Europäisierung des Reisevertragsrechts: Die Mängelrechte des Reisenden im deutsch-polnischen Rechtsvergleich 9783161540592, 9783161540431

Das Reiserecht mit seinem grenzüberschreitenden Charakter, sich stetig wandelnder Rechtsprechung und dem unterschiedlich

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German Pages 236 [237] Year 2016

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Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
A. Gegenstand und Zielsetzung der Untersuchung
B. Gang der Untersuchung
Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen, Terminologie und aktuelle Tendenzen
A. Entwicklung der Regelung der reisevertraglichen Mängelrechte auf nationaler (deutscher, polnischer) und internationaler Ebene
I. Rechtslage vor einer gesetzlichen Regelung
1. Entwicklung des Pauschaltourismus im Allgemeinen
2. Problem der Zuordnung zu einem Vertragstyp
a) Bedeutung der Zuordnung
b) Entwicklung in Deutschland
c) Entwicklung in Polen
3. Intervention der Rechtsprechung
II. Intervention des nationalen und des europäischen Gesetzgebers
1. Das Reisevertragsgesetz (Deutschland)
2. Die EG-Pauschalreise-Richtlinie
a) Harmonisierung des Pauschalreiserechts als ein wichtiges Anliegen der EG
b) Umsetzung der EG-Pauschalreise-Richtlinie im deutschen Recht
3. Das Gesetz über touristische Dienstleistungen (Polen)
III. Aktuelle Entwicklungen des Pauschalreiserechts und Defizite der EG- Pauschalreise-Richtlinie
1. E-Commerce im Pauschalreiserecht – neue Online- Vertriebsformen
a) Entwicklung
b) Problem der rechtlichen Einordnung
c) Qualifizierung von ausgewählten Vertriebsformen
d) Anwendungsbereich der „neuen“ EU-Pauschalreise- Richtlinie
2. Die Revision der EG-Pauschalreise-Richtlinie
a) Wesentliche Aspekte des Reformbedarfs
b) Vorschlag zur EU-Pauschal- und Bausteinreisen-Richtlinie
3. Einfluss des EuGH sowie des BGH und des SN
B. Das System der reisevertraglichen Mängelrechte im Allgemeinen
I. Grundbegriffe in der EG-Pauschalreise-Richtlinie, im BGB und im polnischen TourG
1. Pauschalreise
a) Regelung in der EG-Pauschalreise-Richtlinie
b) Rechtslage im deutschen Reiserecht
c) Rechtslage im polnischen Reiserecht
d) Zusammenfassung
2. Reiseveranstalter
a) Regelung in der EG-Pauschalreise-Richtlinie
b) Rechtslage im deutschen Reiserecht
c) Rechtslage im polnischen Reiserecht
d) Zusammenfassung
3. Verbraucher (Reisender, Kunde)
a) Regelung in der EG-Pauschalreise-Richtlinie
b) Rechtslage im deutschen Reiserecht
c) Rechtslage im polnischen Reiserecht
d) Zusammenfassung
II. Verhältnis des reisevertraglichen Gewährleistungsrechts zum Leistungsstörungsrecht
1. Regelung im deutschen Rechtssystem
2. Regelung im polnischen Rechtssystem
3. Zusammenfassung
III. Einstandspflicht für Dritte
1. Erfüllungsgehilfe des Reiseveranstalters
a) Regelung im deutschen Recht
b) Regelung im polnischen Recht
2. Mitreisende
a) Regelung im deutschen Recht
b) Regelung im polnischen Recht
3. Zusammenfassung
C. Grundvoraussetzungen der reisevertraglichen Ansprüche – Reisemangel und Nicht- bzw. Schlechterfüllung
I. Einleitung
II. Der Begriff des Reisemangels in den untersuchten Rechtssystemen
1. Der Reisemangel und seine Arten im deutschen Reiserecht
a) Der Reisefehler
aa) Der Reisefehler als Form des Reisemangels (§ 651c Abs. 1 Alt. 2 BGB)
bb) Der subjektive Fehlerbegriff vs. den subjektiv-objektiven Fehlerbegriff
cc) Grundlage der Soll-Beschaffenheit
b) Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft
2. Nicht- und Schlechterfüllung (bzw. mangelhafte Erfüllung) im polnischen Reiserecht
III. Grenzen der Einstandspflicht des Reiseveranstalters
1. Regelung im deutschen Recht
a) Allgemeine Informationen
b) Enger oder weiter Mangelbegriff
c) Bloße Unannehmlichkeiten
d) Allgemeines Lebensrisiko
e) Höhere Gewalt
2. Regelung im polnischen Recht
a) Allgemeine Informationen
b) Höhere Gewalt
IV. Zusammenfassung
Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt
A. Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht
I. Einleitung
II. Allgemeine Regelung und Einordnung
1. Recht auf Abhilfe im deutschen Rechtssystem
2. Recht auf Abhilfe im polnischen Rechtssystem
a) Anspruch auf Abhilfe
b) Anspruch auf Ersatzleistung
aa) Einführende Informationen
bb) Voraussetzungen
3. Zusammenfassung
III. Begriff und Formen der Abhilfe
1. Regelung im deutschen Recht
a) Begriff der Abhilfe
b) Vollständige Abhilfe
c) Abhilfe durch Ersatzleistung
2. Regelung im polnischen Recht
a) Abhilfe durch Nachbesserung
b) Ersatzleistung – Begriff und Qualität
c) Gattung der Ersatzleistung
3. Zusammenfassung
IV. Form, Inhalt und Adressat des Abhilfeverlangens
1. Regelung im deutschen Rechtssystem
a) Form und Inhalt
b) Zuständiger Adressat
2. Regelung im polnischen Rechtssystem
a) Mängelanzeige und Beanstandungsschreiben
b) Form und Inhalt
c) Zuständiger Adressat
3. Zusammenfassung
V. Das Recht zur Verweigerung der Abhilfe aufgrund Unverhältnismäßigkeit und Unmöglichkeit
VI. Rechtsfolgen der Abhilfe und Ersatzleistung
1. Annahme
2. Ablehnung
VII. Zusammenfassung
B. Recht auf Selbstabhilfe
I. Allgemeine Informationen
II. Regelung im deutschen Recht
1. Voraussetzungen und Begriff der Selbstabhilfe
a) Fristsetzung
b) Entbehrlichkeit der Fristsetzung
2. Ersatz der erforderlichen Aufwendungen
III. Regelung im polnischen Recht
1. Voraussetzungen
a) Verzug
b) Mängelanzeige und keine Abhilfeleistung
c) Notfall
2. Kostenersatz und Entschädigungsanspruch
IV. Zusammenfassung
C. Kündigungsrecht im deutschen und Rücktrittsrecht im polnischen Reiserecht
I. Allgemeine Informationen
1. Einleitung
2. Problem der dogmatischen Einordnung – Kündigung vs. Rücktritt
3. Andere reiserechtliche Kündigungs- und Rücktrittsrechte
II. Materielle Voraussetzungen
1. Regelung im deutschen Recht
a) Allgemeine Informationen
b) Erhebliche Beeinträchtigung der Reise
c) Unzumutbarkeit der Reise
2. Regelung im polnischen Recht
a) Allgemeine Informationen
b) Unmöglichkeit der Erbringung einer Ersatzleistung
c) Ablehnung der Ersatzleistung aus triftigen Gründen
III. Formelle Voraussetzungen
1. Regelung im deutschen Recht
a) Abhilfeverlangen mit Fristsetzung
b) Entbehrlichkeit der Fristsetzung
c) Kündigungserklärung
2. Regelung im polnischen Recht
a) Fristsetzung
b) Rücktrittserklärung
IV. Rechtsfolgen
1. Rechtsfolgen der Kündigung (§ 651e BGB)
a) Verlust des Anspruchs auf den Reisepreis
b) Entschädigungsanspruch des Reiseveranstalters für die Reiseleistungen
c) Pflichten des Reiseveranstalters nach der Vertragsaufhebung
2. Rechtsfolgen des Rücktritts (Art. 16a Abs. 3 und 4 TourG)
a) Rückgewähr der erhaltenen Leistungen
b) Entschädigungsanspruch des Reisenden
c) Rückbeförderung des Reisenden
d) Kein Anspruch des Reiseveranstalters auf zusätzliche Leistungen
V. Zusammenfassung
Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende
A. Recht auf Minderung
I. Allgemeine Hinweise
1. Regelung
2. Normzweck
3. Verhältnis zu anderen Mängelrechten
II. Voraussetzungen
1. Regelung im deutschen Recht
a) Reisemangel
b) Mängelanzeige
c) Entbehrlichkeit der Mängelanzeige
2. Regelung im polnischen Recht
a) Niedrigere Qualität der Ersatzleistung
b) Mängelanzeige
c) Erklärung
3. Zusammenfassung
III. Berechnung der Minderung
1. Rechtslage in Deutschland
a) Gesetzliche Berechnungsgrundsätze
b) Bezugsgröße der Minderung
c) Bemessungskriterien der Minderung
2. Rechtslage in Polen
3. Zusammenfassung
IV. Minderungstabellen
1. Rechtslage in Deutschland
2. Rechtslage in Polen
3. Zusammenfassung
V. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
B. Allgemeiner reisevertraglicher Schadensersatzanspruch
I. Einleitung
1. Regelung
2. Normzweck
3. Haftungsprinzip
4. Anwendungsbereich
a) Abgrenzung zu den Ansprüchen nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht
b) Verhältnis zu den deliktischen Ansprüchen
II. Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs im deutschen Reiserecht
1. Reisemangel
2. Anzeigeerfordernis
3. Verschulden
III. Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs im polnischen Reiserecht
1. Allgemeine Informationen
2. Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Vertrages
3. Entlastungsmöglichkeiten des Reiseveranstalters
IV. Umfang des Schadensersatzes
1. Zu ersetzender Schaden
a) Rechtslage in Deutschland
b) Rechtslage in Polen
2. Mitverschulden des Reisenden
V. Zusammenfassung
C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit
I. Einführung
II. Das Problem der Schadensart und der Rechtsgrundlage des Anspruchs – Entwicklung
1. Allgemeine Informationen
2. Entwicklung der Ansichten
a) Allgemeine Ausrichtung der Rechtsprechung in Polen
b) Nutzlos aufgewendete Urlaubszeit als materieller Schaden
c) Nutzlos aufgewendete Urlaubszeit als immaterieller Schaden
aa) Allgemeine Informationen
bb) Einfluss des Leitner-Urteils auf das nationale Recht
cc) Richtlinienkonforme Auslegungsmöglichkeiten in Polen
3. Aktuelle Rechtslage
a) Rechtslage in Deutschland
b) Rechtslage in Polen
aa) SN-Beschluss vom 19.11.2010 und seine Relevanz für Polen
bb) Bemerkungen de lege ferenda
III. Voraussetzungen
1. Regelung in Deutschland (§ 651f Abs. 2 BGB)
a) Vereitelung der Reise oder erhebliche Beeinträchtigung der Reise
aa) Vereitelung der Reise
bb) Erhebliche Beeinträchtigung der Reise
cc) „Erhebliche Beeinträchtigung“ im Lichte des Leitner- Urteils
b) Nutzlos aufgewendete Urlaubszeit
2. Regelung in Polen
IV. Bemessung der Entschädigung
1. Rechtslage in Deutschland
a) Einführung
b) Verschiedene Bemessungsmethoden
c) Reisepreismethode
2. Rechtspraxis in Polen
V. Zusammenfassung
D. Zulässige Haftungsbeschränkungen
I. Allgemeine Informationen
1. Regelung und Normzweck
2. Anwendungsbereich
II. Vertragliche Haftungsbeschränkung
1. Rechtslage in Deutschland
a) Haftungsbeschränkung für eigenes Verschulden (§ 651h Abs. 1 Nr. 1 BGB)
b) Haftungsbeschränkung für Leistungsträger (§ 651h Abs. 1 Nr. 2 BGB)
2. Rechtslage in Polen
III. Gesetzliche Haftungsbeschränkung aufgrund internationaler Übereinkommen für Leistungsträger
1. Rechtslage in Deutschland
2. Rechtslage in Polen
IV. Zusammenfassung
Zusammenfassung der Ergebnisse
A. Zusammenfassung
B. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Sachregister
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Europäisierung des Reisevertragsrechts: Die Mängelrechte des Reisenden im deutsch-polnischen Rechtsvergleich
 9783161540592, 9783161540431

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 366 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:

Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann

Agnieszka Chambellan

Europäisierung des Reisevertragsrechts Die Mängelrechte des Reisenden im deutsch-polnischen Rechtsvergleich

Mohr Siebeck

Agnieszka Chambellan, geboren 1986; Studium der Rechtswissenschaften an der Nikolaus Kopernikus Universität in Torun´ (Polen); Praktika in Rechtsanwaltskanzleien in Torun, Warschau und Hamburg und bei der polnischen Botschaft in Mexiko; LL.M.und Promotionsstudium an der Universität Regensburg als Stipendiatin der KonradAdenauer-Stiftung; Rechtsanwältin in Polen (radca prawny); derzeit tätig bei einer internationalen Rechtsanwaltskanzlei.

Zugl.: Dissertation, Fakultät für Rechtswissenschaften, Universität Regensburg, 2015.

e-ISBN PDF 978-3-16-154059-2 ISBN 978-3-16-154043-1 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2016  Mohr Siebeck, Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer­ tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek­tronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck­ papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.

Vorwort Vorwort Vorwort

Die vorliegende Untersuchung wurde im Wintersemester 2014/2015 von der Juristischen Fakultät der Universität Regensburg als Dissertation angenommen. Die mündliche Prüfung fand am 3. Februar 2015 statt. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur befinden sich auf dem Stand der Abgabe der Arbeit vom 28. November 2014. Bei der Verwirklichung der Arbeit haben mich viele Menschen begleitet und vielseitig unterstützt, denen ich an dieser Stelle aufrichtig danken möchte. In erster Linie möchte ich mich bei meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Carsten Herresthal, sehr herzlich bedanken. Er hat nicht nur die Entstehung der Arbeit durch wertvolle Anregungen und konstruktive Kritik wesentlich gefördert, sondern mich ebenso bei meinem Promotionsvorhaben mit einer herausragenden Bereitschaft betreut. Ebenso danke ich Herrn Prof. Dr. Anatol Dutta für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Die rasche Durchführung des Promotionsverfahrens durch beide Gutachter hat es mir ermöglicht, die Rechtsanwaltsprüfung in Polen zeitgerecht und erfolgreich abzulegen. Ferner möchte ich Herrn Prof. Miroslaw Nesterowicz von der Nikolaus Kopernikus Universität in Torun/Polen für die Erweckung des Interesses an der reiserechtlichen Thematik und die langjährige Unterstützung bei meinen Untersuchungen danken. Mein Dank geht darüber hinaus an das Max-Planck-Institut für die freundliche Aufnahme meiner Dissertation in der Schriftenreihe des Instituts. Der Konrad-Adenauer-Stiftung verdanke ich nicht nur eine großzügige finanzielle Förderung in Form eines Promotionsstipendiums, ohne das die Fertigstellung dieser Arbeit nicht möglich gewesen wäre, sondern auch viele interessante Seminare und neugewonnene Freunde. Zu ganz besonderem Dank bin ich schließlich meinen lieben Eltern Jadwiga und Tadeusz Rudnik und meinem Ehemann Adrien Chambellan verpflichtet, die mich stets gefördert haben und mir mit Herz und Verstand zur Seite gestanden haben. Ihnen ist dieses Buch gewidmet. Hamburg, Mai 2016

Agnieszka Chambellan

Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht

Inhaltsverzeichnis ........................................................................................ IX Abkürzungsverzeichnis ........................................................................... XVII

Einleitung ....................................................................................................1 A. B.

Gegenstand und Zielsetzung der Untersuchung .......................................1 Gang der Untersuchung ..........................................................................3

Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen, Terminologie und aktuelle Tendenzen ........................5 A. B. C.

Entwicklung der Regelung der reisevertraglichen Mängelrechte auf nationaler (deutscher, polnischer) und internationaler Ebene ............5 Das System der reisevertraglichen Mängelrechte im Allgemeinen ........ 30 Grundvoraussetzungen der reisevertraglichen Ansprüche – Reisemangel und Nicht- bzw. Schlechterfüllung ................................... 48

Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt ............................... 65 A. B. C.

Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht ...... 65 Recht auf Selbstabhilfe ......................................................................... 88 Kündigungsrecht im deutschen und Rücktrittsrecht im polnischen Reiserecht ...................................................................... 95

Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende .................................. 117 A. B. C. D.

Recht auf Minderung .......................................................................... 117 Allgemeiner reisevertraglicher Schadensersatzanspruch ..................... 134 Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit .................. 149 Zulässige Haftungsbeschränkungen .................................................... 179

VIII

Inhaltsübersicht

Zusammenfassung der Ergebnisse .................................................... 189 A. B.

Zusammenfassung .............................................................................. 189 Schlussbetrachtung ............................................................................. 195

Literaturverzeichnis ....................................................................................199 Sachregister ................................................................................................ 213

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

Vorwort ......................................................................................................... V Inhaltsübersicht .......................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis ........................................................................... XVII

Einleitung ....................................................................................................1 A. B.

Gegenstand und Zielsetzung der Untersuchung.......................................1 Gang der Untersuchung ..........................................................................3

Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen, Terminologie und aktuelle Tendenzen ........................5 A. I.

Entwicklung der Regelung der reisevertraglichen Mängelrechte auf nationaler (deutscher, polnischer) und internationaler Ebene ..........5

Rechtslage vor einer gesetzlichen Regelung ............................................5 1. Entwicklung des Pauschaltourismus im Allgemeinen .........................5 2. Problem der Zuordnung zu einem Vertragstyp ....................................7 a) Bedeutung der Zuordnung ..............................................................7 b) Entwicklung in Deutschland ...........................................................8 c) Entwicklung in Polen .....................................................................9 3. Intervention der Rechtsprechung ...................................................... 11 II. Intervention des nationalen und des europäischen Gesetzgebers ........... 13 1. Das Reisevertragsgesetz (Deutschland) ............................................ 13 2. Die EG-Pauschalreise-Richtlinie ...................................................... 14 a) Harmonisierung des Pauschalreiserechts als ein wichtiges Anliegen der EG ........................................................................... 14 b) Umsetzung der EG-Pauschalreise-Richtlinie im deutschen Recht ............................................................................................ 14 3. Das Gesetz über touristische Dienstleistungen (Polen) ..................... 15 III. Aktuelle Entwicklungen des Pauschalreiserechts und Defizite der EG- Pauschalreise-Richtlinie .......................................................... 17

X

Inhaltsverzeichnis

1. E-Commerce im Pauschalreiserecht – neue OnlineVertriebsformen................................................................................ 17 a) Entwicklung ................................................................................. 17 b) Problem der rechtlichen Einordnung ............................................ 19 c) Qualifizierung von ausgewählten Vertriebsformen ....................... 20 d) Anwendungsbereich der „neuen“ EU-PauschalreiseRichtlinie...................................................................................... 22 2. Die Revision der EG-Pauschalreise-Richtlinie .................................. 24 a) Wesentliche Aspekte des Reformbedarfs ...................................... 24 b) Vorschlag zur EU-Pauschal- und Bausteinreisen-Richtlinie ......... 26 3. Einfluss des EuGH sowie des BGH und des SN ............................... 29 B. I.

Das System der reisevertraglichen Mängelrechte im Allgemeinen ..................................................................................... 30

Grundbegriffe in der EG-Pauschalreise-Richtlinie, im BGB und im polnischen TourG ............................................................................ 30 1. Pauschalreise .................................................................................... 30 a) Regelung in der EG-Pauschalreise-Richtlinie ............................... 30 b) Rechtslage im deutschen Reiserecht ............................................. 31 c) Rechtslage im polnischen Reiserecht ............................................ 32 d) Zusammenfassung ........................................................................ 33 2. Reiseveranstalter .............................................................................. 33 a) Regelung in der EG-Pauschalreise-Richtlinie ............................... 33 b) Rechtslage im deutschen Reiserecht ............................................. 34 c) Rechtslage im polnischen Reiserecht ............................................ 35 d) Zusammenfassung ........................................................................ 35 3. Verbraucher (Reisender, Kunde)....................................................... 36 a) Regelung in der EG-Pauschalreise-Richtlinie ............................... 36 b) Rechtslage im deutschen Reiserecht ............................................. 37 c) Rechtslage im polnischen Reiserecht ............................................ 37 d) Zusammenfassung ........................................................................ 38 II. Verhältnis des reisevertraglichen Gewährleistungsrechts zum Leistungsstörungsrecht ......................................................................... 39 1. Regelung im deutschen Rechtssystem............................................... 39 2. Regelung im polnischen Rechtssystem ............................................. 40 3. Zusammenfassung ............................................................................ 41 III. Einstandspflicht für Dritte ..................................................................... 42 1. Erfüllungsgehilfe des Reiseveranstalters ........................................... 42 a) Regelung im deutschen Recht....................................................... 42 b) Regelung im polnischen Recht ..................................................... 43 2. Mitreisende ....................................................................................... 47 a) Regelung im deutschen Recht....................................................... 47

Inhaltsverzeichnis

XI

b) Regelung im polnischen Recht ..................................................... 47 3. Zusammenfassung ............................................................................ 48 C.

Grundvoraussetzungen der reisevertraglichen Ansprüche – Reisemangel und Nicht- bzw. Schlechterfüllung .................................... 48

I. II.

Einleitung ............................................................................................. 48 Der Begriff des Reisemangels in den untersuchten Rechtssystemen..................................................................................... 49 1. Der Reisemangel und seine Arten im deutschen Reiserecht .............. 49 a) Der Reisefehler ............................................................................ 49 aa) Der Reisefehler als Form des Reisemangels (§ 651c Abs. 1 Alt. 2 BGB) ................................................................ 49 bb) Der subjektive Fehlerbegriff vs. den subjektivobjektiven Fehlerbegriff......................................................... 50 cc) Grundlage der Soll-Beschaffenheit ........................................ 51 b) Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft ........................................ 52 2. Nicht- und Schlechterfüllung (bzw. mangelhafte Erfüllung) im polnischen Reiserecht ....................................................................... 53 III. Grenzen der Einstandspflicht des Reiseveranstalters ............................. 54 1. Regelung im deutschen Recht ........................................................... 54 a) Allgemeine Informationen ............................................................ 54 b) Enger oder weiter Mangelbegriff .................................................. 55 c) Bloße Unannehmlichkeiten .......................................................... 57 d) Allgemeines Lebensrisiko ............................................................ 58 e) Höhere Gewalt ............................................................................. 60 2. Regelung im polnischen Recht.......................................................... 61 a) Allgemeine Informationen ............................................................ 61 b) Höhere Gewalt ............................................................................. 61 IV. Zusammenfassung ................................................................................ 63

Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt ............................... 65 A.

Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht ........................................................................... 65

I. II.

Einleitung ............................................................................................. 65 Allgemeine Regelung und Einordnung.................................................. 65 1. Recht auf Abhilfe im deutschen Rechtssystem .................................. 65 2. Recht auf Abhilfe im polnischen Rechtssystem ................................67 a) Anspruch auf Abhilfe ................................................................... 67 b) Anspruch auf Ersatzleistung ......................................................... 68 aa) Einführende Informationen .................................................... 68

XII

Inhaltsverzeichnis

VII.

bb) Voraussetzungen .................................................................... 69 3. Zusammenfassung ............................................................................ 71 Begriff und Formen der Abhilfe ............................................................ 72 1. Regelung im deutschen Recht ........................................................... 72 a) Begriff der Abhilfe ....................................................................... 72 b) Vollständige Abhilfe .................................................................... 73 c) Abhilfe durch Ersatzleistung ........................................................ 74 2. Regelung im polnischen Recht.......................................................... 76 a) Abhilfe durch Nachbesserung ....................................................... 76 b) Ersatzleistung – Begriff und Qualität............................................ 76 c) Gattung der Ersatzleistung............................................................77 3. Zusammenfassung ............................................................................ 78 Form, Inhalt und Adressat des Abhilfeverlangens ................................. 79 1. Regelung im deutschen Rechtssystem............................................... 79 a) Form und Inhalt ............................................................................ 79 b) Zuständiger Adressat .................................................................... 79 2. Regelung im polnischen Rechtssystem ............................................. 81 a) Mängelanzeige und Beanstandungsschreiben ............................... 81 b) Form und Inhalt ............................................................................ 82 c) Zuständiger Adressat .................................................................... 83 3. Zusammenfassung ............................................................................ 84 Das Recht zur Verweigerung der Abhilfe aufgrund Unverhältnismäßigkeit und Unmöglichkeit ........................................... 85 Rechtsfolgen der Abhilfe und Ersatzleistung......................................... 86 1. Annahme .......................................................................................... 86 2. Ablehnung ........................................................................................ 86 Zusammenfassung ................................................................................ 87

B.

Recht auf Selbstabhilfe .......................................................................... 88

III.

IV.

V. VI.

I. II.

Allgemeine Informationen .................................................................... 88 Regelung im deutschen Recht ............................................................... 89 1. Voraussetzungen und Begriff der Selbstabhilfe ................................89 a) Fristsetzung .................................................................................. 90 b) Entbehrlichkeit der Fristsetzung ................................................... 90 2. Ersatz der erforderlichen Aufwendungen .......................................... 92 III. Regelung im polnischen Recht .............................................................. 92 1. Voraussetzungen............................................................................... 92 a) Verzug.......................................................................................... 93 b) Mängelanzeige und keine Abhilfeleistung .................................... 93 c) Notfall .......................................................................................... 93 2. Kostenersatz und Entschädigungsanspruch ....................................... 94 IV. Zusammenfassung ................................................................................ 94

Inhaltsverzeichnis

C. I.

XIII

Kündigungsrecht im deutschen und Rücktrittsrecht im polnischen Reiserecht ...................................................................... 95

Allgemeine Informationen .................................................................... 95 1. Einleitung ......................................................................................... 95 2. Problem der dogmatischen Einordnung – Kündigung vs. Rücktritt ...................................................................................... 96 3. Andere reiserechtliche Kündigungs- und Rücktrittsrechte ................ 97 II. Materielle Voraussetzungen ................................................................ 100 1. Regelung im deutschen Recht ......................................................... 100 a) Allgemeine Informationen .......................................................... 100 b) Erhebliche Beeinträchtigung der Reise ....................................... 100 c) Unzumutbarkeit der Reise .......................................................... 102 2. Regelung im polnischen Recht........................................................ 103 a) Allgemeine Informationen .......................................................... 103 b) Unmöglichkeit der Erbringung einer Ersatzleistung ................... 103 c) Ablehnung der Ersatzleistung aus triftigen Gründen ................... 105 III. Formelle Voraussetzungen ..................................................................105 1. Regelung im deutschen Recht ......................................................... 105 a) Abhilfeverlangen mit Fristsetzung .............................................. 105 b) Entbehrlichkeit der Fristsetzung ................................................. 106 c) Kündigungserklärung ................................................................. 107 2. Regelung im polnischen Recht........................................................ 108 a) Fristsetzung ................................................................................ 108 b) Rücktrittserklärung ..................................................................... 109 IV. Rechtsfolgen ....................................................................................... 110 1. Rechtsfolgen der Kündigung (§ 651e BGB).................................... 110 a) Verlust des Anspruchs auf den Reisepreis .................................. 110 b) Entschädigungsanspruch des Reiseveranstalters für die Reiseleistungen .......................................................................... 111 c) Pflichten des Reiseveranstalters nach der Vertragsaufhebung ..................................................................... 112 2. Rechtsfolgen des Rücktritts (Art. 16a Abs. 3 und 4 TourG) ............ 113 a) Rückgewähr der erhaltenen Leistungen ......................................113 b) Entschädigungsanspruch des Reisenden ..................................... 113 c) Rückbeförderung des Reisenden................................................. 114 d) Kein Anspruch des Reiseveranstalters auf zusätzliche Leistungen .................................................................................. 115 V. Zusammenfassung .............................................................................. 115

XIV

Inhaltsverzeichnis

Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende .................................. 117 A.

Recht auf Minderung........................................................................... 117

I.

Allgemeine Hinweise .......................................................................... 117 1. Regelung ........................................................................................ 117 2. Normzweck .................................................................................... 117 3. Verhältnis zu anderen Mängelrechten ............................................. 118 II. Voraussetzungen ................................................................................. 119 1. Regelung im deutschen Recht ......................................................... 119 a) Reisemangel ............................................................................... 119 b) Mängelanzeige ........................................................................... 119 c) Entbehrlichkeit der Mängelanzeige ............................................ 121 2. Regelung im polnischen Recht........................................................ 122 a) Niedrigere Qualität der Ersatzleistung ........................................ 122 b) Mängelanzeige ........................................................................... 123 c) Erklärung ................................................................................... 123 3. Zusammenfassung .......................................................................... 124 III. Berechnung der Minderung ................................................................. 125 1. Rechtslage in Deutschland .............................................................. 125 a) Gesetzliche Berechnungsgrundsätze ........................................... 125 b) Bezugsgröße der Minderung ....................................................... 126 c) Bemessungskriterien der Minderung .......................................... 126 2. Rechtslage in Polen ........................................................................ 127 3. Zusammenfassung .......................................................................... 128 IV. Minderungstabellen ............................................................................ 129 1. Rechtslage in Deutschland .............................................................. 129 2. Rechtslage in Polen ........................................................................ 130 3. Zusammenfassung .......................................................................... 131 V. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen ........................................ 133 B.

Allgemeiner reisevertraglicher Schadensersatzanspruch .................... 134

I.

Einleitung ........................................................................................... 134 1. Regelung ........................................................................................ 134 2. Normzweck .................................................................................... 134 3. Haftungsprinzip .............................................................................. 135 4. Anwendungsbereich ....................................................................... 137 a) Abgrenzung zu den Ansprüchen nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht ............................................................... 137 b) Verhältnis zu den deliktischen Ansprüchen ................................ 138 Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs im deutschen Reiserecht ........................................................................................... 140 1. Reisemangel ................................................................................... 140

II.

Inhaltsverzeichnis

XV

2. Anzeigeerfordernis ......................................................................... 140 3. Verschulden .................................................................................... 142 III. Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs im polnischen Reiserecht ........................................................................................... 142 1. Allgemeine Informationen .............................................................. 142 2. Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Vertrages .............. 143 3. Entlastungsmöglichkeiten des Reiseveranstalters............................ 143 IV. Umfang des Schadensersatzes ............................................................. 144 1. Zu ersetzender Schaden .................................................................. 144 a) Rechtslage in Deutschland..........................................................144 b) Rechtslage in Polen .................................................................... 145 2. Mitverschulden des Reisenden ........................................................ 146 V. Zusammenfassung .............................................................................. 147 C. I. II.

Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit .................. 149

Einführung .......................................................................................... 149 Das Problem der Schadensart und der Rechtsgrundlage des Anspruchs – Entwicklung ................................................................... 150 1. Allgemeine Informationen .............................................................. 150 2. Entwicklung der Ansichten ............................................................. 152 a) Allgemeine Ausrichtung der Rechtsprechung in Polen ............... 152 b) Nutzlos aufgewendete Urlaubszeit als materieller Schaden ........ 154 c) Nutzlos aufgewendete Urlaubszeit als immaterieller Schaden ...................................................................................... 157 aa) Allgemeine Informationen ................................................... 157 bb) Einfluss des Leitner-Urteils auf das nationale Recht ............ 160 cc) Richtlinienkonforme Auslegungsmöglichkeiten in Polen .................................................................................... 161 3. Aktuelle Rechtslage ........................................................................ 164 a) Rechtslage in Deutschland..........................................................164 b) Rechtslage in Polen .................................................................... 164 aa) SN-Beschluss vom 19.11.2010 und seine Relevanz für Polen .................................................................................... 164 bb) Bemerkungen de lege ferenda .............................................. 167 III. Voraussetzungen ................................................................................. 168 1. Regelung in Deutschland (§ 651f Abs. 2 BGB) .............................. 168 a) Vereitelung der Reise oder erhebliche Beeinträchtigung der Reise .......................................................................................... 168 aa) Vereitelung der Reise ........................................................... 168 bb) Erhebliche Beeinträchtigung der Reise ................................ 169 cc) „Erhebliche Beeinträchtigung“ im Lichte des LeitnerUrteils .................................................................................. 170

XVI

Inhaltsverzeichnis

b) Nutzlos aufgewendete Urlaubszeit.............................................. 172 2. Regelung in Polen........................................................................... 172 IV. Bemessung der Entschädigung ............................................................ 173 1. Rechtslage in Deutschland .............................................................. 173 a) Einführung ................................................................................. 173 b) Verschiedene Bemessungsmethoden .......................................... 173 c) Reisepreismethode ..................................................................... 174 2. Rechtspraxis in Polen ..................................................................... 176 V. Zusammenfassung .............................................................................. 177 D.

Zulässige Haftungsbeschränkungen .................................................... 179

I.

Allgemeine Informationen .................................................................. 179 1. Regelung und Normzweck .............................................................. 179 2. Anwendungsbereich ....................................................................... 180 II. Vertragliche Haftungsbeschränkung ................................................... 180 1. Rechtslage in Deutschland .............................................................. 180 a) Haftungsbeschränkung für eigenes Verschulden (§ 651h Abs. 1 Nr. 1 BGB) ...................................................................... 180 b) Haftungsbeschränkung für Leistungsträger (§ 651h Abs. 1 Nr. 2 BGB) ................................................................................. 181 2. Rechtslage in Polen ........................................................................ 182 III. Gesetzliche Haftungsbeschränkung aufgrund internationaler Übereinkommen für Leistungsträger ................................................... 184 1. Rechtslage in Deutschland .............................................................. 184 2. Rechtslage in Polen ........................................................................ 185 IV. Zusammenfassung .............................................................................. 187

Zusammenfassung der Ergebnisse .................................................... 189 A. B.

Zusammenfassung ............................................................................... 189 Schlussbetrachtung ............................................................................. 195

Literaturverzeichnis ....................................................................................199 Sachregister ................................................................................................ 213

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis a.A. anderer Ansicht ABl.EG Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Abs. Absatz AcP Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union a.F. alte Fassung AG Amtsgericht AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen Alt. Alternative Anm. Anmerkung Art. Artikel ausf. ausführlich ÄndG Änderungsgesetz BB BGB BGB-InfoV BGBl. BGH BGHZ BIIT BT-Drucks. bzw. CIV

Betriebsberater (Zeitschrift) Bürgerliches Gesetzbuch Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (BGB-Informationspflichten-Verordnung) Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Biuletyn Informacyjny Instytutu Turystyki (Zeitschrift) Drucksachen des Bundestages beziehungsweise

COTIF ca.

Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen (Anhang A zum Abkommen „COTIF“) Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr circa

DAR DB DGfR d.h. DM DRV Dz.U. DZWiR

Deutsches Autorecht (Zeitschrift) Der Betrieb (Zeitschrift) Deutsche Gesellschaft für Reiserecht das heißt Deutsche Mark Deutscher Reiseverband Dziennik Ustaw [Gesetzblatt] Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

XVIII

Abkürzungsverzeichnis

EG EGBGB Einf. engl. etc. EU EuGH EuZW EWS e.V.

Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführung englisch et cetera (lat.: und so weiter) Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift) eingetragener Verein

f. ff. FVE ZivilR. FVW

folgende fortfolgende Fremdenverkehrsrechtliche Entscheidungen Zivilrecht (Zeitschrift) Fremdenverkehrswirtschaft (Zeitschrift)

ggf. GKKFiT GKT GVG

gegebenenfalls Główny Komitet Kultury Fizycznej i Turystyki [Hauptkomitee für Physische Kultur und Tourismus] Główny Komitet Turystyki [Hauptkomitee für Tourismus] Gerichtsverfassungsgesetz

H. HGB h.M. Hrsg.

Heft Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Herausgeber

i.d.F. i.d.R. i.S.d. i.V.m.

in der Fassung in der Regel im Sinne des/der in Verbindung mit

JZ

Juristen-Zeitung

KG KOM KPP krit.

Kammergericht Drucksachen der Europäischen Kommission Kwartalnik Prawa Prywatnego [Quartalsschrift für Privates Recht] (Zeitschrift) kritisch

LG lit.

Landgericht littera

MDR m.E. MSiG

Monatsschrift des Deutschen Rechts meines Erachtens Monitor Sądowy i Gospodarczy [Gerichts- und Wirtschaftsamtsblatt]

n.F. NJW

neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift

Abkürzungsverzeichnis

XIX

NJW-RR NP Nr.

Neue Juristische Wochenschrift, Rechtsprechungs-Report Nowe Prawo [Neues Recht] (Zeitschrift) Nummer

OGB

Kodeks zobowiązań, 1933–1964 [Obligationengesetzbuch, 1933– 1964] Oberlandesgericht Österreichischer Reiseverband Orzecznictwo Izby Cywilnej Sądu Najwyższego [Veröffentlichung zu Rechtsprechung der Zivilkammer des Obersten Gerichtshofs] (Zeitschrift) Orzecznictwo Sądów Polskich [Veröffentlichung zu Rechtsprechung der polnischen Gerichte] (Zeitschrift) Orzecznictwo Sądów Polskich i Komisji Arbitrażowych [Veröffentlichung zu Rechtsprechung der polnischen Gerichte und Schiedsgerichte] (Zeitschrift)

OLG ÖRV OSNC

OSP OSPiKA

PiP PIT PLN poln. Pos. PS PUG PWW PZPO

Państwo i Prawo [Staat und Recht] (Zeitschrift) Polska Izba Turystyki [Polnische Tourismuskammer] Zloty (polnische Währung) polnisch Position Przegląd Sądowy [Entscheidungsübersichten] (Zeitschrift) Przegląd Ustawodawstwa Gospodarczego [Übersichten zur Wirtschaftsgesetzgebung] (Zeitschrift) Prütting, Hans/Wegen, Gerhard/Weinreich, Gerd Kodeks postępowania cywilnego [Polnische Zivilprozessordnung]

RGRK RGZ Rn. RP RRa

Reichsgerichtsgeräte-Kommentar Reichsgericht in Zivilsachen (Entscheidungssammlung) Randnummer Rynek podróży [Reisemarkt] (Zeitschrift) ReiseRecht aktuell – Zeitschrift für das Tourismusrecht

s. S. s.a. Slg. s.o. sog. SA SN SO SOKiK

siehe Seite siehe auch Sammlung der Entscheidungen des Europäischen Gerichshofes siehe oben so genannt Sąd Apelacyjny [Appellationsgericht] Sąd Najwyższy [Der Oberste Gerichtshof Polens] Sąd Okręgowy [Bezirksgericht] Sąd Ochrony Konkurencji i Konsumentów [Gericht für Wettbewerb und Verbraucherschutz] Sąd Rejonowy [Kreisgericht] siehe unten Sąd Wojewódzki [Woiwodschaftsgericht]

SR s.u. SW

XX

Abkürzungsverzeichnis

T. TourG

Teil Gesetz über touristische Dienstleistungen [Ustawa o usługach turystycznych]

u.a. UAbs. UKFiT

usw. Urt.

unter anderem Unterabsatz Urząd Kultury Fizycznej i Turystyki [Staatsamt für Sport und Tourismus] Urząd Ochrony Konkurencji i Konsumentów [Amt für Wettbewerbsund Verbraucherschutz] Ustawa o swobodzie działalności gospodarczej [Gesetz über die Freiheit der Wirtschaftstätigkeit] und so weiter Urteil

v. v.a. VersR vgl. Vorb. vs. VuR

vom vor allem Versicherungsrecht (Zeitschrift) vergleiche Vorbemerkung versus Verbraucher und Recht (Zeitschrift)

wg.

wegen

z.B. ZIP ZPO ZGB ZIP zust.

zum Beispiel Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessordnung Kodeks cywilny [Polnisches Zivilgesetzbuch] Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zustimmend

UOKiK USDG

Einleitung Einleitung

A. Gegenstand und Zielsetzung der Untersuchung A. Gegenstand und Zielsetzung der Untersuchung

„Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt” sagt ein chinesisches Sprichwort von Lao Tse. Der erste Schritt, der heutzutage von Millionen von europäischen Reisenden unternommen wird, ist häufig der Abschluss eines Reisevertrages. Mit diesem Schritt fängt ein komplexes Rechtsverhältnis an, das beiden Vertragsparteien – dem Reiseveranstalter und dem Reisenden – Verpflichtungen und Rechte gewährt, die durch das Reiserecht geregelt sind. Aus mehreren Gründen ist das Pauschalreiserecht ein Rechtsgebiet, das in den Mittelpunkt des Interesses der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten rückt. Zum einen stellt der Tourismus, der über fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU generiert und in dem ca. 5,2 Prozent aller Beschäftigten tätig sind, einen Schlüsselsektor des europäischen Marktes dar. 1 Zum anderen ist wegen des selbstverständlichen grenzüberschreitenden Charakters touristischer Dienstleistungen die Angleichung der reiserechtlichen Regelungen in den EU-Mitgliedstaaten ein wichtiges Anliegen für die Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes. Darüber hinaus ist das Reiserecht wegen der verbraucherschützenden Politik der Europäischen Union von besonderem Interesse. Die hohe Relevanz des Pauschalreiserechts führte dazu, dass bereits im Jahr 1990 eine EG-Pauschalreise-Richtlinie verabschiedet wurde, deren Umsetzung in die nationalen Rechtsordnungen das Reiserecht weitestgehend angleichen sollte. Die vorliegende Untersuchung soll das Reiserecht in zwei EU-Mitgliedstaaten – einem „alten“ und einem „neuen“ – analysieren und vergleichen: Deutschland und Polen. Polen ist unter den mittlerweile 15 (neuen) Mitgliedstaaten, die der EU seit 2004 beigetreten sind, das bevölkerungsreichste und flächenmäßig größte Land. Statistische Erhebungen zeigen, dass Polen ein großer touristischer Wachstumsmarkt in Osteuropa ist. Laut dem Ministerium für Sport und Tourismus2 hatten sich 2013 ca. 18,3 Millionen Polen auf eine touristische Reise begeben (ein Anstieg um neun Prozent gegenüber 2012 und um 31 Prozent 1

TOURISMink: The European Tourism Market, its structure and the role of ICTS, Brussels: TOURISMlink Consortium 2012. 2 Janczak/Patelak, Podróże Polaków w 2013 roku. Podstawowe wyniki badań.

2

Einleitung

gegenüber 2011). Ca. 30 Prozent aller touristischen Auslandsreisen (also ca. 1,95 Millionen) im Jahr 2013 waren dabei Pauschalreisen, die mittels eines Reiseveranstalters oder eines Reisebüros gebucht wurden. Deutschland hingegen gehört bereits seit dem Tourismusboom in den siebziger Jahren zu den größten „Entsendern“ von Touristen der Welt. 3 Die Komplexität der Materie der Pauschalreisen und die Notwendigkeit ihrer Regelung führten im Jahr 1979 zur Schaffung des Reisevertragsgesetzes. Nach der Verabschiedung der EG-Pauschalreise-Richtlinie musste das deutsche Reiserecht daran angepasst werden. Die Deutschen sind mit ca. 69,3 Millionen Urlaubsreisen im Jahr 2012 „Weltmeister im Reisen“, davon mehr als 27 Millionen Pauschal- und Bausteinreisen. Das deutsche Reiserecht gehört zu den höchstentwickelten Regelungen der Welt auf diesem Gebiet und ist Gegenstand zahlreicher Dissertationen und Untersuchungen. Vor diesem Hintergrund scheint der Vergleich des bereits entwickelten deutschen mit dem sich entwickelnden polnischen Reiserecht interessant. Für die Auswahl dieser Länder waren insbesondere ihre engen historischen, geographischen und vor allem wirtschaftlichen Beziehungen ausschlaggebend. Mit dem Beitritt Polens – dem zweitgrößten Nachbarland Deutschlands – zur Europäischen Union haben sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern deutlich weiterentwickelt. Deutschland ist mittlerweile für Polen der wichtigste Handelspartner und einer der führenden ausländischen Investoren. Diese Entwicklung spiegelt sich natürlich auch im touristischen Dienstleistungsverkehr und der Aktivität von Reiseveranstaltern auf dem Markt des jeweiligen Nachbarlandes. Die Untersuchung konnte in einer besonders aufschlussreichen und tiefgreifenden Weise durchgeführt werden, da vorliegend für beide Rechtssysteme auf originalsprachliche Veröffentlichungen zurückgegriffen wurde. Die Ergebnisse dieser Arbeit können, wegen der immer engeren wirtschaftlichen Beziehungen, für beide Länder von besonderem Interesse sein. Auf der einen Seite sind sie aus Verbrauchersicht von Bedeutung. Denn immer mehr Reisende buchen ihre Reisen, vor allem wegen der Kostenersparnis, „über die Grenze hinweg“. Auf der anderen Seite kann diese Untersuchung für deutsche Reiseveranstalter von besonderem Interesse sein. Dem Beispiel des Touristikunternehmers TUI Deutschland folgend, dessen Tochtergesellschaft – TUI Poland – einer der größten Reiseveranstalter in Polen ist, könnten andere Reiseunternehmer nach Polen expandieren und ihre Angebote auf dem wachsenden polnischen Markt anbieten wollen. Gegenstand dieser Untersuchung sind folglich das Pauschalreiserecht in Deutschland und in Polen, dessen Übereinstimmung mit den Mindestharmonisierungsvorschriften der EG-Pauschalreise-Richtlinie und die aktuellen 3

Echtermeyer, Die Umsetzung, S. 1.

B. Gang der Untersuchung

3

Entwicklungen des europäischen Pauschalreiserechts. Die Untersuchung beschränkt sich vor allem auf die den Reisenden zustehenden reisevertraglichen Mängelrechte. Denn der Bereich der Haftung des Reiseveranstalters bereitet, neben der Insolvenzabsicherung, die größten Probleme in den EUMitgliedstaaten. Die Untersuchung verfolgt das Ziel, durch einen Vergleich der beiden Systeme herauszuarbeiten, inwieweit Übereinstimmungen oder Unterschiede hinsichtlich der einzelnen Mängelrechte bestehen. Durch die Analyse beider Rechtsordnungen wird versucht, die jeweiligen Lösungen zu bewerten und Anhaltspunkte für eine Verbesserung zu finden. Die Untersuchung soll vor allem den deutschen und polnischen Juristen auch einen Überblick über beide Rechtsordnungen geben. Darüber hinaus wird in der Untersuchung festgestellt, inwiefern die beiden Rechtsordnungen den Minderungsvorgaben der Pauschalreise-Richtlinie entsprechen, ob sie darüber hinausgehen und welche mit Hinblick auf den verbraucherschützenden Charakter der Mängelrechte den Reisenden besserstellen.

B. Gang der Untersuchung B. Gang der Untersuchung

Zu Beginn der Arbeit soll kurz die historische Entwicklung des Pauschalreiserechts in Deutschland, Polen und auf der europäischen Ebene dargestellt werden. Da das Recht immer in einem historischen, wirtschaftlichen, sozialen und politischen Kontext entsteht, ist für das richtige Verständnis des gegenwärtigen Rechtsstandes ein Blick auf die Entwicklung unentbehrlich. In einem nächsten Schritt werden die zentralen Rechtsakte für das reisevertragliche System Deutschlands, Polens und der Europäischen Union charakterisiert. Das sind in Deutschland das Reisevertragsgesetz (§§ 651a ff. BGB) von 1979, in Polen das Gesetz über die touristischen Dienstleistungen vom 1997 und die EG-Pauschalreise-Richtlinie vom 1990. Ferner sollen aktuelle Entwicklungen und Tendenzen des Pauschalreiserechts beleuchtet werden. Das gegenwärtige Pauschalreiserecht unterliegt gegenwärtig bedeutenden Änderungen, die vor allem mit der raschen Entwicklung des E-Commerce zusammenhängen. Es ist von großer Bedeutung, dass man nicht allein die heutige Rechtslage kennt, sondern diese in Verbindung mit der wirtschaftlichen Entwicklung betrachtet. Im Zusammenhang damit wird der Bedarf nach einer Revision der EG-Pauschalreise-Richtlinie gezeigt und der neue Vorschlag der EU-Kommission für eine neue Pauschalund Bausteinreise-Richtlinie zusammengefasst und beurteilt. Im darauf folgenden Abschnitt werden die zentralen Rechtsbegriffe und Rechtsbeziehungen charakterisiert. Denn der persönliche und sachliche Anwendungsbereich ist von großer Bedeutung für die praktische Funktionsweise

4

Einleitung

der Mängelrechte. Danach wird auf die zentralen Punkte der Arbeit näher eingegangen: auf die Grundvoraussetzungen aller Mängelrechte – den Mangel, die Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung und deren Äquivalente in der europäischen Gesetzgebung und im polnischen Rechtssystem, Die folgenden Teile sollen eine gründliche Analyse der einzelnen Mängelrechte darstellen. Im Gegensatz zur herkömmlichen Unterteilung nach der Art des Mangels wird hier als Gliederungskriterium der zeitliche Aspekt verwendet. Somit werden die Mängelrechte danach aufgeteilt, ob sie während der Reise oder nach dem Reiseende geltend gemacht werden können. Zunächst werden jeweils einleitende Informationen sowie materielle und formelle Voraussetzungen nach dem deutschen und polnischen Recht dargestellt und verglichen. Sodann werden die Rechtsfolgen der Inanspruchnahme des konkreten Mängelrechts, ihr Umfang und ihre Berechnungsmethoden analysiert. Am Ende jedes Abschnitts wird eine gesonderte rechtsvergleichende Zusammenfassung vorgenommen und das Ergebnis der Untersuchung noch einmal formuliert und bewertet.

Erster Teil

Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen, Terminologie und aktuelle Tendenzen Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

A. Entwicklung der Regelung der reisevertraglichen Mängelrechte auf nationaler (deutscher, polnischer) und internationaler Ebene A. Entwicklung der Regelung der reisevertraglichen Mängelrechte

I.

Rechtslage vor einer gesetzlichen Regelung

1. Entwicklung des Pauschaltourismus im Allgemeinen In diesem Abschnitt soll die Geschichte des Reiserechts in Deutschland und Polen knapp dargestellt werden. Da die Geschichte des deutschen Reiserechts bereits Gegenstand mehrerer Untersuchungen war, beschränkt sich die Darstellung auf diejenigen Informationen, die für eine Gegenüberstellung mit der Entwicklung in Polen erforderlich sind. Ursprünglich waren Reisen lediglich Mitgliedern bestimmter sozialer Schichten zugänglich, z.B. wohlhabenden Bürgern oder Kaufleuten.1 Der Massentourismus entstand erst mit der industriellen Revolution und der Entwicklung moderner Transportmittel. In diese Zeit fällt die Gründung des ersten Reisebüros durch Thomas Cook in England im Jahr 1841, mit der die Entstehung des „organisierten Tourismus“ begann.2 In der Folgezeit konstituierten sich Reisebüros auch in anderen europäischen Ländern (z.B. „Stangen“ in Deutschland im Jahre 1868). 3 In Polen entwickelte sich der Tourismus erst nach Erlangung der Unabhängigkeit im Jahre 1918. Am 2. Februar 1920 entstand in Lemberg (in der heutigen Ukraine) das erste polnische Reisebüro „Orbis“, welches noch heute das größte in Polen ist. 4 Die Entwicklungsmöglichkeiten waren für den Tourismus in Polen damals sehr beschränkt. Polen konzentrierte sich zunächst auf die dringenden Probleme, wie die Errichtung eines funktionierenden Staatsapparates, den Wiederaufbau im Krieg zerstörter 1

Ausf. zur historischen Entwicklung des Reiserechts vgl. Pick, Reiserecht, Rn. 1–70. Schlotmann, Reisevertragsgesetz, S. 3 ff. 3 In Norwegen etwa das Reisebüro „Benet” (1849), in Frankreich „Lubin” (1874), in Holland „Lissone and Zoon” (1879), in den Vereinigten Staaten „Raymond and Whitcomb“ (1879). 4 Ćwikła, Prawne aspekty rozwoju turystyki w Polsce: w latach 1918–1939, S. 191. 2

6

Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

Einrichtungen, große Industrie- und Infrastrukturinvestitionen usw. Trotzdem maß die staatliche Verwaltung der Entwicklung des Tourismus große Bedeutung bei. Der touristische Bereich wurde nämlich in Polen und in anderen europäischen Ländern als ein für die staatliche Entwicklung wichtiger Wirtschaftszweig angesehen. In der Folge entstanden nationale Reisebüros, welche politische Ziele realisieren sollten und staatlich kontrolliert waren, wie das „Mitteleuropäische Reisebüro“ (MER) in Deutschland, das „Österreichische Verkehrsbüro“ (OVB) oder „Orbis“ und „Francopol“ in Polen. 5 Während des Nationalsozialismus entwickelte sich der Massentourismus durch die Tätigkeit der nach dem Vorbild der italienischen Freizeitorganisation „Opera Nazionale Dopolavoro“ gegründeten nationalsozialistischen Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ (KDF). 6 In der Kriegszeit stellten alle polnischen Reisebüros ihre Tätigkeit ein und der Tourismus verlor vollkommen an Bedeutung. In der Nachkriegszeit kam es in Westdeutschland nach der Währungsreform zum sog. Wirtschaftswunder.7 Verbunden damit kam es seit den sechziger Jahren zu einem Aufschwung des Tourismus. Diese positive Entwicklung wurde von zahlreichen Faktoren gespeist, insbesondere einem raschen Aufschwung des Transport- und Hotelgewerbes, wachsendem Wohlstand, politischer Entspannung, der Abschaffung von Visa-Pflichten für bestimmte Länder, Reisepass-Erleichterungen, Zoll-Liberalisierungen usw. 8 Dagegen kam Polen nach dem Krieg in den Einflussbereich der Sowjetunion und wurde als Volksrepublik Polen Teil des Ostblocks. Die Umwandlung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse beeinflusste auch die Tourismusbranche. Nach den damaligen politischen Grundsätzen war die Entwicklung des Sozial- und Massentourismus ein vorrangiges Ziel. Reisen sollten dem Proletariat dienen, die Arbeitskraft wiederzuerlangen. Die touristischen Objekte wurden von öffentlichen Betrieben und Gewerkschaften übernommen. Arbeitsferien stellten die wichtigste Art der Reisen dar. 9 In der Volksrepublik Polen existierten acht10 Reisebüros11, die größtenteils sog. verstaatlichte Wirtschaftseinheiten bildeten und strikter staatlicher Kon5

Nesterowicz, Odpowiedzialność cywilna biur podróży, S. 17. Vgl. Appel, Reisen im Nationalsozialismus, S. 50 ff. 7 Tempel, JuS 1984, 81 ff., 81. 8 Weber, JuS 1992, L 25 ff., L 25. 9 Aus diesem Grund entstand die Abteilung für Arbeitsferien des Zentralen Rates der Arbeitsgewerkschaft, die von großer Bedeutung für die Entwicklung des Tourismus war. 10 PRP „Orbis”, Pisie „Sports-Tourist”, „Gromada”, „Turysta”, „Almatur”, „Juventur”, „Biuro turystyki zagranicznej PTTK”, „Biuro turystyki PZMOT”; Nesterowicz, Odpowiedzialność cywilna biur podróży, S. 19. Im Vergleich dazu gab es beispielsweise in der DDR keine selbständigen Reisebüros. 11 Heutzutage würden sie als Reiseveranstalter betrachtet, aber am Anfang der Reiserechtsentwicklung wurde nur der Begriff „Reisebüro“ verwendet, vgl. Tonner, Reiserecht 6

A. Entwicklung der Regelung der reisevertraglichen Mängelrechte

7

trolle unterlagen.12 Die Reiseziele lagen überwiegend im Inland. Auslandsreisen waren bis 1970 wegen der damaligen Politik einer privilegierten Gruppe vorbehalten. Trotz einer Erleichterung der Reisepassausgabe in den siebziger Jahren haben die enorme Bürokratie, die strikte Reglementierung von Auslandsreisen,13 Devisenbeschränkungen sowie die generelle Armut der Gesellschaft die Entwicklung des Tourismus im Vergleich zu den westlichen Ländern aufgehalten. Beliebte und oft auch die einzig möglichen Auslandsziele waren die Republiken des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RWG), 14 die eine Vereinheitlichung der Regelung des touristischen Verkehrs anstrebten. 15 2. Problem der Zuordnung zu einem Vertragstyp a) Bedeutung der Zuordnung Mit der Zunahme des Pauschaltourismus in den sechziger und siebziger Jahren gewannen reiserechtliche Probleme in Deutschland und Polen an Bedeutung.16 Nicht selbstorganisierte Reisen 17, sondern von Reiseveranstaltern vorab konzipierte Reisen brachten zahlreiche neue rechtliche Fragen mit sich.18 Noch bevor diese Problematik gesetzlich geregelt wurde, suchten Literatur19 und Rechtsprechung20 nach Lösungsmöglichkeiten.

in Europa, S. 55. In Polen werden bisher die beiden Begriffe „Reiseveranstalter“ und „Reisebüro“ abwechselnd angewandt und terminologisch gleichgestellt, in der Praxis werden allerdings immer häufiger Bezeichnungen wie „Touroperator“ oder „Reiseoperator“ verwendet. 12 Das Reisegewerbe und die touristischen Dienstleistungen wurden durch zentrale Verwaltungsorgane für Tourismus (Vorsitzende der GKKFiT, GKT) sehr streng reglementiert; Jarmul/Wrona/Zawistowska, Wpływ procesu, S. 13. 13 Alle zwei Wochen gab es zahlreiche neue Verordnungen und Anweisungen bezüglich der Devisen und Zölle, Passent, Życie w normie (prawnej), Polityka 1975, Nr. 24, S. 16. 14 Ziel dieser Auslandsreisen war überwiegend ein Warenhandel zwischen den sozialistischen Republiken. 15 Ausf. dazu Tynel, Z problematyki unifikacji zasad obrotu turystycznego w ramach RWPG, Przegląd Stosunków Międzynarodowych, 1978, Nr. 1, S. 119–126. 16 Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, Vorb. § 651a BGB, Anm. 1; Bernreuther, Die Pauschalreise, S. 1; Führich, Reiserecht, Rn. 12, S. 10; Zachariasiewicz, Odpowiedzialność biur, S. 189; Sondel, U początków prawa, S. 9. 17 Pellet, Reisevertragliche Gewährleistung, S. 3. 18 Weber, JuS 1992, L 25 ff., L 25; Tempel, JuS 1984, 81 ff., 81. 19 Vgl. zum deutschen Recht: Arndt, Reiseveranstaltungsvertrag, 1972; Corsten, Rechtsbeziehungen, 1969; Sünner, Die Rechtsbeziehungen, 1968; Bartl, NJW 1972, 505 ff.; Literatur zum polnischen Recht: Nesterowicz, Odpowiedzialność cywilna biur podróży; ders., Odpowiedzialność biur podróży za zmianę programu wycieczki, PiP 1974, H. 1, S. 88 ff.; Warkałło, Odpowiedzialność przedsiębiorstwa turystycznego za zakwaterowanie wczasowicza, Życie gospodarcze 1979, Nr. 8, S. 11 ff.; Górski, Urwany balkon, Gazeta Prawnicza 1977, Nr. 15, S. 9; Zachariasiewicz, Odpowiedzialność biur, S. 189 ff.

8

Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

Besonders umstritten war in beiden Ländern die Zuordnung des Reiseveranstaltungsvertrages21 zu einem bestimmten Vertragstypus. Die Frage der Qualifizierung des Vertrages ist nicht nur dogmatischer Natur, sondern hat praktische Auswirkungen. Die Einordnung zu unterschiedlichen Vertragstypen führt zur Anwendung unterschiedlicher Regelungen, was folglich zu grundverschiedenen Problemlösungen bei der Bestimmung von Leistungspflichten und der Haftung des Reiseveranstalters22 führen kann. b) Entwicklung in Deutschland Bis Anfang der sechziger Jahre wurde der Schwerpunkt auf die vermittelnde Tätigkeit des Reisebüros gelegt und der Pauschalreisevertrag als ein Maklervertrag23 nach den §§ 652 ff. BGB angesehen.24 Als mit der Zeit die Tätigkeit des Reisebüros in den Hintergrund trat, wurde der Reiseveranstaltungsvertrag zwischen dem Reiseveranstalter und dem Reisenden zunächst als ein Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 BGB behandelt. Diese Ansicht wurde jedoch schnell aufgegeben, denn den zu diesem Vertragstyp gehörigen Weisungs- und Informationsrechten des Kunden hätte wegen der weitgehenden Selbstständigkeit bezüglich der Vorausplanung der Reise nicht nachgekommen werden können.25 Mit Beginn der siebziger Jahre wurde der Inhalt des Reisevertrages von der Rechtsprechung als eine vom Reiseveranstalter zu einer Reise zusammengestellte Gesamtheit von Reiseleistungen angesehen. 26 Deshalb wurde der Pauschalreisevertrag bis zum Inkrafttreten des Reisevertragsgesetzes sowohl im Schrifttum27 als auch in der Rechtsprechung28 überwiegend als Werkver-

20

Vgl. z.B. polnische Rechtsprechung: SN, I CR 134/64, OSPiKA, Nr. 7–8, 1967, Pos. 183; SN, I CR 64/68, PUG, Nr. 4, 1969, S. 137; deutsche Rechtsprechung: BGH NJW 1973, 318 (Impfschadenfall – Anwendung des Werkvertragsrechts); BGH NJW 1974, 37 (Ferienhausfall – Unzulässigkeit der Vermittlerklausel); BGH NJW 1975, 40 (Rumänienfall – Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit). 21 Heutzutage in Deutschland als Reisevertrag bezeichnet; in Polen gesetzlich als Reiseveranstaltungsvertrag [umowa o imprezę turystyczną], häufig auch Reisevertrag [umowa o podróż]. Für die Einheitlichkeit der Arbeit wird die gemeinsame Bezeichnung „Reisevertrag“ für beide Ländern benutzt. 22 Führich, Reiserecht, Rn. 12, S. 10; ausf. Arndt, Reiseveranstaltungsvertrag, S. 24 ff. 23 Als geschuldete Leistung galt die Vermittlung der einzelnen Verträge, beispielsweise mit dem Flugunternehmer oder Hotelier. 24 Demmig, Die Mängelhaftung im Reisevertragsrecht, S. 3. 25 Arndt, Reiseveranstaltungsvertrag, S. 25 f.; Demmig, Die Mängelhaftung im Reisevertragsrecht, S. 4. 26 Nicht mehr als bloße Organisation der Reise und Vermittlung der einzelnen Reiseleistungen: Rauch, Kündigung, S. 1. 27 Vgl. Waegner, Haftungsfragen bei Flug-Gesellschaftsreisen, S. 72 f.

A. Entwicklung der Regelung der reisevertraglichen Mängelrechte

9

trag im Sinne der §§ 631 ff. BGB qualifiziert. Dieser Auffassung schloss sich auch der BGH im sog. Impfschadenfall vom 30.11.1972 an.29 Das Problem der Zuordnung zu einem Vertragstyp schien durch die Einfügung der Regelungen über den Reisevertrag in das BGB im Jahre 1979 gelöst zu sein. Es musste nicht mehr auf die anderen Vertragstypen des BGB zurückgegriffen oder ein typengemischter Vertrag angenommen werden. Denn der deutsche Gesetzgeber entschied sich dafür, den Reisevertrag in den §§ 651a ff. BGB eigenständig zu regeln.30 Wegen der systematischen Stellung31 des Reisevertragsrechts im BGB und der Verweisungen auf das Werkvertragsrecht (in § 651d Abs. 1 BGB und § 651e Abs. 3 Satz 2 BGB) wurde jedoch diskutiert, ob der Reisevertrag einen Unterfall des Werkvertrages oder vielmehr einen eigenständigen Vertragstyp darstellt. 32 Gewiss ist hier der zweiten Ansicht zu folgen. Die Verweisungen auf das Werkvertragsrecht stellen kein ausschlaggebendes Argument dar. Denn sie waren mit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes im Jahre 2002 vorgesehen. Zuvor wurde nämlich aus das Kaufrecht verwiesen. Deswegen sollte diesen Verweisungen keine tiefere Bedeutung bezüglich der systematischen Zuordnung des Reisevertrages zugeschrieben werden. Ihr Ziel ist vielmehr nur eine technische Anwendung in den reiserechtlichen Fragen von bestimmten, bereits in anderen Rechtsgebieten geschaffenen Regelungen. 33 Darüber hinaus ist festzustellen, dass zwar viele Ähnlichkeiten mit dem Werkvertragsrecht bestehen, der Reisevertrag jedoch zahlreiche Eigenheiten aufweist, wie beispielsweise die spezifische Dauer des Vertrages, die Einstandspflicht des Reiseveranstalters für das Gelingen der ganzen Reise, also nicht nur für die konkreten Einzelleistungen etc. Aus diesen Gründen ist es überzeugender, den Reisevertrag als einen eigenständigen Vertragstyp anzusehen. c) Entwicklung in Polen Der polnischen Rechtslehre und vor allem der polnischen Rechtsprechung bereitete die dogmatische Einordnung des Reisevertrags ähnliche, wenn nicht noch größere Probleme. 34 Diesem Thema wurde im Schrifttum viel Platz eingeräumt, jedoch konnte sich keine der vertretenen Ansichten durchsetzen. 28

BGH NJW 1973, 318 (Impfschadenfall); OLG Nürnberg MDR 1973, 406; LG Köln NJW 1972, 1815 f.; KG MDR 1971, 1007 f.; LG Berlin MDR 1968, 582; LG München MDR 1970, 925 f. 29 BGHZ 60, 14. 30 Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 25. 31 Im siebten Titel des siebten Abschnitts „Einzelne Schuldverhältnisse“ des Zweiten Buchs „ Recht der Schuldverhältnisse“ unter der Überschrift „Werkvertrag und ähnliche Verträge“. 32 Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 25 f.; Pick, Reiserecht, Rn. 113. 33 Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 26. 34 Zachariasiewicz, Odpowiedzialność biur, S. 191.

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

Der Reisevertrag wurde in Polen allerdings anders als in Deutschland qualifiziert. Bezüglich der im polnischen Zivilrecht existierenden Differenzierung der Verträge war fraglich, ob der Reisevertrag als benannter, unbenannter oder Typenkombinations- (gemischter) Vertrag einzuordnen war.35 Grundsätzlich können die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über touristische Dienstleistungen 36 vertretenen Auffassungen in drei Gruppen unterteilt werden. Zur ersten Gruppe gehörten diejenigen Ansichten, die den Reisevertrag als Auftrag oder Dienstvertrag qualifizierten, der nicht durch andere Vorschriften geregelt sei und auf den gemäß Art. 750 ZGB die Vorschriften über den Auftrag entsprechende Anwendung fänden.37 Die zweite Gruppe stellte auf einen Werkvertrag ab. 38 Die werkvertraglichen Vorschriften wurden entweder direkt (Reisevertrag als Werkvertrag39) oder analog angewandt.40 Die h.M. qualifizierte den Pauschalreisevertrag jedoch als sog. gemischten Vertrag (Typenkombinationsvertrag), der sich aus Elementen von Werk-, Auftrags-, Beförderungs-, Kauf-, Miet- und Verwahrungsvertrag sowie aus nur für diesen Vertrag besonderen Eigenschaften zusammensetzt. 41 Dieser Ansicht ist auch das Oberste Gericht Polens 42 in seinem bekannten Beschluss vom 25.2.1986 gefolgt.43 Die Regelung des Reisevertrages im TourG hat den Streit über die Rechtsnatur des Reisevertrages nicht völlig beigelegt. Bislang besteht noch immer keine Einigkeit darüber, ob der Reisevertrag einen benannten oder unbenannten Vertragstyp darstellt. 44 Es wird immer noch die Auffassung vertreten, dass der Reisevertrag eine Mischung von zahlreichen Leistungen darstellt, die 35

Cybula, Charakter umowy, S. 108 f. Das Gesetz vom 29.8.1997 über touristische Dienstleistungen [Ustawa o usługach turystycznych], Dz. U. 1997 Nr. 133, Pos. 884, konsolidierte Fassung [tekst jednolity]: Dz. U. 2004, Nr. 223, Pos. 2268. Im Folgenden: TourG. Gesetz über touristische Dienstleistungen [Ustawa o usługach turystycznych]. 37 Entscheidung des Woiwodschaftsgerichts in Katowitz vom 4.6.1969, Az.: VI C 369/69, zitiert nach: Nesterowicz, Odpowiedzialność cywilna biur podróży, S. 36. 38 Raciborski, Kierunki orzecznictwa sądowego w sporach klientów z biurami podróży na tle umowy o podróż, Palestra 1988, Nr. 6, S. 26; Dąbrowa, M. Nesterowicz: Odpowiedzialność cywilna biur podróży (recenzja), PiP 1975, H. 6, S. 127. 39 Zachariasiewicz, Odpowiedzialność biur, S. 189 ff. 40 Cybula, Charakter umowy, S. 111. 41 Nesterowicz, Odpowiedzialność biur podróży za zmianę programu wycieczki, PiP 1974, H. 1, S. 89; eingehend ders., Odpowiedzialność cywilna biur podróży, S. 66 ff.; Kubas, Recenzja: M. Nesterowicz, Odpowiedzialność cywilna biur podróży, NP 1975, Nr. 3, S. 457; Tyczka, Prawo turystyczne, S. 219 ff.; Wróblewski, Umowy o zbiorową wycieczkę zagraniczną, BIIT 1974, Nr. 4–5, S. 30; Cybula, Umowa o imprezę turystyczną, S. 216. 42 Sąd Najwyższy, weiter zitiert als: SN. 43 SN Urt. v. 25.2.1986, III CZP 2/86, OSNC 1987/1/10. 44 Cybula, Charakter umowy, S. 108. 36

A. Entwicklung der Regelung der reisevertraglichen Mängelrechte

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jeweils unterschiedlichen Regelungen unterfallen. 45 Immer häufiger wird der Reisevertrag jedoch als ein benannter Vertragstyp angesehen.46 Dieser Ansicht ist zuzustimmen, denn der polnische Reisevertrag erfüllt die Voraussetzungen eines benannten Vertragstyps: Er ist u.a. detailliert gesetzlich geregelt und seine essentialia negotii sind im TourG enthalten. Zu den essentialia negotii des Reisevertrages nach polnischem Recht gehört die Bestimmung: - des Reisezieles oder der Reiseroute, - des Reiseprogramms (der touristischen Dienstleistungen – ihre Art, Qualität, Termine etc.), - der Rechte und Verpflichtungen der Vertragsparteien und - des Reisepreises. 47 3. Intervention der Rechtsprechung Der Mangel an einer gesetzlichen Regelung des Pauschalreiserechts in Deutschland und die überlegene Stellung der Reiseveranstalter auf dem Markt führten dazu, dass diese versuchten, sich durch verschiedene Klauseln in ihren AGB weitgehend von der Haftung zu befreien oder in anderer Weise die Kunden zu belasten. Die Rechtsprechung bemühte sich, den sich neu entwickelnden Reiseveranstaltungsvertrag und die damit auftauchenden Rechtsprobleme in den Griff zu bekommen.48 Da die Revision zum BGH praktisch lediglich im Falle der grundsätzlichen Bedeutung der Reisesache in Betracht kam, beschäftigte sich der BGH mit dem Reisevertragsrecht sehr selten. 49 Drei bedeutende Entscheidungen ragen jedoch heraus. Diese beeinflussten maßgeblich die spätere gesetzliche Regelung des Reisevertrages. In dem schon oben erwähnten Impfschadenfall vom 30.11.1972 50 sprach sich der BGH neben der Einordnung des Reiseveranstaltungsvertrages als Werkvertrag gegen erhöhte Stornogebühren aus.51 Besonders bedeutend war der sog. Ferienhausfall I vom 18.10.1973, 52 in dem der BGH die beliebte 45 SR Warschau, Urt. v. 11.7.2012, I C 545/12, (zuletzt abgerufen am 27. November 2014). 46 Sekuła-Leleno, Odpowiedzialność, S. 139; Cybula, Charakter umowy, S. 119 ff. 47 Sekuła-Leleno, Odpowiedzialność, S. 140. 48 Tempel, RRa 1998, 19 ff, 19. 49 Für die meisten Prozesse im Reiserecht war wegen der niedrigen Streitwerte (bis zu 1500 DM = ~750 €) gemäß § 23 Nr. 1 GVG a.F. das Amtsgericht zuständig, gegen dessen Entscheidung nur die Berufung zum Landgericht und nicht die Revision zum BGH möglich war. Darum waren Entscheidungen der Obergerichte und des BGH eine Seltenheit; Arndt, Reiseveranstaltungsvertrag, S. 133 f.; Führich, Reiserecht, Rn. 13, S. 11. 50 BGHZ 60, 14. 51 Diese Materie ist aktuell in § 651i BGB geregelt. 52 BGHZ 61, 267.

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

„Vermittlerklausel“, die besagt, dass Reiseveranstalter nur Vermittler der Reiseleistungen seien und dadurch von der reiserechtlichen Haftung freigestellt seien, für unzulässig erklärte.53 Schließlich ist auf den sog. Rumänienfall vom 10.10.1974 hinzuweisen, 54 in welchem der BGH dem Reisenden einen Schadensersatzanspruch für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit zusprach, sofern es sich um einen Erholungsurlaub handelte.55 Auch die polnischen Reiseveranstalter versuchten, sich ähnlich den deutschen von ihrer Haftung freizuzeichnen. Dabei war jedoch ein sehr bedeutender Unterschied zu bemerken: Die polnischen Reisebüros stritten ihren Status als Reiseveranstalter nicht ab, sondern versuchten, ihre Haftung strikt auf die mit der Organisation verbundenen Schäden zu begrenzen und sich auf diese Weise von der Haftung für die ordnungsgemäße Erbringung der einzelnen Reiseleistungen zu befreien. 56 In dieser Zeit führte in Polen nur ein sehr geringer Prozentsatz der geschlossenen Reiseverträge zu Auseinandersetzungen vor Gericht. In den Jahren 1976 bis 1986 gab es beispielsweise ca. 40 Reiseprozesse vor den beiden bedeutendsten Bezirksgerichten Polens in Krakau und Warschau. 57 Die Gründe dafür lagen m.E. vor allem in den niedrigen Streitwerten, der Langwierigkeit des Verfahrens und in der Unklarheit der Rechtslage in Bezug auf Reiseverträge. Die vereinzelte Rechtsprechung der polnischen Gerichte war um einiges uneinheitlicher als in Deutschland. Die unterschiedliche rechtliche Qualifikation des Reisevertrages, die von großer Bedeutung für den Haftungsumfang der Reiseveranstalter war, sowie verschiedene Methoden bei der Berechnung der Schadenshöhe führten zu enormen Unterschieden in den Entscheidungen ähnlicher Fälle. Der SN äußerte sich zwar sehr selten, seine Interventionen waren jedoch von großer Bedeutung für die Haftung der Reiseveranstalter. In den Urteilen vom 6.7.196658 und vom 28.3.196859 stellte der SN fest, dass der Reiseveranstalter für die ordnungsgemäße Sicherstellung der Krankenpflege haftet und zwar auf vertraglicher und nicht auf deliktischer Basis. Überdies ragt der Beschluss vom 25.2.198660 heraus, in dem der SN die Haftung des Reiseveranstalters für die Handlungen und Unterlassungen der Personen bejahte, derer er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit (hier: Verpflegung der Reisenden) bedient, ungeachtet der eigenen Möglichkeit ihrer Kontrolle und Aufsicht. 53

Diese Regelung befindet sich aktuell in § 651a II BGB. BGHZ 63, 98. 55 Zur Besprechung der oben genannten Urteile vgl. Führich, Reiserecht, Rn. 14, S. 11; Tonner, Der Reisevertrag, S. 7; Rössler, Reisegewährleistungsrecht, S. 36. 56 Nesterowicz, Odpowiedzialność cywilna biur podróży, S. 98. 57 Raciborski, Kierunki orzecznictwa sądowego w sporach klientów z biurami podróży na tle umowy o podróż, Palestra 1988, Nr. 6, S. 14. 58 SN Urt. v. 6.7.1966, I CR 134/64, OSPiKA, Nr. 7–8, 1967, Pos. 183. 59 SN Urt. v. 28.3.1968, I CR 64/68, PUG, Nr. 4, 1969, S. 137. 60 SN Beschluss v. 25.2.1986, III CZP 2/86, OSNC 1987/1/10. 54

A. Entwicklung der Regelung der reisevertraglichen Mängelrechte

I.

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Intervention des nationalen und des europäischen Gesetzgebers

1. Das Reisevertragsgesetz (Deutschland) Sowohl der Mangel an einer gesetzlichen Regelung, die den Besonderheiten der Pauschalreisen gerecht würde und die sehr uneinheitliche Rechtsprechung, als auch internationale Initiativen zur Entwicklung des Verbraucherschutzes (insbesondere die Entstehung des Brüsseler Übereinkommens über den Reisevertrag im Jahre 197061) beeinflussten die Entstehung des Reisevertragsgesetzes in Deutschland.62 Die beiden Referentenentwürfe von 197363 und 197564 sahen eine Regelung des Reisevertragsrechts in einem ausführlichen Sondergesetz vor. Der Bundesrat hielt diese Entwürfe jedoch für zu detailliert und befürchtete, dass sie eine weitere Rechtszersplitterung fördern könnten. Die Regelung des Reisevertrages wurde somit in das BGB durch Schaffung eines eigenen Abschnitts im Anschluss an das Werkvertragsrecht (§§ 651a bis 651k BGB) integriert.65 Die Schaffung des neuen Vertragstyps blieb nicht ohne Kritik. Insbesondere in der Literatur waren teilweise sehr negative Stimmen zu finden. 66 Es wurde sogar der Vorwurf erhoben, dass die neue Regelung mehr Unklarheiten und Probleme schaffe als kläre. 67 Die Rechtsprechung versuchte damals, die existierenden Lücken auszufüllen. 68 Die Funktion der Rechtsprechung wurde jedoch auch sehr unterschiedlich bewertet. Zum einen wurde ihr eine Steuerungsrolle zugeschrieben,69 zum anderen wurde sie als eine „Rechtsabenteuer-Reise“ bezeichnet, da reiserechtliche Prozesse unwägbar seien. 70 Tempel meinte, dass die Erwartungen an die Rechtsprechung und den Gesetzgeber zu hoch gesteckt wurden. Denn es sei kaum zu erwarten gewesen, dass es sofort eine einheitliche Lösung zu allen reiserechtlichen Problemen geben würde. 71

61 Vgl. BT-Drucks. 8/786, S. 10; über den Inhalt Pellet, Reisevertragliche Gewährleistung, S. 141 ff. 62 Ausf. zur Geschichte Klatt, Gesetz über den Reisevertrag, S. 5 ff.; Pick, Reiserecht, S. 37 ff.; Führich, Reiserecht, Rn. 16, S. 12 f.; Tonner, Der Reisevertrag, S. 8 f. 63 3420/13, Klatt, Gesetz über den Reisevertrag, S. 65–74. 64 11487/83, Klatt, Gesetz über den Reisevertrag, S. 81–92. 65 BT-Drucks. 1978 8/2343, S. 6 ff. 66 Bartl, NJW 1979, 1384 ff., 1390; Teichmann, JZ 1979, 737 ff., 742; Eberle, DB 1979, 341 ff., 341. 67 Bartl, NJW 1979, 1384 ff., 1390; zwei Jahre später sprach Bartl von einem Fehlschlag des Gesetzgebers, Bartl, DAR 1982, 40; Teichmann, JZ 1979, 737 ff., 742; Eberle, DB 1979, 341 ff., 341. 68 Z.B. BGH NJW 1985, 906 (Einbeziehung der Ferienhausverträge); BGH NJW 1985, 132 (Anzeigepflicht auch für Ansprüche aus § 651f Abs. 2 BGB). 69 Tonner, AcP 189 (1989), 122. 70 Isermann, NJW 1988, 873 ff., 873; ders., DAR 1989, 374 ff., 378. 71 Tempel, RRa 1998, 19 ff., 20.

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

Angesichts der scharfen Kritik und vielen Lücken wurde das Reiserecht mehrmals geändert, wobei nicht immer der Auffassung der Rechtsprechung gefolgt wurde. Zu den wichtigsten Novellierungen gehörten die Änderung der Beweislastregelung in § 651f BGB72, die Einführung der klaren Abgrenzung zwischen der Kündigung nach § 651e und nach § 651j BGB im Falle höherer Gewalt 73 und die Änderung der zulässigen Haftungsbeschränkungen in § 651h BGB74. 2. Die EG-Pauschalreise-Richtlinie a) Harmonisierung des Pauschalreiserechts als ein wichtiges Anliegen der EG In den achtziger Jahren begann die Europäische Gemeinschaft, sich mit der Harmonisierung des Pauschalreiserechts zu beschäftigen. 75 Dieses Rechtsgebiet musste an zwei wichtige Grundsätze der europäischen Politik angeglichen werden: die Verwirklichung des Binnenmarktes und den Schutz der Verbraucher. Im Ergebnis wurde am 13.6.1990 vom EG-Ministerrat eine Richtlinie über Pauschalreisen (90/314/EWG)76 verabschiedet. 77 Die Richtlinie enthält gemeinsame Mindeststandards, die trotz eines großen Beitrags zur Rechtsangleichung und der Erhöhung des Schutzes der Reisenden in den Mitgliedstaaten78 zahlreiche Änderungen erfordert, um dem gegenwärtigen Pauschalreisemarkt gerecht zu werden. 79 b) Umsetzung der EG-Pauschalreise-Richtlinie im deutschen Recht Die Richtlinie musste bis zum 31.12.1992 in den nationalen Rechtssystemen umgesetzt werden. Die Bundesrepublik Deutschland ließ die Frist, wie auch die meisten anderen Mitgliedstaaten, verstreichen. Das Änderungsgesetz wurde erst am 24.6.199480 verabschiedet. Die Bestimmungen dieses Gesetzes veränderten wesentlich die bisherigen Reiserechtsvorschriften. 81 Der deutsche 72

ÄndG vom 24.6.1994, BGBl. I, S. 1322. ÄndG vom 24.6.1994, BGBl. I, S. 1322. 74 ÄndG vom 25.7.1986, BGBl. I, S. 1120 und vom 24.6.1994, BGBl. I, S. 1322. 75 Ausf. über die Entstehungsgeschichte der EG-Pauschalreise-Richtlinie Pellet, Reisevertragliche Gewährleistung, S. 146 ff.; Rössler, Reisegewährleistungsrecht, S. 40 ff. 76 Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (90/314/EWG), AblEG Nr. L 158 v. 23.6.1990, S. 59. 77 Zum Inhalt Pellet, Reisevertragliche Gewährleistung, S. 151 ff.; Rössler, Reisegewährleistungsrecht, S. 42 ff. 78 Erwägungsgrund der Richtlinie, ABl. EG Nr. L 158/59. 79 Zum Reformbedarf der EG-Pauschalreise-Richtlinie s. eingehend Erster Teil B. III. 2. a) und b). 80 BGBl. I S. 1322. 81 Eckert, DB 1994, 1069 ff., 1069; Führich, Reiserecht, Rn. 19, S. 15. 73

A. Entwicklung der Regelung der reisevertraglichen Mängelrechte

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Gesetzgeber entschied sich, das Reisevertragsrecht im BGB zu belassen, statt ein spezielles Gesetz zu schaffen. Die wichtigsten Änderungen betrafen die Preis- und Leistungsänderungsvorschriften, die Einführung der in § 651k BGB vorgesehenen Insolvenzsicherungspflicht und die in § 651a Abs. 4 BGB geregelte Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung über Informationspflichten von Reiseveranstaltern. Gemäß Art. 8 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten einen höheren Schutz für Reisende vorsehen. Also wurde die strengere verschuldensunabhängige Gewährleistung beibehalten. 3. Das Gesetz über touristische Dienstleistungen (Polen) Der grundlegende Normativakt im Bereich der Pauschalreisen ist in Polen bis auf weiteres das Gesetz über touristische Dienstleistungen (TourG). Nach dem politisch-wirtschaftlichen Wandel im Jahr 1989 waren die Gründung und die Geschäftstätigkeit der Reiseveranstalter, Reiseagenturen und Reisebüros in Polen nicht mehr reglementiert. Mit der Verabschiedung des Gesetzes über die Wirtschaftstätigkeit82 wurde die Freiheit wirtschaftlicher Betätigung geltendes Recht. Dies schloss auch die allgemeine Freiheit zur Gründung von Reiseunternehmen ein (mit wenigen Einschränkungen für einige Tätigkeitsbereiche). 83 Diese – nach Auffassung einiger 84 übermäßige – Liberalisierung führte zu einer Flut von i.d.R. unprofessionellen und finanziell nicht abgesicherten Reiseveranstaltern und infolgedessen zu niedriger Qualität und missbräuchlichen Verhaltensweisen im Tourismus.85 Es gab im Grunde genommen keine verbraucherschützende Politik. Denn man ging davon aus, dass die „unsichtbare Hand des Marktes“ alle Probleme lösen werde. 86 Obwohl der Verbraucher durch allgemeine zivilrechtliche Vorschriften in gewissem Maße geschützt war, reichte dies angesichts der Bedrohungen durch eine unkontrollierte Marktwirtschaft nicht aus. All diese Gründe und die Notwendigkeit der Harmonisierung des Verbraucherrechts mit den europäischen Standards führten zur Schaffung des TourG. 87

82 Gesetz über die Wirtschaftstätigkeit v. 23.12.1988 [Ustawa o działalności gospodarczej], Dz. U. 1988 Nr. 41 Pos. 324. 83 Vgl. Lindner, Verbraucherschutz in der Transformation, S. 75 ff. 84 Vgl. Zbieć, Problemy rozwoju polskiej turystyki w związku z integracją zachodnioeuropejskiego rynku turystycznego i układem o stowarzyszeniu Polski z krajami EWG, „Problemy Turystyki” 1993, 3/57. 85 Jarmul/Wrona/Zawistowska, Wpływ procesu, S. 33. 86 Ausf. Glatz, Die Entwicklung des polnischen Zivilrechts – Darstellung und Bewertung unter dem Aspekt des wirtschaftlichen Wandels, S. 165 ff. 87 Ausf. zur Einwirkung des Harmonisierungsprozesses des polnischen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht auf das Ziel und den Umfang des TourG Jarmul/Wrona/Zawistowska, Wpływ procesu, S. 29 ff.

