Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht: Grundlagen, Stand und Entwicklung nebst Texten und Materialien [6 ed.] 9783110456929, 9783110456257

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur
Abkürzungsverzeichnis
Teil 1: Grundlagen, Stand und Realität des Europäischen Unternehmens- und Kapitalmarktrechts
§ 1 Überblick
§ 2 Die Rechtsgrundlagen der Europäisierung des Unternehmensrechts, insbesondere die Rechtsangleichung
§ 3 Instrumente und Folgen europäischer Rechtssetzung
§ 4 Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit
§ 5 Historische Entwicklung des Europäischen Gesellschaftsrechts
§ 6 Die Anerkennung von Gesellschaften in Europa
§ 7 Grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften
§ 8 Die handelsrechtliche Publizität in Europa
§ 9 Der Stand der Harmonisierung im Aktien- und GmbH-Recht im Überblick
§ 10 EU-Rechtsformen
§ 11 Rechnungslegung und Abschlussprüfung in Europa
§ 12 Europäisches Konzernrecht
§ 13 Corporate Governance in der EU
§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU
§ 15 Goldene Aktien („golden shares“)
§ 16 Mitbestimmung und unternehmensrechtlich relevante Arbeitnehmerrechte
§ 17 Europäisches Insolvenzrecht
Teil 2: Erläuterungen der wichtigsten Rechtsakte
§ 18 GesRRL I: Die frühere Publizitäts-RL (PubRL)
§ 19 GesRRL II: Die frühere Kapital-RL (KapRL)
§ 20 GesRRL III: Die frühere Fusions-RL (FusRL)
§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL)
§ 22 GesRRL V: die frühere Cross Border Mergers Directive (CBMD)
§ 23 EU-Bilanz-RL
§ 24 IFRS-VO
§ 25 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO)
§ 26 GesRRL VI: Die frühere Zweigniederlassungs-RL (ZNRL)
§ 27 Die Einpersonengesellschafts-RL (EpGRL)
§ 28 Die Übernahme-RL − Takeover Bids Directive (TBD)
§ 29 Aktionärsrechte-RL (ARRL)
§ 30 Das Projekt einer Sitzverlegungs-RL (14. RL)
§ 31 ESMA-VO
§ 32 Markets in Financial Instruments Directive II (MiFID II) und Markets in Financial Instruments Regulation (MiFIR)
§ 33 Consolidated Admissions and Reporting Directive (CARD)
§ 34 Prospekt-VO (ProspVO)
§M 3A5D M IaIrket Abuse Regulation (MAR) und Market Abuse Directive II (MAD II)
§ 36 Transparenz-RL (TrRL)
§ 37 European Market Infrastructure Regulation (EMIR)
§ 38 Investmentfonds (OGAW, AIF, EuVECA, EuSEF, ELTIF, MMF)
§ 39 Central Securities Depositories Regulation (CSDR)
§ 40 Short Selling Regulation (SSR)
§ 41 Credit Rating Agencies Regulation (CRAR)
§ 42 Betriebsübergangs-RL (BÜRL)
§ 43 Die RL über den Europäischen Betriebsrat (EBR-RL)
§ 44 Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV)
§ 45 Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE)
§ 46 Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE)
4§7 4S7P EEi nuen dsp SeUziPelle Rechtsform für KMU? – Die Projekte zur Schaffung einer SPE und einer SUP
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Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht: Grundlagen, Stand und Entwicklung nebst Texten und Materialien [6 ed.]
 9783110456929, 9783110456257

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Lutter/Bayer/J. Schmidt Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht 6. Auflage

ZGR-Sonderheft 1 · Teil 1

Begründet von Marcus Lutter und Herbert Wiedemann Herausgegeben von Alfred Bergmann, Holger Fleischer, Wulf Goette, Heribert Hirte, Peter Hommelhoff, Klaus J. Hopt, Gerd Krieger, Hanno Merkt, Marc Philippe Weller, Hartmut Wicke

Sonderheft 1 · Teil 1

Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht Grundlagen, Stand und Entwicklung nebst Texten und Materialien von Marcus Lutter, Walter Bayer, Jessica Schmidt

6., neu bearbeitete und erweiterte Auflage

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Marcus Lutter, Universität Bonn Prof. Dr. Walter Bayer, Universität Jena Prof. Dr. Jessica Schmidt, LL.M., Universität Bayreuth

Zitiervorschlag: Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2017, 19.203

ISBN 978-3-11-045625-7 e-ISBN (PDF) 978-3-11-045692-9 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-045633-2

Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Datenkonvertierung/Satz: Satzstudio Borngräber, Dessau-Roßlau Druck und Bindung: Druckerei Hubert & Co GmbH und Co KG, Göttingen Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Vorwort Ein Europäisches Unternehmensrecht gibt es bei herkömmlicher Betrachtung (fast) nicht: HGB, AktG und GmbHG sind deutsche Gesetze, nicht anders als WpHG und WpÜG. Aber alle diese nationalen Gesetze sind durch Europa und die europäische Gesetzgebung geprägt, teils sogar durch Europa überhaupt erst veranlasst. Das hat gewichtige Auswirkungen für das Verständnis und die Auslegung dieses nationalen Rechts und das erlaubt seine besondere Darstellung, ja erfordert sie. Denn der nationale Rechtsanwender muss wissen, ob die von ihm herangezogene Norm rein nationalen Ursprungs ist oder europäisch geprägt; und er muss wissen, was diese europäische Prägung für seine Arbeit bedeutet. Das ist die Aufgabe dieses Buches. Seit der 5. Aufl. 2012 hat sich das Europäische Unternehmens- und Kapitalmarktrecht so rasant entwickelt, dass große Teile dieses Buches quasi komplett neu geschrieben werden mussten. Vor allem im Europäischen Kapitalmarktrecht gab es in den letzten Jahren eine wahre Flut von neuen Rechtsakten, die teilweise bereits in Kraft getreten sind, teilweise erst in den nächsten Monaten bzw. Jahren Geltung erlangen werden. Wir haben uns insoweit zukunftsorientiert dafür entschieden, jeweils bereits den „neuen“ Rechtsakt zu behandeln, d.h. insbesondere MiFID II und MiFIR (ab 3.1.2018), die neue ProspVO (ab 21.7.2019) und die CSDR (die partiell erst ab 2025 gilt). Aber auch im Europäischen Unternehmensrecht hat sich seit 2012 viel getan. Man denke nur an die umfassenden Reformen im EU-Bilanz- und Abschlussprüfungsrecht, die Neufassung der EuInsVO, die Vernetzung der Handels- und Unternehmensregister, die „Comply or Explain“-Empfehlung, die Änderung der ARRL, die Kodifizierung von PubRL, KapRL, FusRL, SpRL, CBMD und ZNRL in der neuen einheitlichen GesRRL, das Projekt einer „Societas Unius Personae (SUP)“ sowie die Vorschläge für punktuelle Regelungen zum Konzernrecht. Wesentliche neue Meilensteine gesetzt hat aber auch der Europäische Gerichtshof mit einer Reihe bahnbrechender neuer Urteile, die selbstverständlich hier berücksichtigt sind. Diese zahlreichen Neuerungen brachten notwendigerweise auch Änderungen in der Struktur dieses Buches mit sich. An der Grundkonzeption hat sich indes nichts geändert. Das Buch besteht nach wie vor aus einem systematischen Teil, in dem der heutige Stand des Europäischen Unternehmens- und Kapitalmarktrechts dargestellt wird, und einem zweiten Teil, in dem die maßgebenden europäischen Rechtsakte erläutert werden. Mit Blick auf Zahl und Umfang der vielen neuen Rechtsakte insbesondere im Bereich des Kapitalmarktrechts – die darüber hinaus ständig geändert und durch eine Vielzahl von Level 2-Rechtsakten konkretisiert werden – haben wir uns allerdings dafür entschieden, nur noch die zentralen gesellschaftsrechtlichen Rechtsakte in diesem Werk abzudrucken. Alle in den Fundstellenverzeichnissen genannten Rechtsakte können jedoch auf der Homepage des Buches , die laufend aktualisiert wird, abgerufen werden.

VI

Vorwort

Das Buch entspricht in allen seinen Teilen dem Stand vom 30. Juni 2017. Alle Benutzer dieses Buches bitten wir herzlich um Kritik und Anregung. Bayreuth, Bonn und Jena, im Juli 2017

Walter Bayer

Jessica Schmidt

Marcus Lutter

Prof. Dr. Walter Bayer Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Privatversicherungsrecht und Internationales Privatrecht Friedrich-Schiller-Universität Jena Carl-Zeiß-Straße 3 07743 Jena E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. Jessica Schmidt, LL.M. Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches, europäisches und internationales Unternehmens- und Kapitalmarktrecht (Zivilrecht I) Universität Bayreuth Universitätsstr. 30 95447 Bayreuth E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Marcus Lutter Zentrum für Europäisches Wirtschaftsrecht der Universität Bonn Adenauerallee 24–42 53113 Bonn E-Mail: [email protected]

Inhaltsübersicht Teil 1:  Grundlagen, Stand und Realität des Europäischen Unternehmens- und Kapitalmarktrechts § 1 Überblick  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 3 § 2 Die Rechtsgrundlagen der Europäisierung des Unternehmensrechts, insbesondere die Rechtsangleichung .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   7 § 3 Instrumente und Folgen europäischer Rechtssetzung  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   13 § 4 Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   54 § 5 Historische Entwicklung des Europäischen Gesellschaftsrechts .  .  .  .  .   76 § 6 Die Anerkennung von Gesellschaften in Europa  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   89 § 7 Grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   90 § 8 Die handelsrechtliche Publizität in Europa  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   146 § 9 Der Stand der Harmonisierung im Aktien- und GmbH-Recht im Überblick  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   147 § 10 EU-Rechtsformen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   167 § 11 Rechnungslegung und Abschlussprüfung in Europa  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   173 § 12 Europäisches Konzernrecht .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   174 § 13 Corporate Governance in der EU  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   190 § 14 Kapitalmarktrecht in der EU  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   228 § 15 Goldene Aktien („golden shares“)  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   305 § 16 Mitbestimmung und unternehmensrechtlich relevante Arbeitnehmerrechte  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   326 § 17 Europäisches Insolvenzrecht  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   333

Teil 2:  Erläuterungen der wichtigsten Rechtsakte § 18 § 19 § 20 § 21 § 22 § 23 § 24 § 25 § 26 § 27 § 28 § 29 § 30 § 31

GesRRL I: Die frühere Publizitäts-RL (PubRL)  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   391 GesRRL II: Die frühere Kapital-RL (KapRL)  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 504 GesRRL III: Die frühere Fusions-RL (FusRL) .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   621 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL) .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   685 GesRRL V: die frühere Cross Border Mergers Directive (CBMD)  .  .  .   727 EU-Bilanz-RL .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   807 IFRS-VO  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 893 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO) .  .  .  .   906 GesRRL VI: Die frühere Zweigniederlassungs-RL (ZNRL)  .  .  .  .  .  .  . 999 Die Einpersonengesellschafts-RL (EpGRL) .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   1039 Die Übernahme-RL − Takeover Bids Directive (TBD) .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   1065 Aktionärsrechte-RL (ARRL) .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   1166 Das Projekt einer Sitzverlegungs-RL (14. RL)  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 1272 ESMA-VO .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   1295

VIII

§ 32 § 33 § 34 § 35 § 36 § 37 § 38 § 39 § 40 § 41 § 42 § 43 § 44 § 45 § 46 § 47

Inhaltsübersicht

Markets in Financial Instruments Directive II (MiFID II) und Markets in Financial Instruments Regulation (MiFIR)  .  .  .  .  .  .  .   1308 Consolidated Admissions and Reporting Directive (CARD)  .  .  .  .  .  .   1365 Prospekt-VO (ProspVO) .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   1375 Market Abuse Regulation (MAR) und Market Abuse Directive II (MAD II) .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   1398 Transparenz-RL (TrRL) .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   1448 European Market Infrastructure Regulation (EMIR) .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   1473 Investmentfonds (OGAW, AIF, EuVECA, EuSEF, ELTIF, MMF)  .  .  .   1493 Central Securities Depositories Regulation (CSDR)  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   1536 Short Selling Regulation (SSR)  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   1551 Credit Rating Agencies Regulation (CRAR)  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   1566 Betriebsübergangs-RL (BÜRL) .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 1585 Die RL über den Europäischen Betriebsrat (EBR-RL) .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   1606 Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) .  .  .  .  .  .  .   1626 Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE)  .  .  .  .  .  .  .  .   1667 Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE)  .   1802 Eine spezielle Rechtsform für KMU? – Die Projekte zur Schaffung einer SPE und einer SUP  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 1886

I.  Beeinträchtigungen von Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit 1.  Niederlassungsfreiheit

Inhaltsverzeichnis Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   XXXV Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   XLIII Teil 1:  Grundlagen, Stand und Realität des Europäischen Unternehmens- und Kapitalmarktrechts § 1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   3 I.  Die Bedeutung des Europäischen Unternehmensrechts . . . . . .   3 II.  Der Begriff des Europäischen Unternehmensrechts . . . . . . . .   4 III.  Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   6 IV. Rechtsentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   6 § 2 Die Rechtsgrundlagen der Europäisierung des Unternehmensrechts, insbesondere die Rechtsangleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   7 I.  Rechtsangleichung, nicht Rechtsvereinheitlichung . . . . . . . . .   7 II.  Grundlagen der Rechtsangleichung . . . . . . . . . . . . . . . . .   8 1.  Art. 50 AEUV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   8 2.  Art. 114 AEUV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   10 3.  Art. 352 AEUV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   10 4.  Art. 81 AEUV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   11 5.  Art. 288 Abs. 5 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   12 III.  Problemlösung durch Staatsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . .   12 § 3 Instrumente und Folgen europäischer Rechtssetzung . . . . . . . . . .   13 I.  Anwendungsvorrang des Unionsrechts . . . . . . . . . . . . . . .   14 II. Verordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   15 1. Rechtswirkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   15 2.  Folgen für den nationalen Gesetzgeber. . . . . . . . . . . . . .   16 III.  Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   17 1.  Die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht . . . . . . .   17 2.  Verletzung der Pflicht zur Umsetzung. . . . . . . . . . . . . .   19 3.  Rechtspflicht zum stand still und spätere Abweichungen des nationalen Gesetzgebers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   26 4.  Die Vorwirkung von Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . .   28 5.  Rechtsangleichung und strengere Lösungen des nationalen Rechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   31 6.  Die Bedeutung der Richtlinien für das Verständnis der zu ihrer Umsetzung erlassenen Gesetze . . . . . . . . . . .   34 7.  Zur Auslegung des angeglichenen nationalen Rechts (richtlinienkonforme Auslegung und Rechtsfortbildung). . . .   34 8.  Die Funktion des EuGH bei der Umsetzung und Anwendung der Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . .   39

X

Inhaltsverzeichnis

  9.  Die überschießende Umsetzung von Richtlinien . . . . . . . .   41 10. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   44 IV.  (Staatengerichtete) Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   45 V. Empfehlungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   45 VI.  Exkurs: Delegierte Rechtssetzung und Komitologieverfahren . . .   47 1.  Delegierte Rechtssetzung nach Art. 202 EG. . . . . . . . . . .   47 2.  Neuordnung in Art. 290, 291 AEUV . . . . . . . . . . . . . . .   47 VII.  Das Zusammenwirken von EuGH und nationalen Gerichten bei der Anwendung des europäischen Rechts (Vorlageverfahren gem. Art. 267 AEUV) . . . . . . . . . . . . . .   49 1. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   49 2.  Vorlagerecht und Vorlagepflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . .   50 3. Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   54 § 4 Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . .   54 I.  Die Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   55 1. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   55 2. Bedeutung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   56 II.  Die Kapitalverkehrsfreiheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   64 III.  Abgrenzung und Verhältnis von Kapitalverkehrs und Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   65 IV.  Verpflichtungsadressaten von Kapitalverkehrs und Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   67 V.  Beeinträchtigungen von Niederlassungs und Kapitalverkehrsfreiheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   68 1. Niederlassungsfreiheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   68 2. Kapitalverkehrsfreiheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   69 3.  Übertragung der „Keck“-Grundsätze? . . . . . . . . . . . . . .   70 VI.  Rechtfertigung von Beeinträchtigungen. . . . . . . . . . . . . . .   70 § 5 Historische Entwicklung des Europäischen Gesellschaftsrechts. . . . .   76 I.  Die Anfänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   76 II.  Die erste Generation der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien . . .   77 III.  Neubeginn Mitte der 1980er Jahre. . . . . . . . . . . . . . . . . .   80 IV.  Der Vertrag von Maastricht und die „Krise“ Mitte der 1990er Jahre  81 V.  „Wiedergeburt“ mit der Jahrtausendwende . . . . . . . . . . . . .   83 VI.  Neuausrichtung nach der Finanzkrise . . . . . . . . . . . . . . . .   86 § 6 Die Anerkennung von Gesellschaften in Europa. . . . . . . . . . . . .   89 § 7 Grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften. . . . . . . . . . .   90 I.  Einleitung und Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   92 II.  Hintergrund: Mangelnde Harmonisierung des Gesellschaftskollisionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   93 III.  Bisherige legislatorische (Harmonisierungs-)Bemühungen . . . .   96

Inhaltsverzeichnis

XI

1.  Übereinkommen auf der Basis von Art. 220 EWGV/293 EGV a.F. . . . . . . . . . . . . . . . .   96 2. Sitzverlegungs-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   97 3.  Grenzüberschreitende Sitzverlegung bei den EU-Rechtsformen  97 IV.  Die Entwicklung der EuGH-Judikatur . . . . . . . . . . . . . . .   97 1.  Daily Mail (1988). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   98 2.  Centros (1999) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   99 3.  Überseering (2002) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   101 4.  Inspire Art (2003). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   103 5.  SEVIC (2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   105 6.  Cartesio (2008). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   107 7.  National Grid Indus (2011) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   112 8.  VALE (2012) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   114 9.  Kornhaas (2015) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   119 V.  Die Mobilität von Gesellschaften in Europa: der Status quo . . . .   120 1. Sitzverlegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   121 2.  Grenzüberschreitende Verschmelzung. . . . . . . . . . . . . .   136 3.  Grenzüberschreitende Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . .   139 4. Resümee. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   141 VI.  Desiderata: weitere EU-Legislativmaßnahmen . . . . . . . . . . .   141 1. Desiderata. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   141 2.  Entwicklung der legislatorischen Überlegungen . . . . . . . . .   143 VII.  Exkurs: Brexit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   144 § 8 Die handelsrechtliche Publizität in Europa . . . . . . . . . . . . . . . .   146 § 9 Der Stand der Harmonisierung im Aktien- und GmbH-Recht im Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   147 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   147 1.  Modernisierung und Standardisierung durch Harmonisierung .   147 2.  Unterschiedliche Wirkungen aufgrund verschiedener Gegebenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   148 II.  Stand der Harmonisierung im Aktienrecht . . . . . . . . . . . . .   149 1.  Harmonisierte Bereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   149 2.  (Noch) nicht harmonisierte Bereiche. . . . . . . . . . . . . . .   160 III.  Stand der Harmonisierung im GmbH-Recht . . . . . . . . . . . .   162 IV.  Sondertypus Einpersonengesellschaften. . . . . . . . . . . . . . .   164 V.  Übersicht: AG und GmbH im EU/EWR-Raum . . . . . . . . . .   165 1. EU. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   165 2. EWR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   166 § 10 EU-Rechtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   167 I.  Einleitung und Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   167 II.  Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) . . . .   167 III.  Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea − SE) . . . . .   168

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IV.  Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE) 169 V.  Pläne für weitere EU-Rechtsformen. . . . . . . . . . . . . . . . .   169 1.  Eine spezielle EU-Rechtsform für KMU: SPE oder SUP? . . .   169 2.  Europäischer Verein und Europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft . . . . . . . . . . . .   169 3.  Europäische Stiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   171 4.  Eine Europäische Rechtsform für Sozialunternehmen? . . . . .   172 § 11 Rechnungslegung und Abschlussprüfung in Europa. . . . . . . . . . .   173 § 12 Europäisches Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   174 I.  Die Idee einer 9. (Konzernrechts-)RL und ihr Scheitern. . . . . .   175 II.  Der Status quo des Konzernrechts in Europa. . . . . . . . . . . .   177 1.  Die rechtliche Behandlung des Phänomens Konzern in den nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten. . . . .   177 2.  Konzernspezifisches EU-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . .   178 III.  Konzernrecht und Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . .   180 IV.  Perspektiven des Europäischen Konzernrechts. . . . . . . . . . .   181 1.  Perspektiven für die Harmonisierung klassischer Konzernrechtsmaterien . . . . . . . . . . . . . . . .   181 2. ICLEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   184 3.  Konzerndimensionale Bedeutung des SUP-RLE . . . . . . . .   186 4.  Das konzernrechtliche Regelungskonzept des EMCA . . . . .   187 V. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   189 § 13 Corporate Governance in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   190 I.  Corporate Governance in der EU – eine Skizze der Entwicklung .   190 II. Leitungssysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   196 1.  Status quo in den Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . .   196 2.  Das Wahlrecht bei SE und SCE. . . . . . . . . . . . . . . . . .   197 3.  Wahlrecht auch für alle nationalen Gesellschaften? . . . . . . .   197 III.  Transparenz der Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . .   199 1.  Corporate Governance Statement. . . . . . . . . . . . . . . . .   199 2.  „Comply or Explain“-Empfehlung 2014/208/EU . . . . . . . .   199 IV. Gesellschaftsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   201 1.  Zusammensetzung und Rolle des Vorsitzenden . . . . . . . . .   201 2.  Profil der Organmitglieder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   203 3. Ausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   213 4. Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   216 5. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   225 V.  Aktionäre und Hauptversammlung. . . . . . . . . . . . . . . . . .   225 1. Aktionärsrechte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   225 2.  „One share, one vote“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   226 3.  Berater für die Stimmrechtsausübung (proxy advisors) . . . . .   226

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4.  Institutionelle Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   227 5. Mitarbeiterbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   227 6.  Langfristige und nachhaltige Investments . . . . . . . . . . . .   227 VI.  Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   228 § 14 Kapitalmarktrecht in der EU. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   228 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   229 1.  Der Europäische Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . .   230 2.  Das Europäische Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . .   231 II.  Die europäische Kapitalmarktinfrastruktur. . . . . . . . . . . . .   250 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   250 2. Finanzinstrumente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   251 3. Kapitalmärkte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   251 4. Kapitalmarktteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   252 III.  Das europäische Markteintrittsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . .   254 1.  Zulassung zur amtlichen Notierung und Zulassung zum Handel  254 2. Prospektrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   254 IV.  Das europäische Kapitalmarktverhaltensrecht. . . . . . . . . . . .   255 1. Marktintegrität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   255 2. Transparenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   255 V.  Kapitalmarktaufsicht im Europäischen Finanzaufsichtssystem. . .   258 1. Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   258 2.  Das Europäische Finanzaufsichtssystem im Überblick. . . . .   262 3.  Ausführung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   274 4.  Evaluation der Grundkonzeption des ESFS . . . . . . . . . . .   274 5.  Überprüfung des ESFS und potentielle Reform. . . . . . . . .   278 VI.  Überblick über die weitere Peripherie des Europäischen Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . . . . . . .   279 1. Bankenunion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   279 2.  Sonstige Finanzinstitutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   287 3.  Sektor Finanzmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   289 4.  Sektor Verbraucherfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   292 5.  Geldwäsche: AMLD IV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   293 VII.  Ausblick: Auf dem Weg zu einer Kapitalmarktunion (?) . . . . . .   295 1.  Hintergründe, Entwicklung und Ziele . . . . . . . . . . . . . .   295 2.  Bausteine der Kapitalmarktunion, Zeitplan und Stand der Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   297 3.  Gewährleistung der Kohärenz des EU-Rechtsrahmens . . . . .   303 4.  Neue technologische Herausforderungen: FinTech. . . . . . .   304 5.  Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   304 § 15 Goldene Aktien („golden shares“). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   305 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   307 II. Gestaltungsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   308

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III.  Goldene Aktien als Beschränkungen der Kapitalverkehrs- und/oder der Niederlassungsfreiheit. . . . .   309 1.  Abgrenzung und Verhältnis von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   309 2.  Nationale Maßnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   309 3. Beschränkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   311 4.  Keine Berufung auf die Eigentumsordnung. . . . . . . . . . . .   316 IV. Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   317 1.  Öffentliche Sicherheit (Art. 52 Abs. 1, 65 Abs. 1 lit. b AEUV) .   317 2.  Art. 106 Abs. 2 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   318 3.  Zwingende Gründe des Allgemeininteresses . . . . . . . . . . .   318 4. Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   320 V.  Ausblick: Kontrolle des gesamten nationalen Gesellschaftsrechts am Maßstab der Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit? . .   322 § 16 Mitbestimmung und unternehmensrechtlich relevante Arbeitnehmerrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   326 I. Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   327 1.  Die Mitbestimmung als „Gretchenfrage“ des Europäischen Unternehmensrechts . . . . . . . . . . . . .   327 2.  Unionsrechtskonformität der deutschen Mitbestimmung. . . .   328 3.  Das Mitbestimmungsmodell von SE, SCE und CBMD . . . . .   329 II. Informationsrechte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   330 1. BÜRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   330 2. EBR-RL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   330 3.  Rahmen-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   331 III.  Übergang der Arbeitsverhältnisse bei Betriebsübergang . . . . . .   332 IV.  Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   332 § 17 Europäisches Insolvenzrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   333 I.  Die Entwicklung des Europäischen Insolvenzrechts im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   341 1.  Der Weg zur EuInsVO 2000 und ihre Kerninhalte . . . . . . .   341 2.  Von der EuInsVO 2000 zur EuInsVO 2015 . . . . . . . . . . .   343 3.  Weitergehende Harmonisierung des Insolvenzverfahrensrechts.  345 4.  Harmonisierung des materiellen Insolvenzrechts?. . . . . . . .   346 II.  Die EuInsVO 2015. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   347 1. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   347 2.  Das Prinzip „eine Person, ein Vermögen, eine Insolvenz“ und seine Durchbrechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   349 3.  Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   350 4.  Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   361 5.  Gegenseitige Anerkennung von Insolvenzverfahren . . . . . .   365 6. Sekundärinsolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   372

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7.  Unterrichtung der Gläubiger und Anmeldung ihrer Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   377 8. Konzerninsolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   378 III.  Empfehlung 2014/135/EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   382 IV.  Vorschlag für eine Unternehmensinsolvenz-RL (UntInsRLE). . .   383 1. Frühwarnsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   384 2.  Präventive Restrukturierungsrahmen. . . . . . . . . . . . . . .   384 3.  Zweite Chance für Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . .   385 4.  Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierung, Insolvenz und zweiter Chance . . . . . . . . . . . . . . . . . .   386 5.  Ausnahme von kapitalschutzrechtlichen Vorgaben . . . . . . .   386 V. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   386 1.  EuInsVO 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   386 2.  EuInsVO 2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   388 Teil 2:  Erläuterungen der wichtigsten Rechtsakte § 18 GesRRL I: Die frühere Publizitäts-RL (PubRL) . . . . . . . . . . . . .   391 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   392 1.  Historie, Inhalt und Grundgedanken im Überblick . . . . . . .   392 2.  Änderungen und Kodifizierungen . . . . . . . . . . . . . . . .   393 3.  Integration in die GesRRL 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . .   395 4.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   395 II.  Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   396 III.  Wesentlicher Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   397 1.  Handelsrechtliche Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   397 2.  Gültigkeit der von der Gesellschaft eingegangenen Verpflichtungen gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . .   416 3.  Nichtigkeit und Vernichtbarkeit von Gesellschaften (Art. 10–12 GesRRL [ G Art. 11–13 PubRL]) . . . . . . . . . . . 428 IV. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   432 § 18 Anhang GesRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   434 § 19 GesRRL II: Die frühere Kapital-RL (KapRL) . . . . . . . . . . . . . .   504 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   506 1.  Historie, Inhalt und Grundgedanken im Überblick . . . . . . .   506 2.  Änderungen und Neufassung 2012. . . . . . . . . . . . . . . .   508 3.  Integration in die GesRRL 2017. . . . . . . . . . . . . . . . . .   510 4.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   510 II. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   511 III.  Wesentlicher Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   512 1.  Regelung betreffend die Gründung der Aktiengesellschaft (Art. 3–6 GesRRL [ G Art. 2–5 KapRL]). . . . . . . . . . . . .   512

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2. Grundkapital. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   519 3. Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   524 4. Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   547 5.  Kapitaländerungen (Art. 68–82 GesRRL [ G Art. 29–43 KapRL]) 583 6. Abweichungsmöglichkeiten/Bereichsausnahmen gem. Art. 84 GesRRL ( G Art. 45 KapRL) . . . . . . . . . . . .   615 7.  Das Gleichbehandlungsgebot als Leitmotiv (Art. 85 GesRRL [ G Art. 46 KapRL]) . . . . . . . . . . . . . .   617 IV. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   619 § 20 GesRRL III: Die frühere Fusions-RL (FusRL) . . . . . . . . . . . . . .   621 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   622 1.  Historie, Inhalt und Grundgedanken im Überblick . . . . . . .   622 2.  Änderungen und Kodifizierung 2011. . . . . . . . . . . . . . .   623 3.  Integration in die GesRRL 2017. . . . . . . . . . . . . . . . . .   625 4.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   625 II. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   626 III.  Erfasste Verschmelzungsvorgänge (Art. 88–90 GesRRL [ G Art. 2–4 FusRL]). . . . . . . . . . . . . .   627 1.  Regelungsauftrag (Art. 88 GesRRL [ G Art. 2 FusRL]) . . . . .   627 2.  Verschmelzung durch Aufnahme und durch Neugründung (Art. 89 f. GesRRL [ G Art. 3 f. FusRL]) . . . . . . . . . . . . .   628 3.  Sonderfall: Liquidationsgesellschaften (Art. 89 Abs. 2 und Art. 90 Abs. 2 GesRRL [ G Art. 3 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 2 FusRL]). .   631 4.  Fusionsähnliche Vorgänge (Art. 117 GesRRL [ G Art. 31 FusRL]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   631 IV.  Das Verschmelzungsverfahren bei der Verschmelzung durch Aufnahme (Art. 91–108 GesRRL [ G Art. 5–22 FusRL]) . .   632 1. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   632 2.  Der Verschmelzungsplan und seine Offenlegung (Art. 91 GesRRL [ G Art. 5 f. FusRL]) . . . . . . . . . . . . . .   633 3.  Verschmelzungsbericht (Art. 95 GesRRL [ G Art. 9 FusRL]) . .   639 4.  Verschmelzungsprüfung (Art. 96 GesRRL [ G Art. 10 FusRL]).   642 5. Verschmelzungsbeschlüsse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   646 6.  Rechtmäßigkeitskontrolle, Wirksamwerden und Offenlegung .   653 V.  Rechtsfolgen der Verschmelzung (Art. 105 GesRRL [ G Art. 19 FusRL]). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   655 1.  Universalsukzession (Gesamtrechtsnachfolge) (Art. 105 Abs. 1 lit. a GesRRL [ G Art. 19 Abs. 1 lit. a FusRL]).   655 2.  „Aktientausch“ (Art. 105 Abs. 1 lit. b GesRRL [ G Art. 19 Abs. 1 lit. b FusRL]). . . . . . . . . . . . . . . . . .   658 3.  Erlöschen der übertragenden Gesellschaft(en) (Art. 105 Abs. 1 lit. c GesRRL [ G Art. 19 Abs. 1 lit. c FusRL]).   659 4.  Umsetzung im deutschen Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . .   659

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XVII

VI.  Nichtigkeit und Bestandsschutz (Art. 108 GesRRL [ G Art. 22 FusRL]). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   660 VII.  Haftungsvorschriften (Art. 106 f. GesRRL [ G Art. 20 f. FusRL]) .   662 VIII.  Schutz der (Minderheits-)Aktionäre, Arbeitnehmer und Gläubiger   665 1.  Schutz der (Minderheits-)Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . .   665 2.  Schutz der Arbeitnehmer (Art. 98 GesRRL [ G Art. 12 FusRL]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   667 3.  Schutz der Gläubiger (Art. 99–101 GesRRL [ G Art. 13–15 FusRL]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   667 IX.  Verschmelzung durch Neugründung (Art. 109 GesRRL [  G Art. 23 FusRL]). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   674 X.  Konzernverschmelzungen (Art. 110–115 GesRRL [ G Art. 24–31 FusRL]). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   676 1.  Verschmelzung einer 100%igen Tochter (Art. 110–112 GesRRL [ G Art. 24–26 FusRL]) . . . . . . . . .   677 2.  Verschmelzung einer mindestens 90%igen Tochter (Art. 113–115 GesRRL [ G Art. 27–29 FusRL]) . . . . . . . . .   680 XI.  Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   683 § 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL) . . . . . . . . . . . . . .   685 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   685 1.  Historie, Inhalt und Grundgedanken im Überblick . . . . . . .   685 2.  Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   687 3.  Integration in die GesRRL 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . .   688 4.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   688 II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   689 III.  Erfasste Spaltungsvorgänge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   690 1.  Spaltung durch Übernahme und Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften. . . . . . . . . . . . . .   690 2.  Verhältniswahrende und nicht-verhältniswahrende Spaltungen.   691 3.  Sonderfall: Liquidationsgesellschaften (Art. 136 Abs. 2, 155 Abs. 2 GesRRL [ G Art. 2 Abs. 2, 21 Abs. 2 SpRL]). . . . .   692 4.  Sonderfall: Spaltung ohne Erlöschen der gespaltenen Gesellschaft (Art. 159 GesRRL [ G Art. 25 SpRL]). . . . . . . . . . . . . . .   692 5.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   694 IV.  Das Verfahren bei der Spaltung durch Übernahme. . . . . . . . .   694 1. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   694 2.  Der Spaltungsplan und seine Offenlegung (Art. 137 f. GesRRL [ G Art. 3 f. SpRL]) . . . . . . . . . . . . .   695 3.  Spaltungsbericht (Art. 141 GesRRL [ G Art. 7 SpRL]). . . . . .   698 4.  Spaltungsprüfung (Art. 142 GesRRL [ G Art. 8 SpRL]). . . . .   701 5. Spaltungsbeschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   704 6.  Rechtmäßigkeitskontrolle, Wirksamwerden und Offenlegung .   706 V.  Rechtsfolgen der Spaltung (Art. 151 GesRRL [ G Art. 17 SpRL]) .   707

XVIII

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1.  (Partielle) Universalsukzession (Art. 151 Abs. 1 lit. a GesRRL [ G Art. 17 Abs. 1 lit. a SpRL]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   707 2.  „Aktientausch“ (Art. 151 Abs. 1 lit. b GesRRL [ G Art. 17 Abs. 1 lit. b SpRL]). . . . . . . . . . . . . . . . . . .   708 3.  Erlöschen der gespaltenen Gesellschaft (Art. 151 Abs. 1 lit. c GesRRL [ G Art. 17 Abs. 1 lit. c SpRL]) .   709 4.  Umsetzung im deutschen Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . .   709 VI.  Nichtigkeit und Bestandsschutz (Art. 153 GesRRL [ G Art. 19 SpRL]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   710 VII.  Haftungsvorschriften (Art. 152 GesRRL [G Art. 18 SpRL]). . . .   711 VIII.  Schutz der (Minderheits-)Aktionäre, Arbeitnehmer und Gläubiger  712 1.  Schutz der (Minderheits-)Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . .   712 2.  Schutz der Arbeitnehmer (Art. 145 GesRRL [ G Art. 11 SpRL]).  714 3.  Schutz der Gläubiger (Art. 146 GesRRL [ G Art. 12 f. SpRL]) .   714 IX.  Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften . . . . . . . . . .   719 X.  Konzernspaltung (Art. 154 GesRRL [ G Art. 20 SpRL]) . . . . . .   722 XI.  Spaltung unter Aufsicht eines Gerichts (Art. 157 GesRRL [ G Art. 23 SpRL]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   723 1.  Hintergrund der Sonderregelung. . . . . . . . . . . . . . . . .   723 2.  Befugnis des Gerichts zur Befreiung von bestimmten verfahrensrechtlichen Anforderungen (Art. 157 GesRRL [ G Art. 23 SpRL]). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   724 3.  Spezielle Mitgliedstaatenoption bezüglich des Gläubigerschutzes (Art. 146 Abs. 3 S. 3 GesRRL [ G Art. 12 Abs. 3 S. 3 SpRL]) . .   725 4.  Keine Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . .   725 XII.  Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   725 § 22 GesRRL V: die frühere Cross Border Mergers Directive (CBMD) . . .   727 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   729 1.  Historie, Inhalt und Grundgedanken im Überblick . . . . . . .   729 2. Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   732 3.  Integration in die GesRRL 2017. . . . . . . . . . . . . . . . . .   732 4. Reformüberlegungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   733 5.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   733 II. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   733 1.  Grenzüberschreitende Verschmelzung von EU-/EWR-Kapitalgesellschaften. . . . . . . . . . . . . . .   733 2.  Limitierung der zulässigen Verschmelzungskombinationen (Art. 121 Abs. 1 lit. a GesRRL [ G Art. 4 Abs. 1 lit. a CBMD]) .   742 3.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   42 III.  Grundkonzeption. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   743 IV.  Das Verschmelzungsverfahren im Einzelnen. . . . . . . . . . . . .   745 1.  Der Verschmelzungsplan und seine Offenlegung . . . . . . . .   745 2.  Verschmelzungsbericht (Art. 124 GesRRL [ G Art. 7 CBMD]) .   757

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XIX

3.  Verschmelzungsprüfung (Art. 125 GesRRL [ G Art. 8 CBMD]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   764 4.  Verschmelzungsbeschlüsse (Art. 126 GesRRL [ G Art. 9 CBMD]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   769 5.  Rechtmäßigkeitskontrolle, Wirksamwerden und Offenlegung .   774 V.  Rechtsfolgen der Verschmelzung (Art. 131 GesRRL [ G Art. 14 CBMD]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   782 1.  Universalsukzession (Art. 131 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 lit. a GesRRL [ G Art. 14 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 lit. a CBMD]). . . . . . . . . . .   783 2.  „Anteilstausch“ (Art. 131 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 lit. b GesRRL [ G Art. 14 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 lit. b CBMD]) . . . . . . . . . .   784 3.  Erlöschen der übertragenden bzw. sich verschmelzenden Gesellschaft(en) (Art. 131 Abs. 1 lit. c, Abs. 2 lit. c GesRRL [ G Art. 14 Abs. 1 lit. c, Abs. 2 lit. c CBMD]) . . . . . . . . . . .   785 4.  Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   785 VI.  Bestandsschutz (Art. 134 GesRRL [ G Art. 17 CBMD]) . . . . . .   785 VII.  Haftung der Organe und Sachverständigen. . . . . . . . . . . . .   786 VIII.  Konzernverschmelzungen (Art. 132 GesRRL [ G 15 CBMD]) . . .   787 1.  Verschmelzung einer 100%igen Tochter (Art. 132 Abs. 1 GesRRL [ G Art. 15 Abs. 1 CBMD]). . . . . .   787 2.  Verschmelzung einer mindestens 90%igen Tochter. . . . . . .   788 3.  Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   789 IX.  Schutz der (Minderheits-)Gesellschafter und Gläubiger . . . . . .   790 1.  Schutz der (Minderheits-)Gesellschafter (Art. 121 Abs. 2 S. 2 GesRRL [ G Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD]) . .   790 2.  Schutz der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   796 X.  Einspruchsrecht zum Schutz öffentlicher Interessen (Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 2 GesRRL [ G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 2 CBMD]). . .   800 XI.  Beteiligung der Arbeitnehmer (Art. 133 GesRRL [ G Art. 16 CBMD]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   801 1.  Betriebliche Mitbestimmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   801 2.  Unternehmerische Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . .   801 3.  Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   805 XII.  Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   805 § 23 EU-Bilanz-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   807 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   810 1.  Grundgedanken und Inhalt im Überblick . . . . . . . . . . . .   810 2.  Von der 4. (Bilanz-)RL und 7. (Konzernbilanz-)RL zur EU-Bilanz-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   811 3.  Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   815 4.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   816 II. Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   819 1.  Anwendungsbereich und Größenklassen . . . . . . . . . . . .   819

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2.  Allgemeine Bestimmungen und Grundsätze (Art. 4–8 EU Bilanz-RL) . . . . . . . . . . . 3.  Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . 4.  Konsolidierte Abschlüsse . . . . . . . . . . . 5. Abschlussprüfung . . . . . . . . . . . . . . . 6. Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.  Befreiungen und Einschränkungen. . . . . . 8. Country-by-Country-Reporting. . . . . . . III.  Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . 1.  4. (Bilanz-)RL . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.  7. (Konzernbilanz-)RL . . . . . . . . . . . . 3. EU-Bilanz-RL . . . . . . . . . . . . . . . . .

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  821 .   822   826   828   829   830   830   831   831   834   835

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   837 § 24 IFRS-VO . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   893 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   894 1.  Historie, Grundgedanken und Inhalt im Überblick . . . . . . .   894 2.  Änderungen und Evaluierungen . . . . . . . . . . . . . . . . .   895 3.  Ausführung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   896 II.  Die IFRS und ihre Übernahme ins Unionsrecht . . . . . . . . . .   896 1. IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   896 2.  Verfahren der Übernahme und Anwendung der IFRS . . . . .   897 III.  Reichweite der Pflicht zur Bilanzierung nach IFRS. . . . . . . . .   898 1.  Differenzierung zwischen kapitalmarktorientierten und nicht kapitalmarktorientierten Gesellschaften . . . . . . .   898 2.  Interrelation mit der EU-Bilanz-RL . . . . . . . . . . . . . . .   899 3.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   899 IV.  Exkurs: IFRS für KMU? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   900 V. Fundstellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   901 § 24 Anhang IFRS-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   902 § 25 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO). . . .   906 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   909 1.  Grundgedanken und Inhalt im Überblick . . . . . . . . . . . .   909 2.  Von 8. RL zur APRL und APVO. . . . . . . . . . . . . . . . .   910 3.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   913 II.  Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   915 1. APRL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   915 2. APVO. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   915 III.  Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   916 1.  Zulassung, kontinuierliche Fortbildung und gegenseitige Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . .   916 2. Registrierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   917

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3. Berufsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   918 4.  Prüfungsstandards und Bestätigungsvermerk . . . . . . . . . .   924 5.  Verstärkte Transparenz bei PIE . . . . . . . . . . . . . . . . . .   925 6.  Bestellung und Abberufung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   926 7. Prüfungsausschuss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   927 8.  Externe Qualitätssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   929 9.  Untersuchungen, Sanktionen, Haftung. . . . . . . . . . . . . .   930 10.  Öffentliche Aufsicht und gegenseitige Anerkennung der mitgliedstaatlichen Regelungen. . . . . . . . . . . . . . . .   931 11.  Internationale Aspekte/Drittstaaten. . . . . . . . . . . . . . . .   933 IV. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   935 1.  8. RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   935 2. APRL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   935 3. APVO. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   936 § 25 Anhang APRL und APVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   937 § 26 GesRRL VI: Die frühere Zweigniederlassungs-RL (ZNRL) . . . . . . .   999 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1000 1.  Historie, Inhalt und Grundgedanken im Überblick . . . . . . .   1000 2. Änderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1001 3.  Integration in die GesRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1002 4.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1002 II. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1003 1.  Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften im EU/EWR-Gebiet (Art. 29 Abs. 1, Art. 36 Abs. 1 GesRRL [ G Art. 1 Abs. 1, 7 Abs. 1 ZNRL]) . . . . . . . . . . . . . . . .   1003 2.  Beschränkung auf registerrechtliche Offenlegungspflichten . .   1005 III.  Offenlegungspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1006 1. Regelungskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1006 2. Publizitätsobjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1006 3. Publizitätsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1027 4. Sprachenregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1032 5. Publizitätswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1034 6. Publizitätsverpflichtete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1034 7.  Informationsaustausch über das BRIS . . . . . . . . . . . . . .   1035 IV. Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1036 V. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1038 § 27 Die Einpersonengesellschafts-RL (EpGRL). . . . . . . . . . . . . . . .   1039 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1040 1.  Grundgedanken und Inhalt im Überblick . . . . . . . . . . . .   1040 2.  Änderungen und Kodifizierung. . . . . . . . . . . . . . . . . .   1041 3.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1042 II. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1042

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III.  Reichweite des Gebots der Zulassung der Einpersonengesellschaft.  1044 1.  Originäre und „nachträgliche“ Einpersonengesellschaft (Art. 2 Abs. 1 EpGRL). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1044 2.  Alternative: Einpersonen-Unternehmen mit beschränkter Haftung (Art. 7 EpGRL) . . . . . . . . . . .   1046 3.  Zulässige Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1046 IV.  Spezielle Schutznormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1051 1.  Publizität der „nachträglichen“ Einpersonengesellschaft (Art. 3 EpGRL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1052 2.  Beschlussfassung in der Einpersonengesellschaft (Art. 4 EpGRL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1054 3.  Insichgeschäfte (Art. 5 EpGRL). . . . . . . . . . . . . . . . . .   1055 V. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1058 § 27 Anhang EpGRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1060 § 28 Die Übernahme-RL − Takeover Bids Directive (TBD) . . . . . . . . .   1065 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1069 1.  Historie, Grundgedanken und Inhalt im Überblick . . . . . . .   1069 2. Änderungen/Reform. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1073 3.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1074 II.  Anwendungsbereich (Art. 1 TBD). . . . . . . . . . . . . . . . . .   1075 III.  Allgemeine Grundsätze (Art. 3 TBD) . . . . . . . . . . . . . . . .   1076 IV.  Prinzipielle Mindest-, aber partielle Maximalharmonisierung . . .   1078 V.  Aufsichtsstelle und anwendbares Recht (Art. 4 TBD) . . . . . . .   1078 1. Aufsichtsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1078 2.  Zuständigkeitsverteilung und anwendbares Recht (Art. 4 Abs. 2 TBD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1081 VI.  Pflichtangebot (Art. 5 TBD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1083 1.  Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1083 2.  Auslösungstatbestand: Kontrollerlangung. . . . . . . . . . . .   1085 3. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1092 4.  Inhalt des Pflichtangebots. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1094 VII.  Verfahrens- und Transparenzvorschriften (Art. 6–8, 13 f. TBD). .   1099 1.  Information über Angebote (Art. 6 TBD) . . . . . . . . . . . .   1100 2.  Annahmefrist (Art. 7 TBD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1103 3.  Bekanntmachung (Art. 8 TBD). . . . . . . . . . . . . . . . . .   1104 4.  Weitere Verfahrensregeln (Art. 13 TBD). . . . . . . . . . . . .   1104 5.  Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertreter (Art. 14 TBD). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1105 VIII.  Zulässigkeitsrahmen für Abwehrmaßnahmen und Transparenz für Aktionäre und Kapitalmarkt (Art. 9–12 TBD). . . . . . . . . .   1106 1.  Hintergründe und Grundstruktur der Regelung . . . . . . . .   1106 2.  Neutralitätspflicht, Durchbrechungsregel und Optionsmodell.   1107

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3.  Transparenz für Aktionäre und Kapitalmarkt . . . . . . . . . .   1132 IX.  Squeeze-out und Sell-out (Art. 15, 16 TBD) . . . . . . . . . . . .   1137 1.  Hintergründe, Ratio und Grundstruktur . . . . . . . . . . . .   1137 2.  Squeeze-out (Art. 15 TBD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1139 3.  Sell-out (Art. 16 TBD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1148 X.  Sanktionen (Art. 17 TBD). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1150 XI.  Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1151 § 28 Anhang TBD. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1153 § 29 Aktionärsrechte-RL (ARRL). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1166 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1168 1.  Historie, Inhalt und Grundgedanken im Überblick . . . . . . .   1168 2. Änderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1170 3.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1171 II. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1172 1.  Grundsätzlicher Anwendungsbereich gem. Art. 1 Abs. 1 ARRL  1172 2.  Keine autonome Definition der Aktionärseigenschaft. . . . . .   1173 3.  Ausnahmeoptionen für die Mitgliedstaaten (Art. 1 Abs. 3 ARRL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1174 4.  Bereichsausnahme für Maßnahmen aufgrund der BRRD (Art. 1 Abs. 4 ARRL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1174 5.  Besonderheiten betreffend den Geltungsbereich für Intermediäre, institutionelle Anleger, Vermögensverwalter und proxy advisors (Art. 1 Abs. 5, 6 ARRL) . . . . . . . . . . . . .   1174 6.  Verhältnis zu anderen EU-Rechtsakten (Art. 1 Abs. 7 ARRL) .   1175 III.  Mindestcharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1176 IV.  Leitmotiv: Gleichbehandlung der Aktionäre (Art. 4 ARRL). . . .   1176 V.  Identifizierung der Aktionäre, Übermittlung von Informationen und Erleichterung der Ausübung von Aktionärsrechten (Art. 3a–3f ARRL). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1177 1.  Hintergründe und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1177 2.  Identifizierung der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1178 3. Informationsübermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1180 4.  Erleichterung der Ausübung von Aktionärsrechten . . . . . . .   1181 5. Kosten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1181 6. Revisionsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1182 7.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1182 VI.  Transparenz und Engagement von institutionellen Anlegern und Vermögensverwaltern (Art. 3g–3i ARRL) . . . . . . . . . . .   1183 1.  Hintergründe und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1183 2. Mitwirkungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1184 3.  Anlagestrategie institutioneller Anleger und Vereinbarungen mit Vermögensverwaltern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1185

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4.  Transparenz bei Vermögensverwaltern. . . . . . . . . . . . . .   1186 5.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1186 VII.  Transparenz bei Stimmrechtsberatern (proxy advisors) (Art. 3j ARRL). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1187 VIII.  Mindeststandards für Hauptversammlungen . . . . . . . . . . . .   1188 1.  Einberufung der Hauptversammlung (Art. 5 und 6 ARRL) . .   1188 2.  Voraussetzungen für den Zugang zur Hauptversammlung (Art. 7 ARRL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1197 3.  Teilnahme und Stimmrechtsausübung „in absentia“. . . . . . .   1199 4.  Fragerecht (Art. 9 ARRL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1205 5.  Vergütungspolitik und Vergütungsbericht. . . . . . . . . . . .   1209 6.  Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen oder Personen (related party transactions) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1222 7.  Stimmrechtsvertretung (Art. 10, 11 ARRL) . . . . . . . . . . .   1235 8.  Beseitigung bestimmter Hemmnisse betreffend Intermediäre .   1245 9.  Feststellung und Veröffentlichung der Abstimmungsergebnisse (Art. 14 ARRL). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1248 IX.  Sanktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1250 X. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1251 § 29 Anhang ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1252 § 30 Das Projekt einer Sitzverlegungs-RL (14. RL) . . . . . . . . . . . . . .   1272 I.  Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1273 II.  Der Vorentwurf von 1997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1274 1. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1274 2.  Wesentlicher Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1275 3.  Reaktionen in Praxis und Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . .   1280 III.  Weitere Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1281 1.  Aktionsplan 2003, Konsultation 2004 und Impact Assessment 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1281 2.  Die EP-Entschließung vom März 2009. . . . . . . . . . . . . .   1282 3.  Die Thesen des Arbeitskreises Europäisches Unternehmensrecht vom Januar 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1284 4.  Der Bericht der Reflection Group . . . . . . . . . . . . . . . .   1285 5.  EP-Entschließung 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1285 6.  Aktionsplan 2012 und Konsultation 2013. . . . . . . . . . . . .   1286 7.  EAVA 2013. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1286 8.  EP-Workshop und JURI-Studie 2016, EP-Entschließung 2017.   1286 9.  Studie zum Gesellschaftskollisionsrecht 2016 . . . . . . . . . .   1287 10.  Konsultation 2017. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1287 IV. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1287 V. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1288

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§ 30 Anhang Vorentwurf Sitzverlegungs-RL. . . . . . . . . . . . . . . . . .   1289 § 31 ESMA-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1295 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1296 1.  Historie, Grundgedanken und Inhalt im Überblick . . . . . . .   1296 2. Änderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1297 II. Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1298 1.  Errichtung und Rechtsstellung der ESMA. . . . . . . . . . . .   1298 2.  Aufgaben und Befugnisse der ESMA . . . . . . . . . . . . . . .   1298 3. Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1304 4.  Gemeinsame Gremien der ESA . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1306 5. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1306 6.  Finanzvorschriften und allgemeine Bestimmungen . . . . . . .   1307 III.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1307 IV. Fundstellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1307 § 32 Markets in Financial Instruments Directive II (MiFID II) und Markets in Financial Instruments Regulation (MiFIR) . . . . . . .   1308 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1312 1.  Historie, Grundgedanken und Inhalt im Überblick . . . . . . .   1312 2. Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1315 3.  Level 2-Rechtsakte und Level 3-Maßnahmen . . . . . . . . . .   1315 II. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1315 1. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1315 2.  Regelungsrahmen für Wertpapierfirmen . . . . . . . . . . . . .   1319 3.  Regelungsrahmen für Handelsplätze und SI. . . . . . . . . . .   1327 4.  Regulierung des Handels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1341 5.  Nachhandelsinfrastruktur: Diskriminierungsfreier Zugang zum Clearing für Finanzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . .   1344 6.  Datenbereitstellungsdienstleistungen (DRS) . . . . . . . . . . .   1345 7. Aufsichtsstruktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1346 8.  Zivilrechtliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1352 9. Drittstaatenregime. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1353 III.  Umsetzung/Ausführung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . .   1356 1.  MiFID I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1356 2.  MiFID II/MIFIR. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1356 IV. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1358 1.  MiFID I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1358 2.  MiFID II und MiFIR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1359 § 33 Consolidated Admissions and Reporting Directive (CARD) . I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zulassungsvoraussetzungen. . . . . . . . . . . . . . .

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3. Zulassungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1371 4.  Fortdauernde Pflicht zur Vollzulassung . . . . . . . . . . . . .   1371 5. Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1371 III.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1372 IV. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1373 1. Börsenzulassungs-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1373 2. CARD. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1374 § 34 Prospekt-VO (ProspVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1375 I. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1378 1.  Gegenstand und Ratio. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1378 2.  Die Entwicklung des EU-Prospektrechts . . . . . . . . . . . .   1378 3. Rechtstatsachen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1382 4.  Umsetzung/Ausführung in Deutschland . . . . . . . . . . . . .   1382 II. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1383 III.  Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1384 1. Prospektpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1384 2.  Anforderungen an den Prospekt . . . . . . . . . . . . . . . . .   1385 3.  Billigung und Veröffentlichung des Prospekts . . . . . . . . . .   1389 4. Werbung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1389 5. Gültigkeitsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1390 6.  Europäischer Pass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1390 7. Sprachenregelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1391 8.  Emittenten aus Drittstaaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1391 9. Aufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1392 10. Sanktionsregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1392 11.  Zivilrechtliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1393 IV. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1394 1. ProspRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1394 2. ProspVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1397 § 35 Market Abuse Regulation (MAR) und Market Abuse Directive II (MAD II). . . . . . . . . . . . . . . . .   1398 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1404 1.  Historie, Grundgedanken und Inhalt im Überblick . . . . . . .   1404 2. Änderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1407 3.  Level 2-Rechtsakte und Level 3-Maßnahmen . . . . . . . . . .   1407 II. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1407 1. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1407 2.  Das Verbot des Marktmissbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . .   1410 3. Offenlegungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1426 4. Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1435 5. Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1437 6.  Zivilrechtliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1442

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III.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1442 1.  MAD I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1442 2.  MAR/MAD II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1443 IV. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1444 1.  MAD I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1444 2.  MAD II und MAR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1445 § 36 Transparenz-RL (TrRL). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1448 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1450 1.  Historie, Grundgedanken und Inhalt im Überblick . . . . . . .   1450 2. Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1452 3.  Level 2-Rechtsakte und Level 3-Maßnahmen . . . . . . . . . .   1454 II. Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1454 1. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1454 2. Herkunftslandprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1454 3. Harmonisierungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1454 4. Publizitätskomplexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1455 5. Publikationsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1464 6.  Emittenten aus Drittstaaten (Art. 23 TrRL) . . . . . . . . . . .   1466 7.  Zuständige Behörden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1466 8. Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1466 III.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1468 IV. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1470 § 37 European Market Infrastructure Regulation (EMIR). . . . . . . . . . .   1473 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1474 1.  Historie, Grundgedanken und Inhalt im Überblick . . . . . . .   1474 2. Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1475 3.  Level 2-Rechtsakte und Level 3-Maßnahmen . . . . . . . . . .   1476 II. Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1476 1. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1476 2.  Clearing, Risikominderung und Meldung von OTC-Derivaten.  1477 3.  Zulassung und Beaufsichtigung von CCPs, organisatorische Anforderungen an CCPs und Interoperabilitätsvereinbarungen.  1483 4.  Zulassung von und Anforderungen an Transaktionsregister . .   1484 III.  Ausführung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1485 IV. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1485 § 38 Investmentfonds (OGAW, AIF, EuVECA, EuSEF, ELTIF, MMF) . . .   1493 I. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1495 II.  Die einzelnen Typen von Investmentfonds. . . . . . . . . . . . . .   1497 1. OGAW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1497 2. AIFMD. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1509 3. EuVECA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1519

XXVIII

Inhaltsverzeichnis

4. EuSEF. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1521 5. ELTIF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1524 6. MMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1527 III.  Fundstellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1530 1. OGAW-RL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1530 2. AIFMD. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1533 3. EuVECA-VO. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1534 5. EuSEF-VO. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1535 6. ELTIF-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1535 7. MMF-VO. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1535 § 39 Central Securities Depositories Regulation (CSDR) . . . . . . . . . . .   1536 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1536 1.  Historie, Grundgedanken und Inhalt im Überblick . . . . . . .   1536 2. Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1538 3.  Level 2-Rechtsakte und Level 3-Maßnahmen . . . . . . . . . .   1538 II. Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1539 1. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1539 2.  Wertpapierlieferung und -abrechnung (Titel II) . . . . . . . . .   1539 3. Zentralverwahrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1542 4.  Zugang zu Zentralverwahrern. . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1547 5.  Erbringen bankartiger Nebendienstleistungen für Teilnehmer eines Zentralverwahrers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1548 6. Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1548 III.  Ausführung in Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1549 IV. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1550 § 40 Short Selling Regulation (SSR). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1551 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1553 1.  Historie, Grundgedanken und Inhalt im Überblick . . . . . . .   1553 2. Änderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1554 3.  Level 2-Rechtsakte und Level 3-Maßnahmen . . . . . . . . . .   1555 II. Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1555 1.  Leerverkäufe und Credit Default Swaps (CDS) i.S.d. SSR. . . .   1555 2. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1556 3.  Beschränkungen und Transparenzvorschriften. . . . . . . . . .   1557 4.  Eingriffsbefugnisse der nationalen Behörden und der ESMA. .   1561 5. Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1563 6. Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1563 III.  Ausführung in Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1564 IV. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1564 § 41 Credit Rating Agencies Regulation (CRAR) . . . . . . . . . . . . . . .   1566 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1568

Inhaltsverzeichnis

XXIX

1.  Historie, Grundgedanken und Inhalt im Überblick . . . . . . .   1568 2. Änderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1570 3.  Level 2-Rechtsakte und Level 3-Maßnahmen . . . . . . . . . .   1571 II. Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1571 1.  Gegenstand und Ziele der CRAR . . . . . . . . . . . . . . . . .   1571 2. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1571 3.  Registrierungspflicht für EU-Ratingagenturen . . . . . . . . .   1572 4.  Verwendung von Ratings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1573 5.  Organisatorische Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . .   1575 6.  Abgabe von Ratings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1576 7. Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1580 8. Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1580 9.  Zivilrechtliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1581 III.  Ausführung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1582 IV. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1582 § 42 Betriebsübergangs-RL (BÜRL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1585 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1588 1.  Inhalt und Grundgedanken im Überblick . . . . . . . . . . . .   1588 2.  Änderungen und Kodifizierung. . . . . . . . . . . . . . . . . .   1589 3.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1590 II.  Wesentlicher Inhalt der BÜRL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1590 1. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1590 2. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1591 3.  Tatbestand des Betriebsübergangs . . . . . . . . . . . . . . . .   1593 4. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1598 5.  Zulässigkeit günstigerer Regelungen . . . . . . . . . . . . . . .   1605 III.  Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1606 § 43 Die RL über den Europäischen Betriebsrat (EBR-RL). . . . . . . . . .   1606 I.  Genese und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1608 1.  Inhalt und Grundgedanken im Überblick . . . . . . . . . . . .   1608 2.  Änderungen und Neufassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1609 3. Rechtstatsachen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1611 4.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1611 II.  Wesentlicher Inhalt der EBR-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1612 1. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1612 2.  Anwendungs- und Regelungsbereich . . . . . . . . . . . . . . .   1612 3. Verhandlungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1615 4. Auffanglösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1619 5.  Sonstige Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1622 III.  Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1624 1.  Ursprüngliche EBR-RL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1624 2.  Neufassung 2009. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1625

XXX

Inhaltsverzeichnis

§ 44 Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV). . . . . . .   1626 I. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1627 II.  Anwendbares Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1629 III.  Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1630 IV. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1631 1. Zweckbeschränkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1631 2.  Kooperationszweck (Art. 3 Abs. 1 EWIV-VO) . . . . . . . . .   1631 3.  Ausdrückliche Verbote (Art. 3 Abs. 2 EWIV-VO) . . . . . . .   1632 4.  Kapitalmarktsperre (Art. 23 EWIV-VO) . . . . . . . . . . . . .   1634 5. Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1634 V. Sitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1635 1.  Sitzfestlegung (Art. 12 EWIV-VO). . . . . . . . . . . . . . . .   1635 2.  Sitzverlegung (Art. 13 f. EWIV-VO) . . . . . . . . . . . . . . .   1635 VI.  Gründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1636 1. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1636 2. Gründungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1636 3. Registereintragung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1638 4. Gründungspublizität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1638 5.  Handelndenhaftung (Art. 9 Abs. 2 EWIV-VO) . . . . . . . . .   1638 VII.  Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1639 1. Publizitätsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1639 2. Publizitätsobjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1639 3. Publizitätswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1640 VIII.  Organisationsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1640 1. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1640 2.  Die gemeinschaftlich handelnden Mitglieder. . . . . . . . . . .   1641 3. Geschäftsführer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1642 4.  Fakultative Organe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1644 IX.  Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1645 1.  Mitgliederkreis und -zahl (Art. 4 EWIV-VO) . . . . . . . . . .   1645 2.  Rechte und Pflichten der Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . .   1647 3.  Veränderungen im Mitgliederkreis . . . . . . . . . . . . . . . .   1648 X. Finanzverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1649 XI.  Haftungsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1650 1.  Haftung der EWIV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1650 2.  Haftung der Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1650 XII.  Nichtigkeit, Auflösung, Abwicklung und Insolvenz . . . . . . . .   1653 1.  Nichtigkeit (Art. 15 EWIV-VO) . . . . . . . . . . . . . . . . .   1653 2. Auflösung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1653 3.  Abwicklung (Liquidation). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1654 4. Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1655 XIII.  Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1656 XIV.  Fundstellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1656

Inhaltsverzeichnis

XXXI

§ 44 Anhang EWIV-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1657 § 45 Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE) . . . . . . . .   1667 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1670 1.  Eine kurze Skizze zur (un)endlichen Geschichte der SE . . . .   1670 2.  Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1674 3.  Praktische Erfahrungen mit der SE. . . . . . . . . . . . . . . .   1675 II.  Allgemeine Charakteristika der SE . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1676 1. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1676 2.  Firma und Rechtsformzusatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1676 3. Sitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1677 4. Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1678 III.  Das auf die SE anwendbare Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1679 1.  Die SE-VO als Rahmenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . .   1679 2.  Regelungsbereich der SE-VO. . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1680 3.  Die Verweisungssystematik der SE-VO . . . . . . . . . . . . .   1681 IV.  Gründung der SE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1683 1.  Grundkonzeption des numerus clausus der Gründungsvarianten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1683 2.  Die Gründungsvarianten im Einzelnen. . . . . . . . . . . . . .   1685 3.  Haftung und Rechtsnatur im Gründungsstadium. . . . . . . .   1707 V. Finanzverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1710 1.  Grundlagen und Grundkonzeption. . . . . . . . . . . . . . . .   1710 2.  Mindestbetrag und Währung des Grundkapitals. . . . . . . . .   1711 3.  Die Generalverweisungen in Art. 5 SE-VO und Art. 15 Abs. 1 SE-VO und die sich daraus ergebende Finanzverfassung der SE im Übrigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1712 4.  Exkurs: Die börsennotierte SE . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1714 VI.  Organisationsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1715 1. Grundstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1715 2. Leitungsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1715 3. Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1744 VII.  Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1752 VIII.  Reorganisation bestehender SE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1753 1. Sitzverlegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1753 2. Verschmelzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1755 3. Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1756 4. Formwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1757 5.  Beteiligung an einer SE-Gründung. . . . . . . . . . . . . . . .   1758 IX.  Liquidation und Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1759 1.  Auflösung, Liquidation, Zahlungseinstellung, etc. . . . . . . .   1759 2. Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1759 X.  Beteiligung der Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1761 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1761

XXXII

Inhaltsverzeichnis

2. Verhandlungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1761 3. Auffanglösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1763 4. Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1765 5.  Evaluation und Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1767 XI.  Steuerrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1768 XII.  Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1769 § 45 Anhang SE-VO und SE-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1771 § 46 Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE) .   1802 I. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1803 II.  Allgemeine Charakteristika der SCE . . . . . . . . . . . . . . . . .   1806 III.  Das auf die SCE anwendbare Recht . . . . . . . . . . . . . . . . .   1808 IV. Satzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1809 V.  Gründung einer SCE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1811 1.  Numerus clausus der Gründungsvarianten . . . . . . . . . . . .   1811 2.  Die einzelnen Gründungsvarianten im Überblick . . . . . . . .   1811 3.  Haftung und Rechtsnatur im Gründungsstadium. . . . . . . .   1816 VI.  Finanzverfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1817 1. Grundkonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1817 2. Geschäftsanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1817 3. Mindestkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1818 4. Kapitalaufbringung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1818 5. Kapitalveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1819 6. Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1819 7.  Wertpapiere und Schuldverschreibungen. . . . . . . . . . . . .   1820 8.  Verwendung des Betriebsergebnisses. . . . . . . . . . . . . . .   1820 VII.  Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1821 1. Mitgliederkreis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1821 2.  Erwerb und Verlust der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . .   1822 3.  Rechte, Pflichten und Haftung der Mitglieder . . . . . . . . . .   1824 VIII.  Organisationsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1825 1. Grundstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1825 2. Leitungsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1825 3. Generalversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1837 IX.  Rechnungslegung und genossenschaftliche Pflichtprüfung. . . . .   1844 X.  Reorganisation bestehender SCE . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1845 1. Sitzverlegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1845 2.  Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel . . . . . . . . . . . . .   1845 XI.  Liquidation und Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1846 XII.  Beteiligung der Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1847 XIII.  Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1848 XIV.  Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1849

Inhaltsverzeichnis

XXXIII

§ 46 Anhang SCE-VO und SCE-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1850 § 47 Eine spezielle Rechtsform für KMU? – Die Projekte zur Schaffung einer SPE und einer SUP . . . . . . . . . .   1886 I.  Einführung und Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1889 II.  Das Projekt einer SPE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1890 1.  Der steinige Weg zum SPE-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . .   1890 2.  Kontroverse Beratungen und letztendliche Rücknahme . . . .   1893 3.  Grundzüge der SPE nach dem 3. Kompromissentwurf der ungarischen Ratspräsidentschaft 2011 (SPE-VOE-HU3). .   1894 III.  Das Projekt einer SUP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1929 1.  Von der SPE zur SUP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1929 2.  Grundzüge des SUP-RLE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1931 IV.  Ein neuer Anlauf für die SPE? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1940 V. Fundstellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1940 1. SPE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1940 2. SUP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1941 § 47 Anhang SPE-VOE-HU3 und SUP-RLE. . . . . . . . . . . . . . . . . .   1942 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1977

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur A/K/R/R/Bearbeiter

Annuß, Georg/Kühn, Thomas/Rudolph, Jan/Rupp, Hans-Jürgen, Europäisches Betriebsräte-Gesetz, 2014

Angerer/Geibel/ Süßmann/ Bearbeiter

Angerer, Lutz/Geibel, Stephan/Süßmann, Rainer (Hrsg.), Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), 3. Aufl. 2017

Apel

Apel, Maximilian, Golden Shares, 2017

Assmann/Pötzsch/ Schneider/ Bearbeiter

Assmann, Heinz-Dieter/Pötzsch, Thorsten/Schneider, Uwe H. (Hrsg.); Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2. Aufl. 2013

Assmann/Schneider/ Bearbeiter

Assmann, Heinz-Dieter/Schneider, Uwe H. (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 6. Aufl. 2012

Assmann/Schütze/ Bearbeiter

Assmann, Heinz-Dieter/Schütze, Rolf A., Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl. 2015

Baetge/Kirsch/Thiele/ Baetge, Jörg/Kirsch, Hans-Jürgen/Thiele, Stefan, Bilanzrecht, Bearbeiter Loseblatt Baldamus

Baldamus, Ernst-August, Reform der Kapitalrichtlinie, 2002

Baumbach/Hopt/ Bearbeiter

Baumbach, Adolf/Hopt, Klaus J., HGB, 37. Aufl. 2016

Baumbach/Hueck/ Bearbeiter

Baumbach, Adolf/Hueck, Alfred., GmbHG, 21. Aufl. 2017

Bayer/Habersack/ Bearbeiter I

Bayer, Walter/Habersack, Mathias (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, 2007, Band I

Bayer/Habersack/ Bearbeiter II

Bayer, Walter/Habersack, Mathias (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, 2007, Band II

Beck Bil-Komm/ Bearbeiter

Beck’scher Bilanz-Kommentar, 10. Aufl. 2016

BeckGenHb/ Bearbeiter

Beck’sches Handbuch der Genossenschaft (Helios, Marcus/Strieder, Thomas [Hrsg.]), 2009

Beck-IFRS-HB/ Bearbeiter

Driesch, Dirk/Riese, Joachim/Schlüter, Jörg/Senger, Thomas, Beck’sches IFRS-Handbuch, 5. Aufl. 2016

BeckOGK/Bearbeiter beck-online.GROSSKOMMENTAR, Gesamtherausgeber Gsell, Beate/Krüger, Wolfgang/Lorenz, Stephan/Mayer, Jörg Behme

Behme, Caspar, Rechtsformwahrende Sitzverlegung und Formwechsel von Gesellschaften über die Grenze, 2015

Behrens

Behrens, Frithjof Olaf, Die grenzüberschreitende Verschmelzung nach der Richtlinie 2005/56/EG (Verschmelzungsrichtlinie), 2007

Beutel

Beutel, David, Der neue rechtliche Rahmen grenzüberschreitender Verschmelzungen in der EU, 2008

Beuthien/Bearbeiter

Beuthien, Volker (Hrsg.), Genossenschaftsgesetz, 15. Aufl. 2011

Blanke

Blanke, Thomas, Europäisches Betriebsräte-Gesetz, 2. Aufl. 2006 [zit.: Blanke, EBRG, 2. Aufl. 2006]

XXXVI

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

Blanpain

Blanpain, Roger, European Labour Law, 14. Aufl. 2014

Blümich/Bearbeiter

Heuermann, Bernd/Brandis, Peter (Hrsg.), EStG · KStG · GewStG, 136. EL 2017

Bock

Bock, Lenard, Der Harmonisierungserfolg der Publizitätsrichtlinie, 2016

Boos/Fischer/Schulte- Boos, Karl-Heinz/Fischer, Reinfrid/Schulte-Mattler, Hermann Mattler/Bearbeiter (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl. 2016 Bork/van Zwieten/ Bearbeiter

Bork, Reinhard/van Zwieten, Kristin (eds.), Commentary on the European Insolvency Regulation, 2016

Buck-Heeb

Buck-Heeb, Petra, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl. 2016

Calliess/Ruffert/ Bearbeiter

Calliess, Christian/Ruffert, Matthias, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016

Dauses/Bearbeiter

Dauses, Manfred A. (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, 40. EL 2016

Dorresteijn/Monteiro/ Dorresteijn, Adriaan/Monteiro, Tiago/Teichmann, Christoph/ Werlauff, Erik, European Corporate Law, 2. Aufl. 2009 Teichmann/ Werlauff Drinkuth

Drinkuth, Henrik, Die Kapitalrichtlinie – Mindest- oder Höchstnorm?, 1998

EBJS/Bearbeiter

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2014 f. (Joost, Detlev/Strohn, Lutz [Hrsg.])

Edwards

Edwards, Vanessa, EC Company Law, 1999

Elster

Elster, Nico, Europäisches Kapitalmarktrecht, 2002

Emmerich/Habersack/ Emmerich, Volker/Habersack, Mathias, Aktien- und GmbHBearbeiter Konzernrecht, 8. Aufl. 2016 EnzEur Bd. 6/ Bearbeiter

Gebauer, Martin/Teichmann, Christoph (Hrsg.), Europäisches Privat- und Unternehmensrecht, Enzyklopädie Europarecht Band 6, 1. Aufl. 2016

ErfK/Bearbeiter

Erfurter Kommentar z. Arbeitsrecht, 17. Aufl. 2017

EUArbR/Bearbeiter

Franzen, Martin/Gallner, Inken/Oetker, Hartmut (Hrsg.), Kommentar zum Europäischen Arbeitsrecht, 2016

Fankhauser

Fankhauser, Roger, Gemeinschaftsrechtliche Publizitäts- und Kapital-Richtlinie: Anpassungsbedarf des Schweizer Rechts, 2001

Fischer-Zernin

Fischer-Zernin, Cornelius, Der Rechtsangleichungserfolg der Ersten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie der EWG, 1986

FK-WpÜG/Bearbeiter Haarmann, Wilhelm/Schüppen, Matthias (Hrsg.), Frankfurter Kommentar zum WpÜG, 3. Aufl. 2008 Frenz

Frenz, Walter, Handbuch Europarecht. Band 1: Europäische Grundfreiheiten, 2. Aufl. 2012

Frenzel

Frenzel, Ralf, Grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, 2008

Frotz/Kaufmann/ Bearbeiter

Frotz, Stephan/Kaufmann, Alexander, Grenzüberschreitende Verschmelzungen, 2008

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

XXXVII

Fuchs/Marhold/ Bearbeiter

Fuchs, Maximilian/Marhold, Franz, Europäisches Arbeitsrecht, 4. Aufl. 2014

GHN/Bearbeiter

Grabitz, Eberhard/Hilf, Meinhard/Nettesheim, Martin, Das Recht der Europäischen Union, Loseblatt

Gower

Davies, Paul L./Worthington, Sarah, Gower’s principles of modern company law, 10th ed. 2016

Grohmann

Grohmann, Uwe, Das Informationsmodell im Europäischen Gesellschaftsrecht, 2006

Groß/Bearbeiter

Groß, Wolfgang, Kapitalmarktrecht, 6. Aufl. 2016

GroßkommAktG/ Bearbeiter

Großkommentar zum Aktiengesetz (Hrsg.: Hirte, Heribert/ Mülbert, Peter O./Roth, Markus/Hopt, Klaus J./Wiedemann, Herbert, 4. Aufl. 2004 ff. bzw. 5. Aufl. 2015 ff.)

GroßkommHGB/ Bearbeiter

Großkommentar zum Handelsgesetzbuch (Hrsg.: Canaris, ClausWilhelm/Habersack, Mathias/Schäfer, Carsten), 5. Aufl. 2009 ff.

Grundmann

Grundmann, Stefan, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2011

Grunewald/Schlitt/ Bearbeiter

Grunewald, Barbara/Schlitt, Michael, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2014

GSH/Bearbeiter

von der Groeben, Hans/Schwarze, Jürgen/Hatje, Armin, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015

Habersack/ Drinhausen/ Bearbeiter

Habersack, Mathias/Drinhausen, Florian, SE-Recht mit grenzüberschreitender Verschmelzung, 2. Aufl. 2016

Habersack/Mülbert/ Habersack, Mathias/Mülbert, Peter O./Schlitt, Michael (Hrsg.), Schlitt/Bearbeiter, Handbuch der Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013 Hdb. KapMinfo Habersack/Mülbert/ Habersack, Mathias/Mülbert, Peter O./Schlitt, Michael (Hrsg.), Schlitt/Bearbeiter, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 3. Aufl. 2013 Unternehmens­ finanzierung Habersack/Verse

Habersack, Mathias/Verse, Dirk, Europäisches Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2011

Haentjens/de GioiaCarabellese

Haentjens, Matthias/de Gioia-Carabellese, Pierre, European Banking and Financial Law, 2015

Hannigan

Hannigan, Brenda, Company Law, 4th ed. 2016

Hantel

Hantel, Peter, Europäisches Arbeitsrecht, 2016

Henssler/Strohn/ Bearbeiter

Henssler, Martin/Strohn, Lutz (Hrsg.), Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 2016

Henssler/Willemsen/ Kalb/Bearbeiter

Henssler, Martin/Willemsen, Heinz Josef/Kalb, Heinz-Jürgen, Arbeitsrecht Kommentar, 7. Aufl. 2016

Herdgen

Herdegen, Matthias, Europarecht, 18. Aufl. 2016

Hilmer

Hilmer, Karsten, Die Übernahmerichtlinie und ihre Umsetzung in das deutsche Recht, 2007

Holding-Hdb./ Bearbeiter

Lutter, Marcus/Bayer, Walter (Hrsg.), Holding-Handbuch, 5. Aufl. 2015

XXXVIII

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

Holzborn/Bearbeiter

Holzborn, Tim, Wertpapierprospektgesetz, 2. Aufl. 2014

Hopt, Europ. ÜbernahmeR

Hopt, Klaus J., Europäisches Übernahmerecht. Eine rechts­ vergleichende, rechtsdogmatische und rechtpolitische Untersuchung, 2013

Hudson

Hudson, Alastair, Securities Law, 2008

Hüffer/Koch

Hüffer, Uwe/Koch, Jens, AktG, 12. Aufl. 2016

Jannott/Frodermann/ Bearbeiter

Jannott, Dirk/Frodermann, Jürgen (Hrsg.), Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 2014

K/B/K/W/Bearbeiter

Kremer, Thomas/Bachmann, Gregor/Lutter, Marcus/Werder, Axel von, Deutscher Corporate Governance Kodex, 6. Aufl. 2016

Kallmeyer/Bearbeiter

Kallmeyer, Harald (Hrsg.), Umwandlungsgesetz, 7. Aufl. 2017

Kalss/Bearbeiter

Kalss, Susanne (Hrsg.), Verschmelzung – Spaltung – Umwandlung, 2. Aufl. 2010

Kalss/Hügel/ Bearbeiter

Kalss, Susanne/Hügel, Hanns F., SE-Kommentar, 2004

Kalss/Oppitz/Zollner, KMR

Kalss, Susanne/Oppitz, Martin/Zollner, Johannes, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2015

Kilian/Wendt

Kilian, Wolfgang/Wendt, Domenik Henning, Europäisches Wirtschaftsrecht, 5. Aufl. 2016

KK-AktG/Bearbeiter

Kölner Kommentar zum Aktiengesetz (Zöllner, Wolfgang/Noack, Ulrich (Hrsg.), 3. Aufl. 2009 ff.

KK-UmwG/ Bearbeiter

Kölner Kommentar zum Umwandlungsgesetz (Dauner-Lieb, Barbara/Simon, Stefan [Hrsg.]), 1. Aufl. 2009

KK-WpHG/ Bearbeiter

Kölner Kommentar zum WpHG (Hirte, Heribert/Möllers, Thomas M.J. [Hrsg.], 2. Aufl. 2014

KK-WpÜG/Bearbeier von Bülow, Christoph/Hirte, Heribert (Hrsg.), Kölner Kommentar zum WpÜG, 2. Aufl. 2010 KMRK/Bearbeiter

Schwark, Eberhard/Zimmer, Daniel, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl. 2010

Kocher

Kocher, Eva, Europäisches Arbeitsrecht, 2016

Koller

Koller, Torsten, Die europäische Harmonisierung des Rechts der Verschmelzung, 2004

Kümpel/Wittig/ Bearbeiter

Kümpel, Siegfried/Wittig, Arne, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011

Langenbucher

Langenbucher, Katja, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2015

Langenbucher/ Bearbeiter

Langenbucher, Katja (Hrsg.), Europäisches Privat- und Wirtschaftsrecht, 4. Aufl. 2017

Lehmann/Kumpan/ Bearbeiter

Lehmann, Matthias/Kumpan, Christoph (eds.), Financial Services Law, 2017

Lenenbach

Lenenbach, Markus, Kapitalmarktrecht und kapitalmarktrelevantes Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2010

Lieder, Aufsichtsrat

Lieder, Jan, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, 2006

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

XXXIX

Lösekrug

Lösekrug, Jens, Die Umsetzung der Kapital-, Verschmelzungs- und Spaltungsrichtlinie der EG in das nationale deutsche Recht, 2004

Lutter/Hommelhoff/ Bearbeiter

Lutter, Marcus/Hommelhoff, Peter, Kommentar zum GmbHG, 19. Aufl. 2016

Lutter/Bearbeiter

Lutter, Marcus (Bayer, Walter/Vetter, Jochen [Hrsg.]), Umwandlungsgesetz, 5. Aufl. 2014

Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/ Bearbeiter

Lutter, Marcus/Hommelhoff, Peter/Teichmann, Christoph (Hrsg.), SE-Kommentar, 2. Aufl. 2015

Lutter/Krieger/Verse

Lutter, Marcus/Krieger, Gerd/Verse, Dirk, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 6. Aufl. 2014

M/H/L/S/Bearbeiter

Michalski, Lutz/Heidinger, Andreas/Leible, Stefan/Schmidt, Jessica (Hrsg.), Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH-Gesetz), 3. Aufl. 2017

Mäntysaari

Mäntysaari, Petri, The Law of Corporate Finance: General Principles and EU Law Volume III: Funding, Exit, Takeovers, 2010

Manz/Mayer/Schröder/ Manz, Gerhard/Mayer, Barbara/Schröder, Albert (Hrsg.), SEBearbeiter Kommentar, 2. Aufl. 2010 Marsch-Barner/ Marsch-Barner, Reinhard/Schäfer, Frank A. (Hrsg.), Handbuch Schäfer/ börsennotierte AG, 3. Aufl. 2014 Bearbeiter, Hdb. börsennotierte AG MMS/Bearbeiter

Mankowski, Peter/Müller, Michael/Schmidt, Jessica, EuInsVO 2015, 2016

Moloney

Moloney, Niamh, EC Securities and Financial Markets Regulation, 3. Aufl. 2014

MüKoAktG/ Bearbeiter

Münchener Kommentar zum Aktiengesetz (Goette, Wulf/ Habersack, Mathias [Hrsg.]), 4. Aufl. 2016 ff. (Band 1+2) bzw. 3. Aufl. 2013 ff. (Band 3–7)

MüKoBGB/Bearbeiter Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 7. Aufl. 2015 ff. (Band 1–3) bzw. 6. Aufl. 2012 ff. MüKoBilanzR/ Bearbeiter

Hennrichs, Joachim/Kleindiek, Detlef/Watrin, Christoph, Münchener Kommentar zum Bilanzrecht, 1. Aufl. 2013

MüKoGmbHG/ Bearbeiter

Münchener Kommentar zum GmbHG (Fleischer, Holger/Goette, Wulf [Hrsg.]), 2. Aufl. 2015 ff.

MüKoHGB/ Bearbeiter

Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 3. Aufl. 2012 ff. (Band 3–7) bzw. 4. Aufl. 2016 (Band 1+2)

MüKoInsO/Bearbeiter Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2013 ff. MüKoZPO/Bearbeiter Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 4. Aufl. 2013 ff. MünchHdbGesR I/ Bearbeiter

Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts. Band 1: BGBGesellschaft, Offene Handelsgesellschaft, Partnerschaftsgesellschaft, Partenreederei, EWIV (Gummert, Hans/Weipert, Lutz [Hrsg.]), 4. Aufl. 2014

MünchHdbGesR IV/ Bearbeiter

Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts. Band 4: Aktien­ gesellschaft (Hoffmann-Becking, Michael [Hrsg.], 4. Aufl. 2015

XL

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

MünchHdbGesR VI/ Bearbeiter

Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts. Band 6: Inter­ nationales Gesellschaftsrecht. Grenzüberschreitende Umwandlungen (Leible, Stefan/Reichert, Jochem [Hrsg.]), 4. Aufl. 2013

MünchHdbGesR VIII/Bearbeiter

Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts. Band 8: Umwandlungen (Lieder, Jan/Wilk, Cornelius/Ghassemi-Tabar, Cornelius [Hrsg.]), 1. Aufl. 2018

Nagel/Freis/ Kleinsorge/ Bearbeiter

Nagel, Bernhard/Freis, Gerhild/Kleinsorge, Georg, Beteiligung der Arbeitnehmer im Unternehmen auf der Grundlage des europäischen Rechts, 2. Aufl. 2009

Nerlich/Römermann/ Nerlich, Jörg/Römermann, Volker, InsO, 31. EL 2017 Bearbeiter Nestler

Nestler, Nina, Bank- und Kapitalmarktstrafrecht, 2017

NK-WpÜG/ Bearbeiter

Thaeter, Ralf/Abbas, Raya, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 1. Aufl. 2012

Nobel

Nobel, Peter, Transnationales und Europäisches Aktienrecht, Band 2: Teil Europarecht, 2. Aufl. 2012

Ochmann

Ochmann, Florian, Die Aktionärsrechte-Richtlinie, 2009

Oetker/Bearbeiter

Oetker, Hartmut (Hrsg.), Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2017

Oppermann/Classen/ Nettesheim

Oppermann, Thomas/Classen, Claus Dieter/Nettesheim, Martin, Europarecht, 7. Aufl. 2016

Palmer’s Company Law

Morse, Geoffrey (ed.), Palmer’s Company Law, Online-Ausgabe via Westlaw

Papadopoulos

Papadopoulos, Thomas, EU Law and the Harmonization of Takeovers in the Internal Market, 2010

Paschos/Fleischer/ Bearbeiter

Paschos, Nikolaos/Fleischer, Holger (Hrsg.), Handbuch Übernahme­recht nach dem WpÜG, 2017

Pechstein

Pechstein, Matthias, EU-Prozessrecht, 4. Aufl. 2011

Pöhlmann/Fandrich/ Pöhlmann, Peter/Fandrich, Andreas/Bloehs, Joachim, Bloehs/Bearbeiter Genossenschaftsgesetz, 4. Aufl. 2012 Preis/Sagan/Bearbeiter Preis, Ulrich/Sagan, Adam (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, 2015 Riesenhuber

Riesenhuber, Karl, Europäisches Arbeitsrecht, 2009

Riesenhuber/ Bearbeiter

Riesenhuber, Karl (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 3. Aufl. 2015

Röhricht/Westphalen/ Röhricht, Volker/Westphalen, Friedrich Graf von/Haas, Ulrich Haas/Bearbeiter (Hrsg.), HGB, 4. Aufl. 2014 Roth/Altmeppen/ Bearbeiter

Roth, Günther H./Altmeppen, Holger, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 8. Aufl. 2015

Roth/Kindler

Roth, Günter H./Kindler, Peter, The spirit of corporate law. Core principles of corporate law in continental Europe, 2013

Schimansky/Bunte/ Lwowski/ Bearbeiter

Schimansky, Herbert/Bunte, Hermann-Josef/Lwowski, HansJürgen (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017

J. Schmidt, SE

Schmidt, Jessica, „Deutsche“ vs. „britische“ Societas Europaea (SE), 2006; 2. unveränd. Aufl. 2010

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

XLI

K. Schmidt, HandelsR Schmidt, Karsten, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014 K. Schmidt/Bearbeiter Schmidt, Karsten (Hrsg.), Insolvenzordnung, 19. Aufl. 2016 K. Schmidt/Lutter/ Bearbeiter

Schmidt, Karsten/Lutter, Marcus (Hrsg.), Aktiengesetz, 3. Aufl. 2015 [zit.:]

Schmidt-Kessel/ Leutner/Müther/ Bearbeiter

Schmidt-Kessel, Martin/Leutner, Gerd/Müther, Peter-Hendrik, Handelsregisterrecht, 2010

Schmitt/Hörtnagl/ Stratz/Bearbeiter

Schmitt, Joachim/Hörtnagl, Robert/Stratz, Rolf-Christian, Umwandlungsgesetz. Umwandlungssteuergesetz, 7. Aufl. 2016

Scholz/Bearbeiter

Scholz, Frank (Hrsg.), GmbHG, 11. Aufl. 2012/2015

Schroeder

Schroeder, Werner, Grundkurs Europarecht, 4. Aufl. 2015

Schulze/Bearbeiter

Schulze, Reiner, (Hrsg.), Europäische Genossenschaft (SCE), 2004

Schwarz

Schwarz, Günther Christian, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2000

Schwarz, SE

Schwarz, Günther Christian, SE-Kommentar, 2006

Selbherr/Manz/ Bearbeiter

Selbherr, Paul/Manz, Gerhard (Hrsg.), Kommentar zur europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), 1995

Semler/Stengel/ Bearbeiter

Semler, Johannes/Stengel, Arndt (Hrsg.), Umwandlungsgesetz, 3. Aufl. 2012

Spindler/Stilz/ Bearbeiter

Spindler, Gerald/Stilz, Eberhard (Hrsg.), Aktiengesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2015

Staudinger/Bearbeiter v. Staudinger, Julius, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar Steinmeyer/Bearbeiter Steinmeyer, Roland (Hrsg.), Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 3. Aufl. 2013 Stiegler

Stiegler, Sascha, Grenzüberschreitende Sitzverlegung nach deutschem und europäischem Recht, 2017

Streinz

Streinz, Rudolf, Europarecht, 10. Aufl. 2016

Streinz/Bearbeiter

Streinz, Rudolf (Hrsg.), EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012

Tauchert-Nosko

Tauchert-Nosko, Martina, Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften in Deutschland und Frankreich, 1999

Thüsing

Thüsing, Gregor, Europäisches Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2017

U/H/H/Bearbeiter

Ulmer, Peter/Habersack, Mathias/Henssler, Martin, Mitbestimmungsrecht, 3. Aufl. 2013

UHL/Bearbeiter

Ulmer, Peter/Habersack, Mathias/Löbbe, Marc (Hrsg.), GmbHG, 2. Aufl. 2013 ff.

Uhlenbruck/ Bearbeiter

Uhlenbruck, Wilhelm/Hirte, Heribert/Vallender, Heinz (Hrsg.), Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015

Van Gerven/ Bearbeiter, Capital Directive

Van Gerven, Dirk (ed.), Capital Directive in Europe, 2014

Van Gerven/ Van Gerven, Dirk (ed.), Cross-Border Mergers in Europe, 2010 Bearbeiter, CrossBorder Mergers

XLII

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

Veil/Bearbeiter, ECML

Veil, Rüdiger (ed.), European Capital Marktes Law, 2nd ed. 2017

Virgós/Schmit

Virgós, Miguel/Schmit, Etienne, Report on the Convention on Insolvency Proceedings, Dok. 6500/96

Voigt

Voigt, Eurydice, Das Handelsrecht der Zweigniederlassung, 2010

Werlauff

Werlauff, Erik, EU-Company Law, 2. Aufl. 2003

Wicke

Wicke, Hartmut, GmbHG, 3. Aufl. 2016

Widmann/Mayer/ Bearbeiter

Widmann, Siegfried/Mayer, Dieter, Umwandlungsrecht, Loseblatt

Abkürzungsverzeichnis a.A. andere(r) Ansicht AAFSJ Academy of Accounting and Financial Studies Journal a.a.O. am angegebenen Ort AB aktiebolag akcinė bendrovė AbwMechG Abwicklungsmechanismusgesetz a.E. am Ende a.F. alte Fassung AAK Arbeitskreis Aktien- und Kapitalmarktrecht ABlEG Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ab 1.2.2003: ABlEU – Amtsblatt der Europäischen Union) ABlEU Amtsblatt der Europäischen Union (bis 31.1.2003: ABlEG – Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften) Abs. Absatz/Absätze abw. abweichend AC Law Reports: Appeal Cases (2nd series: 1875–90; 3rd series: 1891 – current) Account. Econ. Law. Accounting, Economics, and Law: A Convivium [Zeitschrift] AcP Archiv für die civilistische Praxis ADD Addendum ADHGB Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch AdR Ausschuss der Regionen ADR Alternative Dispute Resolute [alternative Streitbelegung] AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AG Aktiengesellschaft Die Aktiengesellschaft [Zeitschrift] Amtsgericht AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AIF Alternative Investment Fund AIFM Alternative Investment Fund Manager AJCL American Journal of Comparative Law AJLE Asian Journal of Law and Economics akc. spol. akciová spoločnosť AktÄndG Gesetz zur Änderung des Aktiengesetzes AktG Aktiengesetz AktRÄG Aktienrechts-Änderungsgesetz All ER All England law reports (1936 – heute) allg. allgemein Alt. Alternative Am. J. Agr. Econ. American Journal of Agricultural Economics Am. J. Comp. L. American Journal of Comparative Law AMF Autorité des Marchés Financiers [franz. Finanzaufsichtsbehörde] AMLD Anti-Money Laundering Directive (Geldwäsche-RL) AMP accepted market practices [zulässige Marktpraxis] Anh. Anhang Anm. Anmerkung Ann. Surv. Int’l Annual Survey of International and Comparative Law & Comp. L. AnSVG Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutz­ verbesserungsgesetz – AnSVG) v. 28.10.2004, BGBl. I, 2630

XLIV

Abkürzungsverzeichnis

AnwBl. Anwaltsblatt AP Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts – Arbeitsrechtliche Praxis APA Approved Publication Arrangements [genehmigter Veröffentlichungs­systeme] APAS Abschlussprüferaufsichtsstelle APRL Abschlussprüferrichtlinie ApS anpartsselskab APVO Abschlussprüferverordnung ARÄG Aktienrechtsänderungsgesetz [Österreich] ArbGeb Der Arbeitgeber [Zeitschrift] ARC Accounting Regulatory Committee (Regelungsausschuss für Rechnungs­legung) ArbEGAnpG Gesetz über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz und über die Erhaltung von Ansprüchen bei Betriebs­ übergang (Arbeitsrechtliches EG-Anpassungsgesetz) v. 13.8.1980, BGBl. I, 1308 ArbG Arbeitsgericht ArbGeb Der Arbeitgeber [Zeitschrift] arg. argumentum ArGe Arbeitsgemeinschaft ARRL Aktionärsrechterichtlinie Art. Artikel ARTE Association Relative à la Télévision Européenne ARUG Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie v. 30.7.2009, BGBl. I, 2479 ARM Approved Reporting Mechanisms [genehmigte Meldemechanismen] ARZ Allgemeine Register und Gerichtsstandsbestimmungen [Register­ zeichen Zivilsachen BGH] AS akciju sabiedrība aksjeselskap A/S aktieselskab a.s. akciová společnost ASA allmennaksjeselskap AStG Gesetz über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen AStV Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten AT Österreich AuA Arbeit und Arbeitsrecht [Zeitschrift] Aufl. Auflage AuR Arbeit und Recht [Zeitschrift] ausf. ausführlich Ausn. Ausnahme(n) AV Allgemeinverfügung AWD Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters [Zeitschrift] AW-Prax Außenwirtschaftliche Praxis [Zeitschrift] AWV Verordnung zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes Az. Aktenzeichen B B.F.L.R. Banking and Finance Law Review BAA Bundesausgleichsamt British Airports Authority BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BAG Bundesarbeitsgericht BAnz. Bundesanzeiger

Abkürzungsverzeichnis

BAWe BayObLG BayObLGZ

XLV

Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivil­ sachen BB Betriebs-Berater [Zeitschrift] BCC British Company Cases BCCI Bank of Credit and International Commerce Bd. Band BDA Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände BdB Bundesverband deutscher Banken BDI Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. BE Belgien Bearb. Bearbeiter Bearbeitung BeckOK Beck’scher Online-Kommentar BGB BeckOGK beck-online.GROSSKOMMENTAR BeckRS Beck-Rechtsprechung Begr. Begründung BegrRA Begründung Rechtsausschuss BegrRegE Begründung Regierungsentwurf Beil. Beilage BERR Department for Business, Enterprise and Regulatory Reform [UK: Ministerium für Handel, Unternehmen und regulatorische Reform, 2007–2009, Vorläufer von BIS] bes. besonders betr. betreffend betrifft BetrAVG Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung BetrVG Betriebsverfassungsgesetz BeurkG Beurkundungsgesetz BFH Bundesfinanzhof BFHE Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BFuP Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis [Zeitschrift] B.F.L.R. Banking & Finance Law Review BG Bulgarien BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen BilMoG Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanz­rechts­ modernisierungs­gesetz − BilMoG) v. 25.5.2009, BGBl. I, 1102 BilReG Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanz­ rechtsreformgesetz – BilReG) v. 4.12.2004, BGBl. I, 3166 BiRiLiG Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz BiRiLiG) v. 19.12.1985, BGBl. I, 2355 BIS Bank for International Settlement Department for Business, Innovation and Skills [UK: Ministerium für Handel, Innovation und Qualifikationen, seit 2009 Nachfolger von BERR] BIZ Bank für Internationalen Zahlungsausgleich B.J.E.D. Bulletin Joly Entreprises en difficulté

XLVI

Abkürzungsverzeichnis

BJIBFL Butterworths Journal of International Banking and Financial Law BJL Bucerius Law Journal BKR Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht BLR Business Law Review BMF Bundesministerium der Finanzen BMJ Bundesministerium der Justiz BMJV Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz BMR Benchmark Regulation BNotK Bundesnotarkammer BNotO Bundesnotarordnung BOE Boletín Oficial del Estado [spanisches Gesetz- und Amtsblatt] BörsG Börsengesetz BörsZulG Börsenzulassungsgesetz BörsZulV Börsenzulassungsverordnung BPIR Bankruptcy and Personal Insolvency Reports BRAO Bundesrechtsanwaltsordnung BRD Bundesrepublik Deutschland BR-Drs. Bundesratsdrucksache BReg. Bundesregierung BRIS Business Registers Interconnection System BRIS-RL RL 2012/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.6.2012 zur Änderung der RL 89/666/EWG des Rates sowie der Richtlinien 2005/56/EG und 2009/101/EG des Europäischen Parla­ ments und des Rates in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern, ABlEU v. 16.6.2012, L 156/1 BRIS-UG Gesetz zur Umsetzung der RL 2012/17/EU in Bezug auf die Ver­ knüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern in der Europäischen Union v. 22.12.2014, BGBl. I, 2409 BRJ Bonner Rechtsjournal Brook. J. Int’l L. Brooklyn Journal of International Law Brook. J. Corp. Fin. Brooklyn Journal of Corporate, Financial & Commercial Law & Com. L. BRRD Bank Recovery and Resolution Directive (Bankensanierungs- und abwicklungs-RL) BRRD-UmsG BRRD-Umsetzungsgesetz (Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (BRRD-Umsetzungsgesetz) v. 10.12.2014, BGBl. I, 2091) Brüssel I-VO VO (EG) Nr. 44/2001 des Rates v. 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Ent­ scheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABlEU v. 16.1.2001, L 12/1 Brüssel Ia-VO VO (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Neufassung), ABlEU v. 20.12.2012, L 351/1 BRZ Zeitschrift für Bilanzierung und Rechnungswesen BSG Bundessozialgericht

Abkürzungsverzeichnis

XLVII

Bsp. Beispiel BT-Drs. Bundestagsdrucksache BT-PlPr. Plenarprotokoll Bundestag BTzW Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht Bull. Bulletin Bull. Joly Bulletin Joly Sociétés BullEG Bulletin der Europäischen Gemeinschaften BÜRL Betriebsübergangsrichtlinie Bus. L. Int’l Business Law International [Zeitschrift] BuW Betrieb und Wirtschaft [Zeitschrift] BV besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (amtliche Sammlung) BVG Besonderes Verhandlungsgremium BvG Verfassungsstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern [Registerzeichen BVerfG] BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. BvR Verfassungsbeschwerden [Registerzeichen BVerfG] BVR Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken BWNotZ Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg BYU L. Rev. Brigham Young University Law Review bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise C C Dokumente im Zusammenhang mit Beschlüssen oder Entscheidungen, die die Kommission in eigener Verantwortung erlässt (in der dt. Fassung früher: „K“) c. column [Spalte] CA Companies Act Cal. L. Rev. California Law Review CARD Consolidated Admissions and Reporting Directive (Kapital­markt­ publizitäts-RL) CASE Center for Social and Economic Research Cass. crim. Cour de Cassation, chambre criminelle CB Compliance-Berater [Zeitschrift] CBCR Country-by-Country Reporting CBMD Cross-Border Mergers Directive CBMR Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007 (SI 2007/2974) CEAOB Committee of European Auditing Oversight Bodies [Ausschuss der europäischen Aufsichtsstellen für Abschlussprüfer] C. com. Code de commerce [franz. Handelsgesetzbuch] CCP central counterparty [zentrale Gegenpartei] CCZ Corporate Compliance Zeitschrift CDE Cahiers de droit européen CDS Credit Default Swaps CEBS Committee of European Banking Supervisors [Ausschuss der europäischen Bankaufsichtsbehörden] CEE Communauté économique européenne [Europäische Wirtschafts­ gemeinschaft] CEO Chief Executive Officer CEGBPI Expert Group on Banking, Payments and Insurance CEIOPS Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors [Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung]

XLVIII CESE

Abkürzungsverzeichnis

Comité économique et social européen [Europäischer Wirtschaftsund Sozialausschuss – EWSA] CESR Committee of European Securities Regulators [Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden] CFD contract for difference CFL Corporate Finance Law [Zeitschrift] CFSC Corporate Finance Standing Committee CGAG Corporate Governance Advisory Group Ch Law Reports: Chancery (1st series: 1865–1875; 2nd series: 1875–90; 3rd series: 1891 – current) Ch App Law Reports Chancery Appeals (1865–1875) ch. chapter [Kapitel] c.i.c. culpa in contrahendo CLJ Cambridge Law Journal CLP Current Legal Problems [Zeitschrift] Cm. Command Paper CMLJ Capital Markets Law Journal C.M.L. Rev. Common Market Law Review CNAV Constant Net Asset Value (konstanter Nettoinventarwert) CNE Comisión Nacional de Energía [spanische Energieaufsichtsbehörde] CNPF Conseil national du patronat français [französischer Unternehmer­ verband, Vorläufer von MEDEF] Co. Company C.O.B. Compliance Officer Bulletin Co Law The Company Lawyer [Zeitschrift] Co. L.N. Company Law Newsletter Colum. J. Eur. L. Columbia Journal of European Law COM Legislativvorschläge und sonstige Mitteilungen der Kommission an den Rat und/oder an die anderen Organe sowie die entsprechenden vorbereitenden Dokumente. Dokumente der Kommission für die anderen Organe (Legislativvorschläge, Mitteilungen, Berichte usw.) (dt. Fassung bis 2012: „KOM“) COMI centre of main interests [Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen] Comp. & Risk Compliance & Risk [Zeitschrift] Cornell Int’l L. J. Cornell International Law Journal CSR Corporate Social Responsibility CPSS Committee on Payment and Settlement Systems [Basler Ausschuss für Zahlungsverkehrs- und Abwicklungssysteme] CR Computer und Recht [Zeitschrift] CRA Crediting Rating Agency [Ratingagentur] CRAR Credit Rating Agencies Regulation [Rating-VO] CRD Capital Requirements Directive [Kapitaladäquanzrichtlinie] CREDA Centre de recherche sur le droit des affaires de la Chambre de commerce et d’industrie de Paris CRR Capital Requirements Regulation [Kapitaladäquanzverordnung] CSD Central Securities Depositories [Zentralverwahrer] CSDR Central Securities Depositories Regulation [Zentralverwahrer-VO] CSES Centre for Strategy and Evaluation Services CT Consolidated Tape [konsolidierter Datenticker] CTP Consolidated Tape Providers [Anbieter konsolidierter Datenticker] CY Zypern CZ Tschechische Republik D

Abkürzungsverzeichnis

XLIX

D. Recueil Dalloz [Zeitschrift] d.d. dioničko društvo delniška družba d.l. decreto-legge D. Lg. decreto legislativo d.h. das heißt D.R. Diário da República [portugiesisches Amtsblatt] DAI Deutsches Aktieninstitut DAV Deutscher Anwaltverein DAX Deutscher Aktienindex DB Der Betrieb [Zeitschrift] DBW Die Betriebswirtschaft [Zeitschrift] DCF Discounted Cash Flow DCGK Deutscher Corporate Governance Kodex DE Deutschland dergl. dergleichen ders. derselbe Dez. Dezember DG MARKT Directorate General Internal Market and Services [Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen] DGB Deutscher Gewerkschaftsbund Dick. J. Int’l. L. Dickinson Journal of International Law dies. dieselbe(n) diesbzgl. diesbezüglich DIHK Deutscher Industrie- und Handelskammertag DiskE Diskussionsentwurf Diss. Dissertation DJT Deutscher Juristentag DK Dänemark DL Decreto-Lei DM Deutsche Mark DMBilG Gesetz über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark und die Kapital­neufestsetzung DNotI Deutsches Notarinstitut DNotV Deutscher Notarverein DNotZ Deutsche Notar-Zeitschrift doi digital object identifier [Digitaler Objektbezeichner] Dok. Dokument [insbesondere: Ratsdokument] d.o.o. društvo s ograničenom odgovornošću družba z omejeno odgovornostjo DPCI Droit et pratique du commerce international [Zeitschrift] Dr. Doktor DRB Deutscher Richterbund Dres. Doctores DrittelbG Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichts­rat DRiZ Deutsche Richterzeitung DRL Durchführungsrichtlinie Dr. sociétés Droit des sociétés DRS Deutsche Rechnungslegungs Standards Data Reporting Services [Datenbereitstellungsdienste] DSGV Deutscher Sparkassen- und Giroverband DSRL RL 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung

L

Abkürzungsverzeichnis

personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABlEG v. 23.11.1995, L 281/31 [Datenschutz-RL] DStR Deutsches Steuerrecht [Zeitschrift] DStZ Deutsche Steuer-Zeitung dt. deutsch DTI Department of Trade and Industry [UK: Handels- und Industrie­ ministerium, 1983–2007, Vorläufer von BERR] DVBl. Deutsches Verwaltungsblatt DVO Durchführungsverordnung DVP delivery versus payment DWiR Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht DZWiR Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht E EAEG Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz EAVA European Added Value Assessment EBA European Banking Authority/Europäische Bankenaufsichts­behörde EBLR European Business Law Review EBOR European Business Organization Law Review EBR Europäischer Betriebsrat EBRG Gesetz über Europäische Betriebsräte EBR-RL RL 94/45/EG des Rates v. 22.9.1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen, ABlEG v. 30.9.1994, L 254/64 EBR-RL 1994 RL 2009/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 6.5.2009 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen, ABlEU v. 16.5.2009, L 122/28 EC European Communities [Europäische Gemeinschaften] ECFR European Company and Financial Law Review ECGF Europäisches Corporate Governance Forum ECGI European Corporate Governance Institute ECJ European Court of Justice [Europäischer Gerichtshof] ECL European Company Law [Zeitschrift] ECLE European Company Law Experts E.C.L. Rev. European Constitutional Law Review ECMI European Capital Markets Institute ECON Committee on Economic and Monetary Affairs [Ausschuss für Wirtschaft und Währung (Europäisches Parlament)] ECP eligible counterparty (geeignete Gegenpartei) ECU European Currency Unit [Europäische Währungseinheit, Nachfolgerin der ERE und (zumindest i.w.S.) Vorläuferin des Euro] ed. editor [Herausgeber] eds. editors [Herausgeber] EDSB Europäischer Datenschutzbeauftragter EDPL European Data Protection Law Review EE Estland EEA European Economic Area [Europäischer Wirtschaftsraum] Einheitliche Europäische Akte EEAP European Electronic Access Point [europäisches elektronisches Zugangs­portal]

Abkürzungsverzeichnis

EEC

LI

European Economic Community [Europäische Wirtschaftsgemeinschaft] EEIG European Economic Interest Grouping [englische Bezeichnung der EWIV] EEZP europäisches elektronisches Zugangsportal [European Electronic Access Point] EFAMA European Fund and Asset Management Association EFG Entscheidungen der Finanzgerichte EFRAG European Financial Reporting Advisory Group EFSF Europäische Finanzstabilisierungsfazilität EFTA European Free Trade Association [Europäische Freihandelsassoziation] EFTA Ct. Rep. EFTA Court Reports [Entscheidungssammlung des EFTA-Gerichts­ hofs] eG eingetragene Genossenschaft EG Europäische Gemeinschaft(en) EGAktG Einführungsgesetz zum Aktiengesetz EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch EGESC Expert Group of the European Securities Committee EGInsO Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung EGPIL European Group for Private International Law EGV EG-Vertrag (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) Ehf einkahlutafélag EHUG Gesetz über das elektronische Handelsregister und Genossenschafts­register sowie das Unternehmensregister EIB Europäische Investitionsbank eIDAS electronic identification and signature eIDAS-VO Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23.7.2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG, ABlEU v. 28.8.2014, L 257/73 Einf. Einführung Einl. Einleitung EinSiG Einlagensicherungsgesetz EIOPA European Insurance and Occupational Pensions Authority [Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung] EIOPC European Insurance and Occupational Pensions Committee EIRL Estabelecimento mercantil individual de responsabilidade limitada [portugiesisches Einpersonen-Unternehmen mit beschränkter Haftung] EL Griechenland E.L. Rev. European Law Review EMCA European Model Company Act EMIR European Market Infrastructure Regulation EMIRAG Ausführungsgesetz zur Verordnung (EU) Nr. 648/2012 über OTCDerivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (EMIRAusführungsgesetz) v. 13.2.2013, BGBl. I, 174 EMRK Europäische Menschenrechtskonvention endg. endgültig engl. englisch entspr. entsprechend

LII ENISA

Abkürzungsverzeichnis

European Union Agency for Network and Information Security (Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit) EP Europäisches Parlament EPG Europäische Privatgesellschaft [= Societas Privata Europaea – SPE] EpGRL Einpersonengesellschaftsrichtlinie ERCL European Review of Contract Law ERE Europäische Rechnungseinheit [Vorläufer des ECU] Erl. Erläuterung ERPL European Review of Public Law ErwG Erwägungsgrund ES Spanien ESA European Supervisory Authorities [Europäische Aufsichtsbehörden] ESEF European single electronic format ESFS European System of Financial Supervision [Europäisches System der Finanzaufsicht] ESM Europäischer Stabilitätsmechanismus ESMA European Securities and Markets Authority [Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde] ESME European Securities Markets Expert Group [Expertengruppe Europäische Wertpapiermärkte] ESRB European Systemic Risk Board [Europäischer Ausschuss für Systemrisiken] EStG Einkommenssteuergesetz ESUG Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen ESZB Europäisches System der Zentralbanken etc. et cetera [und so weiter] ETF exchange-traded funds (börsengehandelte Indexfonds) ETUC European Trade Union Conferedation [Europäischer Gewerkschaftsbund] ETS European Treaty Series EU Europäische Union EU-DSGVO VO (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG, ABlEU v. 4.5.2016, L 119/1 [EU-Datenschutz-Grundverordnung – EU-DSGVO] EuErbVO Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, ABlEU v. 27.7.2012, L 201/107 EuG Gericht [seit dem Vertrag von Lissabon heißt das Gericht erster Instanz offiziell nur noch „Gericht“] EuGGes Europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft EuGH Europäischer Gerichtshof EuGHVerfO EuGH-Verfahrensordnung EUGRCh EU-Grundrechtecharta EuGVÜ Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen EUID European Unique Identifier EuInsVO Europäische Insolvenzverordnung EuLF The European Legal Forum [Zeitschrift] EuR Europarecht [Zeitschrift] EURIBOR Euro InterBank Offered Rate

Abkürzungsverzeichnis

Eur J Law Econ Euro. News Eur. Rev. Agric. Econ. Euro. Law. EuroBilG

LIII

European Journal of Law and Economics European News European Review of Agricultural Economics European Lawyer [Zeitschrift] Gesetz zur Anpassung bilanzrechtlicher Bestimmungen an die Einführung des Euro, zur Erleichterung der Publizität für Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen sowie zur Einführung einer Qualitätskontrolle für genossenschaftliche Prüfungsverbände (Euro- Bilanzgesetz) EuSEF European social entrepreneurship funds [Europäische Fonds für soziales Unternehmertum] EU-UstB EU-Umsatz-Steuer-Berater [Zeitschrift] EuV Europäischer Verein EUV Vertrag über die Europäische Union EuVECA European venture capital fund [Europäischer Risikokapitalfonds] EU-VerschG Bundesgesetz über die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften in der Europäischen Union (EUVerschmelzungsgesetz – EU-VerschG) [Österreich] EuVR Zeitschrift für Europäisches Unternehmens- und Verbraucherrecht (ab 2015: Journal of European Consumer and Market Law – EuCML) EuZ Zeitschrift für Europarecht EuZVO VO (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 13.11.2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten („Zustellung von Schriftstücken“) EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht e.V. eingetragener Verein evtl. eventuell EWCA Civ Court of Appeal (Civil Division) (media neutral citation) [neutrale Fundstelle für Entscheidung der Zivilabteilung des Court of Appeal] EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWHC High Court of England and Wales (media neutral citation) [neutrale Fundstelle für Entscheidungen des High Court] EWiR Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht [Zeitschrift] EWIV Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung EWR Europäischer Wirtschaftsraum EWRV Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum EWS Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht [Zeitschrift] EWSA Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss EzA Entscheidungen zum Arbeitsrecht EZB Europäische Zentralbank F f. folgende FamFG Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Ange­legen­ heiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit FAQ frequently asked questions [häufig gestellte Fragen] FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung FCA Financial Conduct Authority FCD Financial Collateral Arrangements Directive (Finanzsicherheiten-RL) F. & C. L. Finance & Credit Law [Zeitschrift] FD-HGR Fachdienst Handels- und Gesellschaftsrecht [Zeitschrift] FDP Freie Demokratische Partei FE Fundatio Europaea (Europäische Stiftung)

LIV FECG FEMM

Abkürzungsverzeichnis

Forum Europaeum on Company Groups Committee on Women’s Rights and Gender Equality [Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (Europäisches Parlament)] ff. fortfolgende FGG Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den FGG-RG Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG) FGPrax Praxis der freiwilligen Gerichtsbarkeit [Zeitschrift] FI Finnland FICOD Financial Conglomerates Directive [Finanzkonglomerate-RL] FiMaNoG Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften aufgrund europäischer Rechtsakte (Finanzmarktnovellierungsgesetz − FiMaNoG) FinAnV Verordnung über die Analyse von Finanzinstrumenten (Finanz­ analyseverordnung – FinAnV) FinARErgG Gesetz zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanz­systems und zur Änderung der Umsetzung der Wohn­ immobilienkreditricht­linie (Finanzaufsichtsrechtergänzungs­gesetz) v. 6.6.2017, BGBl. I, 1495 FinDAG Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz FinDAGKostV Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz FKAG Finanzkonglomerate-Aufsichtsgesetz FKUG Finanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungsgesetz FKVO Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates v. 20.1.2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EGFusionskontrollverordnung“) FMS Finanzmarktstabilisierungsfonds FMSANeuOG Gesetz zur Neuordnung der Aufgaben der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA-Neuordnungsgesetz – FMSANeuOG) v. 23.12.2016, BGBl. I, 3171 FMStBG Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung des Erwerbs von Anteilen an sowie Risikopositionen von Unternehmen des Finanzsektors durch den Fonds „Finanzmarktstabilisierungsfonds – FMS“ FMStG Finanzmarktstabilisierungsgesetz Fn. Fußnote(n) FoF Fund(s)-of-Funds (Dachfonds) Fordham Int’l L.J Fordham International Law Journal Fordham L. Rev. Fordham Law Review FR Finanz-Rundschau Frankreich franz. französisch FRUG Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz) FS Festschrift FSAP Financial Services Action Plan [Aktionsplan für Finanzdienstleistungen] FSB Financial Stability Board fstk finanzen.steuern kompakt [Zeitschrift]

Abkürzungsverzeichnis

FührposGleichberG

LV

Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst v. 4.4.2015, BGBl. I, 642 FuS Zeitschrift für Familienunternehmen und Strategie FusRL Fusionsrichtlinie G G.U. Gazzetta ufficiale della Repubblica italiana [italienisches Amtsblatt] G20 Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer GA Generalanwalt/Generalanwältin GaJICL Georgia Journal of International and Comparative Law GATS Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen Gazz. Uff. Gazetta Ufficiale della Repubblica Italiana [italienisches Amtsblatt] GBO Grundbuchordnung GbR Gesellschaft bürgerlichen Rechts GD Generaldirektion [der Europäischen Kommission] GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GEIE groupement européen d’intérêt économique [franz. Name der EWIV] gem. gemäß GenG Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz) GeS GeS aktuell – Zeitschrift für Gesellschafts- und Steuerrecht GesAusG Bundesgesetz über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern (Gesellschafter-Ausschlussgesetz – GesAusG) [Österreich] GesR Zeitschrift für Gesellschaftsrecht GesRRL Gesellschaftsrechtsrichtlinie (RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 14.6.2017, L 169/46) GesRZ Zeitschrift für Gesellschafts- und Unternehmensrecht GewArch Gewerbearchiv [Zeitschrift] GewStG Gewerbesteuergesetz GFinM Global Financial Markets (Working Papers Series, ) GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ggf. gegebenenfalls GIE groupement d’intérêt économique GKKB Gemeinsame konsolidierte Körperschaftssteuer-Bemessungsgrund­ lage GLJ German Law Journal GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbHR GmbH-Rundschau GPR Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht grds. grundsätzlich GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht [Zeitschrift] GS Gedächtnisschrift GuV Gewinn- und Verlustrechnung GVG Gerichtsverfassungsgesetz GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen GwG Geldwäschegesetz GWR Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht [Zeitschrift] H HC House of Commons hf hlutafélag HL House of Lords

LVI

Abkürzungsverzeichnis

h.L. herrschende Lehre h.M. herrschende Meinung Harv. Bus. L. Rev. Harvard Business Law Review Harv. Int’l L. J. Harvard International Law Journal Hdb. Handbuch HGB Handelsgesetzbuch HGB-E Handelsgesetzbuch (Entwurf) HK Handkommentar HLJ Hertfordshire Law Journal Hous. J. Int’l L. Houston Journal of International Law HRB Handelsregister Abteilung B HRefG Handelsrechtsreformgesetz Hrsg. Herausgeber HRV Handelsregisterverordnung Hs. Halbsatz HU Ungarn I IA Insolvency Act IAS International Accounting Standards IASB International Accounting Standards Board IASC International Accouting Standards Committee ibid. ibidem [ebenda, ebendort] I.B.L.J. International Business Law Journal ICCLR International Company and Commercial Law Review ICLEG Informal Company Law Expert Group ICLQ International & Comparative Law Quarterly i.d.F. in der Fassung i.d.F.d. in der Fassung der/s i.d.F.v. in der Fassung von/m i.d.R. in der Regel i.d.S. in diesem Sinne IDW Institut der Wirtschaftsprüfer IE Irland i.E. im Ergebnis im Einzelnen I.E.L.R. International Energy Law Review i.e.S. im engeren Sinne IFLR International Financial Law Review IFRS International Financial Reporting Standards i.H.d. in Höhe der/s IHS Institute for Advanced Studies i.H.v. in Höhe von IILR International Insolvency Law Review ILF Institute for Law and Finance ILJ Industrial Law Journal I.L.Pr. International Litigation Procedure [Entscheidungssammlung] IMF International Monetary Fund (Internationaler Währungsfonds) Inc. Incorporated [Abkürzung bei (public) corporation] inkl. inklusive insbes. insbesondere InsO Insolvenzordnung InsO/KredVsÄndG Gesetz zur Änderung insolvenzrechtlicher und kreditwesenrechtlicher Vorschriften Insolv. Int. Insolvency Intelligence [Zeitschrift]

Abkürzungsverzeichnis

LVII

InstitutsVergV Institutsvergütungsverordnung Int J Comp LLIR International Journal of Comparative Labour Law and Industrial Relations Int’l L. International Lawyer [Zeitschrift] Int’l Fin. L. Rev. International Financial Law Review Intertax International Tax Review IntGesR Internationales Gesellschaftsrecht IntHGesR Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht IntInsNeuRG Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Insolvenzrechts IntInsR Internationales Insolvenzrecht Int. T. L.R. International Trade Law & Regulation [Zeitschrift] InvÄndG Gesetz zur Änderung des Investmentgesetzes und zur Anpassung anderer Vorschriften InvG Investmentgesetz InvModG Investmentmodernisierungsgesetz IOI actionable indications of interest (verbindliche Interessenbekundungen) IOSCO International Organization of Securities Commissions [Internationale Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden] IP Commission information à la presse [Kürzel für Pressemitteilungen der Europäischen Kommission] IPR Internationales Privatrecht IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts [Zeitschrift] IPRG Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privat­recht (IPRG) [Schweiz] i.R.d. im Rahmen der/s i.R.e. im Rahmen einer/s i.R.v. im Rahmen von IRZ Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung IS Island ISD Investment Services Directive [Wertpapierdienstleistungs-RL] i.S.d. im Sinne der/s i.S.e. im Sinne einer/s IStR Internationales Steuerrecht [Zeitschrift] IT Italien ITS implementing technical standards (technische Durchführungsstan­ dards) i.Ü. im Übrigen i.V.m. in Verbindung mit IWB Internationale Wirtschaftsbriefe [Zeitschrift] IWF Internationaler Währungsfonds IWRZ Zeitschrift für Internationales Wirtschaftsrecht i.w.S. im weiteren Sinne J JA Juristische Arbeitsblätter [Zeitschrift] JbItalR Jahrbuch für Italienisches Recht JbJZW Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler JBL Journal of Business Law JBl. Juristische Blätter [Zeitschrift] J. Bankr. L. & Prac. Journal of Bankruptcy Law and Practice JBR Journal of Banking Regulation J Bus Ethics Journal of Business Ethics JC Joint Committee of the European Supervisory Authories (Gemeinsamer Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden)

LVIII JCLS JCMS J. Comp. Bus. & Cap. Market L. J. Comp. Corp. L. & Sec. Reg. JCP JCP CI

Abkürzungsverzeichnis

Journal of Corporate Law Studies Journal of Common Market Studies Journal of Comparative Business and Capital Market Law Journal of Comparative Corporate Law and Securities Regulation

Jurisclasseur périodique (Semaine juridique) [Zeitschrift] Jurisclasseur périodique (Semaine juridique) édition „Commerce et industrie“ [Zeitschrift] JCP E Jurisclasseur périodique (Semaine juridique) édition „Entreprise“ [Zeitschrift] JDE Journal de droit européen J. Dev. Stud. Journal of Development Studies J. Fin. Journal of Finance JFR Journal of Financial Regulation J.F.R. & C. Journal of Financial Regulation and Compliance J.I.B.L.R. Journal of International Banking Law and Regulation J. Int’l L. Journal of International Law J.L. Econ. & Org. Journal of Law, Economics & Organization JO Journal officiel JODI Joint Organisations Data Initiative JOIC Journal of Investment Compliance JöR Jahrbuch des öffentlichen Rechts JORF Journal officiel de la République française [franz. Amtsblatt] Journal UEC Journal de l’Union européenne des experts comptables économiques et financiers JR Juristische Rundschau [Zeitschrift] JSOC Journal of Securities Operations & Custody JST Joint Supervisory Team (gemeinsames Aufsichtsteam) JT Journal des tribunaux Juridisk Tidskrift vid Stockholms Universitet JURA Juristische Ausbildung [Zeitschrift] JURI Committee on Legal Affairs [Rechtsausschuss (Europäisches Parlament)] jurisPR-HaGesR juris Praxisreport Handels- und Gesellschaftsrecht JuS Juristische Schulung [Zeitschrift] JW Juristische Wochenschrift JZ Juristenzeitung K K Dokumente im Zusammenhang mit Beschlüssen oder Entscheidungen, die die Kommission in eigener Verantwortung erlässt (in der englischen Fassung: „C“) KAGB Kapitalanlagegesetzbuch KAM key audit matters Kap. Kapitel KapCoRiLiG Gesetz zur Durchführung der Richtlinie des Rates der Europäischen Union zur Änderung der Bilanz- und der Konzernabschlussrichtlinie hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs (90/605/EWG), zur Verbesserung der Offenlegung von Jahresabschlüssen und zur Änderung anderer handelsrechtlicher Bestimmungen v. 24.2.2000 (Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz – KapCoRiLiG) KapCo-RL RL 90/604/EWG des Rates v. 8.11.1990 zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG über den Jahresabschluß und der Richtlinie 83/349/ EWG über den konsolidierten Abschluß hinsichtlich der Ausnahme

Abkürzungsverzeichnis

LIX

für kleine und mittlere Gesellschaften sowie der Offenlegung von Abschlüssen in Ecu [Kapitalgesellschaften- und Co-RL] KapErhG Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und über die Verschmelzung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung KapMuG Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz – KapMuG) KapRiLiG Gesetz zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts KapRL Kapitalrichtlinie KASG Kleinanlegerschutzgesetz v. 3.7.2015, BGBl. I, 1114 Kft korlátolt felelősségű társaság KG Kommanditgesellschaft KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien KIID key investor information document KlAnlSG Kleinanlegerschutzgesetz KMU Kleine und mittlere Unternehmen KOM Legislativvorschläge und sonstige Mitteilungen der Kommission an den Rat und/oder an die anderen Organe sowie die entsprechenden vorbereitenden Dokumente. Dokumente der Kommission für die anderen Organe (Legislativvorschläge, Mitteilungen, Berichte usw.) (englische Fassung: „COM“) KonTraG Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Konzern Der Konzern [Zeitschrift] KoordG Gesetz zur Durchführung der Ersten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts KoR Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung [Zeitschrift] KostO Gesetz über die Kosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts­ barkeit KredReorgG Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten (KreditinstituteReorganisationsgesetz – KredReorgG) krit. kritisch KritV Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft KSE Kölner Schriften zum Europarecht KStG Körperschaftssteuergesetz KSzW Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht KTS Zeitschrift für Insolvenzrecht KuMaKV Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Kurs- und Markt­ preismanipulation KWG Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG) L LAnpG Gesetz über die strukturelle Anpassung der Landwirtschaft an die soziale und ökologische Marktwirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik LBOs leveraged buyout LDA sociedade por quotas LEI Legal Entity Identifier (Rechtsträgerkennung) LFMR Law and Financial Markets Review LG Landgericht LI Liechtenstein LIBOR London Interbank Offered Rate LIEI Legal Issues of Economic Integration [Zeitschrift]

LX

Abkürzungsverzeichnis

littera [Buchstabe] Master of Laws limited liability company limited liability partnership Lindenmaier-Möhring, Kommentierte BGH-Rechtsprechung [Loseblatt] LMK beck-fachdienst Zivilrecht – LMK LQR Law Quarterly Review LR Listing Rules LR … CP Law Reports: Court of Common Pleas (1st series: 1865–75, 2nd series: 1875–1880) LR … QB Law Reports: Queen’s Bench (1st series: 1865–1875; 2nd series: 1875– 90; 3rd series: 1891) LSE London Stock Exchange LT Law Times Reports (1859–1947) Litauen Ltd. Limited LU Luxemburg LV Lettland LVNAV-MMF low volatility net asset value MMF M M&A Mergers & Acquisitions m. Anm. mit Anmerkung m.w.N. mit weiteren Nachweisen m.W.v. mit Wirkung vom m.z.w.N. mit zahlreichen weiteren Nachweisen MAD Market Abuse Directive [Marktmissbrauchs-RL] MaKonV Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung – MaKonV MAR Market Abuse Regulation [Marktmissbrauchs-VO] max. maximal MBCA Model Business Corporation Act mbH mit beschränkter Haftung MDR Monatsschrift für deutsches Recht MEDEF Mouvement des entreprises de France [französischer Unternehmerverband] MEP Mitglied des Europäischen Parlaments MFSA Malta Financial Services Authority MgVG Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen Mich. J. Int’l L. Michigan Journal of International Law Mich. L. Rev. Michigan Law Review MiFID Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente MiFID-DRL MiFID-Durchführungsrichtlinie MiFID-DVO MiFID-Durchführungsverordnung MiFIR Markets in Financial Instruments Regulation mind. mindestens Mio. Million MitbestG Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer MittBayNot Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern MJ Maastricht Journal of European and Comparative Law MLR Modern Law Review MMF Money Market Fund (Geldmarktfonds) MMR Multimedia und Recht [Zeitschrift] lit. LL.M. LLC LLP LM

Abkürzungsverzeichnis

MoMiG

LXI

Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen MontanMitbestG Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie MREL minimum requirement for own funds and eligible liabilities (Mindest­anforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten) MS Mitgliedstaat(en) MT Malta MTF multilaterale Handelssysteme (multilateral trading facilities) N n. numéro/numero [Nummer] N&ECL Nordic & European Company Law [Working Paper Series] NAV Nettoinventarwert (Net Asset Value) N.B. nota bene n.F. neue Fassung N.Y. New York n° numéro [Nummer] NaStraG Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung NCJILCR North Carolina Journal of International Law and Commercial Regulation Neubearb. Neubearbeitung NewCo new company [neu gegründete Gesellschaft] NILR Netherlands International Law Review NJOZ Neue Juristische Online Zeitschrift NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht NL Niederlande NLJ New Law Journal NO Norwegen No. number [Nummer] NotBZ Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Nov. November Nr. Nummer NRW Nordrhein-Westfalen NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht núm. número [Nummer] Nyrt nyilvánosan működő részvénytársaság NYU J. Law & Bus. New York University Journal of Law & Business NV naamloze vennotschap NZA Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht NZI Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung NZWiSt Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht O O Aktenzeichen: Allgemeine Zivilsachen 1. Instanz o. oben oder o.ä. oder Ähnliches öAktG österreichisches Aktiengesetz öAT Zeitschrift für das öffentliche Arbeits- und Tarifrecht

LXII ÖBA öBGBl. OGAW OGAW-RL

Abkürzungsverzeichnis

BankArchiv [österreichische Zeitschrift] österreichisches Bundesgesetzblatt Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren ursprgl.: RL 85/611/EWG des Rates v. 20.12.1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABlEG v. 31.12.1985, L 375/3; Neufassung: RL 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.7.2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABlEU v. 17.11.2009, L 302/32 oHG offene Handelsgesellschaft ÖJT Österreichischer Juristentag ÖJZ Österreichische Juristen-Zeitung Okt. Oktober OLG Oberlandesgericht OLGR Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet des Zivilrechts OLGZ Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit OPOCE Office des publications de l’Union européenne [Amt für Ver­öffent­ lichungen der Europäischen Union] OR Obligationenrecht (Fünfter Teil des Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches) OTC over the counter [außerbörslich] OÜ osaühing öUmwG Bundesgesetz über die Umwandlung von Handelsgesellschaften (UmwG) [Österreich] Owi Bußgeldsachen [Registerzeichen] OWiG Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Oy yksityinen osakeyhtiö Oyj julkinen osakeyhtiö P p. page(s) [Seite(n)] PA Petites affiches para. paragraph paras. paragraphs PE Parlament Européen [zudem auch Bezeichnung für Dokument des Europäischen Parlaments] PEPP Pan-European Personal Pension Product (EU-weites Produkt der privaten Altersvorsorge) PfandBG Pfandbriefgesetz PGR Personen- und Gesellschaftsrecht (Liechtenstein) PIE public-interest entities (Unternehmen von öffentlichem Interesse) PL Polen plc public limited company PM Pressemitteilung Prof. Professor ProspektRLÄndUG Gesetz zur Umsetzung der Änderung der Prospekt-RL (Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2010/73/EU und zur Änderung des Börsengesetzes v. 26.6.2012, BGBl. I, 1375) ProspektRLUG Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz ProspRL Prospektrichtlinie ProspVO Prospektverordnung

Abkürzungsverzeichnis

LXIII

PT Portugal PubRL Publizitätsrichtlinie PwC PricewaterhouseCoopers Q QB Law Reports: Queen’s Bench (1st series: 1865–1875; 2nd series: 1875– 90; 3rd series: 1891) r. regulation RA Rechtsanwalt RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht RÄG 2014 Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Aktien­ gesetz, das GmbH-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz, das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, das SE-Gesetz, das Vereins­gesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (RechnungslegungsÄnderungsgesetz 2014 – RÄG 2014), BGBl. I Nr. 22/2015) RdA Recht der Arbeit [Zeitschrift] RdF Recht der Finanzwirtschaft [Zeitschrift] RdTW Recht der Transportwirtschaft [Zeitschrift] RDUE Revue du Droit de l’Union Européenne RdW Das Recht der Wirtschaft [Zeitschrift] RE Rechnungseinheiten RefE Referentenentwurf RegBegr. Begründung Regierungsentwurf RegE Regierungsentwurf REIT Real Estate Investment Trust REITG Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsen­ notierten Anteilen (REIT-Gesetz – REITG) REMIT Regulation on wholesale Energy Market Integrity and Transparency [Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts, ABlEU v. 8.12.2011, L 326/1] REST 2d CONFL Restatement (Second) of Conflict of Laws REV Überarbeitung Rev Cent & E Eur L Review of Central and East European Law Rev. crit. DIP Revue critique de droit international privé Rev. prat. soc. Revue pratique des sociétés civiles et commerciales Rev. soc. Revue des sociétés RFH Reichsfinanzhof RG Reichsgericht RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RIDC Revue de droit international et de droit comparé RINGA relevant information which is not generally available RisikobegrenzungsG Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) RIW Recht der Internationalen Wirtschaft [Zeitschrift] RL Richtlinie RLDA Revue Lamy Droit des Affaires RL-E Richtlinienentwurf Rn. Randnummer(n) RNotZ Rheinische Notar-Zeitschrift RO Rumänien Rom I VO (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht

LXIV Rom II

Abkürzungsverzeichnis

VO (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 11.7.2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Rpfleger Der deutsche Rechtspfleger [Zeitschrift] rr. regulations Rs. Rechtssache Rspr. Rechtsprechung RTD civ. Revue trimestrielle de droit civil RTD com. Revue trimestrielle de droit commercial et de droit économique RTD eur. Revue trimestrielle de droit européen RTDF Revue Trimestrielle de Droit Financier RTS regulatory technical standards (technische Regulierungsstandards) RW Rechtskundig weekblad RWZ Zeitschrift für Recht & Rechnungswesen Rz. Randziffer(n) S S. Seite Satz s. siehe section S.A. société anonyme sociedad anónima sociedade anónima spółka akcyjna societate pe acțiuni SAG Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Instituten und Finanzgruppen (Sanierungs- und Abwicklungs-gesetz – SAG) = Art. 1 BRRD-UG S.à.r.l. société à responsabilité limitée [franz. Parallelform der GmbH] S.a.s. società in accomandita semplice [ital. Rechtsform einer Kommandit­ gesellschaft] S.A.S. société par actions simplifiée [franz. Rechtsform einer vereinfachten Aktiengesellschaft] SA société anonyme [franz. Parallelform der AG] Scan. Stud. Scandinavian Studies in Law [Zeitschrift] SC Standing Committee SCE Societas Cooperativa Europaea (Europäische Genossenschaft) SCEAG Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) SCEBG Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in einer Europäischen Genossenschaft SCEEG Gesetz zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts SCE-VO VO (EG) Nr. 1435/2003 des Rates v. 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) Sch. Schedule [Anhang] scil. scilicet [d.h., nämlich] SE Societas Europaea (Europäische Aktiengesellschaft) Schweden SEAG Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) LI SEBG Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft

Abkürzungsverzeichnis

SEC

LXV

Securities and Exchange Commission [US-Börsenaufsichtsbehörde] Dokumente der Kommission, die nicht zu den Kategorien „C“, „COM“, „PV“ oder „OJ“ gehören (in der dt. Fassung: „SEK“) sec. section SEEG Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SE) SEG Statut der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea – SE) – SE-Gesetz [Österreich] SEK Dokumente der Kommission, die nicht zu den Kategorien „K“, „KOM“, „PV“ oder „OJ“ gehören (in der engl. Fassung: „SEC“) SE-RL RL 2001/86/EG des Rates v. 8.10.2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer SE-RLE Entwurf der SE-RL SEStEG Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuer­ rechtlicher Vorschriften SE-VO VO (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) SE-VOE Entwurf der SE-VO SFD Settlement Finality Directive (Finalitäts-RL) SFTR Securities Financing Transactions Regulation (Wertpapier­finan­ zierungs­­geschäfte-VO) SI Systematischer Internalisier (systematic internaliser) SIA sabiedrība ar ierobežotu atbildību SK Slowakei SL Slowenien S.L. sociedad de responsabilidad limitada Slg. Sammlung der Entscheidungen des EuGH und des EuG SLIM Simpler Legislation for the Internal Market SME small and medium-sized enterprises [kleine und mittlere Unter­ nehmen – KMU] SMS Short Message Service [über das Mobilfunknetz versandte geschriebene Kurznachricht] SMSG Securities and Markets Stakeholder Group s.o. siehe oben sog. so genannte(n) S.p.A. società per azioni SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands SPE Societas Privata Europaea (Europäische Privatgesellschaft) SPE-VOE Entwurf der SPE-VO SpRL Spaltungsrichtlinie SPRL société privée à responsabilité limitée [belgische Parallelform der GmbH] SPRL-S société privée à responsabilité limitée „Starter“ [vereinfachte Form der SPRL] SpruchG Gesetz über das gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren (Spruchver­ fahrensgesetz) Sps. Spiegelstrich SpTrUG Gesetz über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (SpTrUG) Sp. z o.o. spółka z ograniczoną odpowiedzialnością SR Status:Recht [Zeitschrift] Srl società a responsabilità limitata societate cu răspundere limitată

LXVI SRB

Abkürzungsverzeichnis

Single Resoluation Board (Ausschuss für die einheitliche Abwicklung) SRF Single Resolution Fund (einheitlicher Abwicklungsfonds) SRM Single Resolution Mechanism (Einheitlicher Abwicklungs­ mechanismus) SRMR Single Resolution Mechanism Regulation s.r.o. společnost s ručením omezeným spoločnosť s ručením obmedzeným SRSS Structural Reform Support Service (Dienst zur Unterstützung von Strukturreformen) [Dienst der Kommission] ss. sections SSM Single Supervisory Mechanism (einheitlicher Aufsichtsmechanismus) SSR Short Selling Regulation [Leerverkaufs-VO] st. ständig(e) st. Rspr. ständige Rechtsprechung Stan. J. L. Bus. & Fin. Stanford Journal of Law, Business and Finance Stbg Die Steuerberatung [Zeitschrift] StGB Strafgesetzbuch STOR suspicious transaction and order reporting str. streitig StückAG Gesetz über die Zulassung von Stückaktien StUB Steuern und Bilanzen [Zeitschrift] StuW Steuer und Wirtschaft [Zeitschrift] s.u. siehe unten SUP Societas Unius Personae SUP-RLE Entwurf für eine Richtlinie zur Schaffung einer Societas Unius Personae SZIER Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht SZW Schweizerische Zeitschrift für Wirtschafts- und Finanzmarktrecht T TA technical advice [technische Hinweise] TBD Takeover Bids Directive (Übernahme-RL) TBN Takeover Bids Network TDG Teledienstegesetz teilw. teilweise Tex. Int’ L. J. Texas International Law Journal Texas L. R. Texas Law Review TFEU Treaty on the Functioning of the European Union [Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union] ThürOLG Thüringer Oberlandesgericht TLAC Total Loss-absorbing Capacity (Gesamtverlustabsorptionsfähigkeit) TMG Telemediengesetz TOP Tagesordnungspunkt(e) Transnat’l L. Transnational Law & Contemporary Problems [Zeitschrift] & Contemp. Probs. TrRL Transparenz-RL (RL 2004/109/EG des Europäischen Parla­ ments und des Rates v. 15.12.2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der RL 2001/34/EG, ABlEU v. 31.12.2004, L 390/38) TrRLÄndUG Gesetz zur Umsetzung der TransparenzrichtlinieÄnderungsrichtlinie v. 20.11.2015, BGBl. I, 2029

Abkürzungsverzeichnis

LXVII

TrRLDV Transparenzrichtlinie-Durchführungsverordnung TransPuG Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenz- und Publizitätsgesetz) TUG Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz Tul. J. Int’l & Comp. L. Tulane Journal of International and Comparative Law TVVS Maandblad vor ondernemingrecht en rechtspersonen U U Berufung in Zivilsachen [Registerzeichen] u. und unten unter u.a. unter anderem und andere u.ä. und ähnliche UAB uždaroji akcinė bendrovė UAbs. Unterabsatz ÜbG Bundesgesetz betreffend Übernahmeangebote (Übernahmegesetz − ÜbG), BGBl. I Nr. 127/1998 [Österreich] UBO ultimate beneficial owner UG Unternehmergesellschaft Umsetzungsgesetz ÜG Überweisungsgesetz UGB Bundesgesetz über besondere zivilrechtliche Vorschriften für Unternehmen (Unternehmensgesetzbuch − UGB) [Österreich] UNCITRAL United Nations Commission on International Trade Law UntInsRLE Entwurf einer Unternehmensinsolvenz-RL (Vorschlag für eine RL des Europäischen Parlaments und des Rates über präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie 2012/30/ EU, COM(2016) 723) U. Pa. J. Bus. L. University of Pennsylvania Journal of Business Law URN unique reference number U.S. United States of America [Vereinigte Staaten von Amerika] U.S.C. United States Code (Code of Laws of the United States of America) [Sammlung und Kodifikation des allgemeinen und permanenten Bundesrechts der Vereinigten Staaten] u.U. unter Umständen ÜbG Übernahmegesetz [Österreich] UBGG Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften ÜbUG Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz UG Unternehmergesellschaft UK United Kingdom [Vereinigtes Königreich] UMAG Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des An­ fechtungsrechts UmwÄndG Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes UmwG Umwandlungs­gesetz unstr. unstreitig unzutr. unzutreffend URN unique reference number [einzigartige Referenznummer, bei offiziellen Dokumenten von Ministerien aus dem UK] ursprgl. ursprünglich US United States

LXVIII

Abkürzungsverzeichnis

USA United States of America US-GAAP United States Generally Accepted Accounting Principles usw. und so weiter Utrecht L. Rev. Utrecht Law Review UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb V v versus [gegen] v. von/vom v.a. vor allem VA Verwaltungsakt Va. L. Rev. Virginia Law Review VAG Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG) Vand. J. Transnat’l L. Vanderbilt Journal of Transnational Law Var. Variante VC venture capital VerbrKrRL Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23.4.2008 über über Verbraucher­ kreditverträge und zur Aufhebung der RL 87/102/EWG des Rates, ABlEU v. 22.5.2008, L 133/66) Verf. Verfasser(in) VerkProspG Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz (Verkaufsprospektgesetz) VerkProspV Verordnung über Wertpapier-Verkaufsprospekte (VerkaufsprospektVerordnung) VerschmRiLiG Gesetz zur Durchführung der Dritten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft zur Koordinierung des Gesellschafts­ rechts (Verschmelzungsrichtlinie-Gesetz) VersR Versicherungsrecht [Zeitschrift] Verw. Die Verwaltung [Zeitschrift] VG Verwaltungsgericht vgl. vergleiche VGR Gesellschaftsrechtliche Vereinigung VNAV-MMF variable net asset value MMF VO Verordnung VOE Verordnungsentwurf vol. volume [(Buch)Band] Vol. Volume [(Buch)Band] Voraufl. Vorauflage Vorb./Vorbem. Vorbemerkung(en) VorstAG Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung VorstOG Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz VRRL Verbraucherrechte-RL (RL 2011/83/EU des EP und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der RL 93/13/EWG des Rates und der RL 1999/44/EG des EP und des Rates sowie zur Aufhebung der RL 85/577/EWG des Rates und der RL 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates Text von Bedeutung für den EWR, ABlEU v. 22.11.2011, L 301/64) vs. versus VSBG Gesetz über die alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen (Verbraucherstreitbeilegungsgesetz – VSBG) VVaG Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit VW Volkswagen Versicherungswirtschaft [Zeitschrift] W

Abkürzungsverzeichnis

W Wash. U. L. Rev. WBl. WFA WFBV

LXIX

Beschwerden in Zivilsachen [Registerzeichen] Washington University Law Review Wirtschaftsrechtliche Blätter [Zeitschrift] Wirtschafts- und Finanzausschuss Wet van 17 december 1997 op de formeel buitenlandse vennootschappen WiB Wirtschaftliche Beratung [Zeitschrift] WiRo Wirtschaft und Recht in Osteuropa [Zeitschrift] Wis. Int’l L. J. Wisconsin International Law Journal WM Wertpapiermitteilungen [Zeitschrift] WoImKrRL Wohnimmobilienkreditrichtlinie (RL 2014/17/EU des Euro­pä­­ ischen Parlaments und des Rates v. 4.4.2014 über Wohn­immo­ bilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der RL 2008/48/EG und 2013/36/EU und der VO (EU) Nr. 1093/2010, ABlEU v. 28.2.2014, L 60/34) ABl. L 60 vom 28.2.2014, S. 34 WP Wirtschaftsprüfer Working Paper WpAIV Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung WpDVerOV Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung WPg Die Wirtschaftsprüfung [Zeitschrift] WpHG Wertpapierhandelsgesetz WPK-mitt. Wirtschaftsprüferkammer-Mitteilungen WPO Wirtschaftsprüferordnung WpPG Wertpapierprospektgesetz WpÜG Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen WpÜGAV WpÜG-Angebotsverordnung WpÜG-E Entwurf des WpÜG WRP Wettbewerb in Recht und Praxis [Zeitschrift] WS Written Statement WuB Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht WuW Wirtschaft und Wettbewerb [Zeitschrift] WuW/E Wirtschaft und Wettbewerb/Entscheidungssammlung zum Kartell­ recht WWU Wirtschafts- und Währungsunion Y Yale L.J. Yale Law Journal YEL Yearbook of European Law Z z. zum/zur Zaaknr. Zaaknummer [niederländische Nummer einer Rechtssache] ZAP Zeitschrift für die Anwaltspraxis z.B. zum Beispiel ZB Beschwerden, Rechtsbeschwerden, weitere Beschwerden, Be­ schwerden gegen die Nichtzulassung der Revision nach dem BEG [Registerzeichen Zivilsachen BGH] ZBB Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft ZCG Zeitschrift für Corporate Governance ZD Zeitschrift für Datenschutz ZD-Aktuell Zeitschrift für Datenschutz Aktuell ZESAR Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht ZEuP Zeitschrift für europäisches Privatrecht ZEuS Zeitschrift für Europarechtliche Studien

LXX ZEW

Abkürzungsverzeichnis

Schriftenreihe des Zentrums für Europäisches Wirtschaftsrecht der Universität Bonn ZfA Zeitschrift für Arbeitsrecht ZfbF Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung ZfgG Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen ZfgK Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen ZfögU Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen ZFR Zeitschrift für Finanzmarktrecht ZfPW Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft ZfRV Zeitschrift für Europarecht, internationales Privatrecht und Rechts­ vergleichung ZfV Zeitschrift für Versicherungswesen ZG Zeitschrift für Gesetzgebung ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht ZHR Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziff. Ziffer(n) ZInsO Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zit. zitiert ZNotP Zeitschrift für die Notarpraxis ZNRL Zweigniederlassungsrichtlinie ZPO Zivilprozessordnung ZR Revisionen, Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision, Anträge auf Zulassung der Sprungrevision, Berufungen in Patent­ sachen [Registerzeichen Zivilsachen BGH] ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik ZS Zivilsenat ZSchR Zeitschrift für Schweizer Recht z.T. zum Teil zust. zustimmend zutr. zutreffend ZVglRWiss Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft ZVI Zeitschrift für Verbraucher- und Privat-Insolvenzrecht ZWH Zeitschrift für Wirtschaftsstrafrecht und Haftung im Unternehmen z.Z. zur Zeit zzgl. zuzüglich ZZP Zeitschrift für Zivilprozeß ZZPInt Zeitschrift für Zivilprozeß international

Teil 1: Grundlagen, Stand und Realität des Europäischen Unternehmens- und Kapitalmarktrechts

§ 1  Überblick I.  Die Bedeutung des Europäischen Unternehmensrechts

1

Das Unternehmensrecht ist wie kaum eine andere Rechtsmaterie einem stetigen Wan- 1.1 del unterworfen. Dieser geht teils auf Eigeninitiativen der Nationalstaaten zurück und ist insofern selbst veranlasst. Teils geben aber auch Rechtsakte aus „Europa“ den Anstoß zur Gesetzgebung. Mittlerweile hat diese Form der Fremdveranlassung nationaler gesetzgeberischer Maßnahmen ein solches Ausmaß angenommen, dass Unternehmensrecht ohne europäischen Einfluss nicht mehr denkbar erscheint. Das Tableau der europäischen Rechtsakte auf dem Gebiet des Unternehmensrechts ist während der vergangenen Jahrzehnte stetig angewachsen und hat in der Sache zu erheblichen Veränderungen geführt. Als Beleg für die seit der Vorauflage (2012) ungebrochen hohe Aktivität des europäischen Normgebers auf dem Gebiet des Unternehmensrechts seien nur genannt: • Neufassung der EuInsVO (2015, → 17) • die Ersetzung der 4. (Bilanz-)RL und der 7. (Konzernbilanz-)RL durch die neue EU-Bilanz-RL (2013, → 23); • die Ersetzung der MiFID I durch die MiFID II und die MiFIR (2014, → 32); • die Ersetzung der MAD I durch die MAR und die MAD II (2014, → 35); • die Änderungs-RL zur TrRL (2013, → 36); • zahlreiche neue kapitalmarktrechtliche Rechtsakte, u.a.: EMIR (2012, → 37); SSR (2012, → 40); CSDR (2014, → 39); EuVECA-VO, EuSEF-VO, ELTIF-VO, MMF-VO (2013/2015/2017, → 38); • der Vorschlag für eine RL über Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter (SUP) (2014, → 27); • die Änderungs-RL zur ARRL (2017, → 29). Vergegenwärtigt man sich die Tatsache, dass die Europäische Union im Jahre 1958 1.2 als Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gegründet wurde und diese sich die Schaf­fung eines einheitlichen europäischen Binnenmarkts auf die Fahnen geschrieben hatte, verwundert es nicht, dass sich gerade das Unternehmensrecht als erstes und wichtigstes Feld der Rechtsangleichung herausgebildet hat. Heute kann es als die­je­ nige Materie des Privatrechts bezeichnet werden, deren Europäisierung am weitesten fortgeschritten ist. Für den Rechtsanwender ist die Kenntnis des Unionsrechts im Allgemeinen und 1.3 des Europäischen Unternehmensrechts im Besonderen nicht nur wegen seiner prak­ tischen Bedeutung unerlässlich. Die Normen des europäischen Rechts beeinflussen über ihre teilweise unmittelbare Geltung und das Gebot der unionsrechtskonformen Auslegung auch den materiellen Gehalt nationaler Rechtsnormen (→ 3).