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

Das Gesetzgebungsverfahren wurde im Jahre 1992 eingeleitet. 88 Seine lange Dauer ist sowohl auf den heftigen Streit zwischen dem damaligen Amt für Körperkultur und Tourismus 89 und den Vertretern der Polnischen Tourismuskammer90 über den Inhalt und den Rahmen der Gesetzesbestimmungen zurückzuführen,91 als auch auf heftige ressortübergreifende Diskussionen über weitere umstrittene Punkte. 92 Ursprünglich sollte die Regelung des Reisevertragsrechts, entsprechend der deutschen Lösung, durch Schaffung eines eigenen Vertragstypus im ZGB erfolgen.93 Letztendlich entschloss sich der Gesetzgeber im Jahre 1997 jedoch dazu, nur die Verwaltungsvorschriften und Informationspflichten in einem Sondergesetz, dem Gesetz über touristische Dienstleistungen (TourG), zu regeln. Dagegen sollten die Grundregeln über den Reisevertrag und die Haftung des Reiseveranstalters für Nicht- oder Schlechterfüllung künftig in das ZGB eingefügt werden. Die Notwendigkeit einer schnellen Harmonisierung mit den Vorschriften der Pauschalreise-Richtlinie mag letztlich doch zu einer Einfügung der zivilrechtlichen Regelungen in das TourG durch Gesetzesänderung vom 8.12.200094 geführt haben. Dadurch wurden die Regelungen über den Reisevertrag wieder weitestgehend aus dem ZGB entfernt. Das bis zum Jahre 2012 bereits 17 mal novellierte TourG gehört zu den in Polen häufig vorkommenden sog. Komplexgesetzen [ustawa kompleksowa], welche Vorschriften aus vielen Rechtsgebieten zusammenfassen. Die Mehrheit der Vorschriften hat einen verwaltungsrechtlichen Charakter. Der vierte Abschnitt enthält beispielsweise die Voraussetzungen für die Tätigkeit als Reiseleiter und der fünfte diejenigen für den Betrieb eines Hotelgewerbes. Der dritte Abschnitt ist dagegen dem Verbraucherschutz gewidmet und enthält zivilrechtliche Normen. Das TourG trug erheblich zu einer Erhöhung des Verbraucherschutzniveaus bei. Allerdings würde durch die Einfügung der Regelung des Reisevertrages in das ZGB, insbesondere der Regelung der Haftung des Reiseveranstalters, nicht nur das Pauschalreiserecht an Bedeutung gewinnen, sondern es würden auch der Schutz und die Stellung des Reisenden gegenüber dem Reiseveranstalter verbessert werden. Entsprechend ist auch die Auffassung des polnischen Reiserechtsspezialisten Nesterowicz, der eine solche Regulierung für notwendig erachtet. 95 88

Funkcjonowanie ustawy o usługach turystycznych, Ministerstwo Gospodarki, Departament Turystyki, 2002, S. 4. 89 Urząd Kultury Fizycznej i Turystyki (UKFiT). 90 Polska Izba Turystyki (PIT). 91 Gospodarek, Prawo turystyczne w zarysie, S. 25. 92 Vor allem über die Konzessionen für Reiseveranstalter und ihre finanzielle Absicherung. 93 Ausf. Beschreibung des Kommissions- und Alternativentwurfs, Lindner, Verbraucherschutz in der Transformation, S. 70 ff. 94 Dz.U. Nr.122, Pos. 1314.

A. Entwicklung der Regelung der reisevertraglichen Mängelrechte

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II. Aktuelle Entwicklungen des Pauschalreiserechts und Defizite der EG- Pauschalreise-Richtlinie 1. E-Commerce im Pauschalreiserecht – neue Online-Vertriebsformen a) Entwicklung In den letzten Jahren hat der Online-Handel, insbesondere mit den neuen internet-basierten, dynamischen Technologien, spürbar den europäischen Markt beeinflusst. Im Jahr 2011 hatten bereits 73 Prozent der Haushalte in der Europäischen Union Zugang zum Internet, und mehr als die Hälfte nutzt das Internet täglich. 96 Die Tourismus-Branche greift diese neuen Tendenzen auf und bietet Reiseleistungen in vielen neuen Online-Vertriebsformen an. Zwar werden in Deutschland und Polen von Reiseportalen dieselben OnlineVerkaufsformen genutzt, jedoch findet bisher im polnischen Schrifttum und in der Rechtsprechung kaum eine nennenswerte Diskussion über die rechtlichen Konsequenzen dieses Phänomens statt. Die Auseinandersetzung mit diesem Problem basiert überwiegend auf deutschen Quellen. Neben dem herkömmlichen katalogbasierten Vertrieb werden Reisen und einzelne Reiseleistungen heutzutage auch auf vielen anderen Wegen verkauft. Die Reiseveranstalter führten unter anderem die Möglichkeit ein, selbst eine Reise nach dem „Bausteinprinzip“, durch Zusammenstellung einzelner Reiseleistungen online, aus dem Katalog, in der Vertriebsstelle oder mit der Hilfe eines Reisebüros kombinieren zu können (Bausteinsystem). Das Internet als Angebotsplattform für Pauschalreisen gewinnt immer mehr an Bedeutung. Reisen und einzelne Reiseleistungen gehören zu den beliebtesten Produkten, die online angeboten und verkauft werden. Der heutige Reisende ist ein Internetnutzer, der einerseits bequem online buchen will und andererseits äußerst preis- und qualitätsorientiert ist. 97 Pauschalreisen werden häufig nach Vorgaben des Kunden zusammengestellt. Diesen Ansprüchen versuchen die Reiseportale durch vielfältige Tätigkeiten gerecht zu werden. Diese durch die Reiseportale verkauften Reiseprodukte lassen sich in vielfältiger Weise und mit verschiedenen Buchungstechniken kombinieren. Zum einen können einzelne Reiseleistungen gebucht werden. Zum anderen werden einzelne Reiseleistungen mit Hilfe eines stationären oder eines OnlineReisebüros zu einer Reise zusammengesetzt. Diese zusammengestellten Rei95

M. Nesterowicz bereitete im Jahre 1999 auf Auftrag der Kodifikationskommission einen Entwurf für die Regelung eines Reisevertragsrechts im ZGB vor, der eine Basis für weitere Arbeiten darstellen soll, vgl. Nesterowicz, Projekt regulacji, S. 41 ff. 96 Eurostat, Internetnutzung und Internetzugang im Jahr 2011. 97 Ergebnisse der Reiseanalyse aus dem Jahr 2008: Bei 62%-igen Anteil von Personen mit Internetzugang nutzen 72% das Internet, um sich über Urlaubsreisen zu informieren und 38% um touristische Leistungen zu buchen (Anstieg von 23% in 2004), Aderhold, Die Urlaubsreisen der Deutschen, Kurzfassung der Reiseanalyse 2008, S. A.

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

sen befinden sich aus rechtlicher Sicht in einer Grauzone und lassen sich nur schwer qualifizieren. Neben Reisen, die nach dem „Bausteinprinzip“ zusammengestellt werden, gewinnen sog. „dynamisch gepackte Reisen“ an Bedeutung. Das dynamic packaging ermöglicht es, die Reisekomponenten in Echtzeit anzubieten – im Gegensatz zu den gewohnten vorfabrizierten katalogbasierten Pauschalreisen, die i.d.R. zweimal im Jahr erstellt werden.98 Der Reisende kann nach seinen Wünschen einzelne touristische Leistungen, wie Flug, Unterkunft, Transport, Tickets usw., aus verschiedenen Quellen wählen.99 Selbst der Preis und die Qualität können teilweise individuell angepasst werden. Das Ganze wird sodann zu einer Reise gebündelt und zu einem Gesamtpreis gebucht.100 Diese Form von Reiseangeboten ist in jüngerer Zeit sehr begehrt. Die Individualisierung der Pauschalreise führt dazu, dass der Reisende eine Pauschalreise nicht mehr als ein Massenkonsumprodukt, sondern als ein „Organisationserlebnis“ erfährt und daher auch die Flexibilität in Bezug auf seine Wünsche fordert.101 „Dynamisch gepackte Reisen“ unterscheiden sich jedoch nicht wesentlich von dem schon bekannten Bausteinsystem. 102 Das Bausteinsystem bietet lediglich weniger Wahlmöglichkeiten, da der Reisende nur aus einer Vorauswahl von Reiseleistungen wählen kann. Beim dynamic packaging hingegen kann der Kunde frei aus den in der Datenbank des Portals abgelegten Reiseleistungen wählen. Eine weitere Vertriebsform stellen die Reisen dar, die mittels des sog. dynamic-bundling gebucht werden. Trotz erheblicher Ähnlichkeit müssen in dieser Form zusammengestellte Reisen von den „dynamisch gepackten“ Reisen unterschieden werden.103 Die Reise wird hier zwar aus den einzelnen Reiseleistungen nach den Wünschen des Kunden gefertigt, der Kunde kauft jedoch kein Paket. Es werden vielmehr separate Buchungsunterlagen für jede Reiseleistung erstellt. Die oben erwähnten Beispiele stellen nur eine kleine Auswahl aus den zahlreichen neuartigen Online-Vertriebsformen dar, die von den gegenwärtigen Reiseakteuren genutzt werden. 104 Diese Vielfältigkeit des Online-Handels führt dazu, dass bei den unzähligen Vertriebsformen schwer abzugrenzen ist, wann der Vertreiber (vor allem ein Reiseportal) als Reisevermittler oder schon als Reiseveranstalter zu qualifizieren ist.105 98

Rogl, Schwieriges Spiel mir den Bausteinen, in: FVW Nr. 24 vom 15.10.2003, S. 59. Rogl, Schwieriges Spiel mir den Bausteinen, in: FVW Nr. 24 vom 15.10.2003, S. 59. 100 Rogl, Schwieriges Spiel mir den Bausteinen, in: FVW Nr. 24 vom 15.10.2003, S. 59. 101 Ausf. zur juristischen Betrachtung des dynamic packaging Führich, RRa 2006, 50 ff. 102 Schulz, RRa 2010, 164 ff., 169. 103 Schulz, RRa 2010, 164 ff., 169. 104 Ausf. Schulz, RRa 2010, 164 ff. 105 Führich, RRa 2006, 50 ff., 52; Schulz, RRa 2010, 164 ff., 164. 99

A. Entwicklung der Regelung der reisevertraglichen Mängelrechte

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b) Problem der rechtlichen Einordnung Die rechtliche Einordnung der mittels neuartiger Vertriebsformen verkauften Reisen bereitet erhebliche Schwierigkeiten, was durch die gegensätzlichen Meinungen im Schrifttum106 belegt wird. Dabei kommt der richtigen Qualifizierung eine immense Bedeutung zu, weil hiervon abhängt, ob die Reiseprodukte als Pauschalreisen im Sinne der Pauschalreise-Richtlinie und des BGB, mit allen damit verbundenen Konsequenzen, zu betrachten sind. Die erste Frage bei der rechtlichen Einordnung derartiger online vertriebener oder sonst zusammengestellter Reiseleistungen ist, ob es sich um eine „im Voraus festgelegte Verbindung“ handelt. Der EuGH beschäftigte sich mit diesem Problem in dem wegweisenden Club Tour Viagens-Urteil vom 30.4.2002107. Er stellte fest, dass bereits eine vor Vertragsschluss nach Vorgaben des Kunden erfolgte Bündelung als „im Voraus festgelegte Verbindung“ anzusehen ist. Dieses Urteil erweitert den Anwendungsbereich der Pauschalreise-Richtlinie und leistet einen bedeutenden Beitrag zur Diskussion über die Qualifizierung und Abgrenzung der neuen Vertriebsformen. Allerdings setzt das deutsche Reiserecht keine „im Voraus festgelegte Verbindung“ voraus. Es spricht lediglich in § 651a Abs. 1 BGB von einer „Gesamtheit von Reiseleistungen“, die aber bereits gemäß der früheren Rechtsprechung108 und in der Begründung des Regierungsentwurfes 109 nach „vorher festgelegtem Programm“ zusammengestellt wird. Demgemäß betrifft die Auslegungsrichtung des EuGH in dem Club Tour Viagens-Urteil auch das deutsche Reiserecht. Gleichwohl stellte der BGH im Urteil vom 30. September 2010 110 fest, dass eine Reise, die nach Vorgaben des Kunden von einem Reisebüro aus einzelnen Reiseleistungen zusammengestellt wird, nicht zwangsläufig eine Pauschalreise darstellt. Er stützte seine Entscheidung auf die Erwägung, dass das Reisebüro die Erbringung der Leistungen „in eigener Verantwortung“ versprechen muss, um nach reisevertraglichen Vorschriften zu haften. Dieses bereits vor dem Inkrafttreten des Reisevertragsgesetzes bekannte Kriterium111 ist mit dem vorrangigen Unionsrecht nicht vereinbar. Denn nach der Pauschalreise-Richtlinie ist die Erbringung der Leistungen in eigener Verantwortung keine Voraussetzung.112 Leider nutzte der BGH nicht die Möglichkeit,

106

Beispielsweise bezüglich der Eigenhaftung des Reiseportals Führich, RRa 2006, 194 ff.; Noll, RRa 2002, 9 ff., 15. 107 EuGH, Urt. v. 30.4.2002, Rs. C-400/00, Slg. 2002, I – 4051 = EuZW 2002, 402. 108 BGH NJW 1974, 37; NJW 1992, 3148; RRa 1995, 221. 109 BT-Drucks. 8/786, S. 12. 110 BGH RRa 2011, 29 m. krit. Anm. Tonner, RRa 2011, 58 ff., 58. 111 BGHZ 61, 275; MünchKomm/Tonner, § 651a Rn. 20. 112 So auch Tonner, RRa 2011, 58 ff., 58.

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

seine Rechtsprechung zu ändern, um sie mit den europäischen Vorgaben in Einklang zu bringen.113 Enorme Probleme mit einer einheitlichen, unionsrechtskonformen Auslegung von Grundbegriffen und die Komplexität der neuen internetbasierten Vertriebsmethoden haben zur Folge, dass die rechtliche Einordnung der unterschiedlich vertriebenen Reiseprodukte sehr schwierig ist. Auch auf dem polnischen Reisemarkt werden die neuen „dynamischen Reisen“ immer beliebter. Der Marktanteil der Reiseportale nimmt rasch zu. Die Reiseveranstalter bleiben jedoch bei dieser Entwicklung im Hintergrund; die großen Reiseunternehmen erwägen zur Zeit die Einführung von dynamic packaging-Angeboten nach dem deutschen Modell. 114 Obwohl es diesbezüglich bis heute im polnischen juristischen Schrifttum keine größere Diskussion gab, wurde die Problematik vom polnischen Ministerium für Sport und Tourismus115 und vom Amt für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz [Urząd Ochrony Konkurencji i Konsumentów]116 während der polnischen EUPräsidentschaft erläutert. Es wurde festgestellt, dass die heutige Regelung den Erwerber einer „dynamischen Reise“ nicht schütze und dass dieses Regelungsdefizit ausgeräumt werden müsse. c) Qualifizierung von ausgewählten Vertriebsformen Kein Streit besteht über die rechtliche Qualifizierung der vom Reiseveranstalter selbst angebotenen Bausteinreisen, bei denen die einzelnen Reiseleistungen aus einer Quelle stammen und dann durch ein Inhouse-Reservierungssystem gebündelt werden.117 Wenn ein Reiseportal fertige Pauschalreisen von fremden Reiseveranstaltern anbietet und die Trennung zwischen dem Vermittler und dem tatsächlichen Anbieter klar aus dem Angebot hervorgeht, dann ist diese Tätigkeit des Reiseportals als reine Vermittlung anzusehen. Wenn das Reiseportal jedoch diese Trennung nicht klarstellt, kann eine Anscheinshaftung nach § 651a Abs. 1 BGB angenommen werden.118 Wesentlich größere Probleme bereitet hingegen die Qualifizierung der „dynamisch gepackten“ Reisen. Beim dynamic packaging, das nicht nur von den „klassischen“ Reiseveranstaltern, sondern insbesondere auch von Reiseportalen vertrieben wird, stellt sich die Frage, ob eine nach diesem System gebuchte Reise eine Pauschalrei113

Tonner, RRa 2011, 58 ff., 58. Fydrykiewicz, Nie będziemy polskim Thomasem Cookiem, in: Rzeczpospolita, Stand: 28. Dezember 2012. 115 Polska zmieni Dyrektywę UE w sprawie zorganizowanych podróży, wakacji i wycieczek?, in: TUR-INFO.PL, Stand: 21. Juli 2011. 116 Im Folgenden: UOKiK. Prezydencja – zadania UOKiK, Stand: 22. Juni 2011. 117 Soergel/H.W.Eckert, § 651a Rn. 11. 118 Schulz, RRa 2010, 164 ff., 168. 114

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se im Sinne des § 651a Abs. 1 BGB oder nur eine Buchung von einzelnen Reiseelementen darstellt. Im letzteren Fall wäre das Reiseportal lediglich als Reisevermittler tätig mit der Folge, dass die reiserechtliche Haftung entfiele. In der Praxis bezeichnen sich die meisten internetbasierten Veranstalter 119 in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen als reine Reisevermittler und gerade nicht als Reiseveranstalter. Die „dynamisch gepackte Reise“ erfüllt jedoch in den meisten Fällen die Voraussetzungen einer Pauschalreise gemäß § 651a BGB. 120 Das Reiseportal bietet i.d.R. mindestens zwei Hauptleistungen, beispielsweise Beförderung und Unterkunft, an.121 Nach der h.M.122 kann die Bündelung zu einer Gesamtheit von Reiseleistungen gemäß dem Club Tour Viagens-Urteil des EuGH123 auch bei Vertragsabschluss geschehen, was eben bei „dynamisch gepackten Reisen“ der Fall ist, denn die nach den Wünschen und Vorgaben des Reisenden ausgewählten Reiseleistungen werden dann kurz vor der Buchungserklärung, also kurz vor dem Vertragsschluss, gebündelt. Die weitere Voraussetzung eines Gesamtpreises wird meistens ebenso erfüllt sein. Ein Teil des Schrifttums124 vertritt die Ansicht, dass für die Annahme der reiserechtlichen Haftung von Bedeutung ist, ob das Merkmal der Leistungserbringung „in eigener Verantwortung“ (§ 651a Abs. 2 BGB) vorliegt, also ob aus Sicht des Kunden bei objektiver Beurteilung sämtlicher Umstände das Reiseportal als Reiseveranstalter auftritt. Das hat auch der BGH in dem oben erwähnten Urteil vom 30. September 2010 bestätigt.125 Dieses bereits in den sechziger Jahren im deutschen Recht statuierte Merkmal ist jedoch mit dem Konzept der Mindestharmonisierung der Pauschalreise-Richtlinie nicht zu vereinbaren und sollte als unzulässige Voraussetzung zu Lasten des Reisenden angesehen werden.126 Die rechtliche Zuordnung der „dynamisch gepackten Reisen“ in Polen soll analog zur deutschen Rechtslage erfolgen. Solche Reisen erfüllen zumeist die in Art. 3 Nr. 2 TourG genannten Voraussetzungen der Pauschalreise. Sie umfassen nämlich mindestens zwei touristische Dienstleistungen, welche eine Übernachtung beinhalten bzw. länger als 24 Stunden dauern, ein einheitliches Programm schaffen und zu einem Gesamtpreis angeboten werden. 119

Bezeichnung nach Born, Aktuelle Probleme der Pauschalreise und ihre Chancen einer erfolgreichen Weiterentwicklung, in: Tourismus 2015, S. 32. 120 Schulz, RRa 2010, 164 ff., 169. 121 Führich, RRa 2006, 50 ff., 54. 122 Schulz, RRa 2010, 164 ff., 168. 123 EuGH, Urt. v. 30.4.2002, Rs. C-400/00, Slg. 2002, I – 4051 = EuZW 2002, 402. 124 Führich, RRa 2006, 50 ff., 57; a.A. Tonner: entscheidend sei nicht die Sicht des Kunden, sondern ob das Reiseportal einen eigenen Vertrag mit den einzelnen Leistungsträgern abschließt, Tonner, Der Reisevertrag, S. 19. 125 Az. Xa ZR 130/08, RRa 2011, S. 29, m. krit. Anm. Tonner, RRa 2011, 58 ff. 126 Schulz, RRa 2010, 164 ff., 169.

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Das dynamic bundling in der Form, wie es zuvor dargestellt wurde, stellt hingegen i.d.R. keine Pauschalreise dar. Zwar werden hier dem Reisenden verschiedene Reiseleistungen über ein Reiseportal angeboten, er kauft jedoch kein Paket, sondern erhält getrennte Unterlagen und Rechnungen zu jeder einzelnen Leistung, die er ausgewählt hat.127 Eine klare Abgrenzung zwischen dynamic packaging und dynamic bundling sowie anderen neuartigen Vertriebsformen ist jedoch schwer. Die rechtliche Einordnung hängt vielmehr von dem jeweiligen Such- und Buchungssystem der Reiseportale und allgemein von den jeweiligen Umständen der Einzelbuchung ab. Obwohl es möglich erscheint, die Haftungs- und Pflichtenkreise der Reiseportale anhand des geltenden Reiserechts zu bestimmen, ist es erforderlich, die neuen Vertriebsformen abzugrenzen und klarer zu normieren, sodass dem europäischen Verbraucher weiter ein reiserechtlicher Schutz auf hohem Niveau gewährleistet wird. Dafür ist zunächst eine eindeutige Stellungnahme der Europäischen Kommission notwendig, auf die angemessene Änderungen in den nationalen Rechtssystemen folgen sollten. d) Anwendungsbereich der „neuen“ EU-Pauschalreise-Richtlinie Das Internet und der Online-Handel haben den Tourismusmarkt im Laufe der letzten zwanzig Jahre erheblich verändert. Die Bestimmungen der Pauschalreise-Richtlinie von 1990 sind veraltet und entsprechen nicht mehr der heutigen reiserechtlichen Realität. Eine genauere Analyse des Reformbedarfs bei der Pauschalreise-Richtlinie erfolgt im nächsten Abschnitt.128 Die größten Probleme bereitet aber der Anwendungsbereich der Pauschalreise-Richtlinie. Denn die neuen Vertriebsformen sind bei der bestehenden Regelung nicht berücksichtigt. Dies führt zu Rechtsunsicherheit: Es ist unklar, ob Reiseprodukte, die online, insbesondere durch Reiseportale, vertrieben werden, in den Anwendungsbereich der Pauschalreise-Richtlinie fallen. Diesem Problem soll der Vorschlag der Kommission für eine „neue“ Pauschalreise-Richtlinie abhelfen 129, der am 9. Juli 2013 veröffentlicht wurde. Er führt eine wesentlich veränderte Definition der Pauschalreise und die neue Reiseform „Bausteinreisen“ ein. In dem Vorschlag wird der Anwendungsbereich der Pauschalreise ausgeweitet und der Begriff der Pauschalreise so neugestaltet, dass er der raschen Marktentwicklung gerecht wird. Demgemäß wurden objektive Umstände des Buchungsverlaufs als ein maßgebliches Kriterium für die Abgrenzung der Pauschalreise von anderen Reiseprodukten angenommen. Die Pauschalreise 127

Schulz, RRa 2010, 164 ff., 169. Zum Reformbedarf der EG-Pauschalreise-Richtlinie s. eingehend Erster Teil B. III. 2. a) und b). 129 Mitteilung der Kommission, „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates“, KOM (2013) 512 final vom 9. Juli 2013, im Folgenden: Vorschlag. 128

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wurde in Art. 3 Abs. 2 des Vorschlags als Kombination von mindestens zwei verschiedenen Reiseleistungen (z.B. Beförderung, Unterbringung, Autovermietung) definiert. Diese Reise muss darüber hinaus aus einzelnen Leistungen von einem Unternehmer auf Wunsch oder mittels einer Vorauswahl des Reisenden zusammengestellt werden, bevor der Vertrag abgeschlossen wird. Als weitere Voraussetzung gilt, dass diese Leistungen, abgesehen davon, ob ein oder mehrere Verträge mit den Anbietern von den einzelnen Reiseleistungen abgeschlossen werden: (i) in nur einer Vertriebsstelle und während desselben Buchungsverlaufs gekauft werden; (ii) zu einem gesamten Pauschalpreis offeriert oder in Rechnung gestellt werden; (iii) als „Pauschalreise“ oder mit einem ähnlichen Begriff beim Angebot oder Verkauf bezeichnet werden; (iv) erst nach dem Abschluss des Vertrages zusammengestellt werden, nachdem der dazu berechtigte Reisende sie aus unterschiedlichen Arten von Reiseleistungen gewählt hat, oder (v) von verschiedenen Unternehmern mittels eines verbundenen Buchungsvorgangs gekauft werden und wenn für den Abschluss dieses Buchungsverfahrens erforderliche Angaben des Reisenden, wie Name oder sonstige Angaben spätestens bei Bestätigung der Buchung der ersten Leistung zwischen den Unternehmern übertragen werden. Der Vorschlag sieht eine neue Art von Reisen, die „Bausteinreisen“, vor, die streng von Pauschalreisen unterschieden werden sollen. Gemäß Art. 3 Abs. 5 besteht die „Bausteinreise“ aus mindestens zwei Reiseleistungen, die auf die Organisation derselben Reise gerichtet sind. Als weitere Bedingung gilt, dass für jede einzelne Reiseleistung ein separater Vertrag abgeschlossen wird. Die Kombination dieser Leistungen muss darüber hinaus mit Hilfe eines Reisevermittlers erfolgen, entweder: - mittels getrennter Buchungsverfahren, die während eines Besuchs oder eines einzigen Kontakts in der Vertriebsstelle abgeschlossen wurden, oder - durch den Erwerb weiterer Reiseleistungen eines anderen Unternehmers, der über verknüpfte Buchungsvorgänge spätestens bei der Bestätigung der Buchung der ersten Reiseleistung abgeschlossen wird. Zwar handelt es sich dabei lediglich um einen Vorschlag der Kommission, der noch kein geltendes Recht ist. Jedoch dient er bereits jetzt der Vereinheitlichung der Qualifizierung der Tätigkeit von Reiseportalen und anderer der „alten“ Pauschalreise-Richtlinie unbekannten Vertriebsformen und zeigt die Richtung, die die Europäische Union bezüglich der rechtlichen Zuordnung von neuartigen online-verkauften Reiseprodukten nehmen will. Der Entwurf geht von dem Ansatz aus, dass alle Reisekombinationen, die Merkmale einer

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

Pauschalreise aufweisen, als solche zu behandeln sind. 130 Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die einzelnen Reiseleistungen mittels nur eines Buchungsvorgangs in einer Vertriebsstelle (z.B. in einem stationären oder Online-Reisebüro) gebucht werden oder wenn sie zu einem Gesamtpreis angeboten bzw. als „Pauschalreise“ bezeichnet werden und der Anschein erweckt wurde, dass es sich um eine Pauschalreise handelt. Die neue Regelung stimmt mit dem oben erwähnten Club Tour Viagens-Urteil des EuGH131 überein, in dem festgestellt wurde, dass die Verbindung der Reiseleistungen zu einer Reise nicht im Voraus festgelegt sein muss, sondern es ausreicht, wenn sie nach den Vorgaben und Wünschen des Kunden direkt vor dem Abschluss des Vertrages zusammengestellt werden. Bausteinreisen stellen ein besonderes Geschäftsmodell dar und sollten streng von Pauschalreisen und einzelnen Reiseleistungen unterschieden werden. Die Analyse der deutschen Regelungen zu neuen Vertriebsformen für Reisen und des Vorschlags der Europäischen Kommission zeigt, dass die auf europäischer Ebene neu eingeführte Kategorie der „Bausteinreise“ mit der schon in Deutschland existierenden Definition nicht übereinstimmt. In der deutschen Literatur und Praxis wurde die Bezeichnung „Bausteinreise“ für Reisen verwendet, deren einzelne Komponenten (Reiseleistungen) vom Reisenden aus einem vom Reiseveranstalter vorgelegten Katalog oder online gewählt werden. Solche Reisen fallen aber nach der Terminologie des neuen Kommissionsvorschlags in die Kategorie „Pauschalreise“. 132 Der in der englischen Version des Vorschlags benutzte Begriff assisted travel arrangements wurde ins Deutsche mit „Bausteinreisen“ übersetzt. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte der Rechtsbegriff anders übersetzt werden, da er mit der in Deutschland üblichen Verwendung des Begriffs nicht übereinstimmt. 2. Die Revision der EG-Pauschalreise-Richtlinie a) Wesentliche Aspekte des Reformbedarfs Die Pauschalreise-Richtlinie ist inzwischen über 20 Jahre alt. Es ist jedoch nicht das Alter, sondern der sich sehr dynamisch entwickelnde Markt für touristische Dienstleistungen, der eine Änderung der Regelung auf europäischer Ebene erfordert. Als die Pauschalreise-Richtlinie entstand, war der Reisemarkt viel einfacher strukturiert. Folglich werden nicht nur die Regelung des Anwendungsbereichs der Richtlinie, sondern die meisten geltenden

130

Mitteilung der Kommission, „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates“, KOM (2013) 512 final vom 9. Juli 2013, S. 13. 131 EuGH, Urt. v. 30.4.2002, Rs. C-400/00, Slg. 2002, I – 4051 = EuZW 2002, 402. 132 So auch Deutscher Reiseverband, Kommentierung des Kommissionsentwurfs zur Revision EU-Pauschalreise-Richtlinie aus Sicht des Deutschen Reiseverbandes e.V., S. 2.

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Vorschriften den neuen Bedürfnissen der Reiseindustrie und den neuen Gefahren für die Verbraucher nicht gerecht. Die Europäische Kommission begann bereits im Jahr 1999 mit den ersten Schritten der Überarbeitung.133 Im Rahmen der Konsultationsphase nahmen viele Institutionen und Organisationen zum Reformbedarf Stellung. Unter diesen waren der Rat, das Europäische Parlament, der Europäische Wirtschaft- und Sozialausschuss und die Europäische beratende Verbrauchergruppe. 134 Der größte Reformbedarf besteht u.a. bei der Kohärenz des persönlichen Anwendungsbereichs mit anderen Richtlinien, der Präzisierung des sachlichen Anwendungsbereichs der Richtlinie, der Definition der Pauschalreise sowie der Verstärkung des Insolvenzschutzes der Reisenden. Die Kohärenz mit anderen Richtlinien betrifft v.a. den Begriff des Verbrauchers. Die verbraucherrechtlichen Richtlinien definieren den Verbraucher regelmäßig als eine natürliche Person, die Verträge nicht zu einem gewerblichen oder beruflichen Zweck schließt. Da die Pauschalreise-Richtlinie keine entsprechende Einschränkung enthält, schließt sie auch Geschäftsreisende ein. Zur Förderung der Klarheit und Einheitlichkeit des Unionsrechts sollte der Begriff des Verbrauchers in der Pauschalreise-Richtlinie angeglichen werden. Das Problem des Anwendungsbereiches der Richtlinie und der Definition der Pauschalreise wurde bereits im vorangegangenen Abschnitt beschrieben.135 Die neuen Reiseformen sollten klar und objektiv definiert werden, sodass ohne weiteres festgestellt werden kann, welche davon in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Dies soll u.a. verhindern, dass Reiseportale einerseits die Reiseleistungen wie ein Veranstalter koordinieren, sich aber andererseits in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit einer Vermittlerklausel der Veranstalterhaftung entziehen. 136 Der dritte wichtige Problemkreis, der mit der Novellierung der Pauschalreise-Richtlinie gelöst werden soll, ist der Insolvenzschutz. Viele Mitgliedstaaten haben den geltenden Art. 7 der Richtlinie nicht vollständig umgesetzt.137 Der europäische Gesetzgeber muss eine Entscheidung treffen, wie er mit der Haltung der Mitgliedstaaten umgeht, mithin ob er eine Haftungsbeschränkung zulässt oder die bisherige Regelung aufrechterhält. Neben diesen generellen Reformthemen hält jeder Mitgliedstaat weitere Bereiche für änderungsbedürftig. Aus deutscher Sicht bedürfen insbesondere 133

Bericht über die Durchführung der Richtlinie 90/314/EWG über Pauschalreisen in den staatlichen Rechtsvorschriften der EG-Mitgliedstaaten, SEK (1999) 1800. 134 Mitteilung der Kommission, „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates“, KOM (2013) 512 final vom 9. Juli 2013, S. 2. 135 S.o. Erster Teil A. III. 1. d). 136 Führich, Pauschalreise-Richtlinie 90/314/EWG, S. 19 f. 137 Rechtsstand in Polen, Tschechien und Ungarn, Lindner, Verbraucherschutz in der Transformation, S. 94 ff. (Polen), 146 ff. (Ungarn), S. 193 ff. (Tschechien).

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

die Regelung über die Prospektpreise einer Flexibilisierung und die vorvertraglichen und vertraglichen Informationspflichten und der Rücktritt des Reisenden vom Reisevertrag durch Stornierung einer Neuregelung. 138 Aus polnischer Sicht muss primär der Schutz im Fall der Insolvenz des Reiseveranstalters erweitert werden. Masseninsolvenzen polnischer Reisebüros in den letzten Jahren 139 und eine ungenügende Absicherung führten zu zahlreichen Interventionen des Staates und zu zunehmendem Misstrauen der Touristen gegenüber der polnischen Reiseindustrie. Überdies soll nach der im Leitner-Urteil 140 verkündeten Auslegung der nach der Richtlinie zu ersetzende Schaden auch immaterielle Schäden des nutzlos aufgewendeten Urlaubs umfassen und der Anspruch auf Ersatz dieses immateriellen Schadens ausdrücklich geregelt werden, sodass diesbezüglich im polnischen Rechtssystem keine weiteren Bedenken bestehen bleiben. Neben der reformbedürftigen sachlichen Regulierung des dynamic packaging soll auch der persönliche Anwendungsbereich angepasst werden. Der Kreis der Reiseveranstalter soll auf gelegentliche Veranstalter (Verbände, Kirche) erweitert werden, um so das Problem der Schattenwirtschaft zu lösen. 141 b) Vorschlag zur EU-Pauschal- und Bausteinreisen-Richtlinie Nach mehreren Jahren der Anhörungen und Korrekturarbeiten 142 wurde die Konsultationsphase beendet, und die Europäische Kommission hat ihren Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Pauschal- und Bausteinreisen zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 9. Juli 2013 143 veröffentlicht. Mit dem Vorschlag soll zum einen ein höheres Schutzniveau für Verbraucher erreicht und zum anderen den Interessen der Reiseunternehmen Rechnung getragen werden, indem faire Wettbewerbsbedingungen hergestellt, rechtliche Hürden beseitigt und dadurch die Kosten der Veranstalter reduziert werden. Die Europäische Kommission untersuchte sodann, welche Probleme zu lösen sind. Insgesamt wurden acht Lösungsoptionen erarbeitet. 144 Nach langen Beratungen entschied sich die Kommission für eine Modernisierung 138

Ausf. über die Änderungsvorschläge Führich, Pauschalreise-Richtlinie 90/314/ EWG, S. 19 ff. 139 Im Jahre 2012 meldeteten 10 Reisebüros Konkurs an. 140 EuGH, Urt. v. 12.3.2002, Rs. C-168/00, Slg. 2002, I – 2631 = NJW 2002, 1255 m. Anm. Tonner/Lindner NJW 2002, 1475 ff., 1475. 141 Unijna dyrektywa nie rozwiąże wszystkich naszych problemów, in: Wiadomości turystyczne. Pismo branżowe pracowników turystyki, Stand: 30. August 2012. 142 Ausf. zu den Kommissionsarbeiten: Tonner, RRa 2005, 146 ff.; Führich, Reiserecht, Rn. 19a-19b, S. 16. 143 KOM (2013) 512 final. 144 Ausf. KOM (2013) 512 final, S. 5, 6.

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der Pauschalreise-Richtlinie mit einer neuen Definition der Pauschalreise und der Einführung einer neuen Reisekategorie, den Bausteinreisen. Zusätzlich zur Ausdehnung des Geltungsbereichs wurden mehrere wesentliche Änderungen vorgenommen. Der Vorschlag schränkt den Geltungsbereich der Richtlinie in Bezug auf Geschäftsreisen ein, die im Wege eines Rahmenvertrags zwischen dem Arbeitgeber und dem Reiseunternehmen durchgeführt werden. Allerdings betrifft diese Einschränkung nicht Geschäftsreisen, die außerhalb von Rahmenvereinbarungen organisiert werden. Eine solche teilweise Einschränkung ist nicht zu begrüßen. Zum einen ist zu betonen, dass die Pauschalreise-Richtlinie zu der Gruppe der sog. Verbraucherrichtlinien145 gehört und demgemäß darauf abzielt, die Rechte der Verbraucher in der Europäischen Union auf einem hohen Niveau zu schützen.146 Aus diesem Grund ist es völlig unüblich, dass diese verbraucherschützenden Regelungen nicht nur für Verbraucher, sondern auch für Unternehmen gelten, denn es stimmt nicht mit der Idee des Verbraucherschutzes überein. Zum anderen führt eine in dem Vorschlag vorgenommene Abgrenzung von Unternehmen, die Reiseverträge im Rahmen eines Rahmenvertrags abschließen oder nicht, zu einer unnötig komplizierten und unklaren Differenzierung, die dann am Ende kleine und mittlere Reisebüros belastet und diesen das ganze unternehmerische Risiko auferlegt. Aus diesem Grund sollten sämtliche Geschäftsreisen aus dem Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen 147 und der Anwendungsbereich nur auf Verbraucher eingeschränkt werden, wie es in anderen Verbraucherrichtlinien üblich ist. Die in Art. 4 des Vorschlags aufgeführten vorvertraglichen Informationspflichten sollen eine größere Markttransparenz gewährleisten. Alle Reisenden sollen feststellen können, ob das von ihnen ausgewählte Reiseprodukt eine Pauschalreise bzw. Bausteinreise darstellt oder nicht. Daher sieht der Richtlinienentwurf eine Hinweispflicht des Reiseveranstalters bzw. Reisevermittlers vor. Die Kommission will andererseits einige veraltete Informationspflichten aufheben, wie die Vorschriften über den Nachdruck von Prospekten und Katalogen, für die durch die zunehmende Bedeutung des Internets und des Online-Vertriebs ein geringerer Bedarf besteht. Nach den geltenden Bestimmungen sind die Unternehmen dazu verpflichtet, ihr Werbematerial nachdrucken zu lassen. Gleichzeitig wurden das Recht des Reisenden auf Übertragung seiner Reise und die Möglichkeit, sich eine Mindestteilnehmerzahl vorzubehalten, beibehalten. Ferner wurde das Recht beibehalten, den Reisepreis aufgrund von 145

EuGH, Urt. v. 8.10.1996, Rs. C-178/94, C-179/94, C-188/94, C-189/94 u. C-190/94 = NJW 1996, 3141 ff., 3143; Führich, Reiserecht, Rn. 41, S. 36. 146 Vgl. Präambel der Pauschalreise-Richtlinie in Anhang II 2. 147 So auch Deutscher Reiseverband, Kommentierung des Kommissionsentwurfs zur Revision EU-Pauschalreise-Richtlinie aus Sicht des Deutschen Reiseverbandes e.V., S. 3, 4.

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

gestiegenen Treibstoffkosten, Abgaben und Wechselkursschwankungen zu ändern. Die Voraussetzungen wurden jedoch präzisiert. Ein Reiseveranstalter, der sich dieses Recht vorbehält, ist gleichzeitig verpflichtet, den Preis aufgrund derselben Faktoren zu ermäßigen. Auch darf der Reisepreis um nicht mehr als zehn Prozent erhöht werden. Den Reisenden sollen nach dem Entwurf zusätzliche Rücktrittsrechte zustehen. Unter anderem ist vorgesehen, dass sie bei Leistung einer angemessenen Entschädigung an den Veranstalter jederzeit zurücktreten können. Bei unvermeidbaren außergewöhnlichen Umständen (nicht mehr nur bei höherer Gewalt) darf der Reisende das Vertragsverhältnis beenden, ohne eine Entschädigung zahlen zu müssen. Darüber hinaus enthält der Vorschlag die neue Verpflichtung des Reiseveranstalters, die Kosten für einen länger als drei Nächte dauernden Aufenthalt pro Reisenden in Höhe von bis zu 100 Euro pro Nacht zu übernehmen, sofern unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine Rückbeförderung verhindern. Diese Regelung geht hauptsächlich auf den Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull im März/April 2010 zurück. Auf Grund der ausgetretenen Vulkanasche musste der Flugverkehr in Nord- und Mitteleuropa eingestellt werden. Allein die deutsche Reisebranche kostete das mehr als 100 Millionen Euro. 148 Diese Regelung wird von Reiseverbänden heftig kritisiert. Damit werde eine verschuldensunabhängige Haftung des Reiseveranstalters eingeführt und diesem das allgemeine Lebensrisiko des Reisenden aufgebürdet. 149 Außerdem enthält der Vorschlag eine Regelung der Haftung des Reiseveranstalters für die Erfüllung der vertraglichen Pauschalreiseleistungen sowie Mängelrechte des Reisenden. Im Gegensatz zur Pauschalreise-Richtlinie, wo je nach der Entscheidung des jeweiligen nationalen Gesetzgebers die Haftung dem Reiseveranstalter und/oder dem Reisevermittler auferlegt werden konnte, haftet in dem Vorschlag nur der Reiseveranstalter. Die Mängelrechte sind nach denselben Grundsätzen wie in der alten Pauschalreise-Richtlinie ausgestaltet. Sie wurden jedoch besser und transparenter strukturiert, denn anstatt sie in zwei sehr überladene Artikel zu komprimieren, wurden sie in getrennten Kapiteln geregelt und auf mehrere Artikel aufgeteilt. Im Hinblick auf den Insolvenzschutz sind lediglich der Reiseveranstalter und der Vermittler, mit dessen Hilfe die Bausteinreisen vertrieben werden, dazu verpflichtet, einen solchen zu bieten. Ferner werden die Mitgliedstaaten 148

Aschewolke: Vulkanausbruch kostet deutsche Reisebranche mehr als 100 Millionen Euro, in: Spiegel, (zuletzt abgerufen am 26. September 2015). 149 So Deutscher Reiseverband, Kommentierung des Kommissionsentwurfs zur Revision EU-Pauschalreise-Richtlinie aus Sicht des Deutschen Reiseverbandes e.V., S. 14. So Österreichischer Reiseverband, Neue Spielregeln für Europas Pauschalreisemarkt, in: Tourismus Wirtschaft Austria International, Stand: 19. Juli 2013.

A. Entwicklung der Regelung der reisevertraglichen Mängelrechte

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verpflichtet, ihre Insolvenzschutzsysteme gegenseitig anzuerkennen und zentrale Kontaktstellen für die administrative Kooperation zu bestimmen. Das Anliegen einer Revision der Pauschalreise-Richtlinie ist im Grundsatz zu begrüßen, obwohl einzelne Regelungen umstritten sind. Im Mai 2015 unterstützte der Rat der Europäischen Union die neue Version der Richtlinie, nachdem das Europäische Parlament sie im März 2014 befürwortet hatte. Anschließend hat das Europäische Parlament den Vorschlag am 27. Oktober 2015 formell verabschiedet. Nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU steht den Mitgliedstaaten eine Frist von zwei Jahren für die Umsetzung der neuen Vorschriften und den Unternehmern eine Frist von weiteren sechs Monaten für die erforderliche Umstellung zur Verfügung. 3. Einfluss des EuGH sowie des BGH und des SN Der EuGH hat einen starken Einfluss auf das EU-Recht. Seine Entscheidungen spielten eine bedeutende Rolle in dem Auslegungsprozess und der Weiterentwicklung der Richtlinie. Die zwei in Bezug auf diese Untersuchung bedeutendsten Urteile behandelten einerseits den Anwendungsbereich der Richtlinie150 und andererseits den Umfang des Schadensersatzes151.152 Das Reiserecht ist in hohem Maße durch richterliche Rechtsfortbildung und die Konkretisierung der reiserechtlichen Normen und Begriffe durch die Rechtsprechung geprägt. Wegen der kaum überschaubaren Menge an Einzelfallentscheidungen 153 kann den BGH-Urteilen prinzipiell eine Steuerungsfunktion zukommen.154 Nach dem Inkrafttreten des Reisevertragsrechts (§§ 651a ff. BGB) hatte der BGH in den 1990er Jahren und um die Jahrtausendwende wegen des i.d.R. niedrigen Werts des Beschwerdegegenstandes (§ 546 Abs. 1 a.F. ZPO) nur begrenzte Möglichkeiten, sich zum Reiserecht zu äußern. Nach der Revisionsrechtsreform im Jahre 2001 155 kam dem BGH eine wesentliche Rolle bei der Anwendung und Auslegung des deutschen Reiserechts zu. Die Änderung war zweifellos rechtspolitisch zu begrüßen. Bei der großen Kasuistik der Reisefälle und bei erheblichen Diskrepanzen zwischen den instanzgerichtlichen Urteilen führten die Entscheidungen des BGH zu 150

EuGH, Urt. v. 30.4.2002, Rs. C-400/00, Slg. 2002, I – 4051 = EuZW 2002, 402. EuGH, Urt. v. 12.3.2002, Rs. C-168/00, Slg. 2002, I – 2631 = NJW 2002, 1255 m. Anm. Tonner/Lindner NJW 2002, 1475 ff., 1475. 152 Eingehend zu den Entscheidungen s.o. S. 21 (Club Tour Viagens-Urteil) und s.u. S. 160 (Leitner-Urteil). 153 Schulz, VuR 2010, 177 ff., 203. 154 Tonner, Der Reisevertrag, S. 16. 155 Durch diese Reform wurde die Revision auch gegen landgerichtliche Berufungsurteile eröffnet, indem sie nicht mehr vom Erreichen der Wertgrenze (60.000 DM), sondern von der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache abhängt, oder sie wird erlaubt, wenn „die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert“ (§ 543 ZPO). 151

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

einer Vereinheitlichung der Auslegung und damit zur Entwicklung des Reiserechts in eine einheitliche Richtung. Der polnische SN hat sich nach dem Inkrafttreten des TourG kaum mit dem Reiserecht befasst. Das liegt einerseits an den überwiegend niedrigen Streitwerten der Reisefälle156 und andererseits an der geringen Anzahl der Reiseprozesse überhaupt. Vor den 1990er Jahren trug der SN mit einigen bedeutenden Entscheidungen zur Entwicklung des Reiserechts bei. In jüngerer Zeit gab es einen wichtigen Beschluss des SN, in dem festgestellt wurde, dass Art. 11a Abs. 1 TourG eine Rechtsgrundlage für Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit darstellt.157

B. Das System der reisevertraglichen Mängelrechte im Allgemeinen B. Das System der reisevertraglichen Mängelrechte im Allgemeinen

I. Grundbegriffe in der EG-Pauschalreise-Richtlinie, im BGB und im polnischen TourG 1. Pauschalreise a) Regelung in der EG-Pauschalreise-Richtlinie Die Pauschalreise-Richtlinie enthält in Art. 2 die Legaldefinitionen. Von diesen weichen die Vorschriften der Mitgliedstaaten, die der Umsetzung der Richtlinie dienen, teilweise ab. Da der subjektive und objektive Anwendungsbereich von großer Bedeutung ist, sollen nun die dafür grundlegenden Begriffe besprochen werden. In Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie wird die Pauschalreise definiert. Danach ist sie eine „im Voraus festgelegte Verbindung von mindestens zwei der folgenden Dienstleistungen, die zu einem Gesamtpreis verkauft oder zum Verkauf angeboten wird, wenn diese Leistung länger als 24 Stunden dauert oder eine Übernachtung einschließt: - Beförderung - Unterbringung - andere touristische Dienstleistungen, die nicht Nebenleistungen von Beförderung oder Unterbringung sind und einen beträchtlichen Teil der Gesamtleistungen ausmachen“. Nach der Pauschalreise-Richtlinie ist also eine Bündelung von zwei oder mehr wesentlichen touristischen Dienstleistungen er-

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Die Wertgrenze für eine Revision in vermögensrechtlichen Streitigkeiten beträgt 50.000 PLN = ~ 12500 €. 157 SN Beschluss v. 19.11.2010, III CZP 79/10, OSNC 2011/4/41.

B. Das System der reisevertraglichen Mängelrechte im Allgemeinen

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forderlich. Die „im Voraus festgelegte“ Verbindung umfasst nach dem Club Tour Viagens-Urteil des EuGH158 auch Kundenwünsche vor Vertragsschluss. Was unter dem Begriff der „touristischen Dienstleistungen“ zu verstehen ist, ist umstritten. Einerseits sollen dadurch alle Reisen, deren Hauptzweck ein betrieblicher ist, beispielsweise Geschäfts- bzw. Tagungsreisen, 159 ausgeschlossen werden. Andererseits wird betont, dass das Adjektiv „touristische“ nur andere Leistungen als Unterbringung und Beförderung bezeichnen soll. Demzufolge sollen alle Reisen, die aus Unterbringung und Beförderung bestehen, immer eine Pauschalreise darstellen. 160 Darüber hinaus wird vorgebracht, dass die Pauschalreise-Richtlinie keine Beschränkung auf die Pauschalreise mit privatem Zweck enthalte, während die Verbraucherrichtlinien darauf abzielten, den Verbraucher bei Konsum in seinem privaten und nicht im beruflichen Umfeld zu schützen. Somit fallen Pauschalreisen mit geschäftlichem Zweck ebenso in den Anwendungsbereich der Richtlinie. 161 Unter „anderen touristischen Dienstleistungen“ sind nur solche Reiseleistungen zu verstehen, die keine Nebenleistungen sind,162 sondern einen wesentlichen Teil der Reise darstellen, wobei eine Halb- oder Vollpension neben der Unterkunft oder Verpflegung während eines Fluges grundsätzlich als eine reine Nebenleistung anzusehen ist. 163 b) Rechtslage im deutschen Reiserecht Im Vergleich zu der Regelung in der Pauschalreise-Richtlinie wird eine Reise im deutschen Recht als „Gesamtheit von Reiseleistungen“ definiert (§ 651a Abs. 1 Satz 1 BGB). Es sollen mindestens zwei erhebliche Einzelreiseleistungen164 erbracht werden, die zu einer Gesamtheit gebündelt werden. 165 Unter Bündelung ist ein im Voraus festgelegtes Programm zu verstehen.166 Nach h.M. entspricht die Reiseleistung der touristischen Dienstleistung der Pauschalreise-Richtlinie.167 Somit fallen Geschäfts- bzw. andere betriebliche Reisen nicht in den Anwendungsbereich der §§ 651a ff. BGB. 158

EuGH, Urt. v. 30.4.2002, Rs. C-400/00, Slg. 2002, I – 4051 = EuZW 2002, 402. Führich, Reiserecht, Rn. 43, S. 37. 160 Tonner, EWS 2000, 473 ff., 473; MünchKomm/Tonner, § 651a Rn. 17. 161 Tonner, Ist eine Änderungsrichtlinie wünschenswert?, S. 10. 162 EuGH, Urt. v. 7.12.2010, Rs. C-585/08, C-144/09 = NJW 2011, 505. 163 BT-Drucks. 7/5141; BT-Drucks. 8/786, S. 13; MünchKomm/Tonner § 651a Rn. 25, a.A. Tempel, RRa 1998, 147 ff., 149; Isermann, NJW 1988, 873 ff., 873. 164 Ganz h.M. MünchKomm/Tonner § 651a Rn.12; Palandt/Sprau Einf. v. § 651a Rn. 3; Staudinger/Staudinger (2011) § 651a Rn. 12; Soergel/H.W.Eckert, § 651a Rn. 6; Bamberger/Roth/Geib § 651a Rn. 7; Juris Praxiskommentar/Keller § 651a Rn. 7; Erman/Schmid § 651a Rn. 13; ausf. Führich, Reiserecht, Rn. 86, S, 82. 165 Von Verschmelzung sprechen Soergel/H.W.Eckert, § 651a Rn. 11; Kaller, Reiserecht, Rn. 10; Bartl, NJW 1979, 1384 ff., 1385. 166 BT-Drucks. 8/2343, S. 7. 159

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

c) Rechtslage im polnischen Reiserecht Um Unsicherheiten bei der Auslegung zu vermeiden, entschloss sich der polnische Gesetzgeber, nicht nur die Pauschalreise 168, sondern auch den Begriff der touristischen Dienstleistung gesetzlich zu definieren. Gemäß Art. 3 Nr. 1 TourG versteht man unter einer touristischen Dienstleistung „Reiseleiterdienstleistungen, Hoteldienstleistungen und alle anderen für Touristen oder Besucher erbrachten Dienstleistungen“. Die Verknüpfung von subjektiven und objektiven Komponenten in der Definition führt zu unnötigen Unklarheiten bei der Auslegung dieses Begriffs. 169 Zwar wurde die Definition der Reiseveranstaltung dem Begriff der Pauschalreise in der Pauschalreise-Richtlinie nachgebildet, dennoch weist sie wesentliche Unterschiede auf. Im Sinne des Art. 3 Nr. 2 TourG besteht eine Reiseveranstaltung aus mindestens zwei touristischen Dienstleistungen, die zu einem einheitlichen Programm verbunden und zu einem gemeinsamen Preis angeboten werden, sofern diese Leistungen eine Übernachtung enthalten, länger als 24 Stunden dauern oder einen Ortswechsel vorsehen. Obwohl die Definition keine Erheblichkeit der touristischen Dienstleistungen voraussetzt, wird dies basierend auf der Pauschalreise-Richtlinie aus Gründen der Praktikabilität und der bestehenden Konvention trotzdem angenommen. 170 Das einheitliche Programm ist als eine funktionelle Gesamtheit zu verstehen, sodass die Erbringung jeder einzelnen Leistung die sonstigen Leistungen und folglich die Erreichung des Zwecks der Reise beeinflussen kann.171 Der reiserechtliche Status von Konferenzen, Kongressen, Seminaren und anderen Versammlungen bereitet auch im polnischen Rechtssystem Schwierigkeiten. Im Mittelpunkt der Diskussion steht dabei jedoch nicht der Begriff der „touristischen Dienstleistung“, vielmehr wird auf das einheitliche Programm zurückgegriffen. Es wird beispielsweise argumentiert, dass das Programm i.d.R. vom Auftraggeber und nicht vom Veranstalter erstellt wird und dass er einzelne Leistungen zu separaten Preisen erbringt. 172 167 Führich, Reiserecht, Rn. 86, S. 82; ders., Defizite bei der Umsetzung, S. 29, 32; Bidinger/Müller-Bidinger, Der Anwendungsbereich, S. 39, 50; Teichmann, RRa 1998, 232 ff., 233; BGH NJW 1995, 2629; a.A. MünchKomm/Tonner, § 651a Rn. 16, 17. 168 In Polen als Reiseveranstaltung [impreza turystyczna] bezeichnet. Für die Verständlichkeit innerhalb der Dissertation wird für beide Rechtssysteme der Begriff der „Pauschalreise“ oder „Reise“ abwechselnd benutzt. 169 Es kann angenommen werden, dass die Reisedienstleistungen und Hoteldienstleistungen ohne Rücksicht auf deren Empfänger stets touristische Dienstleistungen darstellen, Raciborski, Usługi turystyczne. Przepisy i komentarz, S. 16; a.A. Zawistowska, Podejmowanie i prowadzenie działalności gospodarczej w turystyce, Cz. 1. Aspekty prawne, S. 30 ff.: Empfänger der touristischen Dienstleistungen kann nur ein Tourist oder ein Besucher sein. 170 Cybula, Usługi turystyczne. S. 47. 171 Raciborski, Usługi turystyczne. Przepisy i komentarz, S. 39.

B. Das System der reisevertraglichen Mängelrechte im Allgemeinen

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Allerdings sollten die heutzutage organisierten Konferenzen als Reiseveranstaltungen qualifiziert werden, wenn sie die Voraussetzungen des Art. 3 Nr. 2 TourG erfüllen. In der überwiegenden Zahl der Fälle enthalten sie mindestens zwei touristische Dienstleistungen, z.B. eine Übernachtung sowie Transport, zusätzlich auch mehrere andere Leistungen und Freizeitaktivitäten, die insgesamt eindeutig ein „Paket“ darstellen.173 d) Zusammenfassung Trotz der Europäisierung des Reiserechts aufgrund der PauschalreiseRichtlinie weichen die polnischen und deutschen Regelungen von den in der Richtlinie benutzten Begriffen ab. Der erste augenfällige Unterschied besteht in den verwendeten Begriffen selbst, wobei in der Richtlinie „Pauschalreise“, im BGB „Reise“ und im polnischen TourG die Bezeichnung der „Reiseveranstaltung“ verwendet werden. Sowohl im deutschen als auch im polnischen Reiserecht wird der Anwendungsbereich breiter gefasst, als dies in der Richtlinie vorgeschrieben wurde. Der Anwendungsbereich ist im deutschen Recht auch insoweit weiter gefasst, als er entgegen der unionsrechtlichen Vorgaben nicht auf Reisen beschränkt ist, die mindestens 24 Stunden dauern oder eine Übernachtung einschließen. Wegen des Minimalstandardprinzips der Pauschalreise-Richtlinie (Art. 8) darf diese Regelung aufrechterhalten werden.174 Der deutsche Gesetzgeber bezog sogar den internationalen Gastschulaufenthalt in den Anwendungsbereich des Reiserechts mit ein (§ 651l BGB). Der EuGH entschied in der Rechtssache Intercultural Programs, 175 dass ein Schüleraustausch nicht unter die Richtlinie fällt, da die unentgeltliche Unterbringung und Auswahl der Schule bzw. Familie keine touristischen Dienstleistungen darstellen. Auch im polnischen Recht ist der Anwendungsbereich weiter gefasst. Unter die reiserechtlichen Bestimmungen fallen außer Reisen, die mindestens 24 Stunden dauern oder eine Übernachtung einschließen, zusätzlich Reisen mit einem Ortswechsel (Tagesreisen). Der Standard bleibt jedoch hinter der deutschen Regelung zurück, denn diese sieht keine solche Beschränkung vor. 2. Reiseveranstalter a) Regelung in der EG-Pauschalreise-Richtlinie Der Veranstalter ist in der Pauschalreise-Richtlinie als eine Person definiert, die nicht nur gelegentlich Pauschalreisen organisiert und sie direkt oder über einen Vermittler verkauft oder zum Verkauf anbietet (Art. 2 Nr. 2). Die Pau172

Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 25. So auch Cybula, Usługi turystyczne, S. 48. 174 MünchKomm/Tonner, Vorb. § 651a Rn. 11. 175 EuGH, Urt. v. 11.2.1999, Rs. C-237/97, Slg. 1999, I-825 = EuZW 1999, 219. 173

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

schalreise-Richtlinie schloss damit entsprechend dem Vorschlag der Kommission 176 lediglich Gelegenheitsveranstalter und nicht generell alle nichtgewerblichen Reiseveranstalter aus dem Anwendungsbereich aus. Der Veranstalter muss zwar kein Gewerbetreibender sein, seine Tätigkeit muss jedoch einen nicht bloß gelegentlichen Charakter haben. Diese Definition ist wegen der ungenauen Formulierung und der Gefahr der Entstehung von uneinheitlichen Bedeutungsmöglichkeiten durch Übersetzungen in verschiedene Sprachen der EU-Mitgliedstaaten bedenklich. Das kann zu einer falschen Auslegung der Richtlinie führen. In der polnischen Übersetzung wurde das Wort „beruflich“ („zawodowo“) statt „nicht nur gelegentlich“ verwendet. 177 Dem kommt jedoch eine andere Bedeutung zu, denn der Anwendungsbereich des Wortes „beruflich“ ist viel enger als der Begriff „nicht nur gelegentlich“. Dieser Übersetzungsfehler stellt den Reisenden nach der polnischen Version der Richtlinie schlechter als in der Originalfassung. Mangelhafte Übersetzungen der Rechtsakte der Europäischen Union sollten künftig vermieden werden, denn sie gefährden nicht nur die Erreichung der gesetzten Ziele, sondern auch das Verbraucherschutzniveau in den Mitgliedstaaten. b) Rechtslage im deutschen Reiserecht Das deutsche Reiserecht enthält keine Legaldefinition des Reiseveranstalters. Aus § 651a Abs. 2 BGB kann abgeleitet werden, dass der Reiseveranstalter die Erbringung der Reise in eigener Verantwortung verspricht,178 wobei der subjektive Eindruck des Reisenden maßgeblich sein soll. Allerdings ist der Begriff des Reiseveranstalters nicht auf gewerbliche, gewinnstrebende oder gelegentliche Tätigkeit begrenzt.179 Personen, die einer solchen Tätigkeit nachgehen, fallen also auch unter die Regelung des BGB. Der Gelegenheitsveranstalter unterliegt jedoch weder der Insolvenzabsicherungspflicht gemäß § 651k Abs. 6 BGB, noch der Informations- und Nachweispflicht aus §§ 4 bis 8 BGB-InfoV (§ 11 BGB-InfoV). Nichtgewerbliche Organisationen, wie Vereine, Schulen und Kirchen, die eine Reise lediglich für ihre Mitglieder organisieren, sind nicht als Reiseveranstalter anzusehen, wenn der Haupt176

Führich, Reiserecht, Rn. 44, S. 39; Graziani-Weiss, Reiserecht in Österreich, S. 24. Korrekte Übersetzungen der Richtlinie in einzigen anderen Sprachen der Mitgliedstaaten: „nicht nur gelegentlich“ (dt.), „other than occasionally“ (engl.), „de forma no ocasional“ (spanisch), „de façon non occasionnelle“ (französisch), „in modo non occasionale“ (italienisch), „niet-incidenteel“ (niederländisch), „de forma não ocasional“ (portugiesisch), „než príležitostne“ (slowakisch), „než příležitostně“ (tschechisch). 178 Vgl. Palandt/Sprau, Einf. v. § 651a Rn. 4; Jauernig/Teichmann, § 651a Rn. 4; BGH NJW-RR 2007, 1501; NJW 2000, 1188. 179 Jauernig/Teichmann, § 651a Rn. 4; Palandt/Sprau, Einf. v. § 651a Rn. 4; a.A. Pickartz, NJW 1982, 1135 ff., 1135. 177

B. Das System der reisevertraglichen Mängelrechte im Allgemeinen

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zweck der Reise dem statutarischen Ziel der Organisation entspricht.180 Hintergrund ist, dass eine durch einen Reiseveranstalter organisierte Pauschalreise die Öffnung für alle Marktteilnehmer voraussetzt.181 c) Rechtslage im polnischen Reiserecht Der Reiseveranstalter wird im polnischen Reiserecht als „Tourismusveranstalter“ definiert.182 In der Praxis und im Schrifttum der Tourismusbranche wird dafür der Begriff „Touroperator“ verwendet. Gemäß Art. 3 Nr. 5 TourG wird der Reiseveranstalter auch als der die Reiseveranstaltung organisierende Unternehmer bezeichnet. Die anderen gebrauchten Begriffe werden im Gesetz erläutert: der Unternehmer in Art. 3 Nr. 14 TourG, die Organisation von Reiseveranstaltungen in Art. 3 Nr. 4 TourG und die bereits besprochene Reiseveranstaltung in Art. 3 Nr. 2 TourG. Der Unternehmer wird als ein Unternehmer bzw. ausländischer Unternehmer im Sinne des Gesetzes über die Freiheit der Wirtschaftstätigkeit vom 2.6.2004183 definiert, d.h. als eine natürliche oder juristische Person oder eine organisatorische Einheit, welche keine juristische Person darstellt, der aber ein anderes Gesetz die Rechtsfähigkeit verleiht und die im eigenen Namen eine Geschäftstätigkeit ausübt (Art. 4 Abs. 1 USDG). Unter der Organisation der Reiseveranstaltung werden wiederum Vorbereitung, Angebot und Durchführung einer Reiseveranstaltung verstanden (Art. 3 Nr. 4 TourG). d) Zusammenfassung Die Definition des Reiseveranstalters im deutschen Reiserecht ist weiter als der Veranstalterbegriff der Pauschalreise-Richtlinie gefasst. Sie erfasst auch Gelegenheitsveranstalter. Im polnischen Recht ist der Begriff des Reiseveranstalters dagegen nur auf gewerblich tätige Unternehmer beschränkt. Dadurch wird der Anwendungsbereich des polnischen Reiserechts richtlinienwidrig verkürzt. Demgemäß sind Vereine, Gewerkschaften oder Kirchenorganisationen, die nicht nur gelegentlich Reisen organisieren, keine Reiseveranstalter im Sinne des polnischen Rechts. Diese Regelung ist als richtlinienwidrige Umsetzung der Pauschalreise-Richtlinie anzusehen. Der Reiseveranstalterbegriff der Pauschalreise-Richtlinie weicht von den Definitionen des Vertragspartners und des Verbrauchers anderer Verbraucherrichtlinien ab; dieser wird dort überwiegend als Unternehmer bezeichnet 180

Führich, Reiserecht, Rn. 90, S. 89. Schulz, VuR 2006, 177 ff., 177; Führich, Reiserecht, Rn. 90, S. 89; LG Hamburg RRa 2005, 208. 182 Benutzt wird jedoch mehrmals nur der Begriff „Veranstalter“, was aus der Sicht der Gesetzgebungstechnik keine Zustimmung finden kann. 183 [Ustawa o swobodzie działalności gospodarczej]; Dz.U. 2004, Nr. 173, Pos. 321. Im Folgenden: USDG. 181

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

oder überhaupt nicht definiert.184 Eine Vereinheitlichung dieser Begriffe scheint geboten, um die Begriffe des Verbrauchers und seines Gegenübers in allen Verbraucherrichtlinien gleich zu definieren. 3. Verbraucher (Reisender, Kunde) a) Regelung in der EG-Pauschalreise-Richtlinie Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie definiert den „Hauptkontrahenten“ als eine Person, die eine Pauschalreise bucht oder zu buchen sich verpflichtet; „die übrigen Begünstigten“ sind hiernach die Personen, in deren Namen der Hauptkontrahent sich zur Buchung der Pauschalreise verpflichtet; „Erwerber“ ist, wer infolge einer Abtretung durch den Hauptkontrahenten oder einen anderen Begünstigten die Reise antritt. All diese Personen fallen unter die Bezeichnung des Verbrauchers. Bei diesem Umfang der Definition unterliegt grundsätzlich jeder Mitreisende dem Richtlinienschutz. Es ist umstritten, ob nur Personen umfasst sind, welche zu Privatzwecken reisen, oder ob auch Reisen mit geschäftlichem Zweck einbezogen werden sollen. Einerseits wird in der deutschen Literatur eingewandt, dass Geschäftsreisen i.d.R. nicht als Pauschalreisen erstellt werden und keine touristischen Dienstleistungen darstellen. 185 Andererseits wird im polnischen Schrifttum zu Recht angemerkt,186 dass der Verbraucher in anderen verbraucherrechtlichen Richtlinien grundsätzlich als eine natürliche Person, die nicht im Rahmen ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt, definiert wird. 187 Soweit sich der europäische Gesetzgeber in der PauschalreiseRichtlinie bewusst gegen eine solche Beschränkung entschieden hat, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass die Gewerbetreibenden von der Definition umfasst sein sollen. 188 Der weite Anwendungsbereich soll ebenfalls den Gewerbetreibenden schützen, der einen Reisevertrag zugunsten seiner Angestellten schließt. Nicht nur der Mitreisende (Begünstigte oder Erwerber), sondern auch der Vertragspartner soll geschützt werden. Darüber hinaus kommt auch das Argument des Vorfabrizierens der Pauschalreise nicht mehr zum Tragen, da nach der im Club Tour Viagens-Urteil des EuGH189 begründeten Ausle184

Gnela, Zakres podmiotowy, S. 54. Führich, Reiserecht, Rn. 46, S. 40. a.A. Tonner: der den Verbraucherbegriff in der Pauschalreise-Richtlinie nicht auf private Personen beschränkt, MünchKomm/Tonner, § 651a Rn. 16. 186 Gwoździńska-Piotrowska, Pojęcie klienta, S. 67. 187 Die unterschiedlichen Definitionen der genannten Begriffe sind auf die uneinheitliche Übersetzung der Richtlinie in die jeweiligen Sprachen der Mitgliedstaaten zurückzuführen, vgl. Staudenmayer, The Place of Consumer Contract Law Within the Process on European Contract Law, Journal of Consumer Policy 2004, Nr. 27, S. 271. 188 Gnela, Zakres podmiotowy, S. 52. 189 EuGH, Urt. v. 30.4.2002, Rs. C-400/00, Slg. 2002, I – 4051 = EuZW 2002, 402. 185

B. Das System der reisevertraglichen Mängelrechte im Allgemeinen

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gung eine „im Voraus festgestellte Verbindung“ schon dann genügt, wenn sie vor Vertragsschluss erfolgt. Somit kann auch eine Geschäftsreise in Echtzeit nach Wunsch des Gewerbetreibenden organisiert werden. b) Rechtslage im deutschen Reiserecht Das deutsche Reiserecht enthält keine Legaldefinition „des Reisenden“ (als Äquivalent zum „Verbraucher“) und versteht den Begriff als den Vertragspartner des Reiseveranstalters, der im eigenen Namen für sich selbst und/oder für eine andere Person eine Reise bucht. 190 Da diese Definition keine Beschränkung auf private Reisende enthält, umfasst sie nicht nur Verbraucher (§ 13 BGB), sondern auch Unternehmer (§ 14 BGB). Gemäß § 651b BGB kann der Reisende sein Recht zur Teilnahme an der Reise an Dritte abtreten, wobei der ursprüngliche Reisende Vertragspartner bleibt. Die andere Person, für die der Reisende die Reise bucht oder an den die Reise abgetreten wird, ist lediglich ein Reiseteilnehmer, welchem Rechte aus einem Vertrag zu Gunsten Dritter zustehen (§§ 328 ff. BGB). 191 In der Incentive-Entscheidung192 bestätigte der BGH, dass der Reisende nicht zwingend selbst an der Reise teilnehmen muss. c) Rechtslage im polnischen Reiserecht Nach dem Wortlaut des Art. 3 Nr. 11 TourG entspricht der „Kunde“ weitestgehend dem „Verbraucher“ aus der Pauschalreise-Richtlinie. Der Kunde ist eine Person, 1) die für sich oder für eine andere Person einen Vertrag über die Erbringung von touristischen Dienstleistungen abschließt oder abzuschließen beabsichtigt, vorausgesetzt der Abschluss solcher Verträge stellt nicht einen Gegenstand ihrer Geschäftstätigkeit dar; 2) für die ein solcher Vertrag geschlossen wird und 3) an die das Recht auf die touristischen Dienstleistungen übertragen wird. Es ist wahrscheinlich, dass der polnische Gesetzgeber den Begriff des „Kunden“ anstelle desjenigen des „Verbrauchers“ eingeführt hat, um hervorzuheben, dass sich dieser von der Definition des „Verbrauchers“ in anderen polnischen Gesetzen (insbesondere Art. 221 ZGB) unterscheidet.193 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass zwei Drittel der Mitgliedstaaten aufgrund der fehlenden Beschränkung des Anwendungsbereichs der PauschalreiseRichtlinie auf natürliche Personen sich veranlasst sahen, die Bezeichnung 190

MünchKomm/Tonner, § 651a Rn. 16; Führich, Reiserecht, Rn. 92, S. 92. MünchKomm/Tonner, § 651a Rn. 16. 192 BGH NJW 2002, 2238. 193 Gnela, Zakres podmiotowy, S. 57. 191

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

„Verbraucher“ durch einen anderen Terminus zu ersetzen, um eine einheitliche Begrifflichkeit innerhalb des Rechtssystems beizubehalten. 194 Im Vergleich zu Art. 2 Nr. 4 der Pauschalreise-Richtlinie beschränkt Art. 3 Nr. 11 TourG den Anwendungsbereich des TourG bezüglich der Kunden, die ein Gegenstück zu den Hauptkontrahenten aus der Richtlinie darstellen. Das TourG enthält nämlich zusätzlich die Voraussetzung, dass der Abschluss des Vertrages über die Erbringung von touristischen Dienstleistungen kein Gegenstand der Geschäftstätigkeit des Kunden sein darf. Die Auslegung dieser Norm bleibt umstritten.195 Es wird betont, dass diese Beschränkung Reisevermittler und Agenten aus dem Anwendungsbereich ausschließen soll.196 Das Ziel dieser Vorschrift war jedoch vielmehr der Ausschluss der Unternehmen aus dem Verbraucherkreis. Das TourG kennt neben dem Kunden auch den Touristen und den Besucher, die Unterfälle des „Kunden“ sind. Gemäß Art. 3 Nr. 9 TourG ist ein Tourist eine Person, die für nicht länger als zwölf Monate, nicht zum Zweck der Aufnahme einer ständigen Erwerbstätigkeit und mit mindestens einer Übernachtung an einen anderen Ort als dem festen Wohnsitz reist. Die Definition des Besuchers entspricht der des Touristen mit dem Unterschied, dass er ohne Übernachtung reist. In den die Reiseveranstaltung normierenden Vorschriften wird wiederum nur der Begriff des Kunden verwendet. Die drei Begriffe werden vom Gesetzgeber inkonsequent verwendet, was nicht selten zu widersprüchlichen Ergebnissen führt. In solchen Fällen muss insbesondere der Begriff des Touristen weit ausgelegt werden und auch den Besucher umfassen.197 d) Zusammenfassung Der in der Pauschalreise-Richtlinie definierte Verbraucher wird einerseits als Reisender (Deutschland) und andererseits als Kunde (Polen) umgesetzt. Das deutsche Reiserecht enthält keine Definition des Reisenden. Da die Pauschalreise auch Gewerbetreibende umfasst, ist der Anwendungsbereich beider Vorschriften gleich. Die polnische Definition beinhaltet hingegen eine Beschränkung des Begriffes des Hauptkontrahenten auf die Personen, für die der Abschluss der Reiseverträge nicht Gegenstand ihrer Geschäftstätigkeit ist. Aus diesem Grund verstößt diese Regelung gegen die Pauschalreise-Richt-

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Reisende (z.B. Österreich, Estland, Deutschland), Erwerber (z.B. Frankreich, Luxemburg, Slovakei), Kunde [customer, engl.] (Tschechien, Dänmark, Polen), Kunde [client, engl.] (Portugal, Lettland), Tourist (Litauen), vgl. Schulte-Nölke/Meyer-Swickerath, Package Travel Directive (90/314). 195 Cybula, Usługi turystyczne, S. 63. 196 Piśko/Raciborski, Wprowadzenie do ustawy, S. 6. 197 Cybula, Usługi turystyczne, S. 61.

B. Das System der reisevertraglichen Mängelrechte im Allgemeinen

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linie,198 indem sie den Anwendungsbereich des TourG unzulässig einschränkt. Sie sollte folglich aufgehoben werden. II. Verhältnis des reisevertraglichen Gewährleistungsrechts zum Leistungsstörungsrecht 1. Regelung im deutschen Rechtssystem Die Abgrenzung des reiserechtlichen Gewährleistungsrechts zu den allgemeinen Leistungsstörungsregeln, wie z.B. zu der Haftung für Unmöglichkeit, Verzug, positive Vertragsverletzung und culpa in contrahendo, stellt eine wichtige Problematik dar. Der ursprüngliche Entwurf des in einem Sondergesetz geregelten Reiseveranstaltungsvertrages von 1976 bzw. 1977, der an das Einheitliche Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen vom 17.7.1973199 angelehnt war, sollte Leistungsstörungen in Folge von Unmöglichkeit, Verzug, positiver Forderungsverletzung und Mängelgewährleistung einheitlich regeln.200 Da stattdessen die gekürzte Fassung in das BGB eingefügt wurde, ist ein Kollisionsproblem entstanden und das werkvertragliche Gewährleistungsrecht wurde völlig unüberschaubar. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz aus dem Jahr 2002 hat an der Zweiteilung des § 651c Abs. 1 BGB nichts geändert. Das Verhältnis zwischen der reiserechtlichen Gewährleistung und dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht führte zu einem großen Zerwürfnis in Rechtsprechung und Literatur.201 Dies wurde durch die wegweisende Entscheidung des BGH202 beendet, in der der BGH sich der Ansicht von Wolter anschloss203 und sich für eine umfassende Anwendung des Gewährleistungsrechts aussprach. Nach heute überwiegender Ansicht verdrängt das reisevertragliche Gewährleistungsrecht das allgemeine Leistungsstörungsrecht ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei allen Beeinträchtigungen, die nicht aus der Sphäre des Reisenden kommen (sog. Einheitslösung). 204 Die Abgrenzungsfragen haben heute nur noch eine historische Bedeutung.205 198 Schulte-Nölke/Meyer-Swickerath, Package Travel Directive (90/314); Cybula, Usługi turystyczne, S. 63; Gnela, Zakres podmiotowy, S. 58. 199 BGBl. I S. 856. 200 Vgl. BT-Drucks. 8/786, S. 25. 201 Ausf. Staudinger/Staudinger (2011), Vorb. zu §§ 651c-g Rn.14–20. 202 NJW 1986, 1748 m. Anm. Wolter. 203 Wolter, AcP 183 (1983), 35 ff.; Brender, Das reisevertragliche Gewährleistungsrecht, S. 236, 237. 204 Wolter, AcP 183 (1983), 35 ff.; Führich, Reiserecht, Rn. 201 ff, S. 185; Tempel, RRa 1998, 19ff., 20; Eckert, RRa 1999, 43 ff., 43; Palandt/ Sprau, Vorb. zu §§ 651c-g Rn. 9; MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 125; Bamberger/Roth/Geib, § 651c Rn. 3; Erman/Schmid, Vorb. zu §§ 651c-g Rn. 4; RGRK/Recken, § 651c Rn.2; a.A. Staudinger/Staudinger (2011), Vorb. zu §§ 651c-g Rn. 21. 205 Ausf. zu den Auffassungen Führich, Reiserecht, Rn. 202, S. 185.

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

Die §§ 651c ff. BGB stellen eine Sonderregelung für den Bereich der Leistungsstörungen dar. Dieser Vorrang wird durch die Gesetzessystematik belegt, da Vorschriften des Kauf- und Werkvertragsrechts ausdrücklich auf die Regelungen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts (§§ 280, 281, 283, 311a, 323 BGB) verweisen. Eine solche Verweisung fehlt im Reisevertragsrecht, welches selbst Rechtsinstitutionen wie Schadensersatzansprüche in § 651f BGB und das Rücktrittsrecht in § 651e BGB regelt. Infolgedessen kommen die allgemeinen Vorschriften zur Unmöglichkeit der Leistungserbringung oder der Verzögerung der Leistung auch für vorvertragliche Pflichtverletzungen i.d.R. nicht zur Anwendung. Sie finden dennoch Anwendung, wenn die jeweilige Pflichtverletzung nicht von den Vorschriften der §§ 651c bis 615f BGB erfasst wird. 206 Dies ist dann der Fall, wenn die Pflichtverletzung des Reiseveranstalters zwar keinen Einfluss auf den Nutzen der Reise hat, dem Reisenden aber in anderer Weise einen Schaden zufügt. 207 2. Regelung im polnischen Rechtssystem Das Verhältnis zwischen dem Gesetz über touristische Dienstleistungen und den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften wurde ausdrücklich geregelt. Gemäß Art. 11 TourG werden in den nicht durch dieses Gesetz geregelten Fällen die Vorschriften des Zivilgesetzbuches und anderer den Schutz des Kunden betreffenden Vorschriften angewandt. Die Regelungen kommen also erst dann zur Anwendung, wenn das Gesetz keine Sondervorschriften enthält. Das Gesetz über touristische Dienstleistungen ist somit lex specialis zu den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften. Obwohl das Verhältnis ausdrücklich bestimmt wurde, führt Art. 11 TourG zu zahlreichen Problemen. Es wird zum einen bezweifelt, ob die Vorschrift mit den Prinzipien der Gesetzgebungstechnik zu vereinbaren ist.208 Gemäß § 4 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 der Verordnung des Ministerpräsidenten über die Prinzipien der Gesetzgebungstechnik vom 20.6.2002 209 dürfen in Gesetzen keine Vorschriften enthalten sein, welche die Anwendung anderer Rechtsakte vorschreiben. Gemäß § 22 der oben erwähnten Verordnung darf eine solche Verweisung lediglich in „generellen Vorschriften“ vorkommen und nur dann, wenn die Regelungen Tatsachen aus dem Gesetz ergänzen oder anders normieren. Die Vorschriften des Gesetzes über touristische Dienstleistungen haben keinen generellen Charakter. Die Gesetze, auf die verwiesen wird, können auch nicht als ergänzend oder anders normierend angesehen werden. 206

MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 132. Vgl. RGZ 78, 239 (Teppichrollen-Fall). 208 Cybula, Usługi turystyczne, S. 168. 209 [Rozporządzenie Prezesa Rady Ministrów z dnia 20 czerwca 2002 r. w sprawie „ Zasad techniki prawodawczej”], Dz. U. 2002 Nr. 100, Pos. 908. 207

B. Das System der reisevertraglichen Mängelrechte im Allgemeinen

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Im Schrifttum werden solche Verweise heftig kritisiert, da sie oft zufällig eingefügt wurden und zudem irreführend sein können.210 Die in Art. 11 TourG enthaltene Verweisung führt zu einem weiteren Auslegungsproblem. Wie schon oben erwähnt wurde, deckt sich der Kundenbegriff mit dem Verbraucherbegriff sonstiger Gesetzestexte nicht. Es stellt sich somit die Frage, ob der Anwendungsbereich der entsprechend anzuwendenden Vorschriften auch diejenigen Kunden umfassen soll, die keine Verbraucher sind, oder ob nur Verbraucher im engeren Sinne erfasst werden sollen. 211 Die Frage ist insbesondere für die Praxis von großer Bedeutung. Beispielsweise hängt davon ab, ob der Betroffene (z.B. ein Gewerbetreibender oder eine juristische Person) in den Genuss des Schutzes der KlauselKontrolle (Art. 3851 ff. ZGB) kommt. Die Meinungen in der Literatur gehen diesbezüglich auseinander. Auf der einen Seite wird die Ansicht vertreten, dass alle Kunden im Sinne des TourG den erweiterten, ihnen nach besonderen Gesetzen zustehenden Schutz in Anspruch nehmen können.212 Andere meinen, die Vorschriften besonderer Gesetze seien nur dann anwendbar, wenn der Kunde auch Verbraucher im Sinne des Gesetzes ist. Es wird zu Recht argumentiert, der Gesetzgeber habe nicht die Absicht gehabt, den Anwendungsbereich des Verbraucherbegriffs entgegen der systematischen Auslegung zu erweitern; der Wortlaut des Art. 11 TourG ist eher zufällig. 213 3. Zusammenfassung In beiden Rechtssystemen wurde das Verhältnis des reisevertraglichen Gewährleistungsrechts zum allgemeinen Leistungsstörungsrecht unterschiedlich geregelt. Da das Reiserecht in das BGB eingefügt wurde, stellte sich die Frage, welche Vorschriften zur Anwendung kommen sollen. Der BGH sprach sich für die Verdrängung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts durch das reisevertragliche Gewährleistungsrecht ab dem Moment des Vertragsabschlusses aus. Diese Auffassung wird auch ganz überwiegend vertreten. Bezüglich des polnischen reisevertraglichen Gewährleistungsrechts entstand keine vergleichbare Diskussion. Das Reiserecht wurde nämlich in einem Sondergesetz geregelt. Die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstö-

210 Vgl. Bednarek, in: Łętowska, System prawa prywatnego, S. 6,7; Radwański, Pojęcie prawa cywilnego, S. 38. 211 Cybula, Usługi turystyczne, S. 168. 212 Radwański, Podmioty prawa cywilnego w świetle zmian kodeksu cywilnego przeprowadzonych ustawą z dnia 14 lutego 2003 r., PS 2003, Nr. 7–8, S. 16; GwoździńskaPiotrowska, Pojęcie klienta, S. 72–73; Wieszczycka, Prawo konsumenckie w turystyce, S. 2. 213 Gnela, Umowy o usługi, S. 101; Kuciński/Trzciński/Zaborowski, Podstawy prawne świadczenia usług turystycznych, S. 142; Cybula, Usługi turystyczne, S. 170.

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

rungsrechts sind, im Gegensatz zu der deutschen Regelung, in den nicht geregelten Bereichen anwendbar. III. Einstandspflicht für Dritte 1. Erfüllungsgehilfe des Reiseveranstalters a) Regelung im deutschen Recht Die einzelnen Leistungen des Reisevertrages werden selten durch den Reiseveranstalter selbst erbracht. In der Regel bedient er sich Dritter dazu. Hierbei kommen seine eigenen Mitarbeiter bzw. selbständige Leistungsträger in Betracht. Da der Reiseveranstalter diese Personen zur Erfüllung seiner Verpflichtungen einsetzt, sind sie Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB. Nach dieser Vorschrift haftet der Reiseveranstalter für das Verschulden der Personen, mit deren Hilfe er seine Verbindlichkeiten aus dem Reisevertrag erfüllt. Der Reiseveranstalter hat demnach jede durch einen Erfüllungsgehilfen begangene Vertragsverletzung zu vertreten, solange die Verletzung „bei Erfüllung einer Verbindlichkeit“ des Schuldners, also „in Ausübung“ der Vertragspflichten und nicht nur „bei Gelegenheit“ passierte. 214 Hierbei ist die Rechtsprechung sehr uneinheitlich. Einerseits wird z.B. wegen des fehlenden Erfüllungszusammenhangs die Haftung des Reiseveranstalters abgelehnt, wenn ein Hotelangestellter einen Reisenden beleidigt und geschlagen hat.215 Andererseits hat der Reiseveranstalter das Verschulden des Hotelangestellten zu vertreten, wenn er eine Reisende in ihrem Hotelzimmer vergewaltigt.216 Beide Situationen sind allerdings rechtlich ähnlich zu qualifizieren, denn in beiden Fällen erfolgte das Fehlverhalten nicht „bei Erfüllung“ der Verbindlichkeiten, sondern nur „bei Gelegenheit“. Die Haftung des Reiseveranstalters für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen ist nicht unbegrenzt. Der Gesetzgeber schuf insoweit die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung entweder durch internationale Übereinkommen (§ 651h Abs. 2 BGB) oder durch Vereinbarung einer maximalen Haftungssumme mit dem Reisenden (§ 651h Abs. 1 BGB). Aus diesem Grund unterscheidet man im Reisevertragsrecht zwischen einem „normalen“ und einem „qualifizierten“ Erfüllungsgehilfen. 217 Zu den „normalen“ Erfüllungsgehilfen gehören eigene Mitarbeiter und andere Personen, die in die Organisation des Reiseveranstalters eingebunden sind und seinen Weisungen unterliegen. 218 Für die volle Haftung des Reise214

Vgl. Palandt/Grüneberg, § 278 Rn. 20. AG Hamburg RRa 2002, 172. 216 AG Neuss RRa 2000, 181. 217 Führich, Reiserecht, Rn. 102, S. 99. 218 Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 106. 215

B. Das System der reisevertraglichen Mängelrechte im Allgemeinen

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veranstalters für seine Mitarbeiter genügt, dass die Schädigung seiner Risikosphäre zuzuordnen ist. Ein Verschulden des Reiseveranstalters muss nicht vorliegen. Zur Sphäre des Veranstalters gehören eigene Beförderungsunternehmen, eigene Hotels, Angestellte, Reiseleiter, Führer etc. Hier kann die Haftung nicht begrenzt werden. Zu den „qualifizierten“ Erfüllungsgehilfen des Reiseveranstalters gehören die Leistungsträger, für die er ebenfalls haftet. Der Unterschied zwischen den „normalen“ und den „qualifizierten“ Erfüllungsgehilfen liegt darin, dass Letztere weder rechtlich noch wirtschaftlich mit dem Reiseveranstalter verbunden sind und nicht dessen Weisungen unterstehen. Der Reiseveranstalter kann seine Haftung für ein Verschulden von Leistungsträgern entweder auf den dreifachen Reisepreis beschränken (§ 651h BGB) oder sich auf die internationalen Übereinkommen berufen, die eine Einschränkung der Haftung für Leistungsträger vorsehen.219 b) Regelung im polnischen Recht Die Haftung des Reiseveranstalters für Handlungen seiner Erfüllungsgehilfen ist im polnischen Recht ähnlich gestaltet. Nach Art. 356 ZGB ist der Schuldner zur persönlichen Erfüllung seiner Verbindlichkeiten nicht verpflichtet, es sei denn, dass sich eine solche Verpflichtung aus dem Inhalt des Rechtsverhältnisses, aus dem Gesetz oder aus den Besonderheiten der Leistung ergibt. Die Eigenart der Reiseverträge führt dazu, dass die Reiseveranstalter sich häufig Dritter zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen bedienen. Bisher verfügt kein polnischer Reiseveranstalter über eigene Beförderungsunternehmen oder Hotelbetriebe, wie dies in Deutschland – beispielsweise bei TUI – der Fall ist. Zu Beginn versuchten sich die Reiseveranstalter der Haftung für Schlechtleistung der Leistungsträger durch verschiedene Klauseln zu entziehen. Sie verwiesen unzufriedene Kunden auf die Leistungsträger, was zu einem Defizit an Verbraucherschutz führte. Diese Praxis war u.a. Grund für die Schaffung der Pauschalreise-Richtlinie. Die Haftung des Reiseveranstalters für Erfüllungsgehilfen ist in Art. 11a Abs. 1 TourG und Art. 474 ZGB geregelt. Die letztgenannte Vorschrift entspricht dem deutschen § 278 BGB und sieht vor, dass der Schuldner für Handlungen oder Unterlassungen der Personen, mit deren Hilfe er die Leistung erbringt oder die er mit der Erbringung der Leistung betraut, wie für eigenes Verhalten haftet. Der Schuldner hat unabhängig von eigenem Verschulden die Schlechtleistung seiner Erfüllungsgehilfen zu vertreten, ohne sich durch den Nachweis sorgfältiger Auswahl und Überwachung entlasten zu können.220 Im deutschen 219 220

Zu den zulässigen Haftungsbeschränkungen s.u. Dritter Teil D. Bieniek/Wiśniewski, ZGB-Kommentar, S. 607.

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

Recht geht die h.M. von einer Garantiehaftung aus.221 Eine solch strikte Haftungszurechnung ist vor allem aus zwei Gründen sinnvoll. Zum einen bleibt es dem Schuldner überlassen, ob er die Verbindlichkeiten alleine erfüllt oder sich anderer Personen bedient. Der Reisende hat keinerlei Einfluss- oder Überwachungsmöglichkeiten in Bezug auf die gewählten Leistungsträger. Für ihn ist es letztendlich ohne Bedeutung, wer die einzelnen Leistungen erbringt. Aus diesem Grund soll der Reiseveranstalter das damit verbundene Personalrisiko tragen.222 Zweitens schließt der Reisende mit den tatsächlichen Leistungsträgern keinen Vertrag; die Geltendmachung der eigenen Ansprüche gegen die einzelnen (meistens ausländischen) Leistungsträger wäre aus verschiedenen Gründen erheblich erschwert, z.B. wegen großer Entfernung, Unkenntnis der heimischen Sprache oder des Rechtssystems. 223 Bereits in einem Urteil aus dem Jahre 1968 224 vertrat der SN die Ansicht, dass die Leistungsträger des Reiseveranstalters dessen Erfüllungsgehilfen sind. Trotz des kasuistischen Charakters dieses Urteils konnte hieraus eine übergreifende Regel entwickelt werden. In dem behandelten Fall erlitt einer der Reisenden auf einer Auslandsreise in Bulgarien einen Herzinfarkt, der infolge einer unzureichenden Versorgung durch den dortigen Arzt und Gesundheitsdienst zum Tod führte (wobei der Geschädigte und seine Ehefrau als zugelassene Ärzte in dieser Situation eine korrekte Diagnose stellen konnten). In der Entscheidung stellte der SN fest, dass „der Reiseveranstalter nicht nur für den Reisemangel der ärztlichen Hilfe für Auslandsreiseteilnehmer, sondern auch für Handlungen und Unterlassungen des ausländischen Gesundheitsdienstes haftet, den er für die Ausführung seiner Verpflichtungen auf diesem Gebiet beauftragt hatte“.

Nach dem oben genannten Urteil wurde die Auffassung des SN über den Status der Leistungsträger gegenüber dem Reiseveranstalter zur ständigen Rechtsprechung. Sie wurde auch in einem Vorabentscheidungsverfahren vor dem SN aus dem Jahr 1986 bestätigt. 225 In diesem Fall erlitten die Kläger und deren Kinder eine Lebensmittelvergiftung. Sie nahmen alle Mahlzeiten während des gesamten Aufenthalts ausschließlich in dem zur Verfügung gestellten Restaurant ein. Der SN entschied, dass „der Reiseveranstalter für die Handlungen und Unterlassungen ausländischer Dritten haftet, derer er sich bei der Ausführung seiner Verpflichtungen bei der Verpflegung der Auslandsreiseteilnehmer bedient, auch wenn er keine Möglichkeit der Kontrolle oder Aufsicht über diese hatte“.

221

Palandt/Grüneberg, § 278 Rn. 1. Wolf, ZIP 1998, 1657 ff., 1659 f. 223 Nesterowicz, Umowa o podróż, S. 621 ff., Rn. 16. 224 SN, Urt. v. 28.3.1968 , I CR 64/68, OSPiKA 1967, H. 7–8, Pos. 183. 225 SN Beschluss v. 25.2.1986, III CZP 2/86, OSPiKa 1986, H. 6, Pos. 113. 222

B. Das System der reisevertraglichen Mängelrechte im Allgemeinen

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Anders als die deutsche Regelung kennt das polnische Rechtssystem keine Differenzierung zwischen „normalen“ und „qualifizierten“ Erfüllungsgehilfen. Die Gruppe der Personen, für die der Reiseveranstalter nach Art. 474 ZGB haftet, entspricht den „qualifizierten“ Erfüllungsgehilfen nach dem deutschen Recht. Zum Kreis der Erfüllungsgehilfen nach Art. 474 ZGB gehören nicht die „normalen“ Erfüllungsgehilfen, also die Angestellten oder Mitarbeiter des Schuldners. Denn deren Handlungen werden als Handlungen des Reiseveranstalters selbst betrachtet. In diesem Sinne wird beispielsweise die Tätigkeit eines Reiseleiters oder Reiseführers, der im Namen des Reiseveranstalters handelt, als die Tätigkeit des Veranstalters angesehen. Erfüllungsgehilfen sind Personen, die in keiner Weise organisatorisch, sondern durch ein Schuldverhältnis mit dem Veranstalter verbunden sind, also z.B. fremde Beförderungsunternehmen, Hotels, Restaurants, Reisebüros etc. Im deutschen Rechtssystem haftet der Reiseveranstalter für Erfüllungsgehilfen, wenn ein Schaden „bei Erfüllung einer Verbindlichkeit“ verursacht wird. Zwar enthält die polnische Regelung keine vergleichbare Formulierung, dennoch ist die h.M. der gleichen Auffassung. 226 Der SN erklärte im Urteil vom 28.10.2003, dass die Handlung mit dem Schuldverhältnis zwischen dem Reiseveranstalter und dem Leistungsträger in Zusammenhang stehen müsse, obwohl die Vorschrift dies nicht vorsehe. Es muss also ein Erfüllungszusammenhang zwischen dem Handeln bzw. Unterlassen und dem Schaden bestehen. Umstritten ist jedoch die Reichweite dieser Einstandspflicht, denn es bleibt unbeantwortet, welches Recht im Fall der Haftung anwendbar sein soll. Es wird die Auffassung vertreten, die Haftung für Erfüllungsgehilfen sei nicht unbeschränkt. Der Reiseveranstalter hafte vielmehr nur in demselben Umfang wie der jeweilige Erfüllungsgehilfe. Mit anderen Worten: Der Umfang der Haftung des Reiseveranstalters soll nicht weiter als der des Leistungsträgers aufgrund des für ihn anwendbaren Rechts und der Sitten sein.227 Nesterowicz geht aufgrund der SN-Entscheidung von der Annahme aus, dass ein Reisevertrag ein Mischvertrag sei, der aus vielen verschiedenen Leistungen bestehe. Infolgedessen seien auf die jeweiligen Teile nur die jeweiligen Regeln anzuwenden.228 Früher war aufgrund von Art. 18 TourG eine vertragliche Haftungsbeschränkung, die nach dem Recht des Leistungserbringungsorts oder gemäß der speziellen Regelung der bestimmten Dienstleistung erlaubt war, möglich. Diese Vorschrift wurde zu Recht vor allem wegen ihrer Richtlinienwidrigkeit im Zuge der Novellierung im Jahr 2000 aufgehoben. 229 Nun ist eine solche Haftungsbeschränkung nicht mehr zulässig. 226

ZGB Kommentar Pietrzykowski/Popiołek, Art. 474, Rn. 9. Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 71. 228 Nesterowicz, Odpowiedzialność biura, S. 378. 229 Łętowska, Prawo umów konsumenckich, S. 393 f.; a.A. Nesterowicz, Odpowiedzialność biura, S. 379, Nesterowicz ist der Auffassung, dass die Aufhebung des Art. 18 ein 227

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

Allerdings war solche Begrenzung inakzeptabel. Nach dem Reisevertrag ist eine Reise als Gesamtheit zu erbringen. Sie soll gerade nicht in verschiedene Einzelleistungen unterteilt werden, sondern als eine Einheit, eine Bündelung betrachtet werden. Die Anwendung von fremden Regelungen ist im polnischen und europäischen Recht keine nicht vorgesehen.230 Sie widerspricht der Idee des Verbraucherschutzes und kann nicht weiter aus dem Inhalt der Vorschriften hergeleitet werden. Art. 474 ZGB sieht nämlich ausdrücklich eine Haftung wie für eigene Handlungen vor. Dem Reisenden sollen keine negativen Folgen daraus entstehen, dass der Reiseveranstalter Dritte zur Vertragserfüllung einsetzt und seine Verpflichtungen nicht selbst erfüllt. Eine solche Rechtslage würde den Schutz des Reisenden erheblich beeinträchtigen, vor allem bei Reisen in EU-Drittstaaten. Der Reisende wäre auf ihm völlig unbekannte örtliche Regelungen verwiesen, mit der Folge, dass er seine Rechte i.d.R. nicht kennen wird. Dies gehört zum Risiko des Reiseveranstalters, der Reisen im Ausland organisiert. Er kann in jedem Fall die Verträge mit den Leistungsträgern so gestalten, dass das heimische Schutzniveau für seine Kunden gewährleistet wird. Die Haftung des Reiseveranstalters ist ausdrücklich geregelt. Eine Haftungsbeschränkung durch Auswahl vor allem ausländischer Leistungsträger wäre eine unzulässige Umgehung des europäischen Verbraucherschutzniveaus. Wird eine Haftungsbeschränkung für eine Teilleistung, wie etwa die Beförderung, nach einem für Polen geltenden Abkommen vorgesehen, ist dies gemäß Art. 11b Abs. 2 TourG zulässig (ähnliche Regelung wie in § 651h Abs. 2 BGB). Solche Fälle sind jedoch gesetzlich streng geregelt und können nicht auf andere Regelungen über Teilleistungen übertragen werden. 231 Diese Ansicht vertritt auch das Gericht für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz232, das folgende Klauseln für unzulässig erklärte: „Bezüglich der von den lokalen Leistungsträger erbrachten Leistungen [...] wird die Haftung beschränkt, wenn sich solche Beschränkung aus den in dem Land des Zielortes geltenden Rechtsvorschriften ergibt“ 233 und „die Beschränkung der Haftung ergibt sich aus den im Aufenthaltsland geltenden Vorschriften, in Bezug auf die von den lokalen Leistungsträgern erbrachten Leistungen“234.

gesetzgeberischer Fehler war, denn sie kann dazu führen, dass der Reiseveranstalter weiter haftet als die Leistungsträger ohne Regressanspruch. 230 So auch Łętowska, Prawo umów konsumenckich, S. 408. 231 Zur zusätzlichen Haftungsbeschränkung s. eingehend Dritter Teil D. III. 232 [Sąd Ochrony Konkurencji i Konsumentów], im Folgenden: SOKiK. 233 SOKiK Urt. v. 17.3.2005, XVII Amc 118/03, MSiG 2005, Nr. 159, Pos. 9692. 234 SOKiK Urt. v. 18.10.2007, XVII Amc156/07, MSiG 2008, Nr. 171, Pos. 1457.

B. Das System der reisevertraglichen Mängelrechte im Allgemeinen

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2. Mitreisende a) Regelung im deutschen Recht Von dem weiten Mangelbegriff ausgehend235 kann der Reiseveranstalter unter gewissen Umständen auch für Beeinträchtigungen durch Mitreisende einstehen müssen. Eine solche Pflicht besteht, wenn die Beeinträchtigungen gemäß § 651c Abs. 1 BGB wert- oder tauglichkeitsmindernd sind. Der Reisende hat jedoch bloße Unannehmlichkeiten und Unzulänglichkeiten hinzunehmen. Vor allem bei Reisen in südliche Länder muss er von Lärmbelästigungen ausgehen, wie z.B. von einem lauten und unangenehmen Verhalten betrunkener Mitreisender in einer All-Inclusive-Anlage. 236 Dennoch haftet der Reiseveranstalter, wenn diese Störungen eine gewisse Toleranzgrenze übersteigen, etwa bei dem von 800 griechische Studenten in einem Hotel mit 850 Betten verursachten Lärm durch nächtliches Feiern mit Alkoholkonsum (Reisepreisminderung 30 %). 237 Wohlgemerkt besteht die Haftung des Reiseveranstalters in diesen Fällen nur dann, wenn die Beeinträchtigungen durch Umstände innerhalb seiner Organisationsgewalt verursacht werden.238 Aus diesem Grund wird eine Vergewaltigung239 sowie andere sexuelle Belästigungen in der Hotelanlage 240 der Risikosphäre des Reiseveranstalters zugerechnet. Für solche Vorfälle haftet der Reiseveranstalter jedoch nicht, wenn sie außerhalb der Hotelanlage oder unabhängig von dessen Einwirkungsmöglichkeiten vorkommen.241 b) Regelung im polnischen Recht Das polnische Recht geht von einer verschuldensunabhängigen Haftung des Reiseveranstalters aus. Hinsichtlich der durch die Mitreisenden verursachten Beeinträchtigungen muss immer geprüft werden, ob der Reiseveranstalter seine vertraglichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hat. Ist dies nicht der Fall, haftet er für derartige Beeinträchtigungen. Die Regelung der Schadensersatzhaftung weist ihm zusätzlich eine Entlastungsmöglichkeit zu, wenn die Versäumnisse einem Dritten zuzurechnen sind, der an der Bewirkung der vertraglich vereinbarten Leistungen nicht beteiligt war, und sie durch den Reiseveranstalter nicht vorhersehbar oder vermeidbar waren. Der Reiseveranstalter haftet somit für durch Mitreisende verursachte Beeinträchtigungen, wenn er diese vorhersehen oder vermeiden konnte. 235

Zum Mangelbegriff s. eingehend Erster Teil D. III. 1. b). LG Kleve RRa 2001, 39. 237 AG Bad Homburg RRa 2000, 68, 69. 238 Führich, Reiserecht, Rn. 242, S. 219. 239 AG Neuss RRa 2000, 181. 240 LG Frankfurt a.M. NJW 1984, 1762. 241 Führich, Reiserecht, Rn. 242, S. 219. 236

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

3. Zusammenfassung In beiden Rechtssystemen findet sich eine Regelung bezüglich der Haftung des Reiseveranstalters für Erfüllungsgehilfen. Nach § 278 BGB und Art. 474 ZGB haftet der Reiseveranstalter für Schlechtleistungen von Leistungsträgern in gleicher Weise wie für eigene. In Deutschland und Polen gehören jedoch unterschiedliche Personen zum Kreis der Erfüllungsgehilfen. Im Ergebnis besteht jedoch kein Unterschied. Ob das Verhalten eigener Angestellten als Handlungen von Erfüllungsgehilfen oder eigene Handlungen des Reiseveranstalters qualifiziert werden, hat insoweit keine Bedeutung, als in beiden Situationen der Reiseveranstalter haftet. Allerdings wirkt sich die unterschiedliche Qualifizierung als Erfüllungsgehilfe bei der Möglichkeit der Haftungsbeschränkung aus. Nach deutschem Recht kann der Reiseveranstalter die Haftung für sog. „qualifizierte Erfüllungsgehilfen“ auf den dreifachen Reisepreis beschränken, sogar im Falle vorsätzlichen Handelns. Der polnische Reiseveranstalter kann seine Haftung auf den zweifachen Reisepreis beschränken, jedoch keinesfalls für vorsätzliche Leistungsstörungen (Art. 473 § 2 ZGB). In beiden Rechtssystemen (in Deutschland für die „qualifizierten Erfüllungsgehilfen“ und in Polen für alle, wobei sich diese Begriffe i.d.R. decken) ist eine Haftungsbeschränkung möglich, wenn es international geltende Übereinkommen erlauben. In Bezug auf Mitreisende ist die Lage wesentlich komplizierter, denn sie wurde nicht ausdrücklich geregelt. Von dem im deutschen Recht existierenden weiten Mangelbegriff ausgehend, wird die Haftung des Reiseveranstalters für die durch Mitreisende verursachten Beeinträchtigungen angenommen, wenn diese als Fehler i.S.d. § 651c BGB zu qualifizieren sind und innerhalb seiner Organisationsgewalt liegen. Im polnischen Recht geht man von einer verschuldensunabhängigen Haftung des Reiseveranstalters aus. Bei Beeinträchtigungen durch Mitreisende muss die Nicht- oder Schlechterfüllung seiner Verpflichtungen geprüft werden. Der Reiseveranstalter kann sich lediglich dann von der Haftung für die durch Dritte verursachten Schaden freistellen, wenn er die Handlungen Dritter nicht vorhersehen und vermeiden konnte.

C. Grundvoraussetzungen der reisevertraglichen Ansprüche – Reisemangel und Nicht- bzw. Schlechterfüllung C. Grundvoraussetzungen der reisevertraglichen Ansprüche

I.

Einleitung

In den beiden untersuchten Rechtssystemen ist für die Haftung des Reiseveranstalters nach dem reisevertraglichen Mängelrecht stets eine Grundvoraussetzung erforderlich. In Deutschland ist dies ein Reisemangel gemäß § 651c

C. Grundvoraussetzungen der reisevertraglichen Ansprüche

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Abs. 1 BGB, in Polen die Nicht- oder Schlechterfüllung bzw. mangelhafte Erfüllung der Leistung 242 nach Art. 11a TourG. Zu den Grundpflichten des Reiseveranstalters gehört gemäß § 651c Abs. 1 BGB die Erbringung der Reiseleistungen in der Weise, dass sie zum einen die zugesicherten Eigenschaften aufweisen und zum anderen keine Fehler enthalten, die zur Aufhebung oder Minderung ihrer Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag bezweckten Nutzen führen. Hierbei wird zwischen zwei Arten von Reisemängeln unterschieden: einem Reisefehler und dem Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft. Diese systematische und gut geordnete Regelung des Reisemangels ist für das deutsche Reisevertragsrecht kennzeichnend. Die Grundvoraussetzung für alle Ansprüche ist damit ein Reisemangel. Das relativ neue Reisevertragsrecht in Polen enthält keine spezielle Vorschrift, die dem § 651c BGB vergleichbar wäre und den Mangelbegriff regeln würde. Das Adjektiv „mangelhaft“ wird lediglich in Art. 16a TourG erwähnt. Der Reisemangel wird im Art. 11a TourG und Art. 14 Abs. 5 TourG grundsätzlich als Nichterfüllung oder Schlechterfüllung (mangelhafte Erfüllung) des Vertrages bezeichnet. In der Terminologie besteht also ein Unterschied. Im deutschen und z.B. auch im dänischen Recht wird der Begriff des Mangels verwendet. 243 Andere europäische Länder (einschließlich Polen) bedienen sich der Begriffe der Nichterfüllung und der mangelhaften Erfüllung, in Anlehnung an das französische Recht. Diese Begriffe wurden auch in der Pauschalreise-Richtlinie benutzt. II. Der Begriff des Reisemangels in den untersuchten Rechtssystemen 1. Der Reisemangel und seine Arten im deutschen Reiserecht a) Der Reisefehler aa) Der Reisefehler als Form des Reisemangels (§ 651c Abs. 1 Alt. 2 BGB) Der Fehler ist neben dem Fehlen der zugesicherten Eigenschaft eine Variante des Reisemangels (§ 651c Abs. 1 Alt. 2 BGB). Von Bedeutung ist, dass nicht jeder Fehler einen Mangel im Sinne dieser Vorschrift darstellt, sondern nur ein solcher, der den Wert oder die Tauglichkeit des im Vertrag vorausgesetzten Nutzens aufhebt oder mindert.244 Ein Reisefehler liegt nach der allgemeinen Definition vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Reise von der geschuldeten abweicht,245 also bei einer Abweichung der Ist- von der Soll242

[Niewykonanie / nienależyte wykonanie świadczenia]. Tonner, Reiserecht in Europa, S. 270 f. 244 Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 141; a.A. Seyderhelm, Reiserecht, § 651c Rn. 7, S. 90 u.: ein Fehler sei immer auch Mangel. 245 Führich, Reiserecht, Rn. 214, S. 202. 243

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

Beschaffenheit. Es werden jedoch unterschiedliche Ansichten dazu vertreten, wie eine solche Abweichung festgestellt werden soll, insbesondere was unter der Soll-Beschaffenheit zu verstehen ist. Diese Auseinandersetzung führte zur Entstehung von zwei Fehlertheorien: der subjektiven und der subjektivobjektiven Fehlertheorie. bb) Der subjektive Fehlerbegriff vs. den subjektiv-objektiven Fehlerbegriff Nach dem subjektiven Fehlerbegriff liegt ein Fehler vor, wenn die Ist- von der Soll-Beschaffenheit abweicht, wobei als Soll-Beschaffenheit die vertragliche Vereinbarung zugrunde zu legen ist. 246 Maßgeblich werden hier sowohl alle Bestimmungen, die Vertragsinhalt geworden sind, als auch zusätzliche Abreden sowie der Zweck und Nutzen der Reise. 247 Soweit keine konkreten Vereinbarungen über die Beschaffenheit der Reise getroffen worden sind, bestimmt sich die Soll-Beschaffenheit nach der mittleren Art und Güte von Reiseleistungen mit inländischem Standard.248 Wie beim werkvertraglichen Gewährleistungsrecht werden hier primär subjektive und subsidiär objektive Elemente herangezogen.249 Hingegen liegt nach der subjektiv-objektiven Fehlertheorie ein Fehler vor, wenn die Ist-Beschaffenheit von der gewöhnlichen bzw. üblichen Beschaffenheit abweicht.250 Gemäß dieser Auffassung, die an die Regelung im Kaufrecht anknüpft251, kann der Reisende nur aus fertigen Produkten wählen, die vom Reiseveranstalter im Voraus „auf Vorrat“ aus verschiedenen Reiseleistungen zu einer Gesamtheit gebündelt und verkauft werden.252 Maßgeblich werden hier die Art der Reise und der gewöhnliche Nutzen, der bei jeglicher Art von Reisen zu erwarten ist. Soweit tatsächlich diese vorfabrizierte Reise durch individuelle Vereinbarungen geändert oder ergänzt wird, sind diese subjektiven Bestimmungen vorrangig. Die h.M. hat sich dem subjektiven Fehlerbegriff angeschlossen.253 Allerdings werden beide Fehlertheorien im Schrifttum nicht klar getrennt.254 Manche Auto246

Jauernig/Teichmann, § 651c Rn.1. Isermann, Reisevertragsrecht, S. 69. 248 Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 5; Isermann, Reisevertragsrecht, S. 70. 249 So Soergel/H.W. Eckert, § 651c Rn. 8; Brennecke, Höhere Gewalt, S. 24. 250 Pick, Reiserecht, § 651c Rn. 3; MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 8; Schlotmann, DZWiR 1995, 446 ff., 452. 251 Coester-Waltjen, Jura 1995, H. 6, 329 ff., 330. 252 MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 8. 253 Seyderhelm, Reiserecht, § 651c Rn. 7; Tempel, RRa 1998, 19 ff., 21; Staudinger/ J. Eckert (2003), § 651c Rn. 6; Bamberger/Roth/Geib, § 651c Rn. 5; Isermann, Reisevertragsrecht, S. 69; Soergel/H.W. Eckert, § 651c Rn.8; Teichmann, JZ 1993, 823 ff., 825; Blaurock/Wagner, Jura 1985, 169 ff., 169. 254 So Brennecke, Höhere Gewalt, S. 23. 247

C. Grundvoraussetzungen der reisevertraglichen Ansprüche

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ren vertreten die subjektive Theorie unter der Bezeichnung subjektiv-objektive Fehlertheorie.255 Führich hingegen spricht sich für die subjektiv-objektive Fehlertheorie aus, wobei er unter dem Begriff etwas anderes versteht. 256 Der Streit ist jedoch nur theoretischer Natur. Beide Theorien kommen nämlich zu den gleichen Ergebnissen. Die individuellen Vereinbarungen haben immer Vorrang, während der objektive Maßstab subsidiär anzuwenden ist. 257 Die Frage, ob die vertraglichen Angaben zur Reise als ein festgelegtes Produkt oder als eine individuelle Vereinbarung anzusehen sind, ist rein dogmatischer Natur. Abgesehen von der geringen Bedeutung der Abgrenzung zwischen den beiden Theorien erscheint die subjektive Fehlertheorie in Zeiten von Baukastensystemen und von Online-Buchungen über Reiseportale vorzugswürdiger. Die Reise wird immer seltener als ein starres Produkt angeboten, welches aus einem Katalog ausgesucht wird. Vielmehr wird sie zunehmend individuell vom Reisenden gestaltet. cc) Grundlage der Soll-Beschaffenheit Das geschuldete Leistungsprogramm und damit die einzelnen Leistungspflichten des Reiseveranstalters ergeben sich aus mehreren Quellen: vor allem aus dem Vertragsinhalt, Prospektangaben, der Reisebestätigung, aus zusätzlich bindenden Vereinbarungen, dem Reisecharakter, dem Preis, einem eventuell vereinbarten Zweck, aus Informationspflichten und nicht zuletzt aus den Grundsätzen von Treu und Glauben.258 Der Prospekt (Katalog, Website) ist die zentrale Grundlage für die Umschreibung der Leistungspflichten. Maßgeblich sind die Angaben zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, 259 wobei im Falle einer Vorausbuchung der „neue“ Katalog bei einem entsprechenden Hinweis gilt.260 Bei der Auslegung der Prospektangaben gelten die von der Rechtsprechung konkretisierten Grundsätze der Prospektwahrheit und Prospektklarheit,261 welche die Richtigkeit, Klarheit und Vollständigkeit der enthaltenen Informationen voraussetzen. Auch individuelle Zusagen und Informationen, soweit vorhanden, beschreiben die Verpflichtungen des Reiseveranstalters. Sie umfassen sowohl 255 Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 5; Eisner, DAR 1989, 333 ff., 335; RGRK/ Recken, § 651c Rn. 7. 256 Unter subjektiv-objektiver Fehlertheorie versteht er die Mischung aus dem objektiven Element – Missverhältnis von Soll- und Ist-Beschaffenheit (maßgeblich sind die vertragliche Angaben) – und dem subjektiven Element (vom Reisenden erwartetes Ziel/ Nutzen); Führich, Reiserecht, Rn. 222, S. 209. 257 So auch Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 143. 258 Führich, Reiserecht, Rn. 223, S. 210. 259 LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1988, 635; AG Berlin-Charlottenburg RRa 2000, 63. 260 LG Landau RRa 1997, 156, zu Recht kritisch Tempel, der beim Vorliegen einer wichtigen Änderung vom konkreten Hinweis ausgeht, Tempel, RRa 1998, 147 ff., 147. 261 MünchKomm/Tonner, § 651a Rn. 71; Staudinger/J. Eckert (2003), § 651c Rn. 11.

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

schriftliche als auch mündliche Nebenabreden und Kundenwünsche. Alle Angaben sind zudem maßgeblich für die Bestimmung der zugesicherten Eigenschaften der Reise. b) Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft Die zweite Variante des Reisemangels stellt gemäß § 651c Abs. 1 Alt. 1 BGB das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft dar. Die Unterscheidung zwischen einem Fehler und dem Fehlen der zugesicherten Eigenschaft wurde im Kauf- und Werkvertragsrecht mit der Schuldrechtsreform obsolet, im Reiserecht wurde sie dagegen aufrechterhalten. 262 Aus diesem Grund kann nicht auf die für andere Vertragstypen entwickelten Grundsätze zur Anwendung des Begriffes zurückgegriffen werden. Zusicherungsfähig sind alle Verhältnisse, d.h. die Reise selbst und bestimmte einzelne Reiseleistungen, die wegen ihrer Art und Dauer nach der Verkehrsanschauung den Nutzen und die Wertschätzung beeinflussen. 263 Im Schrifttum ist es umstritten, wann eine echte Zusicherung vorliegt. 264 Einerseits werden die Grenzen sehr weit gefasst. Dabei soll jede Katalogangabe eine solche Zusicherung enthalten, z.B. Reisecharakter, Hotelkategorie, Art der Verpflegung, bestimmte Hotel- und Zimmereinrichtungen, Lage des Zimmers etc. 265 Die Gegenansicht fordert zu Recht für die Annahme einer zugesicherten Eigenschaft, dass der Umstand für den Reisenden von besonderem, für den Reiseveranstalter erkennbarem Interesse ist. 266 Eine Eigenschaft muss vom Veranstalter oder von dem für ihn handelnden Reisebüro (solange diese nicht eindeutig den Prospektangaben widersprechen)267 zugesichert worden sein. Dies erfolgt durch ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung. Für den Reisenden muss dabei erkennbar sein, dass der Reiseveranstalter für die konkrete Eigenschaft der Reise einstehen will. Hierbei wird aus der Sicht des Reisenden überprüft, wie er die Erklärungen und das Verhalten des Reiseveranstalters unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben verstehen durfte. 268 Bemerkenswert ist, dass es bei dieser Art von Mängeln nicht zu einer Beeinträchtigung der Reise kommen muss. Die Reise ist stets mangelhaft, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt. Diese strenge Haftung beruht auf der 262

Führich, NJW 2002, 1082 ff., 1084. Vgl. RGZ 117, 315. 264 Tempel, NJW 1997, 2206 ff., 2207. 265 Führich, Reiserecht, Rn. 243, S. 220. 266 Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 14; Pick, Reiserecht, § 651c Rn. 37; MünchKomm/Wolter (1998), § 651c Rn. 18; Tempel, NJW 1997, 2206 ff., 2207; Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 38; AG Stuttgart–Bad Cannstatt RRa 1996, 106 m. Anm. Noll. 267 AG Bad Homburg NJW-RR 2006, 1358. 268 Führich, Reiserecht, Rn. 243, S. 220. 263

C. Grundvoraussetzungen der reisevertraglichen Ansprüche

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Garantieerklärung des Reiseveranstalters, der die Haftung für das Vorhandensein der konkreten Eigenschaften einer Reise übernehmen will. 269 2. Nicht- und Schlechterfüllung (bzw. mangelhafte Erfüllung) im polnischen Reiserecht Im Gegensatz zu der deutschen Rechtslage wird die zentrale Voraussetzung für reisevertragliche Ansprüche im polnischen Recht nicht als Reisemangel, sondern allgemein als Nichterfüllung oder Schlechterfüllung bzw. mangelhafte Erfüllung bezeichnet. Das TourG enthält keine besondere Vorschrift, welche den Reisemangelbegriff ähnlich dem § 651c BGB regeln würde. Der Gesetzgeber bediente sich lediglich des Ausdrucks der „mangelhaften Erfüllung des Vertrages“ in Art. 16b Abs. 1 TourG und des Terminus „uchybienie“ (was als Verfehlung/Verstoß/Mangel übersetzt werden kann) in Art. 16b Abs. 3 TourG. Allgemeine Regelungen über die Voraussetzungen der Haftung des Reiseveranstalters sind in Art. 11a TourG i.V.m. Art. 471 ZGB270 enthalten. Art. 471 ZGB enthält eine zentrale Regelung der Schuldnerhaftung für Nicht- oder Schlechterfüllung von vertraglichen Verpflichtungen (Haftung ex contractu). Die Formulierung dieser Vorschrift verdeutlicht, welchen Einfluss die Gesetzgebung der früheren Teilungsgebiete 271 hatte.272 Diese allgemeinen Begrifflichkeiten entsprachen dem französischen Recht. Das deutsche BGB sah hingegen zwei konkrete Regelungen zur Verzögerung und Unmöglichkeit der Leistung vor. Beide Lösungsansätze wurden in bestimmtem Maße bei der Regelung im Gesetzbuch der Schuldverhältnisse von 1934 und im späteren polnischen Zivilgesetzbuch berücksichtigt.273 Nicht- oder Schlechterfüllung der vertraglichen Verpflichtung steht im Gegensatz zu deren Erfüllung. Mit der Erfüllung muss das im Schuldverhältnis zum Ausdruck kommende Interesse des Gläubigers unter Beachtung der Regeln des Art. 354 § 1 ZGB befriedigt werden. Diese Vorschrift enthält eine allgemeine Regel bezüglich der Erfüllung von vertraglichen Verpflichtungen: Sie sieht vor, dass „die Verpflichtung in Übereinstimmung mit ihrem Inhalt 269

Tempel, NJW 1997, 2206 ff., 2207. Art. 471 ZGB: „Der Schuldner ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch die Nichterfüllung oder durch die Schlechterfüllung des Schuldverhältnisses entstanden ist, es sei denn, dass die Nichterfüllung oder Schlechterfüllung die Folge von Umständen ist, die der Schuldner nicht zu vertreten hat.“ (Übers. d. Verf.). 271 Mit Teilungen Polens werden die Teilungen des Unionstaates Polen-Litauen in den Jahren 1772, 1793 und 1795 bezeichnet. Russland, Preußen und Österreich teilten den Doppelstaat unter sich auf, sodass bis zum Ende des Ersten Weltkriegs Polen seine Unabhängigkeit verloren hatte. Während der Teilungszeit haben sich die drei Teilungsgebiete u.a. wirtschaftlich, rechtlich, sozial und administrativ sehr unterschiedlich entwickelt. 272 Longchamps de Berier, Uzasadnienie do projektu, S. 350 ff. 273 Radwański/Dąbrowa, System prawa cywilnego, S. 763. 270

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

und einer ihrer sozio-ökonomischen Zweckbestimmung und den Grundsätzen des gesellschaftlichen Zusammenlebens entsprechenden Art und Weise und, wenn in diesem Bereich bestimmte Gebräuche gelten, auch in einer diesen Gebräuchen entsprechenden Art und Weise zu erfüllen“ ist. Diese Norm geht über die Regel des pacta sunt servanda hinaus. Wenn der Schuldner also seine Verpflichtung nicht entsprechend diesen Regeln erfüllt, führt es zu einer Schlechterfüllung oder sogar zu einer gänzlichen Nichterfüllung der Verbindlichkeit. Wie zwischen der Nichterfüllung und der mangelhaften Erfüllung einer vertraglichen Pflicht zu differenzieren ist, ist im Schrifttum umstritten.274 Auch in der Praxis bereitet die Abgrenzung Schwierigkeiten. Es wird angenommen, dass eine Nichterfüllung im Sinne der Vorschrift vorliegt, wenn mindestens ein rechtsbegründendes Merkmal (essentialia negotii) nicht vertragsgemäß erfüllt wurde. 275 Eine Schlechterfüllung liegt hingegen vor, wenn eine Reiseleistung, die ein wesentliches oder zusätzliches Vertragsmerkmal darstellt, mangelhaft erfüllt ist.276 Zwar ist diese Differenzierung in Art. 471 ZGB nicht von entscheidender Bedeutung, da die Rechtsfolgen von Nichtund Schlechterfüllung sehr ähnlich sind.277 Im Reisevertragsrecht ist die Unterscheidung jedoch wesentlich, weil manche Mängelrechte dem Reisenden lediglich bei Vorliegen einer Nichterfüllung und manche auch bei Schlechterfüllung zustehen. III. Grenzen der Einstandspflicht des Reiseveranstalters 1. Regelung im deutschen Recht a) Allgemeine Informationen Der sachliche Regelungsgehalt des § 651c Abs. 1 BGB ist dem früheren § 633 Abs. 1 BGB a.F nachgebildet. 278 Er wurde auch im Rahmen der Schuldrechtsreform nicht geändert, obwohl im Kauf- (§ 434 BGB) und im Werkvertragsrecht (§ 633 BGB) die Differenzierung zwischen Fehler und zugesicherter Eigenschaft aufgehoben wurde. § 651c Abs. 1 BGB knüpft an die „Reise“ an, die nach § 651a Abs. 1 BGB als „Gesamtheit von Reiseleistungen“ zu verstehen ist. Infolgedessen ist der Reiseveranstalter nicht nur für

274

Włodyka/Katner, Prawo umów w obrocie gospodarczym, S. 252 ff.; Radwański/ Dąbrowa, System prawa cywilnego, S. 764; Gniewek/Zagrobelny, Kodeks cywilny, S. 802 ff. 275 Sekuła-Leleno, Odpowiedzialność, S. 145. 276 ZGB Kommentar Pietrzykowski/Popiołek, Art. 471, Rn. 19. 277 Radwański/Skąpski, System prawa cywilnego, S. 127. 278 Staudinger/J. Eckert (2003), § Vorb. zu §§ 651c-g Rn. 1.

C. Grundvoraussetzungen der reisevertraglichen Ansprüche

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die vertragsmäßige Erbringung der einzelnen Reiseleistungen, sondern auch zu deren Bündelung verpflichtet. 279 Für die Mangelfreiheit hat der Reiseveranstalter nach dem Wortlaut des § 651c Abs. 1 BGB unabhängig von einem Verschulden einzustehen. Aus dem Wortlaut der Vorschrift, die negativ („frei von Mängeln“) formuliert wurde, 280 geht nicht eindeutig hervor, wo die Grenzen der Haftung des Reiseveranstalters liegen sollen. b) Enger oder weiter Mangelbegriff Daher stellt sich die Frage, ob der Reiseveranstalter nur für solche Reisemängel haftet, die seiner Sphäre zuzuordnen sind, wie etwa Fehlverhalten seiner Angestellten oder eines Leistungsträgers, oder ob er auch für von außen kommende Beeinträchtigungen, wie Störungen aus dem privaten Umfeld (z.B. Belästigungen, Diebstähle) oder aus dem Bereich des Zielgebietes (z.B. Verkehrs- oder Baulärm), einzustehen hat. Bei den Lösungsversuchen unterscheidet das Schrifttum zwischen dem „engen“ und dem „weiten“ Mangelbegriff. Nach dem „engen Mangelbegriff“, der insbesondere von Tempel 281 vertreten wurde, haftet der Reiseveranstalter nur für solche Beeinträchtigungen, die von ihm beherrschbar sind. Der Reiseveranstalter solle nicht für unvermeidbare, bei Vertragsschluss nicht vorhersehbare Umstände einstehen müssen, die von außen auf die Reise einwirken.282 Seine Einstandspflicht erfasst nur die von ihm im Vertrag übernommenen Pflichten, nämlich die Erbringung der einzelnen Reiseleistungen. Der „enge Mangelbegriff“ wurde vom LG Frankfurt283 und von anderen Instanzgerichten 284 vertreten. Danach liege kein Mangel bei einer Algenpest, 285 einem Streik der Museumswärter auf einer Studienreise nach Athen,286 bei einer Hitzewelle in Südfrankreich 287 oder einem geringen Fischbestand auf einer Angelreise288 vor.

279

Vgl. BGH NJW 1986, 1749; NJW 1995, 2629; NJW 2000, 1188. Seyderhelm, Reiserecht, § 651c Rn. 14. 281 Tempel, JuS 1984, 81 ff., 86; ders., NJW 1985, 97 ff., 99; ders., RRa 1998, 19 ff., 280

23.

282

Seyderhelm, Reiserecht, § 651c Rn. 17; Blaurock/Wagner, Jura 1985, 169 ff., 178. LG Frankfurt a.M. NJW 1983, 237; LG Frankfurt a.M. NJW 1983, 2264; LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1990, 761. 284 LG Hannover NJW-RR 1986, 280; LG Düsseldorf FVE ZivilR. Nr. 245; AG München FVE ZivilR. Nr. 401 (1980). 285 LG Frankfurt a.M. NJW 1990, 761. 286 LG Frankfurt a.M. NJW 1983, 237. 287 AG München FVE ZivilR. Nr. 401 (1980). 288 OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1988, 1328. 283

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

Der „enge Mangelbegriff“ ist abzulehnen, da er in die grundsätzlich verschuldensunabhängige Haftung Verschuldenselemente einführt.289 Nach dem „weiten Mangelbegriff“, der von Wolter290 entwickelt wurde und von der inzwischen h.M. vertreten wird,291 haftet der Reiseveranstalter verschuldensunabhängig nicht nur für die Erbringung der einzelnen Reiseleistungen, sondern auch für den Erfolg der Reise als Ganzes. Er trägt grundsätzlich die Gefahr des Nichtgelingens.292 Der Reiseveranstalter hat für die Gesamtheit der Reise, d.h. für die Einzelleistungen und deren Bündelung, einzustehen. Auch ohne die Mangelhaftigkeit einer einzelnen Reiseleistung kann ein Reisemangel vorliegen. Infolgedessen haftet der Reiseveranstalter nicht nur für die von ihm beherrschbaren Beeinträchtigungen, sondern auch für solche, die außerhalb seiner Sphäre liegen. Dieses Risiko trägt der Reiseveranstalter. Er nimmt wesentlichen Einfluss auf die Reise als Ganzes, die Auswahl der Leistungsträger, ihre konkrete Gestaltung und die Durchführung. Der Reisende ist hingegen völlig auf den Veranstalter angewiesen.293 Auch der BGH sprach sich bisher für den weiten Mangelbegriff aus.294 Dabei betont er, dass der Reiseveranstalter die Gefahr des Nichtgelingens der Reise in dem Sinne tragen soll, dass es in seine Risikosphäre falle, ob er in der Lage sei, die Leistung zu erbringen. Es bestehe eine umfassende verschuldensunabhängige Einstandspflicht und es sei nicht relevant, worauf der Reisemangel zurückzuführen ist.295 Der weite Mangelbegriff führt dazu, dass der Reiseveranstalter für jegliche (auch geringe) Beeinträchtigung oder Unwägbarkeit einzustehen hat.296 Die Vertreter dieser Theorie versuchen jedoch, diese weitreichende Haftung durch verschiedene Kriterien einzugrenzen. Die Einstandspflicht hängt von der Risikozurechnung nach Sphären ab, wobei der Reiseveranstalter nur für Beeinträchtigungen aus seiner Sphäre haftet. Insbesondere ist dies nicht der 289 Vgl. Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 18; Führich, Reiserecht, Rn. 220, S. 205. Das Beherrschbarkeitskriterium wurde inzwischen auch von Tempel abgelehnt, Tempel, RRa 1998, 19 ff., 23; Tempel/Seyderhelm, Materielles Recht im Zivilprozess, S. 507. 290 MünchKomm/Wolter (1998), § 651c Rn. 32 ff., jetzt MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 4; ebenso Bechhofer, Reisevertragsrecht, S. 38; Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 5; Staudinger/J. Eckert (2003), § 651c Rn. 8. 291 Führich, Reiserecht, Rn. 220c, S. 206; MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 4; Staudinger/J. Eckert (2003), § 651c Rn. 8 ff; Palandt/Sprau, § 651c Rn. 2; Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 5; BGH NJW 2000, 1188, 1189; OLG Frankfurt RRa 1994, 11. 292 BGH NJW 1985, 1165; NJW 1995, 2629; NJW 2005, 1047. 293 Vgl. MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 3. 294 BGH NJW 1980, 2192 (Safari-Fall); NJW 1983, 33 (Mauritius-Fall); NJW-RR 1990, 1334 (Kündigungsfall); NJW 1995, 2629 (Jacht-Charter-Fall); NJW 2000, 1188 (Reitclubfall I). 295 Führich, Reiserecht, Rn. 220, S. 205. 296 Schon MünchKomm/Wolter (1998), § 651c Rn. 5.

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Fall, wenn der Reisende gegen Sicherheits- oder Verhaltensregeln verstößt und sich einer Gefahr bewusst aussetzt.297 c) Bloße Unannehmlichkeiten Unerhebliche Mängel begründen billigerweise keine Gewährleistung, es sei denn seitens des Reiseveranstalters bestand eine Zusicherung. 298 Die Unannehmlichkeiten und Unzulänglichkeiten einer Reise lassen sich im Zeitalter des Massentourismus nicht vermeiden und müssen von den Reisenden akzeptiert werden.299 Hierzu gehören insbesondere das Klima und religiöse sowie gesellschaftliche Strukturen und Gewohnheiten am Reiseziel. 300 Beispiele sind ein landestypisch niedriger Standard,301 üblicher nächtlicher Lärm im Süden oder religiöse Einschränkungen wie der Fastenmonat Ramadan in den arabischen Ländern, soweit der Reisende bei der Buchung darauf hingewiesen wurde. 302 Ob es sich um einen Reisemangel oder nur um eine hinzunehmende Unannehmlichkeit handelt, wird stets unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles entschieden. Die Interessen des Reiseveranstalters und des Reisenden müssen gegeneinander abgewogen werden.303 Hierbei sind primär Art, Gestalt und Zweck der Reise zu beachten304 und auch weitere Kriterien wie die Hotelklasse, die Leistungsbeschreibung in den Werbematerialien (Prospekte, Homepage, Kataloge u.a.), der Grad der Beeinträchtigung und der Reisepreis. Bei Billigreisen hat der Reisende die entsprechend größeren Einschränkungen hinzunehmen.305 Als unerhebliche Mängel sind beispielsweise bei Flügen Verspätungen (bis zu vier Stunden bei Kurzstrecken, bis zu acht Stunden bei Transatlantikflügen)306 und unerwartete Zwischenlandungen307 anzusehen.308 Bei der Unter297

Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 154. MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 12; Staudinger/J. Eckert (2003), § 651c Rn. 49; PWW/Deppenkemper, § 651c Rn. 4. 299 Führich, Reiserecht, Rn. 250, S. 227; Palandt/Sprau, § 651c Rn. 2, Kaller, Reiserecht, Rn. 148. 300 Rodegra, MDR 2012, 681 ff., 682. 301 An ein im Katalog beschriebenes „landestypisches Mittelklasse-Hotel“ dürfen keine übermäßigen Erwartungen gestellt werden, AG Hamburg RRa 1995, 226; AG Emmerich RRa 1995, 110; AG Hamburg RRa 2003, 226. 302 AG Dortmund RRa 2007, 169 (Oman-Reise). 303 Führich, Reiserecht, Rn. 261, S. 232. 304 Rodegra, MDR 2012, 681 ff., 682. 305 Führich, Reiserecht, Rn. 260, S. 232. 306 AG Nürnberg RRa 1997, 85; AG Essen RRa 1996, 60; AG Düsseldorf RRa 2005, 169; LG Frankfurt a.M. RRa 2004, 169. 307 AG Kleve NJW-RR 2000, 135; AG Hamburg RRa 2003, 169; AG Hamburg RRa 2004, 123. 298

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bringung werden Insekten- und Tierbelästigungen, wie Ameisen und Insekten in Dänemark,309 ein Skorpion 310 bzw. Flöhe in den Tropen311, als zu tolerierende Unannehmlichkeiten angesehen. Das Benehmen von Mitreisenden wird von der Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen als Reisemangel qualifiziert. Keine mangelbegründende Reisebeeinträchtigung liegt vor, wenn 40 Prozent der Gäste eines Kreuzfahrtschiffes einer Schweizer Jodler-Gruppe angehören312 oder ein geistig und körperlich Behinderter an derselben Reise teilnimmt.313 d) Allgemeines Lebensrisiko Die zweite Fallgruppe von Reisebeeinträchtigungen, für die der Reiseveranstalter in der Regel nicht haftet, betrifft das allgemeine Lebensrisiko als Teil der Privatsphäre des Reisenden. Der Reiseveranstalter muss für nicht reisespezifische Gefahren des täglichen Lebens nicht einstehen. 314 Für eine solche Einschränkung des weiten Mangelbegriffs sprechen sich überwiegend sowohl die Rechtsprechung315 als auch die Literatur 316 aus. Der Begriff des allgemeinen Lebensrisikos erstreckt sich grundsätzlich auf drei Fallgruppen317: das Unfall- und Verletzungsrisiko; wetter-, klima-, naturbedingte Umstände und Straftaten (Diebstähle, Überfälle, Terroranschläge usw.)318. Darüber hinaus gehören kultur- und ereignisbedingte Umstände ebenfalls zum allgemeinen Lebensrisiko. Wenn sich beispielsweise zur Zeit des Ramadan in Mekka eine große Anzahl von Pilgern befindet und dadurch außergewöhnliche Verkehrsverhältnisse herrschen, gilt ein geänderter Fahrplan des Shuttlebusses als allgemeines Lebensrisiko des Reisenden.319 Die Haftung des Reiseveranstalters ist bei solchen Unfällen und Verletzungen ausgeschlossen, mit denen jederzeit im Alltag gerechnet werden 308

Ausf. zu den Einzelfällen von den hinzunehmenden Unannehmlichkeiten, Rodegra, MDR 2012, S. 682 ff. 309 AG Kiel RRa 1998, 4. 310 LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1993, 315. 311 OLG Köln NJW-RR 1993, 252. 312 LG Hamburg NJW-RR 1993, 1465. 313 LG Frankfurt a.M. NJW 1980, 1169, dazu Brox, NJW 1980, 1939 ff., 1939. 314 Vgl. Siebert, RRa 1994, 110 ff., 110. 315 BGH NJW 1991, 747; NJW 1991,854; NJW 1991, 854; NJW 1991, 3275; OLG Frankfurt a.M. VersR 2008, 1396. 316 MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 4; Palandt/Sprau, § 651c Rn. 2; Soergel/H.W. Eckert, § 651c Rn. 17; Staudinger/J. Eckert (2003), § 651c Rn. 56; Teichmann, RRa 2009, 258 ff., 261; PWW/Deppenkemper, § 651c Rn. 5, Führich, Basiswissen Reiserecht, Rn. 148. 317 Tonner, Der Reisevertrag, S. 101. 318 OLG Frankfurt a.M. RRa 2013, 110; ausf. zu den Einzelfällen, Führich, Reiserecht, Rn. 246, S. 224. 319 AG Hamburg-St. Georg RRa 2013, 120.

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muss, wie Verletzungen 320, Erkrankungen321, Stürzen 322 oder Verkehrsunfällen. Der Reiseveranstalter haftet für derartige Beeinträchtigungen nur, wenn ihn ein Organisationsverschulden trifft. 323 Er hat nämlich geeignete Sicherheitsvorkehrrungen zu treffen, um das Gefahrenrisiko möglichst weit zu reduzieren. 324 Die zweite Gruppe umfasst Umweltstörungen, die auf das Umfeld des Reisezieles zurückzuführen sind. Der Reiseveranstalter hat i.d.R. für Wetterbedingungen oder für den Zustand des natürlichen Umfelds, etwa für den Strand oder das Meer, nicht einzustehen, es sei denn, eine entsprechende Zusicherung ist Bestandteil des Vertrages oder die Reise soll zu einem konkreten, dem Reiseveranstalter bekannten Zweck (z.B. Badeurlaub) angetreten werden.325 Die Haftung des Reiseveranstalters besteht grundsätzlich nicht bei der dritten Gruppe der Fälle, die Straftaten betrifft. 326 Diese gehören auch zu der privaten Risikosphäre des Reisenden.327 In Betracht kommen „die übliche“ Kriminalität (Überfälle328, Diebstähle329) oder etwa das Anstarren von Frauen330 oder sonstige sexuelle Belästigungen an öffentlichen Stränden 331. Den Veranstalter treffen dennoch Informations-, Warn- und Fürsorgepflichten vor Reiseantritt, wenn ihm konkrete Indizien für drohende Überfälle oder Terroranschläge bekannt sind.332 Eine Verpflichtung des Reiseveranstalters zur Information besteht nicht, wenn die notwendigen Informationen über im Zielgebiet drohende Kriminalitäts- und Überfallrisiken bereits vorliegen (z.B. allgemeines Kriminalitätsrisiko in der Dominikanischen Republik). 333 320

AG Düsseldorf RRa 1999, 39 (Verletzung an Stein unter Wasser). OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 1461 (Herzinfarkt wegen Sturm und Überfüllung des Schiffes); AG Düsseldorf RRa 1994, 103 (Durchfallerkrankung); AG Bad Homburg RRa 1994, 168 (Platzangst und Atemschwierigkeiten bei Kreuzfahrt). 322 LG Duisburg RRa 2006, 20; OLG Frankfurt a.M. RRa 2003, 19 (beide: Ausrutscher auf nassen Fliesen); LG Düsseldorf RRa 2005, 26 (Sturz auf einer Hoteltreppe). 323 Tonner, Der Reisevertrag, S. 101. 324 AG Duisburg RRa 2006, 79. 325 Tonner, Der Reisevertrag, S. 101. 326 OLG München RRa 1999, 174. 327 LG Duisburg RRa 2005, 225. 328 OLG Frankfurt a.M. RRa 2013, 110; LG Frankfurt a.M. RRa 2013, 115. 329 BGH NJW 1982, 1521 (Kriminalität in Jamaika); OLG Karlsruhe RRa 1993, 39 (Überfall durch Einheimische); AG Syke RRa 1995, 152 (deutschfeindlicher Überfall); LG Frankfurt a.M. RRa 2000, 76 (Raubüberfall); AG Hamburg RRa 1999, 120 (Diebstahl des Gepäcks beim Warten auf die Abreise); AG Kleve RRa 1996, 102 (Diebstahl aus Hotelzimmer). 330 LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1993, 632. 331 AG Bad Homburg RRa 1996, 8. 332 BGH NJW 1982, 1521; OLG Celle RRa 2005, 260 ff. m. Anm. Tonner. 333 LG Frankfurt a.M. RRa 2013, 115. 321

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e) Höhere Gewalt Durch höhere Gewalt verursachte Reisemängel lösen im Vergleich zu bloßen Unannehmlichkeiten erhebliche Probleme aus. Höhere Gewalt liegt nach der allgemeinen Definition bei einem zufälligen, außerordentlichen, unverschuldet von außerhalb der betrieblich-organisatorischen Sphäre kommenden, nicht beherrschbaren und nicht vorhersehbaren Ereignis vor, das durch äußerste, nach Lage der Sache vom Betroffenen zu erwartende Sorgfalt nicht verhindert werden kann.334 Vom Grundsatz der verschuldensunabhängigen Einstandspflicht ausgehend, haftet der Reiseveranstalter auch für Reisebeeinträchtigungen, die durch höhere Gewalt verursacht werden. 335 Dies gilt für die Ansprüche gemäß §§ 651c–e BGB, wobei vor allem die Minderung berücksichtigt werden muss, denn sie tritt kraft Gesetzes ein.336 Soweit bei höherer Gewalt kein Verschulden des Reiseveranstalters vorliegt, wird eine Haftung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§ 651f I BGB) oder für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit (§ 651f II BGB) nicht ausgelöst. Diese Einstandspflicht für die durch höhere Gewalt verursachten Reisemängel besteht, solange keine der Parteien von dem Kündigungsrecht gemäß § 651j BGB Gebrauch macht. Ein solches Sonderrecht steht den Parteien zu, wenn die Intensität der Reisemängel die Reise erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt. Das Kündigungsrecht in Fällen erheblicher, auf höherer Gewalt beruhender Beeinträchtigungen gemäß § 651j BGB ist zwar gegenüber § 651e BGB, jedoch nicht gegenüber § 651c BGB, vorrangig. 337 Höhere Gewalt lässt sich schwer vom allgemeinen Lebensrisiko abgrenzen. Richtigerweise ist daher anzunehmen, dass es sich dabei um verschiedene Begriffe handelt, die getrennt betrachtet werden müssen. Beim allgemeinen Lebensrisiko ist der Reisende oder seine Beziehungen zur Umwelt, bei der höheren Gewalt dagegen die Reise an sich betroffen. 338 Dass die Differenzierung Schwierigkeiten bereitet oder gar unmöglich erscheint, verdeutlichen viele Entscheidungen der Rechtsprechung, in denen z.B. ein Wirbelsturm, der einen klassischen Fall höherer Gewalt darstellt, in der Karibik dem allgemeinen Lebensrisiko zugeordnet wird.339 334

BGH NJW 1987, 1939, 1939; NJW 2002, 2238; MünchKomm/Tonner, § 651j Rn. 7; Staudinger/J. Eckert (2003), § 651j Rn. 14; Soergel/H.W. Eckert, § 651j Rn.11; Führich, RRa 2005, 50 ff., 50; Brüning, RRa 2008, 106 ff., 106. 335 OLG Frankfurt a.M. RRa 2001, 137; LG Kleve RRa 2000, 99; MünchKomm/ Tonner, § 651c Rn. 3, 18. 336 AG Kleve RRa 2001, 96. 337 Führich, NJW 1994, 2446 ff, 2449. 338 Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 165. 339 OLG Frankfurt a.M. RRa 2001, 179; weitere Beispiele Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 165 f.

C. Grundvoraussetzungen der reisevertraglichen Ansprüche

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2. Regelung im polnischen Recht a) Allgemeine Informationen Sowohl die Pflichten des Reiseveranstalters als auch die Rechte des Reisenden wurden erst im Jahr 2000 in die Neufassung des Gesetzes aufgenommen und geben i.d.R. die entsprechenden Vorschriften der Richtlinie wieder. Aufgrund der besonderen Konstruktion der Art. 11a TourG (Schadensersatzpflicht), 16a Abs. 1 TourG (Abhilfe und Minderung) und 16a Abs. 2 TourG (Unmöglichkeit der Ersatzleistung und Kündigungsrecht) ist es umstritten, ob der Reiseveranstalter abhängig oder unabhängig vom Verschulden haftet. Die Diskussion geht teilweise auf die unterschiedlichen Ansichten zum Charakter des Reisevertrages und teilweise auf das bereits340 angeführte Problem der Zulässigkeit der den Leistungsträgern zustehenden Entlastungsmöglichkeiten zurück. Die h.M. 341 geht zu Recht von einer verschuldensunabhängigen Haftung des Reiseveranstalters aus. Beweist der Kläger den Schaden und die Kausalität zwischen dem Schaden und der Nichterfüllung oder Schlechterfüllung, wird die Haftung des Reiseveranstalters vermutet. Dieser kann sich dann der Haftung nur bei Vorliegen in bestimmten Vorschriften genannter Voraussetzungen entlasten (Art. 11a TourG bei der Schadensersatzpflicht und Art. 16a Abs. 4 TourG bei der Unmöglichkeit der Ersatzleistung). b) Höhere Gewalt Der Reiseveranstalter haftet nach dem polnischen Reiserecht nicht für höhere Gewalt. Ähnlich der Pauschalreise-Richtlinie (Art. 5 Abs. 2) führte der Gesetzgeber in Art. 11a Abs. 1 Nr. 3 TourG (allgemeine Schadensersatzhaftung) und Art. 16a Abs. 4 (Schadensersatzhaftung bei Kündigung) höhere Gewalt als eine Ausnahme von der Schadensersatzhaftung ein. Der Begriff der höheren Gewalt wird weder im TourG noch in den anderen polnischen Rechtsakten definiert. Die h.M. in der Literatur betrachtet die höhere Gewalt als ein von außen kommendes, unvorhersehbares (außerordentliches) und nicht abwendbares Ereignis (vis cui humana infirmitas resistere non potest) 342. Diese objektive Auffassung wurde von A. Exner (1919) entwickelt.343 340

S. o. Erster Teil C. III. 1. b). Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 61; ders., Umowa o podróż, S. 946; Raciborski, Jak zaplanować udany urlop?, S. 123; Cybula, O ewolucji zasad, S. 29; Gospodarek, Prawo turystyczne w zarysie, S. 225; Kuska-Żak, Odpowiedzialność organizatora turystyki, S. 123, 129; Luzak/Osajda, Odpowiedzialność za zmarnowany urlop, S. 336; Ciemiński, Naprawienie uszczerbku, S. 379; Ambrożuk/Wesołowski, Wybrane aspekty, S. 89; Wałachowska, Odszkodowanie, S. 70; Funkcjonowanie ustawy, S. 15; Górski, Z problematyki prawnej, S. 82. 342 Radwański/ Olejniczak, Zobowiązania, S. 82; Czachórski (Hrsg.), Zobowiązania. Zarys wykładu, S. 247. 341

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

Höhere Gewalt liegt insbesondere bei katastrophalen Naturereignissen und außergewöhnlichen Vorkommnissen in Form von Störungen des Soziallebens, Krieg, politischen Unruhen, Terroranschlägen oder vorübergehend nicht abwendbaren Staatsakten, wie etwa einer Grenzschließung, vor. 344 Das Ereignis kommt von außen, solange seine Ursache nicht aus der betrieblich-organisatorischen Sphäre kommt. Der Begriff Unvorhersehbarkeit ist nicht absolut zu verstehen, sondern als eine sehr geringe, nach den konkreten Umständen und der objektiven Würdigung der Situation bestehende Möglichkeit, das Ereignis vorherzusehen.345 Die Nichtabwendbarkeit bedeutet die de facto fehlende Möglichkeit, die Folgen des jeweiligen Ereignisses abzuwenden. Die Definition der höheren Gewalt in Polen und Deutschland ist enger als die in Art. 4 Abs. 6 UAbs. 2 lit. ii der Pauschalreise-Richtlinie enthaltene Legaldefinition. Unter höherer Gewalt versteht man demnach ein ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis, auf das der Reiseveranstalter keinen Einfluss hat und dessen Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können. Nach der Richtlinie ist ein von außen kommendes Ereignis, im Gegensatz zum polnischen oder deutschen Reiserecht, nicht erforderlich. Folglich ist beispielsweise der Streik des Personals eines Beförderungsunternehmens nach der Richtlinie als höhere Gewalt anzusehen, während dies nach dem polnischen Recht nicht der Fall ist.346 Mit Blick auf den Verbraucherschutz ist eine enger gehaltene Definition des Begriffs der höheren Gewalt verbraucherfreundlicher als die in der Pauschalreise-Richtlinie. Sie erweitert die Haftung des Reiseveranstalters 347 und ist gemäß Art. 8 der Pauschalreise-Richtlinie auch zulässig. Bei vis maior steht dem Reiseveranstalter die Möglichkeit offen, sich von der Schadensersatzhaftung zu befreien. Er muss jedoch nach seiner Möglichkeit eine Ersatzleistung erbringen, z.B. sollte bei einer Grenzschließung die Grenze an einem anderen Übergang überquert werden können. Darüber hinaus ist der Reiseveranstalter bei höherer Gewalt verpflichtet, dem Reisenden eine gleichwertige Beförderungsmöglichkeit anzubieten, mit der dieser zum Abreiseort oder zu einem anderen, mit ihm vereinbarten Ort zurückgelangen kann. Die Reiseveranstalter versuchen häufig, sich mittels verschiedener Klauseln von der Haftung zu befreien. So werden oft in die AGB eigene Definitionen der vis maior eingefügt, die über die allgemein anerkannte Umschreibung hinausgehen. Die haftungsentlastenden Klauseln, die über die in dem 343

Czachórski (Hrsg.), Zobowiązania. Zarys wykładu, S. 246. Czachórski (Hrsg.), Zobowiązania. Zarys wykładu, S. 247. 345 Cybula, Usługi turystyczne, S. 182. 346 Wohlgemerkt hat der BGH in seiner Entscheidung v. 21.08.2012 den Pilotenstreik als höhere Gewalt qualifiziert, BGH NJW 2013, 374. 347 Cybula, Okoliczności wyłączające odpowiedzialność organizatora, RP 2007, Nr. 2, S. 40. 344

C. Grundvoraussetzungen der reisevertraglichen Ansprüche

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TourG enthaltenen Regelungen hinausgehen, sind nach Art. 19 Abs. 1 TourG unwirksam. Der UOKiK erklärte unter anderem folgende Klausel für unzulässig: „Der Reiseveranstalter haftet nicht für die Änderung oder Nichterfüllung der Leistung, die durch höhere Gewalt oder durch eine außer Kontrolle geratene Situation verursacht wurde; Situationen wie Krieg, Revolution, Aufstand, Boykott, Putsch, Gesetzgebung, Epidemie, Vulkanausbruch, ansteckende Krankheiten oder sonstige Fälle, die in irgendeiner Weise die Durchführung der Reise gefährden könnten.“

In einem anderen Fall erklärte der SA in Warschau 348, dass technische Störungen von Transportmitteln, Wartezeiten an der Grenze oder Zollkontrollen nicht unter höhere Gewalt nach Art. 11a Abs. 1 TourG fallen. In dieser Entscheidung wurde das Urteil des SOKiK aufrechterhalten. Das Instanzgericht erklärte u.a. folgende Klausel für unzulässig: „Ereignisse und Umstände, für die der Veranstalter nicht einzustehen hat und die er trotz Anwendung gebotener Sorgfalt nicht hätte vorhersehen können (technische Störungen von Transportmitteln, Wartezeiten an der Grenze, Zollkontrollen, Wetterumstände während der Durchführung der Reise, politische Unruhen, Kriege), können nicht beanstandet werden.“ IV. Zusammenfassung Die Grundvoraussetzung für die Geltendmachung von Mängelrechten wurde in beiden Rechtsordnungen unterschiedlich geregelt. Im deutschen Recht entwickelte sich der Begriff des Reisemangels, der direkt an das Gewährleistungsrecht anknüpft und in § 651c Abs. 1 BGB geregelt wurde. Im Gegensatz zum Kauf- und Werkvertragsrecht wurde nach der Schuldrechtsreform die Differenzierung zwischen dem Fehler und dem Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft aufrechterhalten. Das polnische Reiserecht kennt keinen eigenständigen Begriff des Reisemangels. Zur Bestimmung eines Fehlverhaltens des Reiseveranstalters wird vielmehr der allgemeine, im Leistungsstörungsrecht entwickelte Begriff der Nicht- und Schlechterfüllung verwendet, der zudem der Formulierung der Pauschalreise-Richtlinie ähnelt. Nach §§ 651c-e BGB haftet der Reiseveranstalter verschuldensunabhängig. Die h.M. geht vom weiten Mangelbegriff aus, d.h. der Reiseveranstalter hat auch für Beeinträchtigungen einzustehen, die von außen auf die Reise einwirken. Im polnischen Reiserecht gibt es eine solche Differenzierung nicht. Die Nicht- oder Schlechterfüllung einer vertraglichen Pflicht des Reiseveranstalters löst bestimmte Rechte auf Seiten des Reisenden aus. Da der Veranstalter nach dem TourG verschuldensunabhängig haftet, kann er sich nur in Fällen entlasten, in denen eine bestimmte Norm dies zulässt.

348

SA Warschau, Urt. v. 27.1.2010, VI ACa 585/10, LEX Nr. 1120275.

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Erster Teil – Entwicklung der pauschalreiserechtlichen Grundlagen

Die Grenzen der Einstandspflicht sind in beiden Rechtssystemen unterschiedlich ausgestaltet. Im BGB wurden im Laufe der Zeit bestimmte Einschränkungen der weit gefassten Haftung entwickelt, z.B. für Fälle des allgemeinen Lebensrisikos oder bei bloßen Unannehmlichkeiten. Im polnischen Reiserecht ist der Ausgangspunkt immer, ob der Reiseveranstalter eine Vertragspflicht schlecht erfüllt hat. Das Problem der höheren Gewalt wird in beiden Rechtssystemen gesehen, dennoch sind die Rechte der Beteiligten in beiden Rechtsordnungen unterschiedlich ausgestaltet. Im deutschen Recht haftet der Veranstalter mangels Verschulden nicht für Schadensersatz aus § 651f BGB. Obwohl die polnische Rechtsordnung von einer verschuldensunabhängigen Schadensersatzhaftung des Reiseveranstalters ausgeht, werden diesem nur drei Entlastungsmöglichkeiten eingeräumt. Eine davon ist die höhere Gewalt. Dem Reisenden stehen ungeachtet dessen im Falle der vis maior andere Rechte zu. Im deutschen Reiserecht hat der Reisende weitere Ansprüche (Abhilfe-, Minderungsanspruch), wenn er von seinem Kündigungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Im polnischen Reiserecht muss der Reiseveranstalter ebenfalls nach Möglichkeit Abhilfe leisten. Wird die Reise wegen höherer Gewalt gekündigt, ist er verpflichtet, dem Reisenden eine gleichwertige Beförderungsmöglichkeit zu gewähren, mit welcher der Verbraucher zum Abreiseort oder zu einem anderen vereinbarten Ort zurückgelangen kann.

Zweiter Teil

Mängelrechte nach Reiseantritt Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

A. Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht A. Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht

I.

Einleitung

Die Komplexität und die Besonderheiten des Vertragsgegenstandes der Reise haben zur Folge, dass Reiseleistungen häufig nicht vertragsgemäß (d.h. mit Reisemängeln behaftet) erfüllt werden. Ist die Reise mangelhaft, sollte zunächst dem Reiseveranstalter die Möglichkeit gegeben werden, dem Reisenden eine vertragsgemäße Reiseleistung zu erbringen. Der Reisende wird i.d.R. ein Interesse daran haben, dass der Mangel möglichst schnell behoben wird, sodass er in den Genuss einer mangelfreien Reise kommt. Aus diesem Grund ist der Reisende in beiden Rechtssystemen berechtigt, von dem Reiseveranstalter Abhilfe zu verlangen. Der Abhilfeanspruch ist im deutschen BGB in § 651c Abs. 2 Satz 1 geregelt. Im polnischen Reiserecht ist er nicht ausdrücklich geregelt. Stattdessen wird er aus zwei verschiedenen Vorschriften abgeleitet: aus Art. 16b TourG und aus Art. 16a Abs. 1 TourG (Ersatzleistungsanspruch). Die Abhilferegelung schafft die Möglichkeit, die vertraglichen Leistungen zu ändern. Sie gibt dem Reiseveranstalter die Gelegenheit, die Reise angemessen zu modifizieren, falls unerwartete Umstände auftreten und die Leistung nicht vertragsgemäß erbracht werden kann. Dieses Institut soll jedoch auch die Möglichkeit des Reiseveranstalters begrenzen, das Pflichtenprogramm einseitig zu ändern. Es soll das Risiko des Missbrauchs seitens des Reiseveranstalters reduzieren. II. Allgemeine Regelung und Einordnung 1. Recht auf Abhilfe im deutschen Rechtssystem Nach § 651c Abs. 2 BGB hat der Reisende einen Anspruch auf Abhilfe, soweit die Reise nicht der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit entspricht, sie also eine zugesicherte Eigenschaft nicht aufweist oder mit Fehlern behaftet ist (§ 651c Abs. 1 BGB). Das Abhilfeverlangen des Reisenden und andere in den reisevertraglichen Normen enthaltene Erklärungen (§§ 651c Abs. 2 Satz 1, Abs. 3, 651d Abs. 2 oder § 651e Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB) dienen

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

dazu, dass der Reiseveranstalter über etwaige, bisher von ihm nicht erkannte Mängel informiert wird und ihm eine Möglichkeit gegeben wird, den Mangel zu beseitigen.1 Aus diesem Grund dient diese Regelung insbesondere den Interessen des Reisenden. Denn diesem ist gerade an einer möglichst schnellen Behebung des Mangels und dem Genuss einer mangelfreien Reise gelegen.2 Eine ordnungsgemäße und zeitnahe Abhilfe kann eine wertvolle Reise beim Vorliegen eines Mangels „retten“ und möglicherweise den Reisenden von der Geltendmachung etwaiger weiterer Ansprüche während der Reise (Selbsthilfe oder Kündigung der Reise) oder nach Beendigung der Reise (Minderung des Reisepreises oder Schadensersatzverlangen) abhalten.3 Die Abhilfe kann neben den anderen Mängelrechten geltend gemacht werden. Das Abhilfeverlangen ist streng von der Mängelanzeige nach § 651d Abs. 2 BGB zu unterscheiden. Zur Minderung des Reisepreises muss keine Abhilfe verlangt werden. Es ist ausreichend, den Mangel nur anzuzeigen. Die Wirkung der Mängelanzeige ist demnach begrenzt. Sie dient alleine der Geltendmachung des Minderungsrechts. 4 Das Abhilfeverlangen zielt zwar auf eine Mängelbeseitigung, eine Mängelanzeige ist aber mit enthalten.5 Es ist also anzunehmen, dass ein Abhilfeverlangen eine doppelte Erklärung umfasst: das Abhilfebegehren und die Mängelanzeige. Eine AGB-Klausel, die eine Verpflichtung zum Abhilfeverlangen vorsieht, ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 651m BGB unwirksam.6 Unwirksam sind ebenfalls Regelungen, nach welchen der Reisende seine Mängelansprüche verliert, wenn er keine Abhilfe verlangt,7 oder welche ihn dazu verpflichten, auf die Geltendmachung weiterer ihm zustehender Mängelrechte zu verzichten. 8 Mit dem Abhilfeverlangen begehrt der Reisende die Beseitigung des Reisemangels durch Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes oder durch die Erbringung einer gleichwertigen oder höherwertigen Ersatzleistung. 9 Der Anspruch wird als ein modifizierter Erfüllungsanspruch angesehen, 10 welcher nach der h.M. dem Nacherfüllungsanspruch im Werkvertragsrecht (§ 635 BGB) entspricht.11 1

MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 42. Soergel/H.W. Eckert, § 651c Rn. 31. 3 Vgl. Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 318. 4 Staudinger/J. Eckert (2003), § 651c Rn. 147; Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 26. 5 MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 42. 6 BGH NJW 1993, 263 f. 7 OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1986, 1172; BGH NJW 1992, 3158. 8 OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 245 f. 9 Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 25. 10 Tempel, NJW 1986, 547 ff., 547; MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 46; Soergel/H.W. Eckert, § 651c Rn. 31. 11 Vgl. Brender, Das reisevertragliche Gewährleistungsrecht, S. 160, 221, 232; Bidinger/Müller, § 651c Anm. 25; Rössler, Reisegewährleistungsrecht, S. 157. 2

A. Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht

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2. Recht auf Abhilfe im polnischen Rechtssystem a) Anspruch auf Abhilfe Das polnische Reiserecht sieht einen Abhilfeanspruch nicht ausdrücklich vor. Ein solcher ist jedoch mittelbar in Art. 16b TourG enthalten. Abs. 1 und 2 dieser Vorschrift statuieren eine Pflicht des Reisenden, Mängel anzuzeigen. Abs. 3 bis 5 räumen dem Reisenden das Recht ein, Reisemängel zu beanstanden, und regeln das weitere Verfahren bezüglich dieser Reklamation. Diese Vorschrift setzt Art. 5 Abs. 4 der Pauschalreise-Richtlinie um. Beide Regelungen weisen jedoch wesentliche Unterschiede auf. Gemäß Art. 16b Abs. 1 TourG ist der Reisende verpflichtet, eine mangelhafte Vertragserfüllung anzuzeigen, wenn er während der Reise eine solche feststellt. Die Anzeige muss unverzüglich gegenüber dem Leistungsträger und dem Reiseveranstalter erfolgen. Außerdem soll sie für die betroffene Leistungsart angemessen sein. Art. 16b Abs. 2 TourG regelt, dass der Vertrag eindeutig die Verpflichtung in dem in Abs. 1 festgelegten Ausmaß enthalten muss. Die Pauschalreise-Richtlinie sieht eine Pflicht zur Mängelanzeige bei jeder Vernachlässigung (poln. „zaniedbanie“; „Mangel“; engl. „any failure“) der Erfüllung des Vertrages vor. Diese Regelung ist klar und eindeutig gefasst. Allerdings haben die bei der Übersetzung verwendeten Begrifflichkeiten „mangelhafte Vertragserfüllung“ und „Vernachlässigung“ nicht die gleiche Bedeutung. Mit Bezug auf Art. 5 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie ist nicht nur fraglich, ob die Umsetzung in das polnische Recht ausreichend erfolgte, sondern auch, ob die Vorschrift richtig in die verschiedenen Landessprachen übersetzt wurde. Auf Deutsch heißt es in der Richtlinie „so bald wie möglich“, im Englischen “at the earliest opportunity“, im Polnischen „bei nächster Gelegenheit“. Das polnische TourG spricht dann von einer „unverzüglichen“ Anzeige. Alle diese auf den ersten Blick geringfügigen sprachlichen Abweichungen sind in der juristischen Sprache von großer Bedeutung. Aus der Pflicht zur Mängelanzeige in Verbindung mit der in Art. 6 der Richtlinie enthaltenen Abhilfeverpflichtung (gemäß der im Fall der Beanstandung des Reisenden sich der Reiseveranstalter und/oder Vermittler oder sein örtlicher Vertreter nach Kräften um geeignete Lösungen bemühen muss) ergibt sich, dass dem Reiseveranstalter die Möglichkeit gegeben werden soll, die Schlechtleistung mit geeigneten Maßnahmen zu heilen. Gleichzeitig hat der Reisende auch einen Anspruch darauf.12 Diese Pflicht greift bei allen Mängeln, nicht nur bei erheblichen. Dem Kunden steht nur das Recht auf 12 Ursprünglich regelte diese Vorschrift die Einrichtung von außergerichtlichen Schlichtungsstellen, vgl. ABl. EG 1989 C 96/8; ein solches Schlichtungsverfahren existiert in Deutschland nicht, ist aber in vielen Mitgliedstaaten (z.B. in Skandinavien, den Niederlanden und Belgien) vorgesehen.