4

§ 1  Überblick

II.  Der Begriff des Europäischen Unternehmensrechts 1.4 Der Terminus „Europäisches Unternehmensrecht“1 mag den Eindruck hervorrufen, es handele sich um ein in sich geschlossenes Rechtsgebiet. In dem klassischen und geläufigen Sinne einer gesetzlichen Gesamtregelung und einer systematischen Ordnung gibt es ein Europäisches Unternehmensrecht indes nicht. Dennoch ist es zulässig, davon zu sprechen. Denn wie in frühen Zeiten der nationalen Rechte, in denen es auch keine systematischen Gesetze über die Gesellschaften gab, sondern allenfalls verstreute Einzelregelungen, so entwickelt sich auch das Europäische Unternehmensrecht aus einzelnen Teilen, aus Sandbänken und Dünen, die mehr und mehr zur Insel zusammenwachsen und Anschluss an das feste Land suchen. Europäisches Unternehmensrecht ist also nicht ein großer kodifikatorischer Wurf – wie z.B. das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) –, sondern eklektisch anmutende Einzelregelungen, die aber mehr und mehr zu einem Ganzen zusammenwachsen. Für den Bereich des Kapitalmarktrechts scheint sogar die Aussage zutreffend, dass durch die CARD (→ 33), die MiFID und die MiFIR (→ 32), die MAR und die MAD II (→ 35), die ProspRL bzw. ProspVO (→ 34), die TBD (→ 28), die TrRL (→ 36), die zahlreichen neuen anderen kapitalmarktrechtlichen Rechtsakte der letzten Jahre (→ 14.23 ff.) sowie die Rechtsakte zur Errichtung des Europäischen Finanzaufsichtssystems (ESFS, → 14.90 ff., 31) im Verlaufe des letzten Jahrzehnts die von der Kommission angestrebte Kapitalmarkt­ union (→ 14.176 ff.) auf gutem Wege ist und mithin der Anschluss an das Festland bevorsteht. Eine Systematisierung des Europäischen Unternehmensrechts kann nach den 1.5 von diesem Begriff erfassten Rechtsgebieten erfolgen, wobei teilweise besondere Problembereiche auf der Agenda der europäischen Institutionen stehen: (1) Gesellschaftsrecht, insbesondere: –– die inhaltliche Harmonisierung und Koordinierung des nationalen Gesellschaftsrechts (v.a. der Aktiengesellschaft), –– die Herstellung der rechtlichen Möglichkeit für nationale Gesellschaften, über die einzelstaatlichen Grenzen hinweg Niederlassungen zu errichten, Tochtergesellschaften zu gründen, zu fusionieren und ihren Sitz zu verlegen, –– die Schaffung supranationaler Rechtsformen; (2) Kapitalmarktrecht, insbesondere: –– die Gewährleistung umfassender Primär- und Sekundärmarkttransparenz, –– die Regelung von Übernahmeangeboten, –– das Verbot des Marktmissbrauchs, –– die Finanzmarktaufsicht; (3) Bankrecht, insbesondere die Regelung der Eigenkapitalausstattung von Banken (Stichwort: Basel II und Basel III); (4) Steuerrecht, insbesondere Fragen der Besteuerung von Unternehmen in grenzüber­ schreitenden Sachverhalten;

1  Vgl. auch die gelungene Darstellung von Kilian/Wendt Rn. 24 ff. zum Begriff „Europä­ isches Wirtschaftsrecht“.

§ 1  Überblick

5

(5) Bilanzrecht, insbesondere die Schaffung gemeinsamer sowie die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards in der Europäischen Union; (6) Insolvenzrecht mit der EuInsVO; (7) Kartellrecht, insbesondere das Kartellverbot und die Sicherung des Wettbewerbs durch Fusionskontrolle; (8) Wettbewerbsrecht, insbesondere der Schutz der Verbraucher vor irreführender Werbung; (9) Gewerblicher Rechtsschutz, insbesondere der gemeinsame Schutz von Marken und Patenten.

Dieses breite Spektrum eines „Europäischen“ Unternehmensrechts beruht zum klei- 1.6 neren Teil auf unmittelbar geltenden Normen europäischen Typs (Verordnungen nach Art. 288 Abs. 2 AEUV), zum größeren Teil auf der EU-weiten Beeinflussung der nationalen Unternehmensrechte durch Richtlinien nach Art. 288 Abs. 3 AEUV. Eine frühere Meinung, wonach es nur wenige unmittelbar und allgemein geltende 1.7 gesellschaftsrechtliche Normen europäischen Typs gebe, lässt sich mittlerweile nicht mehr aufrechterhalten. Insbesondere die Schaffung supranationaler Rechtsformen im Wege der Verordnung hat seither große Fortschritte gemacht: Zur 1985 geschaffenen Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV, → 44) haben sich die Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE, → 45) und die Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE, → 46) gesellt. Auch die IFRSVO (→ 24), die FKVO2 und die EuInsVO (→ 17) sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Zudem geht insbesondere auch im Kapitalmarktrecht der Trend hin zur Regelung durch Verordnung statt durch Richtlinie; Belege dafür sind etwa MiFIR (→ 32), MAR (→ 35), EMIR (→ 37), CSDR (→ 39), SSR (→ 40) und CRAR (→ 41). Das ändert gleichwohl im Ergebnis nichts an der Tatsache, dass die Richtlinie das Hauptinstrument der Rechtsangleichung war, ist und bleibt (zu RL und VO als Regelungsinstrument ausf. → 3), zuletzt wieder mit der Änderung der ARRL (→ 29). Wie obige Ausführungen zeigen, ist „europäisch“ die einheitliche Bezeichnung 1.8 für rechtlich durchaus unterschiedliche Sachverhalte, und auch „Unternehmensrecht“ muss hier pars pro toto verstanden werden. Diesem weiten Begriff des „Europäischen Unternehmensrechts“ folgt dieses Buch. Europäisches Unternehmensrecht lässt sich demnach definieren als die Gesamtheit der Regelungen europäischen Typs, die eines der oben genannten Rechtsgebiete betreffen, die aber bei Weitem nicht alle berücksichtigt werden konnten. Dieses Buch folgt mithin einem Teil dieses weiten Begriffs mit Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht, Kapitalmarktrecht und einigen hierfür relevanten Teilen des europäischen Arbeitsrechts.

2  VO (EG) Nr. 139/2004 des Rates v. 20.1.2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“), ABlEU v. 29.1.2004, L 24/1.

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§ 1  Überblick

III. Texte 1.9 Die hier behandelten Texte sind von ganz eigenartiger Rechtsqualität (näher → 3). Zunächst gibt es Normen europäischen Rechts, die allgemeines und unmittelbar geltendes Recht europäischer Qualität schaffen (Verordnungen nach Art. 288 Abs. 2 AEUV); Normadressat ist hier jeder Bürger jedes Mitgliedstaats. Tritt es in Kraft, so verdrängt dieses europäische Recht etwa entgegenstehendes nationales Recht. Doch schwimmen diese Normen wie Inseln im Ozean der nationalen Rechte; sie sind ohne die Auffüllung ihrer Lücken durch nationales Recht nicht lebensfähig, wirken aber ihrerseits auf das Verständnis des sie umgebenden nationalen Rechts durchaus ein. 1.10 Für einen weiteren und im Bereich des Unternehmensrechts besonders wichtigen Teil des europäischen Rechts ist zwar die unmittelbare Rechtswirkung gegeben, nicht ohne Weiteres aber die allgemeine Geltung (Richtlinien nach Art. 288 Abs. 3 AEUV); diese Normen richten sich zunächst nur an die mitgliedstaatlichen Gesetzgeber und verpflichten diese zu legislativen Maßnahmen auf der Ebene ihres nationalen Rechts. Die Texte dieser Richtlinien sind daher von entscheidender Bedeutung für die Auslegung der auf ihnen beruhenden nationalen Normen. Diese unionsrechtskonforme Auslegung nationaler Vorschriften (→ 3.49 ff.) ist darüber hinaus so stark unionsbezogen, dass sie vom EuGH in hohem Maße beeinflusst werden kann. Und schließlich können gerade diese Normen mit der Zeit und unter bestimmten weiteren Voraussetzungen allgemeine Geltung gewinnen („self executing“ der Richtlinie), etwa entgegenstehendes nationales Recht verdrängen oder Lücken des nationalen Rechts mit Normen europäischer Qualität füllen. Grund genug, sich ihres Inhalts zu vergewissern. Das ist nicht zuletzt Anliegen dieses Buches.

IV. Rechtsentwicklung 1.11 Im Jahre 2001 legte ein „Ausschuss der Weisen“ unter Vorsitz von Alexandre Lamfalussy seinen Schlussbericht über die Regulierung der Europäischen Wertpapiermärkte vor, in dem er zur Bekämpfung der Ineffizienz auf den europäischen Finanzmärkten und zur Vereinfachung und Beschleunigung des europäischen Gesetzgebungsprozesses die Implementierung eines vierstufigen Rechtsetzungsverfahrens empfahl. Das auf dieser Basis geschaffene sog. Lamfalussy-Verfahren, das später über den Wertpapiersektor hinaus auch auf den Banken- und Versicherungssektor ausgedehnt und inzwischen signifikant modifiziert wurde (näher → 14.42 ff.), hat für die Rechtssetzungspraxis eminente Bedeutung erlangt. 1.12 Selbstverständlich sind die europäischen Rechtsakte nicht nur Ergebnisse einer fernen „Brüsseler Bürokratie“, sondern kommen unter maßgeblicher Einwirkung der nationalen fachlichen und politischen Instanzen zustande. Daraus lassen sich häufig Anhaltspunkte gewinnen für die Richtung, in der sich auch die rein nationale Gesetzgebung entwickeln könnte: Wie im europäischen Ausland werden auch in Deutschland europäische Maßnahmen nicht selten antizipiert, d.h. nationale Reformen in einer bestimmten Richtung eingeleitet, deren Festlegung durch europäische

§ 2  Rechtsgrundlagen § 2  Rechtsgrundlagen

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Maßnahmen erwartet wird, deren politische Initiative aber national, nicht europäisch determiniert sein soll. Schließlich ist zu bedenken, dass jede Maßnahme des europäischen Gesetzgebers 1.13 Daten setzt, die den Gestaltungsspielraum der mitgliedstaatlichen Gesetzgeber im betreffenden Regelungsbereich beschränken. Das gilt insbesondere für die hier behandelten Richtlinientexte: Ist die in ihnen festgelegte Umsetzungsfrist von üblicherweise 24 Monaten abgelaufen, so erzeugen diese Richtlinien in ihrem Regelungsbereich ein Gebot des stand still für den nationalen Gesetzgeber mit der Folge, dass diesem die Gesetzgebungskompetenz über immer weitere Bereiche des Unternehmensrechts verlorengeht. Die hier behandelten Texte geben also Auskunft darüber, in welchen Bereichen bereits heute und in welchen künftig eine nationale Gesetzgebung und damit auch eine rein nationale Reform des Unternehmensrechts nicht mehr möglich ist (→ 3.31 ff.).

§ 2  Die Rechtsgrundlagen der Europäisierung des Unternehmensrechts, insbesondere die Rechtsangleichung I.  Rechtsangleichung, nicht Rechtsvereinheitlichung

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Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), welcher weitest- 2.1 gehend an die Stelle des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) getreten ist, schafft mit rechtlichen Mitteln auf dem Gebiet von derzeit 28  Mitgliedstaaten die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse eines Markts, des Binnenmarkts der EU; Ziel ist eine Gestaltung der wirtschaftlichen Daten so, als ob es sich um ein einheitliches Staatsgebiet handelte. Daher beschränkt sich der Vertrag nicht auf die Abschaffung der Zölle und der mengenmäßigen Beschränkungen sowie auf die Herstellung eines gemeinsamen Außenzolls (Zollunion), sondern entwickelt auch in anderen wirtschaftlichen Beziehungen – freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital zwischen den Mitgliedstaaten (vgl. Art. 4 Abs. 2 lit. a und Art. 26 Abs. 2 AEUV) – binnenmarktmäßige Verhältnisse. Seit nunmehr über 60 Jahren betreiben und verwirklichen die Organe der Europäischen Union deshalb auch ein breit angelegtes Gesetzgebungsprogramm nicht nur auf den zentralen Gebieten der Zölle, Abgaben und Marktordnungen, sondern weithin auch im Bereich der vier Grundfreiheiten des AEUV (Warenverkehrs-, Niederlassungs- Dienstleistungs- und Kapitalverkehrsfreiheit). Diese Rechte und Freiheiten stehen den natürlichen Personen ebenso wie den ju- 2.2 ristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften (vgl. Art. 54, 62 AEUV) auf dem ganzen Gebiet der Union zu, also z.B. den Arbeitnehmern und freiberuflich Tätigen ebenso wie den privaten Unternehmen. Diese aber bleiben nationale Unternehmen. Ebenso wenig wie der AEUV die Staatsangehörigkeit der natürlichen Personen tangiert (s. aber die Einführung einer Unionsbürgerschaft in Art. 20 ff. AEUV1), än1  Zu deren Bedeutung und Auswirkungen vgl. Herdegen § 12, sowie ausf. Hilpold, Die Unionsbürgerschaft – Entwicklung und Probleme, 2014.

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dert er das national bestimmte Personalstatut der Unternehmen. Ziel des AEUV ist also ein einheitlicher Markt; die Subjekte dieses Markts aber − Personen und Unter­ nehmen − bleiben national bestimmt: Recht des Markts und Recht der Marktsubjekte decken sich nicht. Hieraus ergeben sich notwendigerweise Spannungen, die ihre Schwerpunkte in den Bereichen des Gläubigerschutzes im weitesten Sinne (Warenund Geldkreditgeber), des Anlegerschutzes, des Schutzes der Arbeitnehmer und bei den Problemen der Wettbewerbsgleichheit haben. Die Beseitigung dieser Spannungen im Wege der Rechtsvereinheitlichung hätte 2.3 nahegelegen. Tatsächlich aber hat der AEUV (ebenso wie bereits zuvor der EGV) nur beschränkte Ziele (Binnenmarkt); die Unabhängigkeit der Mitgliedstaaten besteht daher in weitem Umfange fort. Mit Rücksicht darauf beschränken sich die Regeln des Vertrags darauf, die Deckung von räumlicher Ausdehnung des Markts und Einheitlichkeit des Unternehmensrechts nur für die offensichtlich notwendigen Bereiche und nur für deren materiellen Regelungsgehalt, nicht auch für die formellen Regelungswege vorzuschreiben. Rechtsangleichung statt Rechtsvereinheitlichung war das Zauberwort des hier angestrebten Kompromisses: Die Bestimmung der materiellen Ziele sollte den Organen der Union, insbesondere dem Rat, obliegen, die Ausführung dieser Ziele auf beliebigen förmlichen Lösungswegen hingegen den nationalen Gesetzgebern. So betont Art. 5 Abs. 2 EUV, dass die Union nur innerhalb der Grenzen der ihr in 2.4 diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse und gesetzten Ziele tätig wird. Art. 5 Abs. 3 EUV bringt den Grundsatz der Subsidiarität unionsrechtlicher Regelungen für alle Bereiche zum Ausdruck, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen. Schließlich bestimmt Art. 3 Abs. 1 lit. b AEUV, dass die Union nur für solche Wettbewerbsregelungen die ausschließliche Zuständigkeit besitzt, welche für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich sind. Eine vollumfängliche Ermächtigung zum Erlass von Rechtsakten ist der Union durch den EUV und AEUV mithin nicht erteilt worden; es gilt vielmehr das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs. 1 S. 1 EUV): Zur Angleichung der mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften – und damit auch des Unternehmens- und Kapitalmarktrechts der Mitgliedstaaten – bedarf die Union einer Ermächtigungsgrundlage.2

II.  Grundlagen der Rechtsangleichung 1.  Art. 50 AEUV 2.5 Zentrale Vorschrift der Rechtsangleichung im Unternehmensrecht ist Art. 50 AEUV und insbesondere Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV, wonach

2  Näher zum Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung GHN/Bast Art. 5 EUV Rn. 13 ff.; Herdegen § 8 Rn. 65 f.; Schwarze/Lienbacher Art. 5 EU Rn. 9 ff.; GHN/Kadelbach Art. 5 EUV Rn. 4 ff.

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„sie [Europäisches Parlament, Rat und Kommission] insbesondere soweit erforderlich, die Schutzbestimmungen koordinieren, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten.“

In dieser Vorschrift wird die Tendenz des AEUV erkennbar, die Eingriffe in das na- 2.6 tionale Unternehmensrecht unter Beachtung seiner historischen und systematischen Besonderheiten zu vollziehen und ihren Umfang an den Bedürfnissen der Union und ihren Zielen auszurichten. Nicht Rechtsvereinheitlichung, sondern Angleichung des nationalen Rechts ist daher das Ziel des AEUV in diesem Bereich, d.h. weder Rechtseinheit durch einheitliches nationales Recht noch gar durch ein (internationales) europäisches Unternehmensrecht. Über die Zweckmäßigkeit und Praktikabilität der Rechtsangleichung auf der 2.7 Basis von Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV ist seit Inkrafttreten der Gründungsverträge ebenso intensiv diskutiert worden wie über die Fragen des möglichen Umfangs und der einzelnen Voraussetzungen einer konkreten Angleichungsmaßnahme. So standen sich hinsichtlich der Bestimmung der sachlichen Reichweite von Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV von Anfang an zwei Ansichten gegenüber. Nach der einen Auffassung sollten die entscheidenden Interpretationsgrundlagen aus der Stellung der Norm im Kapitel 2 „Das Niederlassungsrecht“ gewonnen werden. Eine Koordinierung der gesellschaftsrechtlichen Schutzvorschriften sollte deshalb nur zulässig sein, wenn sie zur Aufhebung von Niederlassungsbeschränkungen notwendig ist. Die Kommission hatte demgegenüber von Anfang an – vom Europäischen Parlament und vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss unterstützt – eine auch auf die sonstigen Ziele des AEUV/EGV ausgerichtete Auslegung vertreten und sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Koordinierung auf der Grundlage von Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV sogar über den Rahmen des herkömmlichen Gesellschaftsrechts hinaus ausgedehnt werden könne. Der EuGH hat sich in seinem Daihatsu-Urteil3 der Auffassung der Kommission angeschlossen. Zum einen sei Art. 44 Abs. 2 lit. g EGV (G Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV) in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 lit. h EGV zu sehen, wonach die Tätigkeit der Gemeinschaft die Angleichung der nationalen Rechtsvorschriften umfasst, soweit dies für das Funktionieren des Gemeinsamen Markts erforderlich ist. Zum anderen sei in Art. 44 Abs. 2 lit. g EGV vom Ziel des Schutzes der Interessen Dritter ganz allgemein die Rede, ohne dass insoweit einzelne Gruppen unterschieden oder ausgeschlossen würden. Nach Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV steht die Ermächtigung zur Koordination der 2.8 Schutzbestimmungen unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit. Legt man die Ermächtigungsgrundlage mit dem EuGH allerdings weit aus, so hat sich das Merkmal der Erforderlichkeit weitgehend erledigt. 3  EuGH v. 4.12.1997, Verband deutscher Daihatsu-Händler e.V. ./. Daihatsu Deutschland GmbH, C-97/96, ECLI:EU:C:1997:581. Näher dazu Crezelius ZGR 1999, 252 ff.; de Weerth BB 1998, 366 ff.; Hirte NJW 1999, 36 ff.; Leible ZHR 162 (1998), 594 ff.; Luttermann EuZW 1998, 264 ff.; aus der Lehrbuchliteratur knapp Grundmann Rn. 98; Habersack/Verse § 3 Rn. 42 f.

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2.  Art. 114 AEUV 2.9 Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV ermächtigt nur zum Erlass von Richtlinien (Art. 288 Abs. 3 AEUV). Zum Erlass von Verordnungen (Art. 288 Abs. 2 AEUV) bedarf es demnach einer anderen Ermächtigungsgrundlage. In Betracht kommen insbesondere Art. 114 AEUV und Art. 352 AEUV (→ Rn. 2.12 f.). Die sog. Binnenmarktkompetenz des Art. 114 AEUV ermächtigt das Europäische Parlament und den Rat, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des EWSA zum Erlass von „Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben“

2.10 Ob Art. 114 AEUV oder Art. 352 AEUV (→ Rn. 12 f.) Anwendung findet, ist im Hinblick auf die Verfahrensrechte des Europäischen Parlaments, v.a. aber im Hinblick auf die erforderliche Mehrheit im Rat von Bedeutung. Während Art. 114 Abs. 1 AEUV im Wege des Verweises („ordentliches Gesetzgebungsverfahren“) auf Art. 289 Abs. 1, 294 AEUV eine Mehrheit im Rat ausreichen lässt, sieht Art. 352 Abs. 1 AEUV ein Einstimmigkeitserfordernis für den Rat vor. Zudem statuiert Art. 114 AEUV eine weitreichende Beteiligung des EP am Rechtsetzungsprozess, während Art. 352 Abs. 1 AEUV lediglich ein Zustimmungsbedürfnis des EP vorsieht; dieses ersetzt das frühere Anhörungsrecht des EP (Art. 308 EGV). Im Zusammenhang mit der Verabschiedung der auf Art. 308 EGV (G Art. 352 AEUV) gestützten SCE-VO (→ 46) hatte das EP in Anbetracht dieser Tatsache den EuGH angerufen, der sich allerdings der Auffassung des Rats anschloss, dass nicht Art. 95 EGV (G Art. 114 AEUV), sondern Art. 308 EGV (G Art. 352 AEUV) die richtige Ermächtigungsgrundlage für die SCE-VO4 (→  46.1) und ganz allgemein für optionale Gesellschaftsrechtsformen sei, wie etwa auch die SE. Ein Beispiel für die Heranziehung von Art. 114 Abs. 1 AEUV als Ermächtigungs2.11 grundlage ist die IFRS-VO (→ 24). Auch einige Richtlinien (z.B. TrRL [→ 36], ARRL [→ 29]) weisen Art. 114 Abs. 1 AEUV neben Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV als Ermächtigungsgrundlage aus. 3.  Art. 352 AEUV 2.12 Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV und Art. 114 Abs. 1 AEUV haben jeweils zwei gedankliche Voraussetzungen: (1) Eine mindestens ungefähre Vorstellung der Verfasser des AEUV von möglichen Problemen im Zusammenhang mit der Verwirklichung der Union und ihrer Ziele („Binnenmarkt“). Nach dieser Vorstellung bestand die Gefahr darin, dass unterschiedliche rechtliche Daten das Funktionieren des gemeinsamen Markts im Allgemeinen und die konkrete Verwirklichung seiner Freiheiten behindern; (2) eine beträchtliche Divergenz der national-rechtlichen Lösungen. Nicht erfasst sind also solche Fälle, in denen die Verwirklichung der Ziele des Binnenmarkts neue, so nicht 4  EuGH v. 2.5.2006, EP ./. Rat, C-436/03, ECLI:EU:C:2006:277.

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erwartete Probleme entstehen lässt, deren Beseitigung zudem neue, bislang weder im Unionsrecht noch in den nationalen Rechten existente rechtliche Formen und Mittel erfordert. Für diese, mit dem Ablauf der Zeit und insbesondere der zeitlichen Entfernung zum Vertragsschluss immer häufigeren Fälle sieht Art. 352 Abs. 1 AEUV eine Globalermächtigung der Unionsorgane zur Rechtsetzung auch in Form von Verordnungen vor: „Erscheint ein Tätigwerden der Union im Rahmen der in den Verträgen festgelegten Politikbereiche erforderlich, um eines der Ziele der Verträge zu verwirklichen, und sind in den Verträgen die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen, so erlässt der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments die geeigneten Vorschriften. Werden diese Vorschriften vom Rat gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren erlassen, so beschließt er ebenfalls einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.“

Diese kompetenzerweiternde Norm ist in ihren Voraussetzungen und in ihrem Um- 2.13 fang im Einzelnen sehr umstritten. Dennoch sind mittlerweile eine beachtliche Zahl von Rechtsakten auf der Grundlage von Art. 352 Abs. 1 AEUV erlassen worden, v.a. die Verordnungen zur Schaffung supranationaler Rechtsformen – EWIV-VO (→ 44), SE-VO (→ 45), SCE-VO (→ 46) –, aber auch die FKVO5. Dass die Schaffung supranationaler Rechtsformen im Bereich des Gesellschafts- 2.14 rechts auch nach Inkrafttreten des AEUV nur auf Art. 352 AEUV gestützt werden kann, ergibt sich aus einem Umkehrschluss zu Art. 118 AEUV. Vor diesem Hintergrund ist zuletzt etwa umstritten gewesen, ob der von der Kommission im April 2014 vorgelegte Vorschlag für eine Neufassung der EpGRL wie von der Kommission beabsichtigt auf Art. 50 und insbesondere Art. 50 Abs. 2 lit. f) AEUV gestützt werden kann oder ob auch für sie auf Art. 352 AEUV zurückgegriffen werden muss (→ 47.93 f.). Das von Art. 352 AEUV vorgesehene Einstimmigkeitserfordernis im Rat hat in der jüngeren Vergangenheit mehrfach dazu geführt, dass die geplante Einführung weiterer supranationaler Gesellschaftsrechtsformen am Widerstand einzelner Mitgliedstaaten gescheitert ist. Neben dem Vorschlag für die SPE (→ 47), der im Mai 2014 offiziell zurückgezogen wurde (→ 47.6), hat die Kommission zuletzt etwa auch den Vorschlag zur Einführung einer Europäischen Stiftung (→ 10.11 ff.) mangels Erfolgsaussichten im Rat begraben (→ 10.13). 4.  Art. 81 AEUV Die Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Mobilität der Gesellschaften haben sich 2.15 innerhalb der Union aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in den letzten beiden Jahrzehnten stark verbessert (→ 7.13 ff.). Zur Absicherung der primärrechtlichen Vorgaben ist jedoch nach wie vor der Erlass sowohl einer Richtlinie zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung als auch eine Vereinheitlichung des Ge5  VO (EG) Nr. 139/2004 des Rates v. 20.1.2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“), ABlEU v. 29.1.2004, L 24/1.

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sellschaftskollisionsrechts durch eine weitere Rom-VO geboten (→ 7.110 ff., 30.34). Als Kompetenzgrundlage zur Vereinheitlichung des Kollisionsrechts dient insoweit Art. 81 AEUV, nach dem „die Union [...] eine justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug [entwickelt], die auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen beruht.“ 5.  Art. 288 Abs. 5 AEUV 2.16 Die Kommission kann Empfehlungen oder Stellungnahmen (Art. 288 Abs. 5 AEUV) abgeben, soweit der AEUV dies ausdrücklich vorsieht oder soweit die Kommission dies für notwendig erachtet (für Empfehlungen ausdrücklich in Art. 292 S. 4 AEUV festgehalten). Zur Abgabe von Empfehlungen oder Stellungnahmen bedarf es also nicht zwingend einer gesonderten Ermächtigungsgrundlage, sodass insofern eine Durchbrechung des oben beschriebenen Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung vorliegt. Die Empfehlungen und Stellungnahmen sind zwar nicht verbindlich (Art. 288 Abs. 5 AEUV), entfalten aber gleichwohl gewisse normative Wirkungen.6 Die Kommission hat auch auf dem Gebiet des Unternehmensrechts bereits von 2.17 diesem Mittel der Einflussnahme Gebrauch gemacht (→ 3.70).

III.  Problemlösung durch Staatsvertrag 2.18 Die noch in Art. 293 EGV vorgesehene Möglichkeit, Fusionen und Sitzverlegungen über die Grenze in einen anderen Mitgliedstaat, die Beseitigung der Doppelbesteuerung sowie die Anerkennung von Gesellschaften eines Mitgliedstaats auf dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaats im Wege zwischenstaatlicher Kooperation in der Form des Staatsvertrags zu regeln, fand in den neuen AEUV keinen Einlass mehr. Als einer der Gründe hierfür kann der erhebliche Koordinationsaufwand des Art. 293 EGV angesehen werden, aufgrund dessen dieses Instrument der Angleichung allenfalls eine Nebenrolle im europäischen Integrationsprozess gespielt hat.7 3

6 EuGH v. 13.12.1989, Grimaldi, C-322/88, ECLI:EU:C:1989:646, Rn. 18; EuGH v. 21.1.1993, Deutsche Shell AG, C-188/91, ECLI:EU:C:1993:24, Rn. 18. 7  Vgl. zum Scheitern eines Anerkennungsabkommens → 7.8 ff.; auch die internationale Verschmelzung sollte ursprünglich durch Staatsvertrag geregelt werden → 22.1.

§ 3  Instrumente und Folgen europäischer Rechtssetzung § 3  Instrumente und Folgen europäischer Rechtssetzung

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§ 3  Instrumente und Folgen europäischer Rechtssetzung Literatur: Brechmann, Winfried, Die richtlinienkonforme Auslegung, 1994; Brück, Michael, Das Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH als Bestandteil des deutschen Zivilprozesses, 2001; Burger, Simon, Verantwortung und Verantwortlichkeit für die Umsetzung supranationalen Rechts im Bundesstaat, 2010; von Danwitz, Thomas, Rechtswirkungen von Richtlinien in der neueren Rechtsprechung des EuGH, JZ 2007, 697; Dauses, Manfred A., Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 177 EG-Vertrag, 2. Auflage 1995; Everling, Ulrich, Das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der EG, 1986; ders., Zur Funktion des Gerichtshofs bei der Rechtsangleichung in der Europäischen Gemeinschaft, in: Leßmann, Herbert (Hrsg.), Festschrift für Rudolf Lukes, 1989, S. 359; Fisahn, Andreas/Mushoff, Tobias, Vorwirkung und unmittelbare Wirkung Europäischer Richtlinien, EuR 2005, 222; Frenz, Walter, Die Vorwirkung von Richtlinien, EWS 2011, 33; Gronen, Vera, Die „Vorwirkung“ von EG-Richtlinien, 2006; Grundmann, Stefan, Richtlinienkonforme Auslegung im Bereich des Privatrechts – insbesondere der Kanon der nationalen Auslegungsmethoden als Grenze?, ZEuP 1996, 399; Habersack, Mathias/Meyer, Christian, Die überschießende Umsetzung von Richtlinien, JZ 1999, 913; Höpfner, Clemens/Rüthers, Bernd, Grundlagen einer europäischen Methodenlehre, AcP 209 (2009) 1; Hommelhoff, Peter, Die Rolle der nationalen Gerichte bei der Europäisierung des Privatrechts, in: Canaris, Claus-Wilhelm u.a. (Hrsg.), Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, 2000, S. 89; Jäger, Torsten, Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, 2006; Kokott, Juliane/Sobotta, Christoph, Die Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof und die Folgen ihrer Verletzung, JZ 2006, 633; Kroll-Ludwigs, Kathrin/Ludwigs, Markus, Die richtlinienkonforme Rechtsfortbildung im Gesamtsystem der Richtlinienwirkung, ZJS 2009, 7; Kühling, Jürgen, Vorwirkung von EG-Richtlinien bei der Anwendung nationalen Rechts – Interpretationsfreiheit für Judikative und Exekutive?, DVBl. 2006, 857; Kuhn, Thomas, Überschießende Umsetzung bei mindest- und vollharmonisierenden Richtlinien: Einheitliche oder gespaltene Anwendung?, EuR 2015, 216; Leisner, Walter Georg, Die subjektiv-historische Auslegung des Gemeinschaftsrechts – Der „Wille des Gesetzgebers“ in der Judikatur des EuGH, EuR 2007, 689; Lutter, Marcus, Zur überschießenden Umsetzung von Richtlinien der EU, in: Söllner, Alfred u.a. (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Meinhard Heinze, München 2005, S. 571; ders., Die Auslegung angeglichenen Rechts, JZ 1992, 593; Mayer, Christian/Schürnbrand, Jan, Einheitlich oder gespalten? – Zur Auslegung nationalen Rechts bei überschießender Umsetzung von Richtlinien, JZ 2004, 545; Michael, Lothar/Payandeh, Mehrdad, Richtlinienkonforme Rechtsfortbildung zwischen Unionsrecht und Verfassungsrecht, NJW 2015, 2392; Mörsdorf, Oliver, Unmittelbare Anwendung von EG-Richtlinien zwischen Privaten nach der Rechtsprechung des EuGH, EuR 2009, 219; Pfeiffer, Thomas, Richtlinienkonforme Auslegung gegen den Wortlaut des nationalen Rechts – Die Quelle-Folgeentscheidung des BGH, NJW 2009, 412; Piekenbrock, Andreas, Vorlagen an den EuGH nach Art. 267 AEUV im Privatrecht, EuR 2011, 317; Potacs, Michael, Effet utile als Auslegungsgrundsatz, EuR 2009, 465; Pötters, Stephan/Christensen, Ralph, Richtlinienkonforme Rechtsfortbildung und Wortlautgrenze, JZ 2011, 387; Reimer, Philipp, Richtlinienkonforme Rechtsanwendung: Spielräume und Bindungen nach mitgliedstaatlichem Recht, JZ 2015, 910; Riesenhuber, Karl/Domröse, Ronny, Richtlinienkonforme Rechtsfindung und nationale Methodenlehre, RIW 2005, 47; Roth, Wulf-Henning, Die richtlinienkonforme Auslegung, EWS 2005, 385; ders., Europäisches Recht und nationales Recht, in: Canaris, Claus-Wilhelm u.a. (Hrsg.), Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof 2000, S. 847; ders., The Importance of the instruments provided for in the Treaties for developing a European legal method, in Neergaard/Nielsen/Roseberry (Hrsg.), European Legal Method, Kopenhagen 2011, S. 75 ff.; Röthel, Anne, Vorwirkung von Richtlinien: viel Lärm um Selbstverständliches, ZEuP 2009, 34; Sperber, Christian, Die Grundlage richtlinienkonformer Rechtsfortbildung im Zivilrecht, EWS 2009, 358; Veil, Rüdiger, Rechtsprinzipien und Regelungskonzepte im euro-

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§ 3  Instrumente und Folgen europäischer Rechtssetzung

päischen Gesellschaftsrecht, in: Hommelhoff, Peter/Rawert, Peter/Schmidt, Karsten (Hrsg.), Festschrift für Hans-Joachim Priester zum 70. Geburtstag, 2007, S. 799; Weller, Marc-Philippe, Handels- und Gesellschaftsrecht, in: Gebauer, Martin/Wiedmann, Thomas (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl. 2010, § 21.

I.  Anwendungsvorrang des Unionsrechts 3.1 Auch ohne eine entsprechende ausdrückliche Verankerung im Verfassungsrecht des Mitgliedstaats (wie z.B. in den Niederlanden1) besteht heute Konsens über den grundsätzlichen Vorrang des Unionsrechts2 gegenüber dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten: Unionsrecht bricht nationales Recht3. Diese von H. P. Ipsen4 begründete Lehre war in den Anfangsjahren der Europäischen Gemeinschaften nicht unumstritten. So hat insbesondere die italienische Corte Costituzionale versucht, dem nationalen Gesetzgeber wenigstens eine Art Freistellungs- oder Aufhebungsbefugnis über Art und Umfang des verdrängten eigenen Rechts zu sichern.5 In der deutschen Lehre hat diese Haltung des italienischen Verfassungsgerichtshofs keine Gefolgschaft gefunden6, und heute ist die Kontroverse zumindest aus unionsrechtlicher Perspektive geklärt7: Tritt zwischen einer Norm des Unionsrechts und einer Norm des nationalen Rechts eine Kollision auf, genießt das Unionsrecht Vorrang gegenüber nationalem Recht gleich welcher Art, also auch gegenüber nationalem Verfassungsrecht8. Maßgeblich geprägt wurde diese Sichtweise durch das wegweisende Urteil in der Rs. Costa/E.N.E.L.9, in dem der EuGH zur Begründung eines Vorrangs des Unionsrechts insbesondere auf die Autonomie der Unionsrechtsordnung und die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Union (effet utile) abstellte.

1  Vgl. Art. 94 Grondwet (Vorrang internationaler Verträge). 2  Seit dem Vertrag von Lissabon wird das Recht der Europäischen Union einheitlich als Unionsrecht bezeichnet. 3 Vgl. dazu Everling DVBl. 1985, 1201 ff.; Hasselbach JZ 1997, 942 ff.; Herdegen § 10 Rn. 1 ff.; GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 47 ff.; Oppermann/Classen/Nettesheim § 10 Rn. 4 ff.; Streinz FS Söllner, 2000, S. 1139 ff. 4  Vgl. insbes. H. P. Ipsen, Das Verhältnis des Rechts der Europäischen Gemeinschaften zum nationalen Recht, in: Aktuelle Fragen des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 1965, S. 1 ff. 5  Corte Costituzionale v. 30.10.1975 – Nr. 232, EuR 1976, 246 m. Anm. Feustel. 6 Vgl. H. P. Ipsen EuR 1979, 223, 236; Fuß, GS Sasse, 1981, Bd. 1, S. 171, 185 ff.; s. auch Oppermann/Classen/Nettesheim § 10 Rn. 15. 7  Zur mitgliedstaatlichen Perspektive, also zur Anerkennung des Vorranganspruchs des Unionsrechts durch die Organe der Mitgliedstaaten, vgl. GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 54 ff.; Oppermann/Classen/Nettesheim, § 10 Rn. 14 ff.; Streinz Rn. 224 ff. 8 Vgl. EuGH v. 17.12.1970, Internationale Handelsgesellschaft, C-11/70, ECLI:EU:C: 1970:114, Rn. 3; Herdegen § 10 Rn. 1; GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 49, 51. 9  EuGH v. 15.7.1964, Costa ./. E.N.E.L., 6/64, ECLI:EU:C:1964:66; in st. Rspr. bestätigt, vgl. nur EuGH v. 9.3.1978, Simmenthal, 106/77, ECLI:EU:C:1978:49, Rn. 17 ff.; EuGH v. 19.6.1990, Factortame, C-213/89, ECLI:EU:C:1990:257, Rn. 20 f.; EuGH v. 18.9.2003, Morellato, C-416/00, ECLI:EU:C:2003:475, Rn. 43 ff.; EuGH v. 6.3.2014, Napoli, C-595/12, ECLI:EU:C:2014:128, Rn. 50.

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Der Vorrang des Unionsrechts ist dabei kein Geltungsvorrang, sondern (nur) ein 3.2 Anwendungsvorrang: Kollidierendes mitgliedstaatliches Recht verliert also nicht seine Gültigkeit, sondern wird lediglich im Anwendungsbereich des Unionsrechts unanwendbar.10 Dem entspricht es, wenn der EuGH aus dem Vorrang des Unionsrechts die Pflicht der zuständigen mitgliedstaatlichen Stellen ableitet, den Normen des Unionsrechts volle Wirksamkeit zu verschaffen und evtl. entgegenstehende nationale Vorschriften nicht anzuwenden.11 Anwendbar bleibt die mitgliedstaatliche Vorschrift allerdings in Sachverhaltskonstellationen, in denen das Unionsrecht keine Regelungszuständigkeit beansprucht.

II.  Verordnungen Die hier behandelten Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rats auf 3.3 der Basis von Art. 114 AEUV oder Art. 352 AEUV zeitigen, einmal beschlossen, nach Art. 288 Abs. 2 AEUV klare Rechtsfolgen: „Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.“

1.  Rechtswirkungen Vergleichbar der konkurrierenden Gesetzgebung im Geltungsbereich des Grundge- 3.4 setzes (Art. 72 GG) schafft die Verordnung verbindliches, unmittelbares und einheitliches Recht mit Wirkung für und gegen jeden Unionsbürger auf dem gesamten Gebiet der Union12, und zwar ohne jeden zusätzlichen Akt des nationalen Gesetzgebers13. Zugleich verdrängt die Verordnung entgegenstehendes nationales Recht der 3.5 Mitgliedstaaten nach dem oben (→ 3.2) beschriebenen Grundsatz vom (Anwen10  Vgl. EuGH v. 9.3.1978, Simmenthal, 106/77, ECLI:EU:C:1978:49, Rn. 17/18, der das entgegenstehende nationale Recht für „ohne weiteres unanwendbar“ erklärt, also bewusst und betont nicht von Nichtigkeit spricht; s. dazu auch GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 53; Oppermann/Classen/Nettesheim § 10 Rn. 32 ff.; Calliess/Ruffert/Ruffert Art. 1 AEUV Rn. 18. 11  Vgl. etwa EuGH v. 28.6.2001, Larsy, C-118/00, ECLI:EU:C:2001:368, Rn. 52 f.; EuGH v. 18.9.2003, Morellato, C-416/00, ECLI:EU:C:2003:475, Rn. 43 ff.; EuGH v. 6.3.2014, Napoli, C-595/12, ECLI:EU:C:2014:128, Rn. 50. 12  Zu den Merkmalen der Verordnung im Einzelnen: Burger, Verantwortung und Verantwortlichkeit für die Umsetzung supranationalen Rechts im Bundesstaat, 2010, S. 81 f.; GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 89 ff.; Oppermann/Classen/Nettesheim § 9 Rn. 71 ff.; Calliess/Ruffert/Ruffert Art. 288 AEUV Rn. 16 ff. 13  Zusätzliche Akte sind grds. nur erforderlich, wenn die Verordnung bewusst Lücken zur Ausfüllung durch den nationalen Gesetzgeber mit nationalem Recht lässt, wie dies z.B. bei der EWIV, der SE und der SCE geradezu überbordend geschehen ist (→ 44.7, 45.22 ff., 46.11).

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dungs-) Vorrang des Unionsrechts. Auch für diese Verdrängung entgegenstehenden nationalen Rechts ist keine Maßnahme der nationalen Organe, keine nationale „Umsetzung“, erforderlich. Vom Augenblick ihres Inkrafttretens und im Rahmen ihres sachlichen Anwendungsbereiches hat der nationale Rechtsanwender (Richter, Verwaltungsbeamter etc.) nur noch die Verordnung und nicht mehr sein nationales Recht zu beachten. In gleicher Weise wie die Verordnung entgegenstehendes nationales Recht mit ih3.6 rem Inkrafttreten verdrängt, verhindert sie auch die (wirksame) Entstehung künftigen nationalen Rechts, das ihrer Anweisung entgegenstehen würde: Solches nationales Recht partizipiert nicht an der lex posterior-Regel, die Recht gleichen Ranges voraussetzt; die Verordnung aber schafft im Verhältnis zum nationalen Recht höherrangiges Recht, das also auch wieder nur durch den europäischen Gesetzgeber aufgehoben oder abgeändert werden kann.14 Auch das wiederum ist eine Folge ipso iure und bedarf keiner besonderen Feststellung durch nationale legislative Organe oder ein nationales Verfassungsgericht: Das spätere und entgegenstehende nationale Recht ist wirkungslos (unanwendbar)15. 2.  Folgen für den nationalen Gesetzgeber 3.7 Hat der europäische Gesetzgeber daher z.B. erst einmal die Einführung etwa der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea − SE, → 45) beschlossen, kann die Existenz dieser Rechtsform vom nationalen Gesetzgeber für sein Gebiet weder beseitigt noch verändert noch die Subjektivität und Tätigkeit dieser Gesellschaften auf seinem Gebiet beseitigt oder beschränkt werden. Das gilt heute schon so und mit diesen rechtlichen Wirkungen für die anderen supranationalen Rechtsformen, die FKVO16, die EuInsVO (→ 17) und die vielen kapitalmarktrechtlichen Verordnungen. Der EuGH sichert in seiner Rechtsprechung nachdrücklich die Unmittelbarkeit und den Vorrang dieser Art des europäischen Rechts auf dem gesamten Gebiet der Union. 14  EuGH v. 9.3.1978, Simmenthal, 106/77, ECLI:EU:C:1978:49, Rn. 17 ff., s. auch GHN/ Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 101. 15 Ausdrücklich bestätigt wurde dies etwa in EuGH v. 22.11.2005, Mangold, C-144/04, ECLI:EU:C:2005:709; zur Problematik des „ausbrechenden Rechtsakts“ („ultra-viresAkt“) BVerfG NJW 2010, 3422, 3427 („Honeywell“) = EuR 2011, 226 m. Anm. Proelß; s. dazu ferner etwa auch Classen JZ 2010, 1186 ff.; Folz EuZA 2011, 308 ff.; Pötters/Traut EuR 2011, 580 ff.; Sauer EuZW 2010, 94 ff.; Schroeder FS G. H. Roth, 2011, S. 735, 744 ff.; Streinz FS G. H. Roth, 2011, S. 823 ff.; Winterhoff AnwBl. 2011, 506 ff. Nochmals äußerte sich das BVerfG zur Problematik des „ausbrechenden Rechtsakts“ („ultra-vires-Akt“) im sog. OMT-Vorlagebeschluss (BVerfGE 134, 366 Rn. 36 ff.; dazu etwa Bardutzky (2015) 16 GLJ 1771, 1785 f.; Frenz EWS 2015, 257 ff.; Lohse (2015) 16 GLJ 1491 ff.; Ludwigs NVwZ 2015, 537, 538 ff.) und im sog. OMT-Urteil (BVerfGE 142, 123 Rn. 143 ff.; dazu Frenz DVBl. 2016, 1056 ff.; ders. DVBl. 2016, 1485 ff.; Ludwigs/Sikora EWS 2016, 121 ff.; Manger-Nestler NJ 2016, 353 ff.; Müller-Franken NVwZ 2014, 514 f.; Ruffert JuS 2016, 756; Sander EuZW 2016, 614 ff.; Sauer EuR 2017, 186 ff.). 16  VO (EG) Nr. 139/2004 des Rates v. 20.1.2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“), ABlEU v. 29.1.2004, L 24/1.

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III.  Richtlinien Praktisch bedeutsamer für die Frage nach den rechtlichen Folgen europäischer Recht- 3.8 setzung als die Verordnung ist zumindest im Kontext des Unternehmensrechts die Richtlinie.17 Sie ist – wie die stattliche Zahl der bereits abgeschlossenen und der noch vorgesehenen Maßnahmen zeigt – das wichtigste Instrument der Rechtsangleichung. Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist sie „für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.“ Die Gesetzgeber der Mitgliedstaaten sind aus dieser Vorschrift von Rechts wegen verpflichtet, ihr nationales Recht nach den Vorgaben der Richtlinie zu ändern, soweit es diesen nicht schon entspricht. Auf der einen Seite ist das zwar gerade der Zweck dieses komplizierten Verfahrens 3.9 der Kooperation zwischen zwei Gesetzgebern – dem europäischen Gesetzgeber und dem jeweiligen nationalen (Umsetzungs-)Gesetzgeber –, und der der Richtlinie eigene und der Verordnung fehlende Kompromisscharakter dürfte gleichzeitig auch maßgeblicher Grund für das Übergewicht zugunsten dieses Regelungsinstruments auf dem Gebiet des Unternehmensrechts sein. Auf der anderen Seite jedoch hat dieses zweistufige Verfahren eine Reihe von weiterreichenden Folgen und führt darüber hinaus zu einer Reihe von schwierigen Rechtsfragen.18 1.  Die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht Die Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten der Union adressiert und schafft – zunächst – 3.10 nur Rechtspflichten in Bezug auf sie oder einzelne von ihnen.19 Diese haben ihr nationales materielles Recht so zu ändern, dass es künftig dem in der Richtlinie formulierten Ziel entspricht. Die Rechtspflicht besteht also nur dann und nur insoweit, als das betreffende nationale Recht hinter dem Ziel der Richtlinie zurückbleibt. So waren etwa sehr viele materielle Regelungsziele der (nun in die GesRRL integrierten) KapRL (→ 19) längst Standard des deutschen Aktienrechts, sodass der Anpassungsbedarf insgesamt vergleichsweise gering war (→ 19.13). Im Übrigen ist der nationale Gesetz-

17 S. aber zur großen Bedeutung der Verordnung im Allgemeinen: GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 89: „hervorragende Bedeutung als Instrument der Integration“; Streinz/Schroeder Art. 288 AEUV Rn. 53: „Ihre systematisch hervorgehobene Stellung in Art. 288 Abs. 2 AEUV entspricht der großen praktischen Bedeutung der Verordnung, die als Standardform rechtlichen Handelns der Union zu bezeichnen ist.“; nach Streinz/ Schroeder Art. 288 AEUV Rn. 67 macht die Richtlinie weniger als 10 % aller Rechtsakte der Union aus. Kritisch zu dieser Entwicklung Oppermann/Classen/Nettesheim § 9 Rn. 86. 18  Prägnant zu den Vor- und Nachteilen des Regelungsinstruments der Richtlinie: Habersack/Verse § 3 Rn. 42 f. 19 So sind etwa nach Art. 135 GesRRL (G Art. 1 SpRL) nur diejenigen Mitgliedstaaten verpflichtet, die in ihrer Rechtsordnung die Figur der Spaltung einer Aktiengesellschaft kennen oder einführen (→ 21.3).

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3.14

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geber frei, in welcher Form er die Anpassung seines nationalen Rechts vollzieht. Diese „Formfreiheit“ hat vielfältige Aspekte20: Zunächst einmal bestimmt der nationale Gesetzgeber nach den Regeln seines Verfassungsrechts, ob die Umsetzung durch förmliches Gesetz – so für den Bereich des Gesellschaftsrechts regelmäßig in Deutschland – oder durch Verordnung – so z.B. meistens in Frankreich – erfolgt. Gerade hier bestehen in Europa die vielfältigsten Unterschiede. Sodann hat der nationale Gesetzgeber über die rechtstechnisch zweckmäßigste Form der Umsetzung zu entscheiden.21 Auch hier sind die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten beträchtlich. Einige Länder ergänzen und ändern an entsprechender Stelle die Vorschriften ihrer unternehmens- und gesellschaftsrechtlichen Kodifikationen – so etwa Deutschland bei der Umsetzung der ersten gesellschaftsrechtlichen Richtlinien durch Änderungen und Ergänzungen des HGB, des AktG und des GmbHG22 –, andere Länder fassen die Änderungen und Ergänzungen in Sondergesetzen zusammen. Den sehr unterschiedlichen Techniken der Normsetzung in den Mitgliedstaaten sind also keine Schranken gesetzt. Wie wichtig aber die Frage der Form unter rechtspolitischen Gesichtspunkten werden kann, hat Deutschland im Zusammenhang mit der Umsetzung der 4. (Bilanz-) RL und der 7. (Konzernbilanz-)RL (die inzwischen durch die EU-Bilanz-RL ersetzt wurden,  → 23) erlebt. Während die Bundesregierung stets eine Zusammenfassung der Regeln über die kaufmännische Rechnungslegung im HGB vorgeschlagen und dann auch nur noch mit vereinzelten rechtsform-spezifischen Sonderregeln im AktG, GmbHG und GenG verwirklich hat (→ 23.12), haben damals starke politische Kräfte auf eine Umsetzung durch Schaffung jeweils vollständiger und in sich autonomer rechtsformspezifischer Abschnitte (nur) im AktG, GmbHG und GenG gedrungen, also auch ohne einen „Allgemeinen Teil“ im HGB. Von den Richtlinien her gesehen war Deutschland völlig frei, welchen Weg es hier wählen wollte. Schließlich bestimmt der nationale Gesetzgeber auch die sprachliche Form der Umsetzung. Er ist also nicht etwa gezwungen, die Richtlinie in ihren oft sehr detaillierten Formulierungen wörtlich zu übernehmen – so sehr das natürlich die Überprüfung der Frage vereinfacht, ob er das durch die Richtlinie verpflichtend vorgegebene Ziel erreicht hat oder dahinter zurückgeblieben ist. Andererseits ist es naturgemäß sachlich wichtig und richtig, wenn die Änderung des nationalen Rechts auch in der nationalen Nomenklatur unter Verwendung der eigenen Rechtsbegriffe erfolgt: Auch das mindert Unklarheiten bei der Auslegung und Anwendung des geänderten nationalen Rechts.23 20  Näher zum Folgenden und zu den Grenzen der Wahlfreiheit Burger (Fn. 12), S. 83 ff.; GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 104 ff., 132; Calliess/Ruffert/Ruffert Art. 288 AEUV Rn. 32 ff. 21  Der EuGH betont ausdrücklich, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, die Rechtsetzungstechnik zu wählen, die ihnen am geeignetsten erscheint, vgl. EuGH v. 21.10.2010, Accardo, C-227/09, ECLI:EU:C:2010:624, Rn. 52. 22  Vgl. etwa zur Umsetzung der PubRL: → 18.9; der KapRL: → 19.13 ff. 23  Werden die Texte der Richtlinien – die stets in amtlicher und verbindlicher Form auch in der eigenen Sprache vorliegen – wörtlich in den Text der nationalen Norm übernommen,

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2.  Verletzung der Pflicht zur Umsetzung Alle Richtlinien bestimmen eine Frist, bis zu deren Ablauf die Umsetzung in nationa- 3.15 les Recht erfolgt sein muss, und sie verpflichten die Mitgliedstaaten, die Kommission von dem Vollzug der Richtlinie in Kenntnis zu setzen oder ihr gar den Umsetzungsakt zu übersenden. Dieses „Muss“ ist Inhalt der Rechtspflicht aus Art. 288 Abs. 3 AEUV, ihre Überschreitung ist eine Verletzung dieser Rechtspflicht aus dem AEUV. a)  Feststellung der Vertragsverletzung Stellt die Kommission von sich aus fest, dass die Richtlinie nicht oder nicht vollstän- 3.16 dig innerhalb der Frist umgesetzt worden ist, oder erhält sie durch eine Beschwerde natürlicher oder juristischer Personen davon Kenntnis24, so bittet sie die betreffende Regierung – zumeist jedoch erst nach einem informellen Vorverfahren25 – in einem Mahnschreiben um einen Bericht (Art. 258 Abs. 1 Hs. 2 AEUV)26. Bleibt die Kommission auch nach Ablauf der im Mahnschreiben gesetzten Äußerungsfrist bei ihrer Auffassung, der Mitgliedstaat verstoße gegen Unionsrecht, richtet sie an den betreffenden Mitgliedstaat eine begründete Stellungnahme (Art. 258 Abs. 1 Hs. 1 AEUV), in der sie auf die Vertragsverletzung hinweist und eine letzte Frist zur Umsetzung gibt.27 Führt auch das nicht zum Erfolg, so kann die Kommission ein Verfahren beim EuGH mit dem Ziel einer förmlichen Feststellung der Vertragsverletzung einleiten. Dieses Prozedere ist bei Fristüberschreitungen häufiger zu beobachten.28 Hatte sich die Wirkung eines solchen Urteils des EuGH lange Zeit auf die Feststellung beschränkt, so kann seit einer Änderung im Vertrag von Maastricht vom EuGH eine Geldbuße gegen den renitenten Mitgliedstaat verhängt werden, wenn der betreffende Mitgliedstaat dem Urteil des EuGH nicht nachgekommen ist, Art. 260 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV.29 liegt die richtlinienkonforme Auslegung (→ 3.49 ff.) natürlich besonders nahe. Vgl. dazu auch EuGH v. 10.10.2013, Spedition Welter, C-306/12, ECLI:EU:C:2013:650, Rn. 31: Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bei „quasi wörtliche[r] Umsetzung“ einer Richtlinienbestimmung. 24  Näher dazu Burger (Fn. 12), S. 129 ff.; Pechstein Rn. 256 ff.; s. ferner auch Streinz/Ehricke Art. 258 Rn. 15; GHN/Karpenstein Art. 258 AEUV Rn. 15 ff. 25  Vgl. zu diesem Burger (Fn. 12), S. 132; Dauses/Borchardt P I Rn. 27; Calliess/Ruffert/ Cremer Art. 258 Rn. 1; Streinz/Ehricke Art. 258 Rn. 16. 26 Näher zum Mahnschreiben Streinz/Ehricke Art. 258 Rn. 18 ff.; GHN/Karpenstein Art. 258 AEUV Rn. 28 ff; Pechstein Rn. 271 ff. 27 Näher dazu Calliess/Ruffert/Cremer Art. 258 Rn. 15 ff.; Streinz/Ehricke Art. 258 Rn. 22 ff.; GHN/Karpenstein Art. 258 AEUV Rn. 37 ff. Burger (Fn. 12), S. 131 f. weist darauf hin, dass die Klageerhebung aus Sicht der Kommission „letztes Mittel“ sein muss. 28 Vgl. etwa EuGH v. 1.3.1983, Kommission ./. Italien, C-300/81, ECLI:EU:C:1983:50; EuGH v. 1.3.1983, Kommission ./. Belgien, C-301/81, ECLI:EU:C:1983:51; EuGH v. 22.4.1999, Kommission ./. Deutschland, C-272/97, ECLI:EU:C:1999:195; EuGH v. 11.6.2015, Kommission ./. Polen, C-29/14, ECLI:EU:C:2015:379. 29  Monographisch dazu Heidig, Die Verhängung von Zwangsgeldern und Pauschalbeträgen gegen die Mitgliedstaaten der EG – das Sanktionsverfahren nach Art. 228 Abs. 2 EGV, 2001.

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b)  Unmittelbare Wirkung von Richtlinienvorschriften nach Ablauf der Umsetzungsfrist 3.17 Die soeben geschilderte Sanktion aus Art. 258, 260 AEUV hat über die förmliche Feststellung der Vertragsverletzung und die etwa verhängte Geldbuße hinaus im Hinblick auf die angestrebte nationale Gesetzgebung keine weiteren Wirkungen. Das hatte zur Folge, dass Mitgliedstaaten bei der Umsetzung ihnen „unangenehmer“ Richtlinien zeitlich sehr hinhaltend verfuhren. Manchmal fanden sich auch in den nationalen Parlamenten einfach nicht die erforderlichen Beschlussmehrheiten zur Anpassung des nationalen Rechts. Daher stellte man sich schon relativ früh die Frage, ob Richtlinien nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht weitergehende rechtliche Wirkungen entfalten oder doch entfalten können.30 Das ist tatsächlich der Fall. Der AEUV (bzw. früher der EGV bzw. EWGV), seine Wirkungen und seine Re3.18 alität beruhen entscheidend auf dem Gedanken gleicher Chancen und Lasten auf dem ganzen Gebiet der Union. Würden nun die so wichtigen Elemente der Gleichheit von der individuellen legislativen Bereitschaft zur Umsetzung von Richtlinien der 28 Mitgliedstaaten abhängen, wäre die Union in ihrem Vollzug ungemein gefährdet. Deshalb hat der EuGH zunächst einmal die zentralen Regeln des Vertrages selbst (z.B. Zollfreiheit, Verbot mengenmäßiger Beschränkungen, Diskriminierungsverbot) nach Ablauf der für sie jeweils geltenden Umsetzungsfristen für unmittelbar geltendes und höherrangiges europäisches Recht erklärt, das keiner wie auch immer gearteten weiteren Umsetzung bedarf und verdrängende Wirkung bezüglich des entgegenstehenden nationalen Rechts hat.31 Rechtsprechung und Verwaltung der Mitgliedstaaten haben sich – zunächst zögernd, dann einheitlich – dieser Betrachtung angeschlossen. 3.19 Auf den gleichen Grundgedanken beruhten dann die Lehre und Rechtsprechung vom Vorrang auch des sekundären Unionsrechts (→ 3.1 ff.). Auch hier hat der EuGH ohne Zögern und Zaudern für die Durchsetzung votiert; und auch hier hat er letztlich die Gefolgschaft der nationalen Gerichte und der nationalen Praxis gefunden. 3.20 Schließlich ist der EuGH noch einen Schritt weitergegangen: Die Richtlinie ist das im Vertrag für die Sicherung der Wettbewerbsgleichheit und der Freizügigkeit sowie das für die Harmonisierung der Abgaben (Steuern) vorgesehene Instrument der Rechtsetzung. Werden nun ihre Regeln von einzelnen Mitgliedstaaten verletzt, so wird die angestrebte Verbesserung der Chancen- und Wettbewerbsgleichheit nicht nur verfehlt, sondern u.U. sogar konterkariert. Haben etwa bisher alle Mitgliedstaaten in 30  Vgl. dazu Constantinesco, Die unmittelbare Anwendbarkeit von Gemeinschaftsnormen und der Rechtsschutz von Einzelpersonen im Recht der EWG, 1969; Everling FS Carstens, 1984, Bd. 1, S. 95 ff.; H. P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 124 f.; Lutter ZZP 86 (1973) 107, 142 ff.; Oldenbourg, Die unmittelbare Wirkung von EG-Richtlinien im innerstaatlichen Bereich, 1984; Steindorff AG 1988, 57 ff.; Heim, Unmittelbare Wirkung von EG-Richtlinien im deutschen und französischen Recht am Beispiel des Umweltrechts, 1999. 31  So die berühmten Urteile EuGH v. 5.2.1963, van Gend & Loos, 26/62, ECLI:EU:C:1963:1; EuGH. v. 15.7.1964, Costa ./. E.N.E.L., 6/64, ECLI:EU:C:1964:66; EuGH v. 16.6.1966, Lütticke, 57/65, ECLI:EU:C:1966:34 = EuR 1966, 354 m. Anm. H. P. Ipsen.

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unterschiedlichem Maße Gebühren für Einfuhrkontrollen erhoben, schreibt dann eine Richtlinie deren Beseitigung vor und kommen dem 26 Staaten nach, zwei jedoch nicht, so tritt in Bezug auf die beiden vertragsuntreuen Staaten eine erhebliche Verschärfung der Wettbewerbsverzerrung auf (die Exporteure der beiden vertragsuntreuen Staaten profitieren von der Richtlinie, weil sie bei der Einfuhr in andere Mitgliedstaaten keine Gebühren mehr zahlen müssen; die Exporteure der 26 vertragstreuen Staaten hingegen erleiden beträchtliche Nachteile, weil sie beim Import in die vertragsuntreuen Staaten Einfuhrkontrollgebühren zu entrichten haben). Das kann nicht Sinn und Ziel europäischer Rechtsetzung durch Richtlinien sein; ihr Kooperationsangebot an die nationalen Gesetzgeber würde sich in eine gefährliche Schwäche der Rechtsordnung der Union verwandeln. Daher hat der EuGH – obwohl der Wortlaut des Art. 288 Abs. 3 AEUV dem entgegenzustehen scheint32 – Richtlinienvorschriften33 frühzeitig unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbare Wirkung zuerkannt34: Erforderlich ist erstens der Ablauf der zur Umsetzung bestimmten Frist, zweitens eine Nichtumsetzung oder unzutreffende Umsetzung der Richtlinie, und drittens können nur solche Vorschriften der in Rede stehenden Richtlinie unmittelbare Wirkung entfalten, die inhaltlich unbedingt und hinreichend genau formuliert sind.35 Inhaltlich unbedingt ist eine Bestimmung dann, wenn sie weder mit einem Vorbehalt noch mit einer Bedingung versehen ist und keiner weiteren Maßnahme der Organe der Mitgliedstaaten oder der Union bedarf, m.a.W.: wenn ihr unmittelbar vollziehbare und den Bürger entlastende oder gegenüber dem Staat berechtigende Rechtssätze zu entnehmen sind, Rechtssätze also, die keiner weiteren rechtstechnischen Umsetzung bedürfen.36 Hinreichend genau ist eine Vorschrift, wenn sich ihr Rechtsgehalt mit der

32 Vgl. Grundmann Rn. 152; GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 137; Oppermann/Classen/Nettesheim § 9 Rn. 100; Calliess/Ruffert/Ruffert Art. 288 AEUV Rn. 47 ff.; s. aber auch Streinz/Schroeder Art. 288 AEUV Rn. 102, der kein Problem der Vereinbarkeit mit Art. 288 Abs. 3 AEUV erblickt. 33 Nicht Richtlinien schlechthin, sondern nur einzelnen Richtlinienbestimmungen, vgl. EuGH v. 6.10.1970, Franz Grad, 9/70, ECLI:EU:C:1970:78, Rn. 6; EuGH v. 19.1.1982, Becker, C-8/81, ECLI:EU:C:1982:7, Rn. 27 ff. 34  Zu Entscheidungen nach Art. 249 Abs. 4 EGV schon EuGH v. 6.10.1970, Franz Grad, 9/70, ECLI:EU:C:1970:78, Rn. 5 ff.; EuGH v. 21.10.1970, Transports Lesage, C-20/70, ECLI:EU:C:1970:84, Rn. 5 ff.; zu Richtlinien nach Art. 249 Abs. 3 EGV bzw. Art. 288 Abs. 3 AEUV: EuGH v. 4.12.1974, van Duyn, C-41/74, ECLI:EU:C:1974:133, Rn. 12 ff.; EuGH v. 5.4.1979, Ratti, C-148/78, ECLI:EU:C:1979:110, Rn. 18 ff.; EuGH v. 19.1.1982, Becker, C-8/81, ECLI:EU:C:1982:7, Rn. 21 ff.; EuGH v. 22.2.1984, Kloppenburg, C-70/83, ECLI:EU:C:1984:71, Rn. 3; EuGH v. 28.3.1990, Waldrich, C-38/88, ECLI:EU:C:1990:144, Rn. 8 f.; EuGH v. 14.7.1994, Faccini Dori, C-91/92, ECLI:EU:C:1994:292, Rn. 12 ff.; EuGH v. 18.10.2001, Gharehveran, C-441/99, ECLI:EU:C:2001:551, Rn. 44 f.; EuGH v. 6.10.2015, T-Mobile Czech Republic und Vodafone Czech Republic, C-508/14, ECLI:EU:C:2015:657, 52 ff. 35 Näher zu den einzelnen Voraussetzungen: Calliess/Ruffert/Ruffert Art. 288 AEUV Rn. 51 ff.; Streinz/Schroeder Art. 288 AEUV Rn. 106 ff. (jeweils m.w.N.). 36  Vgl. EuGH v. 3.4.1968, Molkerei-Zentrale Westfalen/Lippe, C-28/67, ECLI:EU:C:1968:17; EuGH v. 4.12.1974, van Duyn, C-41/74, ECLI:EU:C:1974:133, Rn. 13 f.; EuGH v. 12.5.1987, Traen, C-372/85 - C-374/85, ECLI:EU:C:1987:222, Rn. 25; EuGH v. 23.2.1994,

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erforderlichen Sicherheit ermitteln lässt.37 Das ist insbesondere dort der Fall, wo die betreffende Richtlinienbestimmung bestimmte Lasten beseitigt38 oder klare, aus sich selbst heraus vollziehbare Anweisungen enthält39. Wenngleich diese Rechtsprechung des EuGH sowohl in ihrer Substanz als auch 3.21 in ihren Details zeitweise sehr umstritten war40, findet sie mittlerweile in Literatur41 und mitgliedstaatlicher Rechtsprechung42 gleichermaßen uneingeschränkte Zustimmung. Dem BFH, der in der Anerkennung einer unmittelbaren Wirkung von Richtlinienbestimmungen eine unzulässige Überschreitung der Grenzen sah, die der EGV zwischen der Richtlinie und der Verordnung als der ausdrücklich unmittelbar geltenden Rechtshandlung der Union setzt43, ist das BVerfG entgegengetreten und hat die Befugnis des EuGH zu dieser Fortentwicklung des Regelungsinstruments der Richtlinie ausdrücklich anerkannt44. Festzuhalten ist somit: Der rechtliche Charakter der Richtlinie ist dahin zu ver3.22 stehen, dass sie nur während der Umsetzungsfrist allein den nationalen Gesetzgeber verpflichtet, nach deren Ablauf aber zu allgemeinem europäischen Recht mit verdrängender Wirkung gegenüber entgegenstehendem nationalen Recht erstarkt, sofern die oben genannten Voraussetzungen gegeben sind. Die Lehre von der unmittelbaren Wirkung der Richtlinie nach Ablauf der Um3.23 setzungsfrist hat Bedeutung sowohl für die bislang wichtigsten Fälle der gänzlichen Comitato di coordinamento per la difesa della Cava, C-236/92, ECLI:EU:C:1994:60, Rn. 9; EuGH v. 16.7.2015, Larentia + Minerva, C-108/14, ECLI:EU:C:2015:496, Rn. 49. 37 Vgl. EuGH v. 22.9.1983, Auer, C-271/82, ECLI:EU:C:1983:243, Rn. 16; EuGH v. 26.2.1986, Marshall, C-152/84, ECLI:EU:C:1986:84, Rn. 52; EuGH v. 23.2.1994, Comitato di coordinamento per la difesa della Cava, C-236/92, ECLI:EU:C:1994:60, Rn. 10. 38 Bsp.: EuGH v. 6.10.1970, Franz Grad, 9/70, ECLI:EU:C:1970:78 (Aufhebung aller umsatzsteuerähnlichen zusätzlichen Abgaben neben der Mehrwertsteuer); EuGH v. 19.1.1982, Becker, C-8/81, ECLI:EU:C:1982:7 (Aufhebung der Umsatzsteuer auf die Geschäfte der Kreditvermittler durch die 6. Umsatzsteuer-RL (→ 3.28)). 39  Bsp.: In der Ausweisungsverfügung bezüglich des Bürgers aus einem anderen Mitgliedstaat müssen die Gründe der Ausweisung angegeben werden, Art. 6 RL 64/221/EWG (RL 64/221/EWG des Rates vom 25.2.1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, ABlEG v. 4.4.1964, 56/850); dazu Conseil d’État v. 22.12.1978, EuR 1979, 292 m. Anm. Bieber. 40  Vgl. aus dem deutschen Schrifttum Herber ZHR 144 (1980) 47, 63 ff.; ders. FS Döllerer, 1988, S. 225 ff.; Zuleeg ZGR 1980, 466, 478 f.; zur energischen Gegenmeinung des französischen Conseil d’État vgl. EuR 1979, 292 mit Anm. Bieber; Everling FS Carstens, 1984, Bd. 1, S. 95, 104 ff.; vgl. auch die präzisierenden Entscheidungen Conseil d’État v. 23.3.1984, RTD eur. 1984, 342; Conseil d’État v. 7.12.1984, RTD eur. 1985, 187. 41 Vgl. Bach JZ 1990, 1108 ff.; Götz NJW 1992, 1849, 1855 f.; Jarass NJW 1990, 2420; GHN/ Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 138 ff.; Streinz/Schroeder Art. 288 AEUV Rn. 102. 42  Vgl. für Deutschland BVerwGE 70, 41, 49; BVerwGE 74, 241, 247. 43  BFHE 133, 470, 471 f.; dazu Dänzer-Vanotti BB 1982, 1106 ff.; Meier BB 1981, 1883 ff.; Voss RIW 1982, 570 ff.; der BFH hielt trotz mehrerer klarstellender Entscheidungen des EuGH zunächst an seiner Rspr. fest, vgl. BFHE 143, 383, 386 ff. (s. dazu Burger (Fn. 12), S. S. 91 f.). Inzwischen geht jedoch auch der BFH in st. Rspr. von einer unmittelbaren Wirkung aus, vgl. etwa BFHE 250, 288 Rn. 16. 44  BVerfGE 75, 223, 240 ff.; dazu Hilf EuR 1988, 1.

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Nichtumsetzung als auch für solche Fälle, in denen die Umsetzung unvollständig geschah.45 Darüber hinaus hat der EuGH zu Recht entschieden, dass die unmittelbare Wir- 3.24 kung nicht von der Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie suspendiert46; das ergibt sich schon aus dem Erfordernis der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit im betreffenden nationalen Recht. Der EuGH spricht übrigens in seinen neueren Urteilen zu diesem Themenkom- 3.25 plex betont nicht mehr von einer „unmittelbaren Wirkung“, sondern davon, dass sich der einzelne Marktbürger gegenüber dem entgegenstehenden nationalen Recht „auf die Richtlinie berufen“ könne47, wenn diese ihrem Inhalt nach unbedingt und hinreichend genau sei. Da aber diese „Berufung“ zur Nichtanwendbarkeit formell fortbestehenden nationalen Rechts und zur Entscheidung auf der Basis der Richtliniennorm führt, liegt in dieser Änderung der Formulierung keine Änderung in der Sache selbst. Sie liegt allerdings auf einer Linie mit der Auffassung des Gerichtshofs, dass es insoweit nur um für den Bürger günstige Rechtswirkungen geht, also nicht um ihn belastende48, und nur um Wirkungen im Verhältnis zur öffentlichen Hand, also nicht um Wirkungen im Verhältnis der Bürger untereinander (keine unmittelbare horizontale Wirkung der Richtlinie)49. Die Frage einer mittelbaren horizontalen Richtlinienwirkung ist in ihren Einzelheiten freilich äußerst umstritten.50 45  So verhielt es sich in dem vom französischen Conseil d’État entschiedenen Fall (Fn. 39): Die Richtlinie zum Problem der Kontrolle und Ausweisung von Marktbürgern war zwar im französischen Recht implementiert worden, jedoch ohne die in Art. 6 der RL 64/221/ EWG (Fn. 38) expressis verbis getroffene Regel, dass die Gründe der Ausweisung angegeben werden müssen. Nach der vom EuGH und von der mittlerweile ganz h.L. vertretenen Auffassung ist diese Bestimmung (heute: Art. 30 Abs. 2 RL 2004/38/EG) in allen 28 Mitgliedstaaten geltendes, von Verwaltung und Gerichten zu beachtendes Recht, unabhängig von Wortlaut und Inhalt der betreffenden nationalen Umsetzung. 46  EuGH v. 1.3.1983, Kommission ./. Belgien, C-301/81, ECLI:EU:C:1983:51, Rn. 13; EuGH v. 25.7.1991, Emmott, C-208/90, ECLI:EU:C:1991:333, Rn. 20 ff. 47  EuGH v. 19.1.1982, Becker, C-8/81, ECLI:EU:C:1982:7, Rn. 22 ff.; EuGH v. 26.2.1986, Marshall, C-152/84, ECLI:EU:C:1986:84, Rn. 46 ff.; EuGH v. 14.7.1994, Faccini Dori, C-91/92, ECLI:EU:C:1994:292, Rn. 20; EuGH v. 25.6.2015, Indėlių ir investicijų draudimas und Nemaniūnas, C-671/13, ECLI:EU:C:2015:418, Rn. 57. 48  Vgl. EuGH v. 26.2.1986, Marshall, C-152/84, ECLI:EU:C:1986:84; EuGH v. 11.7.1996, MPA Pharma GmbH ./. Rhône-Poulenc Pharma GmbH, C-232/94, ECLI:EU:C:1996:289, Rn. 12; EuGH v. 26.9.1996, Arcaro, C-168/95, ECLI:EU:C:1996:363, Rn. 36; EuGH v. 7.1.2004, Delena Wells, C-201/02, ECLI:EU:C:2004:12, Rn. 56. 49  Vgl. EuGH v. 11.6.1987, Pretore di Salò, C-14/86, ECLI:EU:C:1987:275, Rn. 19; EuGH v. 14.7.1994, Faccini Dori, C-91/92, ECLI:EU:C:1994:292, Rn. 23 f.; EuGH v. 26.3.2015, Fenoll, C-316/13, ECLI:EU:C:2015:200, Rn. 48; dazu auch Burger (Fn. 12), S. 93 f.; Habersack/Verse § 3 Rn. 51 f. m.w.N. 50  S. etwa EuGH v. 7.1.2004, Delena Wells, C-201/02, ECLI:EU:C:2004:12, Rn. 57, wonach dem Einzelnen die Berufung auf eine Richtlinienvorschrift gegenüber dem Mitgliedstaat nicht deswegen versagt werden kann, weil dies negative Auswirkungen auf die Rechte Dritter hat, selbst wenn diese gewiss sind; EuGH v. 22.11.2005, Mangold, C-144/04, ECLI:EU:C:2005:709, Rn. 55 ff., wo Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG (RL 2000/78/EG des Rates v. 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABlEG v. 2.12.2000, L 303/16) im Pri-

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Im Übrigen betont der EuGH in seiner jüngeren Judikatur ausdrücklich, dass das nationale Gericht primär versuchen muss, das Problem − soweit möglich − durch eine richtlinienkonforme Auslegung (→ 3.49 ff.) des nationalen Rechts zu lösen, bevor eine unmittelbare Wirkung in Betracht gezogen wird.51 c)  Die Bedeutung der unmittelbaren Wirkung nicht umgesetzter Richtlinien im Unternehmensrecht

3.27 Die große praktische Bedeutung dieser Lehre von der unmittelbaren Wirkung von Richtlinienvorschriften im nationalen Recht wird einerseits am Fall Becker (→ 3.28), andererseits am Fall Marleasing (→ 3.29) besonders deutlich. 3.28 Im Fall Becker52 hatte der deutsche Gesetzgeber die 6. Umsatzsteuer-RL53 erst verspätet zum 1.1.1980 statt zum 1.1.1977 umgesetzt. Nach dieser Richtlinie waren u.a. die Umsätze von Kreditvermittlern steuerfrei zu stellen. Das Finanzamt Münster verlangte von Frau Becker dennoch und entsprechend dem noch (förmlich) weiterhin geltenden deutschen Recht korrekt für 1979 Umsatzsteuer, das Finanzgericht Münster legte nach Art. 234 Abs. 2 EGV (G Art. 267 Abs. 2 AEUV) vor und der EuGH entschied, dass die entgegenstehende Vorschrift des deutschen Steuerrechts Frau Becker gegenüber unanwendbar sei. Im Fall Marleasing54 (→ 18.91 f.) hatte der spanische Gesetzgeber nach seinem Bei3.29 tritt zur (damaligen) EG entgegen der ihm eingeräumten Frist sein nationales Recht noch nicht den Bestimmungen der PubRL (→ 18) angepasst. Dieses (alte) nationale Recht kannte vielfältige Gründe für die Nichtigkeit einer Gesellschaft. Darauf berief sich die Partei eines Zivilverfahrens, was − wäre Art. 12 PubRL (nun: Art. 11 GesRRL → 18.89 ff.) bereits umgesetzt worden, nicht möglich gewesen wäre. Da es um das Rechtsverhältnis unter zwei Bürgern, also um eine horizontale Wirkung der vatrechtsverhältnis zur Anwendung gebracht wird; daran zweifelnd Mörsdorf EuR 2009, 219 ff.; eingehend zur Diskussion GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 158 ff.; Calliess/ Ruffert/Ruffert Art. 288 AEUV Rn. 63 ff. m.w.N. zu sämtlichen Ansichten; ferner Bauer/ Arnold NJW 2006, 6, 9 f.; Herdegen § 8 Rn. 51 ff.; Oppermann/Classen/Nettesheim § 9 Rn. 112. 51 Vgl. EuGH v. 25.11.2010, Fuß, C-429/09, ECLI:EU:C:2010:717, Rn. 40; EuGH v. 24.01.2012, Dominguez, C-282/10, ECLI:EU:C:2012:33, Rn. 23; EuGH v. 10.10.2013, Speditition Welter, Rs. C-306/12, ECLI:EU:C:2013:650, Rn. 28; EuGH v. 25.6.2015, Indėlių ir investicijų draudimas und Nemaniūnas, C-671/13, ECLI:EU:C:2015:418, Rn. 56 f. 52  EuGH v. 19.1.1982, Becker, C-8/81, ECLI:EU:C:1982:7; dazu Millarg EuR 1982, 66 ff. 53  Sechste RL 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, ABlEG v. 13.6.1977, L 145/1 (inzwischen ersetzt durch RL 2006/112/EG des Rates v. 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABlEU v. 11.12.2006, L 347/1). 54  EuGH v. 13.11.1990, Marleasing, C-106/89, ECLI:EU:C:1990:395; dazu Brechmann, Die richtlinienkonforme Auslegung, 1994, S. 66 ff.; Klinke ZGR 1993, 1, 19 ff.; Lutter JZ 1992, 593 ff.; Samara-Krispis/Steindorff (1992) 29 C.M.L. Rev. 615, 616 ff.; Stuyck/Wytinck (1991) 28 C.M.L. Rev. 205 ff.

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Richtlinienbestimmung ging, lehnte der EuGH eine unmittelbare (verdrängende) Wirkung ab55, kam jedoch mit anderer Begründung – der Pflicht des nationalen Richters zur richtlinienkonformen Auslegung – letztlich zum gleichen Ergebnis. d)  Schadensersatz Kann die Lehre von der unmittelbaren Wirkung von Richtlinien nicht zum Erfolg 3.30 führen, etwa weil das horizontale Verhältnis zum Mitbürger angesprochen ist56 oder weil die verlorene Zeit nicht mehr eingeholt werden kann57, so schuldet der säumige Mitgliedstaat nach der Rechtsprechung des EuGH den betroffenen Bürgern Ersatz ihres etwaigen Schadens. Das ist vom EuGH in der Entscheidung Francovich aus dem Jahre 199158 entwickelt und in der Dillenkofer-Entscheidung zugunsten deutscher Pauschalreisender59 sowie einer ganzen Reihe weiterer Entscheidungen60 ausdrücklich bestätigt worden.61

55  EuGH v. 13.11.1990, Marleasing, C-106/89, ECLI:EU:C:1990:395, Rn. 6. 56  Hätte im Fall Marleasing nicht die richtlinienkonforme Auslegung zum Erfolg geführt (→ Rn. 29), so wäre der Kläger trotz der Richtlinie benachteiligt geblieben. 57 So hatte Deutschland es versäumt, die in Art. 7 Pauschalreise-RL (RL 90/314/EWG des Rates v. 13.6.1990 über Pauschalreisen, ABlEG v. 23.6.1990, L 158/59; diese wird ab 1.7.2018 abgelöst durch die RL (EU) 2015/2302 des EP und des Rates v. 25.11.2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der VO (EG) Nr. 2006/2004 und der RL 2011/83/EU des EP und des Rates sowie zur Aufhebung der RL 90/314/EWG des Rates, ABlEU v. 11.12.2015, L 326/1) geregelte Pflicht zur Versicherung gegen den Ausfall des Reiseveranstalters fristgerecht bis zum 31.12.1992 umzusetzen. Viele deutsche Pauschalreisende konnten wegen der Insolvenz einiger Reiseveranstalter ihre Reise nicht antreten bzw. mussten auf eigene Kosten von ihrem Ferienort zurückkehren. Da ihnen die bereits gezahlten Beträge nicht erstattet wurden, erlitten sie hohe Schäden, vgl. den Vorlagebeschluss des LG Bonn NJW 1994, 2489 und EuGH v. 8.10.1996, Dillenkofer, C-178/94, C-179/94, C-188/94, C-189/94, C-190/94, ECLI:EU:C:1996:375. 58  EuGH v. 19.11.1991, Francovich, C-6/90 u. C-9/90, ECLI:EU:C:1991:428, Rn. 33 ff. 59 EuGH v. 8.10.1996, Dillenkofer, C-178/94, C-179/94, C-188/94, C-189/94, C-190/94, ECLI:EU:C:1996:375; s. auch EuGH v. 16.12.1993, Wagner Miret, C-334/92, ECLI:EU:C:1993:945, Rn. 22 = ZEuP 1995, 105 m. Anm. Abele. 60 Vgl. etwa EuGH v. 7.3.1996, El Corte Inglés, C-192/94, ECLI:EU:C:1996:88, Rn. 22; EuGH v. 17.10.1996, Denkavit, C-283/94, C-291/94 u. C-292/94, ECLI:EU:C:1996:387, Rn. 47 ff.; EuGH v. 25.11.2010, Fuß, C-429/09, ECLI:EU:C:2010:717, Rn. 45 ff.; EuGH v. 26.3.2015, Fenoll, C-316/13, ECLI:EU:C:2015:200, Rn. 48. 61 Allg. zur Haftung der Mitgliedstaaten für die Verletzung von Unionsrecht: EuGH v. 5.3.1996, Brasserie du Pêcheur, C-46/93 und C-48/93, ECLI:EU:C:1996:79; EuGH v. 30.9.2003, Köbler, C-224/01, ECLI:EU:C:2003:513; EuGH v. 13.6.2006, Traghetti del Mediterraneo, C-173/03, ECLI:EU:C:2006:391; EuGH v. 11.6.2015, Berlington Hungary, ECLI:EU:C:2015:386 , C-98/14, Rn. 103 ff.; Albers, Die Haftung der Bundesrepublik Deutschland für die Nichtumsetzung von EG-Richtlinien, 1995; Herdegen § 10 Rn. 8 ff.; Oppermann/Classen/Nettesheim § 14 Rn. 11 ff.

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3.  Rechtspflicht zum stand still und spätere Abweichungen des nationalen Gesetzgebers a)  Pflicht und Folgen ihrer Verletzung 3.31 Soll Rechtsangleichung Erfolg haben, darf sich ihre Wirkung nicht im Moment der Angleichung erschöpfen, sondern muss auf Dauer wirken, den Status quo der einmal erreichten Angleichung bewahren. Diesem Bedürfnis entspricht die wichtige Erkenntnis, dass Angleichungsvorschriften die Mitgliedstaaten nicht nur ad hoc zu einer entsprechenden Änderung ihrer Rechtsordnung verpflichten, sondern – nach dieser Änderung – auch ein stand still bezüglich der angeglichenen Materie insoweit gebieten, als sich eine neuerliche Änderung gegen das Angleichungsziel der Richtlinie bewegt.62 Richtlinien entfalten mithin eine Sperrwirkung für den nationalen Gesetzgeber, wenn dieser seiner Umsetzungsverpflichtung nachgekommen ist. Diese Sperrwirkung bedarf allerdings keiner besonderen Herleitung, sondern ergibt sich ohne Weiteres aus dem Vorrang der Richtlinie, der von den Mitgliedstaaten mit deren Inkrafttreten zu beachten ist.63 3.32 Die Pflicht zum stand still hat zwei Aspekte: • Einmal verletzen Mitgliedstaaten ihre Pflichten aus dem Vertrag, wenn sie den durch die Rechtsangleichung geschaffenen Zustand der Gleichwertigkeit gegen den Inhalt der betreffenden Richtlinie durch (neues) nationales Recht zu beseitigen versuchen. Der Kommission stehen insofern wiederum die Befugnisse aus Art. 258, 260 AEUV (→ 3.16) in gleicher Weise zu, wie wenn die Richtlinie nicht oder nicht vollständig umgesetzt worden wäre. • Zum anderen aber ist zu fragen, ob diese Pflichtverletzung nicht Auswirkungen auch auf die vertragswidrige nationale Rechtsetzung selbst hat. Das ist tatsächlich nach den gleichen Regeln der Fall, wie sie soeben zur verdrängenden Wirkung der Richtlinie nach Ablauf der Umsetzungsfrist dargelegt wurden. In diesem Rahmen hat die Richtlinie dann die gleiche Wirkung wie eine Verordnung: Das neue, richtlinienwidrige nationale Recht entfaltet keine Wirkungen; es bleibt beim bisherigen, durch die ursprüngliche Umsetzung erreichten nationalen Rechtszustand.64 62  Vgl. EuGH v. 9.6.1992, Kommission ./. Spanien, C-96/91, ECLI:EU:C:1992:253, Rn. 10; EuGH v. 5.10.2006, Valeško, C-140/05, ECLI:EU:C:2006:647, Rn. 37; Lutter EuR 1975, 44, 52; ders., FS Ferid, 1978, S. 599, 615 ff.; GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 130; Oppermann/Classen/Nettesheim § 9 Rn. 98 ff.; Streinz/Schroeder Art. 288 AEUV Rn. 79; Streinz FS Söllner, 2000, S. 1139, 1149 ff. 63  Vgl. GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 130; Streinz/Schroeder Art. 288 AEUV Rn. 79. 64 Ebenso Schwarz, Rn. 235; anders noch Lutter ZZP 86 (1973) 107, 147: „Das heißt aber nicht, daß deshalb die bisherige nationale Rechtslage fortgilt; insoweit – also zur Aufhebung einer bestimmten nationalen Rechtslage – bleibt der nationale Gesetzgeber souverän. Aber in die so entstehende Lücke zwischen aufgehobenem alten und keine Wirkungen entfaltenden neuem nationalen Recht fließt unmittelbar wirkendes europäisches Recht aus der Richtlinie in gleicher Weise, wie wenn die Richtlinie überhaupt noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden wäre“; vgl. ferner Everling FS R. Schmidt, 1976, S. 165, 174 f.

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Auch diese Aussagen sind keineswegs nur theoretischer Natur. Im Fall Karella 3.33 (→ 19.175 f., 19.254) hatte der EuGH im Kontext der KapRL (→ 20) über genau dieses Problem zu befinden65: Im Rahmen seiner Gesetzgebung zur Sanierung von Unternehmen hatte der griechische Gesetzgeber nach Erlass und Umsetzung dieser Richtlinie Vorschriften geschaffen, die es einer Behörde erlaubten, über eine Kapitalerhöhung einer in der Sanierung befindlichen Aktiengesellschaft zu entscheiden. Das verstieß eindeutig gegen Art. 25 Abs. 1 KapRL (G Art. 68 Abs. 1 GesRRL), welcher die alleinige Zuständigkeit der Hauptversammlung für solche Maßnahmen betont (→ 20.173 ff.). Der EuGH erlaubte dem klagenden Aktionär, sich auf diese Richtlinienvorschrift mit verdrängender Wirkung gegenüber dem späteren nationalen Recht zu berufen, das insoweit wirkungslos blieb. Allerdings ging es auch hier um die Befugnis einer staatlichen Einrichtung, nicht um die einer Privatperson − also um eine vertikale, nicht um eine horizontale Rechtsbeziehung. b)  Stand still-Gebot und sein Einfluss auf die europäische Rechtsetzung Die soeben dargestellten Wirkungen der Unionsmaßnahme „Richtlinie“ sind um ih- 3.34 res Zweckes willen erforderlich. Darauf stellt der EuGH zu Recht ab. Auf der anderen Seite bedeutet diese Folge aber, dass die Mitgliedstaaten ihre Rechtsordnung im gegenständlichen Umfang der Richtlinie nicht mehr ändern dürfen und auch gar nicht mehr ändern können. Bedenkt man diese in sich schlüssige und aus dem Ziel der Rechtsangleichung auch notwendige Folge, so bedeutet dies zugleich, dass im gleichen Umfange, wie die Angleichung stattfindet, die bislang nationale materielle Gesetzgebungskompetenz auf die Union übergeht. Denkt man aber weiter, in welch raschem Rhythmus die Staaten heute zu immer neuen Anpassungen und Änderungen im Bereich ihres Gesellschafts- und Unternehmensrechts gezwungen sind, so ist evident, dass der vertretbare („erforderliche“) Umfang der Rechtsangleichung auch unter dem Maß an Festschreibung der nationalen Unternehmensrechte gesehen werden muss, das dem politischen Stand der Union entspricht. Die Kommission hatte das Problem schon recht früh erkannt und z.B. bereits 3.35 1978 in Art. 53 Abs. 2 der 4. (Bilanz-)RL und 1983 in Art. 50 der 7. (Konzernbilanz-) RL (zu diesen – inzwischen durch die EU-Bilanz-RL ersetzten − Richtlinien → 23) explizite Überprüfungsklauseln eingebaut, die für eine rechtzeitige Überprüfung der getroffenen Lösungen und ihrer Wirkungen in der Praxis sorgen sollten – ganz offensichtlich ein erster Schritt zur Vorbereitung einer etwa erforderlichen Änderung der eigenen Gesetzgebung. Von dieser Änderungsmöglichkeit und – da jetzt nur noch die Organe der EU zuständig sind – Änderungsnotwendigkeit wurde mit den Richt­ linien zur Anpassung und Erleichterung der Bilanzpublizität dann auch umfänglich Gebrauch gemacht (→ 23.7). 2002 hat sich die Kommission dann in ihrem „Better Regulation“-Aktionsplan ausdrücklich dazu verpflichtet, v.a. in Bereichen, die einem raschen technologischen Wandel unterliegen, eine Überprüfungsklausel in ihre 65  EuGH v. 30.5.1991, Karella, C-19/90 u. C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229.

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Rechtsvorschläge aufzunehmen, um so die regelmäßige Aktualisierung und Anpassung der Rechtsvorschriften zu gewährleisten.66 Ein besonders prachtvolles Exemplar hiervon enthielt etwa die MiFID I (→ 32.2): Ihr Art. 65 verpflichtet in Abs. 1–4 die Kommission zunächst zur Berichterstattung gegenüber dem EP und dem Rat und ermächtigt sie anschließend in Abs. 5, auf der Grundlage dieser Berichte Änderungen der Richtlinie vorzuschlagen. Das ist dann 2014 mit der Schaffung des neuen Rechtsrahmens durch MiFID II und MiFIR (→ 32), die in Art. 90 MiFID II und Art. 52 MiFIR ebenfalls wieder Revisionsklauseln enthalten, auch geschehen. Ähnliche (wenngleich weniger ausführliche) Überprüfungs- bzw. Revisionsklauseln finden sich aber auch in (fast) allen anderen neueren gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Richtlinien67. Die „Better Regulation“-Agenda 201568 sieht solche Revisionsklauseln ebenfalls weiterhin als wichtige Standardelemente „besserer“ Rechtssetzung. 4.  Die Vorwirkung von Richtlinien a)  Bedeutung für den nationalen Gesetzgeber 3.36 Neben den Fragen der Wirkung der Richtlinie nach Ablauf der Umsetzungsfrist und den Folgen einer Nichtumsetzung oder verspäteten Umsetzung in nationales Recht ist für den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber von besonderem Interesse, ob eine in Kraft getretene69 Richtlinie bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist gewisse Wirkungen entfalten kann.70 Der EuGH hat sich in der unter dem Schlagwort „Vorwirkung von Richtlinien“ geführten Diskussion bereits im Jahre 1997 in der Grundsatzentscheidung Inter-Environnement Wallonie71 positioniert und – argumentativ gestützt auf Art. 10 Abs. 2, 249 Abs. 3 EGV72 (G Art. 288 Abs. 3 AEUV) – solche Vorwirkungen 66 Mitteilung der Kommission. Aktionsplan „Vereinfachung und Verbesserung des Regelungsumfelds“, KOM(2002) 278, S. 8. Allg. zur „Better Regulation“-Initiative und ihren Auswirkungen speziell im Bereich des Europäischen Gesellschaftsrechts: Weber-Rey ECFR 2007, 370 ff. S. ferner allg. kritisch auch Dawson (2016) 53 C.M.L. Rev. 1209 ff. 67  Vgl. etwa Art. 31 ProspRL (→ 34.4); Art. 48 ProspVO (→ 34); (Art. 17a MAD I (35.4); Art. 12 MAD II (→ 35); Art. 38 MAR (→ 35); Art. 33 TrRL (→ 36.4); Art. 20 TBD (→ 28.9); Art. 48 Abs. 3 APRL (→ 25); Art. 81 ESMA-VO (→ 31); Art. 85 EMIR (→ 37); Art. 75 CSDR (→ 39); Art. 45 SSR (→ 40). 68  Mitteilung der Kommission an das EP, den Rat, den EWSA und den AdR. Bessere Ergebnisse durch bessere Rechtsetzung – Eine Agenda der EU, COM(2015) 215. Dazu Schroeder WBl. 2016, 361 ff. 69  Zu „Frühwirkungen“ einer noch nicht in Kraft getretenen Richtlinie Ehricke ZIP 2001, 1311, 1312 f.; Gronen, Die „Vorwirkung“ von EG-Richtlinien, 2006, S. 16 ff. 70  Vgl. dazu Burger (Fn. 12), S. 89 f.; Ehricke EuZW 1999, 553 ff.; ders. ZIP 2001, 1311, 1313 ff.; Fisahn/Mushoff EuR 2005, 222 ff.; Frenz EWS 2011, 33 ff.; Gronen (Fn. 69), S. 75 ff.; Herdegen § 8 Rn. ; Riesenhuber/Hofmann § 15 Rn. 7 ff.; Kühling DVBl. 2006, 857 ff.; GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 118; Röthel ZEuP 2009, 34 ff.; Schliesky DVBl. 2003, 631 ff.; Streinz Rn. 509; Weiß DVBl. 1998, 568 ff. 71  EuGH v. 18.12.1997, Inter-Environnement Wallonie, C-129/96, ECLI:EU:C:2012:103. 72 Dazu Schliesky DVBl. 2003, 631, 636 ff.; nach Röthel ZEuP 2009, 34 gehören Vorwirkungen von Richtlinien inzwischen zum gesicherten Spektrum der Richtlinienwirkungen

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von Richtlinien mit den Worten anerkannt, schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist bestehe für die Mitgliedstaaten die Pflicht, den Erlass von Vorschriften zu unterlassen, die geeignet sind, das in der Richtlinie vorgeschriebene Ziel ernstlich in Frage zu stellen. Dabei darf der Begriff der Vorwirkung nicht i.S.e. Stillhalteverpflichtung derge- 3.37 stalt verstanden werden, die den Mitgliedstaaten den Erlass von mit der Richtlinie unvereinbaren Bestimmungen schlechthin verbietet.73 Die in der Richtlinie genannte Umsetzungsfrist verpflichtet die Mitgliedstaaten zur rechtzeitigen Umsetzung, belässt ihnen während dieser jedoch die vollständige Handlungsfreiheit. In dem Erlass von mit dem Richtlinienziel unvereinbaren Vorschriften vor Ablauf der Umsetzungsfrist kann daher kein Verstoß gegen die Umsetzungsverpflichtung erblickt werden, sofern der Mitgliedstaat die vollständige Erreichung des Richtlinienziels mit Ablauf der Umsetzungsfrist sicherstellt (z.B. durch ein automatisches Außerkrafttreten der entsprechenden Bestimmungen74). In der Literatur hat sich für die so verstandene Art der Vorwirkung der Begriff „Frustrationsverbot“ durchgesetzt.75 In diesem Sinne ist auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu verstehen, der seinen grundsätzlichen Standpunkt in weiteren Urteilen bekräftigt hat.76 Im Kontext des Europäischen Unternehmensrechts ging es in der Vorlage des LG München I77 in der Rs. HRE um einen potentiellen Verstoß gegen das Frustrationsverbot; die Vorlage wurde allerdings vom EuGH bereits als unzulässig abgewiesen78 (→ 3.81; 29.64). (s. auch die Überschrift ihres Beitrags „Vorwirkung von Richtlinien: viel Lärm um Selbstverständliches“). 73  So aber noch die Kommission im Fall Inter-Environnement, vgl. EuGH v. 18.12.1997, Inter-Environnement Wallonie, C-129/96, ECLI:EU:C:2012:103, Rn. 37; wie hier Burger (Fn. 12), S. 89 f. 74 S. aber auch EuGH v. 22.11.2005, Mangold, C-144/04, ECLI:EU:C:2005:709, wo der Gerichtshof – überzeugend – § 14 Abs. 3 TzBfG a.F. für nicht mit dem Richtlinienziel vereinbar hielt, obwohl die Vorschrift mit Ablauf der (zusätzlichen) Umsetzungsfrist außer Kraft treten sollte, da diese Regelung auch nach ihrem Außerkrafttreten dem Richtlinienziel zuwiderlaufende Nachwirkungen hatte; ähnlich schon Ehricke ZIP 2001, 1311, 1316 f.; kritisch Hetmeier in: Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU-Verträge, Art. 288 EG Rn. 12; zur Mangold-Entscheidung s. Riesenhuber/Hofmann § 15 Rn. 11 ff., 19; Kühling DVBl. 2006, 857, 859 f.; Röthel ZEuP 2009, 34, 38 f. 75 Vgl. Bayer/J. Schmidt EWiR 2010, 289, 290; dies. BB 2012, 3, 10; von Danwitz JZ 2007, 697, 700; Ehricke ZIP 2001, 1311, 1314; Fisahn/Mushoff EuR 2005, 222, 226; Forsthoff DStR 2006, 613, 617; Klein FS Everling, 1995, Bd. I, S. 641, 645 f.; Kubitza EuZW 2016, 691; Kühling DVBl. 2006, 857, 858 f.; Leible/Sosnitza NJW 1998, 2507, 2508; Röthel ZEuP 2009, 34, 37; Weiß DVBl. 1998, 568, 572 ff. 76  EuGH v. 8.5.2003, ATRAL, C-14/02, ECLI:EU:C:2003:265, Rn. 58; EuGH v. 5.2.2004, Rieser, C-157/02, ECLI:EU:C:2004:76, Rn. 66; EuGH v. 4.7.2006, Adeneler, C-212/04, ECLI:EU:C:2006:443, Rn. 121; EuGH v. 13.3.2014, Jetair und BTWE Travel4you, C-599/12, ECLI:EU:C:2014:144, Rn. 35; EuGH v. 26.2.2015, Federconsorzi, C-104/14, ECLI:EU:C:2015:125, Rn. 32; EuGH v. 2.6.2016, Pizzo, C-27/15, ECLI:EU:C:2016:404, Rn. 32 ; EuGH v. 27.10.2016, Milev, C-439/16 PPU, ECLI:EU:C:2016:818, Rn. 31. 77  LG München ZIP 2010, 779 m. Anm. Bayer/J. Schmidt EWiR 2010, 289 f. 78  EuGH v. 24.3.2011, HRE, C-194/10, ECLI:EU:C:2011:182. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 10.

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b)  Bedeutung für die Auslegung des Rechts 3.38 Über das Problem der Vorwirkung von Richtlinien für den nationalen Gesetzgeber hinaus reicht die Frage, ob Vorwirkungen auch im Hinblick auf die Rechtsauslegung nationaler Gerichte bestehen.79 Hat der nationale Gesetzgeber den sich aus der Richtlinie ergebenden Umsetzungsauftrag bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist erfüllt, sind die mitgliedstaatlichen Gerichte zur richtlinienkonformen Auslegung der nationalen Bestimmungen (→ 3.49 ff.) verpflichtet – wenngleich aus nationaler, nicht aus unionsrechtlicher Warte.80 Ungleich schwieriger zu beurteilen ist die Konstellation, dass ein mitgliedstaatli3.39 ches Gericht nationales Recht auszulegen hat, das schon vor Inkrafttreten der Richtlinie bestand und in deren Regelungsbereich fällt, vom nationalen Gesetzgeber allerdings noch unangetastet geblieben ist. In der Rs. Adeneler erstreckte der EuGH das Frustrationsverbot vom nationalen Gesetzgeber auf die mitgliedstaatlichen Gerichte: Diese müssten ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Richtlinie es soweit wie möglich unterlassen, das innerstaatliche Recht auf eine Weise auszulegen, die die Erreichung des mit der Richtlinie verfolgten Ziels nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden würde.81 Wenngleich vom Gerichtshof nicht explizit angesprochen, wird dem mitgliedstaatlichen Gericht überwiegend das Recht zur richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts vor Ablauf der Umsetzungsfrist zuerkannt.82 Auch der BGH nimmt ein solches Recht ausdrücklich für sich in Anspruch.83

79 Dazu Canaris, FS Bydlinski, 2002, S. 47, 74 ff.; Ehricke EuZW 1999, 553, 554 ff.; Forsthoff DStR 2006, 613, 617 f.; Gronen (Fn. 69), S. 103 ff.; Riesenhuber/Hofmann § 15 Rn. 26 ff.; Kubitza EuZW 2016, 691 ff.; Lutter JZ 1992, 593, 605; Röthel ZEuP 2009, 34, 47 ff.; Sack WRP 1998, 241, 242 ff. 80 Vgl. Canaris, FS Bydlinski, 2002, S. 47, 75; Ehricke EuZW 1999, 553, 554; Riesenhuber/ Hofmann § 15 Rn. 27 f.; Kroll-Ludwigs/Ludwigs ZJS 2009, 7, 10; Leible/Sosnitza NJW 1998, 2507, 2508; Lutter JZ 1992, 593, 605; W.-H. Roth EWS 2005, 385, 387. 81  EuGH v. 4.7.2006, Adeneler, C-212/04, ECLI:EU:C:2006:443, Rn. 122 f.; s. auch Röthel ZEuP 2009, 34, 47 ff. 82  Canaris FS Bydlinski, 2002, S. 75 f.; von Danwitz JZ 2007, 697, 701; Forsthoff DStR 2006, 613, 617; Menke WRP 1998, 811, 813 f.; Calliess/Ruffert/Ruffert Art. 288 AEUV Rn. 80; Sack WRP 1998, 241, 243 f.; im Grunde auch Frenz EWS 2011, 33, 37; Streinz/Schroeder Art. 288 AEUV Rn. 130; differenzierend Kubitza EuZW 2016, 691 ff.; Lutter JZ 1992, 593, 605; a.A. Ehricke EuZW 1999, 553, 555 ff.; Gronen (Fn. 69), S. 119 ff. 83  BGHZ 138, 55, 59 f. („Testpreis-Angebot“); dazu etwa Leible/Sosnitza NJW 1998, 2507; Menke WRP 1998, 811; auf Generalklauseln einschränkend jedoch BGH NJW 2012, 2422 Rn. 23. Davon zu trennen ist die Frage, ob die RL 97/55/EG (Richtlinie 97/55/EG des EP und des Rates v. 6.10.1997 zur Änderung der RL 84/450/EWG über irreführende Werbung zwecks Einbeziehung der vergleichenden Werbung, ABlEG v. 23.10.1997, L 290/18) aufgrund dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung als umgesetzt angesehen werden konnte, sodass es eines gesetzgeberischen Akts nicht mehr bedurfte, vgl. EuGH v. 26.6.2003, Kommission ./. Frankreich, C-233/00, ECLI:EU:C:2003:371, Rn. 76, wonach eine förmliche Übernahme der Bestimmungen der Richtlinie in eine ausdrückliche spezifische Rechtsvorschrift nicht immer erforderlich ist, da der Umsetzung einer Richtlinie je nach ihrem Inhalt durch einen allgemeinen rechtlichen Kontext Genüge getan sein kann.

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Die Geltung des Frustrationsverbots auch für nationale Gerichte bedeutet aber 3.40 gleichzeitig, dass diese – entgegen einer in Judikatur84 und Literatur85 verbreiteten Auffassung − aufgrund Unionsrechts86 zur richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts verpflichtet sein können, nämlich dann, wenn anderenfalls die Erreichung des mit der Richtlinie verfolgten Ziels nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährdet würde.87 Dies kann insbesondere dann virulent werden, wenn der Regelungsgehalt der Richtlinie einen traditionell durch Richterrecht geprägten Bereich betrifft und daher nicht zu erwarten ist, dass der Gesetzgeber die Richtlinie überhaupt oder fristgerecht umsetzen wird. Würde sich das mitgliedstaatliche Gericht in einer solchen Situation einer richtlinienkonformen Auslegung verschließen, wäre die Erreichung der Richtlinienziele ernsthaft gefährdet, sofern nicht ausnahmsweise zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung feststeht, dass die Frage vor Ablauf der Umsetzungsfrist erneut Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein wird.88 5.  Rechtsangleichung und strengere Lösungen des nationalen Rechts Die Angleichung des Unternehmensrechts ist nicht legislatorischer Selbstzweck, son- 3.41 dern Funktion der übrigen Ziele und Freiheiten des Vertrages, hier speziell der Niederlassungsfreiheit, der Sicherheit des Rechtsverkehrs (Freiheit des Handels) und der Chancengleichheit im Wettbewerb. Rechtsangleichung ist weiterhin nicht Rechtsvereinheitlichung: Es ist gerade das Charakteristikum der Rechtsangleichung, dass sie nur Gleichwertigkeit der Lösungen erstrebt und daher – wo immer nur möglich – Unterschiede belässt. Daher bedürfen unterschiedliche Lösungen gleichen Wertes auch nicht der Angleichung; so sind etwa unter dem Gesichtspunkt von NiederlassungsS. auch Riesenhuber/Hofmann § 15 Rn. 15 Rn. 44 ff.; GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 121 f. 84  Vgl. BGH NJW 2012, 2422 Rn. 20. 85  Prinzipiell gegen eine vorwirkende Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung von Danwitz JZ 2007, 697, 701; Kroll-Ludwigs/Ludwigs ZJS 2009, 7, 10; Lutter JZ 1992, 593, 605; Menke WRP 1998, 811, 814 f.; GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 130; W.-H. Roth EWS 2005, 385, 387; Calliess/Ruffert/Ruffert Art. 288 AEUV Rn. 80. 86  Das Frustrationsverbot hat der EuGH aus Art. 10 Abs. 2, 249 Abs. 3 EGV (G Art. 4 Abs. 3 S. 2 EUV, 288 Abs. 3 AEUV) und aus der Richtlinie selbst hergeleitet; es ist daher unionsrechtlichen Ursprungs. Gleiches muss für die aus dem Frustrationsverbot herzuleitende (aber auch auf dessen Geltungsbereich beschränkte) Pflicht nationaler Gerichte zur richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts gelten; so wohl auch Röthel ZEuP 2009, 34, 50. Gegen eine Herleitung aus dem Unionsrecht Leible/Sosnitza NJW 1998, 2507, 2508 mit Fn. 17; Calliess/Ruffert/Ruffert Art. 288 AEUV Rn. 80. 87 Ebenso Röthel ZEuP 2009, 34, 50; Streinz/Schroeder Art. 288 AEUV Rn. 130 („nur ausnahmsweise“). Nach Riesenhuber/W.H. Roth/Jopen § 13 Rn. 11 sind Judikate, die diese Voraussetzungen erfüllen, nur schwer vorstellbar. 88  Ähnlich Riesenhuber/Hofmann § 15 Rn. 52 f.; insofern auch Leible/Sosnitza NJW 1998, 2507, 2508 mit Fn. 17 (allerdings Herleitung aus dem nationalen Recht); s. ferner Röthel ZEuP 2009, 34, 53 f., die eine Befugnis des nationalen Gerichts zur „Vorberücksichtigung“ von Richtlinien insbesondere bei der Konkretisierung von Generalklauseln (wie § 1 UWG a.F.) für praktisch bedeutsam hält.

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freiheit und Rechtssicherheit die Organisation der Verwaltung einer Aktiengesellschaft in Vorstand/Aufsichtsrat einerseits und conseil d’administration bzw. board of directors andererseits gleichwertig. In diesem Rahmen ist es dann aber auch Aufgabe der Rechtsangleichung, den für erforderlich gehaltenen Mindestrahmen zu sichern; das geschieht durch das Angleichungsgebot und die oben bereits erörterte Pflicht zum stand still mit allen Folgen einer etwaigen Verletzung. Nun ist festzustellen, dass in vielen Fällen strengere Vorschriften des nationalen Rechts unangetastet bleiben; das führt zu der weiteren Frage, ob im angeglichenen Bereich strengere Regeln des nationalen Rechts fortbestehen oder ggf. auch neu geschaffen werden können.89 Soweit der Wortlaut der Richtlinien strengere Vorschriften des nationalen Rechts ausdrücklich zulässt, handelt es sich um den Bereich, in dem die Organe der Union die Gleichwertigkeit auch i.R.d. fortbestehenden Unterschiede bejahen; insoweit steht den Unionsorganen ein Beurteilungsermessen zu, da „Gleichwertigkeit“ eine Bewertung der gesamten normativen Situation erfordert und zulässt, innerhalb derer argumentativ ein bestimmter Bereich nicht mehr stärker eingrenzbar ist.90 Daraus folgt aber zugleich weiter, dass die Unionsorgane jeweils die Gleichwertigkeit aufgrund ihrer Vorschläge und Beschlüsse festgestellt haben: Die Gleichwertigkeit des jeweiligen Sachbereichs ist die Summe der in eine bestimmte Richtung zu ändernden Regeln und der fortbestehenden Regeln des jeweiligen nationalen Rechts. Diese beiden Teile entsprechen also zusammen der Vorstellung von Gleichwertigkeit. Vor diesem Hintergrund ist die Frage nach einer künftigen Verschärfung sowohl des geänderten als auch des nicht geänderten nationalen Rechts durch nationale Gesetzgebung und Rechtsprechung zu sehen. Verschärfung i.S.v. Verstärkung des normativen Schutzes von Gesellschaftern und Dritten beseitigt die Gleichwertigkeit in einer bestimmten Richtung. Das besagt aber als solches noch nichts. Denn entscheidend ist, ob und welche Gleichwertigkeit das Ziel der Richtlinie überhaupt ist. Diese Überlegungen entsprechen der Tatsache, dass in bestimmten Richtlinienbestimmungen die verschärfende Abweichung ausdrücklich verboten wird, so etwa in Art. 11 GesRRL (G Art. 12 PubRL, → 18.89 ff.) oder in Art. 6 GesRRL (G Art. 5 Abs. 1 KapRL, → 19.34 ff.). Man könnte daraus schließen, dass die Richtlinien im Übrigen – d.h. sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt und somit unklar ist, ob es sich um eine abschließende oder offene Maßnahme handelt – ein stand still „nach oben“ nicht gebieten, sondern verschärfende Abweichungen stillschweigend zulassen wollen. Auf der Basis dieser Überlegungen könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass ein bestimmtes nationales Recht z.B. Kapitalherabsetzungen oder Sacheinlagen als insgesamt gefährliche Vorgänge vollständig abschaffen könnte. Ein solches Ver-

89  Eingehend dazu Lutter FS Everling, 1995, Bd. I, S. 765 ff.; Merkt RabelsZ 61 (1997) 647 ff.; s. auch Grundmann, Rn. 149 f.; Habersack/Verse § 3 Rn. 64 ff.; detailliert zu Fällen der KapRL: Weller in: Gebauer, Martin/Wiedmann, Thomas (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Kap. 21 Rn. 47 f.; Schwarz Rn. 238 ff. 90 Ähnlich Bleckmann ZGR 1992, 364, 373; Merkt RabelsZ 61 (1997) 647, 670 f.

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ständnis der Richtlinien trifft im Grundsatz auch zu.91 Bei den hier erwähnten ausdrücklichen Regelungen handelt es sich um besonders neuralgische Fälle; außerdem liegt es in der Natur der betont positiv angeglichenen Normen, dass sie zunächst einmal als Mindestvorschrift gefasst sind; um aber hieraus die Gefahr der Interpretation „nach oben offen“ auszuschalten, lagen ausdrückliche Sperrvorschriften für die Verfasser der Richtlinien nahe. Sie müssen daher im Grundsatz als Fälle ausnahmsweiser Bindung nach oben, also als leges speciales, nicht als Ausprägungen einer allgemeinen Regel verstanden werden. Warum auch sollte der einzelne Mitgliedstaat seinen Minderheitenschutz nicht verstärken können, solange nur die Niederlassungsfreiheit und die Wettbewerbsfreiheit nicht tangiert werden?92 Damit ergibt sich, dass strengere Vorschriften und sonstige Regeln des natio- 3.46 nalen Rechts im Regelungsbereich einer solchen Richtlinie (z.B. herrschende Praxis, Rechtsprechung), die bereits bei Erlass dieser Richtlinie vorhanden sind, im Regelfall fortbestehen können93; ihre Existenz war dem europäischen Gesetzgeber bekannt, ihre Nicht-Einbeziehung in Angleichungsgebote bedeutet demzufolge die Akzeptanz ihres Fortbestandes. Auch die Neueinführung strengerer Vorschriften durch Gesetzgebung oder 3.47 Rechtsprechung widersprechen im hier erörterten Bereich des Unternehmensrechts auch ohne ausdrückliche Erlaubnis in einer Richtlinie nicht notwendig dem Gebot des stand still. Maßgeblich ist vielmehr das Verständnis und die Auslegung der jeweiligen Richtlinienbestimmung94: Kommt es ihr auf Gleichwertigkeit in beide Richtungen an oder geht es nur um die Sicherung eines Mindeststandards? Ist Vollharmonisierung gewollt oder genügt Mindestharmonisierung, lautet die Frage. Im ersten Fall würde die positiv erreichte Gleichwertigkeit so, wie sie vom europäischen Gesetzgeber vorgestellt war, wieder zerstört; insoweit ist die angeglichene Rechtsmaterie festgelegt.95 Das hat zur Folge, dass nur noch die Unionsorgane, nicht aber die einzelnen Mitgliedstaaten Änderungen an der einmal angeglichenen Rechtsmaterie vornehmen können: Da sie „nach oben“ wie „nach unten“ gebunden sind, haben die Mitgliedstaaten keinen Gestaltungsspielraum mehr; die Gesetzgebungshoheit geht auch insoweit praktisch auf die Union über. Im letzteren Fall hingegen bleibt der nationale Gesetzgeber frei, bestimmte Regelungen strenger zu treffen. So muss man etwa annehmen, dass es dem europäischen Gesetzgeber mit Art. 72 GesRRL (G Art. 33 KapRL, → 19.203 ff.) darauf ankam, europaweit überhaupt ein Bezugsrecht zumindest im Falle von Ka91  S. schon Lutter FS Everling, 1995, Bd. I, S. 765, 776 f.; i.E. ebenso Merkt RabelsZ 61 (1997) 647, 677 ff., der eine Vermutung für den offenen Charakter der fraglichen Richtlinie aus den Prinzipien der begrenzten Einzelermächtigung, der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit herleitet; a.A. Schwarz Rn. 240, nach dem es keine Vermutung dafür geben kann, dass Richtlinienvorschriften im Gesellschaftsrecht grundsätzlich Mindestvorschriften sind, da es auch Ziel der Richtlinien sei, gegenläufige Interessen auszugleichen. 92  Zu dieser Frage s. auch Merkt RabelsZ 61 (1997) 647, 679. 93 Vgl. Lutter/Gehling WM 1989, 1445, 1456 ff.; der BGH folgt dieser Beurteilung, vgl. BGHZ 110, 47 („IBH/Lemmerz“). 94  Vgl. EuGH v. 19.11.1996, Siemens./. Nold, C-42/95, ECLI:EU:C:1996:444, Rn. 13 ff.; an diese Entscheidung anknüpfend Grundmann Rn. 149; ferner Habersack/Verse § 3 Rn. 66. 95 Vgl. Bleckmann ZGR 1992, 364, 372.

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pitalerhöhungen gegen Bareinlage zu gewährleisten (in Belgien z.B. war dies noch im Jahre 1976 keineswegs selbstverständlich96) und seinen Ausschluss an die Einhaltung bestimmter formeller Voraussetzungen zu knüpfen. Der EuGH hat daher in der Rs. Siemens/Nold auch ausdrücklich entschieden, dass die RL es den Mitgliedstaaten freistellt, ein Bezugsrecht (zusätzlich) auch für Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen vorzusehen sowie den Bezugsrechtsausschluss (zusätzlich) auch einer materiellen Kontrolle zu unterwerfen97 (→ 19.207, 19.223, 19.225). 6.  Die Bedeutung der Richtlinien für das Verständnis der zu ihrer Umsetzung erlassenen Gesetze 3.48 Bei Gesetzen zur Umsetzung von Rechtsangleichungsrichtlinien handelt es sich um nationale Normen, deren Verständnis und Auslegung nachdrücklich durch das europäische Recht der Richtlinien, welches sie veranlasst hat, bestimmt werden98. Zugleich dokumentieren diese nationalen Texte denjenigen Bereich nationalen Rechts, über den der Gesetzgeber nicht mehr nach eigenem Belieben verfügen kann. Schon formell unterliegt er aus den betreffenden Richtlinien und im gegenständlichen Bereich von Richtlinie und Umsetzungsgesetz einer Informationspflicht gegenüber den Organen der Union (so etwa ausdrücklich Art. 165 GesRRL, Art. 15 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 ARRL). Darüber hinaus verletzt der Gesetzgeber seine Vertragspflichten, wenn er die so geschaffene Angleichungsebene verlässt, und läuft außerdem Gefahr, wirkungsloses nationales Recht zu schaffen (→ 3.16 ff.). 7.  Zur Auslegung des angeglichenen nationalen Rechts (richtlinienkonforme Auslegung und Rechtsfortbildung) a)  Praktische Bedeutung 3.49 Abgesehen von der vollständigen Neuschaffung des Dritten Buches des HGB zur kaufmännischen Rechnungslegung, zu Jahresabschluss, Prüfung und Publizität mit über 100 Paragraphen in Umsetzung der 4. (Bilanz-)RL und 7. (Konzernbilanz-)RL (die inzwischen durch die EU-Bilanz-RL ersetzt wurden, → 23), wurde allein das AktG in mehr als 100 Einzelfällen geändert und ergänzt. Dabei entstehen ausgespro96  Vgl. zur Einführung des gesetzlichen Bezugsrechts in Belgien im Zuge der Umsetzung der KapRL: Wymeersch AG 1998, 382, 386 ff. 97 EuGH v. 19.11.1996, Siemens./. Nold, C-42/95, ECLI:EU:C:1996:444, Rn. 13 ff. 98 Vgl. dazu Bleckmann ZGR 1992, 364 ff.; Brechmann, Die richtlinienkonforme Auslegung, 1994; Di Fabio NJW 1990, 947 ff.; Ehricke RabelsZ 59 (1995) 598 ff.; Everling ZGR 1992, 376 ff.; Herdegen § 8 Rn. 41 ff.; Grundmann ZEuP 1996, 399 ff.; Lutter JZ 1992, 593 ff.; Möllers FS Wolf, 2011, S. 669 ff.; Riesenhuber/Domröse RIW 2005, 47 ff.; ausf. zum Problemfeld der Auslegung des deutschen Gesellschaftsrechts im Einflussbereich der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien: Weller (Fn. 89), Kap. 21 Rn. 39 ff.; Riesenhuber/ W.-H. Roth/Jopen § 14; Schnorbus AcP 201 (2001) 860 ff.

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chen schwierige Gemengelagen von Normen rein nationalen Rechts und solchen europäisch geprägten nationalen Rechts. Für die Auslegung sind beide Normengruppen – soweit irgend möglich – getrennt zu halten99; denn für die Auslegung des europäisch geprägten Rechts gelten überwiegend andere Grundsätze, nämlich (1) die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung100 und (2) die Pflicht zur Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV immer dann, wenn Fragen zur Auslegung der Richtlinie entstehen (→ 3.78 ff.). b)  Die einzelnen Auslegungsaspekte aa)  Auslegung bei Änderung des nationalen Rechts aufgrund der Richtlinie Wurde das nationale Recht aufgrund der Richtlinie geändert, so beruhen die neuen 3.50 nationalen Vorschriften auf dem Vollzug einer verpflichtenden Anweisung des europäischen Rechts, Art. 288 Abs. 3 AEUV. Daher ist zunächst davon auszugehen, dass der nationale Gesetzgeber eben diese Rechtspflicht korrekt und vollständig erfüllen wollte.101 Basis dieses objektivierten Gesetzgebungswillens ist der Richtlinientext und der in ihm manifestierte Wille des europäischen Gesetzgebers. Der Richtlinientext bestimmt daher entscheidend das Verständnis der auf ihm beruhenden nationalen Norm.102 Zu seinem Verständnis können und müssen daher auch die Materialien und

99  Mit zunehmender Dauer bereitet dies immer größere technische Schwierigkeiten. So beruht das UmwG aus dem Jahre 1994 mit seinen Vorschriften zur Verschmelzung und Spaltung von Aktiengesellschaften auf der FusRL (→ 20), der SpRL (→ 21) sowie später der CBMD (→ 22) (die nun alle in die GesRRL integriert sind) , ist i.Ü. aber – z.B. für formwechselnde Umwandlung und Ausgliederung – rein nationaler Natur. Darüber hinaus sind die Vorschriften zu Verschmelzung und Spaltung weitgehend rechtsformneutral gehalten, betreffen also z.B. auch die GmbH sowie Personengesellschaften und gehen insoweit über die Richtlinien hinaus (→ 3.63). 100 So in st. Rspr. der EuGH unter Hinweis auf Art. 10 EGV bzw. Art. 4 Abs. 3 EUV: EuGH v. 10.4.1984, von Colson und Kamann, C-14/83, ECLI:EU:C:1984:153, Rn. 26; EuGH v. 7.11.1989, Nijman, C-125/88, ECLI:EU:C:1989:401, Rn. 6; EuGH v. 13.11.1990, Marleasing, C-106/89, ECLI:EU:C:1990:395, Rn. 8; EuGH v. 5.10.2004, Pfeiffer, C-397/01 bis C-403/01, ECLI:EU:C:2004:584, Rn. 113 f.; EuGH v. 10.10.2013, Spedition Welter, C-306/12, ECLI:EU:C:2013:650, Rn. 29 f.; EuGH v. 25.6.2015, Indėlių ir investicijų draudimas und Nemaniūnas, C-671/13, ECLI:EU:C:2015:418, Rn. 56. 101 Vgl. EuGH v. 5.10.2004, Pfeiffer, C-397/01 bis C-403/01, ECLI:EU:C:2004:584, Rn. 112; Schnorbus AcP 201 (2001) 860, 880 ff. (Vermutung für eine korrekte und vollständige Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht); s. dazu auch Riesenhuber/W.-H. Roth/ Jopen § 13 Rn. 27 ff. Vgl. auch BGH NJW 2014, 2646 Rn. 23; BVerfG NJW 2012, 669 Rn. 51. 102 Näher zur Auslegung des Unionsrechts Dauses/Bleckmann/Pieper B I Rn. 5 ff.; Grundmann/Riesenhuber JuS 2001, 529 ff.; Oppermann/Classen/Nettesheim § 9 Rn. 92 ff.; Riesenhuber/Riesenhuber § 10; zur Auslegung der Richtlinie im Speziellen: Lutter JZ 1992, 593, 598 ff.; knapper Habersack/Verse § 3 Rn. 50; W.-H. Roth FG 50 Jahre BGH, 2000, Bd. 2, S. 847, 872 ff.

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Erwägungsgründe103 der Richtlinie zu Rate gezogen werden, einschließlich der hier besonders wichtigen Protokollerklärungen der Beteiligten im Entscheidungsprozess: Sie bestimmen den Hintergrund der Richtlinie und damit zugleich auch den objektivierten Willen des nationalen Gesetzgebers. Wird daher im Rahmen der Auslegung festgestellt, dass der Text des nationalen Gesetzes (möglicherweise) hinter dem europäischen Gesetzgebungsziel zurückbleibt und ist ein ausdrücklicher Wille des nationalen Gesetzgebers für diese Beschränkung nicht erkennbar, so muss zunächst eine extensive Auslegung des nationalen Textes versucht werden.104 Das Problem kann sich dabei auch in umgekehrter Weise stellen: Beseitigt das Umsetzungsgesetz im Widerspruch zum europäischen Gesetzgebungsziel eine Belastung nicht, so muss eine teleologische Reduktion versucht werden.105 3.51 Eine richtlinienkonforme Auslegung ist allerdings nur insoweit geboten, als die nationalen Vorschriften überhaupt Auslegungsspielräume lassen; eine Auslegung contra legem ist also nicht Gegenstand der Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung106,107. Kann aber die Lücke zwischen der festgestellten Anforderung des 103 Vgl. zur Bedeutung der Erwägungsgründe für die Auslegung von Unionsrechtsakten Riesenhuber/Köndgen § 6 Rn. 48 ff. 104 In diesem Sinne wohl auch BGH WM 1974, 510, 512; s. auch EuGH v. 10.4.1984, von Colson und Kamann, C-14/83, ECLI:EU:C:1984:153, Rn. 28; EuGH v. 13.11.1990, Marleasing, C-106/89, ECLI:EU:C:1990:395, Rn. 8; EuGH v. 5.10.2004, Pfeiffer, C-397/01 bis C-403/01, ECLI:EU:C:2004:584, Rn. Rn. 116; EuGH v. 25.6.2015, Indėlių ir investicijų draudimas und Nemaniūnas, C-671/13, ECLI:EU:C:2015:418, Rn. 56; s. auch Lutter JZ 1992, 593, 604 ff.; Schnorbus AcP 201 (2001) 860, 882 f. 105 So auch der BFHE 132, 319, 321; BGHZ 192, 148 Rn. 30 („Gebrüder Weber“). 106  Vgl. schon die Formulierung in EuGH v. 14.7.1994, Faccini Dori, C-91/92, ECLI:EU:C:1994:292, Rn. 26: „[…] muss ein nationales Gericht, soweit es bei der Anwendung des nationalen Rechts […] dieses Recht auszulegen hat, seine Auslegung soweit wie möglich [Hervorhebung d. Verf.] am Wortlaut und Zweck der Richtlinie ausrichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und auf diese Weise Artikel 189 Absatz 3 EWG-Vertrag [G Art. 288 Abs. 3 AEUV] nachzukommen“; unmissverständlich EuGH v. 16.6.2005, Pupino, C-105/03, ECLI:EU:C:2005:386, Rn. 47: „Mit anderen Worten darf der Grundsatz konformer Auslegung nicht zu einer Auslegung contra legem des nationalen Rechts führen“ (zu einem Rahmenbeschluss); s. ferner etwa auch EuGH v. 10.3.2011, Deutsche Lufthansa AG, C-109/09, ECLI:EU:C:2011:129 Rn. 54: „die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt einer Richtlinie heranzuziehen … darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen“; EuGH v. 11.11.2015, Klausner Holz Niedersachsen, C-505/14, ECLI:EU:C:2015:742, Rn. 32: „So findet die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt des Unionsrechts heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen.“; inzwischen st. Rspr., vgl. etwa auch EuGH v. 30.4.2014, Kásler und Káslerné Rábai, ECLI:EU:C:2014:282, C-26/13, Rn. 65; EuGH v. 28.7.2016, JZ, C-294/16 PPU, ECLI:EU:C:2016:610, Rn. 33. Vgl. aus der Judikatur des BGH etwa BGH NZG 2015, 803 Rn. 19; BGH NJW 2016, 1718 Rn. 39. 107 Dazu Canaris FS Bydlinski, 2002, S. 47, 91 ff.; Habersack/Verse § 3 Rn. 56; Michael/ Payandeh NJW 2015, 2392, 2396 f.; GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 134; Streinz/ Schroeder Art. 288 AEUV Rn. 128.

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europäischen Rechts und ihrer Erfüllung durch den nationalen Gesetzgeber nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts geschlossen werden, ist anschließend zu fragen, ob die legislative Differenz, die Lücke zwischen europäischem Anspruch und nationaler Wirklichkeit, durch die unmittelbare Wirkung der Richtlinie (→ 3.17 ff.) geschlossen werden kann, ob also die Richtlinie mit dem von ihr intendierten Inhalt insoweit unmittelbar anwendbares, lückenfüllendes oder verdrängendes Recht geworden ist.108 Dabei muss man aber auch hier – wie schon beim Problem der gänzlichen Nicht-Umsetzung – annehmen, dass das – anders als bei der richtlinienkonformen Auslegung!109 − nur für eine Begünstigung des Bürgers, nicht aber für zusätzliche Lasten gilt: Insoweit bleibt dann nur das Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV (→ 3.16) oder der Schadensersatzanspruch des frustrierten Bürgers gegen den säumigen Mitgliedstaat nach der Francovich-Doktrin (→ 3.30). Lässt sich die festgestellte Divergenz zwischen europäischem Anspruch und nati- 3.52 onalem Recht auf keinem der beiden erörterten Wege beseitigen, so bleibt immer noch die Möglichkeit, die Differenz als ungewollte, aber durch unmittelbare Auslegung und unmittelbare Wirkung nicht zu schließende Regelungslücke zu interpretieren; in sie strömt dann als Lösung für das nationale Recht die gewollte Wirkung des europäischen Rechts ein (= richtlinienkonforme Rechtsfortbildung, → 3.54 ff.). bb)  Auslegung bei nicht geändertem Gesetzestext Die soeben erörterten Auslegungsmomente sind auch dann zu beachten, wenn der 3.53 Text des nationalen Rechts zwar im Regelungsbereich der Richtlinie liegt, aber im Vollzugstext unverändert geblieben ist, weil etwa – tatsächlich oder nach den Vorstellungen des nationalen Gesetzgebers – das geltende nationale Recht insoweit den Anforderungen der Richtlinie bereits entsprach: Sowohl im Bereich der finalen Auslegung dieses unveränderten nationalen Textes wie bei Überlegungen zur Lücke und ihrer Ausfüllung durch die Richtlinie selbst sind dann die obigen Erwägungen zu beachten. Sie überlagern den alten Text und bringen ihn, auch ohne Veränderung, in die Dimension des europäischen Rechts (self executing-Bedeutung mindestens i.R.d. Auslegung der nationalen Texte).110 108 Streinz Rn. 504 bezeichnet den Unterschied zwischen richtlinienkonformer Auslegung und unmittelbarer Wirkung von Richtlinienvorschriften als „teilweise fließend“; das hat sich noch verschärft, seitdem auch richtlinienkonforme Rechtsfortbildung möglich ist und jedenfalls zu einer restriktiven Anwendung des nationalen Textes führen kann (→ 3.53 ff.). 109 Diese ist grds. auch zulasten des Bürgers zulässig, vgl. etwa EuGH v. 15.9.2011, Franz Mücksch, C-53/10, ECLI:EU:C:2011:585, Rn. 34. 110 Ein geradezu klassisches Beispiel dafür ist § 71d S. 2 und 3 AktG: Nach der ursprünglichen Fassung der KapRL war nur der Aktiengesellschaft selbst der Erwerb eigener Aktien verboten (→ 19.165). Im damaligen deutschen Recht galt das Verbot aber auch für von dieser Aktiengesellschaft abhängige Unternehmen. Das wurde aufrechterhalten und textlich nicht geändert, als auch die EG das Verbot durch die RL 92/191/EWG entsprechend ausweitete (→ 19.5, 19.165 ff.). Seit dem sind § 71d S. 2 und 3 AktG europäisch zu verstehen und auszulegen.

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c)  Richtlinienkonforme Rechtsfortbildung 3.54 Im Zuge der Quelle-Entscheidungen des EuGH111 und des BGH112 ist vor einigen Jahren das Problem der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung in das Bewusstsein der wissenschaftlichen Diskussion gerückt. Es geht dabei um die Frage, ob neben der Pflicht des mitgliedstaatlichen Rechtsanwenders zur richtlinienkonformen Auslegung (i.e.S.) ein Recht oder sogar eine Pflicht zur richtlinienkonformen Rechtsfortbildung besteht. Dies hatte der BGH in seiner Quelle-Entscheidung ausdrücklich bejaht und § 439 Abs. 4 BGB im Lichte des Art. 3 Verbrauchsgüterkauf-RL113 dahingehend teleologisch reduziert, dass die dort in Bezug genommenen Rücktrittsvorschriften nur für die Rückgewähr der mangelhaften Sache selbst gelten, nicht aber zu einem Anspruch des Verkäufers gegen den Käufer auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen oder auf Wertersatz für die Nutzung der mangelhaften Sache führen.114 In seinem Urteil in der Rs. Gebrüder Weber ging der BGH dann sogar noch einen Schritt weiter und ließ es für eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung ausdrücklich genügen, dass der Gesetzgeber die Richtlinienkonformität der maßgeblichen Norm (konkret: § 439 Abs. 3 BGB) stillschweigend vorausgesetzt hatte.115 Diese inzwischen st. Rspr. des BGH116 verdient Zustimmung: Der Begriff der 3.55 richtlinienkonformen Auslegung ist autonom zu verstehen und bezieht neben der Auslegung (i.e.S.) auch die Rechtsfortbildung ein.117 Wenn der EuGH die Grenze der Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung dort zieht, wo sie nur unter Überschreitung des klaren Wortlauts der mitgliedstaatlichen Vorschrift möglich wäre118, bezieht 111 EuGH v. 17.4.2008, Quelle, C-404/06, ECLI:EU:C:2008:231. 112 BGH NJW 2006, 3200 (Vorlagebeschluss); BGH NJW 2009, 427 (Nachfolgeentscheidung). 113 RL 1999/44/EG des EP und des Rates v. 25.5.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABlEG v. 7.7.1999, L 171/12. 114 BGH NJW 2009, 427 („Quelle“). Ob eine solche richtlinienkonforme Rechtsfortbildung im konkreten Fall angesichts der Historie des § 439 Abs. 4 BGB auch wirklich begründbar war, ist kontrovers diskutiert worden, hier jedoch nicht zu vertiefen. Für die Zukunft hat sich diese konkrete Frage ohnehin erledigt, denn der Gesetzgeber hat inzwischen reagiert und ausdrücklich bestimmt, dass § 439 Abs. 4 BGB auf Verbrauchsgüterkaufverträge mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass Nutzungen nicht herauszugeben oder durch ihren Wert zu ersetzen sind (seit 16.12.2008: § 474 Abs. 2 S. 1 BGB, seit 13.6.2014: § 474 Abs. 5 S. 1 BGB). 115 BGHZ 192, 148 Rn. 30 ff. („Gebrüder Weber“). 116 Vgl. auch BGH NVwZ 2014, 1111 Rn. 8; BGH GRUR 2014, 983 Rn. 46; BGH GRUR 2015, 705 Rn. 26; BGH GRUR 2015, 1101 Rn. 29; BGH BeckRS 2015, 18142 Rn. 39; BGH BeckRS 2015, 18143 Rn. 37. 117 Vgl. BGH NJW 2009, 427, 428 f. („Quelle“); OGH ÖJZ 2011, 603, 604 f.; Canaris FS Bydlinski, 2002, S. 47, 81 f.; Kaiser ZEuS 2010, 219, 231 ff., 239 f.; Kroll-Ludwigs/Ludwigs ZJS 2009, 7, 12; Möllers FS Wolf, 2011, S. 669, 679 ff.; Möllers/Möhring JZ 2008, 919, 922; Perner ÖJZ 2011, 621, 622; Pötters/Christensen JZ 2011, 387, 391 ff.; Reimer JZ 2015, 910, 915 ff.; W.-H. Roth EWS 2005, 385, 388; Sperber EWS 2009, 358; für ein enges, auf die Auslegung i.e.S. beschränktes Verständnis des unionsrechtlichen Auslegungsbegriffs: Ehricke ZIP 2004, 1025, 1029 f.; Habersack/Mayer WM 2002, 253, 256; wohl auch Fischinger EuZW 2008, 312, 313; Hummel EuZW 2007, 268 f. 118 Vgl. die Nachweise in Fn. 106.

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er durch dieses Verbot des contra legem-Judizierens dementsprechend den Bereich in das Gebot zur richtlinienkonformen Auslegung ein, in dem eine richterliche Rechtsfindung nach nationalen Methoden zulässig ist, also auch den Bereich der Rechtsfortbildung. Denn der Gerichtshof betont in st. Rspr. ausdrücklich, dass der „Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung verlangt …, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der danach anerkannten Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der fraglichen Richtlinie zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel übereinstimmt“.119 M.a.W.: Um seiner Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung zu genügen, muss das mitgliedstaatliche Gericht u.U. auch zum Mittel der Rechtsfortbildung greifen; lässt sich auf diesem Wege das Ziel der Richtlinie erreichen, liegt darin keine Auslegung contra legem.120 Entgegen manch kritischer Stimmen im Schrifttum121 ist dem BGH insbesondere auch darin zu folgen, dass ein genereller legislatorischer Wille zur richtlinienkonformen Umsetzung ausreichend ist.122 Gerade für das Europäische Unternehmensrecht hat die ganze Thematik der richt- 3.56 linienkonformen Rechtsfortbildung immense Bedeutung, denn es ist keineswegs selten, dass der nationale Gesetzgeber bei der Schaffung neuer oder Änderung bestehender Rechtsvorschriften zwar erkennbar bestrebt ist, europäischen Vorgaben Rechnung zu tragen, dabei aber entweder deren genaue Bedeutung verkennt oder einzelne Vorgaben schlicht übersieht. Markantes Beispiel im deutschen Recht ist der Umfang der Wertprüfung bei Sacheinlagen; hier bedarf es einer richtlinienkonforme Auslegung der § 34 Abs. 1 Nr. 2 AktG (ggf. i.V.m. §§ 183 Abs. 3, 194 Abs. 4, 205 Abs. 5 AktG) dahingehend, dass die Werthaltigkeitsprüfung sich auch auf ein etwaiges Agio erstrecken muss (→ 19.63, 19.66, 19.192, 19.199). Weitere Beispiele: 7.07, 26.60, 28.42, 28.136, 28.159. 8.  Die Funktion des EuGH bei der Umsetzung und Anwendung der Richtlinien Gerade bei der Umsetzung von Richtlinien kommt dem EuGH und seinen Aufga- 3.57 ben besondere Bedeutung zu: Einmal kann die Kommission gem. Art. 258 AEUV im Wege des Vertragsverletzungsverfahrens gegen einen Mitgliedstaat vorgehen, der seiner Pflicht zur Umsetzung ganz oder teilweise nicht nachkommt (→ 3.16). Darüber hinaus entscheidet der EuGH nach Art. 267 AEUV im Wege des Vorabentschei-

119 Vgl. EuGH v. 4.7.2006, Adeneler, C-212/04, ECLI:EU:C:2006:443, Rn. 111; EuGH v. 10.3.2011, Deutsche Lufthansa AG, C-109/09, ECLI:EU:C:2011:129, Rn. 55; EuGH v. 10.10.2013, Spedition Welter, C-306/12, ECLI:EU:C:2013:650, Rn. 30; EuGH v. 28.7.2016, JZ, C-294/16 PPU, ECLI:EU:C:2016:610, Rn. 33. 120 Vgl. BGH NJW 2009, 427, 428 ff. („Quelle“); OGH ÖJZ 2011, 603, 604 f.; Canaris FS Bydlinski, 2002, S. 47, 81 f. sowie die Nachw. o. Fn. 117. 121 Vgl. etwa Gsell ZJS 2011, 369, 374; Höpfner JZ 2012, 473, 475 f. 122 Näher: J. Schmidt GPR 2013, 210, 213 m.w.N. Ebenso etwa auch Faust JuS 2012, 456, 459; Leenen JURA 2012, 753, 761; Leible/Müller LMK 2012, 330321.

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dungsverfahrens über die Auslegung von Handlungen der Organe der Union, v.a. auch über das von ihnen gesetzte Recht (Verordnungen und Richtlinien). Diese Kompetenz ist verbunden mit entsprechenden Befugnissen und Pflichten 3.58 der nationalen Gerichte. Wird nämlich vor diesen eine Frage zu einer Richtlinie erheblich für die Entscheidung eines Rechtsstreits, so können alle Instanzgerichte die Frage dem EuGH vorlegen, während das in der Sache letztinstanzliche Gericht – also v.a. BGH, BVerwG, BAG, BSG sowie BFH, aber auch das BVerfG123 – vorlegen muss (näher zu Vorlagerecht und Vorlagepflicht → 3.80 ff.). Praktisch kann eine solche Vorfrage in doppelter Weise entstehen: Zunächst einmal dann, wenn sich eine Partei vor dem nationalen Gericht auf die 3.59 self executing-Wirkung der Richtlinie beruft. Der EuGH hat dann über die Existenz unmittelbaren und allgemein geltenden europäischen Rechts zu entscheiden; bejaht er diese Existenz, so hat er ggf. auch über die sich anschließenden Probleme hinsichtlich der Auslegung der Richtlinie, also den genauen Inhalt dieses vorrangigen allgemeinen europäischen Rechts, zu befinden.124 Zum anderen ist über eine Vorfrage zu entscheiden, wenn sich Zweifel zum Ver3.60 ständnis der Richtlinie selbst ergeben, dieses Verständnis aber seinerseits entscheidend ist für die Auslegung und Anwendung des darauf beruhenden nationalen Rechts.125 So hatte sich etwa zu §§ 8 Abs. 3, 10 Abs. 1 S. 2 GmbHG in der Neufassung durch das KoordG126 (heute: §§ 8 Abs. 4 Nr. 2, 10 Abs. 1 S. 2 GmbHG), mit denen Art. 2 lit. d PubRL (G Art. 14 lit. d GesRRL) das deutsche Recht umgesetzt wurde (→ 18.33 ff.), die Frage ergeben, ob Vertretungsverhältnisse in einer GmbH selbst dann ausdrücklich offenzulegen sind, wenn sie sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Der BGH127 ging in der Rs. Haaga zunächst einmal davon aus, dass der Gesetzgeber die Richtlinie vollständig und vorbehaltlos umsetzen wollte. Damit wurde der Inhalt der Richtlinie selbst maßgebend.128 Auch ihn aber befand der BGH – zu Recht – insoweit für auslegungsbedürftig, sodass die Frage nach Art. 234 Abs. 3 EGV (G Art. 267 Abs. 3 AEUV) dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen war. Dieser beantwortete die Frage zur Auslegung der Richtlinie129, die – und das ist der

123 Vgl. BVerfGE 52, 187, 201. Eine solche Vorlage des BVerfG erfolgte erstmals 2014: BVerfGE 134, 366 („OMT-Beschluss“, → Fn. 15), beantwortet durch EuGH v. 16.6.2015, Gauweiler u.a., C-62/14, ECLI:EU:C:2015:400; nachfolgend BVerfGE 142, 123 („OMTUrteil“, → Fn. 15). 124 So etwa in EuGH v. 19.1.1982, Becker, C-8/81, ECLI:EU:C:1982:7. 125 Zum Erfordernis der Entscheidungserheblichkeit → 3.81. 126 Gesetz zur Durchführung der Ersten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts v. 15.8.1969, BGBl. I, 1146. 127 BGH WM 1974, 510 (Vorlagebeschluss). 128 Vgl. ebenso Lawson J. in International Sales & Agencies Ltd v Marcus [1982] 3 All E.R. 551, para. 21; anders aber Lord Denning in Phonogram Ltd. v Lane [1982] Q.B. 938, 943; eingehend Lutter JZ 1992, 593, 598 ff. 129 EuGH v. 12.11.1974, Haaga GmbH, 32/74, ECLI:EU:C:1974:116; umgesetzt in BGHZ 63, 263.

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hier entscheidende Schritt – der BGH sodann seiner Auslegung des deutschen Rechts „richtlinienkonform“ zugrunde legte130 (→ 18.35). Es handelt sich also um einen sehr komplexen, zweistufigen Auslegungsprozess: 3.61 Zunächst befindet das nationale Gericht das auf der Richtlinie beruhende nationale Recht für auslegungsbedürftig und sieht in der Richtlinie ein entscheidendes Auslegungsmittel. Sodann erscheint ihm auch die Richtlinie selbst der Auslegung bedürftig; diese Frage gibt das nationale Gericht dann an den EuGH zur Vorabentscheidung weiter. Dazu kann auch die Frage gehören, ob die Richtlinie den Fortbestand von strengerem nationalem Recht duldet oder aber dieses gar mit Ablauf der Umsetzungsfrist außer Anwendung zu bleiben hat. Solch strengeres Recht kann auch auf einer gefestigten Rechtsprechung beruhen; auch das ist Recht, und das Angleichungsgebot der Richtlinie beschränkt sich nicht auf geschriebenes (kodifiziertes) Recht.131 Der EuGH befindet über das europäische Recht und seinen Inhalt. Dazu muss 3.62 er seinerseits dieses Recht auslegen. Dabei folgt er im Prinzip dem bekannten Auslegungskanon von Wortlaut, Entstehung, Systematik und Telos. Während diese Elemente in der Methodik des deutschen Rechts gleichrangig sind, stellt der EuGH v.a. auf die jeder Richtlinie vorangestellten Erwägungsgründe und den Telos der Norm ab und betont dabei speziell den Gedanken des effet utile des Unionsrechts132; im Ergebnis führt das zu einer eigenständigen unionsrechtlichen Auslegungsmethode133.134 9.  Die überschießende Umsetzung von Richtlinien Besondere Probleme im Zusammenhang mit der Auslegung und dem Vorabentschei- 3.63 dungsverfahren stellen sich bei der sog. überschießenden Umsetzung von Richtli­ nien.135 Dabei bezieht der nationale Gesetzgeber auch solche Sachverhalte in die der Umsetzung der Richtlinie dienenden Vorschriften ein, die von der Richtlinie an sich nicht erfasst werden; der nationale Gesetzgeber geht also über den Anwendungsbe130  Gleichermaßen EuGH v. 10.4.1984, von Colson und Kamann, C-14/83, ECLI: EU:C:1984:153, Rn. 28: „Es ist Sache des nationalen Gerichts, das zur Durchführung der Richtlinie erlassene Gesetz […] in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts auszulegen und anzuwenden.“ 131 Näher dazu Lutter FS Everling, 1995, Bd. I, S. 765 ff. 132 Vgl. speziell dazu etwa Everling JZ 2000, 217, 223; Potacs EuR 2009, 465 ff.; Streinz FS Everling, 1995, Bd. II, S. 1491 ff.; Oettingen, Effet utile und individuelle Rechte im Recht der Europäischen Union, 2010; Seyr, Der effet utile in der Rechtsprechung des EuGH, 2008; Tichý FS Müller-Graff, 2015, S. 1112 ff.; Tomasic, Effet utile. Die Relativität teleologischer Argumente im Unionsrecht, 2013. 133 Vgl. Herresthal ZEuP 2009, 600 ff.; für die Gleichgewichtung der Auslegungsmethoden jedoch etwa Leisner EuR 2007, 689, 699 ff. 134 Näher zum Ganzen: Riesenhuber/Riesenhuber § 10; GHN/Mayer Art. 19 EUV Rn. 53 ff. (jeweils m.z.w.N.); umfassend Martens, Methodenlehre des Unionsrechts, 2014. 135  Näher dazu Riesenhuber/Habersack/Mayer § 14; Hommelhoff FG 50 Jahre BGH, 2000, Bd. 2, S. 889, 913 ff.; Koch JZ 2006, 277, 279 ff.; Kuhn EuR 2015, 216 ff.; Lutter GS Heinze, 2005, S. 571 ff.; monographisch Brandner, Die überschießende Umsetzung von Richtlinien, 2003; Jäger, Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, 2006.

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reich der Richtlinie hinaus.136 Als Paradebeispiel137 im deutschen Unternehmensrecht mag das UmwG dienen, das die FusRL (→ 20) und die SpRL (→ 21) (die nun beide in die GesRRL integriert sind) gleich in doppelter Hinsicht überschießend umgesetzt hat: Zum einen gelten die Richtlinien nur für die Verschmelzung (FusRL/Teil II Kapitel I GesRRL/Zweites Buch des UmwG) bzw. die Spaltung (SpRL/Teil II Kapitel III GesRRL/Drittes Buch des UmwG), das UmwG hingegen darüber hinaus auch für die Vermögensübertragung (Viertes Buch) und den Formwechsel (Fünftes Buch); zum anderen ist das UmwG rechtsformneutral ausgestaltet und betrifft nicht – wie Teil II Kapitel I GesRRL/FusRL (→ 20.11) und Teil II Kapitel III GesRRL/SpRL (→ 21.7) – lediglich die Umwandlungen von Aktiengesellschaften. Nach dem zuvor Gesagten stellt sich zunächst die Frage, ob der mitgliedstaat3.64 liche Rechtsanwender auch die über den Regelungsbereich der Richtlinie hinausgehende mitgliedstaatliche Regelung richtlinienkonform auszulegen hat. Aus Sicht des Unionsrechts wird man dies verneinen müssen: Unterwirft das Unionsrecht einen bestimmten Sachbereich nicht dem Anwendungsbereich einer Richtlinie, so kann es eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts insofern nicht verlangen.138 In dieselbe Richtung weist auch die Rechtsprechung des EuGH: Dieser betont zwar einerseits, dass ein klares Interesse der EU an einheitlicher Auslegung bestehe.139 Gleichwohl kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, damit habe er eine unionsrechtliche Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung auch des überschießenden 136 Damit ist die überschießende Richtlinienumsetzung vom sog. gold plating abzugrenzen, bei dem der nationale Gesetzgeber nicht über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinausgeht, sondern lediglich die für einen bestimmten Sachbereich getroffenen Regelungen der Richtlinie inhaltlich verschärft; dazu Veil/Walla, ECML, § 4 Rn. 48; s. ferner Burmeister/Staebe EuR 2009, 444, 445, 455, die die überschießende Richtlinienumsetzung als „unechtes gold plating“ bezeichnen. 137 Weitere Beispiele bei Brandner (Fn. 135), S. 15 ff.; Drexl FS Heldrich, 2005, S. 70 ff.; Habersack/Mayer JZ 1999, 913, 914 f.; Jäger (Fn. 135), S. 83 ff. 138 Vgl. BGHZ 195, 135 Rn. 18, 20 („Granulat“); BGHZ 201, 101 Rn. 28; Riesenhuber/Habersack/Mayer § 14 Rn. 25 ff., 35; Höpfner JZ 2012, 473, 474; Höpfner/Rüthers AcP 209 (2009) 1, 29; Kroll-Ludwigs/Ludwigs ZJS 2009, 7, 9; Kuhn EuR 2015, 216, 217; Lorenz NJW 2013, 207, 208; Lutter GS Heinze, 2005, S. 571, 575; Mayer/Schürnbrand JZ 2004, 545, 548; Piekenbrock EuR 2011, 317, 350 f.; GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 131; J. Schmidt GPR 2013, 210, 215; BeckOGK/Verse § 123 UmwG Rn. 15; ähnlich Hommelhoff FG 50 Jahre BGH, 2000, Bd. 2, S. 889, 915: „Freilich reicht dies Gebot [richtlinienkonformer Auslegung, Anm. d. Verf.] nur soweit wie die Richtlinie selbst, aber nicht über deren Anwendungsbereich hinaus.“; i.E. auch Brandner (Fn. 135), S. 101; Jäger (Fn. 135), S. 107 ff.; a.A. Herdegen WM 2005, 1921, 1930; Mörsdorf JZ 2013, 191, 194; W.-H. Roth FG 50 Jahre BGH, 2000, Bd. 2, S. 847, 883 f.; eine unionsrechtliche Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung auf Art. 10 Abs. 2 EGV (G Art. 4 Abs. 3 EUV) stützend Drexl FS Heldrich, 2005, S. 67, 83 f. 139  EuGH v. 17.7.1997, Leur-Bloem, C-28/95, ECLI:EU:C:1997:369, Rn. 32; EuGH v. 17.7.1997, Giloy, C-130/95, ECLI:EU:C:1997:372, Rn. 28; EuGH v. 7.11.2013, Romeo, C-313/12, ECLI:EU:C:2013:718, Rn. 22; EuGH v. 4.12.2014, FNV Kunsten Informatie en Media, C-413/13, ECLI:EU:C:2014:2411, Rn. 18; EuGH v. 15.10.2014, De Bellis, C-246/14, ECLI:EU:C:2014:2291, Rn. 16; ähnlich auch schon EuGH v. 18.10.1990, Dzodzi, C-297/88 u. C-197/89, ECLI:EU:C:1990:360, Rn. 37.

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Teils der nationalen Regelung begründen wollen.140 Denn im gleichen Atemzug erkennt der EuGH an, dass für die Berücksichtigung der Grenzen, die der nationale Gesetzgeber der Anwendung des Unionsrechts auf rein innerstaatliche Sachverhalte setzen wollte, das nationale Recht gilt, sodass dafür ausschließlich die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig sind.141 Sehr deutlich kommt diese Sichtweise des Gerichtshofs in seinem ICI-Urteil zum Ausdruck, wonach das nationale Gericht nach dem Unionsrecht nicht zur unionsrechtskonformen Auslegung verpflichtet ist, wenn der Rechtsstreit einen Sachverhalt betrifft, der nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt.142 Ähnlich hat er in der Rs. Nolan dezidiert betont, dass kein Interesse der Union an einer einheitlichen Auslegung besteht, wenn die nationalen Vorschriften einen Bereich betreffen, für den ein Unionsrechtsakt ausdrücklich eine Ausnahme von seinem Geltungsbereich vorgesehen hat.143 Wenngleich sich somit eine unionsrechtliche Pflicht zur richtlinienkonformen 3.65 Auslegung auch des überschießenden Teils der nationalen Regelung nicht herleiten lässt, so kann sich eine solche doch aus dem nationalen Recht ergeben.144 Dazu bedarf es der Auslegung der betreffenden nationalen Vorschriften nach dem bekannten Kanon der Auslegungsmittel, um den gesetzgeberischen Willen zu ermitteln. Im Zweifel, d.h. beim Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die gleiche Lösung sowohl für die unionsrechtlich präjudizierten als auch für die darüber hinausgehenden Sachverhalte wollte, d.h. im Falle einer überschießenden Umsetzung spricht regelmäßig eine Vermutung für eine einheitliche Auslegung.145 Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Sachverhalte durch den Rechtsanwender ist dann nicht gerechtfertigt, eine gespaltene Auslegung mithin verwehrt.

140 So aber MüKoBGB/Ernst, 7. Aufl. 2016, Vor § 275 Rn. 23; W.-H. Roth FG 50 Jahre BGH, 2000, Bd. 2, S. 847, 883 f. 141  EuGH v. 17.7.1997, Leur-Bloem, C-28/95, ECLI:EU:C:1997:369, Rn. 33; EuGH v. 18.10.2012, Pelati, RS. C-603/10, ECLI:EU:C:2012:639, Rn. 19. 142  EuGH v. 16.7.1998, Imperial Chemical Industries plc (ICI), C-264/96, ECLI:EU:C:1998:370, Rn. 34. 143 EuGH v. 18.10.2012, Nolan, C-583/10, ECLI:EU:C:2012:638, Rn. 54 f. 144 Vgl. BGHZ 195, 135 Rn. 20 („Granulat“); Bärenz DB 2003, 375 f.; Höpfner/Rüthers AcP 209 (2009) 1, 29 f.; Kroll-Ludwigs/Ludwigs ZJS 2009, 7, 9; Lutter GS Heinze, 2005, S. 571, 575 ff.; Mittwoch JuS 2017, 296, 299 ff. ; Mörsdorf JZ 2013, 191, 193; Piekenbrock EuR 2011, 317, 350 f.; W.-H. Roth FG 50 Jahre BGH, 2000, Bd. 2, S. 883; J. Schmidt GPR 2013, 210, 215; Schulte-Nölke ZGS 2006, 201; a.A. Riesenhuber/Habersack/ Mayer (Fn. 135), § 14 Rn. 35 f.; Mayer/Schürnbrand JZ 2004, 545, 549 f.; Jäger (Fn. 135), S. 128 ff., der aber gleichwohl eine Berücksichtigung der Richtlinie bei der Auslegung der Normen im überschießenden Sachverhalt für möglich hält, S. 142 ff.; s. aus der Rspr. zum UmwG einerseits OLG Stuttgart AG 1997, 136, 137; BayObLG AG 1999, 185, 187 f. (gespaltene Auslegung); andererseits OLG Naumburg GmbHR 1997, 1152, 1155 (einheitliche Auslegung). 145 Vgl. Brandner (Fn. 135), S. 105 ff.; Riesenhuber/Habersack/Mayer § 14 Rn. 41 ff.; Höpfner/Rüthers AcP 209 (2009) 1, 29 f.; Jäger (Fn. 135), S. 155 f.; Lorenz NJW 2013, 207, 208; Mayer/Schürnbrand JZ 2004, 545, 551; Lutter GS Heinze, 2005, S. 571, 575 ff.; J. Schmidt GPR 2013, 210, 215; gegen eine solche Zweifelsregel Herdegen WM 2005, 1921, 1930; GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 131; Weiss ZRP 2013, 66, 68.

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3.66

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Von der Frage einer einheitlichen oder gespaltenen Auslegung zu separieren ist die Frage, ob auch hinsichtlich der die Richtlinie in überschießender Weise umsetzenden nationalen Regelungen das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV eröffnet sein kann. Teilweise wird in derart gelagerten Fällen bereits die Zuständigkeit des EuGH in Zweifel gezogen.146 Dem entspricht es, wenn manche Stimmen in der Literatur den nationalen Gerichten die Vorlageberechtigung nach Art. 267 Abs. 2 AEUV absprechen.147 Der EuGH bejaht indes in st. Rspr. zu Recht die Zulässigkeit derartiger Vorlagen, denn in diesen Fällen besteht ein klares Interesse der Union daran, dass die aus dem Unionsrechtsakt übernommenen Bestimmungen einheitlich ausgelegt werden.148 Kommt das nationale Gericht also zu dem Ergebnis, dass die Auslegung der Richtlinie für das Verständnis der überschießenden nationalen Norm von Bedeutung – also eine einheitliche Auslegung geboten – und für das Verfahren entscheidungserheblich ist, kann es dem EuGH eine entsprechende Frage vorlegen. Bringt man diesen Gedanken konsequent zu Ende, wird man bei letztinstanzlichen Gerichten sogar eine Vorlagepflicht annehmen müssen149 (allg. zur Vorlagepflicht und den Ausnahmen → 3.82 ff.). 10.  Zusammenfassung

3.67 Mit den zuletzt angesprochenen Aspekten – europäische Überlagerung des nationalen Textes und Auslegungszuständigkeit des EuGH – wird noch einmal deutlich, in welchem Maße sich der Charakter eines nationalen Gesetzes im Angleichungsbereich einer solchen Richtlinie qualitativ verändert: Es unterscheidet sich künftig grundlegend 146 GA Jacobs, Schlussanträge v. 17.9.1996, Leur-Bloem, C-28/95 u. C-130/95, ECLI: EU:C:1996:332, Rn. 47 ff.; GA Jacobs, Schlussanträge v. 15.11.2001, BIAO, C-306/99, ECLI:EU:C:2001:608, Rn. 58 ff.; Hommelhoff FG 50 Jahre BGH, 2000, Bd. 2, S. 894, 921; damit sympathisierend auch Grigoleit/Herresthal JZ 2003, 118, 119. 147 Habersack/Verse § 3 Rn. 61; Riesenhuber/Habersack/Mayer § 14 Rn. 57 ff. 148  Vgl. EuGH v. 26.9.1985, Thomasdünger, C-166/84, ECLI:EU:C:1985:373, Rn. 11; EuGH v. 18.10.1990, Dzodzi, C-297/88 u. C-197/89, ECLI:EU:C:1990:360, Rn. 29 ff.; EuGH v. 17.7.1997, Leur-Bloem, C-28/95, ECLI:EU:C:1997:369, Rn. 16 ff.; EuGH v. 7.1.2003, BIAO, C-306/99, ECLI:EU:C:2003:3, Rn. 88 ff.; EuGH v. 18.10.2012, Pelati, RS. C-603/10, ECLI:EU:C:2012:639, Rn. 18; EuGH v. 4.12.2014, FNV Kunsten Informatie en Media, C-413/13, ECLI:EU:C:2014:2411, Rn. 18; EuGH v. 26.11.2015, Maxima Latvija, C-345/14, ECLI:EU:C:2015:784, Rn. 12. Vgl. aus der Literatur auch Höpfner/ Rüthers AcP 209 (2009) 1, 30; Jäger (Fn. 135), S. 173 ff., 223; Piekenbrock EuR 2011, 317, 351; Lutter GS Heinze, 2005, S. 571, 582 f.; GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 131; Streinz/Schroeder Art. 288 AEUV Rn. 131; vgl. auch die Konstellation in BGHZ 150, 248. 149 Sehr str.; wie hier BeckOGK/Augenhofer § 474 BGB Rn. 26 f.; Drexl FS Heldrich, 2005, S. 67, 82; Hess RabelsZ 66 (2002) 470, 487 f. (Herleitung aus dem nationalen Recht); Jäger (Fn. 135), S. 224 ff.; Lutter GS Heinze, 2005, S. 571, 583 f.; Piekenbrock EuR 2011, 317, 351 (Herleitung aus dem nationalen Recht); BeckOGK/Verse § 123 UmwG Rn. 17; a.A. Brandner (Fn. 135), S. 134 f., der die Frage nach einer Vorlagepflicht letztinstanzlicher Gerichte von der materiellen Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung abhängig macht; Habersack/Verse § 3 Rn. 61; Hommelhoff, FG 50 Jahre BGH, 2000, Bd. 2, S. 889, 920 f. unter Hinweis auf den Zweck des Vorabentscheidungsverfahrens.

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von „normalen“ – nicht unionsrechtlich determinierten – Gesetzen. Aber auch innerhalb des Gesetzes muss zwischen angeglichenen und nicht angeglichenen Normen unterschieden werden; da der deutsche Gesetzgeber die erforderlichen Änderungen an und in den Gesetzen selbst vornimmt und auf diese Weise solche „Gemengelagen“ schafft, gilt das in besonderem Maße etwa für das AktG, das Dritte Buch des HGB, das UmwG, das WpHG, das WpÜG, das KAGB und in Teilen auch für das GmbHG und das KWG.

IV.  (Staatengerichtete) Beschlüsse Staatengerichtete Beschlüsse nach Art. 288 Abs. 4 AEUV folgen dem Recht der Richt- 3.68 linien150; sie unterscheiden sich von ihnen nur dadurch, dass sie betont an einzelne Mitgliedstaaten gerichtet sind und nicht allgemein an alle.

V.  Empfehlungen Empfehlungen nach Art. 288 Abs. 5 AEUV sind, wie der Vertrag selbst formuliert, 3.69 „nicht verbindlich“. Gleichwohl gehören sie zum geltenden Unionsrecht, dessen Rechtsquellensystem im Gegensatz zum traditionellen Rechtsbegriff auch bestimmte Formen unverbindlichen Handelns umfasst.151 Nach der Rechtsprechung des EuGH sind Empfehlungen – obwohl unverbindlich – jedoch nicht als rechtlich völlig wirkungslos anzusehen: Sie sind von den nationalen Gerichten bei der Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtstreitigkeiten zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn sie Aufschluss über die Auslegung von zu ihrer Durchführung erlassenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften geben oder wenn sie verbindliche unionsrechtliche Vorschriften ergänzen sollen.152 Auch können sie den einzelnen nationalen Gesetzgeber dazu veranlassen, sein nationales Recht zu ändern.153 Tut er das, ist die Empfehlung Material der rein 150 Das wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass das erste Leberpfennig-Urteil des EuGH (EuGH v. 6.10.1970, Franz Grad, 9/70, ECLI:EU:C:1970:78) auf einer an Deutschland gerichteten Entscheidung der Kommission beruht; seine eigentliche Bedeutung aber hat das Urteil im Bereich der Richtlinie entfaltet. S. auch Oppermann/Classen/ Nettesheim § 9 Rn. 120 f., denen zufolge Empfehlungen „richtliniennahe“ normative Elemente aufweisen. 151 Streinz/Schroeder Art. 288 AEUV Rn. 143; s. auch Calliess/Ruffert/Ruffert Art. 288 AEUV Rn. 15. 152 Vgl. EuGH v. 13.12.1989, Grimaldi, C-322/88, ECLI:EU:C:1989:646, Rn. 18; EuGH v. 21.1.1993, Deutsche Shell AG, C-188/91, ECLI:EU:C:1993:24, Rn. 18; EuGH v. 11.9.2003, Altair Chimica/ENEL, C-207/01, ECLI:EU:C:2003:451, Rn. 41; EuGH v. 18.3.2010, Alassini, C-317/08, ECLI:EU:C:2010:146, Rn. 40. Darin wird vereinzelt eine Rechtsfortbildung gegen den Vertragstext gesehen, vgl. Calliess/Ruffert/Ruffert Art. 288 AEUV Rn. 95. 153 Zu den psychologischen und politischen Wirkungen der Empfehlungen vgl. GHN/ Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 201, 208.

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innerstaatlichen Auslegung des neuen innerstaatlichen Rechts, an welcher der EuGH nicht beteiligt ist. Von der ebenfalls unverbindlichen Stellungnahme unterscheidet sich die Empfehlung dadurch, dass sie unmittelbar auf eine Verhaltenssteuerung abzielt, während die Stellungnahme eine sachverständige oder politische Meinungsäußerung enthält.154 3.70 Empfehlungen haben im Europäischen Unternehmensrecht über lange Jahre hinweg keine wirkliche Rolle gespielt. Das hat sich seit dem Aktionsplan von 2003 (→ 13.4) deutlich geändert. Angesichts der oft großen Schwierigkeiten bei dem erforderlichen Zusammenwirken von Kommission, EP und Rat im Zusammenhang mit der Verabschiedung einer Richtlinie155 hat die Kommission ihre Politik geändert und versucht jetzt zunehmend, mit Hilfe von Empfehlungen156 Einfluss auf bestimmte unternehmensrechtliche Fragen in den Mitgliedstaaten zu nehmen (vgl. zum regulatorischen Grundansatz seit dem Aktionsplan 2003 → 13.4). Das gilt etwa für die Pflicht zur Veröffentlichung der Vergütung der Mitglieder der Unternehmensleitung (für die inzwischen allerdings auch bindende Vorgaben existieren → 13.85 ff., 29.137, 29.156 ff.), die Zusammensetzung und Unabhängigkeit der Aufsichtsräte (für die inzwischen allerdings ebenfalls sogar teilweise verbindliche Vorgaben existieren, → 13.52 ff., 13.63 ff., 25.56), die „Comply or Explain“-Empfehlung157 (→ 13.32 ff.) oder die Empfehlung für einen neuen Ansatz im Umgang mit unternehmerischem Scheitern und Unternehmensinsolvenzen158 ( die allerdings demnächst ebenfalls durch die UntInsRL abgelöst werden soll → 17.10 f., 17.107 ff.). Die Kommission ist mit dieser Politik recht erfolgreich159, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie nicht unbedingt die Umsetzung in nationales Recht erwartet, sondern meist auch mit der Aufnahme ihrer Empfehlung in einen nationalen Corporate Governance Kodex (in Deutschland also den DCGK) zufrieden ist. Wie gezeigt ist die Kommission allerdings auch durchaus bereit, eine Richtlinie „nachzulegen“, wenn eine Empfehlung nicht die gewünschte Wirkung zeigt.

154 Calliess/Ruffert/Ruffert Art. 288 AEUV Rn. 96; Streinz/Schroeder Art. 288 AEUV Rn. 147; a.A. GHN/Nettesheim Art. 288 AEUV Rn. 201 (der Unterschied liege darin, dass Empfehlungen i.d.R. auf einen eigenen Entschluss eines Unionsorgans zurückgehen, während Stellungnahmen als Reaktion auf eine fremde Initiative erfolgen). 155 Man denke nur daran, dass die Verabschiedung der TBD (→ 28) von der Vorlage des ersten Richtlinienentwurfs durch die Kommission 1989 bis zur Verabschiedung durch den Ministerrat 15 Jahre gebraucht hat (der sog. Pennington-Bericht mit einem inoffiziellen Vorentwurf datiert sogar schon von 1974; näher zur Historie der TBD → 28.1 ff.). 156 Die Empfehlung kann von der Kommission allein verabschiedet werden, vgl. Art. 17 Abs. 1 EUV. 157 Empfehlung 2014/208/EU der Kommission v. 9.4. 2014 zur Qualität der Berichterstattung über die Unternehmensführung („Comply or Explain“), ABlEU v. 12.4.2014, L 109/43. 158 Empfehlung 2014/135/EU der Kommission v. 12.3.2014 für einen neuen Ansatz im Umgang mit unternehmerischem Scheitern und Unternehmensinsolvenzen, ABlEU v. 14.3.2014, L 74/65. 159 Vgl. Lutter EuZW 2009, 799 ff.

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VI.  Exkurs: Delegierte Rechtssetzung und Komitologieverfahren Eine wichtige Rolle in der Praxis der EU-Rechtssetzung spielt schließlich die dele- 3.71 gierte Rechtssetzung, deren System durch den Vertrag von Lissabon allerdings grundlegend neu geordnet wurde. 1.  Delegierte Rechtssetzung nach Art. 202 EG Nach Art. 202 Sps. 3 EG konnte der Rat der Kommission in den von ihm angenom- 3.72 menen Rechtsakten Durchführungsbefugnisse übertragen und bestimmte Modalitäten für deren Ausübung festlegen. 160 Dabei wurden zwecks Beratung und Kontrolle der Kommission regelmäßig Ausschüsse aus Vertretern der Mitgliedstaaten eingesetzt.161 Eine allgemeine nähere Ausgestaltung dieses Ausschuss- bzw. Komitologieverfahrens162 erfolgte durch die sog. Komitologiebeschlüsse des Rats: Zunächst durch den Beschluss 87/373/EWG163, der dann durch den Beschluss 1999/468/EG164 abgelöst wurde, welcher wiederum durch den Beschluss 2006/512/EG165 signifikant modifiziert wurde. Nach dem Komitologiebeschluss 1999/468/EG i.d.F.d. Beschlusses 2006/512/ EG gab es vier Varianten des Komitologieverfahrens: Das Beratungsverfahren (Art. 3), das Verwaltungsverfahren (Art. 4), das Regelungsverfahren (Art. 5) und das Regelungsverfahren mit Kontrolle (Art. 5a).166 2.  Neuordnung in Art. 290, 291 AEUV Durch den Lissabon-Vertrag wurde das System der abgeleiteten Rechtssetzungs- 3.73 befugnisse der Kommission neu geordnet.167 Es gibt nun zwei Formen abgeleiteter 160 Dazu näher Krajewski/Rösslein in: Grabitz/Hilfs, Recht der Europäischen Union, 40. Aufl. 2009, Vorbem. vor Art. 250–252 Rn. 32 ff. m.w.N. 161 Vgl. Krajewski/Rösslein (Fn. 160), Vorbem. vor Art. 250–252 Rn. 33. 162 Von franz. comité (= Ausschuss). 163 Beschluss 87/373/EWG des Rates v. 13.7.1987 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABlEG v. 18.7.1987, L 197/33. 164 Beschluss 1999/468/EG des Rates v. 28.6.1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABlEG v. 17.7.1999, L 184/23. 165 Beschluss 2006/512/EG des Rates v. 17.7.2006 zur Änderung des Beschlusses 1999/468/ EG zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABlEU v. 22.7.2006, L 200/11. Vgl. dazu Fuhrmann DÖV 2007, 464 ff.; Leixner BMF WP 1/2010, S. 15 ff. 166 Näher dazu Härtel, Handbuch europäische Rechtssetzung, 2006, § 11 Rn. 33 ff.; Krajewski/Rösslein (Fn. 160), Vorbem. vor Art. 250–252 Rn. 34 ff.; Calliess/Ruffert/Ruffert Art. 291 AEUV Rn. 14 ff. 167 Ausf. dazu Daiber EuR 2012, 240 ff.; Leixner BMF Working Paper 1/2010, S. 34 ff.; Möllers/von Achenbach EuR 2011, 39 ff.; s. ferner zu den politischen Aspekten Brandsma/ Blom-Hansen (2012) 50 JCMS 939 ff.

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Rechtssetzung: das Verfahren delegierter Rechtssetzung (→ 3.74) und das Verfahren der Durchführungsrechtssetzung (→ 3.75 f.). a)  Verfahren delegierter Rechtssetzung (Art. 290 AEUV) 3.74 Gem. Art. 290 Abs. 1 S. 1 AEUV kann der Kommission durch einen Gesetzgebungsakt die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzgebungsakts zu erlassen. Dabei werden Ziele, Inhalt, Geltungsbereich und Dauer der Befugnisübertragung ausdrücklich festgelegt (S. 2). Der Gesetzgeber kann die Wahrnehmung der Befugnisübertragung durch ein Widerrufs- und/oder Einspruchsrecht kontrollieren (vgl. Art. 290 Abs. 2 AEUV). b)  Verfahren der Durchführungsrechtssetzung (Art. 291 AEUV) 3.75 Die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der EU obliegt gem. Art. 291 Abs. 1 AEUV grundsätzlich den Mitgliedstaaten.168 Wenn es jedoch einheitlicher Bedingungen für die Durchführung bedarf, so werden mit diesen Rechtsakten (die dann als sog. Basisrechtsakte bezeichnet werden) der Kommission (bzw. in Sonderfällen dem Rat) Durchführungsbefugnisse übertragen (Art. 291 Abs. 2 AEUV). Die auf dieser Basis erlassenen Durchführungsrechtsakte sind im Interesse der Transparenz169 ausdrücklich als solche zu bezeichnen (Art. 291 Abs. 4 AEUV). Gem. Art. 291 Abs. 3 AEUV legen das EP und der Rat durch Verordnung im 3.76 Voraus allgemeine Regeln und Grundsätze fest, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren. Dies ist Anfang 2011 in Form der sog. Komitologie-VO170 geschehen, die am 1.3.2011 in Kraft trat. Sie sieht nur noch zwei Varianten des Komitologieverfahrens vor: Das Beratungsverfahren (Art. 4) und das Prüfverfahren (Art. 5); letzteres tritt an die Stelle der bisherigen Varianten des Verwaltungs- und Regelungsverfahrens (→ 3.72).171 Am 14.2.2017 hat die Kommission einen Vorschlag für eine Änderung der Ko3.77 mitologie-VO172 vorgelegt, mit dem die Transparenz und die Rechenschaftspflicht im Beschlussfassungsprozess erhöht werden sollen. 168 Vgl. zur Konzeption des Art. 291 AEUV: Calliess/Ruffert/Ruffert Art. 291 AEUV Rn. 1 f. 169 Vgl. Calliess/Ruffert/Ruffert Art. 291 AEUV Rn. 11. 170 VO (EU) Nr. 182/2011 des EP und des Rates v. 16.2.2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren, ABlEU v. 28.2.2011, L 55/13. Vgl. dazu Fabricius EuZW 2014, 453 ff.; Sydow JZ 2012, 157 ff.; Vellen EU-UStB 2011, 40, 45. 171 Vgl. dazu KOM(2010) 83, S. 4. Graphische Darstellung des neuen Komitologieverfahrens in der PM des Rates v. 14.2.2001, Dok. 6378/11, S. 3. 172 Vorschlag für eine VO des EP und des Rates zur Änderung der VO (EU) Nr. 182/2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten

§ 3  Instrumente und Folgen europäischer Rechtssetzung

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VII.  Das Zusammenwirken von EuGH und nationalen Gerichten bei der Anwendung des europäischen Rechts (Vorlageverfahren gem. Art. 267 AEUV) 1.  Überblick Der EU-Vertrag hat bewusst darauf verzichtet, in das System des Rechtsschutzes 3.78 und der Rechtsverwirklichung einzugreifen. Diese staatliche Aufgabe ist nahezu vollständig bei den Mitgliedstaaten verblieben und dort – nach den Regeln der jeweiligen nationalen Verfassung und entsprechend der nationalen Organisation der Rechtsprechung – den Gerichten zugewiesen.173 Damit allein aber hätte die Gefahr vielfach divergierender Entscheidungen seitens der nationalen Gerichte bestanden. Daher wurde das besondere Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV (vgl. auch schon → 3.57 ff.) statuiert, das dem EuGH die Kompetenz zur verbindlichen Auslegung des europäischen Rechts aufgrund entsprechender Vorlagen der nationalen Gerichte zuweist, nicht aber die Kompetenz zur Entscheidung der Sache selbst. Den nationalen Gerichten obliegt also zunächst einmal die Anwendung und Pflege 3.79 des europäischen Rechts. Sie haben sich dabei in den vergangenen Jahrzehnten große Verdienste erworben und haben v.a. in hohem Maße der Versuchung widerstanden, die Entwicklung und Auslegung des europäischen Rechts allein − also ohne die zum Schutze der Rechtseinheit notwendige Einschaltung des EuGH − vorzunehmen. In aller Regel haben die nationalen Gerichte ihr Verständnis des europäischen Rechts in entsprechenden Vorlagefragen an den EuGH niedergelegt und damit zugleich die Chance der Einheit und der einheitlichen Anwendung des europäischen Rechts gefördert. Die Wahrung der Einheit des europäischen Rechts in Auslegung und Anwendung ohne eigene revisionsrechtliche Spruchkompetenz ist heute die zentrale Kompetenz des EuGH und Art. 267 AEUV daher von herausragender Bedeutung. Der EuGH betont dabei allerdings auch dezidiert, dass das Vorabentscheidungsverfahren ein Verfahren des unmittelbaren Zusammenwirkens des Gerichtshofs und der Gerichte der Mitgliedstaaten vorsieht.174

die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren, COM(2017) 85. Dazu Guéguen J.D.E. 2017, 177 ff. 173 Nur wenige Fälle, v.a. Maßnahmen der Kommission selbst (nach deutschem Rechtsverständnis „Verwaltungsakte“) – unterliegen der Kontrolle unmittelbar durch den EuGH. Dies sind insbesondere Maßnahmen im Bereich der Art. 101, 102 AEUV, vgl. Art. 16 FKVO. 174 Vgl. EuGH v. 19.1.1994, SAT Fluggesellschaft ./. Eurocontrol, C-364/92, ECLI:EU: C:1994:7, Rn. 9; EuGH v. 16.6.2015, Gauweiler u.a., C-62/14, ECLI:EU:C:2015:400, Rn. 15; s. zur Zusammenarbeit auch etwa EuGH v. 18.10.1990, Dzodzi, C-297/88 u. C-197/89, ECLI:EU:C:1990:360, Rn. 33; EuGH v. 13.3.2001, Preussen Elektra, C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160, Rn. 38. Vgl. dazu Rodríguez Iglesias NJW 2000, 1889, 1890 f.; allgemeiner zur Funktion des EuGH bei der Rechtsangleichung: Everling FS Lukes, 1989, S. 359.

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§ 3  Instrumente und Folgen europäischer Rechtssetzung

2.  Vorlagerecht und Vorlagepflicht a)  Vorlagerecht, Vorlagepflicht und Sanktionen 3.80 Vorlageberechtigt ist jedes Gericht eines Mitgliedstaats. Der Gerichtsbegriff in Art. 267 AEUV ist ein autonom unionsrechtlicher, der vom EuGH jedoch relativ weit ausgelegt wird; dabei stellt er in st. Rspr. speziell auf folgende Kriterien ab: gesetzliche Grundlage der Einrichtung, ständiger Charakter, obligatorische Gerichtsbarkeit, streitiges Verfahren, Anwendung von Rechtsnormen und Unabhängigkeit.175 „Gericht“ i.S.d. Art. 267 AEUV sind damit z.B. auch öffentlich-rechtliche gerichtsähnliche Schiedsgerichte176, nicht aber private Schiedsgerichte (§§ 1025 ff. ZPO)177.178 Ein deutsches Gericht kann dabei i.Ü. an einer Vorlage auch nicht aufgrund eines Rechtsmittels gegen seinen Beschluss durch das nächstinstanzliche Gericht gehindert werden; der Vorlagebeschluss und der mit ihm verbundene Aussetzungsbeschluss sind durch Rechtsmittel nicht anfechtbar, da § 252 ZPO einen Verfahrensstillstand voraussetzt, der Beschluss zur Vorlage an den EuGH hingegen das Verfahren im Hinblick auf eine schlussendliche Entscheidung fördert.179 Allerdings ist gegen die Entscheidung des Gerichts, in der es eine Vorlage an den EuGH abgelehnt hat, nach § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO bzw. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Berufung bzw. die Revision zuzulassen, wenn dargelegt wird, dass in einem zukünftigen Revisionsverfahren zur Auslegung einer entscheidungsrelevanten unionsrechtlichen Regelung voraussichtlich gem. Art. 267 Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen sein wird und die Rechtssache daher grundsätzliche Bedeutung hat.180 175 Vgl. EuGH v. 17.9.1997, Dorsch Consult, C-54/96, ECLI:EU:C:1997:413, Rn. 23; EuGH v. 27.4.2006, Standesamt Stadt Niebüll, C-96/04, ECLI:EU:C:2006:254, Rn. 12; EuGH v. 16.12.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723, Rn. 55; EuGH v. 18.9.2014, Bundesdruckerei, C-549/13, ECLI:EU:C:2014:2235, Rn. 21; EuGH v. 6.10.2015, Consorci Sanitari del Maresme, C-203/14, ECLI:EU:C:2015:664, Rn. 17. 176  Vgl. EuGH v. 30.6.1966, Vaassen-Göbbels, C-61/65, ECLI:EU:C:1966:39; EuGH v. 17.10.1989, Danfoss, C-109/88, ECLI:EU:C:1989:383, Rn. 7 ff.; EuGH v. 13.2.2014, Merck Canada, C-555/13, ECLI:EU:C:2014:92, Rn. 18; EuGH v. 12.6.2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta, C-377/13, ECLI:EU:C:2014:1754, Rn. 28. 177 Vgl. EuGH v. 23.3.1982, Nordsee, C-102/81, ECLI:EU:C:1982:107, Rn. 9 ff.; EuGH v. 13.2.2014, Merck Canada, C-555/13, ECLI:EU:C:2014:92, Rn. 17; EuGH v. 12.6.2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta, C-377/13, ECLI:EU:C:2014:1754, Rn. 27. S. auch Dauses, Das Vorabentscheidungsverfahren nach Artikel 177 EG-Vertrag, 2. Aufl. 1995, S. 84 ff.; Everling, Das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft, 1986, S. 35 ff. 178 Vgl. zur Kasuistik weiter GSH/Gaitanides Art. 267 AEUV Rn. 40 ff.; GHN/Karpenstein Art. 267 AEUV Rn. 15 ff.; Piekenbrock EuR 2011, 317, 326 ff.; Calliess/Ruffert/Wegener Art. 267 AEUV Rn. 19 ff. 179 So die h.M., vgl. OLG Köln WRP 1977, 734; OLG Celle NJW-RR 2009, 857; OLG Brandenburg BeckRS 2014, 22209; BFHE 132, 217; BFHE 180, 231; Dauses (Fn. 177), S. 95 f.; a.A. noch BFHE 110, 12; Brück, Das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europä­ ischen Gerichtshof als Bestandteil des deutschen Zivilprozesses, 2001, S. 137 ff. 180 BVerwG NJW 1988, 664; BGH BeckRS 2003, 01439; BGH BeckRS 2010, 31036; s. auch BVerwG NJOZ 2007, 4547, wo das Gericht die Revision nicht zugelassen hat, da einer

§ 3  Instrumente und Folgen europäischer Rechtssetzung

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Grundvoraussetzung für die Zulässigkeit einer Vorlage ist aber stets die Entschei- 3.81 dungserheblichkeit. Nach st. Rspr. des EuGH ist es zwar grundsätzlich Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass eines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen.181 Für Fragen, die das Unionsrecht betreffen, gilt eine Vermutung der Entscheidungserheblichkeit.182 Der EuGH behält sich allerdings ausdrücklich vor, die näheren Umstände der Vorlage zu prüfen und Vorlagen als unzulässig zurückzuweisen, wenn offensichtlich ist, dass die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Rechtsstreits steht, oder wenn das Problem hypothetischer Natur ist183 – so geschehen etwa in den Rs. Meilicke184 (→ 19.57, 19.85 ff.) oder HRE185 (→ 3.37, 29.64).186 Eine Vorlagepflicht trifft grundsätzlich nur letztinstanzliche Gerichte, d.h. Ge- 3.82 richte deren Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV).187 Nach der Rspr. des EuGH sind aber ausnahmsweise auch nicht letztinstanzliche Gerichte vorlagepflichtig, wenn sie von der Ungültigkeit einer Norm des Unionsrechts überzeugt sind und diese deshalb nicht anwenden wollen.188 Kommt ein Gericht seiner Pflicht zur Vorlage nicht nach, so stellt dies nach st. Rspr. 3.83 des BVerfG eine Verletzung des grundrechtsgleichen Gebots des gesetzlichen Richters aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG dar, denn auch der EuGH ist gesetzlicher Richter i.S.d. Norm.189 Rechtssache dann keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (G § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) zukomme, wenn sie auslaufendes oder ausgelaufenes Recht betreffe. 181 Vgl. EuGH v. 13.3.2001, Preussen Elektra, C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160, Rn. 38; EuGH v. 6.12.2001, Clean Car Autoservice, C-472/99, ECLI:EU:C:2001:663, Rn. 13; EuGH v. 24.3.2011, HRE, C-194/10, ECLI:EU:C:2011:182, Rn. 29; EuGH v. 16.6.2015, Gauweiler u.a., C-62/14, ECLI:EU:C:2015:400, Rn. 24; EuGH v. 1.10.2015, O, C-432/14, ECLI:EU:C:2015:643, Rn. 17. 182 EuGH v. 16.6.2015, Gauweiler u.a., C-62/14, ECLI:EU:C:2015:400, Rn. 25. 183 Vgl. EuGH v. 15.12.1995, Bosman, C-415/93, ECLI:EU:C:1995:463, Rn. 61; EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512, Rn. 45; EuGH v. 24.3.2011, HRE, C-194/10, ECLI:EU:C:2011:182, Rn. 31; EuGH v. 16.6.2015, Gauweiler u.a., C-62/14, ECLI:EU:C:2015:400, Rn. 25; EuGH v. 1.10.2015, O, C-432/14, ECLI:EU:C:2015:643, Rn. 18; EuGH v. 21.5.2015, Verder LabTec, C-657/13, ECLI:EU:C:2015:331, Rn. 29. 184 EuGH v. 16.7.1992, Meilicke, C-83/91, ECLI:EU:C:1992:332; speziell zu diesem Aspekt des Falles Lutter ZIP 1995, 648. 185 EuGH v. 24.3.2011, HRE, C-194/10, ECLI:EU:C:2011:182. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 10. 186 Weitere Beispiele bei Calliess/Ruffert/Wegener Art. 267 AEUV Rn. 27 f. 187 Näher zum Begriff GHN/Karpenstein Art. 267 AEUV Rn. 51 ff.; Piekenbrock EuR 2011, 317, 331 ff.; Calliess/Ruffert/Wegener Art. 267 AEUV Rn. 26 f. (jeweils m.z.w.N.). 188 Vgl. EuGH v. 22.10.1987, Foto Frost, C-314/85, ECLI:EU:C:1987:452, Rn. 11 ff.; EuGH v. 10.1.2006, IATA, C-344/04, ECLI:EU:C:2006:10, Rn. 29 f. 189 BVerfGE 73, 339, 366 ff. („Solange II“); vgl. auch aus jüngerer Zeit BVerfG NJW 2011, 1427, 1431 f.; BVerfG ZIP 2015, 335 Rn. 15; BVerfG ZIP 2015, 542 Rn. 7; BVerfG NJW 2016, 3153 Rn. 52.

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§ 3  Instrumente und Folgen europäischer Rechtssetzung

Um nicht die Funktion eines „Superkontrollorgans“ anzunehmen190, überprüft das BVerfG allerdings nur, ob die Auslegung und Anwendung des Art. 267 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (Willkürmaßstab).191 Eine offensichtlich unhaltbare Handhabung der Vorlagepflicht nimmt es dabei insbesondere in Fällen einer grundsätzlichen Verkennung der Vorlagepflicht192 oder eines bewussten Abweichens ohne Vorlagebereitschaft an; in Fällen einer sog. Unvollständigkeit der Rechtsprechung (d.h. wenn zu einer entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts keine EuGH-Rechtsprechung vorliegt oder die vorliegende Rechtsprechung die Frage möglicherweise nicht erschöpfend beantwortet oder eine Fortentwicklung der EuGH-Judikatur nicht nur als entfernte Möglichkeit erscheint), nimmt das BVerfG eine Verletzung des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG dagegen nur dann an, wenn das Gericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat.193 b)  Ausnahmen von der Vorlagepflicht aa)  Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 3.84 In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes besteht nach der Rspr. des EuGH keine Vorlagepflicht, wenn in einem ordentlichen Verfahren zur Hauptsache eine erneute Prüfung jeder im summarischen Verfahren nur vorläufig entschiedenen Rechtsfrage möglich ist.194 bb)  C.I.L.F.I.T.-Judikatur (insbesondere: acte clair-Doktrin) 3.85 In seiner grundlegenden C.I.L.F.I.T.-Entscheidung aus dem Jahr 1982195 hat der EuGH darüber hinaus drei weitere Fallgruppen anerkannt, in denen eine Vorlage ausnahms190 I.d.S. ausdrücklich etwa BVerfG NVwZ 2001, 1148, 1150; BVerfG NJW 2007, 1521; BVerfG ZIP 2015, 335 Rn. 17 („wird das BVerfG jedoch nicht zu einem Kontrollorgan, das jeden einem Gericht unterlaufenden Verfahrensfehler korrigieren müsste“). 191 BVerfG NJW 2010, 3422, 3427 („Honeywell“); BVerfG NJW 2011, 288; BVerfG NJW 2011, 1427, 1431; BVerfG ZIP 2015, 335 Rn. 19 ff.; BVerfG ZIP 2015, 542 Rn. 7 f.; BVerfG NJW 2016, 3153 Rn. 54. 192 Dies ist auch dann der Fall, wenn das Gericht sich hinsichtlich des materiellen Unionsrechts nicht hinreichend kundig macht, vgl. BVerfG NJW 2016, 3153 Rn. 56. 193 BVerfG NJW 2010, 3422, 3427 („Honeywell“); BVerfG NJW 2011, 288; BVerfG NJW 2011, 1427, 1431; BVerfG ZIP 2015, 335 Rn. 19 ff.; BVerfG ZIP 2015, 542 Rn. 7 f. 194 Vgl. EuGH v. 24.5.1977, Hoffmann-La Roche ./. Centrafarm, 107/76, ECLI:EU:C: 1977:89, Rn. 5; EuGH v. 27.10.1982, Morson, 35/82 u. 36/82, ECLI:EU:C:1982:368, Rn. 8 f. 195 Grundlegend EuGH v. 6.10.1982, C.I.L.F.I.T., 283/81, ECLI:EU:C:1982:335, Rn. 13 ff. = EuR 1983, 161 m. Anm. Millarg; guter Überblick bei GHN/Karpenstein Art. 267 AEUV Rn. 54 ff.

§ 3  Instrumente und Folgen europäischer Rechtssetzung

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weise entbehrlich ist, weil der innere Grund der Vorlagepflicht entfallen ist und diese damit letztlich sinnlos erscheint: • Wenn bereits eine gesicherte Rechtsprechung des EuGH vorliegt, durch die die betreffende Rechtsfrage gelöst ist.196 • Wenn die gestellte Frage tatsächlich bereits in einem gleichgelagerten Fall Gegenstand einer Vorabentscheidung gewesen ist (acte éclairé)197. • Wenn die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (sog. acte clair-Doktrin).198 Dieser Aspekt muss allerdings mit großer Zurückhaltung gesehen und mit großer Subtilität gehandhabt werden und ist keinesfalls gegeben, wenn der EuGH selbst in anderer Weise entschieden hat.199 Ein acte clair kann zudem insbesondere auch dann nicht angenommen werden, wenn ein unionsrechtlicher Begriff nicht nur von anderen innerstaatlichen Gerichten, sondern auch von den Gerichten anderer Mitgliedstaaten unterschiedlich interpretiert wird.200 Der BGH hat sich bereits in einer Reihe von Urteilen auf die acte clair-Doktrin be- 3.86 rufen.201 Als Beispiele seien insoweit insbesondere genannt: Die Entscheidung Kochs/ Adler202 betreffend die Auslegung der Umsetzung von Art. 9 FusRL (G Art. 95 GesRRL,  → 20.47 ff.) in § 340 AktG a.F. (heute § 8 UmwG); die Entscheidung Mangusta/Commerzbank I203 betreffend das Bestehen einer Berichtspflicht im Falle der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss (→ 19.224), die Entscheidung Sachsenmilch IV204 betreffend § 23 Abs. 3 Nr. 6 AktG und Art. 2 lit. d KapRL a.F. (G Art. 2 lit. e KapRL n.F. G Art. 3 lit. e GesRRL, → 19.24 f.), die Entscheidung Kirch/Deutsche Bank205 betreffend § 131 Abs. 1 S. 1 AktG und Art. 9 ARRL (→ 29.109) und schließlich v.a. auch die konsistente Ablehnung einer Vorlagepflicht 196 Vgl. EuGH v. 6.10.1982, C.I.L.F.I.T., 283/81, ECLI:EU:C:1982:335, Rn. 14; EuGH v. 4.11.1997, Parfums Christian Dior, C-337/95, ECLI:EU:C:1997:517, Rn. 29. 197 Vgl. EuGH v. 27.3.1963, Da Costa, 28/62 bis 30/62, ECLI:EU:C:1963:6; EuGH v. 6.10.1982, C.I.L.F.I.T., 283/81, ECLI:EU:C:1982:335, Rn. 13; EuGH v. 4.11.1997, Parfums Christian Dior, C-337/95, ECLI:EU:C:1997:517, Rn. 29; EuGH v. 9.9.2015, X, C-72/14, ECLI:EU:C:2015:564, Rn. 55. 198  Vgl. grundlegend EuGH v. 6.10.1982, C.I.L.F.I.T., 283/81, ECLI:EU:C:1982:335, Rn. 16; vgl. weiter etwa EuGH v. 15.9.2005, Intermodal Transports, C-495/03, ECLI:EU:C:2005:552, Rn. 38 ff.; EuGH v. 9.9.2015, X, C-72/14, ECLI:EU:C:2015:564, Rn. 55 ff.; EuGH v. 28.7.2016, Association France Nature Environnement, C-379/15, ECLI:EU:C:2016:603, Rn. 50. 199 Dennoch haben der französische Conseil d’État (→ Fn. 40) und der deutsche BFH (→ Fn. 43) früher gerade in dieser Weise argumentiert. 200  Vgl. EuGH v. 9.9.2015, Ferreira da Silva e Brito, C-160/14, ECLI:EU:C:2015:565, Rn. 43 f. Dazu Hanau EuZA 9 (2016) 499, 503 f.; Streinz JuS 2016, 472 ff.; Wendenburg EuZW 2016, 115 f. 201 Anschaulicher Überblick bei Fleischer GWR 2011, 201 ff. 202 BGH NJW 1989, 2689 („Kochs/Adler“). 203 BGH ZIP 2005, 2205 („Mangusta/Commerzbank I“). 204 BGH NZG 2002, 817 („Sachsenmilch IV“). 205 BGHZ 198, 354 („Kirch/Deutsche Bank“).

§ 4  Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit 54

§ 4  Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit

im Hinblick auf die Problematik der Vereinbarkeit der Rechtsfigur der „verdeckten Sacheinlage“ mit den Vorgaben der KapRL (bzw. nun der GesRRL)206 (→ 19.85 ff.). 3.  Bindungswirkung 3.87 Obgleich dies in Art. 267 AEUV selbst nicht ausdrücklich geregelt ist, folgt jedenfalls aus der Rechtskraft des Tenors207 sowie insbesondere aus Sinn und Zweck des Vorlageverfahrens, dass das vorlegende Gericht und die anderen mit demselben Verfahrensgegenstand befassten Gerichte an die vom EuGH vorgenommene Auslegung gebunden sind.208 Von BVerfG209 und BGH210 ist dies bereits seit Langem anerkannt.

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§ 4  Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit Literatur: Vgl. die Angaben zu → 7, 15 sowie: Birkemeyer, Claas, Die unmittelbare Drittwirkung der Grundfreiheiten, EuR 2010, 662; Müller-Graff, Peter-Christian, Die horizontale Direktwirkung der Grundfreiheiten, EuR 2014, 3; Schön, Wolfgang, Free movement of capital and freedom of establishment, (2016) 17 EBOR 229 = FS W.H. Roth, 2015, S. 551 ff.; Stefánsson, Stefán Már, Die Kapitalverkehrsfreiheit in der Europäischen Union und im Europäischen Wirtschaftsraum, EuR 2016, 706. Rechtsprechung: Vgl. die Angaben zu → 7, 15 sowie: EuGH: EuGH v. 31.3.1993, Kraus, C-19/92, ECLI:EU:C:1993:125 EuGH v. 24.11.1993, Keck und Methouard, C-267/91 und C-268/91, ECLI:EU:C:1993:905 EuGH v. 30.11.1995, Gebhard, C-55/94, ECLI:EU:C:1995:411, Rn. 25 EuGH v. 11.12.2007, Viking Line, C-438/05, ECLI:EU:C:2007:772 EuGH v. 23.10.2008, Wannsee, C-157/07, Slg. 2008, 8061 EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU:C:2010:622 EuGH v. 24.6.2011, projektart, C-476/10, ECLI:EU:C:2011:422

206 Vgl. BGH NJW 1990, 982, 987 f.; BGH NJW 1992, 2222, 2227; BGH DStR 1994, 512; BGH DStR 2006, 2326. 207 Vgl. Art. 91 EuGHVerfO. 208  Vgl. Vgl. EuGH v. 24.6.1969, Milch-, Fett- und Eierkontor GmbH, 29/68, ECLI:EU:C:1969:27, Rn. 3; EuGH v. 3.2.1977, Benedetti, 52/76, ECLI:EU:C:1977:16, Rn. 26/27; EuGH v. 5.3.1986, Wünsche ./. Deutschland, Rs. 69/85, ECLI:EU:C:1986:104, Rn. 13; EuGH v. 14.12.2000, Fazenda Pública, Rs. C-446/98, ECLI:EU:C:2000:691, Rn. 49; EuGH v. 16.6.2015, Gauweiler u.a., Rs. C-62/14, ECLI:EU:C:2015:400, Rn. 16. Vgl. zu den Wirkungen eines Vorabentscheidungsurteils weiter GHN/Karpenstein Art. 267 AEUV Rn. 101 ff. m.z.w.N.). 209 Vgl. bereits BVerfGE 73, 339, 370 („Solange II“). 210 Vgl. etwa BGH NJW 1994, 2607; BGH NJW 2003, 1461 („Überseering II“).

§ 4  Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit

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EFTA-Gerichtshof: EFTA-Gerichtshof v. 10.12.1998, Herbert Rainford-Towning, E-3/98, [1998] EFTA Ct. Rep. 207 EFTA-Gerichtshof v. 7.5.2008, Seabrokers, E-7/07 [2008] EFTA Ct. Rep. 174 EFTA-Gerichtshof v. 14.7.2000, Íslandsbanki-FBA, E-1/00, [2000-2001] EFTA Ct. Rep. 8 EFTA-Gerichtshof v. 9.7.2014, Fred. Olsen, E-3/13 und E20/13, [2014] EFTA Ct. Rep. 400

I.  Die Niederlassungsfreiheit 1.  Rechtsgrundlagen Magna Charta des Unternehmensrechts in Europa ist die Niederlassungsfreiheit. 4.1 Hierzu bestimmt Art. 49 AEUV (ursprünglich: Art. 52 EWGV, dann Art. 43 EGV): Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Das Gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.

Art. 31 Abs. 1 EWRV enthält eine inhaltlich kongruente1 Regelung für den Europä­ 4.2 ischen Wirtschaftsraum:2 Im Rahmen dieses Abkommens unterliegt die freie Niederlassung von Staatsangehörigen eines EG-Mitgliedstaats oder eines EFTA-Staates im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten keinen Beschränkungen. Das gilt gleichermaßen für die Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines EG-Mitgliedstaats oder eines EFTA-Staates, die im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten ansässig sind. Vorbehaltlich des Kapitels 4 umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 34 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.“

1 Vgl. EuGH v. 23.2.2006, Keller Holding, C-471/04, ECLI:EU:C:2006:143, Rn. 49; EuGH v. 26.10.2006, Kommission ./. Portugal, C-345/05, ECLI:EU:C:2006:685, Rn. 41; EuGH v. 18.1.2007, Kommission ./. Schweden, C-104/06, ECLI:EU:C.2007:40, Rn. 32; EuGH v. 5.7.2007, Kommission ./. Belgien, C-522/04, ECLI:EU:C:2007:405, Rn. 76; EuGH v. 23.10.2008, Wannsee, C-157/07, ECLI:EU:C:2008:588, Rn. 24. Davon geht auch der EFTA-Gerichtshof aus, der in st. Rspr. auf die Judikatur des EuGH rekurriert, vgl. nur EFTA-Gerichtshof v. 10.12.1998, Herbert Rainford-Towning, E-3/98, [1998] EFTA Ct. Rep. 207; EFTA-Gerichtshof v. 7.5.2008, Seabrokers, E-7/07 [2008] EFTA Ct. Rep. 174. 2 Soweit nicht anders vermerkt, gelten die folgenden Ausführungen zu Art. 49 AEUV daher entsprechend auch für EWR-Sachverhalte.

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§ 4  Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit

4.3 Der EuGH legt die Niederlassungsfreiheit sehr weit aus: Sie ermöglicht es Unionsangehörigen, in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaats als desjenigen ihrer Herkunft teilzunehmen und daraus Nutzen zu ziehen, indem sie eine wirtschaftliche Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung im Aufnahmemitgliedstaat auf unbestimmte Zeit tatsächlich ausüben.3 Gem. Art. 49 Abs. 2 AEUV/Art. 31 Abs. 1 UAbs. 2 EWRV umfasst die Niederlassungsfreiheit insbesondere die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen. Zu differenzieren ist zwischen primärer und sekundärer Niederlassungsfreiheit: 4.4 Die primäre Niederlassungsfreiheit umfasst den grenzüberschreitenden Standortwechsel durch Neugründung oder Verlagerung des Hauptstandorts eines Unternehmens oder einer Gesellschaft (Art. 49 Abs. 1 S. 1 AEUV/Art. 31 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 EWRV); die sekundäre Niederlassungsfreiheit die Errichtung von Agenturen, Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen in einem anderen Mitgliedstaat (Art. 49 Abs. 1 S. 2 AEUV/Art. 31 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 EWRV).4 Tochtergesellschaften sind rechtlich selbständig5; Agenturen und Zweigniederlassungen sind hingegen rechtlich unselbständig6. 2.  Bedeutung a)  Gründungsfreiheit 4.5 Jeder EU-Bürger kann sich überall in der Union frei niederlassen und dort eine selbstständige wirtschaftliche Erwerbstätigkeit aufnehmen und ausüben. Er kann auch nach den Regeln des dortigen nationalen Rechts (Sachrechts) ein Unternehmen gründen (sog. primäre Niederlassungsfreiheit, → 4.4). In Deutschland kann z.B. ein Franzose sich als Einzelkaufmann niederlassen, ein Spanier kann eine Einpersonen-GmbH mit einem Griechen als Geschäftsführer gründen, ein Ire und ein Däne können gemeinsam eine oHG oder KG errichten etc. Beschränkungen spezieller Art darf es nicht geben und gibt es auch tatsächlich nicht (mehr); denn Art. 49 Abs. 1 S. 1 AEUV/ Art. 31 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 EWRV verbietet jede Diskriminierung nach der Nationalität (→ 4.30); daher gelten schlicht die allgemeinen Regeln des betreffenden nationalen Unternehmensrechts.

3 Vgl. EuGH v. 30.11.1995, Gebhard, C-55/94, ECLI:EU:C:1995:411, Rn. 25; EuGH v. 23.2.2016, Kommission ./. Ungarn, C-179/14, ECLI:EU:C:2016:108, Rn. 148; EuGH v. 21.12.2016, AGET Iraklis, C-201/15, ECLI:EU:C:2016:972, Rn. 50. 4  Vgl. nur Dauses/W.-H. Roth E.I. Rn. 53 f.; Schroeder Rn. 118. 5  Vgl. GHN/Forsthoff Art. 49 AEUV Rn. 62; Dauses/W.-H. Roth E.I. Rn. 54; GSH/Tiedje Art. 49 AEUV Rn. 42. 6  Vgl. GHN/Forsthoff Art. 49 AEUV Rn. 62; Dauses/W.-H. Roth E.I. Rn. 54; GSH/Tiedje Art. 49 AEUV Rn. 43.

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b)  Wahlfreiheit Jedem EU-Bürger steht die Wahl unter den am frei gewählten Ort allgemein verfüg- 4.6 baren Organisationsformen offen. Das bedeutet, dass kein Land sagen kann: Ihr EUBürger dürft zwar kommen und hier tätig werden, aber nur in der Rechtsform meiner nationalen Aktiengesellschaft.7 Tatsächlich steht jedem EU-Bürger also auch die freie Wahl unter den im jeweiligen Mitgliedstaat bestehenden unternehmerischen Organisationsformen so offen, wie den Staatsangehörigen des betreffenden Landes selbst (strikte Behandlung wie ein Inländer). Art. 49 Abs. 1 S. 2 AEUV betont das in diesem Zusammenhang, in dem die einzelnen Formen der sekundären Niederlassungsfreiheit (→ 4.4) – Agentur, Zweigniederlassung, Tochtergesellschaft – ausdrücklich hervorgehoben werden.8 Diese Wahlfreiheit darf auch nicht durch diskriminierende Steuerbestimmungen eingeschränkt werden.9 c)  Freiheit zum Erwerb und Halten von Beteiligungen Der einzelne EU-Bürger ist aber auch nicht nur auf Neugründungen zur Verwirkli- 4.7 chung seiner Niederlassungsfreiheit angewiesen, sondern kann sich – wiederum „wie ein Inländer“ – am frei gewählten Ort an bereits bestehenden Unternehmen dieses Orts und wiederum nach den Regeln des betreffenden nationalen Rechts beteiligen. Die Niederlassungsfreiheit schützt auch den Erwerb und das Halten einer Beteiligung an einer Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat, die es dem Inhaber ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen dieser Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen.10 Ein „sicherer Einfluss“ i.d.S. liegt jedenfalls bei einer 100 %-Beteiligung vor11, je nach den Umständen kann allerdings auch eine

 7 Vgl. EuGH v. 29.4.2004, Kommission ./. Portugal, C-171/02, ECLI:EU:C:2004:270, Rn. 42: Unvereinbarkeit der Bedingung, dass ausländische Wirtschaftsteilnehmer zur Ausübung der privaten Sicherheitsdienste die Rechtsform einer juristischen Person haben müssen, mit Art. 43 EGV (jetzt: Art. 49 AEUV).   8  Auch die Wahlfreiheit zwischen einzelnen Niederlassungsformen (Wahlfreiheit zwischen Ausübung der Tätigkeit in Form eines Tochterunternehmens, einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder einer Geschäftsstelle) wird durch Art. 49 Abs. 1 AEUV umfasst, vgl. EuGH v. 6.6.1996, Kommission ./. Italien, C-101/94, ECLI:EU:C:1996:221, Rn. 8, 28.   9  EuGH v. 28.1.1986, Kommission ./. Frankreich, 270/83, ECLI:EU:C:1986:37; EuGH v. 21.9.1999, Saint-Gobain, C-307/97, ECLI:EU:C:1999:438. 10  Vgl. EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW“), Rn. 13; EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU: C:2009:193 („ENI II“), Rn. 34; EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU: C:2010:622, Rn. 47; EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU: C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 41; EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 42; EuGH v. 10.6.2015, X, C-686/13, ECLI:EU:C:2015:375, Rn. 18; EuGH v. 24.11.2016, SECIL, C-464/14, ECLI:EU:C:2016:896, Rn. 32; EuGH v. 21.12.2016, Kommission ./. Portugal, C-503/14, ECLI:EU:C:2016:979, Rn. 79. 11 Vgl. EuGH v. 13.4.2000, Baars, C-251/98, ECLI:EU:C:2000:205, Rn. 26; EuGH v.

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§ 4  Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit

geringere (unmittelbare oder mittelbare, ggf. auch von mehreren gemeinsam agierenden und/oder familiär verbundenen Personen gemeinsam gehaltenen12) Beteiligung, insbesondere auch deutlich unterhalb einer Mehrheitsbeteiligung, genügen13. Eine Beteiligung von mindestens 10 % begründet jedoch noch nicht per se einen sicheren Einfluss.14 Eine Beteiligung von 20 % kann nach Auffassung des EFTA-Gerichtshofs zwar einen sicheren Einfluss vermitteln, maßgeblich seien jedoch die weiteren Umstände.15 Der EuGH hat eine Beteiligung von 20 % hingegen in der Rs. Kommission ./. Griechenland schon per se für ausreichend angesehen.16 In den Rs. Idryma Typou17 und Scheunemann18 hat der EuGH jedenfalls 25 % als ausreichend erachtet. Sofern die Niederlassungsfreiheit in Bezug auf den Erwerb bzw. das Halten von Beteiligungen eingreift, ergibt sich insoweit allerdings ein Konkurrenzverhältnis zur Kapital­ verkehrsfreiheit, ausf. → 4.24 ff. Auch bei der Beteiligungsfreiheit sind im Grundsatz weder unmittelbare noch 4.8 mittelbare Beschränkungen noch Diskriminierungen möglich (→ 4.30 f.). Mittelbare Beschränkungen kämen v.a. durch eine auf nationalem Recht oder 4.9 nationaler Verwaltungspraxis beruhende „Schlechterbehandlung“ von Unternehmen mit ausländischer Beteiligung19 oder schon deren Verhinderung mit anderen rechtlichen Mitteln in Betracht, z.B. ein staatliches Vorkaufrecht auf solche Beteiligungen, das dann praktisch nur beim Erwerb durch Ausländer ausgeübt wird. Obwohl eine solche Praxis unionsrechtswidrig ist, gab es immer wieder Fälle einer mittelbaren „Schlechterbehandlung“.

29.3.2007, Rewe Zentralfinanz, C-347/04, ECLI:EU:C:2007:194, Rn. 23; EuGH v. 2.10.2008, Heinrich Bauer Verlag, C-360/06, ECLI:EU:C:2008:531, Rn. 29. 12  Vgl. EuGH v. 6.12.2007, Columbus Container Services, C-298/05, ECLI:EU:C:2007:754 (sämtliche Anteile werden direkt oder indirekt durch Angehörige derselben Familie, die einvernehmlich handeln, gehalten). 13  Vgl. etwa EuGH v. 10.5.2007, Lasertec, C-492/04, ECLI:EU:C:2007:273, Rn. 23 (jedenfalls bei 2/3); EuGH v. 22.12.2008, Truck Center SA, C-282/07, ECLI:EU:C:2008:762, Rn. 28 (jedenfalls bei 48 %); EuGH v. 10.6.2015, X, C-686/13, ECLI:EU:C:2015:375, Rn. 18 (jedenfalls bei 45 %). 14  Vgl. EuGH v. 10.6.2015, X, C-686/13, ECLI:EU:C:2015:375, Rn. 21. 15  Vgl. EFTA-Gerichtshof v. 19.7.2012, ESA ./. Norwegen, E-9/11, [2012] EFTA Ct. Rep. 442, Rn. 81. 16  Vgl. EuGH v. 8.11.2012, Kommission ./. Griechenland, C-244/11, ECLI:EU:C:2012:694, Rn. 22 ff. Kritisch dazu Behme AG 2014, 841, 844; Tountopoulos EuZW 2013, 32, 33 f. 17  EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU:C:2010:622, Rn. 51; vgl. ferner auch schon EuGH v. 10.5.2007, Lasertec, C-492/04, ECLI:EU:C:2007:273, Rn. 22 f. 18  EuGH v. 19.7.2012, Scheunemann, C-31/11, ECLI:EU:C:2012:481, Rn. 25 ff. 19  Vgl. EuGH v. 14.10.2004, Kommission ./. Niederlande, C-299/02, ECLI:EU:C:2004:620 (Unvereinbarkeit mit Art. 43 EGV [G Art. 49 AEUV] der Bedingung zur Registrierung eines Schiffes in den Niederlanden, welche darin bestand, dass ein Teil der Anteilseigner einer Gesellschaft, die Eigentümerin des Schiffes ist, die EG-/EWR-Angehörigkeit besitzen müssen); EuGH v. 12.6.1997, Kommission ./. Irland, C-151/96, ECLI:EU:C:1997:294 (Beschränkung des Rechts auf Eintragung von Schiffen im nationalen irischen Register auf Schiffe, die ganz oder teilweise der Regierung, einem Staatsminister, einem irischen Staatsangehörigen oder einer juristischen Person irischen Rechts gehören).

§ 4  Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit

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Ein prägnantes Beispiel dafür war seinerzeit der sog. „Commerzbankfall“20: Nach 4.10 dem britischen Steuerrecht hatte jeder steuerpflichtige Bürger und jedes steuerpflichtige Unternehmen, dem Steuern zu erstatten sind, Anspruch auf einen Zuschlag von 8,25 % pauschalierter Zinsen. Dieser Zuschlag stand aber erstattungsberechtigten Gläubigern nicht zu, wenn sie nicht im UK ansässig waren. Im Ausgangsfall hatte die Zweigniederlassung London der Commerzbank AG mit Sitz in Deutschland einen solchen Erstattungsanspruch und verlangte auch den Zuschlag. Die britische Steuerbehörde lehnte ab. Der EuGH hat daraufhin in seinem Urteil vom 13.7.1993 die Gelegenheit wahrgenommen, solche versteckten Hindernisse gegenüber der freien Niederlassung für europarechtswidrig zu erklären: „18 Eine nationale Vorschrift wie die in Rede stehende enthält eine Ungleichbehandlung. Wenn nämlich einer nichtansässigen Gesellschaft das Recht auf den Zuschlag zur Steuerrückzahlung verweigert wird, auf den ansässige Gesellschaften stets einen Anspruch haben, so wird sie diesen gegenüber benachteiligt. 19 Der Umstand, daß die Steuerbefreiung, die zu der Rückzahlung führte, den nichtansässigen Gesellschaften vorbehalten war, kann nicht eine allgemeine Ausschlußvorschrift rechtfertigen. Diese Vorschrift ist daher diskriminierend. 20 Aufgrund dieser Erwägungen ist dem vorlegenden Gericht zu antworten, daß die Artikel 52 und 58 EWG-Vertrag [heute: Art. 49, 54 AEUV] es verbieten, daß nach dem Recht eines Mitgliedstaats Zuschläge zur Rückzahlung nicht geschuldeter Steuern Gesellschaften, die ihren steuerlichen Sitz in diesem Staat haben, gewährt, Gesellschaften, die ihren steuerlichen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, jedoch verweigert werden. Der Umstand, daß die letztgenannten Gesellschaften nicht von der Steuer befreit gewesen wären, wenn sie in diesem Staat ansässig gewesen wären, ist insoweit unerheblich. 21 Da Rechtsvorschriften wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, gegen die Artikel 52 und 58 EWG-Vertrag [heute: Art. 49, 54 AEUV] verstoßen, erübrigt sich die Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit den Artikeln 5 und 7 [heute: Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 18 AEUV].“

Das bedeutet: Schon das subjektive Recht jedes Unternehmens in Europa auf freie 4.11 Niederlassung aus Art. 49 und 54 AEUV (auch in Form von [Zweig-]Niederlassungen, also ohne ansässig zu werden) wird durch solche Ungleichbehandlungen verletzt; eines Rückgriffs auf das allgemeine Diskriminierungsverbot aus Art. 18 AEUV bedarf es gar nicht. d)  Gleichstellung von natürlichen Personen mit Gesellschaften im Rahmen der Niederlassungsfreiheit aa)  Art. 54 AEUV Für das Unternehmensrecht entscheidend ist Art. 54 AEUV: Diese Vorschrift bezieht 4.12 die Gesellschaften des nationalen Rechts vollständig in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit ein: 20  EuGH v. 13.7.1993, Commerzbank AG, C-330/91, ECLI:EU:C:1993:303.

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§ 4  Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit

Art. 54 AEUV Für die Anwendung dieses Kapitels stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind. Als Gesellschaften gelten die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen.

Art. 34 Abs. 1 EWRV enthält eine inhaltlich kongruente Regelung für den Europäischen Wirtschaftsraum. Art. 34 Abs. 1 EWRV Für die Anwendung dieses Kapitels stehen die nach den Rechtsvorschriften eines EGMitgliedstaats oder eines EFTA-Staates gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der EG-Mitgliedstaaten oder der EFTA-Staaten sind. Als Gesellschaften gelten die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen.“

4.13 Unter den Begriff der „Gesellschaften“ i.S.d. Art. 54 AEUV/Art. 34 Abs. 1 EWRV fallen alle Vereinigungen, die eine der in Art. 54 Abs. 1 AEUV genannten Verknüpfungen mit der Union haben und einen wirtschaftlichen Erwerbszweck21 verfolgen, also alle rechtlich konfigurierten Marktakteure22. Aus deutscher Perspektive sind dies neben den Handelsgesellschaften (oHG, KG, PartG, GmbH, AG, KGaA) auch die (Außen-)GbR sowie die Genossenschaften.23 Erfasst sind aber auch Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, Gemeinden, Länder oder der Staat selbst, soweit sie eine wirtschaftliche Tätigkeit betreiben.24 bb) Bedeutung 4.14 Für diese Gesellschaften bedeuteten die ihnen zuerkannte Niederlassungsfreiheit nahe­­zu das Gleiche wie beim Einzelkaufmann, nämlich:

21  Vgl. Dauses/W.-H. Roth E.I. Rn. 70; Streinz/Müller-Graff Art. 54 AEUV Rn. 2. 22  Vgl. Streinz/Müller-Graff Art. 54 AEUV Rn. 2. 23  Vgl. Streinz/Müller-Graff Art. 54 AEUV Rn. 4 m.w.N. 24  Vgl. nur Dauses/W.-H. Roth E.I. Rn. 70; Streinz/Müller-Graff Art. 54 AEUV Rn. 5.

§ 4  Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit

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(1)  Unmittelbare Niederlassung von Gesellschaften durch Errichtung von Agenturen und Zweigniederlassungen Die Freiheit zur unmittelbaren Niederlassung kann in sehr einfacher Weise durch die 4.15 überall und unbeschränkt erlaubte Einrichtung von unselbständigen Agenturen und Zweigniederlassungen (→ 4.4) ausgeübt werden. Wie eine deutsche Gesellschaft im gesamten Gebiet Deutschlands Verkaufs- und Serviceagenturen, aber auch Zweigniederlassungen errichten und sich damit über den Ort ihres Sitzes hinaus „körperlich“ beliebig ausdehnen kann, so kann sie das im gesamten Gebiet der EU bzw. des EWR und ohne irgendwelche Beschränkungen über das hinaus, was auch der Inländer am betreffenden Ort bei Aufnahme der entsprechenden Tätigkeit beachten muss (z.B. Anmeldung bei der örtlichen Gewerbeaufsicht, bei der örtlichen Kaufmannschaft, beim örtlich zuständigen Finanzamt). Vor diesem Hintergrund sind die nun in die GesRRL integrierten Bestimmungen zu Zweigniederlassungen (früher: ZNRL) (→ 26) zu sehen: Sie gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass Unternehmen aus EU/EWR-Mitgliedstaaten in jedem (anderen) EU/EWR-Mitgliedstaat eine oder mehrere Zweigniederlassungen errichten können und koordinieren die dafür erforderliche Publizität. Aber auch diese Regeln verlangen nicht mehr, sondern eher weniger als für die Errichtung einer Zweigniederlassung eines inländischen Unternehmens im Inland selbst verlangt wird. Beschränkend und somit grundsätzlich verboten sind daher Regelungen, die die grenzüberschreitende Errichtung einer Sekundärniederlassung verhindern (z.B. Verbot einer Zweigniederlassung)25 oder unverhältnismäßig erschweren (z.B. durch Registrierungserfordernisse26 oder Gebührenvorschüsse, soweit diese die tatsächlichen Verwaltungskosten übersteigen27). Die Reichweite der Niederlassungsfreiheit hinsichtlich der Zweigniederlassungen hat der EuGH insbesondere in der berühmten Entscheidung Centros konkretisiert (→ 7.19 ff.). (2)  Mittelbare Niederlassung von Gesellschaften durch Gründung von Tochtergesellschaften Die Gesellschaften können – und tun es in sehr großem Umfange – von der Nie- 4.16 derlassungsfreiheit auch dadurch Gebrauch machen, dass sie am frei gewählten Ort Tochtergesellschaften gründen. Dabei sind sie naturgemäß an die Regeln des dort geltenden nationalen Unternehmensrechts gebunden, das für sie unverändert und insbesondere ohne Erschwerungen und Veränderungen gegenüber Inländern gilt. Vor allem aber gibt es heute in der EU und im EWR nicht mehr die anderswo noch häufige Vorschrift, dass ein Inländer bzw. ein inländisches Unternehmen an der Gründung beteiligt sein muss. Im Gegenteil: Nach Erlass und Umsetzung der EpGRL (→ 27) kann die Gründung der Tochter heute regelmäßig auch als Einpersonengründung von 25  Vgl. EuGH v. 12.7.1984, Klopp, 107/83, ECLI:EU:C:1984:270. 26  Vgl. EuGH v. 14.10.2004, Kommission ./. Niederlande, C-299/02, ECLI:EU:C:2004:620. 27  Vgl. EuGH v. 1.6.2006, innoventif Limited, C-453/04, ECLI:EU:C:2006:361; zu diesem Urteil J. Schmidt NZG 2006, 899 ff.; näher auch noch → 26.42.

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der betreffenden deutschen Gesellschaft selbst und allein vorgenommen werden. Im Übrigen genügt auch bei der Aktiengesellschaft – soweit nicht auch schon bei ihr, wie jetzt in Deutschland, die Einpersonengründung möglich ist – die Mitwirkung anderer natürlicher oder juristischer Personen welcher Nationalität auch immer. Dieses System der Tochtergesellschaften wird von der Praxis gegenüber allen anderen Formen der Niederlassung bevorzugt und funktioniert heute ohne erkennbare Schwierigkeiten. Es führt allerdings zur Entstehung sehr vieler kleiner und mittelgroßer Konzerne: In der EU ist dadurch der Konzern die legale Normalität, nicht etwa die Ausnahme. Zum Konzernrecht → 12. Die gleichen Regeln gelten für die Besetzung der Organe: Auch an der Geschäfts4.17 führung müssen heute – und anders als etwa noch immer in der Schweiz28 – keine Inländer mehr beteiligt sein.29 Es ist rechtliche Normalität, wenn die Tochtergesellschaft eines deutschen Unternehmens in Paris von einem Italiener geleitet wird. (3)  Mittelbare Niederlassung durch Beteiligung an anderen Gesellschaften 4.18 Hier gilt ebenfalls das Gleiche wie für die natürliche Person: Gesellschaften können sich an einem bereits bestehenden Unternehmen im EU-Ausland beteiligen, wobei sie die für einen solchen Vorgang geltenden allgemeinen Regeln des betreffenden nationalen Rechts naturgemäß und wie jedes inländische Unternehmen zu beachten haben (z.B. Form des Erwerbs, Zustimmung anderer Gesellschafter, Anzeige bei Behörden). Rechtliche Besonderheiten aufgrund der Tatsache, dass es sich beim Erwerber um ein Unternehmen ausländischen Rechts handelt, darf es grundsätzlich nicht geben. Unstreitig unionsrechtswidrig und wirkungslos wäre also die Bestimmung eines nationalen Rechts, wonach sich deutsche GmbH an Aktiengesellschaften dieses Landes nicht beteiligen dürfen bzw. hierzu einer Erlaubnis der staatlichen Wirtschaftsbehörde bedürfen oder Gesellschafter der eigenen Nationalität haben müssen (→ 4.16). Dies hat der EuGH bereits in einer seiner ersten „Goldene Aktien“-Entscheidungen, dem Urteil in der Rs. Kommission ./. Portugal vom 4.6.200230, ausdrücklich bestätigt. In diesem Fall hatte Portugal den Anteilsbesitz ausländischer Anleger an ehemals staatlichen Unternehmen durch nationale Regelung auf 25 % des Gesellschaftskapitals begrenzt. Dies stellte eine offene Diskriminierung dar und wurde vom EuGH für unzulässig erklärt.31 Ausf. zu Goldenen Aktien → 15. 28  Vgl. für die Schweizer GmbH Art. 814 Abs. 3 OR: „Die Gesellschaft muss durch eine Person vertreten werden können, die Wohnsitz in der Schweiz hat. Diese Person muss Geschäftsführer oder Direktor sein. …“; für die Schweizer AG Art. 718 Abs. 4 OR: „Die Gesellschaft muss durch eine Person vertreten werden können, die Wohnsitz in der Schweiz hat. Diese Person muss Mitglied des Verwaltungsrates oder Direktor sein.“ 29 Vgl. EuGH v. 14.10.2004, Kommission ./. Niederlande, C-299/02, ECLI:EU:C:2004: 620; → Fn. 19. 30  EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326. 31 EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Rn. 40. Der EuGH hat zwar bei der Prüfung auf die „näher liegende“ und unmittelbar betroffene Kapitalverkehrsfreiheit abgestellt; das Ergebnis wäre jedoch dasselbe gewesen, wenn

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e)  Umwandlungsfreiheit Die Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften umfasst weiterhin aber auch die grenz- 4.19 überschreitende Verschmelzung („Verschmelzungsfreiheit“,  → 7.32 ff., 7.101 ff.), die grenzüberschreitende Spaltung („Spaltungsfreiheit“, → 7.105) und die grenzüberschreitende statutenwechselnde Sitzverlegung, d.h. den grenzüberschreitenden Formwechsel („Formwechselfreiheit“, → 7.48 ff., 7.85 ff.). f)  Einbringung von Aktiva (und Passiva) Geschützt ist schließlich auch die grenzüberschreitende Einbringung von Aktiva 4.20 (und Passiva) in eine bestehende oder neu gegründete Gesellschaft gegen Entgelt oder Beteiligung; dieser Vorgang ist in Ausführung der Fusionssteuer-RL32 heute sogar steuerneutral, d.h. er löst keine steuerliche Gewinnrealisierung im Inland aus.33 Möglich ist also z.B., dass das Unternehmen der deutschen Bau-GmbH als Sacheinlage in eine französische SA34 gegen Aktien eingebracht und diese mithin Eigentümerin, Gläubigerin und Schuldnerin aller weiterhin in Deutschland belegenen Aktiva und Passiva der deutschen GmbH wird, während sich die deutsche GmbH auf die Verwaltung ihrer Aktien an der französischen SA beschränkt. Auf den Vorgang ist grundsätzlich § 613a BGB anwendbar35 mit der Folge, dass alle Mitarbeiter der deutschen Bau-GmbH Mitarbeiter der französischen SA werden, wenn sie dem Übergang des Arbeitsverhältnisses nicht widersprechen. Die französische SA wird zweckmäßigerweise das – weiterhin in Deutschland belegene – Baugeschäft als (Zweig-)Niederlassung betreiben. Auf diese Weise ist im Wege der Einzelrechtsnachfolge – alle Aktiva und Passiva müssen nach den je für sie geltenden (hier: deutschen) Rechtsregeln auf die französische SA übertragen werden – und steuerneutral eine faktische Fusion (bei Aufnahme in eine aktive französische SA) bzw. faktische Sitzverlegung (bei Aufnahme er seine Entscheidung (auch) auf die Niederlassungsfreiheit gestützt hätte, zust. Grundmann/Möslein ZGR 2003, 317, 328. Näher zur Abgrenzung von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit → 4.24. 32  RL 90/434/EWG des Rates v. 23.7.1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABlEG v. 20.8.1990, L 225/1; jetzt kodifiziert als RL 2009/133/EG des Rates v. 19.10.2009 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes einer Europäischen Gesellschaft oder einer Europäischen Genossenschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat, ABlEU v. 25.11.2009, L 310/34. 33  Vgl. dazu die Referate von Sarrazin und Thömmes auf dem 3. Bonner Europa-Symposium: ZGR 1994, 66 ff. u. 75 ff. 34  Société anonyme; vgl. die Liste der nationalen Rechtsformen → 9.60 f. 35 § 613a BGB ist anwendbar, wenn deutsches Recht Arbeitsvertragsstatut ist, vgl. BAG NZA 2011, 1143 Rn. 42 ff.; BAG BeckRS 2013, 70060 Rn. 166; Ausf. zum IPR des Betriebsübergangs Staudinger/Annuß § 613a BGB Rn. 41 f.; Pfeiffer, FS Hoyningen-Huene, 2014, S. 351 ff.

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in eine dafür gleichzeitig neu gegründete SA) möglich. Für die Gründung bzw. Kapitalerhöhung der französischen SA gilt französisches Recht, für die erforderlichen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der deutschen GmbH deutsches Recht; diese letztere besteht als Inhaberin der Aktien an der französischen SA fort.

II.  Die Kapitalverkehrsfreiheit 4.21 Elementare Bedeutung für das Europäische Unternehmensrecht hat ferner die Kapitalverkehrsfreiheit. Art. 63 AEUV gewährleistet die Freiheit des Kapitalverkehrs (Abs. 1) und des Zahlungsverkehrs (Abs. 2) und zwar nicht nur innerhalb der Mitgliedstaaten, sondern auch zwischen Mitglieds- und Drittstaaten (sog. erga-omnesPrinzip)36. Art. 63 AEUV (1) Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten. (2) Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten.

4.22 Art. 40, 41 EWRV enthalten Parallelregelungen für den EWR-Raum. Diese weisen zwar eine Reihe von Unterschieden zum Unionsrecht auf.37 EuGH38 und EFTA-Gerichtshof39 legen sie aber gleichwohl einheitlich mit Art. 63 AEUV aus.40 Artikel 40 EWRV Im Rahmen dieses Abkommens unterliegt der Kapitalverkehr in Bezug auf Berechtigte, die in den EG-Mitgliedstaaten oder den EFTA-Staaten ansässig sind, keinen Beschränkungen und keiner Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes der Parteien oder des Anlageortes. Die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel sind in Anhang XII enthalten. Artikel 41 EWRV Die laufenden Zahlungen, die mit dem Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital zwischen den Vertragsparteien im Rahmen dieses Abkommens zusammenhängen, unterliegen keinen Beschränkungen.

36 Vgl. nur Calliess/Ruffert/Bröhmer Art. 63 Rn. 6; GHN/Ress/Ukrow Art. 63 AEUV Rn. 120. 37  Überblick bei GSH/Wojcik Vorbem. zu Art. 63-66 AEUV Rn. 35. 38  Vgl. EuGH v. 23.9.2003, Ospelt und Schlössle Weissenberg, C-452/01, ECLI:EU:C:2003:493, Rn. 32; EuGH v. 28.10.2010, Établissements Rimbaud, C-72/09, ECLI:EU:C:2010:645, Rn. 22; EuGH v. 24.6.2011, projektart, C-476/10, ECLI:EU:C:2011:422, Rn. 33. 39  Vgl. EFTA-Gerichtshof v. 14.7.2000, Íslandsbanki-FBA, E-1/00, [2000-2001] EFTA Ct. Rep. 8, Rn. 16; EFTA-Gerichtshof v. 9.7.2014, Fred. Olsen, E-3/13 und E20/13, [2014] EFTA Ct. Rep. 400, Rn. 110. 40  Vgl. dazu auch GSH/Wojcik Vorbem. zu Art. 63-66 AEUV Rn. 36; Stefánsson EuR 2016, 706, 715 f.

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Die Kapitalverkehrsfreiheit erfasst nämlich sowohl sog. Portfolioinvestitionen, d.h. 4.23 Investitionen in Form des Erwerbs von Wertpapieren auf dem Kapitalmarkt allein in der Absicht der Geldanlage, ohne auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss nehmen zu wollen, als auch sog. Direktinvestitionen, d.h. Investitionen in Form der Beteiligung an einem Unternehmen durch Besitz von Aktien, die die Möglichkeit verschaffen, sich tatsächlich an der Verwaltung und der Kontrolle des Unternehmens zu beteiligen.41

III.  Abgrenzung und Verhältnis von Kapitalverkehrsund Niederlassungsfreiheit Die Schutzbereiche von Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit überlappen 4.24 sich zumindest partiell im Hinblick auf die von der Kapitalverkehrsfreiheit erfassten Direktinvestitionen (→ 4.23); denn die Niederlassungsfreiheit erfasst ebenfalls den Erwerb und das Halten von Beteiligungen, an einer Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat, die es dem Inhaber ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen dieser Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen (→ 4.7). Wie die sich damit ergebende Konkurrenzproblematik zu lösen ist, wird äußerst 4.25 kontrovers diskutiert. Das Meinungsspektrum in der Literatur reicht insoweit vom Postulat einer alternativen Exklusivität42, über die Annahme eines Vorrangs43 oder umgekehrt einer Subsidiarität44 der Kapitalverkehrsfreiheit bis hin zur verbreiteten Annahme einer parallelen Anwendbarkeit beider Grundfreiheiten45. Teilweise wird auch 41 Vgl. EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“), Rn. 19; EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 49; EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU:C:2010:622, Rn. 48; EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 46; EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 47; EuGH v. 22.10.2013, Essent, C-105/12 bis C-107/12, ECLI:EU:C:2013:677, Rn. 40; EuGH v. 21.12.2016, AGET Iraklis, C-201/15, ECLI:EU:C:2016:972, Rn. 58. 42 Vgl. Ohler WM 1996, 1801, 1804; vgl. ferner auch Rust DStR 2009, 2568, 2570. 43 Vgl. Fischer ZEuS 2000, 391, 401; ferner offenbar auch Artés EBLR 2009, 457, 462; Armbrüster JuS 2003, 224, 226 f.; Streinz/Sedlaczek/Züger Art. 63 AEUV Rn. 35 (Vorrang der Niederlassungsfreiheit). 44 Vgl. Freitag EWS 1997, 186, 189 ff.; Bachlechner ZEuS 1998, 519, 531; für einen Vorrang der Niederlassungsfreiheit bei Vorliegen eines spezifischen Beherrschungsverhältnisses: Dölker/Ribbrock BB 2007, 1928, 1930 ff.; bei wesentlichen Beteiligungen: Sedemund/Laboranowitsch DStZ 2008, 414, 420. 45 Vgl. Apel S. 140; Armour/Ringe (2011) 48 C.M.L. Rev. 125, 143 f.; Bayer BB 2002, 2289, 2290; Bayer/Ohler ZG 2008, 12, 23; Calliess/Ruffert/Bröhmer Art. 63 AEUV Rn. 32 ff.; Fleischer (2003) 40 C.M.L. Rev. 493, 498; GHN/Forsthoff Art. 49 AEUV Rn. 129; Frenz 1 Rn. 3660; ders. EWS 2011, 125, 128; Grundmann Rn. 176; Kainer ZHR 168 (2004) 542, 553 f.; Kömpf, Staatseinfluss auf die Volkswagen AG, 2010, S. 209; Calliess/Ruffert/ Korte Art. 49 AEUV Rn. 35; Lieder ZHR 172 (2008) 306, 315 f.; Streinz/Müller-Graff Art. 49 AEUV Rn. 117; Pießkalla EuZW 2009, 463 f.; Ringe (2010) 69 CLJ 378, 382; Roth ZBB 2009, 257, 263 ff.; Rüffler GeS 2011, 99, 100; Schäfer/Voland EWS 2008, 166, 170;

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vertreten, dass dort, wo sich beide Schutzbereiche überlappen, auf den Schwerpunkt46 bzw. den Zweck der nationalen Maßnahme47 abzustellen sei. Die Judikatur des EuGH ist ebenfalls uneinheitlich. In den ersten Entscheidun4.26 gen zu „Goldenen Aktien“ (→ 15) hatte der Gerichtshof sich nahezu ausnahmslos auf die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EGV G Art. 63 AEUV) konzentriert; soweit auch ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV G Art. 49 AEUV) geltend gemacht worden war, hatte er eine gesonderte Prüfung in fast allen Fällen48 mit der Begründung abgelehnt, dass etwaige Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit nur eine „unmittelbare Folge der ... Hindernisse für den freien Kapitalverkehr“ seien.49 In den Entscheidungen E.ON/ENDESA v. 17.7.200850 und ENI II v. 26.3.200951 stellte die 3. Kammer dann jedoch in Bezug auf die fraglichen nationalen Regelungen, die jeweils unabhängig vom Umfang der Beteiligung eines Aktionärs galten, ausdrücklich einen Verstoß sowohl gegen die Niederlassungs- als auch gegen die Kapitalverkehrsfreiheit fest. Auf derselben Linie liegt auch die − allerdings keine „Goldene Aktien“-Konstellation betreffende − Idryma Typou-Entscheidung der 2. Kammer v. 21.10.201052. Die 1. Kammer kehrte dann jedoch in den Urteilen Portugal Telecom v. 8.7.201053,

J. Schmidt EWiR 2008, 585, 586; Tippelhofer/Lohmann IStR 2008, 857, 864; ferner wohl auch GSH/Tiedje Art. 49 AEUV Rn. 35. 46 Vgl. GA Alber, Schlussanträge v. 14.10.2009, Baars, C-251/98, ECLI:EU:C:1999:502, Rn. 26 ff.; Germelmann EuZW 2008, 596, 600; Schmahl WuB II N Art. 56 EGV 1.02; GSH/ Wojcik Art. 63 AEUV Rn. 65 f.; wohl auch GHN/Ress/Ukrow Art. 63 AEUV Rn. 318; s. ferner auch (allerdings noch weiter differenzierend): Nettesheim ZHR 172 (2008) 729, 743 ff. sowie Zorn IStR 2010, 190, 194 („Theorie der Maßgeblichkeit des konkreten Sachverhalts“); tendenziell wohl auch von der Brocke FS Spiegelberger, 2009, S. 1671, 1680 f. 47 Vgl. Schön (2016) 17 EBOR 229, 259 = FS W.-H. Roth, 2015, S. 551, 581. 48  In der frühen Entscheidung ENI (EuGH v. 23.5.2000, Kommission ./. Italien, C-58/99, ECLI:EU:C:2000:280) wurde jedoch − allerdings ohne nähere Ausführungen zum Kon­kurrenzverhältnis − ein Verstoß gegen beide Grundfreiheiten festgestellt; im Fall VW  I wurde die Klage, soweit sie auf einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gestützt war, bereits mangels eines diesbezüglichen substantiierten Vortrags der Kommission abgewiesen (vgl. EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW I“), Rn. 15 f.). 49 Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Rn. 56; EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf-Aquitaine“), Rn. 56; EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 86; EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. UK, C-98/01, ECLI:EU:C:2003:273 („BAA“), Rn. 52; EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“), Rn. 43. 50  EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU:C:2008:428 („E.ON/ ENDESA“). Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 393; J. Schmidt EWiR 2008, 585 f.; Nohlen/Repasi EWS 2008, 424 f. 51  EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“). 52 EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU:C:2010:622. Dazu J. Schmidt EWiR 2010, 693 f. 53 EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 80. Dazu Müller-Michaels BB 2010, 2395 f.; Paal LMK 2010, 307158; Purnhagen EuZW 2010, 706 f.; Sonder EWiR 2010, 739 f.; Stöber NZG 2010, 977 ff.

§ 4  Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit

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Energias de Portugal v. 11.10.201054 und GALP Energia v. 10.11.201155 wieder zur früheren Position zurück, wonach eine gesonderte Prüfung der Niederlassungsfreiheit nicht erforderlich sei. Vollends offenbar wird das Fehlen einer klaren Linie56, wenn man auch die übrige Judikatur des Gerichtshofs, speziell auch zum Steuerrecht, mit in den Blick nimmt: Dort hat er nämlich in einer Reihe von Entscheidungen auf der Basis einer Art „Schwerpunktbetrachtung“ jeweils ausschließlich eine der beiden Grundfreiheiten zum Prüfungsmaßstab erklärt57; ähnlich geht auch der EFTA-Gerichtshof vor58. Es gibt allerdings auch Urteile, in denen der EuGH aus den Akten keine hinreichenden Informationen zu den tatsächlichen Gegebenheiten des konkreten Falles ableiten kann und die nationale Maßnahme dann doch am Maßstab beider Grundfreiheiten prüft.59

IV.  Verpflichtungsadressaten von Kapitalverkehrsund Niederlassungsfreiheit Verpflichtungsadressaten der Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit sind prin- 4.27 zipiell die Mitgliedstaaten.60 Am Maßstab der beiden Grundfreiheiten sind grundsätzlich nur nationale Maßnahmen zu messen.61 Ferner sind aber auch die EU und ihre Organe an die Niederlassungs- und Kapi- 4.28 talverkehrsfreiheit gebunden.62 54  EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 99. Dazu Rubner GWR 2010, 310959. 55  EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 42 ff., 98. 56  Vgl. etwa auch von der Brocke FS Spiegelberger, 2009, S. 1671: „Mehr Verwirrung als klare Linien“. 57  Vgl. EuGH v. 18.7.2007, Oy AA, C-231/05, ECLI:EU:C:2007:439, Rn. 23 (Regelungen betreffend Beziehungen innerhalb einer Unternehmensgruppe betreffen vorwiegend die Niederlassungsfreiheit); EuGH v. 25.10.2007, Geurts, C-464/05, ECLI:EU:C:2007:631, Rn. 16 (Erbschaftssteuerbefreiung für Familienunternehmen betrifft vorwiegend Niederlassungsfreiheit); EuGH v. 17.9.2009, Glaxo Wellcome GmbH & Co. KG ./. Finanzamt München II, C-182/08, ECLI:EU:C:2009:559, Rn. 50 f. (Vorrang des den freien Kapitalverkehr betreffenden Aspekts einer nationalen Steuerregelung); EuGH v. 28.2.2013, Beker, C-168/11, ECLI:EU:C:2013:117, Rn. 23 ff. (Höchstbetragsanrechnung gem. § 34c Abs. 1 S. 2 EStG a.F. betrifft Kapitalverkehrsfreiheit). 58  Vgl. EFTA-Gerichtshof v. 9.7.2014, Fred. Olsen, E-3/13 und E20/13, [2014] EFTA Ct. Rep. 400, Rn. 110 ff. 59 Vgl. EuGH v. 15.9.2011, Accor, C-310/09, ECLI:EU:C:2011:581, Rn. 31 ff.; EuGH v. 13.3.2014, Bouanich, C-375/12, ECLI:EU:C:2014:138, Rn. 24 ff. 60  Vgl. nur GHN/Forsthoff Art. 49 AEUV Rn. 71; Frenz 1 Rn. 2155, 3627; Calliess/Ruffert/ Korte Art. 49 AEUV Rn. 40; Streinz/Müller-Graff Art. 49 AEUV Rn. 34; GHN/Ress/ Ukrow Art. 63 AEUV Rn. 109; Streinz/Sedlacezk/Züger Art. 63 AEUV Rn. 10. 61  Vgl. etwa EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW I“), Rn. 22 ff. 62 Vgl. GHN/Forsthoff Art. 49 AEUV Rn. 71; Frenz 1 Rn. 3628; Streinz/Müller-Graff Art. 49 AEUV Rn. 37; GHN/Ress/Ukrow Art. 63 AEUV Rn. 115; Streinz/Sedlacezk/ Züger Art. 63 AEUV Rn. 14.

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4.29

§ 4  Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit

Umstritten ist, ob die Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit darüber hinaus auch unmittelbare Drittwirkung im Verhältnis zwischen Privaten untereinander entfalten (sog. horizontale Drittwirkung).63 Der EuGH hat jedoch – soweit ersichtlich – bislang in keinem Fall eine unmittelbare Drittwirkung der Kapitalverkehrsfreiheit angenommen. Auch eine Bindung Privater an die Niederlassungsfreiheit hat er bislang nur in Sonderkonstellationen bejaht, nämlich für kollektive Maßnahmen einer Gewerkschaft64, also in einem Fall einer sog. „intermediären Gewalt“, für welche der EuGH auch bei anderen Grundfreiheiten ausnahmsweise eine unmittelbare Drittwirkung bejaht65. Im Schrifttum wird eine unmittelbare Drittwirkung – abgesehen von solchen Sonderkonstellationen − ebenfalls zu Recht ganz überwiegend abgelehnt.66 Vgl. zur Problematik speziell im Kontext sog. Goldener Aktien → 15.6.

V.  Beeinträchtigungen von Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit 1.  Niederlassungsfreiheit 4.30 Die Niederlassungsfreiheit impliziert zum einen – in Konkretisierung des allgemeinen Diskriminierungsverbots des Art. 18 AEUV67 − ein Diskriminierungsverbot: EUAusländer müssen wie Inländer behandelt werden.68 So darf z.B. eine britische Gesellschaft mit britischen Gesellschaftern nicht anders behandelt werden als eine solche mit spanischen Gesellschaftern – das hat der EuGH schon in seinen berühmten Urteilen im britisch-spanischen Fischereistreit von 1991 nachdrücklich betont.69 Eine Diskriminierung ist ferner z.B. auch die unterschiedliche Behandlung von nationalen und 63  Vgl. zur Problematik und zum Streitstand etwa Müller-Graff EuR 2014, 3 ff. m.w.N. 64  Vgl. EuGH v. 11.12.2007, Viking Line, C-438/05, ECLI:EU:C:2007:772. Vgl. ferner auch bereits EuGH v. 19.2.2002, Wouters, C-309/99, ECLI:EU:C:2002:98, Rn. 120 ff. (Regelungen einer Rechtsanwaltskammer, Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit aber letztlich offengelassen, da jedenfalls gerechtfertigt). 65 Vgl. EuGH v. 12.12.1974, Walrave, 36/74, ECLI:EU:C:1974:140, Rn. 20/24; EuGH v. 6.6.2000, Angonese, C-281/98, ECLI:EU:C:2000:296, Rn. 31; EuGH v. 17.7.2008, Raccanelli, C-94/07, ECLI:EU:C:2008:425, Rn. 43. 66  Vgl. für die Kapitalverkehrsfreiheit: Apel S. 203; Birkemeyer EuR 2010, 662, 676 f.; Frenz 1 Rn. 3631; Lieder ZHR 172 (2008) 306, 318; Neumann/Ogorek NZG 2008, 893, 895 f.; Ogorek/von der Linden BB 2008, 1139, 1140; Pläster EWS 2008, 175 f.; Remien FS Wolf, 2011, S. 717, 722; Dauses/Roth E. I. Rn. 30; Seeling/Zwickel BB 2008, 622, 623; Spindler RIW 2003, 850, 854; Verse GPR 2008, 31, 35; für die Niederlassungsfreiheit etwa: Frenz 1 Rn. 2171; Calliess/Ruffert/Korte Art. 49 AEUV Rn. 41; Dauses/Roth E. I. Rn. 30; GSH/ Tiedje Art. 49 AEUV Rn. 146; zumindest in ihrer Ausprägung als Beschränkungsverbot auch Birkemeyer EuR 2010, 662, 673 ff. 67 Vgl. zum Verhältnis von Art. 49 AEUV und Art. 18 AEUV: GHN/Forsthoff Art. 49 AEUV Rn. 77. 68 Vgl. GHN/Forsthoff Art. 49 Rn. 75 ff.; Calliess/Ruffert/Korte Art. 49 AEUV Rn. 46 m.w.N. 69 EuGH v. 25.7.1991, Factortame, C-221/89, ECLI:EU:C:1991:320; EuGH v. 4.10.1991, Kommission ./. UK, C-246/89, ECLI:EU:C:1991:375; s. ferner auch EuGH v. 12.6.1997, Kommission ./. Irland, C-151/96, ECLI:EU:C:1997:294.

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grenzüberschreitenden Verschmelzungen oder Formwechseln (vgl. die Leitentscheidungen SEVIC und VALE → 7.31 ff., 7.46 ff.). Anfänglich wurde die Niederlassungsfreiheit sogar ausschließlich als Diskrimi- 4.31 nierungsverbot interpretiert.70 Inzwischen ist jedoch allgemein anerkannt, dass die Niederlassungsfreiheit auch ein Beschränkungsverbot beinhaltet: Verboten sind alle nationalen Maßnahmen, die die Ausübung der Niederlassungsfreiheit verbieten, behindern oder weniger attraktiv machen.71 Darunter fällt etwa die Verweigerung der Anerkennung der Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft, die in einem anderen Mitgliedstaat ordnungsgemäß gegründet worden ist und dort ihren Satzungssitz hat (Leitentscheidung Überseering, → 7.23 ff.); ebenso aber z.B. auch Sonderregeln bzgl. Mindestkapital und Haftung der Geschäftsführer für sog. „Scheinauslandsgesellschaften“ (Leitentscheidung Inspire Art, → 7.27 ff.). 2.  Kapitalverkehrsfreiheit Die Kapitalverkehrsfreiheit impliziert zunächst ebenfalls ein Diskriminierungsver- 4.32 bot: Verboten sind alle Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnorts der Parteien oder des Anlageorts.72 Darüber hinaus enthält die Kapitalverkehrsfreiheit aber auch ein allgemeines 4.33 Beschränkungsverbot: Nach st. Rspr. des EuGH gehören zu den Beschränkungen alle Maßnahmen, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten.73 Solche Beschränkungen z.B. das Erfordernis der Eintragung einer Hypothek in inländischer Währung74 oder eine nationale Regelung, wonach Geldbußen für Verstöße gegen Vorschriften für den Betrieb von TV-Sendern nicht nur gegen die Betreibergesellschaft, sondern auch gegen alle mit mehr als 2,5 % beteiligten Aktionäre derselben verhängt werden können75. Reichhaltige Kasuistik gibt es aber vor allem auch im Bereich des Steuerrechts76 und der „Goldenen Aktien“ (→ 15.7 ff.).

70  Vgl. zur Entwicklung der Judikatur: GHN/Forsthoff Art. 49 AEUV Rn. 89 ff.; Dauses/ W.-H. Roth E.I. Rn. 77. 71 Grundlegend: EuGH v. 31.3.1993, Kraus, C-19/92, ECLI:EU:C:1993:125; EuGH v. 30.11.1995, Gebhard, C-55/94, ECLI:EU:C:1995:411; vgl. ferner etwa EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU:C:2010:622, Rn. 54; EuGH v. 7.3.2013, DKV Belgium, C-577/11, ECLI:EU:C:2013:146, Rn. 31. 72  Vgl. GHN/Nettesheim Art. 63 AEUV Rn. 187 ff. m.w.N. Beispiel: EuGH v. 24.11.2016, SECIL, C-464/14, ECLI:EU:C:2016:896, Rn. 50 (unterschiedliche Behandlung von Dividenden von Gesellschaften aus Mitgliedstaaten und solchen aus Drittstaaten). 73  Vgl. EuGH v. 23.2.2006, van Hilten-van der Heijden, C-513/03, ECLI:EU:C:2006:131, Rn. 44; EuGH v. 17.9.2015, Miljoen, C-10/14, ECLI:EU:C:2015:608, Rn. 44; EuGH v. 30.6.2016, Riskin und Timmermans, C-176/15, ECLI:EU:C:2016:488, Rn. 23. 74  Vgl. EuGH v. 16.3.1999, Trummer und Mayer, C-222/97, ECLI:EU:C:1999:143, Rn. 25 ff. 75  Vgl. EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU:C:2010:622; zu diesem Urteil noch → 15.30, 15.32, 15.34, 18.12 (dort auch Literaturangaben). 76  Näher dazu etwa GSH/Wojcik Art. 63 AEUV Rn. 37 ff. m.w.N.

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3.  Übertragung der „Keck“-Grundsätze? 4.34 Umstritten ist, ob die vom EuGH zur Warenverkehrsfreiheit entwickelten „Keck“Grundsätze77 − nach denen bloße „Handelsmodalitäten“ keine Beschränkung darstellen, sofern sie unterschiedslos gelten und alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berühren − auch auf die Kapitalverkehrsund/oder Niederlassungsfreiheit übertragen werden können. In der Literatur wird dies seit Langem verbreitet bejaht: Eine Beschränkung liege nur bei Marktzugangsregelungen vor, nicht dagegen bei bloßen Tätigkeitsausübungsregelungen.78 Es gibt jedoch auch Stimmen im Schrifttum, die dem vehement widersprechen.79 Der Gerichtshof hatte einen Transfer in den letzten Jahren zwar in einer Reihe von Entscheidungen erwogen; letztlich verneinte er aber in allen Fällen bereits das Vorliegen der Voraussetzungen und brauchte sich daher nicht abschließend festzulegen.80 Für einigen Wirbel hat in diesem Kontext jedoch jüngst das EuGH-Urteil in der Rs. Kornhaas gesorgt. Einige Stimmen im Schrifttum interpretieren es als Übertragung der Keck-Judikatur auf die Niederlassungsfreiheit; ob man Kornhaas tatsächlich eine derart bahnbrechende Neukonturierung des Schutzbereichs der Niederlassungsfreiheit entnehmen kann, erscheint indes mehr als fraglich; näher → 7.59.

VI.  Rechtfertigung von Beeinträchtigungen 4.35 Eingriffe in die Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit können durch die geschriebenen Rechtfertigungsgründe des AEUV (→ 4.36 ff.) oder durch den unge77 Grundlegend: EuGH v. 24.11.1993, Keck und Methouard, C-267/91 und C-268/91, ECLI:EU:C:1993:905. 78 Vgl. Behme AG 2014, 841, 846 ff.; Frenz 1 Rn. 3712; ders. EWS 2011, 125, 130; Neumann/ Ogorek NZG 2008, 892, 893 f.; Rapp-Jung/Bartosch BB 2009, 2210, 2214; Remien FS Wolf, 2011, S. 717, 719; GHN/Ress/Ukrow Art. 63 AEUV Rn. 162 ff.; Rüffler GeS 2011, 99, 101 f.; Schön (2016) 17 EBOR 229, 234; Spindler RIW 2003, 850, 853; Wellige EuZW 2003, 429, 431 ff.; GSH/Wojcik Art. 63 AEUV Rn. 16; s. ferner auch Ohler WM 1996, 1801, 1806 („naheliegend“); kritisch dagegen etwa Sander EuZW 2005, 106, 108; Schall FS Meilicke, 2010, S. 651, 655 ff. Für ein Abstellen auf die Wirkungen einer Maßnahme („effects-test“): Ringe (2010) 69 CLJ 378, 393, 404 ff. 79  Vgl. etwa GSH/Tiedje Art. 49 AEUV Rn. 111. 80  Vgl. zur Kapitalverkehrsfreiheit: EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 59 ff. (Marktzugangsregelung); EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, C-98/01, ECLI:EU:C:2003:273 („BAA“), Rn. 45 ff. (Marktzugangsregelung); EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 65 ff. (Marktzugangsregelung); EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 66 ff. (Marktzugangsregelung); EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 63 ff. (Marktzugangsregelung); zur Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit: EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU:C:2010:622, Rn. 58 ff. (Beeinträchtigung des Marktzugangs und abschreckende Wirkung auf ausländische Investoren).

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schriebenen Rechtfertigungsgrund der zwingenden Gründe des Allgemeininteresses (→ 4.40 ff.) gerechtfertigt werden. a)  Geschriebene Rechtfertigungsgründe Art. 52 Abs. 1 AEUV/Art. 33 EWRV ermöglicht eine Rechtfertigung von Beschrän- 4.36 kungen der Niederlassungsfreiheit durch Sonderregelungen für Ausländer aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (→ 4.38) oder sowie – für das Unternehmensrecht kaum relevant – der öffentlichen Gesundheit. Art. 65 AEUV normierte eine Reihe von Rechtfertigungsgründen für Beschrän- 4.37 kungen der Kapitalverkehrsfreiheit. Die Steuerklausel des Art. 65 Abs. 1 lit. a AEUV erlaubt den Mitgliedstaaten Diskriminierungen des Steuerpflichtigen aufgrund seines Wohnorts oder seines Kapitalanlageorts.81 Art. 65 Abs. 1 lit. b AEUV gestattet bestimmte im öffentlichen Interesse liegende Eingriffe: (i) unerlässliche Maßnahmen zur Verhinderung von Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, (ii) Meldeverfahren für den Kapitalverkehr zwecks administrativer oder statistischer Informationen, (ii) Maßnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt sind (→ 4.38).82 Der EWR-Vertrag enthält zwar keine dem Art. 65 AEUV entsprechende Regelung, im Einklang mit dem Leitbild der einheitlichen Auslegung der Kapitalverkehrsfreiheit in der EU und im EWR-Raum geht der EFTA-Gerichtshof jedoch davon aus, dass die in Art. 65 AEUV normierten Rechtfertigungsgründe auch für Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs im EWR-Kontext gelten.83 Im Bereich des Unternehmensrechts wird speziell die Rechtfertigung aus Gründen 4.38 der öffentlichen Ordnung und Sicherheit immer wieder relevant. Als Ausnahme von den Grundfreiheiten sind die Erfordernisse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit jedoch nach st. Rspr. eng auszulegen, sodass ihre Tragweite nicht von jedem Mitgliedstaat einseitig ohne Nachprüfung durch die Organe der Union bestimmt werden kann; erforderlich ist, dass eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.84 Im Kontext der „Goldene Aktien“-Judikatur hat der EuGH als Gründe der öffentlichen Sicherheit z.B. die 81  Näher dazu etwa G/H/N/Ress/Ukrow Art. 65 AEUV Rn. 14 ff.; GSH/Wojcik Art. 65 AEUV Rn. 5 ff. 82  Näher dazu etwa G/H/N/Ress/Ukrow Art. 65 AEUV Rn. 30 ff.; GSH/Wojcik Art. 65 AEUV Rn. 10 ff. 83  Vgl. EFTA-Gerichtshof v. 1.7.2005, Piazza, E-10/04, [2005] EFTA Ct. Rep. 76, Rn. 39. 84  Vgl. in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit: EuGH v. 29.10.1998, Kommission ./. Spanien, C-114/97, ECLI:EU:C:1998:519, Rn. 45 f.; EuGH v. 13.12.2007, Kommission ./. Italien, C-465/05, ECLI:EU:C:2007:781, Rn. 49; EuGH v. 8.11.2012, Kommission ./. Griechenland, C-244/11, ECLI:EU:C:2012:694, Rn. 67; in Bezug auf die Kapitalverkehrsfreiheit: EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf-Aquitaine“), Rn. 48; EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 83; EuGH v. 8.11.2012, Kommission ./. Griechenland, C-244/11, ECLI:EU:C:2012:694, Rn. 67; EuGH v. 7.6.2012, VBV – Vorsorgekasse, C-39/11, ECLI:EU:C:2012:327, Rn. 29.

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Sicherstellung der Energieversorgung85 (speziell Erdöl86 und Elektrizität87) sowie des Telekommunikationsnetzes88 im Krisen-, Kriegs- oder Terrorfall anerkannt (→ 15.17). Eine Rechtfertigung setzt zudem stets voraus, dass die nationale Regelung geeignet 4.39 ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, also dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit entspricht89; → 4.43 ff. b)  Zwingende Gründe des Allgemeininteresses 4.40 Nach inzwischen st. Rspr. können Beschränkungen sowohl der Niederlassungs-90 als auch Kapitalverkehrsfreiheit91 aber nicht nur durch die geschriebenen Rechtfer85 Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“), Rn. 46; EuGH v. 2.6.2005, Kommission ./. Italien, C-174/04, ECLI:EU: C:2005:350, Rn. 40; EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU: C:2008:428 („E.ON/ENDESA“), Rn. 46; EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 45, 69; EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 84; EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 82; EuGH v. 8.11.2012, Kommission ./. Griechenland, C-244/11, ECLI:EU:C:2012:694, Rn. 65, 67. 86  Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („ElfAquitaine“), Rn. 47; EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU: C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 71; EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 69. 87 Vgl. EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 71; EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU: C:2009:193 („ENI II“), Rn. 69. 88 Vgl. EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 71; EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU: C:2009:193 („ENI II“), Rn. 69; EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 72. 89  Vgl. in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit: EuGH v. 6.2.2014, Navileme und Nautizende, C-509/12, ECLI:EU:C:2014:54, Rn. 18; in Bezug auf die Kapitalverkehrsfreiheit: EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Rn. 49; EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf-Aquitaine“), Rn. 45, 48; EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“), Rn. 45, 48; EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU: C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 68; EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“), Rn. 33; EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW“), Rn. 73; EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU:C:2008:428 („E.ON/ENDESA“), Rn. 48; EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 42; EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 83; EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 81. 90 Vgl. grundlegend: EuGH v. 31.3.1993, Kraus, C-19/92, ECLI:EU:C:1993:125, Rn. 32; EuGH v. 30.11.1995, Gebhard, C-55/94, ECLI:EU:C:1995:411, Rn. 37; vgl. weiter etwa EuGH v. 13.12.2005, SEVIC, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762, Rn. 23; EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512, Rn. 133; EuGH v. 12.7.2012,

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tigungsgründe, sondern auch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden, sofern die nationale Regelung geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, also dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit (→  4.43 ff.) entspricht (sog. Gebhard-Formel).91 Als zwingende Gründe des Allgemeininteresses haben EuGH und EFTA-Ge- 4.41 richtshof insbesondere anerkannt: • • • • • • •

Schutz der Gläubiger92; Schutz der Minderheitsgesellschafter93; Schutz der Arbeitnehmer94; Lauterkeit des Handelsverkehrs95; Aufrechterhaltung des guten Rufes des nationalen Finanzsektors96; Förderung des Funktionierens und der Effizienz der Finanzmärkte97; Gewährleistung einer Dienstleistung von allgemeinem Interesse wie des postalischen Universaldiensts98;

VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 39; im EWR-Kontext: EFTA-Gerichtshof v. 19.7.2012, ESA ./. Norwegen, E-9/11, [2012] EFTA Ct. Rep. 442, Rn. 83. 91 Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Rn. 49; EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf-Aquitaine“), Rn. 45; EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 68; EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“), Rn. 33; EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW“), Rn. 73; EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 42; EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 83; EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 81; vgl. im EWR-Kontext: EFTA-Gerichtshof v. 19.7.2012, ESA ./. Norwegen, E-9/11, [2012] EFTA Ct. Rep. 442, Rn. 83. 92  Vgl. EuGH v. 5.11.2002, Überseering, C-208/00, ECLI:EU:C:2002:632, Rn. 92; EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512, Rn. 132, 142; EuGH v. 13.12.2005, SEVIC, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762, Rn. 28; EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 39. 93  Vgl. EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW“), Rn. 77; EuGH v. 13.12.2005, SEVIC, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762, Rn. 28; EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 39. 94  Vgl. EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW“), Rn. 74; EuGH v. 13.12.2005, SEVIC, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762, Rn. 28; EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 39. 95 Vgl. EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512, Rn. 132, 142; EuGH v. 13.12.2005, SEVIC, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762, Rn. 28; EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 39. 96  Vgl. EuGH v. 10.5.1995, Alpine Investments, C-384/93, ECLI:EU:C:1995:126, Rn. 44. 97  Vgl. EFTA-Gerichtshof v. 19.7.2012, ESA ./. Norwegen, E-9/11, [2012] EFTA Ct. Rep. 442, Rn. 84 ff. 98 Vgl. EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“), Rn. 38.