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

Abhilfe zu. Das ergibt sich daraus, dass die Richtlinie und das TourG ein Rücktrittsrecht nur für erhebliche Mängeln vorsehen. Art. 6 der Richtlinie wurde dabei im polnischen Recht nicht umgesetzt. Jedoch ist im Wege der unionsrechtskonformen Auslegung ein Abhilfeanspruch in Art. 16b TourG hineinzulesen. b) Anspruch auf Ersatzleistung aa) Einführende Informationen Eine anschauliche Regelung des Abhilfeanspruchs in Form einer Ersatzleistung findet sich in Art. 16a TourG. Er spiegelt, ähnlich wie die anderen verbraucherschutzrechtlichen Vorschriften, die in Art. 4 Abs. 7 der Pauschalreise-Richtlinie enthaltene Regelung wider. Der deutsche Gesetzgeber verzichtete hingegen auf eine Umsetzung dieser Vorschrift, denn der Anspruch auf eine Ersatzleistung ist ersichtlich schon im Abhilfeanspruch enthalten. Nach der Abreise können verschiedene Ereignisse die vertragsgemäße Erfüllung der Reiseleistungen verhindern. Laut dem UOKiK-Bericht13 versuchen Reiseveranstalter häufig, sich das Recht vorzubehalten, das Reiseprogramm aus verschiedenen Gründen abändern zu können. Der Reiseveranstalter soll jedoch die in dem Vertrag vorgesehenen Leistungen zeit- und qualitätsgemäß erfüllen. Deswegen wurde eine Klausel, die dem Reiseveranstalter erlaubt, jederzeit die Unterkunft ohne die Zustimmung des Kunden zu ändern, als unzulässig angesehen.14 Die polnischen Reiseveranstalter versuchen dies allerdings dadurch zu umgehen, dass sie sich in ihren AGB das Recht vorbehalten, im Falle einer unbestimmten Ausnahmesituation die zu erbringende Leistung einseitig zu ändern. Betroffen sind meist Last Minute-Reisen. Solche Klauseln sind als unzulässig anzusehen, denn dem Reiseveranstalter bleibt die Entscheidung überlassen, wann eine solche Ausnahmesituation vorliegt. Beispielsweise behalten sie sich das Recht zur Umbuchung des Hotels ohne Änderung des Standards vor. Der Standard ist jedoch nicht das einzige Element, das wesentlich für eine Übernachtung ist. Wichtig ist beispielsweise auch die Lage des Hotels. Solche einseitigen Änderungen können dann dazu führen, dass der Kunde anstelle eines Hotels in der Nähe von Clubs, Restaurants und des Stadtzentrums ein Zimmer in einem Hotel bekommt, das weit von diesen Einrichtungen entfernt ist. Gemäß Art. 16a Abs. 1 TourG steht dem Reisenden ein Anspruch auf die Ersatzleistung zu, wenn nach der Abreise aus verschiedenen Gründen eine oder mehrere Leistungen, die einen erheblichen Teil des Reiseprogramms darstellen, nicht erbracht werden. Auf diese Weise soll der Verbraucher vor 13 14

UOKiK, Raport z kontroli działalności organizatorów turystyki, S. 25. SOKiK Urt. v. 20.10.2004, XVII Amc 91/03, MSiG 2005, Nr. 93, Pos. 7588.

A. Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht

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einseitigen, unbegründeten Änderungen des Vertragsgegenstands geschützt werden. Es soll auch sichergestellt werden, dass die Pauschalreise trotz erheblicher Mängel fortgeführt wird. Das Institut der Ersatzleistung schützt auch die Interessen des Reiseveranstalters. Denn in Anbetracht der Komplexität und Unvorhersehbarkeit von Ereignissen, welche die Erfüllung bestimmter Leistungen verhindern können, schafft es eine gewisse Flexibilität. Sonst müsste der Reiseveranstalter gleich mit einer Minderung des Reisepreises oder Schadensersatzansprüchen des Kunden rechnen. bb) Voraussetzungen Art. 16a Abs. 1 TourG räumt dem Reisenden einen Anspruch auf Ersatzleistung ein. Gemäß dieser Vorschrift ist der Reiseveranstalter verpflichtet, angemessene Ersatzleistungen zu erbringen (ohne Preisaufschlag für den Verbraucher), wenn er während der Reise einen erheblichen Teil der vertraglich vereinbarten Leistungen nicht erbringt. Wenn die Qualität der Ersatzleistung niedriger als die Qualität der vertraglich vereinbarten Leistung ist, ist der Kunde zur Minderung des Reisepreises berechtigt. Falls die Erfüllung der Ersatzleistung unmöglich ist oder der Kunde aus triftigen Gründen nicht zustimmt, steht dem Kunden das Recht zu, vom Vertrag zurückzutreten und zum Ort der Abreise oder an einen anderen vereinbarten Ort zurückgebracht zu werden, unter den Bedingungen, die den vertraglich vereinbarten wenigstens gleichwertig sind. Die Leistungen, die einen wesentlichen Teil des Reiseprogramms darstellen, sind in Art. 14 Abs. 2 Nr. 4 TourG aufgelistet. 15 Pflichtelemente des Reiseprogramms sind z.B.: a) das Transportmittel (Art, Charakter und Kategorie) und das genaue Datum, Abfahrts-, Ankunftszeit; b) die Unterkunft (Lage, Art und Kategorie des Hotels gemäß den Rechtsvorschriften des Ziellandes oder, falls solche nicht vorhanden sind, eine genaue Beschreibung der Hoteleinrichtung); c) Quantität und Qualität der Verpflegung; d) Besuchsprogramm und andere Dienstleistungen, die im Reisepreis enthalten sind. Obwohl Art. 16a Abs. 1 TourG nur die Leistungen behandelt, die einen wesentlichen Teil des Reiseprogramms darstellen, sollten die wesentlichen Elemente der Reise selbst, wie das Ziel, die Route und die Dauer, ebenfalls berücksichtigt werden. Der Wortlaut der Vorschrift weist darauf hin, dass Abhilfe in Form einer Ersatzleistung von dem Reiseveranstalter nur dann angeboten werden muss, wenn er Reiseleistungen, die einen wesentlichen Teil des Reiseprogramms darstellen, im Ganzen nicht erbringt. In der Litera15

UOKiK, Raport z kontroli działalności organizatorów turystyki, S. 25.

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

tur wird angenommen, dass die Pflicht zum Angebot einer Ersatzleistung nicht besteht, wenn der Reiseveranstalter die Leistung mangelhaft erfüllt oder die Nichterfüllung keine wesentlichen Bestandteile des Reiseprogramms betrifft. 16 Dieser strengen, am Wortlaut orientierten Auslegung kann m.E. nicht gefolgt werden. Die Rechte des Reisenden wären unzureichend geschützt, solange er nur dann Ersatzleistungen fordern kann, wenn der Reiseveranstalter die wesentlichen Reiseleistungen überhaupt nicht erbringt. Es muss hingegen berücksichtigt werden, dass zum einen im polnischen Recht die Unterscheidung zwischen Nichterfüllung und mangelhafter Erfüllung sehr unscharf ist und zum anderen eine Nichterfüllung gewöhnlich schon dann angenommen wird, wenn die wesentlichen Merkmale einer Leistung nicht erfüllt werden. Infolgedessen können die Schlechterfüllung oder der Verzug unter bestimmten Umständen zu einem Abhilfeanspruch berechtigen. Eine solche Situation kann beispielsweise dann vorliegen, wenn der Reisende anstatt eines Zimmers mit einem Balkon und Meerblick ein Zimmer im Keller ohne Fenster bekommt oder eine Reise nach Griechenland nicht im Flugzeug, sondern im Bus erfolgt. Folgt man hier streng dem Wortlaut der Vorschrift, muss der Reisende diese Änderung dulden und kann keine Ersatzleistung fordern. Vorzugswürdig ist hingegen, dass eine erheblich mangelhafte Erfüllung, die die wesentlichen Merkmale der Leistung betrifft, als eine Nichterfüllung betrachtet wird, die zum Anspruch auf Ersatzleistung aus Art. 16a Abs. 1 TourG berechtigt. Bei einer Verzögerung des Abflugs um einen Tag wegen einer technischen Störung am Flugzeug ist der Reiseveranstalter verpflichtet, einen Ersatztransport zu organisieren oder eine Übernachtung für die Reisenden, die auf dem Flughafen warten.17 Eine Verschiebung der Abflugzeit kann nicht als völlige Nichterfüllung der Leistung angesehen werden, fällt aber dennoch unter die Regelung des Art. 16a Abs. 1 TourG. Obiger Standpunkt wird auch durch die Auslegung der PauschalreiseRichtlinie bestätigt. Die polnische Regelung ist der Richtlinie nachgebildet, so auch Art. 16a Abs. 1 TourG dem Art. 4 Abs. 7 der Richtlinie. Der EUGesetzgeber versuchte, einheitliche Begriffe für die verschiedenen Formen der Leistungsstörung zu verwenden. In Art. 4 Abs. 7 der Richtlinie wurde auch von Nichterbringung gesprochen, obwohl der Begriff Nichterfüllung mehrmals benutzt wurde. Die Bezeichnung „Nichterbringung“ kann hier als eine Art Oberbegriff angesehen werden. Denn die Regelung ist nicht auf eine Form der Nichterfüllung, der mangelhaften Erfüllung oder des Verzugs beschränkt. Diese Auffassung wird durch den Wortlaut in lit. k des Anhangs 16

Cybula, Usługi turystyczne, S. 258. SO Breslau, Urt. v. 19.9.2013, II Ca 555/13, (zuletzt abgerufen am 24. Oktober 2015). 17

A. Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht

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bekräftigt, wonach der Reisende bestimmte Fristen für etwaige Beanstandungen wegen Nichterfüllung oder mangelhafter Erfüllung des Vertrages einhalten muss. 18 Darüber hinaus enthält Art. 16a Abs. 1 TourG Regelungen für die Situation, dass der Reiseveranstalter die vertraglich festgelegten Reiseleistungen nicht erfüllt, aber nicht ausdrücklich für den Fall, dass er nicht in der Lage ist, diese zu erfüllen. Folglich kann der Reiseveranstalter die vertraglich geschuldete Leistung auch dann nicht erbringen und muss keine unverzügliche Ersatzleistung anbieten, wenn er aus verschiedenen Gründen kein Interesse an vertragsmäßiger Erfüllung des Vertrages hat.19 Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden, da eine solche Interpretation im Widerspruch zu den Bestimmungen der Pauschalreise-Richtlinie stünde. Denn sie hätte einen niedrigeren Verbraucherschutz zur Folge. Art. 4 Abs. 7 der Richtlinie setzt fest, dass dem Reiseveranstalter das Recht zusteht, Ersatzleistungen anzubieten, wenn er feststellt, 20 dass er nicht in der Lage ist, seine Pflichten vertragsgemäß zu erfüllen. Die Pflicht zur Ersatzleistung in Art. 4 Abs. 7 UAbs. 1 der Richtlinie ist ähnlich der polnischen Umsetzung geregelt. Die Richtlinie sieht jedoch diese Pflicht erst dann vor, wenn „ein erheblicher Teil“ der Leistungen nicht erbracht werden kann. Die polnische Regelung spricht von Leistungen, die „einen wesentlichen Teil“ des Reiseprogramms darstellen. Darüber hinaus bestehen wesentliche Unterschiede in den Übersetzungen der PauschalreiseRichtlinie. Danach hat der Veranstalter in der deutschen Fassung „angemessene andere Vorkehrungen“ zu treffen, in der englischen Fassung sind „angemessene alternative Lösungen“ („suitable alternative arrangements“), in der spanischen Fassung „andere angemessene Lösungen“ („otras soluciones adecuadas“) und in der polnischen „alternative Lösungen“ („alternatywne rozwiązania“) zu finden. Daraus ergibt sich, dass im Vergleich mit den deutschen, englischen und spanischen Übersetzungen im polnischen Text das Adjektiv „angemessen“ fehlt. Es ist jedoch zu Recht in dem Gesetz über touristische Dienstleistungen enthalten. 3. Zusammenfassung Die Regelungen des Abhilfeanspruches im deutschen und polnischen Recht weisen zahlreiche Unterschiede auf. Das BGB sieht einen solchen Anspruch in § 651c Abs. 2 ausdrücklich vor, wenn die Reise nicht die vertragsgemäße Beschaffenheit hat. Diesem Recht entspricht eine Pflicht seitens des Reiseveranstalters. 18

Rössler, Reisegewährleistungsrecht, S. 83. So Cybula, Usługi turystyczne, S. 257. 20 In der polnischen Übersetzung wird der Begriff vorhersehen statt feststellen benutzt. Dieser Unterschied ist m.E. von nicht geringer Bedeutung. 19

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

Das polnische Reiserecht kennt ein allgemeines Abhilferecht hingegen nicht. Obwohl die Pauschalreise-Richtlinie eine solche Institution in Art. 6 vorsieht, wurde sie nicht korrekt in das polnische Recht umgesetzt. Es wird jedoch im Wege der unionsrechtskonformen Auslegung aus Art. 16b TourG herausgelesen. Außerdem hat der Reisende aufgrund der in Art. 16a TourG statuierten Nacherfüllungspflicht des Reiseveranstalters ein Recht auf Ersatzleistung bei Nichterfüllung von Leistungen, die einen wesentlichen Teil des Reiseprogramms darstellen. Demgemäß weist das deutsche Reiserecht mit Blick auf den Abhilfeanspruch ein höheres Verbraucherschutzniveau auf. Dem Reisenden standen die Gewährleistungsansprüche, darunter das Recht auf Abhilfe, bereits vor dem Erlass der Richtlinie zu. Die Vorschriften mussten daher kaum angepasst werden.21 Die Rechte des Reisenden werden nach dem deutschen Recht besser geschützt. Denn diesem wird ein ausdrückliches Recht auf Abhilfe bei jedem Mangel eingeräumt. Aus der wörtlichen Auslegung des polnischen Gesetzes ergibt sich etwas anderes. Dem Reisenden steht ein Anspruch auf Ersatzleistung nur beim Fehlen von Reiseleistungen zu, die einen wesentlichen Teil des Reiseprogramms darstellen. III. Begriff und Formen der Abhilfe 1. Regelung im deutschen Recht a) Begriff der Abhilfe Abhilfe bedeutet Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes der Reiseleistung22 im Sinne einer auf Verlangen des Reisenden erfolgten Nacherfüllung der vertraglich geschuldeten Reiseleistung. Wenn das Abhilfeverlangen berechtigt ist, kann ihm durch Mängelbeseitigung, also entweder durch Abstellen der Störung (Nachbesserung) oder durch Erbringung einer anderen als der vertraglich geschuldeten Leistung (Ersatzleistung), nachgekommen werden. Entsprechend der oben genannten Differenzierung wurden durch Tempel23 und das LG Frankfurt24 zwei Arten der Abhilfe, nämlich eine „eigentliche“ und eine „erweiterte“ Abhilfe, geschaffen. Die erste Art besteht in der Beseitigung des Reisemangels, indem die ursprüngliche Leistung vertragsgemäß erbracht wird. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Reisender, der ein Zimmer mit Meerblick gebucht hat, dann jedoch stattdessen ein Zimmer zum 21

Führich, EuZW 1993, 347 ff., 350. S.a. Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 318; Rössler, Reisegewährleistungsrecht, S. 157. 23 Tempel, NJW 1986, 547 ff., 555; so auch Pick, Reiserecht, § 651c Rn. 78; Seyderhelm, Reiserecht, § 651c Rn. 93. 24 LG Frankfurt NJW 1983, 2884; NJW 1985, 1474. 22

A. Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht

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Innenhof bekommt, auf sein Abhilfeverlangen hin doch das gewünschte Zimmer mit Meerblick erhält. Oder wenn in einem Zimmer ein defekter Wasserhahn repariert wird, nachdem der Kunde um Reparatur gebeten/Abhilfe gefordert hat. Eine „erweiterte“ Abhilfe liegt hingegen vor, wenn die vertraglich geschuldete Reiseleistung nicht erbracht werden kann und stattdessen eine Ersatzleistung angeboten wird, mit welcher der Mangel beseitigt wird. Aus der Sicht der h.M.25 ist eine solche Differenzierung abzulehnen, da das Gesetz eine solche Unterscheidung nicht kennt und vielmehr einen einheitlichen Abhilfeanspruch regelt. Diese Unterscheidung ist jedoch zu befürworten, da sie verdeutlicht, welche Wege zur Beseitigung eines Mangels zur Verfügung stehen.26 Der Reiseveranstalter kann wählen, wie er den Mangel beseitigt, um dem Erfüllungsinteresse des Reisenden am besten zu entsprechen. Bei der Entscheidung sollen alle Umstände berücksichtigt werden, insbesondere wie der Nutzen der Reise gefördert werden kann. I.d.R. wird dies durch die Herbeiführung der versprochenen Leistung geschehen. Unter Umständen kann aber eine Ersatzleistung den Mangel besser beseitigen. 27 Die Beweislast für die Zumutbarkeit des Abhilfeangebots und seine Gleichwertigkeit trifft den Reiseveranstalter.28 Bei Ersatzunterkünften wird er i.d.R. versuchen, diese durch einen Vergleich der Hotelbeschreibungen des gebuchten Hotels und des Hotels, das dem Reisenden stattdessen angeboten wurde, zu beweisen.29 b) Vollständige Abhilfe Die vollständige Abhilfeleistung unterliegt strengen Anforderungen, gemäß denen sie unverzüglich, zumutbar und kostenfrei erfolgen muss. 30 Die Unverzüglichkeit der Abhilfe spielt wegen des zeitlich begrenzten Charakters von Reisen und ihrer zeitlichen Begrenzung eine unerlässliche Rolle. Denn eine zeitnahe Beseitigung des Mangels ist im Interesse des Reisenden. Diesem Ziel dient auch die Fristsetzung nach § 651c Abs. 3 BGB. 31 Denn eine verspätete Abhilfe wird i.d.R. nicht mehr zumutbar sein und der Reisende kann vorher zur Selbsthilfe greifen.

25 Vgl. Führich, Reiserecht, Rn. 275, S. 247; Brender, Das reisevertragliche Gewährleistungsrecht, S. 159 f. 26 Vgl. Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 324. 27 MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 46. 28 LG Kleve RRa 1996, 197; AG Bad Homburg NJW-RR 2003, 1140; a.A. AG Bonn RRa 1996, 221. 29 Seyderhelm, Reiserecht, § 651c Rn. 84. 30 Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 327. 31 Tempel, RRa 1997, 68.

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

Weiterhin muss die Abhilfe für die durch den Mangel berührte Reiseleistung angemessen sein. Sie muss also mindestens der vertraglich geschuldeten Leistung gleichwertig sein, den Mangel vollständig beseitigen 32 und dem konkreten Reisenden zumutbar sein. Die Angemessenheit soll immer nach den gesamten Umständen des konkreten Falles beurteilt werden. Die Abhilfe ist eine Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Reisevertrag und erfolgt grundsätzlich kostenlos. 33 Der Reisende hat bereits den Reisepreis bezahlt, sodass der Reiseveranstalter keinen Aufpreis fordern kann und die Kosten für die Abhilfe entsprechend § 439 Abs. 2 BGB (inklusive etwaiger Mehrkosten) trägt.34 Falls ein Aufpreis vom Reisenden gezahlt wurde, kann dieser nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zurückverlangt werden.35 c) Abhilfe durch Ersatzleistung Die meisten Mängel werden grundsätzlich durch die erweiterte Abhilfe – also durch Ersatzleistung – beseitigt (z.B. Unterbringung in einem anderen Hotel, Wechsel vom Linienflug zum Charterflug, Wechsel der Fluggesellschaft, Taxi statt Bus-Transport). Die angebotene Leistung muss jedoch sowohl gleichwertig oder besser, als auch dem Reisenden subjektiv und objektiv zumutbar sein. Das Institut der Abhilfe durch Ersatzleistung legitimiert sich dadurch, dass, obwohl alle Leistungen individuell im Vertrag vereinbart wurden, der Abhilfeanspruch seit der Schuldrechtsreform dem Nacherfüllungsanspruch aus § 635 BGB n.F. ähnlich ist und dass die einzelnen Leistungen eine zur Gattungsschuld vergleichbare Leistungsschuld darstellen.36 Zu beachten ist, dass nicht nur der Reiseveranstalter eine Pflicht zur Abhilfe auf Verlangen des Reisenden hat, sondern der Reisende auch zur Annahme der Abhilfeleistung verpflichtet ist. Er ist dazu verpflichtet, dem Reiseveranstalter die Abhilfeleistung zu ermöglichen. Er kann also nicht gleich zur Selbsthilfe greifen, außer dort, wo eine sofortige Abhilfe nötig ist. 37 Damit eine Pflicht zur Annahme der Ersatzleistung besteht, muss diese bestimmte Voraussetzungen erfüllen (wie Gleichwertigkeit, Zumutbarkeit der Ersatzleistung, keine Änderung des Gesamtzuschnitts der Reise). 32 33

Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 35. Palandt/Sprau, § 651c Rn. 4; vgl. näher Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 329–

331.

34

Führich, Reiserecht, Rn. 273, S. 245; a.A. Bernreuther: Aufpreis bei Mehrkosten möglich, wenn der Reisende wegen Überbuchung eine höherwertige Leistung bekommt, Bernreuther, Die Pauschalreise, S. 79. 35 AG Baden-Baden RRa 2006, 43. 36 Schlotmann, Reisevertragsgesetz, S. 81; Führich, Reiserecht, Rn. 268, S. 238; krit. Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 332. 37 LG Kleve RRa 2003, 118.

A. Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht

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Die Ersatzleistung muss mindestens gleichwertig sein. Die Gleichwertigkeit muss unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsreisenden beurteilt werden. 38 Der BGH führte dabei im Malediven-Urteil 39 ein subjektives Kriterium ein. Bei der Beurteilung müssen die Perspektive und die persönlichen Gründe des konkreten Reisenden miteinbezogen werden. Im erwähnten Fall buchten die Kläger eine Reise auf eine Insel, die sehr gute Tauchmöglichkeiten anbot. Statt auf der vereinbarten Insel waren sie auf einer anderen Insel untergebracht, die die gewünschten Bedingungen für den Tauchurlaub nicht erfüllte. Nach Meinung des BGH war die Ersatzunterkunft hier unzumutbar. Sichert der Reiseveranstalter eine Eigenschaft zu, muss die Zumutbarkeit ebenfalls nach subjektiven Kriterien bestimmt werden. Eine solche Zusicherung bedeutet eine Garantie dafür, dass eine bestimmte Leistung erbracht wird. 40 Eine Änderung der vorher zugesicherten Fluggesellschaft stellt einen Mangel dar41, sie ist nämlich i.d.R. als eine unzumutbare Ersatzleistung anzusehen.42 Zu Recht wird die Unzumutbarkeit einer Ersatzunterkunft in dem Fall angenommen, wo zwei befreundete Familien ein Hotel buchten, um gemeinsam den Urlaub zu verbringen, und später eine Familie in einem anderen gleichwertigen Hotel untergebracht wurde. 43 Die Gleichwertigkeit des Hotels ist nicht das einzige Merkmal, das für die Zumutbarkeit der Ersatzleistung von Bedeutung ist. Vielmehr müssen die Umstände des Einzelfalles und die persönlichen Präferenzen des Reisenden in Betracht gezogen werden. In dem erwähnten Fall war für die Reisenden von Bedeutung, in demselben Hotel wie die andere Familie untergebracht zu werden. Eine Ersatzreise ist auch als unzumutbar anzusehen, wenn unter den Reisenden schulpflichtige Kinder sind und die neue Reise während der Schulzeit beginnt.44 Kleinere Abweichungen der Ersatzleistung von der geschuldeten Leistung, die mit bloßen Unannehmlichkeiten vergleichbar sind, müssen hingenommen werden.45 Die Ersatzleistung darf auf keinen Fall den Gesamtcharakter der Reise (z.B. Tauchurlaub46) verändern.47 Falls jedoch die Ersatzleistung Män38

MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 49; Führich, Reiserecht, Rn. 270, S. 240. BGH NJW 2005, 1047. 40 Schmid, RRa 2001, 117 f., 117. 41 LG Frankfurt a.M. NJW 1991, 877; Schmid, BB 1986, 1453 ff., 1453; Schmid/Sonnen, NJW 1992, 464 ff., 464. 42 Führich, RRa 1996, 76 ff., 76; Tonner/Lindner, VuR 1996, 249 ff., 249; LG Köln NJW-RR 2000, 786; Schmid, RRa 2001, 117 f., 117; a.A. LG Bonn NJW-RR 2002, 639. 43 Schmid RRa 2003, 114 ff., 115; Juris Praxiskommentar/Keller § 651c Rn. 98; a.A. LG Duisburg RRa 2003, 114. 44 AG Köln RRa 2013, 279. 45 MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 47. 46 BGH NJW 2005, 1047. 47 Soergel/H.W. Eckert, § 651c Rn. 33. 39

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

gel aufweist, kann der Reisende die Annahme der Abhilfe ablehnen und, sofern die Voraussetzungen des § 651e BGB erfüllt sind, kündigen oder den Preis nach Reiseende nach § 651d BGB mindern.48 Eine gleichwertige, zumutbare Abhilfe ist vom Reisenden anzunehmen. Falls er sie ablehnt, verliert er seine weiteren Gewährleistungsrechte (Selbstabhilfe nach § 651c Abs. 2 BGB, Minderung nach § 651d BGB, Kündigung nach § 651e BGB und Schadensersatzleistung nach § 651f BGB). Der Reiseveranstalter, der die den strengen Voraussetzungen unterliegende Abhilfe leistet, ist ab dem Moment, in dem der Reisende die Abhilfe nicht annimmt, von seiner Gewährleistungspflicht befreit. 49 2. Regelung im polnischen Recht a) Abhilfe durch Nachbesserung Wie schon zuvor erwähnt wurde, existiert im polnischen Reiserecht keine ausdrückliche Regelung des Abhilfeanspruches. Trotzdem folgt er aus der unionsrechtskonformen Auslegung des Art. 16b TourG. Nach der Mängelanzeige des Kunden soll sich der Reiseveranstalter selbstverständlich zuerst bemühen, die Leistung vertragsgemäß zu erbringen. Es wird auch oft der Fall sein, dass aus verschiedenen Gründen die vertraglich versprochene mit der tatsächlich angebotenen Leistung nicht übereinstimmt und der Mangel dann durch eine Nachbesserung beseitigt wird. Das Fehlen einer allgemeinen Regelung senkt das Verbraucherschutzniveau erheblich. Der Kunde kann Abhilfe verlangen, aber es wurde keine gesetzliche Pflicht des Reiseveranstalters zur Abhilfe festgelegt. Wenn der Reiseveranstalter einen einfachen Mangel nicht beseitigt, kann der Reisende nur die Reisepreisminderung verlangen und Entschädigungsansprüche nach dem Ende der Reise geltend machen. Ein Anspruch auf Ersatzleistung besteht nur bei erheblichen Mängeln. b) Ersatzleistung – Begriff und Qualität Das polnische Rechtssystem nennt ausdrücklich nur eine Form der Abhilfe – die Ersatzleistung. Diese Ersatzleistung entspricht der auf Tempel 50 zurückgehenden „erweiterten“ Abhilfe. Wenn die vertragsgemäße Leistung nicht erbracht wird, soll dieser Mangel durch eine Ersatzleistung beseitigt werden. Es bleibt völlig dem Reiseveranstalter überlassen, welche Leistung er zum Ersatz der bisherigen Leistung wählt. Da die Ersatzleistung nicht als Alternativobligation i.S.d. Art. 365 § 3 ZGB qualifiziert werden kann, ist der Kunde

48

LG Frankfurt NJW-RR 1995, 1521; AG Duisburg RRa 2003, 75. Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 325. 50 Tempel, NJW 1986, 547 ff., 555. 49

A. Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht

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nicht dazu berechtigt, eine Frist für die Wahl der Leistung zu setzen, sodass nach deren erfolglosem Ablauf das Wahlrecht auf ihn übergeht.51 Der Gesetzgeber wiederholt in Art. 16a Abs. 1 TourG nicht die in Art. 14 Abs. 6 Pkt. 1 TourG enthaltene Regelung, wonach die Ersatzleistung „von gleichwertigem oder höherem Standard“ sein muss. Er spricht in Art. 16a Abs. 1 TourG von einer „angemessenen“ Ersatzleistung. Diese Regelung ist grundsätzlich zu bejahen, denn eine gleich- oder höherwertige Ersatzleistung muss nicht immer „angemessen“ sein. Die Ersatzleistung soll dem Reisenden erlauben, die Reise weiterhin zu genießen, wobei nicht der Wert, sondern die allgemeinen Umstände (Art der Reise, persönliche Wünsche des Reisenden etc.) von Bedeutung sein sollen. Wenn jedoch eine angemessene Ersatzleistung von niedriger Qualität ist, kann der Kunde den Reisepreis mindern. Hier besteht wieder ein Unterschied zwischen dieser Regelung und den Bestimmungen der PauschalreiseRichtlinie. Gemäß der Richtlinie muss der Reiseveranstalter dem Verbraucher in einer solchen Situation eine Entschädigung zahlen. Nach der polnischen Regelung muss hingegen der Kunde den Minderungsanspruch geltend machen. Wohlgemerkt spricht die Pauschalreise-Richtlinie von einer Entschädigung, das polnische Gesetz jedoch von einem Minderungsanspruch. Der Unterschied liegt darin, dass die Entschädigung höher als der Reisepreis sein kann, die Minderung jedoch maximal die Höhe des Reisepreises beträgt. Laut Art. 16a Abs. 1 TourG können drei Fälle unterschieden werden. Wenn die Ersatzleistung niedrigere Qualität als die vertraglich vereinbarte Leistung aufweist, kann der Kunde die Reisepreisminderung verlangen. Wenn sie von gleichwertiger oder höherer Qualität ist, kommt es zur vertragsgemäßen Erfüllung der Reiseleistung und der Reiseveranstalter haftet gegenüber dem Kunden nicht. Der Kunde muss auch keinen Preisaufschlag bezahlen (so auch Art. 4 Abs. 7 der Pauschalreise-Richtlinie). Wenn das Anbieten der Ersatzleistung unmöglich ist, hat der Kunde (mit bestimmten Ausnahmen) einen Anspruch auf Entschädigung wegen Nichterfüllung des Vertrages. c) Gattung der Ersatzleistung Nach dem Wortlaut des Art. 16a Abs. 1 TourG muss die Ersatzleistung „angemessen“ sein. Die Ersatzleistung sollte einen Ersatz – also ein Äquivalent – der primär angebotenen Leistung darstellen. Es wird zu Recht die Auffassung vertreten, dass sie nicht zwingend von derselben Art wie die im Vertrag vorgesehene Leistung sein muss. 52 Es kann nachvollziehbar sein, dass der Reiseveranstalter statt einer Verpflegung zusätzliche tägliche Ausflüge anbietet. 51

Cybula, Usługi turystyczne, S. 257. Wieszczycka, Prawo konsumenckie w turystyce, S. 29; Cybula, Usługi turystyczne, S. 256. 52

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

Der Kunde muss einer solchen Änderung nicht zustimmen, wenn er triftige Gründe für die Verweigerung hat. Im Normalfall wird jedoch die Ersatzleistung derselben Gattung wie die „ersetzte“ Leistung angehören. Das liegt daran, dass letztere einen wesentlichen Teil des Reiseprogramms darstellen muss. In der Regel wird dies die Unterkunft oder den Transport betreffen. Diese Leistungen können nur durch Leistungen derselben Art ersetzt werden. Eine Übernachtung in einem überbuchten Hotel kann gegen ein Zimmer in einem anderen Hotel getauscht werden. Das Zimmer muss jedoch dieselbe Qualität besitzen, d.h. nicht nur denselben Standard haben, sondern auch eine vergleichbare Lage. Ein Hotel gleichen Standards, das am Strand liegt, ist nicht mit einem Hotel äquivalent, das sich im Zentrum befindet. Die Reisenden können unterschiedliche Erwartungen haben, u.a. bezüglich Lärms, Nähe zum Strand oder zum Stadtzentrum etc. Wenn die Lage des Hotels sich erheblich unterscheidet, kann eine solche Ersatzleistung nicht qualitativ angemessen sein. 3. Zusammenfassung Beide Rechtsordnungen sehen zwei Abhilfemöglichkeiten vor, nämlich die Nachbesserung in Form des Abstellens der Störung und die Ersatzleistung, wenn die Leistung in der geschuldeten Form nicht erbracht werden kann. Diese Begriffe werden in Deutschland und in Polen ähnlich verstanden. Die Ersatzleistung als Form der Abhilfe kommt nach der deutschen Regelung stets in Betracht. Der Reiseveranstalter ist zur Anwendung dieser Form zur Beseitigung des Mangels berechtigt. Nach dem polnischen Recht ist der Reiseveranstalter zur Erbringung einer Ersatzleistung erst dann verpflichtet, wenn er solche Leistungen, die einen wesentlichen Teil des Reiseprogramms darstellen, nicht erbringt. In beiden Rechtsordnungen muss die Ersatzleistung angemessen und ohne Aufpreis erfolgen. Gemäß der deutschen Rechtslehre soll sie der vertraglich vereinbarten Reiseleistung mindestens gleichwertig sein. Nach polnischem Recht kann sie von geringerer Qualität sein, aber der Kunde ist in dieser Situation zur Reisepreisminderung berechtigt. Die Ersatzleistung muss in Deutschland zusätzlich zumutbar sein. Wenn sie nicht zumutbar ist, kann der Reisende den Vertrag kündigen. Im polnischen Recht kann der Kunde dann kündigen, wenn die mangelhafte Leistung einen wesentlichen Teil des Reiseprogramms darstellte und die Ablehnung der angebotenen Ersatzleistung aus triftigen Gründen erfolgte. Die Regelung des Abhilferechts in Deutschland gewährleistet ein höheres Verbraucherschutzniveau im Fall eines Reisemangels als das polnische Reiserecht.

A. Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht

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IV. Form, Inhalt und Adressat des Abhilfeverlangens 1. Regelung im deutschen Rechtssystem a) Form und Inhalt Das Abhilfeverlangen ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung und stellt eine nicht lediglich geschäftsähnliche Handlung dar.53 Eine besondere Form ist nicht vorgesehen. Die Einhaltung der Schriftform kann auch nicht in AGB vorgeschrieben werden. Eine solche Klausel ist alleine zu Beweiszwecken zulässig. Eine abweichende Regelung ist gemäß § 651m BGB unwirksam. Auch ein Minderjähriger kann wirksam Abhilfe verlangen.54 Der Inhalt der Erklärung muss einen erkennbaren Hinweis darauf enthalten, dass der Reisende mit dem bestehenden Zustand bestimmter Reiseleistungen nicht zufrieden ist, dass er dies nicht hinnehmen will und eine vertragsgemäße Erfüllung verlangt.55 Richtigerweise ist eine ausdrückliche Erklärung des Abhilfebegehrens nicht nötig, denn eine eindeutige Rüge der vertragswidrigen Leistung lässt nicht nur die Unzufriedenheit des Reisenden bezüglich des Reisemangels erkennen, sondern auch, dass er eine Verbesserung dieses unbefriedigenden Zustands verlangt. 56 In der Erklärung soll dem Reiseveranstalter jedoch die Möglichkeit gegeben werden, den Reisenden mit Namen und Buchungsnummer zu identifizieren.57 Der Reisende braucht nach § 651c Abs. 2 Satz 1 BGB auch keine Frist zu setzen, um den Abhilfeanspruch geltend zu machen. Eine solche Nachfrist ist lediglich für die Selbstabhilfe erforderlich (§ 651c Abs. 3 BGB). b) Zuständiger Adressat Für ein rechtmäßiges Abhilfeverlangen muss eine ordnungsgemäße Abgabe der notwendigen Erklärung erfolgen. Das Gesetz sieht den Vertragspartner – also den Reiseveranstalter – als den zuständigen Adressaten für die Entgegennahme der Erklärungen an.58 Angesichts des spezifischen Charakters von Reisen, die i.d.R. im Ausland durchgeführt werden, bereitet die Zuständigkeit 53 MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 43; Führich, Reiserecht, Rn. 265, S. 245; Soergel/H.W. Eckert, § 651c Rn. 31; Erman/Schmid, § 651c Rn. 34; a.A. Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 25; Rössler, Reisegewährleistungsrecht, S. 157. 54 AG München RRa 1997, 20, 21 (Zulässigkeit des Abhilfeverlangens eines Minderjährigen); aber AG Bielefeld RRa 1999, 156 (Entbehrlichkeit des Abhilfeverlangens eines Minderjährigen). 55 Führich, Reiserecht, Rn. 265, S. 245. 56 Vgl. LG Frankfurt a.M. RRa 2013, 14 (Rüge der vertragswidrigen Unterbringung ist als Abhilfeverlangen auszulegen). 57 AG Düsseldorf RRa 2004, 71. 58 So auch Tempel, NJW 1986, 547 ff., 549; Soergel/H.W. Eckert, § 651c Rn. 31; Führich, Reiserecht, Rn. 266, S. 236.

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

und Erreichbarkeit solcher Vertreter bzw. Empfangspersonen zahlreiche Probleme. Der Empfänger soll eine Person sein, die aus der Organisationssphäre des Reiseveranstalters kommt. 59 Da er selten persönlich vor Ort auftritt, wird hier meistens ein Reiseleiter bzw. Vertreter in Betracht kommen.60 Diesbezüglich hat der Reiseveranstalter vor dem Reiseeintritt eine Informationspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 BGB-InfoV insbesondere dazu, wer am Urlaubsort für die Entgegennahme der Erklärungen zuständig ist und wie genau diese Person zu erreichen ist (Name, Anschrift, Telefonnummer usw. 61). Zu den Pflichten des Reiseveranstalters gehört es, sicherzustellen, dass ein Reiseleiter während der Reise vor Ort ist und für Beanstandungen, die Organisation der Abhilfe usw. 62 zuständig ist. Wenn mehrere Reiseleiter zur Verfügung stehen, muss für den Kunden erkennbar sein, welcher zuständig ist. Etwaige Unklarheiten über die interne Hierarchie gehen zu Lasten des Reiseveranstalters. 63 Das Fehlen einer Reiseleitung wird als eine Verletzung der Organisationspflicht des Reiseveranstalters angesehen, in deren Folge der Kunde Schadensersatz verlangen kann. Da der Adressat aus der Organisationssphäre des Reiseveranstalters kommen soll, ist ein Leistungsträger grundsätzlich nicht als Erklärungsempfänger oder Empfangsbote anzusehen.64 Dem ist zuzustimmen, denn es ist gerade die Funktion der Erklärung, den Reiseveranstalter über ein Fehlverhalten der Leistungsträger zu informieren, welches ihm bisher nicht bekannt war. Die Aufsicht des Reiseveranstalters über seine Erfüllungsgehilfen ist nämlich angesichts der spezifischen Verhältnisse ihrer Zusammenarbeit und des spezifischen Charakters des Pauschaltourismus deutlich erschwert. Der Leistungsträger kann jedoch vom Reiseveranstalter zur Entgegennahme von Erklärungen der Reisenden in AGB oder im Vertrag, sowohl ausdrücklich (z.B. mündlich) als auch konkludent, durch den Reiseleiter während der Reise bevollmächtigt worden sein.65 Manchmal reicht nur der Anschein der engen Zusammenarbeit zwischen der Reiseleitung und der Hotelleitung, um eine Hotelquittung oder einen Fax-Sendebericht als ausreichenden Nachweis des Abhilfeverlangens anzuerkennen.66 Falls kein Vertreter oder Reise59

Tempel, NJW 1986, 547 ff., 549. H.M. MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 43; Soergel/H.W. Eckert, § 651c Rn. 32; Führich, Reiserecht, Rn. 266, S. 236; Bamberger/Roth/Geib, § 651c Rn. 43. 61 Ausf. Tempel, NJW 1986, 547 ff., 549 f. 62 Führich, Reiserecht, Rn. 266, S. 236. 63 Tempel, NJW 1986, 547 ff., 549. 64 Soergel/H.W. Eckert, § 651c Rn. 32; MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 43; Führich, Reiserecht, Rn. 266, S. 237; OLG Koblenz RRa 2010, 2. 65 Bernreuther, DAR 1985, 51ff., 52; MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 43; AG Hamburg RRa 2002, 77. 66 AG Hamburg-Altona RRa 2000, 185. 60

A. Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht

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leiter vorhanden ist oder keine Möglichkeit besteht, ihn zu erreichen, kann die Abhilfe ausnahmsweise vom Leistungsträger verlangt werden und der Reiseveranstalter muss dies gegen sich gelten lassen. 67 2. Regelung im polnischen Rechtssystem a) Mängelanzeige und Beanstandungsschreiben Gemäß Art. 16b Abs. 1 TourG soll der Kunde in jedem Fall der mangelhaften Erfüllung des Vertrages den Leistungsträger und den Reiseveranstalter unverzüglich benachrichtigen. Diese Pflicht soll dem Vertrag innewohnen (Art. 16b Abs. 2 TourG). Diese Mängelanzeige hat die Unzufriedenheit des Kunden zum Inhalt und dient dazu, dem Reiseveranstalter die Möglichkeit zu geben, den Mangel zu beseitigen. Mit dieser Pflicht zur Mängelanzeige ist nach derzeitiger Rechtslage keine ausdrückliche Pflicht des Reiseveranstalters zur Abhilfe verbunden. Solch eine Pflicht sollte jedoch aus der richtlinienkonformen Auslegung der reisevertraglichen Vorschriften hergeleitet werden. In Art. 16b Abs. 3–5 TourG ist das Beanstandungsverfahren geregelt. Außer der oben erwähnten Mängelanzeige ist der Reisende berechtigt, eine Beanstandung während der Reise oder bis zu 30 Tagen nach dem Reiseende einzureichen. Diese Reklamation sollte die Mängel und diesbezügliche Forderungen des Reisenden nennen. Obwohl das Beanstandungsschreiben generell der Geltendmachung anderer reiserechtlicher Ansprüche – wie des Minderungsanspruchs oder Entschädigungsanspruchs – dient, weist seine Konstruktion darauf hin (insbesondere, weil die Beanstandung noch während der Reise eingereicht werden kann), dass in dieser Form auch die Abhilfe verlangt werden kann. In der Beanstandung kann die Abhilfe oder Ersatzleistung gefordert werden, unter dem Vorbehalt, dass ihre Nichterfüllung die Auslösung von anderen Ansprüchen zur Folge hat. Diese Vorschriften dienen der Umsetzung des Art. 5 Abs. 4 der Pauschalreise-Richtlinie. Die Auslegung des nicht in das polnische Recht umgesetzten Art. 6 der Pauschalreise-Richtlinie, der sich gleich nach der Beanstandungsregelung befindet und der den Reiseveranstalter zur Unternehmung von geeigneten Lösungen im Falle einer Beanstandung verpflichtet, bestätigt, dass eine Beanstandung unter Umständen als Abhilfeverlangen betrachtet werden kann. Gemäß Art. 16b Abs. 1 TourG ist der Reisende zur Mängelanzeige verpflichtet. Auf diese Pflicht muss im Vertrag klar und eindeutig hingewiesen werden (Art. 16b Abs. 2 TourG). Die Nichterfüllung dieses Erfordernisses 67

LG Duisburg RRa 2006, 113; Soergel/H.W. Eckert, § 651c Rn. 34; Bamberger/Roth/Geib, § 651c Rn. 43; LG Duisburg 2006, 113; a.A. Jauernig/Teichmann, § 651c Rn. 4; a.A. Weller, MDR 2009, 1378 ff., 1378 f.

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

kann negative Konsequenzen für den Reisenden haben. Diese Konsequenzen, wie beispielsweise ein Haftungsausschluss oder eine Haftungsbegrenzung, können jedoch vom Reiseveranstalter selbst im Vertrag bzw. in den AGB nicht vorgesehen werden.68 Die Mängelanzeige dient Beweiszwecken und ist sehr hilfreich bei etwaigen Rechtsstreitigkeiten. Im Fall des Reiseprozesses trifft die Beweislast gemäß der im Art. 6 ZGB enthaltenen allgemeinen Regel denjenigen, der aus der zu beweisenden Tatsache für sich günstige Rechtsfolgen ableitet. Der Schaden muss also vom Reisenden bewiesen werden. Außerdem kann ein Versäumnis der Mängelanzeige zur Erhöhung des Schadensumfangs führen. In dieser Situation kann die Entschädigung gemäß Art. 362 ZGB69 verhältnismäßig verringert werden, wenn der Reisende durch Unterlassung der Mängelanzeige den Schaden vermehrt.70 b) Form und Inhalt Die Mängelanzeige und das Beanstandungsschreiben stellen eine empfangsbedürftige Willenserklärung dar. Gemäß Art. 16b Abs. 1 TourG soll die Mängelanzeige unverzüglich und der Leistungsart angemessen erfolgen. Nach Art. 5 Abs. 4 UAbs. 1 der Pauschalreise-Richtlinie muss der Verbraucher jeden Mangel bei der Vertragserfüllung, welcher an Ort und Stelle bemerkt wird, so bald wie möglich schriftlich oder in einer anderen geeigneten Form dem Reiseveranstalter und/oder dem Vermittler mitteilen. „Unverzüglich“ kann nicht mit „sofort“ gleichgesetzt werden. „Unverzüglich“ ist eine Angabe, die die zeitlichen und örtlichen Umstände berücksichtigen soll. 71 Wenn der Reisende sich beispielsweise in einer Wüste befindet und keine Möglichkeit hat, den Mangel persönlich, per Telefon, E-Mail, Schreiben etc. anzuzeigen, so kann er seine Verpflichtung bei nächster Gelegenheit erfüllen. Dies entspricht der in der Pauschalreise-Richtlinie enthaltenen Formulierung „so bald wie möglich“. Die Mängelanzeige soll der Leistungsart angemessen, d.h. mündlich oder schriftlich geschehen. In der Regel reicht eine mündliche Anzeige, die an den Leistungsträger und Reiseveranstalter gerichtet wird.72 Eine in AGB enthaltene Klausel, laut der die Mängelanzeige der Schriftform bedarf, ist gemäß Art. 3853 Nr. 21 ZGB unzulässig. Denn diese Obliegenheit würde die Haftung des Reiseveranstalters von übermäßig strengen Formalitäten abhängig machen. 68

UOKiK, Raport z kontroli działalności organizatorów turystyki, S.16. „Hat der Geschädigte an der Entstehung oder Vergrößerung mitgewirkt, so wird die Schadensersatzpflicht den Umständen und insbesondere dem Grad des Verschuldens beider Seiten entsprechend verringert.“ 70 Cybula, Usługi turystyczne, S. 263. 71 SN, Urt. v. 30.06.2011, III CSK 282/10, LEX Nr. 898707. 72 Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 81. 69

A. Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht

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c) Zuständiger Adressat Die Mängelanzeige soll gemäß Art. 16b Abs. 1 TourG gegenüber zwei Subjekten – dem Leistungsträger und dem Reiseveranstalter – erfolgen. Im Normalfall genügt es, den Mangel der Person, die in dem Unternehmenslokal des Leistungsträgers tätig ist, anzuzeigen. Die Angemessenheit der Mängelanzeige soll immer nach den Umständen des konkreten Falles beurteilt werden. Wenn der Mangel beispielsweise mit dem Hotelzimmer zusammenhängt, dann soll er dem Hotelportier und dem Reiseveranstalter mitgeteilt werden. Informationen über den Vertreter des Reiseveranstalters vor Ort (der Name oder die Bezeichnung der Person oder Institution, Anschrift und Telefonnummer) müssen dem Reisenden gemäß Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 TourG im Vertrag mitgeteilt werden. Gemäß Art. 20 Abs. 3 TourG ist der Reiseleiter stets zur Annahme von Mängelanzeigen verpflichtet. Nach Art. 16b Abs. 3 TourG soll die Beanstandung unabhängig von der Mängelanzeige an den Reiseveranstalter gerichtet werden. Hierbei ist umstritten, ob der Reiseleiter auch zur Annahme von Beanstandungen verpflichtet ist. Die Rechtslage in Bezug auf diese Problematik wurde vielmals geändert. Im Jahr 2004 wurde in Art. 20 Abs. 3 TourG die Pflicht des Reiseleiters zur Annahme von Beanstandungen der Kunden über die Reiseleistungen eingefügt. Vor dieser Änderung war der Reiseleiter auch dazu verpflichtet, dem Kunden die Beanstandungsannahme zu bestätigen und die Reklamation dem Reiseveranstalter weiterzuleiten, wenn er sie nicht alleine bearbeitet hatte (Art. 20 Abs. 4 TourG a.F.). Mit dem Änderungsgesetz vom 29. April 201073 wurde das Reklamationsverfahren in Art. 16b Abs. 4–6 TourG verschoben und die Pflicht des Reiseleiters aus Art. 20 Abs. 3 TourG geändert, sodass er jetzt nur noch zur Anzeigenannahme verpflichtet ist (die Beanstandungsannahme wurde aufgehoben). Diese unklare Rechtslage verursacht etliche Auslegungsprobleme, die bisher nicht eindeutig geklärt wurden. Es ist nicht sicher, ob die Gesetzesänderung zur Entlastung oder Erweiterung der Pflichten der Reiseleiter hätte führen sollen, indem man sie jetzt nicht nur zur Reklamationsannahme, sondern zur Annahme sämtlicher Kundenanzeigen verpflichten wollte. Diese Problematik ist von großer Bedeutung, denn der Reiseveranstalter muss den Reisenden auf eine zuständige Person hinweisen. Wenn er in seinen AGB den Reiseleiter von der Annahme von Beanstandungen ausschließt, kann dies als rechtswidrig angesehen werden, denn der Vertrag darf den gesetzlichen Schutz nicht begrenzen.74 Die Analyse der Begründung zu der Gesetzesänderung bietet auch keinen Aufschluss über die Ziele des Gesetzgebers. In der Literatur sind verschiedene Auffassungen zu finden. Einerseits wird vertreten, dass der Reiseleiter nicht mehr zur Annahme von Beanstandungen 73 74

Dz.U. Nr. 106, Pos. 672. Torbe, Reklamację uznaj za zgłoszenie, Wiadomości turystyczne.

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

verpflichtet ist. Der Wortlaut der aktuellen Vorschrift sehe eine solche Pflicht nicht mehr vor. Darüber hinaus würde der Gesetzgeber diese Vorschrift nicht verändern, wenn er eine Novellierung der Norm nicht geplant hätte. 75 Auf der anderen Seite wird zu Recht die Auffassung vertreten, dass der Reiseleiter weiter zur Annahme von Beanstandungen verpflichtet ist. 76 Nach dem Auslegungsgrundsatz in dubio pro consumente sollen Unklarheiten zu Gunsten des Kunden gehen. Diesbezüglich sollte von einer erweiterten Verpflichtung des Reiseleiters ausgegangen werden. Der Reiseleiter kann darüber hinaus in dem Vertrag eindeutig zur Annahme verpflichtet werden. 3. Zusammenfassung Es bestehen wesentliche Unterschiede in beiden untersuchten Rechtssystemen bezüglich der Regelung des Abhilfeverlangens (nach Form, Inhalt und Adressat). Im deutschen Recht ist dies ausdrücklich geregelt, während es im polnischen Recht zwei Formen gibt – die Mängelanzeige und das Beanstandungsschreiben. In beiden Rechtsordnungen stellen die Regelungen eine empfangsbedürftige Willenserklärung dar und benötigen keine spezielle Form. Eine schriftliche oder andere spezielle Form kann nicht in den AGB vorgeschrieben werden. Nach dem deutschen Recht wäre dies wegen § 651m BGB unwirksam, denn es würde von den reiserechtlichen Vorschriften zum Nachteil des Reisenden abweichen. Nach polnischem Recht ist eine solche Klausel unzulässig, da eine solche zusätzliche Voraussetzung die Haftung des Reiseveranstalters von zu strengen Formanforderungen abhängig machen würde (Art. 3853 Nr. 21 ZGB). Es ist jeweils keine Frist einzuhalten. Das Abhilfeverlangen und die Mängelanzeige sollen gegenüber dem Vertragspartner (dem Reiseveranstalter) erfolgen. Die Mängelanzeige ist nach dem polnischen Recht zusätzlich an den Leistungsträger zu richten. Aus diesem Grund legt das TourG, ähnlich der Pauschalreise-Richtlinie, eine doppelte Anzeigeverpflichtung fest und ist demgemäß weniger verbraucherfreundlich als das deutsche Recht. Der Kunde muss mehr Formalitäten erfüllen, um Abhilfe zu verlangen. Diese doppelte Obliegenheit wurde bereits bei der Pauschalreise-Richtlinie als zu formalistisch kritisiert.77 Beide Systeme sehen eine Pflicht des Reiseveranstalters vor, den Kunden über seinen Vertreter vor Ort zu informieren. In der Regel wird dies der Reiseleiter sein, aber wegen der vielen Änderungen des polnischen TourG ist die Pflicht des Reiseleiters zur Annahme von Beanstandungen unklar. Diese Situation verursacht Probleme, da die Kunden, die ihre Beanstandungen an den Reiseleiter richten, ihre Ansprüche verlieren können. Eine klare Regelung ist demgemäß zeitnah benötigt. 75

Cybula, Usługi turystyczne, S. 263. Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 107. 77 Führich, Reiserecht, Rn. 63, S. 51. 76

A. Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht

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V. Das Recht zur Verweigerung der Abhilfe aufgrund Unverhältnismäßigkeit und Unmöglichkeit Nach § 651c Abs. 2 Satz 2 BGB kann der Reiseveranstalter, ähnlich wie der Unternehmer in § 635 Abs. 3 BGB n.F. (§ 633 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F.), die Abhilfe verweigern, wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Unverhältnismäßigkeit liegt vor, wenn zwischen dem Aufwand und dem erzielten Erfolg ein auffälliges Missverhältnis besteht.78 Dem Reiseveranstalter steht das Recht zur Verweigerung der Abhilfe zu, wenn die Beseitigung des Mangels objektiv unmöglich ist.79 Es ist jedoch umstritten, auf welchem Grundsatz dieses Recht beruhen soll. Einerseits wird die Auffassung vertreten, dass in diesem Fall selbstverständlich auch § 651c Abs. 2 Satz 2 BGB zum Tragen kommt. 80 Andererseits wird die allgemeine Regelung des § 275 Abs. 1 BGB herangezogen. Danach erlischt die Pflicht zur Leistung bei Unmöglichkeit. 81 Diese Vorschrift hat heutzutage kaum Relevanz,82 da wenige Fälle der Unverhältnismäßigkeit oder Unmöglichkeit vorstellbar sind und die Verweigerung keinen Einfluss auf die weiteren Gewährleistungsansprüche hat.83 Das polnische TourG gewährt hingegen dem Reiseveranstalter kein vergleichbares Recht auf Verweigerung der Abhilfe. Es wird hier vielmehr der allgemeine Grundsatz der nachträglichen Unmöglichkeit zum Tragen kommen, der in Art. 475 Abs. 1 ZGB84 enthalten ist und dem § 275 Abs. 1 BGB teilweise entspricht. Gemäß dieser Vorschrift erlischt die Vertragsverpflichtung, wenn sie nachträglich unmöglich wird, soweit dies der Schuldner nicht zu vertreten hat. Diese Regelung betrifft dementsprechend nur die Situation, wenn die Unmöglichkeit nach dem Vertragsschluss eintritt, und nur wenn der Reiseveranstalter für diese Unmöglichkeit nicht haftet. Bei Pauschalreisen wird die Unmöglichkeit meistens eine Reiseleistung betreffen, also eine Teilleistung der gesamten Reise. Demgemäß erlischt nur die Verpflichtung zur Erbringung dieser konkreten Reiseleistung, es sei denn, in Anbetracht ihres Wertes oder ihrer Tauglichkeit verliert der Rest der Reise für den Reisenden an Bedeutung.85 78 Führich, Reiserecht, Rn. 267, S. 238; MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 138; Seyderhelm, Reiserecht, § 651c Rn. 86. 79 Staudinger/J.Eckert (2003), § 651c Rn. 155. 80 Seyderhelm, Reiserecht, § 651c Rn. 87; insofern undeutlich Führich, Reiserecht, Rn. 267, S. 238; MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 138; Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 38. 81 Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 341. 82 MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 138; Führich, Reiserecht, Rn. 267, S. 238. 83 Seyderhelm, Reiserecht, § 651c Rn. 87. 84 „Ist die Leistung infolge von Umständen, die der Schuldner nicht zu vertreten hat, unmöglich geworden, so erlischt das Schuldverhältnis.“ 85 Bieniek/Wiśniewski, ZGB-Kommentar, S. 527.

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

VI. Rechtsfolgen der Abhilfe und Ersatzleistung 1. Annahme Die Folgen der Abhilfe unterscheiden sich je nachdem, ob der Reisende sie annimmt oder ablehnt. Bei Annahme einer zumutbaren Abhilfe oder Ersatzleistung wird der Reisemangel beseitigt und die vertraglichen Verpflichtungen werden vertragsgemäß erfüllt. 86 Ab dem Zeitpunkt der vollständigen Nachbesserung stehen dem Reisenden keine Gewährleistungsansprüche mehr zu.87 Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben die entstandenen Ansprüche erhalten. Gleichzeitig behält der Reisende die Rechte (v.a. auf Minderung) für den Fall, dass der Mangel nicht vollständig beseitigt wird oder die Abhilfe nicht völlig angemessen bzw. zumutbar ist. Nach der Regelung in beiden Rechtssystemen verbleibt dem Reisenden in jedem Fall die Möglichkeit der Reisepreisminderung für die Dauer der Mangelhaftigkeit. Der Reisepreis kann beispielsweise um den Wert eines halben Urlaubstages im Falle eines Umzugs innerhalb desselben Hotels 88 oder einen ganzen Tagesreisepreis gemindert werden.89 Wenn der Mangel beseitigt wurde und damit keine erhebliche Beeinträchtigung der Reise vorliegt, verliert der Reisende auch das Kündigungsrecht gemäß § 651e Abs. 2 BGB und gemäß Art. 16a Abs. 2 TourG. Hingegen verbleiben dem Reisenden Schadensersatzansprüche, v.a. wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. 90 Denn auch mit einer Nachbesserung kann ein Verlust an Urlaubsfreude einhergehen, insbesondere durch zeitliche bzw. organisatorische Erschwernisse, Nervosität und Stress. Konsequenterweise sollten solche Schadensersatzansprüche in die polnische Regelung aufgenommen werden. 2. Ablehnung Der Reisende ist zur Annahme der Abhilfe- bzw. Ersatzleistung nicht verpflichtet. Die Folgen der Ablehnung hängen davon ab, ob die Ablehnung gerechtfertigt ist. Der Reisende muss auf die Mängelbeseitigung nicht eingehen, wenn die Ersatzleistung einen niedrigeren Wert als die gebuchte Leistung hat, einen Mangel aufweist, unter einer Bedingung angeboten wird, sich 86 Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 338; Juris Praxiskommentar/Keller, § 651c Rn. 101; Führich, Reiserecht, Rn. 282, S. 252. 87 Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 35; Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 338. 88 AG Düsseldorf RRa 1998, 116. 89 Festsatz nach Frankfurter Tabelle zur Reisepreisminderung, NJW 1985, 113/115 III, Ziffer 19a. 90 Führich, Reiserecht, Rn. 284, S. 253; so auch Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 338.

A. Abhilfe im deutschen und Ersatzleistung im polnischen Reiserecht

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der Reisecharakter durch die Ersatzleistung verändern würde oder sie aus anderen Gründen unzumutbar ist.91 Das polnische TourG sieht ausdrücklich in Art. 16a Abs. 2 die Möglichkeit der Ablehnung des Ersatzangebotes aus triftigen Gründen vor. In der polnischen Literatur werden unter „triftigen Gründen“ solche Fälle subsumiert, die für den Reisenden wegen seines Gesundheitszustandes, seines Alters, seiner persönlichen Fähigkeiten oder des erwarteten Reisecharakters nicht zumutbar sind.92 Die Ersatzleistung kann demgemäß nach dem polnischen Recht aus ähnlichen Gründen wie im deutschen Recht abgelehnt werden. Ist jedoch die Ersatzleistung von geringerem Wert als die ursprünglich geschuldete Leistung, so darf sie nicht nur aus diesem Grund abgelehnt werden. In diesem Falle kann der Reisende gemäß Art. 16a Abs. 1 Satz 2 TourG eine Minderung des Reisepreises verlangen. Lehnt der Reisende das Ersatzangebot zu Recht ab, stehen ihm alle weiteren Gewährleistungsansprüche zur Verfügung, einschließlich des Kündigungsrechts (§§ 651c Abs. 3 Satz 2, 651e Abs. 2 Satz 2 BGB und Art. 16a Abs. 2 TourG). Bei einer unberechtigten Ablehnung trägt er die Konsequenzen seiner Entscheidung und verliert i.d.R. alle ihm zustehenden Gewährleistungsrechte. Er verliert beispielsweise sein Minderungsrecht bei der kategorischen Ablehnung eines zumutbaren Hotelumzugs. 93 Im Zweifel wird jedoch die Annahme empfohlen, sodass alle Gewährleistungsrechte bestehen bleiben. 94 VII. Zusammenfassung An erster Stelle aller reisevertraglichen Mängelrechte steht das Recht auf Abhilfe. Dieses Recht ermöglicht dem Reiseveranstalter nach dem Auftreten von Reisemängeln, diese zu beseitigen, um den vertragsgemäßen Zustand wiederherzustellen und weitere Ansprüche des Reisenden zu vermeiden. Insofern ist der Anspruch auf Abhilfe grundlegend. In beiden untersuchten Rechtssystemen ist der Reisende berechtigt, Abhilfe zu verlangen. Das deutsche Recht regelt dieses Rechtsinstitut ausdrücklich in § 651c Abs. 2 Satz 1 BGB. Das polnische hingegen kennt dafür keine spezielle Vorschrift. Das Recht auf Abhilfe wird aber aus Art. 16b TourG und Art. 16a Abs. 1 TourG abgeleitet. Die gesetzliche Regelung des Abhilferechts ist in beiden Systemen sehr unterschiedlich ausgestaltet, da die polnischen Vorschriften den Bestimmungen der Pauschalreise-Richtlinie nachgebildet sind. Die deutsche Norm wurde hingegen vor der Pauschalreise-Richtlinie geschaffen.

91

Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 36. Raciborski, Jak zaplanować udany urlop?, S. 99; Cybula, Umowa o imprezę turystyczną, S. 85. 93 AG Duisburg RRa 2003, 76. 94 So auch Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 340. 92

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

Das Recht auf Abhilfe ist im polnischen Recht erstens in der Regelung der Pflicht zur Mängelanzeige und dem Beanstandungsrecht, die richtlinienkonform (vor allem mit Art. 6 der oben genannten Richtlinie) ausgelegt werden müssen, und zweitens in dem Anspruch auf Ersatzleistung verankert. Der Reisende hat jedoch erst dann einen Anspruch auf Ersatzleistung, wenn Reiseleistungen, die einen wesentlichen Teil des Reiseprogramms darstellen, nicht erbracht werden. In beiden Rechtssystemen ist die Abhilfe in zwei Formen zulässig – in Form von Nachbesserung und Ersatzleistung. Die Abhilfe soll immer angemessen und ohne Aufpreis durchgeführt werden. Die Mängelanzeige und das Abhilfeverlangen sind stets beim Reiseveranstalter einzureichen. Nach dem polnischen Reiserecht müssen sie zusätzlich gegenüber dem Leistungsträger erfolgen. Diese doppelte Rügepflicht ist als zu formalistisch zu kritisieren. Die Regelung des Abhilferechts im deutschen Recht ist verbraucherfreundlicher, da dieses einen ausdrücklichen Anspruch des Reisenden vorsieht, die Pflicht zur Abhilfe grundsätzlich bereits bei jedem Reisemangel besteht und die Regelung weniger bürokratisch ist. Eine ausdrückliche und eindeutige Regelung des Abhilferechts sollte in das polnische Reiserecht eingefügt werden. Der Reisende sollte klar und verständlich aus dem TourG schlussfolgern können, welche Rechte ihm eigentlich zustehen.

B. Recht auf Selbstabhilfe B. Recht auf Selbstabhilfe

I.

Allgemeine Informationen

Im engen Zusammenhang mit dem Abhilfeanspruch steht das Recht auf Selbstabhilfe, das im deutschen Reiserecht in § 651c Abs. 3 BGB geregelt ist. Ein solches Recht wurde dem Reisenden im polnischen Reiserecht nicht ausdrücklich gewährt. Es folgt vielmehr aus der allgemeinen Regelung der Selbstvornahme (Art. 480 § 3 ZGB95). Gemäß § 651c Abs. 3 BGB kann der Reisende den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn der Reiseveranstalter innerhalb einer vom Reisenden gesetzten angemessenen Frist dem Abhilfeanspruch nicht nachkommt. Infolgedessen erfüllt der Reisende den Reisevertrag und stellt selbst sicher, dass der Nutzen der Reise hergestellt wird.96 Art. 480 § 3 ZGB enthält hingegen eine allgemeine schuldrechtliche Regelung der Selbstvornahme in dringenden Fällen, wenn der Schuldner in Verzug 95

„In dringenden Fällen kann der Gläubiger unbeschadet seines Schadensersatzanspruchs ohne Ermächtigung durch das Gericht auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen oder auf Kosten des Schuldners das beseitigen, was dieser entgegen seiner Verpflichtung unternommen hat.“ 96 Führich, Reiserecht, Rn. 275, S. 247.

B. Recht auf Selbstabhilfe

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gerät. Die Selbstvornahme dient ebenfalls der Vertragserfüllung, wenn die Leistungen nicht erbracht werden und deswegen das Ziel des Vertrages nicht erreicht wird. Das deutsche Schuldrecht kennt eine solche allgemeine Regelung der Selbstvornahme nicht. Die Ersatzvornahme ist hingegen nur für bestimmte Schuldverhältnisse vorgesehen (im Werkvertragsrecht § 637 BGB – Ersatzvornahme des Bestellers, im Mietrecht § 536a Abs. 2 BGB und wie bereits erwähnt im Reiserecht). II. Regelung im deutschen Recht 1. Voraussetzungen und Begriff der Selbstabhilfe Der Reisende kann auf Kosten des Reiseveranstalters selbst Abhilfe schaffen, wenn alle Voraussetzungen des § 651c Abs. 3 BGB erfüllt sind. An erster Stelle muss ein tatsächlicher Mangel vorliegen, bezüglich dessen der Reisende Abhilfe nach § 651c Abs. 2 Satz 1 BGB verlangt hat. Ferner muss der Reisende dem Reiseveranstalter eine angemessene Frist für die Mängelbeseitigung setzen.97 Zuletzt muss diese Frist fruchtlos ablaufen. Wie bei der Selbstvornahme im Werkrecht (§ 637 BGB) ist hier ein Verschulden des Reiseveranstalters bzgl. des Unterbleibens der Abhilfe nicht erforderlich. 98 Es wurde auf das Erfordernis des Verzugs im Vergleich zu § 633 Abs. 3 BGB a.F. verzichtet. Wie bei der Abhilfe99 differenzieren Schrifttum 100 und Rechtsprechung101 teilweise zwischen der „einfachen“ und der „erweiterten“ Selbstabhilfe. Danach kann der Reisende im Rahmen von § 651c Abs. 3 Satz 1 BGB nur Maßnahmen zur „einfachen“ Selbstabhilfe ergreifen. Die „erweiterte“ Selbsthilfe soll nur bei erheblichen Mängeln zulässig sein. Ansonsten soll der Reisende unerhebliche Mängel hinnehmen müssen. Diese Unterscheidung widerspricht dem Gesetzeswortlaut und hat praktisch tiefgreifende Folgen. Sie wird zu Recht heftig kritisiert. 102 Diese Unterscheidung kann höchstens der sprachlichen Präzisierung103 und Vereinfachung der Bezeichnung der Formen der Mängelbeseitigung dienen. Sie sollte jedoch keine Rechtsfolgen auslösen.

97

LG Kleve RRa 2003, 118. Soergel/H.W. Eckert, § 651c, Rn. 36; MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 151; Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 342. 99 S.o. Zweiter Teil A. III. 1. a). 100 Tempel, NJW 1986, 547 ff., 548; ders., JuS 1984, 81 ff., 81; Pick, Reiserecht, § 651c Rn. 78; Seyderhelm, Reiserecht, § 651c Rn. 93. 101 LG Frankfurt a.M. NJW 1983, 2884; NJW-RR 1992, 310; 630; NJW-RR 1995, 1521; RRa 2010, 103; AG Duisburg RRa 2004, 266; RRa 2008, 118; LG Düsseldorf RRa 2010, 22, 25. 102 Führich, Reiserecht, Rn. 275, S. 247. 103 So auch Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 342. 98

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

a) Fristsetzung Eine der erforderlichen Voraussetzungen der Selbstabhilfe ist das Setzen einer angemessenen Frist zur Abhilfe. Es genügt nicht, nur über den Reisemangel zu informieren und Abhilfe zu verlangen. Es muss damit eine Frist zur Abhilfe verbunden werden. Diese Frist soll, muss aber nicht, präzise oder förmlich definiert werden. 104 Die Fristsetzung muss jedoch ausdrücklich erfolgen105 (z.B. „möglichst schnell“ oder „in kürzester Zeit“ 106). In solchen Fällen wird eine angemessene Fristsetzung angenommen. 107 Die Länge der Frist muss angemessen sein. Da die Angemessenheit von den Umständen des Einzelfalles abhängt, müssen immer die Interessen des Reiseveranstalters und des Reisenden abgewogen werden. Zugleich müssen die Dauer und der Nutzen der Reise, aber auch die Art und Schwere des Mangels berücksichtigt werden. Der zeitliche Rahmen der Reise ist hier von großer Bedeutung.108 Denn die Frist zur Mängelbeseitigung muss bei einer dreitägigen Reise wesentlich kürzer als während einer zweimonatigen Reise sein. Im Notfall kann eine sehr kurze Frist als angemessen angesehen werden109, beispielsweise bei einer Überbuchung des Hotels und einer späten Ankunft des Reisenden, der sich nach einer langen Anreise ausruhen und erholen muss. Eine kurze Frist kommt auch infrage, wenn das Risiko besteht, dass eine spätere Abhilfeleistung unerfüllbar bzw. unmöglich wäre. 110 Ferner spielt die Art und Schwere des Reisemangels eine wesentliche Rolle. Je gravierender der Mangel ist, desto kürzer kann die Abhilfefrist sein.111 b) Entbehrlichkeit der Fristsetzung § 651c Abs. 3 Satz 2 BGB regelt die Entbehrlichkeit der Fristsetzung. Die Bestimmung der Frist ist in den Fällen unnötig, in denen der Reiseveranstalter die Abhilfe verweigert, oder wenn besondere Interessen des Reisenden eine sofortige Abhilfe rechtfertigen. Mit dieser Vorschrift versucht der Gesetzgeber dem Reisenden die Möglichkeit zur Selbsthilfe ohne die vorausgegangene Fristsetzung zu eröffnen, wenn aus dem ausdrücklichen oder konkludenten Verhalten des Reiseveranstalters ersichtlich ist, dass die Abhilfe 104

Führich, Reiserecht, Rn. 275, S. 247; Tempel, NJW 1986, 547 ff., 550. JurisPraxisKommentar/Keller, § 651c Rn. 106. 106 MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 152. 107 Erman/Schmid, § 651c Rn. 38; Tempel, NJW 1986, 547; Führich, Reiserecht, Rn. 276, S. 248; Bechhofer, Reisevertragsrecht, S. 74. 108 Soergel/H.W. Eckert, § 651c Rn. 37; Führich, Reiserecht, Rn. 277, S. 248. 109 Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 345; Führich, Reiserecht, Rn. 277, S. 248; MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 152; Erman/Schmid, § 651c Rn. 38. 110 Erman/Schmid, § 651c Rn. 38. 111 JurisPraxisKommentar/Keller, § 651c Rn. 106; Führich, Reiserecht, Rn. 277, S. 248; MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 152. 105

B. Recht auf Selbstabhilfe

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nicht erfolgen wird, oder wenn es ein besonderes Interesse des Reisenden erfordert. Eine Verweigerung liegt zweifellos dann vor, wenn der Reiseveranstalter oder die Reiseleitung die Abhilfeleistung ausdrücklich ablehnt.112 Es kann aber auch eine konkludente Verweigerung vorliegen, beispielsweise wenn aus den Umständen der Schluss gezogen werden kann, dass der Reiseveranstalter es nach dem ersten Abhilfeverlangen des Reisenden offensichtlich vermeidet, sich diesbezüglich zu äußern, den Reisenden vertröstet oder ausweichende Antworten gibt etc. Unklare und ambivalente Erklärungen des Reiseveranstalters wirken sich zu Gunsten des Reisenden aus.113 Eine Verweigerung wird auch dann angenommen, wenn dem Reisenden eine unzumutbare Abhilfeleistung114 oder Abhilfe gegen Zuzahlung angeboten wird115. Der zweite Fall des § 651c Abs. 3 Satz 2 BGB, in dem auf die Fristsetzung verzichtet werden kann, liegt bei einem besonderen Interesse des Reisenden vor. Dieses besondere Interesse ergibt sich aus den Umständen, die eine sofortige Abhilfe ausnahmsweise ohne Bestimmung einer Frist rechtfertigen.116 Es kann in bestimmten, zeitlich angespannten Situationen dem Reisenden nicht zugemutet werden, auf die Abhilfe des Reiseveranstalters zu warten. Auf die Fristsetzung kann beispielsweise dann verzichtet werden, wenn der geschuldete Transferbus nicht rechtzeitig ankommt und der Reisende ein Taxi nimmt, um den Flug nicht zu verpassen.117 Dasselbe gilt, wenn sich der Reisende bei einer unverhältnismäßigen Verspätung des Zuges (hier ca. 120 Minuten), der als Flughafentransfer „Zug zum Flug“ angeboten wird, einen Ersatztransport zum Flughafen organisiert.118 Ein besonderes Interesse kann sicherlich dann angenommen werden, wenn ein Fäkaliengeruch aus dem Badezimmer kommt 119 oder eine Unterkunft in einem 3-Sterne anstatt in einem 4-Sterne Hotel zur Verfügung gestellt wurde. 120 Das besondere Interesse kann auch auf den persönlichen Gegebenheiten und Eigenschaften des Reisenden beruhen, wie Krankheit, Invalidität oder Alter (kleine Kinder oder Greisenalter). Besonderes Interesse kann auch bei Erschöpfung nach der langen Anreise vorliegen.121

112

Führich, Reiserecht, Rn. 278, S. 249. Tempel, NJW 1986, 547 ff., 550; MünchKomm/Tonner, § 651c Rn. 153. 114 Führich, Reiserecht, Rn. 278, S. 249. 115 AG Hannover RRa 1996, 222 f. 116 Tempel, NJW 1986, 547 ff., 551. 117 AG Stuttgart RRa 1995, 125. 118 AG Hannover RRa 2010, 32. 119 AG Hannover RRa 2003, 78. 120 LG Kleve RRa 2003, 118. 121 Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 42. 113

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

2. Ersatz der erforderlichen Aufwendungen Zur Selbstabhilfe kann der Reisende die Aufwendungen vornehmen, die zur Mängelbeseitigung erforderlich sind. Der Reisende kann gemäß § 651c Abs. 3 Satz 1 BGB den Ersatz dieser Aufwendungen verlangen. Das Recht auf Selbstabhilfe wäre nämlich sinnlos, wenn damit kein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen verbunden wäre. Der Reisende kann den Ersatz nur solcher Aufwendungen verlangen, die „erforderlich“ waren. Bei der Feststellung der Erforderlichkeit ist immer auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen und zu fragen, ob in diesem konkreten Fall aus der Sicht des verständigen Durchschnittsreisenden die Kosten als angemessen angesehen werden können.122 Die Ersatzleistung, die zur Mängelbeseitigung erbracht wird, muss sich auch am vertraglichen Leistungsinhalt orientieren, das heißt jedoch nicht, dass sie immer gleichwertig sein muss. Bei Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit einer gleichwertigen Leistung können die Aufwendungen für eine höhere Leistung verlangt werden, solange die Kosten eine verhältnismäßige Höhe nicht übersteigen.123 Das Risiko bezüglich der Gleichwertigkeit der Leistungen und ihrer Kosten trägt jedoch der Reisende. 124 Zu den erforderlichen Aufwendungen gehören an erster Stelle die Mehrkosten der Mängelbeseitigung, wie Kosten eines Ersatztransports zum Flughafen, Kosten eines anderen Flugtickets, wenn beispielsweise wegen der Verspätung des Transferbusses der Abflugtermin verpasst wurde, 125 Kosten eines Ersatzhotels126, Kosten der Ersatzverpflegung in Restaurants bei deutlichem Essensdefizit im gebuchten Hotel 127 etc. Dazu zählen auch andere Ausgaben, die zur Herbeiführung der Ersatzleistung notwendig sind, wie Telefonkosten.128 III. Regelung im polnischen Recht 1. Voraussetzungen Wie schon am Anfang erwähnt wurde, fehlt es im polnischen Reiserecht an einer vergleichbaren ausdrücklichen Regelung des Selbstabhilferechts, wie es im deutschen § 651c Abs. 3 BGB vorgesehen ist. Dem Reisenden steht jedoch ein Selbstvornahmerecht aus Art. 480 § 3 ZGB zu. Diese Vorschrift steht direkt nach der Vorschrift, die die Regelung der zur Verfügung stehen122

Erman/Schmid, § 651c Rn. 40; Bidinger/Müller, § 651c Anm. 45. LG Köln NJW-RR 1993, 252; KG NJW-RR 1993, 1209. 124 Führich, Reiserecht, Rn. 279a, S. 250. 125 AG Hamburg-Altrona RRa 2000, 182. 126 OLG Köln NJW-RR 1993, 252. 127 Führich, Reiserecht, Rn. 279a, S. 251. 128 LG Köln MDR 1991, 840. 123

B. Recht auf Selbstabhilfe

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den Maßnahmen in Folge des Verzugs des Schuldners enthält. Gemäß Art. 480 § 1 ZGB darf der Gläubiger eine gerichtliche Ermächtigung zur Erfüllung der vertraglich geschuldeten Leistung zu Lasten des Schuldners verlangen. Zur Selbstvornahme kann der Reisende ohne Ermächtigung des Gerichts nur im Notfall greifen. Es müssen zum einen ein Verzug des Schuldners und zum anderen ein Notfall bestehen. a) Verzug Im Gegensatz zur deutschen Regelung muss sich der Reiseveranstalter im Verzug befinden. Verzug ist eine zu vertretende Verzögerung der Vertragserfüllung, die eine Vertragsverletzung darstellt. 129 Es muss also ein möglicher und fälliger Anspruch bestehen, den der Schuldner nicht erfüllt. Der Verzugszustand besteht auch, wenn der Schuldner die Leistung selbst oder ihren Inhalt in Frage stellt 130 oder die Erfüllung der Leistung verweigert. b) Mängelanzeige und keine Abhilfeleistung Im Gegensatz zu der deutschen Regelung besteht in Polen weder ein Recht noch eine Verpflichtung zur Fristsetzung. Eine Fristsetzung ist weder im polnischen TourG noch in den allgemeinen Grundsätzen der Selbstvornahme geregelt. Wohlgemerkt existiert die Pflicht bzw. das Recht zur Fristbestimmung in der Pauschalreise-Richtlinie auch nicht. Der Reisende ist jedoch gemäß Art. 16b Abs. 1 TourG stets dazu verpflichtet, den Mangel anzuzeigen, sofern auf diese Pflicht in dem Reisevertrag hingewiesen wurde (Art. 16b Abs. 2 TourG). Der Reiseveranstalter ist nach der Mängelanzeige zur Nachbesserung des Mangels verpflichtet (Art. 6 der Pauschalreise-Richtlinie). Werden Reiseleistungen, die einen wesentlichen Teil des Reiseprogramms darstellen, nicht erbracht, muss der Reiseveranstalter eine angemessene Ersatzleistung anbieten. Wird keine Ersatzleistung angeboten oder wird sie aus triftigen Gründen vom Reisenden abgelehnt, kann er im Notfall zur Selbstvornahme greifen. Die Beweislast liegt beim Reiseveranstalter, denn er muss beweisen, ob er eine angemessene Ersatzleistung angeboten hat.131 c) Notfall Notfall ist eine Situation, in der insbesondere das Leben, die Gesundheit oder das Vermögen erheblich gefährdet ist. 132 Außerdem soll das Bestehen einer solchen Zwangslage immer nach den Umständen des Einzelfalles beurteilt 129

Gniewek/Zagrobelny, Kodeks cywilny, S. 856. ZGB Kommentar Pietrzykowski/Popiołek, S. 66. 131 SO Warschau, Urt. v. 13.11.2009, V Ca 2231/09, nicht veröffentlicht. 132 Vgl. SA Warschau, Urt. v. 6.9.2005, VI ACa 1087/2004, nicht veröffentlicht. 130

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

werden. Der Gläubiger darf zur Selbstvornahme greifen, wenn wegen der Natur der Leistung oder des Vertragsziels eine verspätete Leistung von keiner Bedeutung sein wird.133 Das Risiko der richtigen Beurteilung des Notfalles trägt der Gläubiger. 2. Kostenersatz und Entschädigungsanspruch Bei einer berechtigten Selbstvornahme kann der Gläubiger den Ersatz der Kosten verlangen, die er zur vertragsgemäßen Leistungserfüllung aufgewendet hat. Wohlgemerkt enthält Art. 480 § 3 ZGB keine Begrenzung der Kostenerstattung auf die erforderlichen Aufwendungen, wie es in Deutschland der Fall ist. Der Schuldner ist nicht dazu verpflichtet, die günstigste Option der Selbstvornahme bezüglich der zu ersetzenden Kosten zu wählen. Ein Beispiel dafür ist der Fall, mit dem sich der SO Warschau beschäftigt hat. Hier buchten die Kläger eine Reise auf die Seychellen mit einer Zwischenlandung in Paris. Am Flughafen wurden sie informiert, dass der Flug nach Paris storniert wurde. Nach erfolglosen und unzumutbaren Versuchen (Buchung des Fluges von Warschau ohne eine reale Möglichkeit der rechtzeitigen Anfahrt zu dem Flughafen), einen anderen Flug zu buchen, um den Anschlussflug zu erreichen, entschieden sich die Kläger, einen Privatjet zu mieten. Nach der Auffassung des SO stellte dieser Vorfall einen Notfall dar und die Kläger waren berechtigt, einen Ersatztransport zu mieten, wenn der Schuldner keine Ersatzbeförderung sichergestellt hat. Nach Ansicht des Gerichts besteht ein Notfall dann, wenn das Abwarten einer Gerichtsentscheidung dem Gläubiger einen Schaden zufügen würde, dessen Ersatz nach einiger Zeit wesentlich erschwert oder für den Gläubiger bedeutungslos wäre. Nach dem Wortlaut des Art. 480 § 3 ZGB muss der Gläubiger nicht die für den Schuldner günstigste Ersatzoption wählen, deren Kosten am niedrigsten sind. Hier wurde die Fluggesellschaft zum Ersatz sämtlicher Kosten der Anmietung des Privatjets verurteilt.134 Unabhängig vom Ersatz der Kosten für die Ersatzleistung ist der Schuldner auch zur Entschädigung für die Nichterfüllung bzw. Schlechterfüllung des Vertrages verpflichtet. IV. Zusammenfassung Das Recht auf Selbstabhilfe wurde ausdrücklich nur im deutschen Reiserecht geregelt. Gemäß § 651c Abs. 3 BGB kann der Reisende zur Selbstabhilfe greifen, solange er dem Reiseveranstalter eine angemessene Frist bestimmt hat und diese Frist fruchtlos abgelaufen ist. In bestimmten Fällen ist jedoch 133

Podrecka, Zaspokojenie interesu wierzyciela przez zastępcze spełnienie świadczenia, KPP 1/1999, S. 97. 134 SO Warschau, Urt. v. 13.11.2009, V Ca 2231/09, nicht veröffentlicht.

C. Kündigungsrecht im deutschen und Rücktrittsrecht im polnischen Reiserecht

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die Fristsetzung entbehrlich (§ 651c Abs. 3 Satz 2 BGB). Nach polnischem Recht kann der Reisende sich nur einer allgemeinen Regelung der Selbstvornahme bedienen, die einen Verzug des Reiseveranstalters und einen Notfall voraussetzt. Wohlgemerkt muss der Reiseveranstalter nach dem deutschen Recht nur die „erforderlichen“ Aufwendungen ersetzen, in Polen hingegen existiert eine solche Begrenzung nicht. Der Reisende ist nicht verpflichtet, aus allen möglichen Optionen die günstigste Ersatzleistung zu wählen. Im deutschen Reiserecht ist der Anspruch auf Selbstabhilfe unabhängig von der Haftung des Reiseveranstalters. Dem Reisenden wird somit ein weitergehender Schutz gewährt. Insbesondere aus der Sicht des Verbraucherschutzes ist eine spezielle Regelung im Reiserecht zu befürworten. Die Eigenart der Reise, die Situation des Reisenden, der sich zumeist weit von zu Hause befindet, und die Probleme, die während der Reise auftreten können, haben zur Folge, dass ein solches explizit geregeltes Recht des Reisenden auf Selbstabhilfe von großer Relevanz sein kann. Aus diesem Grunde sollte es auch im polnischen Reiserecht ausdrücklich geregelt werden. Eine solche Regelung hat immer ein größeres Gewicht, insbesondere für Nicht-Juristen, Personen aus der TourismusBranche, die sich mit dem Reiserecht beschäftigen, die aber das allgemeine Leistungsstörungsrecht nicht kennen. Es wäre einfacher für polnische Touristen, Ersatz der Kosten zu verlangen, wenn eine spezielle Regelung der Selbstabhilfe in das polnische Reiserecht eingefügt wäre.

C. Kündigungsrecht im deutschen und Rücktrittsrecht im polnischen Reiserecht C. Kündigungsrecht im deutschen und Rücktrittsrecht im polnischen Reiserecht

I.

Allgemeine Informationen

1. Einleitung Das Kündigungs- bzw. Rücktrittsrecht ist das weitgehendste Mängelrecht, das vom Reisenden im Regelfall 135 während der Reise geltend gemacht werden kann.136 Im deutschen Reiserecht ist es in § 651e BGB, im polnischen in Art. 16a Abs. 2 TourG geregelt. Diese Vorschriften tragen dem Interesse des Reisenden Rechnung, sich in bestimmten Fällen, in denen die Reise gravierend beeinträchtigt ist, vom Vertrag zu lösen.

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Staudinger/Staudinger (2011), § 651e Rn. 8. Nach der h.M. kann die Kündigung des Reisenden bereits vor dem Reisebeginn erfolgen: vgl. MünchKomm/Tonner, § 651e Rn. 4; Staudinger/Staudinger (2011), § 651e Rn. 8; Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 2; Führich, Reiserecht, Rn. 355, S. 358; Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651e Anm. 2; Bamberger/Roth/Geib, § 651e Rn. 3; BGH NJW 2005, 1047; OLG Düsseldorf RRa 1997, 221; AG Bad Homburg NJW-RR 2005, 856. 136

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

Gemäß § 651e Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Reisende den Vertrag wegen der in § 651c BGB bezeichneten Erheblichkeit des Mangels oder Unzumutbarkeit der Reise kündigen. Er muss allerdings zuvor die Voraussetzung des Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift erfüllen, nämlich dem Reiseveranstalter grundsätzlich zunächst eine Frist für die Mängelbeseitigung bestimmen. In Abs. 2 Satz 2 ist hingegen die Ausnahmeregelung enthalten, welche die Entbehrlichkeit dieser Fristsetzung regelt. Ferner enthalten die Absätze 3 und 4 die Rechtsfolgen der Kündigung und die den beiden Vertragsparteien zustehenden Ansprüche. Art. 16a TourG wurde erst im Zuge der Novellierung im Jahr 2001 137 eingefügt. Art. 16a Abs. 1 und 2 TourG stellen eine fast wortgetreue Übernahme von Art. 4 Abs. 7 der Pauschalreise-Richtlinie dar. In Art. 16a Abs. 2 TourG wird dem Reisenden das Recht zum Rücktritt vom Vertrag eingeräumt, sofern die Erbringung der Ersatzleistung unmöglich ist oder der Reisende der vom Reiseveranstalter angebotenen Ersatzleistung aus triftigen Gründen nicht zustimmen will. Art. 16a Abs. 3 und 4 TourG, die Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 der Pauschalreise-Richtlinie entsprechen, enthalten eine Regelung zu den Rechtsfolgen des Rücktritts, insbesondere zum Entschädigungsanspruch des Reisenden und der Rückbeförderungspflicht des Reiseveranstalters. 2. Problem der dogmatischen Einordnung – Kündigung vs. Rücktritt Das Lösungsrecht wird in den untersuchten Rechtsordnungen mit verschiedenen Begriffen erfasst. Das deutsche Reiserecht kennt das Kündigungsrecht, während das polnische ein Rücktrittsrecht enthält. Der wesentliche Unterschied zwischen der Kündigung und dem Rücktritt besteht darin, dass beim Rücktritt das Vertragsverhältnis rückwirkend aufgehoben wird (ex tunc) und bei der Kündigung das Vertragsverhältnis für die Vergangenheit bestehen bleibt und lediglich für die Zukunft aufgelöst wird. Beim Rücktritt müssen demgemäß sämtliche bisher ausgetauschten Leistungen zurückgewährt werden. Wird der Vertrag hingegen gekündigt, ist er ab diesem Moment für die Zukunft unwirksam (ex nunc). Der deutsche Gesetzgeber hat die Regelung in § 651e BGB dogmatisch als Kündigungsrecht eingeordnet. Denn aufgrund der Eigenart der Reise und des Zeitablaufs kann der Reisende die erhaltenen Leistungen nicht zurückgewähren.138 Das Kündigungsrecht steht hingegen im Widerspruch zu der in § 651e Abs. 3 Satz 1 BGB angeordneten ex-tunc-Wirkung, nämlich zu dem vollständigen Verlust des Anspruchs auf den Reisepreis. Der Reisevertrag wird ansonsten nicht gänzlich ab diesem Zeitpunkt aufgelöst, denn gemäß § 651e Abs. 3 und 4 BGB steht dem Reiseveranstalter noch ein Anspruch auf Ent137

Gesetz v. 8.12.2000, Dz.U. 2000 Nr. 122 Pos. 1314, ist am 15.01.2001 in Kraft getreten. 138 Staudinger/Staudinger (2011), § 651e Rn. 2.

C. Kündigungsrecht im deutschen und Rücktrittsrecht im polnischen Reiserecht

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schädigung für bereits erbrachte oder zur Beendigung der Reise noch zu erbringende Reiseleistungen zu. Da die in Abs. 3 und 4 geregelten Rechtsfolgen des Kündigungsrechts einem Rücktritt nahekommen, wird in der Literatur zu Recht nicht von einem „Kündigungsrecht“, sondern von einem „modifizierten Rücktrittsrecht“ gesprochen.139 Im polnischen Reiserecht wurde hingegen ein Rücktrittsrecht eingeführt. Im Regelfall wird in solch einer Situation eine juristische Fiktion 140 angenommen, nach der der Vertrag nie geschlossen worden wäre 141 (ex tuncWirkung). Die Rechtsfolgen des Rücktritts bei einem gegenseitigen Vertrag regelt Art. 494 ZGB142. Gemäß dieser Vorschrift müssen sämtliche bereits erbrachten Leistungen zurückgewährt werden. Die Rückgewähr der empfangenen Leistungen hat grundsätzlich in Natur zu erfolgen.143 Für die Leistungen, die ihrer Art nach nicht in natura zurückgegeben werden können, etwa für Reisen, ist statt der Rückgewähr Wertersatz geschuldet. Das TourG enthält noch zusätzliche Rechtsfolgen für den Rücktritt des Reisenden vom Reisevertrag, wie einen Anspruch des Reisenden auf Entschädigung oder eine Rückbeförderungspflicht des Reiseveranstalters. Insofern kann man die polnische Regelung ebenfalls als modifiziertes Rücktrittsrecht bezeichnen. Mit Blick auf die in beiden Rechtssystemen verwendete Terminologie ist das Rechtsinstitut im polnischen TourG klarer und systematisch korrekter erfasst. Der in Deutschland benutzte Begriff der Kündigung ist unklar und steht mit den geregelten Rechtsfolgen nicht im Einklang. In Polen hingegen wird dieses Gestaltungsrecht als Rücktrittsrecht bezeichnet. Aufgrund der im TourG geregelten zusätzlichen Rechtsfolgen des Rücktritts (Rechte und Verpflichtungen der Parteien) ist dieses Rechtsinstitut ebenfalls als „modifiziertes Rücktrittsrecht“ zu qualifizieren. 3. Andere reiserechtliche Kündigungs- und Rücktrittsrechte In den untersuchten Rechtsordnungen existieren auch andere als die in § 651e BGB und Art. 16a Abs. 2 TourG vorgesehenen Möglichkeiten, sich vom Vertrag zu lösen. Wird der Reisepreis vor Reisebeginn um mehr als fünf Prozent erhöht oder wird eine wesentliche Reiseleistung erheblich geändert, 139 H.M. Tonner, Der Reisevertrag, S. 165; Soergel/ H. W. Eckert, § 651e Rn. 3; Führich, Reiserecht, Rn. 353, S. 357. 140 Warciński, Umowne prawo odstąpienia, S. 224. 141 SN, Urt. v. 13.10.1992, II CRN 104/92, Lex Nr. 9088. 142 „Eine Partei, die von einem gegenseitigen Vertrag zurücktritt, ist verpflichtet, der anderen Partei alles herauszugeben, was sie von ihr aufgrund des Vertrags erhalten hat; sie kann nicht nur Herausgabe dessen verlangen, was sie geleistet hat, sondern auch Ersatz des durch die Nichterbringung der Verbindlichkeit entstandenen Schadens.“ 143 Radwański/Dąbrowa, System prawa cywilnego, S. 825.

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

kann der Reisende gemäß § 651a Abs. 5 BGB kostenfrei zurücktreten. Ihm steht ein alternativer Anspruch auf eine mindestens gleichwertige Ersatzreise zu, wenn der Reiseveranstalter in der Lage ist, eine solche Reise ohne Mehrkosten für den Reisenden anzubieten (dies entspricht der Regelung aus Art. 4 Abs. 6 lit. a der Pauschalreise-Richtlinie). Ein ähnliches Rücktrittsrecht steht dem Reisenden gemäß Art. 14 Abs. 5 Nr. 2 TourG zu. Dieses Recht kann ausgeübt werden, wenn die wesentlichen Vertragsbestandteile vom Reiseveranstalter vor Reisebeginn aus nicht von ihm beeinflussbaren Gründen geändert werden müssen. Im Vergleich zum deutschen Recht wird hier keine Prozentgrenze bezüglich der Erhöhung des Reisepreises genannt.144 Dem Reisenden wird ein Rücktrittsrecht bei jeder Erhöhung des Reisepreises gewährt. Denn der Preis gehört zu den wesentlichen Vertragsbestandteilen. Im Fall einer solchen Änderung ist der Reiseveranstalter verpflichtet, den Reisenden hierüber unverzüglich zu informieren. Anschließend hat der Reisende die Wahl: Er kann sich entweder mit der vorgeschlagenen Modifikation einverstanden erklären oder vom Vertrag zurücktreten. Im Falle eines Rücktritts hat der Reisende das Recht, an einer Ersatzreise teilzunehmen 145 oder alle bereits geleisteten Zahlungen zurückzuverlangen. Darüber hinaus hat der Reisende (mit den in der Vorschrift geregelten Ausnahmen) einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Reisevertrages. Beruht die Änderung wesentlicher Vertragsbestandteile jedoch auf Gründen, die aus der Sphäre des Reiseveranstalters stammen, kommen anstelle des Art. 14 Abs. 5 Nr. 2 TourG die allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen (Art. 471 ff. ZGB) zur Anwendung.146 Vor Reisebeginn ist der Reisende darüber hinaus dazu berechtigt, vom Vertrag ohne Angabe von Gründen gegen die Zahlung von Stornogebühren zurückzutreten. Im deutschen Recht ist dies ausdrücklich in § 651i Abs. 1 BGB mit den in den weiteren Absätzen beschriebenen Rechtsfolgen geregelt. Das polnische Reiserecht und auch die Pauschalreise-Richtlinie kennen hingegen keine ähnliche Vorschrift. Trotz des Grundsatzes pacta sunt servanda handelt es sich bei einem reiserechtlichen Schuldverhältnis um eine Sonderkonstellation und kein Reisender soll zur Durchführung der Reise gezwungen sein. Wegen der Ähnlichkeit des Reisevertrags mit dem Werkvertrag kommt 144 Das Recht zur Möglichkeit der Änderung des Reisepreises gemäß Art. 4 Abs. 4 der Pauschalreise-Richtlinie wurde wortgetreu in beiden Länder umgesetzt: in Deutschland in § 651a Abs. 4 BGB, in Polen Art. 17 TourG. 145 Die Ersatzreise muss ohne Mehrpreis für den Reisenden von gleicher oder höherer Qualität sein. Die Qualität kann niedriger sein, wenn der Reisende damit einverstanden ist und den Unterschied im Reisepreis zurückerhält. 146 SO Warschau, Urt. v. 19.06.2012, V Ca 1030/12, (zuletzt abgerufen am 28. Oktober 2015).

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hier eine analoge Anwendung des Rücktrittsrechts aus dem Werkvertragsrecht (Art. 644 ZGB147 i.V.m. Art. 11 TourG) in Betracht.148 Es ist darüber hinaus üblich, dass ein solches Rücktrittsrecht in den AGB der Reiseveranstalter enthalten ist. Die Reiseveranstalter behalten sich jedoch, wie im deutschen Recht, einen Anspruch auf Stornogebühren vor. Sie werden i.d.R. als Pauschalbetrag angegeben, der sich nach der Zahl der Tage zwischen Stornierung und Reisebeginn richtet (z.B. Stornierung bis 31 Tage vor Reiseantritt – 45% des Reisepreises; ab dem 30. Tag – 55%; ab dem 24. Tag – 65%; ab dem 17. Tag – 75%; ab dem 10. Tag – 85%; ab dem 3. Tag – 95%) 149. Solche Klauseln sind jedoch im Zweifelfall gemäß Art. 3853 Nr. 12 und Nr. 16 ZGB unzulässig. Danach ist es rechtswidrig, die Pflicht der Kostenerstattung für nicht erbrachte Leistungen dem Kunden aufzuerlegen, wenn er vom Vertrag zurücktritt. Die Stornogebühren sollen immer nach dem Einzelfall berechnet und nicht als Pauschalbetrag angegeben werden. Überdies steht in Deutschland beiden Vertragsparteien – dem Reisenden und dem Reiseveranstalter – vor und nach der Abreise das Recht zur Kündigung zu, wenn die Reise infolge höherer Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt wird (§ 651j BGB). Bis zum 1. November 1994 war das Verhältnis der Kündigung wegen eines erheblichen Mangels gemäß § 651e BGB zur Kündigung wegen vis maior gemäß § 651j BGB heftig umstritten.150 Der BGH hatte in seiner früheren Rechtsprechung ein Wahlrecht zwischen diesen beiden Vorschriften eingeräumt, 151 was von der h.M. der Literatur abgelehnt wurde. 152 Die im Jahre 1994 eingeführte Neufassung des § 651j BGB schuf unstrittig einen Vorrang des § 651j BGB bei einer Kündigung wegen höherer Gewalt. 153 Im polnischen Reiserecht fehlt es hingegen an einer gesonderten Regelung eines Kündigungsrechts wegen höherer Gewalt. Nach dem untersuchten Art. 16a Abs. 2 TourG besteht für den Reisenden die Möglichkeit, vom Reisevertrag zurückzutreten, wenn die vertraglich geschuldeten Leistungen und die Ersatzleistungen wegen höherer Gewalt nicht erbracht werden können. 147

Art. 644 ZGB: „Solange das Werk nicht vollendet ist, kann der Besteller jederzeit vom Vertrage zurücktreten und muß die vertragliche Vergütung bezahlen. In einem solchen Falle kann der Besteller jedoch das abziehen, was der Unternehmer infolge der Nichtherstellung des Werks eingespart hat.“ Eine vergleichbare Regelung existiert in § 649 BGB. 148 So auch Cybula, Usługi turystyczne, S. 174. 149 AGB von TUI Poland, (zuletzt abgerufen am 27. Oktober 2015). 150 Ausf. dazu Rauch, Kündigung, S. 4 ff. 151 BGH NJW 1983, 33 – Mauritius-Fall. 152 Teichmann, JZ 1979, 737 ff., 740; ders., JZ 1983, 109 ff., 111; ders., JZ 1990, 1117 ff., 1119 ff.; Wolter, AcP 183 (1983), 35 ff.; Führich, BB 1991, 493 ff., 494; Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 4. 153 Entstehungsgeschichte s. Eckert, DB 1994, 1069 ff., 1074.

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

Der Gesetzgeber sieht nur andere Rechtsfolgen bei Kündigung wegen höherer Gewalt vor: Der Reisende kann keine Entschädigung wegen Nichterfüllung vom Reiseveranstalter verlangen. II. Materielle Voraussetzungen 1. Regelung im deutschen Recht a) Allgemeine Informationen Das Kündigungsrecht gemäß § 651e BGB besteht unter zwei materiellen Voraussetzungen. Grundvoraussetzung ist ein Reisemangel gemäß § 651c BGB. 154 Da § 651e BGB einheitlich auf § 651c BGB verweist, ist eine Differenzierung zwischen den beiden Arten von Reisemängeln, nämlich zwischen dem Fehler und dem Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft, beim Kündigungsrecht nicht erforderlich. Folglich muss der Mangel entweder objektiv zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise führen oder die Reise in solcher Weise verändern, dass sie aus einem wichtigen, dem Reiseveranstalter erkennbaren Grund dem Reisenden nicht mehr zuzumuten ist. b) Erhebliche Beeinträchtigung der Reise Das Kündigungsrecht steht dem Reisenden beim Vorliegen eines Mangels dann zu, wenn dieser objektiv zu einer erheblichen Beeinträchtigung der gesamten Reise führt.155 Zum vorzeitigen Abbruch der Reise berechtigt demzufolge schon ein „einfacher“ Mangel. Bei der Gesamtwürdigung, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, kommt es auf die objektiven Umstände des konkreten Falles an.156 Es ist daher der Wahl des Urlaubszieles, dem Reisezweck, dem Reisecharakter, der tatsächlichen Ausgestaltung der Reise sowie der Art, Dauer und Intensität der Beeinträchtigung Rechnung zu tragen.157 Fehlt eine ganze Reiseleistung, wird eine erhebliche Beeinträchtigung angenommen. 158 Eine Unterkunft in einem Ersatzhotel infolge einer Überbuchung stellt i.d.R. einen zur Kündigung berechtigenden erheblichen Mangel dar.159 Eine Verkürzung der Reise um drei Tage und der Ausfall von zwei der drei geplanten Ausflüge stellen eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise dar. 160 Kleine,

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Zum Begriff des Reisemangels s. eingehend Zweiter Teil D. II. 1. Führich, Reiserecht, Rn. 363, S. 361. 156 OLG Frankfurt a.M. RRa 1995, 224. 157 Führich, Reiserecht, Rn. 363, S. 362; Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 6; Seyderhelm, § 651e Rn. 13. 158 Tonner, Der Reisevertrag, S. 166. 159 LG Frankfurt a.M. RRa 2013, 13; vgl. auch Führich, Reiserecht, Rn. 365 ff., S. 364. 160 LG Hamburg RRa 2013, 113. 155

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sich oft wiederholende Mängel können eine erhebliche Beeinträchtigung in ihrer Summe darstellen.161 Für die Beurteilung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise vorliegt, wird zum Teil in der Rechtsprechung und Literatur die Orientierung an einer Erheblichkeitsquote befürwortet und dazu ein fiktiver Minderungssatz herangezogen, der überschritten werden muss. Je nach Auffassung schwankt dieser Wert zwischen 20 und 50 Prozent.162 Zur Orientierung gibt es mehrere von Praxis und Literatur zusammengestellte Tabellen und Spiegel, wie die Frankfurter Tabelle163, die Kemptener Reisemängeltabelle164, die ADAC Tabelle zur Reisepreisminderung165 oder den Mainzer Minderungsspiegel 166. Der Begriff der erheblichen Beeinträchtigung wird außerdem in § 651f Abs. 2 BGB verwendet. In diesem Fall setzt die Rechtsprechung aber fast einstimmig eine Erheblichkeitsschwelle bei 50 Prozent an.167 Besser ist es jedoch, diese Schwelle bei beiden Vorschriften auf die gleiche Weise zu bestimmen.168 Gleichwohl vertritt der BGH die Auffassung, dass bei der Auslegung des Begriffs der Erheblichkeit nicht auf starre Prozentsätze abzustellen sei, sondern, wie bereits oben erwähnt wurde, auf eine Gesamtwürdigung des Mangels im Vergleich zur gesamten Reiseleistung (Art und Dauer der Beeinträchtigung, Zweck und konkrete Ausgestaltung der Reise) und die Intensität der Auswirkungen des Mangels auf den konkreten Pauschalreisenden.169 Der Reisepreis ist für die Bewertung der Erheblichkeit eines Reisemangels hinge-

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Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 6; Bamberger/Roth/Geib, § 651e Rn. 4; zur Kasuistik bezüglich der Erheblichkeit der Beeinträchtigung vgl. Führich, Reiserecht, Rn. 366 ff., S. 364 ff.; Tonner, Der Reisevertrag, S. 166. 162 Erheblichkeitsschwelle von 20%: LG Frankfurt a.M. NJW 1985, 113; NJW-RR 1986, 539; RRa 2005, 165, 166; Urbach, RRa 2009, 2 ff., 5 (wobei dieses Gericht in letzter Zeit seine langjährige Rechtsprechung diesbezüglich aufgegeben hat und jetzt auf eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles setzt, gleichzeitig kann die Minderungsquote von 35% als tauglicher Indikator herangezogen werden, RRa 2010, 27 ff.); Tempel, NJW 1985, 547 ff., 551; 25%: LG Duisburg RRa 2008, 119; LG Kleve NJW-RR 1997, 1140; 30%: Führich, Reiserecht, Rn. 364; 33,3%: Tonner, Der Reisevertrag, S. 167; 50%: LG Hannover NJW-RR 1986, 213; 1998, 194; LG Stuttgart RRa 1994, 28; Bechhofer, Reisevertragsrecht, S. 84. 163 24. Zivilkammer LG Frankfurt NJW 1985, 113–115; Ergänzung, NJW 1994, 1639 f.; s. . 164 Führich, Reiserecht, Anhang IV, S. 1197–1243. 165 NJW 2005, 2507–2517. 166 Kaller, Reiserecht, Rn. 223. 167 S. u. Dritter Teil C. III. 1. a) bb). 168 So auch Führich, Reiserecht, Rn. 364, S. 363. 169 BGH RRa 2012, 170 ff.; vgl. Kober-Dehm/Schuster, RRa 2012, 262 ff., 267 f.; NJW 2009, 287. Dieser Auffassung ist das LG Frankfurt a.M. seit 2009 gefolgt, RRa 2010, 27 ff.

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gen nicht heranzuziehen, weder im Rahmen des § 651e BGB noch bei § 651f Abs. 2 BGB (auch wenn der Reisepreis besonders niedrig ist). 170 Obwohl eine präzise arithmetische Berechnung der Erheblichkeit m.E. unmöglich ist, sorgt sie dennoch bis zu einem gewissen Maß für Rechtssicherheit. Die benutzten Prozentsätze und Erheblichkeitsschwellen sollen nur als Ausgangspunkte herangezogen werden. Jeder Fall ist sodann mit seinen Umständen separat zu bewerten. Allerdings ist es nicht nur für den Reisenden, sondern auch für den Reiseveranstalter transparenter und einfacher, wenn beide Parteien zumindest überschlägig wissen, wann genau dem Reisenden bestimmte Ansprüche zustehen. Für beide Vorschriften ist daher wie von Führich vorgeschlagen 171 eine Schwelle von 30 Prozent zu befürworten, die jedoch stets im Einzelfall anzupassen ist. c) Unzumutbarkeit der Reise Den zweiten Kündigungsgrund, welcher der Erheblichkeit des Reisemangels gleichgestellt ist, stellt die subjektive Unzumutbarkeit der Reise dar. Gemäß § 651e Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich der Reisende vom Vertrag lösen, wenn ihm die Reise wegen eines Mangels aus einem wichtigen, für den Reiseveranstalter offensichtlichen Grund unzumutbar ist. Der Unterschied zwischen beiden Kündigungsgründen fällt jedoch sehr schwer, denn i.d.R. wird eine erheblich mangelhafte Reise gleichzeitig unzumutbar, der eine Mangel wohnt also dem anderen inne. Daher wird die Unzumutbarkeit als Kündigungsgrund als „sprachlich missglückt“172 oder praktisch bedeutungslos173 betrachtet. Sie spielt nur dann eine Rolle, wenn der Mangel die Reise objektiv nicht erheblich beeinträchtigt, subjektiv jedoch die Fortsetzung der Reise wegen dieses Mangels unzumutbar ist. Eine solche Fallkonstellation ist jedoch kaum vorstellbar, i.d.R. wohl nur bei körperbehinderten Reisenden.174 Beispielsweise wäre in diesem Fall die Zuweisung eines Hotelzimmers im ersten Stock anstatt im Erdgeschoss eine unzumutbare Änderung, obwohl objektiv kein erheblicher Mangel vorliegt. 175 Damit das Kündigungsrecht in Anspruch genommen werden kann, muss der Grund der Unzumutbarkeit für den Reiseveranstalter bereits bei Vertrags170

BGH RRa 2012, 174; vgl. Kober-Dehm/Schuster, RRa 2012, 262 ff., 268. Führich, Reiserecht, Rn. 364, S. 363. 172 Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651e Anm. 8; Erman/Schmid, § 651e Rn. 7. 173 Führich, Reiserecht, Rn. 369, S. 370; Seyderhelm, § 651e Rn. 20. 174 So auch MünchKomm/Tonner, § 651e Rn.10; Führich, Reiserecht, Rn. 369, S. 370; Isermann, Reisevertragsrecht, S. 152; a.A. (ähnliche Situationen werden als erhebliche Mangelhaftigkeit angesehen): Seyderhelm, Reiserecht, § 651e Rn. 20; LG Bonn NJW-RR 2001, 345. 175 Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 8. Zur Kasuistik: MünchKomm/Tonner, § 651e Rn. 10. 171

C. Kündigungsrecht im deutschen und Rücktrittsrecht im polnischen Reiserecht 103

schluss erkennbar gewesen sein.176 Diese Regelung schützt den Reiseveranstalter vor einer willkürlichen Kündigung des Vertrages.177 Der Reisende muss bei der Buchung vor Vertragsschluss auf subjektiv wichtige Umstände bzw. Interessen hinweisen. Nur wenn sie für den Reiseveranstalter bzw. das Reisebüro offensichtlich sind, werden sie automatisch Gegenstand des Vertrages (z.B. sichtbare Behinderung des Reisenden). 178 Teilt das Reisebüro dem Reiseveranstalter diese wichtigen Umstände nicht mit, die auf die Zumutbarkeit der Reise Einfluss haben können, wird das Verschulden diesem dennoch zugerechnet. 179 2. Regelung im polnischen Recht a) Allgemeine Informationen Der Rücktritt wegen eines nach der Abreise entstehenden Mangels ist in Art. 16a Abs. 2 TourG zu finden. Der materielle Inhalt dieser Vorschrift entspricht in weiten Teilen dem des § 651e BGB. Der Rücktrittsanspruch besteht jedoch, wie in Art. 4 Abs. 7 UAbs. 2 der Pauschalreise-Richtlinie, wenn die erheblichen Teile der vertraglich vereinbarten Leistungen nicht erbracht werden.180 Unter Nichterbringung fallen hier sowohl Fälle der Nichtleistung als auch der Schlechtleistung. Bei Nichterbringung hat der Reiseveranstalter die Pflicht, dem Reisenden ohne Zuzahlung eine Ersatzleistung anzubieten. Sofern jedoch die Erbringung der Ersatzleistungen nicht möglich ist bzw. von dem Reisenden aus triftigen Gründen nicht akzeptiert wurde, wird hier dem Reisenden implizit ein Rücktrittsrecht gewährt. Demgemäß müssen zwei materielle Voraussetzungen erfüllt werden: Zum einen muss es an der Erbringung eines wesentlichen Vertragsbestandteils fehlen und zum anderen muss die Erbringung von Ersatzleistungen unmöglich bzw. dem Reisenden nicht zumutbar sein. b) Unmöglichkeit der Erbringung einer Ersatzleistung Die Unmöglichkeit der Erbringung der Ersatzleistung stellt einen Rücktrittsgrund dar. Die allgemeine schuldrechtliche Vorschrift bezüglich der Unmöglichkeit der Leistung und ihrer Rechtsfolgen befindet sich in Art. 475 § 1,

176

Erman/Schmid, § 651e Rn. 8; MünchKomm/Tonner, § 651e Rn. 11. Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 9. 178 MünchKomm/Tonner, § 651e Rn. 12. 179 LG Frankfurt a.M. RRa 2008, 25. 180 Wie bereits erwähnt wurde, ergibt sich der terminologische Unterschied der Leistungsstörung daraus, dass in Deutschland der Mangelbegriff und in Polen der Nichterfüllungsbegriff, der auf den Einfluss des französischen Recht zurückzuführen ist, angenommen wurde. 177

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

493–495 ZGB. 181 Im polnischen Recht gibt es keine Legaldefinition der Unmöglichkeit. Das Wort „unmöglich“ ist nach der allgemeinen Bedeutung als nicht realisierbar, undurchführbar, nicht machbar zu verstehen.182 Die Erbringung der Leistung ist nach dem geltenden Recht dann unmöglich, wenn nach dem Vertragsschluss ein Zustand eintritt, der dem Schuldner die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung völlig, dauerhaft und objektiv unmöglich macht.183 Objektive Unmöglichkeit bedeutet, dass nicht nur der Schuldner, sondern niemand in der Lage ist, die Leistung zu erbringen. Der Grund der Unmöglichkeit kann sowohl in der allgemeinen Lebenssituation, als auch in der Schuldnersituation liegen.184 Die Unmöglichkeit beruht auf faktischen oder rechtlichen Ursachen. Faktische Unmöglichkeit besteht dann, wenn beispielsweise der Gegenstand der Leistung zerstört wurde oder verloren gegangen ist. Das ist z.B. dann der Fall, wenn bei einer völligen Überbuchung des gebuchten Hotels keine andere Unterbringungsmöglichkeit in der Umgebung vorhanden ist. Die Ersatzleistung kann auch aus rechtlichen Gründen unmöglich sein, z.B. wenn die Einreise in ein bestimmtes Land wegen politischer Unruhen verboten wurde. Subjektive Unmöglichkeit liegt hingegen dann vor, wenn die Unmöglichkeit der Leistungserbringung nur mit der Person oder mit der Tätigkeit des Schuldners zusammenhängt. Demgemäß kommt sie nur dann in Betracht, sofern die Leistung nur persönlich durch den Schuldner erbracht werden kann. Im Reiserecht wird subjektive Unmöglichkeit sehr selten vorliegen. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn ein Konzert, welches Ziel der ganzen Reise war, nicht stattfindet. In diesem Fall ist die Erbringung der angemessenen Ersatzleistung grundsätzlich unmöglich. Die Unmöglichkeit ist dann dauerhaft und absolut, wenn es in keiner Weise möglich ist, den Anspruch des Gläubigers zu erfüllen. Eine vorübergehende Unmöglichkeit ist eine Verzögerung, solange die Erbringung der verzögerten Leistung für den Gläubiger noch von Bedeutung ist. Wegen der Eigenart und der zeitlichen Begrenzung der Reise verliert eine Leistung in der Regel an Relevanz, wenn sie auch bloß mit einer relativ kurzen Verzögerung erbracht wird. In solchen Fällen ist diese Unmöglichkeit dauerhaft. 185 Die Gründe für die Unmöglichkeit spielen keine Rolle. Die Regelung differenziert auch nicht danach, ob der Reiseveranstalter die Unmöglichkeit zu vertreten hat oder nicht. Dies spielt nur bei den Rechtsfolgen des Rücktritts eine Rolle. 181

Zu dieser Problematik s. Zweiter Teil, A. V. Kruczalak, Skutki niemożliwości świadczenia według prawa cywilnego, S. 11. 183 SN, Urt. v. 5.12.2000, V CKN 150/00, LEX Nr. 548768. 184 Ebenso. 185 SN, Urt. v. 30.08.1984, I CR 164/84, LEX Nr. 8611; SN, Urt. v. 5.12.2000, V CKN 150/00, LEX Nr. 548768. 182

C. Kündigungsrecht im deutschen und Rücktrittsrecht im polnischen Reiserecht 105

c) Ablehnung der Ersatzleistung aus triftigen Gründen Ein weiterer Rücktrittsgrund ist die Ablehnung der Ersatzleistung aus triftigen Gründen. Der Gesetzgeber verwendet in der Vorschrift die unscharfe Bezeichnung der „triftigen Gründe“, die nicht weiter definiert wird. Die Präzisierung des Begriffs wurde der Rechtsprechung und der Literatur überlassen. Im polnischen Schrifttum werden darunter solche Umstände verstanden, die dazu führen, dass dem Reisenden die weitere Teilnahme an der Reise nicht zumutbar ist, z.B. aufgrund seines Gesundheitszustandes, Alters, seiner persönlichen Fähigkeiten oder des zu erwartenden Reiseziels. 186 Auch ein Vertrauensverlust zum Reiseveranstalter ist ein möglicher triftiger Grund, z.B. wenn dieser während mehrerer Stunden nach der Verspätung des Abflugs keine Informationen bereitstellt oder keine Hilfe leistet und desorientierte Reisende auf dem Flughafen warten lässt. 187 Der Grund soll aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsreisenden bewertet werden. Es kommen hier auch subjektiv wichtige Gründe in Betracht, solange sie im konkreten Fall triftig sind. Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, eine „angemessene“ Ersatzleistung zu erbringen. Der Reisende kann die angebotenen Ersatzleistungen ablehnen, wenn sie nicht angemessen sind. Die Reiseveranstalter versuchen sich hin und wieder von der Haftung freizuzeichnen und fügen in die AGB verschiedene Klauseln ein, die dem Reisenden seine Rechte verwehren, wenn der Reiseveranstalter im Fall eines Reisemangels eine gleichwertige oder höherwertige Ersatzleistung anbietet. 188 Jedoch müssen gleichwertige oder höherwertige Leistungen nicht immer angemessenen sein. Die angebotenen Ersatzleistungen sind angemessen, wenn der Reisende die gebuchte Reise subjektiv in derselben Art und Weise weitergenießen kann.189 Solche Klauseln verstoßen gegen Art. 16a Abs. 1 und 3 TourG und sind gemäß Art. 3853 ZGB unzulässig. III. Formelle Voraussetzungen 1. Regelung im deutschen Recht a) Abhilfeverlangen mit Fristsetzung § 651e Abs. 2 BGB verlangt als formelle Kündigungsvoraussetzung, dass der Reisende vom Reiseveranstalter binnen einer angemessenen Frist Abhilfe 186

Raciborski, Jak zaplanować udany urlop?, S. 99; Cybula, Umowa o imprezę turystyczną, S. 85. 187 So auch SO Breslau, Urt. v. 19.9.2013, II Ca 555/13, (zuletzt abgerufen am 25. Oktober 2015). 188 SOKiK, Urt. v. 27.10.2004, XVII Amc 67/03; SOKiK, Urt. v. 21.07.02005, XVII Amc 67/03. 189 Grzesiek, Niedozwolone klauzule, S. 123.

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

fordert und dieser der Forderung nicht nachkommt. Diese Voraussetzung dient dem Schutz des Reiseveranstalters. Diesem soll eine letzte Möglichkeit gegeben werden, den Mangel zu beseitigen und dadurch die Kündigung mit ihren weitreichenden Folgen zu verhindern. Es ist nicht notwendig, das Abhilfeverlangen mit der Androhung der Kündigung zu verbinden.190 Denn es ist in dem Abhilfeverlangen die Erklärung enthalten, dass nach fruchtlosem Fristablauf der Reisende negative Konsequenzen gegenüber dem Reiseveranstalter ziehen wird. 191 Im Übrigen handelt es sich um dasselbe Abhilfebegehren wie in § 651c Abs. 2, 3 BGB (Selbstabhilfe), 192 dessen Regelung bereits oben erörtert wurde. 193 Leistet der Reiseveranstalter hingegen vollständige Abhilfe, kann der Reisende das Kündigungsrecht nicht in Anspruch nehmen. Die Abhilfe muss den Mangel mindestens so beseitigen, dass die Erheblichkeitsschwelle des § 651e Abs. 1 BGB nicht mehr erreicht wird und die Kündigungsvoraussetzungen somit nicht mehr vorliegen.194 b) Entbehrlichkeit der Fristsetzung § 651e Abs. 2 Satz 2 BGB sieht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Fristsetzung vor. Demgemäß kann der Reisende sofort kündigen, ohne dem Reiseveranstalter die Frist zur Mängelbeseitigung zu bestimmen. Da diese Ausnahmeregelung gravierende und weitgehende Rechtsfolgen auslöst, ist dies nur in Ausnahmefällen möglich: wenn der Reiseveranstalter die Abhilfe verweigert, bei Unmöglichkeit der Abhilfe oder bei einer auf Grund des besonderen Interesses des Reisenden gerechtfertigten Kündigung. Gleichwohl ist der Reisende weiter dazu verpflichtet, den Mangel anzuzeigen und Abhilfe zu verlangen. Die Ausnahmeregelung gilt nur für die Fristsetzung. Um die Unmöglichkeit bzw. Verweigerung festzustellen oder dem Reiseveranstalter die Möglichkeit zu geben, den Mangel sofort zu beseitigen, muss der Reisende den Reiseveranstalter über den Mangel in Kenntnis setzen. 195 Die Fristsetzung ist nach der h.M.196 nur dann entbehrlich, wenn die Abhilfe objektiv unmöglich ist, also die Beseitigung des Mangels allgemein nicht machbar ist und nicht nur für den konkreten Reiseveranstalter unmöglich ist. 190

Staudinger/Staudinger (2011), § 651e Rn. 23; Seyderhelm, § 651e Rn. 25; Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 9. 191 Vgl. Eberle, DB 1989, 341 ff., 344. 192 Bartl, Reiserecht, Rn. 71; Bamberger/Roth/Geib, § 651e Rn. 7; Führich, Reiserecht, Rn. 370, S. 371; MünchKomm/Tonner, § 651e Rn. 13; Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 9. 193 S.o. Zweiter Teil B. II. 194 Seyderhelm, § 651e Rn. 26. 195 A.A. Staudinger/Staudinger (2011), § 651e Rn. 28 (Mängelanzeige entfällt). 196 Staudinger/Staudinger (2011), § 651e Rn. 29; MünchKomm/Tonner, § 651e Rn. 19; Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 10; Führich, Reiserecht, Rn. 371, S. 371; OLG Köln RRa 2001, 3; LG Koblenz RRa 2002, 215, 216.

C. Kündigungsrecht im deutschen und Rücktrittsrecht im polnischen Reiserecht 107

Die subjektive Unmöglichkeit sollte gleichermaßen zu der Entbehrlichkeit der Fristsetzung führen. Es ist ohne Bedeutung, ob der konkrete oder jeder Reiseveranstalter den Mangel nicht beseitigen kann. Auch die subjektive Unmöglichkeit führt dazu, dass die Fristsetzung sinnlos ist und dass das vertragliche Interesse des Reisenden nicht befriedigt werden kann. Die Pflicht zur Fristsetzung entfällt auch dann, wenn die Abhilfe vom Reiseveranstalter verweigert wird. Die Verweigerung muss ernsthaft und endgültig erklärt werden, sodass kein Zweifel an ihrer Eindeutigkeit besteht. 197 c) Kündigungserklärung Das deutsche Reiserecht enthält keine besonderen Vorschriften über die Ausübung des Kündigungsrechts, sodass die Kündigungserklärung nach allgemeinen Grundsätzen zu erfolgen hat198 (empfangsbedürftige Willenserklärung nach § 130 BGB). Die Erklärung bedarf weder einer Form199 noch einer Begründung200 und soll dem Vertragspartner bzw. einem von diesem bestimmten Empfangsboten oder Vertreter gegenüber abgegeben werden. Grundsätzlich wird dies gegenüber der örtlichen Reiseleitung geschehen, 201 die in der Regel gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB-InfoV als Vertretung bestimmt ist. Falls keine Reiseleitung vorhanden ist, ist es denkbar, die Kündigungserklärung gegenüber dem Leistungsträger als Empfangsboten 202 oder, wenn kein Kontakt sowohl mit dem Vertreter vor Ort als auch telefonisch203 oder per Fax mit der Zentrale in Deutschland in Betracht kommt, unmittelbar nach der Rückkehr abzugeben.204 Die Kündigungserklärung kann nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent205 durch ein Verhalten erfolgen, das genügend deutlich den Wille zur Beendigung des Reisevertrags zum Ausdruck bringt, 206 beispielsweise durch das Verlangen eines sofortigen Rückfluges207 oder durch Räumung der zugewiesenen Unterkunft und Rückflug.208 Wird der Reisende anderer Nationalität über die Einreisevorschriften nicht informiert und wird ihm die Einreise in ein Durchreiseland verweigert, ist mit seiner Rückreise eine Kündigung an197

Staudinger/Staudinger (2011), § 651e Rn. 30. Staudinger/Staudinger (2011), § 651e Rn. 33; Führich, Reiserecht, Rn. 372, S. 373; Erman/Schmid, § 651e Rn. 11. 199 Erman/Schmid, § 651e Rn. 11. 200 Führich, Reiserecht, Rn. 372, S. 373. 201 Vgl. Tempel, NJW 1986, 547 ff., 551 f. 202 Vgl. Tempel, NJW 1986, 547 ff., 551 f. 203 LG Düsseldorf RRa 2010, 25. 204 Vgl. AG Bad Homburg RRa 2001, 182. 205 Tonner, Der Reisevertrag, S. 170; OLG Frankfurt a.M. RRa 2006, 261. 206 Erman/Schmid, § 651e Rn. 11. 207 AG Bad Homburg RRa 2002, 17. 208 LG Frankfurt a.M. RRa 2000, 54. 198

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

zunehmen.209 Ob ein schlüssiges Verhalten als eine Kündigung angesehen werden kann, ist aus der Sicht des durchschnittlichen Empfängers zu bewerten.210 Die Kündigungserklärung ist gesetzlich mit keiner bestimmten Frist verknüpft. Nach der h.M.211 ist der Reisende verpflichtet, unverzüglich nach Ablauf der Frist – bzw. falls eine Fristsetzung entbehrlich ist, nach Kenntniserlangung bzgl. der Mängel – von dem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen. Wartet er mit der Kündigungserklärung, muss ihm nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB das Kündigungsrecht verwehrt werden.212 2. Regelung im polnischen Recht a) Fristsetzung Im polnischen Reiserecht fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung der Fristsetzung. Dies ist auf die Vorgaben der Pauschalreise-Richtlinie (Art. 5 Abs. 4) zurückzuführen, die ebenfalls keine Fristbestimmung als Voraussetzung enthalten. Im Vergleich zu Deutschland ist die polnische Regelung richtlinienkonform umgesetzt. Der Reisende hat gemäß Art. 16b Abs. 2 TourG die Pflicht, stets den Mangel mitzuteilen.213 Eine Fristsetzung für die Abhilfe wäre nach der Regelung des Art. 16a Abs. 2 TourG ohnehin überflüssig. Die Normierung ähnelt der des § 651e Abs. 2 BGB, nach dem die Fristbestimmung mangels Erfolgsaussichten auch entbehrlich ist, wenn die Abhilfe unmöglich ist bzw. verweigert wird oder ein besonderes Interesse des Reisenden besteht. Da das polnische Recht ein Rücktrittsrecht nur bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Ersatzleistung vorsieht, wäre eine Fristbestimmung zwecklos. Anders ist die Situation, wenn der Reiseveranstalter seine Verpflichtung zur Ersatzleistung aus Art. 16a Abs. 1 TourG überhaupt nicht erfüllt und dadurch in Verzug kommt. Unter diesen Umständen darf der Reisende gemäß Art. 491 § 1 ZGB dem Reiseveranstalter eine Frist zur Abhilfe setzen.214 Mit 209

LG Frankfurt a.M. RRa 2009, 222 f. Staudinger/Staudinger (2011), § 651e Rn. 33. 211 Führich, Reiserecht, Rn. 372, S. 373 (innerhalb einer angemessenen Zeit); Tempel, NJW 1986, 547 ff., 552; Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 11; a.A. Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 412 (rechtzeitige oder verspätete Rechtsausübung ohne Bedeutung für den Reiseveranstalter). 212 Tempel, NJW 1986, 547 ff., 552. 213 S.o. Zweiter Teil A.II.2.a). 214 Die gesetzte Frist soll angemessen in dem Sinne sein, dass sie einerseits dem Reiseveranstalter realistisch ermöglicht, die verzögerte Leistung zu erbringen, andererseits sollte sie das Interesse des Reisenden berücksichtigen, indem die Leistung wegen der zeitlichen Begrenzung der Reise möglichst schnell erbracht wird. 210

C. Kündigungsrecht im deutschen und Rücktrittsrecht im polnischen Reiserecht 109

der Fristbestimmung muss gleichzeitig eine ausdrückliche Rücktrittsandrohung verbunden werden. Erst nach erfolglosem Ablauf der Frist kann der Reisende vom Vertrag zurücktreten. b) Rücktrittserklärung Das polnische Reiserecht enthält, genau wie das deutsche, keine besonderen Vorschriften über die Ausübung des Rücktrittsrechts. Für die Rücktrittserklärung sind dementsprechend die allgemeinen Regeln zu beachten. Der Rücktritt vom Vertrag ist ein Rechtsgeschäft, das durch eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber der anderen Vertragspartei 215 bewirkt wird. Die Rücktrittserklärung muss dem Vertragspartner in einer Weise zugehen, die es diesem ermöglicht, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen (Art. 61 ZGB). 216 Ab dem Moment, in dem die Vertragspartei von der Willenserklärung Kenntnis erlangen konnte, ist die Willenserklärung für den Erklärenden bindend. Anders als im deutschen Rechtssystem, in dem die Kündigungserklärung formlos erfolgen kann, bedarf die Rücktrittserklärung nach den Art. 77 § 2 ZGB i.V.m. Art. 73 § 1 ZGB und Art. 14 Abs. 1 TourG der Schriftform. Nach Art. 77 § 2 ZGB bedürfen die Aufhebung, die Kündigung oder der Rücktritt von einem Vertrag, der schriftlich geschlossen wurde, ebenfalls der Schriftform. Das polnische Reiserecht schreibt für den Reisevertrag die Schriftform (ad probationem) vor (Art. 14 Abs. 1 TourG).217 Die Nichtwahrung dieser 215 Der Rücktritt bedarf einer empfangsbedürftigen Willenserklärung, denn sie ändert die Rechtssituation des Vertragspartners durch die Ausübung des Gestaltungsrechts, so auch die h.M., vgl. Łaszczuk/Szpara, Terminy do odstąpienia od umowy w ustawie o ochronie niektórych konsumentów, Palestra 2001, Nr. 3–4, S. 52 ff.; Szczygielska, Odstąpienie od umowy zawartej na odległość w prawie niemieckim i polskim, KPP 2003, H. 2, S. 415 ff.; a.A. Łętowska, Prawo umów, S. 244; Powałowski/Koroluk, Prawo ochrony konsumentów, S. 103 (Rücktrittserklärung bedarf keines Empfangs). 216 Es ist demgemäß nicht nötig, dass der Adressat von der Willenserklärung tatsächlich Kenntnis nimmt. 217 Die in Art. 73 ZGB geregelte Schriftform unterscheidet sich von der deutschen (§ 125 BGB) dahingehend, dass ein diese Form nicht beachtendes Rechtsgeschäft nur dann nichtig ist, wenn diese Rechtsfolge (ad solemnitatem) im Gesetz ausdrücklich geregelt worden ist. Das polnische Reiserecht sieht diese Rechtsfolge nicht vor. Wird der abgeschlossene Reisevertrag nicht schriftlich abgefasst, drohen nur Beweisschwierigkeiten (Sanktion ad probationem). Diese Sanktion bewirkt, dass im Falle eines Rechtsstreits hinsichtlich der Tatsache der Vornahme eines Rechtsgeschäfts ein Beweis durch Vernehmung von Zeugen oder Parteien unzulässig ist, es sei denn die Parteien stimmen dieser Vernehmung zu oder wenn ein Rechtsstreit zwischen dem Verbraucher und einem Unternehmen betroffen ist und der Erste solche Vernehmung fordert (Art 74 § 2 ZGB). Da der Reiserechtsstreit zwischen dem Verbraucher und Unternehmen stattfindet, ist die Sanktion ad probationem trotz Nichtwahrung der Schriftform demgemäß aufgehoben. Siehe dazu ausführlicher: Liebscher/Zoll, Einführung in das polnische Recht, 4. Teil, § 5 Rn. 58 ff.

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

Form führt nicht zur Nichtigkeit des Reisevertrages. Trotz der Nichtwahrung der für Beweiszwecke vorgeschriebenen Schriftform sind für den Verbraucher der Zeugenbeweis und der Beweis durch Parteienvernehmung beim Rechtsstreit mit dem Reiseveranstalter weiter zulässig (Art. 74 § 2 ZGB218). Aus diesem Grund kann die Ausübung des Rücktrittsrechts, trotz der vorgeschriebenen Schriftform, in jeder Form, auch konkludent (per facta concludentia)219 ausgedrückt werden, solange in ausreichender Weise der Wille des Reisenden zum Rücktritt erkennbar ist (Art. 60 ZGB). Die Rücktrittserklärung soll wie im deutschen Recht gegenüber dem Vertragspartner – dem Reiseveranstalter oder seinem örtlichen Vertreter – abgegeben werden (im Regelfall gegenüber dem Reiseleiter oder sog. Residenten). Der Reiseveranstalter ist demgemäß nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 TourG verpflichtet, vor Reiseantritt den Kunden über den Namen, die Adresse und die Telefonnummer seines örtlichen Vertreters zu informieren. IV. Rechtsfolgen 1. Rechtsfolgen der Kündigung (§ 651e BGB) a) Verlust des Anspruchs auf den Reisepreis Gemäß § 651e Abs. 3 Satz 1 BGB verliert der Reiseveranstalter aufgrund der Kündigung den Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Dies gilt auch für die schon ausgeführten Reiseleistungen.220 Eine Minderung des Reisepreises ist ausgeschlossen. 221 Wie schon oben näher ausgeführt wurde, 222 ist diese extunc-Wirkung dogmatisch mit dem Rechtsinstitut der Kündigung nicht vereinbar. Wurde der Reisepreis noch nicht gezahlt, verliert der Reiseveranstalter den Zahlungsanspruch. In der Regel wird der Preis bereits als Vorauskasse entrichtet. Ein Rückzahlungsanspruch ist in § 651e BGB nicht geregelt. Der Reisende kann jedoch sein Verlangen auf Rückzahlung des Reisepreises auf § 346 BGB stützen. Denn der Vertrag wandelt sich nach h.M.223 in ein Rückabwicklungsverhältnis um. 218

„Trotz Nichtwahrung der für Beweiszwecke vorgesehenen Schriftform sind jedoch der Zeugenbeweis sowie der Beweis durch Parteivernehmung zulässig, wenn beide Parteien damit einverstanden sind, wenn dies ein Verbraucher in einem Rechtsstreit mit einem Unternehmer verlangt oder wenn die Tatsache der Vornahme des Rechtsgeschäfts durch ein Schriftstück glaubhaft gemacht wird.“ 219 SO Warschau, Urt. v. 19.06.2002, V Ca 1030/12. 220 Erman/Schmid, § 651e Rn. 11. 221 Staudinger/Staudiger (2011), § 651e Rn. 35. 222 S.o. Zweiter Teil C. I. 2. 223 BGH NJW 1983, 33 ff. (Mauritius-Fall); Tonner, Der Reisevertrag, S. 170; MünchKomm/Tonner, § 651e Rn. 18; Erman/Schmid, § 651e Rn. 14; Führich, Reiserecht, Rn. 375, S. 374; Teichmann, JZ 1979, 737 ff., 741; Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 14; Bamberger/Roth/Geib, § 651e Rn. 10.

C. Kündigungsrecht im deutschen und Rücktrittsrecht im polnischen Reiserecht 111

b) Entschädigungsanspruch des Reiseveranstalters für die Reiseleistungen An die Stelle des Anspruchs auf die Vergütung wird dem Reiseveranstalter eine nach § 638 Abs. 3 BGB zu bemessende Entschädigungsforderung für die bereits erbrachten oder noch zu erbringenden Reiseleistungen gewährt (§ 651e Abs. 3 Satz 2 BGB). Es wird wie beim Minderungsrecht (§ 651d BGB) auf die Berechnungsgrundlage in § 638 Abs. 3 BGB verwiesen, sodass die mangelhafte Reiseleistung, welche der Grund für die Kündigung ist, bei der Berechnung der Entschädigung unberücksichtigt bleibt. 224 Die Verweisung auf § 638 Abs. 3 BGB hat die Probleme bei der Bemessung der Entschädigung in der Praxis nicht gelöst. Die Berechnung des wahren Werts der mangelfreien bzw. der mangelhaften Reiseleistungen ist praktisch unmöglich. Denn diese Informationen stellen ein betriebswirtschaftliches Geheimnis dar.225 Der Großteil der Literatur 226 und der Rechtsprechung227 nimmt eine zeitbezogene Teilvergütungsberechnung vor. Sofern sich die Reiseleistung in mangelfreie und nicht mangelfreie Teile zerlegen lässt, wird als Entschädigung der vertraglich vereinbarte Reisepreis bis zur Kündigung (gekürzt um die Minderung für die Reisemängel) zugrunde gelegt. 228 Wegen der reiserechtlichen Praxis (z.B. Berechnungsformeln der Minderung) wurde in der Literatur 229 folgende Formel entwickelt: X =

Reisepreis × tatsächliche Reisedauer - geminderter Reisepreis vereinbarte Reisedauer

Dem Reiseveranstalter steht jedoch kein Entschädigungsanspruch zu, soweit die Reiseleistungen für den Reisenden infolge der Kündigung nicht mehr von Interesse sind (§ 651e Abs. 3 Satz 3 BGB). Das gilt sowohl für bereits erbrachte als auch für die zur Beendigung der Reise noch zu erbringenden Reiseleistungen.230 Der Ausfall des Interesses sollte nach den Umständen des Einzelfalles bestimmt werden, wobei insbesondere die Schwere des Mangels und der vereinbarte Urlaubszweck in Betracht kommen.231 Diese Regelung ist, zu Recht, 224

MünchKomm/Tonner, § 651e Rn. 16. Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 15. 226 Tempel, NJW 1985, 97 ff., 102; MünchKomm/Tonner, § 651e Rn. 18; Führich, Reiserecht, Rn. 376, S. 375; Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651c Anm. 15; Isermann, Reisevertragsrecht, S. 155; Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 16; Seyderhelm, § 651e Rn. 42f. 227 LG Frankfurt a.M. NJW 1984, 1762; NJW-RR 1986, 55; RRa 2001, 76; RRa 2006, 72. 228 Vgl. MünchKomm/Tonner, § 651e Rn. 17f. 229 Führich, Reiserecht, Rn. 376, S. 375; krit. Staudinger/Staudinger (2011), § 651e Rn. 45. 230 Staudinger/Staudinger (2011), § 651e Rn. 49. 231 LG Frankfurt a.M. RRa 2000, 52; LG Düsseldorf RRa 2000, 28; AG Kleve NJW-RR 2001, 1562; Führich, Reiserecht, Rn. 377, S. 376. 225

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

nach Auffassung eines Teils der Literatur232 entbehrlich. Denn der Ausstrahlungseffekt des Reisemangels auf die restlichen Reiseleistungen wird bereits in der Berechnung nach § 651e Abs. 3 Satz 2 BGB berücksichtigt. § 651e Abs. 3 Satz 3 BGB stellt demzufolge eine unnötige Wiederholung dar. c) Pflichten des Reiseveranstalters nach der Vertragsaufhebung Trotz der Vertragsaufhebung infolge der Kündigung ist der Reiseveranstalter gemäß § 651e Abs. 4 BGB zur Vornahme weiterer notwendiger Maßnahmen verpflichtet. Die Vorschrift verordnet dem Reiseveranstalter nachwirkende Pflichten.233 Dazu gehört insbesondere die Rückbeförderung des Reisenden, solange der Reisevertrag diese umfasste. Obwohl die Vorschrift über die Art der Rückbeförderung schweigt, sollte sie den vertraglichen Vereinbarungen entsprechen.234 Andere Maßnahmen können beispielsweise die weitere Gewährung von Hotelaufenthalt und Pension bis zur Abreise bzw. zum Flughafentransfer etc. sein.235 Der Anspruch auf Rückbeförderung ist sofort fällig. 236 Der Reiseveranstalter hat daher den Rücktransport nach dem Normzweck unverzüglich, d.h. so schnell wie möglich zu organisieren. 237 Es wird i.d.R. angenommen, dass die Rückreise höchstens innerhalb von zwei Tagen veranlasst werden muss. 238 Der Reiseveranstalter hat gemäß § 651e Abs. 4 Satz 2 BGB die Mehrkosten für die notwendigen Maßnahmen zu tragen. Da der Reiseveranstalter für die die Vertragsaufhebung verursachenden Mängel haftet, erscheint diese Regelung gerechtfertigt. 239 Zu diesen Kosten zählen die Ausgaben für die Rückbeförderung, die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung (soweit der Reisevertrag diese Leistungen erfasste), Taxi- 240 und Telefonkosten etc. Stellt beispielsweise die Beförderung keinen Bestandteil des Reisevertrages dar, hat der Reiseveranstalter keine Rückbeförderung zu veranlassen. Da dennoch die Rückreise durch das vertragswidrige Verhalten des Reiseveranstalters verursacht wurde, kann der Reisende Ersatz der anfallenden Mehrkosten als Schadensersatz verlangen (§ 651f Abs. 1 BGB). 241 232

Staudinger/J. Eckert (2003), § 651e Rn. 50; Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 415. 233 Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 16; Führich, Reiserecht, Rn. 378, S. 377; MünchKomm/Tonner, § 651e Rn. 22. 234 Führich, Reiserecht, Rn. 379, S. 377. 235 Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651e Anm. 17; Erman/Schmid, § 651e Rn. 16. 236 Staudinger/Staudinger (2011), § 651e Rn. 63. 237 Erman/Schmid, § 651e Rn. 16. 238 MünchKomm/Tonner, § 651e Rn. 18; Isermann, Reisevertragsrecht, S. 641; AG Bad Homburg RRa v.d. H. 2002, 17. 239 Soergel/H.W. Eckert, § 651e Rn. 19; Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 415. 240 LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1991, 1205. 241 MünchKomm/Tonner, § 651e Rn. 24.

C. Kündigungsrecht im deutschen und Rücktrittsrecht im polnischen Reiserecht 113

Kommt der Reiseveranstalter seinen nachwirkenden Pflichten aus § 651e Abs. 4 BGB nicht oder nicht rechtzeitig nach, obwohl der Reisende eine angemessene Frist gesetzt hat, kann dieser zur Selbsthilfe analog § 651c Abs. 3 BGB greifen und von dem Reiseveranstalter die Erstattung der Kosten verlangen.242 2. Rechtsfolgen des Rücktritts (Art. 16a Abs. 3 und 4 TourG) a) Rückgewähr der erhaltenen Leistungen Die allgemeinen Rechtsfolgen des rechtmäßigen Rücktritts sind in Art. 474 ZGB zu finden. Gemäß dieser Vorschrift müssen beide Vertragsparteien die erhaltenen Leistungen zurückgewähren. Diese Rückgewähr der empfangenen Leistungen hat grundsätzlich in Natur zu erfolgen.243 Für Leistungen, die ihrer Art nach nicht in natura zurückgegeben werden können (etwa für Reisen), ist dann statt der Rückgewähr Wertersatz geschuldet. Eine andere Meinung, die im Schrifttum vertreten wird, ist aus systematischen Gründen inkorrekt, denn sie steht mit den Rechtsfolgen des Rücktritts nicht im Einklang. Danach soll im Falle des Rücktritts vom Reisevertrag dem Reisenden eine volle Entschädigung für die Nichterfüllung des Reisevertrages, die den ganzen oder einen Teil des Reisepreises und die Erstattung von anderen Kosten enthält, ausgezahlt werden.244 Diese Rechtsfolge gilt für beide Rücktrittsgründe, sowohl beim Rücktritt wegen der Ablehnung der Ersatzleistung aus triftigem Grund (Art. 16a Abs. 3 Satz 2 TourG) als auch wegen der Unmöglichkeit der Ersatzleistung (Art. 16a Abs. 4 TourG). Im letzteren Fall ist der Entschädigungsanspruch des Reisenden unter bestimmten Umständen ausgeschlossen. b) Entschädigungsanspruch des Reisenden Gemäß Art. 16a Abs. 3 Satz 2 TourG, der mit dem allgemeinen Grundsatz des Art. 474 ZGB übereinstimmt, ist der Reisende im Falle des Rücktritts vom Reisevertrag auch zum Schadensersatz berechtigt. Lehnt der Reisende also aus berechtigten Gründen die angebotene Ersatzleistung ab und tritt vom Reisevertrag zurück, kann er den ihm durch die Nichterfüllung des Vertrages entstandenen Schaden ersetzt verlangen. Da das TourG über die Voraussetzungen und den Umfang dieses Schadensersatzanspruches schweigt, kommen hier über Art. 11 TourG die allgemeinen Vorschriften aus dem ZGB zur Anwendung. Art. 471 ZGB stellt den wichtigsten Grundsatz für die vertragliche Schadensersatzpflicht dar. Demgemäß ist der Reiseveranstalter dazu verpflichtet, 242

Erman/Schmid, § 651e Rn. 17; MünchKomm/Tonner, § 651e Rn. 18. Radwański/Dąbrowa, System prawa cywilnego, S. 825. 244 Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 81. 243

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

den durch die Nicht- oder Schlechterfüllung des Reisevertrages entstandenen Schaden zu ersetzen.245 Darunter fallen vor allem die Mehrkosten für notwendige Maßnahmen, beispielsweise Kosten der Rückbeförderung, falls diese nicht durch den Reiseveranstalter geleistet wurde, Kosten für zusätzliche Unterkunft, Verpflegung, Taxikosten etc. Dieselben Regeln gelten im Falle des Rücktritts wegen Unmöglichkeit der Ersatzleistung. Jedoch sind hier die Haftungsausschlüsse aus Art. 16a Abs. 4 TourG, die eine Spezialregelung zu der Verschuldensvermutung aus Art. 471 ZGB darstellen, zu berücksichtigen. Die Verpflichtung zur Auszahlung der Entschädigung scheidet demgemäß aus, wenn die Unmöglichkeit der Ersatzleistung auf: 1) Handlungen oder Unterlassungen von an der Erbringung der Ersatzleistung nicht beteiligten Dritten, solange diese Handlungen oder Unterlassungen nicht vorhersehbar oder vermeidbar gewesen wären, oder 2) höhere Gewalt zurückzuführen ist. Der Umfang des Schadensersatzes ist nach den allgemeinen in Art. 361 ZGB246 enthaltenen Grundsätzen festzustellen. 247 Gemäß Art. 361 § 1 ZGB haftet der Reiseveranstalter für die normalen Folgen der schadensstiftenden Handlung oder Unterlassung (Theorie der adäquaten Kausalität). Gemäß Art. 361 § 2 ZGB ist das positive Interesse zu ersetzen, nämlich die Einbußen, die der Geschädigte erlitten hat (damnum emergens), und den Gewinn, den er hätte ziehen können, wenn ihm der Schaden nicht zugefügt worden wäre (lucrum cessans), wobei ein Gewinn, auch wenn der Reiseveranstalter den Reisevertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte, kaum vorstellbar ist. 248 c) Rückbeförderung des Reisenden Trotz der Aufhebung des Vertrages muss sich der Reiseveranstalter weiter um den Reisenden kümmern. Analog zu § 651e Abs. 4 BGB ist er gemäß Art. 16a Abs. 2 TourG zur Rückbeförderung des Reisenden verpflichtet, solange der Reisevertrag diese umfasste. Demgemäß muss der Reiseveranstalter den Reisenden ohne zusätzliche Kosten zum Ausgangspunkt oder zu einem 245

Zur Übersetzung des Art. 471 ZGB s. Erster Teil, Fußnote 270. Art. 361 ZGB: „§ 1. Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, haftet nur für die normalen Folgen der schadensstiftenden Handlung oder Unterlassung. § 2. Der Schadensersatz umfasst mangels abweichender Gesetzesvorschriften oder Vertragsvereinbarungen innerhalb der oben genannten Grenzen die Einbußen, die der Geschädigte erlitten hat, sowie die Vorteile, die er hätte erziehen können, wenn ihm der Schaden nicht entstanden wäre.“ 247 SO Warschau, Urt. v. 15.2.2013, V Ca 3048/12, (zuletzt abgerufen am 25. Oktober 2015). 248 So auch Lindner, Verbraucherschutz in der Transformation, S. 89. 246

C. Kündigungsrecht im deutschen und Rücktrittsrecht im polnischen Reiserecht 115

anderen vereinbarten Ort zurücktransportieren. In Polen wurde – im Gegensatz zum deutschen Reiserecht – die Art des Rücktransports normiert. Sie soll nicht von schlechterer als der vertraglich vereinbarten Qualität sein. Diese Regelung kann zweifach interpretiert werden. Einerseits könnte sie bedeuten, dass die Rückbeförderung von gleicher oder besserer Art als der ursprünglich vereinbarte Transport sein muss. Wurde beispielsweise im Rahmen der Pauschalreise die Flugbeförderung in der ersten Klasse gebucht, soll der Reisende infolge des Rücktritts auch in ersten Klasse zurückfliegen. Andererseits könnte sie derart interpretiert werden, dass die Reiseveranstalter die Art und Bedingungen des eventuellen Rücktransports im Falle eines Rücktritts vertraglich bestimmen können. Diese Auslegung ist jedoch abzulehnen. Sie würde dem Reiseveranstalter die Möglichkeit geben, die Rückbeförderung in niedrigerer Qualität zu leisten.249 d) Kein Anspruch des Reiseveranstalters auf zusätzliche Leistungen Schließlich hat der Reiseveranstalter gemäß Art. 16a Abs. 3 Satz 1 TourG aufgrund des Rücktritts des Reisenden keine weiteren Ansprüche. Das gilt vor allem für die Zahlung einer Vertragsstrafe. Vermutlich hat der Gesetzgeber in dieser Vorschrift die Zahlung der Vertragsstrafe ausdrücklich als Beispiel vorgebracht, um die negativen Praktiken der Reiseveranstalter abzustoppen. Der Ersatz des Schadens, der durch die Nicht- oder Schlechterfüllung einer nicht in Geld bestehenden Verbindlichkeit entstanden ist, kann durch die Bezahlung eines bestimmten Betrags erfolgen, wenn dies gemäß Art. 483 ZGB im Vertrag vereinbart wird. In diesem Fall kann die Verpflichtung des Reisenden zur Bezahlung der Vertragsstrafe nicht entstehen. Denn er ist zur Fortsetzung der Reise nicht verpflichtet, und die Ausübung des Rücktrittsrechts stellt keine Nicht- oder Schlechterfüllung dar.250 Der Gesetzgeber fügte dieses Beispiel nur aus präventiven Gründen ein, um die Reiseveranstalter davon abzuhalten, zusätzliche Kosten und Strafen in ihre AGB aufzunehmen. V. Zusammenfassung Die Regelung des Aufhebungsrechts in den untersuchten Ländern ist in ihrem materiellen Gehalt im Wesentlichen ähnlich. Der erste auffallende Unterschied besteht in der verwendeten Terminologie. Der deutsche Gesetzgeber entschied sich für eine Qualifizierung als Kündigungsrecht, der polnische hingegen bezeichnet dies als Rücktrittsrecht. Die Analyse der Rechtsfolgen führt zu dem Ergebnis, dass auch in Deutschland dieses Recht als „modifiziertes Rücktrittsrecht“ einzuordnen ist. 249 250

Cybula, Usługi turystyczne, S. 258. So auch Cybula, Usługi turystyczne, S. 259.

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Zweiter Teil – Mängelrechte nach Reiseantritt

Beide Systeme setzen eine „Erheblichkeitsschwelle“ für den Gebrauch des Rücktrittsrechts voraus. In Polen wird von der Nichterbringung eines erheblichen Teils der Leistungen und in Deutschland von einer erheblichen Beeinträchtigung gesprochen. Die Regelung greift dann ein, wenn die Abhilfe nicht geleistet wurde bzw. unmöglich ist. Ansonsten ist der Reisende nach der Regelung in beiden Ländern zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, wenn die angebotene Abhilfeleistung aus berechtigten Gründen unzumutbar ist. Im Allgemeinen entsprechen die materiellen Voraussetzungen weitgehend dem Regelungsgehalt der Pauschalreise-Richtlinie. Mit Blick auf die formellen Voraussetzungen zeigt sich ein wesentlicher Unterschied. In Deutschland ist der Reisende erst dann zur Kündigung berechtigt, wenn er dem Reiseveranstalter eine Frist zur Abhilfe gesetzt hat und diese erfolglos verstrichen ist. In Polen ist der Reisende nur zur Mängelanzeige verpflichtet, nicht aber zur Fristsetzung oder zum Begehren der Abhilfe. Da die Pauschalreise-Richtlinie keine ausdrückliche Regelung über das Abhilfebegehren oder die Fristsetzung enthält, ist die Regelung in Deutschland als richtlinienwidrig anzusehen, denn sie stellt das Rücktrittsrecht unter zusätzliche Voraussetzungen. Dies erlaubt die Pauschalreise-Richtlinie in diesem Fall nicht. Aus diesem Grund sollten die Fristbestimmung und das Abhilfebegehren nach richtlinienkonformer Auslegung des deutschen Reiserechts nicht mehr verlangt werden. Im Übrigen weisen die formellen Voraussetzungen keine Unterschiede auf. Die Rechtsfolgen sind trotz unterschiedlicher Regelung vergleichbar. Zwar bezeichnet der deutsche Gesetzgeber dieses Rechtsinstitut als Kündigungsrecht, die Rechtsfolgen sind jedoch dem Rücktrittsrecht ähnlich. Demgemäß verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den Reisepreis, erhält jedoch einen Anspruch auf Entschädigung für erbrachte oder noch zu erbringende Reiseleistungen. In Polen wird hingegen bei der Ausübung des Rücktrittsrechts eine ex-tunc-Wirkung angenommen. Dementsprechend müssen sich die Vertragsparteien alle bisher erhaltenen Leistungen zurückgewähren. Im Ergebnis ist die Summe der zurückerhaltenen Leistungen bzw. Zahlungen gleich, obwohl der Rechtsgrund dafür unterschiedlich ausgestaltet ist. Beiden Rechtssystemen ist ferner die Regelung der Pflichten des Reiseveranstalters nach der Vertragsaufhebung, insbesondere die Pflicht zur Rückbeförderung, gemein.

Dritter Teil

Mängelrechte nach Reiseende Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

A. Recht auf Minderung A. Recht auf Minderung

I.

Allgemeine Hinweise

1. Regelung Das Recht auf Minderung des Reisepreises spielt eine zentrale Rolle im reiserechtlichen System 1 und stellt in der Praxis das am häufigsten ausgeübte Mängelrecht dar.2 Mit diesem charakteristischen Anspruch mindert sich der Reisepreis für die Dauer des Mangels, wenn die Reise im Sinne der reiserechtlichen Regelung beider Länder mangelhaft ist. Die Regelung dieses Rechts befindet sich im deutschen Reiserecht in § 651d BGB, im polnischen in Art. 16a Abs. 1 Satz 2 TourG. In Deutschland tritt die Minderung des Reisepreises bei Erfüllung aller Voraussetzungen kraft Gesetzes, ohne besondere Willenserklärung des Berechtigten, ein. 3 Im Gegensatz dazu gewährt das TourG das Recht zur Minderung unter den dort genannten Voraussetzungen nur auf Verlangen des Reisenden. 2. Normzweck Das Minderungsrecht zielt auf die Fortsetzung der Reise ab, denn trotz der Nichtbeseitigung des Reisemangels wird das Vertragsverhältnis weitergeführt.4 Die Abhilfe und Selbstabhilfe dienen hingegen der geschuldeten Erfüllung des Reisevertrages, wobei das Kündigungs- und Rücktrittsrecht als weitergehende Mängelrechte das Schuldverhältnis beenden. Durch die Pflicht zur Mängelanzeige wird in beiden untersuchten Rechtssystemen dem Reiseveranstalter noch eine Möglichkeit gegeben, den Mangel zu beseitigen. Führt er trotz der Mängelanzeige den vertragsgerechten Zustand nicht herbei, muss er mit der Herabsetzung des Reisepreises wegen Schlechterfüllung rechnen. Die Minderung soll das Äquivalenzverhältnis zwischen dem i.d.R. bereits als 1

Isermann, NJW 1988, 873 ff., 877; Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 350; ausf. Tempel, NJW 1985, 97 ff. 2 Isermann, Reisevertragsrecht, S. 104. 3 Tempel, NJW 1986, 547 ff., 548; Jauernig/Teichmann, § 651d Rn. 1. 4 Tempel, NJW 1986, 547 ff., 548.

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

Vorauskasse bezahlten Reisepreis und der Reise, die wegen des Mangels eine niedrigere Qualität aufweist, wahren.5 3. Verhältnis zu anderen Mängelrechten Das Minderungsrecht besteht in beiden untersuchten Ländern neben dem Abhilfe- und Selbstabhilfeanspruch. Greift der Reisende während der Reise zur Abhilfe bzw. Selbstabhilfe, kann er von der Minderung Gebrauch machen, solange der Mangel vorhanden ist.6 Ist die Abhilfe erfolgreich, so tritt die Minderung lediglich für die Dauer der Beeinträchtigung durch den Mangel ein. Es kann auch passieren, dass die Erheblichkeit des Reisemangels sich auf den mangelfreien Teil der Reise auswirkt. 7 Macht der Reisende von dem Kündigungsrecht gemäß § 651e BGB Gebrauch, steht ihm gleichzeitig kein Recht zur Minderung des Reisepreises zu. Das ergibt sich daraus, dass der Reiseveranstalter wegen der wirksamen Kündigung seinen Anspruch auf den Reisepreis verliert8 und eine zusätzliche Minderung des nicht zu bezahlenden Reisepreises widersprüchlich wäre. Allerdings kann der Wert der mangelhaften Reiseleistungen im Rahmen der durch den Reisenden zu leistenden Entschädigung für die erbrachten Leistungen gemindert werden.9 Dieselbe Regel gilt im polnischen Reiserecht. Tritt der Reisende von dem Reisevertrag zurück, dann müssen die Vertragsparteien die erhaltenen Leistungen zurückgewähren. Wegen der Art der Reise muss der Reisende i.d.R. Wertersatz für die erhaltenen Reiseleistungen zahlen. Hier kann die Preisminderung berücksichtigt werden, also der Wert der Reiseleistungen kann gemindert werden, wenn diese mit einem Mangel behaftet waren. Das Verhältnis zwischen Minderung und dem Schadensersatz ist im deutschen Recht ausdrücklich in § 651f Abs. 1 BGB geregelt. Demnach kann Schadensersatz „unbeschadet der Minderung“ verlangt werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass derselbe Vermögensverlust nicht doppelt, d.h. im Wege der Minderung und des Schadensersatzes, ausgeglichen werden kann.10 Dieselbe Regel bezüglich des Verhältnisses gilt im polnischen Reiserecht, obwohl es nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt ist. Die Höhe der Minderung wird durch den Reisepreis beschränkt. Der Schadensersatz kann über die 5

Vgl. Pick, Reiserecht, § 651d Rn. 1. Siehe u.a. Tonner, Der Reisevertrag, S. 158; Soergel/H.W. Eckert, § 651d Rn. 2. 7 BGH NJW 2000, 1188 ff. (Ein Reisender erlitt bei einem Reitausflug eine erhebliche Verletzung und verstarb daraufhin. Dieser Vorfall begründete einen Reisemangel, der so beschaffen war, dass der Geschädigte und seine Familie auch von dem Teil der Reise, der zeitlich vor dem Unfall lag, keinen Nutzen mehr hatten.) 8 AG Baden-Baden RRa 1999, 166. 9 Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651d Anm. 7. 10 BGH NJW 1985, 133; Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651d Anm. 2; MünchKomm/Tonner § 651d Rn. 3. 6

A. Recht auf Minderung

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Höhe des Reisepreises hinausgehen. Dieselbe Beeinträchtigung kann allerdings wie in Deutschland nicht doppelt ausgeglichen werden. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass nach dem deutschen Recht die Regelung der Minderung Vorrang hat. Denn sie ist, im Gegensatz zu dem Schadensersatzanspruch, verschuldensunabhängig. Nach dem polnischen Rechtssystem haftet der Reiseveranstalter bezüglich beider Ansprüche verschuldensunabhängig. Es ist anzumerken, dass diese beiden Ansprüche gemischt und i.d.R. in einem Anspruch gebündelt werden. Die Reisenden fordern danach eine Entschädigung in Form von Minderung des Reisepreises und ggf. eine darüber hinausgehende Entschädigung. 11 II. Voraussetzungen 1. Regelung im deutschen Recht a) Reisemangel Die Reisepreisminderung tritt kraft Gesetzes ein. Allerdings muss ein Reisemangel im Sinne des § 651c Abs. 1 BGB als materielle Voraussetzung vorliegen. Das ist dann der Fall, wenn entweder der Nutzen der Reise durch einen Fehler beeinträchtigt wird oder wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt. Bezüglich des Reisemangels gilt das oben Gesagte. 12 Darüber hinaus ist der Reisende zur Anzeige des Mangels nach § 651d Abs. 2 BGB verpflichtet. b) Mängelanzeige Eine Voraussetzung der Minderung ist weiterhin die Mängelanzeige. 13 Gemäß § 651d Abs. 2 BGB, der diese formelle Voraussetzung enthält, 14 tritt die Minderung nicht ein, wenn der Reisende schuldhaft versäumt, den Mangel beim Reiseveranstalter anzuzeigen. Der Reiseveranstalter ist dazu verpflichtet, bei oder unmittelbar nach Vertragsschluss in den AGB oder in der Reisebestätigung den Reisenden darüber zu belehren (§ 6 Abs. 2 Nr. 7 BGB-InfoV). 11 SO Warschau, Urt. v. 27.3.2013, V Ca 3475/12, (zuletzt abgerufen am 29. Oktober 2015); SO Warschau, Urt. v. 15.2.2013, V Ca 3048/12, (zuletzt abgerufen am 29. Oktober 2015). 12 S.o. Erster Teil D. II. 13 Obliegenheiten dieser Art existierten bereits vor Inkrafttreten des Reisegesetzes im Jahre 1979, Staudinger/Staudinger (2011), § 651d Rn. 11; Bartl, Reiserecht, Rn. 58; ders., NJW 1978, 729 ff., 731. 14 Vgl. BGH NJW 1985, 133; LG Hannover NJW 1984, 1627; LG Frankenthal NJWRR 2009, 641; Führich, Reiserecht, Rn. 290, S. 257; MünchKomm/Tonner, § 651d Rn. 7. Es wird auch vereinzelt die Auffassung vertreten, dass es ein Ausschlusstatbestand darstellt, vgl. LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1986, 540, 541; RRa 2007, 27, 28; Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651d Anm. 10; Löwe, Pauschalreiserecht, S. 92.