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§ 4  Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit

• Gründe, die der Entscheidung hinsichtlich des Eigentumssystems (öffentliche oder private Trägerschaft) zugrunde liegen99 (→ 15.15); • Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen100; • unverfälschter Wettbewerb101; • Verbraucherschutz102; • Umweltschutz103; • Grundsatz der Rechtssicherheit104. 4.42 Rein wirtschaftliche Gründe können eine Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsund/oder Niederlassungsfreiheit dagegen generell nicht rechtfertigen.105 Dazu gehören nach der Rechtsprechung insbesondere auch allgemeine finanzielle Interessen eines Mitgliedstaats106, die Förderung der nationalen Wirtschaft und deren gutes Funktionieren107, das Ziel der Wahl eines strategischen Partners108, einer Stärkung der Wettbewerbsstruktur des fraglichen Markts109 oder der Modernisierung und Stärkung der Leistungsfähigkeit der Produktionsmittel110, oder auch das Ziel, eine etwaige Störung des Kapitalmarkts zu verhindern111. 99 Vgl. EuGH v. 22.10.2013, Essent, C-105/12 bis C-107/12, ECLI:EU:C:2013:677, Rn. 53 ff. 100 Vgl. EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 39. 101 Vgl. EuGH v. 22.10.2013, Essent, C-105/12 bis C-107/12, ECLI:EU:C:2013:677, Rn. 58. 102  Vgl. EuGH v. 24.3.1994, H.M. Customs and Excise ./. Schindler, C-275/92, ECLI:EU:C:1994:119, Rn. 58; EuGH v. 3.6.2010, Ladbrokes Betting & Gaming, C-258/08, ECLI:EU:C:2010:308, 593, Rn. 18; EuGH v. 22.10.2013, Essent, C-105/12 bis C-107/12, ECLI:EU:C:2013:677, Rn. 58; EuGH v. 15.10.2015, Grupo Itevelesa, C-168/14, ECLI:EU:C:2015:685, Rn. 74. 103 Vgl. EuGH v. 20.9.1988, Kommission ./. Königreich Dänemark, 302/86, ECLI:EU:C: 1988:421, Rn. 9; EuGH v. 4.6.2009, Mickelsson und Roos, C-142/05, ECLI:EU:C:2009:336, Rn. 32. 104 Vgl. EuGH v. 14.7.2016, Promoimpresa, C-458/14 und C-67/15, ECLI:EU:C:2016:558, Rn. 71. 105  Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Rn. 52; EuGH v. 22.10.2013, Essent, C-105/12 bis C-107/12, ECLI:EU:C:2013:677, Rn. 52; EuGH v. 14.11.2013, BELGACOM, C-221/12, ECLI:EU:C:2013:736, Rn. 41; EuGH v. 21.12.2016, AGET Iraklis, C-201/15, ECLI:EU:C:2016:972, Rn. 72. Kritisch dazu Arrowsmith (2015) 68 CLP 307 ff. 106  Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Rn. 52. 107 Vgl. EuGH v. 21.12.2016, AGET Iraklis, C-201/15, ECLI:EU:C:2016:972, Rn. 72. 108  Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Rn. 52. 109  Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Rn. 52; EuGH v. 2.6.2005, Kommission ./. Italien, C-174/04, ECLI:EU:C:2005:350, Rn. 37; EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 70. 110  Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Rn. 52. 111 Vgl. EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 71.

§ 4  Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit

75

c)  Verhältnismäßigkeit Sowohl eine Rechtfertigung durch geschriebene Rechtfertigungsgründe (→ 4.36 ff.) 4.43 als auch eine Rechtfertigung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses (→ 4.40 ff.) setzt zudem stets voraus, dass die nationale Maßnahme geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten (→ 4.44) und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (→ 4.45). Die Darlegungslast für die Verhältnismäßigkeit einer nationalen Maßnahme obliegt dem jeweiligen Mitgliedstaat: Der Gerichtshof verlangt, dass der Mitgliedstaat die genauen Gründe darlegt, aus denen seine Auffassung folgt, dass eine bestimmte Maßnahme zur Verwirklichung des jeweiligen Ziels geeignet und erforderlich ist.112 Die nationale Maßnahme muss erstens geeignet sein, die Verwirklichung des 4.44 mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten. So hat der EuGH z.B. in der berühmten Rs. Centros (→ 7.19 ff.) entschieden, dass die Verweigerung der Eintragung einer Zweigniederlassung der nach englischem Recht gegründeten Centros Ltd. in Dänemark zur Erreichung des Ziels des Gläubigerschutzes nicht geeignet sei, weil die dänischen Gläubiger ebenso gefährdet gewesen wären, wenn die Gesellschaft eine Geschäftstätigkeit im UK entfaltet hätte (dann wäre aber die Eintragung erfolgt), → 7.21. Zweitens darf die nationale Maßnahme nicht über das hinausgehen, was zur Er- 4.45 reichung des mit ihr verfolgten Ziels erforderlich ist. So hat der EuGH z.B. in der Leitentscheidung Inspire Art (→ 7.27 ff.) entschieden, dass Sonderregelungen für sog. Scheinauslandsgesellschaften betreffend das Mindestkapital und die Haftung der Geschäftsführer nicht aus Gründen des Gläubigerschutzes erforderlich seien, weil die Gläubiger dadurch, dass die Gesellschaft als ausländische Gesellschaft auftrete sowie durch die mittels des EU-Bilanzrechts und die ZNRL etablierten unionsrechtlichen Schutzvorschriften hinreichend geschützt seien („Schutz durch Transparenz“), → 7.29. Ein anderes Beispiel ist die kritische Haltung des EuGH gegenüber Systemen vorheriger Genehmigung im Kontext seiner „Goldene Aktien“-Judikatur: Insofern erachtet er eine nachträgliche Widerspruchsregelung als grundsätzlich weniger einschneidend, d.h. als milderes Mittel (→ 15.27).

112 Vgl. EuGH v. 2.6.2005, Kommission ./. Italien, C-174/04, ECLI:EU:C:2005:350, Rn. 41; EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW“), Rn. 74, 78, 80; EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU:C:2008:428 („E.ON/ENDESA“), Rn. 57; EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 74; EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 87; EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 85; vgl. im EWR-Kontext: EFTA-Gerichtshof v. 19.7.2012, ESA ./. Norwegen, E-9/11, [2012] EFTA Ct. Rep. 442 Rn. 88 f.

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§ 5 Historische Entwicklung des Europäischen Gesellschaftsrechts

§ 5 Historische Entwicklung des Europäischen Gesellschaftsrechts → zur historischen Entwicklung des Europäischen Kapitalmarktrechts → 14.6 ff. 5

I.  Die Anfänge

5.1 Der Grundstein für die Entwicklung des Europäischen Gesellschaftsrecht wurde bereits mit der Unterzeichnung der Römischen Verträge durch die sechs Gründungsstaaten Deutschland, Frankreich, Belgien, Niederlande, Luxemburg und Italien am 25. März 1957 gelegt. Der EWG-Vertrag1 statuierte in Art. 52 (heute: Art. 49 AEUV) als eine der vier Grundfreiheiten die Niederlassungsfreiheit und bestimmte in Art. 58 (heute: Art. 54 AEUV) ausdrücklich, dass diese auch für Gesellschaften gelten sollte (→ 4.12 f.). In Art. 54 Abs. 3 lit. g (heute: Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV) wurde zudem eine spezielle Kompetenznorm aufgenommen, die Rat und Kommission umfassend dazu ermächtigte, „soweit erforderlich die Schutzbestimmungen zu koordinieren, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften … im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten“ (→ 2.5 ff.). Die Kommission und die Mitgliedstaaten verfolgten ursprünglich das Ziel einer 5.2 weitgehenden Angleichung des gesamten Gesellschaftsrechts (Vollharmonisierung). Der ursprüngliche – äußerst ambitionierte − „Masterplan“ sah insgesamt 14 durchnummerierte gesellschaftsrechtliche Richtlinien vor: • • • • • • • • • • • • • •

  1. (Publizität-)RL (PubRL)   2. (Kapital-)RL (KapRL)   3. (Fusions-)RL (FusRL)   4. (Bilanz-)RL   5. (Struktur-)RL   6. (Spaltungs-)RL (SpRL)   7. (Konzernbilanz-)RL   8. (Abschlussprüfer)-RL   9. (Konzernrechts-)RL 10. (grenzüberschreitende Fusions-)RL (Cross-Border Mergers Directive – CBMD) 11. (Zweigniederlassungs-RL) (ZNRL) 12. (Einpersonengesellschafts-)RL (EpGRL) 13. (Übernahme-)RL (Takeover Bids Directive – TBD) 14. (Sitzverlegungs-)RL

1  Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, 25.3.1957, BGBl. 1957 II, 766.

§ 5 Historische Entwicklung des Europäischen Gesellschaftsrechts

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Von zentraler Bedeutung war darüber hinaus die Idee der Schaffung einer „europäischen Aktiengesellschaft“ (deren Wurzeln bis in die 1920er Jahre zurückreichen, → 45.1). Die entscheidenden Anstöße hierfür lieferten bereits 1959 der französische Notar Thibièrge und der niederländische Prof. Sanders mit zwei Vorträgen in Paris bzw. Rotterdam (→ 45.1). Bis zur Vorlage eines ersten Legislativentwurfs im Bereich des europäischen Gesellschaftsrechts dauerte es allerdings noch eine Weile: Der Vorschlag für die 1. gesellschaftsrechtliche Richtlinie, die sog. Publizitäts-RL (PubRL, → 18), wurde erst 1964 präsentiert (→ 18.1). Nachdem die französische Regierung 1965 offiziell die Schaffung einer „Europäischen Handelsgesellschaft“ vorgeschlagen hatte, präsentierte die von der Kommission eingesetzte Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Prof. Sanders 1966 einen Vorentwurf für ein SE-Statut (→ 45.1). 1967 folgte ein erster Vorentwurf für ein „Abkommen über die internationale Fusion“ (→ 22.1); damals beabsichtigte man noch, diesen Bereich im Rahmen eines völkerrechtlichen Übereinkommens zu regeln.

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II.  Die erste Generation der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien Im Jahr 1968 gelang es dann nach mehrjährigen Beratungen einen Konsens über die PubRL (→ 18) zu erzielen. Mit der Verabschiedung dieser ersten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie am 9.3.1968 wurde endgültig der Grundstein für das seitdem zu einem komplexen Bauwerk gewachsene europäische Gesellschaftsrecht gelegt. Grundlegende Bedeutung hat sie aber nicht nur deshalb, weil sie die erste gesellschaftsrechtliche Richtlinie überhaupt war, sondern auch, weil die in ihr − nun in die GesRRL integrierten − Bestimmungen bis heute als Basisregelung des europäischen Publizitätsrechts und wesentliches Fundament des europäischen Informationsmodells fungieren (→ 18.4). Damit wollte man indes keineswegs stehen bleiben. 1968 wurden außerdem ein Vorentwurf für die 3. gesellschaftsrechtliche Richtlinie, die Fusions-RL (FusRL) (→ 20.1), ausgearbeitet. Außerdem wurde ein Übereinkommen über die gegenseitige Anerkennung von Gesellschaften und juristischen Personen unterzeichnet, das allerdings nie in Kraft trat (→ 7.9 f.). 1969 folgte ein zweiter Vorentwurf für ein Abkommen über die internationale ­Fusion (cross-border merger) (→ 22.1). 1970 wurden offizielle Vorschläge für die 2. und 3. gesellschaftsrechtliche Richtlinie präsentiert: Im März wurde ein Vorschlag für die 2. (Kapital-)RL (KapRL) und im Juni – in Anknüpfung an den Vorentwurf aus dem Jahr 1968 (→ 5.8) − ein erster offizieller Entwurf für die 3. (Fusions-)RL (FusRL) vorgelegt (→ 20.1). Im Oktober 1970 wurde außerdem ein erster offizieller Vorschlag für die SE-VO präsentiert, der als „Vollstatut“ mit über 400 Artikeln konzipiert war (→ 45.2). 1971 begann man mit dem Entwurf für eine 4. (Bilanz-)RL (→ 23.4) auch den Bereich der Rechnungslegung in Angriff zu nehmen. Einen neuen Vorstoß gab es zu-

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§ 5 Historische Entwicklung des Europäischen Gesellschaftsrechts

dem im Bereich der europäischen Rechtsformen: Die Kommission präsentierte einen Vorentwurf für eine Verordnung über die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) (→ 44.1) nach dem Vorbild der französischen groupement d’intérêt économique. In Bezug auf die internationale Fusion (cross-border merger) hielt man zunächst weiterhin am Konzept eines völkerrechtlichen Übereinkommens fest: 1972 wurde hierfür – anknüpfend an die Vorentwürfe von 1967 (→ 5.6) und 1969 (→ 5.9) − ein offizieller Entwurf veröffentlicht (→ 22.1). Mit dem im selben Jahr vorgelegten ersten Entwurf für eine 5. (Struktur-)RL wurde zudem erstmals der Bereich der Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft (Bildung, Zuständigkeiten und Haftung der Organe sowie Organisation der Hauptversammlung) angegangen (→ 9.47). Der Beitritt von Dänemark, UK und Irland zum 1.1.19732 markierte nicht nur die erste geographische Erweiterung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und damit des Anwendungsbereichs des europäischen Gesellschaftsrechts, sondern brachte auch ganz neue Herausforderungen mit sich. Denn nun mussten auch die Rechts­ traditionen der common law-Staaten UK und Irland und des dänischen „nordischen Modells“ – die sich teilweise doch ganz erheblich vom kontinentaleuropäischen Recht der sechs Gründungsmitgliedstaaten unterschieden – berücksichtigt werden. Dem legislatorischen Eifer tat dies aber (zumindest zunächst) keinen wirklichen Abbruch: Im Januar 1973 wurde ein zweiter Vorschlag für die FusRL (→ 20.1) präsentiert, im Dezember ein offizieller Vorschlag für die EWIV-VO (→ 44.1). Parallel dazu wurden auch die Beratungen im Bereich des Bilanzrechts fortgeführt; 1974 legte die Kommission einen geänderten Entwurf für die 4. (Bilanz-)RL vor (→ 23.4). Im selben Jahr wurde außerdem im Bereich des Übernahmerechts ein erster wichtiger Markstein gesetzt: der von der Kommission beauftragte britische Gesellschaftsrechtsexperte Robert R. Pennington präsentierte einen Bericht inklusive eines ersten Entwurfs für eine RL betreffend Übernahmen (sog. Pennington-Bericht, → 28.1). Der Enthusiasmus der Kommission war damals so groß, dass sie sich wenig später sogar auf das tückische Terrain des Konzernrechts vorwagte und 1974/75 einen Vorentwurf für eine 9. (Konzernrechts-)RL ausarbeitete (→ 12.2). 1975 folgten dann ein dritter Entwurf für die FusRL (→ 20.1) sowie ein geänderter Vorschlag für die SE-VO (→ 45.2). 1976 kam der nächste Vorstoß im Bereich der Rechnungslegung: Obgleich über den Vorschlag für die 4. (Bilanz-)RL noch kontrovers beraten wurde, übermittelte die Kommission im April einen Vorschlag für eine 7. (Konzernbilanz-)RL an den Rat (→ 23.5). Ende 1976 gelang es dann außerdem endlich – nach einigen insbesondere durch den Beitritt von Dänemark, UK und Irland (→ 5.13) verursachten Verzögerungen – eine Einigung über die KapRL (→  19) zu erzielen; ihre Verabschiedung als

2 Beitrittsvertrag von Dänemark, Irland und dem Vereinigten Königreich, ABlEG v. 27.3.1972, L 73.

§ 5 Historische Entwicklung des Europäischen Gesellschaftsrechts

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2. gesellschaftsrechtliche Richtlinie am 13.12.1976 markierte einen weiteren wichtigen Meilenstein. Sie fixierte das System des festen Kapitals auf europäischer Ebene und regelte Mindestkapital, Kapitalaufbringung, Kapitalerhaltung und Kapitalmaßnahmen. Ein weiterer wichtiger Schritt folgte mit der Verabschiedung der 4. (Bilanz-)RL im Juli 1978 (→ 23.4). Der erfolgreiche Abschluss dieser langwierigen und äußerst kontroversen Beratungen war für die Kommission Ansporn, im Bereich der Rechnungslegung weiter vorzupreschen: Sie legte im April 1978 einen Vorschlag für eine 8. (Abschlussprüfer-)RL (→ 25.3) vor und im Dezember einen geänderten Entwurf für die 7. (Konzernbilanz-)RL (→ 23.5). Das Jahr 1978 brachte aber noch einen anderen wichtigen Meilenstein: Die Verabschiedung der FusRL (→ 20) am 9.10.1978. Aufgrund des in ihr konzipierten Verfahrensinstrumentariums, das sich inzwischen quasi zum „europäischen Modell für Strukturmaßnahmen“ entwickelt hat, bildet sie aus heutiger Sicht das wesentliche Fundament für das europäische Recht der Umstrukturierungen (→ 20.3). Ursprünglich hatte in der FusRL auch die Spaltung „mitgeregelt“ werden sollen (→ 21.1). Kurz vor ihrer Verabschiedung entschied der Rat jedoch, dass es aufgrund der spezifischen Risiken der Spaltung hierfür einer eigenständigen Richtlinie bedürfe; ein erster Entwurf für eine 6. (Spaltungs-)RL (SpRL) wurde dann bereits im September 1978 vorgelegt (→ 21.1). Auf die legislatorische „Rekordernte“ des Jahres 1978 folgte dann jedoch erst einmal eine kleine „Durststrecke“. 1979 wurde ein geänderter Entwurf für die 8. (Abschlussprüfer-)RL vorgelegt (→ 25.3). Zum 1.1.1981 wurde der Kreis der Mitgliedstaaten durch den Beitritt Griechenlands erweitert.3 Die nächste Richtlinie konnte erst im Dezember 1982 verabschiedet werden. Allerdings handelte es sich dabei nicht um die 5. (Struktur-)RL (die eigentlich „an der Reihe“ gewesen wäre, sich aber als extrem kontrovers erwiesen hatte, → 9.47), sondern um die 6. (Spaltungs-)RL (SpRL) (→ 21). Im Juni 1983 gelang es dann endlich auch, die schwierigen Beratungen über die 7. (Konzernbilanz-RL) zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen (→ 23.5). Komplementiert wurde die Trias der Rechnungslegungsrichtlinien knapp ein Jahr später mit der Verabschiedung der 8. (Abschlussprüfer-)RL im April 1984 (→ 25.3). Diese Erfolge vermochten jedoch nicht zu verbergen, dass sich das europäische Gesellschaftsrecht zu diesem Zeitpunkt eigentlich bereits in einer Krise befand. Die erste Generation der Entwürfe für eine SE-VO (→ 5.10, 5.16) war gescheitert (→ 45.2), bei der grenzüberschreitenden Fusion gab es keine Fortschritte (→ 22.1 f.), der 1983 vorgelegte zweite Entwurf für eine 5. (Struktur-)RL stieß auf heftige Kritik (→ 9.47) und der 1984 präsentierte überarbeitete Vorentwurf für eine 9. (Konzernrechts-)RL schaffte es nicht einmal über das Stadium eines Vorentwurfs hinaus (→ 12.2). Hintergrund war, dass bei all diesen Projekten immer wieder um drei Punkte gestritten

3  Beitrittsvertrag von Griechenland, ABlEG v. 19.11.1979, L 291.

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wurde, die bis heute neuralgisch sind: die unternehmerische Mitbestimmung, die verschiedenen Systeme der Organisationsverfassung und das Konzernrecht.

III.  Neubeginn Mitte der 1980er Jahre 5.24 Angesichts der auch in anderen Bereichen zu verzeichnenden „Harmonisierungsmüdigkeit“ verkündete die Kommission in ihrem im Juni 1985 veröffentlichen Weißbuch „Vollendung des Binnenmarktes“4 einen bedeutenden Strategiewechsel: Das Ziel der vollständigen Realisierung des Binnenmarkts bis spätestens 1992 sollte durch eine Konzentration auf die hierzu unmittelbar notwendigen Maßnahmen erreicht werden5. Neue Leitlinie war also die Abkehr vom Ziel einer vollständigen „Rechtsgleichheit“ bis in die kleinsten (technischen) Details und stattdessen eine Fokussierung auf die Erreichung zumindest gleichwertiger Lösungen und/oder gegenseitiger Anerkennung in den wichtigsten Bereichen.6 Ganz im Einklang mit dieser neuen Strategie hatte man sich in Bezug auf die 5.25 grenzüberschreitende Fusion bereits Ende 1984 für einen neuen Ansatz entschieden: Anstelle weiterhin den Abschluss eines internationalen Abkommens anzustreben (→ 5.6, 5.9, 5.12), legte die Kommission im Januar 1985 einen Vorschlag für eine 10. RL über die internationale Fusion (Cross-Border Mergers Directive – CBMD) vor (→ 22.2). Noch im selben Jahr gelang es außerdem, einen Konsens über die EWIV zu erzielen. Mit der Verabschiedung der EWIV-VO am 25.7.1985 wurde die erste europäische Rechtsform endlich Wirklichkeit (→ 44). Obgleich es sich bei der EWIV letztlich nur um ein hybrides Kooperationsinstrument handelt (→ 44.1 ff., 44.12) und die Europäische Aktiengesellschaft weiterhin in weiter Ferne schien (→ 45.2), war dies ein großer Wurf. Mit dem Beitritt von Portugal und Spanien zum 1.1.19867 wurde der Anwen5.26 dungsbereich des europäischen Gesellschaftsrechts erneut erweitert. Die im selben Jahr verabschiedete Einheitliche Europäische Akte8, die zum 1.7.1987 in Kraft trat, schuf außerdem in Anknüpfung an das im Weißbuch von 1985 (→ 5.24) mit Art. 100a, 100b (heute: Art. 114 AEUV, → 2.9 ff.) eine neue Kompetenzgrundlage für Maßnahmen zur Rechtsangleichung, die die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben (sog. Binnenmarktkompetenz). In der Folgezeit begann die Kommission damit, das im Weißbuch von 1985 5.27 (→ 5.24) aufgestellte Maßnahmenprogramm abzuarbeiten: Im Juli 1986 präsentierte sie einen Vorschlag für eine 11. (Zweigniederlassungs-)RL (ZNRL) (→ 26.2), 1987 folgten Vorentwürfe für die 13. (Übernahme)-RL (Takeover Bids Directive – TBD)

4  KOM(85) 310. 5  Vgl. KOM(85) 310, Rn. 17. 6  Vgl. KOM(85) 310, Rn. 65 ff.; Hopt ZIP 1998, 96, 97. 7  Beitrittsvertrag von Spanien und Portugal, ABlEG v. 15.11.1985, L 302. 8  Einheitliche Europäische Akte, ABlEG v. 29.6.1987, L 169/1.

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(→ 28.2) sowie eine Liquidations-RL (→ 9.50) und 1988 ein geänderter Vorschlag für die ZNRL (→ 26.2) sowie ein Vorschlag für die 12. (Einpersonengesellschafts-)RL (EpGRL) (→ 27.2). Nach Vorlage weiterer überarbeiteter Entwürfe (→ 26.2, 27.2) konnten die ZNRL (→ 26) und die EpGRL (→ 27) dann am 21.12.1989 verabschiedet werden. Der „Richtlinienstau“ schien damit zunächst gebrochen. In den Jahren 1989 bis 1992 folgten daher auch eine ganze Reihe weiterer Vorschläge: Bereits im Februar 1989 war ein erster offizieller Vorschlag für die Takeover Bids Directive (TBD) (→ 28.2) präsentiert worden. Im Oktober 1989 startete die Kommission einen neuen Anlauf für die Europäische Aktiengesellschaft: Der neue Vorschlag für eine SE-VO war aufgrund der Ausklammerung zahlreicher Rechtsbereiche sowie umfänglicher Verweise auf das nationale Recht deutlich schlanker; die Arbeitnehmerbeteiligung wurde in einen separaten Vorschlag für eine SE-RL ausgelagert (→ 45.3). Im Mai 1991 folgten revidierte Versionen (→ 45.3) Wieder aufgegriffen wurde zudem das Projekt einer 5. (Struktur-)RL: Hierfür legte die Kommission im Dezember 1990 einen dritten und im November 1991 einen vierten geänderten Entwurf vor (→ 9.47) Im März 1992 wurden außerdem Vorschläge für gleich drei weitere europäische Rechtsformen präsentiert: Die Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea − SCE) (→ 46), den Europäischen Verein (EuV) und die Europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft (EuGGes), 1993 folgten geänderte Entwürfe (→ 10.9). Letztlich konnte jedoch (jedenfalls zunächst) keiner der ambitionierten Vorschläge realisiert werden. Konsens erzielt werden konnte lediglich über eine kleine Änderung der KapRL im November 1992 (→ 19.5).

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IV.  Der Vertrag von Maastricht und die „Krise“ Mitte der 1990er Jahre Hintergrund war zum einen, dass die schon zuvor neuralgischen Punkte der verschie- 5.33 denen Legislativprojekte (Mitbestimmung, Organisationsverfassung, Konzernrecht) auch weiterhin zu Kontroversen führten. Zudem hatte die ausdrückliche Verankerung des Subsidiaritätsprinzips in Art. 3b EGV9 durch den Vertrag von Maastricht10 zum Aufflammen einer allgemeinen Debatte über die Reichweite von Harmonisierungsmaßnahmen im Allgemeinen und im europäischen Gesellschaftsrecht im Besonderen geführt.11 Die Kommission sagte im Rahmen der vom Europäischen Rat Ende 1992 verabschiedeten Leitlinien zur Subsidiarität zu, alle bestehenden und

  9  Vgl. dazu etwa Schmidtbauer/Hitzler NVwZ 1992, 720 ff.; Möschel NJW 1993, 3025 ff.; Schmidhuber DVBl. 1993, 417 ff. 10  Vertrag über die Europäische Union, unterzeichnet zu Maastricht am 7.2.1992, ABlEG v. 29.7.1992, C 191/1. 11  Vgl. auch Hopt ZIP 1998, 96, 97.

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vorgeschlagenen Rechtsvorschriften künftig im Lichte des Subsidiaritätsprinzips zu überprüfen.12 Fast zeitgleich erfolgte zudem erneut eine geographische Ausdehnung. Mit der Gründung des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) durch das EWR-Abkommen v. 2.5.199213 wurde der (potentielle) Anwendungsbereich des europäischen Gesellschaftsrechts auf die EWR-Mitgliedstaaten erweitert, zum 1.1.1994 auf Island und Norwegen (sowie Österreich, Finnland und Schweden, für die das EWR-Abkommen aufgrund ihres Beitritts zur EU zum 1.1.1995 [→ 5.35] allerdings heute nur noch marginale Relevanz hat), zum 1.5.1995 auf Liechtenstein14. Im Rahmen der weitgehenden Übernahme des acquis communautaire durch das EWR-Abkommen wurde insbesondere auch der Anwendungsbereich von PubRL (→ 18), KapRL (→ 19), FusRL (→ 20), SpRL (→ 21), 4. (Bilanz-)RL (→ 23.4 ff.), 7. (Konzernbilanz-)RL (→ 23.5 ff.), 8. (Abschlussprüfer-)RL (→ 25.3), ZNRL (→ 26), EpGRL (→ 27) sowie der EWIVVO (→ 44) auf die EWR-Staaten ausgedehnt (vgl. Art. 77 EWRV und Anhang XXII – Gesellschaftsrecht). Spätere europäische Rechtsakte werden nicht automatisch Teil des EWR-acquis, sondern müssen durch einen Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses in den einschlägigen Anhang des EWR-Abkommens – bei gesellschaftsrechtlichen Rechtsakten also Anhang XXII – aufgenommen werden (vgl. Art. 97 f. EWRV); dies ist aber bislang bei (fast) allen gesellschaftsrechtlichen Rechtsakten erfolgt bzw. in Vorbereitung. Österreich, Finnland und Schweden blieben allerdings – wie dargelegt − letztlich nur ein Jahr auf eine Rolle als bloße EWR-Staaten beschränkt; zum 1.1.1995 erfolgte ihr Beitritt zur EU.15 Ungeachtet dieser neuen primärrechtlichen und geographischen Rahmenbedingungen bemühte sich die Kommission weiterhin, ihre ehrgeizigen Projekte in die Tat umzusetzen. Im Hinblick auf das Projekt einer 5. (Struktur-)RL ließ sie 1996 von Ernst & Young einen Bericht mit neuen Vorschlägen ausarbeiten (→ 9.48). Zur Harmonisierung des Übernahmerechts legte sie 1996 einen grundlegend überarbeiteten und nun explizit als „Rahmen-Richtlinie“ konzipierten neuen Vorschlag für eine Takeover Bids Directive (TBD) vor, 1997 folgte eine nochmals revidierte Fassung (→ 28.3). Außerdem wurde im April 1997 ein Vorentwurf für eine 14. (Sitzverlegungs-)RL präsentiert, im November folgte eine leicht modifizierte Fassung (→ 30.5 ff.). Ganz gezielt in Angriff genommen wurde aber vor allem auch die Problematik der Arbeitnehmerbeteiligung und Mitbestimmung, die sich bei den verschiedensten Projekten − speziell aber in Bezug auf das Flaggschiff-Projekt der SE − immer wieder als Hemmschuh erwiesen hatte (→ 5.23, 5.33). Insoweit sah die Kommission dringenden

12  Vgl. Europäischer Rat in Edinburgh am 11./12.12.1992, Schlussfolgerungen, Pressemitteilung 13/12/1992. 13  Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, ABlEG v. 3.1.1994, L 1/3. 14  Das Anpassungsprotokoll zum EWR-Abkommen wurde erst am 9.4.1995 vom liechtensteinischen Volk genehmigt, sodass das Land m.W.v. 1.5.1995 beitreten konnte. 15  Beitrittsvertrag von Österreich, Finnland und Schweden, ABlEG v. 29.8.1994, C 241.

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Bedarf für einen neuen Gemeinschaftsansatz16. Sie setzte daher eine Sachverständigengruppe unter dem Vorsitz von Etienne Davignon ein, welche in ihrem abschließenden Bericht 1997 (sog. Davignon-Bericht) ein äußerst innovatives Modell – Vorrang von Verhandlungen und subsidiäre Auffangregelung – präsentierte (→ 45.4) und damit einen ganz entscheidenden Impuls für die weitere Rechtsentwicklung lieferte.

V.  „Wiedergeburt“ mit der Jahrtausendwende Es dauerte dann aber doch noch einige Jahre, bis tatsächlich ein entscheidender Durchbruch erzielt werden konnte. Erste Kompromissvorschläge der luxemburgischen und dann der britischen Ratspräsidentschaft für die SE auf der Basis des Davignon-Berichts (→ 5.37) scheiterten 1997/98 zunächst am Widerstand Spaniens (→ 45.5). Mit dem Centros-Urteil v. 9.3.1999 kam dann jedoch zunächst überraschend ein wichtiges Signal in Richtung Niederlassungsfreiheit vom EuGH, dessen Bedeutung anfänglich indes noch durchaus unterschiedlich eingeschätzt wurde (→ 7.19 ff.). Mit der Verabschiedung der Europäischen Insolvenzverordnung (EuInsVO) am 29.5.2000 wurde im angrenzenden Bereich des Europäischen Insolvenzrechts ein wichtiger Markstein gesetzt (→ 17.1). Bei der Ratssitzung am 20.12.2000 kam es dann zum berühmten „Wunder von Nizza“: Es konnte nach jahrzehntelangem Ringen endlich ein politischer Konsens über die Europäische Aktiengesellschaft erzielt werden, der es ermöglichte, SE-VO und SE-RL am 8.10.2001 offiziell zu verabschieden (→ 45.5). Nach Inkrafttreten von SE-VO und Ablauf der Umsetzungsfrist für die SE-RL konnte dann am 8.4.2004 tatsächlich die erste Europäische Aktiengesellschaft das Licht der Welt erblicken (→ 45.9). In der Praxis hat sich die SE inzwischen auch als attraktive Rechtsformalternative etabliert (→ 45.9). Ihre „Geburtsstunde“ markierte zugleich in gewissem Sinne die „Wiedergeburt“ des europäischen Gesellschaftsrechts. Bereits im Februar 2001 hatte die Kommission mit der Vorlage eines Vorschlags für die IFRS-VO eine neue Ära im Bereich der Rechnungslegung eingeläutet (→ 24.3). Die dann nur knapp ein Jahr später am 19.2.2002 verabschiedete IFRS-VO verpflichtet kapitalmarktorientierte Gesellschaften, ihren konsolidierten Abschluss für alle am oder nach dem 1.1.2005 beginnenden Geschäftsjahre nach den ins Unionsrecht integrierten International Financial Reporting Standards (IFRS) aufzustellen (→ 24). Nicht zuletzt angespornt von diesen Erfolgen setzte die Kommission Ende 2001 eine High Level Group of Company Law Experts (Winter-Gruppe) ein, deren Bericht zum Übernahmerecht vom Januar 2002 die Grundlage für den im Oktober 2002 vorgelegten neuen Vorschlag für eine Takeover Bids Directive (TDB) bildete (→ 28.4). In ihrem am 4.11.2002 vorgelegten Abschlussbericht präsentierte die Win-

16 Mitteilung der Kommission zur Information und Konsultation der Arbeitnehmer, KOM(95) 547, S. 6 ff.

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ter-Gruppe darüber hinaus einen umfangreichen Katalog von Empfehlungen für die allgemeine Fortentwicklung des europäischen Gesellschaftsrechts (→ 13.3). Nur einen Tag später, am 5.11.2002 kam mit dem Überseering-Urteil ein neuer „Hammerschlag“ des EuGH zugunsten der Niederlassungsfreiheit (→ 7.23 ff.). Den endgültigen „Dammbruch“ brachte dann das Inspire Art-Urteil vom 30.9.2003 (→ 7.27 ff.). Es bildete den krönenden Abschluss der inzwischen legendären Entscheidungstrias Centros – Überseering – Inspire Art, mit der der Gerichthof für Zuzugsfälle de facto das „Herkunftslandprinzip“ („europarechtliche Gründungstheorie“) etabliert hat (→ 7.64). Am 21.5.2003 legte die Kommission gleich zwei Aktionspläne vor: Der Aktionsplan zur Abschlussprüfung verstand sich vor allem als Reaktion auf den Zusammenbruch von Enron und weitere Bilanzskandale (→ 25.5). Der Aktionsplan zum Gesellschaftsrecht (Aktionsplan 2003) lehnte sich eng an die Empfehlungen der High Level Group (→ 5.41) an und enthielt einen Katalog von insgesamt 24 kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der EU. Er markierte vom Grundansatz her ganz offiziell – den schon seit längerem absehbaren – endgültigen Abschied vom ursprünglichen Gedanken der „Vollharmonisierung“ und den Übergang zum neuen Grundkonzept einer Konzentration auf Kernpunkte (→ 13.4).17 Im Juli 2003 wurde mit der Verabschiedung von SCE-VO und SCE-RL eine weitere europäische Rechtsform geschaffen, diesmal speziell für Genossenschaften (→ 46); in der Praxis fand die SCE indes bislang wenig Anklang (→ 46.5). Im November 2003 wagte die Kommission außerdem einen neuen Anlauf für eine Richtlinie über grenzüberschreitende Verschmelzungen und legte einen neuen Vorschlag für eine Cross-Border Mergers Directive (CBMD) vor (→ 22.2). Zum 1.1.2004 erlebte die EU durch den Beitritt von insgesamt 10 neuen Mitgliedstaaten (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern) ihre bislang größte Erweiterung (sog. EU-Osterweiterung) von 15 auf nunmehr 25 Mitgliedstaaten.18 Anknüpfend an den Aktionsplan 2003 (→ 5.43) legte die Kommission am 16.3.2004 einen Entwurf für eine neue und erheblich erweiterte Abschlussprüfer-RL (APRL) vor (→ 25.5). Ein großer Erfolg war aber insbesondere, dass am 21.4.2004 nach langem Ringen endlich die Takeover Bids Directive (TBD) (→ 28) verabschiedet werden konnte (→ 28.4). Anknüpfend an den Aktionsplan 2003 (→ 5.43) wurde die Kommission zudem im Bereich der Corporate Governance tätig: Sie verabschiedete im Dezember 2004 die Empfehlung 2004/913/EG zur Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung börsennotierter Gesellschaften (→ 13.6, 13.72 ff.) und im Februar 2005 die Emp17  Vgl. auch Armour/Ringe (2011) 48 C.M.L. Rev. 125, 150; Habersack NZG 2004, 1, 3; ders. ZIP 2006, 445, 447; Hopt ZIP 2005, 461, 463; ders. FS Röhricht, 2005, S. 235, 238; Merkt RIW 2004, 1, 2, 5; Weber-Rey ECFR 2007, 370, 837. 18  Beitrittsvertrag der Tschechischen Republik, Estlands, Zyperns, Lettlands, Litauens, Ungarns, Maltas, Polens, Sloweniens und der Slowakei, ABlEU v. 23.9.2003, L 236.

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fehlung 2005/162/EG zu den Aufgaben von nicht geschäftsführenden Direktoren/ Aufsichtsratsmitglieder börsennotierter Gesellschaften sowie zu den Ausschüssen des Verwaltungs-/Aufsichtsrats (→ 13.7, 13.35 f., 13.40, 13.49, 13.52, 13.63 ff.). 2005 war aber vor allem das Jahr der grenzüberschreitenden Verschmelzung: Am 26.10.2005 wurde die Cross-Border Mergers Directive (CBMD) verabschiedet (→ 22.2) und nur knapp zwei Monate später entschied der EuGH in seinem Urteil vom 13.12.2005 in der Rs. Sevic, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit erfasst ist (→ 7.31 ff.). Anfang 2006 wurde im Anschluss an umfangreiche Konsultationen mit der Vorlage des Entwurfs für die Aktionärsrechte-RL (ARRL) ein weiteres Prestigeprojekt in Angriff genommen (→ 29.1). Am 17.5.2006 wurde die neue Abschlussprüfer-RL (APRL) verabschiedet (→ 25.5 ff.). Mit der RL 2006/68/EG v. 6.9.2006 erfolgte zudem eine bedeutsame Novellierung der KapRL (→ 19.6). Sie beschränkte sich allerdings – ungeachtet der speziell seit Ende der 1990er Jahre immer wieder nachdrücklich vorgebrachten Forderungen nach einer „Totalrevision“ der KapRL – bewusst auf eine punktuelle Deregulierung (→ 19.6). Zumindest einstweilen beendet wurde die kontroverse Debatte um eine „Totalrevision“ (→ 19.38 ff.) allerdings erst 2008, als die Kommission nach Vorlage einer Durchführbarkeitsstudie erklärte, dass sie erst einmal keine weiteren Änderungen der KapRL plane (→ 19.41). Jedenfalls vorerst begraben wurden aber auch zwei andere Projekte: Die Vorschläge für einen Europäischen Verein (EuV) und für eine Europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft (EuGGes) wurden 2006 offiziell zurückgenommen (→ 10.9). Zum 1.1.2007 wuchs die EU durch den Beitritt von Rumänien und Bulgarien auf 27 Mitgliedstaaten an.19 Anfang 2007 lancierte die Kommission in einer Mitteilung zur Vereinfachung des Unternehmensumfelds die Idee, zentrale gesellschaftsrechtliche Richtlinien – speziell die FusRL (→ 20), die SpRL (→ 21), die KapRL (→ 19) und die EpGRL (→ 27) – ganz oder teilweise aufzuheben.20 Diese Idee stieß jedoch zu Recht auf vehementen Widerstand und wurde daher schnell wieder begraben.21 Letztlich beschränkte man sich vielmehr auf eine Novellierung der FusRL (→ 20) und der SpRL (→ 21) durch die RL 2007/63/EG v. 13.11.2007 (→ 20.4, 21.4). Ein großer Triumph des Jahres 2007 war aber vor allem die Verabschiedung der Aktionärsrechte-RL (ARRL) am 11.7.2007, mit der zentrale Aspekte des Rechts der Hauptversammlung von börsennotierten AG harmonisiert wurden (→ 29) und die damit letztlich doch noch zumindest wesentliche Komponenten des gescheiterten Projekts einer 5. (Struktur-)RL (→ 9.47 f.) realisierte (→ 29.2).

19  Beitrittsvertrag von Bulgarien und Rumänien, ABlEU v. 21.6.2005, L 157. 20  Mitteilung der Kommission über ein vereinfachtes Unternehmensumfeld in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Rechnungslegung und Abschlussprüfung, KOM(2007) 394, 3.1.1. 21 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 457 m.w.N.

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Im Juni 2008 präsentierte die Kommission − allerdings erst, nachdem sie dieses bereits im Aktionsplan 2003 (→ 5.43) angekündigte Projekt jahrelang immer wieder verschoben hatte (→ 47.4) − im Rahmen des „Small Business Act“ einen Vorschlag für eine Verordnung über eine Europäische Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea – SPE), mit der eine „Europa-GmbH“ speziell für KMU – aber auch als Konzernbaustein – geschaffen werden sollte (→ 47.2 ff.). Für Aufsehen sorgte Ende 2008 das Urteil des EuGH in der Rs. Cartesio, in dem 5.55 der EuGH – entgegen den Schlussanträgen des GA Maduro − judizierte, dass der „Wegzug“ (genauer: die Verlegung des Verwaltungssitzes in einen anderen Mitgliedstaat unter Beibehaltung der Eigenschaft als Gesellschaft nach dem nationalen Recht des Gründungsstaats) nicht durch die Niederlassungsfreiheit geschützt ist (→ 7.36 ff.). In einem später durch das VALE-Urteil v. 12.7.2012 (→ 5.66, 7.46 ff.) bestätigten obiter dictum unterstellte der Gerichtshof jedoch den grenzüberschreitenden Formwechsel dem Schutz durch die Niederlassungsfreiheit. 5.54

VI.  Neuausrichtung nach der Finanzkrise 5.56 Die globale Finanzkrise 2007/08 war zwar speziell für das Europäische Kapitalmarktrecht, ebenso aber auch für das Europäische Gesellschaftsrecht ein „Weckruf“, der eine ganze Reihe von Problemen ans Tageslicht brachte und Anstoß zu zahlreichen neuen legislatorischen Maßnahmen gab. Signifikante Einflüsse auf die weitere Entwicklung hatten aber auch die neuen 5.57 primärrechtlichen Rahmenbedingungen infolge des Inkrafttretens des Lissabon-Vertrags22 am 1.12.2009. 5.58 Als unmittelbare Reaktion auf die Finanzkrise verabschiedete die Kommission am 30.4.2009 zwei neue Empfehlungen zur Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung: eine für alle börsennotierten Gesellschaften und eine speziell für den Finanzdienstleistungssektor (→ 13.9, 13.44, 13.66, 13.68, 13.72 ff., 13.80, 13.85, 13.92). 5.59 Im Rahmen des allgemeinen Programms zur Kodifizierung des acquis communautaire erfolgte am 16.9.2009 eine Kodifizierung der PubRL (→ 18.6). Am selben Tag wurde die RL 2009/109/EG verabschiedet, mit der die Dokumentations- und Berichtspflichten in der KapRL (→ 19), FusRL (→ 20), SpRL (→ 21) und CBMD (→ 22) modernisiert, vereinheitlicht und partiell dereguliert wurden (→ 19.8, 20.4, 21.4, 22.7). Als Konsequenz aus der Finanzkrise sah die Kommission aber vor allem im Be5.60 reich der Corporate Governance noch weiteren Handlungsbedarf: Am 2.6.2010 präsentierte sie ein Grünbuch „Corporate Governance in Finanzinstituten und Vergütungspolitik“ (Grünbuch 2010) (→ 13.11). und am 5.4.2011 ein Grünbuch „Europäischer Corporate Governance-Rahmen“ (Grünbuch 2011) (→ 13.11). Über den Bereich der Corporate Governance hinaus erschien es der Kommission 5.61 jedoch an der Zeit, ganz allgemein über die zukünftige Entwicklung des europäischen

22  Vertrag von Lissabon v. 13.12.2007, ABlEU v. 17.12.2007, C 306.

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Gesellschaftsrechts nachzudenken: Sie setzte daher Ende 2010 eine Reflection Group ein, die am 5.4.2011 einen Bericht mit umfangreichen Empfehlungen für ein ganzes Spektrum von Maßnahmen vorlegte (→ 13.12). Reformbedarf sah man aber auch im Bereich des Bilanzrechts: Anknüpfend an bereits 2009 gestartete Vorarbeiten legte die Kommission am 25.10.2011 einen Vorschlag für eine Reform und Ersetzung der 4. (Bilanz-)RL und der 7. (Konzernbilanz-RL) durch eine neue einheitliche EU-Bilanz-RL vor (→ 23.8). Daneben wurde auch das Kodifizierungsprogramm vorangetrieben: Am 5.4.2011 wurde die FusRL kodifiziert (→ 20.5), am 25.10.2012 wurde die KapRL neu gefasst (de facto allerdings ebenfalls nur kodifiziert, → 19.9). Am 8.2.2012 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung über die Europäische Stiftung (Fundatio Europaea – FE) vor (→ 10.11 ff.), der dann allerdings 2015 zurückgenommen wurde, weil er nicht konsensfähig war (→ 10.13). Am 13.6.2012 wurde die BRIS-RL zur Schaffung eines Business Registers Interconnection System (BRIS) verabschiedet (→ 5.73, 18.7). Am 12.7.2012 setzte der EuGH mit seinem Urteil in der Rs. Vale einen weiteren bedeutenden Schritt für die Mobilität von Gesellschaften: Er bestätigte unmissverständlich und eindeutig die schon im SEVIC-Urteil (→ 5.49, 7.31 ff.) angedeutete und im Cartesio-Urteil (→ 5.55, 7.36 ff.) zwar ausdrücklich, aber eben nur obiter getroffene Feststellung, dass auch der grenzüberschreitende Formwechsel (die grenzüberschreitende statutenwechselnde Sitzverlegung) vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49, 54 AEUV erfasst wird (→ 7.46 ff.). Am 14.11.2012 legte die Kommission anknüpfend an Überlegungen in den Grünbüchern (→ 5.60) einen Vorschlag für eine RL zur Geschlechterbalance vor, der allerdings bei Drucklegung noch immer nicht verabschiedet war (→ 13.13, 13.60 f.). Die mit der Einsetzung der Reflection Group (→ 5.61) gestartete neue Phase der Harmonisierung mündete in den von der Kommission am 12.12.2012 präsentierten „Aktionsplan Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate Governance – ein moderner Rechtsrahmen für engagiertere Aktionäre und besser überlebensfähige Unternehmen“ (Aktionsplan 2012), der neben vielen kerngesellschaftsrechtlichen auch zahlreiche Maßnahmen im Bereich der Corporate Governance vorsah (→ 13.14). Am selben Tag wurde auch ein Vorschlag zur Änderung der EuInsVO vorgestellt (→ 17.5). Mit dem Beitritt Kroatiens23 zum 1.1.2013 wuchs die EU auf nunmehr 28 Mitgliedstaaten. Das europäische Gesellschaftsrecht gilt seitdem in 31 Staaten Europas (28 EU-Staaten und 3 EWR-Staaten). Am 26.6.2013 wurde – nach teils durchaus kontroversen Beratungen − die neue EU-Bilanz-RL verabschiedet; sie brachte nicht nur eine Konsolidierung der EU-Bilanzvorschriften in einem einheitlichen Rechtsakt, sondern auch eine ganze Reihe von Neuerungen und Modifikationen (→ 23.8 ff.). Am 12.3.2014 verabschiedete die Kommission die Empfehlung 2014/135/EU für einen neuen Ansatz im Umgang mit unternehmerischem Scheitern und Unterneh-

23  Vertrag über den Beitritt Kroatiens, ABlEU v. 24.4.2012, L 112.

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§ 5 Historische Entwicklung des Europäischen Gesellschaftsrechts

mensinsolvenzen (→ 17.10, 17.97 ff.). Einen großen Wurf unternahm die Kommission dann mit dem am 9.4.2014 in Anknüpfung an den Aktionsplan 2012 (→ 5.68) präsentierten Paket zur Optimierung des Unternehmensumfelds; es bestand aus: (i) einem Vorschlag zur Änderung der ARRL, der dann 2017 verabschiedet wurde (→ 5.73, 29.5), (ii) der „Comply or Explain“-Empfehlung 2014/208/EU (→ 13.16, 13.32 f.) und (3) einem Vorschlag für eine Neufassung der EpGRL und Schaffung einer Societas Unius Personae (SUP) (→ 27.5, 47.1, 47.91 ff.). Im Gegenzug wurde der Vorschlag für eine SPE (→ 5.54, 47.1 ff.) zurückgenommen (→ 47.6). Durch die am 22.14.2014 verabschiedete CSR-RL wurden bestimmte große Unternehmen und Konzerne zur Aufnahme einer Erklärung zur Corporate Social Responsibility (CSR) in den (Konzern-)Lagebericht verpflichtet (→ 23.10, 23.37, 23.50). Am 20.5.2015 wurde die Neufassung der EuInsVO (EuInsVO 2015) verabschie5.71 det, die u.a. erstmals auch spezielle Vorschriften für Konzerninsolvenzen enthält (→ 17.5 ff., 17.13 ff.). Am 3.12.2015 präsentierte die Kommission einen Vorschlag für die Kodifizierung und Konsolidierung von PubRL (→ 18), KapRL (→ 19), FusRL (→ 20), SpRL (→ 21), CBMD (→ 22) und ZNRL (→ 26) zu einer einheitlichen Gesellschaftsrechts-RL (GesRRL)24, der dann 2017 verabschiedet wurde (→ 5.73). Für einigen Wirbel sorgte das Urteil des EuGH in der Rs. Kornhaas v. 10.12.2015 (→ 7.56 ff.); ob man ihm tatsächlich – wie teils angenommen – eine bahnbrechende Neukonturierung des Schutzbereichs der Niederlassungsfreiheit entnehmen kann, erscheint indes mehr als fraglich (→ 7.59). Nachdem die Empfehlung 2014/135/EU (→ 5.70, 17.10, 17.97 ff.) nicht die er5.72 hoffte Harmonisierung erreicht hatte, legte die Kommission am 22.11.2016 einen Vorschlag für eine Unternehmensinsolvenz-RL (UntInsRL) vor (→ 17.11, 17.110 ff.). Nach teils äußerst kontroversen Beratungen wurde am 17.5.2017 die RL (EU) 5.73 2017/828 zur Änderung der ARRL verabschiedet, die zu einer wesentlichen Erweiterung des Regelungsbereichs der ARRL führte (→ 29.5). Am 8.6.2017 wurde das auf der Basis der BRIS-RL (→ 5.65, 18.7) geschaffene neue Business Registers Interconnection System (BRIS) freigeschaltet (→ 18.7, 18.17, 26.4, 26.75, 26.95). Mit der am 14.6.2017 verabschiedeten GesRRL wurden PubRL (→ 18), KapRL (→ 19), FusRL (→ 20), SpRL (→ 21), CBMD (→ 22) und ZNRL (→ 26) m.W.v. 20.7.2017 zu einer einheitlichen Gesellschaftsrechts-RL konsolidiert; inhaltliche Änderungen waren damit jedoch nicht verbunden (→ 18.8, 19.12., 20.7, 21.5, 22.10, 26.5).

24  Vorschlag für eine RL des EP und des Rates über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (kodifizierter Text), COM(2015) 616. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1924 f.; Drygala/von Bressendorf NZG 2016, 1161, 1168; Kindler DNotZ-Sonderheft 2016, 75, 76 f.; Stiegler AG 2016, R48 ff.; Verse/Wiersch EuZW 2016, 330, 337.

§ 6 Die Anerkennung von Gesellschaften in Europa

§ 6 Die Anerkennung von Gesellschaften in Europa

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Die in § 4 erörterten Formen und Möglichkeiten der Niederlassung − insbesondere 6.1 von juristischen Personen des Handelsrechts aus dem EU/EWR-Ausland in Deutschland und aus Deutschland in anderen EU/EWR-Mitgliedstaaten − könnten in der dargestellten Weise nicht so problemlos funktionieren, wenn die ausländische Gesellschaft Schwierigkeiten mit ihrer Anerkennung als juristische Person (oder jedenfalls als selbstständige Trägerin von Rechten und Pflichten wie oHG und KG) hätte. Denn dann müsste sie bei allen Konflikten im betreffenden Ausland fürchten, als de lege gar nicht existent angesehen zu werden. Aus diesen Gründen war schon sehr früh (1968) von den damals noch 6 Mitgliedstaaten der EWG ein Abkommen über die wechselseitige Anerkennung von Gesellschaften ausgearbeitet und unterzeichnet, aber nie ratifiziert worden (→ 7.8 ff.). Immerhin wurden aber die Regeln zur Registrierung bzw. Hinterlegung und Publizierung von Gründungsurkunden/Statuten bereits 1968 durch die PubRL (→ 18.13 ff.) angeglichen, sodass Instrumente zum Nachweis der Existenz dieser Gebilde heute überall zur Verfügung stehen (z.B. in Deutschland: Auszug aus dem Handelsregister). Deutsche Personenhandelsgesellschaften (oHG und KG) und deutsche juristische Personen des Handelsrechts wie AG, GmbH und Genossenschaft werden heute – vorausgesetzt sie sind im Handels-/Genossenschaftsregister eingetragen – im EU/EWR-Ausland ebenso fraglos anerkannt, wie es das deutsche Recht mit ausländischen Gesellschaften aus EU/EWR-Mitgliedstaaten heute tut. Diese Praxis wird durch Art. 49, 54 AEUV bzw. Art. 31, 34 EWRV abgesichert: 6.2 Gesellschaften, die in einem Mitgliedstaat und nach dessen Regeln Rechtsfähigkeit oder zumindest die Fähigkeit erlangt haben, Träger von Rechten und Pflichten zu sein (wie z.B. oHG und KG), müssen nach diesen Vorschriften in jedem anderen EUund EWR-Mitgliedstaat als rechtsfähig angesehen und behandelt werden. Dies hat der EuGH in der Überseering-Entscheidung (→ 7.23 ff.) klar und deutlich judiziert: Eine Gesellschaft, die in einem EU-Mitgliedstaat wirksam gegründet worden ist und dort ihren satzungsmäßigen Sitz hat, genießt aufgrund der Art. 49, 54 AEUV das Recht, als Gesellschaft des Gründungsrechts in anderen Mitgliedstaaten der EU von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch zu machen. Eine pauschale Nichtanerkennung der Gesellschaft und das damit verbundene Erfordernis, die Gesellschaft im EU-Mitgliedstaat neu zu gründen, wurde vom EuGH als mit der Niederlassungsfreiheit unvereinbar erklärt, weil das einer Negierung der Niederlassungsfreiheit gleichkäme. Dies entspricht inzwischen auch der Praxis der deutschen Gerichte, die Auslandsgesellschaften aus diesen Ländern nun problemlos als Kläger und Beklagte akzeptieren (→ 7.65 f.). Im Geltungsbereich des AEUV und EWRV bedürfen Gesellschaften folglich keiner besonderen Anerkennung. Sie müssen ihre Existenz ggf. durch einen entsprechenden Auszug aus dem für sie zuständigen Register nachweisen – mehr nicht. Sie leben dann innerhalb der EU und des EWR an jedem Ort nach ihrem Heimatrecht.

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§ 7 Grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften

§ 7 Grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften Literatur: Autenne, Alexia/Navez, Edouard-Jean, Cartesio – Les contour incertains de la mobilité transfrontalière des sociétés revisités, RTD com. 2009, 91; Bayer, Walter, Grenzüberschreitende Mobilität europäischer und nationaler Rechtsformen − aktuelle Entwicklungen und Perspektiven, in: Bergmann, Alfred u.a. (Hrsg.), 10 Jahre SE. Erreichter Stand – verbleibende Anwendungsfragen – Perspektiven, 2015, S. 230; Bayer, Walter/Schmidt, Jessica, Das Vale-Urteil des EuGH: Die endgültige Bestätigung der Niederlassungsfreiheit als „Formwechselfreiheit“, ZIP 2012, 1481; dies., Grenzüberschreitende Sitzverlegung und grenzüberschreitende Restrukturierungen nach MoMiG, Cartesio und Trabrennbahn. Europäischer Rahmen, deutsche lex lata und rechtspolitische Desiderata, ZHR 173 (2009) 735; Behme, Caspar, Rechtsformwahrende Sitzverlegung und Formwechsel von Gesellschaften über die Grenze, 2015; ders., Der grenzüberschreitende Formwechsel von Gesellschaften nach Cartesio und Vale, NZG 2012, 936; Behrens, Peter, Anmerkung zum Urteil des EuGH vom 12.07.2012 (C-378/10, EuZW 2012, 621) – Zur Niederlassungsfreiheit bei grenzüberschreitender Umwandlung von Gesellschaften, EuZW 2012, 625; Biermeyer, Thomas, Shaping the space of cross-border conversions in the EU. Between right and autonomy: VALE Építési kft, (2013) 50 C.M.L. Rev. 571; Böttcher, Leif/Kraft, Julia, Grenzüberschreitender Formwechsel und tatsächliche Sitzverlegung – Die Entscheidung VALE des EuGH, NJW 2012, 2701; Braun, Dominik, Der grenzüberschreitende Rechtformwechsel von Gesellschaften im Lichte des Konzepts und der Dogmatik der Niederlassungsfreiheit, DZWiR 2012, 411; Bungert, Hartwin/Schneider, Christof Alexander, Grenzüberschreitende Verschmelzung unter Beteiligung von Personengesellschaften, in: Baums, Theodor/Hutter, Stephan (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Michael Gruson, 2009, S. 37; Conac, Pierre-Henri, La CJUE reconnaît le transfert international de siège et ouvre la voie à une directive, D. 2012, 3009; Drygala, Tim, Europäische Niederlassungsfreiheit vor der Rolle rückwärts?, EuZW 2013, 569; Ege, Reinhard/Klett, Sabine, Praxisfragen der grenzüberschreitenden Mobilität von Gesellschaften, DStR 2012, 2442; Franz, Tobias, Grenzüberschreitende Sitzverlegung und Niederlassungsfreiheit – eine systematische Betrachtung offener und geklärter Fragen, EuZW 2016, 930; Frenzel, Ralf, Grenzüberschreitender Formwechsel auch ohne Sitzungsverlegungsrichtlinie möglich, NotBZ 2012, 349; Haar, Brigitte, Binnenmarkt und europäisches Gesellschaftsrecht in der aktuellen Rechtsprechung des EuGH, GPR 2015, 238; Hermanns, Marc, Die grenzüberschreitende Sitzverlegung in der notariellen Praxis, MittBayNot 2016, 297; Hushahn, Johannes, Grenzüberschreitende Formwechsel im EU/EWR-Raum – die identitätswahrende statutenwechselnde Verlegung des Satzungssitzes in der notariellen Praxis –, RNotZ 2014, 137; Jaensch, Michael, Der grenzüberschreitende Formwechsel: Das EuGHUrteil VALE, EWS 2012, 353; Janisch, Gregor, Die grenzüberschreitende Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften in der Europäischen Union, 2015; Jennewein, Klaus, Grenzüberschreitende Sitzverlegung einer deutschen GmbH nach Osterreich, GesRZ 2016, 277; Kindler, Peter, Unternehmen im Binnenmarkt – Transparenz und Nachhaltigkeit. Transparenz und Mobilität – konfligierende Regelungsziele im Europäischen Gesellschaftsrecht?, DNotZ-Sonderheft 2016, 75; ders., Insolvenzrecht als Tätigkeitsausübungsregel, EuZW 2016, 136; ders., Der reale Niederlassungsbegriff nach dem VALE-Urteil des EuGH, EuZW 2012, 888; Kleba, Robert, Die grenzüberschreitende Spaltung von Kapitalgesellschaften aus deutscher Sicht, RNotZ 2016, 273; Klett, Sabine C., EuGH: Gleichbehandlung inländischer und grenzüberschreitender Umwandlungen, GWR 2012, 319; König, David C./Bormann, Jens, „Genuine Link“ und freie Rechtsformwahl im Binnenmarkt, NZG 2012, 1241; Krarup, Mathias, VALE: Determining the Need for Amended Regulation Regarding Free Movement of Companies within the EU, EBLR 2013, 691; Kruis, Ferdinand/Widmayer, Gerhard, Grenzüberschreitende Umstrukturierungen nach der „VALE“-Entscheidung des EuGH – Gesellschafts- und steuerrechtliche Perspektiven, CFL 2012, 349; Mankowski, Peter, Insolvenzrecht gegen Gesellschaftsrecht 2:0 im europäischen Spiel um § 64 GmbH, NZG 2016, 281; Menjucq, Michael, Transformation trans-

§ 7 Grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften

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frontalière: la CJUE poursuit son action militante pour pallier la carence de la Commission européenne!, JCP G 2012, 1089; Messenzehl, Eric/Schwarzfischer, Benjamin, EuGH: Sitzverlegung einer Gesellschaft innerhalb der EU unter Wechsel der Rechtsform, BB 2012, 2072; Mörsdorf, Oliver/Jopen, Christian, Anmerkung zum Urteil des EuGH vom 12.7.2012, Aktenzeichen: C-378/10 – Zur „Ob“ und „Wie“ eines grenzüberschreitenden Formwechsels innerhalb der Europäischen Union, ZIP 2012, 1398; Mörsdorf-Schulte, Inga-Maria, Grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften in der EU nach dem Vale-Urteil des EuGH, KSzW 2014, 117; Mutter, Stefan/Kruchen, Carsten, Anmerkung zum Urteil des EuGH vom 12.7.2012, Az. C-378/10 – Zum Hereinformwechsel, EWiR 2012, 541; Ringe, Wolf-Georg, Anmerkung zu einer Entscheidung des EuGH – Urteil vom 10.12.2015, Az. C-594/14 – Zur Anwendung von inländischem Insolvenzrecht auf EU-Auslandsgesellschaften, JZ 2016, 573; Roelofs, Erwin Ronald, Grensoverschrijdende juridische splitsing kapitaalvennootschappen, 2014; Roth, Günter H., Das Ende der Briefkastengründung? – Vale contra Centros, ZIP 2012, 1744; ders., Grenzüberschreitender Rechtsformwechsel nach VALE, in: Krieger, Gerd/Lutter, Marcus/ Schmidt, Karsten (Hrsg.), Festschrift für Miachel Hoffmann-Becking zum 70. Geburtstag, 2013, S. 965; ders., Die Sitztrennung im europäischen Gesellschaftsrecht nach Vale, in: Fitz, Hans u.a (Hrsg.), Festschrift für Hellwig Torggler, 2013, S. 1023; Roth, Wulf-Henning, Internationalprivatrechtliche Aspekte der Personengesellschaften, ZGR 2014, 168; Schall, Alexander, Grenzüberschreitende Umwandlungen der Limited (UK) mit deutschem Verwaltungssitz – Optionen für den Fall des Brexit, ZfPW 2016, 407; ders., Das Kornhaas-Urteil gibt grünes Licht für die Anwendung des § 64 GmbHG auf eine Limited mit Sitz in Deutschland – Alles klar dank EuGH!, ZIP 2016, 289; Schaper, Martin, Grenzüberschreitender Formwechsel und Sitzverlegung: Die Umsetzung der Vale-Rechtsprechung des EuGH, ZIP 2014, 810; Schmidt, Jessica, Cross-border mergers and divisions, transfers of seat: Is there a need to legislate?, PE 559.960; Scholz, Philipp, Neues zur Reichweite des Insolvenzstatuts, zur Niederlassungsfreiheit und zum Kompetenzgefüge im europäischen Kollisionsrecht, ZEuP 2016, 959; Schön, Wolfgang, Das System der gesellschaftsrechtlichen Niederlassungsfreiheit nach VALE, ZGR 2013, 333; Schönhaus, Mathias/Müller, Michael, Grenzüberschreitender Formwechsel aus gesellschafts- und steuerrechtlicher Sicht, IStR 2013, 174; Schröder, Jan/Fischer, Anne, Die Sitzverlegung von Versicherungsunternehmen innerhalb der Europäischen Union, VersR 2013, 686; Schwarz, Paloma, La transformation transfrontalière des sociétés dans l’Union européenne, JDE 2014, 139; Seibold, Birgit, Der grenzüberschreitende Herein-Formwechsel in eine deutsche GmbH – Geht doch!, ZIP 2017, 456; Stiegler, Sascha, Grenzüberschreitende Sitzverlegung nach deutschem und europäischem Recht, 2017; ders., Wirksamkeit eines Herausformwechsels aus Deutschland, GmbHR 2017, 392; Szabó, Dániel Gergely/Sørensen, Karsten Ensig, Cross-border conversion of companies in the EU: the impact of the VALE judgement, N&ECL 10-33; Teichmann, Christoph, Der grenzüberschreitende Formwechsel ist spruchreif: das Urteil des EuGH in der Rs. Vale, DB 2012, 2085; Thümmel, Max/Hack, Sebastian F., Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Personengesellschaften, Der Konzern 2009, 1; van Eck, Gerco C./Roelofs, Erwin R., Vale: Increasing Corporate Mobility from Outbound to Inbound Cross-Border Conversion?, (2012) 9 ECL 319; Verse, Dirk A., Niederlassungsfreiheit und grenzüberschreitende Sitzverlegung, ZEuP 2013, 458; Wachter, Thomas, Grenzüberschreitender Herein-Formwechsel in die deutsche GmbH, GmbHR 2016, 738; Wansleben, Till, Die feine Linie zwischen Gesellschafts- und Insolvenzstatut im Unionsrecht – EuGHUrteil „Kornhaas“, EWS 2016, 72; Weller, Marc-Philippe, Das autonome Unternehmenskollisionsrecht, IPRax 2017, 167; ders., Die Rechtsquellendogmatik des Gesellschaftskollisionsrechts, IPRax 2009, 202; ders., Internationales Unternehmensrecht 2010 – IPR-Methodik für grenzüberschreitende gesellschaftsrechtliche Sachverhalte −, ZGR 2010, 679; Weller, MarcPhilippe/Hübner, Leonhard, Anmerkung zu einer Entscheidung des EuGH, Urteil vom 10.12.2015 (C-594/14) – Zum Insolvenzstatut, NJW 2016, 225; Weller, Marc-Philippe/Rentsch, Bettina, Die Kombinationslehre beim grenzüberschreitenden Rechtsformwechsel – Neue Impulse durch das Europarecht, IPrax 2013, 530; Wicke, Hartmut, Zulässigkeit des grenzüberschreitenden Formwechsels, DStR 2012, 1756; Winter, Michael/Marx, Eric/De Decker, Nina,

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§ 7 Grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften

Von Paris nach Charlottenburg – zur Praxis grenzüberschreitender Formwechsel − Zugleich eine Anmerkung zu KG v. 21.3.2016 – 22 W 64/15, DStR 2016, 1997; Wohlrab, Stefan, Der grenzüberschreitende Formwechsel als Mittel der Mobilität im Binnenmarkt, GPR 2012, 316; Zwirlein, Susanne, Grenzüberschreitender Formwechsel – europarechtlich veranlasste Substitution im UmwG, ZGR 2017, 114. Rechtsprechung: EuGH: EuGH v. 27.9.1988, Daily Mail, C-81/87, ECLI:EU:C:1988:456 EuGH v. 9.3.1999, Centros, C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126 EuGH v. 5.11.2002, Überseering, C-208/00, ECLI:EU:C:2002:632 EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512 EuGH v. 11.3.2004, de Lasteyrie du Saillant, C-9/02, ECLI:EU:C:2004:138 EuGH v. 13.12.2005, SEVIC, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762 EuGH v. 16.12.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723 EuGH v. 29.11.2011, National Grid Indus, C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785 EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440 EuGH v. 10.12.2015, Kornhaas, C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806 Deutsche Gerichte: BGH v. 1.7.2002 − II ZR 380/00, NZG 2002, 1009 („Jersey“) BGH v. 30.3.2000 − VII ZR 370/98, NZG 2000, 926 („Überseering I“) BGH v. 13.3.2003 − VII ZR 370/98, NJW 2003, 1461 („Überseering II“) BGH v. 19.9.2005 − II ZR 372/03, NJW 2005, 3351 („Liechtenstein“) BGH v. 27.10.2008 − II ZR 158/06, BB 2009, 14 („Trabrennbahn“) BGH v. 8.10.2009 – IX ZR 227/06, GmbHR 2010, 211 BGH v. 13.4.2010 – 5 StR 428/09, NStZ 2010, 632 BGH v. 11.1.2011 – II ZR 157/09, NZG 2011, 273 BGH v. 12.7.2011 – II ZR 28/10, NZG 2011, 1114 BGH v. 3.12.2014 – IV ZB 9/14, NJW 2015, 623 BGH v. 8.9.2016 – III ZR 7/15, NZG 2016, 1187 BGH v. 22.11.2016 – II ZB 19/15, ZIP 2017, 421 („Bahamas“) OLG Nürnberg v. 19.6.2013 − 12 W 520/13, NZG 2014, 349 („Moor Park II“) KG v. 21.3.2016 – 22 W 64/15, NZG 2016, 834 7 OLG Frankfurt a.M. v. 3.1.2017 − 20 W 88/15, NZG 2017, 423

I.  Einleitung und Überblick 7.1 Vor dem Hintergrund, dass die Mobilität von Gesellschaften ein wesentliches und essentielles Element eines funktionierenden Binnenmarkts ist1, hat das Primärrecht die Niederlassungsfreiheit seit jeher nicht nur für natürliche Personen, sondern auch für Gesellschaften garantiert (ursprünglich: Art. 52, 58 EWGV, dann Art. 43, 48 EGV, jetzt Art. 49, 54 AEUV, → 4.12 ff.). Tatsächlich bestanden insoweit allerdings von Anfang an erhebliche Hindernisse. Diese resultierten insbesondere auch daraus, dass das internationale Gesellschaftsrecht (= Gesellschaftskollisionsrecht) bis heute nicht 1  Vgl. nur Entschließung des EP v. 10.3.2009, ABlEU v. 1.4.2010, C87 E/5, ErwG B („Verlagerung von Gesellschaften über Grenzen hinweg einer der Kernbestandteile der Vollendung des Binnenmarktes“); Mörsdorf EuZW 2009, 97.

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harmonisiert ist und die Mitgliedstaaten insoweit traditionell im Wesentlichen zwei entgegengesetzten Ansätzen folgen (Gründungstheorie vs. Sitztheorie, → 7.4 ff.).2 Der bereits in den 1960er Jahren unternommene Versuch, diese Problematik durch ein völkerrechtliches Übereinkommen über die Anerkennung von Gesellschaften zu lösen (→ 7.8 ff.), scheiterte ebenso wie ein 1997 vorgelegter Vorentwurf für eine Sitzverlegungsrichtlinie (→ 7.11, 30.4 ff.). Auch die Hoffnung auf den EuGH schien zunächst aussichtslos, nachdem der Gerichtshof in der Daily Mail-Entscheidung aus dem Jahr 1988 (→ 7.14 ff.) eine englische Regelung, welche die Verlegung des Verwaltungssitzes ins Ausland von der Zustimmung des Finanzministeriums abhängig gemacht hatte, ausdrücklich gebilligt hatte. Letztlich war es dann aber doch der EuGH, welcher – ganz im Sinne seiner Rolle 7.2 als „Motor der Integration“ − der Mobilität von Gesellschaften in Europa mit einer Reihe spektakulärer „Hammerschläge“ Bahn brach. Die mit dem Centros-Urteil aus dem Jahr 1999 beginnende Entscheidungslinie, die sich in den Leitentscheidungen Überseering, Inspire Art und SEVIC fortsetzte und ihren – allerdings wohl nur vorläufigen − Abschluss im VALE-Urteil aus dem Jahr 2012 fand (→ 7.19 ff.), hatte nicht nur geradezu revolutionäre Folgen für die Mobilität der Gesellschaften. Sie war zugleich auch Auslöser für einen „Wettbewerb der Gesellschaftsrechte“ in Europa, der für viele Mitgliedstaaten (nicht zuletzt auch für Deutschland) Anlass zu einer Modernisierung ihres nationalen Gesellschaftsrechts war (→ 7.69 ff.). Nach wie vor verbleiben allerdings zahlreiche offene Fragen, welche für die Praxis 7.3 zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen und auch durch eine weitere Festigung und Ausziselierung der EuGH-Judikatur kaum zufriedenstellend gelöst werden können. Die Projekte einer Sitzverlegungs-RL und der Harmonisierung des Gesellschafts­ kollisionsrechts haben daher keineswegs an Bedeutung verloren, sondern sind im Gegenteil erneut ganz oben auf die Agenda rechtspolitischer Desiderata und Planungen für eine weitere Harmonisierung im Bereich des Europäischen Unternehmensrechts gerückt (→ 7.110 ff.).

II.  Hintergrund: Mangelnde Harmonisierung des Gesellschaftskollisionsrechts Die Mobilität der Gesellschaften im Binnenmarkt stößt nicht nur auf sach-, sondern 7.4 vor allem auch auf kollisionsrechtliche Hürden, die ihre Ursache darin haben, dass die Mitgliedstaaten im Bereich des Gesellschaftskollisionsrechts traditionell unterschiedlichen Ansätzen folgen. Insoweit stehen sich im Wesentlichen zwei große Lager3 gegenüber: Sitztheorie- und die Gründungstheoriestaaten.

2  Vgl. nur SEC(2007) 1707, S. 8. 3 Näher zu den verschiedenen Varianten und Spielarten von Sitz- und Gründungstheorie sowie vermittelnden Lehren: M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 4 ff.; Zimmer RabelsZ 67 (2003) 298, 299 ff. (jeweils m.z.w.N.).

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7.5

Nach der Sitztheorie ist Gesellschaftsstatut das Recht des Staats, in dem die Gesellschaft ihren effektiven Verwaltungssitz hat. Diese Theorie etablierte sich4 etwa in Frankreich5, Belgien6, Luxemburg7 und Österreich8, und auch in Deutschland war sie traditionell kollisionsrechtlicher Ausgangspunkt9. Klassische Rechtfertigung für diese Sitzanknüpfung ist, dass die meisten Gesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmer typischerweise im Sitzstaat lokalisiert sind und deshalb dessen Schutzinteressen Rechnung getragen werden müsse10, indem ihm durch die Sitzanknüpfung quasi ein „Wächteramt“ eingeräumt wird11. Nach der Gründungstheorie ist Gesellschaftsstatut dagegen das Recht, nach 7.6 dem die Gesellschaft gegründet wurde. Dieser im 18. Jahrhundert in Großbritannien mit Blick auf die praktischen Bedürfnisse des British Empire entwickelte12 Ansatz hat sich vor allem im anglo-amerikanischen Rechtskreis durchgesetzt (u.a. Großbritannien13, Irland14, USA15); ihm folgen aber etwa auch die

  4  Zu den historischen Wurzeln der Sitztheorie näher Großfeld FS Westermann, 1974, S. 199, 203 ff.   5  Vgl. bereits Art. 3 Loi n°66-537 du 24 juillet 1966 sur les sociétés commerciales, JORF du 26 juillet 1966, p. 6402; jetzt Art. L210-3 C. com. Zur Entwicklung in der Judikatur des 19. Jahrhunderts Großfeld FS Westermann, 1974, S. 199, 208 ff.   6  Vgl. bereits Art. 128, 129 Loi du 18 mai 1873 sur les sociétés commerciales (abgedruckt bei Großfeld FS Westermann, 1974, S. 199, 211 Fn. 81; dt. Übersetzung bei Großfeld, Internationales und Europäisches Unternehmensrecht, 2. Aufl. 1995, D. § 1 II. 1., S. 38 f.); jetzt Art. 110, 111 Loi portant le Code de droit international privé du 16 Juillet 2004, M.B. v. 27.7.2004, 57344, dazu Pertegas IPRax 2006, 53 ff.   7  Art. 159 Loi du 10 août 1915 concernant les sociétés commerciales.   8  § 10 IPRG.   9  Grundlegend: RG JW 1904, 231 f.; vgl. auch bereits RG JW 1884, 271 Nr. 24; s. ferner etwa RGZ 117, 215, 217; RGZ 159, 33, 46; BGH NJW 1957, 1433, 1434; BGH NJW 1970, 998, 999; BGH NJW 1981, 522, 525; BGH NJW 1986, 2194, 2195; BGH NZG 2000, 926; BGH NJW 2002, 3539; M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 4 m.w.N. Zur historischen Entwicklung Großfeld FS Westermann, 1974, S. 213 ff. 10  Vgl. MüKoBGB/Kindler IntHGesR Rn. 421; Ebke ZVglRWiss 110 (2011) 2, 8; Großfeld RabelsZ 31 (1967), 1, 22 f. 11  Vgl. Staudinger/Großfeld IntGesR Rn. 41; MüKoBGB/Kindler IntHGesR Rn. 423. 12  Die Gründungstheorie ermöglichte es, auch Kapitalgesellschaften, die überwiegend oder ausschließlich in den Kolonien tätig wurden, nach britischem Recht zu inkorporieren und zu führen, vgl. MüKoBGB/Kindler IntHGesR Rn. 359; M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 7; näher zu den historischen Wurzeln der Gründungstheorie Großfeld FS H. Westermann, 1974, S. 199, 200 ff. 13 Vgl. La Banque Internationale de Commerce de Petrograd v Goukassow [1923] 2 K.B. 682; Lazard Bros & Co v Midland Bank Ltd [1933] A.C. 289; Gasque v IRC [1940] 2 KB 80; Carl Zeiss Stiftung v Rayner & Keeler Ltd [1967] 1 A.C. 853; Janred v ENIT [1989] 2 All ER 444; s. ferner auch schon Dutch West-India Company v Van Moses (1724) 1 Str. 612 und Henriques v Dutch West India Co. (1728) LD Raym. 1533; Überblick bei Prentice EBLR 2004, 631 ff. 14 Vgl. Lynch-Fannon/Cuddihy, Corporations and Partnerships in Ireland, 2010, S. 37.

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Niederlande1516, Ungarn17 und Liechtenstein18. Vorteile der Gründungstheorie sind insbesondere die Rechtssicherheit durch die Anknüpfung an den relativ leicht feststellbaren Satzungssitz/Registrierungsort19 sowie die den Gründern eröffnete Rechtswahlfreiheit20. In der Praxis ergeben sich aus diesen divergierenden Anknüpfungspunkten erheb- 7.7 liche Probleme für die grenzüberschreitende Tätigkeit und Mobilität von Gesellschaften im Binnenmarkt. Begründet eine in einem Gründungstheoriestaat inkorporierte Gesellschaft ihren effektiven Verwaltungssitz in einem Sitztheoriestaat oder verlegt sie diesen später in einen solchen, so wird sie zwar von ihrem Heimatstaat weiterhin als Gesellschaft nach seinem Recht anerkannt und behandelt. Der Sitztheoriestaat, in dem sich der effektive Verwaltungssitz befindet bzw. in den derselbe verlegt wird, behandelt die Gesellschaft jedoch – je nach der konkreten Ausgestaltung von IPR und Sachrecht − entweder als rechtliches Nullum oder qualifiziert sie in eine Gesellschaftsform seines eigenen Rechts um21.22 Es kommt also zu einer sog. „Statutenverdopplung“, die mit einer Vielzahl diffiziler und praktisch kaum lösbarer Probleme (z.B. im Prozessund Vollstreckungsrecht oder bezüglich der Vertretung) verbunden ist.23

15 Vgl. First Nat. City Bank v Banco Para El Comercio Exterior De Duba, 462 U.S. 611, 621 (1983); Edgar v MITE Corp., 457 U.S. 624, 645 (1982); z.B. für Delaware: VantagePoint Partners 1996 v Examen, Inc., 871 A. 2d 1108 (2005); für New York: Lancaster v Amsterdam Imp. Co. 140 N.Y. 576 (1894); für Rhode Island: Oakdale Mfg. Co. v Garst, 18 R.I. 484 (1894); für Kalifornien: Vaughn v LJ Intern., Inc., 174 Cal.App.4th 213 (2009); Kansas: State ex rel. Godard v Topeka Water Co., 61 Kan. 547 (1900). S. ferner REST 2d CONFL § 297. 16  Art. 2 Wet van 17 december 1997, houdende regels van internationaal privaatrecht met betrekking tot corporaties (Wet conflictenrecht corporaties), dazu Kramer IPRax 2007, 54, 57. Die Niederlande wechselten durch Gesetz v. 25.7.1959 zur Gründungstheorie, vgl. Goldman-Bericht, BT-Drs. VI/1976, S. 21, 23; Stein (1970) 68 Mich. L. Rev. 1327, 1330. 17 Vgl. Korom/Metzinger ECFR 2009, 125, 143. 18  Art. 232 Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) v. 20.1.1926 i.d.F. seit 1997. 19  Vgl. nur M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 9; Van de Looverbosch (2017) 28 ICCLR 1, 6 f. 20  Vgl. nur M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 9. 21  So etwa die Konsequenz aus der „Wechselbalgtheorie“ des BGH, → 7.23 ff., 7.67. 22  Vgl. bereits Goldman-Bericht, BT-Drs. VI/1976, S. 21, 23. Dazu noch → 7.8. 23  Vgl. nur Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 741; Binz/Mayer BB 2005, 2361, 2363 ff.; Ebke ZVglRWiss 110 (2011) 2, 29; Hamann ELR 2009, 186, 188 f.; Hellgardt/Illmer NZG 2009, 94 ff.; Kieninger NJW 2009, 292, 293; Lamsa BB 2009, 16, 17 f.; Lieder/Kliebisch BB 2009, 338, 341; J. Schmidt WuB II Q. § 4a GmbHG 1.09; M/H/L/S/J. Schmidt § 4a Rn. 15; Stiegler S. 231 f.; Weller IPRax 2009, 202, 208; ders. FS Goette, 2011, S. 583, 593 ff.

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III.  Bisherige legislatorische (Harmonisierungs-)Bemühungen 1.  Übereinkommen auf der Basis von Art. 220 EWGV/293 EGV a.F. 7.8 Die Problematik war auf europäischer Ebene schon früh erkannt worden24 und sollte ursprünglich durch ein Übereinkommen gelöst werden: Art. 220 EWGV/Art. 293 EGV sah explizit vor, dass die Mitgliedstaaten „soweit erforderlich“ untereinander Verhandlungen einleiten, um die gegenseitige Anerkennung von Gesellschaften i.S.d. Art. 58 Abs. 2 EWGV/Art. 48 Abs. 2 EGV sicherzustellen (→ 2.18). Gestützt hierauf unterzeichneten die damaligen 6 Mitgliedstaaten am 29.2.1968 7.9 ein maßgeblich auf Vorarbeiten von Beitzke25 und insbesondere einer Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Goldman26 beruhendes Übereinkommen über die gegenseitige Anerkennung von Gesellschaften und juristischen Personen27, das allerdings nie in Kraft trat, weil die Niederlande die Ratifizierung verweigerten28. Das Übereinkommen folgte zwar im Ausgangspunkt der Gründungstheorie (Art. 1 und 2). Sein Regelungsgehalt beschränkte sich jedoch – zumindest nach h.M.29 – ausschließlich auf die Anerkennung der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit nach dem Gründungsrecht (Art. 6); im Übrigen sollte die Bestimmung des Personalstatuts dagegen weiterhin dem jeweiligen nationalen IPR der Mitgliedstaaten überlassen bleiben. Zudem wurde die prinzipielle Gründungsanknüpfung durch eine Reihe von Ausnahmen 24 Die Frage der „ausländischen juristischen Personen“ hatte bereits 1928 auf der Tagesordnung der Haager Konferenz für das internationale Privatrecht gestanden; sie wurde dann auf der 7. Tagung 1951 erörtert und basierend darauf wurde am 1.6.1956 das Haager Übereinkommen über die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit von ausländischen Gesellschaften, anderen Personenverbindungen und Stiftungen (abgedruckt in RabelsZ 17 (1952), 270 ff.) abgeschlossen. Es trat allerdings nie in Kraft, weil es nicht von der erforderlichen Zahl von Staaten ratifiziert wurde, vgl. Goldman-Bericht, BT-Drs. VI/1976, S. 21, 23; M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 57. 25  Beitzke, Rechtsgutachten über Art. 220 Unterabsatz 3 des Römischen Vertrages (EWGKommission 4958/IV/62-D), auszugsweise veröffentlicht in ZHR 127 (1965) 1 ff. 26  Goldman-Bericht, BT-Drs. VI/1976, S. 21 ff. = RTD eur. 1968, 405 ff. 27  BT-Drs. VI/1976, S. 3 ff.; auch abgedruckt in 4. Aufl. S. 698 ff. Dazu etwa Beitzke AWD 1968, 91 ff.; Drobnig AG 1973, 90 ff., 125 ff.; ders. DB 1967, 1207 ff.; ders. ZHR 129 (1967) 93 ff.; Geßler DB 1967, 324 ff.; Goldman RabelsZ 31 (1967) 201 ff.; ders. (1968) 6 C.M.L. Rev. 104 ff.; Houin RTD eur. 1965, 11, 20 ff.; Stein (1970) 68 Mich. L. Rev. 1327, 1337 ff.; aus jüngerer Sicht Mansel RabelsZ 70 (2006) 651, 670 f.; umfangreiche Hinweise speziell auch zum ausländischen Schrifttum bei Drobnig AG 1973, 90, 91. 28  Vgl. MüKoBGB/Kindler IntHGesR Rn. 98; M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 58; Sandrock/Austmann RIW 1989, 249, 251 f. Deutschland hatte dagegen zugestimmt: Gesetz zu dem Übereinkommen vom 29. Februar 1968 über die gegenseitige Anerkennung von Gesellschaften und juristischen Personen v. 18.5.1972, BGBl. II, 369. 29 Vgl. Denkschrift der Bundesregierung, BT-Drs. VI/1976, S. 18, 19; Drobnig DB 1967, 1207; ders. AG 1973, 125, 128; ders. ZHR 129 (1967) 93, 110 ff.; Geßler DB 1967, 324, 325; Goldman RabelsZ 31 (1967) 201, 206 f.; ders. (1968) 6 C.M.L. Rev. 104, 108 f.; a.A. Beitzke AWD 1968, 91, 95; Santa Maria, European Economic Law, 2nd ed. 2009, S. 10; Stein (1970) 68 Mich. L. Rev. 1327, 1346; Überblick zum Meinungstand bei Drobnig AG 1973, 125, 127 f. m.w.N.

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durchbrochen. So gestattete Art. 4 den Vertragsstaaten auf Gesellschaften, die ihren tatsächlichen Sitz in ihrem Hoheitsgebiet haben, aber in einem anderen Vertragsstaat gegründet worden waren, die zwingenden Vorschriften ihres eigenen Rechts anzuwenden (kodifiziert war also eine Art „Überlagerungstheorie“30). Letztlich hätte das Übereinkommen somit wohl ohnehin nur sehr begrenzten 7.10 Wert gehabt.31 Nach seinem Scheitern wurde der Weg, die Anerkennungs- und Mobilitätsproblematik mittels Übereinkommens zu lösen, nicht mehr weiterverfolgt; durch den Vertrag von Lissabon wurde die Vorschrift des Art. 293 EGV inzwischen sogar aufgehoben (→ 2.18). 2.  Sitzverlegungs-RL Mitte der 1990er Jahre startete die Kommission dann einen neuen Anlauf, um die Mo- 7.11 bilität der Gesellschaften im Binnenmarkt zu verbessern − allerdings mit einem völlig anderen Ansatz: Statt einer kollisionsrechtlichen Harmonisierung auf der Basis eines Übereinkommens favorisierte man nun eine Lösung auf rein sachrechtlicher Ebene durch eine 14. gesellschaftsrechtliche Richtlinie zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung. Der hierzu 1997 präsentierte Vorentwurf stieß sofort auf lebhaftes Interesse. Dann geriet das Projekt aber immer wieder ins Stocken; die Kommission hat bislang noch immer keinen offiziellen Legislativentwurf vorgelegt, → 7.110 ff., 30. 3.  Grenzüberschreitende Sitzverlegung bei den EU-Rechtsformen Waren die legislatorischen Bemühungen um eine Verbesserung der Mobilität von na- 7.12 tionalen Gesellschaften im Binnenmarkt somit bislang nicht von Erfolg gekrönt, so ist es aber doch zumindest gelungen, die EU-Rechtsformen EWIV, SE und SCE „europaweit“ mobil auszugestalten: Sowohl die EWIV-VO (Art. 14, → 44.24) als auch die SE-VO (Art. 8, → 45.170 ff.) und die SCE-VO (Art. 7, → 46.107) sehen spezielle Verfahrensregelungen für eine grenzüberschreitende Sitzverlegung vor.

IV.  Die Entwicklung der EuGH-Judikatur Der Mobilität der nationalen Gesellschaftsformen hat allerdings in den letzten Jahren 7.13 der EuGH mit einer Reihe spektakulärer „Hammerschläge“ Bahn gebrochen.

30  Vgl. M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 60; Schwarz Rn. 1422. 31  Vgl. kritisch auch Drobnig AG 1973, 125, 131; ders. DB 1967, 1207, 1210; ders. ZHR 129 (1967) 93, 119; Gessler DB 1967, 324 ff.; M/H/L/S/Leible IntGesR Rn. 60; Schwarz Rn. 1419; Stein (1970) 68 Mich. L. Rev. 1327, 1352; sowie bereits 4. Aufl. S. 696.

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1.  Daily Mail (1988) 7.14 Den Auftakt hierzu bildete die Daily Mail-Entscheidung aus dem Jahr 198832. Die nach englischem Recht gegründete Daily Mail and General Trust plc wollte den Sitz ihrer Geschäftsleitung aus steuerlichen Gründen in die Niederlande verlegen. S. 482(1)(a) Income and Corporation Taxes Act 1970 verbot es juristischen Personen jedoch, ihren (steuerlichen) Sitz im UK ohne Zustimmung des Finanzministeriums aufzugeben. Daily Mail sah in diesem Erfordernis eine Verletzung von Art. 52, 58 EWGV (G Art. 49, 54 AEUV) und erhob Klage zum High Court, der die Sache dem EuGH vorlegte. Der Gerichtshof verneinte indes eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit; 7.15 „beim derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts“ gewährten Art. 52, 58 EWGV (G Art. 49, 54 AEUV) einer Gesellschaft, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet ist und in diesem ihren satzungsmäßigen Sitz hat, nicht das Recht, den Sitz ihrer Geschäftsleitung in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen.33 Im Rahmen seiner Begründung verwies der Gerichtshof zunächst darauf, dass Ge7.16 sellschaften – anders als natürliche Personen – ein Geschöpf einer nationalen Rechtsordnung seien: „Jenseits der jeweiligen nationalen Rechtsordnung, die ihre Gründung und Existenz regelt, haben sie keine Realität“.34 Diesem heute als „Geschöpftheorie“35 bekannten Grundverständnis, auf das der EuGH später in Überseering (→ 7.23 ff.), Cartesio (→ 7.36 ff.) und VALE (→ 7.46 ff.) wieder rekurrierte, kommt für die gesamte Judikatur grundlegende Bedeutung zu.36 Weiter führte der EuGH unter expliziter Bezugnahme auf die drei alternativen 7.17 Anknüpfungskriterien in Art. 58 Abs. 2 EWGV (G Art. 54 Abs. 2 AEUV) sowie die Vorschrift des Art. 220 EWGV (G Art. 293 EGV, → 7.8) aus, dass der EWGV die Unterschiede in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der für Gesellschaften erforderlichen Anknüpfung sowie der Möglichkeit und ggf. der Modalitäten einer grenzüberschreitenden Verlegung des Satzungs- oder Verwaltungssitzes als Probleme betrachte, die durch die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit nicht gelöst seien, sondern einer Lösung im Wege der Rechtssetzung oder des Vertragsschlusses bedürften, was bislang aber noch nicht erfolgt sei.37 32 EuGH v. 27.9.1988, Daily Mail, C-81/87, ECLI:EU:C:1988:456. Dazu Behrens IPRax 1989, 354 ff.; Ebenroth/Eyles DB 1989, 363, 372, 413 ff.; Ebke/Gockel (1990) 24 Int’l L. 239, 245 ff.; Großfeld/König RIW 1992, 433, 434 ff.; Klinke ZGR 1993, 1, 6 f.; KnobbeKeuk DB 1990, 2573, 2579; dies. ZHR 154 (1990) 325, 332 f.; Lever (1989) 26 C.M.L.Rev. 327 ff.; Meilicke RIW 1990, 449 ff.; Sandrock RIW 1989, 505, 511; Sandrock/Austmann RIW 1989, 249 ff.; Schmitthoff JBL 1988, 454 f. 33  EuGH v. 27.9.1988, Daily Mail, C-81/87, ECLI:EU:C:1988:456, Rn. 25. 34  EuGH v. 27.9.1988, Daily Mail, C-81/87, ECLI:EU:C:1988:456, Rn. 19. 35 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 742; dies. BB 2010, 387, 391; Eidenmüller in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004, § 4 Rn. 86; Rehm, ebenda, § 2 Rn. 61. Die Metapher der „creature of law“ ist allerdings keineswegs neu; der U.S. Supreme Court verwendete sie z.B. bereits in Bank of Augusta v Earle, 38 U.S. 519 (1839), vgl. dazu Ebke ZVglRWiss 110 (2011) 2, 9 f. 36  Vgl. nur Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 742. 37  EuGH v. 27.9.1988, Daily Mail, C-81/87, ECLI:EU:C:1988:456, Rn. 20 ff.

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Die Hoffnung auf ein „Machtwort“ des EuGH zugunsten der Mobilität von Ge- 7.18 sellschaften im Binnenmarkt schien damit zunächst zerschlagen. Daily Mail wurde verbreitet als generelle höchstrichterliche Billigung der Sitztheorie interpretiert38; einige lasen aus ihr gar eine allgemeine Bereichsausnahme („Niederlassungsfreiheitsresistenz“) für das Gesellschaftskollisionsrecht39. Es verwundert daher nicht, dass die Entscheidung teilweise auf heftige Kritik stieß40; letztlich schien damit das gesamte Europäische Unternehmensrecht in einer Sackgasse41. 2.  Centros (1999) Mit dem Centros-Urteil aus dem Jahr 199942 wendete sich dann jedoch das Blatt. Die 7.19 Centros Ltd., eine in England und Wales registrierte Limited, die von zwei dänischen Staatsangehörigen errichtet worden war und in England keinerlei Geschäftstätigkeit entfaltet hatte, hatte 1992 die Eintragung einer Zweigniederlassung in Dänemark beantragt. Die dänischen Behörden verweigerten jedoch die Eintragung: Centros beabsichtige in Wirklichkeit, eine Hauptniederlassung zu errichten und damit insbeson38  Vgl. BayObLG NJW-RR 1993, 43, 44; BayObLG NZG 1998, 936; OLG Hamm EuZW 1998, 31, 32; Ebenroth/Auer GmbHR 1994, 16, 20; Ebenroth/Wilken JZ 1991, 1014, 1018; Großfeld/König RIW 1992, 433, 435; Großfeld/Luttermann JZ 1989, 386, 387; Kindler NJW 1993, 3301, 330; ders. NJW 1999, 1993, 1997; a.A. Knobbe-Keuk DB 1990, 2573, 2579; dies. ZHR 154 (1990) 325, 332 f.; Meilicke RIW 1990, 449, 450; Sandrock/Austmann RIW 1989, 249, 250, 253. 39 Vgl. Kindler NJW 1999, 1993, 1997; Klinke ZGR 1993, 1, 7. 40 Vgl. Behrens IPRax 1989, 354, 361; Lutter ZGR 1994, 87, 90 f.; Knobbe-Keuk DB 1990, 2573, 2579; dies. ZHR 154 (1990) 325, 332 f. („überflüssigen allgemeinen integrationsfeindlichen Aussagen“); W.-H. Roth RabelsZ 55 (1991) 623, 647; Sandrock RIW 1989, 505, 511 („Konsequenzen sind unannehmbar“). 41 Vgl. Lutter ZGR 1994, 87, 90 f. m.w.N. 42 EuGH v. 9.3.1999, Centros, C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126. Dazu Behrens (2000) 1 EBOR 125 ff.; ders. (2001) 2 EBOR 159 ff.; ders. IPRax 1999, 323 ff.; ders. IPRax 2000, 384 ff.; Borges RIW 2000, 167 ff.; Brödermann ZZPInt 4 (1999), 259 ff.; Bungert DB 1999, 1841 ff.; Carruthers/Villiers EBLR 2000, 91 ff.; Cascante RIW 1999, 448 f.; Cunha/Cabral (2000) 25 E. L. Rev. 157 ff.; Dautzenberg FR 1999, 451 ff.; Ebke JZ 1999, 656 ff.; Freitag EuZW 1999, 267 ff.; Gravir EBLR 2001, 146 ff.; Halbhuber (2001) 38 C.M.L.Rev. 1385, 1395 ff.; Hansen (2001) 2 EBOR 141 ff.; ders. EBLR 2002, 85 ff; Hemeling VGR 2 (2000), S. 217 ff.; Heymann Rev. crit. DIP 2006, 667 ff.; Hillmann VGR 2 (2000), S. 231 ff.; Kiem VGR 2 (2000), S. 199 ff.; Kieninger ZGR 1999, 724 ff.; Kindler VGR 2 (2000), S. 88 ff.; ders. NJW 1999, 1993 ff.; Koblenzer EWS 1999, 418 ff.; Koppensteiner VGR 2 (2000), S. 151 ff.; Korn/Thaler WBl. 1999, 247 ff.; Kuehrer EBLR 2001, 110 ff.; Lange DNotZ 1999, 599 ff.; Lauterfeld [2001] EBLR 79 ff.; Leible NZG 1999, 300; Looijestijn-Clearie (2000) 49 ICLQ 621 ff.; Luby RTD com. 2000, 224 ff.; dies. J.D.I. 2004, 482 ff.; Lutter ERT 2000, 60, 68 ff.; Merkt VGR 2 (2000), S. 112 ff.; Mülbert/Schmolke ZVglRWiss 100 (2001) 233, 249 ff.; Parleani Rev. soc. 1999, 391 ff.; Rose (2001) 11 Transnat’l L. & Contemp. Probs. 121 ff.; G. Roth ZIP 1999, 861 ff.; W.-H. Roth ZGR 2000, 311 ff.; Roussos EBLR 2001, 7, 12 ff.; Sandrock BB 1999, 1337 ff.; Steindorff JZ 1999, 1140 ff.; Sonnenberger/Großerichter RIW 1999, 721 ff.; Thorn IPRax 2001, 102 ff.; Ulmer JZ 1999, 662 ff.; Werlauff ZIP 1999, 867 ff.; Wouters (2001) 2 EBOR 101 ff.; Wymeersch FS Buxbaum, 2000, S. 629 ff.; Zimmer ZHR 164 (2000) 23 ff.

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dere die dänischen Mindestkapitalvorschriften zu umgehen; zudem sei die Verweigerung der Eintragung zum Schutz der Gläubiger und zur Bekämpfung betrügerischen Bankrotts erforderlich. Centros legte unter Berufung auf Art. 52, 58 EWGV (G Art. 49, 54 AEUV) Rechtsmittel ein und das dänische Gericht legte die Sache dem EuGH vor. Der Gerichtshof entschied, dass die Verweigerung der Eintragung einer Zweignie7.20 derlassung einer Gesellschaft, die ihren Satzungssitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellt.43 Die Mitgliedstaaten seien zwar berechtigt, Maßnahmen zur Verhinderung von Missbrauch zu treffen.44 Das Recht, eine Gesellschaft nach dem Recht eines Mitgliedstaats zu errichten und in anderen Mitgliedstaaten Zweigniederlassungen zu gründen, folge jedoch im Binnenmarkt unmittelbar aus der vom EG-Vertrag gewährleisteten Niederlassungsfreiheit; damit könne es für sich allein keine missbräuchliche Ausnutzung derselben darstellen, wenn ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats, der eine Gesellschaft gründen möchte, diese in dem Mitgliedstaat errichtet, dessen gesellschaftsrechtliche Vorschriften ihm die größte Freiheit lassen, und er dann in anderen Mitgliedstaaten Zweigniederlassungen gründet.45 Dass das Gesellschaftsrecht nicht voll harmonisiert ist, sei dabei unerheblich.46 Zudem habe der Gerichtshof bereits in der Rs. Segers47 entschieden, dass es noch kein missbräuchliches und betrügerisches Verhalten belege, dass eine Gesellschaft in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Satzungssitz hat, keine Geschäftstätigkeiten entfaltet und ihre Tätigkeit ausschließlich im Mitgliedstaat ihrer Zweigniederlassung ausübt.48 Die Verweigerung der Eintragung sei auch nicht durch zwingende Gründe des 7.21 Allgemeininteresses (→ 4.40 ff., 15.20 ff.) gerechtfertigt.49 Sie sei zur Erreichung des Ziels des Gläubigerschutzes schon nicht geeignet, denn die dänischen Gläubiger wären ebenso gefährdet gewesen, wenn die Gesellschaft eine Geschäftstätigkeit im UK entfaltet hätte (und dann wäre die Eintragung erfolgt).50 Da die Gesellschaft als Gesellschaft englischen Rechts, nicht als Gesellschaft dänischen Rechts, auftrete, sei den Gläubigern auch bekannt, dass sie nicht den dänischen Gründungsvorschriften unterliegt; zudem seien sie auch durch die mittels der 4. (Bilanz-)RL (heute: EU-Bilanz-RL, → 23) und ZNRL (die heute in die GesRRL integriert ist, → 27) etablierten unionsrechtlichen Schutzvorschriften geschützt.51 Im Übrigen seien auch mildere Maßnahmen denkbar, etwa die Einräumung eines Anspruchs auf Sicherheitsleistung.52 Die Bekämpfung von Betrügereien könne es jedenfalls nicht rechtfertigen, die Ein-

43  EuGH v. 9.3.1999, Centros, C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126, Rn. 21 f. 44  EuGH v. 9.3.1999, Centros, C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126, Rn. 24. 45  EuGH v. 9.3.1999, Centros, C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126, Rn. 27. 46  EuGH v. 9.3.1999, Centros, C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126, Rn. 28. 47  EuGH v. 10.7.1986, Segers, 79/85, ECLI:EU:C:1986:308, Rn. 29. 48  EuGH v. 9.3.1999, Centros, C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126, Rn. 29. 49  EuGH v. 9.3.1999, Centros, C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126, Rn. 35. 50  EuGH v. 9.3.1999, Centros, C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126, Rn. 35. 51  EuGH v. 9.3.1999, Centros, C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126, Rn. 36. 52  EuGH v. 9.3.1999, Centros, C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126, Rn. 37.

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tragung einer Zweigniederlassung einer in einem anderen Mitgliedstaat registrierten Gesellschaft gänzlich zu verweigern.53 Bedeutung und Tragweite der Centros-Entscheidung wurden zunächst recht un- 7.22 terschiedlich interpretiert. Während einige Gerichte und Autoren die Auffassung vertraten, dass sie im Hinblick auf die Sitztheorie keinerlei Neuerungen bringe (sondern insofern auch weiterhin Daily Mail maßgebend sei)54, sahen andere in ihr eine klare und unmissverständliche Absage an die Sitztheorie55. Zwischen diesen beiden Polen gab es aber auch viele, die in Centros zwar nicht das Ende, aber doch eine (mehr oder weniger) empfindliche Einschränkung der Sitztheorie sahen.56 3.  Überseering (2002) Der nächste „Hammerschlag“ kam mit dem Überseering-Urteil v. 6.11.2002.57 Die 7.23 Überseering BV, eine in den Niederlanden inkorporierte Gesellschaft, hatte 1990 ein Grundstück in Düsseldorf erworben und 1992 die deutsche Nordic Construction 53  EuGH v. 9.3.1999, Centros, C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126, Rn. 38. 54  I.d.S. etwa LG Potsdam ZIP 1999, 2021, 2022; OLG Brandenburg ZIP 2000, 1616, 1617; AG Lüneburg IPRax 2003, 266; Ebke JZ 1999, 656, 660; Görk GmbHR 1999, 793, 796 ff.; Kindler VGR 2 (2000), S. 87, 108 ff.; ders. NJW 1999, 1993, 1997 ff.; Kuehrer EBLR 2001, 110, 115, 117; Looijestijn-Clearie (2000) 49 ICLQ 621, 638, 641; W.-H. Roth ZGR 2000, 311, 338; Sonnenberger/Großerichter RIW 1999, 721, 726, 732; Sørensen/Neville (2000) 6 Colum. J. Eur. L. 181, 190. Nachweise aus dem dänischen Schrifttum bei Hansen (2001) 2 EBOR 141, 146. 55  I.d.S. etwa OGH NZG 2000, 36, 38; Behrens (2000) 1 EBOR 125, 139 f.; ders. (2001) 2 EBOR 159, 160; ders. IPRax 1999, 323, 326; ders. IPRax 2000, 384; Dautzenberg FR 1999, 451 („Todesstoß“); Freitag EuZW 1999, 267, 269; Hansen (2001) 2 EBOR 141, 146 (m.w.N. aus dem dänischen Schrifttum); Kieninger ZGR 1999, 724, 745 f.; Koppensteiner VGR 2 (2000), S. 151, 182 ff.; Lutter ERT 2000, 60, 69 f.; Roussos [2001] EBLR 7, 13; Sandrock BB 1999, 1337, 1341 f.; Werlauff ZIP 1999, 867, 874 f.; ders. EBLR 2001, 2, 3; Zimmer ZHR 164 (2000) 23, 36. 56  I.d.S. etwa Borges RIW 2000, 167, 178; Bungert DB 1999, 1841, 1843; Göttsche DStR 1999, 1403, 1405 f.; Hemeling VGR 2 (2000), S. 217, 220 f.; Leible NZG 1999, 300, 301; Parleani Rev. soc. 1999, 391, 395 ff.; Rose (2001) 11 Transnat’l L. & Contemp. Probs. 121, 126; G. Roth ZIP 1999, 861, 863, 867; Thorn IPRax 2001, 102, 110; Wymeersch FS Buxbaum, 2000, S. 629, 647; vgl. ferner auch Carruthers/Villiers EBLR 2000, 91, 93, 100 („preference for the incorporation principle“). 57  EuGH v. 5.11.2002, Überseering, C-208/00, ECLI:EU:C:2002:632. Dazu Andenas (2003) 119 LQR 221 ff.; Baelz/Baldwin (2002) 3 GLJ No. 12; Behrens IPRax 2003, 193 ff.; Deininger IStR 2003, 214 ff.; Dubovizkaja GmbHR 2003, 694 ff.; Dyrberg (2003) 28 E.L.Rev. 528 ff.; Ebke JZ 2003, 927 ff.; Eidenmüller ZIP 2002, 2233 ff.; Großerichter DStR 2003, 159 ff.; Halbhuber ZEuP 2003, 418 ff.; Heidenhain NZG 2002, 1141 ff.; Heiss ZfRV 2003, 90 ff.; Hirte EWS 2002, 573 ff.; Kallmeyer DB 2002, 2521 ff.; Kersting NZG 2003, 9 ff.; Kindler NJW 2003, 1073 ff.; Lagarde Rev. crit. DIP 2003, 524 ff.; Leible/Hoffmann RIW 2002, 925 ff.; dies. ZIP 2003, 925 ff.; Lombardo (2003) 4 EBOR 301 ff.; Lutter BB 2003, 7 ff.; Meilicke GmbHR 2003, 793 ff.; Merkt RIW 2003, 458 ff.; Micheler (2003) 52 ICLQ 521 ff.; Nemeth  WBl. 2003, 149 ff.; Omar (2005) 16 ICCLR 18 ff.; Paefgen WM 2003, 561 ff.; Panopoulos CDE 2007, 697 ff.; Pfeiffer ZZPInt 7 (2002) 307 ff.; Rehberg IPRax 2003, 175 ff.; W.-H. Roth IPRax 2003, 117 ff.; Schanze/Jüttner AG 2003, 30 ff.; Schulz

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Company Baumanagement GmbH (NCC) mit den Sanierungsarbeiten auf diesem Grundstück beauftragt. 1994 wurden sämtliche Geschäftsanteile an Überseering BV durch zwei in Düsseldorf wohnhafte deutsche Staatsangehörige erworben. 1996 erhob Überseering BV vor dem LG Düsseldorf Klage auf Schadensersatz gegen NCC wegen angeblicher Baumängel. Das LG58 und das OLG Düsseldorf59 wiesen die Klage bzw. Berufung mit der Begründung ab bzw. zurück, dass Überseering BV als Gesellschaft niederländischen Rechts in Deutschland nicht rechts- und parteifähig sei; der VII. ZS des BGH legte die Sache schließlich dem EuGH vor60. Nachdem GA Colomer die Aberkennung der Klagemöglichkeit in seinen Schlus7.24 santrägen v. 4.12.200161 als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit qualifiziert hatte, unternahm der II. ZS des BGH im sog. Jersey-Urteil v. 1.7.200262 einen letzten Versuch zur Rettung der Sitztheorie, indem er – aufbauend auf Vorarbeiten aus dem Schrifttum63 − entschied, dass eine nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaft mit Hauptverwaltungssitz in Deutschland nicht als rechtliches Nullum, sondern als rechtsfähige Personengesellschaft zu behandeln und damit rechts- und parteifähig sei (sog. „Wechselbalgtheorie“64, 65). Auf diesen „Rettungsversuch“66 ging der EuGH allerdings in seinem Urteil nicht 7.25 bzw. jedenfalls nicht ausdrücklich ein. Er entschied vielmehr, dass es einer auch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses (→ 4.40 ff., 15.20 ff.) nicht zu rechtfertigenden „Negierung der Niederlassungsfreiheit“ gleichkomme, einer Gesellschaft, die in einem anderen Mitgliedstaat ordnungsgemäß gegründet worden ist und dort ihren satzungsmäßigen Sitz hat, die Rechtsfähigkeit und damit die Parteifähigkeit abzusprechen.67 Der Zuzugsstaat sei vielmehr – wie der EuGH sogar explizit in den NJW 2003, 2705 ff.; von Halen WM 2003, 571 ff.; Wernicke EuZW 2000, 758 ff.; Wertenbruch NZG 2003, 618 ff.; Zimmer BB 2003, 1 ff. 58  LG Düsseldorf v. 5.11.1997 − 5 O 132/96. 59  OLG Düsseldorf JZ 2000, 203 m. Anm. Ebke. 60  BGH NZG 2000, 926 („Überseering I“). Dazu Altmeppen DStR 2000, 1061 ff.; Behrens (2001) 2 EBOR 159, 166 ff.; Ebke (2000) 48 Am. J. Comp. L. 623, 652 ff.; Forsthoff DB 2000, 1109 ff.; Kindler RIW 2000, 649 ff.; Meilicke GmbHR 2000, 693 ff.; W.-H. Roth ZIP 2000, 1597 ff.; Walden EWS 2001, 256 ff.; Zimmer BB 2000, 1361 ff. 61 GA Colomer, Schlussanträge v. 4.12.2001, Überseering BV v Nordic Construction Company Baumanagement GmbH (NCC), C-208/00, ECLI:EU:C:2001:655. Dazu Forsthoff BB 2002, 318 ff.; von Halen EWS 2002, 107 ff. 62  BGH NZG 2002, 1009 („Jersey“). Dazu Emde EWiR 2002, 1763 f.; Knapp DNotZ 2003, 85, 89 f. 63 Vgl. Altmeppen DStR 2000, 1061, 1063 f.; Forsthoff DB 2000, 1109; Kindler RIW 2000, 649, 650 f.; Rehbinder IPRax 1985, 32; Zimmer BB 2000, 1361, 1363 f. 64  Der Begriff geht zurück auf Forsthoff DB 2002, 2471, 2476 und Paefgen DZWiR 2003, 441, 444; vgl. auch Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 740 sowie Weller FS Goette, 2011, S. 583, 584. 65  Diese Lösung war auch vom VII. ZS im Rahmen der Beratungen zur Überseering-Vorlage diskutiert, letztlich aber verworfen worden, vgl. den Bericht über den Vortrag von Thode bei Rehberg IPRax 2003, 175, 178. 66 Vgl. Bayer BB 2003, 2357, 2362; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 740; Heidenhain NZG 2002, 1141, 1142; J. Schmidt WuB II Q. § 4a GmbHG 1.09. 67  EuGH v. 5.11.2002, Überseering, C-208/00, ECLI:EU:C:2002:632, Rn. 92 f.

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2. Leitsatz aufnahm − aufgrund der Niederlassungsfreiheit verpflichtet, „die Rechtsfähigkeit und damit die Parteifähigkeit zu achten, die diese Gesellschaft nach dem Recht ihres Gründungsstaats besitzt“.68 Die kollisionsrechtliche Debatte vermochte diese Feststellung indes nicht zu been- 7.26 den. Ein Teil des Schrifttums69 und erste instanzgerichtliche Entscheidungen70 vertraten weiterhin die Auffassung, dass der Niederlassungsfreiheit Genüge getan sei, wenn die ausländische Gesellschaft – entsprechend der im Jersey-Urteil höchstrichterlich bestätigten „Wechselbalgtheorie“ (→ 7.24) − in eine Personengesellschaft nach deutschem Recht umqualifiziert und als solche als rechts- und parteifähig anerkannt werde. Ganz überwiegend wurde die Entscheidung, speziell der 2. Leitsatz, jedoch dahingehend verstanden, dass die Rechts- und Parteifähigkeit nach dem Gründungsstatut zu achten, d.h. (zumindest insoweit) die Gründungstheorie anzuwenden sei.71 Dem schloss sich dann auch der VII. ZS des BGH in seiner Überseering-Folgeentscheidung an.72 4.  Inspire Art (2003) Den endgültigen „Dammbruch“ brachte dann das Inspire Art-Urteil v. 30.9.200373, das 7.27 die inzwischen schon legendäre Entscheidungstrias Centros – Überseering – Inspire 68  EuGH v. 5.11.2002, Überseering, C-208/00, ECLI:EU:C:2002:632, Rn. 95 und 2. Leitsatz. 69 Vgl. Großerichter DStR 2003, 159, 166; Kindler NJW 2003, 1073, 1076 f.; Neye EWiR 2002, 1003, 1004; s. ferner auch Ringe IPRax 2003, 117, 122 ff. (nicht abschließend geklärt) sowie Hübner NotBZ 2002, 464, 466 (Fortgeltung der Sitztheorie bei Aufweichung des gesellschaftsrechtlichen Typenzwangs möglich). 70  LG Frankenthal NJW 2003, 762 (aufgehoben durch OLG Zweibrücken BB 2003, 864). 71 Vgl. Baelz/Baldwin (2002) 3 GLJ No. 12 paras. 22 ff.; Behrens IPRax 2003, 193, 206; Dubovizkaja GmbHR 2003, 694, 697; Ebke JZ 2003, 927, 929; Eidenmüller ZIP 2002, 2233, 2244; Halbhuber ZEuP 2003, 418, 430 f.; Heidenhain NZG 2002, 1141, 1143; Heiss ZfRV 2003, 90, 96; Kersting NZG 2003, 9; Lagarde Rev. crit. DIP 2003, 524, 528 ff.; Leible/Hoffmann RIW 2002, 925, 934; dies. ZIP 2003, 925, 926; Lutter BB 2003, 7, 9; Nemeth WBl. 2003, 149, 154 f.; Paefgen WM 2003, 561, 570; Pfeiffer ZZPInt 7 (2002) 307, 314 ff.; Schanze/Jüttner AG 2003, 30, 32 f.; Schulz NJW 2003, 2705, 2708; von Halen WM 2003, 571, 575 f.; Wernicke EuZW 2000, 758, 761; Zimmer BB 2003, 1, 4 f. 72  BGH NJW 2003, 1461 („Überseering II“). 73  EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512. Dazu Altmeppen NJW 2004, 97 ff.; Bayer BB 2003, 2357 ff.; ders. AG 2004, 534 ff.; Behrens IPRax 2004, 20 ff.; Binge/Thölke DNotZ 2004, 21 ff.; Bitter WM 2004, 2190 ff.; Campos Nave NZG 2004, 897 ff.; de Kluiver ECFR 2004, 121 ff.; Ebke FS Thode, 2005, S. 593 ff.; Eidenmüller/Rehm ZGR 2004, 159 ff.; Hausmann GS Blomeyer, 2004, S. 579 ff.; Hirsch NZG 2003, 1100 ff.; Hirt EBLR 2004, 1189 ff.; Hirte EWS 2003, 521 ff.; Horn NJW 2004, 893 ff.; Kanzleiter DNotZ 2003, 885 ff.; Kersting/Schindler RdW 2003, 621 ff.; Kieninger ZEuP 2004, 685 ff.; Kindler NZG 2003, 1086 ff.; Kirchner/Painter/Kaal ECFR 2005, 159 ff.; Leible/Hoffmann EuZW 2003, 677 ff.; Looijestijn-Clearie (2004) 5 EBOR 389 ff.; Luby JCP 2004.II.10002; Maul/C. Schmidt BB 2003, 2297 ff.; Meilicke GmbHR 2003, 1271 ff.; Menjucq J.D.I. 2004, 923 ff.; Muir Watt Rev. crit. DIP 2004, 173 ff.; Müller-Bonanni GmbHR 2003, 1235 ff.; Paefgen ZIP 2004, 2253 ff.; Pataut D. 2004, 491 ff.; Rehberg EuLF 2004, 1 ff.; Riegger ZGR 2004, 510 ff.; Schanze/Jüttner AG 2003, 661 ff.; K. Schmidt ZHR 168 (2004) 493 ff.; Seifert GewArch 2003, 18 ff.; Sester/Cárdenas ECFR 2005, 398 ff.; Spindler/Berner RIW 2003, 949 ff.; dies. RIW 2004, 8 ff.; Vaccaro EBLR 2005, 1348, 1355 ff.; von Hase BuW 2003,

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Art komplettierte. Die Inspire Art Ltd. war nach englischem Recht gegründet worden, hatte ihren Satzungssitz in Folkestone, übte ihre Geschäftstätigkeit, den Verkauf von Kunstgegenständen, aber ausschließlich mittels einer Zweigniederlassung in Amsterdam aus. Das niederländische Gesetz über formal ausländische Gesellschaften (WFBV)74 erlegte sog. „formal-ausländischen Gesellschaften“75 bestimmte Offenlegungspflichten auf. Zudem verlangte es ein gezeichnetes Kapital mindestens i.H.d. für niederländische Gesellschaften vorgeschriebenen Mindestkapitals; andernfalls sollten die Geschäftsführer gesamtschuldnerisch für alle Gesellschaftsverbindlichkeiten haften. Nachdem Inspire Art Ltd. sich gegen die Versuche der niederländischen Behörden, die Restriktionen des WFBV durchzusetzen, gewehrt hatte, legte das Kantongerecht Amsterdam die Sache schließlich dem EuGH vor. Der Gerichtshof stellte zunächst fest, dass die im WFVB vorgesehenen Offenle7.28 gungspflichten einen Verstoß gegen die ZNRL (die jetzt in die GesRRL integriert ist, → 27) darstellten, soweit sie Zweigniederlassungen einer nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaft Offenlegungspflichten auferlegten, die in dieser RL nicht vorgesehen sind (→ 26.13 f.). Die Vorschriften betreffend das Mindestkapital und die persönliche Haftung der 7.29 Geschäftsführer qualifizierte der EuGH als weder durch Art. 46 EGV (G 52 AEUV)76 noch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses (→ 4.40 ff., 15.20 ff.) gerechtfertigte Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit.77 Eine Rechtfertigung durch den Gläubigerschutz scheide schon deshalb aus, weil Inspire Art als Gesellschaft englischen Rechts und nicht als niederländische Gesellschaft auftrete und potentielle Gläubiger somit hinreichend darüber unterrichtet seien, dass sie u.a. bezüglich Mindestkapital und Geschäftsführerhaftung anderen Regeln als niederländische Gesellschaften unterliegt; zudem seien sie auch durch die mittels der 4. (Bilanz-)RL (heute: EU-Bilanz-RL, → 23) und ZNRL (die inzwischen in die GesRRL integriert ist, → 27) etablierten unionsrechtlichen Schutzvorschriften geschützt.78 Wie schon im CentrosUrteil (→ 7.19 ff.), auf das er insoweit auch explizit rekurrierte, setzte der EuGH also – im Einklang mit der generellen Grundkonzeption des Europäischen Unternehmensrechts − primär auf „Schutz durch Transparenz“ (sog. Informationsmodell, → 18.4, 20.29, 20.119, 21.25, 21.84, 22.32, 22.139 f., 28.18, 30.14, 36.1, 45.47).79 Unter 944 ff.; Veit/Wichert AG 2004, 15 ff.; Wachter GmbHR 2003, 1254 ff.; ders. GmbHR 2004, 88 ff.; Weller DStR 2003, 1800 ff.; Wetzler GPR 2004, 84 ff.; Ziemons ZIP 2003, 1913 ff.; Zimmer NJW 2003, 3585 ff. 74  Wet van 17 december 1997 op de formeel buitenlandse vennootschappen, Staatsblad 1997, 697. 75  Definiert in Art. 1 als „nach einem anderen als dem niederländischen Recht gegründete Kapitalgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, die ihre Tätigkeit vollständig oder nahezu vollständig in den Niederlanden ausüben und daneben keine tatsächliche Bindung an den Staat hat, in dem das Recht gilt, nach dem sie gegründet wurde“. 76  Näher zur Rechtfertigung von Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit aus Gründen der öffentlichen Sicherheit gem. Art. 52 Abs. 1 AEUV → 4.40 ff., 15.17 ff. 77  EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512, Rn. 142. 78  EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512, Rn. 135. 79  Vgl. auch M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 32.

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ausdrücklicher Bezugnahme auf Centros betonte er zudem sowohl im Hinblick auf die Frage des Vorliegens einer Beschränkung als auch einer eventuellen Rechtfertigung, dass die Gründe, aus denen eine Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat errichtet wurde, sowie der Umstand, dass sie ihre Tätigkeit ausschließlich oder nahezu ausschließlich im Mitgliedstaat der Zweigniederlassung ausübt, ihr nicht das Recht nehmen, sich auf die Niederlassungsfreiheit zu berufen, soweit im konkreten Fall kein Missbrauch nachgewiesen ist.80 Vor dem Hintergrund dieses unmissverständlichen „Machtworts“ des Gerichts- 7.30 hofs vollzogen die deutsche Rechtsprechung81 und die ganz h.L.82 in der Folgezeit in Bezug auf die rechtliche Behandlung von EU- und EWR-Gesellschaften nun endgültig den – schon unter dem Eindruck des Überseering-Urteils begonnenen (→ 7.26) − Wechsel zur Gründungstheorie. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich aber auch in anderen Mitgliedstaaten, die traditionell der Sitztheorie folgten, beobachten: In Österreich z.B. war der OGH im Hinblick auf EU-Gesellschaften bereits nach Centros zur Gründungstheorie umgeschwenkt83. Aber auch in Frankreich geht die neuere Lehre überwiegend davon aus, dass die Rechtsverhältnisse von EU-ausländischen Gesellschaften grundsätzlich nach dem Recht des Inkorporationsstaats zu beurteilen sind84. In Belgien wurde die Sitztheorie zwar erst 2004 neu kodifiziert85, im Schrifttum setzt sich allerdings ebenfalls zunehmend die Ansicht durch, dass EU-/EWR-Gesellschaften nach ihrem Gründungsstatut zu beurteilen sind.86 5.  SEVIC (2005) Vor dem Hintergrund, dass die CBMD (→ 22) damals noch nicht verabschiedet war, 7.31 befeuerte die Trias Centros – Überseering − Inspire Art auch die schon seit Längerem geführte87 Diskussion um die Frage, ob die grenzüberschreitende Verschmelzung vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit erfasst ist. Nachdem der österreichi80  EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512, Rn. 95 f., 106, 137 ff. 81  BGH BB 2004, 2432, 2433; BGH BB 2005, 1016; BGH NJW 2005, 3351 („Liechtenstein“); BGH BB 2009, 14 („Trabrennbahn“); BGH GmbHR 2010, 211 Rn. 3; BGH NStZ 2010, 632 Rn. 7; BGH NZG 2011, 273 Rn. 16; BGH NZG 2011, 1114 Rn. 14 ff.; BGH NJW 2015, 623 Rn. 23; BGH NZG 2016, 1187 Rn. 13. 82 Vgl. nur Lutter/Hommelhoff/Bayer § 4a Rn. 9; MüKoAktG/Habersack Einl. Rn. 80; Hüffer/Koch § 1 Rn. 35; Staudinger/Winkler von Mohrenfels Art. 11 EGBGB Rn. 116; partiell abw. jedoch nach wie vor Kindler NZG 2003, 1086, 1088 ff.; MüKoBGB/Kindler IntHGesR Rn. 364 ff., 428. 83  Vgl. OGH NZG 2000, 36, 38; s. ferner OGH v. 29.4.2004 − 6 Ob 44/04w; OGH GesRZ 2007, 429; OGH v. 19.10.2011 – 4 Ob 119/11w; OGH v. 19.3.2015 – 6 Ob 178/14s. 84  Vgl. dazu Lagarde Rev. crit. DIP 2003, 524, 528 ff.; Menjucq J.D.I. 2004, 923, 928 f.; ders. FS Wymeersch, 2009, S. 124, 125 ff.; ders. FS Hopt, 2010, S. 3167, 3172 f.; Muir Watt Rev. crit. DIP 2004, 173, 177; Pataut D. 2004, 491, 492 f. 85  Fn. 6. 86 Vgl. Autenne/Navez RTD com. 2009, 91, 119 f.; Pasteger JT 2009, 794, 796; Wautelet Rev. prat. soc. 2006, 5, 22 ff. (jeweils m.w.N.). Nachdrücklich für einen generellen Übergang zur Gründungstheorie Van de Looverbosch (2017) 28 ICCLR 1, 7. 87  Vgl. dazu bereits Behrens ZGR 1994, 1, 15 ff.; Kepplinger WBl. 2000, 485, 486, 493 f.;

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sche OGH dies jedenfalls für den Sonderfall der übertragenden Umwandlung nach §§ 2 ff. UmwG bejaht hatte88, wurde in der Rs. SEVIC schließlich auch der EuGH mit der Problematik befasst. Gegenstand war die Verschmelzung der luxemburgischen Security Vision Concept SA89 auf die deutsche SEVIC Systems AG, deren Eintragung das AG Neuwied unter Berufung auf § 1 Abs. 1 UmwG („Rechtsträger mit Sitz im Inland“) abgelehnt hatte. Das im Wege der Beschwerde hiergegen angerufene LG Koblenz legte daraufhin dem EuGH die Frage vor, ob diese Auslegung des § 1 Abs. 1 UmwG mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar sei90. Der Gerichtshof beantwortete dies in seinem Urteil v. 13.12.200591 – ebenso wie 7.32 zuvor bereits GA Tizzano92 − mit einem klaren Nein. Während der GA sich noch recht ausführlich mit den pro- und contra-Argumenten auseinandergesetzt hatte93, war es für den EuGH offenbar relativ klar, dass auch grenzüberschreitende Verschmelzungen vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit erfasst sind: Sie entsprächen „wie andere Gesellschaftsumwandlungen den Zusammenarbeits- und Umgestaltungsbedürfnissen von Gesellschaften mit Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten“ und stellten

Koppensteiner RabelsZ 39 (1975) 405, 423; Kronke ZGR 1994, 26, 30 ff.; Lawall IStR 1998, 345, 346; Lutter ZGR 1994, 87, 91. 88  OGH IPRax 2004, 128 („Touristik“). Dazu Bittner GesRZ 2003, 163; Doralt GesRZ 2004, 26 ff.; Paefgen IPRax 2004, 132 ff.; Rüffler GesRZ 2004, 3 ff.; Schenk/Scheibeck RIW 2004, 673 ff. 89  SA = société anonyme (→ 9.60). 90  LG Koblenz NZG 2003, 1124. Dazu Beul IStR 2003, 737 f.; Drygala ZIP 2005, 1995 ff.; Jung GPR 2004, 87 ff.; Kloster GmbHR 2003, 1413 ff.; Paefgen GmbHR 2004, 463, 470 ff. 91  EuGH v. 13.12.2005, SEVIC, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762. Dazu Andenas (2006) 7 Co Law 33 f.; Angelette (2006) 92 Va. L. Rev. 1189, 1209 ff.; Bayer BB 7/2006, I; Bayer/ J. Schmidt ZIP 2006, 210 ff.; dies. BB 2008, 454, 459; Behrens (2006) 43 C.M.L. Rev. 1669 ff.; Bungert BB 2006, 53 ff.; Capelli RMCUE 2007, 458 ff.; Dammann JCP 2006.II.10077; Decher Konzern 2006, 805, 809 ff.; Doralt IPRax 2006, 572 ff.; Dötsch/Pung Konzern 2006, 258 ff.; Hansen EBLR 2007, 181, 187 ff.; Kallmeyer/Kappes AG 2006, 224 ff.; Kieninger EWS 2006, 49 ff.; Koppensteiner GesRZ 2006, 111 ff.; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38 ff.; Kubak, Grenzüberschreitende Verschmelzungen zwischen Personenhandelsgesellschaften aus Deutschland und anderen EG-Mitgliedstaaten im Lichte der Grundfreiheiten, 2010, S. 47 ff.; Leible/Hoffmann RIW 2006, 161 ff.; Limmer ZNotP 2007, 242, 244 ff.; Louven/ Dettmeier/Pöschke Beil. zu BB 13/2006, 1, 3 ff.; Luby D. 2006, 451 ff.; Lutter/Drygala JZ 2006, 770 ff.; Mason/Ramanna Euro. Law. 2006, n° 57, 50; Moran (2007) 15 ISLR 147, 152 ff.; Oechsler NJW 2006, 812 ff.; Papadopoulos (2011) 36 E. L. Rev. 71 ff.; Pieper (2009) 30 Co Law 169, 172 f.; Priemayer WBl. 2006, 119 f.; Rieder GeS 2006, 4 ff.; Rønfeldt/ Werlauff (2006) 3 ECL 125 ff.; Schindler ECFR 2006, 109 ff.; Schön ECFR 2006, 122, 140 ff.; Sedemund BB 2006, 519 ff.; Siems (2007) 8 EBOR 307 ff.; Storm (2006) 3 ECL 130 ff.; Teichmann ZIP 2006, 355 ff.; Thiermann, Grenzüberschreitende Verschmelzungen deutscher Gesellschaften, 2010, S. 239 ff.; Ugliano EBLR 2007, 585, 592 ff. 92 GA Tizzano, Schlussanträge v. 7.7.2005, SEVIC Systems AG, C-411/03, ECLI:EU:C: 2005:437. Dazu Andenas (2006) 27 Co Law 1; Drygala ZIP 2005, 1995 ff.; Geyrhalter/ Weber NZG 2005, 837 ff.; Heckschen NotBZ 2005, 315 ff.; Kuntz EuZW 2005, 524 ff.; Sinewe DB 2005, 2061 ff. 93 GA Tizzano, Schlussanträge v. 7.7.2005, SEVIC Systems AG, C-411/03, ECLI:EU:C: 2005:437, Rn. 18-42.

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„besondere, für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts wichtige Modalitäten der Ausübung der Niederlassungsfreiheit“ dar.94 Auch im Hinblick auf die Feststellung einer Beschränkung fasste der EuGH 7.33 sich – anders als der GA95 − relativ knapp und stellte schlicht auf die in der deutschen Praxis liegende Diskriminierung (unterschiedliche Behandlung je nachdem, ob es sich um eine innerstaatliche oder grenzüberschreitende Verschmelzung handelt) ab.96 Diese Beschränkung sei auch nicht durch zwingende Gründe des Allgemei- 7.34 ninteresses (→ 4.40 ff., 15.20 ff.) gerechtfertigt.97 Als in diesem Kontext zumindest grundsätzlich einschlägig nennt der EuGH speziell den Schutz der Interessen von Gläubigern, Minderheitsgesellschaftern und Arbeitnehmern sowie die Wahrung der Wirksamkeit der Steueraufsicht und der Lauterkeit des Handelsverkehrs.98 Denn die deutsche Praxis einer generellen Verweigerung der Eintragung sei jedenfalls nicht erforderlich, da sie grenzüberschreitende Verschmelzungen auch dann verhindert, wenn die genannten Interessen gar nicht bedroht sind.99 Entgegen dem Vorbringen der deutschen und niederländischen Regierung sah der 7.35 EuGH aber insbesondere auch in dem Umstand, dass die – zwischenzeitlich verabschiedete − CBMD (die inzwischen in die GesRRL integriert wurde, → 22) z.Z. des Abschlusses des Verschmelzungsvertrags noch nicht beschlossen und z.Z. der Urteilsverkündung noch nicht umgesetzt war, keinen Grund für eine Verweigerung: Gemeinschaftsrechtliche Harmonisierungsvorschriften wären zwar „gewiss hilfreich“, seien aber keine Vorbedingung für die Durchführung der Niederlassungsfreiheit.100 6.  Cartesio (2008) Nachdem der EuGH seine mobilitätsfreundliche Linie auch in SEVIC konsequent 7.36 fortgesetzt hatte, wallte die nach Daily Mail nie wirklich zur Ruhe gekommene Debatte um die „Wegzugsfreiheit“ immer mehr auf. Im Schrifttum setzte sich zunehmend die Auffassung durch, dass die − vom EuGH schließlich explizit auf den „gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts“ des Jahres 1988 (!) bezogene − Daily Mail-Doktrin damit endgültig überholt sei und eine Differenzierung zwischen Zuzugs- und Wegzugsfällen sich aufgrund der zwischenzeitlichen Entwicklungen nicht

 94 EuGH v. 13.12.2005, SEVIC, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762, Rn. 19.  95 GA Tizzano war in seinen Schlussanträgen explizit auf die Differenzierung zwischen „Zuzugs-“ und „Wegzugsbeschränkungen“ eingegangen, hatte beide als Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit qualifiziert (Rn. 45) und damit die Hoffnung auf ein entsprechendes klares Votum des EuGH – und damit letztlich ein „overruling“ von Daily Mail (→ 7.14 ff.) − genährt, dazu noch → 7.36.  96 EuGH v. 13.12.2005, SEVIC, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762, Rn. 22 f.  97 EuGH v. 13.12.2005, SEVIC, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762, Rn. 28.  98 EuGH v. 13.12.2005, SEVIC, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762, Rn. 28.  99 EuGH v. 13.12.2005, SEVIC, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762, Rn. 30. 100  EuGH v. 13.12.2005, SEVIC, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762, Rn. 26.

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mehr aufrechterhalten lasse.101 Gestützt wurde diese These insbesondere auch auf das steuerrechtliche Urteil in der Rs. de Lasteyrie du Saillant v. 13.3.2004102, in dem der Gerichtshof eine französische Regelung, nach der latente Wertsteigerungen besteuert wurden, wenn eine steuerpflichtige natürliche Person ihren Wohnsitz ins Ausland verlegte, für unvereinbar mit der Niederlassungsfreiheit erklärt hatte.103 Zudem hatte auch GA Tizzano in seinen Schlussanträgen in SEVIC explizit die Auffassung vertreten, dass die Niederlassungsfreiheit sowohl Zuzugs- als auch Wegzugsbeschränkungen verbiete.104 Die Rs. Cartesio gab dem EuGH schließlich Gelegenheit zur Klärung der Proble7.37 matik. Cartesio, eine nach ungarischem Recht gegründete betéti társaság (Kommanditgesellschaft), wollte ihren tatsächlichen Sitz105 von Ungarn nach Italien verlegen, aber in Ungarn registriert bleiben und weiterhin ungarischem Recht unterliegen. Das ungarische Registergericht verweigerte die Eintragung mit der Begründung, dass eine in Ungarn gegründete Gesellschaft nach ungarischem Recht ihren Sitz nicht unter Beibehaltung des ungarischen Personalstatuts ins Ausland verlegen könne. Das mit der Berufung gegen diese Entscheidung befasste Regionalgericht Szeged106 legte die Sache schließlich dem EuGH vor. GA Maduro bejahte in seinen Schlussanträgen vom 22.5.2008107 einen Verstoß ge7.38 gen die Niederlassungsfreiheit. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs habe sich seit

101 I.d.S. etwa Behrens IPRax 2003, 193, 205; Campos Nave BB 2005, 2660, 2663; Doralt IPRax 2006, 572, 575; Ebke FS Thode, 2005, S. 593, 601; Mucciarelli (2008) 9 EBOR 267, 296 ff.; W.-H. Roth FS Heldrich, 2005, S. 973, 985 ff.; Schön ECFR 2006, 122, 138; Szydlo ERPL 2008, 973, 993 f.; Weng EWS 2008, 264, 271 f. 102  EuGH v. 11.3.2004, de Lasteyrie du Saillant, C-9/02, ECLI:EU:C:2004:138. Dazu Aigner/Tissot SWI 2004, 293 ff.; Angelette (2006) 92 Va. L. Rev. 1189, 1206 ff.; Bayer/ J. Schmidt BB 2008, 454, 458; Campos Nave BB 2005, 2660 ff.; Eicker/Schwind EWS 2004, 181 ff.; Franz EuZW 2004, 270 ff.; Kleinert/Probst NJW 2004, 2425 ff.; Kraft/Müller RIW 2004, 366 ff.; Reimer/Rust EWS 2004, 207 ff.; Schaumburg DB 2005, 1129, 1131; Schießl NJW 2005, 849, 853; Schindler IStR 2004, 300 ff.; Schnitger BB 2004, 804 ff.; Wassermeyer GmbHR 2004, 613 ff. 103 N.B.: Als Reaktion auf dieses Urteil leitete die Kommission gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren ein, das zu einer Novellierung der vergleichbaren Regelung in § 6 AStG durch das SEStEG (→ 45.198) führte, vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 458; Blümich/Elicker § 6 AStG Rn. 3 ff. m.w.N. 104 GA Tizzano, Schlussanträge v. 7.7.2005, SEVIC Systems AG, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:437, Rn. 45. S. auch bereits o. Fn. 95. 105 In der ungarischen Originalfassung der Vorlage wird der – nach damaligem ungarischen Recht mit ganz spezifischen Implikationen verbundene − Begriff „székhely“ benutzt, was im Verlaufe des Verfahrens für einige Verwirrung sorgte, ausf. dazu Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 755 f. m.w.N. 106 Regionalgericht Szeged (Ungarn) v. 20.4.2006, Cartesio, ABlEU v. 15.7.2006, C 165/17 = ZIP 2006, 1536; dazu Behme BB 2008, 70, 71; Fleischer/Schmolke JZ 2008, 233, 235; Frenzel EWS 2008, 130 ff.; Neye EWiR 2006, 459 f.; Schmidtbleicher BB 2007, 613 ff. 107 GA Maduro, Schlussanträge v. 22.5.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723. Dazu Bartman (2008) 5 ECL 172; Behme/Nohlen NZG 2008, 496 ff.; Campos Nave BB 2008, 1410 ff.; Deak EC Tax Review 2008, 250 ff.; Grohmann/Gruschinske EuZW 2008, 463 ff.; Nemessányi ZfRV 2008, 264 ff.; Neye FS Schwark, 2009, S. 231, 235 ff.; Richter

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Daily Mail erheblich weiterentwickelt108, sodass man beim nunmehr erreichten Stand des Gemeinschaftsrechts nicht mehr argumentieren könne, dass es den Mitgliedstaaten frei stehe, den Wegzug einer Gesellschaft mit der – wie er abschließend schon fast theatralisch formulierte − „Todesstrafe“ zu sanktionieren109. Die genau gegenteilige Entscheidung des EuGH in seinem Urteil v. 16.12.2008110 7.39 war daher nicht zuletzt deshalb ebenso aufsehenerregend wie für viele auch völlig überraschend. Der Gerichtshof entschied nämlich, dass der „Wegzug“ − genauer: die Verlegung des Verwaltungssitzes in einen anderen Mitgliedstaat unter Beibehaltung der Eigenschaft als Gesellschaft nach dem nationalen Recht des Gründungsstaats nicht durch die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49, 54 AEUV geschützt ist. Unter Anknüpfung an sein bereits im Daily Mail-Urteil entwickeltes Grundverständnis der Gesellschaften als Geschöpfe der jeweiligen nationalen Rechtsordnung, jenseits derer sie „keine Realität“ haben111, führte er erneut aus, dass der EGV (inzwischen AEUV) die unterschiedlichen Formen der gesellschaftsrechtlichen Anknüpfung in den nationalen Rechtsordnungen als im Wege der Rechtssetzung oder des Vertragsschlusses zu lösendes Problem betrachte, wozu es jedoch bislang nicht gekommen ist112. Die Anforderungen, die eine Gesellschaft erfüllen muss, um als Gesellschaft eines bestimmten Mitgliedstaats zu gelten, seien beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts eine allein nach dem nationalen Recht zu beantwortende Vorfrage: Nur wenn und IStR 2008, 719 ff.; Ringe ZIP 2008, 1072 ff.; Szydlo ERPL 2008, 973 ff.; Weng EWS 2008, 264 ff.; Wilhelmi DB 2008, 1611 ff.; Wooldridge (2009) 30 Co Law 145 f. 108 GA Maduro, Schlussanträge v. 22.5.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723, Rn. 27 ff. 109 GA Maduro, Schlussanträge v. 22.5.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723, Rn. 31. 110 EuGH v. 16.12.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723. Dazu Armour/Ringe (2011) 48 C.M.L. Rev. 125, 138 ff.; Autenne/Navez RTD com. 2009, 91 ff.; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735 ff.; dies. BB 2010, 387, 391 f.; Bollacher RIW 2009, 150 ff.; Borg-Barthet (2009) 58 ICLQ 1020 ff.; Brakalova/Barth DB 2009, 213 ff.; Cains ERPL 2010, 569 ff.; Campos Nave BB 2009, 870 ff.; Cerioni JBL 2010, 311 ff.; Cornette de Saint-Cyr JCP E 2009, 1286; Dammann/Wynaendt/Nader D. 2009, 574 ff.; Däubler/ Heuschmid NZG 2009, 493 ff.; Eckert GesRZ 2009, 47 ff.; ders. GesRZ 2009, 139, 145 ff.; Freitas da Costa RDUE 2009, 127 ff.; Gerner-Beuerle/Schillig (2010) 59 ICLQ 303 ff.; Hennrichs/Pöschke/von der Laage/Klavina WM 2009, 2009 ff.; Herrler DNotZ 2009, 484 ff.; HJI Panayi (2009) 28 YEL 123, 162 ff.; Johnston/Syrpis (2009) 34 E. L. Rev. 378 ff.; Kindler NZG 2009, 130 ff.; Knof/Mock ZIP 2009, 30 ff.; Kobelt GmbHR 2009, 808 ff.; Korom/Metzinger ECFR 2009, 125 ff.; Kovar D. 2009, 465 ff.; Kubat Erk EBLR 2010, 414, 423 ff.; Leible/Hoffmann BB 2009, 58 ff.; Meilicke GmbHR 2009, 92 ff.; Mélin JCP E 2009, 1208; Menjucq JCP 2009.II.10027; Otte/Rietschel GmbHR 2009, 983 ff.; Paefgen WM 2009, 529 ff.; Parleani Rev. soc. 2009, 150 ff.; Pasteger JT 2009, 794; Petronella EBLR 2010, 245 ff.; Ratka/Wolfbauer ZfRV 2009, 57 ff.; Schmidt-Kessel GPR 2009, 26 ff.; Sethe/ Winzer WM 2009, 536 ff.; Szudoczky Intertax 2009, 346 ff.; Szydlo (2009) 46 C.M.L. Rev. 703 ff.; ders. ECFR 2010, 414, 426 ff.; Teichmann ZIP 2009, 393 ff.; Timmermans ERPL 2010, 549, 553 ff.; Trüten EuZ 2009, 68 ff.; Valk (2010) 6 Utrecht L. Rev. 151 ff.; Vossestein (2009) 6 ECL 115 ff.; Werner GmbHR 2009, 191 ff.; Wilhelmi JZ 2009, 411 ff.; Zimmer/ Naendrup NJW 2009, 545 ff. 111 EuGH v. 16.12.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723, Rn. 104. 112 EuGH v. 16.12.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723, Rn. 108.