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

Die Mängelanzeige muss streng vom Abhilfeverlangen gemäß § 651c Abs. 2 Satz 1 BGB unterschieden werden. Jedes Abhilfebegehren enthält eine Mängelanzeige, umgekehrt gilt es aber nicht.15 Der Grund für die Einführung dieser Voraussetzung liegt in der Eigentümlichkeit der Erbringung von Reiseleistungen durch den Reiseveranstalter, der i.d.R. seine Verpflichtungen durch Leistungsträger erfüllt. In diesem Fall ist es einfach, sich vorzustellen, dass das Vorliegen von Mängeln dem Reiseveranstalter verborgen bleibt. Um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, den Mangel zu beseitigen und die Mängelansprüche möglichst gering zu halten, wird der Reisende dazu verpflichtet, den Reiseveranstalter über die Beeinträchtigungen zu informieren.16 Der Mangel ist grundsätzlich gegenüber dem Reiseveranstalter bzw. seinem Vertreter vor Ort anzuzeigen. 17 Die Leistungsträger sind i.d.R. weder Vertreter noch Empfangsboten des Reiseveranstalters, 18 es sei denn, es ist kein Vertreter vor Ort vorhanden oder dieser ist auch nach mehreren Versuchen nicht erreichbar.19 Für ihre Wirksamkeit bedarf die Mängelanzeige keiner Form.20 Eine AGB-Klausel, die eine Form vorschreibt oder eine Pflicht zur Mitwirkung bei der Erstellung von Beanstandungs- oder Mängelprotokollen, verstößt gegen § 651m Satz 1 BGB und ist daher unwirksam. 21 Mängelprotokolle spielen eine wesentliche Rolle in der Praxis, denn sie werden regelmäßig von der Reiseleitung benutzt. Ihr Beweiswert ist allerdings umstritten und schwankt zwischen vorbehaltloser Beweiskraft und lediglich Beweiskraft bzgl. der Kenntnisnahme des Reiseveranstalters von dem Mangel. 22 Eine so weitgehende Auffassung, dass der Reiseveranstalter mit der Erfassung im Protokoll den Mangel nicht bestreitet, ist abzulehnen. Das Protokoll dient nämlich lediglich dem Beweis, dass der Reisende den Mangel wirksam angezeigt hat. Der Reiseveranstalter kann danach auf die Anzeige reagieren, das Bestehen von Mängeln überprüfen und gegebenenfalls eine Entscheidung treffen, ob er die Mängel beseitigen oder sich mit der Minderung des Reisepreises begnügen will. 15

LG Hamburg RRa 2002, 214. Vgl. Staudinger/Staudinger (2011), § 651d Rn. 15; Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 352. 17 Zur Auseinandersetzung über den Adressaten des Abhilfebegehrens s. eingehend Zweiter Teil A. IV. 1. b). 18 OLG Koblenz RRa 2010, 21. 19 LG Duisburg RRa 2006, 113; Tonner et al./Lindner/Schulz, § 651d Rn. 10. 20 Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651d Anm. 16; MünchKomm/Tonner, § 651d Rn. 7. 21 BGH NJW 1984, 1752; MünchKomm/Tonner, § 651d Rn. 7; Führich, Reiserecht, Rn. 293, S. 258; Staudinger/Staudinger (2011), § 651d Rn. 19. 22 Vgl. Führich, Reiserecht, Rn. 294, S. 259; Staudinger/Staudinger (2011), § 651d Rn. 21 ff. 16

A. Recht auf Minderung

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c) Entbehrlichkeit der Mängelanzeige In § 651d BGB ist die gesetzliche Ausnahme vom Erfordernis der Mängelrüge enthalten. Unterlässt der Reisende schuldlos den Mangel anzuzeigen, verliert er sein Minderungsrecht nicht. Ein schuldloses Versäumnis liegt beispielsweise bei Krankheit oder Behinderung, Minderjährigkeit des Reisenden, Nichtvorhandensein der Reiseleitung23 vor. Darüber hinaus sind in Abwesenheit ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen mehrere Ausnahmen entwickelt worden, bei denen die Notwendigkeit der Mängelanzeige entfällt. 24 Sie beruhen auf der Überlegung, dass unter bestimmten Umständen die Schutzbedürftigkeit des Reiseveranstalters25 im Hinblick auf das Ziel der Regelung (Kenntnis des Mangels) entfällt. Die Mängelanzeige ist demnach dann entbehrlich, wenn der Reisemangel dem Reiseveranstalter bereits bekannt ist.26 In dieser Situation wäre eine weitere Mängelanzeige sinnlos, denn der Reiseveranstalter soll gleich nach der Kenntnis des Reisemangels sich darum bemühen, diesen zu beseitigen. Er ist nämlich zur vertragsgemäßen Erfüllung verpflichtet. Es ist auch ohne Bedeutung, dass eine durch denselben Reisemangel verursachte Beeinträchtigung von einzelnen Reisenden verschieden wahrgenommen wird. Die Kenntnis des Mangels durch den Reiseveranstalter ist insbesondere bei Offenkundigkeit anzunehmen, wie bei einem Streik der Lotsen bei einer Kreuzfahrt in Norwegen, derentwegen das Ausflugsprogramm im Wesentlichen entfallen muss. Hier ist der Mangel dem Reiseveranstalter offensichtlich bekannt und es wäre sinnlos, wenn hunderte von Reisenden den offenkundigen Mangel dem Reiseveranstalter anzeigen müssten. Dasselbe gilt, wenn ein anderer Mitreisender denselben Mangel bereits angezeigt hat. 27 Der Reiseveranstalter kann den Mangel schon aus seinem Organisationsbereich oder infolge gezielten Handelns kennen, wie bei Überbuchung des Hotels. Darüber hinaus ist die Mängelanzeige dann nutzlos, wenn die Abhilfe offensichtlich nicht möglich ist. 28 23 Tempel, NJW 1986, 547 ff., 553; Martis, MDR 2003, 191 ff., 193; LG Duisburg RRa 2006, 113. 24 Führich, Reiserecht, Rn. 297, S. 261. 25 Führich, Reiserecht, Rn. 297, S. 261; Hofbauer, Die mangelhafte Reiseleistung, S. 354. 26 So auch zu Recht Führich, Reiserecht, Rn. 297, S. 261; a.A. LG Düsseldorf RRa 2005, 64; LG Duisburg RRa 2006, 22; 2008, 171; LG Frankfurt a.M. RRa 2008, 80 (die Mängelanzeige ist auch dann erforderlich, wenn der Reiseveranstalter die Mängel bereits kannte, denn jeder Reisende kann eine Beeinträchtigung unterschiedlich empfinden). Zum Streitstand Tonner et al./Lindner/Schulz, § 651d Rn. 15 f. 27 Seyderhelm, § 651c Rn. 116. 28 Soergel/H.W. Eckert, § 651d Rn. 7; Führich, Reiserecht, Rn. 297, S. 261; LG Hannover RRa 2010, 29; OLG Düsseldorf RRa 2004, 66; AG Baden-Baden RRa 1994, 12; LG Frankfurt a.M. RRa 2008, 27.

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

2. Regelung im polnischen Recht a) Niedrigere Qualität der Ersatzleistung Die Minderung wird im polnischen Reiserecht im Gegensatz zum deutschen in keiner besonderen Vorschrift geregelt. Sie folgt aus der Normierung der Abhilfe durch die Ersatzleistung in Art. 16a Abs. 1 TourG. Die Vorschrift ist dem Art. 4 Abs. 7 der Pauschalreise-Richtlinie ähnlich, wenn auch die Richtlinie dort die Entschädigung regelt, deren Höhe dem Wertunterschied zwischen der vorgesehenen und der erbrachten Dienstleistungen entspricht. 29 Allerdings wird oftmals die erwähnte Entschädigung als Minderung angesehen und bezeichnet.30 Im Gegensatz zur deutschen Regelung tritt die Minderung in Polen nicht kraft Gesetzes ein, sondern erfolgt auf Verlangen des Reisenden. Ich bin der Meinung, dass nach Art. 4 Abs. 7 der Pauschalreise-Richtlinie die Entschädigung in Form der Minderung automatisch ohne zusätzliche Erklärung des Reisenden eintreten soll. 31 In Polen ist eine solche Erklärung jedoch nötig. Deshalb wurde diese Vorschrift unzureichend umgesetzt. Die Minderung sollte kraft Gesetzes, wie in Deutschland, eintreten. Gemäß Art. 16a Abs. 1 TourG ist der Reiseveranstalter, der Dienstleistungen, die einen wesentlichen Teil des Reisevertrages darstellen, nicht erfüllt, zur Erbringung von angemessenen Ersatzleistungen verpflichtet. Ist die Qualität der Ersatzleistungen im Vergleich zu den vertragsgemäßen Dienstleistungen niedriger, kann der Reisende eine Minderung des Reisepreises verlangen. Solche Klauseln, die dem Reiseveranstalter Änderungen im Reiseprogramm erlauben und gleichzeitig Ansprüche des Reisenden ausschließen, sind unzulässig. 32 Bezüglich der Ersatzleistung wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.33 Die Minderung steht dem Reisenden nach dem polnischen Recht nicht nur nach der Abhilfe des Reiseveranstalters zu. Der Wortlaut des Art. 16a Abs. 1 TourG weist darauf hin, dass die Minderung nur in dem Fall greift, wenn 29

Wohlgemerkt weist die deutsche Übersetzung der Pauschalreise-Richtlinie einen wesentlichen Unterschied zur englischen Version auf, Letztere spricht über „den Unterschied zwischen den vorgesehenen und den erbrachten Dienstleistungen“ (so auch die polnische Version), die deutsche Fassung spricht jedoch vom „Unterschied zwischen dem Preis der vorgesehenen und der erbrachten Dienstleistungen“. 30 Abeltshauser, EWS 1991, 97 ff., 99; Rössler, Reisegewährleistungsrecht, S. 209. 31 So auch Rössler, Reisegewährleistungsrecht, S. 210. 32 SOKiK, Urt. v. 20.10.2001, XVII Amc 91/03, MSiG 2005, Nr. 93, Pos. 5237 (Der Reiseveranstalter hat sich ein Recht auf Änderung des Hotels in ein anderes Hotel mit demselben Standard vorbehalten); SOKiK, Urt. v. 20.12.2004, XVII Amc 97/03, MSiG 2005, Nr. 161, Pos. 9795 (Recht auf Änderung des Reiseprogramms oder des Hotels vom selben Standard). 33 S.o. Zweiter Teil A. II. 2. b) ff. und Zweiter Teil A. III. 2. b) ff.

A. Recht auf Minderung

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erstens vertragliche Dienstleistungen, die einen wesentlichen Teil des Programms darstellen, nicht erbracht werden können und deswegen eine Ersatzleistung angeboten wird und zweitens wenn die Qualität der Ersatzleistung im Vergleich zu den vereinbarten Bedingungen niedriger ist. Dem Reisenden steht jedoch das Minderungsrecht in jedem Fall zu, wenn die erhaltene Reiseleistung, die einen wesentlichen Teil des Reiseprogramms darstellt, von niedrigerer Qualität als die vereinbarte Reiseleistung ist. b) Mängelanzeige Der Reisende ist stets durch das Gesetz verpflichtet, das Vorliegen eines Reisemangels anzuzeigen. Diese Pflicht ist nicht unmittelbar mit dem Minderungsrecht verbunden, es ist vielmehr ausdrücklich in einer separaten Vorschrift (Art. 16b Abs. 1 TourG) geregelt. Im Gegensatz zur deutschen Regelung stellt die Mängelanzeige keine formelle Voraussetzung des Minderungsrechts, sondern lediglich eine Obliegenheit dar. Rügt der Reisende den Mangel nicht, führt es nicht automatisch zum Verlust des Minderungsrechts. Allerdings kann die fehlende Anzeige negative Konsequenzen für den Reisenden haben, insbesondere kann ihn ein Mitverschulden gemäß Art. 362 ZGB treffen. Denn der Schaden könnte geringer sein, wenn er den Mangel rechtzeitig angezeigt hätte. Darüber hinaus kann die fehlende Anzeige zu Beweisschwierigkeiten führen. Allerdings verliert er sein Minderungsrecht nicht, weil er den Mangel nicht angezeigt hat. Die Mängelanzeige wurde oben bereits detailliert dargestellt. 34 c) Erklärung Wie bereits vorher erwähnt wurde, tritt die Minderung nach dem polnischen Recht nicht automatisch – kraft Gesetzes – ein, sondern es ist eine Erklärung des Reisenden nötig. Diese soll gemäß Art. 16b Abs. 3 TourG im Beanstandungsschreiben enthalten sein. Die Reklamation ist während der Reise oder spätestens 30 Tage nach dem Reiseende beim Reiseveranstalter einzureichen. Sie soll die Mängel und die damit verbundenen Forderungen enthalten. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Ausführungen zum Reklamationsschreiben verwiesen.35 Darüber hinaus soll nochmals betont werden, dass gemäß der Regelung in der Pauschalreise-Richtlinie die Minderung kraft Gesetzes eintritt. Aus diesem Grund ist die polnische Regelung, die für die Minderung eine Erklärung des Reisenden voraussetzt, unionsrechtswidrig.

34 35

S.o. Zweiter Teil A. IV. 2. S.o. Zweiter Teil A. IV. 2.

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

3. Zusammenfassung Trotz des unterschiedlichen Aufbaus der Vorschriften zur Minderung sind deren Voraussetzungen in den untersuchten Ländern ähnlich. Einzelne Regelungen zeigen dennoch wesentliche Unterschiede auf. So tritt die Reisepreisminderung in Deutschland kraft Gesetzes ein, wogegen es in Polen einer Erklärung des Reisenden bedarf. Die polnische Regelung steht deswegen im Widerspruch zu Art. 4 Abs. 7 der Pauschalreise-Richtlinie. Diese ist somit fehlerhaft umgesetzt. Die Minderung soll, wie in Deutschland, automatisch bei Erfüllung aller Voraussetzungen erfolgen. In beiden Ländern setzt das Gesetz einen Reisemangel (in Polen wegen der verschiedenen, auf das französische Recht zurückgehenden Terminologie als Schlecht- oder Nichterfüllung bezeichnet) voraus. Der Reisemangel nach dem deutschen Reiserecht muss die Reise beeinträchtigen, während in Polen die erhaltene Ersatzleistung eine niedrigere Qualität aufweisen muss. In Polen werden nur die Reiseleistungen berücksichtigt, die einen wesentlichen Teil des Reiseprogramms darstellen. In beiden untersuchten Ländern soll der Mangel durch den Reisenden angezeigt werden. Der wesentliche Unterschied liegt jedoch darin, dass die Mängelanzeige in Deutschland eine Entstehungsvoraussetzung für die Minderung ist,36 während sie in Polen lediglich eine generelle Obliegenheit des Reisenden darstellt. Versäumt der Reisende vor Ort schuldhaft, den Mangel anzuzeigen, tritt die Minderung nach dem deutschen Recht nicht ein.37 In gleicher Situation führt die Unterlassung der Anzeige in Polen lediglich zu Beweisschwierigkeiten oder dazu, dass den Reisenden ein Mitverschulden trifft. Der Verlust des Anspruchs stellt eine weitergehende Rechtsfolge dar. Deswegen ist die Regelung in Polen verbraucherfreundlicher. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Pauschalreise-Richtlinie keine solche Voraussetzung für die Minderung enthält. Dies bedeutet, dass das deutsche Reiserecht zusätzliche Voraussetzungen vorsieht. Wegen des Gebotes der Mindestharmonisierung ist dies unzulässig. Da die Minderung in Deutschland kraft Gesetzes eintritt, benötigt sie keine entsprechende Erklärung. In Polen erfolgt die Minderung auf Verlangen des Reisenden. Wie schon erwähnt wurde, verstößt diese Regelung gegen die Pauschalreise-Richtlinie und sollte aufgehoben werden.

36

Bamberger/Roth/Geib, § 651d Rn. 4. Zahlreiche Klagen scheitern in der Praxis an dieser Voraussetzung, Seyderhelm, Reisevertrag, § 651d Rn. 98. 37

A. Recht auf Minderung

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III. Berechnung der Minderung 1. Rechtslage in Deutschland a) Gesetzliche Berechnungsgrundsätze Die Berechnung der Minderung bereitet in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten.38 Das Gesetz verweist auf die im Werkvertragsrecht angewandte Formel des § 638 Abs. 3 und Abs. 4 BGB. 39 Zu Recht wurde die Verweisung vom Kaufrecht auf das Werkrecht, das näher zum Reiserecht steht, geändert. Allerdings hat diese Novellierung keineswegs die existierenden Probleme bei der einheitlichen Handhabung beseitigt. Gemäß § 651d Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 638 Abs. 3 Satz 1 BGB ist die Vergütung für die Reise in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem im Moment des Vertragsschlusses der Wert der tatsächlich durchgeführten, mit Mängeln behafteten Reise zur vertraglich vereinbarten, mangelfreien Reise gestanden hätte.40 In einer mathematischen Formel zusammengefasst, berechnet sich der geminderte Reisepreis also wie folgt: 41 vereinbarter Preis x Wert der mangelhaften Reise herabgesetzter Reisepreis = Wert der mangelfreien Reise Obige Formel löst jedoch die Probleme bei der Berechnung der Minderung nicht. Denn es ist praktisch unmöglich, den objektiven Wert der Reise festzustellen, der i.d.R. durch den Markt reguliert wird, 42 und die Informationen über den tatsächlichen Wert der Reise und sämtlicher Reiseleistungen zu ermitteln, die ein Geschäftsgeheimnis darstellen. Dies führt dazu, dass die Rechtsprechung regelmäßig auf diese Berechnungsformel verzichtet 43 und im Wege einer Schätzung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO einen prozentualen Abschlag44 vom vereinbarten Reisepreis vornimmt.45 Diese langjährige Praxis46

38

So auch Tempel, NJW 1985, 97 ff., 97; Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 356. Vor dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz wurde auf das Kaufrecht (§ 472 a.F. BGB) verwiesen. 40 Staudinger/Staudinger (2011), § 651d Rn. 38; Führich, Reiserecht, Rn. 298, S. 263; MünchKomm/Tonner, § 651d Rn. 14; Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 356 f. 41 Kaller, Reiserecht, Rn. 217. 42 MünchKomm/Tonner, § 651d Rn. 14. 43 Führich, Reiserecht, Rn. 303, S. 266. 44 Im Gegensatz zu den konkreten Beträgen, die bis Mitte der neunziger Jahre durch die Rechtsprechung beziffert wurden, s. Seyderhelm, § 651d Rn. 16. 45 Putzka, RRa 2008, 10; Bamberger/Roth/Geib, § 651d Rn. 7; MünchKomm/Tonner, § 651d Rn. 14. 46 Bereits seit den achtziger Jahren, Tempel, NJW 1985, 97 ff., 98. 39

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

wird in der Literatur47 befürwortet und wurde durch den Verweis auf § 638 Abs. 4 ausdrücklich gesetzlich geregelt. 48 b) Bezugsgröße der Minderung Umstritten war, ob bei der Berechnung der Minderung vom Gesamtpreis oder vom Preis für die mangelhafte Teilleistung auszugehen ist.49 Der wichtigste Grund für die Annahme des Gesamtreisepreises als Bezugsgröße ist der eindeutige Wortlaut des § 651d BGB, der ausdrücklich vom „Reisepreis“ und nicht vom „anteiligen Reisepreis“ spricht. Außerdem wird davon ausgegangen, dass die mit dem Mangel behaftete Reiseleistung i.d.R. auf die gesamte Reise ausstrahlt.50 Im Übrigen kommt dazu die praktische Erwägung, dass es nahezu unmöglich ist, die Reisevergütung in die Preise der einzelnen Teilreiseleistungen zu zerlegen.51 Daher geht heute die h.M. in Rechtsprechung52 und Literatur53 zu Recht von der pauschalen Herabsetzung des gesamten Reisepreises aus. 54 c) Bemessungskriterien der Minderung Die Minderungsquote ist grundsätzlich nach objektiven Gesichtspunkten festzulegen.55 Die Erwartungen, das Motiv oder die subjektiven Empfindungen des Reisenden sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie Vertragsbestandteil geworden sind.56 Ausnahmsweise können besondere Eigenschaf-

47 H.M. Bartl, Reiserecht, Rn. 55; Tempel, NJW 1985, 97 ff., 98; Isermann, NJW 1988, 873 ff., 877; MünchKomm/Tonner, § 651d, Rn. 14; a.A. Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 357 (Berufung auf § 278 Abs. 2 ZPO wegen der in dem § 651d Abs. 1. S. 2 BGB i.V.m. § 638 Abs. 4 Satz 2 enthaltenen Schätzung ist nicht mehr nötig). 48 Bamberger/Roth/Geib, § 651d Rn. 7. 49 Ausf. Führich, Reiserecht, Rn. 299–302, S. 263–266. 50 Führich, Reiserecht, Rn. 299 S. 263. 51 Staudinger/Staudinger (2011), § 651d Rn. 39. 52 BGH NJW 2008, 2775; OLG Düsseldorf RRa 1997, 218; NJW-RR 2003, 59, 61; OLG Frankfurt a.M. RRa 2003, 255, 256; OLG München NJW 1984, 132; LG Hamburg RRa 1998, 76 f.; LG Frankfurt a.M. RRa 2008, 264 f.; LG Köln RRa 2001, 180 f.; AG Rostock RRa 2011, 74. 53 Bartl, Reiserecht, Rn. 51; Staudinger/Staudinger (2011), § 651d Rn. 39; Führich, Reiserecht, Rn. 299, S. 263; MünchKomm/Tonner, § 651d Rn. 15; Bamberger/Roth/Geib, § 651d Rn. 7; Martis, MDR 2003, 191 ff., 191; krit. Putzka, RRa 2008, 10 ff., 13. 54 Das OLG Frankfurt verwendet ausnahmsweise einen um die Beförderungskosten herabgesetzten Reisepreis, wenn der gesamte Charakter der Reise durch die Mängel nicht wesentlich verändert wird, OLG Frankfurt a.M. RRa 1998, 95, 97. 55 AG Hamburg RRa 2002, 266. 56 Staudinger/Staudinger (2011), § 651d Rn. 44.

A. Recht auf Minderung

127

ten – wie Behinderung – eine Berücksichtigung finden, wenn sie dem Reiseveranstalter bei Vertragsschluss bekannt waren. 57 Die konkrete Minderung ist aus dem Verhältnis zwischen Art, Intensität und Dauer des Reisemangels einerseits und dem Nutzen der Reise andererseits, der sich aus dem Charakter und der Qualität des Urlaubs ergibt, zu ermitteln. Die Beeinträchtigung des Reisenutzens durch den Mangel unterliegt überwiegend der tatrichterlichen Beurteilung. 58 Im Rahmen der Minderungsberechnung muss der zeitliche Aspekt beachtet werden. Die Minderung tritt gemäß § 651d Abs. 1 BGB „für die Dauer des Mangels“ ein, wobei dies grundsätzlich von dem Moment der Mängelanzeige59 bis zur Abhilfe oder Selbstabhilfe bzw. bei Ablehnung oder Unmöglichkeit des Ersatzleistungsangebots, solange der Mangel vorhanden ist, berechnet wird. Ist die Mängelanzeige verzögert, kann die Minderung immer noch ab dem Zeitpunkt des Mangelauftretens angerechnet werden, solange eine frühere Abhilfe nicht möglich war.60 Wie bereits zuvor erwähnt wurde, kann ein später auftretender Reisemangel in der konkreten Fallkonstellation auf den bis dahin mangelfreien Teil der Reise zurückwirken. 61 Dies soll besonders bei schwerwiegenden Ereignissen in Betracht gezogen werden, wie beispielsweise bei einem Beinaheabsturz während des Rückflugs, nach dem die ganze Reise als nutzlos anzusehen war.62 Im Übrigen soll die Art und Qualität der Reise berücksichtigt werden. Der gleiche Mangel kann je nach den Bedingungen des Reisevertrages und dem Charakter der Reise unterschiedliche Folgen haben. Wohlgemerkt, die Berechnung der Minderung für bestimmte Reisetage sollte nicht durch eine bloße Teilung des Reisepreises durch Reisetage erfolgen. Es soll vielmehr die Bedeutung der bestimmten Leistungen für die ganze Reise in Betracht gezogen werden. Denn ein mangelhafter Einreisetag ist nicht gleichwertig zum Verlust beispielsweise der Möglichkeit des PetraBesuchs in Jordanien, wenn diese Sehenswürdigkeit ein Höhepunkt der ganzen Reise war. 2. Rechtslage in Polen Die Berechnung der Reisepreisminderung bereitet auch in der polnischen Praxis große Probleme. Das polnische Reiserecht enthält dem ungeachtet weder eine gesetzliche Herabsetzungsformel noch eine Verweisung auf andere Berechnungsmethoden. Allerdings berufen sich die Gerichte auf Art. 322 57

MünchKomm/Tonner, § 651d Rn. 18. BGH NJW 1985, 134. 59 AG Kleve RRa 2000, 170. 60 LG Frankfurt a.M. RRa 2008, 72. 61 BGH NJW 2000, 1188. 62 BGH NJW 2008, 2775. 58

128

Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

PZPO, der eine Möglichkeit gewährt, die entsprechende Summe nach freier richterlicher Würdigung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände zuzusprechen, wenn der konkrete Nachweis der Höhe der Forderung unmöglich oder erheblich erschwert ist. 63 Bei der Berechnung ist der Gesamtpreis als Objekt der Minderung anzunehmen. Die Höhe der Herabsetzung stellt die Relation zwischen dem vertraglich vereinbarten Reisepreis, der ein Äquivalent des Werts der mangelfreien Reise ist, und dem Preis der mangelhaften Reise dar.64 Als Kriterium wird das Verhältnis zwischen dem Wert der mangelhaften Teilleistung und dem Wert der gesamten Reise mit Berücksichtigung der Beeinträchtigung der mangelhaften Leistung auf das Vermögen und die Lebenssituation der Berechtigten herangezogen.65 Außer der Art und Intensität ist auch die Dauer des Mangels bei der Berechnung der Minderung zu berücksichtigen. Da die Mängelanzeige keine Entstehungsvoraussetzung darstellt, wird die Minderung für die gesamte Zeit gewährt, solange die Beeinträchtigung vorhanden ist. Die Herabsetzung des Reisepreises wird beispielsweise lediglich für eine Woche zugesprochen, wenn der Standard des Zimmers nicht den vertraglichen Bedingungen entspricht und nach einer Woche eine Änderung auf die vertragsgemäße Unterkunft erfolgt. 66 3. Zusammenfassung Die Bemessung der Minderung stellt in beiden untersuchten Ländern ein erhebliches Problem dar. Das deutsche Reiserecht verweist ausdrücklich auf die werkvertragsrechtliche Berechnungsmethode des § 638 Abs. 3 und Abs. 4 BGB. Das TourG enthält hingegen keine gesetzliche Regelung. Die Verweisung im deutschen Recht scheint aber keine große Hilfe für die Praxis zu sein, da diese Berechnungsformel sich für eine konkrete Berechnung der Minderung in Reisesachen als nicht sehr dienlich erwiesen hat. Die richterliche Praxis beider Länder beruft sich auf eine allgemeine in der Zivilprozessordnung enthaltene Vorschrift, die den Gerichten die Möglichkeit 63 SO Warschau, Urt. v. 27.03.2013, V Ca 3475/12, (zuletzt abgerufen am 24. Oktober 2015); SR Stettin, Urt. v. 18.06.2008, II C 433/07, nicht veröffentlicht; SR Opole, Urt. v. 12.12.2012, I C 510/12, (zuletzt abgerufen am 24. Oktober 2015). 64 SN, Urt. v. 08.12.2005, II CK 291/05, nicht veröffentlicht. 65 SA Warschau, Urt. v. 10.06.2005, I Aca 941/04, Lex Polonica 379684; SR WarschauStadtmitte, Urt. v. 25.04.2012, I C 679/11, nicht veröffentlicht; SO Warschau, Urt. v. 27.03.2013, V Ca 3475/12, (zuletzt abgerufen am 24. Oktober 2015). 66 SR Stettin, Urt. v. 18.06.2008, II C 433/07, nicht veröffentlicht.

A. Recht auf Minderung

129

einräumt, die Höhe des Schadens nach freier Überzeugung festzusetzen. Die Zulässigkeit dafür ergibt sich in Deutschland aus § 287 Abs. 1 ZPO und in Polen aus Art. 322 PZPO. Hinsichtlich der Bezugsgröße und der Kriterien der Minderung weisen beide Rechtssysteme keine wesentlichen Unterschiede auf. Bei der Berechnung ist in den untersuchten Ländern grundsätzlich vom Gesamtpreis auszugehen. In der deutschen Literatur war es streitig, ob als Bezugsgröße der Minderung der Preis für die Teilleistungen oder der um die Transportkosten geminderte Reisepreis herangezogen werden sollte. In Polen gab es eine solche Diskussion nicht und i.d.R. wird an den Gesamtpreis der Reise als Objekt der Minderung angeknüpft. In beiden Ländern sind die Berechnungskriterien grundsätzlich gleich. Es wird stets die Art der mangelhaften Reiseleistung, ihre Intensität und Dauer einerseits und die Beeinträchtigung des Nutzens der Reise, unter Berücksichtigung ihrer Art und des Ziels betrachtet. Einen Unterschied gibt es jedoch in der Berechnung der Dauer des Reisemangels. In Deutschland wird die Minderung regelmäßig ab dem Zeitpunkt der Mängelanzeige und in Polen für die ganze Zeit des Vorhandenseins des Mangels berechnet. Dies ergibt sich aus der unterschiedlichen Bedeutung der Anzeigepflicht, die in Deutschland eine Entstehungsvoraussetzung und in Polen lediglich eine generelle Obliegenheit darstellt. IV. Minderungstabellen 1. Rechtslage in Deutschland Die Schwierigkeiten mit der Berechnung der Minderungsquote für bestimmte Reisemängel führten dazu, dass Vertreter der Rechtsprechung und Literatur versuchten, die Minderungsansätze in zahlreichen „Tabellen“ zu schematisieren.67 Die erste und bisher für die reiserechtliche Praxis wichtigste Tabelle (sog. Frankfurter Tabelle) wurde von der 24. Zivilkammer des LG Frankfurt a.M. als Berufungsinstanz für Reisevertragssachen im Jahre 1985 entwickelt. 68 Dort werden typische Mängel für Unterkunft, Verpflegung, Nebenleistungen und Beförderung schematisiert und daneben für jeden Mangel ein Minderungsprozentsatz innerhalb einer gewissen Bandbreite angegeben. Seit der Veröffentlichung der Frankfurter Tabelle orientierten sich mehrere Gerichte bei der Bemessung der Herabsetzung des Reisepreises an dieser Minderungstabelle. Auf diese Weise spielte sie eine wesentliche Rolle in der Entwicklung des deutschen Reiserechts. 69 Allerdings stieß sie gleichzeitig auf

67

Schmid, NJW 2005, 2945 ff., 2945. NJW 1985, 113 ff.; Tempel, NJW 1985, 97 ff.; NJW 1994, 1639. 69 MünchKomm/Tonner, § 651d Rn. 20. 68

130

Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

scharfe Kritik in der Literatur.70 Der wichtigste Vorwurf lautete, dass eine Schematisierung nicht die spezifischen Umstände jedes Falles berücksichtigen könne. Heutzutage wird die Frankfurter Tabelle i.d.R. nicht mehr ausdrücklich bzw. direkt von den Gerichten angewandt.71 Vielmehr berufen sich diese bei der Bemessung der Höhe der Minderung auf die Gesamtwürdigung der Umstände und auf die Kasuistik der instanzgerichtlichen Rechtsprechung. Da in den letzten Jahren eine große Anzahl von reiserechtlichen Urteilen veröffentlicht wurde, ist es besonders schwierig, den Überblick über die umfangreiche Rechtsprechung zur Reisepreisminderung zu behalten.72 Aus diesem Grund wurden mehrere, mit der Frankfurter Tabelle konkurrierende Darstellungen, Tabellen und andere Zusammenstellungen entwickelt, wo auf verschiedene Art und Weise die Rechtsprechung zur Reisepreisminderung schematisiert wird. 73 Trotz allem wird die Frankfurter Tabelle immer noch häufig in der Praxis genutzt. Sie dient Praktikern, Reisenden, Reiseveranstaltern und ihren Rechtsanwälten als schnelle Orientierungshilfe, 74 insbesondere bei der Bearbeitung von Beschwerden und in Schlichtungsverfahren. Sie gibt den Berechtigten einen Anhaltspunkt darüber, wie hoch ihre Forderung in den schwer zu bewertenden Reisefällen (vor allem für Nichtspezialisten) sein kann. 75 Diese Höhe ist nämlich von großer Bedeutung, denn davon hängen u.a. die Anwaltskosten, Gerichtsgebühren und die Zuständigkeit des Gerichts ab. 2. Rechtslage in Polen In Polen wurden bisher keine Mängeltabellen oder andere Auflistungen entwickelt, welche die Kasuistik zusammenstellten. Vielmehr müssen die Gerichte ihre Entscheidungen nach freier Würdigung der Umstände treffen, ohne sich auf die allgemeinen Tabellen berufen zu können. Denn die Anzahl der veröffentlichten Urteile in Reisevertragssachen ist dramatisch gering. Diese

70 Müller-Langguth, NJW 1985, 900 ff., 902; Isermann, NJW 1988, 873 ff., 877; Bechhofer, § 651d, Anm. A I 6; Jauernig/Teichmann, § 651d Rn. 1.; Pick, Reiserecht, § 651d Rn. 47 f.; Schmid, NJW 2005, 2945 ff., 2945; teilweise krit. Soergel/H.W. Eckert, § 651d Rn. 9. 71 Auch von der 24. Zivilkammer des LG Frankfurt a.M., Urbach, RRa 2009, 2 ff., 4. Einzelne Ausnahmen: AG Bad Homburg RRa 2007, 168; AG Hamburg RRa 2006, 218. 72 Schmid, NJW 2005, 2945 ff., 2945. 73 Vor allem ADAC-Tabelle, NJW 2005, 2506; DAR 2010, Beilage zu Heft 9 (Aktualisierung); „Kemptener Reisemängeltabelle“, Führich, Reiserecht, Anhang IV, S. 1197 ff.; „Mainzer Minderungsspiegel“, Kaller, Reiserecht, Rn. 233 ff. 74 Die Frankfurter Tabelle wird u.a. im Internet veröffentlicht auf Webseiten von einzelnen Rechtsanwaltskanzleien, auf Internetseiten, die sich mit den Rechten der Reisenden beschäftigen, und jährlich in der Zeitung „Bild“. 75 Chambellan, Tabela Frankfurcka, S. 129.

A. Recht auf Minderung

131

Situation führt dazu, dass die Entscheidungen der Rechtsprechung in ähnlichen Fällen oft sehr unterschiedlich ausfallen. Interessanterweise gewinnt in den letzten Jahren die in Deutschland entwickelte Frankfurter Tabelle wesentlich an Bedeutung. Immer häufiger wird sie in der polnischen Praxis als Hilfsmittel zur richtigen Einschätzung benutzt. Auf diese Tabelle wird auf vielen Internetseiten, die sich mit den Rechten von Touristen befassen,76 und in vielen populären Zeitungen verwiesen. Die Relevanz der Frankfurter Tabelle wird nicht zuletzt dadurch verdeutlicht, dass selbst der UOKiK sie als Grundlage für die Berechnung der Minderung und Entschädigung in Reisevertragssachen anerkannt hat.77 Auch die polnischen Gerichte berufen sich immer häufiger ausdrücklich auf diese Tabelle. 78 Diese Praxis ist generell zu befürworten. Denn es kann zur größeren Transparenz und Einheitlichkeit in der reiserechtlichen Rechtsprechung und zur Entwicklung des polnischen Reiserechts im Allgemeinen führen. Es gibt den polnischen Gerichten einen Anhaltspunkt, der eine Grundlage für ihre Entscheidungen darstellen kann. Es bestehen jedoch viele Bedenken in Polen, die zu einer vorsichtigen Benutzung der Tabelle mit kritischer Distanz zwingen. Insbesondere sollte nicht vergessen werden, dass die Frankfurter Tabelle in einer anderen Rechtsordnung vor mehr als 30 Jahren entwickelt wurde und die dort erfassten Prozentsätze auf dem vom LG Frankfurt vertretenen Mangelbegriff beruhen. Die Benutzung sollte deshalb vorsichtig erfolgen, denn die dort aufgelisteten Prozentsätze können veraltet oder für das polnische Reiserecht inadäquat sein. Darüber hinaus sind umfangreiche Erläuterungen zur Frankfurter Tabelle veröffentlicht worden, die in den polnischen Quellen nicht erwähnt werden.79 Sie sind jedoch zur richtigen Benutzung der Tabelle unentbehrlich. Aus diesen Gründen sollte die Frankfurter Tabelle in der polnischen Rechtsprechung mit einer gewissen Distanz und im Bewusstsein der erwähnten Hinweise angewendet werden. 3. Zusammenfassung Von den untersuchten Ländern wurden nur in Deutschland Mängelspiegel und -tabellen entwickelt. Eine davon – die Frankfurter Tabelle, die vor mehr als 30 Jahren veröffentlicht wurde - spielte bei der Fortentwicklung des Rei76

Vgl. ; ; ; (alle Seiten zuletzt abgerufen am 27. Oktober 2015). 77 Vademecum konsumenta, S. 19, (zuletzt abgerufen am 25. November 2014). 78 So u.a. SA Warschau, Urt. v. 23.04.2013, Lex Nr. 1372486. 79 Ausnahme: Chambellan, Tabela Frankfurcka, S. 127 (hier sind die Erläuterungen zusammengefasst).

132

Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

serechts in Deutschland die bedeutendste Rolle. Trotz heftiger Kritik seitens eines Teils der Literatur wurde sie in der Praxis häufig angewandt. Heute hat ihre Bedeutung vor Gericht nachgelassen, jedoch fungiert sie weiterhin als Orientierungshilfe für die Akteure des Reisevertragsrechts, vor allem in dem direkten Verhältnis zwischen dem Reiseveranstalter und dem Reisenden. Die Gerichte stützen dagegen ihre Entscheidungen auf die Gesamtwürdigung des Einzelfalles unter Berücksichtigung anderer oben erwähnter Tabellen und Zusammenfassungen, welche die Kasuistik darstellen. Gleichzeitig hat die Frankfurter Tabelle im Ausland an Bedeutung gewonnen und wird als Muster vor allem in Österreich und in Polen genutzt. Sie wird nicht nur von verbraucherrechtlichen Organisationen, sondern auch von der Literatur als eine Orientierungshilfe für die Bemessung der Minderung und der Entschädigung empfohlen. Die Rechtsprechung hat damit begonnen, ihre Entscheidungen auf die Tabelle zu stützen. Diese Praxis ist generell zu begrüßen. Denn sie kann sich auf die Entwicklung der reisevertraglichen Mängelrechte und auf das Rechtsbewusstsein in Polen positiv auswirken. Die Kritik an der Tabelle in Deutschland sollte jedoch auch in Polen berücksichtigt werden. Die Tabelle ist, wie Tempel betont hat, nur eine Orientierungshilfe und ein Anhaltspunkt.80 Sie stellt keineswegs bindendes Recht dar. Die Rechtsprechung sollte stets ihre Entscheidungen nach einer Gesamtwürdigung der Umstände des Falles treffen. Dasselbe Postulat gilt für Deutschland. Die Tabelle hat jedoch zur Transparenz der Entscheidungen von reiserechtlichen Prozessen in Deutschland beigetragen. Diese Vereinheitlichung ist zurzeit auch in Polen zu beobachten. Als Orientierungswert gibt sie allen Akteuren der Reisewelt ein Stück Rechtssicherheit. Dies soll jedoch nicht zu einer Situation führen, wie sie gegenwärtig in Deutschland zu beobachten ist. Deutsche Reisende behandeln die Tabelle wie zwingendes Recht, sie führen einen Ausdruck der Tabelle auf der Reise mit sich, sie sind deshalb sehr anspruchsvoll und verklagen die Reiseveranstalter aufgrund kleinster Mängel. Die Tabelle hat einerseits das Rechtsbewusstsein der Reisenden, andererseits grenzenlose Ansprüche der deutschen Touristen an die Reise geweckt. Ein wachsendes Rechtsbewusstsein ist zurzeit auch in Polen zu beobachten. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie weit die Frankfurter Tabelle die Ansprüche der polnischen Touristen steigert. Der Grund liegt vor allem im leichten Informationszugang, vor allem auf Internetseiten, wo die Tabelle als Muster hochgeladen werden kann, ohne dass erwähnt wird, dass die dort empfohlenen Prozentsätze nur eine Orientierungshilfe darstellen und immer sämtliche Umstände der Reise betrachtet und bei Bemessung der Reisepreisminderung berücksichtigt werden müssen.

80

Tempel, NJW 1985, 97, ff. 99.

A. Recht auf Minderung

133

V. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Die beiden untersuchten Länder sehen eine Minderung in ihrem Reiserecht vor. Trotz unterschiedlicher Regelung der formellen Voraussetzungen ist die Normierung dieses Rechts in seinem materiellen Gehalt ähnlich. Der erste wesentliche Unterschied besteht in der Entstehung der Minderung. In Deutschland tritt sie kraft Gesetzes ein, in Polen auf Verlangen des Berechtigten. Die deutsche Regelung ist aus der Sicht des Verbraucherschutzes freundlicher und steht im Einklang mit der Pauschalreise-Richtlinie. Die Regelung in Polen muss noch angepasst werden, um die PauschalreiseRichtlinie korrekt umzusetzen. Beide Rechtssysteme setzen einen Mangel oder Nicht- bzw. Schlechterfüllung voraus. Nach dem polnischen Reiserecht betrifft die Minderung lediglich solche Leistungen, die einen wesentlichen Teil des Reiseprogramms darstellen, wobei in Deutschland nur geringfügige Mängel außer Betracht bleiben. Wegen der verbraucherschutzfreundlichen Regelung ist das deutsche Modell zu befürworten. Beide sind jedoch aus der Sicht des Unionsrechts nicht zu beanstanden. Die formellen Anforderungen sind jedoch zum Nachteil der deutschen Touristen ausgestaltet. § 651d Abs. 2 BGB normiert als Entstehungsvoraussetzung der Minderung eine Mängelanzeige. Die polnische Regelung ahmt die Pauschalreise-Richtlinie nach und fordert die Mängelanzeige lediglich als eine Pflicht. Unterlässt der Reisende schuldhaft die Mängel anzuzeigen, verliert er nach dem deutschen Recht das Minderungsrecht. In Polen führt die unterlassene Mängelanzeige hingegen grundsätzlich nur zu Beweisschwierigkeiten oder zur Anrechnung eines Mitverschuldens des Reisenden. Da die PauschalreiseRichtlinie die Mängelanzeige nicht als Voraussetzung vorsieht, ist die deutsche Regelung wegen des Konzepts der Mindestharmonisierung richtlinienwidrig und sollte geändert oder richtlinienkonform ausgelegt werden. Zusammenfassend ist festzustellen, dass einzelne Lösungen der Regelung der Minderung in den untersuchten Rechtsordnungen gewisse Unterschiede aufweisen. Beide Länder haben die Minderung teilweise richtlinienwidrig umgesetzt. Trotz der zusätzlichen Voraussetzung der Mängelanzeige ist die deutsche Regelung klarer und verbraucherfreundlicher gefasst. Zum einen ist die Minderung ausdrücklich im BGB geregelt. Zum anderen tritt sie kraft Gesetzes ein. Außerdem greift sie bereits bei nicht erheblichen Mängeln. Darüber hinaus ist die Entwicklung der Tabellen und Spiegel in Deutschland von großer Bedeutung. Trotz der Kritik an der Frankfurter Tabelle im deutschen Schrifttum und ihrer allgemeinen Ablehnung durch die Rechtsprechung gewinnt sie in Polen an Bedeutung. Sie dient den Gerichten als Orientierungswert, denn es gibt nur wenige Quellen in der polnischen Literatur, die sich mit der Bemessung der Minderung befassen und somit hilfreich sein

134

Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

könnten. Sie trägt derzeit zur Entwicklung des polnischen Reiserechts und des Rechtsbewusstseins der Reisenden bei.

B. Allgemeiner reisevertraglicher Schadensersatzanspruch B. Allgemeiner reisevertraglicher Schadensersatzanspruch

I.

Einleitung

1. Regelung Der Anspruch auf Schadensersatz 81 befindet sich im deutschen Reiserecht in § 651f Abs. 1 BGB. In Polen ist er in Art. 11a TourG geregelt. Die Regelung des Schadensersatzes wurde in das TourG erst nach der Novellierung vom 8. Dezember 2000 eingefügt. 82 Zuvor galten durch die Verweisung im Art. 11 TourG die allgemeinen Vorschriften über die Leistungsstörungen (vor allem Art. 471 ZGB). Die reiserechtliche Schadensersatzhaftung war insoweit gesetzlich nicht geregelt. Die Haftung im Reiserecht sollte zunächst in das ZGB zusammen mit der neuen Regelung des Reisevertrags eingefügt werden. Diese Pläne wurden jedoch nicht realisiert, sodass im Zusammenhang mit der Umsetzung der Pauschalreise-Richtlinie letztendlich das TourG um die Regelung ergänzt wurde. Interessanterweise findet sich in der Norm des § 651f Abs. 1 BGB die Formulierung „Schadensersatz wegen Nichterfüllung“ und nicht „wegen Reisemangels“, die im deutschen Reiserecht i.d.R. benutzt wird. Nichterfüllung und Schlechterfüllung sind aufgrund des einheitlichen Leistungsstörungsbegriffs mit dem Reisemangel identisch83 und erfassen alle Pflichtverletzungen, die ein Reisemangel auslösen kann.84 2. Normzweck Die Regelung des Anspruchs auf Schadensersatz (§ 651f BGB und Art. 11a TourG) schließt die Lücke, die bei der Anwendung der anderen reisevertraglichen Mängelrechte verbleibt, die nicht alle entstehenden Nachteile ausgleichen können. Die Vorschriften gewähren dem Reisenden Ersatz des Nichterfüllungsschadens, d.h. jeden Schadens, der durch den Mangel verursacht worden ist, einschließlich Mangelfolgeschäden,85 z.B. Gesundheits- (Körper-), Sach-, Gepäckschäden oder zusätzlicher Aufwendungen.86 Darüber 81

Der Schadensersatz wegen ruinierter Urlaubszeit wird im nächsten Abschnitt beschrieben. 82 Dz.U. Nr. 122, Pos. 1314. 83 Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 419. 84 Rössler, Reisegewährleistungsrecht, S. 233. 85 BGH NJW 1985, 132. 86 Führich, Reiserecht, Rn. 387, S. 384.

B. Allgemeiner reisevertraglicher Schadensersatzanspruch

135

hinaus können sog. Begleitschäden oder sonstige Vertragsverletzungen, z.B. Nichterfüllung von Informationspflichten über Pass- und Visavorschriften, ersetzt werden.87 Beide Vorschriften stellen eine Umsetzung des Art. 5 Abs. 1 der Pauschalreise-Richtlinie dar, der die Haftung des Reiseveranstalters ausdrücklich vorschreibt. Demgemäß sollen die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Reiseveranstalter und/oder die Reisevermittler gegenüber den Reisenden für die vertragsgemäße Erfüllung ihrer Verpflichtungen haften, ohne Rücksicht darauf, ob einzelne Leistungen durch den Reiseveranstalter selbst oder durch seine Leistungsträger erbracht werden. In der Vergangenheit wurde § 651f Abs. 1 BGB als „materieller Schadensersatzanspruch“ bezeichnet und damit vom immateriellen Schadensersatzanspruch für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit aus § 651f Abs. 2 BGB abgegrenzt.88 Nach der Schuldrechtsreform im Jahre 2002 ist diese Bezeichnung nicht mehr passend. Denn in Verbindung mit dem geänderten § 253 Abs. 2 BGB gewährt auch § 651f Abs. 1 BGB den Ersatz immateriellen Schadens, insbesondere bei Körperverletzungen. In Polen hingegen dient der Art. 11a TourG nur dem Ersatz des materiellen Schadens. Die einzige Ausnahme stellt der Schadensersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit dar, der nach dem wichtigen Beschluss des SN 89 letztendlich durch die polnischen Gerichte gewährt wird. Weitergehende immaterielle Schäden können nur im Wege der Haftung wegen unerlaubter Handlung, vor allem gemäß Art. 445 ZGB i.V.m. 444 ZGB und Art. 448 ZGB i.V.m. Art. 23 ZGB ersetzt werden. 3. Haftungsprinzip Einen wichtigen Aspekt der zivilrechtlichen Haftung stellen die Haftungsprinzipien dar. Diese sind entscheidend dafür, wem die Schuld für einen Schaden zugeschrieben wird. 90 Die Prinzipien der Haftung des Reiseveranstalters weisen in den Mitgliedstaaten wichtige Unterschiede auf. 91 Dies ist hauptsächlich auf die Regelung der Veranstalterhaftung in der PauschalreiseRichtlinie zurückzuführen, deren Auslegung zu verschiedenen Haftungsprinzipien führen kann.92 Gemäß Art. 5 Abs. 2 der Pauschalreise-Richtlinie ist die Haftung des Veranstalters und/oder des Vermittlers für die dem Verbraucher wegen Nicht87

BGH NJW 1985, 1165. Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 419. 89 SN, Beschluss v. 19. November 2010, III CZP 79/10, OSNC 2011, Nr. 4, Pos. 41. 90 Radwański/Olejniczak, Zobowiązania, S. 83. 91 Schulte-Nölke/Meyer-Swickerath, Package Travel Directive (90/314). 92 Nur in Deutschland und Dänemark wurde eine verschuldensabhängige Haftung des Reiseveranstalters angenommen. 88

136

Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

erfüllung oder mangelhafter Erfüllung des Vertrages entstehenden Schäden anzunehmen, es sei denn, diese „Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung ist weder auf ein Verschulden des Veranstalters und/oder Vermittlers noch auf ein Verschulden eines anderen Dienstleistungsträgers zurückzuführen, weil - die festgestellten Versäumnisse dem Verbraucher zuzurechnen sind; - diese unvorhersehbaren oder nicht abwendbaren Versäumnisse einem Dritten zuzurechnen sind, der an der Bewirkung der vertraglich vereinbarten Leistungen nicht beteiligt ist; - diese Versäumnisse auf höhere Gewalt oder auf ein Ereignis zurückzuführen sind, das der Veranstalter, sein Vermittler oder Leistungsträger trotz aller gebotenen Sorgfalt nicht vorhersehen oder abwenden konnte“.

Wegen der unklaren Formulierung der oben erwähnten Vorschrift entstanden zwei Auffassungen darüber, auf welchem Prinzip die Haftung des Reiseveranstalters gemäß der Pauschalreise-Richtlinie beruht. Dieser Unterschied ist in den verschieden umgesetzten Schadensersatzhaftungsregelungen in den Mitgliedstaaten zu beobachten. Einerseits geht die h.M. vom Risikoprinzip – also einer verschuldensunabhängigen Haftung des Reiseveranstalters – aus. 93 Andererseits wird Verschuldensprinzip mit einer Verschuldensvermutung angenommen, da der Wortlaut der Norm das Wort „Verschulden“ enthält.94 Diese Auseinandersetzung wurde bei der Umsetzung der PauschalreiseRichtlinie in den Mitgliedstaaten, insbesondere in Deutschland und Polen, relevant. Der deutsche Gesetzgeber vertritt die zweite Auffassung, sodass § 651f Abs. 1 BGB als verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch zu behandeln ist und der Reiseveranstalter nur den Schaden wegen eines Reisemangels zu ersetzen hat, der auf einem Umstand beruht, den er zu vertreten hat. Der Reiseveranstalter haftet also dann, wenn ihn ein Eigenverschulden trifft oder wenn er ein Fremdverschulden seiner Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 BGB zu vertreten hat. Verschulden ist dabei bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit anzunehmen (§ 276 Abs. 1 BGB). Nach dem Wortlaut des § 651f Abs. 1 BGB wird das Verschulden des Reiseveranstalters vermutet. Der Gesetzgeber entschied sich dafür, die bereits vorher von der Rechtsprechung entwickelte Beweislastumkehr 95 nach der Novelle aufgrund der Pauschalreise-Richtlinie ausdrücklich in die gesetzliche Regelung aufzunehmen.96 Die in der Pauschalreise-Richtlinie aufgelisteten Entlastungsgründe wurden jedoch in das deutsche Reiserecht nicht umgesetzt.

93

Howells/Wilhelmsson, EC Consumer Law, S. 244. Howells/Wilhelmsson, EC Consumer Law, S. 244. 95 BGH NJW 1987, 1938. 96 Wolter, NJW 1988, 396 ff., 396. 94

B. Allgemeiner reisevertraglicher Schadensersatzanspruch

137

Daher97 muss die Schadensersatzhaftung richtlinienkonform ausgelegt werden, wobei nur die in der Pauschalreise-Richtlinie genannten drei Ausnahmetatbestände zugelassen werden dürfen.98 In Polen geht die h.M. 99 von einer verschuldensunabhängigen Haftung des Reiseveranstalters aus. In der Vergangenheit entwickelten sich die Auffassungen über die Haftungsprinzipien, die sich einerseits auf die Formulierung des Art. 11a und Art. 18 a.F. TourG, andererseits auf die Ansichten über den Charakter des Reisevertrags bezogen.100 Vor dem Inkrafttreten der Novelle aus dem Jahre 2000, welche die Veranstalterhaftung normierte, bestimmten der SN und die Literatur das Prinzip der reisevertraglichen Haftung auf der Basis des Charakters des Reisevertrags. Da der Reisevertrag als ein Mischvertrag angesehen wurde, war die Festsetzung eines einheitlichen Haftungsprinzips unmöglich; insbesondere, weil es davon abhing, welche Leistung beeinträchtigt und welches Haftungsregime anzuwenden war.101 4. Anwendungsbereich a) Abgrenzung zu den Ansprüchen nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht Die Ansprüche aus § 651f Abs. 1 BGB schließen den Anwendungsbereich der allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen und Ansprüche aus § 280 BGB praktisch aus. Nach der Entscheidung im Visumsfall102 sind auch die Informationspflichten (Hinweis- und Aufklärungspflichten), die einen typischen Anwendungsfall des § 280 BGB darstellten, als Hauptpflicht anzu-

97

MünchKomm/Tonner, § 651f Rn. 38; Rössler, Reisegewährleistungsrecht, S. 233; a.A. Führich, Reiserecht, Rn. 398c, S. 391. 98 Führich, Reiserecht, Rn. 398c, S. 391; Seyderhelm, Reiserecht, Rn. 6; Bamberger/Roth/Geib, § 651f Rn. 9; a.A. Rössler, Reisegewährleistungsrecht, S. 234 f. (Es bestehe weder ein Bedürfnis, die Entlastungsgründe zu inkorporieren, noch den § 651f BGB richtlinienkonform zu interpretieren). 99 Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 61; ders., Umowa o podróż, S. 946; Raciborski, Jak zaplanować udany urlop?, S. 123; Cybula, O ewolucji zasad, S. 29; Gospodarek, Prawo turystyczne w zarysie, S. 225; Kuska-Żak, Odpowiedzialność organizatora turystyki, S. 123, 129; Luzak/Osajda, Odpowiedzialność za zmarnowany urlop, S. 336; Ciemiński, Naprawienie uszczerbku, S. 379; Ambrożuk/Wesołowski, Wybrane aspekty, S. 89; Wałachowska, Odszkodowanie, S. 70; Funkcjonowanie ustawy, S. 15; Górski, Z problematyki prawnej, S. 82. 100 Ausf. Cybula, O ewolucji zasad, S. 29. 101 Nesterowicz, Odpowiedzialność cywilna biur podróży, S. 126. 102 BGH NJW 1985, 1165.

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

sehen.103 Deshalb führt ihre Verletzung zu einem Reisemangel und damit zur Anwendung des § 651f BGB. 104 Allerdings bestehen Ansprüche aus §§ 280, 241 Abs. 2 BGB bei einer schuldhaften Verletzung nichtleistungsbezogener Nebenpflichten des Reisevertrages, die gleichzeitig keinen Reisemangel darstellen. 105 Da eine solche Fallkonstellation kaum denkbar ist, bleibt für die Anwendung des § 280 BGB in der reiserechtlichen Praxis kein Raum.106 Das polnische Reiserecht enthält eine ausdrückliche Vorschrift, die das Verhältnis zwischen den reiserechtlichen Regelungen und dem allgemeinen Zivilrecht regelt. Gemäß Art. 11 TourG sind das Zivilgesetzbuch und andere den Verbraucherschutz betreffende Vorschriften anzuwenden, solange das TourG die entsprechende Problematik nicht regelt. Damit stellt die reiserechtliche Regelung eine lex specialis gegenüber den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln dar, die nur anzuwenden sind, soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt. Im polnischen Zivilrecht regelt Art. 471 ZGB den allgemeinen Schadensersatzanspruch bei Nichterfüllung oder mangelhafter Erfüllung des Vertrages. Gemäß Art. 472 ZGB haftet der Schuldner für die Nichteinhaltung der erforderlichen Sorgfalt, es sei denn, eine besondere Vorschrift oder ein Rechtsgeschäft bestimmt etwas anderes. Art. 11a TourG stellt so eine Sondervorschrift dar und verdrängt damit das allgemeine Verschuldensprinzip des Art. 471 ZGB. Andere in der Vorschrift enthaltene Regeln, wie die allgemeinen Voraussetzungen des Schadensersatzes (Schaden, adäquater Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Reiseveranstalters und dem Schaden), sind weiterhin anwendbar. Der Reiseveranstalter haftet jedoch verschuldensunabhängig für die vertragsgemäße Erfüllung des Reisevertrages. b) Verhältnis zu den deliktischen Ansprüchen Im deutschen Recht besteht nach allgemeiner Meinung Anspruchskonkurrenz zwischen § 651f Abs. 1 BGB und dem § 823 BGB. 107 Die Vorschriften haben jedoch unterschiedliche Voraussetzungen und enthalten unterschiedliche Haftungsregeln, die bei der Wahl des Anspruchs in Erwägung gezogen werden sollen. Darunter fallen vor allem einerseits die einmonatige Rügefrist beim vertraglichen Schadensersatzanspruch und andererseits eine weitere 103 So auch BGH NJW 2006, 2321 (Reisepassfall); LG Dortmund RRa 2008, 114 (Information über den Fastenmonat Ramadan); a.A. OLG Celle RRa 2009, 174 (keine Information über den bereits dem Reiseveranstalter bekannten Reisemangel stellt keinen weiteren Reisemangel dar), mit zust. Anm. Matern, RRa 2010, 15. 104 MünchKomm/Tonner, § 651f Rn. 4; Bamberger/Roth/Geib, § 651f Rn. 3. 105 Führich, Reiserecht, Rn. 391, S. 385. 106 JurisPraxisKommentar/Keller, § 651f Rn. 6; Führich, Reiserecht, Rn. 391, S. 385; Bamberger/Roth/Geib, § 651f Rn. 3. 107 Führich, Reiserecht, Rn. 394, S. 387.

B. Allgemeiner reisevertraglicher Schadensersatzanspruch

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Regelung der Haftung des Reiseveranstalters für das Verschulden seiner Leistungsträger. Bei der vertraglichen Haftung hat der Reiseveranstalter dieses Verschulden wie ein eigenes zu vertreten (§ 278 BGB). Bei der unerlaubten Handlung hingegen ist der Reiseveranstalter zum Ersatz des von seinen Verrichtungsgehilfen zugefügten Schadens verpflichtet, aber er kann sich leicht von dieser Haftung entlasten, wenn ihm bei der Auswahl oder Überwachung seiner Verrichtungsgehilfen kein eigenes Verschulden zugerechnet werden kann (§ 831 BGB). Es muss also die Verletzung eigener Verkehrssicherungspflichten des Reiseveranstalters bewiesen werden. Deliktische Ansprüche waren bis zu dem Inkrafttreten des Schadensrechtsmodernisierungsgesetzes im Jahre 2002 von Bedeutung. Denn bis dahin konnte Schmerzensgeld nur im Rahmen der deliktischen Haftung gefordert werden (§§ 253, 847 BGB a.F.).108 Nach der Neufassung des § 253 Abs. 2 BGB kann Schmerzensgeld auch bei der allgemeinen Haftung aus Vertrag bejaht werden. Da die vertragliche Haftung für den Reisenden allgemein günstiger ist (sogar der Rügepflicht muss nicht nachgekommen werden, wenn der Reisende auf diese Pflicht nicht hingewiesen wurde oder wenn der Anspruch Spätschäden betrifft), spielt der Anspruch aus § 823 BGB in Reisevertragssachen eine geringere Rolle. 109 Im polnischen Rechtssystem besteht, ebenso wie im deutschen, Anspruchskonkurrenz zwischen dem Schadensersatzanspruch aus Art. 11a TourG und den deliktischen Ansprüchen. Gemäß Art. 443 ZGB ist der Schadensersatzanspruch aufgrund unerlaubter Handlung nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Handlung oder Unterlassung, aus welcher der Schaden entstanden ist, gleichzeitig eine Nichterfüllung oder Schlechterfüllung einer vorher bestehenden Verpflichtung darstellt, es sei denn, dass sich aus dem Inhalt der vorher bestehenden Verpflichtung etwas anderes ergibt. Nicht zu befürworten ist eine Auffassung, dass bezüglich mancher deliktischer Ansprüche (vor allem Art. 434 ZGB über die Haftung für Gebäudeeinsturz und Art. 436 ZGB über die Haftung des Fahrzeughalters) ein Vorrang der deliktischen Haftung besteht.110 Diese Ansicht wird i.d.R. mit dem Wortlaut des Art. 437 ZGB begründet. Dieser Artikel weist jedoch lediglich darauf hin, dass die Haftung aus Art. 435 und 437 ZGB nicht ausgeschlossen werden kann. Allerdings kann sie im Vertrag günstiger für den Geschädigten ausgestaltet werden. Deswegen kann die vertragliche Haftung nur aufgrund des Wortlauts von Art. 437 ZGB nicht abbedungen werden. Es besteht stets Anspruchskonkurrenz zwischen den reisevertraglichen und deliktischen Ansprüchen. 108

JurisPraxisKommentar/Keller, § 651f Rn. 9. Vgl. Tonner, NJW 2007, 2739 ff. 110 So aber Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 60; ZGB Kommentar Bieniek/Bieniek, ZGB-Kommentar, S. A46–A51. ZGB Kommentar Pietrzykowski/Safjan, S. 1153 (deliktische Haftung ist nur dann vorrangig, wenn der Vertrag Einschränkungen oder Ausschlüsse diesbezüglich enthält). 109

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

Allerdings ist zu beachten, dass das polnische Zivilrecht es nicht zulässt, den Schadensersatzanspruch für immaterielle Schäden auf die vertragliche Haftung zu stützen. Auf der anderen Seite können die Leistungsträger regelmäßig, ähnlich wie in Deutschland, mangels Leitungs- und Weisungsabhängigkeit gemäß Art. 430 ZGB nicht als „beauftragte Personen“111 qualifiziert werden. Deswegen ist der Schutz des Reisenden bei einem Verschulden des Leistungsträgers nach der deliktischen Haftung viel niedriger, insbesondere weil der Reiseveranstalter sich nach Art. 429 und 430 ZGB von der Haftung relativ leicht befreien kann. Er haftet jedoch dann, wenn er seine vertraglichen Pflichten verletzt. Gemäß SN haftet der Reiseveranstalter aus dem Vertrag beispielsweise für Gesundheitsschäden und den Tod, die aus einem ungenügenden medizinischen Schutz während der Reise resultieren. 112 II. Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs im deutschen Reiserecht 1. Reisemangel Zur Begründung der Schadensersatzhaftung müsste ein Schaden entstanden sein, der kausal auf einem Reisemangel beruht. Der Anspruch aus § 651f Abs. 1 BGB verlangt einen Reisemangel im Sinne von § 651c Abs. 1 BGB, der in Form des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft der Reise oder eines die Reise beeinträchtigenden Fehlers auftritt. Insoweit wird auf die Ausführungen über den Reisemangel verwiesen. 113 Im Gegensatz zur Kündigung nach § 651e BGB und zu der Entschädigung nach § 651f Abs. 2 BGB genügt hier jeder Reisemangel. 114 Damit ist eine Erheblichkeit der Beeinträchtigung nicht erforderlich.115 Wie bereits oben erwähnt wurde, ist die Verletzung von Informationspflichten ebenfalls als Reisemangel anzusehen.116 2. Anzeigeerfordernis Für den Anspruch aus § 651f Abs. 1 BGB ist gemäß § 651g BGB die Geltendmachung innerhalb eines Monats nach dem Ende der Reise erforderlich. Ob der Schadensersatz zusätzlich eine Mängelanzeige (§ 651d BGB) oder ein Abhilfebegehren (§ 651c BGB) voraussetzt, ist umstritten. 117

111

In Deutschland als Verrichtungspersonen bezeichnet. SN, Urt. 6. Juli 1966, I CR 134/64, OSPiKA 1967, H. 7–8, Pos. 183. 113 S.o. Erster Teil D. II. 1. a). 114 Staudinger/Staudinger (2011), § 651f Rn. 11. 115 Kaller, Reiserecht, Rn. 263; Führich, Reiserecht, Rn. 397, S. 388; Staudinger/ Staudinger (2011), § 651f Rn. 11. 116 Ausf. MünchKomm/Tonner, § 651f Rn. 15–17. 117 Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 420. 112

B. Allgemeiner reisevertraglicher Schadensersatzanspruch

141

Der Wortlaut des § 651f Abs. 1 BGB enthält nicht ausdrücklich das Erfordernis der Anzeige oder Fristsetzung.118 Die h.M. 119 und beinahe einheitliche Rechtsprechung120 vertreten die Auffassung, dass der einen Schaden hervorrufende Mangel entweder während der Reise angezeigt oder diesbezüglich Abhilfe verlangt worden sein muss. Diese Ansicht ergibt sich teilweise aus der in § 651f Abs. 1 BGB verwendeten Formulierung „unbeschadet der Minderung oder Kündigung“, die darauf hinweisen soll, dass die Voraussetzungen dieser Gewährleistungsrechte erfüllt sein müssen.121 Darüber hinaus wird betont, dass dem Reiseveranstalter die Möglichkeit zur Abhilfe gegeben sein muss. 122 Nach der Gegenansicht ist die Erfüllung der Voraussetzungen der Kündigung und Minderung, darunter Mängelanzeige und Abhilfeverlangen, nicht erforderlich.123 Dem ist zuzustimmen. Die Forderung einer zusätzlichen Anzeige stellt gemäß § 651m BGB eine unerlaubte Verschärfung der Voraussetzungen für den Schadensersatz dar. Die Formulierung „unbeschadet“ weist lediglich darauf hin, dass § 651f Abs. 1 BGB einen völlig selbständigen Anspruch einräumt.124 Darüber hinaus soll damit dem Interesse des Reiseveranstalters Rechnung getragen werden, dem Reisenden ein Mitverschulden nach § 254 BGB anzurechnen, wenn die fehlende Mängelanzeige den Schaden vertieft hat.125 Ferner ist eine solche zusätzliche Voraussetzung mit der PauschalreiseRichtlinie nicht vereinbar. Sie stellt eine Erschwerung der Geltendmachung des Schadensersatzanspruches dar. Die Pauschalreise-Richtlinie sieht nur in Art. 5 Abs. 4 eine generelle Pflicht des Reisenden zur Mängelanzeige vor. Ein Unterlassen der Mängelanzeige führt jedoch lediglich zu Beweisschwierigkeiten oder Mitverschulden, nicht jedoch zum Verlust des Anspruchs. Die Voraussetzung der Mängelanzeige entspricht daher weder dem Wortlaut der Vorschrift noch stimmt sie mit dem Zweck der Regelung und mit der Pauschalreise-Richtlinie überein. 118

Bartl, NJW 1979, 1384 ff., 1387 f.; Eberle, DB 1979, 341 ff., 344 f. Kaller, Reiserecht, Rn. 263; Seyderhelm, § 651f Rn. 10; Führich, Reiserecht, Rn. 397a, S. 389; Bechhofer, § 651f S. 92; JurisPraxisKommentar/Keller, § 651f Rn. 22; Bamberger/Roth/Geib, § 651f Rn. 8; Soergel/H.W. Eckert, § 651f Rn. 6; Palandt/Sprau, § 651f Rn. 3; Rodegra, MDR 2004, 550 ff., 550. 120 BGHZ NJW 1985, 132; OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 735; LG Hannover NJW 1984, 1626; LG Frankfurt a.M. RRa 1998, 235; AG Hamburg RRa 1998, 40; AG Duisburg RRa 2004, 264. 121 Staudinger/Staudinger (2011), § 651f , Rn. 13. 122 Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 421. 123 MünchKomm/Tonner, § 651f, Rn. 14; Teichmann, JZ 1979, 737 ff., 737; Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 421. 124 Im Gegensatz zur Formulierung nach § 635 a.F. BGB, gemäß dem der Schadensersatz „statt“ Wandelung oder Minderung geltend gemacht werden konnte, Staudinger/ Staudinger (2011), § 651f, Rn. 13. 125 Vgl. Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 422. 119

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

3. Verschulden Wie bereits zuvor erwähnt wurde, enthält § 651f Abs. 1 BGB eine verschuldensabhängige Haftung. Es muss also ein Eigenverschulden des Reiseveranstalters oder ein Fremdverschulden seiner Erfüllungsgehilfen vorliegen, deren Handlungen oder Unterlassungen nach § 278 BGB dem Reiseveranstalter zugerechnet werden. Nach dem Wortlaut des § 651f Abs. 1 BGB wird das Verschulden vermutet. Da die Vorschrift die Pauschalreise-Richtlinie nicht vollständig umsetzt, sind die Entlastungsmöglichkeiten des Reiseveranstalters lediglich auf die drei im Art. 5 Abs. 2 der Pauschalreise-Richtlinie genannten Gründe zu beschränken.126 III. Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs im polnischen Reiserecht 1. Allgemeine Informationen Für die Haftung gemäß Art. 471 ZGB müssen drei allgemeine Voraussetzungen erfüllt sein. Dies sind die Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Reisevertrages, ein durch den Reisenden erlittener Schaden und normale Kausalität zwischen der Nichterfüllung bzw. der mangelhaften Erfüllung und dem Schaden.127 Gemäß Art. 11a TourG haftet der Reiseveranstalter für die Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Reisevertrages, es sei denn, diese Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung wurde verursacht durch - eine Handlung oder ein Unterlassen des Reisenden; - eine Handlung oder ein Unterlassen eines Dritten, der an der Erbringung von Reiseleistungen nicht beteiligt ist, solange diese Handlungen oder Unterlassungen weder vorhersehbar noch vermeidbar waren; - höhere Gewalt. Art. 11a TourG enthält im Gegensatz zu dem deutschen Reiserecht eine verschuldensunabhängige Haftung („Risikohaftungsprinzip“), das Verschulden des Reiseveranstalters ist für seine Schadensersatzhaftung ohne Bedeutung. Eine AGB-Klausel, die eine verschuldensabhängige Haftung des Reiseveranstalters einführt, ist unzulässig.128 Das polnische Reiserecht enthält keine zusätzlichen formellen Voraussetzungen (z.B. Mängelanzeige oder Abhilfeverlangen). Der Reisende ist allerdings stets gemäß Art. 16b Abs. 1 TourG dazu verpflichtet, den Mangel anzuzeigen. Das Versäumen dieser Obliegenheit führt jedoch nicht zum Verlust des Schadensersatzanspruchs. 126

Ausf. zu diesem Thema s.o. Dritter Teil, B. I. 3. Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 56–57. 128 SOKiK, Urt. v. 28.12.2006, XVII Amc 161/05, MSiG 2007, Nr. 124, Pos. 8405; SOKiK, Urt. v. 19.10.2004, XVII Amc 95/03, MSiG 2005, Nr. 122, Pos. 7513. 127

B. Allgemeiner reisevertraglicher Schadensersatzanspruch

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2. Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Vertrages Voraussetzung des Schadenersatzanspruches ist die Nichterfüllung bzw. mangelhafte Erfüllung des Reisevertrages. Dazu zählen nicht nur die Nichtrealisierung eines Programmpunktes, die Erbringung einer Reiseleistung in niedrigerer Qualität, als im Vertrag bestimmt, oder die fehlerhafte Organisation der Reise, sondern auch Diebstähle, Körperverletzungen etc. Die Verletzungen von Informationspflichten, wie beispielsweise Visumerfordernisse oder notwendige Impfungen, werden als Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Reisevertrages angesehen. Es ist ohne Relevanz, ob der Reiseveranstalter selbst oder seine Leistungsträger diese Leistungsstörung herbeigeführt haben. Gemäß der Definition des Art. 474 ZGB hat der Reiseveranstalter die Handlungen oder Unterlassungen seiner Erfüllungsgehilfen, die eine Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Vertrages verursachen, zu vertreten. Es wird hier auf die Ausführungen über die Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung verwiesen.129 3. Entlastungsmöglichkeiten des Reiseveranstalters Nach dem polnischen Reiserecht kann sich der Reiseveranstalter lediglich in drei Situationen von der Schadensersatzhaftung entlasten. Diese Ausnahmetatbestände können nicht erweitert und müssen eng interpretiert werden.130 Die erste Entlastungsmöglichkeit stellt eine Handlung oder ein Unterlassen des Reisenden dar. Sein Verhalten muss die einzige Ursache des Schadens sein. Die Vorschrift setzt dabei kein Verschulden des Reisenden voraus. Beispielsweise haftet der Reiseveranstalter nicht, wenn der Reisende an einem Programmpunkt wegen Erkrankung oder einer unerwarteten Operation nicht teilnehmen kann. Wenn jedoch das Verhalten des Reisenden nicht die einzige Ursache der Nichterfüllung oder mangelhaften Erfüllung darstellt, hat der Reiseveranstalter dies zu vertreten und dem Reisenden fällt ein Mitverschulden gemäß Art. 362 ZGB zur Last. Allerdings darf der Reiseveranstalter keine AGB-Klauseln verwenden, nach denen der Reisende zum Ersatz der durch sein Verhalten verursachten Schäden während der Reise verpflichtet ist. 131 Eine solche Verpflichtung würde für den Reisenden eine übermäßige finanzielle Belastung darstellen und kann sogar dazu führen, dass der Reisende auf das weitere Reiseprogramm verzichten müsste. Der zweite Entlastungsgrund ist die Handlung oder das Unterlassen eines Dritten. Diese dritte Person darf allerdings an der Erbringung der Reiseleistung in keiner Weise beteiligt sein, d.h. die Leistungsträger wie die Hoteliers, Fahrer, Kellner, Putzfrauen etc. fallen nicht darunter. Der Schaden kann je129

S.o. Erster Teil C. II. 2. Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 62. 131 SOKiK, Urt. 7.7.2009, XVII Amc 263/08, MSiG 2010, Nr. 4, Pos. 240. 130

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

doch während der Freizeit von anderen durch den Reisenden selbst beauftragten Personen herbeigeführt werden, beispielsweise durch eine Verletzung während eines Rafting-Ausflugs. Die Vorschrift setzt hier, wie bei dem Verhalten des Reisenden, kein Verschulden des Dritten voraus. Diese Handlung bzw. dieses Unterlassen müssen jedoch unvorhersehbar oder unvermeidbar sein, wie z.B. bei einem unerwarteten Angriff auf dem Strand oder einem Diebstahl während des Spaziergangs im Stadtzentrum. Allerdings wird nicht jeder Diebstahl eine Entlastungsmöglichkeit darstellen. Denn er kann auch aus dem Bereich des Reiseveranstalters oder seiner Leistungsträger kommen, z.B. wenn eine Putzfrau einen Geldbeutel aus dem Zimmer stiehlt. Aus diesem Grund sind AGB-Klauseln, die alle Diebstähle und ähnliche Ereignisse aus der Haftung des Reiseveranstalters ausschließen, unzulässig. 132 Die dritte Entlastungsmöglichkeit stellt höhere Gewalt dar. Diese Problematik wurde bereits im Ersten Teil analysiert.133 Demgemäß kann sich der Reiseveranstalter von der Haftung entlasten, solange der Schaden durch ein von außen kommendes Ereignis verursacht wurde, dessen Folgen weder vorhersehbar noch vermeidbar waren. Dazu zählen nicht nur außergewöhnlich schwere Unwetter, Naturkatastrophen, wie Schlammlawinen, Überschwemmungen, Erdrutsche, Waldbrände, Wirbelstürme etc., sondern auch erhebliche politische Unruhen, wie Kampf- und Kriegshandlungen, geschlossene Grenzen etc. Beispielsweise bei einem Streik an der Grenze muss der Reiseveranstalter allerdings versuchen, die Reisenden auf einem anderen Weg zum Ziel zu bringen, wenn ein solcher vorhanden ist. Der Reiseveranstalter haftet jedoch in den oben erwähnten Fällen, wenn er den Reisenden über die ihm bekannten Ereignisse oder die Gefahrensituationen am Reiseziel (wie Kriegshandlungen oder die Gefahr eines Vulkanausbruchs) entgegen seiner im Art. 13 Abs. 2 TourG enthaltenen Verpflichtung nicht informiert. IV. Umfang des Schadensersatzes 1. Zu ersetzender Schaden a) Rechtslage in Deutschland Der Anspruch aus § 651f Abs. 1 BGB zielt auf den Ersatz aller Nichterfüllungsschäden ab. 134 Mangels einer speziellen reiserechtlichen Regelung finden für die Bemessung des Schadensersatzes die allgemeinen Grundsätze nach §§ 249 ff. BGB Anwendung. Gemäß § 249 BGB muss der Reiseveranstalter „den Zustand herstellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre“. Der Schaden wird nach der 132

SOKiK, Urt. v. 19.10.2004, XVII Amc 95/03 MSiG 2005, Nr. 122, Pos. 7513. S.o. Erster Teil C. III. 2. b). 134 Führich, Reiserecht, Rn. 400, S. 394. 133

B. Allgemeiner reisevertraglicher Schadensersatzanspruch

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Differenzhypothese135 als eine Differenz zwischen der hypothetischen Vermögenslage des Reisenden nach einer ordnungsgemäß erbrachten Reiseleistung und der tatsächlichen Vermögenslage berechnet, indem die Reise durch den Mangel beeinträchtigt wurde. Demgemäß sind alle Nichterfüllungsschäden (sowohl im Rahmen des positiven als auch negativen Interesses), 136 einschließlich Mangelfolge- und Begleitschäden,137 zu ersetzen. Der Anspruch umfasst den Ersatz solcher Aufwendungen, die nicht mit der Minderung oder im Rahmen der anderen Mängelansprüche abgegolten wurden. Die Unterscheidung zwischen den einzelnen Ansprüchen bereitet in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten. Daher werden häufig alle reisemangelbezogenen Ansprüche als Schadensersatzansprüche bezeichnet, obwohl sie z.B. durch Minderung oder den Kündigungsanspruch abgegolten werden sollten.138 Mit dem Anspruch aus § 651f Abs. 1 BGB sind insbesondere zusätzliche, nutzlose Aufwendungen, Mehraufwendungen und Mangelfolgeschäden (wie Körper- und Sachschäden durch Eigentumsbeschädigung oder andere Vermögensschäden), die infolge eines Schadens entstanden sind, zu ersetzen. 139 b) Rechtslage in Polen Für die Entstehung der Schadensersatzhaftung muss ein Schaden vorliegen. Das polnische Rechtssystem enthält keine gesetzliche Definition des Schadens. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass der Begriff nach der sprachlichen Intuition verständlich sein sollte. 140 Darunter wird ein Nachteil verstanden, den der Geschädigte in seinem Vermögen, seinen Gütern oder Interessen erlitten hat, solange diese Güter oder Interessen rechtlich geschützt sind. 141 Der Schaden umfasst nach dem Grundsatz des Art. 361 § 2 ZGB die Einbußen, die der Geschädigte erlitten hat (damnum emergens), und die Vorteile, die er hätte erzielen können, wenn ihm der Schaden nicht entstanden wäre (lucrum cessans). In der polnischen Rechtspraxis und sogar im Schrifttum werden andere reiserechtliche Ansprüche, insbesondere die Minderung, als Schadensersatzansprüche bezeichnet und als eine ganzheitliche Forderung betrachtet. Im 135

BGHZ 40, 347. Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 427. 137 BT-Drucks. 8/786, S. 29. 138 Führich, Reiserecht, Rn. 400, S. 394. 139 Vgl. Pick, Reiserecht, § 651f Rn. 89–90; Führich, Reiserecht, Rn. 400 ff., S. 394; MünchKomm/Tonner, § 651f Rn. 30 ff.; JurisPraxisKommentar/Keller, § 651f Rn. 23ff. 140 Szpunar, Odszkodowanie, S. 21–24; Longchamps de Berier, Uzasadnienie, S. 191. 141 Radwański/Olejniczak, Zobowiązania, S. 83. Der Begriff des Schadens wird in der deutschen Literatur ähnlich verstanden, wo der Schaden als Störung der Rechtsposition des Geschädigten oder als eine unvorteilhafte Änderung der Lage seines Rechtsgutes betrachtet wird, Budewig/Gehrlein, Das Haftpflichtrecht, S. 258. 136

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

Zusammenhang damit stellt einen Schaden einerseits der Betrag dar, der normalerweise im Rahmen des Minderungsrechts geltend gemacht wird, wie der Unterschied zwischen dem Wert der vertragsgemäßen und der erhaltenen Leistung, andererseits die „normalen“ im adäquaten Zusammenhang mit der Nichterfüllung oder mangelhaften Erfüllung stehenden Mangelfolgeschäden und Begleitschäden wie Diebstahl bzw. Verlust des Gepäcks, Körperverletzung, zusätzliche schadenstiftende Aufwendungen oder Mehrkosten. Der durch den Reisenden erlittene Schaden kann nicht nur als bloßer Wertunterschied zwischen der zu erwartenden Reiseleistung und der erhaltenen Reiseleistung berechnet werden. 142 Die Reiseleistung ist stets als Teil des Reiseprogramms anzusehen, und eine Leistungsstörung kann nicht nur mit dem Ersatz des Preises, beispielsweise des Eintrittstickets, abgeglichen werden.143 Es kann passieren, dass eine Reiseleistung von solcher Relevanz für die Erreichung des Reisezieles war, dass die Nichterbringung dieser Leistung die Rückzahlung des ganzen Reisepreises rechtfertigt, z.B. bei einer Kochreise, bei der ein Sternekoch den Reisenden Kochkurse geben sollte, er aber wegen der schlechten Organisation und mangelhaften Kommunikation mit dem Reiseveranstalter an der Reise nicht teilnimmt. Außer dem damnum emergens kann der Reisende im Rahmen des Schadensersatzes Ersatz der verlorenen Vorteile verlangen, die er hätte erzielen können, wenn ihm der Schaden nicht entstanden wäre. Der Schaden in Form von lucrum cessans hat einen hypothetischen Charakter. Denn er zielt auf die Vermögenslage des Geschädigten ab, die bestanden hätte, wenn das schadensstiftende Ereignis nie eingetreten wäre. 144 Verlorene Vorteile dieser Art werden nur dann ersetzt, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit bewiesen werden kann, dass sie wirklich entstanden wären, wenn der Schaden nicht entstanden wäre. 145 Dies ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn eine Person wegen der Überbuchung eines Flugzeugs erst einige Tage später nach Hause kam und aus diesem Grund nicht auf dem bereits früher geplanten Konzert auftreten konnte. 2. Mitverschulden des Reisenden Wie es bereits hinsichtlich der Pflicht zur Mängelanzeige angedeutet wurde, 146 kann unter Umständen ein Mitverschulden des Reisenden vorliegen. Hat der Reisende bei der Schadensentstehung oder bei der Schadensvertiefung mitgewirkt, wird dies beim Umfang des Schadensersatzes berücksich-

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Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 77. Ibidem. 144 Szpunar, Uwagi, S. 293 ff. 145 SN, Urt. v. 21.6.2002, IV CKN 382/00, nicht veröffentlicht. 146 S.o. Zweiter Teil A. IV. 2. a). 143

B. Allgemeiner reisevertraglicher Schadensersatzanspruch

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tigt. Rechtsgrundlage dafür ist § 254 BGB im deutschen und Art. 362 ZGB im polnischen Recht. Dadurch kann der Anspruch auf Schadensersatz in Deutschland teilweise oder völlig entfallen. Wenn der Schaden nur durch das Verhalten des Reisenden verursacht wurde, entfällt nach dem polnischen Recht die Haftung des Reiseveranstalters. Wirkt sich das Verhalten des Reisenden nur teilweise auf die Schadensentstehung oder -vertiefung aus, wird der Umfang des zu ersetzenden Schadens entsprechend gemindert. Beim Mitverschulden des Reisenden ist das Vorliegen eines adäquaten Zusammenhangs mit dem Schaden nötig. Das Haftungsprinzip des zum Ersatz des Schadens verpflichteten Reiseveranstalters ist für die Anerkennung des Mitverschuldens des Reisenden nicht von Bedeutung. Die Mitwirkung des Reisenden kann sowohl verschuldet als auch unverschuldet erfolgen. Allerdings spielt das Verschulden des Reiseveranstalters und des Reisenden eine wesentliche Rolle bei der Bemessung des Mitverschuldens und dementsprechend des Umfangs des Schadensersatzes. Außer dem Verschulden sind sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Das Mitverschulden des Reisenden wurde beispielsweise bei einem Sprung in einen unbekannten und unbeleuchteten Pool unter Alkoholeinfluss,147 bei einem PKW-Ausflug ohne Anschnallen des Sicherheitsgurts148 oder beim Diebstahl, bei dem im Rotlichtmilieu der Geldbeutel in der Gesäßtasche getragen wurde, 149 angenommen. Es kann auch beim Stolpern über eine sich zwischen Zimmerflur und dem Hotelflur befindenden Stufe150 oder beim Verlust des Reisegepäcks vorliegen, wenn wertvolle Brillen im Reisegepäck verwahrt wurden (100 Prozent Mitverschulden). 151 V. Zusammenfassung Die untersuchten Rechtsordnungen gewähren dem Reisenden einen Anspruch auf Schadensersatz. Die Regelungen weisen jedoch wesentliche Unterschiede auf. Nach dem deutschen Reiserecht haftet der Reiseveranstalter verschuldensabhängig, in Polen hingegen verschuldensunabhängig. Beide Vorschriften setzen Art. 5 Abs. 2 der Pauschalreise-Richtlinie um. Diese Vorschrift enthält Elemente der Risiko- und Verschuldenshaftung und sollte einen Kompromiss zwischen den Lobbygruppen darstellen.152 Dies führte jedoch zu einer unnötig komplizierten Formulierung der Norm, die in den Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgelegt und umgesetzt wurde. 147

OLG Celle RRa 2003, 109 f. OLG Celle NJW-RR 2003, 109 f. 149 AG Baden-Baden RRa 2011, 207. 150 OLG Hamm NJW-RR 2010, 129. 151 AG Charlottenburg RRa 2009, 293. 152 Alleweldt/Tonner/McDonald, Study, S. 4. 148

148

Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

Obwohl die Pauschalreise-Richtlinie das Wort „Verschulden“ (fault) benutzt, die auf eine Verschuldenshaftung hinweisen könnte, ist von einer strikten Haftung auszugehen. Denn diese ist verbraucherfreundlicher, und der Verbraucherschutz ist stets das höchste Ziel der Richtlinie. Im Hinblick darauf ist die polnische Schadensersatzhaftung besser und verbraucherfreundlicher geregelt. Das TourG enthält darüber hinaus drei Entlastungsgründe, die sogar im Vergleich zur Pauschalreise-Richtlinie für den Reisenden günstiger sind. Der deutsche Gesetzgeber entschied sich hingegen dafür, die verschuldensabhängige Haftung des Reiseveranstalters beizubehalten und keine Ausnahmetatbestände in das Gesetz einzufügen. Ein weiterer Unterschied liegt in den Voraussetzungen. Obwohl die beiden untersuchten Rechtsordnungen einheitlich einen Reisemangel bzw. die Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Reisevertrages voraussetzen, unterscheiden sie sich in den formellen Voraussetzungen. In Deutschland geht die h.M. davon aus, dass der Reisende den Mangel anzeigen bzw. Abhilfe begehren muss. Rügt er den Mangel nicht, verliert er den Schadensersatzanspruch. In Polen hingegen besteht eine generelle Mängelanzeigepflicht. Die Folgen des Versäumnisses sind jedoch wesentlich milder: Es führt lediglich zu Beweisschwierigkeiten, im schlimmsten Fall zum Vorliegen eines Mitverschuldens. Da die Pauschalreise-Richtlinie keine Mängelanzeige als Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch vorsieht, ist die Praxis in Deutschland richtlinienwidrig und sollte geändert werden. Die polnische Regelung stimmt mit der Pauschalreise-Richtlinie überein. Der Umfang des zu ersetzenden Schadens wird in beiden Rechtssystemen ähnlich berechnet. Es wird die Differenzhypothese genutzt, die sowohl damnum emergens als auch lucrum cessans berücksichtigt. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass in Polen kein Schmerzensgeld im Rahmen der vertraglichen Haftung (außer beim Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit) zugesprochen werden kann. Das polnische Zivilgesetzbuch sieht diese Möglichkeit nur bei der Haftung aus unerlaubter Handlung vor. In Deutschland hingegen verliert diese Problematik nach der Schuldrechtsreform an Bedeutung. Denn gemäß § 253 BGB n.F. kann das Schmerzensgeld auch im vertraglichen Regime bejaht werden. Die deutsche Lösung ist zu befürworten. Für den Reisenden ist es leichter, seine Ansprüche im Rahmen der vertraglichen Haftung geltend zu machen, vor allem wegen der für ihn günstigeren Regelung bezüglich der Haftung des Reiseveranstalters für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen und bezüglich der Beweislastumkehr. Die deutsche Regelung entspricht auch der seit Jahren zu beobachtenden Tendenz, Schmerzensgeld auch im Rahmen der vertraglichen Haftung zu gewähren.

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

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C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

I.

Einführung

Die schnelle Entwicklung des Tourismus in den letzten Jahrzehnten und das immer höhere Niveau des Verbraucherschutzes führten zur Entstehung von zahlreichen neuen Rechtsproblemen. Eine von vielen Kontroversen zum Reiserecht stellt die Problematik des Schadensersatzes wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit dar. Die Frage, ob ein solcher Ersatz immateriellen Schadens rechtmäßig ist und auf welche Rechtsgrundlage er zu stützen ist, bereitet bisher viele Schwierigkeiten, insbesondere in der polnischen Rechtsordnung, und stellt deswegen einen besonders wichtigen Abschnitt des Vergleichs dar. Aus diesem Grund wird im Folgenden nicht nur die aktuelle Rechtslage, sondern auch die Entwicklung dieses Rechtsinstituts, die Problematik der Schadensqualifikation, die Rechtsgrundlagen und die verschiedenen Ansichten in der Literatur und Rechtsprechung geschildert. Der Entschädigungsanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit ist in Deutschland seit dem Inkrafttreten des Reisevertragsgesetzes im Jahre 1979 in § 651f Abs. 2 BGB geregelt. Trotz der ausdrücklichen Normierung dieses Rechtsinstituts bereitete die Gewährung der Entschädigung erhebliche Probleme, die auf das System des immateriellen Schadensersatzes im Rahmen der ex-contractu- und ex-delicto-Haftung zurückzuführen sind. Diese Problematik und die aktuelle Rechtslage werden im Folgenden in groben Zügen dargestellt. Der Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit wird in Polen unterschiedlich bezeichnet: als verlorener Urlaub, verfehlter Urlaub, Verlust des Urlaubsgenusses, verlorenes Urlaubsvergnügen, verlorener Nutzen aus dem Urlaub, negative Erlebnisse bezüglich des Urlaubs, Unrecht, Verlust der Erholung etc. 153 Allerdings wird überwiegend der zuletzt genannte Begriff verwendet, der neuerdings auch den Weg in die höchstrichterliche Rechtsprechung gefunden hat.154 Unter dieser Bezeichnung wird i.d.R. ein vom Reisenden erlittener Nichtvermögensschaden verstanden, der durch die Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Reisevertrages verursacht wurde. Es handelt sich um eine verlorene oder ruinierte Erholung, die während des Urlaubs empfunden wird. 155 Das polnische Reiserecht kennt keine spezialgesetzliche Regelung eines Schadensersatzanspruches wegen ruinierten Urlaubs. Allerdings führten das 153 Gospodarek, Glosa, S. 8; weitere Beispiele: Koronkiewicz-Wiórek, Zmarnowany urlop, S. 60 und 64 f. 154 Hier wird i.d.R. der Begriff des „ruinierten Urlaubs“ benutzt und im Rahmen des Vergleichs wird der deutsche Begriff („nutzlos aufgewendete Urlaubszeit“) auch auf den polnischen Anspruch angewandt. 155 Gospodarek, Glosa, S. 8.

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

zunehmend größere Rechtsbewusstsein der polnischen Touristen und die Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung der Pauschalreise-Richtlinie dazu, dass sich die Gerichte ebenso wie das Schrifttum damit beschäftigten. Es wurden viele verschiedene Ansichten zur Schadensnatur und die etwaige Rechtsgrundlage entwickelt, die im folgenden Teil der Arbeit beschrieben werden. II. Das Problem der Schadensart und der Rechtsgrundlage des Anspruchs – Entwicklung 1. Allgemeine Informationen Bereits in der frühen Nachkriegszeit tauchte in den beiden untersuchten Ländern das Problem der Gewährung von Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit auf. Die Reisenden beanspruchten häufig neben dem allgemeinen Schadensersatz eine Entschädigung wegen ruinierten Urlaubs. Die Anerkennung eines solchen Entschädigungsanspruches bereitete jedoch erhebliche Probleme, die auf den Haftungsgrundsatz des Reiseveranstalters und auf die Qualifikation der Schadensart zurückzuführen sind. Da der Reiseveranstalter für die durch die Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung (Mängel) des Reisevertrags verursachten Schäden haftet, besteht eine vertragliche Haftung.156 Das wesentliche Problem stellte die Frage dar, ob der ruinierte Urlaub als materieller oder immaterieller Schaden zu qualifizieren ist. In der Vergangenheit war dies umstritten.157 Heute wird einhellig von einem Nichtvermögensschaden ausgegangen.158 Die Einordnung des ruinierten Urlaubs als Nichtvermögensschaden führte zu Problemen für die Gewährung einer Entschädigung. Denn ein immaterieller Schaden war im Schuldrecht in Deutschland vor der Schuldrechtsreform des Jahres 2002 gemäß § 253 BGB a.F. 159 ausgeschlossen. In Polen ist sie nach wie vor unmöglich. Das polnische Reiserecht schweigt zum Schadensersatz wegen ruinierten Urlaubs. Es enthält lediglich die allgemeine Vorschrift des Art. 11a TourG über die Haftung des Reiseveranstalters für die Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Reisevertrages. Dem polnischen Recht fehlt eine allgemeine Vorschrift, welche die Gewährung eines Ersatzes für immaterielle Schäden erlauben würde, wenn das Gericht dies für nötig hält, unabhängig davon, ob eine vertragliche (ex contractu) oder deliktische (ex delicto) Haf156

Nesterowicz, Zadośćuczynienie za zmarnowany urlop, S. 73. Vgl. Luzak/Osajda, Odpowiedzialność za zmarnowany urlop, S. 307 ff. 158 Nesterowicz, Zadośćuczynienie pieniężne, S. 24; Wałachowska, Odszkodowanie, S. 79; Führich, MDR 2009, 906 ff., 906; Bączyk, Das Problem des Schadensersatzes, S. 76. 159 Laut § 253 BGB a.F. konnte die Entschädigung für Nichtvermögensschaden nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden, nämlich gemäß § 847 und § 1300 BGB. 157

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

151

tung vorliegt. Obwohl das polnische Zivilrecht keine Vorschrift wie § 253 Abs. 1 BGB enthält, wird davon ausgegangen, dass eine Entschädigung für Nichtvermögensschäden lediglich in den durch das Gesetz bestimmten Fällen zugesprochen werden kann. Dies sind vor allem Art. 445 ZGB i.V.m. Art. 444 ZGB (Entschädigung für erlittenes Unrecht bei einer Körperverletzung, Gesundheitsschädigung, Freiheitsberaubung oder Unterwerfung einer unzüchtigen Handlung, die mittels Arglist, Gewalt oder Missbrauchs eines Abhängigkeitsverhältnisses begangen worden ist) und Art. 448 i.V.m. 23 ZGB (Wiedergutmachung für das erlittene Unrecht im Falle der Verletzung eines persönlichen Rechtsgutes)160.161 Schmerzensgeld kann nach h.M.162 nur im Rahmen der deliktischen Haftung zugesprochen werden.163 Dies führt zu einem wesentlich niedrigeren Schutz des Geschädigten und stimmt mit der aktuellen Tendenz nicht überein, nach der das Schmerzensgeld auch bei der vertraglichen Haftung zugesprochen werden sollte. Dies führt dazu, dass viele polnische Gerichte ein Schmerzensgeld wegen ruinierten Urlaubs ablehnen. Denn sie sehen keine Rechtsgrundlage dafür in der polnischen Rechtsordnung.164 Diese Problematik existiert nicht nur im Reiserecht, sondern auch in den anderen Bereichen, insbesondere im Medizinrecht.165 In Polen gab es in der Vergangenheit eine Regelung, nach der die Gewährung von Ersatz für immaterielle Schäden im Rahmen der vertraglichen Haftung zulässig war. Diese Regelung befand sich in dem Obligationengesetz-

160 Zu den persönlichen Rechtsgütern gehören gemäß Art. 23 ZGB insbesondere die Gesundheit, Freiheit, Ehre, Gewissensfreiheit, der Name oder das Pseudonym, das eigene Bildnis, das Briefgeheimnis, die Unverletzlichkeit der Wohnung, die schöpferische Tätigkeit auf den Gebieten der Wissenschaft, der Kunst, des Erfindungs- und Rationalisierungswesens. Bis zu der Novellierung v. 23.8.1996 konnte die Entschädigung nur an das Polnische Rote Kreuz und nur im Falle des Vorsatzes gefordert werden. 161 Andere Beispiele: Art. 446 § 4 ZGB (Schmerzensgeld für den nächsten Familienangehörigen des Verstorbenen infolge einer Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung); Art. 417 2 ZGB (Schmerzensgeld für die durch die rechtmäßige Ausübung der öffentlichen Gewalt verursachten Personenschäden). 162 Nesterowicz, Zadośćuczynienie pieniężne, S. 22; SA Warschau, Urt. v. 10.5.2005, I Aca 941/04, Lex Polonica 379684; SR Warschau v. 28.4.2008, IC 155/07, nicht veröffentlicht. 163 Beispiele der vereinzelten SN-Entscheidungen, die ein solches Schmerzensgeld gewährten: SN, Urt. v. 9.8.2005, IV CK 69/05, LEX Nr. 37178; SN, Urt. v. 17.12.2004, II CK 300/04, LEX Nr. 146416. 164 Der SA Warschau lehnte noch im Jahre 2009 die Rechtmäßigkeit der Entschädigung wegen des ruinierten Urlaubs ab, Urt. v. 9.9.2009, VI Aca 201/09, Lex Polonica Nr. 2073868. 165 Vgl. Nesterowicz, Odpowiedzialność kontraktowa i deliktowa, S. 17 ff.

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

buch 166 von 1934 bis 1964, also bis das noch heute geltende ZGB erlassen wurde. Art. 242 OGB erlaubte es, im Rahmen der vertraglichen Schadensersatzhaftung die Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung entsprechend anzuwenden.167 Eine ähnliche Regelung könnte auch heute die Lösung für zahlreiche Rechtsprobleme, vor allem für das Problem der Rechtsgrundlage des Schadensersatzanspruchs für den vertanen Urlaub darstellen.168 Diese Regelung war für diese Zeit sehr fortschrittlich und stellte den Geschädigten günstiger als das heutige polnische Zivilrecht. 2. Entwicklung der Ansichten a) Allgemeine Ausrichtung der Rechtsprechung in Polen Die Rechtsprechung in Deutschland sah die Notwendigkeit der Anerkennung des Schadensersatzes wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit sehr früh. Da es damals ausgeschlossen war, den Ersatz immateriellen Schadens im Rahmen der vertraglichen Haftung zuzusprechen, betrachteten die Gerichte den ruinierten Urlaub grundsätzlich als materiellen Schaden.169 Im Vergleich zum deutschen Reiserecht entwickelten sich das polnische Reiserecht und das reiserechtliche Bewusstsein deutlich stockender. Es gab jedoch etliche dieses Thema betreffende Urteile, die für die Entwicklung des polnischen Reiserechts von großer Bedeutung waren. Das erste Urteil zum Schmerzensgeld wegen ruinierten Urlaubs wurde durch das Kreisgericht der Stadt Warschau170 am 11.11.1967 (XC 2687/67) gefällt. 171 In diesem Fall buchte der Kläger bei dem Reiseveranstalter „Orbis“ eine Reise nach Sotschi (in der damaligen Sowjetunion). Während des Aufenthalts wurden seine sich im Hotel befindenden Sachen gestohlen. Die Diebe wurden kurz danach aufgegriffen, und der Kläger erhielt noch am Reiseort eine Entschädigung für die gestohlenen Sachen. Nach dem Reiseende forderte er darüber hinaus ein Schmerzensgeld wegen der verlorenen Urlaubswoche. Das Kreisgericht gab dem Antrag des Klägers nicht statt und stellte fest, dass im polnischen Recht eine solche Möglichkeit nicht bestehe.

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[Kodeks zobowiązań], weiter als: OGB; Dz.U. Nr. 82, Pos. 598. Das Obligationengesetzbuch wurde durch die Verordnung des Präsidenten der Republik Polen eingeführt. Es trat am 1.7.1934 in Kraft. 167 Mączyński, Zadośćuczynienie pieniężne, S. 232. 168 Bączyk, Das Problem des Schadensersatzes, S. 81. 169 BGHZ 63, 98; 77, 116, 120; NJW 1985, 906 f.; NJW 1967, 1372; vgl. Honsell, JuS 1976, 222 ff., 222. 170 [Sąd Powiatowy dla m.st. Warszawy.] 171 Loos/Dickie/Arnokouros/Wiewiórska-Domagalska, ECJ, 12 March 2002, Nr. 1, S. 100–101.

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

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Diese Auffassung wurde später vom SN im Beschluss vom 25.2.1986172 bestätigt. In diesem Fall erlitten die Kläger eine Nahrungsmittelvergiftung, die dem Reiseveranstalter zugerechnet wurde. Sie forderten deswegen einen Ersatz der materiellen und immateriellen Schäden. Das Gericht kam hier auch zu dem Schluss, dass keine Rechtsgrundlage für den Ersatz des Nichtvermögensschadens im Rahmen der vertraglichen Haftung bestehe. Ein anderes Urteil, das nicht direkt den Schadensersatz wegen ruinierten Urlaubs betrifft, fällte der SN im Jahre 1977. 173 In diesem Fall nahm die Klägerin an Arbeitsferien teil und belegte ein Zimmer mit einem Balkon. Als sich die Klägerin auf diesem Balkon befand, stürzte dieser infolge der Belastung und von Konstruktionsmängeln ein. Die Klägerin erlitt durch diesen Sturz schwere Verletzungen und wurde als Behinderte ersten Grades anerkannt. Es wurde festgestellt, dass der Reiseveranstalter die Zimmer von einer privaten Person mietete, ohne vorher den Zustand oder die Nutzungserlaubnis überprüft zu haben. Der SN entschied hier, dass für den Reiseveranstalter außer den Vertragspflichten auch andere Verpflichtungen wie Sicherheitsund Schutzpflichten gegenüber dem Reisenden bestünden. Diese Konstruktion erinnert an die Verkehrssicherungspflichten im deutschen Recht. Der SN ging hier im Gegensatz zur in den unteren Instanzen angenommenen deliktischen Haftung von einer vertraglichen Haftung des Reiseveranstalters gemäß Art. 471 ZGB aus. Dieses Urteil ist zu befürworten. Denn es wurde hier zum ersten Mal ein Schadensersatz für immaterielle Schäden im Rahmen der excontractu-Haftung anerkannt. Leider entbehrt das Urteil, wahrscheinlich wegen der fehlenden Rechtsgrundlage, einer ausführlichen Begründung. Die Verabschiedung des Gesetzes über touristische Dienstleistungen im Jahre 1997 und die Novellierung aus dem Jahre 2000 änderten kaum etwas. Das Gesetz sah keine ausdrückliche Vorschrift über den Schadensersatz wegen ruinierten Urlaubs vor. Die Rechtsprechung war weiter sehr uneinheitlich. Allerdings lehnte die Mehrheit der Gerichte einen Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreude ab. 174 Beispielsweise wies der SA Warschau im Jahre 2005 eine Klage ab. 175 Ein Jahr später entschied er jedoch das Gegenteil und gewährte den Schadensersatz auf Grundlage der Verletzung des Persönlichkeitsrechts, dem Recht auf volle Zufriedenheit mit der Reise.176 In diesem Fall ging es um fakultative Ausflüge. Das Angebot des Reiseveranstalters enthielt die Möglichkeit, an den zusätzlichen Ausflügen am Reiseort (zu den Tempeln von Abu Simbel und nach Alexandria) teilzunehmen. Vor Ort wurden sie jedoch nicht organisiert. Das Berufungsgericht entschied, dass die 172

III CZP 2-86, OSNC 1987, H 1, Pos. 10. SN, Urt. v. 6.4.1977, IV CR 90/77, OSPiKA 1978, H. 11, Pos. 200. 174 Gospodarek, Glosa, S. 8. 175 SA Warschau, Urt. v. 10.06.2005 ACa 941/04, Lex Polonica Nr. 379684. 176 Urt. v. 22.06.2006, V Ca 2387/05, Rzeczpospolita 2006, Nr.129, C1. 173

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

Möglichkeit der Teilnahme an den fakultativen Ausflügen einen Teil des Vertrages darstellte. Der Entzug dieser Gelegenheit führe zu einer tiefen Unzufriedenheit und Enttäuschung des Reisenden, die mit 500 Złoty (ca. 125 Euro) entschädigt wurde. Dasselbe Gericht wies in einem anderen Urteil die Klage auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit ab. 177 Diesmal stützte es seine Entscheidung darauf, dass das polnische Rechtssystem ein Schmerzensgeld nur im Rahmen der deliktischen Haftung vorsehe. Eine ähnliche Position nahm der SR Warschau-Mokotów ein.178 Andererseits sprach der SR Warschau-Stadtmitte Schadensersatz in Höhe von 25 Prozent des Reisepreises für die erlittenen Unbequemlichkeiten und für die entgangene Urlaubsfreude zu. 179 Wie oben aufgeführt, war die polnische Rechtsprechung bezüglich des Schadensersatzes wegen ruinierten Urlaubs bis vor kurzem sehr uneinheitlich. In der Regel lehnten die Gerichte solche Ansprüche ab. Im Schrifttum wurden diese Entscheidungen überwiegend kritisch betrachtet. Die Literatur versuchte auch Lösungsvorschläge zu entwickeln, auf die die Gerichte einen Schadensersatzanspruch stützen könnten. Diejenigen Gerichte, welche die Notwendigkeit der Gewährung sahen, benutzten diese durch die Literatur vorgeschlagenen Konstruktionen, die im folgenden Teil beschrieben werden. b) Nutzlos aufgewendete Urlaubszeit als materieller Schaden Die dogmatische Frage, ob nutzlos aufgewendete Urlaubszeit einen materiellen oder immateriellen Schaden darstellt, ist nicht einfach zu beantworten und löste eine große Kontroverse in Rechtsprechung und Literatur 180 aus. Die Qualifikation dieses Schadens spielt eine wesentliche Rolle, denn sie determiniert die Rechtsgrundlage des Entschädigungsanspruchs. Heute wird nutzlos aufgewendete Urlaubszeit überwiegend als immaterieller Schaden eingestuft. 181 In der Vergangenheit versuchten etliche Vertreter des Schrifttums 182

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SA Warschau, Urt. v. 9.9.2009, VI ACa 201/09, Lex Polonica Nr. 2073868. Urt. v. 28.4.2008, IC 155/07, es wurde vom Gericht der zweiten Instanz aufrechterhalten (21.8.2008, V Ca 1505/08), zitiert nach: Nesterowicz, Odpowiedzialność cywilna, S. 12. 179 SR Warschau-Stadtmitte, Urt. v. 23.7.2008, VI C-upr 160/07, nicht veröffentlicht. 180 Staudinger/Schwerdtner (2003), § 651f Rn. 47 ff.; Staudinger/Staudinger (2011), § 651f Rn. 54 ff.; Sekuła-Leleno, Odpowiedzialność, S. 151. 181 Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 100; Koronkiewicz-Wiórek, Zmarnowany urlop, S. 65; Wałachowska, Odszkodowanie, S. 79; Safjan, Naprawienie krzywdy, S. 273 ff. 182 Vgl. Dybowski/System, S. 284 ff; Ciemiński, Naprawienie uszczerbku, S. 364 ff.; Bartl, Reiserecht, Rn. 91; Teichmann, JZ 1979, 737 ff., 740; Tonner, JuS 1982, 411 ff., 414 f.; Honsell, JuS 1976, 222 ff., 222; weitere Beispiele: Staudinger/Staudinger (2011), § 651f Rn. 56. 178

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

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und der Rechtsprechung183 in beiden Ländern den ruinierten Urlaub als materiellen Schaden zu qualifizieren und damit das Problem der Anspruchsgrundlage (kein Schmerzensgeld für immaterielle Schäden im Rahmen der vertraglichen Haftung) zu eliminieren. Die deutsche Literatur ordnete nutzlos aufgewendete Urlaubszeit dann als Vermögensschaden ein, wenn der Urlaub zur Erholung oder Stärkung der Arbeitskraft bestimmt war. Der Reisende musste den Urlaub durch seine Arbeitsleistung oder durch zusätzlichen Aufwand für eine Ersatzkraft „erkauft“ haben.184 In Polen stützten sich die Anhänger der „materiellen Theorie“ auf ein anderes Argument. Sie meinten, die Erholung oder Freude sei immer mit einer zum Marktpreis gekauften Leistung verbunden. Bis zur Erbringung der Reiseleistung gehört sie zu den Aktiva des Reisenden. Kommt die Reise nicht zustande oder ist sie mit Mängeln behaftet, erleidet der Reisende einen Vermögensschaden.185 Um die Höhe der Entschädigung zu bemessen, musste das Urlaubsvergnügen kommerzialisiert und als Teil des Reisepreises bestimmt werden186 (als Prozentverhältnis des Leistungswerts zu dem Wert der ganzen Reise, wobei die Höchstgrenze der ganze Reisepreis darstellt). 187 Diese Lösung eröffnete die Möglichkeit, den Schadensersatz auf die allgemeine Vorschrift des Art. 471 ZGB zu stützen. Die Gerichte konnten gegebenenfalls Art. 322 PZPO anwenden und die Entschädigung nach freiem Ermessen zusprechen. 188 Der BGH musste bereits im Jahre 1955 im sog. Seereise-Fall189 über die Frage der Beeinträchtigung des Urlaubsvergnügens entscheiden. In diesem Fall forderte der Kläger den Ersatz eines Schadens, den er dadurch erlitten hatte, dass sein Koffer von den Zollbehörden verloren wurde. Der BGH qualifizierte diesen Schaden als Vermögensschaden, denn damals war der Ersatz eines Nichtvermögensschadens im Rahmen der vertraglichen Haftung gemäß § 253 a.F. BGB nicht möglich. Der SN in Polen fällte zum ersten Mal im Jahre 1966 ein Urteil bezüglich des Ersatzes eines Nichtvermögensschadens aufgrund vertraglicher Haftung.190 In diesem Fall sprach das Woiwodschaftsgericht191 dem Kläger we183

BGHZ 63, 98; 77, 116, 120; NJW 1967, 1372; NJW 1985, 906 f.; LG Aachen MDR 1982, 670; LG Frankfurt a.M. NJW 1982, 2452; 1983, 2266. 184 Staudinger/Staudinger (2011),§ 651f Rn. 47. 185 Dybowski/System, S. 238; Łętowski, Glosa, S. 12; Kierzyk, Ochrona konsumentów, S. 41. 186 Luzak/Osajda, Odpowiedzialność za zmarnowany urlop, S. 331. 187 Ciemiński, Naprawienie uszczerbku, S. 366. 188 Vgl. Luzak/Osajda, Odpowiedzialność za zmarnowany urlop, S. 331. 189 BGH NJW 1956, 123. 190 Urt. v. 10.05.1966, OSNC 1966, Satz 12, Pos. 223. 191 Damals das Gericht der zweiten Instanz.

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

gen des Verlusts der Möglichkeit, für die Dauer eines Jahres Radio zu hören, Schadensersatz zu. Der Oberste Gerichtshof hob dieses Urteil auf und stellte fest, dass das polnische Recht eine Gewährung von Schadensersatz wegen Nichtvermögensschäden lediglich in den durch das Gesetz bestimmten Fällen erlaube. Ein aktuelles Beispiel aus den letzten Jahren ist das Urteil des SR Breslau.192 In einer Entscheidung aus dem Jahre 2007 stellte dieser fest, dass das Recht auf den vertragsgemäßen Urlaub einen Vermögenswert darstelle. Die fehlende oder niedrigere Qualität der Reiseleistung bedeute einen Verlust des Urlaubsgenusses und sei als Vermögenswert zu qualifizieren. Zusammenfassend gab es keinen immateriellen Schadensersatz vor dem Inkrafttreten des TourG und der die Haftung des Reiseveranstalters normierenden Novellierung im Jahre 2000, trotz der allgemeinen Tendenz zur Gewährung eines Ersatzes für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit und etlicher Urteile, die einen solchen Ersatz gewährten. Die Gerichte rechtfertigten dies mit der Theorie des Vermögensschadens. Diese Ansicht war jedoch nie weit verbreitet und wird heute nicht mehr vertreten. Die deutsche Rechtsprechung begann hingegen bereits in den siebziger Jahren, Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit anzuerkennen. Das wichtigste Urteil des BGH betraf den sog. Rumänienfall.193 In dieser Entscheidung bestätigte der BGH die bereits in der Rechtsprechung vertretene Meinung, dass der verlorene Urlaub materiellen Charakter habe, und erkannte die Erhaltung zusätzlichen Urlaubs als Richtgröße für die Schadensbemessung an.194 Zuvor hatte es bereits mehrere Urteile der Instanzgerichte gegeben, die den Urlaubgenuss „kommerzialisiert“ hatten. 195 Dieser Auffassung folgte auch der Großteil des Schrifttums. 196 Diese Tendenz, einen Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit anzuerkennen, gipfelte schließlich im Jahre 1979 in der Einführung von § 651f Abs. 2 BGB. Obwohl dies einen großen Fortschritt darstellte, wurden die dogmatischen Probleme bei der Qualifizierung dieser Schadensposition nicht gelöst. Denn es blieb weiter umstritten, ob die nutzlos aufgewendete Urlaubszeit einen materiellen oder einen immateriellen Schaden darstelle. Es wurde die Meinung vertreten, die neue Vorschrift kodifiziere die bisherige Rechtsprechung des BGH (vertane Urlaubszeit als ein Vermögens-

192

SR Breslau, Urt. v. 24.05.2007, I C 613/06. BGHZ 63, 68 = NJW 1975, 40. 194 Weitere Entscheidungen: BGHZ 77, 116 = NJW 1980, 1947; BGHZ 80, 366 = NJW 1981, 1833; BGHZ 82, 219 = NJW 1982, 377; NJW 1982, 1522. 195 OLG Frankfurt NJW 1967, 1372, 1373; 1973, 470, 473; KG, OLGZ 1969, 17, 20; NJW 1970, 474; MDR 1971, 1007; OLG Köln NJW 1973, 1083, 1085; 1974, 561; OLG Bremen, VersR 1969, 929. 196 Mammey, NJW 1969, 1150 ff., 1150; Bartl, NJW 1972, 505 ff., 511. 193

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

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schaden). Dieser Ansicht folgte ein Teil der Judikatur und des Schrifttums. 197 Der BGH folgte zunächst auch dieser Auffassung.198 Die rechtlichen Begründungen für die Annahme der nutzlos aufgewendeten Urlaubszeit als materieller Schaden wiesen zahlreiche Nachteile und Schwächen auf, wie die Künstlichkeit des Kommerzialisierungsprozesses des Urlaubsgenusses, 199 die Beschränktheit der Entschädigungshöhe auf den Reisepreis in Polen und die Differenzierung der Höhe des Schadensersatzes aufgrund des Gehalts und der Erwerbsfähigkeit der Reisenden in Deutschland. Trotzdem haben viele Gerichte oben erwähnte Gründe für ihre Entscheidungen anerkannt, um den Schadensersatz wegen verlorenen Urlaubs zu gewähren. c) Nutzlos aufgewendete Urlaubszeit als immaterieller Schaden aa) Allgemeine Informationen Trotz der sich in der Vergangenheit in den beiden untersuchten Ländern durchsetzenden Auffassung, dass verlorene Urlaubszeit einen Vermögensschaden darstellt, ging ein Teil der Judikatur und des Schrifttums200 vom immateriellen Charakter dieser Schadensposition aus. Da diese Qualifizierung die Gewährung von Schadensersatz ausschloss, behandelte die Judikatur des BGH den vertanen Urlaub als einen materiellen Schaden. Trotz der BGHEntscheidung im Rumänienfall stufte ein Teil der Rechtsprechung und des Schrifttums die entgangene Urlaubsfreude und die Beeinträchtigung des Erholungswertes als einen immateriellen Schaden ein, der lediglich zu ersetzen sei, wenn bestimmte Voraussetzungen für eine Analogie zu § 847 a.F. vorlägen.201 Etliche Gerichte verneinten bis zur Schaffung des § 651f Abs. 2 BGB die Rechtmäßigkeit eines Geldersatzes. 202 Nach dem Inkrafttreten des § 651f Abs. 2 BGB gewann die Auffassung an Zustimmung, dass ein vertaner Urlaub dogmatisch als Nichtvermögensschaden zu qualifizieren sei. 203 Ebenfalls rückte der BGH von seinem früheren Ansatz der Kommerzialisierung ab und zeigte mittelbar, dass er die Annahme 197 KG MDR 1982, 317; LG Aachen MDR 1982, 670; NJW 1982, 2452; 1983, 1128 f.; 1983, 2266; 1983, 2284 f.; Grunewald, NJW 1980, 1924 ff., 1927; Teichmann, JZ 1979, 737 ff., 740; Tonner, JuS 1982, 411 ff., 414 f. 198 BGHZ 76, 185; 77, 120; 80, 368; 82, 226. 199 Vgl. Ciemiński, Naprawienie uszczerbku, S. 366 ff. 200 Nesterowicz, Zadośćuczynienie pieniężne, S. 73; Safjan, Naprawienie krzywdy, S. 273 ff.; Koronkiewicz-Wiórek, Zmarnowany urlop, S. 65; BGH NJW 1983, 35; OLG Düsseldorf NJW-RR 1986; 1175. 201 Staudinger/Staudinger (2011), § 651f Rn. 49; vgl z.B. KG NJW 1972, 769; OLG Düsseldorf NJW 1974, 150; aus dem Schrifttum Heldrich, NJW 1967, 417 ff., 417; Landwehrmann, NJW 1970, 1867 ff., 1867; 1972, 1204; Grunsky NJW 1975, 609 ff., 609. 202 Honsell, JuS 1976, 222 ff., 227. 203 JZ 1983, 203; vgl. AG Berlin-Schöneberg NJW 1982, 777 f.; NJW 1980, 1947 mit Anm. Blaurock; Schiemann, JuS 1980, 709 ff., 713.

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

eines immateriellen Schadens bevorzugt, nämlich dadurch, dass er statt des Einkommens des Geschädigten sämtliche Umstände des Einzelfalles als Bemessungsgrundlage zuließ. 204 Die Instanzgerichte schlossen sich der Auffassung des BGH überwiegend an und stuften die nutzlos aufgewendete Urlaubszeit als immateriellen Schaden ein.205 Wie bereits erwähnt wurde, sind die Schwierigkeiten bei der dogmatischen Einordnung der verlorenen Urlaubszeit als immaterieller Schaden mit der Kodifizierung des § 651f Abs. 2 BGB nicht entfallen. Das Problem war § 253 a.F. BGB, der den Ersatz eines Nichtvermögensschadens nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen vorsah. § 651f Abs. 2 BGB wurde überwiegend als ein solcher Fall angesehen. Aber erst nach der Schadensrechtsreform aus dem Jahre 2002 konnten alle mit diesem Thema verbundenen Probleme gelöst werden. Denn diese erlaubte ausdrücklich den Ersatz eines immateriellen Schadens im Rahmen der vertraglichen Haftung. Überdies wurde inzwischen das berühmte Leitner-Urteil 206 gefällt, in dem der EuGH klarstellte, dass der Schadensbegriff des Art. 5 der PauschalreiseRichtlinie auch immaterielle Schäden einschließe. 207 Die oben erwähnten Gründe führten zu einer Revision der höchstgerichtlichen Ansicht, die vom BGH endgültig im Malediven-Urteil208 klargestellt worden ist. Dieses grundlegende Urteil betraf den folgenden Fall: Die Kläger buchten eine zweiwöchige Reise auf einer bestimmten Malediven-Insel. Eine Woche vor Reiseantritt wurden sie vom Reiseveranstalter über die Überbuchung des gewählten Hotels benachrichtigt und es wurde ihnen ein Ersatzhotel angeboten. Die Kläger lehnten dieses Ersatzangebot ab und kündigten den Vertrag. Trotz der Rückzahlung des Reisepreises verlangten die Reisenden eine Entschädigung für die nutzlos aufgewendete Urlaubszeit. In dieser Entscheidung stellte der BGH unter anderem fest, dass für die Höhe der Entschädigung nicht das Arbeitseinkommen, sondern der Reisepreis maßgeblich sei. Dies wurde mit dem immateriellen Charakter des § 651f Abs. 2 BGB begründet. Dieses Urteil stellte eine Zäsur dar. Nichterwerbstätige waren nun nicht mehr aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten ausgeschlossen. Die dogmatische Qualifizierung des ruinierten Urlaubs als immaterieller Schaden verlief in Polen deutlich anders. In beiden Rechtsordnungen war 204

BGH NJW 1983, 35. OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 1175; 1989, 1078; OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1981, 827; 1988, 633; RRa 1995, 149; 1988, 71; OLG München NJW 1984, 132; NJW-RR 1987, 748; LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1988, 1451; 1989, 310; 1990, 1396; 1991, 315; LG Hannover NJW-RR 1989, 633; LG Bremen NJW-RR 2005, 282; AG Hamburg NJW-RR 1989, 564. 206 EuGH, Urt. v. 12.3.2002, Rs. C-168/00, Slg. 2002, I – 2631 = NJW 2002, 1255. 207 S. eingehend Dritter Teil C. II. 2. c) bb). 208 BGH NJW 2005, 1047. 205

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

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zunächst die Gewährung einer Entschädigung für Nichtvermögensschäden grundsätzlich (außer bei gesetzlich geregelten Ausnahmen) ausgeschlossen. Bedauerlicherweise führte der polnische Gesetzgeber keine gesonderte Regelung zum Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit ein. Das löste weitere Diskussionen über die dogmatische Einordnung aus. Der Großteil des Schrifttums schreibt jedoch dem ruinierten Urlaub einen immateriellen Charakter zu.209 Insbesondere wird betont, dass sich das Vermögen des Reisenden nicht verändert und die Festsetzung des Schadens viele Schwierigkeiten bereitet. Sogar im Fall des Entstehens eines materiellen Schadens stehen dem Reisenden andere Ansprüche zur Verfügung, wie das Recht zur Minderung oder der Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises und auf Erstattung der zusätzlichen Ausgaben oder das Recht zum Rücktritt von dem Vertrag.210 In der Regel besteht der Schaden darin, dass der Reisende psychische Unannehmlichkeiten, Ärger oder Stress erleidet, die zu der emotionalen Sphäre des Menschen gehören.211 Die überwiegend vertretene Ansicht zum immateriellen Charakter der nutzlos aufgewendeten Urlaubszeit führte zum Problem der Rechtmäßigkeit ihrer Entschädigung und ihrer Grundlage. Der Schutz immaterieller Interessen durchlief in den letzten Jahrzehnten eine deutliche Entwicklung: von der völligen Ablehnung der Rechtmäßigkeit eines solchen Anspruchs über die Möglichkeit der Gewährung nur in den Fällen der Verletzung von bestimmten Persönlichkeitsrechten bis hin zum aktuellen Schutzniveau, das einen Ersatz jedes durch die Verletzung eines Persönlichkeitsrechts entstandenen immateriellen Schadens erlaubt (nur ex delicto) – Art. 445 und 448 ZGB. 212 Zurzeit stehen wir vor der Gewährung von Ersatz für immaterielle Schäden im Rahmen der vertraglichen Haftung. Bisher gibt die Rechtsordnung den Gerichten keine unmittelbare Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Entschädigung für den Verlust von Reisefreude. Mit diesem Problem haben auch andere europäische Länder zu kämpfen. Einfacher ist dies in Jurisdiktionen, welche die Gewährung von Schadensersatz dem Ermessen der Richter überlassen. Ein gutes Beispiel stellt Frankreich dar, das eigentlich keine Trennung zwischen materiellen und immateriellen Schäden kennt und in der Regel nur einen Geldbetrag als Entschädigung für beide Arten von Schäden anerkennt.213 Bereits im Jahre 1804 gewährte Art. 1382 des Code civil Schadensersatz für jeden durch schuldhaftes Han209

Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 104; Wałachowska, Zadośćuczynienie pieniężne za doznaną krzywdę, S. 386–389; Gospodarek, Prawo w turystyce, S. 382; Luzak/Osajda Odpowiedzialność za zmarnowany urlop, S. 309–312. 210 Nesterowicz, Zadośćuczynienie pieniężne za „zmarnowany urlop”, S. 73. 211 Ciemiński, Naprawienie uszczerbku, S. 371. 212 Safjan, Naprawienie krzywdy, S. 255; vgl. Luzak/Osajda, Odpowiedzialność za zmarnowany urlop, S. 316–322. 213 Galand-Carval, Non-Pecuniary Loss under French Law, S. 107 f.

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

deln angerichteten Schaden (dommage – weite Bedeutung).214 Mithin kann die französische Rechtsprechung die Entschädigung im Rahmen der vertraglichen Haftung auch für den immateriellen Schaden gewähren.215 Dasselbe System existiert in Belgien und Spanien. 216 Da es in Polen keinen ausdrücklichen Anspruch auf Schadensersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit gibt und eine allgemeine Gewährung von Ersatz für immaterielle Schäden im Rahmen der vertraglichen Haftung nach der h.M. ausgeschlossen ist, lehnten die Gerichte diesen Anspruch überwiegend ab. Das änderte sich, als der EuGH im Leitner-Urteil 217 entschied, dass Art. 5 der Pauschalreise-Richtlinie nicht nur auf materielle Schäden beschränkt sei. Das Recht der Mitgliedstaaten, einschließlich des polnischen Rechts, ist nach den Vorgaben des EU-Rechts unionsrechtskonform auszulegen. Das nationale Recht muss so interpretiert werden, dass es mit den Zielen und Normen der Europäischen Union übereinstimmt.218 Dies führt dazu, dass im Schrifttum mehrere Lösungen entwickelt worden sind, die der Rechtsprechung helfen könnten, Schadensersatz nach polnischem Recht zu gewähren. Diese Lösungen werden nun detailliert beschrieben. bb) Einfluss des Leitner-Urteils auf das nationale Recht Am 12.3.2002 fällte der EuGH ein wegweisendes Urteil in der Rechtssache C-168/00219 Simone Leitner gegen TUI Deutschland GmbH & Co. 220 Diese Entscheidung ist von großer Bedeutung für das Reiserecht der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Bezug auf den Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.221 Aufgrund der EuGH-Entscheidung muss ein Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude im Wege der richtlinienkonformen Interpretation der innenstaatlich einschlägigen Vorschriften und Rechtsbegriffe begründet werden.222 Eine unmittelbare Wirkung 214

Luzak/Osajda, Odpowiedzialność za zmarnowany urlop, S. 328. Szpunar, Zadośćuczynienie za szkodę niemajątkową, S. 45. 216 Cousy/Droshout, Non-Pecuniary Loss under Belgian Law, S. 28 ff.; Martin-Casals/ Ribot/Sole, Non-Pecuniary Loss under Spanish Law, S. 192 ff. 217 EuGH, Urt. v. 12.3.2002, Rs. C-168/00, Slg. 2002, I – 2631 = NJW 2002, 1255. 218 Radwański, W sprawie stosowania, S. 299. Interessanterweise wurde diese Bindungskraft des EU-Rechts in Art. 3 des Entwurfs des neuen polnischen Zivilgesetzbuchs eingefügt, Księga Pierwsza Kodeksu cywilnego. Projekt z uzasadnieniem, S. 11, (zuletzt abgerufen am 25. September 2015). 219 Vorabentscheidungsersuchen des LG Linz, Österreich. 220 EuGH, Urt. v. 12.3.2002, Rs. C-168/00, Slg. 2002, I – 2631 = NJW 2002, 1255. 221 Insbesondere für Österreich und Polen, die einen solchen Anspruch in ihren Rechtssystemen nicht ausdrücklich vorsehen. 222 Tonner/Lindner, NJW 2002, 1475 ff., 1476. 215

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

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der Pauschalreise-Richtlinie zwischen Privatrechtssubjekten (horizontale Direktwirkung) kommt hier nicht in Betracht. Sollte jedoch ein Gericht die Gewährung von Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit aufgrund der fehlenden Rechtsgrundlage ablehnen, wäre eine Haftung des Mitgliedstaates denkbar. Dieses Urteil stellt daher den ersten Schritt zur Vereinheitlichung des Begriffs des Schadens auf der europäischen Ebene dar. Polnische Gerichte unterliegen dem aus dem Umsetzungsgebot des Art. 288 Abs. 3 AEUV und dem Grundsatz der Gemeinschaftstreue gemäß Art. 4 Abs. 3 EUV folgenden Gebot richtlinienkonformer Auslegung. Diese Pflicht wird bedauerlicherweise noch von vielen Gerichten ignoriert, und es sind weiterhin noch Gerichtsurteile zu finden, in denen aufgrund der fehlenden Rechtsgrundlage ein Schmerzensgeld wegen ruinierten Urlaubs abgelehnt wird. So hat beispielsweise der SR Warschau-Mokotów in erster Instanz im Jahre 2008223 eine Entscheidung getroffen, die durch den SO Warschau 224 als Gericht der zweiten Instanz aufrechterhalten wurde. In dieser Entscheidung stellte das SR Gericht fest, dass das polnische Recht keine Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Schadensersatz wegen ruinierten Urlaubs vorsehe und dass die EuGH-Urteile (wie das Leitner-Urteil) kein bindendes Recht und keine Rechtsgrundlage für die Annahme dieses Anspruchs darstellten. Das Gericht hat auch als Argument angeführt, dass das TourG die PauschalreiseRichtlinie richtig umsetze. Denn gegen Polen finde kein Vertragsverletzungsverfahren statt. Die durch den SR Warschau-Mokotów vorgebrachten Argumente sind keineswegs überzeugend,225 wenn nicht fundamental falsch. Denn kein Verletzungsverfahren gegen Polen stellt keinen Beweis dafür dar, dass Polen die Pauschalreise-Richtlinie richtig umgesetzt hat. Erfreulicherweise sind Gerichtsurteile, wie das gerade erwähnte, in der Minderheit. Denn dem Großteil der Rechtsprechung sind die Verpflichtungen Polens gegenüber der Europäischen Union bewusst. Das Leitner-Urteil226 zwang das Schrifttum und die Rechtsprechung zur Schaffung neuer Auslegungsmöglichkeiten der polnischen Vorschriften, welche die Gewährung von Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit ermöglichen.227 cc) Richtlinienkonforme Auslegungsmöglichkeiten in Polen Die erste Möglichkeit stellt eine angemessene Auslegung und Anwendung des Art. 471 ZGB (allgemeine Norm für die vertragliche Haftung) dar. In manchen Entscheidungen wurde der Ersatz für einen vertanen Urlaub auf

223

SR Warschau-Mokotów, Urt. v. 28.4.2008, I C 155/07, nicht veröffentlicht. SO Warschau, Urt. v. 21.8.2008, V Ca 1505/08, nicht veröffentlicht. 225 So auch Radwański, W sprawie stosowania, S. 300. 226 EuGH, Urt. v. 12.3.2002, Rs. C-168/00, Slg. 2002, I – 2631 = NJW 2002, 1255. 227 Vgl. ausf. Walczak, Uwagi, S. 109 f. 224

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

diese Grundlage gestützt. 228 Der in diesem Artikel enthaltene Begriff des Schadens müsse entgegen der langjährigen Tradition weit interpretiert werden, sodass daneben auch immaterielle Komponenten umfasst seien.229 Da Art. 471 ZGB nicht eindeutig auf den materiellen Schaden beschränkt ist, wäre es möglich, den Begriff des Schadens richtlinienkonform auszulegen. Diese Interpretation widerspricht jedoch der bisherigen Auffassung,230 dass diese Norm lediglich materielle Schäden umfasst. Allerdings würde dies den Schadensersatz für immaterielle Schäden bei der vertraglichen Haftung allgemein zulassen und dadurch die Gefahr bestehen, dass es zu einem massiven Anstieg der Klagen wegen des Ersatzes des aus der vertraglichen Haftung entstandenen immateriellen Schadens käme. Eine angemessene Auslegung der Norm nur in bestimmten Fällen könnte jedoch zu einer Existenz von zwei verschiedenen Rechtsnormen führen. Dies widerspräche der Klarheit und Sicherheit des Rechts.231 Eine interessante Lösung stellt der Versuch dar, den ruinierten Urlaub als einen Fall der Beeinträchtigung eines höchstpersönlichen Rechtsgutes zu qualifizieren. Das polnische Recht sieht die Möglichkeit des Ersatzes von Nichtvermögensschäden lediglich in den durch das Gesetz bestimmten Fällen vor. 232 Um Schadensersatz wegen eines ruinierten Urlaubs zu gewähren, wurde in reiserechtlichen Fällen geprüft, ob in den Fällen des vertanen Urlaubs eine Beeinträchtigung eines höchstpersönlichen Rechtsgutes vorlag oder sogar ein neues Rechtsgut in Form von Recht auf eine ruhige Erholung geschaffen wurde. Zu den höchstpersönlichen Rechtsgütern, die durch Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Reisevertrages beeinträchtigt sein könnten, gehören insbesondere die Gesundheit (Stress, Frustration, Ärger, Aufregung können Gesundheitsprobleme verursachen), das Recht auf psychische Ruhe, die Freiheit von psychischer Belastung oder das Recht auf Nutzung einer unbelasteten Umwelt. Aufgrund der wachsenden Bedeutung der Freizeit in den entwickelten Ländern, wo die Zeit ein sehr wichtiges Gut darstellt, wurde auf verschiedenen Ebenen, vor allem in den Klagen der Touristen, im Schrifttum233 und sogar in der Rechtsprechung,234 ein neues Rechtsgut – das Recht auf Freizeit und auf ungestörten Urlaub235 – kreiert.

228

SR Warschau, Urt. v. 23.07.2008, VI C-upr. S. 160/07. Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 102. 230 Gniewek/Zagrobelny, Kodeks cywilny, S. 804. 231 Luzak/Osajda, Odpowiedzialność za zmarnowany urlop, S. 332–335. 232 Art. 445 ZGB (im Fall der Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung, Äquivalent des § 253 Abs. 2 BGB); Art. 448 ZGB (im Fall der Verletzung des Persönlichkeitsrechts). 233 Ciemiński, Naprawienie uszczerbku, S. 377 f.; Matys, Model zadośćuczynienia pieniężnego z tytułu szkody niemajątkowej w kodeksie cywilnym, S. 362. 229

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

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Wird die mangelhafte Erfüllung des Reisevertrags als Beeinträchtigung des Rechtguts, d.h. des Rechts auf Erholung angesehen, steht der Rechtsprechung die Möglichkeit offen, Schadensersatz gemäß Art. 448 § 1 ZGB i.V.m. Art. 23 ZGB für den vertanen Urlaub zu gewähren. Eine sehr interessante und originelle Lösung verwandten gelegentlich polnische Gerichte, die eine gemischte deliktisch-vertragliche Anspruchsgrundlage kreierten. 236 Dies bedeutet eine partielle Anwendung der Regelungen von vertraglicher und deliktischer Haftung, je nachdem, welche Anspruchsgrundlage für den Beschädigten vorteilhafter ist. Diese Konstruktion wurde insbesondere in den Fällen gebraucht, wo der Reiseveranstalter sich ausländischer Leistungsträger bediente. Im Falle einer Leistungsstörung, die durch die Leistungsträger verursacht wurde, haftet der Reiseveranstalter für die Handlung und Unterlassung seiner Erfüllungsgehilfen gemäß Art. 474 ZGB (lediglich für materielle Schäden). Dagegen kann sich der Reiseveranstalter von der Haftung wegen unerlaubter Handlung leicht exkulpieren. Denn Art. 429 ZGB lässt den Reiseveranstalter von der Haftung für den von seinem Unterauftragnehmer verursachte Schaden frei, wenn ihn bei der Auswahl seiner Unterauftragnehmer kein Verschulden getroffen hat oder dass er die Ausführung des Geschäfts einem Leistungsträger anvertraut hat, der sich berufsmäßig mit der Ausführung solcher Geschäfte befasst. Die Gerichte nahmen also eine Haftung des Reiseveranstalters gemäß Art. 474 ZGB an. Gleichzeitig gewährten sie Schadensersatz gemäß Art. 445 ZGB oder Art. 448 ZGB (deliktische Haftung) und schlossen eine Exkulpation des Reiseveranstalters aus. 237 Es gab auch Versuche, die Entschädigung für den ruinierten Urlaub nach Art. 445 ZGB i.V.m. Art. 56 ZGB zu gewähren.238 Demgemäß wurde für die Anerkennung der Entschädigung aus Art. 445 ZGB, der ein Schmerzensgeld im Rahmen der deliktischen Haftung vorsieht, der sich in Art. 56 ZGB befindende Grundsatz des gesellschaftlichen Zusammenlebens verwendet. Schließlich stellt Art. 11a TourG eine Möglichkeit dar, Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zu gewähren. Dieser Lösung hat sich schließlich der SN in einem Beschluss aus dem Jahre 2010 angeschlossen.239 Art. 11a TourG stellt eine Umsetzung des Art. 5 der Pauschalreise234

SA Warschau, Urt. v. 10.06.2005, I ACa 941/04, Lex Polonica Nr. 379684 (Schadensersatz für Verletzung des Persönlichkeitsrechts – Freiheit von Lärm, Beeinträchtigung der Urlaubsfreude durch Unterbringung neben einem sehr lauten Generator); SA Warschau, Urt. v. 9.9.2009, VI Aca 201/09, Lex Polonica 207868; SR Breslau, Urt. v. 24.05.2007, I C 613/06, nicht veröffentlicht; SO Stettin, Urt. v. 14.11.2008, II Ca 812/08, nicht veröffentlicht. 235 [Prawo do niezakłóconego wypoczynku, prawo do wypoczynku.] 236 Vgl. u.a. SN, Urt. v. 28.3.1968, I CR 64/68, PUG 1969, Nr. 4, S. 137. 237 Kryla, Zmarnowany urlop, S. 139. 238 Horbaczewski, Biuro podróży zapłaci za zmarnowany urlop. 239 SN, Beschluss v. 19.11.2010, III CZP 79/10, OSNC 2011/4/41; BSN 2010, Nr. 11.

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

Richtlinie dar. Die Norm spricht lediglich von der Haftung des Reiseveranstalters wegen Nichterfüllung oder mangelhafter Erfüllung des Reisevertrages. Es steht also nichts entgegen, im Rahmen dieser Vorschrift jede Art des (materiellen und immateriellen) Schadens zu berücksichtigen und diese so richtlinienkonform zu interpretieren. Da der erwähnte SN-Beschluss eine gründliche Analyse aller oben erwähnten Lösungen enthält, ist er von großer Bedeutung für die aktuelle Rechtslage zum Schadensersatz wegen ruinierten Urlaubs und die Rechtsprechungsänderung in Polen. 3. Aktuelle Rechtslage a) Rechtslage in Deutschland Wie die obige Analyse gezeigt hat, war für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit bereits vor dem Reisevertragsgesetz aus dem Jahre 1979 ein Entschädigungsanspruch entwickelt worden.240 Entscheidende Bedeutung für diese Entwicklung hatte sicherlich die BGH-Entscheidung im sog. Rumänienfall. Zunächst wurde der vertane Urlaub aus praktisch-systematischen Gründen als Vermögensschaden qualifiziert. Denn eine Einordnung als immaterieller Schaden war wegen § 253 BGB a.F. nicht möglich. Dies änderte sich mit der Einfügung des § 651f Abs. 2 BGB, der den Entschädigungsanspruch ausdrücklich regelte und überwiegend als eine gesetzliche Ausnahme i.S.d. § 253 BGB angesehen wurde. Sämtliche verbliebenen Probleme und dogmatischen Widersprüche löste im Jahre 2002 die Schadensrechtsreform. Gemäß § 253 Abs. 1 BGB n.F. ist Schmerzensgeld nun auch im Rahmen der vertraglichen Haftung erlaubt. Seit einigen Jahren gibt es also keinen Zweifel mehr daran, dass ein Entschädigungsanspruch für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit besteht und dass dieser von immateriellem Charakter ist. Trotz dieser Einigkeit bestehen noch zahlreiche Unklarheiten, die vor allem die Berechnung des Anspruches betreffen. b) Rechtslage in Polen aa) SN-Beschluss vom 19.11.2010 und seine Relevanz für Polen Zum ersten Mal äußerte sich der SN im Jahre 2010 bezüglich des im polnischen Recht sehr umstrittenen Anspruchs auf Schadensersatz wegen ruinierten Urlaubs. Auf Vorlage durch das SO Radom 241 gemäß Art. 390 § 1 PZPO 240 Unter den Mitgliedstaaten, die eine Entschädigung wegen des verlorenen Urlaubsvergnügens ausdrücklich vorsehen, sind beispielsweise Österreich, Belgien und Estland. In Dänemark wird hingegen eine Entschädigung für „bedeutsame Unbequemlichkeit“ („considerable inconvenience“) hingenommen, Schulte-Nölke/Meyer-Swickerath, Package Travel Directive (90/314). 241 Gericht der zweiten Instanz.

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

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musste der SN beantworten, ob der Reiseveranstalter für den vertanen Urlaub aufgrund des Art. 11a Abs. 1 TourG oder aufgrund Art. 448 ZGB i.V.m. Art. 24 § 1 ZGB hafte. Der SN entschied, Rechtsgrundlage sei Art. 11a Abs. 1 TourG. 242 Der SN-Beschluss ist eine der wichtigsten Entscheidungen im reiserechtlichen Bereich. Im Vergleich zum deutschen Reiserecht, das bereits seit dem Jahre 1979 Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit regelte, erkannte das höchste polnische Gericht einen solchen Anspruch erst über 30 Jahre später an. Diese Entscheidung ist zu befürworten. Denn sie bedeutet ein Ende nicht nur des langjährigen Streits über die Rechtmäßigkeit eines solchen Anspruchs, sondern auch über seine Rechtsgrundlage. Im konkreten Fall buchten die Kläger bei der Beklagten für den Zeitraum vom 2. bis zum 9.10.2007 einen Pauschalurlaub nach Ägypten. Nach der Anreise wurden sie benachrichtigt, dass keine Buchung auf ihren Namen vorliege. Nach stundenlangem Warten wurden sie in einem Zimmer untergebracht, das von einem deutlich niedrigeren Standard war als im Vertrag vorgesehen (im Keller gelegen, schmutzig und von Schimmel befallen). Am nächsten Tag konnten sie in ein höherwertiges Zimmer umziehen. Sie mussten dieses Zimmer jedoch mit einem fremden Paar teilen, das gerade seine Flitterwochen dort verbrachte. Erst drei Tage vor Reiseende wurde ihnen ein eigenes Zimmer zur Verfügung gestellt. Die Kläger verlangten eine Entschädigung in Höhe von 1260 Złoty (ca. 315 Euro) pro Person und Schadensersatz in Höhe von 3500 Złoty (ca. 875 Euro) pro Person für die Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts in Form des Rechts auf Reisegenuss und des Rechts auf einen gelungenen Urlaub. Sie stützten ihre Ansprüche auf Art. 448 ZGB i.V.m. Art. 24 § 1 ZGB und Art. 11a TourG. Da es nach polnischem Recht sehr umstritten war, ob ein Nichtvermögensschaden ersatzfähig und auf welcher Grundlage er zu stützen sei, setzte das SO Radom das Verfahren aus, um es dem SN zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der SN führte eine gründliche Analyse der Rechtsgrundlage für einen Ersatz wegen verlorenen Urlaubs durch. Es wurde klargestellt, dass der Schaden in Form von verlorenem Urlaub von immateriellem Charakter sei. Denn es sei eine rein psychische Erscheinung, und es verändere das Vermögen des Reisenden nicht. Danach konzentrierte sich der SN auf die Analyse der im Schrifttum vorgeschlagenen und bereits oben dargestellten Auslegungslösungen. Zunächst lehnte er Art. 322 PZPO als Rechtsgrundlage ab. Denn diese Vorschrift habe rein prozessualen Charakter und diesbezüglich kein Element der materiellen Voraussetzungen und der Anspruchsgrundlage (Urteilsgrundlage). 242

Diese Auffassung wurde in dem SN-Urteil v. 24.03.2011 bestätigt, SN Urt. m. Anm. Nesterowicz I CSK 372/10, OSP 2012, H. 1, Pos. 3, S. 14 ff.

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

Darüber hinaus führte der SN aus, dass kein Grund dafür bestehe, ein neues Persönlichkeitsrecht zu kreieren. 243 Persönlichkeitsrechtsschutz habe einen Sondercharakter und solle nicht künstlich um weitere Fälle erweitert werden. Das Persönlichkeitsrecht sei ein Wert, der eng mit der Menschlichkeit und der Natur des Menschen verbunden sei, der unabhängig von seinem Willen existiere und unveränderlich, unveräußerlich und unabdingbar sei. Das Recht auf ungestörte Erholung könne nicht als solch ein Wert qualifiziert werden. Folglich stelle Art. 448 § 1 ZGB i.V.m. Art. 23 § 1 ZGB keine Rechtsgrundlage für Schadensersatzansprüche wegen ruinierten Urlaubs dar. Zuletzt wurde die weite Auslegung des Art. 471 ZGB als dogmatisch bedenklich abgelehnt, denn es könne zur Existenz von zwei verschiedenen Rechtsnormen führen, was der Klarheit und Sicherheit des Rechts widerspreche. Nach Auffassung des SN ist für die Anerkennung des Schadensersatzes wegen ruinierten Urlaubs Art. 11a TourG maßgeblich. Diese Norm stellt das Äquivalent des Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 der Pauschalreise-Richtlinie dar. Nach dem Leitner-Urteil 244 müssen Art. 11a TourG sowie Art. 5 der Pauschalreise-Richtlinie ausgelegt werden. Damit enthält die Vorschrift materielle und immaterielle Aspekte. Das Gericht betonte zugleich, dass diese Auslegung unserem Rechtssystem nicht widerspreche und als eine Spezialvorschrift zu betrachten sei. Der SN-Beschluss ist zu begrüßen. Er bedeutet ein Ende der uneinheitlichen Rechtsprechung zum Schadensersatz wegen ruinierten Urlaubs. Kein Richter wird mehr in einem Urteil feststellen, dass das polnische Reiserecht einen Schadensersatzanspruch wegen verlorenen Urlaubs nicht vorsehe. 245 Angesichts des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung kann lediglich eine richtige Interpretation der Rechtsvorschriften diese Regelungslücke füllen und die Fehler oder die Tatenlosigkeit des Gesetzgebers wiedergutmachen. Zutreffend hat das Gericht den Schadensersatzanspruch auf Art. 11a TourG gestützt, der richtlinienkonform und gemäß Leitner-Urteil 246 ausgelegt werden muss. Andere im Schrifttum vorgeschlagene und von den Gerichten angewandte Ansätze zeigten die Notwendigkeit, Schadensersatz zuzusprechen, und dienten der Rechtsprechung zur Rechtfertigung ihrer Urteile. Auf lange Sicht sind sie jedoch nicht akzeptabel. Entweder waren sie mit dem Nachteil belastet, dass dem Richter zu viel Macht und Freiheit bei der Entscheidung über die Entschädigung gelassen wurde, oder sie kreierten eine inakzeptable Rechtslage, wobei eine Rechtsnorm auf zwei verschiedene „Weisen“ ausgelegt wurde.

243

Diese Ansicht wurde später in dem SN-Urteil v. 24.03.2011 bestätigt, I CSK 372/10. EuGH, Urt. v. 12.3.2002, Rs. C-168/00, Slg. 2002, I – 2631 = NJW 2002, 1255. 245 Nesterowicz, Odpowiedzialność cywilna, S. 15. 246 EuGH, Urt. v. 12.3.2002, Rs. C-168/00, Slg. 2002, I – 2631 = NJW 2002, 1255. 244

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

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Der vorliegende Beschluss bedeutet auch einen Fortschritt bezüglich des Schadensersatzes für immaterielle Schäden im Rahmen der vertraglichen Haftung allgemein, die tendenziell in den Rechtsordnungen der EU-Staaten an Bedeutung gewinnt. bb) Bemerkungen de lege ferenda Obwohl der SN-Beschluss generell zu befürworten ist, da er schließlich das Problem der Rechtmäßigkeit des Schadensersatzes wegen ruinierten Urlaubs und seiner Rechtsgrundlage löst, sollte die derzeitige Rechtslage nicht dauerhaft sein. Die Gewährung des Schadensersatzes wegen immaterieller Schäden (hier wegen ruinierten Urlaubs) stimmt mit dem europäischen Recht überein, sie steht aber nicht im Einklang mit der langjährigen Tradition des polnischen Rechts, das eine solche Entschädigung generell nicht vorsieht. Deswegen ist der SN-Beschluss als eine kurzfristige Lösung zu betrachten, bevor der Gesetzgeber entsprechende Änderungen vornimmt. Auf lange Sicht benötigt das polnische Reise- und Schadensersatzrecht eine gesetzgeberische Intervention, die den europäischen Tendenzen entspricht und den Begriff des Schadens im polnischen Zivilrecht vereinheitlicht. Eine ausdrückliche und nachhaltige Lösung würde m.E. folgende Änderung der Rechtslage darstellen: Erstens sollte eine ausdrückliche Vorschrift in den allgemeinen Teil des Schuldrechts eingefügt werden, die einerseits, ähnlich wie § 253 BGB, einen Ersatz für immaterielle Schäden erlaubt, unabhängig davon, ob der Schaden im Rahmen der vertraglichen oder deliktischen Haftung verursacht wurde und andererseits den Ersatz eines solchen Schadens lediglich in den durch das Gesetz bestimmten Fällen vorsieht. Dies würde ein Ende der Problematik des Schadensersatzes für Nichtvermögensschäden aus ex-contractu-Haftung bedeuten. Allerdings könnte ein solcher nur in den durch den Gesetzgeber vorgesehenen Fällen zugesprochen werden. Dies eliminiert das Risiko eines Anstiegs der Klagen, mit denen immaterielle Schäden gestützt auf vertragliche Haftung geltend gemacht werden. Andererseits sollte der Anspruch auf Schadensersatz wegen vertanen Urlaubs ausdrücklich in das Reiserecht eingefügt werden. Ähnlich wie es in Deutschland in § 651f Abs. 2 BGB geregelt wurde, sollte das TourG eine ähnliche Vorschrift enthalten. Dies würde den Verbraucherschutz verbessern. Denn alle dem Kunden zustehenden Rechte sollten ausdrücklich im Gesetz normiert werden, damit etwaige Bedenken über das Bestehen des Anspruchs endgültig ausgeschlossen werden. Eine Normierung dieses Instituts gäbe auch die Gelegenheit, die Voraussetzungen für die Geltendmachung dieses Anspruches zu regeln.

168

Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

III. Voraussetzungen 1. Regelung in Deutschland (§ 651f Abs. 2 BGB) Der Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit erfordert als selbständiger Anspruch 247 zunächst die Erfüllung der Voraussetzungen des § 651f Abs. 1 BGB248 und auch die Erfüllung der eigenen Voraussetzungen: die Vereitelung oder erhebliche Beeinträchtigung der Reise, nutzlos aufgewendete Urlaubszeit und natürlich einen Schaden. Das von der Rechtsprechung und dem Schrifttum geforderte Anzeigeerfordernis stellt auch hier keine formelle Voraussetzung dar. a) Vereitelung der Reise oder erhebliche Beeinträchtigung der Reise aa) Vereitelung der Reise Nutzlos aufgewendete Urlaubszeit ist nicht bei jedem Reisemangel zu entschädigen. Die Reise muss vielmehr gemäß § 651f Abs. 2 BGB durch den Reisemangel vereitelt oder erheblich beeinträchtigt werden. Eine Vereitelung der Reise liegt dann vor, wenn sie entweder überhaupt nicht durchgeführt wurde und der Reisende sie nicht antreten konnte oder sie gleich zu Beginn (nach der Ankunft am Urlaubsort) abgebrochen werden musste. 249 Eine Vereitelung kann beispielsweise dann angenommen werden, wenn der Reiseveranstalter vor Reiseantritt den Reisenden benachrichtigt, dass die Reise wegen eines Erdbebens nicht durchführbar ist; 250 der vorgesehene Hinflug wegen eines Streiks oder einer Insolvenz ausfällt; 251 der Reisende vor Reiseantritt informiert wurde252 oder am Zielort feststellt, 253 dass das Hotel überbucht ist; 254 der Reiseveranstalter vor Reiseantritt mitteilt, dass die Reise nur mit für den Reisenden unzumutbaren Änderungen durchgeführt werden kann255. Weiterhin ist die Reise auch dann vereitelt, wenn der Reiseveranstalter eine ungenaue oder unrichtige Haltestelle angibt, wodurch der Reisende vom Busfahrer übersehen wird.256 247

MünchKomm/Tonner, § 651f Rn. 42. Die Formulierung „auch“ in § 651f Abs. 2 BGB verweist auf diese Schlussfolgerung. 249 Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651f, Anm. 12; MünchKomm/Tonner, § 651f Rn. 48; Staudinger/Staudinger (2011), § 651f Rn. 71; Führich, MDR 2009, 906 ff., 907; Soergel/H.W. Eckert (2003), § 651f Rn. 14. 250 BGH, JZ 1983, 203. 251 AG Ludwigsburg RRa 2005, 34, 35. 252 NJW 2005, 1047; OLG Celle NJW-RR 2002, 1711. 253 OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 1078; AG Frankfurt a.M. RRa 2001, 139; LG München I RRa 2001, 138. 254 LG Frankfurt a.M. RRa 2006, 264, 265; AG Bad Homburg RRa 2008, 126, 127. 255 BGH NJW 2005, 1047; OLG Köln NJW-RR 2005, 703; AG Hannover RRa 2005, 170. 256 AG Brandenburg RRa 2002, 74 f. 248

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

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Bei einer Vereitelung braucht der Reisende nicht zusätzlich die Kündigung des Reisevertrags nach § 651e Abs. 1 BGB zu erklären.257 Dafür sprechen der Wortlaut des Gesetzes sowie der Sinn und Zweck der Entschädigung.258 bb) Erhebliche Beeinträchtigung der Reise Die Entschädigung aus § 651f Abs. 2 BGB kommt nicht nur bei einer Vereitelung der Reise, sondern auch bei einer erheblichen Beeinträchtigung in Betracht. Die Reise ist dann erheblich beeinträchtigt, wenn sie zwar tatsächlich durchgeführt wird, aber so gravierend durch Reisemängel beeinträchtigt ist, dass sie bei einer Gesamtwürdigung des Zwecks der Reise und aller Umstände des Einzelfalls als völlig oder teilweise verloren, vertan oder nutzlos erscheint.259 Die Erheblichkeitsschwelle sollte wie bei § 651e BGB bestimmt werden.260 In der Rechtsprechung wurde eine mathematische Methode zur Ermittlung der „erheblichen Beeinträchtigung“ entwickelt. Nach der h.M. ist die Beeinträchtigung dann erheblich, wenn die Reisemängel wenigstens zu einer Reisepreisminderung von 50 Prozent (gemäß der Frankfurter Tabelle) 261 berechtigen.262 Zahlreiche Gerichte begnügen sich schon mit 30 bis 35 Prozent.263 Eine interessante Erheblichkeitsgrenze stellte das LG Duisburg auf, da es bei einer Minderungsquote von 25 bis 49 Prozent eine Erheblichkeit der Beeinträchtigung annimmt, solange die Umstände des konkreten Falles, insbesondere die Art und der Umfang der Mängel, sowie auch Charakter und Zweck der Reise es rechtfertigen.264 Ein Teil des Schrifttums geht davon aus, dass trotz der offenbaren Nachteile fixe Prozentsätze zur Praktibilität und Kalkulierbarkeit des Prozessrisikos beitragen, und befürwortet diese Orientierung an den Minderungssät-

257

Führich, Reiserecht, Rn. 411, S. 405. Staudinger/Staudinger (2011), § 651f Rn. 71. 259 Führich, MDR 2009, 906 ff., 908; Blaurock/Wagner, Jura 1985, 169 ff., 175; Soergel/H.W. Eckert, § 651f Rn. 14; OLG Celle RRa 2004, 158. 260 Führich, Reiserecht, Rn. 412, S. 406. 261 NJW 1983, 113. 262 OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 280; 1990, 187; 2003, 18; OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1988, 632; 1995, 1462; RRa 1998, 71; RRa 2003, 113; OLG Köln RRa 2008, 224 f.; OLG Stuttgart RRa 1994, 28; 1994, 143; LG Frankfurt a.M. NJW 1984, 1762; NJW-RR 1988, 1451; 1992, 187; RRa 2008, 79; LG Hannover NJW-RR 1986, 213; 1989, 633; LG Köln MDR 1991, 840; NJW-RR 1992, 187; LG Hamburg RRa 1999, 238 f.; LG Düsseldorf RRa 2000, 151; AG Köln NJW-RR 2004, 488; AG Düsseldorf RRa 2008, 83, 84; AG Hannover RRa 2009, 79. 263 KG MDR 1982, 317. 264 LG Duisburg RRa 2008, 263; RRa 2008, 149; RRa 2006, 69; AG Duisburg RRa 2006, 115. 258

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

zen. Schließlich wird jedoch ein Minderungsbetrag von 30265 oder 33,3 Prozent 266 angeboten, um § 651e BGB und § 651f BGB einheitlich auszulegen. Diesen Vorschlägen folgte vereinzelt auch die Rechtsprechung. 267 Betrifft die Beeinträchtigung nur einen Teil der Reise, orientiert sich die Berechnung der Entschädigung nur an diesem Teil.268 Die Prozentzahlen sind nach h.M. in der Rechtsprechung auf die einzelnen Reisetage zu beziehen und nicht auf den gesamten Reisepreis. 269 Die quantitative Berechnung der „Erheblichkeit“ der Beeinträchtigung ist m.E. nicht zu befürworten. Denn damit wird eine starre minderungsbezogene Regelung gegenüber einer sachgerechten Beurteilung des Einzelfalles bevorzugt. Vielmehr sollte die Erheblichkeit aufgrund einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles bestimmt werden.270 cc) „Erhebliche Beeinträchtigung“ im Lichte des Leitner-Urteils Im Leitner-Urteil 271 bestimmte der EuGH den Inhalt des vertraglichen Schadensersatzanspruches in der Weise, dass er nicht nur materielle, sondern auch immaterielle Schäden, wie entgangene Urlaubsfreude, generell anerkannte. Da der BGH den Schadensersatz wegen ruinierten Urlaubs bereits im Jahre 1975 anerkannte und der deutsche Gesetzgeber ihn schon im Jahre 1979 in das BGB einfügte, bedeutet dieses Urteil keine Neuerung für Deutschland. Das Urteil stellt jedoch die Rechtmäßigkeit der Voraussetzung der „erheblichen Beeinträchtigung“ in § 651f Abs. 2 BGB in Frage. 272 Der EuGH stellt im Leitner-Urteil 273 fest, dass Art. 5 der PauschalreiseRichtlinie einen Ersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit neben dem Anspruch auf Ersatz materieller Schäden gewährt. Diese Norm enthält keine weiteren Voraussetzungen, welche die Gewährung von Schadensersatz von der „Erheblichkeit“ der Beeinträchtigung abhängig machen würden. 265

JurisPK-BGB/Keller, § 651f Rn. 15; Führich, Reiserecht, Rn. 412, S. 406 (beide Autoren setzten den Prozentsatz auf 30 Prozent fest). 266 MünchKomm/Tonner, § 651f Rn. 51. 267 LG Koblenz RRa 2002, 216. 268 LG Hannover NJW-RR 1990, 1019. 269 OLG Köln RRa 2008, 224; OLG Hamm NJW-RR 2010, 259; LG Hannover NJWRR 1990, 1019; zustimmend Führich, Reiserecht, Rn. 412, S. 406; Tempel, NJW 1999, 2012 ff., 2012; a.A. LG Düsseldorf RRa 2000, 151 (50% der Gesamtreise); AG HamburgBlankenese RRa 2002, 224. 270 So auch zuletzt BGH RRa 2013, 218 f. 271 EuGH, Urt. v. 12.3.2002, Rs. C-168/00, Slg. 2002, I – 2631 = NJW 2002, 1255. 272 Dagegen: Tonner/Lindner, NJW 2002, 1475 ff., 1475; Echtermeyer, Die Umsetzung, S. 84; dafür: Führich, MDR 2009, 906 ff., 907; unentschlossen Staudinger/Staudinger (2011), § 651f Rn. 73. 273 EuGH, Urt. v. 12.3.2002, Rs. C-168/00, Slg. 2002, I – 2631 = NJW 2002, 1255.

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

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Die h.M. im deutschen Schrifttum und der Rechtsprechung lautet, dass die zusätzliche Voraussetzung in § 651f Abs. 2 BGB mit der PauschalreiseRichtlinie übereinstimme. 274 Sie begründet dies damit, dass aus Art. 5 der Pauschalreise-Richtlinie nicht die Schlussfolgerung gezogen werden könne, dass die Voraussetzung der „erheblichen Beeinträchtigung“ rechtswidrig sei und dass Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie275 eine Beschränkung der Haftung für andere Schäden als Körperschäden erlaube, soweit diese Beschränkung nicht unangemessen sei. 276 Die Erheblichkeitsschwelle ist dann als angemessene Einschränkung anzusehen. Andererseits gab es Stimmen, die zu bedenken gaben, ob die in der Rechtsprechung vertretene Grenze von 50 Prozent des Minderungsbetrags als Erheblichkeitsgrenze nicht zu hoch angesetzt sei. Aufgrund dessen wird schließlich ein niedrigerer Minderungsmaßstab bevorzugt. 277 Beide Ansichten sind abzulehnen. Art. 5 Abs. 2 der PauschalreiseRichtlinie setzt einen Mindeststandard für die Entschädigungsansprüche, § 651f Abs. 2 BGB muss nach den Mindestvorgaben der PauschalreiseRichtlinie in der Auslegung des EuGH ausgelegt werden. Das Argument, dass die Voraussetzung der „erheblichen Beeinträchtigung“ durch die in Art. 5 Abs. 2 der Pauschalreise-Richtlinie enthaltene Beschränkung gedeckt sei, ist verfehlt. Erstens lässt diese Vorschrift lediglich eine vertragliche, nicht jedoch gesetzliche Beschränkung zu. Die Voraussetzung des § 651f Abs. 2 BGB stellt jedoch eine gesetzliche Beschränkung dar. Zweitens übersahen die Vertreter der deutschen Judikatur und des Schrifttums, dass Art. 5 Abs. 2 der Pauschalreise-Richtlinie eine Einschränkung der Entschädigung und nicht weitere Haftungsausschlüsse erlaubt. Da Art. 5 Abs. 2 der Pauschalreise-Richtlinie – als ein Mindeststandard – keine zusätzlichen Voraussetzungen für die Entschädigung wegen der nutzlos aufgewendeten Urlaubszeit enthält und die Voraussetzung der „erheblichen Beeinträchtigung“ in § 651f Abs. 2 BGB nicht durch die Zulassung von Beschränkungen in Art. 5 Abs. 2 der Pauschalreise-Richtlinie gedeckt ist, ist dieses Erfordernis als rechtswidrig anzusehen. Der Schadensersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit sollte dann bei jeder schuldhaften Beeinträchtigung der Reise zugesprochen werden und die Voraussetzung der „Erheblichkeit der Beeinträchtigung“ nicht mehr angewendet werden.

274

1475.

Zweifelnd MünchKomm/Tonner, § 651f Rn. 52; ders./Lindner, NJW 2002, 1475 ff.,

275 „Bei Schäden, die nicht Körperschäden sind und auf der Nichterfüllung oder mangelhaften Erfüllung der nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen beruhen, dürfen die Mitgliedstaaten zulassen, dass die Entschädigung vertraglich eingeschränkt werden kann. Diese Einschränkung darf nicht unangemessen sein“. 276 Führich, Reiserecht, Rn. 412, S. 406; LG Hannover RRa 2003, 93. 277 So LG Duisburg RRa 2010, 53 (Erheblichkeitsgrenze von 25 Prozent).

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

b) Nutzlos aufgewendete Urlaubszeit Aus § 651f Abs. 2 BGB wird eine weitere Voraussetzung hergeleitet: Es muss nutzlos aufgewendete Urlaubszeit vorliegen. Der Urlaub ist dann nutzlos aufgewendet, wenn der im Vertrag enthaltene Reisezweck (meistens Erholung, aber auch Sport, Abenteuer, Bildung,278 Abgeschiedenheit279 etc.) wegen der Vereitelung oder erheblichen Beeinträchtigung der Reise nicht erreicht wurde.280 In der Vergangenheit betrachtete die Rechtsprechung dabei, wie der Reisende einen vereitelten Urlaub verbrachte. 281 Aufgrund dessen berücksichtigten zahlreiche Gerichte282 den Erholungswert des sog. Balkonurlaubs (Resturlaub zu Hause) oder eine angetretene Ersatzreise bei der Bemessung der Entschädigungshöhe. Dies wurde jedoch später vom BGH im MaledivenUrteil zu Recht ausdrücklich abgelehnt.283 2. Regelung in Polen Nach dem langjährigen Streit über die Rechtsgrundlage des Schadensersatzes wegen des ruinierten Urlaubs wird heute nicht mehr angezweifelt, dass Art. 11a TourG die Rechtsgrundlage darstellt. Diese Norm ist ein Äquivalent des Art. 5 Abs. 2 UAbs. 1 der Pauschalreise-Richtlinie und normiert die Haftung des Reiseveranstalters für die ordnungsgemäße Erfüllung des Reisevertrages. Die Norm betrifft sowohl den Anspruch auf Schadensersatz für materielle als auch für immaterielle Schäden. Hierbei ist der Ausgleich der immateriellen Schäden nach denselben Voraussetzungen wie der Ersatz von Vermögensschäden zu gewähren. Demgemäß haftet der Reiseveranstalter gegenüber dem Reisenden verschuldensunabhängig. Diese Haftung kann lediglich durch drei Tatbestände ausgeschlossen werden. Darüber hinaus muss der Reisende die allgemeinen Voraussetzungen der Schadensersatzhaftung nach Art. 471 ZGB nachweisen, d.h. die Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Reisevertrags, die zu einem Schaden geführt hat, den erlittenen Schaden und den adäquaten Zusammenhang gemäß Art. 361 § 2 ZGB zwischen der Leistungsstörung und dem 278

AG Hamburg NJW 1989, 565. LG Köln NJW-RR 1994, 742. 280 Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651f Anm. 14; MünchKomm/Tonner, § 651f Rn. 53; Soergel/H.W. Eckert, § 651f Rn. 15. 281 Führich, Reiserecht, Rn. 413, S. 408. 282 BGH NJW 1983, 36; OLG München NJW 1984, 132; LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1988, 1451; LG Hannover NJW-RR 2000, 1162; LG Düsseldorf RRa 2001, 74; AG Kleve NJW-RR 1999, 489; AG Bad Homburg RRa 2001, 74; Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651f Anm. 15; Seyderhelm, § 651f Rn. 37; aA. AG Hamburg NJW-RR 1989, 565; RRa 2000, 188. 283 BGH NJW 2005, 1050. 279

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

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Schaden. Da diese Voraussetzungen im Rahmen des Schadensersatzes für materielle Schäden beschrieben wurden, wird hier auf diese Ausführungen verwiesen.284 IV. Bemessung der Entschädigung 1. Rechtslage in Deutschland a) Einführung Sind die in dem vorstehenden Abschnitt dargestellten Voraussetzungen für den Ersatz immaterieller Schäden in Form von nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit erfüllt, ist der Reiseveranstalter zum Ausgleich dieser Schäden verpflichtet. § 651f Abs. 2 BGB legt jedoch keine Kriterien für die Bemessung der Entschädigung fest. Die Judikatur und die Lehre waren sich lange Zeit über diese Kriterien nicht einig.285 Die Voraussetzungen hingen auch davon ab, ob die nutzlos aufgewendete Urlaubszeit als materieller oder immaterieller Schaden qualifiziert wurde. Deswegen wurden in der Vergangenheit verschiedene Bemessungsmethoden geschaffen, durch die die Kalkulierbarkeit und Transparenz in der Praxis der Gerichte erreicht werden sollten. b) Verschiedene Bemessungsmethoden Bereits vor dem Inkrafttreten des Reisevertragsgesetzes im Jahre 1979 ging ein Großteil der Judikatur 286 und des Schrifttums287 vom materiellen Charakter der nutzlos aufgewendeten Urlaubszeit aus. Der Anspruch orientierte sich demgemäß an dem hypothetischen Verdienstausfall. Diese Auffassung befürwortete der BGH im Rumänienfall 288 und begründete eine langjährige Praxis, die für die Bemessung die Nettoeinkommensmethode anwandte. Durch diese Berechnungsmethode wurden jedoch die Nichterwerbstätigen aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten ausgeschlossen. Dieses absurde Ergebnis änderte die Rechtsprechung bei der Erweiterung des Berechtigtenkreises auch auf Schüler,289 Hausfrauen290 und Kinder291.