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soweit diese Vorfrage auf nationaler Ebene positiv beantwortet wird, ist der Anwendungsbereich der Art. 43, 48 EGV (G 49, 54 AEUV) überhaupt eröffnet; nur in diesem Fall kommt die betreffende Gesellschaft in den Genuss der Niederlassungsfreiheit.113 Somit bestimme ausschließlich der jeweilige Mitgliedstaat über die Anknüpfungstatsachen, die eine Gesellschaft aufweisen muss, um als nach seinem innerstaatlichen Recht gegründet angesehen werden zu können; weiterhin aber auch über die Voraussetzungen, die für den Erhalt der Eigenschaft verlangt werden.114 7.40 Nach Ansicht des Gerichtshof kommt den Mitgliedstaaten also auch beim inzwischen erreichten Stand des Unionsrechts die alleinige Definitionsautonomie darüber zu, wie stark das „territoriale“ Band ihrer Gesellschaften zu ihrem Hoheitsgebiet sein muss, d.h. insbesondere, ob sie lediglich „formal“ statutarisch innerhalb seines Hoheitsgebiets ansässig sein müssen (Gründungstheorie) oder ob die Qualifizierung als nationale Gesellschaft darüber hinaus daran gekoppelt ist, dass sich dort auch der tatsächliche Verwaltungssitz befindet (Sitztheorie).115 Die Mitgliedstaaten haben somit letztlich das Recht, ihre Gesellschaften dadurch quasi „einzumauern“, dass sie den Versuch des Wegzugs mit der Auflösung (oder in der Terminologie von GA Maduro: der „Todesstrafe“116) sanktionieren.117 7.41 Die Argumentation des EuGH, die im Schrifttum teils heftige Kritik erfahren hat118, mag im Detail durchaus angreifbar sein119: So lässt sich Art. 54 AEUV sehr wohl auch anders interpretieren120; zudem ist der vom Gerichtshof angestellte Vergleich mit der Verleihung der Staatsangehörigkeit an natürliche Personen zumindest etwas schief121, und der Verweis auf die Notwendigkeit einer Regelung durch einen unionsrechtlichen Rechtsakt steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zur expliziten Ablehnung eines solchen „Rechtssetzungsvorbehalts“ im SEVIC-Urteil (→ 7.35)122. Zudem hat sich der „gegenwärtige Stand des Gemeinschaftsrechts“ (jetzt: Unionsrechts) – wie GA 113 EuGH v. 16.12.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723, Rn. 109. 114 EuGH v. 16.12.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723, Rn. 110. 115 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 742; dies. BB 2010, 387, 391; s. ferner auch Grundmann Rn. 789. 116 GA Maduro, Schlussanträge v. 22.5.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723, Rn. 31. 117 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 742; dies. BB 2010, 387, 391. 118 Die Entscheidung wurde verbreitet als „Rückschlag“ für die freie Sitzverlegung (Brakalova/Barth DB 2009, 213, 217) bzw. die Niederlassungsfreiheit (Otte EWS 2009, 38, 39) gebranntmarkt; andere sprachen von einem „stepping twenty years backwards“ (Kußmaul/Ruiner/Richter (2009) 6 ECL 246, 253). 119 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 743; dies. BB 2010, 387, 391. 120 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 743; Frenzel EWS 2009, 158, 160; Frobenius DStR 2009, 487, 489; Knof/Mock ZIP 2009, 30, 31; Korom/Metzinger ECFR 2009, 125, 150 ff.; Mörsdorf EuZW 2009, 97, 99; Paefgen WM 2009, 529, 533 f.; Szydlo (2009) 46 C.M.L.Rev. 703, 714 ff.; Teichmann ZIP 2009, 393, 398 ff.; Timmermans ERPL 2010, 549, 554; Wilhelmi JZ 2009, 411 f. 121 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 743; Frenzel EWS 2009, 158, 160 f.; Leible/ Hoffmann BB 2009, 58, 59 f.; Paefgen WM 2009, 529, 533 f.; Sethe/Winzer WM 2009, 536, 538; Zimmer/Naendrup NJW 2009, 545, 546. 122 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 743; Frenzel EWS 2009, 158, 162; Hennrichs/ Pöschke/von der Laage/Klavina WM 2009, 2009, 2014; Trüten EuZ 2009, 68, 73.

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Maduro in seinen Schlussanträgen zu Recht betont hat123 − seit dem Daily Mail-Urteil doch ganz erheblich weiterentwickelt.124 Zumindest aus rechtspolitischer Perspektive erscheint die Differenzierung zwischen Zuzug und Wegzug im Übrigen wenig überzeugend125, zumal die den Mitgliedstaaten für den Fall des Wegzugsversuchs eingeräumte „Lizenz zum Töten“ nur schwerlich mit dem Binnenmarktideal in Einklang zu bringen ist126. Akzeptiert man indes die Grundprämissen des EuGH, so stellt sich das Cartesio-Urteil letztlich als nicht nur in sich konsequente, sondern vor allem auch als folgerichtige und systemkonsistente Fortführung der durch Daily Mail begründeten Rechtsprechungslinie dar.127 Obgleich es in Cartesio im Kern nur um die Verlegung des operativen Geschäfts- 7.42 sitzes ins Ausland ging128, brachte der EuGH mit einem – relativ ausführlichen und für den Gerichtshof an sich ungewöhnlichen129 − obiter dictum auch frischen Wind in die seit Langem kontrovers diskutierte Frage der Möglichkeit einer identitätswahrenden grenzüberschreitenden Satzungssitzverlegung (grenzüberschreitender Formwechsel). Er stellte nämlich ausdrücklich – wenn auch eben nur obiter − fest, dass der Fall, dass eine „Gesellschaft aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat unter Änderung des anwendbaren Rechts verlegt und dabei in eine dem Recht des zweiten Mitgliedstaats unterliegende Gesellschaftsform umgewandelt wird“ in den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit fällt.130 Die Befugnis der Mitgliedstaaten zur Determination der kollisionsrechtlichen Anknüpfung (→ 7.40) rechtfertige es nicht, „dass der Gründungsmitgliedstaat die Gesellschaft dadurch, dass er ihre Auflösung und Liquidation verlangt, daran hindert, sich in eine Gesellschaft nach dem nationalen Recht dieses anderen Mitgliedstaats umzuwandeln, soweit dies nach diesem Recht möglich ist“.131 Ein „solches Hemmnis“ stelle „eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar ..., die, wenn sie nicht zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entspricht, nach 123 GA Maduro, Schlussanträge v. 22.5.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723, Rn. 27. 124 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 743; Frenzel EWS 2009, 158, 161 f.; Knof/ Mock ZIP 2009, 30, 31; Pießkalla EuZW 2009, 82, 83. 125 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 743; dies. BB 2010, 387, 391; Behme/Nohlen BB 2009, 13, 14; Hennrichs/Pöschke/von der Laage/Klavina WM 2009, 2009, 2012 f.; Kußmaul/Richter/Ruiner EWS 2009, 1, 5; Petronella EBLR 2010, 245, 263 ff.; Sethe/ Winzer WM 2009, 536, 540; Szydlo (2009) 46 C.M.L. Rev. 703, 718 f.; Trüten EuZ 2009, 68, 72. 126 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 743 f.; dies. BB 2010, 387, 391; Bollacher RIW 2009, 150, 153. 127 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 744; dies. BB 2010, 387, 391; Barthel EWS 2010, 316, 330; Grundmann Rn. 789; Hennrichs/Pöschke/von der Laage/Klavina WM 2009, 2009, 2013; Meilicke GmbHR 2009, 92, 93; Mélin JCP E 2009, 1208; Menjucq JCP 2009.II.10027; Schmidt-Kessel GPR 2009, 26, 29; Sethe/Winzer WM 2009, 536, 538; Wilhelmi JZ 2009, 411, 413. 128 Vgl. zu in diesem Zusammenhang im Laufe des Verfahrens aufgetretenen Missverständnissen bereits → Fn. 105 sowie ausf. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 755 f. m.w.N. 129 Vgl. zu den Hintergründen Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 755 f. 130 EuGH v. 16.12.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723, Rn. 111. 131 EuGH v. 16.12.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723, Rn. 112.

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Art. 43 EGV (G Art. 49 AEUV) verboten“ sei.132 Beabsichtigt die Gesellschaft also, ihr „Rechtskleid“ im Zuge der „Verlegungs-Operation“ zu wechseln, so darf der Wegzugsstaat dies nicht pauschal verhindern (d.h. mit der Auflösung und Liquidation“ sanktionieren), sondern nur solchen Beschränkungen unterwerfen, die aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses (→ 4.40 ff., 15.20 ff.) gerechtfertigt sind. Welche Beschränkungen damit im Einzelnen zulässig sind, hat der Gerichtshof allerdings nicht näher konturiert. Äußerst umstritten war speziell auch die Bedeutung des Vorbehalts der Zulässig7.43 keit nach dem Recht des Aufnahmestaats („soweit dies nach diesem Recht möglich ist“133). Im Schrifttum wurde daraus teilweise abgeleitet, dass es dem Aufnahmestaat völlig freistünde, ob und unter welchen Voraussetzungen er einen grenzüberschrei­ tenden Formwechsel zulässt.134 Eine solche Interpretation wäre jedoch mit der extensiven Auslegung des Schutzbereichs der Niederlassungsfreiheit im Sevic-Urteil (→ 7.32) nicht zu vereinbaren. Gemeint war vielmehr – wie dann später durch das VALE-Urteil (→ 7.46 ff.) bestätigt wurde − Folgendes: Wenn und soweit ein Mitgliedstaat für seine nationalen Rechtsformen einen identitätswahrenden Formwechsel zulässt, muss er dies auch für die entsprechenden grenzüberschreitenden Konstellationen tun.135 7.  National Grid Indus (2011) 7.44 Einen weiteren wichtigen Aspekt hat der EuGH in seinem Urteil in der Rs. National Grid Indus v. 29.11.2011136 ergänzt. Die National Grid Indus BV, eine Gesellschaft niederländischen Rechts mit Satzungssitz in Rotterdam, verlegte ihren Verwaltungssitz in das UK. Da sowohl die Niederlande als auch das UK der Gründungstheorie folgen, 132 EuGH v. 16.12.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723, Rn. 113. 133 EuGH v. 16.12.2008, Cartesio, C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723, Rn. 112. 134 I.d.S. offenbar Frenzel EWS 2009, 158, 160, 164; Johnston/Syrpis (2009) 34 E. L. Rev. 378, 387; Korom/Metzinger ECFR 2009, 125, 156; Paefgen WM 2009, 529, 532. 135 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 759 f.; dies. BB 2010, 387, 392; Barthel EWS 2011, 131, 134; Grundmann Rn. 790; Hennrichs/Pöschke/von der Laage/Klavina WM 2009, 2009, 2012; Mörsdorf EuZW 2009, 97, 100; Otte/Rietschel GmbHR 2009, 983, 984 f.; Ratka/Wolfbauer ZfRV 2009, 393, 402; Schall ZfPW 2016, 407, 414 f.; Szydlo (2009) 46 C.M.L. Rev. 703, 721; Teichmann ZIP 2009, 393, 402; Teichmann/Ptak RIW 2010, 817, 819; Wicke GPR 2010, 238, 240; Zimmer/Naendrup NJW 2009, 545, 548; s. ferner (allerdings unter Berufung auf Inspire Art) auch Behme/Nohlen BB 2009, 13, 14. Sogar für eine generelle Verpflichtung zur Zulassung offenbar Vossestein (2009) 6 ECL 115, 121; offenbar weitergehend auch Cerioni JBL 2010, 311, 328 f. 136  EuGH v. 29.11.2011, National Grid Indus, C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 11 f.; Brinkmann/Reiter DB 2012, 16 ff.; Bron EWS 2012, 32 ff.; d’Avout/Bollée D. 2012, 2331, 2333 f.; Hahn BB 2012, 681 ff.; Heurung/Engel/ Thiedemann EWS 2012, 46 ff.; Haar GPR 2012, 137, 138 f.; Hruschka DStR 2011, 2343 f.; Körner IStR 2012, 1 ff.; Kovar D. 2012, 784 ff.; Mitschke IStR 2012, 6 ff.; ders. DStR 2012, 629 ff.; Möller-Gosoge/Kaiser BB 2012, 803 ff.; Mörsdorf EuZW 2012, 296 ff.; Schall/ Barth NZG 2012, 414 ff.; Schaper EWiR 2012, 505 f.; Stöber ZIP 2012, 1273 ff.; Verse ZEuP 2013, 458 ff.; Wiehe/Thies BB 2012, 1891 ff.; Wöhlert/Degen GWR 2012, 337957.

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war zwar ihre Fortexistenz als Gesellschaft niederländischen Rechts unproblematisch; fraglich war jedoch, ob die niederländische Wegzugsbesteuerung mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) vereinbar war. Der EuGH betonte unter Verweis auf die Entscheidungen Daily Mail (→ 7.14 ff.), Überseering (→ 7.23 ff.) und Cartesio (→ 7.36 ff.) zunächst erneut, dass die Anforderungen, die eine Gesellschaft erfüllen muss, um als Gesellschaft eines bestimmten Mitgliedstaats zu gelten, beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts eine allein nach dem nationalen Recht zu beantwortende Vorfrage ist und der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit überhaupt nur eröffnet ist, wenn diese positiv beantwortet wird.137 In casu habe die Verwaltungssitzverlegung die Eigenschaft von National Grid als Gesellschaft niederländischen Rechts gerade nicht berührt, sodass sie sich in Bezug auf die an die Verwaltungssitzverlegung geknüpften steuerrechtlichen Folgen auf die Niederlassungsfreiheit berufen könne.138 Das – durchaus naheliegende und im Verfahren von einer Reihe nationaler Regierungen vorgebrachte − Argument, dass, wenn der Herkunftsmitgliedstaat befugt ist, im Falle des Wegzugs die Auflösung und Liquidierung der Gesellschaft zu verlangen, er doch – quasi als „Minus“ – erst recht befugt sein müsse, steuerliche (oder sonstige) Erfordernisse für den Wegzug festzulegen, ließ der EuGH nicht gelten.139 In Bezug auf die konkrete Regelung zur Wegzugsbesteuerung entschied der EuGH, dass eine Besteuerung nicht realisierter Wertzuwächse und die Festsetzung des Steuerbetrags bereits im Zeitpunkt der Verlegung des tatsächlichen Verwaltungssitzes zwar grundsätzlich durch das als legitim anzuerkennende Ziel der Aufteilung der Besteuerung zwischen den Mitgliedstaaten gerechtfertigt ist; die sofortige Einziehung sei jedoch unverhältnismäßig.140 Sofern also ein Mitgliedstaat es „seinen“ Gesellschaften grundsätzlich gestattet, ih- 7.45 ren Verwaltungssitz von Anfang an außerhalb seines Territoriums zu begründen und/ oder später dorthin zu verlegen, könne er einen solchen „Wegzug“ nicht beliebigen Beschränkungen unterwerfen; solche müssen sich vielmehr am Maßstab der Art. 49, 54 AEUV messen lassen.141 Regelungsautonomie haben die Mitgliedstaaten also nur im Hinblick darauf, ob sie den „Wegzug“ überhaupt zulassen; wenn sie dies tun, müssen Beschränkungen im Einzelfall aber in niederlassungskonformer Weise erfolgen.142 137 EuGH v. 29.11.2011, National Grid Indus, C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785, Rn. 26 f. 138 EuGH v. 29.11.2011, National Grid Indus, C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785, Rn. 32. 139 EuGH v. 29.11.2011, National Grid Indus, C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785, Rn. 28 ff. Diese Argumentation erinnert an die grundlegenden Ausführungen des EuGH in den ersten „Goldene Aktien“-Urteilen (vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 12): Der Gerichtshof lehnte es dort dezidiert ab, der etwa auch von GA Colomer vertretenen sog. „Minus“-Theorie zu folgen, wonach aus dem in Art. 295 EGV (heute: Art. 345 AEUV) normierten Grundsatz der Eigentumsordnung der Verträge das generelle Recht folgen müsse, anstelle einer (zulässigen) Nichtprivatisierung staatlicher Unternehmen auch eine nur beschränkte (Teil-)Privatisierung vorzunehmen → 15.14 f. 140 EuGH v. 29.11.2011, National Grid Indus, C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785, Rn. 34 ff. 141 Vgl. Bayer, in: Bergmann u.a. (Hrsg.), 10 Jahre SE, 2015, S. 230, 247; Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 12. 142 Vgl. Bayer (Fn. 141), S. 230, 240; Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 12; Verse ZEuP 2013,458, 463 f.; s. ferner auch Weller IPrax 2017, 167, 171.

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8.  VALE (2012) 7.46 Einen weiteren wichtigen Meilenstein für die grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften hat der EuGH mit seinem Urteil in der Rs. VALE v. 12.7.2012143 gesetzt. a)  Sachverhalt 7.47 Im Ausgangsfall wollte die nach italienischem Recht gegründete und in Rom registrierte VALE Costruzioni Srl144 ihren Sitz nach Ungarn verlegen und in die ungarische Rechtsform Kft145 wechseln. Nach italienischem Recht stand dem nichts entgegen; die Gesellschaft wurde daher entsprechend ihrem Antrag am 13.2.2006 mit einem Vermerk über die Sitzverlegung nach Ungarn im italienischen Register gelöscht. Die Eintragung ins ungarische Register wurde jedoch sowohl vom dortigen Registergericht als auch in der Beschwerdeinstanz abgelehnt: Nach ungarischem Recht könnten nur die in §§ 24–29 des Gesetzes Nr. V/2006 abschließend aufgeführten Angaben eingetragen werden und eine nicht-ungarische Gesellschaft als „Rechtsvorgängerin“ sei dort nicht vorgesehen. Der Oberste Gerichtshof von Ungarn vertrat ebenfalls die Auffassung, dass die Verlegung des Sitzes einer dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegenden Gesellschaft zusammen mit einer Neugründung der Gesellschaft nach ungarischem Recht und dem Vermerk über ihren italienischen Gründer, wie von VALE beantragt, nach ungarischem Recht nicht als Umwandlung vorgenommen werden könne, da die nationalen Vorschriften über Umwandlungen nur auf innerstaatliche Sachverhalte anwendbar seien. Er hatte indes Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Rechtsposition mit der Niederlassungsfreiheit und beschloss eine Vorlage an den

143 EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440. Dazu Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481 ff.; dies. BB 2013, 3, 9 f.; Behme NZG 2012, 936 ff.; Behrens EuZW 2012, 625; Biermeyer (2013) 50 C.M.L. Rev. 571 ff.; Böttcher/Kraft NJW 2012, 2701 ff.; Braun DZWiR 2012, 411 ff.; ders. WuB II. Q. Art. 49 AEUV 2.13; Conac D. 2012, 3009 ff.; Drygala EuZW 2013, 569 ff.; Ege/Klett DStR 2012, 2442 ff.; Frenzel NotBZ 2012, 349 ff.; Gesell/Köhler FAZ v. 25.7.2012, S. 19; Haar GPR 2015, 238, 239; Hammen WuB II. Q. Art. 49 AEUV 1.13; Heckschen FS Elsing, 2015, S. 823 ff.; Jaensch EWS 2012, 353 ff.; Kindler EuZW 2012, 888 ff.; Klett GWR 2012, 319; König/Bormann NZG 2012, 1241 ff.; Krarup EBLR 2013, 691 ff.; Kruis/Widmayer CFL 2012, 349 ff.; Menjucq JCP G 2012, 1089; Messenzehl/Schwarzfischer BB 2012, 2072 f.; Mörsdorf/Jopen ZIP 2012, 1398 ff.; Mörsdorf-Schulte KSzW 2014, 117 ff.; Mutter/Kruchen EWiR 2012, 541 f.; G. Roth ZIP 2012, 1744 f.; ders. FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 965 ff.; ders. FS Torggler, 2013, S. 1023 ff.; Rubner/Leuering NJW-Spezial 2012, 527 f.; Schaper ZIP 2014, 810 ff.; Schön ZGR 2013, 333 ff.; Schönhaus/Müller IStR 2013, 174 ff.; Schröder/Fischer VersR 2013, 686 ff.; Schwarz JDE 2014, 139 ff.; Szabó/Sørensen LSN Research Paper Series No. 10–33; Teichmann DB 2012, 2085 ff.; van Eck/Roelofs (2012) 9 ECL 319 ff.; Verse EuZW 2013, 336 f.; ders. ZEuP 2013, 458 ff.; Weller/Rentsch IPRax 2013, 530 ff.; Wicke DStR 2012, 1756 ff.; Wöhlert/Degen GWR 2012, 432; Wohlrab GPR 2012, 316 ff. 144 Srl = società a responsabilità limitata (→ 9.60). 145 Kft = korlátolt felelősségű társaság (→ 9.60).

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EuGH.146 Gegenstand der insgesamt vier Vorlagefragen war im Wesentlichen, ob die ungarische Praxis mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar sei und insbesondere, ob der Aufnahmemitgliedstaat von der Gesellschaft die Erfüllung sämtlicher Erfordernisse verlangen dürfe, die nach seinem Recht für innerstaatliche Umwandlungen vorgesehen sind. b)  Niederlassungsfreiheit als „Formwechselfreiheit“ Der EuGH bestätigte unmissverständlich und eindeutig die schon im SEVIC-Urteil 7.48 (→ 7.31) angedeutete und im Cartesio-Urteil (→ 7.36) zwar ausdrücklich, aber eben nur obiter getroffene Feststellung, dass auch der grenzüberschreitende Formwechsel (die grenzüberschreitende statutenwechselnde Sitzverlegung) vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49, 54 AEUV erfasst wird.147 Die Niederlassungsfreiheit beinhaltet also auch die „Formwechselfreiheit“.148 Ähnlich wie schon in SEVIC (→ 7.35) betont der Gerichtshof, dass sekundärrechtliche Vorschriften zwar insofern „gewiss hilfreich“ wären, ihre Existenz könne jedoch keine Vorbedingung der in Art. 49, 54 AEUV verankerten Niederlassungsfreiheit sein.149 Die unterschiedliche Behandlung von Gesellschaften in Abhängigkeit davon, ob es sich um einen innerstaatlichen oder um einen grenzüberschreitenden Formwechsel handelt, stelle eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar.150 Eine Rechtfertigung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses (→ 4.40 ff., 15.20 ff.) scheide aus, da das ungarische Recht grenzüberschreitende Formwechsel – ähnlich wie das deutsche im Fall SEVIC (→ 7.34), auf den der EuGH hier nochmals ausdrücklich Bezug nimmt – generell ausschließt, sodass sie selbst dann nicht vorgenommen werden können, wenn die bezeichneten Interessen gar nicht bedroht sind.151 c)  Verfahren Der Gerichtshof führte dann weiter aus, dass hinsichtlich des Verfahrens mangels 7.49 unionsrechtlicher Regelungen die innerstaatlichen Formwechselgründungs- und -funktionsregelungen des Herkunftsmitgliedstaats und des Aufnahmemitgliedstaats gelten; es kommt also entsprechend der kollisionsrechtlichen Vereinigungstheorie zu

146 Magyar Köztársaság Legfelsőbb Bírósága (Oberstes Gericht von Ungarn) v. 17.6.2010, ZIP 2010, 1956. Dazu Armour/Ringe (2011) 48 C.M.L. Rev. 125, 141; Barthel EWS 2011, 131 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 12; Korom/Metzinger ECFR 2009, 125, 156; Neye EWiR 2010, 625 f. 147 Vgl. EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 24 ff. 148 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1485 f., 1490; J. Schmidt, Cross-border mergers and divisions, transfers of seat: Is there a need to legislate?, PE 559.960, S. 12. 149 Vgl. EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 38. 150 EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 36. 151 EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 40.

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einer „sukzessiven Anwendung von zwei nationalen Rechtsordnungen“152.153 Aus Art. 49, 54 AEUV folge jedoch, dass die jeweiligen nationalen Vorschriften nur i.R.d. Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatzes anzuwenden sind, d.h. (1) grenzüberschreitende Formwechsel dürfen nicht ungünstiger behandelt werden als innerstaatliche Formwechsel (Äquivalenzgrundsatz) und (2) grenzüberschreitende Formwechsel dürfen nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden (Effektivitätsgrundsatz).154 Explizit als nationale Formwechselgründungs- und -funktionsvorschriften 7.50 (des Aufnahmemitgliedstaats) hat der EuGH in VALE anerkannt: die Erfordernisse der Erstellung einer Bilanz, eines Vermögensverzeichnis und der Wahrung einer strikten rechtlichen und wirtschaftlichen Kontinuität der Vorgänger- und Nachfolgegesellschaft sowie die Vorschriften über das Einreichungsverfahren und die dabei einzureichenden Dokumente.155 GA Jääskinen hatte in seinen Schlussanträgen außerdem die Voraussetzungen in Bezug auf das Gesellschaftskapital, die Gesellschafter und die Regelungen in der Satzung genannt.156 Der EuGH hat zudem klargestellt, dass ein Rechtsnachfolgevermerk eingetragen werden muss, wenn dies auch bei einem innerstaatlichen Formwechsel erfolgt157, und dass der Aufnahmemitgliedstaat den von den Behörden des Herkunftsmitgliedstaats ausgestellten Dokumenten im Eintragungsverfahren „gebührend Rechnung tragen“ muss158. 7.51 Obgleich vom EuGH nicht konkret angesprochen, dürften zu den Formwechselgründungs- und -funktionsregeln aber auch die innerstaatlichen Regelungen zu den zulässigen Formwechselkombinationen gehören. D.h. jeder Mitgliedstaat muss grundsätzlich auch bei grenzüberschreitenden Formwechseln nur diejenigen Rechtsformkombinationen gestatten, die er auch bei innerstaatlichen Formwechseln zulässt.159 Wenn also z.B. ein Mitgliedstaat innerstaatlich keinen Formwechsel von einer Kapital- in eine Personengesellschaft zulässt, muss er dies auch im grenzüberschreitenden Kontext nicht tun.160 Eine Besonderheit gilt dabei allerdings: Sofern eine nationale Rechtsform Zielrechtsträger eines nationalen Formwechsels sein kann, muss 152 EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 43 f. 153 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1487 f.; Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 10. 154 Vgl. EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 48. Näher Bayer/ J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1487 f. 155 Vgl. EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 52, 55, 59. Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1487, 1488. 156 Vgl. GA Jääskinen, Schlussanträge v. 15.12.2011, VALE Építési kft, C-378/10, ECLI:EU:C:2011:841 Rn. 75. Dazu Barthel EWiR 2012, 161 f.; Behrens EuZW 2012, 121 f.; Frenzel NotBZ 2012, 249 ff.; Haar GPR 2012, 137, 139 f.; Jaensch EWS 2012, 184 ff.; J. Schmidt GPR 2012, 144 ff.; Ruiner IStR 2012, 257 ff.; Thiermann EuZW 2012, 209 ff. 157 Vgl. EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 56. Näher Bayer/ J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1489. 158 Vgl. EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 58 ff. Näher Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1489 f. 159 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1488 f.; dies ließ sich bereits aus Cartesio ableiten → 7.43. 160 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1488 f.; dies ließ sich bereits aus Cartesio ableiten → 7.43.

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auch ein „rechtsformkongruenter“ transnationaler Formwechsel zugelassen werden, also z.B. AG in plc oder GmbH in Ltd.161 Denn wenngleich auf nationaler Ebene logischerweise keine entsprechenden Regelungen existieren (Verfahrensregeln für den Formwechsel einer GmbH in eine GmbH wären geradezu abstrus!), läge in der Verweigerung entsprechender transnationaler Formwechsel eine speziell mit Blick auf den Telos der Niederlassungsfreiheit und den effet utile des Unionsrechts unzulässige Diskriminierung; wenn die Mitgliedstaaten rechtsforminkongruente transnationale Formwechsel zulassen müssen, so muss dies a maiore ad minus auch für rechtsformkongruente transnationale Formwechsel gelten.162 Der EuGH hat dies in VALE zwar nicht ausdrücklich, aber immerhin implizit bestätigt: Denn in VALE ging es gerade um einen derartigen „rechtsformkongruenten“ Formwechsel von einer italienischen Srl (der italienischen „Parallelform“ zur GmbH, → 9.60) in eine ungarische Kft (der ungarischen „Parallelform“ zur GmbH, → 9.60).163 d)  Schutz der isolierten Satzungssitzverlegung? Umstritten ist, ob die vom EuGH in VALE aus der Niederlassungsfreiheit abgeleitet 7.52 „Formwechselfreiheit“ auch die isolierte Satzungssitzverlegung umfasst, d.h. einen grenzüberschreitenden Formwechsel im Rahmen dessen nur der Satzungssitz, nicht aber der Verwaltungssitz in den Aufnahmestaat verlegt wird. Hintergrund sind Rn. 34 f. des Urteils: Dort weist der EuGH zunächst darauf hin, „dass der Niederlassungsbegriff … die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung im Aufnahmemitgliedstaat auf unbestimmte Zeit impliziert“ und daher „eine tatsächliche Ansiedlung der betreffenden Gesellschaft und die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in diesem Staat“ voraussetze; dann stellt er jedoch fest, dass es in casu keine Anhaltspunkte gebe, dass sich die Tätigkeiten von VALE auf Italien beschränken oder dass sie nicht beabsichtige, sich tatsächlich in Ungarn anzusiedeln. Im Schrifttum wird hieraus verbreitet abgeleitet, dass die isolierte Satzungssitzverlegung nicht vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit umfasst sei.164 Tatsächlich formuliert der EuGH mit dieser Passage indes gar keine Schutzbe- 7.53 reichsbegrenzung.165 Er nimmt vielmehr ausdrücklich Bezug auf seine Entscheidung 161 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1488 f.; dies ließ sich bereits aus Cartesio ableiten → 7.43. 162 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1488 f.; vgl. auf der Basis von Cartesio (→ 7.36 ff.) auch bereits Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 760. In Art. 121 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. a CBMD) findet sich sogar eine spezielle, die zulässigen Verschmelzungskombinationen limitierende „Schutzklausel“ (→ 22.30). 163 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1488 f.; Schall ZfPW 2016, 407, 421. 164 Vgl. Kindler EuZW 2012, 888, 891 ff.; ders. DNotZ-Sonderheft 2016, 75, 94 f.; König/ Bormann NZG 2012, 1241, 1243; Mörsdorf/Jopen ZIP 2012, 1398, 1399; Oplustil/Sikora EWS 2017, 134, 141; Roth/Altmeppen/Roth § 4a Rn. 50a; G. H. Roth ZIP 2012, 1744 f.; W.-H. Roth FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 965, 989 ff.; Schall ZfPW 2016, 407, 416 ff.; Stiegler S. 157 ff.; Wicke § 4a Rn. 10. 165 Vgl. Bayer (Fn. 141), S. 230, 241; Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1486 f.; Schaper ZIP 2014, 810, 816; s. ferner auch Behme S. 157 f.; Seibold ZIP 2017, 456, 457.

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in Rn. 54 ff. des Cadbury Schweppes-Urteils aus dem Jahr 2006166. Dort ging es indes allein um die Rechtfertigung eines beschränkenden Eingriffs und noch dazu gegenüber einer Gesellschaft, die nach dem Heimatrecht des beschränkenden Staats gegründet worden war. Der EuGH führt dort aus: „Folglich lässt sich eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nur mit Gründen der Bekämpfung missbräuchlicher Praktiken rechtfertigen, wenn das spezifische Ziel der Beschränkung darin liegt, Verhaltensweisen zu verhindern, die darin bestehen, rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen zu dem Zweck zu errichten, der Steuer zu entgehen, die normalerweise für durch Tätigkeiten im Inland erzielte Gewinne geschuldet wird“.167 Dergleichen könne insbesondere bei einer Tochtergesellschaft der Fall sein, die eine bloße „Briefkastenfirma“ oder „Strohfirma“ ist.168 7.54 Vor diesem Hintergrund erscheint es überzeugender, VALE dahin zu interpretieren, dass die „Formwechselfreiheit“ grundsätzlich auch die isolierte Satzungssitzverlegung umfasst169. Jedenfalls dann, wenn der Aufnahmestaat es zulässt, dass der Verwaltungssitz „seiner“ (inländischen) Gesellschaften außerhalb seines Hoheitsgebiets liegt, darf der Wegzugstaat diese isolierte Sitzverlegung nicht verbieten.170, 171 Bei rein „künstlichen Gestaltungen“ i.S.d. Cadbury Schweppes-Entscheidung172 können jedoch Beschränkungen zwecks Bekämpfung von Missbräuchen gerechtfertigt sein.173 Der EuGH wird indes im Kontext der Vorlage des polnischen Sąd Najwyższy in 7.55 der Rs. Polbud174 bald Gelegenheit erhalten, diese Frage eindeutig höchstrichterlich zu klären. GA Kokott hat in ihren Schlussanträgen v. 4.5.2017 eine vermittelnde Position eingenommen: Sie will für die Eröffnung des Schutzbereichs der Niederlassungsfreiheit zwar eine tatsächliche Ansiedlung im Zuzugsstaat verlangen, nicht aber eine Ver-

166 EuGH v. 12.9.2006, Cadbury Schweppes, C-196/04, ECLI:EU:C:2006:544. 167 EuGH v. 12.9.2006, Cadbury Schweppes, C-196/04, ECLI:EU:C:2006:544, Rn. 55. 168 EuGH v. 12.9.2006, Cadbury Schweppes, C-196/04, ECLI:EU:C:2006:544, Rn. 68. 169 Ausf. Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1486 f., 1490; s. weiter Bayer (Fn. 141), S. 230, 241 f.; Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 9; dies. BB 2016, 1923, 1932; Behme S. 155 ff.; Lieder/ Bialluch NotBZ 2017, 209, 211; Mutter EWiR 2017, 491, 492; J. Schmidt (Fn. 148), S. 13; M/H/L/S/J. Schmidt § 4a Rn. 20; ebenso i.E. Behme NZG 2012, 936, 939; Drygala EuZW 2013, 569, 570 f.; Franz EuZW 2016, 930, 935; Schaper ZIP 2014, 810, 816; Seibold ZIP 2017, 456, 457; Teichmann DB 2012, 2085, 2088; Schön ZGR 2013, 333, 358 ff.; van Eck/Roelofs (2012) 9 ECL 319, 321. 170 Vgl. Bayer (Fn. 141), S. 230, 241 f.; Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1486; dies. BB 2013, 3, 9; Behme S. 157; Lieder/Bialluch NotBZ 2017, 209, 211; Schaper ZIP 2014, 810, 816; J. Schmidt (Fn. 148), S. 13; Schön ZGR 2013, 333, 358 ff. 171 Wenn freilich der Aufnahmestaat diese Trennung von Satzungs- und Verwaltungssitz nicht gestattet, kann der formwechselnde Rechtsträger die isolierte Satzungssitzverlegung nicht unter Berufung auf die Niederlassungsfreiheit erzwingen. 172 EuGH v. 12. 9. 2006, Cadbury Schweppes, C-196/04, ECLI:EU:C:2006:544. 173 Vgl. Bayer (Fn. 141), S. 230, 241 f.; Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1486; dies. BB 2013, 3, 9; dies. BB 2016, 1923, 1932; J. Schmidt (Fn. 148), S. 13; M/H/L/S/J. Schmidt § 4a Rn. 20. 174 Vorabentscheidungsersuchen des Sąd Najwyższy (Polen), eingereicht am 22.2.2016 (Polbud Wykonawstwo sp. z o.o.), ABlEU v. 13.6.2016, C-211/23 (anhängig als C-106/16). Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1932; Kumpan/Pauschinger EuZW 2017, 327 f.

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legung des tatsächlichen Verwaltungssitzes; zudem soll auch schon die Absicht einer tatsächlichen Ansiedlung genügen.175 9.  Kornhaas (2015) Facettenreich war das Urteil des EuGH v. 10.12.2015 in der Rs. Kornhaas176. Im Aus- 7.56 gangsverfahren hatte der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über eine englische Limited in Deutschland von der Direktorin Frau Kornhaas Rückzahlung von nach Eintritt der Insolvenzreife geleisteter Zahlungen verlangt und dies auf § 64 Abs. 2 S. 1 GmbHG a.F. gestützt. Der BGH legte dem EuGH die Fragen vor, ob diese Haftung insolvenzrechtlich i.S.d. Art. 4 Abs. 1 EuInsVO 2000 ist und ob ihre Anwendung auf EU-Auslandsgesellschaften gegen die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49, 54 AEUV verstößt.177 Der Gerichtshof qualifizierte die Haftung aus § 64 Abs. 2 S. 1 GmbHG a.F. als in­ 7.57 solvenzrechtlich i.S.d. Art. 4 EuInsVO 2000 (G Art. 7 EuInsVO 2015)178, → 17.46, 17.48. Für einigen Wirbel sorgte aber vor allem der zweite Teil des Urteils betreffend die 7.58 Vereinbarkeit der Anwendung des § 64 Abs. 2 S. 1 GmbHG a.F. (G § 64 S. 1 GmbHG n.F.) mit der Niederlassungsfreiheit. Diese wurde vom EuGH bejaht. Der Gerichtshof verweist in diesem Kontext zunächst auf seine Urteile in den Rs. Überseering (→ 7.23 ff.) und Inspire Art (→ 7.27 ff.), legt dann jedoch überzeugend dar, dass deren ratio decidendi insoweit nicht einschlägig ist.179 Denn durch die Anwendung der Geschäftsführerhaftung wegen Masseschmälerung auf Auslandsgesellschaften wird weder die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft negiert (wie in Überseering, → 7.25) noch die Haftung an die fehlende Aufbringung des Mindeststammkapitals nach inländischem Recht angeknüpft (wie in Inspire Art, → 7.29); Anknüpfungspunkt ist vielmehr die Leistung von Zahlungen im Stadium der Insolvenzreife.180 Der Gerichtshof führt dann weiter aus, dass eine nationale Vorschrift wie § 64 Abs. 2 S. 1 GmbHG a.F. die Niederlassungsfrei175 GA Kokott, Schlussanträge v. 4.5.2017, Polbud, C-106/16, ECLI:EU:C:2017:351. Dazu Mutter EWiR 2017, 491 f.; Nentwig GWR 2017, 261; Oplustil/Sikora EWS 2017, 134 ff.; Schulte GmbHR 2017, R177 f.; Stiegler GmbHR 2017, 650 f.; Wicke NZG 2017, 702 f. 176 EuGH v. 10.12.2015, Kornhaas, C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806. Dazu Altmeppen NJW 2016, 521, 526 f.; ders. IWRZ 2017, 107 ff.; Arts RIW 2016, 151 f.; Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1932; Böcker DZWiR 2016, 174 ff.; Hübler NZI 2016, 125 f.; Kindler EuZW 2016, 136 ff.; ders. DNotZ-Sonderheft 2016, 75, 77 ff.; Mankowski NZG 2016, 281 ff.; Mock IPRax 2016, 237 ff.; Müller LMK 2016, 376110; Ringe JZ 2016, 573 ff.; Römermann GmbHR 2016, 26 ff.; Schall ZIP 2016, 289 ff.; Scholz ZEuP 2016, 959 ff.; Schulz EWiR 2016, 67 f.; Swierczok NZI 2016, 50 f.; Verse/Wiersch EuZW 2016, 330 f.; Wansleben EWS 2016, 72 ff.; Weller/Hübner NJW 2016, 325; dies. FS Pannen, 2017, S. 259 ff.; von Wilcken DB 2016, 225 f. 177 BGH NZI 2015, 85 = ABlEU v. 20.4.2015, C 127/7. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1740, 1742; Ehret FD-InsR 2015, 366374; Hübner IPrax 2015, 297 ff.; Mock NZI 2015, 87 f.; Müller EWiR 2015, 99 f.; Schall ECFR 2015, 280 ff.; Servatius DB 2015, 1087 ff. 178 EuGH v. 10.12.2015, Kornhaas, C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806, Rn. 16 ff. 179 EuGH v. 10.12.2015, Kornhaas, C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806, Rn. 23 ff. 180 EuGH v. 10.12.2015, Kornhaas, C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806, Rn. 23 ff.

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heit schon deshalb nicht beeinträchtigen könne, weil sie „nur nach der Gründung der Gesellschaft im Rahmen ihrer Tätigkeit Anwendung findet, genauer gesagt, entweder ab dem Zeitpunkt, zu dem sie nach dem nationalen Recht, das gemäß Art. 4 [EuInsVO 2000] anwendbar ist, als zahlungsunfähig anzusehen ist, oder ab dem Zeitpunkt, zu dem ihre Überschuldung im Einklang mit diesem nationalen Recht festgestellt wird.“181 Einige Stimmen im Schrifttum wollen daraus ableiten, dass der Gerichtshof den 7.59 Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit ganz allgemein auf Zugangsschranken begrenzt habe und bloße Tätigkeitsausübungsregeln – in Anlehnung an die Keck-Judikatur182 − generell keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellen.183 Ob man Kornhaas tatsächlich eine derart bahnbrechende Neukonturierung des Schutzbereichs der Niederlassungsfreiheit entnehmen kann, erscheint indes mehr als fraglich.184 Dagegen spricht rein formal schon, dass die Entscheidung ohne Schlussanträge und lediglich durch eine Dreierkammer erging.185 Vor allem aber lässt sich die zitierte Passage ohne Weiteres auch anders interpretieren. Denn der EuGH betont zwar einerseits, dass „diese Bestimmung des nationalen Rechts nur nach der Gründung der Gesellschaft im Rahmen ihrer Tätigkeit Anwendung findet“; dies wird dann aber unmittelbar qualifiziert: „genauer gesagt, entweder ab dem Zeitpunkt, zu dem sie nach dem nationalen Recht, das gem. Art. 4 [EuInsVO 2000 G Art. 7 EuInsVO 2015] anwendbar ist, als zahlungsunfähig anzusehen ist, oder ab dem Zeitpunkt, zu dem ihre Überschuldung im Einklang mit diesem nationalen Recht festgestellt wird“.186 Man kann dies durchaus auch so lesen, dass nur solche speziellen Vorschriften des Insolvenzrechts „herausgenommen“ werden – und gerade nicht das gesamte Tätigkeitsausübungsrecht. Zumal der EuGH Keck auch mit keinem Wort erwähnt.187 Bis zu einer weiteren, klarstellenden Entscheidung des EuGH dürfte also in jedem Fall Zurückhaltung geboten sein.188

V.  Die Mobilität von Gesellschaften in Europa: der Status quo 7.60 Der Status quo des Rechtsrahmens für grenzüberschreitende Sitzverlegungen und Restrukturierungen in Europa – sowie speziell auch aus deutscher Perspektive – sieht damit wie folgt aus: 181 EuGH v. 10.12.2015, Kornhaas, C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806, Rn. 28. 182 Grundlegend: EuGH v. 24.11.1993, Keck und Mithouard, C-267/91, ECLI:EU:C:1993:905. 183 Vgl. Kindler EuZW 2016, 136, 138 f.; ders. DNotZ-Sonderheft 2016, 75, 78 f.; Schall ZIP 2016, 289, 292; Weller/Hübner NJW 2016, 325; dies. FS Pannen, 2017, S. 259, 262 f.; wohl auch Verse/Wiersch EuZW 2016, 330, 331. 184 Für Zurückhaltung plädierend auch Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1931; Mankowski NZG 2016, 281, 285; Ringe JZ 2016, 573, 576 f.; Scholz ZEuP 2016, 959, 975; Wansleben EWS 2016, 72, 78. 185 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1931; Mankowski NZG 2016, 281, 285; Wansleben EWS 2016, 72, 78. 186 EuGH v. 10.12.2015, Kornhaas, C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806, Rn. 28. 187 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1931. 188 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1931.

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1.  Sitzverlegung a)  Verwaltungssitzverlegung aa) Zuzug (1)  EU-Recht Hinsichtlich des „Zuzugs“ ergeben sich aus der Entscheidungstrias Centros − Überseering − Inspire Art folgende Grundsätze: Eine Gesellschaft, die nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Satzungssitz hat, ordnungsgemäß gegründet wurde und die ihren Verwaltungssitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt, ist vom Zuzugs­ staat aufgrund der Art. 49, 54 AEU als rechtsfähig (und parteifähig) anzuerkennen (Überseering, → 7.23 ff.). Ebenso ist es zulässig, dass eine nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Satzungssitz hat, ordnungsgemäß gegründete Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit von Anfang an ausschließlich mittels einer „Zweigniederlassung“ (die dann faktisch die Hauptverwaltung ist) in einem anderen Mitgliedstaat ausübt; dies stellt für sich allein noch keine missbräuchliche Ausübung der Niederlassungsfreiheit dar (Centros, → 7.19 ff.). Der Aufnahmestaat darf die Errichtung einer solchen „Zweigniederlassung“ auch nicht von der Einhaltung der im innerstaatlichen Recht für die Gründung einer Gesellschaft bezüglich des Mindestkapitals und der Haftung der Geschäftsführer vorgesehenen Vorschriften abhängig machen (Inspire Art, → 7.27 ff.). Sonderregeln für solche „Scheinauslandsgesellschaften“ sind vielmehr generell nur zulässig, wenn sie durch einen der geschriebenen Rechtfertigungsgründe des AEUV oder durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses (→ 4.40 ff., 15.20 ff.) gerechtfertigt sind (Inspire Art, → 7.27 ff.); daneben kann die Berufung auf die Niederlassungsfreiheit ausnahmsweise unzulässig sein, wenn im konkreten Einzelfall ein Missbrauch nachgewiesen ist (Centros, Inspire Art, → 7.19 ff., 7.27 ff.). Wegen des generellen Gleichlaufs von Art. 49, 54 AEUV und Art. 31, 34 EWRV (→ 4.2, 4.12) gelten diese Grundsätze nicht nur für EU-, sondern auch für EWRGesellschaften.189 Für Zuzugsfälle hat der EuGH damit de facto das „Herkunftslandprinzip“ („europarechtliche Gründungstheorie“)190 etabliert: Mit dem Verwaltungssitz „zuziehende“ EU/EWR-ausländische Gesellschaften sind vom Aufnahmestaat „als solche“ 189 Vgl. BGH NJW 2005, 3351 („Liechtenstein“); BGH BB 2009, 14, 15 („Trabrennbahn“); BGH BeckRS 209, 28205; OLG Frankfurt IPRax 2004, 56; Baudenbacher/Buschle IPRax 2004, 26, 29 ff.; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 738; Fingerhuth/Rumpf IPRax 2008, 90, 91; Leible (Fn. 12), IntGesR Rn. 60; Weiss/Seifert ZGR 2009, 542, 575. 190 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Bayer § 4a Rn. 10; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 739; Eidenmüller JZ 2004, 24, 25; Grundmann Rn. 785; Leible RIW 2004, 531, 534; ders. FS G. Roth, 2011, S. 447, 450; M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 27; Leible/Hoffmann ZIP 2003, 925, 926; J. Schmidt § 4a Rn. 15; Stiegler S. 112 f.; Weller FS Goette, 2011, S. 583, 587 f.; ders. ZEuP 2016, 54, 63; ders. IPrax 2017, 167, 169.

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anzuerkennen, und zwar grundsätzlich genau so und in der Form, wie sie „nach dem Recht des Gründungsstaats“191 ausgestaltet sind. Unter welchen Voraussetzungen in bestimmten Fällen nach Maßgabe speziell der „Gebhard-Formel“ (→ 4.40) oder ggf. des Missbrauchsvorbehalts ausnahmsweise doch bestimmte Schutzvorschriften des Zuzugsstaats (speziell zugunsten von Gläubigern und Minderheitsgesellschaftern) zur Anwendung gebracht werden können, hat der EuGH bislang indes noch nicht näher konkretisiert. (2)  Deutsches Recht 7.65 Unter dem Eindruck der EuGH-Judikatur wenden nun auch die deutsche Rechtsprechung192 und die h.L.193 − jedenfalls in Bezug auf nach dem Recht von EU- und EWRStaaten gegründete Gesellschaften − die Gründungstheorie an (→ 5.2, 7.30). Zudem gilt die Gründungstheorie in Bezug auf Gesellschaften aus Drittstaaten, im Verhältnis zu denen aufgrund eines Staatsvertrages eine Pflicht zur Gründungsanknüpfung besteht, so etwa insbesondere im Verhältnis zu den USA in Form des Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages von 1954194, 195. Gesellschaften aus EU-/EWR-Staaten oder den USA, die ihren Verwaltungssitz 7.66 von Anfang an im Inland haben oder nachträglich hierher verlegen, werden also als solche anerkannt. Ihr Gesellschaftsstatut richtet sich nach dem ausländischen Gründungsrecht, und zwar grundsätzlich in Bezug auf die gesamten materiellen Regeln, nach denen die Gesellschaft „entsteht, lebt und vergeht“196, d.h. Gründung mit Kapitalaufbringung und -erhaltung, innere Verfassung, Vertretung nach außen, Haftung, Auflösung, etc.197 Höchst streitig und bislang nur rudimentär ausjudiziert ist allerdings, ob und inwieweit Sonderanknüpfungen zulässig sind, d.h. inwieweit das ausländische Recht zur Schließung von Schutzlücken punktuell durch Rechtsinstitute des deutschen Rechts ergänzt bzw. überlagert oder verdrängt werden darf, speziell 191 EuGH v. 5.11.2002, Überseering, C-208/00, ECLI:EU:C:2002:632, Rn. 95. 192 BGH NJW 2003, 1461 („Überseering II“); BGH BB 2004, 2432, 2433; BGH BB 2005, 1016; BGH NJW 2005, 3351 („Liechtenstein“); BGH BB 2009, 14 („Trabrennbahn“); BGH BeckRS 2009, 28205; BGH NStZ 2010, 632 Rn. 7 (British Virgin Islands); BGH NZG 2011, 273 Rn. 16 (Österreich); BGH GmbHR 2010, 211 Rn. 4; BGH NZG 2011, 1114 Rn. 17 (UK); BGH NJW 2015, 623 Rn. 23 (Liechtenstein); BGH NZG 2016, 1187 Rn. 13 (Österreich). 193 Vgl. die Nachweise in Fn. 82. 194 Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika v. 29.10.1954, BGBl. 1956 II, 487. 195 Vgl. BGH BB 2002, 1227, 1228; BGH BB 2003, 810; BGH NZG 2004, 1001 f.; BGH NZG 2005, 44 f.; BGH NJW-RR 2007, 574, 575; BGH GmbHR 2010, 211 Rn. 4; Lutter/ Hommelhoff/Bayer § 4a Rn. 11; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 739; M/H/L/S/ Leible Syst. Dar. 2 Rn. 74, 81 m.w.N. 196 So die klassische Formulierung des Umfangs des Gesellschaftsstatuts in BGHZ 25, 134, 144. 197 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 739 f. Ausf. allg. zur Reichweite des Gesellschaftsstatuts: M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 94 ff. m.w.N.

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im Wege einer insolvenz- oder deliktsrechtlichen Anknüpfung bestimmter Regeln. Insoweit toben seit Jahren teilweise regelrechte „Schlachten“ um die „richtige“ Qualifikation (z.B. in Bezug auf die Existenzvernichtungs-198 und Insolvenzverschleppungshaftung199 sowie die Sonderregeln für Gesellschafterdarlehen200), die allerdings leider manchmal den Blick darauf verstellen, dass sich die Anwendung deutscher Vorschriften unabhängig von ihrer kollisionsrechtlichen Qualifikation stets am Maßstab der Art. 49, 54 AEUV messen lassen muss.201 Hinsichtlich der Einzelheiten kann hier indes schon aus Platzgründen nur auf die einschlägige Spezialliteratur verwiesen werden. Im Hinblick auf sog. Drittstaaten hat der BGH dagegen im viel beachteten Trab- 7.67 rennbahn-Urteil ausdrücklich weiterhin an der Sitztheorie festgehalten, wenngleich in der im sog. Jersey-Urteil (→ 7.24) entwickelten modifizierten Form, d.h. die betreffende Gesellschaften werden in eine deutsche oHG bzw. GbR umqualifiziert und können zumindest als solche am Rechtsverkehr teilnehmen (sog. „Wechselbalgtheorie“).202 Dies hat er inzwischen durch weitere Urteile bestätigt203, und auch die Instanzgerichte204 folgen dem. 198 Zum Streitstand: M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 166; MMS/Müller Art. 7 Rn. 97 (jeweils m.w.N.). 199 Zum Streitstand: M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 159 f.; MMS/Müller Art. 7 Rn. 93 f. (jeweils m.w.N.). 200 Die §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 44a, 135 InsO n.F. sollen nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers (vgl. BegrRegE z. MoMiG, BR-Drs. 354/07, S. 58), Rspr. (BGH NJW 2011, 3784 Rn. 30; OLG Köln ZIP 2010, 2016 [zu § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO]; AG Hamburg NZG 2009, 131, 132 [zu § 135 InsO]; tendenziell auch OLG Naumburg BeckRS 2010, 29926) und h.L. (vgl. etwa M/H/L/S/ Dahl/Linnenbrink Syst. Dar. 6 Rn. 37 f.; Staub/Habersack § 129 Anh Rn. 9; MüKoInsO/Kindler Art. 4 Rn. 96 f.) insolvenzrechtlich zu qualifizieren sein; kritisch jedoch etwa Zahrte ZInsO 2009, 223 ff. Ob der „Kunstgriff“ der Verlagerung in die InsO vor dem EuGH standhalten wird, bleibt abzuwarten. 201 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Bayer § 4a Rn. 14; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 740; Kieninger RabelsZ 73 (2009) 607, 614; Schillig ZVglRWiss 106 (2007) 299, 306; ders. ZVglRWiss 106 (2007) 484, 488. 202 BGH BB 2009, 14 („Trabrennbahn“, betreffend die Schweiz), dazu Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 740 ff.; Ebke ZVglRWiss 110 (2011) 2, 27 ff.; Fleischer/Wedemann AcP 209 (2009) 597, 610; Hamann ELR 2009, 186 ff.; Hellgardt/Illmer NZG 2009, 94 ff.; Kieninger NJW 2009, 292 f.; Kindler IPRax 2009, 189 ff.; Koch/Eickmann AG 2009, 73 ff.; Lamsa BB 2009, 16 ff.; Lieder/Kliebisch BB 2009, 338 ff.; J. Schmidt WuB II Q. § 4a GmbHG 1.09; dies. EWIR 2009, 175, 176; Schnyder GPR 2009, 227 ff.; Teichmann, in: Teichmann/Hermanns (Hrsg.), Aktuelle Entwicklungen im Gesellschaftsrecht, 2009, S. 52, 59 f.; Wachter GmbHR 2009, 140 ff.; Weller IPRax 2009, 202 ff.; Werner GmbHR 2009, 191 ff. S. ferner auch die Parallelentscheidung BGH BeckRS 2009 01192. 203 BGH NZG 2009, 1106 (British Columbia); BGH ZIP 2009, 2385 (Singapur), dazu Lieder/Kliebisch EWiR 2010, 117 f.; BGH GmbHR 2010, 211 (Singapur); BGH NZG 2010, 712 (Schweiz); s. ferner obiter auch BGH NZG 2011, 1114 Rn. 16; BGH NZG 2016, 1187 Rn. 13; BGH ZIP 2017, 421 (Bahamas) m. Anm. Bayer/Unglaube EWiR 2017, 231 f.; J. Schmidt WuB 2017, 329 ff. 204 Vgl. etwa OLG Düsseldorf GmbHR 2010, 591, 593 (Schweiz); OLG Düsseldorf BeckRS 2016, 03039 Rn. 34 (Schweiz); AG Hagen BeckRS 2010, 16844 (Isle of Man); VG Frankfurt NZG 2013, 556 (Ontario).

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Diese „gespaltene Lösung“ sieht sich allerdings erheblicher Kritik ausgesetzt. Denn sie führt nicht nur dazu, dass über den ausländischen Gesellschaftern stets das „Damoklesschwert“ der persönlichen Haftung schwebt205; sofern der Registerstaat der Gründungstheorie folgt, kommt es darüber hinaus zu einer sog. „Statutenverdopplung“, die mit einer Vielzahl diffiziler und praktisch kaum lösbarer Probleme (z.B. im Prozess- und Vollstreckungsrecht oder bezüglich der Vertretung) verbunden ist (→ 7.7). Nicht zuletzt im Interesse der gerade im Bereich des IPR essentiellen Aspekte der Rechtssicherheit und Praktikabilität wird daher im Schrifttum zu Recht verbreitet ein genereller Übergang zur Gründungstheorie gefordert.206 Der hiergegen immer wieder vorgebrachte Einwand eines drohenden race to the bottom, verbunden mit einer Preisgabe des Gläubiger- und Minderheitenschutzes, ist nicht stichhaltig:207 Den schutzwürdigen Interessen von Gläubigern, Minderheitsgesellschaftern und Rechtsverkehr kann durch Sonderanknüpfungen, spezielle Verkehrsschutzregelungen oder ggf. dem allgemeinen ordre public-Vorbehalt Rechnung getragen werden.208 Das BMJ hatte daher bereits im Januar 2008 einen RefE für eine IPR-Novelle vorgelegt209, der – aufbauend auf Vorarbeiten des Deutschen Rats für IPR210 − einen generellen Übergang zur Gründungstheorie vorsah (Art. 10 EGBGB-RefE), dann aber aufgrund 205 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 741; Gottschalk ZIP 2009, 948, 950; Kieninger IPrax 2017, 200, 202 f.; Lamsa BB 2009, 16, 17; Lieder/Kliebisch BB 2009, 338, 341; J. Schmidt WuB II Q. § 4a GmbHG 1.09; dies. EWIR 2009, 175, 176; Stiegler S. 231; Weller IPRax 2009, 202, 207 f. 206 Dafür Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 773; Ebke FS Thode, 2005, S. 593, 610 ff.; Eidenmüller ZIP 2002, 2233, 2244; Handelsrechtsausschuss des DAV Stellungnahme 13/2008, S. 4; Hellgardt/Illmer NZG 2009, 94, 96; Kieninger ZEuP 2004, 685, 702 f.; dies. IPRax 2017, 200, 202 f.; M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 52 f.; Leible/Hoffmann BB 2009, 58, 62; Lieder/Kliebisch BB 2009, 338, 343; Paefgen WM 2009, 529, 534 f.; J. Schmidt WuB II Q. § 4a GmbHG 1.09; dies. EWIR 2009, 175, 176; dies. WuB 2017, 329, 332; Stiegler S. 232 f.; Teichmann (2008) 5 ECL 189. 207 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 773; Kieninger NJW 2009, 292, 293; dies. RabelsZ 73 (2009) 607, 621 ff.; dies. IPRax 2017, 200, 202; Lieder/Kliebisch BB 2009, 338, 341 ff.; J. Schmidt WuB II Q. § 4a GmbHG 1.09; dies. EWIR 2009, 175, 176. 208 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 773; Balthasar RIW 2009, 221, 225 ff.; Elsing JR 2009, 510, 512; Franz BB 2009, 1250, 1259; Handelsrechtsausschuss des DAV Stellungnahme 13/2008, S. 4; Kieninger RabelsZ 73 (2009) 607, 622; dies. NJW 2009, 292, 293; Lieder/Kliebisch BB 2009, 338, 342; Paefgen WM 2009, 529, 535; J. Schmidt WuB II Q. § 4a GmbHG 1.09; dies. EWIR 2009, 175, 176; Schnyder GPR 2009, 227, 228 f.; Wagner/ Timm IPRax 2008, 81, 85. 209 Referentenentwurf Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen, (). Dazu Altenhain/Wietz NZG 2008, 569 ff.; Lutter/ Hommelhoff/Bayer Anh. zu § 4a Rn. 14; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 741 f., 762, 772 f.; Bollacher RIW 2008, 200 ff.; Clausnitzer DNotZ 2008, 484 ff.; Franz BB 2009, 1250, 1255 ff.; Köster ZRP 2008, 214 ff.; Leuering ZRP 2008, 73, 75 ff.; Rotheimer NZG 2008, 181 ff.; Schneider BB 2008, 566 ff.; Teichmann (2008) 5 ECL 189 ff.; Wagner/Timm IPRax 2008, 81 ff. 210 Sonnenberger (Hrsg.), Vorschläge und Berichte zur Reform des europäischen und deutschen internationalen Gesellschaftsrechts, 2007; Sonnenberger/Bauer RIW 4/2006, Beil. 1, S. 1 ff.

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des Widerstands der Gewerkschaften211 und des Bundesarbeitsministeriums (der sich übrigens gerade an der – im RefE bewusst ausgesparten (!) − Mitbestimmungsfrage entzündet hatte) auf Eis gelegt wurde212. (3)  Wettbewerb der Rechtsordnungen Die Entscheidungstrias Centros − Überseering − Inspire Art hatte aber vor allem 7.69 auch immense praktische Auswirkungen: I.R.d. damit eröffneten Wettbewerbs der Rechtsordnungen213 bedienten sich immer mehr deutsche Gründer anstelle der deutschen GmbH EU-ausländischer Rechtsformen, speziell der englischen Limited, die insbesondere wegen der relativ einfachen Gründung und des Fehlens eines Mindestkapitals attraktiv erschien. Die Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland erlebte mit rund 46.000 Gründungen bis Ende 2006214 einen regelrechten „Boom“. Dieser warf nicht nur vielfältige rechtliche Fragen und Probleme auf, die Gerichte, Praktiker und Wissenschaft intensiv beschäftigten.215 Er veranlasste vielmehr auch den deutschen Gesetzgeber, das deutsche GmbH-Recht mit dem am 1.11.2008 in Kraft getretenen MoMiG216 umfassend zu modernisieren, um die GmbH insgesamt international (wieder) wettbewerbsfähig zu machen217 und der Limited speziell mit der neuen Unternehmergesellschaft (UG) eine deutsche Alternative entgegen zu setzen218 − was inzwischen auch erfolgreich war219. Ähnliche Entwicklungen sind auch in anderen Mitgliedstaaten zu verzeichnen.220 7.70 So erlebte man etwa in den Niederlanden221, Belgien222, Österreich223 und den skandinavischen Ländern224 ebenfalls einen deutlichen Trend zur Limited, der Anstoß für Reformen gab. 211 Vgl. nur den Beitrag der Justitiarin des DGB Seyboth AuR 2008, 132 ff. 212 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 742; J. Schmidt WuB II Q. § 4a GmbHG 1.09; dies. EWIR 2009, 175, 176. 213 Vgl. nur Bayer BB 2003, 2357; Eidenmüller ZIP 2002, 2233. 214 Vgl. Westhoff GmbHR 2007, 474. Eine Erhebung von Bayer/Hoffmann hat zudem gezeigt, dass fast 50 % der befragten GmbH-Gründer die Limited als Alternative zumindest in Erwägung zogen, vgl. Bayer/Hoffmann GmbHR 2007, 414, 415. 215 Überblick m.z.w.N. bei Lutter/Hommelhoff/Bayer, 18. Aufl. 2012, Anh II zu § 4a. 216 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v. 23.10.2008, BGBl. I, 2026. 217 Vgl. BegrRegE z. MoMiG, BR-Drs. 354/07, S. 1, 56, 60, 130. 218 Vgl. „Die deutsche Antwort“, FAZ v. 24.5.2007, S. 13. Gegenüberstellung von UG und Limited bei J. Schmidt (2008) 9 GLJ 1093 ff. m.w.N. 219 Vgl. Bayer/Hoffmann GmbHR 2009, R358, R359; dies. GmbHR 2010, R161 f.; Kornblum GmbHR 2010, 53; M/H/L/S/J. Schmidt § 5a Rn. 2; Ulrich GmbHR 2011, R245. 220 Liste der jeweiligen nationalen Parallelformen zu AG und GmbH → 9.60 f. 221 Vgl. Bartolacelli ECFR 2017, 187 ff.; Bratton/McCahery/Vermeulen (2009) 57 Am. J. Comp. L. 347, 374 ff.; Pellé (2009) 4 Utrecht L. Rev. 6, 10. 222 → Fn. 227. 223 Vgl. nur Bachner/Gasser ZfRV 2009, 113, 114; Ratka/Rauter WBl. 2009, 62 f. Rechtstatsachen bei Traar/Kantner in: Bachner (Hrsg.), GmbH-Reform, 2008, S. 53 ff. 224 Vgl. Kjelland/Teigen/Sjåfjell (2011) 8 ECL 32, 36.

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In Schweden225 und Finnland226 erfolgten schon 2006 umfassende Gesellschaftsrechtsreformen, um die nationalen Gesellschaften flexibler und wettbewerbsfähiger zu machen. In Belgien wurde 2010 eine spezielle „SPRL-S“ („Starter“) eingeführt, für die – ähnlich wie für die deutsche UG − bereits ein Stammkapital von 1 Euro genügt, die dafür aber bestimmten Restriktionen unterliegt.227 Frankreich hatte das Mindestkapital für die S.à.r.l. bereits 2003 abgeschafft228, 2011 wurde mit dem EIRL zudem sogar für Einzelunternehmer die Möglichkeit geschaffen, mit beschränkter Haftung tätig zu werden229 (→ 27.17). Spanien hatte ebenfalls bereits 2003 die SLNE (Sociedad Limitada Nueva Empressa) (sog. „Blitz-GmbH“) eingeführt, eine vereinfachte Variante, die bei Verwendung einer relativ rigiden Mustersatzung eine Eintragung innerhalb von max. 48 Stunden ermöglicht.230 Dänemark hat sein Gesellschaftsrecht 2009 umfassend reformiert231 und 2013 nach dem Vorbild der deutschen UG als neue Variante der Anpartsselskab (ApS) eine sog. Iværksætterselskaber (IVS)232 eingeführt. 225 Aktiebolagslag (2005:551). Vgl. dazu Fuchs Mtwebana EBLR 2011, 237, 253; Nicolaysen RIW 2005, 884 ff.; bereits zum Entwurf: Foerster/Dejmek ZVglRWiss 101 (2002) 309 ff. 226 Osakeyhtiölaki (2006/624). Dazu Fuchs Mtwebana EBLR 2011, 237, 253; Miettinen RIW 2006, 812 ff. 227 Loi modifiant le Code des sociétés et prévoyant des modalités de la société privée à responsabilité limitée „Starter“ v. 12.1.2010 (Moniteur Belge v. 26.1.2010, S. 3158). Vgl. Bartolacelli ECFR 2017, 187, 206 ff.; Fleischer ZGR 2016, 36, 68 f., 71; ders. DB 2017, 291, 293 f.; J. Schmidt, Die GmbH in Deutschland und Europa, in: Bayer/Koch (Hrsg.), Aktuelles GmbH-Recht, 2013, S. 8, 29; M/H/L/S/J. Schmidt Syst. Dar. 1 Rn. 118. In der Gesetzesbegründung werden als Motive für die Schaffung dieser neuen Form speziell das Ziel der Erleichterung der Gesellschaftsgründung für (junge) Unternehmer genannt sowie die Absicht, der Praxis der Nutzung ausländischer Rechtsformen durch belgische Unternehmer entgegen zu treten, vgl. Chambre des représentants de Belgique, Projet de loi modifiant le Code des sociétés et prévoyant les modalités de la société privée à responsabilité limitée Starter, 20.10.2009, Doc. 52-2211/1 (), S. 3 f. 228 Art. L223-2 C. com. überlässt die Festlegung des Gesellschaftskapitals der S.à.r.l. heute vollständig der Satzung; die Mindestkapitalpflicht wurde 2003 abgeschafft durch das Loi n° 2003-721 du 1er août 2003 pour l‘initiative économique, JORF n°179 du 5 août 2003, p. 13449, vgl. dazu etwa Meyer/Ludwig GmbHR 2005, 346 ff. m.w.N. 229 Loi n° 2010-658 du 15 juin 2010 relative à l’entrepreneur individuel à responsabilité limitée, JORF du 16 juin 2010, p. 10984; dazu etwa Gladel D. 2010, 560; Marmoz D. 2010, 1570 ff.; Peifer GmbHR 2010, 972 ff.; Wedemann RabelsZ 75 (2011) 541, 545. 230 Ley 7/2003, de 1 de abril, de la sociedad limitada Nueva Empresa por la que se modifica la Ley 2/1995, de 23 de marzo, de Sociedades de Responsabilidad Limitada (BOE 79 de 2/4/2003). Vgl. dazu näher Bartolacelli ECFR 2017, 187, 198 ff.; Embid Iruyo RIW 2004, 760 ff.; Fröhlingsdorf RIW 2003, 584 ff.; Vietz GmbHR 2003, 26 ff., 523 ff. Seit der Reform 2010 ist sie geregelt in Art. 434 ff. Ley de Sociedades de Capital. 231 Lov nr. 470 af 12/06/2009. Lov om aktie- og anpartsselskaber (selskabsloven). Vgl. dazu Christensen FS Hopt, 2010, S. 3321 ff.; Hansen (2009) 10 EBOR 73 ff.; Werlauff (2009) 6 ECL 160 ff. 232 Lov om ændring af selskabsloven, lov om visse erhvervsdrivende virksomheder, årsregnskabsloven og lov om Det Centrale Virksomhedsregister, LOV nr 616 af 12/06/2013. Die

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Italien hat 2012 zwei neue Subtypen der società a responsabilità limitata (Srl) eingeführt, die Srl semplificata (vereinfachte GmbH, Art. 2463bis ff. Codice civile)233 und die Srl a capitale ridotto (Srl mit reduziertem Kapital)234; 2013 wurde die Srl a capitale ridotto dann jedoch in die Mutterrechtsform der regulären Srl eingegliedert und es ist nun möglich, eine normale Srl mit einem Kapital von weniger als 10.000 Euro zu gründen235.236 In Griechenland wurde 2012 die IKE (Idiotiki Kefalaiouchiki Etairia = Ιδιωτικέ Κεφαλαιουχικέ Εταιρία), eine Privatgesellschaft mit beschränkter Haftung ohne Mindestkapital eingeführt.237 In den Niederlanden erfolgte 2013 eine umfassende Reform, durch die das Recht der BV umfassend modernisiert und flexibilisiert wurde (es ist daher auch häufig die Rede von der „Flex-BV“).238 In Österreich wurde das Mindeststammkapital 2013 von 35.000 auf 10.000 Euro gesenkt.239 Diese Reform hatte indes nur ein kurzes „Haltbarkeitsdatum“: Bereits 2014 wurde das Mindeststammkapital wieder auf 35.000 Euro erhöht; dafür wurde aber eine „Gründungsprivilegierung“ eingeführt, die zwar eine GmbH-Gründung mit 10.000 Euro ermöglicht, aber nach spätestens 10 Jahren endet (§ 10b öGmbHG).240 Luxemburg hat sein Gesellschaftsrecht 2016 grundlegend reformiert und modernisiert: Kernelemente waren neben zahlreichen Regelungen zur allgemeinen Stärkung der Attraktivität und Flexibilität des Gesellschaftsrechts insbesondere die Schaffung Iværksætterselskaber ist nun in §§ 357a ff. lov om aktie- og anpartsselskaber (selskabsloven) geregelt. Näher dazu Lilja, Entrepreneur Companies in Denmark and Germany. On the Danish IVS and the German UG (haftungsbeschränkt), in: Fleischer/Hansen/Ringe (Hrsg.), German and Nordic perspectives on company law and capital markets law, 2015, S. 53 ff. S. ferner auch Bartolacelli ECFR 2017, 187, 210 ff.; Fleischer ZGR 2016, 36, 69 f.; ders. DB 2017, 291, 295 f. 233 Eingefügt durch art. 3 d.l. 1/2012. 234 Eingefügt durch Decreto 23 giugno 2012 n. 138. 235 Änderungen durch d.l. 76/2013. 236 Näher dazu Bartolacelli ECFR 2016, 665 ff.; Cian ZVglRWiss 114 (2015) 288 ff.; Fleischer DB 2017, 291, 294 f. 237 G. 4072/2012, Regierungsanzeiger Blatt A 86/11.4.2012. Dazu Papadimopoulos RIW 2014, 344 ff.; Perakis FS Baums, 2017, S. 903 ff.; Tzakas GmbHR 2014, 243 ff. 238 Wet van 18 juni 2012 tot wijziging van Boek 2 van het Burgerlijk Wetboek in verband met de aanpassing van de regeling voor besloten vennootschappen met beperkte aansprakelijkheid (Wet vereenvoudiging en flexibilisering bv-recht), Staatsblad van het Koninkrijk der Nederlanden, Jaargang 2012, Nr. 299. Dazu Bartolacelli ECFR 2017, 187, 193 ff.; Hiort/Marges/Schurings CFL 2013, 33 ff.; Hirschfeld RIW 2013, 134 ff.; Vreeman (2012) 9 ECL 305 ff.; Westermann GmbHR 2017, 683 ff.; Zaman GmbHR 2012, 1062 ff. 239 Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz, die Insolvenzordnung, das Notariatstarifgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden (Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2013 – GesRÄG 2013), BGBl. I Nr. 109/2013. Dazu Jung GmbHR 2013, 745 ff.; Knörzer GmbHR 2013, 1031 ff.; Robertson GesRZ 2013, 68 ff. 240 Abgabenänderungsgesetz 2014 – AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 13/2013. Dazu Adensamer/ Kerschbaum NZG 2014, 452 ff.; Bartolacelli ECFR 2017, 187, 212 ff.; Fleischer NZG 2014, 1081, 1086; Schörghofer/Krausler GesRZ 2015, 50 ff.

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einer SAS (société par actions simplifiée) nach französischem Vorbild sowie einer „S.à.r.l.-S“ (société à responsabilité limitée simplifiée), die − nach deutschem und belgischem Vorbild − mit nur 1 Euro gegründet werden kann.241 bb) Wegzug (1)  EU-Recht 7.81 Im Gegensatz zum Zuzug ist der Wegzug − genauer: die Verlegung des Verwaltungssitzes in einen anderen Mitgliedstaat unter Beibehaltung der Eigenschaft als Gesellschaft nach dem nationalen Recht des Gründungsstaats − nach dem Grundsatzurteil des EuGH in der Rs. Cartesio (→ 7.36 ff.) nicht durch die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49, 54 AEUV geschützt. Die Mitgliedstaaten haben also das Recht, ihre Gesellschaften dadurch quasi „einzumauern“, dass sie den Versuch des Wegzugs mit der Auflösung sanktionieren. (2)  Deutsches Recht 7.82 Das deutsche Recht ließ die Verlegung des Verwaltungssitzes einer deutschen GmbH oder AG ins Ausland traditionell nicht zu (so jedenfalls die ganz h.M. in Rechtsprechung und Lehre); der Verlegungsbeschluss wurde entweder als nichtig angesehen242 oder als Auflösungsbeschluss interpretiert243.244 7.83 Mit der Neufassung von § 4a GmbHG und § 5 AktG durch das MoMiG hat sich die Rechtslage jedoch komplett geändert. Im Schrifttum wird zwar teilweise die Auffassung vertreten, dass es sich um rein sachrechtliche Regelungen handele und der Wegzug einer deutschen GmbH bzw. AG bis zu einer vollständigen Aufgabe der Sitztheorie auch weiterhin nicht möglich sei.245 Dies vermag jedoch angesichts des erklärten gesetzgeberi241 Loi du 10 août 2016 portant modernisation de la loi modifiée du 10 août 1915 concernant les sociétés commerciales et modification du Code civil et de la loi modifiée du 19 décembre 2002 concernant le registre de commerce et des sociétés ainsi que la comptabilité et les comptes annuels des entreprises, Memorial A n° 167, 19.8.2016 (dazu Opitz/Olliges RIW 2016, 783 ff.); Loi du 23 juillet 2016 modifiant, en vue d’instituer la société à responsabilité limitée simplifiée, Memorial A n° 157, 4.8.2016. Vgl. dazu auch Fleischer DB 2017, 291, 296. 242 Vgl. MüKo/Heider, 3. Aufl. 2008, § 5 Rn. 66; Kögel GmbHR 1998, 1108, 1113; einschränkend Spahlinger/Wegen, IntGesR, 2005, Rn. 452. 243 RGZ 7, 68, 70; RGZ 88, 53, 55; RGZ 107, 94, 97; BayObLG AG 1992, 456, 457; OLG Hamm GmbHR 1997, 848; OLG Düsseldorf NZG 2001, 506; OLG Hamm NZG 2001, 562, 563; Staudinger/Großfeld IntGesR Rn. 634; einschränkend Kindler Konzern 2007, 811, 813 f. (nur bei Verlegung in Sitztheoriestaat). 244  Näher zum Ganzen sowie zu den kollisions- und sachrechtlichen Begründungen: Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 744 ff. m.w.N. 245 So Eidenmüller ZGR 2007, 168, 204; Hirte NZG 2008, 761, 766; Kindler IPRax 2009, 189, 198; Peters GmbHR 2008, 245, 249; Preuß GmbHR 2007, 57, 62; Ries AnwBl. 2008, 695, 697; Weng EWS 2008, 264, 267; Werner GmbHR 2009, 191, 195 f.

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schen Willens, deutschen Gesellschaften die Begründung/Verlegung des Verwaltungssit­ zes im/ins Ausland zu ermöglichen246, nicht zu überzeugen. § 4a GmbHG und § 5 AktG kommt vielmehr auch kollisionsrechtliche Bedeutung zu.247 Zumindest aus der Perspektive des deutschen Rechts kann eine deutsche GmbH oder AG ihren Verwaltungssitz folglich nun von Anfang an im Ausland begründen oder ihn jederzeit später in einen anderen Staat verlegen.248 Tatsächlich kann dies allerdings nur dann funktionieren, wenn auch das (Kollisions-)Recht des Aufnahmestaats „mitspielt“249: In EU/EWR-Staaten muss eine deutsche GmbH oder AG bereits aufgrund der neueren EuGH-Judikatur (Centros, Überseering, Inspire Art, → 7.19 ff.) als solche anerkannt werden. Unproblematisch ist auch eine Verwaltungssitznahme bzw. -verlegung in einen/m Drittstaat, welcher der Gründungstheorie folgt oder mit dem ein spezieller Staatsvertrag besteht.250 Bei Drittstaaten, die der Sitztheorie folgen und im Verhältnis zu denen auch keine speziellen Staatsverträge bestehen, kann es allerdings zu einer „Statutenverdoppelung“ mit all ihren misslichen Konsequenzen (→ 7.7, 7.68) kommen.251 Bei Personengesellschaften gehen Rspr.252 und wohl (noch) h.L.253 dagegen nach 7.84 wie vor davon aus, dass der Sitz unabhängig von den Bestimmungen des Gesellschafts246 Vgl. BegrRegE z. MoMiG, BR-Drs. 354/07, S. 65. 247 Ausf. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 749 ff.; ebenso Lutter/Hommelhoff/Bayer § 4a Rn. 15; Däubler/Heuschmid NZG 2009, 493, 494; Spindler/Stilz/Drescher § 5 AktG Rn. 10; Franz EuZW 2016, 930, 933; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2007, 211, 212; Herrler DNotZ 2009, 484, 489; Hoffmann ZIP 2007, 1581, 1585 ff.; Kobelt GmbHR 2009, 808, 811; Knof/Mock GmbHR 2007, 852, 856; Körber/Kliebisch JuS 2008, 1041, 1044; M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 8, 82, 170, 194; ders. FS G. H. Roth, 2011, S. 447, 455 f.; Leible/Hoffmann BB 2009, 58, 62 f.; M/H/L/S/J. Schmidt § 4a Rn. 14; Stiegler S. 218; Teichmann/Ptak RIW 2010, 817, 820; Verse ZEuP 2013, 458, 466; Wälzholz MittBayNot 2008, 425, 432; Wicke § 4a Rn. 13; für eine Beschränkung auf EU-Mitgliedstaaten allerdings Paefgen WM 2009, 529, 530 f. 248 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Bayer § 4a Rn. 15; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 751; Baumbach/Hueck/Fastrich § 4a Rn. 11; M/H/L/S/J. Schmidt § 4a Rn. 1; s. ferner die Nachweise in Fn. 247; ebenso i.E. (allerdings ohne nähere Ausführungen zur kollisionsrechtlichen Problematik): Campos Nave BB 2009, 870, 871; Däubler/Heuschmid NZG 2009, 493, 494; Knof/Mock ZIP 2009, 30, 32; Leitzen NZG 2009, 728, 729; Leuering ZRP 2008, 73, 77; Seibert/Decker ZIP 2008, 1208, 1209 f.; Teichmann ZIP 2009, 393, 401. 249 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Bayer § 4a Rn. 15; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 751; M/H/L/S/J. Schmidt § 4a Rn. 15. 250 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Bayer § 4a Rn. 15; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 751 f.; Staub/Koch § 13h Rn. 29; MüKoGmbHG/Mayer § 4a Rn. 10b; Tebben RNotZ 2008, 441, 447; Teichmann ZIP 2009, 393, 401. 251 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Bayer § 4a Rn. 15; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 752; Staub/Koch § 13h Rn. 29; MüKoGmbHG/Mayer § 4a Rn. 10b; Tebben RNotZ 2008, 441, 447; Wicke GPR 2010, 238, 240; Wicke § 4a Rn. 13. 252 Allg. zur Verortung des Sitzes am Ort der effektiven Hauptverwaltung: BGH WM 1957, 999, 1000; BGH WM 1969, 293, 294; KG NJW 1955, 1442, 1443; KG WM 1956, 582; OLG Celle WM 1962, 1330; KG WM 1967, 150; KG FGPrax 2012, 172, 173; speziell zur Auflösung infolge einer Sitzverlegung ins Ausland: OLG Karlsruhe BeckRS 2008, 06653. Offenlassend jedoch BGH NZG 2009, 1106. 253 Vgl. nur MüKoHBG/Krafka § 13h Rn. 17; MüKoHGB/Langhein § 106 Rn. 30; Stiegler S. 389 ff., 409 f.; Oetker/Weitemeyer § 106 Rn. 22.

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vertrages stets am Ort der effektiven Hauptverwaltung zu lokalisieren ist; die Verlegung ins Ausland führt zur Auflösung und Liquidation der Gesellschaft. Eine im Vordringen befindliche Ansicht spricht sich jedoch vor dem Hintergrund der §§ 4a GmbHG, 5 AktG n.F. dafür aus, auch bei Personengesellschaften eine freie Verwaltungssitznahme bzw. -verlegung, insbesondere auch im/ins Ausland, zuzulassen.254 b)  Satzungssitzverlegung („grenzüberschreitender Formwechsel“) aa) EU-Recht (1)  Schutz durch die Niederlassungsfreiheit 7.85 Mit seinem Urteil in der Rs. Vale hat der EuGH unmissverständlich und eindeutig die schon im SEVIC-Urteil (→ 7.31) angedeutete und im Cartesio-Urteil (→ 7.36) zwar ausdrücklich, aber eben nur obiter getroffene Feststellung, dass auch der grenzüberschreitende Formwechsel (die grenzüberschreitende statutenwechselnde Sitzverlegung) vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49, 54 AEUV erfasst wird, bestätigt: Die Niederlassungsfreiheit beinhaltet also auch die „Formwechselfreiheit“ (→ 7.48 ff.). Entgegen einer verbreiteten Ansicht gilt dies auch für den grenzüberschreitenden 7.86 Formwechsel in Form einer sog. isolierten Satzungssitzverlegung; bei rein „künstlichen Gestaltungen“ i.S.v. Cadbury Schweppes können jedoch Beschränkungen zwecks Bekämpfung von Missbräuchen gerechtfertigt sein ( 7.52 ff.). Der Herkunftsmitgliedstaat darf grenzüberschreitende Formwechsel nicht pau7.87 schal verhindern (d.h. insbesondere nicht mit Auflösung und Liquidation sanktionieren), sondern nur solchen Beschränkungen unterwerfen, die nach Maßgabe der sog. Gebhard-Formel (→ 4.40) aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind (Cartesio, → 7.42; in Vale vorausgesetzt, → 7.48). Als solche zwingenden Gründe des Allgemeininteresses kommen insbesondere der Schutz der Gläubiger, Minderheitsgesellschafter und Arbeitnehmer sowie die Wahrung der Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen und der Lauterkeit des Handelsverkehrs in Betracht255 (→ 4.41). 7.88 Der Aufnahmemitgliedstaat muss grenzüberschreitende Formwechsel zulassen, wenn und soweit er auch im innerstaatlichen Recht Formwechsel gestattet (bereits angedeutet in Cartesio, → 7.42 f.; in Vale ausdrücklich bestätigt, → 7.48 ff.).

254 Dafür Fingerhut/Rumpf IPRax 2008, 90, 93 f.; Baumbach/Hopt/Hopt § 106 Rn. 8; Koch ZHR 173 (2009) 101 ff.; Röhricht/Westphalen/Haas/Haas § 106 Rn. 11; EBJS/Pentz § 13 Rn. 26; W.-H. Roth ZGR 2014, 167, 197 f.; Staub/Schäfer § 106 Rn. 19; Stiegler ZGR 2017, 312, 322 ff., 357; Zimmer/Naendrup NJW 2009, 545, 548; tendenziell positiv auch Teichmann ZIP 2009, 393, 402; zumindest für die Zulässigkeit der nachträglichen Verlegung des Verwaltungssitzes ins Ausland: Thiermann ZIP 2011, 988, 989 ff. 255 EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 39.

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(2)  Verfahren Hinsichtlich des Verfahrens gelten mangels unionsrechtlicher Regelungen die innerstaatlichen Formwechselgründungs- und -funktionsregelungen des Herkunftsmitgliedstaats und des Aufnahmemitgliedstaats; es kommt also entsprechend der kollisionsrechtlichen Vereinigungstheorie zu einer – wie der EuGH formuliert – „sukzessiven Anwendung von zwei nationalen Rechtsordnungen“ (VALE, → 7.49 ff.). Aus Art. 49, 54 AEUV folgt jedoch, dass die jeweiligen nationalen Vorschriften nur im Rahmen des Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatzes anzuwenden sind, d.h. (1) grenzüberschreitende Formwechsel dürfen nicht ungünstiger behandelt werden als innerstaatliche (Äquivalenzgrundsatz), und (2) grenzüberschreitende Formwechsel dürfen nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden (Effektivitätsgrundsatz) (VALE, → 7.49). Spezifische Sonderregeln für grenzüberschreitende Formwechsel sind sowohl seitens des Herkunfts- als auch des Aufnahmemitgliedstaats nur zulässig, wenn und soweit sie durch die speziellen Rechtfertigungsgründe des AEUV, durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses (→ 4.40 ff., 15.20 ff.) oder – in engen Grenzen – durch den Missbrauchsvorbehalt gerechtfertigt sind (vgl. bzgl. des Herkunftsmitgliedstaats bereits Cartesio, → 7.42; in VALE dann teils ausdrücklich, teils implizit für beide beteiligte Mitgliedstaaten, → 7.48). Welche Sonderregeln damit genau zulässig sind, hat der EuGH jedoch leider nicht näher konturiert. Als zwingende Gründe des Allgemeininteresses (→ 4.40 ff., 15.20 ff.) kommen – wie der EuGH in VALE betont hat − insbesondere der Schutz der Gläubiger, Minderheitsgesellschafter und Arbeitnehmer sowie die Wahrung der Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen und der Lauterkeit des Handelsverkehrs in Betracht.256 Bedeutsame Anhaltspunkte dafür, welche Schutzinstrumente auf dem Prüfstand des Gerichtshofs (wohl) standhalten würden, liefert insoweit der acquis unionaire gesellschaftsrechtlicher Verordnungen und Richtlinien, die grenzüberschreitende Restrukturierungen regeln, speziell SE-VO und SE-RL (→ 45), SCE-VO und SCE-RL (→ 46) und Art. 118 ff. GesRRL (G CBMD, → 22).257 Ausgehend davon dürften die Mitgliedstaaten etwa befugt sein, besondere Vorschriften zu erlassen, um einen angemessenen Schutz derjenigen Minderheitsgesellschafter, die sich gegen eine statutenwechselnde Sitzverlegung aussprechen, zu gewährleisten (vgl. Art. 8 Abs. 5, 24 Abs. 2, 34 SE-VO [→ 45.47, 45.59, 45.174]; Art. 28 Abs. 2 SCE-VO [→ 46.28]; Art. 121 Abs. 2 S. 2 GesRRL [G Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD, → 22.141 ff.]).258 Weiterhin ist davon auszugehen, dass die Mitgliedstaaten ein angemessenes System zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft etablieren dürfen (vgl. Art. 8 Abs. 7 SE-VO [→ 45.173], Art. 7 Abs. 7 256 EuGH v. 12.7.2012, VALE, C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440, Rn. 39. 257 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 757; dies. BB 2010, 387, 391; Eckert GesRZ 2009, 139, 147 f.; Szydlo ECFR 2010, 414, 433 f. 258 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 757 f.; Behme S. 190 f.; Eckert GesRZ 2009, 139, 148; Franz EuZW 2016, 930, 934; Meilicke GmbHR 2009, 92, 94; Teichmann ZIP 2009, 393, 403; Zimmer/Naendrup NJW 2009, 545, 546.

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SCE-VO [→ 46.107]), insbesondere in Form der Einräumung eines Anspruchs auf Sicherheitsleistung (vgl. Art. 24 Abs. 1 SE-VO [→ 45.46], Art. 121 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL [G Art. 4 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD, → 22.152 ff.], jeweils i.V.m. Art. 99 GesRRL [G Art. 13 FusRL, → 20.124 ff.]).259 Deutlich problematischer ist allerdings die Frage, ob und inwieweit der Wegzugs7.93 staat die statutenwechselnde Sitzverlegung vom Erhalt der Arbeitnehmermitbestimmung abhängig machen kann.260 Zwar ist entgegen einer teilweise im Schrifttum vertretenen Auffassung261 grundsätzlich auch die unternehmerische Mitbestimmung als ein Element des vom EuGH explizit als zwingender Grund des Allgemeininteresses anerkannten (→ 4.41, 7.34, 7.87, 7.91, 15.20) „Schutzes der Arbeitnehmer“ anzusehen (dafür sprechen nicht zuletzt die mitbestimmungsrechtlichen Regelungen in der SE-RL [→ 45.186 ff.], der SCE-RL [→ 46.113 ff.] und Art. 133 GesRRL [G Art. 16 CBMD, → 22.159 ff.])262. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass eine statutenwechselnde Sitzverlegung in vielen Fällen faktisch unmöglich sein könnte, wenn der Wegzugsstaat sie generell von der Beibehaltung des Mitbestimmungssystems abhängig machen könnte, denn dieses wird sich häufig nicht oder nur äußerst schwierig in die Leitungsverfassung nach dem Recht des Zuzugsstaats integrieren lassen.263 Als Lösungsweg kommt hier möglicherweise das für SE, SCE und grenzüberschreitende Verschmelzung vorgesehene Verhandlungsmodell (→ 45.186 ff., 46.113 ff., 22.163) in Betracht.264 Damit dieses wirklich funktioniert, müssen jedoch auch im Zuzugsstaat (sowie ggf. in anderen (Mitglied-)staaten, in denen die Gesellschaft Arbeitnehmer hat) entsprechende und kompatible Regelungen existieren265 − woran es jedoch bislang fehlt. (3)  Verbleibende Unsicherheiten 7.94 Die Grundsatzentscheidungen Cartesio (→ 7.36 ff.) und VALE (→ 7.46 ff.) haben zwar die fundamentalen Grundfragen bezüglich der „Formwechselfreiheit“ als Teil der Niederlassungsfreiheit geklärt. Gleichwohl verbleiben unzählige offene und un259 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 758; Behme S. 189 f.; Eckert GesRZ 2009, 139, 147 f.; Johnston/Syrpis (2009) 34 E. L. Rev. 378, 387 f.; 399 f.; Franz EuZW 2016, 930, 934; Meilicke GmbHR 2009, 92, 94; Mörsdorf EuZW 2009, 97, 101; Paefgen WM 2009, 529, 533; Teichmann ZIP 2009, 393, 403; Zimmer/Naendrup NJW 2009, 545, 547. 260 Dafür Eckert GesRZ 2009, 139, 148. 261 Vgl. Behme/Nohlen BB 2009, 13, 14; Meilicke GmbHR 2009, 92, 94. 262 Vgl. Bayer AG 2004, 534, 537; ders. BB 2003, 2357, 2365; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 758; Behme S. 192 ff.; Eidenmüller/Rehm ZGR 2004, 159, 186; Henssler GS Heinze, 2005, S. 333, 353; Kieninger EWS 2006, 49, 53; W.-H. Roth GS Heinze, 2005, S. 709, 723; Thüsing ZIP 2004, 381, 385 ff.; Weiss/Seifert ZGR 2009, 542, 557. 263 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 758; s. ferner auch Behme S. 196 f. 264 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 758 f.; i.d.S. wohl auch Eckert GesRZ 2009, 47, 49; Ratka/Wolfbauer ZfRV 2009, 57, 63 f.; vgl. zum Verhandlungsmodell als „comprehensive code für employee protection“ auch Armour/Ringe (2011) 48 C.M.L. Rev. 125, 165; zweifelnd aber Teichmann ZIP 2009, 393, 403. 265 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 759; Otte/Rietschel GmbHR 2009, 983, 986; Teichmann ZIP 2009, 393, 403.

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gelöste Fragen266: Welche Anforderungen und Grenzen ergeben sich genau aus dem Äquivalenz- und dem Effektivitätsgrundsatz? Was passiert, wenn die Anforderungen der beteiligten Rechtsordnungen miteinander unvereinbar sind? Welche speziellen Vorgaben dürfen Wegzugstaat und Aufnahmestaat für grenzüberschreitende Formwechsel machen? Die hieraus resultierende Rechtsunsicherheit schreckt viele Unternehmen davon ab, einen grenzüberschreitenden Formwechsel überhaupt zu versuchen.267 Es gibt zwar einige veröffentlichte Gerichtsentscheidungen zu (teilweise auch erfolgreichen) Versuchen eines grenzüberschreitenden Formwechsel auf der Basis der VALE-Grundsätze, z.B. der Moor Park-Fall des OLG Nürnberg268, eine Entscheidung des OGH269, eine Entscheidung des KG270 sowie eine Entscheidung des OLG 266 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1491; J. Schmidt (Fn. 148), S. 13; vgl. auch Schön ZGR 2013, 333, 356 f. 267 Vgl. Baert EBLR 2015, 581, 599 ff., 611; Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1491; Behme NZG 2012, 936, 939; Biermeyer (2013) 50 C.M.L. Rev. 571, 589; Böttcher/Kraft NJW 2012, 2701, 2704; Conac D. 2012, 3009, 3012 f.; Hansen ECFR 2013, 1, 17; Heckschen ZIP 2015, 2049, 2062; Hübner IPRax 2015, 134, 139; István Nagy IPRax 2014, 582, 584; Krarup EBLR 2013, 691, 697 f.; Mörsdorf/Jopen ZIP 2012, 1398, 1401; Schaper ZIP 2014, 810, 816; Schönhaus/Müller IStR 2013, 174, 179; J. Schmidt (Fn. 148), S. 13; Teichmann DB 2012, 2085, 2092; Verse ZEuP 2013, 458, 477; Weller/Rentsch IPRax 2013, 530, 535; Wicke DStR 2012, 1756, 1759. 268 OLG Nürnberg v. 13.2.2012 – 12 W 2361/11, NZG 2012, 468 („Moor Park I“) (dazu Bayer (Fn. 141), S. 230, 243 ff.; Drygala EWiR 2012, 263 f.; Frenzel NotBZ 2012, 249 ff.; Hammen WuB II. Q. Art. 49 AEUV 1.13; Schneider BB 2012, 988 ff.; Vossius NotBZ 2012, 217 f.); OLG Nürnberg v. 19.6.2013 − 12 W 520/13, NZG 2014, 349 („Moor Park II“) (dazu Bayer (Fn. 141), S. 230, 243 ff.; Bungert/de Raet DB 2014, 761 ff.; Hübner IPrax 2015, 134 ff.; Hushahn DNotZ 2014, 154 ff.; Krebs GWR 2014, 144 ff.; Neye EWiR 2014, 45 f.; Schaper ZIP 2014, 810 ff.; Stiegler NZG 2014, 351 f.; Wachter GmbHR 2014, 99 f.). Eine luxemburgische S.à.r.l. wollte ihren Satzungssitz nach Deutschland verlegen und sich in eine deutsche GmbH umwandeln. In der ersten Entscheidung vom 13.2.2012 entschied das OLG Nürnberg noch, dass ein grenzüberschreitender Formwechsel nicht möglich sei. In der zweiten Entscheidung (nach VALE) entschied das Gericht, dass ein grenzüberschreitender Formwechsel auf der Basis von VALE zwar grundsätzlich möglich sei; es verwies den Fall jedoch zurück an das AG, weil noch nicht alle Eintragungsvoraussetzungen geklärt waren. 269 OGH v. 10.4.2014 − 6 Ob 224/13, ÖJZ 2014, 917 m. Anm. Rauter. Eine italienische S.a.s. wollte ihren Sitz nach Österreich verlegen und sich in eine österreichische KG umwandeln. Der OGH entschied, dass ein grenzüberschreitender Formwechsel auf der Basis von VALE grundsätzlich möglich ist. Allerdings sei erforderlich, dass die Gesellschaft sämtliche Anforderungen an eine österreichische Gesellschaft erfüllt; dies sei aber nicht der Fall. Zudem sei auch nicht nachgewiesen, dass nach italienischem Recht eine Satzungssitzverlegung ohne Liquidation möglich ist. 270 KG v. 21.3.2016 – 22 W 64/15, NZG 2016, 834; dazu Graewe/Hippeli RIW 2016, 405 ff.; Hermanns MittBayNot 2017, 88 f.; Hushahn RNotZ 2016, 621 f.; Richter/Backhaus DB 2016, 1625 ff.; Schaper/Vollertsen EWiR 2017, 109 f.; Stiegler NZG 2016, 836 f.; Verse/ Schölles WuB 2017, 86 ff.; Wachter GmbHR 2016, 738 ff.; Winter/Marx/De Decker DStR 2016, 1997 ff.; Zwirlein ZGR 2017, 114 ff. Eine französische S.à.r.l. wollte sich in eine deutsche GmbH umwandeln. Das KG entschied, dass ein grenzüberschreitender Formwechsel auf der Basis von VALE grundsätzlich möglich sei. Es verwies die Sache jedoch an das AG zurück, weil der zur Eintragung vorgelegte Gesellschaftsvertrag nicht ausreichend sei und noch weitere behebbare Eintragungshindernisse bestünden.

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Frankfurt a.M.271.272 Aber diese Fälle illustrieren auch die enormen praktischen Hürden und Schwierigkeiten, die bei einem grenzüberschreitenden Formwechsel allein auf der Basis der VALE-Grundsätze auftauchen.273 bb)  Deutsches Recht 7.95 Das deutsche Recht ließ grenzüberschreitende Formwechsel traditionell nicht zu; ein Beschluss über die Verlegung des Satzungssitzes ins Ausland wurde teils als Auflösungsbeschluss interpretiert, teils als gem. § 241 Nr. 3 AktG (analog) nichtig angesehen.274 Daran kann nach Cartesio (→ 7.36 ff.) und VALE (→ 7.46 ff.) nicht länger festgehalten werden. Stattdessen gilt nun Folgendes: Ein Herausformwechsel der in § 191 Abs. 1 UmwG genannten deutschen Gesell7.96 schaften (also insbesondere auch einer GmbH) in eine Rechtsform eines anderen EU-/ EWR-Mitgliedstaats muss zugelassen werden, sofern dies i.S.v. Cartesio (→ 7.42) und VALE (→ 7.48 ff.) nach dem Recht des Aufnahmemitgliedstaats „möglich“ ist.275 § 1 Abs. 1 Nr. 4 UmwG ist insofern unionsrechtskonform auszulegen.276 Umgekehrt muss aber auch ein Hereinformwechsel von EU-/EWR-Gesellschaf7.97 ten, die einer der in § 191 Abs. 1 UmwG genannten deutschen Rechtsform entsprechen, in eine in § 191 Abs. 2 UmwG genannte Rechtsform (also insbesondere auch eine GmbH) zugelassen werden277 (wobei auch „rechtsformkongruente“ Formwech271 OLG Frankfurt a.M. v. 3.1.2017 − 20 W 88/15, NZG 2017, 423; dazu Enders BB 2017, 1234 f.; Klett NZG 2017, 428; Nentwig GWR 2017, 118; Rosner EWiR 2017, 297 f.; Stiegler GmbHR 2017, 392 ff. Eine deutsche GmbH wollte sich in eine italienische Srl umwandeln. Das Registergericht lehnte die Eintragung ab, weil nicht klar sei, dass es sich um einen grenzüberschreitenden Formwechsel handele und weil für einen solchen jedenfalls die Umwandlungsprüfung fehle. Das OLG Frankfurt gab der hiergegen gerichteten Beschwerde statt; die Auslegung des Antrags ergebe klar, dass ein grenzüberschreitender Formwechsel gewollt sei und das Fehlen der Umwandlungsprüfung sei durch die Eintragung im italienischen Register geheilt worden. 272 Vgl. ferner auch den Praxisbericht von Jennewein GesRZ 2016, 277 ff. 273 Vgl. J. Schmidt (Fn. 148), S. 14. 274 Vgl. zur früheren Rechtslage Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 761 m.z.w.N. 275 Vgl. OLG Frankfurt a.M. NZG 2017, 423 Rn. 24 ff.; Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1490; UHL/Behrens/Hoffmann Einl. B 163; Lutter/Decher/Hoger, Einf. Rn. 37; Heckschen ZIP 2015, 2049, 2051 ff.; Hushahn RNotZ 2014, 137, 138; MüKoBGB/Kindler IntGesR Rn. 782 f.; Klett NZG 2017, 428; MüKoGmbHG/Mayer § 4a Rn. 66a; Roth/ Altmeppen/Roth § 4a Rn. 50a; M/H/L/S/J. Schmidt § 4a Rn. 23; Stiegler S. 245 f.; ders. GmbHR 2017, 392, 393; Wachter GmbHR 2014, 99 f.; Wöhlert/Degen GWR 2012, 432, 433. 276 Vgl. OLG Frankfurt a.M. NZG 2017, 423 Rn. 24; Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1490; Lutter/Decher/Hoger Einf. Rn. 39; Hushahn RNotZ 2014, 137, 138; M/H/L/S/ J. Schmidt § 4a Rn. 23; Stiegler S. 246 f.; Teichmann ZIP 2017, 1190; Wachter GmbHR 2014, 99 f. 277 Vgl. OLG Nürnberg NZG 2014, 349 f.; KG NZG 2016, 834; Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1490; UHL/Behrens/Hoffmann Einl. B 163; Lutter/Decher/Hoger Einf. Rn. 37; Heckschen ZIP 2015, 2049, 2053 ff.; Hushahn RNotZ 2014, 137, 138; MüKoBGB/Kindler IntGesR Rn. 782, 784; Roth/Altmeppen/Roth § 4a Rn. 50; Schall GmbHR 2016, 25, 28;

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sel, z.B. Ltd. in GmbH, zuzulassen sind278). § 1 Abs. 1 Nr. 4 UmwG ist auch insofern unionsrechtskonform auszulegen.279 Bezüglich des die deutsche „Sphäre“ betreffenden Verfahrens wird im Schrifttum 7.98 teilweise vorgeschlagen, Art. 8 SE-VO analog anzuwenden.280 Dies hätte jedoch zur Konsequenz, dass ein grenzüberschreitender Formwechsel signifikant höheren und komplexeren Anforderungen unterworfen wäre als ein nationaler Formwechsel; dies wäre jedoch mit dem vom EuGH aufgestellten Gebot der Anwendung der nationalen Vorschriften im Rahmen des Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatzes (→ 7.49) unvereinbar.281 Richtiger Ansicht nach gelten daher vielmehr grundsätzlich die § 190 Abs. 2, §§ 192 ff. UmwG.282 Soweit sich aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters die Notwendigkeit von Anpassungen ergibt, bietet sich indes eine vorsichtige partielle Analogie zu Art. 8 SE-VO, §§ 12 ff. SEAG und §§ 122a ff. UmwG an, wobei allerdings stets der Effektivitätsgrundsatz zu beachten ist.283 Sofern Deutschland

M/H/L/S/J. Schmidt § 4a Rn. 24; Stiegler S. 337 f.; ders. NZG 2014, 351 f.; Verse/Schölles WuB 2017, 86, 87 f.; Wachter GmbHR 2014, 99 f.; Wöhlert/Degen GWR 2012, 432, 433. 278 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1490; Ege/Klett DStR 2012, 2442, 2444; Heckschen ZIP 2015, 2049, 2054; MüKoBGB/Kindler IntGesR Rn. 782; Schall ZfPW 2016, 407, 421; M/H/L/S/J. Schmidt § 4a Rn. 24; Wachter GmbHR 2016, 738, 739; vgl. auch OLG Nürnberg NZG 2014, 349 (luxemburgische S.à.r.l. in deutsche GmbH); KG NZG 2016, 834 (französische S.à.r.l. in deutsche GmbH). 279 Vgl. OLG Nürnberg NZG 2014, 349, 350; Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1490; Lutter/Decher/Hoger Einf. Rn. 39; Hushahn RNotZ 2014, 137, 138; Schall ZfPW 2016, 407, 428; M/H/L/S/J. Schmidt § 4a Rn. 24; Wachter GmbHR 2014, 99 f.; ders. GmbHR 2016, 738, 739. 280 Vgl. Hermanns MittBayNot 2016, 297, 298; Hushahn RNotZ 2014, 137, 140 f.; ders. RNotZ 2016, 621, 622; Seibold ZIP 2017, 456, 459. 281 Vgl. KG NZG 2016, 834; Stiegler S. 261 ff.; ders. NZG 2016, 835 f.; s. ferner auch Schall ZfPW 2016, 407, 422; Winter/Marx/De Decker DStR 2016, 1997, 1999. 282 Vgl. OLG Nürnberg NZG 2014, 349, 350; KG NZG 2016, 834 f.; OLG Frankfurt a.M. NZG 2017, 423 Rn. 34; Lutter/Hommelhoff/Bayer § 4a Rn. 17; Bayer (Fn. 141), S. 230, 245 f.; Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1490; UHL/Behrens/Hoffmann Einl. B 163 f.; Lutter/Decher/Hoger Einf. Rn. 39 f.; Lutter/Drygala § 1 Rn. 37 f.; Heckschen ZIP 2015, 2049, 2051, 2056 ff.; MünchHdbGesR VI/Hoffmann § 54 Rn. 11; Kindler EuZW 2012, 888, 890; Klett NZG 2017, 428; Knaier/Pfleger GmbHR 2017, 859, 862; Lieder/Bialluch NotBZ 2017, 209, 212; MüKoGmbHG/Mayer § 4a Rn. 21b; Nentwig GWR 2015, 447, 449; ders. GWR 2017, 118; Roth/Altmeppen/Roth § 4a Rn. 50a; Schall ZfPW 2016, 407, 429; ders. GmbHR 2016, 25, 28; Schaper/Vollertsen EWiR 2017, 109, 110; M/H/L/S/ J. Schmidt § 4a Rn. 25; Stiegler S. 272; ders. NZG 2014, 351 f.; Wachter GmbHR 2014, 99, 100; ders. GmbHR 2016, 738, 739; Weller/Rentsch IPRax 2013, 530, 534; Wicke § 4a Rn. 10; Wicke DStR 2012, 1756, 1759; Winter/Marx/De Decker DStR 2016, 1997, 1999; Wöhlert/Degen GWR 2012, 432, 434; Zwirlein ZGR 2017, 114, 128; differenzierend Hübner IPRax 2015, 134, 136 ff.; kritisch Neye EWiR 2014, 45, 46. 283 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Bayer § 4a Rn. 17; Bayer (Fn. 141), S. 230, 243, 245 f.; Bayer/ J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1490; MünchHdbGesR VI/Hoffmann § 54 Rn. 11; Kindler EuZW 2012, 888, 890; Roth/Altmeppen/Roth § 4a Rn.  50a; M/H/L/S/J. Schmidt § 4a Rn. 25; Stiegler S. 272; Wachter GmbHR 2014, 99, 100; Wicke § 4a Rn. 10; Wöhlert/ Degen GWR 2012, 432, 434; s. ferner für eine Analogie zu §§ 122a ff. UmwG auch UHL/Behrens/Hoffmann Einl. B 163 f.; Stiegler NZG 2014, 351, 352.; kritisch jedoch

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Aufnahmemitgliedstaat ist, ergibt sich aus VALE insbesondere auch, dass den vom Herkunftsmitgliedstaat ausgestellten Dokumenten „gebührend Rechnung getragen“ werden muss.284 Spezifische Anforderungen dürfen für grenzüberschreitende Verschmelzungen im Übrigen nur aufgestellt werden, wenn und soweit sie durch die speziellen Rechtfertigungsgründe des AEUV, durch zwingende Gründe des Allgemein­interesses (→ 4.40 ff., 15.20 ff.) oder – in engen Grenzen – durch den Missbrauchsvorbehalt gerechtfertigt sind (→ 7.90 ff.). 2.  Grenzüberschreitende Verschmelzung a)  Kapitalgesellschaften aa) EU-Recht 7.99 Für die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen EU-/EWR-Mitgliedsstaaten ist auf EU-Ebene mit der CBMD bzw. nunmehr Art. 118 ff. GesRRL (→ 22) ein klarer Rechtsrahmen geschaffen worden, der inzwischen285 auch in allen Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt wurde. bb)  Deutsches Recht 7.100 In Deutschland erfolgte die Umsetzung der CBMD durch das 2. UmwÄndG, das die neuen §§ 122a ff. UmwG einfügte (→ 22.12). Korrespondierend mit der RL ist deren Anwendungsbereich allerdings auf die grenzüberschreitende Verschmelzung deutscher Kapitalgesellschaften mit solchen aus EU-/EWR-Mitgliedstaaten beschränkt286 im Hinblick auf Drittstaaten (inklusive der USA287) besteht weiterhin erhebliche Rechtsunsicherheit.288

Lutter/Decher/Hoger Einf. Rn. 40. Für ergänzenden Rückgriff auf Art. 8 SE-VO: Knaier/ Pfleger GmbHR 2017, 859, 862. 284 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1490; M/H/L/S/J. Schmidt § 4a Rn. 25. 285 Vgl. zur verspäteten Umsetzung in vielen Mitgliedstaaten → 22.2. 286 Vgl. BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BR-Drs. 548/06, S. 30; Lutter/Bayer § 122b Rn. 8, 11 m.w.N. 287 Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung sind die §§ 122a ff. UmwG insoweit nicht anwendbar, vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 765; Lutter/Bayer § 122b Rn. 11 m.w.N. 288 Vgl. bereits Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 765.

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b)  Personengesellschaften aa) EU-Recht Personengesellschaften sind zwar nicht von Art. 118 ff. GesRRL (bzw. vorher der 7.101 CBMD) erfasst (→ 22.15). Nach ganz h.M.289 genießen jedoch auch sie − soweit sie Gesellschaften i.S.d. Art. 54 AEUV sind (→ 4.12 f.) − aufgrund des SEVIC-Urteils (→ 7.31 ff.) „Verschmelzungsfreiheit“ auf der Basis der Art. 49, 54 AEUV. Geschützt ist insoweit richtiger Ansicht nach nicht nur die Hinein-, sondern auch die Herausverschmelzung.290 Dies wird durch das VALE-Urteil des EuGH (→ 7.46) und sein vorheriges obiter dictum im Cartesio-Urteil (→ 7.42), in denen der Gerichtshof – aufbauend auf der SEVIC-Entscheidung − entschied, dass grenzüberschreitende Formwechsel durch die Niederlassungsfreiheit geschützt sind, untermauert; sowohl Cartesio als auch VALE waren „Wegzugsfälle“.291 Da der EuGH in SEVIC allerdings nur die generelle Zulässigkeit der Verschmel- 7.102 zung festgestellt, die näheren Einzelheiten des Verschmelzungsverfahrens jedoch nicht näher konturiert hat, herrscht derzeit diesbezüglich erhebliche Rechtsunsicherheit.292

289 Vgl. Lutter/Bayer § 122a Rn. 12; Bayer (Fn. 141), S. 230, 238; Bayer/J. Schmidt ZIP 2006, 210, 212; dies. BB 2008, 454, 459; dies. ZHR 173 (2009) 735, 765; Bungert/Schneider GS Gruson, 2009, S. 37; Doralt IPRax 2006, 572, 576; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 1 Rn. 50; Lutter/Drygala § 1 Rn. 12; Kallmeyer/Marsch-Barner Vorbem. §§ 122a ff. Rn. 9 f.; Menjucq in: Conac (éd.), Fusions transfrontalières de sociétés, 2011, S. 15, 17; Herrler EuZW 2007, 295, 299; Papadopoulos (2011) 36 E. L. Rev. 71, 87; ders. EBLR 2012, 517, 530; J. Schmidt (148), 10; J. Vetter AG 2006, 613, 616; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 249; Weiss/Wöhlert WM 2007, 580, 583. 290 Vgl. Kantongerecht Amsterdam DB 2007, 677; Lutter/Bayer § 122a Rn. 11; Bayer/ J. Schmidt ZIP 2006, 210, 211; dies. BB 2008, 454, 459; dies. ZHR 173 (2009) 735, 766; Behrens (2006) 43 C.M.L. Rev. 1686; Bungert BB 2006, 53, 56; Doralt IPRax 2006, 572, 575; Frenzel EWS 2009, 158, 163; Grundmann Rn. 787, 807; Hansen EBLR 2007, 181, 188; Herrler DNotZ 2009, 484, 488; Kieninger EWS 2006, 49, 51 f.; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 45; Lutter/Drygala JZ 2006, 770, 771; Meilicke/Rabback GmbHR 2006, 123, 125 f.; Priemayer WBl. 2006, 119, 120; Reichert Konzern 2006, 821, 834; Schindler ECFR 2006, 109, 117; J. Schmidt (148), S. 11; Schmidt-Kessel GPR 2009, 26, 29; Schön ECFR 2006, 122, 142; Sethe/Winzer WM 2009, 539, 539; Teichmann ZIP 2006, 355, 358; Thümmel/Hack Konzern 2009, 1, 3; Vossestein (2006) 3 ECL 177, 178; a.A. Kindler Konzern 2008, 811, 818 f.; MüKoBGB/Kindler IntHGesR Rn. 847 ff.; Leible/Hoffmann RIW 2006, 161, 165 f.; zurückhaltend auch M/H/H/L/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 35, 234; Papadopoulos (2011) 36 E. L. Rev. 71, 83. 291 Vgl. J. Schmidt (148), S. 11; s. auch bereits Voraufl. § 6 Rn. 72. 292 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 766; Bungert/Schneider FS Gruson, 2009, S. 37, 51; J. Schmidt (Fn. 148), S. 11, 17.

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bb)  Deutsches Recht 7.103 Im deutschen Recht existieren keine speziellen Vorschriften für die grenzüberschreitende Verschmelzung von Personengesellschaften. Der Gesetzgeber hat es i.R.d. Legislativverfahrens zum 2. UmwÄndG ungeachtet nachdrücklicher Forderungen aus der Wissenschaft und Praxis ausdrücklich abgelehnt, den Anwendungsbereich der §§ 122a ff. UmwG auch auf Personengesellschaften zu erstrecken und stattdessen einen kollisionsrechtlichen Regelungsansatz favorisiert (→ 22.31). Auch ohne spezielle kollisionsrechtliche Regelung ist indes davon auszugehen, 7.104 dass sich Voraussetzungen, Verfahren und Wirkungen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung von Personengesellschaften entsprechend der kollisionsrechtlichen Vereinigungstheorie293 nach dem Personalstatut der jeweiligen Gesellschaft richtet; es kommt folglich zu einer Kumulation der beteiligten Rechtsordnungen, wobei sich jeweils das strengste Recht durchsetzt.294 Da das Zusammentreffen der betreffenden Rechtsordnungen indes häufig zu Friktionen führt, ergeben sich damit für die Praxis ganz erhebliche Rechtsunsicherheiten, die durch das Fehlen spezieller deutscher materiellrechtlicher Regelungen noch potenziert werden. Einige plädieren insoweit für eine Analogie zu den §§ 122a ff. UmwG295 oder eine Orientierung an den Vorschriften der CBMD296; andere wollen dagegen schlicht die §§ 2 ff., 39 ff. UmwG betreffend die Verschmelzung von Personenhandelsgesellschaften anwenden297. Vorzugswürdig erscheint indes eine vermittelnde Lösung i.d.S., dass zwar grundsätzlich die §§ 2 ff., 39 ff. UmwG gelten, diese jedoch im Hinblick auf die spezifischen Aspekte transnationaler Fusionen durch eine (partielle) Analogie zu den §§ 122a ff. UmwG zu ergänzen sind.298 Damit kann sowohl dem grenzüberschreitenden Charakter der Verschmelzung als auch den sich aus der Beteiligung von Personengesellschaften ergebenden Besonderheiten Rechnung getragen werden.299 Da die §§ 122a ff. UmwG nur partiell analog herangezogen werden, relativiert sich zudem auch das sich aus der legislatori-

293 Dazu allg. MüKoBGB/Kindler IntHGesR Rn. 799 ff.; M/H/L/S/Leible Syst. Dar. 2 Rn. 225 ff. (jeweils m.w.N.). 294 Vgl. Lutter/Bayer § 122a Rn. 13; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 766 f.; Bungert/Schneider GS Gruson, 2009, S. 37, 38 f.; Semler/Stengel/Drinhausen Einl. C Rn. 16, 36; Kieninger EWS 2006, 49, 50 f.; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 49 ff.; Kallmeyer/ Marsch-Barner Vorbem. §§ 122a ff. Rn. 13; Simon/Rubner Konzern 2006, 835, 842. 295 Dafür Lutter/Drygala § 1 Rn. 35; Thümmel/Hack Konzern 2009, 1, 5; Veit/Wichert AG 2004, 14, 18. 296 Dafür Lutter/Drygala JZ 2006, 770, 776; vgl. auch Oechsler NJW 2006, 812 f. 297 Dafür i.E. Semler/Stengel/Drinhausen Einl. C Rn. 38 f.; Louven/Dettmeier/Pöschke Beil. zu BB 13/2006, 1, 5; ebenso wohl auch Gesell/Krömker DB 2006, 2558, 2560; Geyrhalter/ Weber DStR 2006, 146, 147 f.; Spahlinger/Wegen NZG 2006, 721, 727. 298 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 767; ähnlich auch Bungert/Schneider GS Gruson, 2009, S. 37, 41; Kallmeyer/Marsch-Barner Vorbem. §§ 122a ff. Rn. 12; Simon/ Rubner Konzern 2006, 835, 843; für eine entsprechende Lösung de lege ferenda auch Veil Konzern 2007, 98, 105; J. Vetter AG 2006, 613, 616 f. 299 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 769 f.

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schen Konzeption ergebende Gegenargument300, 301, welches im Übrigen nicht zuletzt vor dem Hintergrund des „Quelle“-Urteils des BGH302 auch dadurch entkräftet wird, dass sich der Gesetzgeber den aus SEVIC (→ 7.31 ff.) ergebenden Anforderungen ganz offensichtlich bewusst war und diese erfüllen wollte (wenn auch mittels einer kollisionsrechtlichen Lösung, die aber letztlich auch ein materiellrechtliches Fundament braucht)303. Letzten Endes ist freilich auch dies aufgrund der verbleibenden Unsicherheiten im Vergleich zu einer – dringend anzuratenden – gesetzlichen Regelung nur eine suboptimale „Hilfslösung“.304 3.  Grenzüberschreitende Spaltung a)  EU-Recht Ein spezieller Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Spaltungen fehlt bislang auf 7.105 EU-Ebene; die Art. 135 ff. GesRRL (G SpRL) betreffen ausschließlich nationale Spaltungen (→ 21.8). Nach inzwischen ganz h.M. fallen jedoch auch grenzüberschreitende Spaltungen in den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49, 54 AEUV, d.h. diese beinhaltet auch die „Spaltungsfreiheit“.305 In SEVIC hat der EuGH den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit gerade nicht auf grenzüberschreitende Verschmelzungen beschränkt, sondern vielmehr auch auf andere Gesellschaftsumwandlungen erstreckt (→ 7.32).306 Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf SEVIC entschied er dann in VALE, dass auch grenzüberschreitende Formwechsel vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit umfasst sind (→ 7.48 ff.). Grenzüberschreitende Spaltungen – als eine weitere Form grenzüberschreitender Umwandlungen − müssen daher ebenfalls als vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit erfasst angesehen werden.307 Dies gilt gleichermaßen für Hinein- als auch für Herausspaltungen.308 Ohne 300 Im Hinblick darauf kritisch bezüglich einer Anwendung der §§ 122a ff. UmwG: Bungert/Schneider GS Gruson, 2009, S. 37, 40; Semler/Stegenl/Drinhausen Einl. C Rn. 40. 301 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 767. 302 BGH NJW 2009, 427 („Quelle“). Vgl. näher → 3.54 ff. 303 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 768. 304 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 768. 305 Vgl. Bayer (Fn. 141), S. 230, 240; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 768; Lutter/ Drygala § 1 Rn. 20; Decher Konzern 2006, 805, 810; Doralt IPRax 2006, 572, 576; Hansen EBLR 2007, 181, 195; Herrler EuZW 2007, 295, 299 f.; Kallmeyer/Kappes AG 2006, 224, 234 ff.; Kleba RNotZ 2016, 273, 275 f.; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 46 f.; Leible/Hoffmann RIW 2006, 161, 165; Kallmeyer/Marsch-Barner Vorbem. §§ 122a ff. Rn. 11; Meilicke/Rabback GmbHR 2006, 123, 126; Papadopoulos (2011) 36 E. L. Rev. 71, 83 f.; Roelofs, Grensoverschrijdende juridische splitsing kapitaalvennootschappen, 2014, S. 589; ders. (2010) 7 ECL 142, 144; Rønfeldt/Werlauff (2006) 3 ECL 125, 127; J. Schmidt (Fn. 148), S. 11; KK-UmwG/Simon/Rubner Vor §§ 122a ff. Rn. 53; Storm (2006) 3 ECL 130, 134; Vossestein (2006) 3 ECL 177, 179. 306 EuGH v. 13.12.2005, SEVIC, Rs. C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762, Rn. 19. 307 Vgl. J. Schmidt (148), S. 12. 308 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 768; Roelofs (Fn. 305), S. 590; J. Schmidt (148), S. 12.

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nähere Konturierung des verfahrensrechtlichen Rahmens durch den Gerichtshof oder eine spezielle Richtlinie sind auch grenzüberschreitende Spaltungen allerdings einstweilen mit erheblichen Unsicherheitsfaktoren behaftet.309 b)  Deutsches Recht 7.106 Das deutsche Recht kennt bislang ebenfalls keine speziellen Regelungen für grenzüberschreitende Spaltungen. Im Rahmen des Legislativverfahrens zum 2. UmwÄndG (→ 22.12) hat der Gesetzgeber mittels der ausdrücklichen Beschränkung der Verweisung in § 125 S. 1 UmwG auf den 1.–9. Abschnitt des Zweiten Buchs sogar explizit klargestellt, dass er die §§ 122a ff. UmwG gerade nicht (entsprechend) auf grenzüberschreitende Spaltungen angewendet wissen will.310 Vielmehr favorisierte er offenbar auch insoweit einen kollisionsrechtlichen Regelungsansatz, denn Art. 10a EGBGBRefE (→ 7.68) sah die Kodifikation der kollisionsrechtlichen Vereinigungstheorie auch für Spaltungen vor.311 7.107 Wie dargelegt (→ 7.105), genießen jedoch auch deutsche Gesellschaften „Spaltungsfreiheit“ aufgrund der Art. 49, 54 AEUV. Letztlich ergibt sich somit dieselbe Problematik wie bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Personengesellschaften (→ 7.103 f.), die – bis zu einer hoffentlich baldigen Regelung auf EUund/oder nationaler Ebene − nach denselben Grundsätzen zu lösen ist.312 § 1 Abs. 1 UmwG ist insoweit unionsrechtskonform auszulegen.313 Voraussetzungen, Verfahren und Wirkungen grenzüberschreitender Spaltungen richten sich entsprechend der kollisionsrechtlichen Vereinigungstheorie nach dem Personalstatut der jeweiligen Gesellschaft; i.R.d. hieraus resultierenden Kumulation der beteiligten Rechtsordnungen setzt sich das jeweils strengste Recht durch.314 Auf materiellrechtlicher Ebene gelten für die beteiligte(n) deutsche(n) Gesellschaft(en) grundsätzlich die §§ 123 ff. UmwG, hinsichtlich der spezifisch transnationalen Aspekte sind jedoch partiell die §§ 122a ff. UmwG analog heranzuziehen.315 309 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 768; Roelofs (Fn. 305), S. 598 f.; J. Schmidt (148), S. 12. 310 Vgl. BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BR-Drs. 548/06, S. 40; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 769. S. dazu auch Lutter/Bayer § 122a Rn. 15; Semler/Stengel/Drinhausen § 122a Rn. 6; Heckschen (Fn. 289), § 122a Rn. 20; Louven ZIP 2006, 2021, 2023 f.; Simon/ Rubner Konzern 2006, 835, 843. 311 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 769. 312 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 769. 313 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 769; Semler/Stengel/Drinhausen Einl. C Rn. 38; Lutter/Drygala § 1 Rn. 18, 31; Kleba RNotZ 2016, 273, 276. 314 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 769; Semler/Stengel/Drinhausen Einl. C Rn. 16, 36; Lutter/Drygala § 1 Rn. 32 ff. 315 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 769; ähnlich auch Kleba RNotZ 2016, 273, 276 f.; Kallmeyer/Marsch-Barner Vorbem. §§ 122a ff. Rn. 12; Simon/Rubner Konzern 2006, 835, 843; für eine vergleichbare Lösung de lege ferenda auch Veil Konzern 2007, 98, 105. Für eine Analogie zu §§ 122a ff. UmwG: Lutter/Drygala § 1 Rn. 35 f.; für eine Analogie zur FusRL, SpRL und CBMD Kallmeyer/Kappes AG 2006, 224, 234.

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4.  Resümee Insgesamt ist somit zu konstatieren, dass der EuGH die Mobilität der Gesellschaften 7.108 im EU-/EWR-Raum mit seiner neueren Judikatur um Lichtjahre vorangebracht und geradezu revolutioniert hat. In Kombination mit Art. 118 ff. GesRRL (G CBMD, → 22), den Restrukturierungsmöglichen aufgrund der SE-VO (→ 45) und der SCEVO (→ 46) sowie den Liberalisierungsbestrebungen vieler nationaler Gesetzgeber – einschließlich des deutschen − sind den Gesellschaften im Binnenmarkt heute bereits ganz erhebliche Freiheiten eröffnet. Vollständig realisiert ist das den Art. 49, 54 AEUV zugrunde liegende Idealbild 7.109 einer umfassenden Niederlassungsfreiheit der Gesellschaften im Binnenmarkt damit jedoch noch nicht. Aufgrund der aufgezeigten zahlreichen Regelungslücken, Widersprüche und nicht abschließend geklärter Auslegungs- und Anwendungsfragen existiert bislang weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene ein wirklich konsistentes und stimmiges System.316 Das europäische „Straßennetz“ besteht insgesamt nach wie vor in weiten Bereichen noch aus „Kopfsteinpflaster“ mit zahlreichen Hindernissen und „Baustellen“.317

VI.  Desiderata: weitere EU-Legislativmaßnahmen 1.  Desiderata Um ein dem Binnenmarktideal entsprechendes, umfassende Mobilität von Gesell- 7.110 schaften gewährleistendes „Autobahnnetz“ zu schaffen, bedarf es dringend weiterer EU-Legislativmaßnahmen. Denn trotz ihres Schutzes durch die Niederlassungsfreiheit (→ 7.48, 7.85, 7.101, 7.105) sind grenzüberschreitende Verschmelzungen von Personengesellschaften, grenzüberschreitende Spaltungen und grenzüberschreitende Formwechsel weiterhin mit erheblicher Rechtsunsicherheit behaftet und daher – wenn überhaupt – nur mit großem Aufwand und hohen Kosten (speziell für die Rechtsberatung) durchführbar (→ 7.85 ff., 7.102, 7.105). Eine denkbare Option wäre es, Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD, → 22) um 7.111 Regeln zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von Personengesellschaften zu erweitern und jeweils eine spezielle RL zur grenzüberschreitenden Spaltung und zum grenzüberlegenden Formwechsel (Sitzverlegungs-RL) zu verabschieden. Mit Blick auf die Spiegelbildlichkeit von Verschmelzungen und Spaltungen (→ 21.1, 21.15) und die vielen Parallelen zu grenzüberschreitenden Formwechseln wäre dies jedoch eine suboptimale Lösung.318 Weitaus sinnvoller erscheint es, Titel II der GesRRL zu einer allgemeinen Mobilitäts-RL auszubauen, die dann nicht mehr nur die grenzüberschreitende Verschmelzung, sondern auch die grenzüberschreitende Spaltung und 316 Vgl. bereits Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 770, 774. 317 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1492. 318 Vgl. J. Schmidt (Fn. 148), S. 37.

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den grenzüberschreitenden Formwechsel für alle Rechtsträger i.S.d. Art. 54 AEUV (also nicht mehr nur Kapitalgesellschaften, sondern auch Personengesellschaften) regeln würde.319 Angesichts der vielen Parallelen zwischen grenzüberschreitenden Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechseln erscheint es nur logisch, alle drei Typen von Umwandlungen in einem einzigen Rechtsakt zusammenzufassen.320 Idealerweise sollte Titel II der GesRRL dann neu strukturiert werden, in einen allgemeinen Teil mit gemeinsamen Regeln für alle Umwandlungsarten und besondere Teile für grenzüberschreitende Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel.321 Ergebnis wäre ein schlanker, konsistenter und effizienter Rechtsrahmen für alle drei Umwandlungsarten in einem einzigen Rechtsakt.322 Eine solche allgemeine Mobilitäts-RL würde endlich umfassende Mobilität für alle Rechtsträger i.S.d. Art. 54 AEUV gewähren und damit enorme wirtschaftliche Chancen für den Binnenmarkt eröffnen.323 Darüber hinaus sollte aber auch das Gesellschaftskollisionsrecht endlich harmoni7.112 siert werden, idealerweise durch eine weitere Rom-VO324; s. auch noch → 30.1 ff., 30.34.

319 Vgl. zum Ausbau der früheren CBMD zu einer allgemeinen Mobilitäts-RL: J. Schmidt (Fn. 148), S. 37; M/H/L/S/J. Schmidt § 4a Rn. 27; vgl. auch Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1924 sowie in Anknüpfung an Anregungen der Reflection Group (→ 30.26) auch bereits Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1492; dies. BB 2013, 3, 15; J. Schmidt GmbHR 2011, R177. Diesen Vorschlag einer Mobilitäts-RL befürwortend: Oplustil/Sikora EWS 2017, 134, 142; Stiegler AG 2016, R48, R50. 320 Vgl. J. Schmidt (Fn. 148), S. 37. 321 Vgl. J. Schmidt (Fn. 148), S. 37. 322 Vgl. J. Schmidt (Fn. 148), S. 37. 323 Vgl. J. Schmidt (Fn. 148), S. 37. 324 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1492; dies. BB 2013, 3, 15; dies. BB 2016, 1923, 1924; Kieninger IPrax 2017, 200, 202 f.; J. Schmidt (Fn. 148), S. 34, 38; M/H/L/S/J. Schmidt § 4a Rn. 27; ebenso auch Arenas García LA LEY Unión Europea nº 39, julio 2016, S. 17.

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2.  Entwicklung der legislatorischen Überlegungen Nachdem bereits die Reflection Group (→ 5.61, 13.12) in ihrem Bericht vom Ap- 7.113 ril 2011 zu einer Debatte über die Harmonisierung des Gesellschaftskollisionsrechts aufgerufen hatte325, hatte die Kommission zwar für 2014 die Vorlage eines Grünbuchs angekündigt.326 Letztlich wurde jedoch (nur) eine Studie zum Gesellschaftskollisionsrecht in Auftrag gegeben327, die 2016 veröffentlicht wurde; sie empfiehlt eine Harmonisierung des Gesellschaftskollisionsrechts auf der Basis der Gründungstheorie in einer neuen Rom-VO.328 Die European Group for Private International Law (EGPIL) hat Ende 2016 bereits einen konkreten Vorschlag für eine solche VO vorgelegt.329 In Bezug auf grenzüberschreitende Verschmelzungen und Spaltungen hatte die 7.114 Kommission im Anschluss an die Vorschläge der Reflection Group vom April 2011330 (→ 5.61, 13.12, 30.26 ff.) im Aktionsplan 2012 (→ 5.68, 13.14) verlautbart, dass sie eine Reform der CBMD sowie eine Initiative zur Schaffung eines Rechtsrahmens für grenzüberschreitende Spaltungen erwäge331. Sie gab daraufhin eine Studie zur CBMD in Auftrag, die im September 2013 veröffentlicht wurde.332 Im Jahr 2014 führte die Kommission eine öffentliche Konsultation zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen und Spaltungen durch; ein Feedback Statement wurde im Oktober 2015 veröffentlicht.333 In ihrer Mitteilung v. 28.10.2015 zur neuen EU-Binnenmarktstrategie kündigte die Kommission dann für Ende 2017 eine entsprechende Legislativinitiative an.334 Am 14.6.2016 hat sich der EP-Rechtsausschuss (JURI) im Rahmen eines Work- 7.115 shops zur Zukunft des Europäischen Gesellschaftsrechts mit der Frage beschäftigt, ob Legislativmaßnahmen bezüglich grenzüberschreitender Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel erforderlich sind.335 Jessica Schmidt präsentierte dort ihre im Auftrag des JURI erstellte Studie336. Darin wird – in Anknüpfung an frühere Veröf325 Vgl. Report of the Reflection Group On the Future of EU Company Law, 5.4.2011 (), S. 23 f. Vgl. zur Reflection Group auch → 13.12. 326 KOM(2010) 171, S. 26. 327 ABlEU 2015/S 095-171730. 328 Gerner-Beuerle/Mucciarelli/Schuster/Siems, Study on the law applicable to companies, 2016, doi 10.2838/527231 (), S. 17. 329 EGPIL ZEuP 2017, 500 ff. 330 Vgl. Bericht Reflection Group (Fn. 325), 2.3.3., 2.6. 331 Vgl. KOM(2012) 740, 4.2, 4.3; dazu Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 14. 332 Bech-Bruun/Lexidale, Study on the Application of the Cross-border Mergers Directive, 2013 (). 333 Konsultationsseite: . 334 Mitteilung der Kommission an das EP, den Rat, den EWSA und den AdR. Den Binnenmarkt weiter ausbauen: mehr Chancen für die Menschen und Unternehmen, COM(2015) 550, 6, 8, 25. 335 . 336 J. Schmidt (Fn. 148).