284

S.o. Dritter Teil B. III. Staudinger/Staudinger (2011), § 651f Rn. 81. 286 OLG Frankfurt NJW 1973, 473; KG NJW 1970, 474; MDR 1971, 1007; OLG Köln NJW 1973, 1085; OLG Bremen VersR 1969, 929; OLG Saarbrücken DAR 1965, 299. 287 Mammey, NJW 1969, 1150 ff., 1150; Bartl, NJW 1972, 505 ff., 511. 288 BGH NJW 1975, 40. 289 BGH NJW 1983, 218; AG Hamburg NJW-RR 1989, 564; AG Magdeburg RRa 1996, 225. 290 BGH NJW 1983, 35 (Montenegrofall). 291 AG Kleve RRa 1998, 177; AG Bad Homburg RRa 1999, 165. 285

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

Viele Gerichte sahen jedoch diese auf das Gehalt zurückgehende Ungleichbehandlung als unzulässig an und versuchten durch die Anwendung von Tagessätzen auf die unbillige Einkommensmethode zu verzichten. Gemäß dieser durch die 24. Zivilkammer des LG Frankfurt a.M. eingeführte Tagessatzmethode wurden für einen völlig ruinierten Urlaubstag pro Person zunächst höchstens 100 D-Mark, später 130 D-Mark (72 Euro) 292 zugesprochen. Davon wurden die Beträge gemäß der Frankfurter Tabelle abgezogen, wenn die Minderungsquote unter 100 Prozent lag.293 Wurde der Reisetag beispielsweise zu 70 Prozent beeinträchtigt, bekam der Reisende pro Tag ca. 50 Euro Entschädigung. Im Verlauf der Jahre wurden zahlreiche Berechnungsmethoden und Modifikationen entwickelt. Einige berücksichtigten bei der Bemessung der Entschädigung alle Umstände des Einzelfalles, andere stellten auf eine Kombination von Kriterien (wie Reisepreis und Einkommen) ab. 294 Allerdings wurde stets das Kriterium des Arbeitseinkommens ausdrücklich abgelehnt. c) Reisepreismethode Der Durchbruch bei der Bemessung der Entschädigung gelang mit dem Malediven-Urteil. 295 Nach der Schadensrechtsreform war vorherzusehen, dass der BGH das Nettoeinkommen als Bezugsgröße ablehnen würde. Er stellte die Berechnung auf eine neue Grundlage und folgte der Reisepreismethode, die sich lediglich am Preis und an der Dauer der Reise sowie am Grad der Beeinträchtigung orientiert. Die Entschädigungshöhe wird auf den Reisepreis gestützt. Denn dieser zeigt angeblich am besten, wie viel dem Reisenden die Reise und der erstrebte Zweck der Reise wert waren.296 Es wird auch betont, dass diese Methode der Wirklichkeit entspricht. Denn die Enttäuschung wegen der Nutzlosigkeit einer teuren Reise nach Australien sei größer als die einer Kurzreise in ein Nachbarland.297 Die Formel zur Bemessung der Entschädigung auf Grundlage des Reisepreises kann wie folgt dargestellt werden:298

292

LG Frankfurt a.M. (19. Zivilkammer) RRa 2003, 25. LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1988, 1451. 294 Ausf. Führich, Reiserecht, Rn. 420–423, S. 413–416. 295 BGH NJW 2005, 1047. 296 Führich, MDR 2009, 906 ff., 912. 297 So Führich, Reiserecht, Rn. 420, S. 414. 298 Führich, Reiserecht, Rn. 421, S. 414. 293

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

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Reisepreis x Anzahl der verdorbenen Tage x Minderungsquote Anzahl der Reisetage Beispiel: Bei einer völlig vertanen Reise wird der ganze Reisepreis gewährt. Bei einer vierzehntägigen Reise und einer völligen Beeinträchtigung von sieben Tagen: 1400 € x 7 Tage x 100 % / 14 Tage = 700 €. Die Entschädigung wird berechnet, indem der Reisepreis mit der Anzahl der ruinierten Tage und mit dem Prozentsatz der Minderung multipliziert wird und dieses Ergebnis durch die Anzahl der Reisetage dividiert wird. Das OLG München benutzte diese Reisepreismethode bereits in der Jamtal-Entscheidung im Jahre 2002,299 bevor der BGH selbst dieser Methode folgte. Nach dem Malediven-Urteil gab auch das LG Frankfurt seine langjährige Rechtsprechung auf und änderte die Bezugsgröße vom Arbeitseinkommen auf den Reisepreis. 300 Der BGH bemerkte, dass das Einkommen früher als Bezugsgröße für die Bemessung der Entschädigung begründet gewesen sei, da die nutzlos aufgewendete Urlaubszeit als ein Vermögensschaden qualifiziert worden sei. Nach der Schadensrechtsreform ist die Diskussion über den Charakter des Schadens gegenstandslos geworden und das Einkommen des Reisenden ist nunmehr ohne Bedeutung. Die Orientierung bei der Bemessung der Entschädigung nur auf den Reisepreis entspricht nicht völlig dem Ziel dieses Rechtsinstituts. Die Einschätzung der Entschädigungshöhe auf Basis des Reisepreises stellt eine andere Form der Kommerzialisierung und Verflachung des Erholungswertes dar. Vielmehr spiegelt der Reisepreis den Wohlstand des Reisenden wider, also meistens sein Einkommen. Deswegen kreiert dieser Maßstab eine Methode, welche die Entschädigungshöhe indirekt von dem Vermögen des Reisenden abhängig macht. Die Höhe der Entschädigung für immaterielle Schäden sollte hingegen von verschiedenen Umständen abhängen. Bei der Berechnung sollten außer dem Reisepreis und dem Grad der Beeinträchtigung auch die allgemeine Lebenssituation und die finanzielle Lage des Reisenden sowie die mit der Reise verbundenen Erwartungen berücksichtigt werden. Man kann sich leicht vorstellen, dass eine ruinierte Hochzeitsreise einen größeren immateriellen Schaden verursacht als eine „normale“ Erholungsreise, sodass hier der Reisepreis ohne Bedeutung ist, sondern vielmehr die mit der Hochzeitsreise verbundenen Erlebnisse. Das Gleiche gilt beispielsweise für die letzte Reise im Leben einer todkranken Person. Die finanzielle Situation des Reisenden sollte keine wesentliche Rolle spielen, weil mancher für die Buchung einer preisgünstigen Reise lange Zeit sparsam leben muss. Immaterielle Schäden sind wesentlich 299

OLG München RRa 2002, 62. LG Frankfurt RRa 2006, 266; RRa 2008, 27; 82; dazu bereits OLG Frankfurt a.M. RRa 2003, 257. 300

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

von Subjektivität gekennzeichnet. Deswegen sollte die Entschädigungshöhe auf Grundlage der Umstände des Einzelfalles berechnet werden. Vor allem ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nach der in dem MaledivenUrteil geäußerten Ansicht des BGH die Berechnung der Entschädigung grundsätzlich im Ermessen des Tatrichters liegt. Das Revisionsgericht verfügt über sehr eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeiten, die nur die Überprüfung der Ausübung des dem Tatrichter eingeräumten Ermessensspielraums oder anderer Rechtsfehler (ob er angemessene Kriterien oder alle Umstände berücksichtigt hat etc.) umfassen. 301 2. Rechtspraxis in Polen In Polen wurden bisher keine allgemeingültigen Methoden zur Bemessung der Entschädigung entwickelt. Die Rechtsprechung und das Schrifttum konzentrierten sich vielmehr auf die Suche nach der Grundlage des Entschädigungsanspruchs wegen ruinierten Urlaubs. Die Bemessung der Höhe der Entschädigung für den ruinierten Urlaub bereitet nicht nur den Gerichten, sondern auch den Reisenden viele Schwierigkeiten. Für die Reisenden ist es besonders schwer, den Schaden und seine Höhe zu beweisen, und für die Gerichte, eine entsprechende Entschädigung zuzusprechen. Es existieren keine Kriterien, wie eine Kompensation für einen vertanen Urlaub, verlorenen Urlaubsgenuss und ruinierte Zeit berechnet werden sollte. Dieselben Probleme tauchen auch bei der Entschädigung für andere immaterielle Schäden auf. Insofern ist die Rechtsprechung sehr uneinheitlich. Die Mehrheit der zugesprochenen Entschädigungen ist sehr niedrig – viel niedriger als die geforderte Summe. Das bedeutet, dass der Reisende den Großteil der Gerichtskosten am Ende tragen muss. Die Mehrzahl der Gerichte beruft sich, ähnlich wie in Deutschland, auf den Reisepreis sowie die Schwere und Dauer der Beeinträchtigung.302 Diese Berechnungsmethode kann nicht befürwortet werden. Diese Bemessungstechnik wird eher für die Berechnung von Entschädigung für materielle Schäden oder die Bemessung der Reisepreisminderung benutzt.303 Das ist mit dem Schadensersatz für Nichtvermögensschäden nicht zu vereinbaren. Das Ziel des Schmerzensgeldes ist eine finanzielle Kompensa301

BGHZ 161, 389 = NJW 2005, 1047. Das Gericht sprach 15 Prozent des Reisepreises als Schmerzensgeld wegen des ruinierten Urlaubs zu (Beeinträchtigung einer Nacht während des zweiwöchigen Urlaubs), SR Lublin, Urt. v. 14.12.2010, XIII Cupr 589/10, (zuletzt abgerufen am 15. Oktober 2015). 303 So auch SO Lublin, Urt. v. 14.4.2011, II Ca 122/11, (zuletzt abgerufen am 15. Oktober 2015). 302

C. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

177

tion der erlittenen immateriellen Schäden, das mit der Reisepreisminderung nicht verwechselt werden sollten. Die Höhe der Entschädigung sollte vielmehr sämtliche wesentlichen Umstände des Einzelfalles berücksichtigen. 304 Vor allem sind bei der Bemessung des Ausgleichs das allgemeine Ausmaß des Unbehagens (Verlust des Urlaubsvergnügens, Stress, Zeitverlust etc.), das durch die Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Reisevertrags verursacht wurde, darüber hinaus die Erwartungen und Vorzüge des Reisenden, das Reiseziel, die persönliche Empfindlichkeit für Stress, Unruhe und emotionale Probleme und eventuell der Reisepreis etc. zu beachten. Die Höhe der Entschädigung soll nach dem Ermessen des Gerichts eine annähernde Geldsumme sein, die dem Reisenden einen finanziellen Ausgleich der erlittenen Nichtvermögensschäden erlauben könnte. Immer häufiger wird bei der Bemessung der Entschädigung für einen vertanen Urlaub auch die Frankfurter Tabelle berücksichtigt. Es wird betont, dass sie ein Muster für die Höhe des Ausgleichs darstelle.305 Die Anwendung dieser durch das LG Frankfurt a.M. entwickelten Tabelle ist hier jedoch völlig verfehlt. Erstens wurde die Tabelle seinerzeit für die Minderung geschaffen, sodass die konkreten Leistungsstörungen in Minderungsprozentsätzen schematisiert wurden. Beim Schadensersatz für einen ruinierten Urlaub handelt es sich um immaterielle Schäden, die nicht durch Reisepreisminderung, sondern durch eine entsprechende Entschädigung ausgeglichen werden. Zweitens wird hierbei nur der Reisepreis zusammen mit der gestörten Leistung und keiner der tatsächlich vom Reisenden erlittenen Schäden berücksichtigt und damit die Kompensationsfunktion des Schmerzensgeldes völlig außen vor gelassen. Die Anwendung der Frankfurter Tabelle bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung für immaterielle Schäden führt dazu, dass dieser Anspruch mit der Reisepreisminderung verwechselt wird. Dies zeigt nur, wie die Frankfurter Tabelle in der polnischen reiserechtlichen Praxis missverstanden und missbraucht wird. Deswegen soll hier abermals für eine vorsichtige Anwendung der Frankfurter Tabelle in Polen plädiert werden. V. Zusammenfassung Die Problematik des Anspruchs auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gehörte zu den umstrittensten reiserechtlichen Themen in den vergangenen Jahrzehnten. Heute ist diese Entschädigung in beiden untersuchten Ländern anerkannt, obwohl der Weg zur Anerkennung dieses Anspruchs vor allem in Polen sehr lang war. 304 So auch SO Warschau, Urt. v. 15.2.2013, V Ca 3048/12, (zuletzt abgerufen am 24. Oktober 2015). 305 Bączyk, Das Problem des Schadensersatzes, S. 87.

178

Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

Beide Rechtssysteme stießen in der Vergangenheit auf Probleme mit der dogmatischen Qualifizierung von ruiniertem Urlaub. Am Anfang ging die Mehrheit in der Rechtsprechung vom materiellen Charakter des Schadens aus. Denn § 253 a.F. BGB stand der Annahme eines Nichtvermögensschadens im Wege. Dieses Problem wurde in Deutschland nach dem Inkrafttreten der §§ 651 ff. BGB im Jahre 1979 und letztendlich nach der Schadensrechtsreform 2002 grundsätzlich gelöst. Das polnische Zivilrecht kennt keine spezialgesetzliche Regelung des Schadensersatzes wegen ruinierten Urlaubs. Ein solcher Ersatz wurde erst in einem Beschluss im Jahre 2010 durch den SN ausdrücklich anerkannt. Der immaterielle Schadensersatz ergibt sich danach aus Art. 11a TourG, der eine allgemeine Vorschrift über die Haftung des Reiseveranstalters für Leistungsstörungen darstellt. Die Voraussetzungen für diese Ansprüche sind in beiden Ländern unterschiedlich. § 651f Abs. 2 BGB setzt außer einem Reisemangel und dem Verschulden des Reiseveranstalters bzw. der Leistungsträger auch eine durch diesen Reisemangel hervorgerufene erhebliche Beeinträchtigung der Reise und nutzlos aufgewendete Urlaubszeit voraus. Das Erfordernis der erheblichen Beeinträchtigung steht m.E. nicht im Einklang mit dem Mindeststandard der Pauschalreise-Richtlinie und sollte aufgehoben werden. Darüber hinaus sollte die Entschädigung nicht von einem Verschulden abhängen, denn Art. 5 Abs. 2 der Pauschalreise-Richtlinie setzt kein Verschulden voraus. Art. 11a TourG stellt eine Rechtsgrundlage für Ansprüche wegen ruinierten Urlaubs dar. Diese Norm ist eine wörtliche Umsetzung des Art. 5 der Pauschalreise-Richtlinie. Die Entschädigung wegen ruinierten Urlaubs steht dem Reisenden bei jeder Nichterfüllung oder mangelhaften Erfüllung des Reisevertrages zu. Das Verbraucherschutzniveau ist deswegen in Polen höher als in Deutschland. Darüber hinaus stimmt diese Regelung mit den Hinweisen in der Pauschalreise-Richtlinie überein. Allerdings sollte der polnische Gesetzgeber eine ausdrückliche Regelung dieses Anspruchs in das Reiserecht einfügen. Ferner sollte eine Reform des Schuldrechts durchgeführt werden, sodass inhaltliche Widersprüche beseitigt werden könnten. Denn grundsätzlich ist derzeit eine Entschädigung für immaterielle Schäden im Rahmen der vertraglichen Haftung nicht erlaubt. Der Schadensersatz wegen ruinierten Urlaubs muss aber wegen der unionsrechtskonformen Auslegung zugesprochen werden. Solche Widersprüche sollten künftig ausgeräumt werden. Beide Regelungen stellen jedoch nicht klar, welche Kriterien für die Berechnung der Entschädigung maßgebend sein sollen. In Deutschland wurden im Verlauf der Jahre zahlreiche Berechnungsmethoden entwickelt, die auf verschiedenen Kriterien beruhten. Seit dem Malediven-Urteil wurde der Reisepreis als Maßstab für die Berechnung angenommen. Die polnische Rechtsprechung ist diesbezüglich sehr uneinheitlich. In der Regel werden bei der Berechnung alle Umstände des Einzelfalls (Reisezweck, Art und Dauer der

D. Zulässige Haftungsbeschränkungen

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Beeinträchtigung, persönliche Einstellung des Reisenden, Reisepreis, Erwartungen etc.) berücksichtigt. Diese Lösung entspricht m.E. eher dem Ziel der Entschädigung für immaterielle Schäden, die einen Ausgleich für die emotionalen Schäden darstellen soll. Die Entschädigung für immaterielle Nachteile kann keinesfalls durch eine einfache mathematische Berechnung, die auf dem Reisepreis basiert, richtig bemessen werden. Es müssen alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bisher nicht alle Kontroversen bezüglich der Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gelöst wurden. Angesichts des immer größeren Rechtsbewusstseins der Reisenden und der Häufigkeit von Reisemängeln sollten die unionsrechtswidrigen Regelungen beseitigt und bezüglich der Bemessung der Entschädigung Rechtssicherheit geschaffen werden.

D. Zulässige Haftungsbeschränkungen D. Zulässige Haftungsbeschränkungen

I.

Allgemeine Informationen

1. Regelung und Normzweck Bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung sind stets die zulässigen Haftungsbeschränkungen zu berücksichtigen. Das Reiserecht der beiden untersuchten Länder enthält spezielle Regelungen bzgl. der Haftungsbegrenzung in § 651h BGB und in Art. 11b TourG. Diese Vorschriften stellen eine Ergänzung der Vorschriften dar, welche die Haftung des Reiseveranstalters normieren, nämlich des § 651f BGB und des Art. 11a TourG.306 Sie setzten auch die Regelung des Art. 5 Abs. 2 UAbs. 3, 4 und Art. 5 Abs. 3 der Pauschalreise-Richtlinie um. Nach dem polnischen Reiserecht ist eine vertragliche Einschränkung oder ein Ausschluss der Haftung des Reiseveranstalters gemäß Art. 11b Abs. 1 TourG generell nicht zulässig. Die Ausnahmen von dieser Regel sind jedoch in Art. 11b Abs. 2 und 3 TourG enthalten. Dabei erlauben § 651h Abs. 1 BGB und Art. 11b Abs. 3 TourG dem Reiseveranstalter, die Höhe des Schadensersatzes durch vertragliche Vereinbarung für die durch den Reisenden erlittenen Schäden, die nicht Körperschäden sind, zu beschränken. Hintergrund dieser Haftungsbegrenzung sind die Besonderheiten der Veranstaltertätigkeit. Die Veranstalter bedienen sich überwiegend zahlreicher Erfüllungsgehilfen, die sich meistens im Ausland befinden. Die Überwachungs- und Einflussmöglichkeiten sind bei solchen Leistungsträgern eingeschränkt und Leis-

306

MünchKomm/Tonner, § 651h Rn. 1.

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

tungsstörungen oder Kommunikationsfehler nicht gänzlich zu vermeiden.307 Die Regelung soll daher das hohe Haftungsrisiko durch die Möglichkeit einer angemessenen Beschränkung vermindern. Eine weitere Möglichkeit der Haftungsbeschränkung zu Gunsten des Reiseveranstalters enthalten § 651h Abs. 2 BGB und Art. 11b Abs. 2 TourG. Dieser kann sich demgemäß auf internationale Übereinkommen durch eine Einrede berufen, die eine Einschränkung der Haftung der Leistungsträger bezüglich der von ihnen erbrachten Leistungen erlaubt. Diese Privilegierung gilt kraft Gesetzes und bedarf keiner zusätzlichen Vereinbarung zwischen dem Reisenden und dem Reiseveranstalter. Nach dem deutschen Reiserecht kann sich der Reiseveranstalter auch auf gesetzliche Vorschriften berufen, die auf internationalen Übereinkommen beruhen. Der Hintergrund dieser Haftungsbeschränkung besteht darin, dass der Reiseveranstalter nicht gegenüber dem Reisenden haften soll, ohne bei dem für den Schaden verantwortlichen Leistungsträger Regress nehmen zu können.308 2. Anwendungsbereich Die Haftungsausschlüsse nach § 651h BGB und Art. 11b TourG gelten für sämtliche vertraglichen Schadensersatzansprüche des Reisenden gegen den Reiseveranstalter – für den allgemeinen Schadensersatzanspruch (§ 651f Abs. 1 BGB und Art. 11a TourG) und für den Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit (§ 651f Abs. 2 BGB und Art. 11a TourG). Der Anwendungsbereich dieser Vorschriften bezieht sich jedoch nicht auf die Minderung, die Aufwendungsersatzansprüche, das Kündigungsrecht und auf die außervertraglichen Schadensersatzansprüche, die ihre Grundlage nicht im Reisevertrag haben, und auch nicht auf die Ansprüche aus unerlaubter Handlung.309 II. Vertragliche Haftungsbeschränkung 1. Rechtslage in Deutschland a) Haftungsbeschränkung für eigenes Verschulden (§ 651h Abs. 1 Nr. 1 BGB) Gemäß § 651h Abs. 1 Nr. 1 BGB darf eine vertragliche Haftungsbeschränkung auf den dreifachen Reisepreis lediglich für den durch einfache oder normale Fahrlässigkeit verursachten Schaden, außer Körperschaden, vereinbart werden. Der Reiseveranstalter haftet also bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit unbeschränkt. Die Abgrenzung zwischen einfacher und grober 307

BT-Drucks. 8/2343, S. 12; Führich, Reiserecht, Rn. 484, S. 472. MünchKomm/Tonner, § 651h Rn. 3; Bamberger/Roth/Geib, § 651h Rn. 2. 309 BGH NJW 1987, 1937. 308

D. Zulässige Haftungsbeschränkungen

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Fahrlässigkeit erfolgt nach den allgemeinen Grundsätzen (§ 276 Abs. 1 und Abs. 2 BGB). 310 Die Vereinbarung wird nach der heutigen Praxis grundsätzlich in AGB getroffen, was nach Auffassung des BGH zulässig ist. 311 Dieses Privileg gilt jedoch nur für seine eigene Haftung sowie für die Haftung für einfache Erfüllungsgehilfen, die nicht Leistungsträger sind, also seine gesetzlichen oder bevollmächtigten Vertreter, seine Angestellten, Arbeiter und freien Mitarbeiter (örtliche Reiseleiter, Animateure etc.) oder die Reisebüro-Agenturen.312 Es ist allerdings zu beachten, dass der Reiseveranstalter auch dann nach dieser Vorschrift haften kann, wenn der Schaden durch einen Leistungsträger verursacht wurde, aber ihm ein Eigenverschulden (Organisationsverschulden) bei der Auswahl oder Überwachung der Leistungsträger zur Last fällt. 313 b) Haftungsbeschränkung für Leistungsträger (§ 651h Abs. 1 Nr. 2 BGB) Gemäß § 651h Abs. 1 Nr. 2 BGB darf der Reiseveranstalter seine Haftung für Schäden, die ausschließlich durch Leistungsträger verursacht wurden (außer Körperschäden), in jedem Fall, also auch bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit, vertraglich beschränken. Die Haftung kann wie in § 651h Abs. 1 Nr. 1 BGB auf den dreifachen Reisepreis begrenzt werden. Diese Vorschrift kommt nicht zur Anwendung, wenn neben dem Leistungsträger ein eigenes Verschulden des Reiseveranstalters vorliegt. Das kann vor allem bei der Auswahl und Überwachung der Leistungsträger, bei einem Organisationsverschulden und bei den umfangreichen eigenen Verkehrssicherungspflichten in Betracht kommen.314 Diese Privilegierung begründete der Gesetzgeber damit, dass der Reiseveranstalter keinen Einfluss auf den Leistungsträger habe. 315 Die Regelung dieser Haftungsbeschränkung und ihre Begründung stießen jedoch zu Recht auf Kritik in der Literatur.316 Erstens wird betont, dass der Reiseveranstalter für seine Leistungsträger deswegen haftet, weil er sich dieser zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient, und nicht deswegen, weil er Einfluss auf diese hat.317 Gemäß dem in § 278 BGB enthaltenen Grundsatz trägt derjenige das wirtschaftliche Risiko der Leistungsstörungen, der nicht alleine, sondern 310

MünchKomm/Tonner, § 651h Rn. 6; Führich, Reiserecht, Rn. 491, S. 476. BGH NJW 1987, 1937. 312 Führich, Reiserecht, Rn. 490, S. 475. 313 MünchKomm/Tonner, § 651h Rn. 3; Führich, Reiserecht, Rn. 490, S. 476; Staudinger/Staudinger (2011), § 651h Rn. 20; LG Hannover RRa 2003, 219. 314 OLG Frankfurt NJW 1982, 2200. 315 BT-Drucks.8/786, S. 32. 316 MünchKomm/Tonner, § 651h Rn. 10; Führich, Reiserecht, Rn. 492, S. 477; Hofbauer, Die mangelhafte Reise, S. 109; Kaller, Reiserecht, Rn. 309. 317 Führich, Reiserecht, Rn. 492, S. 477. 311

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

mithilfe anderer seine vertraglichen Verpflichtungen erbringt.318 Zweitens ist die Annahme des Gesetzgebers, dass der Reiseveranstalter keinen Einfluss auf die Leistungsträger hat, zumindest diskutabel. 319 Es gehört zur Entscheidungssphäre des Reiseveranstalters, welche Leistungsträger er als seine Erfüllungsgehilfen auswählt und wie er die Verträge mit ihnen gestaltet, damit er Einfluss auf sie ausüben kann. Aus diesem Grund muss die Regelung des § 651h Abs. 1 Nr. 2 BGB als völlig verfehlt angesehen werden. Denn sie verlagert das Risiko zu Lasten des Reisenden. 320 2. Rechtslage in Polen Die vertragliche Haftungsbeschränkung ist in Art. 11b Abs. 3 und Abs. 4 TourG geregelt. Gemäß Art. 11b Abs. 3 TourG darf der Reiseveranstalter seine Haftung für Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Reisevertrages durch vertragliche Vereinbarung mit dem Reisenden auf den zweifachen Reisepreis beschränken. Nach Art. 11b Abs. 4 TourG sind Personenschäden von dieser Haftungsbegrenzung ausgeschlossen. Diese summenmäßige Beschränkung gilt jedoch hinsichtlich jedes Reisenden, also bei Gruppenreisen oder Familienreisen für jeden Einzelnen der Gruppe. Art. 11b Abs. 3 und Abs. 4 TourG setzt Art. 5 Abs. 2 UAbs. 4 der Pauschalreise-Richtlinie um. Demgemäß hält der polnische Gesetzgeber eine Beschränkung auf den zweifachen Reisepreis für „angemessen“. 321 Ähnliche betragsmäßige Begrenzungen sind auch in anderen Mitgliedstaaten vorgesehen (beispielsweise die Beschränkung auf den zweifachen Reisepreis in Polen und Irland; auf den dreifachen Reisepreis in Deutschland und Bulgarien). 322 Die polnische Regelung enthält, im Gegensatz zur deutschen, keine weiteren Voraussetzungen für die Haftungsbeschränkung. Der Reiseveranstalter kann somit seine Haftung auch bei grober Fahrlässigkeit beschränken. Es ist jedoch nach dem allgemeinen Grundsatz des Art. 473 § 2 ZGB 323 unzulässig, die Haftung bei vorsätzlicher Zufügung des Schadens zu beschränken. In der polnischen Regelung wird nicht zwischen einem Eigenverschulden und einem Verschulden des Leistungsträgers differenziert. Es ist ohne Bedeutung, ob es sich um ein vorsätzliches Verhalten des Reiseveranstalters oder des Leistungsträgers handelt. Denn in beiden Fällen darf der Reiseveranstalter seine Haftung nicht beschränken. Insofern ist diese Lösung vorteilhafter als die deutsche Regelung. 318

MünchKomm/Tonner, § 651h Rn. 9. Tonner, Der Reisevertrag, S. 205. 320 Kaller, Reiserecht, Rn. 309. 321 Grzesiek, Niedozwolone klauzule, S. 113. 322 Schulte-Nölke/Meyer-Swickerath, Package Travel Directive (90/314). 323 Art. 473 § 2 ZGB: „Eine Vereinbarung, dass der Schuldner für einen Schaden nicht haftet, den er dem Gläubiger vorsätzlich zufügt, ist unwirksam“. 319

D. Zulässige Haftungsbeschränkungen

183

Die Haftungsbeschränkung des Art. 11b Abs. 3 TourG soll im Vertrag zwischen dem Reiseveranstalter und dem Reisenden enthalten sein. Die Parteien können sie individuell vereinbaren oder eine entsprechende Klausel in den AGB vorsehen. Die gegenwärtige Praxis zeigt, dass derartige Begrenzungen i.d.R. in AGB vereinbart werden, was (sowie in Deutschland) allgemein zulässig ist. 324 Die Wirksamkeit solcher AGB wird jedoch stets von der Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen, insbesondere des Art. 384 ZGB, abhängen. Die haftungsbeschränkenden Klauseln unterliegen bezüglich ihrer Wirksamkeit einer Inhaltskontrolle der SOKiK anhand der Art. 3851 ff. ZGB. Alle Vertragsbedingungen, die weniger vorteilhaft sind als die gesetzlichen Vorschriften, verstoßen gegen Art. 19 Abs. 1 TourG. Eine Klausel, welche die Haftung des Reiseveranstalters weiter als in Art. 11b Abs. 3 TourG vorgesehen beschränkt, wird vom SOKiK für nichtig erklärt. Trotz der verhältnismäßig klaren Regelung versuchen die Reiseveranstalter häufig, ihre Haftung weiter als gesetzlich erlaubt zu beschränken. Darunter fallen Klauseln, die eine summenmäßige Begrenzung enthalten, die niedriger ist als der zweifache Reisepreis: „Die Höhe der Entschädigung darf nicht den Preis, welchen der Reisende für die Leistung bezahlt hat, überschreiten.“ 325 Eine andere Beschränkung, welche die Reiseveranstalter in ihren AGB immer wieder verwenden, ist die Haftungsbegrenzung für Körperschäden im Allgemeinen oder bis zur Höhe der Versicherungssumme. 326 Auch eine Klausel, welche die Haftung allgemein auf den zweifachen Reisepreis begrenzt, ohne darauf hinzuweisen, dass dies nicht für Körperschäden gilt, ist unwirksam.327 Hierbei wurde folgende Klausel für unwirksam erklärt: „Das Reisebüro beschränkt die Haftung für Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung der Reiseleistungen während der Reise auf den zweifachen Reisepreis“. 328 Vor der die Pauschalreise-Richtlinie umsetzenden Novellierung des Jahres 2000 war die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung in Art. 18 TourG geregelt. Gemäß Art. 18 Abs. 1 a.F. TourG konnte der Reiseveranstalter seine Haftung durch eine vertragliche Vereinbarung oder durch ein anderes Rechtsgeschäft nicht einschränken oder ausschließen. Art. 18 Abs. 2 TourG enthielt jedoch drei Vorbehalte. Eine Haftungsbegrenzung konnte sich ergeben aus: 1) dem örtlichen Recht der Leistungserbringung, das für die konkrete Reiseleistung Einschränkungen erlaubte; 2) internationalen Übereinkommen; 3) speziellen Regelungen.

324

Vgl. SA Katowitz, Urt. v. 5.2.2009, I Aca 772/08, LEX Nr. 563073. SOKiK, Urt. v. 22.09.2005, XVII Amc 61/04. 326 Raport UOKiK (2011), S. 14; SOKiK, Urt. v. 22.12.2004, XVII Amc 115/03. 327 Cybula, Usługi turystyczne, S. 199. 328 SOKiK, Urt. v. 30.11.2011, XVII AmC 3568/10. 325

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

Diese Regelung musste aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit der Pauschalreise-Richtlinie aufgehoben werden. 329 Auf heftige Kritik stieß insbesondere die Haftungsbeschränkung aufgrund örtlicher Vorschriften.330 Dieser Regelung wurde unter anderem vorgeworfen, dass sie richtlinienwidrig sei. Denn sie sah weitergehende Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung vor, als es dort zugelassen war. Vielmehr führe solch eine Einschränkungsmöglichkeit zu gravierender Rechtsuneinheit, denn der Reiseveranstalter könnte durch Berufung auf für seine Leistungsträger anwendbare nationale, dem Reisenden ferne, oft weniger verbraucherfreundliche reiserechtliche Regelungen seine Haftung begrenzen. Insofern wäre der Schutz des Reisenden drastisch gelockert. Ferner differenzierte diese Rechtslage danach, ob der Reiseveranstalter seine vertraglichen Verpflichtungen selbst oder durch örtliche Leistungsträger erfüllte. Dies hätte hingegen dazu führen können, dass sich die Reiseveranstalter absichtlich der Leistungsträger aus für sie vorteilhaften Rechtsordnungen bedienen könnten.331 So ist es nur folgerichtig, dass der Gesetzgeber diese Norm gestrichen hat. III. Gesetzliche Haftungsbeschränkung aufgrund internationaler Übereinkommen für Leistungsträger 1. Rechtslage in Deutschland Eine weitere Haftungsbeschränkung ist in § 651h Abs. 2 BGB vorgesehen. Danach kann sich der Reiseveranstalter gegenüber dem Reisenden auf internationale Übereinkommen oder auf ein darauf beruhendes nationales Gesetz berufen, das zu Gunsten eines bestimmten Leistungsträgers eine Haftungsbeschränkung oder einen Haftungsausschluss vorsieht.332 Im Gegensatz zur vertraglichen Haftungsbeschränkung tritt diese kraft Gesetzes ein und gilt ohne vertragliche Vereinbarung zwischen dem Reisenden und dem Reiseveranstalter. Der Grund für diese Regelung liegt darin, dass der Reiseveranstalter nicht haften soll, ohne Regress bei den Leistungsträgern nehmen zu können, wenn der Leistungsträger alleine für den Schaden verantwortlich ist.333 Hierbei ist bemerkenswert, dass diese Haftungsbeschränkung nicht greift, wenn den Reiseveranstalter ein eigenes Verschulden trifft. 334 Die Haftungsbeschränkung aus § 651h Abs. 2 BGB gilt ähnlich wie § 651h Abs. 1 BGB lediglich für Schadensersatzansprüche des Reisenden und nicht 329

A.A. Nesterowicz, Odpowiedzialność biura, S. 378 f. Łętowska, Antykonsumencki bubel. 331 Cybula, O ewolucji zasad, S. 27. 332 Führich, EuZW 1993, 347, 351. 333 BT-Drucks. 8/2343, S. 12. 334 Führich, Reiserecht, Rn. 494, S. 478. 330

D. Zulässige Haftungsbeschränkungen

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für andere Mängelrechte wie Selbstabhilfe, Minderung oder Kündigung. 335 Allerdings lässt der § 651h Abs. 2 BGB eine Haftungsbeschränkung für Körperschäden sowie für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu. Diese Vorschrift setzt Art. 5 Abs. 2 UAbs. 3 der Pauschalreise-Richtlinie um und wurde mit der Novellierung im Jahre 1994 geändert, sodass sie dem Mindeststandard der Pauschalreise-Richtlinie entspricht. Zuvor war es dem Reiseveranstalter erlaubt, sich auf alle haftungsbeschränkenden gesetzlichen Vorschriften zu Gunsten der Leistungsträger zu berufen. Der gegenwärtige Wortlaut des § 651h Abs. 2 BGB lässt lediglich zu, dass, soweit ein Leistungsträger sich auf eine Haftungsbeschränkung oder einen Haftungsausschluss aus einem internationalen Übereinkommen oder dessen Umsetzungsgesetz berufen kann, der Reiseveranstalter sich ebenfalls aufgrund derselben Vorschriften entlasten kann. Solche Haftungsbeschränkungen sind vor allem bei Beförderungsleistungen von großer Bedeutung. Hierbei kann sich der Reiseveranstalter auf das Montrealer Übereinkommen über den Luftverkehr, 336 auf die Anlage zu § 664 HGB (die das Athener Abkommen mit höheren Haftungssummen umsetzt), im Bereich des Seeverkehrs auf das Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF/CIV)337 berufen. 2. Rechtslage in Polen Der polnische Gesetzgeber nutzte auch die in Art. 5 Abs. 2 UAbs. 3 der Pauschalreise-Richtlinie vorgesehene Möglichkeit und gewährt dem Reiseveranstalter die Möglichkeit, seine Haftung aufgrund internationaler Übereinkommen zu beschränken. Gemäß Art. 11b Abs. 2 TourG kann die Haftung des Reiseveranstalters für die Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Reisevertrags lediglich dann beschränkt werden, wenn dies in internationalen Übereinkommen, deren Vertragspartner Polen ist, vorgesehen ist. Die polnische Regelung wurde also anders gestaltet. Denn die Haftungsbeschränkungen können lediglich auf solchen internationalen Übereinkommen beruhen, die von Polen ratifiziert wurden.338 Hintergrund dieser Regelung ist, ähnlich wie in Deutschland, dass der Reiseveranstalter nicht haften soll, wenn sich der Leistungsträger bezüglich einer bestimmten Reiseleistung von der Haftung befreien kann. Die internationalen Übereinkommen, auf die er sich berufen kann, sind nach dem polnischen und deutschen Recht meistens gleich, also beispielsweise das Montrealer Über335

Staudinger/Staudinger (2011), § 651h Rn. 51. ABl. EG 2001 L 194/39, BGBl. 2004 II, S. 458. 337 Convention relative aux transports internationaux ferroviaires (COTIF) v. 9.5.1980, in Kraft seit 1.5.1985, BGBl. 1985 II S. 130, i.d.F. des Änderungsprotokolls v. 3.6.1999 (BGBl. 2002 II S. 2140), in Kraft seit 1.7.2006. 338 Gospodarek, Prawo w turystyce, S. 51 ff. 336

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Dritter Teil – Mängelrechte nach Reiseende

einkommen für den grenzüberschreitenden Luftverkehr 339 oder das Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF/CIV). 340 Wohlgemerkt wurde das Athener Übereinkommen über den Seeverkehr 341 in Polen, im Gegensatz zu Deutschland, als Völkerrecht ratifiziert. Obwohl diese Vorschrift Haftungsausschlüsse für Personenschäden nicht ausdrücklich verbietet, würden sie zweifellos den Grundsätzen des gesellschaftlichen Zusammenlebens widersprechen.342 Derartige Rechtsgeschäfte sind gemäß Art. 58 § 2 ZGB unwirksam. Darüber hinaus ist auch zu beachten, dass Reiseverträge i.d.R. Adhäsionsverträge 343 darstellen und der inhaltlichen Kontrolle gemäß Art. 3853 ZGB unterliegen. Insofern sind haftungsausschließende Klauseln für Personenschäden im Zweifel unwirksam. Ferner sind solche Haftungsbegrenzungen auch aufgrund internationaler Abkommen ausdrücklich ausgeschlossen (beispielsweise im Art. 18 des Athener Abkommens). Allerdings können angemessene summenmäßige Haftungsbeschränkungen aufgrund etlicher Übereinkommen vorgesehen werden. In der polnischen Literatur wurde die Auffassung vertreten, dass die Regelung des Art. 11b Abs. 2 TourG überflüssig sei und lediglich Klarstellungsfunktion besitze. Denn in Art. 91 Abs. 2 der polnischen Verfassung sei der Vorrang internationaler Übereinkommen vor den nationalen Gesetzen normiert.344 Allerdings wurde diese Regelung m.E. richtigerweise durch den polnischen Gesetzgeber eingefügt. Denn obwohl der Vorrang internationaler Übereinkommen selbstverständlich ist, wäre ohne eine solche Vorschrift im TourG unklar, ob sich der Reiseveranstalter, der für das ganze „Paket“ haftet, auf Haftungsbeschränkungen, die nur für einzelne Reiseleistungen gelten, berufen kann.345

339

ABl. EG 2001 L 194/39, BGBl. 2004 II, S. 458. Convention relative aux transports internationaux ferroviaires (COTIF) v. 9.5.1980, in Kraft seit 1.5.1985, BGBl. 1985 II S. 130, i.d.F. des Änderungsprotokolls v. 3.6.1999 (BGBl. 2002 II S. 2140), in Kraft seit 1.7.2006. 341 Konwencja ateńska w sprawie przewozu morzem pasażerów i ich bagażu, Dz.U. 1987, Nr. 18, Pos. 108. 342 Nesterowicz, Prawo turystyczne, S. 65. 343 Adhäsionsvertrag ist ein Vertrag zwischen zwei Parteien, von denen die eine Partei wirtschaftlich viel stärker ist als die andere. Die stärkere Partei stellt ein Produkt oder eine Leistung zur Verfügung, das die schwächere Partei benötigt. Die stärkere Partei bereitet einen Mustervertrag vor, den die schwächere Partei ohne Verhandlungsprozess unterzeichnen muss, wenn sie das Produkt oder die Leistung erhalten will. 344 Czapelak, Zagadnienia kolizyjnoprawne, S. 522; Żytkiewicz, Ograniczenie odpowiedzialności, S. 139. 345 Ähnlich Cybula, Usługi turystyczne, S. 197. 340

D. Zulässige Haftungsbeschränkungen

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IV. Zusammenfassung Die Haftung des Reiseveranstalters nach deutschem und polnischem Recht kann unter bestimmten Umständen beschränkt oder ausgeschlossen werden. Eine solche Regelung findet sich in den reisevertraglichen Gesetzen der untersuchten Länder (§ 651h BGB und Art. 11b TourG). Beide Vorschriften setzen Art. 5 Abs. 2 UAbs. 3, 4 und Art. 5 Abs. 3 der Pauschalreise-Richtlinie um und sind sich grundsätzlich sehr ähnlich. Hierbei ist in Deutschland und in Polen eine vertragliche und gesetzliche Haftungsbeschränkung vorgesehen. Durch vertragliche Vereinbarung, die i.d.R. in den AGB enthalten ist, kann die Haftung des Reiseveranstalters auf eine bestimmte Summe (in Deutschland auf den dreifachen Reisepreis, in Polen auf den zweifachen Reisepreis) beschränkt werden. In beiden Ländern ist allerdings eine Beschränkung für Körperschäden ausgeschlossen. Die deutsche Regelung sieht jedoch eine Differenzierung zwischen dem Eigenverschulden des Reiseveranstalters und dem Verschulden des Leistungsträgers vor. Der Reiseveranstalter kann seine Haftung bei eigenem Vorsatz und grober Fahrlässigkeit nicht begrenzen. Für das Verhalten seiner Leistungsträger ist die Haftungsbeschränkung hingegen bei jeder Art des Verschuldens zulässig. Eine solche Differenzierung kennt das polnische Reiserecht nicht. Nach dem Wortlaut des Art. 11b TourG gilt die Haftungsbeschränkung unabhängig davon, ob der Schaden vorsätzlich oder fahrlässig durch den Reiseveranstalter selbst oder durch seine Leistungsträger verursacht wurde. Der allgemeine Grundsatz des Art. 473 § 2 ZGB schließt aber solche Vereinbarungen über Vorsatz ausdrücklich aus. Die Möglichkeit, sich nach dem deutschen Recht vorbehaltlos von der Haftung auch bei Vorsatz des Leistungsträgers zu befreien, ist als verfehlt anzusehen und sollte aus dem BGB gestrichen werden. Die Reiseveranstalter können nämlich wenigstens durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen und hochentwickelte Überwachungstechniken Einfluss auf ihre Leistungsträger ausüben. Ferner sehen beide Länder eine gesetzliche Haftungsbeschränkung aufgrund internationaler Übereinkommen vor. Danach kann sich der Reiseveranstalter gegenüber dem Reisenden auf internationale Übereinkommen berufen, die zu Gunsten eines bestimmten Leistungsträgers eine Haftungsbeschränkung oder einen Haftungsausschluss vorsehen. Nach § 651h Abs. 2 BGB ist eine solche Entlastung auch aufgrund des auf internationalen Übereinkommen beruhenden nationalen Rechts zulässig. Dies verstößt auch nicht gegen die Pauschalreise-Richtlinie. Denn es handelt sich lediglich um solche Regelungen, die nur eine Umsetzung internationaler Übereinkommen darstellen oder einen vorteilhafteren Schutz gewähren. In beiden untersuchten Rechtsordnungen sind solche Haftungsbeschränkungen insbesondere im Beförderungsbereich von großer Bedeutung.

Zusammenfassung der Ergebnisse Zusammenfassung der Ergebnisse

A. Zusammenfassung A. Zusammenfassung

In der vorliegenden Untersuchung wurde versucht, eine Analyse des Systems der reisevertraglichen Mängelrechte rechtsvergleichend für Deutschland und Polen durchzuführen. Verbunden mit dieser vergleichenden Analyse der reiserechtlichen Mängelrechte wurde die aktuelle Rechtslage beurteilt und kritisiert, um dadurch Schlussfolgerungen für die Fortentwicklung des Reisevertragsrechts zu ziehen. In der Arbeit ging es in erster Linie darum, Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei den einzelnen Mängelrechten aufzuzeigen. Die Untersuchung betraf darüber hinaus die Prüfung der Übereinstimmung der nationalen Vorschriften mit den Bestimmungen der Pauschalreise-Richtlinie und die Bewertung des Verbraucherschutzniveaus in den beiden Ländern. Schlussendlich lag das Ziel dieser Dissertation darin, eine Verbesserung des polnischen und deutschen Reiserechts durch eine Analyse der jeweiligen Wirkung herbeizuführen. Eine ausführliche Analyse der gegenwärtigen reisevertraglichen Rechtsordnung konnte nicht losgelöst vom historischen Kontext des Pauschalreiserechts in den beiden Ländern erfolgen. Darüber hinaus musste mindestens eine kurze Beschreibung der zentralen Grundbegriffe durchgeführt werden. Schließlich war auch das Verhältnis des reisevertraglichen Gewährleistungsrechts zum allgemeinen Leistungsstörungsrecht zu klären. Daher wurde diese Thematik in der vorliegenden Arbeit miteinbezogen. Die vergleichende Untersuchung des Systems der Mängelrechte in Deutschland und in Polen hat zu zahlreichen Einzelergebnissen bezüglich verschiedener Rechtsprobleme geführt. Da es naturgemäß unmöglich und unpraktisch wäre, diese vollständig zu wiederholen, werden hier vor allem die für die Fortentwicklung der beiden Systeme substanziellen Schlussfolgerungen dargestellt. Die Entwicklung des deutschen und polnischen Pauschalreiserechts verlief sehr unterschiedlich. Verbunden mit dem Boom des Tourismus in Deutschland in den sechziger Jahren entstand Bedarf für die rechtliche Normierung eines neuen Vertragstypus: des Pauschalreisevertrags. Diese erfolgte bereits im Jahr 1979 mit der Einfügung der §§ 651a ff. in das BGB. In Polen hingegen hatte der Pauschaltourismus in der Nachkriegszeit kaum Bedeutung. Die

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Zusammenfassung der Ergebnisse

wenigen vor Gericht gebrachten reiserechtlichen Streitigkeiten wurden durch eine analoge Anwendung der schon existierenden Regeln gelöst. Zu einer raschen Entwicklung des Pauschaltourismus kam es erst nach der Liberalisierung des Marktes in den Jahren 1988 und 1989. Dieser folgte anschließend eine gewerberechtliche und vertragsrechtliche Regelung in diesem Bereich. Die Regelungen waren insbesondere durch den geplanten Beitritt zur Europäischen Union geprägt, mithin durch die in Art. 249 EG-Vertrag vorgeschriebene Verpflichtung zur Annahme des acquis communautaire, einschließlich der Umsetzung der EG-Pauschalreise-Richtlinie 90/314/EWG. Deshalb wurde in Polen das erste Gesetz, das den Bereich des Pauschalreiserechts regelte, im Jahre 1997 eingeführt und dann 2001 an die Vorgaben der PauschalreiseRichtlinie angepasst. Im Gegensatz zur deutschen Regelung, die sich im BGB befindet, hat sich der polnische Gesetzgeber für ein Sondergesetz entschieden. Eine Analyse beider Rechtsakte führt zu dem Schluss, dass die Verortung des Reiserechts im Zivilgesetzbuch eine bessere Form der Normierung darstellt. Das TourG ist im Vergleich zu den §§ 651a ff. BGB sehr komplex und unüberschaubar. Gemischte zivil- und verwaltungsrechtliche Normen und eine undurchsichtige Wortwahl erschweren die Auslegung erheblich. Im Vergleich zum deutschen Reiserecht, das ein Sonderschuldrecht mit einem eigenen Leistungsstörungsbegriff („Reisemangel“) und eigenen Rechtsinstituten im Verhältnis zum allgemeinen Gewährleistungsrecht darstellt, würde die Einfügung der reisevertraglichen Regelung in das ZGB nicht nur den Pauschalreisevertrag in den Rang eines benannten Vertrages erheben und einen Interessenausgleich zwischen dem auf dem Markt schwächeren Reisenden und dem stärkeren Reiseveranstalter schaffen. Dies würde darüber hinaus die Diskussion über den Charakter dieses Vertrages beenden. Die Rechte des Verbrauchers sollten schließlich klarer und verständlicher aufgelistet werden, wodurch ein höheres Verbraucherschutzniveau auf dem polnischen Markt erreicht werden würde. Was die Analyse zentraler Grundbegriffe (die Pauschalreise, der Reiseveranstalter, der Reisende) anbelangt, gibt es zwischen der polnischen und der deutschen Regelung etliche Unterschiede. Trotz einer anderen Formulierung der Definition der Pauschalreise besteht zwischen den beiden Rechtssystemen materiell kaum ein Unterschied. Beide haben den Anwendungsbereich dieses Terminus breiter gefasst, als es in der Pauschalreise-Richtlinie bestimmt ist, was angesichts des in Art. 8 vorgesehenen Prinzips der Mindestharmonisierung erlaubt ist. Diesbezüglich sind im Anwendungsbereich der Pauschalreise nach dem deutschen Recht auch solche Reisen enthalten, die weniger als 24 Stunden dauern oder die keine Übernachtung einschließen. In der polnischen Regelung hingegen fallen unter den Begriff „die Reiseveranstaltung“ neben Reisen, die mindestens 24 Stunden dauern oder eine Übernachtung einschließen, auch Tagesreisen mit einem Ortswechsel.

A. Zusammenfassung

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Der Begriff des Reiseveranstalters ist in der deutschen Regelung weiter gefasst als der Veranstalterbegriff in der Pauschalreise-Richtlinie und umfasst auch Gelegenheitsveranstalter. In Polen werden unter diesem Begriff dagegen nur gewerblich tätige Unternehmer verstanden und dadurch alle nichtgewerblich handelnden Organisationen wie Vereine, Gewerkschaften oder Kirchen, auch wenn sie nicht nur gelegentlich Reisen organisieren, aus dem Anwendungsbereich des TourG herausgenommen. Diese Regelung ist als rechtswidrig anzusehen und sollte zeitnah an die Bestimmungen der Pauschalreise-Richtlinie angepasst werden. Nach der Analyse der Definition des „Reisenden“ (des „Kunden“ im TourG) ist festzustellen, dass die deutsche Regelung der Bestimmung der Pauschalreise-Richtlinie folgt. Denn der Begriff umfasst auch Gewerbetreibende, wobei das polnische Recht den Anwendungsbereich nur auf die Personen beschränkt, für die der Abschluss der Reiseverträge nicht Gegenstand ihrer Geschäftstätigkeit ist. Diese Lösung ist rechtswidrig und sollte daher aufgehoben werden. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem polnischen und dem deutschen Reiserecht stellt das Verhältnis des reisevertraglichen Gewährleistungsrechts zum allgemeinen Leistungsstörungsrecht dar. Das deutsche allgemeine Leistungsstörungsrecht wird durch das reisevertragliche Gewährleistungsrecht ab dem Moment des Vertragsabschlusses verdrängt. Im Gegensatz dazu schließt das allgemeine Leistungsstörungsrecht die Lücken im polnischen Reiserecht. Die Analyse der einzelnen Mängelrechte führt zu der Schlussfolgerung, dass sie sich durch die Harmonisierung des europäischen Rechts zwar sehr angenähert haben, in den Details aber viele Unterschiede aufweisen. Zu den untersuchten reisevertraglichen Mängelrechten zählen nicht nur die dem Reisenden während der Reise zustehenden Rechte wie Abhilfe, Selbstabhilfe, das Kündigungs- bzw. Rücktrittsrecht, sondern auch die nach dem Reiseende in Anspruch zu nehmenden Minderungs- und Schadensersatzrechte sowie Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. In der Regelung der Abhilfe sind zwischen den beiden untersuchten Rechtsordnungen erhebliche Unterschiede zu erkennen. In erster Linie ist festzustellen, dass nur das deutsche System dieses Mängelrecht ausdrücklich vorsieht (§ 651c Abs. 2 BGB). Das polnische kennt hingegen keine spezielle Vorschrift dafür, obwohl die Pauschalreise-Richtlinie in ihrem Art. 6 einen solchen Anspruch enthält. Darum muss die geltende Regelung richtlinienkonform ausgelegt werden. Dieses Recht ist daher innerhalb der Regelung zur Mängelanzeigepflicht (Art. 16b TourG) und zum Beanstandungsrecht (Art. 16a Abs. 1 TourG) zu finden. Eine ausdrückliche und überschaubare Regelung des Abhilfeanspruchs im polnischen Reiserecht würde ein höheres Verbraucherschutzniveau schaffen. Denn die Rechte der Verbraucher sollten für diese klar und verständlich aufgeführt werden. Darüber hinaus würde dies

192

Zusammenfassung der Ergebnisse

den Interessen beider Vertragspartner entsprechen. Denn mit einem Abhilfeverlangen seitens des Verbrauchers würde dem Reiseveranstalter die Möglichkeit gegeben, den Mangel zu beseitigen und damit etwaige weitere Ansprüche zu verhindern. Daher sollte dieses Recht expressis verbis in das polnische Reiserecht eingefügt werden. Die Analyse des geltenden Rechts bezüglich der Abhilfe hat ergeben, dass die wesentlichen Unterschiede vor allem in der Form, dem Inhalt und Adressaten des Abhilfeverlangens bestehen. Die polnische Regelung sieht entsprechend den Bestimmungen der Pauschalreise-Richtlinie eine doppelte Anzeigepflicht vor, während nach dem deutschen Recht das Abhilfeverlangen nur gegenüber dem Reiseveranstalter erfolgen muss. In dieser Hinsicht scheint die deutsche Regelung verbraucherfreundlicher zu sein. Was das Recht auf Selbstabhilfe anbelangt, fehlt es wiederum im polnischen Reisevertragsrecht an einer vergleichbaren Sonderregelung (§ 651c Abs. 3 BGB). Diese kann aber aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht im Falle des Schuldnerverzugs (Art. 480 § 3 ZGB) gefolgert werden. Die deutsche Lösung ist in diesem Fall verbraucherfreundlicher geregelt. Denn sie räumt dem Verbraucher ein ausdrückliches und überschaubares Recht ein. Während im polnischen Recht die Selbstvornahme vorgesehen ist, ist sie jedoch für den durchschnittlichen Verbraucher weniger zugänglich, da er meistens die allgemeinen zivilrechtlichen Leistungsstörungsregeln nicht kennt und nicht nutzt. Die Regelung der Selbstvornahme hat in Polen darüber hinaus mehrere Voraussetzungen. Hier muss ein Verzug des Reiseveranstalters (was auf eine verschuldensabhängige Haftung hinausläuft) und ein Notfall vorliegen, wohingegen in Deutschland der Anspruch unabhängig von der Haftung des Reiseveranstalters besteht, sobald dem Reiseveranstalter eine angemessene Frist durch den Reisenden gesetzt wurde und diese fruchtlos abgelaufen ist. Demzufolge ist eine spezielle reisevertragliche Regelung der Selbstabhilfe in Polen nötig. Dies würde mehr Rechtssicherheit für die Verbraucher schaffen, indem Unklarheiten und Unstimmigkeiten beseitigt würden. Ein Reisender, der sich meistens weit weg von zu Hause und in einer schwierigen Situation befindet, sollte durch eine verständliche Darstellung seiner Rechte eine Lösung finden können. Ferner wurde das Mängelrecht untersucht, welches in Deutschland als Kündigung und in Polen als Rücktritt bezeichnet wird. Die Terminologie ist nicht das Einzige, was dieses Institut in den beiden Rechtsordnungen unterscheidet. Die Bezeichnung prägt nämlich die inhaltliche Ausgestaltung. Der wesentliche Unterschied zwischen der Kündigung und dem Rücktritt besteht darin, dass beim Rücktritt das Vertragsverhältnis rückwirkend aufgehoben wird (ex tunc) und bei der Kündigung das Vertragsverhältnis für die Vergangenheit bestehen bleibt und lediglich für die Zukunft aufgelöst wird. Beim Rücktritt müssen demgemäß sämtliche bisher ausgetauschten Leistungen

A. Zusammenfassung

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zurückgewährt werden. Wird der Vertrag hingegen gekündigt, ist er ab diesem Moment für die Zukunft unwirksam (ex nunc). Der deutsche Gesetzgeber entschied sich, dieses Aufhebungsrecht in § 651e BGB als Kündigung zu bezeichnen, obwohl er weiterhin eine ex-tuncWirkung (Verlust des Anspruchs auf den Reisepreis durch den Reiseveranstalter) vorgesehen hat. In Polen wurde hingegen ein Rücktrittsrecht eingeführt. Dessen Rechtsfolgen richten sich nach allgemeinen Regeln. Diesbezüglich ist die Bezeichnung in Polen klarer und systematisch korrekter. Der im deutschen Reiserecht benutzte Begriff der Kündigung bringt Unklarheit und steht mit den vorgesehenen Rechtsfolgen nicht in Einklang. Es wäre systematisch korrekter, wenn das deutsche reisevertragliche Lösungsrecht auch als Rücktritt bezeichnet würde. Trotz der oben erwähnten Unterschiede in der Terminologie ist die Regelung dieses Aufhebungsrechts in den untersuchten Ländern in ihrem materiellen Gehalt im Wesentlichen ähnlich. Beide setzen für die Geltendmachung eine „Erheblichkeitsschwelle“. Unterschiede sind jedoch hinsichtlich der formellen Voraussetzungen zu verzeichnen. In Deutschland ist der Reisende erst dann zur Kündigung berechtigt, wenn er dem Reiseveranstalter eine Frist zur Abhilfe gesetzt hat und diese erfolglos verstrichen ist. In Polen ist hingegen der Reisende nur zur Mängelanzeige verpflichtet, nicht aber zur Fristsetzung bzw. zum Stellen eines Abhilfebegehrens. Da die PauschalreiseRichtlinie keine ausdrückliche Regelung zu einem Abhilfebegehren oder einer Fristsetzung enthält, ist die Regelung in Deutschland als richtlinienwidrig anzusehen. Denn sie erlegt dem Reisenden mehr Voraussetzungen auf, als es die Pauschalreise-Richtlinie erlaubt. Aus diesem Grund sollte eine Fristbestimmung und ein Abhilfebegehren nach der richtlinienkonformen Auslegung des deutschen Reiserechts nicht mehr verlangt werden. Als weiteres Mängelrecht wurde die Reisepreisminderung analysiert. Ein gravierender Unterschied zwischen den untersuchten Regelungen besteht darin, dass die Minderung nach dem deutschen Recht kraft Gesetzes eintritt, wogegen in Polen eine Erklärung des Reisenden nötig ist. Die polnische Regelung ist deshalb, im Gegensatz zu der deutschen, nicht nur weniger verbraucherfreundlich, sondern sie steht auch im Widerspruch zu Art. 4 Abs. 7 der Pauschalreise-Richtlinie und ist darum richtlinienwidrig umgesetzt worden. Was die Voraussetzungen der Reisepreisminderung anbelangt, setzen beide Rechtssysteme einen Reisemangel bzw. eine Nicht- oder Schlechterfüllung (nach der polnischen Terminologie) voraus. Ein wesentlicher Unterschied liegt jedoch in der rechtlichen Bedeutung der Mängelanzeige. Nach dem deutschen Recht ist sie eine Entstehungsvoraussetzung. Demgegenüber stellt sie in Polen nur eine Obliegenheit des Reisenden dar, deren Unterlassung lediglich zu Beweisschwierigkeiten oder zu einem Mitverschulden des Reisenden führt. Die Situation der Verbraucher ist bezüglich der Minderung des Reisepreises in Polen besser gestaltet. Darüber hinaus stellt die deutsche

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Zusammenfassung der Ergebnisse

Regelung eine richtlinienwidrige Umsetzung dar. Denn sie sieht, im Vergleich zu der in der Pauschalreise-Richtlinie enthaltenen Bestimmung, zusätzliche Voraussetzungen für die Geltendmachung der Minderung vor. Ein großes Problem für eine effektive Geltendmachung der Reisepreisminderung stellt in beiden untersuchten Ländern die Berechnung der Minderung im Einzelfall dar. Eine ausdrückliche Verweisung in der deutschen Regelung auf die werkvertragliche Bemessungsmethode des § 638 Abs. 3 und Abs. 4 BGB mit ihrer allgemeinen Schätzungsregel scheint in der Praxis nicht hilfreich zu sein. Die in beiden Ländern benutzten Bezugsgrößen und Berechnungskriterien sind grundsätzlich gleich. Es werden stets die Art der mangelhaften Reiseleistung, ihre Intensität und Dauer einerseits und die Beeinträchtigung des Nutzens der Reise unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ziels andererseits berücksichtigt. Eine erwähnenswerte Thematik bezüglich der Reisepreisminderung stellen die zu großen Teilen in Deutschland entwickelten Minderungstabellen dar. Die Meinungen bezüglich dieser Tabellen waren und sind bisher sehr unterschiedlich. Der größte Einwand gegen sie ist, dass sie eine Gesamtwürdigung des Einzelfalles nicht zulassen. Trotz der heftigen Kritik, vor allem seitens der Literatur, werden sie in der Praxis verwendet. In Polen hingegen wurden keine speziellen Tabellen entworfen. Allerdings hat die bekannteste deutsche Tabelle – die Frankfurter Tabelle, die inzwischen fast 30 Jahre alt ist – an Bedeutung gewonnen. Die Verwendung dieser Tabelle ist generell zu befürworten, denn in Polen wird nur eine sehr geringe Zahl von reisevertraglichen Urteilen veröffentlicht und es bereitet erhebliche Probleme, eine angemessene Minderung zu berechnen. Es müssen jedoch einige Dinge berücksichtigt werden: Erstens gilt diese Tabelle schon als veraltet und ist in Deutschland auf heftige Kritik gestoßen; zweitens wurde sie in einer anderen Rechtsordnung entwickelt, die damals noch nicht unter dem Einfluss der europäischen Harmonisierung stand. Drittens sollte die Tabelle nur als Orientierungshilfe zur reisevertraglichen Fortentwicklung dienen. Sie stellt kein geltendes Recht dar. Schließlich hat sich die Arbeit mit dem Anspruch auf Schadensersatz im Allgemeinen und auf Schadensersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit auseinandergesetzt. Der größte Unterschied zwischen den Regelungen in den untersuchten Rechtsordnungen besteht darin, dass für die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche nach § 651f BGB ein Verschulden des Reiseveranstalters erforderlich ist. Das Verschulden wird jedoch vermutet, und der Reiseveranstalter kann sich von der Haftung nur in den vier von der Pauschalreise-Richtlinie bestimmten Situationen entlasten. In Polen hingegen geht man von einer verschuldensunabhängigen Haftung des Reiseveranstalters aus. Es werden ihm drei Entlastungsgründe gewährt. Diese Regelung ist nicht nur gegenüber der deutschen vorteilhafter und verbraucherfreundlicher,

B. Schlussbetrachtung

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sondern auch gegenüber den Bestimmungen der Pauschalreise-Richtlinie, die vier Entlastungsmöglichkeiten vorsieht. Darüber hinaus unterscheiden sich die Regelungen in beiden Ländern hinsichtlich der formellen Voraussetzungen. Nach deutschem Recht ist eine Mängelanzeige bzw. ein Abhilfeverlangen für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruches notwendig. In Polen dagegen stellt eine Mängelanzeige lediglich eine generelle Pflicht des Reisenden dar, deren Versäumnis nicht im Verlust des Anspruchs auf Schadensersatz resultiert, sondern nur zu Beweisschwierigkeiten und höchstens zur Anrechnung eines Mitverschuldens des Reisenden führt. Da eine solche Voraussetzung nicht in der PauschalreiseRichtlinie vorgesehen ist, verstößt die deutsche Regelung dagegen und sollte aufgehoben werden. Zuletzt sind die Ergebnisse der Analyse des kontroversen Anspruchs auf Schadensersatzanspruch für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit (in Polen als „ruinierter Urlaub“ bezeichnet) darzustellen. In beiden Ländern ist dieser Anspruch nun anerkannt. Der Weg dorthin hat in Polen jedoch sehr lange gedauert. Denn der SN hat erst im Jahr 2010 einen solchen Anspruch aus Art. 11a TourG offiziell anerkannt. Im Vergleich mit dem bereits 1979 eingefügten § 651f Abs. 2 BGB und dem 2002 verkündeten Leitner-Urteil ist die Entwicklung dieses Anspruchs in Polen sehr rückständig. Darum wäre eine spezielle, ausdrückliche und überschaubare Regelung dieses Anspruchs im polnischen Reiserecht notwendig. Was die Voraussetzungen des Anspruchs auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit anbelangt, stellt die polnische Regelung den Verbraucher besser. Die Entschädigung steht dem Reisenden dort bei jeder Vertragsstörung zu, in Deutschland jedoch nur im Falle einer erheblichen Beeinträchtigung. Die deutsche Regelung verstößt damit gegen den Mindestharmonisierungsstandard der Richtlinie.

B. Schlussbetrachtung B. Schlussbetrachtung

Nach dem Zweiten Weltkrieg verlief die politische, wirtschaftliche, soziale und rechtliche Entwicklung in Deutschland und in Polen sehr unterschiedlich. Das prägte selbstverständlich auch die Entwicklung des Pauschalreiserechts. Deutschland verfügt bereits seit 1979 über eine systematische Regelung des Pauschalreisevertrags, Polen hingegen erst seit 1997. Einen großen Einfluss auf die Fortentwicklung des rechtlichen Schutzes im Rahmen einer Pauschalreise stellte für beide Länder die Verabschiedung der Pauschalreise-Richtlinie 90/314/EG am 13.6.1990 dar. Bezüglich der Form der Umsetzung der oben erwähnten PauschalreiseRichtlinie lässt sich eine große Divergenz in den untersuchten Staaten feststellen. Die Umsetzung in Deutschland konnte im Rahmen bereits bestehen-

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Zusammenfassung der Ergebnisse

der Rechtsstrukturen erfolgen. Das bereits im Wesentlichen eigenständig entwickelte Pauschalreiserecht wurde nur in geringem Umfang geändert. Es ist jedoch zu beobachten, dass die Einbeziehung solcher von außen kommender Änderungen in das schon funktionierende reiserechtliche System nicht einfach ist. Manche Bestimmungen zu den Mängelrechten, die schon seit mehreren Jahren funktionieren, lassen sich nicht problemlos verändern. Eine solche Veränderung hätte den Verlust des systematischen Zusammenhangs der Regeln zur Folge. Polen hingegen verfügte vor der Umsetzung der Pauschalreise-Richtlinie über keine speziellen reisevertraglichen Normen. Vielmehr fanden in diesem Bereich die allgemeinen Bestimmungen des Werkvertrags aus dem ZGB analoge Anwendung. Die Umsetzung konnte damit nicht im Rahmen schon bestehender Rechtsstrukturen erfolgen. Einerseits war diese Situation vorteilhaft, denn der polnische Gesetzgeber konnte das polnische Reiserecht von Anfang an neu entwickeln und an die europäischen Bestimmungen anpassen. Andererseits bleibt der Eindruck, dass der polnische Gesetzgeber sich meistens auf die einfachste Lösung zur Umsetzung der Pauschalreise-Richtlinie beschränkt hat. Viele Bestimmungen wurden sogar fast wörtlich aus der Pauschalreise-Richtlinie übernommen, was nicht immer zu einer guten Integration in die bestehende polnische Rechtsordnung führt. Trotz der unterschiedlichen Entwicklung des Pauschalreisevertragsrechts und der unterschiedlichen Umsetzung des EU-Rechts in beiden Ländern zeigt die vorliegende Untersuchung, dass das reisevertragliche Gewährleistungsrecht in Deutschland und Polen im Wesentlichen den Anforderungen der EGPauschalreise-Richtlinie entspricht. Dadurch haben sich die beiden Systeme der Mängelrechte stark angenähert. Es bestehen jedoch noch zahlreiche kleinere Unterschiede, vor allem in den konkreten Voraussetzungen der Ansprüche. Nicht nur in der polnischen, sondern auch in der deutschen Regelung sind Defizite und wenig verbraucherfreundliche Bestimmungen gegenüber dem System des Nachbarstaates festzustellen. Obwohl sich das Niveau der reisevertraglichen Mängelrechte während der letzten Jahrzehnte in Polen wesentlich verbessert und dem westlichen, insbesondere dem deutschen Standard angenähert hat, besteht noch ein großer Unterschied in der Durchsetzung der reisevertraglichen Bestimmungen und im Rechtsbewusstsein der Reisenden. Die deutsche reisevertragliche Rechtsprechung gehört zweifellos zu den am besten entwickelten der Welt. Die Anzahl an Streitigkeiten und die große Menge an wissenschaftlichen Publikationen zu reiserechtlichen Themen und Urteilsveröffentlichungen führen dazu, dass die Vorbereitung und Qualifizierung der Richter auf einem höheren Niveau ist. Darüber hinaus ist ein Unterschied im Verhalten der deutschen und polnischen Verbraucher zu beobachten. Die polnischen Reisenden sind sich ihrer Rechte deutlich weniger bewusst. Die Anzahl der Rechtsstreitigkeiten zwi-

B. Schlussbetrachtung

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schen Reisenden und Reiseveranstaltern ist relativ niedrig. Die polnischen Reisenden scheuen oftmals den Weg zum Gericht. Es bedeutet nämlich eine zeit- und kostenaufwendige Rechtsverfolgung. Obwohl diese Situation sich schrittweise verbessert, nutzen die Reiseveranstalter die Unwissenheit zu ihren Gunsten. Zuerst muss sich die Dauer von Rechtsstreitigkeiten verkürzen und der Zugang des durchschnittlichen Bürgers zu einem Rechtsanwalt verbessern, damit das im polnischen reisevertraglichen System der Mängelrechte bereits bestehende Verbraucherschutzniveau im alltäglichen Leben tatsächlich Einzug hält.

Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Die Übersetzungen im vorliegenden Buch wurden, soweit nichts anderes angegeben ist, von der Verf. erstellt. Sie sind angelehnt an die Übers. aus folgendem Werk: Łubowski, Dariusz/Mrodzinsky, Thomas: Kodeks cywilny. Zivilgesetzbuch, Warszawa 2011. Abeltshauser, Thomas: Europäisierung des Reisevertragsrechts, EWS 1991, 97 ff. Aderhold, Peter: Die Urlaubsreisen der Deutschen, Kurzfassung der Reiseanalyse 2008, Kiel 2008. Alleweldt, Frank/Tonner, Klaus/McDonald, Marc: Study on Safety and Liability Issues Relating to Package Travel (2008), (letzter Abruf am 25. September 2015) (zitiert: Alleweldt/Tonner/McDonald, Study). Ambrożuk, Dorota/Wesołowski, Krzysztof: Wybrane aspekty dostosowania prawa polskiego do prawa Unii Europejskiej w dziedzinie turystyki [Ausgewählte Aspekte der Anpassung des polnischen Rechts an das Recht der Europäischen Union im touristischen Bereich], in: Gnela, Bogusława/Szostak, Ryszard (Hrsg.): Harmonizacja polskiego prawa gospodarczego z wymogami Unii Europejskiej [Harmonisierung des polnischen Wirtschaftsrechts mit den Anforderungen der Europäischen Union], Kraków 2001, S. 73–106 (zitiert: Ambrożuk/Wesołowski, Wybrane aspekty). Appel, Susanne: Reisen im Nationalsozialismus, Baden-Baden 2001. Arndt, Gabriele: Der Reiseveranstaltungsvertrag. Die Rechtsbeziehungen zwischen Reiseveranstalter und Kunden bei Gesellschafts- und Pauschalreisen unter besonderer Berücksichtigung der Reisebedingungen, Berlin 1972 (zitiert: Arndt, Reiseveranstaltungsvertrag). Bączyk, Mirosław: Das Problem des Schadensersatzes für den sog. vertanen Urlaub in der Rechtsprechung der polnischen Gerichte, Comparative Law Review, 15/2013, Nicolaus Copernicus University, S. 73 ff. (zitiert: Bączyk, Das Problem des Schadensersatzes). Bamberger, Heinz Georg/Roth, Herbert (Hrsg.): Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 2, §§ 611–1296, AGG, ErbbauVO, WEG, 3. Aufl., München 2012 (zitiert: Bamberger/Roth/Bearbeiter). Bartl, Harald: Die Urlaubsreise und ihre Beeinträchtigung, NJW 1972, 505 ff. –: Das neue Reisevertragsrecht, NJW 1979, 1384 ff. –: Reiserecht, Kommentar zum Reisevertragsgesetz, 2. Aufl., Bonn 1981 (zitiert: Bartl, Reiserecht). –: Zwei Jahre Reisevertragsgesetz – kritische Anmerkungen zu einem Fehlschlag des Gesetzgebers, DAR 1982, 40 ff. Bechhofer, Jack: Reisevertragsrecht, München 1995. Bernreuther, Jörg: Die Pauschalreise, Bayreuth 1981. –: Der richtige Rügeadressat bei Mängeln der Reise, DAR 1985, 51 ff.

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Sachregister Sachregister Sachregister Abbruch der Reise 100 Abhilfe – Beanstandungsschreiben 81 ff. – Begriff 72 f. – Erfüllungsanspruch 66, 90 – Ersatzangebot 67 ff. – Formen der Abhilfe 73 – Frist 73, 77, 79 – Kosten 73 – Nachbesserung 76 – Regelung 65 – Selbstabhilfe 88 ff. – Verhältnis zur Mängelanzeige 66 – Verweigerung 85 f. – siehe auch Abhilfeverlangen Abhilfeverlangen – Adressat 79 f., 83 f. – Form 79 f., 82 – Fristsetzung 73, 79 – Inhalt 79 f., 86 – Mängelanzeige 79 f. Abschluss des Reisevertrages 1, 21 f., 38 f. Adressat, siehe Erklärungsempfänger Alkoholkonsum 47, 147 Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) 11, 62, 66, 68, 79 ff., , 105, 115 f., 142 f., 183 Allgemeines Lebensrisiko 58 Auftragsvertrag 10 Balkonabsturz 153 Balkonurlaub 172 Bausteinprinzip, siehe Bausteinsystem Bausteinsystem 17 f., 22 ff. Beförderung 21, 23, 30 f., 94, 112 ff., 129 behinderte Reisende 58, 91, 102, 153 Berufung 11, 29, 126

Brüsseler Übereinkommen 13 Buchung 17, 21 f., 36, 51, 57, 94 Bundesgerichtshof 9, 11, 19, 21, 29, 37, 39, 41, 56, 75, 99, 101, 155 ff., 170, 173 ff., 181 Busreise Reisemangel 70 Club Tour Viagens-Urteil 19, 21, 24, 36 culpa in contrahendo 39 Deliktsrecht – Balkonsturz -Entscheidung des BGH 153 – Deliktshaftung des Reiseveranstalters 138 f., 150 f., 163 f., 163 – Schmerzensgeld 139, 148, 151 – Verhältnis zum Reisevertragsrecht 138 f. Diebstahl 55, 143, 146 Dienstvertrag 10 dynamic bundling 19, 22 dynamic packaging 18 ff., 26 dynamisch gepackte Reisen, siehe dynamic packaging E-Commerce 17 Einstandspflicht für Dritte 42 ff., 54, 114, 136 Erfüllungsgehilfe 42 ff., 136, 142 f., 163 erhebliche Reisebeeinträchtigung 100, 168 ff., 178 Erholungsreise 175 Erklärungsempfänger – für Abhilfeverlangen 79 – für Kündigung 107 f. – für Mängelanzeige 82 Erkrankung des Reisenden 59, 143

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Sachregister

Ersatzleistung im polnischen Rechtssystem 67 ff. – Anspruch 68 – Begriff 76 – Gattung 77 – Voraussetzungen 69 f. Ersatzreise 75, 98, 172 EU-Kommission 22 ff. EU-Pauschal- und BausteinreisenRichtlinie 26 ff. Europäischer Gerichtshof 19, 24, 29 ff., 36, 158, 160, 161 Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft 52, 100 Ferienhausfall 11 Flugverspätung 57, 91, 105 Frankfurter Tabelle 129 ff., 169, 174 Frist – Entbehrlichkeit der Fristsetzung 90 – zur Abhilfe 79 – zur Selbstabhilfe 90 Gericht zum Wettbewerbs- und Verbraucherschutz (SOKiK) 63, 183 Gesamtheit von Reiseleistungen 19, 21, 31 Gesamtpreis 18, 21, 24, 30, 126, 128 f. Gesetz über die touristischen Dienstleistungen 15 f., 40 Gesetzgebungsverfahren 16, 40 Gruppenreise 182 Haftung – ex contractu 53, 149 Haftungsausschluss 82, 114, 171, 180, 184 Haftungsbeschränkung des Reiseveranstalters – Anwendungsbereich 180 f. – für Leistungsträger 181 – gesetzliche Haftungsbeschränkung 184 – Normzweck 179 – Regelung 179, 184 – vertragliche Haftungsbeschränkung 180 höhere Gewalt 60 ff., 100, 114, 136, 142

Hotel 43, 52, 68 f., 75, 78 immaterielle Schäden 26, 135, 140, 149 ff. Impfschadenfall 8 Impfung 143 Incentive-Reise 37 Informationspflicht 16 f., 26, 51, 80, 135, 137 Insekten 58 Insolvenzschutz 25 f., 34, 168 Katalog 17, 24, 51 Komplexgesetz 16 Körperschaden 171, 179 ff. Kreuzfahrt 58, 121 Kunde (Verbraucher, Reisender) 36 ff., 52 Kündigung aus wichtigem Grund 100 ff. Kündigung wg. höherer Gewalt 100 Kündigung wg. Reisemangels – Entschädigung des Veranstalters 111 f. – erhebliche Reisebeeinträchtigung 100 f. – formelle Voraussetzungen 105 ff. – Kündigungserklärung 107 – Kündigung vs. Rücktritt 96 – materielle Voraussetzungen 100 ff. – Normzweck 95 – Rechtsfolgen 110 f. – Unzumutbarkeit der Reise 102 f. Landesüblichkeit 57, 61 Lärm 47, 55, 57, 78 Last Minute-Buchung 68 Leistungsbeschreibung 25, 30 f., 53, 57 Leistungsstörung 48, 55, 63, 72 ff., 134 f., 137 Leistungsträger – Einstandspflicht des Reiseveranstalters 42 f., 184 f. – Erfüllungsgehilfe 42 ff. – Erklärungsempfänger 67, 80, 82, 107 – Leitner-Urteil 26, 158, 160 f., 166, 170 ff. Mahlzeiten siehe Verpflegung 12, 31, 44, 69

Sachregister Maklervertrag 8 Mängelanzeige – Adressat 83 f. – bei Abhilfe 81 f. – bei Minderung 119 ff. – bei Schadensersatz wg. Nichterfüllung 141 f. – bei Selbstabhilfe 93 – Form 82 – Inhalt 82 – Mängelprotokoll 120 mangelhafte Erfüllung, siehe Schlechterfüllung Mängelprotokoll 120 materielle Schäden 135, 154 ff., 173 Minderjährige 79, 121 Minderung des Reisepreises – Bemessungskriterien 126 f. – Berechnung 125 f. – Bezugsgröße 126 – Minderungstabellen 129 ff. – Normzweck 117 f. – Verhältnis zu anderen Mängelrechten 117 – Voraussetzungen 119 f. Minderungstabellen 129, 194 Mindestteilnehmerzahl 27 Mitreisende 36, 47 f., 58, 121 Nachbesserung 72, 76 Nebenleistungen 31 Nichterfüllung 49, 53 f., 70 ff., 77 Nichterfüllungsschaden 138, 145 nutzlos aufgewendete Urlaubszeit 26, 149 ff. Online-Handel 17 ff., 22 f. Pauschalreise 22 f., 25 Pauschal- und BausteinreisenRichtlinie, siehe EU-Pauschal- und Bausteinreisen-Richtlinie Pauschalreiserichtlinie – Entstehungsgeschichte 1, 3, 14 – Umsetzung 14 f. Polnischer Oberster Gerichtshof (SN) 12, 29 f., 44 f., 135, 153 f., 164 Prospekt, siehe Katalog

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Reise, siehe Pauschalreise Reisebeginn 97 Reisebestätigung 51, 119 Reisebüro 5, 6, 15, 19, 24, 26, 27, 52, 103 Reisecharakter 51, 87, 100 Reiseende 73 ff., 114 Reiseleiter – Erklärungsempfänger 80 f., 83 f. – Regelung 16 Reisemangel – Arten 49 f. – Begriff 49 f. Reisender, siehe Kunde Reisepreis – Beschränkung 48 – Billigreise 57 – Minderung 117 ff. – Reisepreismethode 174 ff. Reisepreisänderung – Fristen 96 ff. – Gründe 27 f. – Höhe 27 f. – Rücktritt 96 f. – vor Reiseantritt 96 f. Reiseportal 17 Reiseprospekt, siehe Katalog Reiseroute 11 Reiseteilnehmer 37, 44 Reiseveranstalter 7, 18 f., 26 Reisevertrag – Gesamtheit von Reiseleistungen 19, 21, 31 – Informationspflichten 16 f., 26, 51, 80, 135, 137 – Vertragstyp 7 ff. Reisevertragsrecht – Entstehungsgeschichte 9, 14 Rückbeförderung 96 f., 114 f. Rückreise 107, 112 Rücktritt des Reisenden 95 ff. – Ablehnung der Ersatzleistung 105 – formelle Voraussetzungen 105 – materielle Voraussetzungen 100 – Rechtsfolgen 110 – Regelung 105 ff. – Rücktrittserklärung 109 f. Rumänienfall 12, 156, 164

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Sachregister

Schadensersatz wg. Nichterfüllung – Anwendungsbereich 137 f. – Haftungsprinzip 135 f. – Mängelanzeigeerfordernis 140 f. – Mitverschulden 146 f. – Nichterfüllungsschaden 143 – Normzweck 134 – Umfang 144 f. – Regelung 134 f. – Verhältnis zu den deliktischen Ansprüchen 138 f. – Verschulden 142 – Voraussetzungen 142 ff. Schadensersatz wg. nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit – Bemessung der Entschädigung 173 f. – Entwicklung 152 f. – erhebliche Beeinträchtigung 169 – immaterieller Schaden 157 f. – Leitner-Urteil 160 f. – materieller Schaden 154 f. – Rechtslage 164 f. – Regelung 150 f. – Schadensart 152 f. – Voraussetzungen 168 ff. Schlechterfüllung 48 ff. Schmerzensgeld 139, 148, 151 ff., 161 ff. Selbstabhilfe – Aufwendungsersatz 92 – Begriff 89 f. – Entbehrlichkeit der Fristsetzung 90 ff. – Fristsetzung 90 – Regelung 89 f. – Voraussetzungen 89 sexuelle Belästigung 47, 59 Soll-Beschaffenheit 51 ff. subjektiver Fehlerbegriff 50 ff. subjektiv-objektiver Fehlerbegriff 50 ff.

Tagesreise 33, 86 Tourismusveranstalter 35 Touroperator 35 Transportmittel 63, 69 Umbuchung 68 unerlaubte Handlung, siehe Deliktsrecht Unfall 58 Unannehmlichkeiten 57 ff., 75, 159 Unmöglichkeit 39 f., 53, 61 f., 85 f.,103 f. Unverhältnismäßigkeit 85 Unterbringung 23, 30 Unzumutbarkeit der Reise 75 f., 91 f., 102 ff. Verbraucherschutz 15, 133, 138 Vereitelung der Reise 168 f. Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters 1439, 153, 181 Vermittlerklausel 12, 21 Verpflegung 12, 31, 44, 69, 114 Verrichtungsgehilfe 139 Vertragsaufhebung 109 – Pflichten des Reiseveranstalters 112 Vertrag zugunsten Dritter 36 Vertragsinhalt 8, 43 Vertragsparteien 33 Vertragsschluss 19, 21, 37, 39, 51, 103 Verweigerung der Abhilfe 85, 91 Verzug des Reisenden 93 Vorauskasse 110, 118 Werkvertrag 9 f., 12, 98 Werkvertragsrecht 52, 54, 63, 66, 125 Wetter 59, 63 Zimmer 52, 68 f., 72, 78, 102, 128 zugesicherte Eigenschaft 52 f., 65, 119