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fentlichungen der Autoren dieses Buches337 – vorgeschlagen, die CBMD zu einer allgemeinen Mobilitäts-RL auszubauen, die dann nicht mehr nur die grenzüberschreitende Verschmelzung, sondern auch die grenzüberschreitende Spaltung und den grenzüberschreitenden Formwechsel für alle Rechtsträger i. S. d. Art. 54 AEUV (also nicht mehr nur Kapitalgesellschaften, sondern auch Personengesellschaften) regeln würde.338 Im Anschluss wurde im JURI ein Verfahren zur Herbeiführung einer EP-Entschließung initiiert, das in eine EP-Entschließung vom 13.6.2017 mündete, mit der das EP die Kommission nochmals nachdrücklich zur Vorlage eines Legislativentwurfs für grenzüberschreitende Verschmelzungen und Spaltungen sowie grenzüberschreitende Formwechsel aufforderte und darin auch konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung machte.339 Die Kommission hatte zwischenzeitlich im Mai 2017 zur Vorbereitung der für 7.116 Ende 2017 angekündigten Initiative (→ 7.114) bereits eine Konsultation betreffend die Schaffung weiterer EU-Regelungen für die grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften (Verschmelzungen, Spaltungen, Formwechsel) und das Gesellschaftskollisionsrecht gestartet.340 Bei Drucklegung war die im Rahmen der Konsultation nochmals für Ende 2017 7.117 in Aussicht gestellte Legislativinitiative zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechseln sowie zum Gesellschaftskollisionsrecht noch nicht erfolgt.

VII.  Exkurs: Brexit 7.118 Einschneidende Folgen für die grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften könnte auch der drohende Brexit haben. Denn nach einem „harten“ Brexit wäre das UK nicht mehr an die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49, 54 AEUV gebunden. Es gäbe also im Verhältnis zum UK keine Verschmelzungs-, Spaltungs- und Formwechselfreiheit mehr und auch Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD) würde nicht mehr gelten. Zudem stellt sich die Frage nach dem Schicksal der mehreren tausend Limited und plc mit Verwaltungssitz in Deutschland.341 Wenn nach einem Brexit im Verhältnis zum UK 337 Vgl. (im Anschluss an Vorschläge der Reflection Group): Bayer/J. Schmidt ZIP 2012, 1481, 1492; dies. BB 2013, 3, 15; dies. BB 2015, 1731, 1735; dies. ZIP 2016, 841, 849; J. Schmidt, GmbHR 2011, R177; s. ferner 5. Aufl. § 6 Rn. 48. 338 Vgl. J. Schmidt (Fn. 148), S. 37. Dazu auch Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1924. 339 Entschließung des EP v. 13.6.2017 zur Durchführung grenzüberschreitender Unternehmensverschmelzungen und -spaltungen, P8_TA(2017)0248. 340 Konsultationsseite: . Dazu Müller GmbHR 2017, R185 f. 341 Vgl. dazu auch Armour/Fleischer/Knapp/Winner (2017) 18 EBOR 225 ff.; Bode/Bron GmbHR 2016, R129; Bronger/Scherer/Söhnchen EWS 2016, 131, 134 f.; Dorn/Schwarz NWB 2016, 2182, 2183; Drygala, Exit auch aus der britischen Limited?, LTO v. 5.7.2016 (); Franz EuZW 2016, 930, 933; Freitag/Korch ZIP 2016, 1361 ff.; Hess IPRax 2016, 409, 417 f.; Hübler NZI 2016, 622, 623; Kersting DB 26– 27/2016, M5; Kokkinis EBLR 2017, 959, 967 ff.; Kumpan/Pauschinger EuZW 2017, 327,

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keine Niederlassungsfreiheit mehr gelten sollte, könnte die deutsche Rechtsprechung diese Limited und plc auf der Basis der Sitztheorie möglicherweise wieder in Personengesellschaften (GbR bzw. oHG) umqualifizieren.342 Folge wäre insbesondere, dass den Gesellschaftern plötzlich wieder eine persönliche Haftung drohen würde; zudem würden sich eine ganze Reihe äußerst schwieriger praktischer und rechtlicher Probleme ergeben, weil die Gesellschaften in Deutschland als GbR bzw. oHG, im UK aber weiterhin als Ltd. bzw. plc behandelt würden (sog. Statutenverdoppelung).343 Ob es tatsächlich zu all dem kommen wird, ist indes derzeit völlig unklar. Denn 7.119 zum einen erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass im Verhältnis zum UK auch nach einem Brexit die Niederlassungsfreiheit weiterhin gelten wird – entweder aufgrund eines Verbleibs des UK im EWR (dann gelten gem. Art. 31, 34 EWRV, die Art. 49, 54 AEUV entsprechen, → 4.12 f.) oder aufgrund einer speziellen staatsvertraglichen Vereinbarung (wie sie z.B. schon seit Jahrzehnten mit den USA besteht, → 7.65).344 Selbst wenn die Niederlassungsfreiheit aber letztlich wegfallen sollte, so müsste den bereits bestehenden Gesellschaften aufgrund rechtsstaatlicher Prinzipien wohl zumindest für eine gewisse Übergangszeit Vertrauensschutz gewährt werden.345 331 f.; Lehmann/Zetzsche JZ 2017, 62, 67 ff.; Lieder/Bialluch NotBZ 2017, 165, 169 ff.; Lieder/Hoffmann AG 2017, R83 ff.; Manz/Mayer BB 2016, 1731 ff.; Mäsch/Gausing/ Peters IPRax 2017, 49 ff.; Peykan/Hanten/Gegusch et al. DB 2016, 1526, 1529; Rosner NWB 2016, 2251 f.; Schall ZfPW 2016, 407 ff.; ders. GmbHR 2017, 25; J. Schmidt in: „Was der Brexit für die „deutsche Limited“ bedeutet“, Handelsblatt v. 4.7.2016 (); Seeger DStR 2016, 1817 ff.; Seggewiße/Weber GmbHR 2016, 1302 ff.; Stiegler in: Kramme/Baldus/SchmidtKessel (Hrsg.), Brexit und die juristischen Folgen, 2016, S. 129 ff.; Teichmann/Knaier IWRZ 2016, 243 ff.; Weller/Thomale/Benz NJW 2016, 2378 ff. 342 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1933; Bode/Bron GmbHR 2016, R129; Drygala (Fn. 341); Freitag/Korch ZIP 2016, 1361, 1362 f.; Hess IPRax 2016, 409, 418; Hübler NZI 2016, 622, 623; Kersting DB 26-27/2016, M5; Kumpan/Pauschinger EuZW 2017, 327, 332; Lehmann/Zetzsche JZ 2017, 62, 68; Lieder/Bialluch NotBZ 2017, 165, 169 f.; Lieder/Hoffmann AG 2017, R83, R86; Manz/Mayer BB 2016, 1731, 1733; Mäsch/Gausing/ Peters IPRax 2017, 49, 51 ff.; Rosner NWB 2016, 2251; Peykan/Hanten/Gegusch et al. DB 2016, 1526, 1529; Schall ZfPW 2016, 407, 411; ders. GmbHR 2017, 25; J. Schmidt (Fn. 341); Seeger DStR 2016, 1817, 1818 f.; Seggewiße/Weber GmbHR 2016, 1302, 1303; Stiegler (Fn. 341), S. 129, 131; Teichmann/Knaier IWRZ 2016, 243, 244 f.; Weller/Thomale/Benz NJW 2016, 2378, 2380 f.; zum Festhalten der Rspr. an der Sitztheorie in Bezug auf Gesellschaften aus Drittstaaten und zur Umqualifizierung in deutsche GbR bzw. oHG → 7.67. 343 Vgl. die Nachweise in Fn. 342; vgl. in Bezug auf die aktuelle Rechtslage für Gesellschaften aus Drittstaaten → 7.68. 344 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1934; s. ferner etwa auch Teichmann/Knaier IWRZ 2016, 243, 244. 345 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1934; Bode/Bron GmbHR 2016, R129; Drygala (Fn. 341); Franz EuZW 2016, 930, 933; Mäsch/Gausing/Peters IPRax 2017, 49, 52 ff.; Stiegler (Fn. 341), S. 129, 132; Teichmann/Knaier IWRZ 2016, 243, 245; für eine Übergangslösung auch Lehmann/Zetzsche JZ 2017, 62, 68; abw. Kumpan/Pauschinger EuZW 2017, 327, 332; Lieder/Bialluch NotBZ 2017, 165, 170 f.; Lieder/Hoffmann AG 2017, R83, R86; Seeger DStR 2016, 1817, 1819 ff.

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§ 8 Die handelsrechtliche Publizität in Europa

§ 8 Die handelsrechtliche Publizität in Europa Literatur:

8 → 18, 23, 24, 25, 26. 8.1 Im Wirtschaftsverkehr soll die EU wie ein einziges Land behandelt werden. Das setzt voraus, dass die wesentlichen Daten über die Wirtschaftssubjekte europaweit nach einheitlichen Standards kurzfristig verfügbar sind. Jedermann soll sich nicht nur in Düsseldorf, sondern ebenso in London, Athen, Palermo und Zagreb über seine potentiellen Vertragspartner auf einfachstem Wege informieren können. Diesem Grundbedürfnis des Wirtschaftsverkehrs wurde bereits 1968 durch die PubRL (→ 18) Rechnung getragen, die 2003 dem elektronischen Zeitalter angepasst (→ 18.5), 2009 kodifiziert (→ 18.6) und 2017 schließlich in die GesRRL integriert wurde (→ 18.8). Seit Juni 2017 sind die mitgliedstaatlichen Register außerdem über das neue BRIS (Business Registers Interconnection System) vernetzt (→ 18.7, 18.17). 8.2 Seit Erlass und Umsetzung der PubRL (→ 18) ist in Europa sichergestellt, dass bestimmte Mindestangaben über die juristischen Personen des Handelsrechts für jedermann verfügbar sind: Firma, Sitz, Höhe des Kapitals und Person der organschaftlichen Vertreter sowie die Art ihrer Vertretungsmacht (Einzel- oder Gesamtvertretungsmacht) müssen in einem Register eingetragen oder hinterlegt und zudem veröffentlicht werden (Art. 14 ff. GesRRL [G Art. 2 ff. PubRL], → 18.13, 18.29 ff.). Hinzu kommt, dass Ort und Nummer des Registers auf der Geschäftskorrespondenz anzugeben sind, sodass jeder, der mit dieser Gesellschaft in Kontakt kommt, leicht die Möglichkeit eigener Feststellungen und Überprüfungen hat (Art. 26 GesRRL [G Art. 5 PubRL], → 18.25 f.). 8.3 Von ganz wesentlicher Bedeutung sind aber vor allem die Publizitätswirkungen: Der gutgläubige Rechtsverkehr darf sich grundsätzlich sowohl auf das „Schweigen“ (sog. negative Publizität, Art. 16 Abs. 6 und Abs. 7 UAbs. 3 GesRRL [G Art. 3 Abs. 6 und Abs. 7 UAbs. 3 PubRL]), als auch auf das „Reden“ des Handelsregisters (sog. positive Publizität, Art. 16 Abs. 7 UAbs. 1 und 2 GesRRL [G Art. 3 Abs. 7 UAbs. 1 und 2 PubRL]) verlassen (→ 18.47 ff.). 8.4 Alle offenlegungspflichtigen Daten über eine Gesellschaft sind heute elektronisch verfügbar (Art. 16 Abs. 1–3 GesRRL [G Art. 3 Abs. 1–3 PubRL], → 18.15 ff.). Ferner kann jedermann eine Kopie sämtlicher Unterlagen in Papier- oder elektronischer Form verlangen (Art. 16 Abs. 4 GesRRL [G Art. 3 Abs. 4 PubRL], → 18.23). 8.5 Wenn sich eine in einem Mitgliedstaat (A) wirksam gegründete und dort mit ihrem Satzungssitz im Register eingetragene Gesellschaft dauerhaft in einem anderen Mitgliedstaat (B) wirtschaftlich betätigt bzw. betätigen möchte, so muss dort aufgrund von Art. 29 GesRRL [G ZNRL] (→ 26) eine Zweigniederlassung eingetragen werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Gesellschaft ihre Tätigkeit hauptsächlich oder ausschließlich im Mitgliedstaat B ausübt (→ 26.10). Um zu gewährleisten, dass der Rechtsverkehr in Mitgliedstaat B sich über die Gesellschaft, ihre Tätigkeit und die für sie vertretungsberechtigten Personen informieren kann, etablieren Art. 29 Abs. 1, 36 Abs. 1 GesRRL [G Art. 1 Abs. 1, 7 Abs. 1 ZNRL] zudem Publizitätspflichten und – wirkungen (→ 26.90).

§ 9 Der Stand der Harmonisierung im Aktien- und GmbH-Recht im Überblick

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§ 9 Der Stand der Harmonisierung im Aktien- und GmbH-Recht im Überblick Literatur: → 19, 20, 21, 22, 27, 29

I.  Einführung 1.  Modernisierung und Standardisierung durch Harmonisierung

9

Die Gesellschaftsrechte in Europa waren einst sehr verschieden und beruhten auf 9.1 sehr unterschiedlichen Prinzipien. So waren Recht und Erscheinung der company limited by shares des englischen und irischen Rechts weit entfernt von den deutschen und romanischen Aktienrechten, diese wiederum verschieden vom niederländischen Recht etc. Hier haben die PubRL (→ 18) und die KapRL (→ 19), aber auch die FusRL (→ 20), SpRL (→ 21) und CBMD (→ 22) (die inzwischen alle in die GesRRL integriert wurden), geradezu grundstürzend eingegriffen, die Erscheinungsformen und Prinzipien einander stark angenähert und insgesamt zu einem eindrucksvollen Modernisierungsschub speziell im Aktienrecht geführt. Dabei hatten diese Richtlinien sowohl unmittelbare wie mittelbare Effekte, wobei letztere mindestens ebenso entscheidend waren wie erstere. So haben z.B. Dänemark1 und die Niederlande2 die GmbH überhaupt erst in die- 9.2 sen Zusammenhängen in ihr Recht eingefügt, Schweden3 und Finnland4 differenzieren nun zwischen publikt aktiebolag und privat aktiebolag bzw. julkinen osakeyhtiö und yksityinen osakeyhtiö (→ 9.60) und Spanien hat sein Recht der Kapitalgesellschaften nach dem Beitritt zur EU grundlegend geändert und modernisiert5.

1 Die anpartsselskab (ApS) (G GmbH) wurde in Dänemark eingeführt durch das Anpartsselskabsloven, Lov Nr. 371 af 13. Uni 1973; vgl. dazu Gomard in: Lutter (Fn. 2), S. 180, 183 ff. Die ApS ist heute geregelt im Lov nr. 470 af 12/06/2009. Lov om aktie- og anpartsselskaber (selskabsloven). 2 Die Besloten vennootschappen (BV) (G GmbH) wurde in den Niederlanden eingeführt durch das Wet houdende regeling van de besloten vennootschappen met beperkte aansprakelijkheid v. 3.5.1971 (Stb. 1971, 286), vgl. dazu de Jong EBLR 2016, 1, 4 f.; Lutter FS Sanders, 1972, S. 81 ff.; Sanders AG 1971, 389, 393 f.; Stein ZHR 138 (1974) 101, 104, 112 ff.; van der Grinten/Honée/Gotzen in: Lutter (Hrsg.), Die Gründung einer Tochtergesellschaft im Ausland, 3. Aufl. 1995, S. 504, 505 f. Sie ist heute geregelt in Boek 2 Titel 5 Burgerlijk Wetboek. 3  Vgl. Kap. 1 § 2 Aktiebolagslag (2005:551); zuvor: Kap. 1 § 2 Aktiebolagslag (1975:1385). Die Anpassungen im schwedischen Recht erfolgten durch das Lag (1994:802) om ändring i aktiebolagslagen (1975:1385), dazu Skøg in: Lutter (Fn. 2), S. 628, 632 f. 4  Vgl. heute Luku 1 § 1 Osakeyhtiölaki (2006/624). 5 Durch Ley 2/1995, de 23 de marzo, de Sociedades de Responsabilidad Limitada. Dazu Fischer RIW 1996, 12 ff.; Meyer GmbHR 1995, 435 ff.; s. ferner auch Irujo/Bochóns in: Lutter (Fn. 2), S. 762, 766 f.

148

§ 9 Der Stand der Harmonisierung im Aktien- und GmbH-Recht im Überblick

9.3

Noch grundlegender änderte aber das UK im Kontext dieser Richtlinien sein company law. Traditionell prägend war die public limited company (plc [G AG]). Die private limited company (Ltd. [G GmbH]) wurde erst durch den Companies (Consolidation) Act 19086 eingeführt und da für sie bestimmte Erleichterungen galten, war man ursprünglich darum bemüht, den Zugang zu ihr möglichst zu beschränken7.8 Im Zuge der Umsetzung der KapRL (→ 19) durch den Companies Act 19809 wurde das Verhältnis genau umgekehrt:10 Basis ist nun die private limited company, der Status als public limited company ist an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (insbesondere: Mindestkapital11) gebunden12. Beide Varianten der limited company werden aber weiterhin – anders als in Deutschland – einheitlich in einem einzigen Gesetz, heute dem Companies Act 2006 (CA 2006)13, geregelt (sog. „single act approach“)14. 9.4 Die verschiedenen EU-Harmonisierungsmaßnahmen führten somit auch zu einer Modernisierung und Standardisierung des Rechts der Kapitalgesellschaften im EU/ EWR-Raum.15 2.  Unterschiedliche Wirkungen aufgrund verschiedener Gegebenheiten 9.5 Der in der Rechtswirklichkeit erreichte tatsächliche Stand der Europäisierung der nationalen Gesellschaftsrechte hängt indes auch von einem Faktum ab, das sich der Angleichung entzieht: der Verbreitung der verschiedenen Gesellschaftsformen in den einzelnen Mitgliedstaaten. In Deutschland und dem UK übersteigt die Zahl der „GmbH“ diejenige der „AG“ um ein Vielfaches: So stehen in Deutschland rund 15.000 AG rund 1,2 Mio. GmbH gegenüber16, im UK rund 6.225 plc rund

  6  Companies (Consolidation) Act 1908 (c. 69).   7  Voraussetzungen für die Qualifizierung als private limited company war nach s. 121(1) Companies (Consolidation) Act 1908, dass die Gesellschaft (a) die Übertragung ihrer Anteile beschränkte, (b) die Zahl ihrer Gesellschafter auf höchstens 50 begrenzte, und (c) das öffentliche Angebot ihrer Anteile und Schuldverschreibungen untersagte.  8 Vgl. Gower 1-21. Näher zur Einführung der private limited company im UK: Schmitthoff FS Sanders, 1972, S. 183 ff. m.z.w.N.   9  Companies Act 1980 (c. 22). 10  Vgl. nur Gower, 1-21; Palmer’s Company Law 1.114. 11  S. 763(1) CA 2006: 50.000 ₤ (zuvor: s. 118(1) CA 1985). 12  Vgl. s. 4 CA 2006 (zuvor: s. 1(3) CA 1985). 13  Companies Act 2006 (c. 46). 14  Vgl. dazu Davies (Fn. 8), 1–19; J. Schmidt, SE, S. 106; rechtsvergleichend zum single act approach und anderen Legislativtechniken J. Schmidt ZHR 181 (2017) 43, 46 ff. 15  Ausf. zum Entwicklungsprozess der Harmonisierung der nationalen Aktienrechte → 5; s. ferner etwa Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 1 ff. Zu den historischen Grundlagen und Wurzeln bis zurück ins Altertum instruktiv Fleckner FS Hopt, 2010, S. 659, 665 ff. 16  15.130 AG und 1.219.251 GmbH zum 1.1.2017; Quelle: Kornblum GmbHR 2017, 739, 740. Näher zur zahlenmäßigen Entwicklung von AG und GmbH in Deutschland Bayer, Gutachten E zum 67. Deutschen Juristentag, 2008, E 21; zur Entwicklung der GmbH auch M/H/L/S/J. Schmidt Syst. Dar. 1 Rn. 95 ff. (jeweils m.z.w.N.).

§ 9 Der Stand der Harmonisierung im Aktien- und GmbH-Recht im Überblick

149

3,4 Mio. Ltd.17; der Anteil der „AG“ an der Gesamtzahl beträgt also nur 1,6 % (Deutschland) bzw. 0,2 % (UK). In Frankreich sind die Mehrzahl der neu gegründeten Gesellschaften ebenfalls S.à.r.l. („GmbH“).18 In Luxemburg und Belgien ist der zahlenmäßige Anteil der SA („AG“) dagegen traditionell19 weitaus höher, der Anteil der SA an der Gesamtzahl liegt hier bei 45–55 %.20 Das zahlenmäßige Verhältnis von „AG“ und „GmbH“ ist überdies in allen Mitgliedstaaten keineswegs statisch, sondern verändert sich im Laufe der Zeit aufgrund verschiedenster interner und externer Faktoren: In Deutschland z.B. lag der Anteil der AG an der Gesamtzahl von AG und GmbH 1980 noch bei 0,8 %21, 1995 gar bei 0,5 %22. Dieses – noch dazu stetig variierende − rechtstatsächliche Bild hat nicht nur erhebliche Bedeutung für die praktische Relevanz des harmonisierten Rechts der Aktiengesellschaft, sondern natürlich auch für die immer wieder diskutierte Frage, ob auch die Angleichung des GmbH-Rechts weiter forciert werden sollte23 (→ 9.55).

II.  Stand der Harmonisierung im Aktienrecht 1.  Harmonisierte Bereiche a)  Die Gründung der Aktiengesellschaft aa) Satzung Die nun in die GesRRL integrierten Regelungen der früheren PubRL und KapRL ent- 9.6 halten sehr eingehende Vorgaben für die Gründung von Aktiengesellschaften, lassen den nationalen Gesetzgebern aber durchaus Spielraum für Eigenheiten. So muss die Satzung, der Errichtungsakt24 bzw. ggf. ein gesondertes Schriftstück die vielfältigen Angaben nach Art. 3 f. GesRRL (G Art. 2 f. KapRL) enthalten (→ 19.18 ff.); neben Gegenstand, Firma und Sitz sowie der Höhe des Kapitals sind hier v.a. die notwendigen Angaben zur Art der Aktien (Inhaber-/Namensaktien, Nennbetrags-/Stückaktien, ggf. Aktiengattungen) und die etwaigen Beschränkungen ihrer Übertragbarkeit

17  Zum 31.3.2016: 6.225 PLC und 3.427.555 Ltd.; Quelle: Companies House, Companies Register Active 2015/16 (). 18 Vgl. INSEE, Tableaux de l’économie française 2016, 15.1. 19  Die große Zahl von SA dürfte wohl primär steuerliche Gründe haben, vgl. Wymeersch ECFR 2009, 71, 72. 20 Vgl. Wymeersch ECFR 2009, 71, 73. 21 Vgl. Bayer (Fn. 16), E 21. 22 Vgl. Lutter AG 1995, 309; ders. in: De Kluiver/Van Gerven (eds.), The European Private Company?, 1995, S. 201. 23  Dazu (sehr kritisch) Lutter AG 1995, 309; ders. (Fn. 22), S. 201 ff. 24  Vgl. zu den Hintergründen der – in vielen europäischen Rechtsakten anzutreffenden – Differenzierung zwischen Satzung und Errichtungsakt → 18.31.

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§ 9 Der Stand der Harmonisierung im Aktien- und GmbH-Recht im Überblick

(z.B. in Deutschland vinkulierte Namensaktien) zu nennen. Ferner werden z.B. auch Angaben zur Höhe der Gründungskosten und zu etwaigen Gründervorteilen verlangt (Art. 4 lit. j und k GesRRL [G Art. 3 lit. j und k KapRL]), → 19.29). bb) Gründungspublizität 9.7 Schon die bereits 1968 verabschiedete PubRL, die nun in die GesRRL integriert ist (→ 18), hatte die Gründungs- und Satzungspublizität zum zentralen Gegenstand. Durch den Verweis der Art. 3 f. GesRRL (G Art. 2 und 3 KapRL, → 19.18 ff.) auf Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL) wird sichergestellt, dass die soeben genannten Mindestangaben in Satzung/Errichtungsakt/gesondertem Dokument auch auf einem der beiden zugelassenen Wege (Registereintragung oder Hinterlegung) für jeden Dritten einsehbar und verfügbar zu halten sowie mittels eines Amtsblatts oder einer zentralen elektronischen Plattform zu veröffentlichen sind (zu diesen Publizitätsinstrumenten → 18.14 ff.). b)  Nichtigkeit 9.8 Die Regeln zur Nichtigkeit einer Gesellschaft wegen rechtlicher Mängel bei ihrer Gründung waren im Europa der frühen EG-Zeit sehr unterschiedlich und kaum überschaubar. Der Sachverhalt der EuGH-Entscheidung Marleasing25 (→ 3.29, 18.91 f.) erinnert daran. Daher war die Zurückdrängung dieser rechtlichen Erscheinung auf wenige und ganz gravierende Fälle, ihre Kontrolle durch die Gerichte und die Abwicklung der verbleibenden Fälle nach den Regeln der Liquidation das zweite große Anliegen der PubRL. Aufgrund von Art. 10 ff. GesRRL (G Art. 11 ff. PubRL, → 18.85 ff.) ist das heute europaweit Wirklichkeit: Kein Gläubiger einer Kapitalgesellschaft muss mehr fürchten, dass sich sein Vertragspartner trotz Eintragung in bzw. Hinterlegung bei einem Register „in Luft auflösen“ könnte. c)  Satzungsänderung 9.9 Die Satzungsänderung sollte ursprünglich allgemein in Art. 37 ff. der 5. (Struktur-) RL (→ 9.47) geregelt werden. Dieses Angleichungsvorhaben wurde allerdings im Aktionsplan 2003 (→ 5.43, 13.4) endgültig zugunsten punktueller Maßnahmen aufgegeben. Doch ist die Höhe des Kapitals nach Art. 3 lit. c GesRRL (G Art. 2 lit. c KapRL) 9.10 notwendiger Gegenstand der Satzung (→ 19.23); daher mussten konsequenterweise auch Regeln betreffend die Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung getroffen werden (Art. 68 ff. bzw. Art. 73 ff. GesRRL [G Art. 29 ff. bzw. Art. 34 ff. KapRL], → 19.172 ff., 19.227 ff.). Sie schreiben für diese Maßnahmen die ausschließliche Zu25  EuGH v. 13.11.1990, Marleasing, C-106/89, ECLI:EU:C:1990:395.

§ 9 Der Stand der Harmonisierung im Aktien- und GmbH-Recht im Überblick

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ständigkeit der Hauptversammlung fest und verlangen für bestimmte Entscheidungen eine qualifizierte Mehrheit; gefordert wird zudem die Einhaltung der gleichen Publizitätsregeln wie bei der Gründung. Näher dazu → 9.22, 9.25 ff., 19.173 ff., 19.228 ff. Daneben bestimmte schon die nun in die GesRRL integrierte PubRL, dass nach 9.11 jeder Satzungsänderung − gleich wie sie nach nationalem Recht im Übrigen zustande kommt − ihre Publizitätsregeln zu beachten sind und − damals eine Novität im deutschen Recht – jeweils eine Neufassung der gesamten Satzung einzureichen und bekannt zu machen ist (Art. 14 lit. c GesRRL [G Art. 2 lit. c PubRL], → 18.31). d)  Das Grundkapital aa) Überblick Bei Vorbereitung der nun in die GesRRL integrierten KapRL (→ 19) mit ihren zen- 9.12 tralen Regeln zum Kapital waren nur die sechs kontinentalen Gründungsländer Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und Niederlande Mitglieder der damaligen EWG. In deren Rechten war die Idee des festen Kapitals (→ 19.3, 19.37) seit einem Jahrhundert verankert; insofern ging es hier nur um vielfältige Details, nicht aber um das Prinzip26. Mit dem Beitritt des UK und Irlands änderte sich das grundlegend, da deren traditionsreichem Aktienrecht die Figur des festen Grundkapitals unbekannt war. Beide Länder haben aber den Verhandlungsstand der KapRL akzeptiert und die KapRL später umgehend nach ihrem Erlass im Rahmen einer grundstürzenden Reform ihres company law umgesetzt27 (→ 9.3). Gleiches ist später dann auch in Spanien28 und Portugal29 geschehen; diesen Rechtsordnungen war die Figur des festen Grundkapitals zwar durchaus bekannt, sie war dort aber viel weniger ausgeprägt und ausgefeilt. Ab Ende der 1990er Jahre geriet das Modell des festen Kapitals in Europa aller- 9.13 dings in die Kritik. Die sich anschließende kontroverse Debatte um eine grundlegende Reform der KapRL (→ 19.38 ff.) führte zwar zu punktuellen Reformen durch die RL 2006/68/EG (→ 19.6), von einer weitergehenden, fundamentalen Änderung wurde indes abgesehen (→ 19.41).

26 Dazu Lutter, Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, 1963; zur Umsetzung der KapRL ins deutsche Recht ausf. Lösekrug S. 76 ff. 27 In Irland erfolgte die Umsetzung durch den The Companies (Amendment) Act, 1983 (No. 13); im UK durch den Companies Act 1980 (→ 9.3). Vgl. zum Ganzen auch: Gansen, Harmonisierung der Kapitalaufbringung im englischen und deutschen Kapitalgesellschaftsrecht, 1992, S. 24 f. 28  Ley 19/1989, de 25 de julio, de reforma parcial y adaptación de la legislación mercantil a las Directivas de la comunidad Económica Europea (CEE) en materia de Sociedades, BOE 178 de 27/7/1989, p. 24085. 29  DL n° 262/86 de de 02 de Setembro. Aprova o Código das Sociedades Comerciais. D.R. I Série n. 201 de 02/09/86, p. 2293.

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bb)  Ziffer des Kapitals 9.14 Das Kapital ist zunächst nur eine Ziffer in der jeweiligen Landeswährung, die aber notwendiger Bestandteil jeder Satzung einer Aktiengesellschaft in Europa ist (vgl. Art. 3 lit. c GesRRL [G Art. 2 lit. c KapRL], → 19.23), nach Art. 45 Abs. 1 GesRRL (G Art. 6 Abs. 1 KapRL) mindestens 25.000 Euro betragen (→ 19.42) und exakt der Summe der Nennbeträge der ausgegebenen Aktien entsprechen muss (gezeichnetes Kapital). Als notwendiger Teil der Satzung nimmt die Ziffer des Grundkapitals am gesamten System der Publizität teil (→ 9.6 ff.). cc)  Die reale Kapitalaufbringung 9.15 Diese Ziffer des gezeichneten Kapitals (in Deutschland: Grundkapital; im UK und Irland: subscribed capital; in Frankreich, Belgien und Luxemburg: capital social; in Italien: capitale sociale; in den Niederlanden: geplaatst kapitaal etc.) erlangt ihre materielle Bedeutung erst durch die Regeln zur Kapitalaufbringung, d.h. zur vermögensmäßigen Unterlegung dieser Ziffer. Dafür gilt heute nun in allen Rechtsordnungen der EU und des EWR der Grundsatz, dass der Aktiengesellschaft im Rahmen ihrer Gründung Vermögen mindestens in Höhe der Kapitalziffer zukommen muss, das sog. Gebot der realen Kapitalaufbringung30. Ausdruck findet es u.a. im Gebot der Vollzeichnung des Kapitals (vgl. Art. 45 GesRRL [G Art. 6 KapRL], → 19.42), dem Verbot der Selbstzeichnung (Art. 59 GesRRL [G Art. 20 KapRL], → 19.119 ff.) und dem Verbot der Unterpari-Emission (Art. 47 GesRRL [G Art. 8 KapRL], → 19.50) sowie dem Verbot des Erlasses von Einlageverpflichtungen (Art. 53 GesRRL [Art. 14 KapRL, → 19.48). Darüber hinaus gilt europaweit die Pflicht zur sofortigen baren Einzahlung von mindestens einem Viertel aller Bareinlagen (Art. 48 Abs. 1 GesRRL [G Art. 9 Abs. 1 KapRL], → 19.58). Sacheinlagen unterliegen grundsätzlich einer Überprüfung ihres Wertes durch 9.16 unabhängige Sachverständige (Art. 49 GesRRL [G Art. 10 KapRL], → 19.61 ff.). Hierdurch soll sichergestellt werden, dass diese Leistungen auf das Kapital auch tatsächlich einen objektiv festgestellten Wert mindestens in Höhe des Nennbetrages bzw. rechnerischen Wertes der dafür ausgegebenen Aktien haben. Durch die RL 2006/68/EG (→ 19.6) ist den Mitgliedstaaten allerdings das Recht eingeräumt worden, in bestimmten Fällen von der Verpflichtung zur Überprüfung des Wertes abzuweichen (Art. 50 f. GesRRL [G Art. 11 f. KapRL], → 19.70 ff.). Diese Regeln werden während eines Zeitraums von 2 Jahren nach der Gründung durch Vorschriften zur sog. Nachgründung (Erwerb von Gegenständen von einem Gründer zu einem Preis von mindestens 10 % des gezeichneten Kapitals) flankiert (Art. 52 GesRRL [G Art. 13 KapRL], → 19.78 ff.). Sacheinlagen müssen innerhalb von 5 Jahren nach der Gründung bzw. der Genehmigung zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit vollständig geleistet werden (Art. 48 Abs. 2 30  Zum Begriff Lutter (Fn. 26), S. 42 ff. sowie Bayer/Habersack/Bayer II Kap. 17 Rn. 2; Lutter/Hommelhoff/Bayer § 5 Rn. 1 ff., § 19 Rn. 1 ff.; s. ferner auch noch → 19.47.

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GesRRL [G Art. 9 Abs. 2 KapRL], → 19.59); Arbeits- und Dienstleistungen sind ausgeschlossen (Art. 46 S. 2 GesRRL [G Art. 7 S. 2 KapRL], → 19.53). Der gesamte Regelungskomplex zur realen Kapitalaufbringung lässt in den na- 9.17 tionalen Aktienrechten noch viele weitere Fragen entstehen. Das gilt insbesondere für das deutsche Recht mit seinem Aufrechnungsverbot des § 66 Abs. 1 S. 2 AktG31 und seinen von Lehre und Rechtsprechung entwickelten, nun in § 27 Abs. 3 AktG kodifizierten Regeln zur verdeckten Sacheinlage; ausf. zur Unionsrechtskonformität → 19.85 ff. dd) Kapitalerhaltung Der in Frankreich im 19. Jahrhundert entwickelte, von den anderen kontinentalen 9.18 Rechten übernommene Gedanke der intangibilité du capital besagt, dass Ausschüttungen an die Aktionäre nicht vorgenommen werden dürfen, wenn und insoweit „[...] bei Abschluss des letzten Geschäftsjahres das Nettoaktivvermögen, wie es der Jahresabschluss ausweist, den Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich der Rücklagen, deren Ausschüttung das Gesetz oder die Satzung der Gesellschaft nicht gestattet, durch eine solche Ausschüttung unterschreitet oder unterschreiten würde.“

So formuliert es heute ausdrücklich Art. 56 Abs. 1 GesRRL (G Art. 17 Abs. 1 KapRL, → 19.96). Die KapRL formuliert den Kapitalerhaltungsgrundsatz für die nationalen Aktienrechte also nach dem Prinzip des § 30 Abs. 1 GmbHG und nicht nach dem (sehr viel weitergehenden) Prinzip des § 57 AktG: Gebunden ist nur ein Teil des Vermögens der betreffenden AG, nicht ihr gesamtes Vermögen (→ 19.96). Damit ist dieser in einer langen Geschichte des Rechts der Kapitalgesellschaften des europäischen Kontinents entwickelte Grundsatz heute für den gesamten EU/EWR-Raum im dargelegten Umfang festgelegt32. Das deutsche Recht geht aber auch hier deutlich über den EU-Standard hinaus33 (→ 19.96 ff.). Und die Gültigkeit dieser weitergehenden Normen, insbesondere also der §§ 57, 68 AktG, hat – soweit ersichtlich − noch niemand in Zweifel gezogen.34 Unzulässig erfolgte Ausschüttungen müssen von Aktionären, die beim Emp- 9.19 fang bösgläubig waren, zurückgewährt werden (Art. 57 GesRRL [G Art. 18 KapRL], → 19.108 ff.). Auch hier versteht die Lehre in Deutschland die Umsetzung in § 62 AktG (→ 19.111) als Rückeinlageanspruch, der − wie der Einlageanspruch selbst − besonderen Kautelen unterliegt (insbesondere Erlassverbot)35.

31 Dazu MüKoAktG/Bayer § 66 Rn. 41 ff. m.z.w.N.; s. ferner auch KK-AktG/Lutter, 2. Aufl. 1988, § 66 Rn. 31 ff. 32  Vgl. bereits Lutter (Fn. 26), S. 332 ff. 33  Dazu ausf. Mülbert FS Lutter, 2000, S. 535 ff. 34  Für Richtlinienkonformität auch Habersack/Verse § 6 Rn. 41; Schwarz Rn. 596. 35  Vgl. bereits Lutter (Fn. 26), S. 367 ff; s. ferner nur MüKoAktG/Bayer § 62 Rn. 8, 59, 84; K. Schmidt/Lutter/Fleischer § 62 Rn. 5 m.w.N.

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ee)  Der Erwerb eigener Aktien 9.20 Kauft die AG ihre eigenen Aktien auf, so kann das den Grundsatz der Kapitalerhaltung und die Integrität des Kapitals berühren − wie überhaupt dieser Vorgang bis zur Vermögenslosigkeit der Gesellschaft führen kann: Statt Geld und sonstigem Vermögen hat sie am Ende nur noch wertloses Papier (Aktien) in ihrem Tresor36. Darüber hinaus entstehen aber auch vielfältige interne Probleme: Entweder verfügt die AG selbst über die mit den Aktien verbundenen Mitgliedschaftsrechte − dann würde ihre Verwaltung sich selbst kontrollieren; oder diese Rechte ruhen − dann können sich die Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschaft ändern: A hat 46 %, B 44 % und C 10%; erwirbt jetzt die AG die Aktien von C, so ist A Mehrheitsgesellschafter (vgl. zu den charakteristischen Gefahren des Erwerbs eigener Aktien auch noch → 19.116). Daher verbietet das EU-Recht den originären Erwerb eigener Aktien generell 9.21 (Art. 59 GesRRL [G 20 KapRL], → 19.119 ff.) und gestattet den derivativen Erwerb eigener Aktien nur unter bestimmten Voraussetzungen, die allerdings durch die RL 2006/68/EG (→ 19.6) weiter aufgeweicht wurden. Die Regeln sind insgesamt äußerst komplex (ausf. → 19.117, 19.123 ff.). Zudem gelten weitere Sonderregeln für die sog. financial assistance (→ 19.151 ff.). ff)  Die Kapitalerhöhung 9.22 Als Änderung eines notwendigen Bestandteils der Satzung ist jede Kapitalerhöhung zunächst einmal Satzungsänderung und folgt deren Regeln (→ 9.9 ff.), kann also insbesondere grundsätzlich nur durch die Hauptversammlung beschlossen werden (Art. 68 Abs. 1 S. 1 GesRRL [G Art. 29 Abs. 1 S. 1 KapRL], → 19.173 ff.). Sie ist darüber hinaus eine Art von Zusatzgründung mit Ausweitung des Kapitals, sodass die Regeln zur Aufbringung des Kapitals hier in ähnlicher Weise zu beachten sind (vgl. Art. 69–71 GesRRL [G Art. 30–32 KapRL], → 19.189 ff.). Von großer Bedeutung aber ist, dass Art. 72 Abs. 1 GesRRL [G 33 Abs. 1 KapRL] 9.23 das Bezugsrecht der Altaktionäre bei jeder Barkapitalerhöhung europaweit festschreibt (→ 19.203 ff.). Sehr wichtig ist schließlich auch die Möglichkeit des genehmigten Kapitals, 9.24 also die zeitlich (5 Jahre) und i.d.R. auch der Höhe nach (vgl. im deutschen Recht: § 202 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 AktG) beschränkte Möglichkeit, die Verwaltung zur Erhöhung des Kapitals zu ermächtigen, Art. 68 Abs. 2 GesRRL [G Art. 29 Abs. 2 KapRL] (→ 19.185 f.). gg)  Kapitalherabsetzung und Einziehung 9.25 Art. 73 GesRRL [G Art. 34 KapRL] erlaubt ausdrücklich die Kapitalherabsetzung durch einen Hauptversammlungsbeschluss mit qualifizierter Mehrheit i.S.d. Art. 83 36  Vgl. bereits Lutter (Fn. 26), S. 430 ff.

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GesRRL (G Art. 44 KapRL, → 19.228 ff.). Art. 56 Abs. 1 GesRRL (G Art. 17 Abs. 1 KapRL) formuliert dabei ebenso ausdrücklich, dass die Kapitalherabsetzung als einzige Ausnahme vom allgemeinen Verbot der Kapitalrückzahlung zu sehen ist. Das ist richtig; denn der Erwerb eigener Aktien, sonst ebenfalls eine Gefahr für das Kapital, kann nach den Regeln der RL eben nur aus freien, ausschüttungsfähigen Mitteln erfolgen (→ 19.129), während es bei der Kapitalherabsetzung gerade um den Eingriff in diesen geschützten Bereich geht. Dieser Eingriff ist daher auch nur möglich, wenn den Gläubigern noch nicht fälli- 9.26 ger Forderungen vorzeitige Erfüllung oder Sicherheit geleistet wird, Art. 75 GesRRL (G Art. 36 KapRL, → 19.234 ff.). Das entspricht seit eh und je dem Standard der kontinentalen Rechte.37 Hinzuweisen ist speziell auch auf die durch Art. 76 GesRRL (G Art. 37 KapRL) 9.27 eröffnete Möglichkeit einer vereinfachten Kapitalherabsetzung zu Sanierungszwecken (→ 19.239 f.). Art. 78–82 GesRRL (G Art. 39–42 KapRL) enthalten eine Reihe von Sondervorschriften, mit denen der europäische Gesetzgeber einigen speziellen nationalen Rechtsinstituten Rechnung tragen wollte (→ 19.243 ff.). e)  Persönliche Haftung / Trennungsprinzip Der grundsätzliche Ausschluss der persönlichen Haftung von Aktionären für die Ver- 9.28 bindlichkeiten „ihrer“ AG, das sog. Trennungsprinzip, ist in den nationalen Aktienrechten selbstverständlich. Im deutschen Recht ist es in § 1 Abs. 1 S. 2 AktG ausdrücklich formuliert, ähnlich auch im UK in s. 3 CA 200638 und in Frankreich in Art. L225-1(1) C. com. Dennoch enthält das europäische Recht dazu keine allgemeine Aussage. Anhalts- 9.29 punkte finden sich zwar in ErwG 3 der ursprünglichen Fassung der PubRL39 sowie in Art. 7 EpGRL (→ 27.17); zudem wird das Trennungsprinzip für die SE ausdrücklich in Art. 1 Abs. 2 S. 2 SE-VO normiert (→ 45.10). Der EuGH hat jedoch in seinem Urteil in der Rs. Idryma Typou v. 21.10.201040 (→ 15.30, 18.12) klargestellt, dass die (nun in die GesRRL integrierte) PubRL keinen allgemeinen Grundsatz des europäischen Gesellschaftsrechts, dass die Haftung eines Aktionärs/Gesellschafters einer von ihr erfassten Kapitalgesellschaftsform für Gesellschaftsverbindlichkeiten unter allen Umständen ausgeschlossen ist, etabliert. Ein derart gravierender Eingriff in die nationalen Gesellschaftsrechte, der jegliche Form der Durchgriffshaftung a priori ausschließen würde, war mit der PubRL in der Tat niemals intendiert, zumal der euro37  Vgl. bereits Lutter (Fn. 26), S. 384 ff. 38  Grundlegend bereits die berühmte Entscheidung Salomon v A Salomon and Co Ltd [1897] AC 22. 39  ErwG 3 der ursprünglichen Fassung der RL (68/151/EWG) lautete: „Auf diesen Gebieten müssen Vorschriften der Gemeinschaft … erlassen werden, da diese Gesellschaften zum Schutze Dritter lediglich das Gesellschaftsvermögen zur Verfügung stellen.“ Er wurde jedoch nicht in die kodifizierte Fassung (RL 2009/101/EG, zur Kodifikation → 18.6) und in die GesRRL übernommen. 40  EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU:C:2010:622. Literatur → 18.12.

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päische Gesetzgeber andernorts − z.B. ErwG 5 sowie Art. 2 Abs. 2 EpGRL (→ 27.14, → 27.18 ff.) − selbst von der Zulässigkeit von Durchbrechungen ausgeht.41 Zugleich hat der Gerichtshof aber auch entschieden, dass im nationalen Recht vorgesehene Durchgriffshaftungstatbestände sich ggf. an Art. 49, 63 AEUV messen lassen müssen (→ 15.30, 15.35). Im konkreten Fall befand er die fragliche griechische Regelung, der zufolge Verstöße gegen Vorschriften für den Betrieb von TV-Sendern nicht nur gegen die Betreibergesellschaften, sondern auch gegen alle mit mehr als 2,5 % beteiligten Aktionäre derselben verhängt werden können, für unverhältnismäßig.42 Das Europäische Gesellschaftsrecht geht also zwar konzeptionell vom Trennungsprinzip aus, gestattet es den Mitgliedstaaten aber – in den Grenzen der Art. 49, 63 AEUV − Durchgriffshaftungstatbestände vorzusehen. f)  Vertretung der Aktiengesellschaft und Schutz der Vertragspartner 9.30 Dem deutschen Recht ist die unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht des Vorstandes seit Langem selbstverständlich, § 82 Abs. 1 AktG (ebenso für den GmbH-Geschäftsführer § 37 Abs. 2 GmbHG). Das galt für die anderen Rechte und insbesondere für das englische Recht so nicht. Vor allem die berühmte ultra vires doctrine ließ Rechtsgeschäfte jenseits des Unternehmensgegenstandes ohne rechtliche Wirkung43 (→ 18.77). Hier Sicherheit für den Rechtsverkehr zu schaffen war das dritte Anliegen der – nun in die GesRRL integrierten − PubRL (→ 18.2, 18.61 ff.). Art. 8 GesRRL (G Art. 9 PubRL) schützt den Rechtsverkehr im Hinblick auf Bestellungsmängel (→ 18.68 ff.). Darüber hinaus gilt gem. Art. 9 Abs. 1 und 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 und 2 PubRL) der Grundsatz der unbeschränkten und unbeschränkbaren Vertretungsmacht (→ 18.75 ff.). Die Sicherheit des Rechtsverkehrs durch umfassende Zurechnung des Handelns von Organvertretern einer Aktiengesellschaft an diese ist mithin gewährleistet; die im deutschen Recht ausgeprägten Standards des Registerschutzes und der sachlich unbeschränkten und unbeschränkbaren Vertretungsmacht der Mitglieder des Vertretungsorgans gelten heute europaweit. g)  Verschmelzung und Spaltung aa) Überblick 9.31 Überraschend früh (→ 5.6 ff.) haben sich die Organe der Gemeinschaft der Maßnahmen für sog. Strukturänderung (nationale und grenzüberschreitende Verschmelzung sowie Spaltung) angenommen. Dabei wurden die Regeln zur (nationalen) Verschmelzung als verpflichtend gestaltet (→ 20.2, 20.16). Die Regeln zur Spaltung (→ 21) wur41 Vgl. J. Schmidt EWiR 2010, 693, 694; s. ferner auch GA Trstenjak, Schlussanträge v. 2.6.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU:C:2010:304, Rn. 53 ff. 42  Zustimmend und näher zum Sachverhalt J. Schmidt EWiR 2010, 693 f. 43  Vgl. dazu nur Gower 7-29; Palmer’s Company Law 2.612 ff. (jeweils m.w.N.).

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den hingegen von der Grundentscheidung des nationalen Gesetzgebers abhängig gemacht, ob er die Spaltung in seinem Recht überhaupt verwirklichen wolle (→ 21.3). Tatsächlich ist das aber in sehr vielen Mitgliedstaaten geschehen: Neben Deutschland (§§ 123 ff. UmwG, → 21.6 ff.) z.B. auch im UK44, in Tschechien45 und in Polen46; in Frankreich hatte die Spaltung ohnehin bereits Tradition47. Nach über 30 Jahren langwieriger Bemühungen (→ 22.1 f.) ist es dem europäischen Gesetzgeber im Jahre 2005 schließlich auch gelungen, mit der – nun in die GesRRL integrierten − CBMD (→ 22) eine europäische Regelung für grenzüberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften zu schaffen. Im Grundsatzurteil SEVIC (→ 7.31 ff.) hat der EuGH zudem entschieden, dass grenzüberschreitende Verschmelzungen durch die Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) geschützt sind. h)  Die Mitgliedschaft (Aktie) und die Ausübung der Aktionärsrechte aa) Überblick „Aktie“ hat bekanntlich eine doppelte Bedeutung: Sie ist zum einen die zusammen- 9.32 fassende Bezeichnung für alle Rechte und Pflichten ihres Inhabers in der Gesellschaft, also die sog. Mitgliedschaft. Sie ist darüber hinaus Gegenstand, bei entsprechender Verbriefung bewegliche Sache. In dieser letzteren Bedeutung wird sie üblicherweise nicht im Aktienrecht, sondern im allgemeinen Zivilrecht oder im besonderen Wertpapierrecht geregelt; dem entspricht auch das europäische RL-Recht, das sie durchaus erwähnt (z.B. in Art. 4, 47 f., 59 ff. GesRRL [G Art. 3, 8 f., 18 ff. KapRL, → 19.29, 19.1950, 19.58 f., 19.116 ff.] oder Art. 5 Abs. 4 lit. b ARRL [→ 29.76]), aber als Gegenstand bislang nicht regelt. Vgl. aber zum Projekt einer Securities Law Directive → 14.205. In ihrer Eigenschaft als Mitgliedschaft aber ist die Aktie eine rechtswissenschaft- 9.33 lich systematische Figur, insoweit also ebenfalls nicht besonders geregelt. Die nationalen Regelungen beschränken sich hier auf die einzelnen Rechte (Vermögensrechte: Dividende, Liquidationsanteil, Bezugsrecht; Mitverwaltungsrechte: Stimmrecht und Informationsrecht) und Pflichten (Einlagepflicht, ggf. Treuepflicht).

44  Ursprünglich: s. 427A CA 1985 i.V.m. Sch. 15A CA 1985 (eingefügt durch The Companies (Mergers and Divisions) Regulations 1987, SI 1987/1991); heute: ss. 919 ff. CA 2006, dazu Gower 29-12 ff. 45  Vgl. dazu Bohata WiRO 2008, 87, 88. 46  Vgl. zur Einführung der Spaltung in Polen Lewandowski/Kwasnicki WiRO 2004, 234 ff. 47  Zunächst geregelt in Art. 371 ff. Loi n°66-537 du 24 juillet 1966 sur les sociétés commerciales, JORF du 26 juillet 1966, p. 6402 (vgl. dazu aus deutscher Sicht: Bärmann ZVglRWiss 81 (1982) 251 ff.; ders., Europäische Integration im Gesellschaftsrecht, 1970, S. 254 f.), heute in Art. L236-1 ff. C. com.

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bb)  Einzelne in den Richtlinien angesprochene Rechte und Pflichten 9.34 Die bis Mitte der 2000er Jahre verabschiedeten Richtlinien halten sich in Bezug auf die Rechte der Aktionäre insoweit betont zurück: Weder Gewinnanspruch noch Liquidationsanspruch, weder Stimmrecht noch Anfechtungsrecht werden angesprochen. Ausnahmen hiervon gelten für das Bezugsrecht bei der Kapitalerhöhung (Art. 72 GesRRL [G Art. 33 KapRL], → 9.23, 19.203 ff.) und das Informationsrecht bei Verschmelzung (Art. 97 GesRRL [G Art. 11 FusRL], → 20.69 ff.) und Spaltung (Art. 143 GesRRL [G Art. 9 SpRL], → 21.57). Von grundlegender Bedeutung für die Stellung eines Aktionärs in seiner Gesellschaft ist aber sein Anspruch auf Gleichbehandlung durch alle Organe der betreffenden Gesellschaft: Dieser so zentrale und wichtige Grundsatz ist für den Regelungsbereich von Titel I Kapitel IV GesRRL (G KapRL) in deren Art. 85 festgeschrieben (→ 19.258 f.), für den Regelungsbereich der ARRL in deren Art. 4 (→ 29.22). Er galt – ungeschrieben – schon seit Langem im deutschen Aktienrecht, ist aber aufgrund der KapRL dann in § 53a AktG festgeschrieben worden (→ 19.260). Wichtigste und neben seiner Pflicht zu gesellschaftlicher Treue48 einzige Pflicht 9.35 des Aktionärs ist seine Pflicht zur Leistung der übernommenen Einlage; hierzu enthält Titel I Kapitel IV GesRRL (G KapRL) umfangreiche Regelungen (→ 9.15 ff., 19.47 ff., 19.189 ff.). cc)  Rechte in der Hauptversammlung 9.36 Diese wenig ergiebige Situation hat sich mit der ARRL vom 11.7.2007 (→ 29) hinsichtlich der Sicherung und Ausübung von Aktionärsrechten in der Hauptversammlung börsennotierter Aktiengesellschaften deutlich geändert – allerdings eben nicht für die Aktionäre aller Aktiengesellschaften, sondern nur für die an der Börse gelisteten (näher zum Anwendungsbereich → 29.9 ff.). Der deutsche Gesetzgeber hat eine Reihe der Regelungen aber auch auf nichtbörsennotierte AG ausgedehnt (→ 29.21). Die ARRL betrifft zwar die Mitgliedschaftsrechte Teilnahme-, Informations-, 9.37 Rede- und Stimmrecht. Eigentliches Ziel aber ist die Sicherung des europäischen Kapitalmarkts durch Beseitigung der wesentlichen Hindernisse für die grenzüberschreitende Ausübung dieser Aktionärsrechte: Es soll, was bis dahin – jedenfalls nicht ohne Weiteres − der Fall war, dem Aktionär in Irland möglich sein, seine Rechte in der Hauptversammlung seiner griechischen AG in Athen oder seiner portugiesischen AG in Lissabon auszuüben oder doch jedenfalls ausüben zu lassen (→ 29.2). Zunächst wird dazu auch für den Regelungsbereich der ARRL der Gleichbehand9.38 lungsgrundsatz betont (Art. 4 ARRL, → 9.34, 29.22). Zu den wichtigsten Inhalten der ARRL gehören zunächst die Regelungen zu Frist, Medium und Mindestinhalt der Einberufung in Art. 5 ARRL (→ 29.58 ff.). Darüber hinaus muss es ein Minderheitenrecht auf Ergänzung der Tagesordnung und auf Einbringung von Beschlussvorlagen

48  Dazu fanden sich Hinweise im Vorschlag einer 5. (Struktur-)RL, → 9.47.

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geben (Art. 6 ARRL, → 29.82 ff.). Vor allem aber muss es den Gesellschaften nun in allen Mitgliedstaaten gestattet sein, die Teilnahme und Abstimmung auf elektronischem Wege zu ermöglichen (Art. 8 ARRL, → 29.95 ff.) sowie eine Abstimmung per Brief zuzulassen (Art. 12 ARRL, → 29.95, 29.99 ff.). Ferner gewährleistet die ARRL das Fragerecht des Aktionärs und die Antwortpflicht der Verwaltung (Art. 9 ARRL, → 29.105 ff.) sowie die Möglichkeit zur Stimmrechtsvertretung (Art. 10 f. ARRL, → 29.209 ff.). Durch die RL (EU) 2017/828/EU (→ 29.5) wurden außerdem weitere Regelungen 9.39 zur Identifizierung von Aktionären und Erleichterung der Ausübung von Aktionärsrechten (Art. 3a-3f ARRL, → 29.24 ff.), zur Transparenz von institutionellen Anlegern und Stimmrechtsberatern (Art. 3f–3j ARRL, → 29.41 ff., 29.53 ff.), zu Vergütungspolitik und Vergütungsbericht (Art. 9a, 9b ARRL, → 29.112 ff.) sowie zu related party transactions (Art. 9c ARRL, → 29.163 ff.) ergänzt. dd)  Die Aktie und ihre Ausgestaltung Aber auch über die Ausgestaltung der Aktien sagen die bisher verabschiedeten Richt- 9.40 linien nichts; das sollte zum Programm der gescheiterten 5. (Struktur-)RL (→ 9.47) gehören. Daher sind heute auch Mehrstimmrechtsaktien europarechtlich durchaus noch möglich (vgl. zu den Überlegungen bezüglich einer Regelung der „one share, one vote“-Thematik → 13.97); und auch die Frage, ob es Namensaktien und Inhaberaktien oder etwa nur Namensaktien gibt und wie diese übertragen und belastet werden, bleibt weiterhin allein der Regelung des jeweiligen nationalen Rechts (= Recht der Emittentin) überlassen. Vgl. aber zum Projekt einer Securities Law Directive → 14.205. i)  Übernahmeangebote Mit der Takeover Bids Directive (TBD) (→ 28) ist es dem europäischen Gesetzgeber 9.41 2004 gelungen, nach jahrzehntelanger Debatte und mehreren gescheiterten Anläufen (vgl. zur bis in die 1970er Jahre zurückreichende Historie der TBD → 28.1 ff.) den Bereich des Übernahmerechts jedenfalls teilweise zu harmonisieren. Die TBD zielt darauf ab, durch Mindestvorgaben für Angebote zur Übernahme von Unternehmen im EU/EWR-Raum für Klarheit, Transparenz und Rechtssicherheit bei Übernahmevorgängen im Interesse aller Beteiligten, auch der Minderheitsaktionäre, zu sorgen. Ziel der TBD ist zunächst die Schaffung einer Regelung freiwilliger Übernah- 9.42 meangebote und eines fairen, den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre (Art. 3 Abs. 1 lit. a Hs. 1 TBD, → 28.17) berücksichtigenden Übernahme­verfahrens, vgl. die Verfahrens- und Transparenzvorschriften in Art. 6–8, 10, 13 f. TBD (→ 28.58 ff.). Ein weiteres Ziel besteht in der Gewährleistung eines Mindestschutzes für Min- 9.43 derheitsaktionäre börsennotierter Gesellschaften beim Erwerb einer Mehrheitsposition eines Dritten durch das Institut des Pflichtangebots bei Erreichen einer von den Mitgliedstaaten festzulegenden Kontrollmehrheit (Art. 5 TBD, → 28.31 ff.).

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9.44

Zudem regelt die TBD den Zulässigkeitsrahmen für Abwehrmaßnahmen: Sie enthält ein übernahmerechtliches Verhinderungsverbot (Neutralitätspflicht, Art. 9 TBD, → 28.78 ff.) und darüber hinaus eine sog. Durchbrechungsregel, wonach u.a. satzungsmäßige Beschränkungen der Übertragung von Aktien gegenüber dem Bieter unter bestimmten Voraussetzungen keine Wirkung entfalten (Art. 11 TBD, → 28.87 ff.). Diese beiden Regeln haben jedoch keinen obligatorischen Charakter, sondern wurden durch Art. 12 TBD zur Disposition der Mitgliedstaaten gestellt (sog. Optionsmodell): Die Mitgliedstaaten behielten das Recht, „ihren“ Gesellschaften die Anwendung des Verhinderungsverbots und die Durchbrechungsregel nicht zwingend vorzuschreiben (Opt-out); sie müssen jedoch den Unternehmen die Möglichkeit einräumen, diese Regelungen dennoch zur Anwendung zu bringen (Opt-in) (→ 28.100 ff.). Einen weiteren Kernpunkt der TBD bilden die Regelungen zum Squeeze-out 9.45 (Ausschluss von Minderheitsaktionären) und Sell-out (Andienungsrecht) in Art. 15 und 16 TBD (→ 28.137 ff.). Das ursprüngliche Ziel eines echten „level playing field“ hat die TBD jedoch nicht 9.46 erreicht (→ 28.126 f.). 2.  (Noch) nicht harmonisierte Bereiche a)  Organisationsverfassung 9.47 Die Organisationsverfassung, d.h. die Regeln zu den Organen der Aktiengesellschaft, ihrer Bildung, Zuständigkeit und Haftung sowie die Organisation der Hauptversammlung, inkl. des Stimmrechts der Aktionäre) sollte ursprünglich Gegenstand einer 5. (Struktur-)RL49 sein, für die bereits 1972 ein erster Vorschlag50 vorgelegt wurde. Dieser scheiterte jedoch – ebenso wie die geänderten Entwürfe von 198351,

49  Vgl. dazu Abeltshauser, Strukturalternativen für eine europäische Unternehmensverfassung – eine rechtsvergleichende Untersuchung zum 5. Gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinienvorschlag, 1990; ders. (1990) 11 Mich. J. Int’l L. 1235 ff.; Boyle (1992) 13 Co Law 6 ff.; Brönner BFuP 1981, 504 ff.; Conlon (1975) 24 ICLQ 348 ff.; Conrad (1991) 89 Mich. L. Rev. 2150, 2182 ff.; Dine (1989) 38 ICLQ 547 ff.; Dine/Du Plessis [1997] JBL 23 ff.; Forster FS Werner, 1984, S. 131 ff.; Grundmann Rn. 366 ff.; Kaminski WPg 1972, 633 ff.; Kolvenbach DB 1983, 2235 ff.; H.-P. Müller DB 1977, 1883 ff.; Murphy (1985) 7 Hous. J. Int’l L. 215; Pipkorn ZGR 1985, 567 ff.; Sonnenberger Ag 1974, 1 ff. u. 33 ff.; Temple Lang (1975) 12 C.M.L. Rev. 155 ff., 345 ff.; Weynand KritV 77 (1994) 90, 102 ff.; Westermann RabelsZ 48 (1984) 123, 160 ff.; Wiesner AG 1996, 390, 392 f. 50  Vorschlag einer fünften RL zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter hinsichtlich der Struktur der Aktiengesellschaft sowie der Befugnisse und Verpflichtungen ihrer Organe vorgeschrieben sind, KOM(72) 887 = BR-Drs. 562/72. Abgedruckt in 1. Aufl., S. 99 ff. 51  Geänderter Vorschlag einer fünften RL des Rates nach Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Struktur der Aktiengesellschaft sowie die Befugnisse und Verpflichtungen ihrer Organe, KOM(83) 185 = BR-Drs. 10/467.

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199052 und 199153 − an den kontroversen Problemen der unternehmerischen Mitbestimmung. Die Kommission ließ zwar 1996 von Ernst & Young einen Bericht54 mit neuen Vor- 9.48 schlägen ausarbeiten; dieser stieß jedoch überwiegend auf Ablehnung55. Das Vorhaben einer umfassenden Regelung der Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft wird daher seitdem durch die Kommission nicht weiterverfolgt.56 Entsprechend der mit dem Aktionsplan 2003 (→ 5.43, 13.4) endgültig vollzogenen konzeptionellen Wende (Konzentration auf Kernpunkte statt „Vollharmonisierung“, → 13.4) hat sich die Kommission vielmehr auch in diesem Bereich für das Konzept der Regelung einzelner, punktueller Maßnahmen speziell für börsennotierte AG entschieden. Ein Ausschnitt aus dem Bereich der Struktur der Aktiengesellschaft, das Stimm- und Teilnahmerecht der Aktionäre an der Hauptversammlung und seine grenzüberschreitende Ausübung, wurde in der ARRL unionsrechtlich geregelt (→ 9.36 ff., 29). In Bezug auf die Vergütung der Organmitglieder setzte die Kommission zunächst auf Empfehlungen (→ 13.6, 13.9, 13.72 ff.); nachdem diese sich jedoch nicht als ausreichend erwiesen, wurden mit der Änderungs-RL 2017 zur ARRL verbindliche Vorgaben zu Vergütungspolitik und –bericht eingeführt (→ 29.112 ff.). Empfehlungen wurden ferner auch zu den Aufgaben von nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften sowie Ausschüssen des Verwaltungs-/ Aufsichtsrats verabschiedet (→ 13.35, 13.40, 13.49, 13.52, 13.63 ff.). Für Kreditinstitute wurden mit der CRD III (→ 13.10, 13.45, 13.68, 13.72, 13.80 ff.) bereits erstmals zwingende Vorgaben in Bezug auf Vergütung und Ausschüsse geschaffen; die CRD IV und die CRR (→ 14.145) brachten noch deutlich weitreichendere Regelungen für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (→ 13.15, 13.36, 13.41, 13.45, 13.48, 13.50, 13.56, 13.68 f., 1372, 1380 ff., 13.91). Im Aktionsplan 2003 (→ 5.43, 13.4) war darüber hinaus auch die Einführung eines Wahlrechts zwischen monistischem und dualistischem System der Unternehmensführung für alle börsennotierten Gesellschaften erwogen worden; dies wurde jedoch letztlich (zumindest bislang) nicht umgesetzt, → 13.28 ff. b)  Konzernrecht Nicht umfassend harmonisiert ist zudem − nach dem Scheitern des Projekts einer 9.49 9. (Konzernrechts-)RL − der Bereich des Konzernrechts. In den letzten Jahrzehnten wurden jedoch eine ganze Reihe punktueller konzernrechtlicher Regelungen geschaf52  Zweite Änderung zum Vorschlag für eine fünfte RL des Rates nach Artikel 54 EWGVertrag über die Struktur der Aktiengesellschaft sowie die Befugnisse und Verpflichtungen ihrer Organe, KOM(90) 629. 53  Dritte Änderung des Vorschlags für eine fünfte RL des Rates nach Artikel 54 EWG-Vertrag über die Struktur der Aktiengesellschaft sowie die Befugnisse und Verpflichtungen ihrer Organe, KOM(91) 372. Abgedruckt in 4. Aufl. S. 176 ff. 54  European Commission, The simplification of the operating regulations for public limited companies in the European Union, Final Report, 1996. 55  Vgl. nur Hopt ZIP 1998, 96, 101 ff.; Lutter AG 1997, 538 ff. 56  Die Vorschläge wurden 2001 offiziell zurückgezogen, vgl. KOM(2001) 763, S. 22.

162

§ 9 Der Stand der Harmonisierung im Aktien- und GmbH-Recht im Überblick

fen; zudem ist die Thematik speziell in den letzten Jahren wieder auf die EU-Agenda zurückgekehrt (→ 12). c)  Liquidation 9.50 Nicht „europäisiert“ ist auch die Liquidation von Gesellschaften. Zu ihr liegt zwar der Vorentwurf einer RL aus dem Jahre 198757 vor. Dieses Vorhaben wurde jedoch in den Aktionsplänen 2003 (→ 13.4) und 2012 (→ 13.14) ebenso wenig erwähnt wie in den Plänen für eine Kapitalmarktunion (→ 14.176 ff.). d)  Grenzüberschreitende statutenwechselnde Sitzverlegung (Formwechsel) 9.51 Obgleich bereits 1997 ein Vorentwurf für eine Sitzverlegungs-RL vorgelegt worden war (→ 30) und der EuGH dann 2012 in der Leitentscheidung VALE judizierte, dass der grenzüberschreitende Formwechsel (grenzüberschreitende statutenwechselnde Sitzverlegung) durch die Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV, → 4) geschützt ist (→ 7.46 ff.), existiert bislang auch kein EU-Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Formwechsel (→ 7.85 ff., 7.110 ff., 30).

III.  Stand der Harmonisierung im GmbH-Recht 9.52 Die GmbH ist typischerweise gekennzeichnet durch den Ausschluss der persönlichen Haftung ihrer Gesellschafter (vgl. zum Grundsatz der Haftungsbeschränkung, → 9.28 f.), durch ein insgesamt einfacheres und liberaleres Recht, größere Vertragsfreiheit, insbesondere bei der Ausgestaltung des Innenverhältnisses der Mitglieder untereinander und ihres Verhältnisses zur GmbH selbst sowie die fehlende Börsenfähigkeit.58 9.53 Die europaweite Harmonisierung des Unternehmensrechts betrifft (fast) immer die Aktiengesellschaft des jeweiligen nationalen Rechts, aber nur teilweise die GmbH: Die nun in die GesRRL integrierten Regeln der früheren PubRL zu Publizität sowie zur Nichtigkeit der Gesellschaft und zur Wirksamkeit ihrer Verpflichtungen (→ 7, 9.7 f., 9.30, 18), die EU-Bilanz-RL betreffend Bilanzen und Konzernbilanzen (→ 23) sowie die nun ebenfalls in die GesRRL integrierten Regeln der früheren ZNRL über die handelsrechtliche Publizität von Zweigniederlassungen (→ 26) gelten auch für die GmbH. Die Regeln der EpGRL (→ 9.57 ff., 27) gelten sogar primär für die GmbH. Zudem gelten auch die nun in die GesRRL integrierten Regeln über grenzüberschrei57  Vorentwurf für eine Richtlinie auf der Grundlage von Art. 54 Abs. 3 lit. g des Vertrags über die Auflösung und Abwicklung von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, DOK XV/43/87-DE; abgedruckt mit Erläuterungen in 4. Aufl. S. 299 ff. Vgl. dazu auch Grundmann Rn. 134. 58  Vgl. im Einzelnen die Länderberichte bei Süß/Wachter, Handbuch des Internationalen GmbH-Rechts, 3. Aufl. 2016; Thomas (ed.), Company Law in Europe.

§ 9 Der Stand der Harmonisierung im Aktien- und GmbH-Recht im Überblick

163

tende Verschmelzungen der früheren CBMD (→ 22) für die GmbH (→ 22.15 ff.). Nicht für die GmbH gelten hingegen die nun in die GesRRL integrierten Vorschriften der früheren KapRL zum Kapitel der AG (→ 19), der früheren FusRL zu nationalen Verschmelzungen von AG (→ 21) und der früheren SpRL zu Spaltungen von AG (→ 22); ferner sind auch die Vorgaben zu den Gesellschafterrechten in der ARRL (→ 29) – wie der Name schon sagt − ausschließlich auf die AG beschränkt. Insgesamt bedeutet das: Der Kern des Rechts der nationalen GmbH ist bislang 9.54 nicht „europäisiert“ und unterliegt daher gerade in den Bereichen des Kapitals (so existiert etwa im UK59 oder in Frankreich60 kein Mindestkapitalerfordernis), den Gründungsregeln (große Unterschiede beim Mindestinhalt der Satzung; i.d.R. keine Kontrolle von Sacheinlagen) und bei der Mitgliedschaft (teilweise gesetzlich zwingende Abtretungsbeschränkungen und teilweise Höchstzahl von Gesellschaftern) großen Unterschieden in den nationalen Rechten.61 Insoweit ist der internationale rechtsgeschäftliche Verkehr zwar durch die handelsrechtliche Publizität und die unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht der Vertretungsorgane geschützt, nicht aber durch einheitliche Grundregeln zum Kapital. Außerdem gibt es keine Standards der Mitgliedschaft. Als Bürger eines EU/EWR-Mitgliedstaats kann man zwar nicht am Erwerb eines Geschäftsanteils gehindert werden, welche Rechte und Pflichten aber damit verbunden sind – und insbesondere damit auch: welche Risiken –, bestimmt sich jedoch allein (bzw. ganz überwiegend) nach dem − nicht harmonisierten − nationalen Recht. Bereits vor geraumer Zeit wurde in der Kommission über die Frage beraten, ob 9.55 und ggf. in welchem Umfang die KapRL auf die GmbH ausgedehnt werden kann und soll.62 Hieraus hat sich aber bisher (noch) keine Änderung ergeben. Zwar bietet sich nach der neueren Judikatur des EuGH zur Niederlassungsfreiheit (Centros, Überseering, Inspire Art, Cartesio, VALE, → 7.19 ff.) auch eine Zweigniederlassung als Niederlassung im europäischen Ausland an; doch ist hier das Vertrauen der Bürger für unterschiedliche Rechtsformen zu gewinnen, sodass insgesamt die Schaffung allgemeiner Mindeststandards, gerade für das Kapital, deutliche Vorteile hätte63. Die Chancen dafür aber stehen indes wohl – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der Reformdiskussion zur KapRL64 (→ 9.13, 19.38 ff.) − nicht gut. 59  Ss. 761, 763 CA 2006 sehen explizit nur für die public limited company ein Mindestkapital (50.000 £) vor. Vgl. nur Gower 11-8, 11-9. 60  Art. L223-2 C. com. überlässt die Festlegung des Gesellschaftskapitals der S.à.r.l heute vollständig der Satzung; die Mindestkapitalpflicht wurde 2003 abgeschafft durch das Loi n° 2003-721 du 1er août 2003 pour l’initiative économique, JORF n°179 du 5 août 2003, 13449, vgl. dazu etwa Meyer/Ludwig GmbHR 2005, 346 ff. m.w.N. 61  Vgl. bereits Lutter, Limited Liability Company and Private Company, in: Conard, Alfred/ Vagts, Detlev (eds.), International Encyclopedia of Comparative Law, Vol. XIII/1, 2006; ders. FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 49 ff.; die Vorteile der Diversität betonend: Grundmann Rn. 1157 ff. 62  Vgl. dazu De Kluiver/van Gerven (Hrsg.), The European Private Company?, 1995, sowie Lutter AG 1995, 309. 63 Vgl. Lutter ZGR 2000, 1, 9 f. 64  Dazu grundlegend Lutter (Hrsg.), Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, 2006.

164

9.56

§ 9 Der Stand der Harmonisierung im Aktien- und GmbH-Recht im Überblick

Neben der sekundärrechtlichen Angleichung des GmbH-Rechts ist mittlerweile ein verstärkter Wettbewerbsdruck zwischen den unterschiedlichen Rechtsformen in Europa entstanden65 (→ 7.69 ff.), sodass auch hierdurch langsam eine Annäherung der GmbH-Rechte erfolgen wird. Eine wichtige Entwicklung in diesem Zusammenhang ist die Initiative zur Schaffung einer Europäischen Privatgesellschaft (SPE) (→ 47). Sollte es dazu kommen, sind die obigen Überlegungen zur weiteren Angleichung der nationalen GmbH-Rechte zumindest partiell obsolet.

IV.  Sondertypus Einpersonengesellschaften 9.57 Ungewöhnlich große Unterschiede bestanden in Europa bei der rechtlichen Behandlung der Einpersonen-Kapitalgesellschaft.66 Während in den romanischen Rechten (besonders Frankreich, Spanien, Portugal, Griechenland) der Vertragsgedanke auch im Recht der Kapitalgesellschaften bestimmend war – eine Betrachtung, welche die Einpersonengesellschaft als „undenkbar“ ausschloss wie heute noch in Deutschland die Einpersonen-oHG –, war sie für andere Länder Normalität (Dänemark, Deutschland, Niederlande, Österreich), für Dritte ein Haftungsfall (Italien, UK) (→ 27.1). So war es tatsächlich erforderlich, aber auch eine beachtliche Leistung, als im Jahre 1989 die EpGRL (→ 27) verabschiedet wurde. Diese verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, die Gründung und die nachträgliche Entstehung von Einpersonen-GmbH anzuerkennen (→ 27.7, 27.12 ff.). Aufgrund der EpGRL haben die Mitgliedstaaten in Bezug auf die GmbH zwei 9.58 Möglichkeiten: Sie müssen entweder (1) die Einpersonen-GmbH zulassen (→ 27.7, 27.12 ff.) oder (2) ein spezielles Einpersonen-Unternehmen mit beschränkter Haftung einführen (→ 27.17). Akzeptiert das innerstaatliche Recht auch die Einpersonen-AG, so hat es die be9.59 sonderen Vorgaben der EpGRL nach deren Art. 6 ebenfalls zu beachten; die Zulassung einer Einpersonen-AG ist also nicht zwingend, geschieht sie aber, so sind die Vorgaben der EpGRL umzusetzen (→ 27.9).

65  Vgl. dazu Dannemann in: Schröder (Hrsg.), Die GmbH im europäischen Vergleich, 2005, S. 1 ff.; Wachter, ebenda, S. 27 ff.; Dirksmeier/Schabert BB 2006, 1517 ff.; Leuering ZRP 2006, 201 ff.; Lutter Beil. zu BB 37/2006, 2 ff.; Meyer/Ludwig GmbHR 2005, 346 ff.; Niemeier ZIP 2006, 2237 f.; Ries AnwBl. 2005, 53 ff.; Wachter GmbHR 2005, 717 ff.; Westhoff GmbHR 2006, 526 ff.; Wulfetange Beil. zu BB 37/2006, 19 ff.; Zypries Beil. zu BB 37/2006, 1. 66  S. im Einzelnen: Wolany GmbHR 1962, 77, 79; Lutter FS Brandner, 1996, S. 81, 84.

§ 9 Der Stand der Harmonisierung im Aktien- und GmbH-Recht im Überblick

165

V.  Übersicht: AG und GmbH im EU/EWR-Raum 1.  EU Derzeit existieren in den EU-Mitgliedstaaten folgende Parallelformen zu AG bzw. 9.60 GmbH: EU-Mitgliedstaat

„AG“

„GmbH“

Belgien

BE

société anonyme (S.A.)

société privée à responsabilité limitée (SPRL)

Bulgarien

BG

акционерно дружество (АД)

дружество с ограничена отговорност (ООД)

Tschechische Republik

CZ

akciová společnost (a.s.) společnost s ručením omezeným (s.r.o.)

Dänemark

DK

aktieselskab (A/S)

Deutschland

DE

Aktiengesellschaft (AG) Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Estland

EE

aktsiaselts (AS)

osaühing (OÜ)

Irland

IE

public limited company (PLC)

private limited company (Ltd.)

Griechenland

EL

ανώνυμη εταιρία (A.E.)

εταιρία περιωρισμένης ευθύνης (E.P.E.)

Spanien

ES

sociedad anónima (S.A.) sociedad de responsabilidad limitada (S.L.)

Frankreich

FR

société anonyme (S.A.)

société à responsabilité limitée (S.à.r.l.)

Kroatien

HR

dioničko društvo (d.d.)

društvo s ograničenom odgovornošću (d.o.o.)

Italien

IT

società per azioni (S.p.A.)

società a responsabilità limitata (Srl)

Zypern

CY

δημόσιες εταιρείες περιορισμένης ευθύνης με μετοχές, δημόσιες εταιρείες περιορισμένης ευθύνης με εγγύηση που διαθέτουν μετοχικό κεφάλαιο

ιδιωτική εταιρεία περιορισμένης ευθύνης με μετοχές ή με εγγύηση

Lettland

LV

akciju sabiedrība (AS)

sabiedrība ar ierobežotu atbildību (SIA)

Litauen

LT

akcinė bendrovė (AB)

uždaroji akcinė bendrovė (UAB)

Luxemburg

LU

société anonyme (SA)

société à responsabilité limitée (S.à.r.l.)

anpartsselskab (ApS)

166

§ 9 Der Stand der Harmonisierung im Aktien- und GmbH-Recht im Überblick

EU-Mitgliedstaat

„AG“

„GmbH“

Ungarn

HU

nyilvánosan működő részvénytársaság (Nyrt)

korlátolt felelősségű társaság (Kft)

Malta

MT

public limited liability company (PLC)

private limited liability company (Ltd.)

Niederlande

NL

naamloze vennotschap (NV)

besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid (BV)

Österreich

AT

Aktiengesellschaft (AG) Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Polen

PL

spółka akcyjna (S.A.)

spółka z ograniczoną odpowiedzialnością (Sp. z o.o.)

Portugal

PT

sociedade anónima (S.A.)

sociedade por quotas (LDA)

Rumänien

RO

societate pe acțiuni (S.A.)

societate cu răspundere limitată (Srl)

Slowenien

SI

delniška družba (d.d.)

družba z omejeno odgovornostjo (d.o.o.)

Slowakei

SK

akciová spoločnosť (akc. spoločnosť s ručením obmedzeným spol.) (s.r.o.)

Finnland

FI

julkinen osakeyhtiö (Oyj)

yksityinen osakeyhtiö (Oy)

Schweden

SE

publikt aktiebolag (AB)

privat aktiebolag (AB)

United Kingdom

UK

public limited company (PLC)

private limited company (Ltd.)

2.  EWR 9.61 In den EWR-Mitgliedstaaten existieren folgende Parallelformen zu AG und GmbH: EWR-Mitgliedstaat

„AG“

„GmbH“ einkahlutafélag (Ehf)

Island

IS

hlutafélag (hf)

Liechtenstein

LI

Aktiengesellschaft (AG) Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Norwegen

NO allmennaksjeselskap (ASA)

aksjeselskap (AS)

§ 10 EU-Rechtsformen

167

§ 10 EU-Rechtsformen Literatur: → 44, 45, 46, 47

I.  Einleitung und Überblick

10

Die fortbestehende Nationalität der Gesellschaften und ihre Prägung durch das natio- 10.1 nale Recht verbunden mit der Niederlassungsfreiheit führen naturgemäß zu ständigem Import fremden Rechts in die eigene und ständigem Export eigenen Rechts in fremde Rechtsordnungen: Die Niederlassung der italienischen SpA in Deutschland lebt nach italienischem, die Niederlassung der deutschen X-AG in Mailand nach deutschem Recht und die vielen englischen Limiteds in Deutschland (→ 7.69) nach englischem Recht. Auf diesem Phänomen beruht der Gedanke der Rechtsangleichung: Nicht die Zuständigkeit des nationalen Rechts wird in Frage gestellt, aber seine Unterschiede werden vermindert. Das ist in einem breiten Umfange jedenfalls für die AG tatsächlich auch geschehen (→ 9.1 ff.). Aber das Phänomen der nationalen Unternehmen und ihres nationalen Rechts bleibt − auch nach Rechtsangleichung lebt die Niederlassung der X-AG in Mailand nach deutschem Recht; nur: die Unterschiede sind weniger gravierend. Diese rechtliche Situation kann insgesamt nur durch Unternehmensformen über- 10.2 wunden werden, die nicht mehr nach nationalem, sondern unmittelbar nach (vorrangigem) EU-Recht leben – also echte „EU-Rechtsformen“. Auf diesem Gedanken beruhen Maßnahmen der Kommission und des Rats, die 1985 zur Schaffung der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV, → 10.3, 44), 2001 zur Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea − SE, →  10.4 ff., 45) und 2003 zur Europäischen Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea − SCE, →  10.7, 46) geführt haben. Es gab und gibt aber auch Bestrebungen zur Schaffung weiterer spezieller EU-Rechtsformen → 10.8 ff., 47.

II.  Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) ist aus deutscher Sicht 10.3 eher ein Missverständnis. Sie geht auf ein Vorbild des französischen Rechts zurück, das groupement d’intérêt économique (GIE), das seinerseits in Frankreich erforderlich geworden war wegen der Schranken, denen die französische société civile im Gegensatz zur deutschen BGB-Gesellschaft unterworfen war und ist (zur Historie der EWIV → 44.1). Wegen ihres flexiblen Charakters versprach man sich in Brüssel viel von ihr. Tatsächlich ist sie keine eigentliche Unternehmensform geworden, sondern ein Instrument der grenzüberschreitenden Kooperation. Denn sie unterliegt – u.a. vor dem Hintergrund der Mitbestimmungsproblematik – ungewöhnlich vielen Schranken. So

168

§ 10 EU-Rechtsformen

darf sie nur Hilfstätigkeiten zur Tätigkeit ihrer Mitglieder erfüllen und ihr Zweck darf nicht darauf gerichtet sein, Gewinn für sich selbst zu erzielen (→ 44.11 ff.). Zudem darf sie nicht mehr als 500 Arbeitnehmer haben (→ 44.16), keine Konzernleitung ausüben (→ 44.14) und sich nicht öffentlich an den Kapitalmarkt wenden (→ 44.19). Darüber hinaus ist weniger als 50 % des auf sie anwendbaren Rechts europäisch, weit mehr als die Hälfte wird vom nationalen Recht des Sitzstaats bestimmt (in Deutschland gilt insoweit subsidiär oHG-Recht) (→  44.5 ff.). Und schließlich: Die Partner einer EWIV haften gesamtschuldnerisch für deren Verbindlichkeiten (→ 44.72 ff.). Die EWIV ist indes nicht völlig erfolglos – vom TV-Sender ARTE bis zu internationalen Anwaltssozietäten finden sich Beispiele für ihre Verwendung (zur rechtstatsächlichen Nutzung → 44.3). Mit dem Gedanken eines europäischen Unternehmensträgers nach Art der SE ist sie aber nicht einmal in Ansätzen vergleichbar.

III.  Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea − SE) 10.4 Sage und schreibe mehr als 4 Jahrzehnte hat es gebraucht, die Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE) (→ 45) zu schaffen1 − oft genug galt das Projekt als gescheitert und oft hat sich ihr Bild in dieser Zeit geändert, vom Vollstatut im ersten offiziellen Vorschlag des Jahres 1970 bis zur Rahmenordnung der verabschiedeten Fassung von 2001 (näher zur Historie der SE → 45.1 ff.). Ganz anders als die EWIV ist die SE aber Unternehmensträger sowie selbstän10.5 dige und unbeschränkte Rechtsform für Unternehmen aller Art (→ 45.10 f.). Sie ist hinsichtlich ihres Tätigkeitsbereichs nicht beschränkt und steht für unternehmerische Vorhaben ebenso zur Verfügung wie für soziale und gemeinnützige Zwecke (→ 45.11). Sie tritt damit neben die und in Konkurrenz zu den Rechtsformen nationalen Rechts wie die deutsche AG, die französische SA und die englische plc. Sie lebt allerdings ebenfalls aus einem „mixtum compositum“ aus europäischem und nationalem Recht (näher zur „Rechtsquellenpyramide“ der SE →  45.22 ff.) und kann zudem z.B. nicht einfach durch natürliche Personen gegründet werden (→ 45.30). Sie hat aber auch erhebliche Vorteile, wie speziell die Wahl zwischen monistischer und dualistischer Verfassung (→ 45.94 ff.), die Möglichkeit der Festlegung der Mitbestimmung durch Vereinbarung mit den Arbeitnehmern (→ 45.186 ff.) und das europäische „Label“ SE (→ 45.12). In den nun knapp 13 Jahren ihrer Existenz ist die SE − wie die stetig wachsende 10.6 Zahl von Gründungen und der Umstand, dass sich auch bekannte „Branchenriesen“ für die SE entscheiden zeigt − eine durchaus erfolgreiche Rechtsform (→ 45.9).

1  Eddy Wymeersch hat dazu gesagt: „No subject in company law has required more efforts, involved more man-hours and received more attention than the Statute for a European Company or Societas Europaea (SE)“ (vgl. Wymeersch, Company Law in Europe and European Company Law, in: Referate für den 1. Europäischen Juristentag, 2001, S. 87, 139).

§ 10 EU-Rechtsformen

169

IV.  Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE) Ebenso wie die SE ist auch die – speziell für den Genossenschaftssektor gedachte − 10.7 Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE) (→  46) eine selbständige Rechtsform (→ 46.2, 46.6 f.), die aus einem „mixtum compositum“ aus europäischem und nationalem Recht lebt (näher zur „Rechtsquellenpyramide“ der SCE → 46.11 ff.). Sie tritt ebenfalls neben die Rechtsformen nationalen Rechts, insbesondere die nationalen Genossenschaften und die nationalen Genossenschaftsrechte. Im Gegensatz zur SE ist das Interesse an der SCE aber (bislang) verhalten (Rechtstatsachen → 46.5); ihre Vorteile werden als gering eingeschätzt, die Gemengelage aus europäischem und nationalem Recht als unerhört komplex und daher speziell für den Genossenschaftssektor unpraktisch.

V.  Pläne für weitere EU-Rechtsformen 1.  Eine spezielle EU-Rechtsform für KMU: SPE oder SUP? Schon in den 1970er Jahren wurde erstmals überlegt, eine spezielle EU-Rechtsform 10.8 für KMU zu schaffen. Ein konkreter Legislativvorschlag erfolgte jedoch erst 2008 mit dem Vorschlag für eine Verordnung über eine Europäische Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea – SPE, → 47.2 ff.). Nachdem es jedoch letztlich nicht gelang, einen Konsens über den SPE-VOE zu erzielen, nahm die Kommission ihn 2014 offiziell zurück (→ 47.6). Stattdessen legte sie im April 2014 einen RL-Entwurf zur Schaffung einer harmonisierten Einpersonengesellschaft (Societas Unius Personae – SUP) vor, → 47.91 ff. Dieser erwies sich jedoch ebenfalls nicht als konsensfähig, bei Drucklegung lag das Projekt im EP „auf Eis“, → 47.92. Es erscheint indes durchaus denkbar, dass das Projekt einer SPE in nicht allzu ferner Zukunft „wiederbelebt“ wird, → 47.118. 2.  Europäischer Verein und Europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft Das EP hatte bereits in einer Entschließung vom 13.3.19872 die Schaffung spezieller 10.9 EU-Rechtsformen für Vereinigungen ohne Erwerbszweck gefordert. Die Kommission legte daraufhin 1991 Vorschläge für drei spezifische supranationale Rechtsformen für diesen Sektor vor: Die Europäische Genossenschaft (SCE), den Europäischen Verein (EuV) und die Europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft (EuGGes)3, 1993 2  Entschließung des EP v. 13.3.1987 zu Vereinigungen ohne Erwerbszweck in der Europäischen Gemeinschaft, ABlEG v. 13.4.1987, C 99/205. 3  Vorschlag für eine VO (EWG) des Rates über das Statut des Europäischen Vereins, Vorschlag für eine RL des EP und des Rates zur Ergänzung des Statuts des europäischen Vereins hinsichtlich der Rolle der Arbeitnehmer; Vorschlag für eine VO über das Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft, Vorschlag für eine RL zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft hinsichtlich der Rolle der Arbeitnehmer;

170

§ 10 EU-Rechtsformen

folgten geänderte Entwürfe4. Ebenso wie bei der SE (→ 45.2 ff.) gelang es jedoch auch hier nicht, einen Konsens über die Mitbestimmungsfrage zu erzielen, sodass die Beratungen 1996 ausgesetzt wurden.5 Der Vorschlag für eine Europäische Genossenschaft (SCE) wurde 2001 wieder aufgegriffen, SCE-VO und SCE-RL wurden 2003 verabschiedet (→ 46.1). In Bezug auf den Europäischen Verein (EuV) und die Europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft (EuGGes) verlautbarte die Kommission dann zwar im Aktionsplan 2003 (→  5.43, 13.4), dass sie diese Projekte aktiv unterstützen wolle.6 Nachdem es jedoch bei beiden Projekten nicht gelang, Fortschritte zu erzielen, wurden die Vorschläge für beide 2006 zurückgenommen.7 10.10 Die Idee einer Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft (EuGGes) wurde allerdings 2011 von der Reflection Group (→ 5.61, 13.12) wieder aufgegriffen8. Das EP ließ daraufhin 2011 eine Studie9 und 2013 ein EAVA10 erstellen; anknüpfend daran forderte das EP in einer Entschließung v. 14.3.201311 nachdrücklich die Vorlage eines Legislativvorschlags. Die Kommission hatte zwar 2012 ebenfalls eine Studie12 erstellen und 2013 eine Konsultation13 durchführen lassen. In ihrer Synthese14 der Stellungnahmen dazu gab sie sich allerdings sehr zurückhaltend.15 Obgleich 2014 auch der EWSA nochmals nachdrücklich die Vorlage eines Legislativvorschlags forderte16, wurde ein solcher bislang nicht vorgelegt; das Thema steht derzeit auch nicht mehr auf der Agenda.

    Vorschlag einer VO (EWG) des Rates über das Statut der Europäischen Genossenschaft, Vorschlag für eine RL des Rates zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Rolle der Arbeitnehmer, KOM(91) 273. Dazu etwa Kessel EuZW 1992, 475 ff.  4  KOM(93) 252. Dazu etwa Bovis (1995) 16 Co Law 85 ff.; Luttermann ZVglRWiss 93 (1994) 1 ff.; ders. EWS 1994, 14 ff.; Steding BuW 2002, 197 ff.   5  Vgl. Dok. 6221/02, S. 1.   6  KOM(2003) 284, 3.6 (S. 26) und Anh. 1 (S. 29).   7  ABlEU v. 17.3.2006, C 64/3, 5.   8  Report of the Reflection Group On the Future of EU Company Law, 5.4.2011 (), S. 31.  9 Grijpstra/Broek/Buiskool/Plooij, The role of mutual societies in the 21st century, 2011, PE 464.434. 10  Ballester, Ein Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft, EAVA 1/2013. 11  Entschließung des EP vom 14.3.2013 mit Empfehlungen an die Kommission zum Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft, P7_TA(2013)0 094. Vgl. dazu auch Stiegler DB 2014, 525, 529. 12  Panteia, Study on the current situation and prospects of mutuals in Europe, 2012 (). 13 Konsultationsseite: . 14  Synthesis report (Fn. 13). 15  Vgl. dazu auch Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1220. 16  Initiativstellungnahme des EWSA v. 22.1.2014 zur Vorlage „Das Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft: Einschätzungen, Rolle und Beitrag der Zivilgesellschaft“, ABlEU v. 16.7.2014, C 226/17.

§ 10 EU-Rechtsformen

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3.  Europäische Stiftung Seit Längerem existiert darüber hinaus auch die Idee einer Europäischen Stiftung.17 10.11 Die High Level Group (→ 5.41, 13.3) zeigte sich allerdings relativ skeptisch im Hinblick auf deren Realisierbarkeit.18 Die Kommission avisierte daraufhin im Aktionsplan 2003 (→ 5.43, 13.4) zunächst einmal nur eine Machbarkeitsstudie.19 Im Anschluss an deren Veröffentlichung20 führte die Kommission 2009 eine Konsultation21 durch, deren Ergebnisse eher ambivalent waren.22 Innerhalb der Reflection Group (→ 5.61, 13.12) war das Meinungsbild ebenfalls gespalten.23 Dennoch legte die Kommission im Februar 2012 einen Vorschlag für eine Ver- 10.12 ordnung über die Europäische Stiftung (Fundatio Europaea – FE) vor.24 Danach war die FE als eine für einen gemeinnützigen Zweck gesondert errichtete Einrichtung (Art. 5 Abs. 1 FE-VOE) mit eigener Rechtspersönlichkeit (Art. 9 Abs. 1 FE-VOE) ausgestaltet. Hinsichtlich des auf die FE anwendbaren Rechts etablierte Art. 3 FEVOE eine den Art. 9 SE-VO (→ 45.22 ff.) und Art. 8 SCE-VO (→ 46.11 ff.) vergleichbare Rechtsquellenpyramide. Die FE sollte nur zur Verfolgung eines der in Art. 5 Abs. 2 FE-VOE aufgezählten gemeinnützigen Zwecke gegründet werden dürfen. Die Haftung sollte auf das Vermögen der FE beschränkt sein (Art. 8 FE-VOE). Im Interesse der Vertrauenswürdigkeit gegenüber Spendern und Behörden verlangte Art. 7 Abs. 2 FE-VOE aber ein Mindestvermögen von 25.000 Euro. Im Hinblick auf die Organisationsverfassung eröffnete der FE-VOE bewusst breiten Spielraum zur Etab17 S. dazu insbesondere den Entwurf des European Foundation Project: Hopt/Walz/von Hippel/Then (Hrsg.), The European Foundation. A New Legal Approach, 2006; s. ferner Carstensen ZSt 2006, 36, 37 f.; Grundmann Rn. 1129 ff.; von Hippel ZSt 2004, 120 ff.; ders., Europäische Stiftung, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. I, 2009, S. 475 ff.; Hopt EuZW 2006, 161; Jakob/Studen ZHR 174 (2010) 61 ff.; Rebsch, Die Europäische Stiftung, 2007, S. 295 ff.; Salole (2008) 11 Int’l J. Not-for-Profit L. 75 ff.; Then/Vahlpahl (2008) 14 Trusts & Trustees 272 ff.; Weitemeyer FS Werner, 2009, S. 288, 301 ff. 18  Vgl. Bericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa, 4.11.2002 (), S. 133 („kaum zu realisieren“). 19  Vgl. KOM(2003) 284, 3.6 (S. 26) und Anh. 1 (S. 30). 20  Universität Heidelberg/Max Planck Institute for Comparative and International Private Law, Feasibility study for a European Foundation Statute. Final Report (). 21 Konsultationsseite: . 22  Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 388. 23  Vgl. Bericht Reflection Group (Fn. 8), S. 31. 24 Vorschlag für eine VO des Rates über das Statut der Europäischen Stiftung (FE), KOM(2012) 35. Dazu BR-Drs. 74/12(B); Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3 ff.; DNotV notar 2012, 167 ff.; Hopt/von Hippel ZEuP 2013, 235 ff.; Hüttemann EuZW 2012, 441; Jung BB 2012, 1743 ff.; Omlor EuR 2015, 91 ff.; Richter/Gollan ZGR 2013, 551 ff.; Schiffer BB 2012, 457; Seifert AuR 2013, 150 ff.; Stöber DStR 2012, 804 ff.; Verse EuZW 2013, 336, 341 f.; Weitemeyer NZG 2012, 1001 ff.; A. Werner ZStV 2012, 65 ff.

172

§ 10 EU-Rechtsformen

lierung einer optimal auf die konkreten Bedürfnisse zugeschnittenen Struktur.25 Jede FE sollte gem. Art. 45 FE-VOE der staatlichen Aufsicht durch eine vom Eintragungsmitgliedstaat zu bestimmende Aufsichtsbehörde unterliegen.26 Anders als die SE-VO und SCE-VO enthielt der FE-VOE auch spezielle Regeln betreffend die steuerliche Behandlung von FE. Denn die Notwendigkeit komplementärer Steuerregelungen war bei der FE von Anfang an verbreitet als besonders vordringlich angesehen worden27 und auch die Machbarkeitsstudie hatte dezidiert dafür plädiert28. Insgesamt stieß der FE-VOE auf ein geteiltes Echo: Während der Stiftungssek10.13 tor und ein Teil des Schrifttums ihn nachdrücklich begrüßten und allenfalls in Detailfragen Kritik übten29, wurden insbesondere von einer Reihe mitgliedstaatlicher Parlamente (u.a. Bundesrat30, österreichisches Parlament31, UK House of Commons32) erhebliche Bedenken geltend gemacht. Das EP forderte in seiner Entschließung v. 2.7.201333 ebenfalls eine ganze Reihe von Änderungen. Im November 2013 wurde im Rat beschlossen, das als besonders neuralgisch geltende steuerrechtliche Kapitel komplett zu streichen.34 Gleichwohl gelang es nicht, zumindest über den verbleibenden rein stiftungsrechtlichen Teil Konsens zu erzielen. Die Kommission erklärte deshalb schließlich 2015 die Rücknahme des FE-VOE.35 4.  Eine Europäische Rechtsform für Sozialunternehmen? 10.14 Der EP-Rechtsausschuss hat Anfang 2017 eine Studie zu einer Europäischen Rechtsform für Sozialunternehmen36 erstellen lassen, die zu dem Ergebnis gelangte, dass eine solche zwar wünschenswert, politisch derzeit aber wohl schwer durchsetzbar sei.

25  Vgl. ErwG 15 S. 1 FE-VOE. 26  Eine europäische Aufsicht sollte bewusst nicht etabliert werden, vgl. SWD(2012) 1, S. 60 f. 27 Vgl. etwa nur Hopt EuZW 2006, 161; Walz/von Hippel/Schäfers in: Hopt/Walz/von Hippel/Then (Fn. 17), S. 282 ff. 28  Vgl. Feasibility study (Fn. 20), S. 209 f. 29  Vgl. etwa PM des Bundesverband Deutscher Stiftungen v. 9.2.2012; Hopt Handelsblatt v. 14.2.2012, S. 20; Stöber DStR 2012, 804 ff.; A. Werner ZStV 2012, 65 ff. 30  Vgl. BR-Drs. 74/12(B). 31 Vgl. BMI, Schriftliche Information für den EU-Ausschuss des Bundesrates, 13.3.2012 (). 32  3rd Report (33687) 6580/12 HC 86-iii (2012-13). 33  Entschließung des EP vom 2.7.2013 zu dem Vorschlag für eine VO des Rates über das Statut der Europäischen Stiftung (FE), P7_TA(2013)0293. 34  Vgl. Dok. 16581/13. 35  ABlEU v. 7.3.2015, C 80/17, 21. 36  Fici, A European Statute for social and solidarity-based enterprise, Feb. 2017, PE 583 123.

§ 11 Rechnungslegung und Abschlussprüfung in Europa

173

§ 11 Rechnungslegung und Abschlussprüfung in Europa Literatur: → 23, 24, 25

11

Der mit weitem Abstand wohl größte legislative Harmonisierungsaufwand wurde der Rechnungslegung und Abschlussprüfung gewidmet. Die Verabschiedung der Richtlinientrias aus 4. (Bilanz-)RL (1978) und 7. (Konzernbilanz-)RL (1983) (→ 23.4 f.) sowie 8. (Abschlussprüfer-)RL (1984) (→ 25.3) war ein wahres Mammutprojekt. Die Pflicht des Kaufmanns zur Buchführung und zu alljährlicher Bilanzierung hatte zwar überall in Europa eine lange Tradition; ihre „Europäisierung“ durch die 4. (Bilanz-) RL war daher zunächst nicht unbedingt etwas Besonderes. Entscheidend für das Unternehmensrecht in Europa waren aber die europaweite Festlegung der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses, die Pflicht zur Prüfung von Jahresabschluss und Konzernabschluss durch unabhängige und sachverständige Prüfer (ausgenommen „kleine“ Gesellschaften) sowie deren Publizität. Diese europaweiten Regeln haben zu einer energischen Modernisierung und Standardisierung des Rechts der Kapitalgesellschaften in Europa geführt und wurden als Durchbruch für den einheitlichen europäischen Binnenmarkt verstanden. Spätestens ab Anfang der 1990er Jahre wurde allerdings ein grundlegendes Dilemma offenbar: Aufgrund der zahlreichen Mitgliedstaatenwahlrechte und der unterschiedlichen Durchsetzungsniveaus hatte man weder innerhalb der EU noch international eine echte Konvergenz der Rechnungslegungsstandards erreicht (→ 24.1). 2002 wurde deshalb die IFRS-VO (→ 24) verabschiedet: Sie verpflichtet kapitalmarktorientierte Gesellschaften, ihren konsolidierten Abschluss nach den ins Unionsrecht integrierten International Financial Reporting Standards (IFRS, → 24.13) aufzustellen; die Mitgliedstaaten können die Pflicht zur Bilanzierung nach IFRS zudem noch weiter ausdehnen (→ 24.14 ff.). Das europäische Bilanzrecht war und ist im Übrigen eine quasi permanenter Reform unterliegende Materie (→ 23.7 ff.). Nach zahlreichen Änderungs-Richtlinien wurden die 4. (Bilanz-)RL und die 7. (Konzernbilanz-)RL schließlich 2013 in erheblich novellierter Form in der EU-Bilanz-RL konsolidiert (→ 23.8). Sie bildet heute das „Grundgesetz“ der EU-Rechnungslegung (→ 23.1). Allerdings gab es auch bereits wieder eine wichtige Änderung: Durch die CSR-RL (→ 23.10) hat die corporate social responsibility Einzug ins EU-Bilanz-Recht gehalten (→ 23.10, 23.37, 23.50). Bereits zweimal umfassend reformiert wurde aber auch das EU-Abschlussprüfungsrecht: Nachdem deutlich geworden war, dass der durch die 8. (Abschlussprüfer-) RL erreichte Grad von Harmonisierung nicht ausreichte, wurde diese 2006 durch die APRL ersetzt (→ 25.5 f.). Als Konsequenz aus der globalen Finanzkrise wurden dann jedoch schon bald noch weitergehende Harmonisierungsmaßnahmen für erforderlich erachtet. 2014 erfolgte daher eine legislativtechnische Neuausrichtung: Zum einen wurde die APRL umfassend novelliert, zum anderen wurde eine neue APVO mit speziellen Regelungen für PIE (public interest entities) geschaffen (→ 25.7).

11.1

11.2

11.3

11.4

174

§ 12 Europäisches Konzernrecht

§ 12 Europäisches Konzernrecht Literatur: Amstutz, Marc, South of no north: Über Geschichte und Zukunft des Europäischen Konzernrechts, in: Institut für Europarecht der Universität Freiburg (Hrsg.), Die Schweiz und die Europäische Integration: 20 Jahre Institut für Europarecht, 2015, S. 203; Bayer, Walter/Schmidt, Jessica, § 19 Europäisches Unternehmensrecht, in: Lutter/Bayer (Hrsg.), Holding-Handbuch, 5. Aufl. 2015; Böhlhoff, Klaus/Budde, Julius, Company Groups – The EEC Proposal for a Ninth Directive in the Light of the Legal Situation in the Federal Republic of Germany, (1984) 6 J. Comp. Bus. & Cap. Market L. 163; Brachvogel, Gerrit, Die neuere Entwicklung des Konzernrechts in Frankreich, ZGR 1980, 486; Conac, Pierre-Henr, Director’s duties in groups of companies – legalizing the interest of the group at the European level, ECFR 2013, 194; ECLE, A proposal for the reform of group law in Europe, (2017) 18 EBOR 1; Embid Irujo, José Miguel, Searching for a Law of Groups in Europe, RabelsZ 69 (2005), 723; Farmery, Peter, The EC Draft Proposal For a Ninth Company Law Directive on Groups: A Business Viewpoint, BLR 1986, 88; Fleischer, Holger, Europäisches Konzernrecht: Eine akteurzentrierte Annäherung, ZGR 2017, 1; Gleichmann, Karl, Überblick über neue Kooperationsformen und über Entwicklungen im Gesellschaftsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, AG 1988, 159; Halbhuber, Harald, Neutrale Rhetorik, wertender Gehalt: Kommunikationsprobleme in der europäischen Gesellschaftsrechtsharmonisierung am Beispiel des Konzernrechts, ZEuP 2002, 236; Hommelhoff, Peter, Zum revidierten Vorschlag für eine EG-Konzernrichtlinie, in: Goerdeler, Reinhard u.a. (Hrsg.), Festschrift für Hans-Joachim Fleck zum 70. Geburtstag am 30. Januar 1988, S. 125; Hommelhoff, Peter/Lutter, Marcus/Teichmann, Christoph (Hrsg.), Corporate Governance im grenzüberschreitenden Konzern, 2016; Hopt, Klaus J., Europä­ isches Konzernrecht?, EuZW 1999, 577; ders., Europäisches Konzernrecht – Thesen und Vorschläge – , Liber amicorum Volhard, 1996, S. 74; ders., Europäisches Konzernrecht: Zu den Vorschlägen und Thesen des Forum Europaeum Konzernrecht, in: Baums, Theodor/Hopt, Klaus J./Horn, Norbert (eds.), Corporations, Capital Markets and Business in the Law, 2000, S. 299; ders., Konzernrecht für Europa – Zur Diskussion um die Vorschläge des Forum Europaeum Konzernrecht, in: Basedow, Jürgen u.a. (Hrsg.), Aufbruch nach Europa. 75 Jahre MaxPlanck-Institut für Privatrecht, 2001, S. 17; ders., Struktur- und Transaktionsberichte in der grenzüberschreitenden Unternehmensgruppe, FS Baums, 2017, S. 597; Immenga, Ulrich, Abhängige Unternehmen und Konzerne im europäischen Gemeinschaftsrecht, RabelsZ 48 (1984) 48; ders. Konzernverfassung ipso facto oder durch Vertrag? – Zum Stand der Konzernrechtsdiskussion in der Europäischen Gemeinschaft, EuR 1978, 242; Lutter, Marcus, Der Vorschlag der EG-Kommission für eine neunte Richtlinie zur Angleichung des Konzernrechts, ZGR 1985, 444; ders., Eine neue europäische Rechtsfigur zur wechselseitigen finanziellen Unterstützung in Bankenkonzernen, ZIP 2014, 910; ders., First Steps for a European Law on Corporate Groups, (1999) 36 C.M.L. Rev. 1; ders., Stand und Entwicklung des Konzernrechts in Europa, ZGR 1987, 324; Maul, Karl-Heinz, Der Abhängigkeitsbericht im künftigen Konzernrecht – Ein Vergleich zwischen der Regelung des Vorentwurfs zur 9. EG-Richtlinie und der des geltenden Aktienrechts, DB 1985, 1749; ders., Mitteilungspflichten über qualifizierte Beteiligungsverhältnisse – Geltende Rechtslage und Regelung im Vorentwurf der 9. EG-Richtlinie zum Gesellschaftsrecht, BB 1985, 897; Schilling, Wolfgang, Bemerkungen zum Europäischen Konzernrecht, ZGR 1978, 415; Schmidt, Jessica, Europäisches Konzernrecht – Retrospektive und Perspektiven, Konzern 2017, 1; Slagter, W. J., Einheitliches Konzernrecht in Europa? – Eine Betrachtung aus niederländischer Sicht unter besonderer Berücksichtigung des Schutzes der Minderheitsaktionäre −, ZGR 1992, 401; Soltysinski, Stanislaw, Arguments in favour of recognition of the interests of the group at the EU level, FS Baums, 2017, S. 1193; Teichmann, Christoph, Towards a European framework for cross-border group management, (2016) 13 ECL 150; Wienke, Dieter Frank, Mitbestimmung und Konzernrecht, ArbGeb 1985, 888; Wiesner, Peter M., Konzernrecht im Werden, ArbGeb 1985, 884; Wooldridge, Frank, The Definition of

§ 12 Europäisches Konzernrecht

175

a Group of Companies in European Law, JBL 1982, 272; Windbichler, Christine, „Corporate group law for Europe“: Comments on the Forum Europaeum‘s principles and proposals for a European corporate group law, (2000) 1 EBOR 265.

I.  Die Idee einer 9. (Konzernrechts-)RL und ihr Scheitern

12

Die Ermöglichung und Förderung grenzüberschreitender Unternehmenszusammen- 12.1 schlüsse war von Anfang an auch ein wichtiges europapolitisches Desiderat.1 Bereits in den 1960er Jahren wurden hierzu verschiedene Projekte in Angriff genommen. Den Auftakt bildete der 1966 von einer Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz des niederländischen Professors Pieter Sanders vorgelegte Vorentwurf eines SE-Statuts (→ 45.1), der in Titel VII einen eigenen Abschnitt zum Konzernrecht enthielt. Dieser wurde – mit einigen Modifikationen – dann in den 1970 präsentierten ersten offiziellen Kommissionsentwurf für ein SE-Statut (→ 45.2) übernommen. Zu diesem Zeitpunkt liefen bereits erste Vorarbeiten für die Angleichung des nationalen Konzernrechts2 und auch auf verschiedenen internationalen Konferenzen wurde intensiv über das Thema diskutiert3. Anknüpfend an Vorarbeiten von Van Ommeslaghe4 und der von der Kommis- 12.2 sion eingesetzten Würdinger‑Kommission5 wurde dann 1974/75 ein Vorentwurf einer 9. (Konzernrechts-)RL vorgelegt.6 Er basierte – in Anknüpfung an die SE-VOE 1970 und 1975 (→ 45.2) − auf dem sog. Modell der organischen Konzernverfassung.7 Dieses ist dadurch charakterisiert, dass schon der faktische Eintritt des Konzerntatbestands der einheitlichen Leitung automatisch die Anwendung konzernrechtlicher Schutzvorschriften auslöst – egal ob der Konzern auf einem Vertrag oder auf sonstigen Umständen beruht.8 Als konzernrechtliche Schutzinstrumente waren neben Abfindungs- bzw. Ausgleichsansprüchen der außenstehenden Aktionäre auch eine Haftung des herrschenden Konzernunternehmens für die Verbindlichkeiten der abhängigen Konzerngesellschaft vorgesehen.9

1 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1; dies. in: Bayer (Hrsg.), Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in den Beratungen des Deutschen Juristentages, 2010, S. 313, 316. 2 Vgl. Geßler DB 1969, 1001, 1002; Lutter, Gutachten für den 48. Deutschen Juristentag, 1970, H 67; J. Schmidt (Fn. 1), S. 313, 317. 3 Vgl. Lutter ZGR 1987, 324, 326 f. 4  Van Ommeslaghe Rev. prat. soc. 1965, 153 ff. 5  Würdinger, Verbundene Gesellschaften, Dok. 15.524/XIV/70-D. 6  Vorentwurf einer RL auf der Grundlage des Artikels 54 Abs. 3 g) des EWG-Vertrages zur Angleichung des Konzernrechts, Dok. XI/328/74-D und Dok. XI/593/75-D (abgedruckt in 2. Aufl., S. 187 ff.). Dazu Brachvogel ZGR 1980, 486, 507 ff.; Immenga EuR 1978, 242 ff.; Schilling ZGR 1978, 415 ff.; Wooldridge JBL 1982, 272, 279 f. 7  Näher zum gesamten Konzept: Immenga RabelsZ 48 (1984) 48, 59 ff.; ders. EuR 1978, 242, 250 ff.; Schwarz Rn. 892 ff.; s. ferner auch 4. Aufl. 239 f. 8 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1. 9 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1.

176

§ 12 Europäisches Konzernrecht

12.3

Das Konzept der organischen Konzernverfassung stieß jedoch auf Ablehnung.10 Die Kommission legte deshalb schließlich 1984 einen grundlegend überarbeiteten Entwurf11 vor, der sich deutlich an die Konzeption des deutschen Aktiengesetzes von 1965 anlehnte, speziell dessen Zweiteilung in Vertragskonzerne (§§ 291 ff. AktG) und faktische Konzerne (§§ 311 ff. AktG)12. Dieses Modell schaffte es jedoch ebenfalls nicht über das Stadium eines Vorentwurfs hinaus. Hauptgrund war, dass ein kodifiziertes Konzernrecht entsprechend dem deutschen System für die meisten anderen Mitgliedstaaten einen Fremdkörper darstellte, den sie sich nicht „aufoktroyieren“ lassen wollten.13 Darüber hinaus stießen die Details – u.a. die Ausweitung des Kreises der Schutzadressaten auf die Arbeitnehmer − selbst in Deutschland auf teils heftige Kritik.14 12.4 Im Jahr 1998 unternahm eine Gruppe von Konzernrechtsexperten aus verschiedenen Mitgliedstaaten, das Forum Europaeum Konzernrecht, einen neuen Vorstoß, das Projekt der Konzernrechtsharmonisierung wiederzubeleben.15 Quintessenz des Vorschlags war eine bloße Kernbereichsharmonisierung sowie eine Orientierung an der französischen Rozenblum-Doktrin (→ 12.6). Dieses Konzept stieß zwar im Schrifttum auf reges Interesse16, konnte die Kommission aber nicht zur Vorlage eines Legislativvorschlags bewegen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt galt das Projekt einer Konzernrechtsharmonisierung als endgültig gescheitert.17

10  Vgl. dazu auch Fleischer ZGR 2017, 1, 6 f. m.w.N. 11  Vorentwurf für eine Neunte RL auf der Grundlage von Art. 54 Abs. 3 Buchstabe g) des EWG-Vertrages über die Verbindungen zwischen Unternehmen, insbesondere über Konzerne, DOK III/1639/84 (abgedruckt in 4. Aufl. S. 244 ff. und ZGR 1985 S. 446 ff.). Dazu Böhlhoff/Budde (1984) 6 J. Comp. Bus. & Cap. Market L. 163 ff.; Farmery BLR 1986, 88 f.; Gleichmann AG 1988, 159, 161 ff.; Hommelhoff FS Fleck, 1988, S. 125 f.; Immenga, RabelsZ 48 (1984) 48 ff.; Lutter ZGR 1985, 444 f.; K.-H. Maul DB 1985, 1749 ff.; ders. BB 1985, 897 ff.; Slagter ZGR 1992, 400 ff.; Wienke ArbGeb 1985, 888 f.; Wiesner ArbGeb 1985, 884 ff. 12  Vgl. bereits 4. Aufl., S. 240; J. Schmidt Konzern 2017, 1. Ganz wollte man das Modell der organischen Konzernverfassung dann aber doch nicht aufgeben; die Kommission betonte in der Begründung, dass der Entwurf den Mitgliedstaaten auch die Möglichkeit lasse, dieses Modell einzuführen, vgl. Kommission, Dok. III/1639/84, S. 29. 13  Vgl. auch 4. Aufl., S. 240; J. Schmidt Konzern 2017, 1 f.; s. ferner auch Fleischer ZGR 2017, 1, 8. 14  Vgl. etwa Gemeinsamer Arbeitsausschuss der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft für Fragen des Unternehmensrechts, Stellungnahme zum Entwurf einer RL zur Koordinierung des Konzernrechts v. 31.5.1985; Hommelhoff FS Fleck, 1988, S. 125, 128 ff.; Wienke ArbGeb 1985, 888 f.; Wiesner ArbGeb 1985, 885 f. 15  Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 674 ff. (englische Fassung: (1999) 36 C.M.L. Rev. 7 ff.). 16  Vgl. etwa Embid Irujo RabelsZ 69 (2005) 723, 738; Halbhuber ZEuP 2002, 236, 255 ff.; Hopt EuZW 1999, 577; ders., in: Baums/Hopt/Horn (Hrsg.), Capital Markets and Business in the Law, 2000, S. 299 ff.; ders., in: Basedow u.a. (Hrsg.), Aufbruch nach Europa. 75 Jahre Max-Planck-Institut für Privatrecht, 2001, S. 17 ff.; ders. ZHR 171 (2007) 199, 213 ff.; Lutter (1999) 36 C.M.L. Rev. 1 ff.; Windbichler (2000) 1 EBOR 265 ff. 17 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 2.

§ 12 Europäisches Konzernrecht

177

II.  Der Status quo des Konzernrechts in Europa 1.  Die rechtliche Behandlung des Phänomens Konzern in den nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten In den nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten hat sich der Gedanke, dass der 12.5 Konzern eine wichtige, häufige und insbesondere auch legale Form der Organisation von Unternehmen ist18, zwar weitgehend durchgesetzt.19 Die Regelungsvorstellungen dazu – also das „Wie“ dieser rechtlichen Ordnung – können indes sehr verschieden sein: Sie reichen vom Konzerneingangsschutz (Bsp.: deutsches Recht des Vertragskonzerns) über die laufende Kontrolle der Konzernführung (Bsp.: §§ 311 ff. AktG) bis hin zur pauschalen Haftung der Obergesellschaft für die Schulden ihrer Tochter (wie etwa im Vorentwurf einer Konzernrechts-RL 1974/75 vorgesehen, → 12.2).20 Ein systematisch kodifiziertes Aktienkonzernrecht existiert nur in Deutschland und (nach deutschem Vorbild) in Portugal21 − es gilt deshalb als ein „deutsches Spezifikum“22. Einige weitere Mitgliedstaaten (Slowenien, Kroatien, Tschechien23 und Ungarn24 sowie seit 2004 auch Italien25) verfügen immerhin über Teilkodifikationen. In den übrigen Mitgliedstaaten existieren hingegen allenfalls punktuelle konzernspezifische Regelungen26; stattdessen wird versucht, den Problemen des Konzerns mit Hilfe der allgemeinen Institute des Zivil-, Gesellschafts- und Insolvenzrechts zu begegnen.27 18  Vgl. dazu nur Lutter ZGR 1987, 324 ff. 19 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 2. 20 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 2. 21  Título VI (Art. 481 ff.) (Sociedades coligadas) des portugiesischen Código das Sociedades Comerciais, eingefügt durch DL n.º 262/86, de 02 de Setembro. Zum portugiesischen Konzernrecht: Lutter/Overrath ZGR 1991, 394 ff.; Scheltdorf, Der Konzern im portugiesischen Código das sociedades comerciais und seine Parallelen im deutschen Recht, 2000. 22 Vgl. Kalss ZHR 171 (2007) 146 ff.; J. Schmidt Konzern 2017, 1, 2. 23  S. dazu Cˇech, in: Hommelhoff/Lutter/Teichmann (Fn. 57), S. 67 ff. 24  S. dazu Kalss ZGR 2000, 819, 863; Schubel, in: Hommelhoff/Lutter/Teichmann (Fn. 57), S. 193, 205 ff.; sowie die Länderberichte in Hopt/Jessel-Holst/Pistor (Hrsg.), Unternehmensgruppen in mittel- und osteuropäischen Ländern, 2003. 25  Art. 2497 ff. Codice civile; eingefügt durch D. Lg. 17 gennaio 2003, n. 6. Zu dieser Reform des italienischen Gesellschafts- und Konzernrechts: Hartl NZG 2003, 667 ff.; Steinhauer EuZW 2004, 364 ff.; Oelkers Konzern 2007, 570 ff.; Ventozurro ECFR 2005, 207 ff.; speziell zum Konzernrecht ferner auch Cossu ECFR 2013, 45 ff.; Embid Irujo (2005) 6 EBOR 65, 83 ff.; ders. RabelsZ 69 (2005) 724, 730; Mohn, Die Gesellschaftsgruppe im italienischen Recht, 2012; Peter FS Nobel, 2005, S. 251 ff.; Ruf, Leitung und Koordinierung im italienischen Konzernrecht, 2014; Scognamiglio, in: Hommelhoff/Lutter/Teichmann (Hrsg.), Corporate Governance im grenzüberschreitenden Konzern, 2016, S. 173, 178 ff.; Strnad RIW 2004, 255 ff. 26  Interessant ist etwa die neue französische Regelung zur Überwachungspflicht der Konzernmutter: Loi n° 2017-399 du 27 mars 2017 relative au devoir de vigilance des sociétés mères et des entreprises donneuses d’ordre, JORF n° 74 du 28 mars 2017. Dazu Schiller JCP 2017, 1052 ff. 27 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 2. S. die Darstellung der einzelnen Rechtsordnungen bei Hommelhoff/Hopt/Lutter (Hrsg.), Konzernrecht und Kapitalmarktrecht, 2001; Lutter (Hrsg.), Konzernrecht im Ausland, 1994; Gause, Europäisches Konzernrecht im

178

12.6

§ 12 Europäisches Konzernrecht

Hervorzuheben ist in diesem Kontext speziell die französische RozenblumDoktrin28, die in den letzten Jahren nicht nur in der Wissenschaft große Aufmerksamkeit erfahren hat, sondern in verschiedener Form u.a. in Estland29, Griechenland30, Polen31, Spanien32, Tschechien33 und Ungarn34 aufgegriffen wurde. Sie etabliert eine Art „safe harbour“35 für den Geschäftsführer der Tochtergesellschaft, indem sie ihm unter bestimmten Voraussetzungen gestattet, das Gruppeninteresse zu berücksichtigen. Die Kriterien dafür sind: (i) die Existenz einer echten Gruppe, (ii) ein gemeinsames Gruppeninteresse wirtschaftlicher, sozialer oder finanzieller Natur, (iii) die finanzielle Unterstützung darf weder ohne Ausgleich bleiben noch die Ausgewogenheit der gegenseitigen Verpflichtungen zwischen den betroffenen Gesellschaften verletzten, (iv) keine Existenzgefährdung. 2.  Konzernspezifisches EU-Recht

12.7 Auf EU-Ebene ist – trotz des Scheiterns des Projekts einer 9. (Konzernrechts-)RL (→ 12.2 ff.) − im Verlaufe der Zeit ein ganzes Spektrum punktueller Regelungen zu konzernspezifischen Fragen geschaffen worden.36 a)  Gesellschaftsrechtliche Rechtsakte 12.8 Im Bereich der gesellschaftsrechtlichen Rechtsakte ist hier zunächst Art. 67 GesRRL (G Art. 28 KapRL) zu nennen, der die strikten Regelungen zu Zeichnung, Erwerb und Besitz eigener Aktien auf die Konzerndimension erweitert (→ 19.165 ff.). Von wesentlicher Bedeutung sind zudem die Sonderregelungen für Verschmelzungen und Spaltungen im Konzern in Art. 110–115 GesRRL (G Art. 24–29 FusRL, → 20.142 ff.), Art. 132 GesRRL (G Art. 15 CBMD, 22.131 ff.) und Art. 154 GesRRL (G Art. 20 SpRL, → 21.112 ff.).

Vergleich, 2000; Hommelhoff/Lutter/Teichmann (Hrsg.), Corporate Governance im grenzüberschreitenden Konzern, 2016. 28  Grundlegend Cass. crim., 4.2.1985, n° 84-91581, JCP E, 1985.II.14614; vgl. weiter Cass. crim. 23.05.2002, 01-85746, Cass. crim., 16.1.2013, n° 11-88852, Rev. soc. 2013, 710; Cass. Cass. crim., 19.3.2013, n° 12-83188. Näher zur Rozenblum-Doktrin etwa Conac in: Hommelhoff/Lutter/Teichmann (Fn. 57), S. 87 ff.; aus deutscher Sicht etwa Lutter FS Kellermann, 1991, 257, 260 ff.; Maul NZG 1998, 965, 966; Schön RabelsZ 64 (2000) 1, 22 f. 29 Dazu Conac ECFR 2016, 301, 304 f. 30 Dazu Conac ECFR 2016, 301, 304. 31 Dazu Oplustil, in: Hommelhoff/Lutter/Teichmann (Fn. 57), S. 147 ff.; Schubel (Fn. 24), S. 193, 233 ff. 32 Dazu Conac ECFR 2016, 301, 304 f. 33 Dazu Cˇech (Fn. 23), S. 67 ff.; Schubel (Fn. 24), S. 193, 224 ff. 34 Dazu Schubel (Fn. 24), S. 193, 205 ff. 35 Vgl. Mülbert, ZHR 179 (2015) 645, 657; J. Schmidt Konzern 2017, 1, 2. 36 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 2 f.; s. ferner auch Bayer/J. Schmidt, in: Lutter/Bayer (Hrsg.), Holding-Handbuch, 5. Aufl. 2015, 19.3 ff.

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Umfangreiche Sonderregelungen für Konzerne finden sich aber vor allem im EUBilanz- und Abschlussprüfungsrecht.37 Schon 1983 wurde mit der 7. (Konzernbilanz-) RL eine spezielle Richtlinie für Konzernabschlüsse verabschiedet; die entsprechenden Regelungen sind inzwischen in der neuen EU-Bilanz-RL (die sowohl Einzel- als auch Konzernabschlüsse regelt) aufgegangen (→ 23). Kapitalmarktorientierte Gesellschaften müssen ihren konsolidierten Abschluss seit 2005 jedoch gem. Art. 4 IFRS-VO nach Maßgabe der in das europäische Recht überführten internationalen Rechnungslegungsstandards aufstellen (→ 24.13). Zudem gelten nach der APRL und der APVO Sonderregeln für die Prüfung konsolidierter Abschlüsse (vgl. Art. 27, 34 Abs. 2 u. 3, 41 Abs. 6 lit. a, 47 Abs. 1 lit. a APRL; Art. 4 Abs. 2, Art. 11 Abs. 2 lit. j, l, m, n und Art. 13 Abs. 2 lit. b Ziff. iv u. lit. k APVO, → 25). Eine interessante konzernspezifische Regelung findet sich weiterhin in Art. 2 Abs. 2 EpGRL: Um die Bildung von „undurchsichtigen Gesellschaftsketten“ zu verhindern, wird den Mitgliedstaaten gestattet, in bestimmten Fällen einschränkende Sonderregeln für Einpersonengesellschaften vorzusehen (→ 27.18 ff.) Berücksichtigung finden Konzernstrukturen ferner z.B. in bestimmten Konstellationen in der TBD (→ 28).38 Relevant werden können sie zum einen für die Frage, ob ein Pflichtangebot gem. Art. 5 Abs. 1 TBD (→ 28.31 ff.) gemacht werden muss: entweder aufgrund Zurechnung der Anteile, die von einer oder mehreren Konzerngesellschaften gehalten werden oder weil das Zusammenwirken mehrerer Konzerngesellschaften u.U. ein acting in concert (→ 28.37 ff.) darstellen kann.39 Zudem sind Konzernstrukturen u.U. als Abwehrmechanismen i.S.d. Art. 10 Abs. 1 lit. c TBD (→ 28.132 f.) offenzulegen.40 Durch die RL (EU) 2017/828 (→ 29.5) zur Änderung der ARRL wurden zudem kürzlich spezielle Regelungen zu related party transactions (Art. 9c ARRL) geschaffen (→ 29.163 ff.).

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b)  Kapitalmarktrechtliche Rechtsakte Konzern- und holdingspezifische Regelungen finden sich aber auch im europäi- 12.13 schen Kapitalmarktrecht. Einerseits werden Unternehmensgruppen teilweise zusätzlichen Anforderungen unterworfen; zu nennen ist hier speziell die FICOD, mit der eine zusätzliche Beaufsichtigung für sog. Finanzkonglomerate eingeführt wurde (→ 14.155 f.). In anderen Rechtsakten werden Konzerne dagegen privilegiert. So sieht z.B. Art. 4 Abs. 2 EMIR Ausnahmen von der Clearingpflicht für bestimmte gruppeninterne Geschäfte vor (→ 37.12). Die AIFMD (→ 38.29 ff.) nimmt Holdinggesellschaften explizit von ihrem Anwendungsbereich aus (Art. 2 Abs. 3 lit. a AIFMD) und normiert zu diesem Zweck in Art. 4 Abs. 1 lit. o AIFMD eine Legaldefinition

37  Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt (Fn. 36), 19.17 ff. m.w.N. 38  Vgl. auch Bayer/J. Schmidt (Fn. 36), 19.25 f. 39 Vgl. Bayer/J. Schmidt (Fn. 36), 19.25. 40 Vgl. Bayer/J. Schmidt (Fn. 36), 19.26.

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des Begriffs „Holdinggesellschaft“.41 Im Rahmen der OGAW-RL (→ 38.3 ff.) und der MiFID II/MiFIR (→ 32) gelten im Konzernkontext Besonderheiten, wenn der Tatbestand einer „engen Verbindung“ (Legaldefinition in Art. 2 Abs. 1 lit. i OGAW-RL, Art. 4 Abs. 1 Nr. 35 MiFID II, Art. 2 Abs. 1 Nr. 21 MiFIR) oder einer „qualifizierten Beteiligung“ (Legaldefinition in Art. 2 Abs. 1 lit. j OGAW-RL, Art. 4 Abs. 1 Nr. 31 MiFID II) erfüllt ist. Relevant werden können Konzernstrukturen zudem insbesondere auch im Rahmen der Beteiligungstransparenz nach der TrRL (→ 36), speziell im Kontext der Zurechnungstatbestände gem. Art. 10 TrRL (→ 36.20 ff.).42 Hochinteressant und potentiell sogar von Vorbildcharakter für weitere Harmo12.14 nisierungsmaßnahmen sind ferner die Sonderregelungen der BRRD (→ 14.151) für grenzüberschreitende Gruppen.43 Sie betreffen die Vorbereitung und Prävention (Art. 7, 8, 12, 13, 16 BRRD), Frühintervention (Art. 30 BRRD) und Abwicklung (Art. 87 ff. BRRD) sowie die Frage, inwieweit in finanziellen Notlagen Vermögenswerte zwischen gruppenangehörigen Instituten übertragen werden können (Art. 19 ff. BRRD)44. c)  Europäisches Arbeitsrecht 12.15 Relevanz haben Konzernstrukturen aber in verschiedener Form auch im Europäischen Arbeitsrecht. So knüpft z.B. die EBR-RL u.a. an „gemeinschaftsweit operierende Unternehmensgruppen“ an (→ 43.13). d)  Europäisches Insolvenzrecht 12.16 Mit der Neufassung der EuInsVO (EuInsVO 2015, → 17.5 ff., 17.13 ff.) wurde schließlich auch die verbreitet als problematisch empfundene konzernrechtliche Lücke der EuInsVO gefüllt: In Art. 56 ff. EuInsVO 2015 findet sich nun ein spezielles Kapitel betreffend Insolvenzverfahren von Mitgliedern einer Unternehmensgruppe (→ 17.97 ff.).

III.  Konzernrecht und Niederlassungsfreiheit 12.17 Die Rs. Impacto Azul45 gab dem EuGH erstmals die Möglichkeit, sich zum hochkomplexen Spannungsfeld von Niederlassungsfreiheit und nationalen Konzernhaf41  Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt (Fn. 36), 19.27 f. 42  Näher dazu Bayer/J. Schmidt (Fn. 36), 19.32 ff. 43 Vgl. Bayer/J. Schmidt (Fn. 36), 19.37 f.; J. Schmidt Konzern 2017, 1, 3. 44  Vgl. dazu Lutter ZIP 2014, 910 f. 45  EuGH v. 20.6.2013, Impacto Azul LdA, C-186/12, ECLI:EU:C:2013:412, EuZW 2013, 664. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1227; Bayer/J. Schmidt KSzW 2014, 69, 70; Haar GPR 2015, 238, 239 f.; Lehmann LMK 2013, 352735; J. Schmidt GPR 2014, 40 ff.; Rammelo (2014) 11 ECL 20 ff.; Teichmann ZGR 2014, 45 ff.

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tungstatbeständen zu äußern. Er entschied, dass eine portugiesische Regelung, die eine konzernrechtliche Haftung auf Muttergesellschaften mit Sitz im Inland beschränkt, mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) vereinbar ist. Im Ergebnis ist die Entscheidung – trotz der teils unklaren und verwirrenden Diktion46 − unzweifelhaft zutreffend.47 Die sog. Inländerdiskriminierung ist nach st. Rspr. – auch zu anderen Grundfreiheiten − zulässig.48 Wenn ein Mitgliedstaat den Anwendungsbereich seiner Konzernhaftungstatbestände ausschließlich auf inländische Gesellschaften beschränkt – und ihn gerade nicht auch auf ausländische erstreckt −, stellt dies folglich keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar.49 Bedauerlich ist indes, dass das Urteil die wirklich interessanten Aspekte im Span- 12.18 nungsfeld von Niederlassungsfreiheit und nationalen Konzernhaftungstatbeständen – mangels Relevanz im konkreten Sachverhalt – gar nicht thematisiert, nämlich (1) ob und ggf. in welchem Rahmen konzernrechtliche Haftungstatbestände gleichermaßen auch auf ausländische Konzerngesellschaften erstreckt werden können, und (2) ob und unter welchem Voraussetzungen ausländische Konzerngesellschaften eventuell sogar einer strengeren konzernrechtlichen Haftung unterworfen werden dürfen als inländische.50

IV.  Perspektiven des Europäischen Konzernrechts 1.  Perspektiven für die Harmonisierung klassischer Konzernrechtsmaterien a)  Aktionsplan 2012 Bereits 2011/12 war die Harmonisierung des Konzernrechts unvermutet auch wieder 12.19 auf die gesellschaftsrechtliche EU-Agenda zurückgekehrt. Nachdem die Reflection Group (→ 5.61, 13.12) in ihrem Bericht vom April 2011 einige Ideen für Harmonisierungsmaßnahmen im Bereich des Konzernrechts lanciert hatte51, sprachen sich 46  Vgl. kritisch Bayer/J. Schmidt KSzW 2014, 69, 70; dies. BB 2014, 1219, 1227; Lehmann LMK 2013, 352735; J. Schmidt GPR 2014, 40 f. 47 Ebenso Bayer/J. Schmidt KSzW 2014, 69, 70; dies. BB 2014, 1219, 1227; Lehmann LMK 2013, 352735; J. Schmidt GPR 2014, 40; Teichmann ZGR 2014, 45, 48 f. 48 Vgl. EuGH v. 13.3.1979, Peureux, 119/78, ECLI:EU:C:1979:66, Rn. 32 (Warenverkehrsfreiheit); EuGH v. 7.2.1984, Jongeneel Kaas, 237/82, ECLI:EU:C:1984:44, Rn. 20 (Warenverkehrsfreiheit); EuGH v. 5.5.2011, McCarthy, C-434/09, ECLI:EU:C:2011:27, Rn. 45 (Freizügigkeit); und nun auch EuGH v. 20.6.2013, Impacto Azul SA, C-186/12, ECLI:EU:C:2013:412, Rn. 35 (Niederlassungsfreiheit). 49 Vgl. Bayer/J. Schmidt KSzW 2014, 69, 70; dies. BB 2014, 1219, 1227; Lehmann LMK 2013, 352735; J. Schmidt GPR 2014, 40; Teichmann ZGR 2014, 45, 48 f. 50  Vgl. auch Bayer/J. Schmidt KSzW 2014, 69, 70; dies. BB 2014, 1219, 1227; Lehmann LMK 2013, 352735; J. Schmidt, GPR 2014, 40, 41; s. weiter auch Teichmann ZGR 2014, 45, 65 ff. 51 Report of the Reflection Group on the future of European company law (), S. 59 ff.

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im Rahmen der anschließenden Konsultation über die Zukunft des europäischen Gesellschaftsrechts52 mehr als zwei Drittel der Teilnehmer für weitere EU-Maßnahmen aus53. In ihrem Aktionsplan 2012 (→ 5.68, 13.14) betonte die Kommission daraufhin, dass gegen die Schaffung eines umfassenden Rechtsrahmens für Unternehmensgruppen − wie er mit der gescheiterten Konzernrechts-RL (→ 12.2 f.) anvisiert worden war − weiterhin Vorbehalte bestünden und man sich daher auf punktuelle Maßnahmen konzentrieren wolle.54 Konkret kündigte sie für 2014 eine Initiative für verbesserte Informationen über Gruppen und eine bessere Anerkennung des Begriffs „Gruppeninteresse“ an.55 Entsprechende offizielle Vorschläge waren allerdings bei Drucklegung noch immer nicht vorgelegt worden. b)  Vorschläge des Forum Europaeum on Company Groups (FECG) 12.20 Im Sommer 2015 hat jedoch das Forum Europaeum on Company Groups (FECG), eine Arbeitsgruppe von 13 Experten aus ganz Europa, „Eckpunkte für einen Rechtsrahmen zur erleichterten Führung von grenzüberschreitenden Unternehmensgruppen in Europa“56 veröffentlicht. Diese sowie weitere damit verbundene Fragen wurden im Anschluss auf zwei internationalen Fachtagungen diskutiert; die Ergebnisse wurden in Buchform veröffentlicht.57 Das FECG empfiehlt den Erlass einer Richtlinie mit zwei unterschiedlichen Regelungssystemen für „Servicegesellschaften“ einerseits und für „reguläre Tochtergesellschaften“ andererseits. Für sog. „Servicegesellschaften“ (d.h. 100%ige Tochtergesellschaften, die 12.21 KMU i.S.d. EU-Konzernbilanzrechts sind und innerhalb des Konzerns ausschließlich eine Servicefunktion erfüllen)58 soll ein vereinfachtes Regime gelten. Der Charakter als Servicegesellschaft soll in der Firma und auf der Geschäftskorrespondenz publik gemacht werden.59 Die Mutter soll oberhalb der Existenzgefährdungs­-

52 Konsultationsseite: . 53  Vgl. Feedback Statement Konsultation 2012 (Fn. 52), S. 12. 54  Vgl. COM(2012) 740, 4.6. Kritsch dazu etwa Amstutz, in: Institut für Europarecht der Universität Freiburg (Hrsg.), Die Schweiz und die Europäische Integration: 20 Jahre Institut für Europarecht, 2015, S. 203, 213 f. 55  Vgl. COM(2012) 740, 4.6. 56  FECG ZGR 2015, 507 ff. = GesRZ 2015, 313 ff. = ECFR 2015, 299 ff. = Rev. soc. 2015, 495 ff. Dazu auch Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1928; J. Schmidt Konzern 2017, 1, 5 f.; Teichmann (2016) 13 ECL 150, 155 f.; Verse/Wiersch EuZW 2016, 330, 338. 57  Hommelhoff/Lutter/Teichmann (Hrsg.), Corporate Governance im grenzüberschreitenden Konzern, 2016. 58 Näher zur Definition: Hommelhoff, in: Hommelhoff/Lutter/Teichmann (Fn. 57), S. 321, 329 f.; Ott, in: Hommelhoff/Lutter/Teichmann (Fn. 57), S. 431, 447 ff.; Raiser, in: Hommelhoff/Lutter/Teichmann (Hrsg.), Corporate Governance im grenzüberschreitenden Konzern, 2016, S. 459 (460); J. Schmidt, in: Hommelhoff/Lutter/Teichmann (Fn. 57), S. 465, 467 ff. 59 Vgl. FECG ZGR 2015, 507, 514. Näher dazu und zur möglichen Ausgestaltung/Weiterentwicklung: J. Schmidt (Fn. 58), S. 465, 469 ff.

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schwelle60 ein Weisungsrecht haben. Dabei werden zwei Alternativen eröffnet: Begrenzung des Weisungsrechts durch einen Solvenztest oder freies Weisungsrecht im Gegenzug für die Stellung einer Garantie.61 Für sog. „reguläre Tochtergesellschaften“ (d.h. alle Tochtergesellschaften, die 12.22 keine „Servicegesellschaften“ sind sowie „Servicegesellschaften“, die für den Status als „reguläre Tochtergesellschaft“ optiert haben) soll ein qualifiziertes Schutzsystem gelten, das auf den französischen Rozenblum-Grundsätzen (→ 12.6) aufbaut.62 Unter der Voraussetzung, dass eine gefestigte und durchsichtige Gruppenstruktur sowie eine ausgewogene und abgestimmte Gruppenpolitik bestehen, soll der Tochtergesellschaft ein Bereich eigenständig zu gestaltender Unternehmenspolitik und ein entsprechender Verantwortungsbereich zu ihrer Umsetzung zukommen.63 Besondere Rechtsmechanismen sollen für related party transactions gelten, allerdings nur bei außergewöhnlichen Transaktionen: Hier soll die Tochtergeschäftsleitung eine fairness opinion eines unabhängigen Sachverständigen einholen müssen.64 Zudem sollen jährlich zwei Sonderberichte zu erstatten sein: ein Strukturbericht und ein Transaktionsbericht.65 Schließlich sollen die Minderheitsgesellschafter ein Recht zum Austritt gegen Barabfindung haben, wenn die Tochtereigeninteressen nachdrücklich oder auf längere Zeit nicht ausgeglichen werden.66 c)  Sonstige Vorschläge von Expertengruppen Der französische club des juristes67 hat in einem Bericht vom Juni 2015 die Verabschie- 12.23 dung einer EU-Empfehlung zur Anerkennung des Gruppeninteresses in Anlehnung an die französische Rozenblum-Doktrin (→ 12.6) vorgeschlagen.68 Im Oktober 2016 haben die European Company Law Experts (ECLE), eine 12.24 Gruppe von 13 Gesellschaftsrechtsexperten aus ganz Europa, einen Vorschlag zur Reform des Konzernrechts in der EU69 vorlegt. Empfohlen wird darin u.a., dass die le60 Vgl. zur Existenzgefährdung als absoluter Grenze: FECG ZGR 2015, 507, 514. Dazu näher J. Schmidt (Fn. 58), S. 465, 472 ff. 61 Vgl. FECG ZGR 2015, 507, 512. Näher dazu Hommelhoff (Fn. 58), S. 321, 331 ff.; J. Schmidt (Fn. 58), S. 465, 474 ff. 62 Vgl. FECG, ZGR 2015 S. 507, 512 f. Kritisch dazu Böckli, in: Hommelhoff/Lutter/Teichmann (Fn. 57), S. 361 (377 ff.); Franzmann, in: Hommelhoff/Lutter/Teichmann (Hrsg.), Corporate Governance im grenzüberschreitenden Konzern, 2016, S. 391, 404 f.; Ott, a.a.O. (Fn. 58), S. 431 (453 ff.); Raiser (Fn. 58), S. 459, 462 f. 63 Vgl. FECG, ZGR 2015, 507, 513. 64 Vgl. FECG, ZGR 2015, 507, 513. Vgl. dazu Böckli (Fn. 62), S. 361, 381 ff. 65 Vgl. FECG, ZGR 2015, 507, 513. 66 Vgl. FECG, ZGR 2015, 507, 514. 67  Homepage: . 68  Club des juristes, Towards recognition of the group interest in the European Union, 6/2015, . Dazu Teichmann, in: Hommelhoff/ Lutter/Teichmann (Fn. 57), S. 3, 11 f.; ders. (2016) 13 ECL 150, 154. 69  ECLE (2017) 18 EBOR 1 ff. Dazu auch Teichmann (Fn. 68), S. 3, 14.

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gislatorischen Arbeiten in Bezug auf die related party transactions fortgesetzt werden sollen, es solle aber auch ein speziell an Konzerne adressiertes Regelungsregime geschaffen werden (hierfür werden dann eine Reihe konkreter Vorschläge unterbreitet). 2.  ICLEG a)  ICLEG-Bericht zur verbesserten Information über Unternehmensgruppen 12.25 Im Auftrag der Kommission befasst sich zudem die Informal Company Law Expert Group (ICLEG, → 13.19) seit einiger Zeit mit dem Konzernrecht. Im März 2016 stellte sie einen Bericht zur Information über Unternehmensgruppen vor.70 12.26 Darin beschäftigt sich die ICLEG zunächst mit der Verbesserung der Informationen für die Stakeholder von Muttergesellschaften. Insofern empfiehlt die ICLEG, dass die Gesellschaften grundlegende Informationen zum Funktionieren und zum Management der Gruppe in standardisierter Form offenlegen sollten.71 Dabei sollte auch über die zentrale Gruppenstruktur informiert werden, insbesondere durch eine graphische Visualisierung.72 Außerdem sollten Muttergesellschaften offenlegen, ob sie potentiell für die Verbindlichkeiten ihrer Tochtergesellschaften haften.73 Hinsichtlich der konkreten Umsetzung sieht die ICLEG verschiedene Optionen vor: best practiceRegeln, Empfehlung, Aufnahme ins Corporate Governance Statement oder in den Anhang zum Jahresabschluss, Publikation auf der Webseite oder Schaffung einer zentralen Webseite bzw. Datenbank.74 12.27 Zum anderen unterstreicht die ICLEG zu Recht die Bedeutung der Gruppentransparenz für die Stakeholder von Tochtergesellschaften. Diesbezüglich wird eine Pflicht zur Offenlegung der Identität der obersten Muttergesellschaft („ultimate parent“) vorgeschlagen, die sowohl für börsennotierte als auch für nicht börsennotierte Gesellschaften und sowohl für nationale als auch für grenzüberschreitende Konzerne gelten soll.75 Nach Auffassung des ICLEG könnte dazu entweder eine neue Definition des Begriffs „ultimate parent“ eingeführt oder auf bereits existierende Definitionen des Begriffs „Kontrolle“ (z.B. in Art. 22 EU-Bilanz-RL, → 23.44 ff.) zurückgegriffen werden.76 In Erwägung gezogen wird zudem eine zusätzliche Pflicht zur Offenlegung von Informationen zu Entscheidungsmechanismen innerhalb der Gruppe.77 Um zu gewährleisten, dass Tochtergesellschaften überhaupt wissen, wer „ultimate parent“ ist, 70  ICLEG, Report on information on groups, March 2016 (http://ec.europa.eu/justice/civil/ files/company-law/icleg-report-on-information-of-groups-march-2016_en.pdf). Dazu auch Bayer/J. Schmidt, BB 2016, 1923, 1928 f.; Fleischer ZGR 2017, 1, 19 f.; Hommelhoff FS Baums, 2017, S. 597 ff.; J. Schmidt Konzern 2017, 1, 6 f. 71  ICLEG (Fn. 70), Empfehlung 2.1. 72  ICLEG (Fn. 70), Empfehlung 2.2. 73  ICLEG (Fn. 70), Empfehlung 2.2. 74  ICLEG (Fn. 70), S. 13 f. und Empfehlung 2.3. 75  ICLEG (Fn. 70), Empfehlungen 3.1., 3.2. 76  ICLEG (Fn. 70), Empfehlung 3.3. 77  ICLEG (Fn. 70), Empfehlung 3.4.

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soll eine unmittelbare Muttergesellschaft verpflichtet sein, jeder unmittelbaren Tochtergesellschaft mitzuteilen, wenn sich Änderungen ergeben, wer sie kontrolliert, oder wenn ihr selbst mitgeteilt wird, dass es bei einer ihrer eigenen Muttergesellschaften Kontrolländerungen gab.78 Hinsichtlich der Offenlegungsmethoden hält die ICLEG wiederum verschiedene Optionen für denkbar: Webseite der Gesellschaft, nationales Unternehmensregister, Geschäftskorrespondenz der Gesellschaft oder auch eine Kombination aus den Genannten.79 b)  ICLEG-Bericht zur Anerkennung des Gruppeninteresses In ihrem Ende 2016 vorgelegten Bericht zur Anerkennung des Gruppeninteresses80 12.28 legt die ICLEG zunächst sehr ausführlich und anschaulich dar, dass eine EU-Maßnahme zur Anerkennung des Gruppeninteresses viele praktische Probleme entschärfen könnte, insbesondere die derzeit bestehende Rechtsunsicherheit, in welchem Umfang im grenzüberschreitenden Kontext im Konzerninteresse gehandelt und ein Cash Pooling eingerichtet werden kann.81 Gleichwohl ist die ICLEG der Auffassung, dass die Zeit jedenfalls momentan (noch) nicht reif sei für die Einführung eines umfassenden EU-Rechtsrahmens für Gruppen.82 Sie plädiert stattdessen dafür, zunächst nur eine Harmonisierungsmaßnahme in Bezug auf 100%ige Tochtergesellschaften zu verabschieden, deren Inhalt die Mitgliedstaaten aber freiwillig auch auf andere mehrheitlich kontrollierte Unternehmen ausdehnen können.83 Im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung legt die ICLEG drei Optionen dar: 12.29 (i) Generelle Zulässigkeit der Berücksichtigung des Gruppeninteresses durch den director einer 100%igen Tochtergesellschaft, (ii) Berücksichtigung des Gruppeninteresses nur, wenn die Entscheidung einem Bilanztest standhält, (iii) Berücksichtigung des Gruppeninteresses bei public companies (AG) nur in den Grenzen eines Bilanztests, bei private companies (GmbH) nur in den Grenzen eines Solvenztests. Jede dieser drei Optionen könnte nach den Vorstellungen der ICLEG um eine „white list“ generell zulässiger gruppeninterner Transaktionen ergänzt werden, deren Details in Zusammenarbeit mit den betroffenen Wirtschaftsakteuren ausgearbeitet werden sollten.84 Als Beispiele für solche generell zulässigen gruppeninternen Transaktionen nennt die ICLEG Cash Pooling-Vereinbarungen, kurz- und langfristige zinslose oder zinsgüns-

78  ICLEG (Fn. 70), Empfehlung 3.5. 79  ICLEG, a.a.O. (Fn. 70), Empfehlung 3.6. 80  ICLEG, Report on the recognition of the interest of the group (). Dazu J. Schmidt Konzern 2017, 1, 7 f. 81 Vgl. ICLEG (Fn. 80), S. 28 ff. Vgl. zu den Gründen für die Notwendigen einer Regelung zum Gruppeninteresse auch Soltysinski FS Baums, 2017, S. 1193 ff. 82 Vgl. ICLEG (Fn. 80), S. 40 f. 83 Vgl. ICLEG (Fn. 80), S. 41. 84 Vgl. ICLEG (Fn. 80), S. 43 f.

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tige konzerninterne Darlehen sowie Management- und Managementhonorarverträge (sog. Konzernumlage).85 12.30 Ferner schlägt die ICLEG vor, nicht 100%igen Tochtergesellschaften die Möglichkeit zu eröffnen, es den directors durch eine entsprechende Regelung in der Satzung zu gestatten, das Gruppeninteresse – im Rahmen der Option 1, 2 oder 3 – zu berücksichtigen.86 Dabei könnte im Interesses des Schutzes der Minderheitsgesellschafter zusätzlich bestimmt werden, dass die directors das Gruppeninteresse – in Anlehnung an die Rozenblum-Formel (→ 12.6) − nur dann berücksichtigen dürfen, wenn die Gegenleistung nicht grob unangemessen ist oder die Ausgewogenheit der gegenseitigen Verpflichtungen zwischen den betroffenen Gesellschaften verletzen würde.87 Die ICLEG differenziert im Übrigen strikt zwischen der Anerkennung des Grup12.31 peninteresses einerseits und einem Weisungsrecht der Konzernmutter andererseits.88 Ein solches Weisungsrecht auf EU-Ebene zu regeln, könne zwar nützlich sein, unter Umständen aber auf erheblichen Widerstand bei denjenigen Mitgliedstaaten stoßen, deren nationales Recht ein solches Weisungsrecht nicht kennt.89 Eine denkbare Alternative sei es, die Mitgliedstaaten nur zu verpflichten, 100%igen Tochtergesellschaften die Möglichkeit zu eröffnen, der Konzernmutter durch eine Satzungsregelung ein Weisungsrecht einzuräumen, solange die Weisung nicht zur Insolvenz der Tochter führt.90 Wesentlich sei außerdem, dass klar geregelt wird, dass die Erteilung von Weisungen die Konzernmutter nicht zum shadow director macht.91 Die entsprechenden Regelungen könnten nach Auffassung der ICLEG in die EpGRL (→ 27) eingefügt werden.92 3.  Konzerndimensionale Bedeutung des SUP-RLE 12.32 Potentiell signifikante konzerndimensionale Bedeutung93 hat auch der 2014 vorgelegte Vorschlag für eine Neufassung der EpGRL (→ 27), mit dem eine Societas Unius Personae (SUP) geschaffen werden soll (sog. SUP-RLE, → 47.1, 47.91 ff.). Denn die SUP soll gerade nicht nur für Start-ups, sondern insbesondere auch als „Konzernbaustein“ für Unternehmensgruppen eine attraktive Alternative bilden (→ 47.91). Um zu gewährleisten, dass die Konzernmutter die SUP effektiv beherrschen kann, waren 85 Vgl. ICLEG (Fn. 80), S. 43. 86 Vgl. ICLEG (Fn. 80), S. 44. 87 Vgl. ICLEG (Fn. 80), S. 44. 88 Vgl. ICLEG (Fn. 80), S. 45. 89 Vgl. ICLEG (Fn. 80), S. 45. 90 Vgl. ICLEG (Fn. 80), S. 45. 91 Vgl. ICLEG (Fn. 80), S. 45. 92 Vgl. ICLEG (Fn. 80), S. 45. 93  Vgl. dazu Hommelhoff GmbHR 2014, 1065 ff.; Jung GmbHR 2014, 579 ff.; dies. EBLR 2015, 645 ff.; Kindler ZHR 179 (2015) 330 ff.; Malberti ECFR 2015, 238, 256 ff.; J. Schmidt, in: Lutter/Koch (Hrsg.), Societas Unius Personae (SUP), 2015, S. 1, 4; dies. Konzern 2017, 1, 8 f.; Teichmann, ECFR 2015 S. 202 ff.; ders., in: Lutter/Koch (Hrsg.), Societas Unius Personae (SUP), 2015, S. 37, 47 ff.; Weller/Bauer ZEuP 2015, 6, 28 f.

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im ursprünglichen SUP-RLE u.a. die jederzeitige Abberufbarkeit des Geschäftsführers, die Möglichkeit juristischer Personen als Geschäftsführer und ein Weisungsrecht des Alleingesellschafters gegenüber den Geschäftsführern vorgesehen (→ 47.114 f.). Im Rat wurde all dies jedoch gestrichen, sodass die SUP – jedenfalls in ihrer jetzigen Gestalt – vom ursprünglichen Leitbild eines Konzernbausteins par excellence weit entfernt ist (→ 47.116). 4.  Das konzernrechtliche Regelungskonzept des EMCA Hochinteressant ist schließlich das Kapitel zum Konzernrecht im European Model 12.33 Company Act (EMCA), dessen finale Fassung im September 2017 veröffentlicht wurde.94 Mit ihm soll nach dem Vorbild des US Model Business Corporation Act (MBCA)95 ein europäisches Modellgesetzbuch für Kapitalgesellschaften geschaffen werden.96 Im Hinblick auf den Konzerntatbestand folgt der EMCA – im Einklang mit 12.34 Art. 22 EU-Bilanz-RL (→ 23.44 ff.) – dem sog. control concept.97 Die Definition der Kontrolle in s. 15.04 EMCA ist allerdings aus den IAS 27 a.F.98 übernommen.99 Um eine effektive Konzernleitung zu ermöglichen, etabliert s. 15.09(1) EMCA ein 12.35 Weisungsrecht des Mutterunternehmens gegenüber den Tochterunternehmen (unabhängig davon, ob es sich um in- oder ausländische handelt).100 Der EMCA macht dies bewusst nicht davon abhängig, dass die Gruppe in bestimmter Weise rechtlich verfasst ist oder dass die Mutter in bestimmten Umfang eine Haftung für die Verbindlichkeiten der Tochter übernimmt; nach Auffassung der EMCA-Gruppe handelt es sich bei Konzernen und dem Weisungsrecht des Mutterunternehmens gegenüber den Tochterunternehmen um eine ökonomische Realität, die nicht formal „legalisiert“ oder „erklärt“ werden muss.101 Die Weisungsabhängigkeit muss aber aus Transparenzgründen (aller-

 94 . Dazu J. Schmidt ZHR 181 (2017) 43, 82 ff.; zum Vorentwurf 2015: Engrácia Antunes/Fuentes Naharro ECFR 2016, 269 ff.; Gilson ECFR 2016, 351 ff.; Hommelhoff ECFR 2016, 254 ff.; Klausner ECFR 2016, 363 ff.; Patakyova/Gramblickova ECFR 2016, 322 ff.; Perakis ECFR 2016, 200 ff.; Teichmann ECFR 2016, 277 ff.; de Wulf ECFR 2016, 215 ff.; s. ferner auch bereits Teichmann KSzW 2014, 77 ff. Speziell zum Konzernrecht: Conac ECFR 2016, 301 ff.; Teichmann (Fn. 68), S. 3, 13 f.; ders. (2016) 13 ECL 150, 155.  95 Abrufbar unter . Überblick zur Entwicklung und Bedeutung bei Booth (2000) 56 Business Lawyer 63 ff.; in deutscher Sprache jüngst Teichmann FS Baums, 2017, S. 1227, 1231 ff.; L. Schmidt RIW 2016, 718 ff.  96 Vgl. EMCA, Introduction, S. 1.   97  Vgl. comments s. 15.01 EMCA.  98 Diese wurden inzwischen durch IFRS 10 ersetzt; vgl. dazu näher Pollmann IRZ 2014, 239 ff.  99 Vgl. comments ss. 15.01, 15.04–15.06 EMCA. 100  Vgl. comments s. 15.09 EMCA. 101  Vgl. comments s. 15.09 EMCA; s. ferner auch Conac ECFR 2016, 301, 309 f.

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dings rein informatorisch102) im Handelsregister offengelegt werden (vgl. s. 15.09(4) EMCA). Eine korrespondierende Befolgungspflicht des Managements des Tochterunternehmens103 besteht allerdings nur in dem durch s. 15.16 EMCA abgesteckten Rahmen des Gruppeninteresses (vgl. s. 15.09(2) EMCA). S. 15.16 EMCA bestimmt (inspiriert von der französischen Rozenblum-Doktrin [→ 12.6], aber etwas vereinfacht), dass das Management eines Tochterunternehmens nicht für dem Eigeninteresse der Gesellschaft widersprechende Entscheidungen haftet, wenn die Entscheidung (a) im Gruppeninteresse erfolgt, (b) das Management auf der Basis der zugänglichen Informationen bzw. der Informationen, die es gehabt hätte, wenn es sorgfältig gehandelt hätte, gutgläubig annehmen durfte, dass der Verlust/Schaden/Nachteil innerhalb einer angemessenen Zeit durch einen Gewinn/Ertrag/Vorteil ausgeglichen wird, und (c) der Verlust/Schaden/Nachteil nicht existenzgefährdend ist.104 Als konzernrechtliche Schutz- und Regelungsinstrumente sind u.a. vorgese12.36 hen: Squeeze-out und Sell-out (ss. 15.11, 15.15 EMCA), konzerndimensionales Informationsrecht der Anteilsinhaber der Mutter (s. 11.23 EMCA), Minderheitenrecht auf Einsetzung eines Sonderprüfers (ss. 15.12, 15.14 EMCA).105 Außerdem statuiert s. 15.17 EMCA – in Ergänzung zu der allgemeinen wrongful trading-Haftung gem. s. 10.04 EMCA − eine spezielle konzernrechtliche wrongful trading-Haftung.106 Anders als nach der britischen s. 214 IA 1986 sind Haftungsadressaten hier aber nicht die directors der Gesellschaft, sondern das Mutterunternehmen.107 Die EMCA-Gruppe übernimmt damit im Grundsatz ein schon vom Forum Europaeum Konzernrecht (→ 12.4) lanciertes Konzept108, modifiziert dieses jedoch in Anknüpfung an die Überlegungen der Reflection Group (→ 5.61, 13.12)109.110 Quintessenz der konzernrechtlichen wrongful trading-Haftung gem. s. 15.17 EMCA ist folgende: Wenn ein nach Weisungen des Mutterunternehmens geführtes Tochterunternehmen in eine Krise gerät, muss die Mutter unverzüglich eine grundlegende Restrukturierung oder die Liquidation des Tochterunternehmens einleiten; andernfalls haftet sie für alle nach Eintritt der Krise begründeten Verbindlichkeiten des Tochterunternehmens (s. 15.17(1),

102 Vgl. comments s. 15.09 EMCA. 103 Ausgenommen sind allerdings gem. s. 15.09(3) EMCA: (a) Organmitglieder, die nicht vom Mutterunternehmen oder einem kontrollierenden Anteilsinhaber ernannt wurden, (b) unabhängige Organmitglieder, sowie (c) Arbeitnehmervertreter. Vgl. dazu Conac ECFR 2016, 301, 311. 104 Vgl. dazu Conac ECFR 2016, 301, 312 ff.; Soltysinski FS Baums, 2017, S. 1193, 1199 ff. 105 Vgl. dazu Conac ECFR 2016, 301, 307 f., 315 ff.; J. Schmidt Konzern 2017, 1, 11; dies. ZHR 181 (2017) 43, 84 f. 106 Vgl. dazu Conac ECFR 2016, 301, 319 ff.; J. Schmidt Konzern 2017, 1, 11; dies. ZHR 181 (2017) 43, 85. 107 Vgl. comments s. 15.17 EMCA; J. Schmidt Konzern 2017, 1, 11; dies. ZHR 181 (2017) 43, 85. 108 Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 752 ff., 771. 109 Vgl. Bericht Reflection (Fn. 51), 4.1.2. 110 Vgl. comments s. 15.17 EMCA; J. Schmidt Konzern 2017, 1, 11; dies. ZHR 181 (2017) 43, 85.

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(2) EMCA). Außerdem haftet ein Mutterunternehmen, das einem Tochterunternehmen unter Verstoß gegen das Gruppeninteresse nachteilige Weisungen erteilt hat, für alle als Konsequenz derselben entstandenen Verbindlichkeiten (s. 15.17(3) EMCA).

V.  Resümee Die Annahme, das Europäische Konzernrecht sei endgültig „tot“, hat sich nach alledem als verfrüht erwiesen.111 Konzernrechtliche Themen und Aspekte stehen vielmehr wieder ganz oben auf der EU-Agenda – allerdings in deutlich anderem Gewand als früher: Der alte Traum von einer umfassenden EU-Konzernrechtskodifikation nach dem Vorbild des deutschen Aktienrechts ist und bleibt begraben.112 Im Fokus steht nun vielmehr die Regelung punktueller Aspekte − speziell Konzerntransparenz, Weisungsrecht und Anerkennung des Gruppeninteresses, wrongful trading-Haftung sowie Squeeze-out und Sell-out. Die Schaffung von mehr Konzerntransparenz ist ein wichtiges Desiderat.113 Hier haben ICLEG, FECG und EMCA eine Reihe interessanter Denkanstöße geliefert.114 Sinnvoll erschiene hierbei insbesondere die Offenlegung der Konzernstruktur und des ultimate parent sowie (sofern dieses Modell ins EU-Recht übernommen würde) ggf. auch des Charakters als Servicegesellschaft.115 Von ganz essentieller Bedeutung wäre zudem, eine klare und rechtssichere EURegelung zum Weisungsrecht und zur Anerkennung des Gruppeninteresses zu schaffen.116 Die hierzu präsentierten Vorschläge knüpfen alle – wenngleich in unterschiedlicher Ausgestaltung – an die französische Rozenblum-Doktrin (→ 12.6) an. Dies erscheint als ein durchaus tragfähiges Konzept; im Detail bedarf es hier freilich noch einiger Diskussion um die konkrete Ausgestaltung.117 Eine äußerst reizvolle Idee ist weiterhin die im EMCA vorgeschlagene konzerndimensionale wrongful trading-Haftung, wobei auch hier noch einige Details zu klären wären.118 Sinnvoll erscheinen schließlich auch allgemeine Squeeze-out und Sell-outRegelungen (mit einem Schwellenwert von 90 %).119

111 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 11. 112 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 11. 113 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 11. 114 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 11. 115 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 11. 116 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 11. 117 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 12. 118 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 12. 119 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 12.

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§ 13 Corporate Governance in der EU

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I.  Corporate Governance in der EU – eine Skizze der Entwicklung

13.1 Corporate Governance, d.h. der rechtliche und faktische Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens1, ist in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus des europäischen Unternehmensrechts gerückt. 13.2 Nachdem die Kommission bereits 1999 im Financial Services Action Plan (FSAP) (→ 14.20) konstatiert hatte, dass Unterschiede bei den Regeln zur Unternehmensverfassung zu rechtlichen und administrativen Hindernissen führen und die Entwicklung eines EU-Finanzmarkts hemmen können2, ließ sie eine rechtsvergleichende Studie zu den für die EU relevanten Corporate Governance-Kodizes3 erstellen. 13.3 Die von der Kommission Ende 2001 eingesetzte4 High Level Group of Company Law Experts (Winter-Gruppe)5 präsentierte dann in ihrem am 4.11.2002 vorgelegten Abschlussbericht6, dem eine breit angelegte Konsultation7 vorausgegangen war, einen umfangreichen Katalog von Empfehlungen für die Fortentwicklung des Europäischen Gesellschaftsrechts, speziell auch im Bereich der Corporate Governance. Am 21.5.2003 legte die Kommission einen Aktionsplan „Modernisierung des Ge13.4 sellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen

1  Vgl. K/B/L/W/von Werder Rn. 1. 2  Vgl. KOM(1999) 232, S. 14. 3  Weil, Gotshal & Manges LLP, Comparative study of corporate governance codes relevant to the European Union and its Member States, 2002 (). 4  Die High Level Group (→ 5.41) sollte der Kommission zunächst Lösungsvorschläge bzgl. der i.R.d. TBD strittigen Punkte unterbreiten (→ 28.4) und anschließend in einer zweiten Phase ganz allgemein den Rahmen für ein modernes europäisches Gesellschaftsrecht abstecken (vgl. IP/01/1237). Im April 2002 wurde ihr Mandat als Reaktion auf den EnronZusammenbruch auch auf weitere Fragen der Unternehmensverfassung und des Audit erweitert (vgl. IP/02/584). 5  Neben dem Vorsitzenden Jaap Winter (NL) (deshalb auch „Winter-Gruppe“) gehörten der High Level Group an: José Maria Garrido Garcia (ES), Klaus J. Hopt (DE), Jonathan Rickford (UK), Guido Rossi (IT), Jan Schans Christensen (DK) und Joëlle Simon (FR). 6  Bericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa, 4.11.2002 (). Dazu insbesondere die Stellungnahme der German Experts on Corporate Law (Walter Bayer, Holger Fleischer, Michael Hoffmann-Becking, Marcus Lutter, Ulrich Noack, Volker Röhricht, Karsten Schmidt, Peter Ulmer, Herbert Wiedemann, Martin Winter, Wolfgang Zöllner) ZIP 2003, 863 ff. sowie Drygala ZEuP 2004, 337, 344 f.; Haberer GesRZ 2003, 211 ff.; S. Maul DB 2003, 27 ff.; Neye FS Priester, 2007, S. 543, 546 f.; Wiesner BB 2003, 213 ff. 7  Konsultationspapier abrufbar unter . Vgl. dazu insbesondere die Stellungnahme der German Experts on Corporate Law ZIP 2002, 1310 ff.; s. ferner Sheik (2003) 24 Co Law 362 ff.

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Union“ (Aktionsplan 2003)8 vor, der sich sowohl konzeptionell als auch materiell eng an die Empfehlungen der High Level Group anlehnte (auch wenn diese nicht in allen Einzelheiten übernommen wurden).9 Ausgehend von der zutreffenden Überlegung, dass ein „dynamischer und flexibler Rahmen für Gesellschaftsrecht und Corporate Governance ... für eine moderne, dynamische und vernetzte Industriegesellschaft unverzichtbar“ ist, bestand seine erklärte Zielsetzung darin, die globale Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der EU-Unternehmen zu steigern, die Aktionärsrechte zu stärken, den Schutz Dritter zu verbessern und nicht zuletzt auch dazu beizutragen, das nach der Welle von Corporate Governance-Skandalen10 erschütterte Vertrauen der Anleger wiederherzustellen.11 Hierzu listete er in Anhang 1 ein Bündel von insgesamt 24 kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen auf. Im Hinblick auf den Bereich der Corporate Governance sprach sich die Kommission im Aktionsplan 2003 – in Übereinstimmung mit zahlreichen anderen ablehnenden Stellungnahmen im Vorfeld12 − zu Recht gegen die Erstellung eines europäischen Corporate Governance Kodex aus.13 Denn aufgrund der höchst unterschiedlichen nationalen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften müsste ein solcher entweder viele verschiedene Optionen zulassen oder sich auf abstrakte Grundsätze beschränken, brächte also weder eine wirkliche Verbesserung der Unternehmensleitung noch eine umfassende Information der Anleger.14 Zudem würde ein Nebeneinander verschiedener nationaler, europäischer und internationaler Vorgaben letztlich auch mehr Verwirrung als Nutzen stiften.15 Die Kommission betonte jedoch andererseits, dass in Anbetracht der wachsenden Integration der europäischen Kapitalmärkte eine Harmonisierung in Bezug auf einige grundsätzliche Regeln geboten sei; zudem müsse eine angemessene Koordinierung der Corporate Governance-Kodizes gewährleistet werden.16 Konzeptionell sollten dabei jedoch so weit wie möglich alternative Instrumente statt zwingender Rechtsakte zum Einsatz

  8  Mitteilung der Kommission an den Rat und das EP. Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union – Aktionsplan, KOM(2003) 284. Dazu Baums AG 2007, 57 f.; Bayer BB 30/2003, I; ders. BB 2004, 1, 5 ff.; Haberer GesRZ 2003, 211 ff.; Habersack NZG 2004, 1 ff.; ders. ZIP 2006, 445, 447 ff.; Hopt ZIP 2005, 461 ff.; ders. FS Röhricht, 2005, S. 235 ff.; Kouloridas/von Lackum (2005) 5 GLJ 1275 ff.; Lutter BB 1/2004, I; S. Maul/Lanfermann/Eggenhofer BB 2003, 1289 ff.; Merkt RIW 2004, 1 ff.; van Hulle/Maul ZGR 2004, 484 ff.; Wiesner ZIP 2003, 977 ff.  9 Vgl. auch Habersack NZG 2004, 1, 2; Hopt FS Röhricht, 2005, S. 235, 236. 10 Insbesondere: Enron und Worldcom; weitere Beispiele bei Bayer BB 2004, 1, 6. 11  Vgl. Aktionsplan 2003 (Fn. 8), Einleitung (S. 3). 12  Vgl. insbesondere Bericht High Level Group (Fn. 6), S. 77 f.; German Experts on Corporate Law ZIP 2002, 863, 871; Weil, Gotshal & Manges LLP (Fn. 3), S. 81. 13  Vgl. Aktionsplan 2003 (Fn. 8), 3.1 (S. 13 f.). 14  Vgl. Aktionsplan 2003 (Fn. 8), 3.1 (S. 14); Bachmann WM 2011, 1301, 1310; German Experts on Corporate Law ZIP 2002, 1310, 1314; Haberer GesRZ 2003, 211, 216; Merkt RIW 2004, 1, 5; van Hulle/Maul ZGR 2004, 484, 497. 15  Vgl. Aktionsplan 2003 (Fn. 8), 3.1 (S. 14); Bayer BB 2004, 1, 6; Wiesner BB 2003, 213, 214. 16  Vgl. Aktionsplan 2003 (Fn. 8), 3.1 (S. 14).

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kommen und Offenlegungsanforderungen der Vorzug gegeben werden17 („Transparenz vor Regulierung“18). Als eine der ersten Maßnahmen setzte die Kommission mit Beschluss v. 13.5 15.10.200419 ein Europäisches Corporate Governance Forum (ECGF) ein.20 Dieses aus 15 Sachverständigen bestehende Expertengremium beriet die Kommission bis 2011 strategisch zu Fragen der Corporate Governance-Politik und veröffentlichte regelmäßig Erklärungen zu aktuellen Corporate Governance-Themen.21 Mit Beschluss v. 28.4.200522 setzte die Kommission außerdem eine Corporate Governance Advisory Group (CGAG) ein, die aus 20 Experten bestand und die Kommission bis 2009 bei der Ausarbeitung von Maßnahmen im Bereich Corporate Governance und Gesellschaftsrecht im Hinblick auf die eher technischen Aspekte beriet.23 Am 14.12.2004 verabschiedete die Kommission die Empfehlung 2004/913/EG24 13.6 zur Einführung einer angemessenen Regelung für die Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung25 börsennotierter Gesellschaften (→ 13.72 ff.). In dem im Juli 2007 vorgelegten Bericht zur Umsetzung26 begrüßte die Kommission zwar einerseits die inzwischen verbreitet sehr hohen Offenlegungsstandards in Bezug auf die individuelle Vergütung, beklagte aber andererseits insbesondere die unzureichende Offenlegung der Vergütungspolitik und die verbreitete Skepsis gegenüber der Einbeziehung der Hauptversammlung.

17  Vgl. Aktionsplan 2003 (Fn. 8), 3.1 (S. 14 Fn. 12). 18  So treffend schon zum Bericht der High Level Group: Wiesner BB 2003, 213. 19  Beschluss 2004/706/EG der Kommission vom 15.10.2004 zur Einsetzung eines Europäischen Corporate-Governance-Forums, ABlEU v. 22.10.2004, L 321/53. 20  Vgl. dazu auch IP/04/1241; Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 458; Grundmann Rn. 451. 21  Vgl. näher 5. Aufl. § 18 Rn. 70 m.w.N. 22  Beschluss 2005/380/EG der Kommission v. 28.4.2005 zur Einsetzung einer Gruppe von Nicht-Regierungsexperten für Corporate Governance und Gesellschaftsrecht, ABlEU v. 19.5.2005, L 126/40. 23  Vgl. näher 5. Aufl. § 18 Rn. 71 m.w.N. 24  Empfehlung 2004/913/EG der Kommission v. 14.12.2004 zur Einführung einer angemessenen Regelung für die Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung börsennotierter Gesellschaften, ABlEU v. 29.12.2004, L 385/55. Dazu Fleischer/Bedkowski AG 2009, 677, 679; Haberer/Kraus GeS 2010, 10, 11; Habersack ZIP 2006, 445, 448 f.; Hopt ZIP 2005, 461, 466 f.; Lennarts, European Company Law and Conflicts of Interests, in: Bartman, Steef M. (ed.), European Company Law in Accelerated Progress, 2006, S. 83, 85 ff.; Lutter EuZW 2009, 799 ff.; ders. FS Wymeersch, 2009, 132 ff.; Maul Beil. zu BB 34/2005, 2, 7 ff.; Maul/Lanfermann DB 2004, 2407 ff.; C. Teichmann GPR 2009, 235, 236; Tchotourian (2008) 42 R.J.T. n.s. 483, 508 ff. 25 „Mitglied der Unternehmensleitung“ ist ein Mitglied der Verwaltungs-, Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgane (Ziff. 2.1). 26  Report on the application by Member States of the EU of the Commission Recommendation on directors’ remuneration, SEC(2007) 1022. Dazu IP/07/1147; Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 458; C. Teichmann GPR 2009, 235, 236; Tchotourian (2008) 42 R.J.T. n.s. 483, 512 ff.

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Am 15.2.2005 folgte die Empfehlung 2005/162/EG zu den Aufgaben von nicht ge- 13.7 schäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaf­ ten sowie zu den Ausschüssen des Verwaltungs-/Aufsichtsrats27 (→ 13.35 f., 13.40, 13.49, 13.52, 13.63 ff.). Der im Juli 2007 vorgelegte Bericht zur Umsetzung28 konstatierte zwar insgesamt einen klaren Trend zu strengeren Corporate GovernanceAnforderungen und mehr Transparenz, beklagte aber gleichwohl auch eine Reihe fortbestehender Defizite. Mit der APRL wurden 2006 verbindliche Vorgaben zu Prüfungsausschüssen und 13.8 zum Sachverstand bzgl. der Abschlussprüfung geschaffen, die im Kontext der Reform 2014 (Änderungs-RL 2014/56/EU und neue APVO) nochmals deutlich verschärft wurden (→ 25.55 ff.). Unter dem Eindruck der anhaltenden Finanzkrise verabschiedete die Kommis- 13.9 sion dann am 30.4.2009 zwei weitere, ergänzende Empfehlungen zur Vergütung: Die Empfehlung 2009/385/EG29 betreffend alle börsennotierten Gesellschaften und die Empfehlung 2009/384/EG30 speziell in Bezug auf den Finanzdienstleistungssektor (→ 13.44, 13.66, 13.68, 13.72 ff., 13.80, 13.85, 13.92).

27  Empfehlung 2005/162/EG der Kommission vom 15.02.2005 zu den Aufgaben von nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften sowie zu den Ausschüssen des Verwaltungs-/Aufsichtsrats, ABlEU v. 25.02.2005, L 52/51. Dazu Habersack ZIP 2006, 445, 449 f.; Hopt ZIP 2005, 461, 467 f.; ders. FS Westermann, 2008, S. 1039, 1041 ff.; Kort ZIP 2008, 717, 724 f.; Lennarts (Fn. 24), S. 83, 85 ff.; Lutter EuZW 2009, 799 ff.; ders. FS Wymeersch, 2009, S. 132 ff.; Maul Beil. zu BB 34/2005, 2 ff.; Maul/Lanfermann DB 2004, 2407 ff.; Spindler ZIP 2005, 2033 ff.; Tchotourian (2008) 42 R.J.T. n.s. 483, 507 ff.; speziell zu den Empfehlungen zur Unabhängigkeit: Bürgers/Schiha AG 2010, 221, 222 f., 227 ff.; Diekmann/Bidmon NZG 2009, 1087, 1088 f.; Ernst/Seidler ZGR 2008, 631, 666; Habersack AG 2008, 98, 105 f.; Jaspers AG 2009, 607, 609 f.; Kropff FS K. Schmidt, 2009, S. 1023, 1026 f.; Lüer FS Maier-Reimer, 2010, S. 385, 391 f.; Staake ZIP 2010, 1013, 1015 f.; E. Vetter ZGR 2010, 751, 781 ff.; ders. FS Maier-Reimer, 2010, S. 795, 799 ff. 28  Report on the application by the Member States of the EU of the Commission Recommendation on the role of non-executive or supervisory directors of listed companies and on the committees of the (supervisory) board, SEC(2007) 1021. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 458; Tchotourian (2008) 42 R.J.T. n.s. 483, 510 ff. 29  Empfehlung 2009/385/EG der Kommission v. 30.4.2009 zur Ergänzung der Empfehlungen 2004/913/EG und 2005/162/EG zur Regelung der Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung börsennotierter Gesellschaften, ABlEU v. 15.5.2009, L 120/28. Dazu Arora EBLR 2010 603, 620 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 391 f.; Haberer/ Kraus GeS 2010, 10, 11; Link GPR 2009, 229 ff.; Lutter EuZW 2009, 799, 804; Teichmann GPR 2009, 235, 236 f.; Weber-Rey WM 2009, 2255 f. 30  Empfehlung 2009/384/EG der Kommission v. 30.4.2009 zur Vergütungspolitik im Finanzdienstleistungssektor, ABlEU v. 15.5.2009, L 120/22. Dazu Arora EBLR 2010, 603, 622 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 392; Weber-Rey WM 2009, 2255 f. sowie Antwort der BReg. auf eine kleine Anfrage, BT-Drs. 16/13797.

194

§ 13 Corporate Governance in der EU

13.10

Die 2010 verabschiedete CRD III31 brachte für Kreditinstitute zwingende Vorgaben zur Vergütungspolitik32 sowie eine Pflicht zur Einrichtung eines Vergütungsausschusses33 (→ 13.45, 13.68, 13.72, 13.80). 13.11 Nachdem die Empfehlungen aus dem Jahr 2009 zwar gewisse Fortschritte erzielt hatten, von den Mitgliedstaaten aber nur teilweise umgesetzt worden waren34, sah die Kommission indes weiteren Handlungsbedarf. Am 2.6.2010 präsentierte sie ein Grünbuch „Corporate Governance in Finanzinstituten und Vergütungspolitik“ (Grünbuch 2010)35 und am 5.4.2011 ein Grünbuch „Europäischer Corporate GovernanceRahmen“ (Grünbuch 2011)36. Ende 2010 hatte die Kommission außerdem eine „Reflection Group on the Future 13.12 of EU Company Law“ eingesetzt, deren im April 2011 vorgelegter Bericht37 umfang31  RL 2010/76/EU des EP und des Rates v. 24.11. 2010 zur Änderung der RL 2006/48/EG und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Wiederverbriefungen und im Hinblick auf die aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik, ABlEU v. 14.12.2010, L 329/3. 32  Anhang V Ziff. 23 Banken-RL (RL 2006/48/EG des EP und des Rates v. 14.6.2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung), ABlEU v. 30.6.2006, L 177/1) i.d.F.d. CRD III (Fn. 31). 33  Anhang V Ziff. 24 Banken-RL (Fn. 32) i.d.F.d. CRD III (Fn. 31). 34  Bericht über die Umsetzung der Empfehlung 2009/385/EG der Kommission zur Ergänzung der Empfehlungen 2004/913/EG und 2005/162/EG zur Regelung der Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung börsennotierter Gesellschaften (Empfehlung zur Direktorenvergütung 2009) durch die EU-Mitgliedstaaten, KOM(2010) 285; dazu SEC (2010) 670; Bericht über die Umsetzung der Empfehlung 2009/384/EG der Kommission zur Vergütungspolitik im Finanzdienstleistungssektor (Empfehlung zur Vergütungspolitik im Finanzdienstleistungssektor 2009) durch die EU-Mitgliedstaaten, KOM(2010) 286; dazu SEC (2010) 671. 35  Grünbuch Corporate Governance in Finanzinstituten und Vergütungspolitik, 2.6.2010, KOM(2010) 284 und Begleitdokument SEC(2010) 669. Dazu Armour/Ringe (2011) 48 C.M.L. Rev. 125, 169 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 20102, 3, 8 f.; Buschmann NZG 2011, 87 ff.; Hilgers/Kurta ZBB 2010, 471, 477 ff.; Hopt EuZW 2010, 561; Lehrl BKR 2010, 485, 491 f.; Mülbert ZHR 174 (2010) 375, 377 ff; Weber-Rey ZEW 193 (2011); s. ferner die Stellungnahme des EWSA (ABlEU v. 17.3.2011, C 84/13), die Entschließung des EP v. 11.5.2011 zu der Unternehmensführung in Finanzinstituten, P7_TA (2011)0223, und die Stellungnahme des Bundesrats, BR-Drs. 337/10(B). 36 Grünbuch Europäischer Corporate Governance-Rahmen, 5.4.2011, KOM(2011) 164. Dazu Bachmann WM 2011, 1301 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 9; Böhm GmbHR 2011, R138; BRAK NZG 2012, 96 ff.; Bremer NZG 2011, 459; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2011, 936 ff.; Hennrichs GmbHR 2011, R257 f.; Hopt EuZW 2011, 609 f.; ders. GS Winter, 2011, S. 255 ff.; Institut für Gesellschaftsrecht der Universität zu Köln NZG 2011, 975 ff.; Jahn AG 2011, 454 ff.; Jung BB 2011, 1987 ff.; dies. WM 2013, 2110, 2114 ff.; Möller/Hailer JZ 2012, 841, 842 f.; Peltzer NZG 2011, 961 ff.; Scheffler AG 2011, R262 ff.; Theisen DB 31/2011, M1; Tomasic (2011) 8 ECL 152 ff.; Wilsing ZGR 2012, 291 ff.; Wollmert/Oser/Orth DB 2011, 1432 ff.; s. ferner auch die Stellungnahme des Bundesrats, BRDrs. 189/11(B); Stellungnahme des Bundestages, BT-Drs. 17/6506 (beschlossen: BT-PlPr. 17/13936); Stellungnahme BDI/BDA, 21.7.2011, BDI D 0451; Stellungnahme Regierungskommission DCGK (). 37  Report of the Reflection Group On the Future of EU Company Law, 5.4.2011 ().

§ 13 Corporate Governance in der EU

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reiche Empfehlungen für ein ganzes Spektrum verschiedenster Maßnahmen, u.a. auch im Bereich der Corporate Governance, enthielt. Am 14.11.2012 legte die Kommission anknüpfend an Überlegungen in den Grünbüchern (→ 13.11) einen Vorschlag für eine RL zur Geschlechterbalance vor (→ 13.60 f.). Die mit der Einsetzung der Reflection Group gestartete neue Phase der Harmonisierung mündete in den von der Kommission am 12.12.2012 präsentierten „Aktionsplan Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate Governance – ein moderner Rechtsrahmen für engagiertere Aktionäre und besser überlebensfähige Unternehmen“ (Aktionsplan 2012)38, der neben vielen kerngesellschaftsrechtlichen auch zahlreiche Maßnahmen im Bereich der Corporate Governance vorsah. In diesem Kontext gab die Kommission auch eine Studie zu den Pflichten und der Haftung von directors39 in Auftrag, die im April 2013 veröffentlicht wurde und eine Reihe von Problemen identifizierte. Für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen brachte das CRD IV-Paket (CRR & CRD IV, → 14.145) zum 1.1.2014 neue Regeln zur Vergütung (Art. 92 ff. CRD IV, Art. 450 CRR, → 13.80 ff., 13.91) und zur Corporate Governance (Art. 88, 91 CRD IV, → 13.36, 13.41, 13.45, 13.48, 13.50, 13.56, 13.68 f., 13.72, 13.80 ff., 13.91). In ihrem hierzu im Juli 2016 vorgelegten Bericht40 gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Vorschriften zwar im Allgemeinen Wirkung zeigten, es aber ggf. einer Nachjustierung im Hinblick auf ihre Anwendung auf die kleinsten und am wenigsten komplexesten Institute bedürfe. Am 9.4.2014 präsentierte die Kommission in Anknüpfung an den Aktionsplan 2012 (→ 13.14) ein Paket zur Optimierung des Unternehmensumfelds, bestehend aus: (i) einem Vorschlag zur Änderung der ARRL (der dann zur Änderung der ARRL durch die RL (EU) 2017/828 führte, → 13.21, 29.5), (ii) der „Comply or Explain“Empfehlung 2014/208/EU (→ 13.32 f.) und (3) einem Vorschlag für eine Neufassung

Vgl. dazu Bachmann WM 2011, 1301 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 13 f; Hansen N&ECL 10–15; Lenoir/Conac D. 2011, 1808; J. Schmidt GmbHR 2011, R177 f.; s. ferner speziell zum Konzernrecht: Chiapetta/Tombari ECFR 2012, 261 ff.; Drygala AG 2013, 198 ff.; Ekkenga AG 2013, 181 ff.; Teichmann AG 2013, 184 ff. 38  Mitteilung der Kommission an das EP, den Rat, den EWSA und den AdR. Aktionsplan: Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate Governance – ein moderner Rechtsrahmen für engagiertere Aktionäre und besser überlebensfähige Unternehmen, KOM(2012) 740. Dazu Bayer NZG 2013, 1, 15 f.; Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 12 ff.; Behrens EuZW 2013, 121 f.; Bremer NZG 2013, 3, 20 f.; Hopt ZGR 2013, 165 ff.; ders. EuZw 2013, 481 ff.; Hupka GWR 2013, 342477; Kalss EuZW 2013, 361 f.; C. Müller GmbHR 2013, R25; Müller-Graff ZHR 177 (2013) 563 ff.; Reflection Group ECFR 2013, 304 ff.; J. Schmidt GmbHR 2013, R33 f.; Roesener NZG 2013, 241 ff.; Teichmann BB 3/2013, I; Verse EuZW 2013, 336, 342 ff.; Wilsing FAZ v. 13.2.2013, S. 19. 39  Gerner-Beuerle/Paech/Schuster, Study on directors‘ duties and liabilities, April 2013 (). 40  Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat. Bewertung der Vergütungsbestimmungen der RL 2013/36/EU und der VO (EU) Nr. 575/2013, COM(2016) 510.

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13.20 13.21

§ 13 Corporate Governance in der EU

der EpGRL und Schaffung einer Societas Unius Personae (SUP) (→ 27.5, 27.10, 27.27, 27.35, 27.40, 47.1, 47.91 ff.). Mit der am 22.10.2014 verabschiedeten CSR-RL (→ 23.10) wurde eine Pflicht zur Aufnahme von Angaben zum Diversitätskonzept in den (Konzern-)Lagebericht eingeführt (→ 13.57, 23.37 ff., 23.50). Im Oktober 2014 präsentierte die Kommission in Anknüpfung an den Aktionsplan 2012 (→ 13.14) außerdem eine Studie zur Förderung der Mitarbeiterbeteiligung (→ 13.100). Im Frühjahr 2015 hat die Kommission eine Informal Company Law Expert Group (ICLEG) eingesetzt, die sie bei den Follow-up-Maßnahmen zum Aktionsplan 2012 (→ 13.14) und sonstigen Maßnahmen auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts unterstützen soll.41 Die aus insgesamt 14 Experten bestehende Gruppe tagt mehrmals jährlich und hat neben zwei Berichten zu konzernrechtlichen Fragen (→ 12.25 ff.) u.a. auch einen Bericht zur Digitalisierung im Gesellschaftsrecht (→ 13.102 ff.) vorgelegt. 2015/16 wurde eine Konsultation zu langfristigen und nachhaltigen Investments durchgeführt (→ 13.101). Die RL (EU) 2017/828 zur Änderung der ARRL brachte u.a. in Art. 9a, 9b ARRL n.F. neue Regelungen zu „say on pay“, Vergütungspolitik und Vergütungsbericht (→ 13.94, 29.112 ff.).

II.  Leitungssysteme 1.  Status quo in den Mitgliedstaaten 13.22 Nach dem Scheitern des Projekts einer 5. (Struktur)-RL (→ 9.47 f.) sind die Leitungssysteme der Gesellschaften bis heute nicht harmonisiert. In den Mitgliedstaaten existieren im Wesentlichen drei Typen von Leitungssystemen: Das dualistische System (→ 13.23), das monistische System (→ 13.24) sowie die nordischen Hybridsysteme (→ 13.25); einige Mitgliedstaaten gewähren den Gesellschaften aber auch ein Wahlrecht zwischen verschiedenen Systemen (→ 13.26).42 13.23 Das dualistische System, wie es z.B. im deutschen und österreichischen Aktienrecht zwingend vorgeschrieben ist, wird durch eine funktionale und personelle Trennung von Leitungs- und Aufsichtsorgan charakterisiert.43 Das Leitungsorgan leitet die Gesellschaft unter eigener Verantwortung (vgl. § 76 Abs. 1 AktG, § 70 Abs. 1 öAktG); das Aufsichtsorgan ist zuständig für die Bestellung und Abberufung der Mitglieder des Leitungsorgans (vgl. § 84 AktG, § 75 öAktG) und überwacht die Geschäftsführung (vgl. § 111 Abs. 1 AktG, § 95 Abs. 1 öAktG).

41  Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1737. 42  Überblick über die verschiedenen Systeme in den Mitgliedstaaten bei: Gerner-Beuerle/ Paech/Schuster (Fn. 39), S. 3 ff.; Roth/Kindler S. 88 ff. 43  Vgl. nur Hopt/Leyens ECFR 2004, 135, 141.

§ 13 Corporate Governance in der EU

197

Im monistischen System existiert nur ein von der Haupt- bzw. Gesellschafterver- 13.24 sammlung gewähltes Verwaltungsorgan (board), das Leitungs- und Kontrollfunktion in sich vereint.44 Als klassisches Beispiel wird meist das UK genannt.45 Wenngleich englische Gesellschaften rechtstatsächlich traditionell monistisch strukturiert sind, schreibt das englische Gesellschaftsrecht diese Struktur jedoch nicht zwingend vor.46 Im Übrigen lässt sich ohnehin insofern von einer Konvergenz der Systeme sprechen, als heute auch in England zwischen executive und non-executive directors differenziert wird.47 In den nordischen Gesellschaftsrechten existiert ein Hybridsystem: Es gibt zwar 13.25 ein Geschäftsführungs- und ein Aufsichtsorgan; ein geschäftsführender Direktor kann jedoch zugleich auch Mitglied des Aufsichtsorgans sein und das Aufsichtsorgan kann den geschäftsführenden Direktoren rechtlich bindende Weisungen erteilen.48 Schließlich gibt es auch Mitgliedstaaten, die den Gesellschaften ein Wahlrecht 13.26 zwischen verschiedenen Systemen gewähren. So existiert etwa in Frankreich ein Wahlrecht zwischen monistischem System (Art. L225-17 ff. C. com.) und dualistischem System (Art. L225-57 ff. C. com.).49 In Italien kann seit 2004 sogar zwischen drei verschiedenen Strukturen gewählt werden.50 2.  Das Wahlrecht bei SE und SCE Bei der SE und der SCE gewährt der Europäische Gesetzgeber den Gesellschaften 13.27 ein Wahlrecht zwischen monistischem und dualistischem System (→ 45.91, 45.94 ff., 46.56 f.). 3.  Wahlrecht auch für alle nationalen Gesellschaften? Der Aktionsplan 2003 (→ 5.43, 13.4) hatte – im Anschluss an eine entsprechende 13.28 Empfehlung der High Level Group51 − als mittelfristige Priorität die Einführung ei44  Vgl. nur Cromme FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 283, 285; Hopt ZHR 175 (2011) 444, 467. 45  Vgl. etwa Burbidge (2005) 16 ICCLR 291, 292; Jungmann ECFR 2006, 426, 427; Salacuse (2004) 25 Co Law 69, 79; Yavasi (2001) 22 Co Law 47, 47 f. 46  Vgl. nur Gower 14-65; Hopt ZHR 175 (2011) 444, 467; Leyens FS Hopt, 2010, S. 3135, 3140 ff.; J. Schmidt, SE, S. 477 f. m.w.N. 47 Vgl. Cromme FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 283, 285; Davies ZGR 2001, 268, 292; Fleischer AcP 204 (2004) 502, 527 f.; Hopt EuZW 2016, 201, 202; Hopt/Leyens ECFR 2004, 135, 160 f.; Leyens RabelsZ 67 (2003) 61; Raaijmakers (2004) 5 EBOR 159, 191; J. Schmidt, SE, S. 478. 48  Näher dazu Hansen, in: Hommelhoff/Lutter/Teichmann (Hrsg.), Corporate Governance im grenzüberschreitenden Konzern, 2016, S. 101, 113 ff.; Lekvall (ed.), The Nordic Corporate Governance Model, 2014, S. 22 ff. 49 Vgl. Roth/Kindler S. 91; J. Schmidt ZHR 181 (2017) 43, 63 Fn. 144. 50  Näher dazu Ghezzi/Malberti ECFR 2008, 1 ff.; Kindler ZEuP 2012, 72, 73 ff.; Luciano RIW 2017, 351, 352 f.; Roth/Kindler S. 88 ff.; Venturuzzo ECFR 2005, 207, 255 ff. 51  Vgl. Bericht High Level Group (Fn. 6), S. 63.

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nes Wahlrechts zwischen monistischem und dualistischem System für alle börsennotierten Gesellschaften vorgesehen.52 Nachdem sich dann jedoch i.R.d. Konsultation zu den Prioritäten des Aktionsplans53 nur rund 38 % der Marktteilnehmer für, aber ebenso viele gegen eine solche obligatorische Wahlfreiheit ausgesprochen hatten, wurde das Projekt zunächst nicht mehr weiterverfolgt. 2011 sprach sich dann zwar die Reflection Group (→ 5.61, 13.12) dezidiert da13.29 für aus, zumindest nicht börsennotierten Gesellschaften Wahlfreiheit im Hinblick auf die Leitungsstruktur einzuräumen, und zwar nicht nur zwischen monistischem und dualistischem System, sondern auch zugunsten von Hybridformen.54 Dies fand aber keinen Eingang in den Aktionsplan 2012 (→ 5.68, 13.14)55 und wurde seitdem von der Kommission auch nicht wieder thematisiert. Mit Blick auf die sich zunehmend durchsetzende Erkenntnis, dass letztlich keines 13.30 der beiden Systeme per se überlegen ist56 (sondern es vielmehr maßgeblich auf die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Gesellschaft ankommt57) sowie vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen mit einem solchen Wahlrecht in vielen nationalen Rechtsordnungen (→ 13.26) und nun speziell auch bei der SE (→ 45.91, 45.94 ff.)58 ist dies äußerst bedauerlich. Wie nicht zuletzt auch die Paralleldiskussion um die Einführung eines solchen Wahlrechts in Deutschland i.R.d. 67. DJT 200859 anschaulich zeigte60, scheinen insofern – zumindest derzeit – die reaktionären, auf die Wahrung des eigenen (häufig als überlegen empfundenen) nationalen Systems bedachten Kräfte wohl leider (noch) die Oberhand zu haben. Auf lange Sicht werden sich aber sowohl der europäische als auch der deutsche Gesetzgeber dem vom Vorbild vieler nationaler Rechtsordnungen und speziell der SE ausgehenden Druck zur Schaffung eines gene-

52  Aktionsplan 2003 (Fn. 8), 3.1.3 (S. 18 f.) und Anh. 1 (S. 29). 53 Vgl. Summary Report (, S. 18. 54  Vgl. Bericht Reflection Group (Fn. 37), S. 55 f. 55 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 16. 56 Vgl. Baums, Bericht der Regierungskommission „Corporate Governance“, BT-Drs. 14/7515, Rn. 18; Fleischer AcP 204 (2004) 502, 527; Hopt ZHR 175 (2011) 444, 468; Jungmann ECFR 2006, 426, 473; Leyens RabelsZ 67 (2003) 57, 96; Reichert AG 2016, 677, 680; Schiessl ZHR 167 (2003) 235, 250; J. Schmidt (2010) 1 (2) AJLE article 4, 6 f.; dies. ZHR 181 (2017) 43, 62; Teichmann ZGR 2001, 645, 675. 57  Vgl. auch J. Schmidt (2006) 27 Co Law 99, 103; dies. (2010) 1 (2) AJLE article 4, 6 f.; dies. ZHR 181 (2017) 62 f.; s. ferner auch Hopt EuZW 2016, 201, 202. 58  Vgl. dazu erst kürzlich Reichert AG 2016, 677, 681. 59  Vgl. dazu nur J. Schmidt (2008) 9 EBOR 637, 646 ff. m.w.N.; allg. zum 67. DJT speziell auch Bayer, Stärkere Differenzierungen zwischen börsennotierten und nichtbörsennotierten Aktiengesellschaften? − 67. DJT (2008) −, in: Bayer (Hrsg.), Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in den Beratungen des Deutschen Juristentages, 2010, S. 693 ff. 60  Der 69. DJT hat sich dann jedoch dezidiert für die Einführung eines Wahlrechts ausgesprochen, vgl. Beschlüsse der Abteilung Wirtschaftsrecht des 69. DJT 2012, Nr. 19 ().

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rellen Wahlrechts, wie es im Schrifttum61 und auch vom EP62 bereits seit langem zu Recht nachdrücklich gefordert wird, kaum entziehen können.63 So sieht etwa auch der 2017 veröffentlichte EMCA (→ 12.33 ff.) ein Wahlrecht zwischen monistischem und dualistischem System vor, lässt darüber hinaus aber auch Hybridsysteme zu.64

III.  Transparenz der Corporate Governance 1.  Corporate Governance Statement Um das Vertrauen in die Integrität der Unternehmensführung zu stärken65, wurde im 13.31 Anschluss an den Aktionsplan 2003 (→ 5.43, 13.4) durch die RL 2006/46/EG (→ 23.7) eine Pflicht für kapitalmarktorientierte public interest entities (PIE)66 eingeführt, ein Corporate Governance-Statement (Erklärung zur Unternehmensführung) in den Lagebericht aufzunehmen (ursprünglich in Art. 46a der 4. (Bilanz-)RL, nun in Art. 20 EU-Bilanz-RL); → 23.41 ff. 2.  „Comply or Explain“-Empfehlung 2014/208/EU Wie im Aktionsplan 2012 (→ 5.68, 13.14) angekündigt67, verabschiedete die Kommis- 13.32 sion am 9.4.2014 als zweiten Bestandteil ihres „Optimierungspakets“ (→ 13.16) eine „Comply or Explain“-Empfehlung68 (→ 13.16). Sie soll den Mitgliedstaaten, den für 61  Für das europäische Recht etwa: Habersack ZIP 2006, 445, 450; Hopt FS Westermann, 2008, S. 1039, 1051 f.; van Hulle/S. Maul ZGR 2004, 484, 494; Wiesner ZIP 2003, 977, 979; für Deutschland etwa: Beschlüsse der Abteilung Wirtschaftsrecht des 69. DJT 2012, Nr. 19 (Fn. 60); Bayer, Gutachten E zum 67. Deutschen Juristentag, 2008, E 113; Eidenmüller/ Engert/Hornuf AG 2009, 845, 854; Fleischer AcP 204 (2004) 502, 528; Group of German Experts on Corporate Law ZIP 2003, 863, 869; Handelsrechtsausschuss des DAV ZIP 2003, 1909, 1911; Hopt, in: Hommelhoff u.a. (Hrsg.), Corporate Governance, 2002, S. 27, 45 ff.; ders. ZHR 175 (2011) 444, 468; ders. EuZW 2016, 201; Lieder (2010) 11 GLJ 115, 157; Reichert AG 2016, 677, 680 f.; Schiessl ZHR 167 (2003); 235, 256 J. Schmidt (2008) 9 EBOR 637, 647 f.; dies., Grundlegende Reform des Aktienrechts? − 34. DJT (1926) −, in: Bayer (Hrsg.), Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in den Beratungen des Deutschen Juristentages, 2010, S. S. 259, 281 f.; J. Schmidt ZHR 181 (2017) 43, 62 f.; Verse EuZW 2013, 336, 343. 62  Vgl. Entschließung des EP zu den jüngsten Entwicklungen und den Perspektiven des Gesellschaftsrechts v. 4.7.2006, ABlEU v. 13.12.2006, C 303 E/114, Ziff. 26. 63  Vgl. für Deutschland: Bayer (Fn. 61), E 113; J. Schmidt (2008) 9 EBOR 637, 648; dies. (Fn. 61), S. 259, 281 f. 64  Vgl. dazu J. Schmidt ZHR 181 (2017) 43, 62 ff. 65  Vgl. ErwG 10 RL 2006/46/EG. 66  Zum Begriff PIE → 23.24, 25.12. 67  Vgl. Aktionsplan 2012 (Fn. 38), 2.2. 68  Empfehlung 2014/208/EU der Kommission v. 9.4.2014 zur Qualität der Berichterstattung über die Unternehmensführung („Comply or Explain“), ABlEU v. 12.4.2014, L 109/43. Dazu AKEIÜ DB 2016, 395, 399 f.; Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1222; Lanfermann/ Maul BB 2014, 1283 ff.; Leyens ZEuP 2016, 388, 408 ff.; Mense/Klie GWR 2014, 232 ff.;

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die nationalen Corporate-Governance-Kodizes zuständigen Stellen, den Unternehmen und sonstigen Betroffenen Leitlinien für die Erstellung des Corporate Governance Statements gem. Art. 20 EU-Bilanz-RL (→ 13.31, 23.41 ff.) an die Hand geben (vgl. Ziff. 1). So soll speziell die bislang vielfach als defizitär empfundene Qualität der Begründungen von Abweichungen vom maßgeblichen Kodex verbessert werden.69 13.33 Herzstück der Empfehlung ist Ziff. 8: Danach sollen die Unternehmen deutlich angeben, von welchen Einzelempfehlungen sie abweichen und für jede Abweichung Folgendes spezifizieren: „Wie“ und Gründe der Abweichung; Beschreibung des internen Entscheidungswegs zugunsten der Abweichung; bei zeitlich befristeten Abweichungen den Zeitpunkt der beabsichtigten (Wieder-)Befolgung; etwaige Ersatzmaßnahmen und deren Erläuterung. Diese Angaben sollen hinreichend klar, präzise und umfassend sein und auch auf die Spezifika des Unternehmens eingehen (Ziff. 9); zudem sollten die Begründungen für die Abweichungen gut erkennbar präsentiert – also nicht „versteckt“ – werden (Ziff. 10). In Deutschland wurde in § 161 AktG bereits 2009 durch das BilMoG (→ 23.15) 13.34 eine Begründungspflicht ergänzt.70 Die detaillierten Vorgaben der Kommissionsempfehlung im Hinblick auf die Begründung von Abweichungen wurden in Wissenschaft und Praxis allerdings verbreitet als zu weitgehend bzw. partiell sogar als kontraproduktiv kritisiert.71 Diese Kritik vermag indes nur eingeschränkt zu überzeugen. Dass § 161 AktG zwingend eine kurze und prägnante Begründung verlange72, lässt sich dem Wortlaut nicht und auch dem Normzweck nur eingeschränkt entnehmen.73 Denn eine ausführliche Begründung führt nicht per se zum „information overkill“.74 Entscheided ist vielmehr, dass die Begründung präzise und verständlich formuliert ist.75 Genau dies ist aber auch die Stoßrichtung von Ziff. 8 f. Empfehlung 2014/208/EU.76

Regierungskommission DCGK, Stellungnahme v. 30.1.2015 (); Seibt DB 2014, 1910 ff.; von Werder DB 2015, 847 ff. 69  Vgl. ErwG 8 Empfehlung 2014/208/EU. 70  Vgl. dazu BegrRegE z. BilMoG, BR-Drs. 344/08, S. 227. 71 Vgl. Lanfermann/Maul BB 2014, 1283, 1290; Leyens ZEuP 2016, 388, 411 ff.; Mense/Klie GWR 2014, 232, 234; Regierungskommission DCGK (Fn. 68), S. 3 ff.; Seibt DB 2014, 1910, 1918; von Werder DB 2015, 847, 850 ff. 72  So K. Schmidt/Lutter/Spindler § 161 Rn. 42. 73  Vgl. Spindler/Stilz/Bayer/Scholz § 161 Rn. 61. 74  Vgl. Spindler/Stilz/Bayer/Scholz § 161 Rn. 61. 75  Vgl. Spindler/Stilz/Bayer/Scholz § 161 Rn. 61 f.; ähnlich auch Hüffer/Koch § 161 Rn. 18; GroßkommAktG/Leyens Rn. 338 ff. 76  Vgl. Spindler/Stilz/Bayer/Scholz § 161 Rn. 61.

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IV.  Gesellschaftsorgane 1.  Zusammensetzung und Rolle des Vorsitzenden a)  Balance von geschäftsführenden und nicht geschäftsführenden Organmitgliedern Ziff. 3.1 der Empfehlung 2005/162/EG (→ 13.7) fordert für börsennotierte Gesell- 13.35 schaften eine Balance von geschäftsführenden und nicht geschäftsführenden Mitgliedern.77 Um einen ordnungsgemäßen Umgang mit Interessenkollisionen zu gewährleisten, verlangt Ziff. 4 für den Verwaltungs-/Aufsichtsrat zudem eine ausreichende Zahl unabhängiger nicht geschäftsführender Mitglieder (zur Unabhängigkeit → 13.52 ff.). b)  Kombination von chairman und CEO und Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat Als problematisch mit Blick auf die notwendige Objektivität (aber auch unter dem 13.36 Aspekt der „Machtfülle“) erachtet die Kommission jedoch speziell auch die Kombination von chairman und chief executive officer (CEO) im monistischen System sowie den unmittelbaren Wechsel vom CEO zum chairman (monistisches System) bzw. vom Vorstands- in den Aufsichtsratsvorsitz (dualistisches System). Mit Blick darauf, dass derartige Kombinationen durchaus auch vorteilhaft sein können und die daher auch sehr kontroverse Debatte um die gesamte Problematik wurde allerdings davon abgesehen, ein generelles Verbot zu empfehlen;78 Ziff. 3.2 der Empfehlung 2005/162/EG (→ 13.7) sieht als „best practice“ aber zumindest Informationen über die getroffenen Schutzvorkehrungen vor. Im Grünbuch 2011 (→ 13.11) wurde zwar eine zwingende Trennung der Funktionen von chairman und CEO erwogen79, dies wurde aber nicht umgesetzt. Durch Art. 88 Abs. 1 UAbs. 2 lit. e CRD IV wurde allerdings für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen das Erfordernis einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung für die Kombination von chairman und CEO in einer Person eingeführt. Vor diesem Hintergrund überrascht denn auch nicht, dass die mitgliedstaatlichen 13.37 Umsetzungen der Empfehlung 2015/162/EG (→ 13.7) erheblich divergieren.80 In Deutschland wurde und wird die Thematik ebenfalls sehr kontrovers diskutiert. 2005 wurde zunächst nur eine Empfehlung in Ziff. 5.4.4 DCGK aufgenommen, wonach der

77  Die Regelung ist ersichtlich an den UK Combined Code angelehnt (vgl. A3 Main Principle i.d.F.v. 2003; der neue UK Corporate Governance Code 2016 formuliert allerdings etwas anders, vgl. B.1 Supporting Principles). 78 Vgl. Konsultationsdokument (), 2.2.3. 79  Vgl. KOM(2011) 164, 1. (S. 5 f.). 80  Vgl. im Einzelnen SEC(2007) 1021, 4.2.1 und Annex 2.

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direkte Wechsel nicht die Regel sein und besonders begründet werden sollte81; mit dem VorStAG82 wurde dann jedoch 2009 in § 100 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AktG eine gesetzliche „cooling off“-Periode von 2 Jahren83 eingeführt84 und Ziff. 5.4.4 DCGK entsprechend angepasst85. Für Finanzdienstleistungsinstitute und Versicherungsunternehmen wurde 2009 durch das FM/VAStärkG86 bestimmt, dass dem Verwaltungs-/Aufsichtsorgan maximal zwei ehemalige Geschäftsleiter angehören dürfen (§ 36 Abs. 3 S. 5 KWG a.F. bzw. § 7a Abs. 4 S. 3 VAG a.F.)87; heute finden sich diese Regelungen in § 25d Abs. 3 S. 1 Nr. 288, 3a Nr. 289 KWG bzw. § 24 Abs. 4 S. 1 VAG90. c)  Bestellung und Entlassung nicht geschäftsführender Direktoren und Aufsichtsratmitglieder 13.38 Um eine hinreichende, andererseits aber auch nicht zu häufige „Erneuerung“ zu gewährleisten, empfiehlt Ziff. 10 der Empfehlung 2005/162/EG (→ 13.7) für nicht geschäftsführende Direktoren und Aufsichtsratsmitglieder eine fixe Bestelldauer (ohne jedoch deren genaue Länge vorzugeben) unter Möglichkeit einer Wiederbestellung. Zudem soll die Entlassung nicht einfacher sein als bei einem geschäftsführenden Direktor bzw. Vorstandsmitglied. Beides ist im deutschen Recht ohnehin seit jeher Standard (vgl. §§ 102, 103 AktG). Zu Erfordernis und Rolle eines Nominierungsausschusses → 13.63 ff., 13.69. 13.39

81  Vgl. dazu Lieder, Aufsichtsrat, S. 718 ff. 82 Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) v. 31.7.2009, BGBl. I, 2509. 83  Während Ziff. 5.4.4 DCGK a.F. nur den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsratsvorsitz bzw. den Vorsitz eines Aufsichtsratsausschusses erfasste, erstreckt sich § 100 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AktG auf jeglichen Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat, enthält allerdings eine Ausnahme für den Fall, dass die Wahl auf Grund eines Aktionärsvorschlags mit einem Quorum von 25 % der Stimmen erfolgt. 84  Dazu näher Bericht Rechtsausschuss, BT-Drs. 16/13433, S. 11; Fleischer NZG 2009, 801, 806; Gaul AG 2015, 742 ff.; Hoffmann-Becking/Krieger Beil. NZG 26/2009, 1, 7 f.; Krieger FS Hüffer, 2010, S. 521 ff.; Lieder (2010) 11 GLJ 115, 135 ff.; Schulenburg/Brosius WM 2011, 58 ff.; Seibert WM 2009, 1489, 1492 f.; Sünner AG 2010, 111 ff.; Thüsing AG 2009, 517, 528; E. Vetter FS Maier-Reimer, 2010, S. 795, 804 f.; von Werder Zfbf 2011, 48, 57. 85  Vgl. Bericht der Regierungskommission Deutscher Corporate Kodex an die Bundesregierung, Nov. 2010 (), S. 30 ff.; Hecker BB 2009, 1654, 1657 f.; K/B/L/W/Kremer Rn. 1409 ff.; Lieder (2010) 11 GLJ 115, 138; Weber-Rey WM 2009, 2255, 2262 f. 86  Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- und Versicherungsaufsicht v. 29.7.2009, BGBl. I, 2305. 87  Vgl. dazu BegrRegE z. FM/VAStärkG, BT-Drs. 16/12783, S. 16; Hasse VersR 2010, 18, 24; Lehrl BKR 2010, 485, 498. 88  Eingeführt durch das CRD IV-UmsG (→ 14.146). 89  Eingeführt durch das Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes v. 15.7.2014, BGBl. I, 934. 90  Eingeführt durch Gesetz zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen v. 1.4.2015, BGBl. I, 434.

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2.  Profil der Organmitglieder a)  Fachliche Kompetenz aa)  Allgemeine Anforderungen für Organmitglieder (1)  Börsennotierte Gesellschaften Besondere Bedeutung maß schon die Empfehlung 2005/162/EG (→ 13.7) der Ge- 13.40 währleistung der fachlichen Kompetenz der Organmitglieder bei. Vor dem Hintergrund der je nach Unternehmensbranche, -größe etc. höchst unterschiedlichen Anforderungen wurde allerdings bewusst auf spezielle Vorgaben hinsichtlich der generellen Qualifikation aller Organmitglieder verzichtet.91 Ziff. 11.1 sieht jedoch vor, dass die Mitglieder des Verwaltungs-/Aufsichtsrats jedenfalls in ihrer Gesamtheit über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Fachkenntnisse, Urteilsfähigkeiten und Erfahrungen verfügen sollen. Mit Blick darauf soll der Verwaltungs-/Aufsichtsrat selbst im Hinblick auf Struktur und Tätigkeitsfeld der Gesellschaft seine Idealbesetzung festlegen und regelmäßig überprüfen. Neue Organmitglieder sollen eine Art „Einführungslehrgang“ erhalten; ferner soll jährlich die Notwendigkeit einer etwaigen Auffrischung der Kenntnisse geprüft werden (Ziff. 11.3). Ziff. 11.4 empfiehlt die Offenlegung der Kompetenz der Kandidaten im Vorfeld der Bestellung sowie eine jährliche Offenlegung der Kompetenzen aller Organmitglieder. Letzteres ist mit der Pflicht zu Angaben zur Organzusammensetzung im Corporate Governance-Statement (→  13.31, 23.41 ff.) inzwischen sogar zwingend. (2)  Sonderregelungen für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen Art. 91 Abs. 1 S. 1 und 2 CRD IV (→ 14.145) bestimmen, dass die Mitglieder des 13.41 Leitungsorgans92 von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen allzeit ausreichend gut beleumundet sein und ausreichende Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrung für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben besitzen müssen; ferner muss die Zusammensetzung des Leitungsorgans insgesamt ein angemessen breites Spektrum an Erfahrung widerspiegeln. Gem. Art. 91 Abs. 7 CRD IV müssen die Mitglieder des Leitungsorgans zudem kollektiv über die zum Verständnis der Tätigkeit des Instituts samt seiner

91  Vgl. Erwägungsgrund 16 S. 1. 92  „Leitungsorgan“ (managament body) ist nach der Legaldefinition in Art. 3 Abs. 1 Nr. 7 CRD IV das Organ oder die Organe eines Instituts, das (die) nach nationalem Recht bestellt wurde (wurden) und befugt ist (sind), Strategie, Ziele und Gesamtpolitik des Instituts festzulegen und die Entscheidungen der Geschäftsleitung zu kontrollieren und zu überwachen, und dem die Personen angehören, die die Geschäfte des Instituts tatsächlich führen.

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Hauptrisiken notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrung verfügen; dies soll gem. Art. 91 Abs. 12 lit. b CRD IV durch Leitlinien der EBA93 weiter konkretisiert werden. bb) Ausschussmitglieder (1)  Mitglieder des Prüfungsausschusses 13.42 Besonderheiten gelten für den Prüfungsausschuss (zu Erfordernis und Funktion → 13.63 ff., 13.71): Vor dem Hintergrund der großen Bilanzskandale erschien der Kommission eine spezielle fachliche Qualifikation hier unabdingbar94. Ziff. 11.2 empfiehlt daher, dass seine Mitglieder in ihrer Gesamtheit über für die Tätigkeit der Gesellschaft relevante, zeitnahe und einschlägige Kenntnisse im Bereich Finanzen und Rechnungslegung börsennotierter Gesellschaften verfügen. Dies wurde für PIE zwischenzeitlich durch Art. 41 Abs. 1 UAbs. 1 S. 3 APRL 13.43 a.F. und nun durch Art. 39 Abs. 1 UAbs. 2, 3 APRL überlagert; danach ist zwingend ein Finanzexperte sowie Sektorkenntnis aller Ausschussmitglieder erforderlich, → 25.57. (2)  Mitglieder des Vergütungsausschusses 13.44 Besonderheiten gelten zudem für den Vergütungsausschuss (zu Erfordernis und Funktion → 13.63 ff., 13.66, 13.68). Ziff. 7.1 der Empfehlung 2009/385/EG (→ 13.9) empfiehlt hier mindestens einen „Vergütungsexperten“. Für Kreditinstitute wurden durch die CRD III (→ 13.10) Vorgaben in Anhang V 13.45 Ziff. 2 der Banken-RL95 aufgenommen. Heute verlangt Art. 95 Abs. 1 S. 2 CRD IV (→ 14.145), dass der Vergütungsausschuss von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen so zu konstituieren ist, dass er die Vergütungspolitik und -praxis und die für das Risiko-, Kapital- und Liquiditätsmanagement geschaffenen Anreize sachkundig und unabhängig bewerten kann.

93 EBA und ESMA haben im Oktober 2016 eine Konsultation dazu gestartet: ESMA/2016/1529. 94  Vgl. ErwG 16 S. 2 Empfehlung 2005/162/EG. 95  Fn. 32.

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cc)  Deutsches Recht Für das deutsche Recht96 war das Erfordernis ausreichender Fachkompetenz an sich 13.46 nichts Neues; es ist spätestens seit dem Hertie-Urteil des BGH97 allgemein anerkannt98 und Ziff. 5.4.1 Abs. 1 DCGK enthält seit 2002 eine entsprechende Empfehlung99. Seit 2010 empfiehlt der DCGK ferner, dass die Gesellschaft die Aufsichtsratsmitglieder bei der Wahrnehmung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen angemessen unterstützen soll (ursprünglich Ziff. 5.4.1 Abs. 4, seit 2012 Ziff. 5.4.5 Abs. 2 DCGK).100 Speziell in Bezug auf den Prüfungsausschuss gilt die allgemeine Empfehlung der 13.47 Bildung „fachlich qualifizierter Ausschüsse“ (Ziff. 5.3.1 S. 1 DCGK).101 2005 wurde zudem in Ziff. 5.3.2 S. 2 DCGK ergänzt, dass der Vorsitzende über besondere Kenntnisse und Erfahrungen in der Anwendung von Rechnungslegungsgrundsätzen und internen Kontrollverfahren verfügen soll.102 Zur Umsetzung der Vorgaben der APRL für den Prüfungsausschuss von PIE → 25.59. Für Kreditinstitute, Wertpapierfirmen und Versicherungsunternehmen wurde 13.48 durch das FM/VAStärkG103 sogar generell ein besonderes Sachkundeerfordernis eingeführt (§ 36 Abs. 3 S. 1 KWG a.F. bzw. § 7a Abs. 4 S. 1 VAG a.F.).104 Heute findet sich diese Vorgabe in § 25d Abs. 1 S. 1 KWG105 bzw. § 24 Abs. 1 VAG106. Mit § 6 Abs. 2 InstitutsVergV a.F.107 wurden 2010 zudem Vorgaben zu den Mitgliedern des  96 Vgl. zur seit Ende des 19. Jh. andauernden Debatte um die fachliche Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder in Deutschland: J. Schmidt, Der Aufsichtsrat in der Diskussion 28. DJT (1906) −, in: Bayer (Hrsg.), Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in den Beratungen des Deutschen Juristentages, 2010, S. 159, 174, 187 ff. m.z.w.N. sowie ausf. Lieder, Aufsichtsrat, S. 226 f., 723 ff.  97 BGHZ 85, 293 („Hertie“).  98 Vgl. nur K. Schmidt/Lutter/Drygala § 100 Rn. 30 m.w.N.; näher zu den sich daraus ergebenden Anforderungen speziell Lutter DB 2009, 775, 778 f.; ders. EuZW 2009, 799, 801 f.; ders. FS Wymeersch, 2009, S. 132, 139 f.  99 Dazu näher K/B/L/W/Kremer Rn. 1314 ff.; zur redaktionellen Neufassung 2010: Hecker/ Peters BB 2010, 2251, 2255 f.; Ringleb/Kremer/Lutter/von Werder NZG 2010, 1161, 1165. 100 Vgl. dazu DCGK-Bericht 2010 (Fn. 85), S. 27 f.; K/B/L/W/Kremer Rn. 1423 ff.; Buhleier/ Splinter Board 2011, 26, 27; Hecker/Peters BB 2010, 2251, 2256; Kiefner/Friebel AG 2011, R74 f. 101 Vgl. K/B/L/W/Kremer Rn. 1303. 102 Dazu näher K/B/L/W/Kremer Rn. 1298; Lieder NZG 2005, 569, 573 f. 103 Fn.  86. 104 Vgl. dazu Begr. Finanzausschuss, BT-Drs. 16/13684, S. 40 f.; Berger VersR 2010, 422 ff.; Bürkle VersR 2010, 1005 ff.; Dreher ZGR 2010, 496, 508 ff.; Hasse VersR 2010, 18, 22 ff.; Hilgers/Kurta ZBB 2010, 471 ff.; Hingst/Himmelreich/Krawinkel WM 2009, 2016, 2018 ff.; Lehrl BKR 2010, 485, 493 ff.; Lutter EuZW 2009, 799, 802; Peltzer NZG 2009, 1041, 1042; J. Schmidt (Fn. 96), S. 159, 189. 105 Eingeführt durch das CRD IV-UmsG (→ 14.146). 106 Gesetz zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen v. 1.4.2015, BGBl. I, 434. Hier wird zwar nun auf die „fachliche Eignung“ statt auf die Sachkunde abgestellt; materiell hat sich dadurch jedoch nichts geändert, vgl. BegrRegE z. VAG, BT-Drs. 18/2956, S. 240. 107 VO über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten (Instituts-Vergütungsverordnung – InstitutsVergV) v. 6.10.2010, BGBl. I, 1374.

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§ 13 Corporate Governance in der EU

Vergütungsausschusses bedeutender Institute eingeführt. Durch das CRD IV-UmsG (→ 14.146) wurden CRR-Institute von erheblicher Bedeutung sowie bestimmte weitere Unternehmen nun aber verpflichtet, einen Vergütungskontrollausschuss einzurichten, in dem mindestens ein Mitglied über ausreichend Sachverstand und Berufserfahrung im Bereich Risikomanagement und Risikocontrolling verfügen muss (§ 25d Abs. 12 KWG).108 b)  Zeitliches Engagement 13.49 Ein hinreichendes zeitliches Engagement wurde bereits durch die Empfehlung 2005/162/EG (→ 13.7) als essentiell für eine gute Corporate Governance qualifiziert.109 Ziff. 12.1 empfiehlt daher insbesondere auch, dass die Organmitglieder die Zahl ihrer anderweitigen beruflichen Verpflichtungen (speziell andere Organmandate) begrenzen, nach Ziff. 12.2 soll zudem auch insoweit Transparenz geschaffen werden. Im Grünbuch 2011 waren dann auch allgemeine Mandatsobergrenzen erwogen worden110; dies wurde jedoch bislang nicht umgesetzt. Für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen von erheblicher Bedeutung normieren 13.50 Art. 91 Abs. 3–6 CRD IV (→ 14.145) – in Anknüpfung an entsprechende Erwägungen im Grünbuch 2010111 − zwingende Mandatsobergrenzen112; zudem bestimmt Art. 91 Abs. 2 CRD IV für alle Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, dass alle Mitglieder des Leitungsorgans113 ausreichend Zeit für die Erfüllung ihrer Aufgaben aufwenden müssen.114 Im deutschen Recht gelten für Aufsichtsratsmitglieder bereits seit Langem115 ge13.51 setzliche Mandatsobergrenzen (heute: max. 10, § 100 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AktG). Ziff. 5.4.5

108 Näher dazu Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Wolfgarten § 25d KWG Rn. 119 ff. 109 Vgl. auch ErwG 17 Empfehlung 2005/162/EG. 110 Vgl. KOM(2011) 164, 1.2 (S. 9). 111 Vgl. KOM(2010) 284, 5.1 (S. 13 f.). 112 Entwender (a) max. 1 Leitungs- und 2 Aufsichtsmandate, oder (b) max. 4 Aufsichtsmandate; Leitungs- und Aufsichtsfunktionen innerhalb derselben Gruppe sind dabei als ein einziges Mandat zu betrachten. Die zuständige Aufsichtsbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen gestatten. Die Vorgaben gelten für sämtliche Mitglieder des Leitungsorgans; zum Begriff → Fn. 92. 113 Zum Begriff → Fn. 92. 114 Art. 91 Abs. 12 CRD IV verpflichtet die EBA zur Entwicklung von Leitlinien, u.a. auch zum Konzept des ausreichenden Zeitaufwands, bis zum 31.12.2015; bislang wurde jedoch nur ein Entwurf veröffentlicht (). Einstweilen gelten noch die Guidelines aus 2011 fort (). 115 Erstmals eingeführt durch Notverordnung v. 19.9.1931 (RGBl. I 1931, 493); vgl. mit Überblick zur historischen Entwicklung J. Schmidt (Fn. 96), S. 159, 185 ff.; ausf. Lieder, Aufsichtsrat, S. 679 ff. (jeweils m.w.N.).

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Abs. 1 DCGK ist sogar noch strenger116. Ferner empfiehlt der DCGK den Aufsichtsratsmitgliedern seit 2002 auch allgemein, auf genügend Zeit zu achten (Ziff. 5.4.3 S. 1 a.F., seit 2005: Ziff. 5.4.5 S. 1).117 Für Kreditinstitute etc. ist dies durch § 25d Abs. 1 S. 1 KWG a.E. heute sogar gesetzlich vorgegeben.118 Für Finanzdienstleistungsinstitute und Versicherungsunternehmen wurden 2009 durch das FM/VAStärkG119 spezielle Mandatsobergrenzen eingeführt (§ 36 Abs. 3 S. 6 KWG a.F. bzw. § 7a Abs. 4 S. 4 VAG a.F.).120 Heute normieren § 25d Abs. 3 S. 1 Nr. 3 und 4, Abs. 3a Nr. 3 KWG spezielle Mandatsobergrenzen für Kreditinstitute und bestimmte andere Gesellschaften121, § 24 Abs. 3, 4 S. 2 VAG für Versicherungsunternehmen. c)  Unabhängigkeit Besonderes Gewicht legt die Empfehlung 2005/162/EG auf die Unabhängigkeit der 13.52 Organmitglieder.122 Angesichts des mangelnden Konsenses über die Bedeutung dieses Begriffs wurde insofern allerdings bewusst von starren Vorgaben abgesehen.123 Ziff. 13.1 normiert zwar eine Legaldefinition der Unabhängigkeit124, diese ist jedoch ausdrücklich nur als „Zielvorgabe“ zu verstehen125. Zudem sind auch die in Anhang II zur Konkretisierung enthaltenen ergänzenden (relativ umfangreichen) Leitlinien mit Regelbeispielen126 mit Blick auf die Komplexität der gesamten Problematik ausdrück116 Ziff. 5.4.3 a.F. bzw. 5.4.5 a.F.: 5; seit 2009 gem. Ziff. 5.4.5 n.F.: max. 3 Aufsichtsratsmandate für Vorstandsmitglieder börsennotierter Gesellschaften; seit 2010 sollen zudem nicht nur Aufsichtsratsmandate in konzernexternen börsennotierten Gesellschaften, sondern auch Mandate in Aufsichtsgremien von Gesellschaften mit vergleichbaren Anforderungen berücksichtigt werden. Vgl. zum Ganzen näher Hecker/Peters BB 2010, 2251, 2256 f.; Jaspers AG 2011, 154, 156 ff.; K/B/L/WKremer Rn. 1418 ff.; Ringleb/Kremer/Lutter/von Werder NZG 2010, 1161, 1166. 117 Näher dazu K/B/L/W/Kremer Rn. 1414 ff. 118 Näher dazu Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Wolfgarten § 25d Rn. 29 ff. 119 Fn.  86. 120 Vgl. dazu BegrRegE z. FM/VAStärkG, BT-Drs. 16/12783, S. 16; Hasse VersR 2010, 18, 24 f.; Lehrl BKR 2010, 485, 498; Mutter VersR 2011, 48 f. 121 Näher dazu Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Wolfgarten § 25d Rn. 36 ff. m.w.N. 122 Näher speziell dazu (neben dem in Fn. 27 aufgeführten Schrifttum): Bürgers/Schiha AG 2010, 221, 222 f., 227 ff.; Diekmann/Bidmon NZG 2009, 1087, 1088 f.; Ernst/Seidler ZGR 2008, 631, 666; Habersack AG 2008, 98, 105 f.; Jaspers AG 2009, 607, 609 f.; Kropff FS K. Schmidt, 2009, S. 1023, 1026 f.; Lüer FS Maier-Reimer, 2010, S. 385, 391 f.; Staake ZIP 2010, 1013, 1015 f.; E. Vetter ZGR 2010, 751, 781 ff.; ders. FS Maier-Reimer, 2010, S. 795, 799 ff. 123 Vgl. ErwG 18 Empfehlung 2005/162/EG. 124 Als „unabhängig“ gilt danach, wer „in keiner geschäftlichen, familiären oder sonstigen Beziehung zu der Gesellschaft, ihrem Mehrheitsaktionär oder deren Geschäftsführung steht, die einen Interessenkonflikt begründet, der sein Urteilsvermögen beeinflussen könnte“. 125 Vgl. ErwG 18 S. 3 Empfehlung 2005/162/EG. 126 Dazu näher Habersack AG 2008, 98, 105 f.; Hopt ZIP 2005, 461, 468; ders. FS Westermann, 2008, S. 1039, 1042 ff.; Kremer (Fn. 85), Rn. 1032 ff.; Lieder, Aufsichtsrat, S. 699 ff.; Maul Beil. zu BB 34/2005, 2, 4 f.; S. Maul/Lanfermann DB 2004, 2407 f.; Staake

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lich nicht abschließend und sollen von den Mitgliedstaaten bei der Festlegung von Kriterien für die Beurteilung der Unabhängigkeit nur „Berücksichtigung“ finden (vgl. Ziff. 13.2 S. 1), wobei insbesondere auch den „einzelstaatlichen Gegebenheiten“ Rechnung getragen werden kann (vgl. Anhang II Ziff. 1 S. 5). Vor allem aber soll es grundsätzlich dem Verwaltungs-/Aufsichtsrat selbst überlassen bleiben, festzulegen, was er unter „Unabhängigkeit“ versteht (Ziff. 13.2 S. 2), wobei er sich zwar prinzipiell innerhalb der vom Mitgliedstaat festgelegten Kriterien halten, bei Vorliegen besonderer Umstände aber durchaus auch von diesen abweichen können soll. Flankierend verlangt Ziff. 13.3 eine umfassende Offenlegung (sowohl ad hoc bei der Bestellung als auch generell jährlich).127 Letztlich setzt die Kommission damit auch in puncto Unabhängigkeit auf einen „comply or explain“-Ansatz: Der durch Empfehlung und nationale Regelungen vorgegebene Rahmen ist zwar nicht bindend, wer davon abweicht, muss dies aber öffentlich rechtfertigen.128 Aus deutscher Perspektive war all dies weitgehend neu. Als äußerst brisant er13.53 scheint mit Blick auf die traditionellen deutschen Unternehmensstrukturen speziell die Einstufung von Anteilseignern mit Kontrollbeteiligung (Anh. II Ziff. 1.d)129 und bedeutenden Geschäftspartnern (Anh. II Ziff. 1.e)130 als „nicht unabhängig“ (aufgrund der „deutschen Klausel“ in Anh. II. Ziff. 1.b sind aber zumindest die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat ausdrücklich ausgespart131). Im Zuge der Umsetzung wurde daher 2005 bewusst darauf verzichtet, die Liste vollständig zu übernehmen; vielmehr wurde in Ziff. 5.4.2 S. 2 DCGK lediglich eine – zudem partiell von Ziff. 13.1 abweichende132 – allgemeine Unabhängigkeitsdefinition133 ergänzt134, ZIP 2010, 1013, 1015 f.; E. Vetter ZGR 2010, 751, 782 ff.; ders. FS Maier-Reimer, 2010, S. 795, 801 ff. 127 Näher Maul Beil. zu BB 34/2005, 2, 5. 128 Vgl. auch Spindler ZIP 2005, 2033, 2038. 129 Vgl. Bürgers/Schiha AG 2010, 221, 222, 228 f.; Diekmann/Bidmon NZG 2009, 1087, 1090; Habersack ZHR 168 (2004) 373, 377 f.; ders. AG 2008, 98, 105 f.; ders. FS Goette, 2011, S. 121, 127 f.; Hoffmann-Becking FS Hüffer, 2010, S. 337, 349; Hopt FS Westermann, 2008, S. 1039, 1042; Kropff FS K. Schmidt, 2009, S. 1023, 1026 f.; Lieder, Aufsichtsrat, S. 706 f.; ders. NZG 2005, 569, 571; ders. (2010) 11 GLJ 115, 132 f.; Lutter EuZW 2009, 799, 803 f.; ders. FS Wymeersch, 2009, S. 132, 141 ff.; ders. EuZW 2010, 87; S. Maul Beil. zu BB 34/2005, 2, 5; S. Maul/Lanfermann BB 2004, 1861, 1864; Spindler ZIP 2005, 2033, 2041; E. Vetter ZGR 2010, 751, 783 f.; ders. FS Maier-Reimer, 2010, S. 795, 802 f. 130 Vgl. Hopt FS Westermann, 2008, S. 1039, 1042; Nagel NZG 2007, 166, 169; Spindler ZIP 2005, 2033, 2042 f. 131 Vgl. dazu K/B/L/W/Kremer Rn. 1372, 1384; Spindler ZIP 2005, 2033, 2040. 132  Vgl. zu den Unterschieden näher Jaspers AG 2009, 607, 610 f.; K/B/L/W/Kremer Rn. 1376 ff.; Lutter EuZW 2009, 799, 803 f.; ders. FS Wymeersch, 2009, S. 132, 142 f.; Spindler ZIP 2005, 2033, 2039 f. 133 „Ein Aufsichtsratsmitglied ist als unabhängig anzusehen, wenn es in keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zu der Gesellschaft oder deren Vorstand steht, die einen Interessenkonflikt begründet.“ 134 Vgl. dazu DCGK-Bericht 2010 (Fn. 85), S. 28 ff., 37; Bürgers/Schiha AG 2010, 221, 223; Diekmann/Bidmon NZG 2009, 1087, 1089 ff.; Hoffmann-Becking FS Hüffer, 2010, S. 337, 349 f.; Hönsch Konzern 2009, 553, 557 f.; Jaspers AG 2009, 610 f.; Lieder NZG 2005, 569, 570 ff.; ders. (2010) 11 GLJ 115, 132 f.; Lüer FS Maier-Reimer, 2010, S. 385,

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die 2012 erweitert135 und 2017 dahin ergänzt wurde, dass die Eigentümerstruktur berücksichtigt werden soll136. Zum Unabhängigkeitskriterium im Prüfungsausschuss von PIE gem. Art. 39 13.54 Abs. 1 UAbs. 4 S. 1, 2 APRL → 25.57, 25.59. d)  Diversität aa)  Diversität im Allgemeinen Um die Entscheidungsfindung durch Gewährleistung eines breiten Spektrums an 13.55 Sachverstand noch weiter zu verbessern, wurde bereits i.R.d. Grünbücher 2010137 und 2011138 (→ 13.11) erwogen, auf EU-Ebene auch Vorgaben zur beruflichen, internationalen und geschlechterspezifischen Diversität zu ergänzen. In Deutschland empfiehlt der DCGK bereits seit 2010, auf Vielfalt (Diversity) im Vorstand (Ziff. 5.1.2 S. 2 DCGK) und Aufsichtsrat (Ziff. 5.4.1 Abs. 2 S. 1 a.E. DCGK) sowie bei der Besetzung von Führungspositionen (Ziff. 4.1.5 S. 1 DCGK) zu achten.139 Für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen sehen Art. 88 Abs. 2 UAbs. 2 lit. a, 91 13.56 Abs. 10 CRD IV (→ 14.145) nun vor, dass bei der Auswahl der Organmitglieder140 die Diversität als Kriterium heranzuziehen ist; nach ErwG 60 S. 3 CRD IV sollen die Organe im Interesse der Erleichterung einer unabhängigen Meinungsbildung und eines kritischen Hinterfragens von Managemententscheidungen in Bezug auf Alter, Geschlecht, geografische Herkunft sowie Ausbildungs- und Berufshintergrund so zu391 ff.; Lutter EuZW 2009, 799, 803 f.; ders. FS Wymeersch, 2009, S. 132, 142 f.; S. Maul Beil. zu BB 34/2005, 2, 4 f.; Rieder/Holzmann AG 2010, 570, 576; E. Vetter BB 2005, 1689, 1690 ff. 135 Ein Aufsichtsratsmitglied ist im Sinn dieser Empfehlung insbesondere dann nicht als unabhängig anzusehen, wenn es in einer persönlichen oder einer geschäftlichen Beziehung zu der Gesellschaft, deren Organen, einem kontrollierenden Aktionär oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen steht, die einen wesentlichen und nicht nur vorübergehenden Interessenkonflikt begründen kann.“ Näher zu dieser Neufassung: Bartz/von Werder NZG 2014, 841 ff.; Baums ZHR 180 (2016) 697 ff.; Hasselbach/Jakobs BB 2013, 643 ff.; Hecker/Peters BB 2012, 2639, 2643 f.; Hoffmann-Becking NZG 2014, 801 ff.; Hommelhoff ZIP 2013, 953 ff.; Ihrig/Meder ZIP 2012, 1210, 1215 f.; K/B/L/W/Kremer Rn. 1370 ff.; Löbbe/Reichert ZGR 2014, 693 ff.; Nikoleyczik/Schult GWR 2012, 289 ff.; Paschos/Goslar NZG 2012, 1361 ff.; Stephanblome NZG 2013, 445 ff.; Reese/Ronge AG 2014, 417 ff.; Ringleb/Kremer/Lutter/von Werder NZG 2012, 1081, 1085 f.; Wilsing/von der Linden DStR 2012, 1391 ff. 136 Vgl. dazu Mense/Klie BB 2017, 771, 775; Scheffler AG 2017, R88, R89; von Werder/Bartz DB 2017, 769, 773. 137 Vgl. KOM(2010) 284, 5.1 (S. 13 f.). Dazu Buschmann NZG 2011, 87, 90 f.; Wittig WM 2010, 2337 ff. 138 Vgl. KOM(2011) 164, 1.1 (S. 6 ff.). Vgl. dazu Bachmann WM 2011, 1301, 1303; Jahn AG 2011, 454, 455; Jung BB 2011, 1987, 1989; Scheffler AG 2011, R262; Wollmert/Oser/Orth DB 2011, 1432, 1435 f. 139 Vgl. dazu K/B/L/W/Kremer Rn. 881 ff., 1236 ff., 1335 ff.; Ringleb/Kremer/Lutter/von Werder NZG 2010, 1161, 1163 ff.; Weber/Rey NZG 2011, 1 ff. 140 Die Vorgaben gelten für sämtliche Mitglieder des Leitungsorgans; zum Begriff → Fn. 92.

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sammengesetzt sein, dass vielfältige Auffassungen und Erfahrungen vertreten sind.141 Die EBA hat Mitte 2016 einen Bericht zur Diversity-Praxis veröffentlicht und die Veröffentlichung entsprechender Leitlinien angekündigt142. CRR-Institute müssen zudem gem. Art. 435 Abs. 2 lit. c CRR jährlich ihre Diversitätsstrategie offenlegen.143 In Deutschland wurden Art. 88 Abs. 2 UAbs. 2 lit. a, 91 Abs. 8 CRD IV in § 25d Abs. 11 S. 2 Nr. 1 und 2 KWG umgesetzt (wenngleich leider nicht ganz glücklich).144 13.57 Durch die CSR-RL (→ 23.10) wurden kapitalmarktorientierte PIE dazu verpflichtet, in ihr Corporate Governance-Statement eine Beschreibung des Diversitätskonzepts aufzunehmen (Art. 20 Abs. 1 S. 2 lit. g EU-Bilanz-RL, → 23.42). bb)  Insbesondere: geschlechterspezifische Diversität 13.58 Besondere Brisanz kommt hierbei unzweifelhaft der Frage der geschlechterspezifischen Diversität zu. Seit Anfang/Mitte der 2000er Jahre wurde in einer ganzen Reihe von Mitgliedstaaten eine gesetzliche Frauenquote (z.B. in Norwegen145, Frankreich146, Belgien147 und Italien148) bzw. zumindest gesetzliche Zielvorgaben für den Frauenanteil (z.B. Spanien149) eingeführt. Andere Mitgliedstaaten nahmen zumindest Empfehlungen zum Frauenanteil in den Corporate Governance Kodex auf, so etwa 141 EBA report on the benchmarking of diversity practices, EBA-Op-2016-10. 142 Gem. Art. 91 Abs. 12 CRD IV hätten die Leitlinien allerdings schon bis zum 31.12.2015 veröffentlicht werden sollen. 143 Näher dazu Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Hillen Art. 435 CRR Rn. 10 ff. 144 Vgl. dazu Lutter/Krieger/Verse Rn. 1480. 145 In Norwegen gilt seit 2006 für börsennotierte Unternehmen eine 40 %-Quote (dazu näher Frost/Linnainmaa AG 2007, 601, 603 ff.; Sjåfjell N&ECL 15-10; Teichmann/Langes EWS 2013, 175, 177 f.). 146 In Frankreich gilt seit 2014 für börsennotierte und Großunternehmen eine Quote von 20 %, seit 2017 von 40 % (Loi n° 2011-103 du 27 janvier 2011 relative à la représentation équilibrée des femmes et des hommes au sein des conseils d’administration et de surveillance et à l’égalité professionnelle, JORF n° 23 du 28 janvier 2011, p. 1680); dazu François-Poncet/Deilmann/Otte NZG 2011, 450 ff.; Teichmann/Langes EWS 2013, 175, 179 f.; Weber-Rey AG 2011, R100. 147 Gem. Art. 518bis(1) Code des Sociétés gilt für börsennotierte Unternehmen eine Quote von 1/3 (eingeführt durch Loi modifiant la loi du 21 mars 1991 portant réforme de certaines entreprises publiques économiques, le Code des sociétés et la loi du 19 avril 2002 relative à la rationalisation du fonctionnement et la gestion de la Loterie Nationale afin de garantir la présence des femmes dans le conseil d’administration des entreprises publiques autonomes, des sociétés cotées et de la Loterie Nationale, Moniteur Belge 14.9.2011, 59600); vollumfänglich gilt dies aber erst ab 2019. Vgl. dazu Teichmann/Langes EWS 2013, 175, 180 f. 148 Legge 12 luglio 2011, n. 120 Modifiche al testo unico delle disposizioni in materia di intermediazione finanziaria, di cui al decreto legislativo 24 febbraio 1998, n. 58, concernenti la parita’ di accesso agli organi di amministrazione e di controllo delle societa’ quotate in mercati regolamentati (GU Serie Generale n.174 del 28-7-2011). Danach gilt für börsennotierte Unternehmen seit 2015 eine Quote von 1/3. Vgl. dazu Teichmann/Langes EWS 2013, 175, 181. 149 Art. 75 Ley Orgánica 3/2007, de 22 de marzo, para la igualdad efectiva de mujeres y hombres, BOE núm. 71, de 23/03/2007 fordert bestimmte große Unternehmen auf, die

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2003 Finnland150, 2004 Schweden151 und 2010 auch Deutschland (vgl. Ziff. 5.1.2 S. 2, 5.4.1 Abs. 2 i.d.F.v. 2010). Die Kommission hatte zwar bereits 2010 angekündigt, auch auf EU-Ebene Maß- 13.59 nahmen treffen zu wollen.152 Das Grünbuch 2011 (→ 13.11) gab sich hinsichtlich „Ob“ und „Wie“ etwaiger Maßnahmen (Quote, Zielvorgabe, etc.) noch relativ offen. Justizkommissarin Reding forderte dann jedoch im März 2011 alle börsennotierten Unternehmen zur Unterzeichnung einer freiwilligen Selbstverpflichtung auf, den Frauenanteil bis 2015 auf 30 % und bis 2020 auf 40 % zu erhöhen; falls bis März 2012 keine wesentlichen Fortschritte erreicht und glaubwürdige Selbstregulierungsinitativen entwickelt worden seien, könne auf ihre „regulatorische Kreativität“ gezählt werden.153 Am 14.11.2012 legte die Kommission dann tatsächlich einen Vorschlag für eine 13.60 RL zur Geschlechterbalance vor.154 Der explizit als Mindestharmonisierung konzipierte Entwurf (vgl. Art. 7), erfasst nur börsennotierte Gesellschaften, wobei KMU explizit ausgenommen sind (vgl. Art. 3). Er sieht für nichtgeschäftsführende Direktoren bzw. Aufsichtsräte eine Quote von mind. 40% vor, die bis 2020 (für öffentliche Unternehmen: 2018) erreicht werden soll (Art. 4 Abs. 1). Die Regelung ist aber ausdrücklich nur als „Zielvorgabe“ ausgestaltet: Die Mitgliedstaaten werden letztlich nur verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass neue Mitglieder „auf der Grundlage eines Vergleichs der Qualifikationen der Kandidaten nach vorab festgelegten, klaren, neutral formulierten und eindeutigen Kriterien“ so ausgewählt werden, dass das genannte Ziel erreicht wird (vgl. Art. 4 Abs. 1). Sie müssen sicherstellen, dass dem unterrepräsentierten Geschlecht bei der Kandidatenauswahl bei gleicher Qualifikation der Vorrang eingeräumt wird (vgl. Art. 4 Abs. 3); zudem sollen die Gesellschaften künftig auf Antrag eines erfolglosen Kandidaten die Qualifikationskriterien und maßgeblichen Erwägungen offenlegen müssen (Art. 4 Abs. 4) und die Beweislast dafür tragen, dass kein Verstoß vorlag (Art. 4 Abs. 5). Die Mitgliedstaaten dürfen börsen-

Zusammensetzung ihrer Entscheidungsgremien bis 2015 so anzupassen, dass eine ausgewogene Vertretung von Männern und Frauen erreicht wird. 150 Dazu näher Frost/Linnainmaa AG 2007, 601, 607 f. 151 Dazu näher Frost/Linnainmaa AG 2007, 601, 606. 152 Mitteilung der Kommission an das EP, den Rat, den EWSA und den AdR. Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010 – 2015, KOM(2010) 491. 153  Vgl. IP/11/242 und MEMO/11/124; s. ferner auch Reding ZRP 2011, 127 und SPEECH/11/482. 154 Vorschlag für eine RL des EP und des Rates zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/ Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnahmen, KOM(2012) 614. Dazu Basedow EuZW 2013, 41 f.; Bayer NZG 2013, 1 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 7 f.; dies. BB 2014, 1219, 1225; dies. BB 2015, 1731, 1735; dies. BB 2016, 1923, 1926; Choudhury EBLR 2015, 229 ff.; Holzhammer (2014) 33 YEL 433 ff.; Jung BB 2013, 387 ff.; Jung WM 2013, 2110, 2112 ff.; Knoll/Lochner DB 2014, 495 ff.; Papadima (2015) 12 ECL 245, 246 ff.; Reding GmbHR 2013, R49 f.; Stöbener EuZW 2013, 371 ff.; Szydło (2015) 21 ELJ 97 ff.; Teichmann/Langes EWS 2013, 175 ff.; Verse EuZW 2013, 336, 340 f.; Verse/Wiersch EuZW 2016, 330, 337.

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notierte Gesellschaften, bei denen das unterrepräsentierte Geschlecht weniger als 10% der Belegschaft ausmacht, komplett von der Quote ausnehmen (Art. 4 Abs. 6) und können zudem vorsehen, dass die Zielvorgabe bereits dann als erreicht gilt, wenn 1/3 aller Unternehmensleitungsposten (also geschäftsführende Direktoren/Vorstandsmitglieder und nicht geschäftsführende Direktoren/Aufsichtsratsmitglieder) mit Vertretern des unterrepräsentierten Geschlechts besetzt sind (Art. 4 Abs. 7). Für geschäftsführende Direktoren bzw. Vorstandsmitglieder sieht der Entwurf dagegen nur eine „Flexiquote“ vor: Hier sollen die Gesellschaften Eigenverpflichtungen eingehen, die ebenfalls bis 2020 (öffentliche Unternehmen: 2018) umgesetzt werden sollen (Art. 5 Abs. 1); zudem sollen sie jährlich einen Fortschrittsbericht veröffentlichen müssen (Art. 5 Abs. 2). Gegenüber den ursprünglichen Plänen deutlich „entschärft“ wurden schließlich auch die Sanktionsregelungen: Art. 6 verpflichtet die Mitgliedstaaten letztlich lediglich pauschal zur Festlegung wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen; Geldbußen sowie die Nichtigkeit/Nichtigerklärung der Bestellung/ Wahl werden lediglich als Regelbeispiele genannt. Der Entwurf wurde zwar im EP155 und im Rat intensiv beraten; ein Kompromiss13.61 vorschlag der luxemburgischen Ratspräsidentschaft, der den Mitgliedstaaten sogar noch mehr Flexibilität eingeräumt hätte als die vorherigen Kompromissvorschläge, scheiterte jedoch am 7.12.2015 im Rat.156 Die maltesische Ratspräsidentschaft unternahm im Frühjahr 2017 einen neuen Anlauf mit einem weiteren Kompromissvorschlag, der sich allerdings ebenfalls nicht als konsensfähig erwies.157 In Deutschland wurde mit dem FührposGleichberG v. 24.4.2015158 auch eine ge13.62 setzliche Regelung geschaffen. Danach muss der Aufsichtsrat von börsennotierten AG 155 Legislative Entschließung des EP vom 20.11.2013 zu dem Vorschlag für eine RL des EP und des Rates zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnahmen, P7_ TA(2013)0488. 156 Vgl. Dok. 14968/15, S. 4. Vgl. auch Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1927; Verse/Wiersch EuZW 2016, 330, 337. 157 Vgl. Dok. 9496/17. 158 Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst v. 24.4.2015, BGBl. I, 642. Dazu Bayer/Hoffmann AG 2016, R235 ff.; Blümle/Müller BC 2016, 173 ff.; Drygala NZG 2015, 1129 ff.; Fromholzer/Simons AG 2015, 457 ff.; Grohe AG 2015, 289 ff.; Göpfert/ Rottmeier ZIP 2015, 670 ff.; Junker/Schmidt-Pfitzner NZG 2015, 929 ff.; Kothe-Heggemann GmbHR 2015, R297 f.; Löwisch BB 2015, 1909 ff.; Mense/Klie BOARD 2015, 39 ff.; Müller-Bonanni/Forst GmbHR 2015, 621 ff.; Mutter/Hölscher AG 2015, R259 f.; Oetker ZHR 179 (2015) 707 ff.; Olbrich/Krois NZA 2015, 1288 ff.; Pikó WPg 2016, 1383, 1386 ff.; Sagan RdA 2015, 255 ff.; Schulz/Ruf BB 2015, 1155 ff.; Seibert NZG 2016, 16 ff.; ders. FS Baums, 2017, S. 1133 ff.; Seidler BB 2016, 939 ff.; Stüber BB 2015, 2243 f.; dies. DStR 2015, 947 ff.; Teichmann/Rüb BB 2015, 898 ff.; Thüsing NZG 2015, 778 ff.; Wehmeyer AG 2015, R244 ff.; Weller/Benz AG 2015, 467 ff.; Weller/Harms/Rentsch/ Thomale ZGR 2015, 361 ff.; Wettich AG 2015, 681, 687 f.; Winter/Marx/De Decker DB 2015, 1331 ff. Zum Entwurf: Bayer/Hoffmann AG 2015, R4 ff.; Habersack/Kersten BB 2014, 2819 ff.; Hohenstatt/Willemsen/Naber ZIP 2014, 2220 ff.; Kothe-Heggemann GmbHR 2015, R145 f.; Mense/Klie GWR 2015, 1 ff.; Mutter AG 2014, R218; ders. AG

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und KGaA, die dem MitbestG, MontanMitbestG oder MitbestErgG unterliegen, zu mind. 30 % aus Frauen und Männern bestehen (§ 96 Abs. 2 S. 1 AktG, ggf. i.V.m. § 278 Abs. 3 AktG). Bei AG und KGaA, die börsennotiert oder mitbestimmt sind, muss der Aufsichtsrat Zielgrößen für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und im Vorstand festlegen (§ 111 Abs. 5 S. 1 AktG, ggf. i.V.m. § 278 Abs. 3 AktG) und der Vorstand muss Zielgrößen für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands festlegen (§ 76 Abs. 4 S. 1 AktG, ggf. i.V.m. § 278 Abs. 3 AktG). Für GmbH und Genossenschaften gibt es zwar keine festen Quoten; mitbestimmte GmbH und Genossenschaften müssen aber ebenfalls Zielgrößen für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und unter den Geschäftsführern bzw. im Vorstand (§ 52 Abs. 2 GmbHG, § 9 Abs. 4 GenG) sowie die beiden Führungsebenen unterhalb der Geschäftsführer bzw. des Vorstands (§ 36 GmbHG, § 9 Abs. 3 GenG) festlegen. Zur SE → 45.118, 45.126, 45.145, 45.148. Im Mai 2015 wurde auch der DCGK entsprechend angepasst (vgl. Ziff. 4.1.5 S. 2, 5.1.2 S. 2, 5.4.1 Abs. 2 S. 2 DCGK). 3.  Ausschüsse a)  Börsennotierte Gesellschaften aa)  Empfehlung 2005/162/EG Die Bildung spezieller Ausschüsse zur effizienteren Gestaltung der Arbeit in beson- 13.63 ders interessenkonfliktträchtigen Bereichen159 war bereits von der High Level Group (→ 5.41, 13.3, 28.4) nachdrücklich angeraten worden160 und bildete dann einen zentralen Schwerpunkt der Empfehlung 2005/162/EG (→ 13.7). Ziff. 5 S. 2 empfiehlt die Einsetzung spezieller Ausschüsse des Verwaltungs-/Aufsichtsrats für Nominierung, Vergütung und Abschlussprüfung (freilich nur, wenn dieser dafür nach nationalem Recht auch zuständig ist). Im Interesse hinreichender Flexibilität soll es den Gesellschaften allerdings ausdrücklich freistehen, weniger als drei Ausschüsse einzusetzen und die Aufgaben so zuzuordnen, wie sie dies für richtig halten; dies muss dann allerdings genau begründet werden (Ziff. 7.1). Zudem sollen die Funktionen der Ausschüsse bei Gesellschaften mit kleinem Verwaltungs-/Aufsichtsrat auch generell von diesem selbst übernommen werden können (Ziff. 7.2). Die Ausschüsse sollen „in der Regel“ nur beratende Funktion haben; soweit 13.64 dies nach nationalem Recht zulässig ist und der Verwaltungs-/Aufsichtsrat dies für sinnvoll erachtet, soll er aber auch einen Teil seiner Entscheidungsbefugnisse auf die Ausschüsse übertragen dürfen. Dies soll dann aber ausdrücklich erklärt, genau be2015, R60 f.; Ohmann-Sauer/Langemann NZA 2014, 1120 ff.; Röder/Arnold NZA 2015, 279 ff.; Stüber CCZ 2014, 261 ff.; Teichmann/Rüb BB 2015, 259 ff.; Wasmann/Rothenburg DB 2015, 291 ff. 159 Vgl. ErwG 9 S. 1, Ziff. 5, Ziff. 6.1 S. 2 Empfehlung 2005/162/EG; Bericht High Level Group (Fn. 6), S. 64. 160 Vgl. Bericht High Level Group (Fn. 6), S. 64 ff.

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schrieben und in vollständig transparenter Weise offengelegt werden; zudem bleibt die Verantwortung des Gesamtorgans für die Beschlüsse unberührt (vgl. Ziff. 6 und ErwG 10 S. 4–6).161 Größe, Zusammensetzung, Aufgaben etc. der Ausschüsse werden in Anhang I 13.65 näher konkretisiert. Alle Ausschüsse sollen grundsätzlich aus mindestens 3 (bei kleinem Gesamtorgan: 2) Mitgliedern bestehen (Anh. I, Ziff. 1.1). Diese sollen mehrheitlich unabhängig162 und beim Vergütungs- und Prüfungsausschuss ausschließlich, beim Nominierungsausschuss zumindest mehrheitlich nicht geschäftsführende Direktoren/ Aufsichtsratsmitglieder sein (Anh. I Ziff. 2.1 Abs. 2, 3.1 Abs. 2, 4.1). Die genaue Aufgabenstellung soll in einem vom Gesamtorgan erstellten Mandat beschrieben werden (Anh. I Ziff. 1.3); Anh. I Ziff. 2.2, 3.2 und 4.2 enthalten aber jeweils einen Mindestkatalog von Aufgaben für Nominierungs-, Vergütungs- bzw. Prüfungsausschuss. bb)  Empfehlung 2009/385/EG 13.66 Die Vorgaben zu Einrichtung, Aufgaben, Zusammensetzung und Arbeitsweise des Vergütungsausschusses wurden 2009 durch Abschnitt III der Empfehlung 2009/385/ EG (→ 13.9) ergänzt.163 cc)  Deutsches Recht 13.67 Im deutschen Recht war die Bildung von Ausschüssen des Aufsichtsrats schon seit Langem zulässig (heute: § 107 Abs. 3 AktG) und gängige Praxis; von einer zwingenden Vorgabe der Bildung bestimmter Ausschüsse wurde aber immer wieder bewusst abgesehen.164 Auch der DCGK hatte zunächst nur einen Prüfungsausschuss empfohlen (Ziff. 5.3.2), 2007 wurde aber eine Empfehlung zur Bildung eines Nominierungsausschusses ergänzt (Ziff. 5.3.3)165. Die Einsetzung eines Vergütungsausschusses wird dagegen vom DCGK nicht speziell empfohlen; Ziff. 5.1.2 S. 3 DCGK weist lediglich auf die Möglichkeit hin, Vergütungsfragen einem Ausschuss zu übertragen. Üblicherweise wird die Vorstandsvergütung im Personalausschuss oder Präsidium (mit-) behandelt.166 Um die Transparenz der Vergütungsfestsetzung zu verbessern167, wurde durch das VorStAG168 allerdings bestimmt, dass ein solcher Ausschuss im Hinblick auf

161 Zum Ganzen auch Spindler ZIP 2005, 2033, 2035. 162 Zum Begriff der „Unabhängigkeit“ → 13.52. 163 Dazu Link GPR 2009, 229, 232 f. 164 Überblick zur historischen Entwicklung bei J. Schmidt (Fn. 96), S. 159, 182 ff. m.w.N.; ausf. Lieder, Aufsichtsrat, S. 379 ff., 448 ff., 750 ff. 165 Dazu näher K/B/L/W/Kremer Rn. 1286 ff.; Lutter EuZW 2009, 799, 803. 166 Vgl. Annuß/Theusinger BB 2009, 2434, 2439; K/B/L/W/Kremer Rn. 960; Seibert WM 2009, 1489, 1491. 167 Vgl. BegrRegE z. VorStAG, BT-Drs. 16/12278, S. 6. 168 Fn.  82.

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die Vergütungsfestsetzung – anders als bislang üblich169 − nur noch beratende Funktion haben kann; die Beschlussfassung über die Festsetzung der Vorstandsvergütung ist dem Aufsichtsratsplenum vorbehalten (vgl. § 107 Abs. 3 S. 4 i.V.m. § 87 Abs. 1, 2 S. 1 und 2 AktG).170 Ziff. 4.2.2 Abs. 1 DCGK, der die Beschlussfassung durch das Plenum immerhin seit 2008 bereits empfohlen hatte, wurde entsprechend angepasst; er sieht darüber hinaus aber auch eine regelmäßige Überprüfung vor.171 b)  Finanzdienstleistungssektor Für den Finanzdienstleistungssektor wurden die Vorgaben zu Einrichtung, Aufgaben, 13.68 Zusammensetzung und Arbeitsweise des Vergütungsausschusses durch Ziff. 6.4, 8.a der Empfehlung 2009/384/EG (→ 13.9) ergänzt. Für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen von erheblicher Bedeutung wurde die Einrichtung eines Vergütungsausschusses durch die CRD III (→ 13.10) in Anh. V Ziff. 24 der Banken-RL172 sogar zwingend vorgeschrieben und es wurden nähere Vorgaben zu seiner konkreten Ausgestaltung gemacht. Dies wurde dann im Wesentlichen unverändert in Art. 95 CRD IV (→ 14.145) übernommen. Zur Konkretisierung hat die EBA Leitlinien erlassen.173 In Anknüpfung an entsprechende Erwägungen im Grünbuch 2010174 (→ 13.11) 13.69 wurden in die CRD IV (→ 14.145) für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen von erheblicher Bedeutung außerdem zwingende Vorgaben bezüglich Einrichtung, Zusammensetzung und Aufgaben eines Nominierungsausschusses (Art. 88 Abs. 2 CRD IV) sowie eines Risikoausschusses (Art. 76 Abs. 3, 4 CRD IV) aufgenommen. Im deutschen Recht wurde dies in § 25d Abs. 7, 8, 11, 12 KWG umgesetzt.175 13.70 c)  Prüfungsausschuss bei PIE Zur obligatorischen Einrichtung eines Prüfungsausschusses bei PIE → 25.55 ff.

169 Die Praxis, die Beschlussfassung an einen Ausschuss zu delegieren, war speziell vor dem Hintergrund der allgemeinen Diskussion um „Vergütungsexzesse“ zunehmend in die Kritik geraten; als Paradebeispiel diente insofern nicht zuletzt der Fall Mannesmann (Beschluss einer 60 Mio.-DM-Abfindung durch einen 4-Mann-Ausschuss mit 2 positiven Stimmen, einer Enthaltung und einer Absenz), vgl. nur Lutter EuZW 2009, 799, 801. 170 Vgl. dazu Annuß/Theusinger BB 2009, 2434, 2439; Cahn FS Hopt, 2010, S. 431, 445 f.; Fleischer NZG 2009, 801, 804; Hoffmann-Becking/Krieger Beil. NZG 26/2009, 1, 8 f.; K/B/L/W/Kremer Rn. 950 ff.; Lieder (2010) 11 GLJ 115, 142 f.; Lutter EuZW 2009, 799, 801; Sailer-Coceani VGR 15 (2009), S. 141, 142 f.; Seibert WM 2009, 1489, 1491; Thüsing AG 2009, 517, 524. 171 Näher Hecker BB 2009, 1654, 1656 f.; K/B/L/W/Kremer Rn. 950 ff.; Scheffler AG 2009, R439, R440 f. 172 Fn.  32. 173 EBA Leitlinien für eine solide Vergütungspolitik, EBA/GL/2015/22, Rn. 46 ff. 174 Vgl. KOM(2010) 284, 5.1 (S. 13 f.). 175 Dazu näher Lutter/Krieger/Verse Rn. 1508 ff.; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Wolfgarten § 25d KWG Rn. 83 ff.

13.71

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4.  Vergütung a)  Überblick 13.72 Schon im Aktionsplan 2003 (→ 5.43, 13.4) wurde betont, dass Regelungen zur Vergütung der Organmitglieder eine der Grundvoraussetzungen dafür seien, das durch Skandale angegriffene Vertrauen wiederherzustellen.176 Die Kommission verabschiedete daraufhin am 14.12.2004 die Empfehlung 2004/913/EG (→ 13.6) zur Einführung einer angemessenen Regelung für die Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung177 börsennotierter Gesellschaften. Im Kontext der Finanzkrise wurde dann indes erst wirklich deutlich, dass die Vergütungsstrukturen nicht nur enorm komplex geworden waren, sondern sich zudem häufig zu stark an kurzfristigen Ergebnissen orientierten („short-termism“) und in einigen Fällen zu einer unverhältnismäßig hohen, nicht mehr durch die Leistung gerechtfertigten Vergütung geführt hatten.178 Die Kommission verabschiedete daher zunächst zwei ergänzende Empfehlungen zur Vergütung: die Empfehlung 2009/385/EG für alle börsennotierten Gesellschaften und die Empfehlung 2009/384/EG speziell in Bezug auf den Finanzdienstleistungssektor (→ 13.9). Nachdem diese von den Mitgliedstaaten aber nur teilweise umgesetzt wurden179, sah die Kommission weiteren Handlungsbedarf. Mit der CRD III (→ 13.10) wurden dann erstmals zwingende Vorgaben für Kreditinstitute geschaffen. Die CRD IV und die CRR (→ 14.145) brachten weitere Regelungen für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen. Mit der RL (EU) 2017/828 zur Änderung der ARRL (→ 29.5) wurden schließlich für alle börsennotierten Gesellschaften zwingende Vorgaben geschaffen (→ 29.112 ff.).

176 Vgl. Aktionsplan 2003 (Fn. 8), 3.1.3 (S. 18). 177 „Mitglied der Unternehmensleitung“ ist ein Mitglied der Verwaltungs-, Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgane (Ziff. 2.1 Empfehlung 2004/913/EG). 178 Vgl. schon ErwG 2 S. 2 Empfehlung 2009/385/EG, ErwG 3 Empfehlung 2009/384/EG. 179 Bericht über die Umsetzung der Empfehlung 2009/385/EG der Kommission zur Ergänzung der Empfehlungen 2004/913/EG und 2005/162/EG zur Regelung der Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung börsennotierter Gesellschaften (Empfehlung zur Direktorenvergütung 2009) durch die EU-Mitgliedstaaten, KOM(2010) 285; dazu SEC (2010) 670; Bericht über die Umsetzung der Empfehlung 2009/384/EG der Kommission zur Vergütungspolitik im Finanzdienstleistungssektor (Empfehlung zur Vergütungspolitik im Finanzdienstleistungssektor 2009) durch die EU-Mitgliedstaaten, KOM(2010) 286; dazu SEC (2010) 671.

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b)  Materielle Vorgaben zur Vergütungsstruktur aa)  Börsennotierte Gesellschaften (1)  Empfehlung 2009/385/EG Für börsennotierte Gesellschaften statuiert die Empfehlung 2009/385/EG (→ 13.9) materielle Vorgaben hinsichtlich der Struktur der Vergütung, die darauf abzielen, Verhaltensanreize zu schaffen, die einer langfristigen Unternehmensentwicklung dienen180 und eine „Entlohnung von Fehlleistungen“ zu verhindern181. Für variable Vergütungskomponenten sollen deshalb Höchstgrenzen festgelegt werden (Ziff. 3.1 S. 1). Ihre Auszahlung soll an im Voraus festgelegte, messbare Leistungskriterien geknüpft sein, die der langfristigen Unternehmensentwicklung dienen und auch für die langfristige Wertschöpfung relevante Kriterien nicht finanzieller Art einbeziehen (Ziff. 3.2). Zudem soll die Auszahlung eines Großteils dieser variablen Vergütungsbestandteile mit Blick auf den Risikohorizont der Leistungskriterien für einen bestimmten Zeitraum182 aufgeschoben werden (Ziff. 3.3) und in die Verträge sollen Klauseln aufgenommen werden, die eine Rückforderung („claw back“) gestatten, wenn variable Vergütungsbestandteile auf der Grundlage offenkundig falscher Daten gezahlt wurden (Ziff. 3.4). Für Abfindungszahlungen („golden parachutes“) soll eine Obergrenze (i.d.R. max. 2 Jahreseinkommen aus der fixen Vergütung) festgesetzt werden; im Falle der Vertragsbeendigung aufgrund unzulänglicher Leistungen sollen sie gar nicht gezahlt werden (Ziff. 3.5). Für aktienbezogene Vergütung soll ein Mindesterdienungszeitraum von 3 Jahren festgelegt werden (Ziff. 4.1); zudem sollen auch aktienbezogene Vergütungsformen an die Erfüllung im Voraus festgelegter, messbarer Leistungskriterien geknüpft sein (Ziff. 4.2). Zwecks Vermeidung von Interessenkonflikten183 sollen die begünstigten Mitglieder der Unternehmensleitung zumindest eine bestimmte Anzahl Aktien bis zum Ende ihres Mandats halten müssen (Ziff. 4.3). Die Vergütung von nicht geschäftsführenden Direktoren oder Aufsichtsratsmitgliedern soll nach Ziff. 4.4 generell keine Aktienoptionen umfassen; dies dient ebenfalls der Vermeidung von Interessenkonflikten, speziell einer möglichen Beeinträchtigung der Kontrollfunktion184.

180 Vgl. ErwG 8 S. 1 Empfehlung 2009/385/EG, ErwG 14 Empfehlung 2009/348/EG. 181 Vgl. ErwG 16 Empfehlung 2009/384/EG sowie IP/09/673. 182 Nach ErwG 6 S. 4 Empfehlung 2009/385/EG i.d.R. 3 bis 5 Jahre. 183 Vgl. ErwG 8 S. 4 Empfehlung 2009/385/EG. 184 Vgl. SEK(2009) 581, S. 5.

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(2)  Deutsches Recht 13.77 Das deutsche Recht verfolgt im Hinblick auf die materiellen Anforderungen an die Vergütungsstruktur einen etwas anderen Ansatz185, insbesondere auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Maßstäbe für die Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung. Hinsichtlich der Vorstandsvergütung wurde das Kriterium der „Angemessenheit“ in § 87 Abs. 1 S. 1 AktG durch das VorStAG186 etwas konkretisiert; zudem betont § 87 Abs. 1 S. 2 AktG nun explizit die Ausrichtung auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung und die Regeln zur Herabsetzung (§ 87 Abs. 2 AktG) wurden verschärft.187 Die entsprechend angepassten Ziff. 4.2.2 Abs. 2 und 4.2.3 DCGK konkretisieren dies näher.188 Ziff. 4.2.3 DCGK enthält seit 2007 die Anregung, seit 2008 sogar die Empfehlung eines Abfindungscaps von 2 Jahresvergütungen (Abs. 4), für den Sonderfall des „change of control“ aber bis zu 150 % desselben (Abs. 5).189 13.78 Hinsichtlich der Aufsichtsratsvergütung beschränkt sich das Gesetz aber weiterhin auf die Soll-Vorschrift des § 113 Abs. 1 S. 3 (angemessenes Verhältnis zu Aufgaben und Lage der Gesellschaft) und die Regelung zur Berechnung eines etwaigen Gewinnanteils in § 113 Abs. 3 AktG. Die gesetzliche Regelung wird seit 2002 durch den DCGK erläutert und präzisiert. Die Empfehlung einer partiell erfolgsorientierten Vergütung190 wurde jedoch 2012 aufgegeben; Ziff. 5.4.6 Abs. 2 S. 2 DCGK empfiehlt jetzt nur noch, dass eine etwaige erfolgsorientierte Vergütung auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung ausgerichtet sein soll.191 13.79 In Bezug auf Aktienoptionspläne für Vorstandsmitglieder ist durch §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 Hs. 2, 193 Abs. 2 Nr. 4, 221 Abs. 4 S. 2 AktG gewährleistet, dass stets eine

185 Vgl. auch Teichmann GPR 2009, 235, 238. 186 Fn.  82. 187 Vgl. dazu BegrRegE z. VorStAG, BT-Drs. 16/12278, S. 5 f.; Bericht Rechtsausschuss, BTDrs. 16/13433, S. 10 f.; Bauer/Arnold AG 2009, 717 ff.; Cahn FS Hopt, 2010, 431, 433 ff.; Fleischer NZG 2009, 801, 802 ff.; Hoffmann-Becking/Krieger Beil. NZG 26/2009, 1 ff.; Koch WM 2010, 49 ff.; Mertens AG 2011, 57 ff.; Reichert/Ullrich FS U.-H. Schneider, 2011, S. 1017 ff.; Rieckhoff AG 2010, 617 ff.; Sailer-Coceani VGR 15 (2009), S. 141, 144 ff.; Seibert WM 2009, 1489, 1490 f.; Thüsing AG 2009, 517 ff.; Wagner AG 2010, 774 ff.; Waldenberg/Kaufmann BB 2010, 2257 ff.; Weller NZG 2010, 7 ff.; Wittuhn/Hamann ZGR 2009, 847 ff. 188 Dazu (sowie zur Entwicklung des DCGK in diesem Bereich) näher K/B/L/W/Bachmann Rn. 934 ff.; s. ferner Armbrüster VersR 2011, 1, 3; Hecker BB 2009, 1654, 1656; Mense/Klie BB 2017, 771, 775 f.; Sailer-Coceani VGR 15 (2009), S. 141, 149 f.; Scheffler AG 2017, R88; van Kann/Keiluweit DB 2009, 2700, 2701; Weber-Rey WM 2009, 2255, 2257 ff. 189 Dazu näher Hohenstatt/Willemsen NJW 2008, 3462 ff.; Hoffmann-Becking FS Hüffer, 2010, S. 337, 348 f.; Lutter BB 2009, 1874 ff.; Martens FS Hüffer, 2010, S. 647, 654 ff.; Mutter AG 2009, 401 ff.; K/B/L/W/Bachmann Rn. 763a ff.; Tödtmann/Schauer ZIP 2009, 995, 996. 190 Dazu näher Reimsbach BB 2011, 940 ff. 191  Dazu näher K/B/L/W/Bachmann Rn. 1439 ff.; Ringleb/Kremer/Lutter/von Werder NZG 2012, 1081, 1088; von Werder/Bartz DB 2012, 1733, 1735.

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Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich ist.192 Ob auch virtuelle Aktienoptionsprogramme eines Hauptversammlungsbeschlusses bedürfen, ist streitig.193 Ziff. 4.2.3 Abs. 2 S. 5 DCGK empfiehlt einen Bezug auf anspruchsvolle, relevante und nicht nachträglich änderbare Vergleichsparameter.194 Durch das VorStAG195 wurde die Mindesthaltefrist des § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG von 2 auf 4 Jahre verdoppelt.196 Aktienoptionsprogramme zugunsten von Aufsichtsratsmitgliedern sind generell unzulässig197; streitig ist jedoch, ob dies auch für virtuelle Varianten gilt198. bb) Finanzdienstleistungssektor Für den Finanzdienstleistungssektor hatte schon die Empfehlung 2009/384/EG 13.80 (→ 13.9) sektorspezifisch erweiterte und teils deutlich strengere materielle Vorgaben zur Vergütungsstruktur enthalten. Aufbauend hierauf wurden durch die CRD III (→ 13.10) in Anh. V Ziff. 23 Banken-RL199 erstmals zwingende Vorgaben geschaffen. Diese wurden dann mit geringfügigen Modifikationen in die CRD IV (→ 14.145) übernommen und um weitere spezielle Vorgaben ergänzt. Der 2016 vorgelegte Vorschlag zur Änderung der CRD IV (→ 14.147) sieht kleinere Anpassungen vor.200 Art. 92 Abs. 2 CRD IV statuiert 7 Grundsätze für die Vergütungspolitik von 13.81 Kreditinstituten und Wertpapierfirmen. Dazu gehört u.a. die Vereinbarkeit mit einer soliden und wirksamen Risikopolitik (lit. a) sowie die klare Differenzierung zwischen der festen Grundvergütung und der variablen Vergütung (lit. g).201 Für Institute, die staatliche Unterstützung erhalten, ergänzt Art. 93 CRD IV noch weitere deutlich strengere Vorgaben: Eine variable Vergütung muss hier ggf. strikt auf einen Prozent-

192 Vgl. auch Lutter EuZW 2009, 799, 800; ders. FS Wymeersch, 2009, S. 132, 134 f.; Maul Beil. zu BB 34/2005, 2, 8. 193 Dafür etwa MüKoAktG/Fuchs § 192 Rn. 86; dagegen etwa MüKoAktG/Spindler § 87 Rn. 112. 194 Näher K/B/L/W/Bachmann Rn. 1000 f. 195 Fn.  82. 196 Vgl. dazu BegrRegE z. VorStAG, BT-Drs. 16/12278, S. 5, 7; Fleischer NZG 2009, 801, 803; Hoffmann-Becking/Krieger Beil. NZG 26/2009, 1, 11; Jaeger/Balke ZIP 2010, 1471, 1477 ff.; Mutter AG 2009, R352; Sailer-Coceani VGR 15 (2009), S. 141, 151 ff. 197 Grundlegend: BGH NJW 2004, 1109 („MobilCom“; für Unterlegung mit zurückerworbenen eigenen Aktien und bedingtem Kapital); zur Klarstellung, dass dies auch für die Realisierung mittels Wandel- und Optionsanleihen gilt, wurde durch das UMAG (Gesetz zur Unternehmensintegrität und zur Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) v. 22.9.2005, BGBl. I, 2802) in § 221 Abs. 4 S. 2 AktG eine explizite Verweisung auf § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG ergänzt, vgl. BegrRegE z. UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 25. 198 Für Zulässigkeit etwa: Spindler/Stilz/Spindler § 113 Rn. 54 f.; dagegen etwa: K. Schmidt/ Lutter/Dryagla § 113 Rn. 36; MüKoAktG/Habersack § 113 Rn. 19; zur Problematik ferner Lutter/Krieger/Verse Rn. 851. 199 Fn.  32. 200 Vgl. dazu Wellerdt EuZW 2017, 172, 173. 201 Dazu Langenbucher in: Kalss/Torggler (Hrsg.), Compliance, 2016, S. 25, 29 f.; Lunk/ Besenthal NZG 2013, 1010, 1011.

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satz der Nettoeinnahmen begrenzt bleiben (lit. a) und darf generell nur gezahlt werden, wenn dies gerechtfertigt ist (lit. c). Besondere Regeln gelten gem. Art. 94 CRD IV für die variable Vergütung.202 13.82 Leitgedanke ist eine Orientierung an der langfristigen Leistung und die Berücksichtigung aktueller und künftiger Risiken.203 Art. 94 Abs. 1 lit. g CRD IV statuiert ein Cap für die Höhe der variablen Vergütung: Sie darf grundsätzlich 100 % der fixen Gesamtvergütung nicht überschreiten; unter bestimmten Voraussetzungen können die Gesellschafter die Grenze aber auf bis zu 200 % erhöhen. Art. 94 Abs. 1 lit. l CRD IV macht Vorgaben zur Zusammensetzung der variablen Vergütung. Gem. Art. 94 Abs. 1 lit. m. CRD IV müssen außerdem mindestens 40 % der variablen Vergütung für wenigstens 3–5 Jahre zurückbehalten werden. Zur Konkretisierung hat die EBA Leitlinien erlassen.204 13.83 13.84 In Deutschland sind diese Vorgaben in § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 6, Abs. 5, 6 KWG i.V.m. der InstitutsVergV205 umgesetzt.206 c)  Transparenz aa)  Börsennotierte Gesellschaften (1)  Empfehlung 2004/913/EG 13.85 Als wesentliches Element einer soliden Vergütungspolitik gilt insbesondere auch die Transparenz.207 Schon die Empfehlung 2004/913/EG (→ 13.6) verlangte deshalb die Offenlegung des allgemeinen Konzepts für die Vergütung der Mitglieder der Unternehmensleitung in einer „Vergütungserklärung“, die entweder Teil eines eigenständigen Vergütungsberichts sein und/oder in den Jahresabschluss und den Lagebericht oder in den Anhang zum Jahresabschluss aufgenommen werden und zudem auf der Internetseite der Gesellschaft veröffentlicht werden soll (Ziff. 3.1). Sie soll Aufschluss über das generelle Vergütungskonzept der Gesellschaft und dessen Umsetzung im vorangehenden Geschäftsjahr geben (Ziff. 3.2). Ziff. 3.3 enthält einen Katalog von Mindestangaben (u.a. relatives Gewicht von fixen und variablen Komponenten, Er-

202 Dazu Ferrarini FS Baums, 2017, S. 401, 408 ff.; Langenbucher in: Kalss/Torggler (Hrsg.), Compliance, 2016, S. 25, 30; Lunk/Besenthal NZG 2013, 1010, 1011. Sehr kritisch und einen Verstoß gegen EuGRCh annehmend Schröder JZ 2016, 556, 559 ff. 203 Vgl. ErwG 63 S. 3 CRD IV. 204 EBA Leitlinien für eine solide Vergütungspolitik, EBA/GL/2015/22, Rn. 75 ff. Dazu Löw/Glück BKR 2016, 265 ff. 205 VO über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten (Institutsvergütungsverordnung – InstitutsVergV) v. 16.12.2013, BGBl. I, 4270. 206 Dazu näher Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Braun § 25a KWG Rn. 729 ff. sowie Boos/ Fischer/Schulte-Mattler/Wolf §§ 1 ff. InstitutsVergV; vgl. ferner auch Bauerfeind GWR 2016, 89 ff. 207 Vgl. ErwG 3 Empfehlung 2004/913/EG; ErwG 97 S. 1 und 2 CRR.

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folgskriterien, etc.), der durch Ziff. 5.2 der Empfehlung 2009/385/EG (→  13.9) um weitere Punkte ergänzt wurde. Zudem sollen auch Informationen zur Vertragsgestaltung (Ziff. 3.4) und zum Verfahren der Vergütungsfestlegung (Ziff. 3.5) enthalten sein. Offenzulegen ist darüber hinaus die individuelle Vergütung der Mitglieder der 13.86 Unternehmensleitung. Gem. Ziff. 5.1 sollen die Gesamtvergütung und sonstige Leistungen, die den einzelnen Mitgliedern im Laufe des betreffenden Geschäftsjahres gewährt wurden, im Jahresabschluss oder im Anhang dazu oder ggf. im Vergütungsbericht detailliert offengelegt werden. Zur Konkretisierung enthält die Empfehlung auch eine Liste von Mindestinformationen zur Vergütung und/oder den Honoraren (Ziff. 5.3), aktienbezogenen Vergütungselementen (Ziff. 5.4) und betrieblichen Altersversorgungsregelungen (Ziff. 5.5); soweit nach nationalem Recht bzw. der Satzung zulässig, sollen zudem auch bestimmte Angaben zu Darlehen, Vorschüssen und Bürgschaften zugunsten der betreffenden Personen gemacht werden (Ziff. 5.6). (2)  Art. 9a, 9b ARRL n.F. Art. 9a und 9b ARRL n.F. verlangen ab 10.6.2019 zwingend die Offenlegung von Ver- 13.87 gütungspolitik und Vergütungsbericht → 29.112 ff. (3)  Deutsches Recht In Deutschland ist Transparenz in Bezug auf die Aufsichtsratsvergütung seit Lan- 13.88 gem bereits dadurch gewährleistet, dass diese gem. § 113 AktG nur in der Satzung festgesetzt oder von der Hauptversammlung bewilligt werden kann.208 1985 wurde mit dem BiRiLiG (→ 23.12, 25.8) in § 285 Nr. 9 HGB eine Pflicht zur Angabe der Gesamtbezüge aller Organmitglieder im Anhang eingeführt. Durch das VorstOG209 wurde dann 2005 ein neuer § 289 Abs. 2 Nr. 5 HGB (heute: Nr. 4) ergänzt, wonach der Lagebericht auf die Grundzüge des Vergütungssystems eingehen soll210. Weiterhin empfiehlt Ziff. 4.2.5 DCGK seit 2006 eine Offenlegung des Vergütungssystems für die Vorstandsmitglieder in einem Vergütungsbericht211; 2013 wurde ein neuer Abs. 3 ergänzt, der weitere Detailangaben und die Verwendung einer Mustertabelle empfiehlt212.213

208 Vgl. Lutter EuZW 2009, 799, 801; J. Schmidt (Fn. 61), S. 259, 293. 209 Gesetz über die Offenlegung der Vorstandsvergütungen (Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz – VorstOG) v. 3.8.2005, BGBl. I, S. 2267. 210 Vgl. dazu nur Lutter EuZW 2009, 799, 801; ders. FS Wymeersch, 2009, S. 132, 137 f. 211 Vgl. dazu Lutter EuZW 2009, 799, 801. 212 Vgl. dazu Wilsing/von den Linden DStR 2013, 1291, 1294. 213 Näher zum Ganzen K/B/L/W/Bachmann Rn. 1052 ff.

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§ 13 Corporate Governance in der EU

13.89

In Bezug auf die individuelle Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder214 bestand aufgrund von § 113 AktG (Festlegung in der Satzung oder durch Hauptversammlungsbeschluss) schon seit jeher Transparenz.215 Hinsichtlich der Vorstandsvergütung hatte der DCGK zwar bereits seit 2002 eine (2003 zur Empfehlung hochgestufte) Anregung enthalten (Ziff. 4.2.4.)216, obligatorisch wurde die Offenlegung der individuellen Bezüge der Vorstandsmitglieder börsennotierter AG im Anhang bzw. Konzernhang aber erst durch das VorstOG (§§ 285 S. 1 Nr. 9 lit. a S. 5–9, 314 Abs. 1 Nr. 6 lit. a S. 5–9 HGB a.F. [heute: § 285 S. 1 Nr. 9 lit. a S. 5–8, 314 Abs. 1 Nr. 6 lit. a S. 5–8 HGB])217; durch das VorstAG218 wurden die Pflichtangaben dann sogar noch deutlich erweitert und verschärft (§§ 285 S. 1 Nr. 9a S. 6, 314 Abs. 1 Nr. 6a S. 6 n.F.)219. Allerdings eröffnet das deutsche Recht auch weiterhin die Option eines Opt-out von der individualisierten Offenlegung mittels eines qualifizierten Hauptversammlungsbeschlusses (§§ 286 Abs. 5, 314 Abs. 3 S. 1 HGB).220 13.90 Die Umsetzung der Vorgaben der Art. 9a, 9b ARRL n.F. werden eine ganze Reihe von Änderungen im deutschen Recht erfordern → 29.112 ff., 29.161 f. bb) Finanzdienstleistungssektor 13.91 CRR-Institute müssen gem. Art. 450 CRR (→ 14.145) die dort aufgelisteten umfassenden Angaben zu ihrer Vergütungspolitik offenlegen.221 Andere Institute müssen gem. Art. 96 CRD IV (→ 14.145) auf ihrer Webseite erläutern, wie sie die Anforderungen der Art. 88–95 CRD IV erfüllen; dies wird in Deutschland durch § 16 InstitutsVergV umgesetzt222. Zur Konkretisierung hat die EBA Leitlinien erlassen.223

214 Vgl. zum Ganzen auch Lutter EuZW 2009, 799, 800; J. Schmidt (Fn. 61), S. 259, 293 f. m.w.N. 215 Vgl. Lutter EuZW 2009, 799, 801; J. Schmidt (Fn. 61), S. 259, 293. 216 Dazu ausf. K/B/L/W/Bachmann Rn. 1043 ff. 217 Vgl. dazu BegrRegE z. VorstOG, BT-Drs. 15/5577, S. 6 ff.; Bayer ZG 2008, 313, 320 f.; Fleischer DB 2005, 1611 ff.; Leuering/Simon NZG 2005, 945 ff.; Spindler NZG 2005, 689 ff.; van Kann DStR 2005, 1496 ff. 218 Fn.  82. 219 Dazu BegrRegE z. VorstAG, BT-Drs. 16/12278, S. 7; Fleischer NZG 2009, 801, 805 f.; Hoffmann-Becking/Krieger Beil. NZG 26/2009, 1, 12; Seibert WM 2009, 1489, 1492; Thüsing AG 2009, 517, 527 f. 220 Hieran hat auch das VorstAG (Fn. 82) nichts geändert, vgl. Klasen Der Aufsichtsrat 5/2009, 69, 71; van Kann/Keiluweit DStR 2009, 1587, 1591; J. Schmidt (Fn. 61), S. 259, 294 Fn. 256; unzutreffend insofern Inwinkl/Schneider WPg 2009, 971, 977. Rechtstatsachen zum Opt-out bei Bayer/Renner AG 2007, R532 f. 221 Dazu näher Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Hillen Art. 450 CRR Rn. 1 ff. 222 Dazu näher Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Wolfgarten § 16 InstitutsVergV Rn. 1 ff. 223 EBA Leitlinien für eine solide Vergütungspolitik, EBA/GL/2015/22, Rn. 286 ff.

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d)  Rolle der Hauptversammlung aa)  Empfehlung 2004/913/EG Ein weiteres zentrales Element der Empfehlung 2004/913/EG war die Einschaltung 13.92 der Aktionäre als „Kontrollinstanz“. Um zu gewährleisten, dass diese tatsächlich Gelegenheit erhalten, über die Vergütungspolitik zu diskutieren, fordert Ziff. 4.1, dass die Vergütungspolitik unabhängig von einem Aktionärsantrag ein eigener Tagesordnungspunkt der Jahreshauptversammlung sein soll. Damit diese Diskussion auch auf der Grundlage einer hinreichenden Informationsbasis stattfindet, verlangt Ziff. 7 eine umfassende Information der Aktionäre i.R.e. Mitteilung über den Beschlussantrag auf der Internetseite der Gesellschaft. Vor allem aber soll die Vergütungserklärung der Jahreshauptversammlung gem. Ziff. 4.2 auch zur Beschlussfassung vorgelegt werden („say on pay“).224 Vorbild war insoweit das UK225, wo das „say on pay“ bereits 2002 eingeführt wurde226. Die Empfehlung stellt es den Mitgliedstaaten insoweit allerdings explizit frei, ob die Abstimmung bindenden oder nur beratenden Charakter hat; zudem sollen die Mitgliedstaaten die Abstimmung auch vom Antrag einer Aktionärsminderheit von 25 % abhängig machen können. Um die Rechenschaftspflicht des Managements weiter zu stärken, empfiehlt Ziff. 6.1 Empfehlung 2009/385/EG ergänzend, dass Aktionäre und insbesondere institutionelle Anleger zur Teilnahme und Abstimmung ermutigt werden sollen. In Deutschland fällt die Festlegung der Aufsichtsratsvergütung gem. § 113 AktG 13.93 seit jeher in die ausschließliche Zuständigkeit der Hauptversammlung. Hinsichtlich der Vorstandsvergütung wurde 2009 durch das VorStAG227 ein (rechtlich nicht verbindliches) Vergütungsvotum der Hauptversammlung eingeführt (§ 120 Abs. 4 AktG)228; es ist zwar fakultativ, wird aber seit 2010 auch ausdrücklich in Ziff. 2.2.1 Abs. 2 S. 2 DCGK genannt229 und in der Praxis auch durchaus genutzt230. Im ersten Anlauf für die (letztlich erst 2016 verabschiedete) Aktienrechtsnovelle wurde der

224 Dafür auch bereits nachdrücklich Bericht High Level Group (Fn. 6), S. 69 f. 225 Vgl. Fleischer/Bedkowski AG 2009, 677, 678 f. 226 Ursprünglich eingeführt als s. 241A CA 1985 durch The Directors’ Remuneration Report Regulations 2002, SI 2002/1986; heute s. 439 CA 2006. 227 Fn.  82. 228 Dazu Begr. Rechtsausschuss z. VorstAG, BT-Drs. 16/13433, S. 12; Begemann/Laue BB 2009, 2442 ff.; Cahn FS Hopt, 2010, S. 431, 447 f.; Dauner-Lieb/von Preen/Simon DB 2010, 377, 381; Deilmann/Otte DB 2010, 545 ff.; Döll WM 2010, 103 ff.; von Falkenhausen/Kocher AG 2010, 623 ff.; Fleischer AG 2010, 681 ff.; Fleischer/Bedkowski AG 2009, 677 ff.; Hellgardt/Hoger ZGR 2011, 38, 76 f.; Hoffmann/Lieder AG 2011, R135, R137; Hoffmann-Becking/Krieger Beil. NZG 26/2009, 1, 10 f.; Jaspers ZRP 2010, 8, 9 ff.; Lutter EuZW 2009, 799, 801; Schick ZIP 2011, 593 ff.; Schüppen ZIP 2010, 905 ff.; Seibert WM 2009, 1489, 1491 f.; Thüsing AG 2009, 517, 524 f.; E. Vetter ZIP 2009, 2136 ff. 229 Vgl. dazu Hecker/Peters BB 2010, 2251, 2252 f.; Keiluweit DStR 2010, 2251, 2254; K/B/ L/W/Kremer Rn. 336 ff. 230 Vgl. Deilmann/Otte DB 2010, 545, 547; Eisenschmidt DB 2016, 2793 ff.; von Falkenhausen/Kocher AG 2010, 623 ff.; Velte EuZW 2013, 893, 896.

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§ 13 Corporate Governance in der EU

Entwurf 2012 im Rechtsausschuss in VorstKoG231 umbenannt und um eine Regelung für ein bindendes Hauptversammlungsvotum ergänzt232; er fiel dann jedoch der Diskontinuität zum Opfer233. In dem 2014 gestarteten „zweiten Anlauf“ wurde das „say on pay“ dann nicht aufgenommen, weil man die weitere Entwicklung auf EU-Ebene abwarten wollte.234 bb)  Art. 9a, 9b ARRL n.F. 13.94 Art. 9a ARRL (→ 29.116 ff.) sieht ab 10.6.2019 nun ein obligatorisches und grundsätzlich bindendes Hauptversammlungsvotum zur Vergütungspolitik vor (→ 29.130 ff.). Außerdem müssen die Mitgliedstaaten gem. Art. 9b ARRL (→ 29.138 ff.) sicherstellen, dass die Hauptversammlung das Recht auf ein Votum mit beratendem Charakter zum Vergütungsbericht hat (→ 29.154 f.). 5.  Haftung 13.95 Im Aktionsplan 2003 (→ 5.43, 13.4) war in Anknüpfung an die Vorschläge der High Level Group235 (→ 5.41, 13.3, 28.4) die Schaffung einer wrongful trading-Haftung nach dem Vorbild der englischen s. 2.14 IA 1986 angekündigt worden236; nachdem sich die Mehrheit der Konsultationsteilnehmer237 und später auch das EP238 dagegen ausgesprochen hatten, wurde das Vorhaben indes nicht weiter verfolgt. Die Thematik wurde zwar 2011 von der Reflection Group (→ 13.12) wieder aufgegriffen239, fand aber keinen Eingang in den Aktionsplan 2012 (→ 5.68, 13.14). Die Frage der Haftung wurde dann auch in einer von der Kommission in Auftrag gegebenen und 2016 veröffentlichten Studie240 angesprochen, fand sich anschließend im ursprünglichen „Fahrplan“ für den Vorschlag für eine Unternehmensinsolvenz-RL (→ 17.11, 17.110 ff.)241, wurde dann aber letztlich doch nicht darin aufgenommen.

231 Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung und zur Änderung weiterer aktienrechtlicher Vorschriften (VorstKoG), BT-Drs. 17/14214. 232 Vgl. dazu Löbbe/Fischbach WM 2013, 1625 ff.; Verse NZG 2013, 921 ff.; Seibert FS Kübler, 2015, S. 665, 677 ff.; ders. BOARD 2013, 139 ff.; Ziemons GWR 2013, 283 ff. 233 Vgl. Jahn AG 2013, R291 f. 234 Vgl. Spindler/Stilz/Hoffmann § 120 Rn. 61. 235 Vgl. Bericht High Level Group (Fn. 6), S. 73 f. 236 Vgl. Aktionsplan 2003 (Fn. 8), 3.1.3 (S. 19). 237 Vgl. Summary Report (Fn. 53), S. 13 f. 238 Entschließung des EP v. 4.7.2006 zu den jüngsten Entwicklungen und den Perspektiven des Gesellschaftsrechts, P6_TA(2006)0295, Nr. 20. 239 Vgl. Bericht Reflection Group (Fn. 37), S. 52, 59 ff. 240 University of Leeds, Study on a new approach to business failure and insolvency, 2016, DS-02-16-331-EN-C, S. 422 ff. 241 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1929 f.

§ 13 Corporate Governance in der EU

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V.  Aktionäre und Hauptversammlung 1.  Aktionärsrechte Wesentliche Aspekte der Aktionärsrechte wurden 2007 durch die ARRL harmoni- 13.96 siert, durch die RL (EU) 2017/828 wurde dies noch ausgebaut (→ 29). 2.  „One share, one vote“ Im Aktionsplan 2003 (→ 5.43, 13.4) hatte die Kommission angekündigt, auch das 13.97 speziell im Kontext der Beratungen zur TBD in den Fokus geratene (→ 28.3, 28.76, 28.87) Thema der Proportionalität von Kapital und Kontrolle („one share, one vote“) angehen zu wollen; mittel- bzw. langfristig spreche Vieles dafür, in der EU auf eine echte Aktionärsdemokratie hinzuarbeiten.242 Nachdem dies auch i.R.d. Konsultation zu den Prioritäten des Aktionsplans überwiegend befürwortet worden war243, vergab die Kommission den Auftrag für die Studie an ein Konsortium aus ISS Europe, ECGI und Shearman & Stearling LLP, das dann im Juli 2007 eine ausführliche rechtsvergleichenden Studie244 präsentierte, die neben 16 EU-Mitgliedstaaten auch Australien, Japan und die USA abdeckte. Nachdem sich das ECGF (→ 13.5) auf der Basis dieser Studie gegen eine zwingende Vorgabe des „one share, one vote“-Prinzips ausgesprochen hatte245, gelangte auch die Kommission in ihrer eigenen Folgenabschätzung im Dezember 2007246 zu dem Ergebnis, dass kein Bedarf für legislatorische Maßnahmen auf EU-Ebene bestehe. In Ermangelung empirischer Nachweise für Existenz und Umfang einer Enteignung der Aktionäre wären weitere Maßnahmen vielmehr mit dem Risiko verbunden, Emittenten und kontrollierenden Aktionären erhebliche Kosten aufzuerlegen, ohne dass dem ein verhältnismäßiger Nutzen gegenüberstehe247.248

242 Vgl. Aktionsplan 2003 (Fn. 8), 3.1.2 (S. 17). 243 Vgl. Summary Report (Fn. 53), S. 2, 8. 244 Shearman & Sterling LLP, ISS Europe, ECGI, Report on the Proportionality Principle in the European Union, abrufbar unter . Neben dem Bericht ist auch die Studie selbst abrufbar unter . 245 ECGF, Statement on Proportionality, 25.8.2007 (). 246 Impact Assessment on the Proportionality between Capital and Control in Listed Companies, SEC(2007) 1705. 247 Vgl. SEC(2007) 1705, S. 6. 248 Vgl. zum Ganzen auch Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 456; Weber-Rey ECFR 2007, 370, 404 ff.; Wymeersch FS Hopt, 2010, S. 1565, 1576 f.

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§ 13 Corporate Governance in der EU

3.  Berater für die Stimmrechtsausübung (proxy advisors) 13.98 Der Corporate Governance-Rahmen für Berater für die Stimmrechtsausübung (proxy advisors) wurde bereits im Grünbuch 2011 (→ 13.11) thematisiert; mit Art. 3i ARRL n.F. wurde schließlich eine EU-Regelung geschaffen (→ 29.53 ff.). 4.  Institutionelle Anleger 13.99 Die Rolle instititutioneller Anleger wurde ebenfalls bereits im Grünbuch 2011 (→ 13.11) in den Fokus gerückt; für sie wurde mit Art. 3f–3g ARRL n.F. ein spezieller Rechtsrahmen geschaffen (→ 29.41 ff.). 5.  Mitarbeiterbeteiligungen 13.100 In Anknüpfung an die Überlegungen zu potentiellen Maßnahmen in Bezug auf Mitarbeiterbeteiligungen im Aktionsplan 2012249 (→ 5.68, 13.14) wurde im Oktober 2014 eine Studie zur Förderung der Mitarbeiterbeteiligung250 präsentiert, die einen 5-Punkte-Plan vorschlug: (l) Einrichtung eines „Virtuellen Zentrums für Mitarbeiterbeteiligungen“, (2) „Code of Conduct“ für Mitarbeiterbeteiligungen, der von einer Expertengruppen regelmäßig überarbeitet wird, (3) Europäischer Mitarbeiterbeteiligungstag, (4) Online-Rechner für die effektive Besteuerung, (5) optionaler gemeinsamer Referenzrahmen für Mitarbeiterbeteiligungen. Anknüpfend hieran hat die Kommission in der CMU-Halbzeitbilanz (→ 14.179) angekündigt, dass bis Anfang 2019 best practices zur Förderung der Mitarbeiterbeteiligung entwickelt werden sollen (→ 14.194). 6.  Langfristige und nachhaltige Investments 13.101 2015/16 wurde im Kontext der CMU (→ 14.176 ff.) eine Konsultation zu langfristigen und nachhaltigen Investments251 durchgeführt. Die Kommission gelangte zu dem Ergebnis, dass die meisten Stakeholder sich zwar der Bedeutung von ESG-Faktoren (environmental, social and governance factors – Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsfaktoren) für ihre Investititionsentscheidungen bewusst waren, ESGFaktoren bei der Entscheidungsfindung aber sehr unterschiedlich und insgesamt nicht

249 Aktionsplan 2012 (Fn. 38), 3.5.; dazu Bayer/J. Schmidt, BB 2013, 3, 14. 250 Inter-University Centre, The promotion of employee ownership and participation, 2014 (). Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1737; J. Schmidt VGR 20 (2014) 25, 57; Verse/Wiersch EuZW 2016, 330, 337. 251 Konsultationsseite: .

§ 13 Corporate Governance in der EU

227

hinreichend berücksichtigt wurden.252 Im Oktober 2016 wurde dann eine High Level Expert Group on Sustainable Finance eingesetzt; die Kommission will spätestens im 1. Quartal 2018 entscheiden, ob und welche konkreten Folgemaßnahmen auf deren Empfehlungen hin ergriffen werden (→ 14.193).

VI.  Digitalisierung Die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche stellt auch das Gesellschafts- 13.102 recht im Allgemeinen und die Corporate Governance im Besonderen vor ganz neue Herausforderungen. Eine Reihe wichtiger erster Schritte zur Digitalisierung sind auf EU-Ebene bereits erfolgt; zu nennen sind hier insbesondere die Elektronisierung der Handels- und Unternehmensregister (→ 18.5, 18.16), die Vorschriften zur elektronischen Teilnahme an der Hauptversammlung und elektronischen Stimmabgabe in der ARRL (→ 29.95 ff.), die Schaffung des BRIS (18.7, 18.17) und die im Aufbau befindliche elektronische Insolvenzregistervernetzung (17.66). Im Frühjahr 2015 wurde jedoch sowohl im CMU-Grünbuch (→ 14.176 ff.) als 13.103 auch im Kontext des Digital Single Market Act253 festgestellt, dass die Vorteile der Digitalisierung als eine der Hauptprioritäten der Juncker-Kommission im Bereich des Gesellschaftsrechts bislang bei Weitem noch nicht hinreichend genutzt werden.254 Am 2.10.2015 wurde deshalb eine Konferenz zum Thema „Company Law in the Digital Age“ („Gesellschaftsrecht im digitalen Zeitalter“) durchgeführt.255 Am 24.3.2016 legte ICLEG (→ 13.19) einen im Auftrag der Kommission erstell- 13.104 ten Bericht zur Digitalisierung im Gesellschaftsrecht256 vor. Vanessa Knapp, eines der beiden bei der Erstellung federführenden Mitglieder der Expertengruppe, hat außerdem einen entsprechenden Bericht257 für den EP-Rechtsausschuss (JURI) erstellt und dort am 14.6.2016 präsentiert. Der ICLEG-Bericht formuliert zunächst drei allgemeine Prinzipien für die Digitalisierung im Gesellschaftsrecht: Die Einfügung in die bestehenden Corporate Governance-Strukturen, die Technologieneutralität und das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung als Grundlage.258 Aufbauend hierauf werden dann insgesamt 29 Empfehlungen zur Digitalisierung in Bezug auf (i) Kommunika-

252 Feedback Statement (Fn. 251), S. 2. 253 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafs- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Strategie für einen digitalen Binnenmarkt für Europa, COM(2015) 192. Dazu SWD(2015) 100. 254 Vgl. COM(2015) 63, S. 29; SWD(2015) 100, S. 77 f. 255  Weitere Informationen dazu: . 256 ICLEG, Report on digitalisation in company law, March 2016 (). Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1927 f. 257 Knapp, What are the issues relating to digitalisation in company law?, PE 559.661. 258 Vgl. ICLEG (Fn. 256), Empfehlungen 1–3.

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§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

tion zwischen Gesellschaft und Staat (dazu auch noch → 47.102), (ii) Kommunikation § 14 Kapitalmarktrecht in der EU zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern, und (iii) die Hauptversammlung (dazu auch noch → 29.96) präsentiert.259 In ihrem Arbeitsprogramm für 2017 hat die Kommission für Ende 2017 eine un13.105 ternehmensspezifische Initiative zur Förderung des Einsatzes digitaler Technologien während des Lebenszyklus eines Unternehmens angekündigt.260 Zur Vorbereitung führte sie im Sommer 2017 eine Konsultation durch.261

§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU Literatur: Assmann, Heinz-Dieter, Bank- und Kapitalmarktrecht, in Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., 2010, Kap. 22; Elster, Nico, Europäisches Kapitalmarktrecht: Recht des Sekundärmarktes, 2002; Fleischer, Holger, Empfiehlt es sich, im Interesse des Anlegerschutzes und zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland das Kapitalmarktund Börsenrecht neu zu regeln?, Gutachten F zum 64. Deutschen Juristentag, 2002; Garrido García, José M., Company law and capital markets law, RabelsZ 69 (2005) 761; Hopt, Klaus J., Vom Aktien- und Börsenrecht zum Kapitalmarktrecht?, ZHR 141 (1977) 389; ders., 50 Jahre Anlegerschutz und Kapitalmarktrecht: Rückblick und Ausblick, WM 2009, 1873; Horn, Norbert, Europäisches Finanzmarktrecht – Entwicklungsstand und rechtspolitische Aufgaben, 2003; Krimphove, Dieter, Gesetzgebung im europäischen Bank- und Kapitalmarktrecht – eine ökonomisch-historische Betrachtung, EuR 2007, 597; Merkt, Hanno/Rossbach, Oliver, Zur Einführung: Kapitalmarktrecht, JuS 2003, 217; Möllers, Thomas M. J., Europäische Methodenund Gesetzgebungslehre im Kapitalmarktrecht – Vollharmonisierung, Generalklausel und soft law im Rahmen des Lamfalussy-Verfahrens als Mittel zur Etablierung von Standards, ZEuP 2008, 480; ders., Konzeption des europäischen Kapitalmarktrechts für Wertpapierdienstleistungen, WM 2001, 2085; Mülbert, Peter O., Anlegerschutz und Finanzmarktregulierung – Grundlagen −, ZHR 177 (2013) 160; Teichmann, Christoph, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht, 2006; Veil, Rüdiger, Europäische Kapitalmarktunion. Verordnungsgesetzgebung, Instrumente der europäischen Marktaufsicht und die Idee eines „Single Rulebook“, ZGR 2014, 544; Wilhelmi, Rüdiger, Entwicklungslinien des europäischen Kapitalmarktrechts. Vom Ende der Nachkriegszeit bis zu den Reaktionen auf die Finanzkrise 2007/08, JZ 2014, 693; Zimmer, Daniel, Finanzmarktrecht – Quo Vadis?, BKR 2004, 421. Vgl. weiterhin auch die Literaturangaben bei → 31–41 sowie die umfangreichen Nachweise in den Fußnoten.

259 Näher dazu Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1927 f. 260 Vgl. COM(2016) 710 Annex 1, S. 3. 261 Konsultationsseite: < http://ec.europa.eu/newsroom/just/item-detail.cfm?item_id=58190>. Dazu Müller GmbHR 2017, R185 f.

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I.  Einführung

14

Kapitalmärkte erfüllen heute für die Gesamtwirtschaft überaus wichtige Funktio- 14.1 nen: Sie dienen der Finanzierung von Unternehmen, schaffen Arbeitsplätze, transportieren Informationen und tragen zu einer effizienten Allokation von Finanzvermögen bei. Diesen volkswirtschaftlichen Nutzen von Kapitalmärkten haben die Kommission und der europäische Gesetzgeber bereits früh erkannt und seither maßgeblich zur Ausformung des heutigen Kapitalmarktrechts beigetragen.1 Die wichtigsten kapitalmarktrechtlichen EU-Rechtsakte sind heute: 14.2 • die Rechtsakte zur Schaffung des Europäischen Finanzaufsichtssystems (ESFS): EBA-VO, EIOPA-VO, ESMA-VO, ESRB-VO (→ 14.90 ff., 31); • die RL und die VO über Märkte für Finanzinstrumente: MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive II) und MiFIR (Markets in Financial Instruments Regulation) (→ 14.28, 14.32, 14.40, 14.47, 14.62 ff., 32); • die CARD (→ 14.22, 14.32, 14.70 f., 33); • die ProspRL bzw. ab 21.7.2019 die ProspVO (→ 14.21 f., 41.28, 41.32, 14.40, 14.47, 14.63, 14.67, 14.70, 14.73, 14.95, 14.129, 14.186, 34); • die MAR (Market Abuse Regulation [Marktmissbrauchs-VO]) und die MAD II (Market Abuse Directive II [Marktmissbrauchs-RL II]) (→ 14.28 f., 14.31 f., 14.39, 14.41, 14.47, 14.59, 14.63, 14.69, 14.76, 14.84, 14.87, 14.166, 35); • die TrRL (→ 14.21 f., 14.28, 14.31 f., 14.40, 14.47, 14.63, 14.82, 14.85, 14.88, 36); • die EMIR (European Market Infrastructure Regulation) (→  14.29, 14.32, 14.39, 14.47, 14.62, 14.65, 14.159, 14.164, 37); • die verschiedenen Rechtsakte betreffend Investmentfonds: OGAW-RL (→ 14.19, 14.22, 14.28 f., 14.31 f., 14.40, 14.47, 14.74, 14.83, 14.164, 38.3 ff.), AIFMD (→ 14.29, 14.40, 14.47, 14.67 f., 14.83, 14.86, 14.95, 38.29 ff.), EuVECA-VO (→ 14.29, 14.31, 14.39, 14.47, 14.68, 14.83, 14.181, 38.52 ff.), EuSEF-VO (→ 14.29, 14.31, 14.39, 14.47, 14.68, 14.83, 14.181, 38.60 ff.), ELTIF-VO (→ 14.29, 14.32, 14.39, 14.47, 14.68, 14.74, 14.83, 38.69 ff.), MMF-VO (→ 38.79 ff.); • die CSDR (Central Securities Depositories Regulation [Zentralverwahrer-VO]) (→ 14.29, 14.31, 14.39, 14.47, 14.62, 14.159, 39); • die SSR (Short Selling Regulation [Leerverkaufs-VO]) (→  14.29, 14.39, 14.47, 14.63, 14.77, 14.131, 40); • die CRAR (Credit Rating Agencies Regulation – Rating-VO) (→  14.29, 14.32, 14.39, 14.47, 14.69, 14.98, 14.127, 41) Das Kapitalmarktrecht ist heute einer der am stärksten europäisierten Rechtsberei- 14.3 che, das europäische Recht hat somit erheblichen Einfluss auf die nationalen Rechte

1  Vgl. nur Assmann, in Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., 2010, Kap. 22 Rn. 1.

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§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

der Mitgliedstaaten genommen; speziell in Deutschland gehen nahezu alle kapitalmarktrechtlichen Regelungen auf europäisches Recht zurück.2 1.  Der Europäische Kapitalmarkt a)  Der Begriff Kapitalmarkt 14.4 Was unter dem Begriff Kapitalmarkt zu verstehen ist, ist bislang nicht abschließend geklärt.3 14.5 Als ein aus der Volkswirtschaft stammender Begriff wird er häufig als ein besonderer Teil des Finanzmarkts in Abgrenzung zum Geld-, Devisen- und Terminmarkt beschrieben.4 Funktional betrachtet handelt es sich beim Kapitalmarkt um den Markt, auf dem Unternehmen längerfristig Geldvermögen zugeführt wird, das diese für Investitionen nutzen.5 Im Rahmen der juristischen Terminologie kann zwischen einem Kapitalmarkt im 14.6 engeren und im weiteren Sinn unterschieden werden:6 Kapitalmarkt i.e.S. meint allein den Wertpapiermarkt, also einen Markt, an dem ein massenhafter, institutionalisierter Handel mit standardisierten Finanzprodukten stattfindet7. Unter den Begriff des Kapitalmarkts i.w.S. fällt darüber hinaus der sog. Graue Kapitalmarkt, d.h. der nicht spezifisch regulierte Teil des Kapitalmarkts8 (der allerdings infolge der Reformen in den letzten Jahren erheblich kleiner geworden ist). Für den Begriff des Europäischen Kapitalmarkts bietet sich in Anlehnung an den 14.7 Anwendungsbereich von MiFID II und MiFIR (→ 32.7 ff.) als den „Grundgesetzen“ des Europäischen Kapitalmarktrecht (→ 32.1) eine Definition anhand der Produkte an, die auf dem Kapitalmarkt gehandelt und vom europäischen Gesetzgeber reguliert werden. Danach ist der Europäische Kapitalmarkt als Markt für Finanzinstrumente (→ 14.63) zu verstehen.9

2  Vgl. nur Buck-Heeb Rn. 32; Grunewald/Schlitt/Schlitt § 1 I 3 b; Krimphove EuR 2007, 597, 598 ff.; Langenbucher § 1 Rn. 36. 3  Vgl. nur Buck-Heeb Rn. 4; Kalss/Oppitz/Zollner, KMR, § 1 Rn. 1; Veil/Veil, ECML, § 2 Rn. 1. Instruktiv zu den verschiedenen denkbaren Funktionen von Kapitalmärkten Lachlan/Greene (2016) 11 CMLJ 340 ff. 4 Vgl. Lenenbach Rn. 1.12 f.; Grunewald/Schlitt/Schlitt § 1 I 3 b. 5 Vgl. Lenenbach Rn. 1.12 f.; Grunewald/Schlitt/Schlitt § 1 I 3 b. 6 Vgl. Assmann (Fn. 1), Rn. 36 f. 7  Ein solch enges Verständnis zeigt der europäische Gesetzgeber etwa in Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II. 8 Vgl. Kalss/Oppitz/Zollner, KMR, § 1 Rn. 75; Langenbucher/Klöhn § 6 Rn. 2. 9  Vgl. Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 i.V.m. Anhang I Abschnitt C MiFID II (→ 32.11).

§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

231

b)  Systematisierung aa)  Primär- und Sekundärmarkt Funktionell kann zwischen Primär- und Sekundärmarkt differenziert werden: Pri- 14.8 märmarkt (Emissionsmarkt) ist der Markt, auf dem Wertpapiere erstmalig durch den Emittenten ausgegeben werden (sog. Emission); auf Sekundärmarkten (Zirkulationsmärkten) findet der Handel der emittierten Wertpapiere zwischen Anlegern bzw. zwischen Anlegern und sog. Intermediären statt.10 Die Funktion dieser Differenzierung erschöpft sich nicht allein in der formalen Beschreibung der chronologischen Abfolge der Märkte. Sie ermöglicht v.a. auch die Erfassung der verschiedenen Problemlagen: So ist etwa das Informationsbedürfnis eines Anlegers, der auf dem Primärmarkt erstmals ausgegebene Papiere vom Emittenten erwerben möchte, ein anderes als auf dem Sekundärmarkt, wo das Papier bereits einer ständigen Bewertung durch die Marktteilnehmer unterliegt.11 bb)  Differenzierung nach dem Organisationsgrad Zudem lassen sich die Kapitalmärkte nach ihrem Organisationsgrad einteilen.12 Mi- 14.9 FID II/MiFIR differenzieren zwischen drei Kategorien von Handelsplätzen mit sinkendem Organisationsgrad: (1) geregelte Märkte, (2) MTF (multilaterale Handelssysteme/mutilateral trading facilities), und (3) OTF (organisierte Handelssysteme/ organized trading facilities); zudem kann organisierter Handel auch über systematische Internalisierer (IS) stattfinden (→ 32.34 ff.). Daneben gibt es die amtliche Notierung nach der CARD (→ 14.71, 33.5). 2.  Das Europäische Kapitalmarktrecht a)  Regelungsinhalte Gegenstand des Europäischen Kapitalmarktrechts ist die Organisation der Kapital- 14.10 märkte, der Handel von Wertpapieren auf den Kapitalmärkten und das Verhalten der Marktteilnehmer (Emittenten, Anleger und Finanzintermediäre).13 Ziel ist die Schaffung eines Binnenmarkts für Kapital.14 Konzeptionell handelt es sich um Marktverfassungsrecht bestehend aus Markt- 14.11 organisations-, Marktverhaltens- und Marktaufsichtsrecht.15 In materieller Hinsicht 10 Vgl. Buck-Heeb Rn. 73; Kalss/Oppitz/Zollner, KMR, § 1 Rn. 8; Grunewald/Schlitt/Schlitt § 1 II 1; Veil/Veil, ECML, § 7 Rn. 11, 14. 11 Vgl. Elster, S. 3. 12 Vgl. Buck-Heeb Rn. 75 ff.; Grunewald/Schlitt/Schlitt § 1 II 2. 13  Vgl. Veil/Veil, ECML, § 2 Rn. 1; s. auch Moloney I.1. 14  Vgl. COM(2015) 468, S. 6; s. ferner etwa auch ErwG 1 MiFIR. 15 Vgl. Mülbert WM 2001, 2085, 2087.

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§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

stellt das Europäische Kapitalmarktrecht eine Mischung aus öffentlich-, privat- und strafrechtlichen Bestimmungen dar; Kapitalmarktrecht ist also eine Querschnittsmaterie16. b)  Schutzziele 14.12 Neben dem Generalziel der Schaffung eines Binnenmarkts für Kapital hat das Europäische Kapitalmarktrecht heute im Wesentlichen drei eng miteinander verknüpfte Regelungsziele: Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte (→ 14.13), Anlegerschutz (→ 14.14) und Finanzstabilität (→ 14.15).17 14.13 Erstens soll ein wirksames und ordnungsgemäßes Funktionieren der Kapitalmärkte gewährleistet werden.18 Kapitalmärkte erfüllen im Gefüge der Wirtschaftsordnung eine wichtige ökonomische Aufgabe.19 Die Funktionsfähigkeit spiegelt sich vor allem in der Markteffizienz wider20, die sich traditionell in drei Dimensionen darstellen lässt21: Die Allokationseffizienz gewährleistet, dass Ressourcen in ihre produktivste Verwendung gelenkt werden. Die operationale Effizienz stellt eine Minimierung der Transaktionskosten beim Handel mit (Kapitalmarkt-)Produkten dar. Die institutionelle Effizienz garantiert die Rahmenbedingungen, die einen Kapitalmarkt überhaupt erst entstehen lassen, also die Voraussetzungen dafür, dass Anleger ihr Vermögen zur Verfügung stellen; sie wird durch besondere Informations- und Verhaltenspflichten realisiert, die dem Vertrauensschutz dienen. Der Aspekt des Vertrauensschutzes22 wird vornehmlich dem Anlegerschutz23 14.14 zugeordnet, dem zweiten Schutzziel des Kapitalmarktrechts.24 Hier ist jedoch zu differenzieren zwischen dem Anlegerschutz als Individualschutz (also dem vom Ge16 Vgl. Buck-Heeb Rn. 42 ff.; Hopt WM 2009, 1873, 1874; Kalss/Oppitz/Zollner, KMR, § 1 Rn. 11; U.H. Schneider AG 2012, 823; Veil/Veil, ECML, § 6 Rn. 2; s. auch Fleischer ZIP 2006, 451, 458 (Kapitalmarktrecht als Markt-, Verfahrens-, Informations-, Regulierungsund Querschnittsrecht). 17  Vgl. Veil/Veil, ECML, § 2 Rn. 8 f. 18  Vgl. Veil/Veil, ECML, § 2 Rn. 3. Vgl. etwa auch ErwG 11 S. 2, 13 S. 3, 63 S. 5, 67 S. 3, 108 S. 2, 113, 154 S. 1, 155, 164 MiFID II. 19  Vgl. Langenbucher/Klöhn § 6 Rn. 3; Merkt/Rossbach JuS 2003, 217, 220 20  Vgl. zur Markteffizienz vgl. Mülbert WM 2001, 2085, 2094; das Ziel der Sicherung der Markteffizienz wird auch in zahlreichen EU-Rechtsakten betont, vgl. etwa ErwG 164 S. 1 MiFID II; ErwG 7 S. 1 ProspVO. 21 Vgl. Buck-Heeb Rn. 8; Langenbucher/Klöhn § 6 Rn. 6 ff.; Veil/Veil, ECML, § 2 Rn. 4 ff. 22  Ausf. speziell zum Aspekt des Vertrauensschutzes im Finanzmarktrecht: Mülbert/Sajnovits ZfPW 2016, 1 ff. 23  Zu Entwicklung und Perspektiven des Anlegerschutzes instruktiv Buck-Heeb JZ 2017, 279 ff. 24  Vgl. etwa dezidiert ErwG 86 S. 1 MiFID II: „Ein Ziel dieser Richtlinie ist der Anlegerschutz“; Art. 1 Abs. 1 MAR: „… um den Anlegerschutz und das Vertrauen der Anleger in diese Märkte zu stärken“; ErwG 7 S. 1 ProspVO: „Ziel dieser Verordnung ist es, den Anlegerschutz … sicherzustellen“; näher zum Anlegerschutz durch das Europäische Kapitalmarktrecht etwa Deckert/von Rüden EWS, 1998, 46 ff.; Hopt WM 2009, 1873, 1874 f.; Veil/Veil, ECML, § 2 Rn. 7.

§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

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setzgeber intendierten Schutz des einzelnen Anlegers) und dem überindividuellen Anlegerschutz, mit dem der Schutz des Anlegerpublikums in der Gesamtheit gemeint ist, und der – wie gezeigt – einen besonderen Aspekt des Funktionsschutzes darstellt.25 Häufig bezwecken kapitalmarktrechtliche Regelungen indes primär die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts, während der Anlegerschutz letztlich nur einen Rechtsreflex dieses Funktionsschutzes darstellt.26 Durch die Finanzkrise ist als drittes Ziel die Finanzstabilität hinzugekommen.27 14.15 Nahezu alle nach der Finanzkrise verabschiedeten kapitalmarktrechtlichen Rechtsakte dienen entweder insgesamt (jedenfalls auch) der Gewährleistung der Finanzstabilität28 oder enthalten zumindest spezielle Regelungen, die dem dienen29. c)  Historischer Überblick über die Entwicklung des Europäischen Kapitalmarktrechts30 aa)  Grundstein: Der Segré-Bericht (1966) Die Kommission begann schon früh, die rechtlichen Voraussetzungen für einen euro- 14.16 päischen Kapitalmarkt zu schaffen, wie er mit der Kapitalverkehrs- und der Dienstleistungsfreiheit von Anfang an in den Verträgen angelegt war. Der Grundstein wurde bereits im Jahr 1966 mit dem sog. Segré-Bericht31 gelegt. Die nationalen Kapitalmärkte in Kontinentaleuropa waren zu diesem Zeitpunkt noch schwach und nahezu bedeutungslos, Unternehmen finanzierten sich überwiegend durch Fremdkapital von

25 Vgl. Buck-Heeb Rn. 12 ff.; Merkt/Rossbach JuS 2003, 217, 220; Mülbert ZHR 177 (2013) 160, 171 ff.; Veil/Veil, ECML, § 2 Rn. 7. 26 Vgl. Caspari NZG 2005, 98; Harnos ZEuP 2015, 546, 563; Langenbucher Karlsruher Forum 2014, 5, 16; Mülbert ZHR 177 (2013) 160, 172. Relevant wird diese Differenzierung insbesondere im Rahmen des haftungsrechtlichen Anlegerschutzes, d.h. ob der einzelne Anleger im Falle der Verletzung bestimmter kapitalmarktrechtlicher Vorschriften Schadensersatz verlangen kann; vgl. dazu etwa Harnos ZEuP 2015, 546 ff.; Langenbucher Karlsruher Forum 2014, 5 ff.; Mülbert ZHR 177 (2013) 160, 195 ff.; Kümpel/Wittig/Oulds Rn. 14.175 ff. 27  Vgl. Veil/Veil, ECML, § 2 Rn. 9. 28  So etwa die CRAR (vgl. ErwG 7 S. 2 CRAR: „Diese Verordnung soll vor allem die Stabilität der Finanzmärkte … schützen“, → 41.7); die EMIR (ErwG 4 EMIR betont, dass OTC-Derivate die Finanzstabilität gefährden können, → 37.1). Zudem gehört die Erhaltung der Finanzstabilität ausdrücklich zu den Hauptzielen des ESFS (vgl. Art. 2 Abs. 1 ESMA-VO; → Rn. 96). 29  Bsp.: Sonderregel für Kredit- und Finanzinstitute bzgl. der Aufschiebung der Ad-hocPublizität in Art. 17 Abs. 5 MAR (→ 35.58, 35.60); nach ErwG 37 MiFID II dient das Zulassungserfordernis für Wertpapierfirmen neben dem Anlegerschutz ausdrücklich auch der Stabilität des Finanzsystems (→ 32.14). 30  Ausf. Darstellung bei Moloney I.4; Veil/Veil, ECML, § 1; Wilhelmi JZ 2014, 693 ff. 31  Report of a group of experts appointed by the EEC Commission, The development of a European capital market, 1966 (sog. Segré-Bericht, nach dem Vorsitzenden Claudio Segré).

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§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

Banken.32 Die Expertengruppe skizzierte sehr anschaulich die strukturellen Probleme der Kapitalmärkte in den Mitgliedstaaten33 und machte eine ganze Reihe von Verbesserungsvorschlägen, insbesondere zur Information der Marktteilnehmer und zum Handel mit Wertpapieren34. bb)  Erste Harmonisierungsmaßnahmen (1972–1982) 14.17 Ein erster konkreter Legislativvorschlag wurde jedoch erst 1972 vorgelegt, nämlich für eine Börsenzulassungsprospekt-RL.35 Nach Vorlage weiterer Vorschläge 197536 und 197937 wurde dann ab 1979 die erste Generation europäischer kapitalmarktrechtlicher Rechtsakte verabschiedet. Sie konzentrierten sich auf die Harmonisierung im Bereich der Börsenzulassung und der Offenlegung: Die Börsenzulassungs-RL38 (1979), die Börsenzulassungsprospekt-RL39 (1980) und die Halbjahresberichts-RL40 (1982). cc)  Zunehmende Bedeutung der Kapitalmärkte und Verwirklichung des Binnenmarktprojekts (1980er bis 1999) 14.18 Als Unternehmen aus Europa begannen, an die New Yorker Börse zu streben und ihre Finanzvorstände lernten, die Börse als Finanzierungsquelle zu verstehen, wandelte sich das Finanzierungssystem von Unternehmen von einem durch Banken finanzierten, fremdkapitalorientierten System zunehmend hin zu einem durch den

32 Vgl. zum grds. Strukturwandel der Finanzierungssysteme Habersack/Mülbert/Schlitt/ Rudolf, Unternehmensfinanzierung, § 1 Rn. 1 ff. 33 Vgl. Segré-Bericht (Fn. 31), S. 52 ff. 34 Vgl. Segré-Bericht (Fn. 31), S. 225 ff. 35  Vorschlag einer RL des Rates betreffend Inhalt, Kontrolle und Verbreitung des Prospekts, der bei der Zulassung von Wertpapieren, begeben von Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages, zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse zu veröffentlichen ist, KOM(72) 835 = ABlEG v. 13.12.1972, C 131/61. 36  Vorschlag einer RL zur Koordinierung der Bedingungen für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse, KOM(75) 686 = ABlEG v. 10.3.1976, C 56/2. 37  Vorschlag für eine RL des Rates über regelmäßige Informationen, die von Gesellschaften zu veröffentlichen sind, deren Wertpapiere zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse zugelassen sind, KOM(78) 759 = ABlEG v. 1.2.1979, C 29/5. 38  RL 79/279/EWG des Rates v. 5.3.1979 zur Koordinierung der Bedingungen für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse, ABlEG v. 16.3.1979, L 66/21. Dazu näher 4. Aufl. S. 528 ff. 39  RL 80/390/EWG des Rates v. 17.3.1980 zur Koordinierung der Bedingungen für die Erstellung, die Kontrolle und die Verbreitung des Prospekts, der für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse zu veröffentlichen ist, ABlEG v. 17.4.1980, L 100/1. Dazu näher 4. Aufl. S. 546 ff. 40  RL 82/121/EWG des Rates v. 15.2.1982 über regelmäßige Informationen, die von Gesellschaften zu veröffentlichen sind, deren Aktien zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse zugelassen sind, ABlEG v. 20.2.1982, L 48/26. Dazu näher 4. Aufl. S. 578 ff.

§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

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Kapitalmarkt finanzierten, eigenkapitalorientierten System.41 Damit änderte sich die Bedeutung der Kapitalmärkte für die Gesamtwirtschaft völlig. Entsprechend wichtiger wurde auch eine Regulierung auf europäischer Ebene. Im Jahr 1985 verabschiedete die Kommission das Weißbuch zur Vollendung des Binnenmarkts42, das angesichts der zunehmenden Bedeutung der Kapitalmärkte auch die Liberalisierung der Finanzdienste und des Kapitalverkehrs sowie die Schaffung eines integrierten Finanzsystems zum Gegenstand hatte43. Nunmehr standen erstmals kapitalmarktrechtliche Aspekte wie Transparenz und Insiderhandel sowie die Regulierung von Finanzintermediären (wie Investmentfonds und Wertpapierdienstleistungsunternehmen) im Vordergrund.44 In diesem Kontext verabschiedet wurden: im Jahr 1985 die OGAW-RL (→ 38.3), 14.19 im Jahr 1988 die Beteiligungstransparenz-RL45 (→ 36.1), im Jahr 1989 die Emissionsprospekt-RL46 (→ 34.2) und die Insider-RL47 (→ 35.2) sowie 1993 die Wertpapierdienstleistungs-RL (Investment Services Directive – ISD)48 (→ 32.2). dd)  Der Aktionsplan für Finanzdienstleistungen und seine Realisierung (1999–2005) Der nächste maßgebliche Meilenstein für die Entwicklung des Kapitalmarktrechts 14.20 in Europa war der 1999 verabschiedete Aktionsplan für Finanzdienstleistungen (Financial Services Action Plan – FSAP)49. Er geht zurück auf den Aktionsrahmen zur Verbesserung des Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen50 aus dem Jahr 1998. Der darin bereits abgesteckte Rahmen für die Fortentwicklung des Finanzdienstleistungsrechts wurde mit dem FSAP konkretisiert, indem 42 nach Priorität geordnete Einzelmaßnahmen festgelegt wurden.

41 Vgl. Assmann (Fn. 1), Rn. 1, 36 f. m.w.N. 42 Vollendung des Binnenmarkts: Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat, KOM(85) 310. 43  Vgl. KOM(85) 310, S. 27 f., 31 f. Der Zeitplan sah Maßnahmen im Bereich OGAW, der Publizität von bedeutenden Beteiligungen, von Prospektvorgaben und der Anlageberatung vor (vgl. Anh. S. 33). 44 Vgl. Moloney I.4.1. 45  RL 88/627/EWG des Rates v. 12.12.1988 über die bei Erwerb und Veräußerung einer bedeutenden Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft zu veröffentlichenden Informationen, ABlEG v. 17.12.1988, L 348/62. 46  RL 89/298/EWG des Rates v. 17.4.1989 zur Koordinierung der Bedingungen für die Erstellung, Kontrolle und Verbreitung des Prospekts, der im Falle öffentlicher Angebote von Wertpapieren zu veröffentlichen ist, ABlEG v. 5.5.1989, L 124/8. Dazu 4. Aufl. S. 605 ff. 47  RL 89/592/EWG des Rates v. 13.11.1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte, ABlEG v. 18.11.1989, L 334/30. 48 RL 93/22/EWG des Rates v. 10.5.1993 über Wertpapierdienstleistungen, ABlEG v. 11.6.1993, L 141/27 (abgedruckt in 4. Aufl. S. 459 ff.). 49 Mitteilung der Kommission – Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM(1999) 232. Dazu etwa Foelsch BKR 2007, 94 ff.; Moloney 1.4.2.1. 50  Mitteilung der Kommission – Finanzdienstleistungen: Abstecken eines Aktionsrahmens, KOM(1998) 625.

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14.21

§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

Insgesamt führte der FSAP zu 26 Richtlinien, die inzwischen allesamt in nationales Recht umgesetzt worden sind51, darunter die MiFID I (→ 32.2), die ProspRL (→ 34.3 ff.), die MAD I (→ 35.2 ff.) und die TrRL (→ 36). ee)  Phase der Konsolidierung (2005–2007)

14.22 Im Jahr 2005 legte die Kommission nach weitgehender Umsetzung der FSAP-Maßnahmen ein Grünbuch52 und ein Weißbuch53 zur Finanzdienstleistungspolitik der Jahre 2005 bis 2010 vor. Hierin stellte sie fest, dass der Finanzsektor noch über ein erhebliches Wachstumspotential verfüge und die Finanzmärkte einer noch stärkeren Integration bedürften, um effizienter zu sein.54 Statt jedoch neue Rechtsetzungsmaßnahmen vorzuschlagen, empfahl die Kommission für die nächsten Jahre eine Phase der Konsolidierung der durch den FSAP bereits erreichten Fortschritte.55 Der Fokus sollte auf die bereits erlassenen Rechtsakte gelegt werden, um ihre Effektivität zu überprüfen und ggf. nachzubessern und um sicherzustellen, dass die erlassenen Rechtsakte richtig umgesetzt würden.56 Leitmotiv war also dynamische Konsolidierung57 der existierenden „Grundbausteine“ statt neuer Reformen. „Grundbausteine“ des materiellen EU-Kapitalmarktrechts vor der Finanzkrise MiFID I

„Grundgesetz“ des Wertpapierhandels (Wertpapierfirmen, geregelte Märkte)

CARD

Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung

ProspRL

Emissions- und Zulassungsprospekte

TrRL

Finanzberichterstattung; Beteiligungspublizität

MAD I

Insiderhandels- und Marktmanipulationsverbot; Ad-hoc-Publizität; directors’ dealings

OGAW-RL Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren

ff)  Reaktionen auf Finanzkrise 14.23 Die regulatorische „Ruhephase“ wurde dann jedoch 2007/2008 durch die Finanzkrise jäh unterbrochen: Obgleich die Konsolidierungsphase ursprünglich bis zum Jahr 2010 geplant war, geriet der europäische Gesetzgeber nun unter erheblichen Handlungs51  Vgl. Transposition of FSAP Directives – State of play as at 25/08/2010 (). 52  Grünbuch zur Finanzdienstleistungspolitik (2005–2010), KOM(2005) 177. 53  Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005–2010, KOM(2005) 629. 54  Vgl. KOM(2005) 629, S. 5. 55  Vgl. KOM(2005) 177, S. 4, ff.; KOM(2005) 629, S. 4. Vgl. dazu Fischer zu Cramburg AG 2005, R92 f.; Foelsch BKR 2007, 94, 101; Schmolke NZG 2005, 912, 915. 56 Vgl. Moloney I.4.2.3. 57  Vgl. KOM(2005) 629, S. 4.

§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

237

druck, um die Funktionsfähigkeit der europäischen Finanzmärkte zu gewährleisten und verlorenes Anlegervertrauen in die Finanzmärkte wiederherzustellen.58 Unmittelbar nach der Krise unternahmen die EZB, die Kommission und die nationalen Regierungen eine Vielzahl von Not- und Sofortmaßnahmen, zu denen u.a. auch erhebliche Kapitalspritzen für den Bankensektor gehörten.59 Aber es war sehr schnell klar, dass ein koordiniertes Handeln erforderlich war.60 Im Oktober 2008 verabschiedeten die Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe daher eine „Erklärung zu einem abgestimmten Aktionsplan“61 und der Rat richtete einen Krisenstab für den Finanzmarkt ein, um rasch und wirksam reagieren zu können62. Aber es war auch klar, dass diese Notmaßnahmen allenfalls eine provisorische Übergangslösung sein konnten und dass es unbedingt erforderlich war, die strukturellen Probleme und Defizite der Europäischen Finanzmärkte in Angriff zu nehmen.63 Die Kommission begann deshalb schon Ende 2008 mit den Vorbereitungen für eine umfassende Reform sowohl des Aufsichtssystems als auch des materiellen Kapitalmarktrechts.64 Im Frühjahr 2009 skizzierte sie einen ersten Fahrplan65 und im Herbst 2009 folgten dann bereits die ersten Legislativvorschläge66. Erster Akt war die Neuordnung des Europäischen Finanzaufsichtssystems.67 Die Finanzkrise hatte eindringlich deutlich gemacht, dass das bisherige Konzept einer Aufsicht ausschließlich durch die nationalen Behörden des jeweiligen Mitgliedstaats angesichts der zunehmenden globalen Verflechtung der Kapitalmärkte keine effektive Beaufsichtigung mehr gewährleisten konnte.68 Die naheliegende Antwort war die (partielle) Europäisierung der Finanzaufsicht durch die Errichtung des Europäischen Finanzaufsichtssystems (European System of Financial Supervision – ESFS) (→ 14.90 ff., speziell zur ESMA-VO: → 31). Der durch die Finanzkrise ausgelöste Reform-Tsunami beschränkte sich indes keineswegs auf das Aufsichtssystem, sondern führte vielmehr auch gleichsam zu einer 58 Vgl. J. Schmidt, Financial crisis and European company and capital markets law, in: J. Schmidt/Esplugues/Arenas (eds.), EU law after the financial crisis, 2016, S. 33, 34. 59 Vgl. J. Schmidt (Fn. 58), S. 33, 34. 60 Vgl. J. Schmidt (Fn. 58), S. 33, 34. 61  Vgl. Dok. 14239/2008. 62  Vgl. Dok. 14368/2008, Rn. 6. 63 Vgl. J. Schmidt (Fn. 58), S. 33, 35. 64  Im November 2008 setzte die Kommission eine Hochranginge Expertengruppe unter dem Vorsitz von Jacques de Larosière ein, die Vorschläge ausarbeiten sollte; der de LarosièreBericht wurde am 25.2.2009 vorgelegt (). 65  Mitteilung für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates. Impulse für den Aufschwung in Europa. Teil 1, KOM(2009) 114. 66  Am 23.9.2009 präsentierte die Kommission ein Paket von 5 Legislativvorschlägen für die Errichtung eines Europäischen Finanzaufsichtssystems (European System of Financial Supervision − ESFS): KOM(2009) 499, KOM(2009) 500, KOM(2009) 501, KOM(2009) 502, KOM(2009) 503. Im Juni 2010 folgte eine Mitteilung mit Vorschlägen für ein umfassendes Reformpaket für das materielle Kapitalmarktrecht: KOM(2010) 301. 67 Vgl. J. Schmidt (Fn. 58), S. 33, 35. 68  Vgl. ErwG 1 EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO; KOM(2009) 499, S. 2.

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Totalrevision und einem erheblichen Ausbau des materiellen EU-Kapitalmarktrechts.69 Zum einen wurden nahezu alle der bisherigen „Grundbausteine“ mehr oder 14.28 weniger grundlegend reformiert. Erstens hatte die Finanzkrise Schwächen in der Funktionsweise und bei der Transparenz der Finanzmärkte zutage treten lassen.70 Dies und die rapide technologische Weiterentwicklung der Finanzmärkte ließen eine Überarbeitung der MiFID als unerlässlich erscheinen.71 Der 2014 verabschiedete neue Rechtsrahmen für Märkte für Finanzinstrumente besteht nun nicht mehr nur aus einer Richtlinie, sondern aus einer Kombination aus einer überarbeiteten Fassung der MiFID-Richtlinie (MiFID II) und einer neuen Verordnung (Markets in Financial Instruments Regulation – MiFIR) (→ 32). Die Finanzkrise hatte aber insbesondere auch die Bedeutung der Marktintegrität und die mit Marktmissbrauch verbundenen Gefahren verdeutlicht. Daher wurde auch das Marktmissbrauchsregime komplett überholt. Seit Juli 2016 trat an die Stelle der bisherigen MAD eine neue Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation – MAR); zudem wurden mit der ergänzenden MAD  II Mindeststandards für strafrechtliche Sanktionen eingeführt (→ 35). Grundlegend reformiert wurden aber auch die ProspRL (→ 34. 3 ff.), die TrRL (→ 36) und die OGAW-RL (→ 38.3 ff.). Zum anderen ist das EU-Kapitalmarktrecht durch ein ganzes Bündel neuer 14.29 Rechtsakte in viele Bereiche vorgedrungen, die bislang nicht harmonisiert waren. Als erstes ins Visier des Europäischen Gesetzgebers gerieten die Ratingagenturen; denn sie hatten nach allgemeiner Auffassung wesentlich zu den Problemen der Finanzmärkte beigetragen72. Schon 2009 wurde deshalb die CRAR (Credit Rating Agencies Regulation – Rating-VO) verabschiedet (→ 41). Als nächstes wurde die Fondsindustrie in Angriff genommen. Insofern hatte es bis dato auf EU-Ebene in Form der OGAW-RL (→ 38.3 ff.) nur spezielle Regeln für OGAW gegeben. Durch die Finanzkrise waren aber auch Alternative Investmentfonds – wie Hedgefonds, Immobilienfonds, Rohstofffonds und Private-Equity-Gesellschaften – in den Fokus der öffentlichen und politischen Aufmerksamkeit geraten. Wenngleich diese alternativen Investmentfonds die Krise nicht verursacht hatten, so hatte die Krise doch deutlich gemacht, dass sie einem breiten Spektrum an Risiken unterliegen, sodass man eine EU-Regelung für erforderlich hielt.73 2011 wurde deshalb die AIFMD (Alternative Investment Funds Managers Directive) (→ 38.29 ff.) erlassen. Drittens hatte die Finanzkrise auch Defizite in Bezug auf den Handel mit außerbörslich gehandelten Derivaten (sog. OTC-Derivate – „over the counter“) deutlich gemacht74; als Reaktion wurde 2012 die Europäische Marktinfrastruktur-VO (European Market Infrastructure Regulation − EMIR) (→ 37) erlassen. Viertens hielt man es vor dem Hintergrund der höchst unterschiedlichen nationalen Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten auf dem Höhepunkt der 69 Vgl. J. Schmidt (Fn. 58), S. 33, 37. 70  Vgl. ErwG 4 S. 1 MiFID II. 71  Vgl. ErwG 1 MiFID II. 72  Vgl. ErwG 10 CRAR. 73  Vgl. KOM(2009) 207, S. 2 f. 74  Vgl. ErwG 4 S. 1 EMIR; J. Schmidt (Fn. 58), S. 33, 38.

§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

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Finanzkrise gegen Leerverkäufe ergriffen worden waren, für geboten, auch diesen Bereich zu harmonisieren; dies geschah 2012 mit der Leerverkaufs-VO (Short Selling Regulation − SSR) (→ 40). Ein weiterer Punkt auf der Agenda war die Erhöhung der Sicherheit und Effizienz der Wertpapierabwicklung; hierzu wurde 2014 die Zentralverwahrer-VO (Central Securities Depositories Regulation − CSDR) (→ 39) verabschiedet. Um die Märkte für Wertpapierfinanzierungen transparenter zu machen, wurde die Wertpapierfinanzierungsgeschäfte-VO (Securities Financing Transactions Regulation − SFTR) (→ 14.164) erlassen. Die Skandale um die Manipulation von Referenzwerten führten zur Schaffung einer speziellen Benchmark Regulation (BMR), → 14.166. Um den Zugang zu Kapital zu erleichtern und Investitionen zu fördern, wurden schließlich weitere Sondertypen von Investmentfonds geschaffen: EuVECA (Europäische Risikokapitalfonds/European venture capital funds, → 38.52 ff.) speziell für Start-ups; EuSEF (Europäische Fonds für soziales Unternehmertum/European social entrepreneurship funds, → 38.60 ff.), ELTIF (Europäische langfristige Investmentfonds/European long-term investment funds, → 38.69 ff.) sowie MMF (Geldmarktfonds/money market funds, → 38.79 ff.). Die Finanzkrise betraf indes keineswegs nur Unternehmen, sondern auch Kleinanleger75; deshalb wurde in Bezug auf verpackte Anlageprodukte und Versicherungsanlageprodukte für Kleinanleger die PRIIP-VO76 (packaged retail and insurance-based investment products) (→ 14.168) verabschiedet. Insgesamt ist man im Übrigen dazu übergegangen, vieles, was bislang durch Richt- 14.30 linien mit Umsetzungsspielraum für Mitgliedstaaten geregelt wurde, nun durch unmittelbar geltende Verordnungen zu regeln. Zudem werden all diese neuen Rechtsakte jeweils durch eine Reihe von Durchführungsrechtsakten77 und Leitlinien ergänzt, die nicht nur einen erheblichen Umfang haben (die Anzahl der Seiten im Amtsblatt geht in die Tausende!), sondern vielfach auch einen enormen Detailgrad aufweisen. Ganz generell geht der Trend weg von einer Mindestharmonisierung hin zur Vollharmonisierung.78 Korrelierend mit der Neuordnung des Finanzaufsichtsrahmens (→ 14.26, 14.90 ff.) 14.31 entschloss man sich ferner, im Interesse einer effektiven Durchsetzung künftig auch den Sanktionsrahmen für Verstöße gegen Finanzmarktvorschriften stärker zu harmonisieren. Denn diese wiesen bislang erhebliche Unterschiede und teils auch substantielle Defizite auf, die nicht nur zu Wettbewerbsverzerrungen führten, sondern sich insbesondere auch nachteilig auf die Marktintegrität und das Anlegervertrauen auswirken.79 Als zentrale Punkte der Harmonisierung nannte die Kommission in ih75  Vgl. IP/12/736 („Krise des Verbrauchervertrauens“); ErwG 2 PRIIP. 76  VO (EU) Nr. 1286/2014 des EP und des Rates v. 26.11.2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIP), ABlEU v. 9.12.2014, L 352/1. Dazu Luttermann ZIP 2015, 805 ff. 77  Allg. zur delegierten Rechtssetzung → 3.71 ff.; zum Lamfalussy-Verfahren → Rn. 43 ff. 78  Vgl. zu diesem Paradigmenwechsel: Fleischer/Schmolke NZG 2010, 1241, 1243 f.; Möllers ZEuP 2008, 480 f., 502 ff.; Moloney I.5.2.1; Moloney (2010) 47 C.M.L. Rev. 1317, 1356 f.; dies. (2011) 2 EBOR 41, 53 f. J. Schmidt (Fn. 58), S. 33, 46; Veil ZGR 2014, 544, 564 ff.; Veil/Walla, ECML, § 4 Rn. 33 ff. 79  Vgl. dazu näher KOM(2010) 716, S. 7 ff.

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rer Mitteilung zur Stärkung der Sanktionsregelungen im Finanzdienstleistungssektor v. 8.12.201080 insbesondere Art, Schwere und Adressaten der Sanktionen, die Pflicht zu ihrer öffentlichen Bekanntmachung („naming and shaming“) sowie die Möglichkeit, nicht nur zivil-, sondern auch strafrechtliche Sanktionen zu verhängen.81 Im Anschluss an eine 2010 durchgeführte Konsultation82 erklärte die Kommission Anfang 2011, dass sie plane, künftig im Zuge der (turnusmäßigen bzw. ggf. auch außerturnusmäßigen) Überarbeitung der einzelnen Rechtsakte einheitliche Mindeststandards für die Ausgestaltung und Anwendung verwaltungsrechtlicher Sanktionen für Verstöße einzuführen; zudem werde sie prüfen, ob und in welchen Fällen ggf. auch strafrechtliche Sanktionen notwendig sind83. Die neuen Sanktionsstandards wurden zwischenzeitlich auch bereits in einer ganzen Reihe von Rechtsakten implementiert. Zu nennen ist hier insbesondere das neue verwaltungsrechtliche Sanktionsregime in der MiFID II (→ 32.81 f.), der MAR (→ 35.86 ff.), der TrRL (→ 36.40 ff.), der OGAW-RL (→ 38.26), der EuVECA-VO (→ 38.58), der EuSEF-VO (→ 38.67), der CSDR (→ 39.24 f.), der SFTR (→ 14.164) und der BMR (→ 14.166); mit der MAD II wurden zudem erstmals auch EU-Vorgaben für strafrechtliche Sanktionen eingeführt (→ 35.90 ff.). 14.32

Zentrale Rechtsakte des materiellen EU-Kapitalmarktrechts nach der Finanzkrise „Grundgesetz“

MiFID II & MiFIR

Wertpapiere

CARD ProspRL bzw. ab 21.7.2019 ProspVO TrRL MAR & MAD II Leerverkaufs-VO

Marktinfrastruktur

EMIR CSDR

Investmentfonds

OGAW-RL, AIFMD, EuVECA-VO, EuSEF-VO, ELTIF-VO, MMF-VO

Rating

CRAR

Kleinanleger

PRIIP-VO

80  Mitteilung der Kommission an das EP, den Rat, den EWSA und den AdR. Stärkung der Sanktionsregelungen im Finanzdienstleistungssektor, 8.12.2010, KOM(2010) 716. Vgl. dazu sowie zu den Folgen Becker/Rodde ZBB 2016, 11 ff. 81  Vgl. KOM(2010) 716, S. 13 ff. 82 Konsultationsseite: . 83  Feedback Statement on public consultation on Commission Communication – Reinforcing sanctioning regimes in the financial sector ().

§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

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Eng verflochten mit dieser umfassenden Reform der Europäischen Kapitalmarktar- 14.33 chitektur ist die Errichtung der Europäischen Bankenunion (→ 14.137 ff.). gg)  Pläne zur Schaffung einer Kapitalmarktunion (Capital Markets Union – CMU) Insgesamt führten die seismischen Reformen in der Folge der Finanzkrise somit zu ei- 14.34 ner vollständigen Rekonfiguration des Europäischen Kapitalmarktrechts und des eng damit verknüpften Bereichs der Europäischen Bankenregulierung; in gewissem Sinne blieb letztlich kaum ein Stein auf dem anderen.84 Wer nun allerdings auf eine „Regulierungspause“ hoffte, musste enttäuscht werden. Denn 2015 legte die Kommission ambitionierte Pläne für ein ganzes Spektrum von Maßnahmen zur Schaffung einer Kapitalmarktunion (Capital Markets Union – CMU) vor, die inzwischen auch bereits teilweise umgesetzt wurden → 14.176 ff. d)  Einflüsse internationaler Standardsetter Die Rechtsentwicklung des Europäischen Kapitalmarktrechts vollzog und vollzieht sich indes keineswegs völlig autonom, sondern steht unter erheblichen Einfluss internationaler Standardsetter, speziell der G20 (→ 14.36), des FSB (→ 14.37) und der IOSCO (→ 14.38), bei denen die EU jeweils vertreten ist. Die G20, die Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer85, wurde 1999 gegründet, um die wichtigsten Industrienationen zusammenzubringen und ein Forum für die Erörterung und Abstimmung im Hinblick auf Themen, die die globale Wirtschaft betreffen, zu schaffen. Insbesondere in Fragen der Finanzstabilität erfolgt hier auf höchster Ebene ein internationaler Dialog und Austausch. Die G20Gipfelerklärungen waren speziell im Gefolge der Finanzkrise wegweisend. Das FSB (Financial Stability Board)86 ist ein internationales Gremium, das im Anschluss an das G20-Gipfeltreffen im April 2009 in London von den G20-Staaten als Nachfolger des Financial Stability Forum (FSF) gegründet wurde. Es hat die Aufgabe, auf internationaler Ebene die Arbeit der nationalen Aufsichtsbehörden zu koordinieren sowie effektive Regulierungs- und Aufsichtsstandards zu fördern. Das Sekretariat des FSB ist bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) (Bank for International Settlements – BIS)87 in Basel angesiedelt. Internationale Standards für die Wertpapiermärkte setzt überdies die 1983 gegründete IOSCO (International Organization of Securities Commissions/Internationale Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden)88. Ihre Mitglieder regulieren mehr

84 Vgl. J. Schmidt (Fn. 58), S. 33, 42. 85  Homepage: < http://www.g20.org>. 86  Homepage: . 87  Homepage: . 88  Homepage: .

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als 95 % der globalen Wertpapiermärkte.89 Sie veröffentlichte 1998 erstmals die sog. IOSCO Principles90, die inzwischen mehrfach aktualisiert wurden91 und mittlerweile in allen Wertpapiermärkten als internationaler Regulierungsmaßstab angesehen werden. Die ergänzende Assessment Methodology92 enthält Leitlinien für die Bewertung der Umsetzung. Von großer Bedeutung ist ferner das 2002 errichtete IOSCO Multilateral MoU93, das inzwischen zum internationalen Maßstab für die Kooperation zwischen Wertpapieraufsichtsbehörden geworden ist.94 Daneben veröffentlicht die IOSCO regelmäßig Berichte, Prinzipien, Standards und Leitlinien zu verschiedensten kapitalmarktrechtlichen Fragen. e)  Rechtssetzungskompetenzen 14.39 Die allgemeine Harmonisierungskompetenz für die Schaffung eines Binnenmarkts ist in Art. 114 AEUV geregelt. Hierauf beruhen etwa die ESMA-VO (→ 31), die MiFIR (→ 32), die ProspVO (→ 34), die MAR (→ 35), die EMIR (→ 37), die EuVECA-VO (→ 38.52 ff.), die EuSEF-VO (→ 38.60 ff.), die ELTIF-VO (→ 38.69 ff.), die MMFVO (→ 38.79 ff.), die CSDR (→ 39), die SSR (→ 40) und die CRAR (→ 41). Darüber hinaus bestehen mit Art. 50 und Art. 53 AEUV sowie Art. 59 AEUV 14.40 spezielle Harmonisierungskompetenzen zur Realisierung der Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit. Auf Art. 53 Abs. 1 AEUV beruhen etwa die MiFID II (→ 32), die OGAW-RL (→ 38.3 ff.) und die AIFMD (→ 38.29 ff.). Die TrRL (→ 36) beruht auf Art. 44, 95 EGV [G Art. 50, 114 AEUV]. Für flankierende strafrechtliche Regelungen besteht überdies unter engen Voraus14.41 setzungen eine Kompetenz aus Art. 83 Abs. 2 AEUV; hierauf wurde die MAD II gestützt (→ 35.90 f.). f)  Rechtssetzungsverfahren 14.42 Eine Besonderheit im Europäischen Kapitalmarktrecht ist ein beschleunigtes Rechtsetzungsverfahren – das Lamfalussy-Verfahren.

89 Vgl. IOSCO, IOSCO fact sheet, Oktober 2015, S. 2 (). 90  IOSCO, Objectives and Principles of Securities Regulation, 1998 (. 92  IOSCO, Methodology for Assessing Implementation of the IOSCO Objectives and Principles of Securities Regulation, 2003 (aktuelle Version von 2013: ). 93  IOSCO, Multilateral Memorandum of Understanding concerning consultation and cooperation and the exchange of information, 2002 (aktuelle Version von 2012: ). 94  Vgl. dazu Sanio FS U. H. Schneider, 2011, S. 1061 ff.

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aa)  Historischer Hintergrund und Entwicklung Die Rechtsetzung im Europäischen Kapitalmarktrecht erfolgt weitestgehend als 14.43 Reaktion auf Marktgeschehnisse.95 Dies ist insofern problematisch, als die europäischen Rechtsetzungsverfahren aufgrund der teilweise schwierigen Einigungsprozesse i.d.R. eine längere Zeit in Anspruch nehmen und eine – eventuell dringend erforderliche – Regulierung deshalb u.U. erst verspätet erfolgt. Schon aus diesem Grund war ein schnellerer Gesetzgebungsprozess erforderlich. Um die europäische Regulierung im Kapitalmarktrecht voranzutreiben und insbesondere die FSAP-Maßnahmen (→ 14.20 f.) zügig umzusetzen, beauftragte der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister der EU (ECOFIN) am 17.7.2000 einen „Ausschuss der Weisen“ unter Vorsitz von Alexandre Lamfalussy, Szenarien vorzuschlagen, um eine größere Konvergenz und Zusammenarbeit zu gewährleisten und neuen Marktentwicklungen Rechnung zu tragen. Der Ausschuss empfahl in seinem Abschlussbericht vom 15.2. 2001 (sog. Lamfalussy-Bericht) ein auf dem Komitologieverfahren (→ 3.71 ff.) basierendes 4-StufenKonzept.96 Der Rat billigte dieses Konzept in einer Entschließung v. 23.3.2001 ausdrücklich und beauftragte die Kommission mit seiner Durchführung;97 nachdem es eine Reihe verfahrensrechtlicher Zusicherungen erhalten hatte98, stimmte im Februar 2002 dann auch das EP ausdrücklich zu99. Obgleich das Lamfalussy-Verfahren100 von Anfang an immer wieder kritisiert 14.44 worden war (bemängelt wurden einerseits speziell die mangelnde demokratische Legitimation der Durchführungsrechtsakte101 und andererseits die Gefahr der Überregulierung102), wurde es insgesamt überwiegend sehr positiv bewertet103 und daher 2005 durch die RL 2005/1/EG104 auch auf den Banken- und Versicherungssektor  95 Vgl. dazu Krimphove EuR 2007, 597, 616 ff.; Mülbert WM 2001, 2085, 2087 f.  96 Schlussbericht des Ausschusses der Weisen über die Regulierung der europäischen Wertpapiermärkte, 15.2.2001 ().  97 Entschließung des Europäischen Rates v. 23.3.2001 über eine wirksamere Regulierung der Wertpapiermärkte in der Europäischen Union, ABlEG v. 11.5.2001, C 138/1.  98 Vgl. dazu näher Leixner BMF Working Paper 1/2010, S. 15, 19; Schmolke NZG 2005, 912, 913; ders. EuR 2006, 432, 437.  99 Entschließung des EP v. 5.2.2002 zu der Umsetzung der Rechtsvorschriften im Bereich der Finanzdienstleistungen, ABlEG v. 21.11.2002, C 284/115. 100 Vgl. zum ursprünglichen Lamfalussy-Verfahren etwa Kasten ZBB 2008, 238 ff.; Langenbucher ZEuP 2002, 265 ff.; Leixner BMF Working Paper 1/2010; Lenenbach, Rn. 1.105 ff.; Möllers ZEuP 2008, 480 ff.; Moloney X.2.2., X.2.3; Schmolke NZG 2005, 912 ff.; ders. EuR 2006, 432 ff.; Siems EBLR 2009, 141, 166 ff.; Snowdon/Lovegrove (2011) 83 C.O.B. 1 f. 101 Vgl. etwa Langenbucher ZEuP 2002, 265, 273 ff.; Schmolke EuR 2006, 432, 437 ff.; Zimmer BKR 2004, 421; s. ferner auch Möllers ZEuP 2008, 480, 495 f.; speziell zum Aspekt der mit der Rechtssetzung durch Expertengruppen verbundenen Problematik von Interessenkonflikten etwa Kasten ZBB 2008, 238, 241 ff. m.w.N. 102 Vgl. etwa Hopt ZIP 2005, 461, 472; Zimmer BKR 2004, 421, 422; zum Komplexitätsproblem ferner etwa auch Möllers ZEuP 2008, 480, 504. 103 Vgl. KOM(2005) 177, S. 5; KOM(2007) 727, S. 3; Möllers ZEuP 2008, 480, 504 f. m.w.N. 104 RL 2005/1/EG des EP und des Rates v. 9.3.2005 zur Änderung der RL 73/239/EWG, 85/611/EWG, 91/675/EWG, 92/49/EWG und 93/6/EWG des Rates sowie der RL 94/19/

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ausgedehnt, um so die vollständige Integration der Finanzdienstleistungsindustrie voranzutreiben.105 14.45 Entsprechend der Revisionsklausel in Art. 12 Abs. 3 RL 2005/1/EG legte die Kommission im November 2007 eine Mitteilung bezüglich der Überprüfung des Lamfalussy-Prozesses106 vor. Zwischenzeitlich hatte die ursprünglich nur turnusmäßige Überprüfung vor dem Hintergrund der Finanzkrise jedoch eine ganz neue Dynamik erhalten; die Reform des Lamfalussy-Prozesses wurde daher in die allgemeine Neuordnung des Europäischen Finanzaufsichtssystems (→ 14.90 ff., 31.2 f.) einbezogen.107 Auswirkungen auf das Lamfalussy-Verfahren hatte daneben aber auch die Neukonzeption der delegierten Rechtssetzung in Art. 290, 291 AEUV und die hieraus resultierende Reform des Komitologieverfahrens (→ 3.73 ff.). Die 4-stufige Grundkonzeption des Lamfalussy-Verfahrens wurde zwar letztlich im Kern beibehalten, im Detail weist das „neue“ Lamfalussy-Verfahren (Lamfalussy II) jedoch signifikante Unterschiede gegenüber dem „alten“ auf. bb)  Der Ablauf des Lamfalussy-Verfahrens heute (Lamfalussy II) 14.46 Nach dem Lamfalussy II-Verfahren108 erfolgt die Gesetzgebung im Finanzdienstleistungsbereich in vier Stufen (Levels): • • • •

Level 1: Erlass eines Basisrechtsakts (→ 14.47) Level 2: Erlass von Durchführungsrechtsakten durch die Kommission (→ 14.48 ff.) Level 3: Leitlinien und Empfehlungen durch die ESA (→ 14.51) Level 4: Kontrolle der Umsetzung des Basisrechtsakts und der Durchführungsmaßnahmen durch die Kommission und die ESA (→ 14.52). (1)  Level 1: Erlass eines Basisrechtsakts

14.47 Auf der 1. Stufe werden im üblichen Gesetzgebungsverfahren Basisrechtsakte (Richtlinien oder Verordnungen) erlassen, die jedoch nur einen Regelungsrahmen zum Inhalt haben, also noch näherer Ausführung bedürfen. Als solche „Level-1-Rechtsakte“ wurden im Bereich des Kapitalmarktrechts insbesondere erlassen: die MiFID I, MiEG, 98/78/EG, 2000/12/EG, 2001/34/EG, 2002/83/EG und 2002/87/EG des EP und des Rates zur Schaffung einer neuen Ausschussstruktur im Finanzdienstleistungsbereich, ABlEU v. 24.3.2005, L 79/9. 105 Vgl. dazu Leixner BMF Working Paper 1/2010, S. 19; Möllers ZEuP 2008, 480, 505. 106 Mitteilung der Kommission. Überprüfung des Lamfalussy-Prozesses. Ausbau der aufsichtlichen Konvergenz, 20.11.2007, KOM(2007) 727. Vgl. dazu Leixner BMF Working Paper 1/2010, S. 23 ff. 107 Ausf. zum gesamten Reformprozess Snowdon/Lovegrove (2011) 83 C.O.B. 1, 5 ff.; Leixner BMF Working Paper 1/2010, S. 23 ff. m.w.N.; s. ferner auch Joosen GFinM Working Paper No. 6, 2009, S. 4 ff. 108 Vgl. dazu auch Langenbucher/Klöhn § 6 Rn. 21 ff.; Veil ZGR 2014, 544, 551 ff.; Veil/ Walla, ECML, § 4 Rn. 9 ff.

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FID II und MiFIR (→ 32); die ProspRL und ProspVO (→ 34); die MAD I, MAR und MAD II (→ 35); die TrRL (→ 36); die EMIR (→ 37); die OGAW-RL, AIFMD, EuVECA-VO, EuSEF-VO, ELTIF-VO und MMF-VO (→ 38); die CSDR (→ 39); die SSR (→ 40); die CRAR (→ 41). (2)  Level 2: Erlass von delegierten Rechtsakten und Durchführungsmaßnahmen durch die Kommission in Zusammenarbeit mit den Level-2-Ausschüssen bzw. den ESA Der auf der 1. Stufe erlassene Basisrechtsakt legt auch fest, welche Regelungsberei- 14.48 che einer näheren Ausführung bedürfen und ermächtigt für diese Bereiche die Kommission, delegierte Rechtsakte und/oder Durchführungsrechtsakte zu erlassen (vgl. allg. zur Neukonzeption der delegierten Rechtssetzung in Art. 290, 291 AEUV → 3.73 ff.). Die Basisrechtsakte sehen dann regelmäßig vor, dass die Kommission hierbei 14.49 durch zu diesem Zweck für die jeweiligen Sektoren speziell geschaffene Ausschüsse, die sog. Level-2-Ausschüsse, unterstützt wird (vgl. z.B. Art. 51 Abs. 1 MiFIR). Dies sind für den Wertpapiersektor die Expert Group of the European Securities Committee (EGESC)109, für den Bankensektor die Expert Group on Banking, Payments and Insurance (CEGBPI)110 und für den Versicherungssektor das European Insurance and Occupational Pensions Committee (EIOPC)111. Das genaue Verfahren der Zusammenarbeit zwischen Kommission und Level-2-Ausschuss bei Erlass des jeweiligen Durchführungsrechtsakts richtet sich dann nach den Vorschriften über die jeweils im Basisrechtsakt in Bezug genommene Variante des Komitologieverfahrens (→ 3.72, 3.76), die ggf. durch den jeweiligen Basisrechtsakt noch modifiziert werden. Im Zuge der Neuordnung des Finanzaufsichtssystems haben jedoch auch die 14.50 ESA – d.h. die ESMA, die EBA und die EIOPA (→ 14.99 f., 14.118 ff., speziell zur ESMA → 31) – wichtige Befugnisse auf der 2. Stufe des Lamfalussy II-Verfahrens erhalten. Soweit dies in den jeweiligen Basisrechtsakten vorgesehen ist, entwerfen sie technische Regulierungsstandards (regulatory technical standards – RTS) und technische Durchführungsstandards (implementing technical standards – ITS), die dann von der Kommission in Form einer VO oder eines Beschlusses verabschiedet werden (→ 14.121, 31.10). Im Rahmen des „alten“ Lamfalussy-Verfahrens hatten die früheren Level-3-Ausschüsse zwar ebenfalls Entwürfe für technische Standards erstellt; die Re109 Webseite: . 110 Webseite: . 111 Homepage: .

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gelungsentwürfe der ESA haben jedoch aufgrund der engen Grenzen, innerhalb derer die Kommission von den Entwürfen abweichen darf, „quasi-finalen“ Charakter und damit eine ganz andere Qualität (→ 31.10). (3)  Level 3: Leitlinien und Empfehlungen durch die ESA 14.51 Auf der 3. Stufe arbeiten die ESA – d.h. die ESMA, die EBA und die EIOPA (→ 14.118 ff., speziell zur ESMA→ 31) – Empfehlungen und Leitlinien für die Aufsichtspraxis aus, um eine einheitliche Umsetzung und Anwendung der im Verfahren geschaffenen Rechtsakte in den Mitgliedstaaten sicherzustellen (→ 14.121, speziell zur ESMA → 31.12). Die ESA übernehmen damit die Funktion der bisherigen Level3-Ausschüsse CESR112, CEBS113 und CEIOPS114 (→ 14.118, 31.1). (4)  Level 4: Kontrolle der Umsetzung des Basisrechtsakts und der Durchführungsmaßnahmen durch die Kommission und die ESA 14.52 Um die Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften zu verstärken, prüft die Kommission auf der 4. Stufe als Hüterin der Verträge die fristgemäße und korrekte Umsetzung in das nationale Recht und kann ggf. entsprechende rechtliche Schritte einleiten. Im Rahmen des neuen Finanzaufsichtssystems wurde aber auch den ESA die Befugnis eingeräumt, mittels eines 3-Stufen-Mechanismus gegen Verletzungen des Unionsrechts vorzugehen (→ 14.121, 31.14).

112 Committee of European Securities Regulators (Ausschuss der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden). Eingesetzt durch Beschluss 2001/527/EG der Kommission v. 6.6.2001 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden, ABlEG v. 13.7.2001, L 191/43. Neuregelung des Rechtsrahmens durch Beschluss 2009/77/EG der Kommission v. 23.1.2009 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden, ABlEU v. 29.1.2009, L 25/18. 113 Committee of European Banking Supervisors (Ausschuss der europäischen Bankaufsichtsbehörden). Eingesetzt durch Beschluss 2004/5/EG der Kommission v. 5.11.2003 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Bankaufsichtsbehörden, ABlEU v. 7.1.2004, L 3/28. Neuregelung des Rechtsrahmens durch Beschluss 2009/78/EG der Kommission v. 23.1.2009 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Bankaufsichtsbehörden, ABlEU v. 29.1.2009, L 25/23. 114 Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors (Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung). Eingesetzt durch Beschluss 2004/6/EG der Kommission v. 5.11.2003 zur Einsetzung des Ausschusses der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung, ABlEU v. 7.1.2004, L 3/30. Neuregelung des Rechtsrahmens durch Beschluss 2009/79/EG der Kommission v. 23.1.2009 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Aufsichtsbehörden für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung, ABlEU v. 29.1.2009, L 25/28.

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§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

14.53

Lamfalussy II-Verfahren Level 1 Level 2

Basisrechtsakt delegierte Rechtsakte (Art. 290 AEUV) auf Basis von RTS einer ESA

autonom durch die Kommission

Durchführungsrechtsakte (Art. 291 AEUV) auf Basis von ITS einer ESA

im Komitologieverfahren

Level 3

Empfehlungen und Leitlinien der ESA

Level 4

Kontrolle durch Kommission und ESA

g)  Kapitalmarktrecht und Gesellschaftsrecht aa)  Abgrenzung der Regelungsbereiche Als Querschnittsmaterie (→ 14.11) ist das Kapitalmarktrecht teilweise eng mit an- 14.54 deren Rechtsgebieten verbunden; intensive Interrelationen bestehen insbesondere zwischen dem Kapitalmarktrecht und dem Gesellschaftsrecht der kapitalmarktnahen Gesellschaften. Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht unterscheiden sich jedoch sowohl im Hinblick auf ihr Regelungsobjekt (→ 14.55) als auch im Hinblick auf den dogmatischen Ansatz (→ 14.56).115 Das Gesellschaftsrecht beinhaltet, vereinfacht dargestellt, das Organisationsrecht 14.55 der Verbände.116 Es regelt Struktur- und Verhaltensnormen im Verband117 und ist somit in wesentlichen Teilen Innenrecht118. Regelungsobjekt des Kapitalmarktrechts ist hingegen die Organisation der Kapitalmärkte, der Handel mit Wertpapieren auf diesen und das Verhalten der Marktteilnehmer (→ 14.10). Gesellschaftsinterne Abläufe können auf diese Weise zwar mittelbar beeinflusst werden, grundsätzlich fällt dies jedoch nicht in den genuinen Regelungsbereich des Kapitalmarktrechts.119 In dogmatischer Hinsicht ist das Gesellschaftsrecht als Verbandsrecht weitgehend 14.56 auf die Rechtsform ausgerichtet120; Kapitalmarktrecht hingegen ist funktionsbezogen; es richtet sich an alle Marktteilnehmer und ist folglich rechtsformübergreifend121. Ebenso bestehen Divergenzen in Bezug auf die Regelungsintensität: Gesellschaftsrecht ist (trotz der im deutschen Aktienrecht geltenden Satzungsstrenge) traditionell in weitem Umfang dispositiv; Kapitalmarktrecht ist hingegen grundsätzlich zwingend und seine Einhaltung wird durch staatliche Aufsicht überwacht.122 115 Vgl. dazu GroßkommAktG/Assmann Einl. Rn. 352 ff.; Garrido García RabelsZ 69 (2005) 761, 775 ff.; Lenenbach, Rn. 1.116 ff. 116 Vgl. Kübler SZW 1995, 223, 225; Schwark FS Stimpel, 1985, S. 1087, 1090; Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht, 2006, S. 18. 117 Vgl. GroßkommAktG/Assmann Einl. Rn. 353; Kübler SZW 1995, 223, 225. 118 Vgl. GroßkommAktG/Assmann Einl. Rn. 353; Hopt ZHR 141 (1977) 389, 390. 119 Vgl. GroßkommAktG/Assmann Einl. Rn. 356; Schwark FS Stimpel, 1985, S. 1087, 1091. 120 Vgl. GroßkommAktG/Assmann Einl. Rn. 353. 121 Vgl. Kübler SZW 1995, 223, 225; Lenenbach, Rn. 1.117; Schwark FS Stimpel, 1985, S. 1087, 1092. 122 Vgl. Garrido García RabelsZ 69 (2005) 761, 775 f.; Lenenbach 1.118.

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§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

bb)  Einfluss des Kapitalmarktrechts auf das Gesellschaftsrecht 14.57 Die beiden Rechtsgebiete stehen jedoch nicht losgelöst nebeneinander: Ein Kapitalmarkt wird geprägt durch die auf ihm gehandelten Güter, wie z.B. Aktien. Als Marktrecht nimmt das Europäische Kapitalmarktrecht dabei immer stärkeren Einfluss auf das Gesellschaftsrecht, was auf zwei wesentliche Faktoren zurückzuführen ist: Zum einen musste die extensive Entwicklung des Kapitalmarktrechts in den letzten Jahren unvermeidlich zu einer Kollision mit angrenzenden Rechtsmaterien, wie dem Aktienrecht, führen.123 Zum anderen sind die beiden Rechtsgebiete aufgrund der stetig wachsenden Bedeutung des Kapitalmarkts für Gesellschaften als Finanzierungsquelle124 immer mehr miteinander verflochten.125 Das Kapitalmarktrecht greift dabei modifizierend und segmentierend, also nur in kapitalmarktaktive Gesellschaften, ein.126 Dementsprechend wird auch gesetzgebungstechnisch sowohl im europäischen127 als auch im deutschen128 Recht häufig nach der Börsennotierung differenziert und damit über das anzuwendende Recht entschieden. cc)  Verhältnis der beiden Rechtsgebiete zueinander 14.58 Das sich auf diese Weise herausbildende Börsengesellschaftsrecht besteht jedoch nicht nur aus speziellen Regelungen des Gesellschaftsrechts. Vielmehr beschreibt es die Interaktionsfläche zwischen Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, die vor allem durch kapitalmarktrechtliche Regelungen, wie insbesondere die kapitalmarktbezogenen Informations- und Verhaltenspflichten, geprägt ist. Mit der Entwicklung des Kapitalmarktrechts hin zu einem selbstständigen Regelungskomplex bildet das Börsengesellschaftsrecht als Schnittmengenrecht gesellschafts- und kapitalmarktrechtlicher Vorschriften einen Teilausschnitt des Kapitalmarktrechts ab.129 Obgleich das Kapitalmarktrecht teilweise Funktionen übernimmt, die ursprünglich dem Gesellschaftsrecht zugeordnet waren130 und das Recht der börsennotierten Gesellschaft immer mehr über123 Wymeersch ZGR 2001, 294, 299 f., 311 ff. bezeichnet den Einfluss der Wertpapiermärkte sogar als bedeutendste Antriebskraft für den gesellschaftsrechtlichen Wandel. 124 Vgl. dazu Assmann/Schütze/Assmann § 1 Rn. 25 ff.; Buck-Heeb Rn. 2; Hellgardt FS Hopt, 2008, S. 397 ff.; Merkt/Rossbach JuS 2003, 217; Kümpel/Wittig/Oulds Rn. 14.3. 125 Vgl. Buck-Heeb Rn. 46: „verknüpft“; Lutter FS Zöllner I, 1998, S. 363: „Überlagerungen“; Möllers AG 1999, 433, 434: „gegenseitige Wechselwirkung“; Teichmann (Fn. 116), S. 19: „teilweise überschneidende Rechtskreise“. 126 Vgl. Lenenbach, Rn. 1.123 ff.; Lutter FS Zöllner, 1998, S. 363, 372. 127 So knüpft etwa die ARRL an die Zulassung der Aktien zum Handel an einem geregelten Markt an (→ 29.9). 128 Ausf. zu den gesetzlichen Differenzierungen zwischen Aktiengesellschaften (speziell zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften) im AktG seit 1994: Bayer, Gutachten E zum 67. Deutschen Juristentag, 2008, E 42 ff. m.z.w.N.; zur Differenzierung in anderen Rechtsordnungen E 66 ff. m.z.w.N. 129 Vgl. Fleischer ZIP 2006, 451, 455; ähnlich Möllers ZGR 1997, 334. Dazu ausf. auch Bayer (Fn. 128), E 58 ff. 130 Vgl. Teichmann (Fn. 116), S.19.

37 Das sich auf diese Weise herausbildende Börsengesellschaftsrecht besteht jedoch nicht nur aus speziellen Regelungen des Gesellschaftsrechts. Vielmehr beschreibt es die Interaktionsfläche zwischen Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, die vor allem durch kapitalmarktrechtliche Regelungen, wie insbesondere 249 § 14 Kapitalmarktrecht in der EUdie kapitalmarktbezogenen Informations- und Verhaltenspflichten, geprägt ist. Mit der Entwicklung des Kapital131 lagert , droht keine „Marginalisierung desRegelungskomplex Aktienrechts“ durchbildet das Kapitalmarktrecht; marktrechts hin zu einem selbstständigen das Börsengesellvielmehr kommt auf das richtige Zusammenspiel der beiden Rechtsgebiete an132. Aufschaftsrecht als esSchnittmengenrecht gesellschaftsund kapitalmarktrechtlicher grund des Charakters des Börsengesellschaftsrechts als Schnittmengenrecht aktienund Vorschriften einen Teilausschnitt des Kapitalmarktrechts ab.96 Obgleich das Kapital133 kapitalmarktrechtlicher Vorschriften stellen sich Abstimmungsfragen. marktrecht teilweise Funktionen übernimmt, diezahlreiche ursprünglich dem Gesellschaftsrecht

Gesellschaftsrecht

Börsengesellschaftsrecht

Kapitalmarktrecht

Abbildung 1: Börsengesellschaftsrecht als Schnittmengenrecht Abbildung 1: Börsengesellschaftsrecht als Schnittmengenrecht

93 Buck-Heeb (Fn. und 3), Rn. 43: „verknüpft“; in Habersack 1 Rn. 6: „Verzahnung“; Horn, 14.59 Während AktienKapitalmarktrecht einigen §Bereichen, wie dem AnlegerEuropäisches Finanzmarktrecht. 134 Entwicklungsstand und rechtspolitische Aufgaben, schutz, ähnliche Ziele verfolgen und sich eher in den Regelungstechniken unter2003,135 S. 51: „vielfältige Querverbindungen und Wechselwirkungen“; Möllers AG 1999, scheiden , zeigt sich das Bedürfnis nach besonders 433, 434: „gegenseitige Wechselwirkung“; C. besserer TeichmannAbstimmung (Fn. 79), S. 19:dort „teilweise überdeutlich, wo dieRechtskreise“. beiden Rechtsgebiete aufgrund unterschiedlicher Zielsetzungen kolschneidende 94 Vgl. Lenenbach (Fn. für 5), Rn. 1.123 ff.; Lutter, FS Zöllner, 363, 372.nach dem richtigen lidieren. Repräsentativ einen solchen Zielkonflikt istS.die Frage 95 Ausf. zu den gesetzlichen Differenzierungen zwischen Aktiengesellschaften (speziell zwiVeröffentlichungszeitpunkt i.R.d. kapitalmarktrechtlichen Ad-hoc-Publizität (Art. 17 schen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften) im AktG seit 1994: MAR, → 14.84, 35.54 ff.), wenn die Insiderinformation nach der gesellschaftsrechtBayer, Gutachten E zum 67. Deutschen Juristentag, 2008, E 42 ff. m.z.w.N.; zur Differenlichen Kompetenzverteilung noch derEZustimmung zierung in anderen Rechtsordnungen 66 ff. m.z.w.N.eines anderen Organs (z.B. des Aufsichtsrats) bedarf (sog. Vorgänge, → 35.22, 35.59). 96 Fleischer ZIP 2006,136 451, 455;zeitlich ähnlichgestreckte Möllers ZGR 1997, 334. Inkompatibilitäten zeigen sich an verschiedenen Stellen. Prägnantes Beispiel ist 14.60 das Verhältnis von Emittentenhaftung und Kapitalerhaltung; hierzu hat der EuGH aber inzwischen in der Rs. Hirmann eine Grundsatzentscheidung getroffen (→ 19.102). 131 Vgl. Bayer/Habersack/Habersack/Schürnbrand Kap. 17 Rn. 23 ff. 132 Vgl. Fleischer ZIP 2006, 451, 459. 133 Vgl. ausf. Fleischer ZIP 2006, 451, 456 ff., der systematisierend zwischen Regelungsredundanzen, Zieldivergenzen, Funktionsäquivalenzen, Norminterdependenzen, Mitwirkungsingerenzen und Wertungsinterferenzen unterscheidet. 134 Vgl. umfassend Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, 1995, S. 54 ff., insbes. S. 103 ff. 135 Vgl. Kübler SZW 1995, 223, 224. 136 Vgl. dazu anschaulich bereits Lutter FS Zöllner I, 1998, S. 363, 364 ff.

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§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

dd)  Die Europäische Börsengesellschaft als eigenständiger Gesellschaftstypus? 14.61 In den europäischen Gesellschaftsrechtsordnungen wird zunehmend zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften differenziert.137 Dies ist nicht nur als eine Reaktion der nationalen Gesetzgeber auf die tatsächlichen Gegebenheiten – also eine zunehmende Kapitalmarktorientierung – zurückzuführen, sondern insbesondere auf einen neuen europäischen regulativen Ansatz: Die High Level Group (→ 5.41, 13.3, 28.4) empfahl in Bezug auf die Modernisierung des Gesellschaftsrechts entsprechend der heute in der Praxis anzutreffenden Differenzierung nach börsennotierten, offenen und geschlossenen Gesellschaften einen jeweils eigenen Regelungsansatz, wobei für börsennotierte Gesellschaften ein gewisses Maß an einheitlichen, verpflichtenden, detaillierten Regeln gelten solle.138 Dieses Leitbild wurde dann von der Kommission im Aktionsplan 2003 (→ 5.43, 13.4) übernommen: Börsennotierte bzw. kapitalmarktorientierte Gesellschaften sollen im Interesse des Anlegerschutzes strengeren und detaillierteren Vorschriften unterliegen, speziell für KMU soll dagegen ein flexibler Rahmen geschaffen werden139. Vor diesem Hintergrund sind z.B. auch die Empfehlungen zur Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung (→ 13.6, 13.9) und die ARRL (→ 29) als Ausdruck der zunehmenden Differenzierung zwischen börsen- und nicht börsennotierten Gesellschaften zu verstehen.140 Diese stärkere Ausrichtung auf die Bedürfnisse des Kapitalmarkts und die damit einhergehende stärkere normative Differenzierung zwischen kapitalmarktnahen und kapitalmarktfernen Gesellschaften stellte für das Europäische Gesellschaftsrecht einen wesentlichen regulativen Paradigmenwechsel dar.141

II.  Die europäische Kapitalmarktinfrastruktur 1.  Einführung 14.62 Kapitalmarktrecht ist Marktrecht mit der Besonderheit, dass es nicht nur einen, sondern viele Märkte gibt. Damit auf und unter ihnen gleiche Wettbewerbsbedingun137 Vgl. Bayer (Fn. 128), E 62 ff., 79 f.; sowie zur wachsenden Differenzierung im österreichischen, schweizerischen, englischen und französischen Gesellschaftsrecht E 66 ff.; Doralt AG 1995, 538, 540: „weltweit“; Habersack ZIP 2006, 445, 448; Hopt in Lutter/Wiedemann (Hrsg.), Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, 1998, S. 123, 144 f.; Lenenbach, Rn. 1.123 ff. 138 Bericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa (), S. 6, 36 f. 139 KOM(2003) 284, 2.1. 140 Bayer (Fn. 128), E 63 f. 141 Besonderheiten für börsennotierte Unternehmen gelten aber auch im Bilanz- und im Abschlussprüfungsrecht, denn kapitalmarktorientierte Unternehmen gehören zu den PIE (→ 23.24, 25.12); zudem müssen kapitalmarktorientierte Gesellschaften ihren konsolidierten Abschluss nach IFRS aufstellen (→ 24.13).

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gen herrschen, gibt das europäische Kapitalmarktorganisationsrecht eine einheitliche Marktstruktur vor. Das „Grundgesetz“ für die Organisation der Marktstruktur bildete bislang die Markets in Financial Instruments Directive (MiFID I); sie wird ab dem 3.1.2018 abgelöst durch die MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive II) und MiFIR (Markets in Financial Instruments Regulation) (→ 32). Das Europäische Kapitalmarktrecht macht aber zumindest partiell auch Vorgaben für den Handel außerhalb organisierter Märkte („over the counter“ − OTC); zu nennen ist insoweit speziell die EMIR (European Market Infrastructure Regulation) betreffend OTC-Derivate (→ 37). Den Bereich der Wertpapierabwicklung regelt die Zentralverwahrer-VO (Central Securities Depositories Regulation – CSDR) (→ 39). 2.  Finanzinstrumente Der Anwendungsbereich des Europäischen Kapitalmarktrechts erstreckt sich auf eine 14.63 Vielzahl unterschiedlicher Finanzinstrumente. Die zentrale Legaldefinition dieses Begriffs in Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 i.V.m. Anhang I Abschnitt II C MiFID II erfasst nicht nur ein breites Spektrum von Wertpapieren, sondern auch Warenderivate und Emissionszertifikate (→ 32.11). Auf diese Grunddefinition verweisen die meisten kapitalmarktrechtlichen EU-Rechtsakte, so z.B. die MAR (→ 35.8), die CSDR (→ 39.5) oder die SSR (→ 40.8). Es gibt allerdings auch Rechtsakte, die nicht auf diese Grunddefinition verweisen, sondern ihren Anwendungsbereich enger definieren; so gelten etwa die ProspVO (→ 34) und die TrRL (→ 36) nur für Wertpapiere (→ 34.13, 36.6). 3.  Kapitalmärkte MiFID II/MiFIR differenzieren zwischen drei Kategorien von Handelsplätzen des 14.64 organisierten Handels mit unterschiedlich intensiver Regulierung: geregelte Märkte, MTF (multilaterale Handelssysteme/multilateral trading facilities) und OTF (organisierte Handelssysteme/organized trading facilities); zudem kann organisierter Handel auch über systematische Internalisierer (IS) stattfinden (→ 32.34 ff.). Daneben gibt es die amtliche Notierung nach der CARD (→ 14.71, 33.5). Der Bereich des Handels, der außerhalb organisierter Märkte („over the counter“ 14.65 OTC) erfolgt, ist infolge der deutlichen Expansion des Radius organisierter Märkte durch die Einführung der neuen Kategorie der OTF (→ 14.64, 32.38 ff.), erheblich reduziert worden. Zudem macht der europäische Gesetzgeber nun auch für diesen OTC-Handel Vorgaben: So speziell in Form der EMIR für den Handel mit OTCDerivaten (→ 37), aber z.B. auch durch die Etablierung von Transparenzvorschriften für SI im Rahmen der MiFID II (→ 32.61 ff.).

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4.  Kapitalmarktteilnehmer a)  Emittenten 14.66 Diejenigen Marktteilnehmer, die Wertpapiere erstmals ausgeben und in Umlauf bringen, werden als Emittenten bezeichnet.142 In vielen Fällen handelt es sich bei Emittenten um Aktiengesellschaften; Emittenten können jedoch auch andere Rechtspersönlichkeiten sein, wie z.B. andere Kapital- oder Personengesellschaften, öffentliche Körperschaften, Staaten oder sogar Privatpersonen.143 Mit der Ausgabe der Aktien verfolgen Emittenten v.a. den Zweck zusätzliches (Eigen-)Kapital aufzunehmen; ein Börsengang kann jedoch noch weitere Vorzüge haben, wie z.B. die Steigerung des Bekanntheitsgrads.144 Die EU-kapitalmarktrechtliche Regulierung der Emittenten setzt an drei Stellen an: Dem Marktzugang, verhaltensrechtlichen Anforderungen sowie einer Beaufsichtigung. Sobald Emittenten einen Zugang zum Kapitalmarkt anstreben, unterliegen sie einem strengen Markteintrittsrecht (→ 14.70 ff.). Ist der Markteintritt erfolgt, knüpfen sich hieran zahlreiche Verhaltenspflichten, woraus sich ein umfangreiches Marktverhaltensrecht (→ 14.75 ff.) ergibt. Um die Einhaltung sowohl des Markteintritts- als auch des Marktverhaltensrechts sicherzustellen, unterliegen Emittenten der Kapitalmarktaufsicht (→ 14.90 ff.). b)  Anleger 14.67 Anleger sind die Personen, die in Finanzinstrumente investieren.145 Je nach konkreter Situation können verschiedene Arten von Anlegern aber ganz unterschiedliche Interessen haben und über ganz unterschiedliche Sachkunde verfügen; einige kapitalmarktrechtliche Rechtsakte differenzieren deshalb zwischen verschiedenen Anlegerkategorien.146 Von grundlegender Bedeutung ist dabei speziell die Differenzierung zwischen professionellen Kunden und Kleinanlegern in der MiFID II (→ 32.26); auf sie nimmt z.B. auch die AIFMD (→ 38.37) Bezug. c)  Finanzintermediäre 14.68 Finanzintermediäre sind Personen, die auf dem Kapitalmarkt Geschäftsabschlüsse zwischen Emittenten und Anlegern (Primärmarkt, → 14.8) oder zwischen Anlegern

142 Vgl. die Legaldefinition in Art. 2 Abs. 1 lit. h ProspVO (→ 34): „eine Rechtspersönlichkeit, die Wertpapiere begibt oder zu begeben beabsichtigt“. 143 Vgl. nur Grunewald/Schlitt/Schlitt § 1 IV. 1. 144 Vgl. zu den Motiven für einen Börsengang etwa Marsch-Barner/Schäfer/Meyer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rn. 4 ff. 145 Vgl. nur Grunewald/Schlitt/Schlitt § 1 IV. 5. Zum Verhältnis von Anleger- und Verbraucherschutz instruktiv Riesenhuber ZBB 2014, 134 ff. 146 Vgl. ErwG 17 ProspRL, ErwG 86 MiFID II.

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(Sekundärmarkt, → 14.8) vermitteln147; insbesondere Banken, Versicherungen, Pensionsfonds und Investmentfonds148. Sie sind für die Kapitalmärkte von erheblicher Bedeutung: Sie eröffnen nicht nur Marktzugangskanäle für Kapitalanbieter und -nachfrager149, sondern verringern auch die sich aus den Informationsasymmetrien zwischen den Kapitalmarktteilnehmern ergebenden Informations- und Transaktionskosten150 und fördern Innovation auf den Finanzmärkten151. Andererseits gehen von Finanzintermediären aber auch Gefahren aus: Diese ergeben sich zum einen daraus, dass ihre Interessen und diejenigen der Anleger u.U. divergieren (principal-agent-conflict)152; zum anderen können mit ihnen gerade aufgrund ihrer erheblichen Bedeutung auch systemische Risiken für die Stabilität des Finanzsystems verbunden sein153. Der europäische Gesetzgeber begegnet diesen Gefahren mit einer in den letzten Jahren erheblichen gewachsenen Regulierung. Für Banken sowie für Versicherungen und Pensionsfonds hat sich inzwischen ein ganz eigenes europäisches Regelwerk herausgebildet; es ist zwar nicht Gegenstand dieses Buches, zumindest die aus kapitalmarktrechtlicher Perspektive relevantesten Eckpunkte werden aber unten (→ 14.137 ff.) im Überblick dargestellt werden. Für sog. Wertpapierfirmen (d.h. juristische Personen, die gewerbsmäßig Wertpapierdienstleistungen für Dritte erbringen und/oder eine Anlagetätigkeit ausüben, → 32.9) normieren die MiFID I bzw. (ab 3.1.2018) MiFID II und MiFIR sehr weitgehende regulative Anforderungen (→ 32). Für Investmentfonds existieren heute mit der OGAW-RL und der AIFMD sowie den neuen europäischen Fondstypen EuVECA, EuSEF, ELTIF und MMF ebenfalls umfassende europäische Vorgaben (→ 38). d)  Informationsintermediäre („gatekeeper“) Eine wichtige Rolle für die Kapitalmärkte spielen auch Informationsintermediäre 14.69 (wegen ihrer Schlüsselstellung auch als „gatekeeper“ bezeichnet154), d.h. unabhängige Marktakteure, die Verifizierungs- oder Zertifizierungsdienste an Investoren und den Markt insgesamt anbieten.155 Dazu gehören z.B. Ratingagenturen, Investmentanalysten, Handelsplätze und Investmentbanken, aber auch Abschlussprüfer und Anwälte.156 Vor dem Hintergrund von Skandalen wie Enron und der Finanzkrise sind in den letzten Jahren speziell die Ratingagenturen und die Finanzanalysten in den Fo-

147 Vgl. Langenbucher/Klöhn § 6 Rn. 173. 148 Vgl. SWD(2015) 183, S. 99; Heun JZ 2012, 235. 149 Vgl. Moloney IV.1.1. 150 Vgl. SWD(2015) 183, S. 21; Heun JZ 2012, 235; Langenbucher/Klöhn § 6 Rn. 173; Moloney IV.1.1. 151 Vgl. Moloney IV.1.1. 152 Vgl. Langenbucher/Klöhn § 6 Rn. 173; Moloney IV.1.1. 153 Vgl. Moloney IV.1.1. 154 Näher zum „gatekeeper“-Konzept: Kraakman (1984) 93 Yale L.J. 857 ff.; ders. (1986) 2 J.L. Econ. & Org. 53 ff. 155 Vgl. Moloney VII.1. 156 Vgl. Moloney VII.1.

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kus des europäischen Gesetzgebers geraten.157 Für Ratingagenturen wurde mit der CRAR (→ 41) ein spezieller Rechtsrahmen geschaffen. Finanzanalysten reguliert der europäische Gesetzgeber zum einen im Rahmen der MAR (neben den allgemeinen Regeln zu Insiderhandel und Marktmanipulation [→ 35.15 ff.] ist insoweit speziell Art. 20 Abs. 1 MAR betreffend Anlageempfehlungen von Bedeutung [→ 35.74]), zum anderen ist die Finanzanalyse eine Nebendienstleistung i.S.d. MiFID II (vgl. Anhang I Abschnitt B Nr. 5 MiFID II) (zu MiFID II/MiFIR → 32).

III.  Das europäische Markteintrittsrecht 14.70 Im Bereich des Marktzugangs sind folgende Bereiche harmonisiert: Die Zulassung zur amtlichen Notierung durch die CARD (→ 14.71, 33), die Zulassung zum Handel durch die MiFID II (→ 14.72, 32) und das Prospektrecht durch die ProspRL bzw. ab 21.7.2019 durch die ProspVO (→ 14.73, 34). 1.  Zulassung zur amtlichen Notierung und Zulassung zum Handel 14.71 Die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung war Gegenstand des ersten kapitalmarktrechtlichen Harmonisierungsrechtsakts überhaupt, der Börsenzulassungs-RL aus dem Jahr 1979158. 2001 wurden die entsprechenden Regelungen dann (ohne wesentliche materielle Änderungen) als Teil der CARD konsolidiert und kodifiziert und sind heute deren einziger verbleibender Regelungsgegenstand (→ 33.1). Davon zu differenzieren ist die Zulassung von Finanzinstrumenten zum Han14.72 del an einem geregelten Markt i.S.d. MiFID II (zur Abgrenzung → 33.5). Hierfür statuiert Art. 51 MiFID II Vorgaben (→ 32.45). 2.  Prospektrecht 14.73 Die ProspRL bzw. ab 21.7.2019 die ProspVO begründen zwecks Gewährleistung von Anlegerschutz und Markteffizienz159 eine Prospektpflicht für die Emission und Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem geregelten Markt und harmonisieren die Bedingungen für die Erstellung, Billigung und Verbreitung des Prospekts (→ 34). Ähnliche Prospektpflichten gelten z.B. auch für OGAW nach der OGAW-RL 14.74 (→ 38.20) und für ELTIF nach der ELTIF-VO (→ 38.76).

157 Vgl. Moloney VII.1. 158 Fn.  38. 159 Vgl. Art. 1 Abs. 1, ErwG 10 ProspRL bzw. Art. 1 Abs. 1, ErwG 7 S. 1 ProspVO.

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IV.  Das europäische Kapitalmarktverhaltensrecht Das europäische Kapitalmarktverhaltensrecht regelt das Verhalten der Kapitalmarkt- 14.75 teilnehmer160 (→ 14.66 ff.) durch eine Reihe von Verhaltenspflichten und Verboten. Im Zentrum steht dabei einerseits der Schutz der Marktintegrität (→ 14.76 f.), andererseits die Schaffung von Transparenz (→ 14.78 ff.). 1.  Marktintegrität Zum Schutz der Marktintegrität hat der europäische Gesetzgeber zum einen ein sehr 14.76 ausziseliertes Marktmissbrauchsregime etabliert. Die MAR differenziert zwischen zwei Formen des Marktmissbrauchs, die sie gleichermaßen verbietet: Insiderhandel (→ Art. 14 MAR, 35.16 ff.) und Marktmanipulation (Art. 12, 15 MAR, → 35.42 ff.). Eine Ausnahme gilt nur für Rückkaufprogramme und Stabilisierungsmaßnahmen (Art. 5 MAR, → 35.52). Bei Verstößen drohen nicht nur verwaltungsrechtliche Sanktionen (→ 35.86 ff.), sondern in schwerwiegenden Fällen aufgrund der MAD II auch strafrechtliche Sanktionen (→ 35.90 ff.). Mit der SSR wurden darüber hinaus zwecks Gewährleistung von Marktintegrität 14.77 und Anlegerschutz161 auch ein harmonisierter Rechtsrahmen für Leerverkäufe und Credit Default Swaps (CDS) geschaffen (→ 40). 2.  Transparenz a)  Schaffung von Transparenz als Regulierungskonzept Die Schaffung von Transparenz durch die Etablierung von Publizitätspflichten ist ein 14.78 zentrales Regulierungskonzept des Europäischen Kapitalmarktrechts.162 Zugrunde liegendes Konzept ist das sog. Informationsmodell163, dessen Vorbild die im US-amerikanischen Kapitalmarktrecht vorherrschende disclosure philosophy ist164.

160 Vgl. Langenbucher § 15 Rn. 1; Mülbert WM 2001, 2085, 2087. 161 Vgl. ErwG 2 SSR. 162 Vgl. nur Veil/Brinckmann, ECML, § 16 Rn. 1; Elster S. 323 ff.; Veil/Veil, ECML, § 2 Rn. 15; Warren (1990) 31 Harv. Int’l L. J. 185, 209 ff. 163  Vgl. zum Informationsmodell (auch Transparenzmodell genannt): Cordewener, Der europarechtliche Rahmen für Unternehmenspublizität, in: Schön (Hrsg.), Rechnungslegung und Wettbewerbsschutz im Europäischen Recht, 2008, S. 105, 199 ff.; Elster S. 323 ff.; Grundmann Rn. 228 ff. (speziell 233), 478, 670, 1169; ders. DStR 2004, 232 ff.; Schön FS Canaris, 2007, S. 1191, 1193 ff., 1198 ff. 164 Vgl. dazu Hopt ZHR 140 (1976) 201, 204 ff.; Hu (2012) 90 Texas L. R. 1601 ff.; ausf. zur Unternehmenspublizität in der US-Rechtsentwicklung Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 114 ff. m.z.w.N.

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Dieses Konzept beruht auf der Annahme, dass Ineffizienzen von Märkten auf Informationsasymmetrien zwischen den Marktteilnehmern zurückzuführen sind.165 Das Maß an Ungleichgewicht an Information wird besonders deutlich im Verhältnis eines Emittenten zum Anlegerpublikum: Emittenten und ihre Beschäftigten verfügen i.d.R. über erhebliche Informationsvorsprünge gegenüber dem Anlegerpublikum; nutzen sie diese zu ihren Gunsten und zum Nachteil der anderen Marktteilnehmer aus, verlieren Anleger ihr Vertrauen in die Integrität des Kapitalmarkts und entziehen ihm Liquidität, sodass seine Funktionsfähigkeit gefährdet ist. Auch aus ökonomischen Gründen sind Publizitätspflichten sinnvoll: Solange Wissensvorsprünge Einzelner ausgenutzt werden können, fließt das Kapital nicht in die ökonomisch sinnvollste Investition, sondern an den bestinformierten Investor, es kommt also zu Allokationsineffizienzen.166 Stehen hingegen allen Marktteilnehmer ausreichende und zutreffende Informationen zur Verfügung, können die Informationen unmittelbar Eingang in den Marktpreis finden, sodass dieser den „wahren Wert“ eines Gutes widerspiegelt und nicht durch Informationsasymmetrien verzerrt wird.167 Das Informationsmodell ist indes nicht ganz unproblematisch, denn es beruht 14.80 auf der Hypothese, dass Anleger die Information stets richtig verstehen und dass sie auf der Basis der Informationen rationale Entscheidungen treffen. Forschungsergebnisse der behavioural finance zeigen jedoch, dass in vielen Fällen entweder die Zeit und/oder ausreichende Kenntnisse fehlen, um die Informationen zutreffend einzuordnen und dass nicht immer rationale, sondern häufig irrationale Entscheidungen getroffen werden.168 Insbesondere kann zu viel Information den Anleger auch schlicht überlasten (sog. information overload).169 Ungeachtet dessen erscheint das Informationsmodell jedoch insgesamt überzeu14.81 gend. Zum Schutz des Anlegervertrauens und der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte ist eine umfassende Information der Kapitalmarktteilnehmer geboten. Eine fundierte Anlageentscheidung können Anleger erst dann treffen, wenn ihnen ausreichende Informationen zur Verfügung stehen.170 Ohne Publizitätspflichten würden viele Informationen über den Emittenten und das Kapitalmarktprodukt aber entweder überhaupt nicht zur Verfügung stehen oder ihre Erlangung wäre mit unverhältnismäßig hohem finanziellem Aufwand verbunden.171 Eine sehr wichtige Funktion hat

165 Vgl. Hu (2012) 90 Texas L. R. 1601, 1634; Lenenbach 11.39 ff.; Schön FS Canaris, 2007, S. 1191, 1205 ff.; Veil/Brinckmann, ECML, § 16 Rn. 16. 166 Vgl. Veil/Brinckmann, ECML, § 16 Rn. 5 ff.; Lenenbach Rn. 11.5. 167 Vgl. Veil/Brinckmann, ECML, § 16 Rn. 7; Hopt/Voigt WM 2004, 1801, 1802; Langenbucher/Klöhn § 6 Rn. 6; Langenbucher § 17 Rn. 1. 168 Vgl. dazu Eidenmüller JZ 2005, 216, 218 ff.; Hackethal/Meyer ZVglRWiss 113 (2014) 574 ff.; Klöhn, Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance, 2006, S. 102 ff.; Korobkin/Ulen (2000) 88 Cal. L. Rev. 1053 ff.; G.H. Roth FS Horn, 2006, S. 835, 840 ff.; Stürner FS Canaris, 2007, 1489, 1491 ff. 169 Vgl. dazu Klöhn (Fn. 168), S. 185 ff.; Koch BKR 2012, 485 ff.; Möllers/Kernchen ZGR 2011, 1 ff. 170 Vgl. Hopt/Voigt WM 2004, 1801, 1802; Lenenbach Rn. 11.3. 171 Vgl. Veil/Brinckmann, ECML, § 16 Rn. 15 f.; Lenenbach 11.3.

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in diesem Kontext auch die Wirtschaftspresse, die die Informationen auswertet und bewertet und dann in dieser aufbereiteten Form dem Publikum zugänglich macht. b)  Überblick über die bestehenden Publizitätspflichten aa)  Periodische Publizität Für alle Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel an einem in einem Mitgliedstaat 14.82 gelegenen oder dort betriebenen geregelten Markt zugelassen sind (→ 36.6), sieht die TrRL zwei Arten periodischer Publizitätspflichten vor: Jahresfinanzberichte (Art. 4 TrRL, → 36.10) und Halbjahresfinanzberichte (Art. 5 TrRL, → 36.11). Bestimmte Emittenten trifft daneben eine Pflicht zum sog. Country-by-Country-Reporting (Art. 6 TrRL, → 36.14). Periodische Publizitätspflichten gelten darüber hinaus für OGAW nach der 14.83 OGAW-RL (→ 38.20), für AIFM nach der AIFMD (→ 38.42), für EuVECA nach der EuVECA-VO (→ 38.55), für EuSEF nach der EuSEF-VO (→ 38.64), für ELTIF nach der ELTIF-VO (→ 38.76) und für MMF nach der MMF-VO (→ 38.89). bb) Ad-hoc-Publizität Die periodische Publizität wird ergänzt durch die anlassbezogene172 Ad-hoc-Publizi- 14.84 tät: Nach dem Grundtatbestand des Art. 17 Abs. 1 UAbs. 1 MAR muss ein Emittent der Öffentlichkeit Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich bekanntgeben (→ 35.55 ff.). Unter bestimmten Voraussetzungen besteht allerdings die Möglichkeit eines Aufschubs der Veröffentlichung (Art. 17 Abs. 4, 5 MAR, → 35.58 ff.). cc) Beteiligungstransparenz Zur Schaffung von Transparenz über die Beteiligungsverhältnisse sieht das Europäi- 14.85 sche Kapitalmarktrecht schon seit Langem (→ 36.1) eine Beteiligungstransparenz in Bezug auf bedeutende Beteiligungen an Emittenten vor, die heute in Art. 9 ff. TrRL geregelt ist: Anteilsinhabern bedeutender Beteiligungen werden Mitteilungspflichten gegenüber dem Emittenten sowie der Aufsichtsbehörde auferlegt, anschließend muss der Emittent das Publikum unterrichten (→ 36.16 ff.). Durch die AIFMD wurde eine ergänzende Beteiligungstransparenz für den Er- 14.86 werb bedeutender Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen etabliert (Art. 27 AIFMD, → 38.46).

172 Vgl. Grundmann Rn. 740; Langenbucher § 17 Rn. 18.

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dd)  Director’s Dealings 14.87 Publizitätspflichtig sind zudem gem. Art. 19 MAR Eigengeschäfte von Führungskräften (directors‘ dealings) (→ 35.65 ff.). ee)  Sonstige Informationspflichten des Emittenten 14.88 Art. 16–18 TrRL normieren darüber hinaus eine Reihe weiterer Informationspflichten für Emittenten (sog. „Wohlverhaltenspflichten) (→ 36.27 ff.). ff)  Übernahmerechtliche Publizitätspflichten 14.89 Im Kontext von Übernahmen etabliert schließlich auch die TBD zahlreiche kapitalmarktrechtlich relevante Publizitäts- und Verhaltenspflichten (→ 28.58 ff., 28.128 ff.).

V.  Kapitalmarktaufsicht im Europäischen Finanzaufsichtssystem 1.  Entstehung 14.90 Seit dem 1.11.2011 existiert in Europa mit dem Europäischen Finanzaufsichtssystem (European System of Financial Supervision – ESFS)173, einem Netzverbund aus europäischen und nationalen Aufsichtsbehörden, ein völlig neues Finanzaufsichtssystem. 14.91 Zuvor erfolgte die Aufsicht über die europäischen Kapitalmärkte ausschließlich auf nationaler Ebene durch die Aufsichtsbehörden oder Zentralbanken der Mitgliedstaaten.174 Diese folgten zunächst überwiegend einem vertikalen Aufsichtsmodell, mit einer getrennten sektoralen Aufsicht für die Bereiche Banken, Versicherungen und Wertpapiere.175 Ende der 1990er setzte sich dann jedoch, ausgehend von Reformen im UK176, 173 Schrifttum zum ESFS und speziell zur ESMA → 31. 174 Auf europäischer Ebene existierten zwar die im Zuge des Lamfalussy-Verfahrens geschaffenen Level-3-Ausschüsse CEBS, EIOPS und CESR (→ 14.118). Diese hatten jedoch ausschließlich beratende Funktion und keine Entscheidungsbefugnisse, vgl. dazu nur Wymeersch ECFR 2010, 240, 248 f. 175 In Deutschland war z.B. für die Bankenaufsicht das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred), für die Aufsicht über das Versicherungswesen das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) und für die Kapitalmarktaufsicht das Bundesaufsichts­ amt für den Wertpapierhandel (BAWe) zuständig. Umfassend zur Entwicklung des Aufsichtsrechts Masciandaro/Quintyn (2009) 6 ECL 187 ff. 176 Im UK wurde die Zuständigkeit für die Bankenaufsicht im Jahr 1998 durch den Bank of England Act 1998 (c. 11) von der Bank of England auf die neu geschaffene Financial Services Authority (FSA) übertragen. Als Reaktion auf die Finanzkrise wurde die Aufsicht dann aber durch den Financial Services Act 2012 völlig neu strukturiert: Die FSA wurde aufgelöst und ersetzt durch die Prudential Regulation Authority (PRA) (zuständig für die

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zunehmend der Trend zu einer Allfinanzaufsicht durch177, bei der die zuvor getrennten Aufsichtsbehörden für die Sektoren Banken, Versicherungen und Wertpapiere zu einer Aufsichtsbehörde zusammengelegt wurden178. Dabei erstreckte sich der Umfang der Aufsicht seit jeher ausschließlich auf die Überwachung der einzelnen Finanzinstitute, also eine alleinige Mikroaufsicht. Eine Aufsicht auf der Makroebene im Hinblick auf Systemrisiken existierte hingegen nicht.179 Eine stärker integrierte Aufsicht war zwar etwa vom EP schon seit Langem immer 14.92 wieder gefordert worden.180 Erst die Finanzkrise der Jahre 2007/08 machte jedoch wirklich eindringlich deutlich, dass ein rein nationales Aufsichtskonzept angesichts der zunehmenden globalen Verflechtung der Kapitalmärkte keine effektive Beaufsichtigung mehr gewährleisten konnte.181 Nicht nur gestaltete sich die Aufsicht bei grenzüberschreitenden Sachverhalten generell als zunehmend schwierig. Die Finanzkrise demonstrierte vielmehr auch nachdrücklich, dass sich Missstände nicht mehr länger im nationalen Alleingang bekämpfen, sondern vielmehr ein gemeinsames Handeln geboten erscheinen ließen – wofür es den nationalen Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten jedoch bis dato an ausreichender Zusammenarbeit, Koordinierung, Kohärenz und gegenseitigem Vertrauen fehlte.182 Darüber hinaus zeigte die Finanzkrise aber auch, dass die von Systemrisiken ausgehende Gefahr für das Funktionieren der Finanzmärkte offensichtlich unterschätzt und völlig unzureichend überwacht worden war.183 Vor diesem Hintergrund beauftragte die Kommission im November 2008 eine 14.93 Hochrangige Expertengruppe für Finanzaufsicht unter Vorsitz von Jacques de Larosière mit der Ausarbeitung von Empfehlungen zur Verbesserung der Finanzaufsicht Solvenzaufsicht über systemrelevante Banken, Versicherungen und Wertpapierfirmen) und die Financial Conduct Authority (FCA) (zuständig für die Markt- und Organisationsaufsicht über PRA-regulierte Rechtsträger und für die gesamte Aufsicht über alle anderen Banken, Versicherungen und Wertpapierfirmen). Vgl. dazu Ferran (2011) 31 OJLS 455 ff.; Leonard/Zahabi/Lissack (2012) 92 C.O.B. 1, 10 ff. 177 Vgl. Masciandaro/Quintyn (2009) 6 ECL 187, 189. 178 In Deutschland wurden das BAKred, das BAV und das BAWe durch das FinDAG (Gesetz über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht v. 22.4.2002, BGBl. I, 1310) organisatorisch unter dem Dach der neu geschaffenen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zusammengeführt, vgl. dazu etwa Fricke NVersZ 2002, 337 ff.; Hagemeister WM 2002, 1773. 179 Eine Aufsicht über Systemrisiken auf der Makroebene wurde bislang allenfalls durch die nationalen Zentralbanken ausgeübt, eine institutionalisierte Aufsicht bestand jedoch nicht, vgl. ErwG 11 ESRB-VO; Papathanassiou/Zagouras WM 2010, 1584, 1586. Anschauliche nähere Darstellung der Probleme auf Makroebene in SEC(2009) 715, S. 12 ff. 180 Vgl. Entschließung des EP v. 13.4.2000 zu der Mitteilung der Kommission „Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan“, ABlEG v. 7.2.2001, C 40/453, Ziff. 26 ff.; Entschließung des EP v. 21.11.2002 zu den aufsichtsrechtlichen Vorschriften in der Europäischen Union, ABlEG v. 29.1.2004, C 25 E/394, Ziff. 47 ff.; Entschließung des EP v. 11.7.2007 zu der Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005–2010 – Weißbuch, ABlEU v. 10.7.2008, C 175 E/392, Ziff. 57 ff. 181 Vgl. ErwG 1 EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO; KOM(2009) 499, S. 2. 182 Vgl. Mitteilung der Kommission. Europäische Finanzaufsicht, KOM(2009) 252, S. 2. 183 Vgl. ErwG 1 ESRB-VO.

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auf europäischer Ebene. In ihrem Schlussbericht vom 25.2.2009 (sog. de LarosièreBericht)184 sprach sich die de Larosière-Gruppe für die Schaffung eines neuen, europäischen Aufsichtssystems aus: In den Finanzsektoren Banken, Versicherungen und Wertpapiere sollten jeweils europäische Aufsichtsbehörden geschaffen werden, die für die Koordination der nationalen Aufsichtsbehörden zuständig sein und auf diese Weise die Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden in Europa verbessern sollten; zudem sollte auf europäischer Ebene auch eine institutionalisierte Makroaufsicht errichtet werden, um in Zukunft auch systemischen Risiken ausreichend Rechnung tragen zu können.185 14.94 Die Kommission leitete daraufhin im März 2009 eine Konsultation zur Finanzmarktaufsicht186 ein und legte dann in einer Mitteilung zur europäischen Finanzmarktaufsicht v. 27.5.2009187 ihre – weitgehend die Vorschläge des de Larosière-Berichts aufgreifenden – Vorstellungen betreffend die Struktur eines neuen Aufsichtsrahmens dar. Am 23.9.2009 präsentierte sie dann ein Paket von insgesamt 5 Legislativvorschlägen188 zur Schaffung eines neuen Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (European Systemic Risk Board – ESRB) für die Überwachung der Stabilität des Finanzsystems (sog. Makroaufsicht) sowie eines Europäischen Systems der Finanzaufsicht (European System of Financial Supervision – ESFS) für die Beaufsichtigung einzelner Finanzinstitute (sog. Mikroaufsicht) – bestehend aus den nationalen Aufsichtsbehörden und drei neuen Europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities – ESA): der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versi184  Hochrangige Expertengruppe für Finanzaufsicht, Bericht, 25.2.2009, abrufbar unter . 185 Vgl. de Larosière-Bericht (Fn. 184), S. 48 ff 186 Konsultationsseite: . 187 Mitteilung der Kommission. Europäische Finanzaufsicht, KOM(2009) 252. Dazu Joosen, European Financial Supervision, GFinM Working Paper No. 6, 2009. 188 Vorschlag für eine VO des EP und des Rates über die gemeinschaftliche Finanzaufsicht auf Makroebene und zur Einsetzung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken, KOM(2009) 499; Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Funktionsweise des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken auf die Europäische Zentralbank, KOM(2009) 500; Vorschlag für eine VO zur Einrichtung einer Europäischen Bankaufsichtsbehörde, KOM(2009) 501; Vorschlag für eine VO des EP und des Rates zur Einrichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung, KOM(2009) 502; Vorschlag für eine VO des EP und des Rates zur Einrichtung einer Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde, KOM(2009) 503. Dazu die Arbeitsdokumente SEC(2009) 1233, SEC(2009) 1234, SEC(2009) 1235. Vgl. zum Ganzen: Ferran/Alexander (2010) 35 E.L. Rev. 751 ff.; Hofmann Kreditwesen 2010, 664 ff.; Hopt NZG 2009, 1401, 1404 ff.; Iglesias Rodríguez (2009) 16 Colum. J. Eur. L. online 1 ff.; Lamandini (2009) 6 ECL 197 ff.; Lefterov (2011) 38 LIEI 33 ff.; Lehmann/Manger-Nestler EuZW 2010, 87 ff.; Masciandaro/Quintyn (2009) 6 ECL 187, 191 f.; Möllers NZG 2010, 285 ff.; ders. (2010) 11 EBOR 379, 401 ff.; Moloney (2010) 47 C.M.L. Rev. 1317, 1332 ff., 1344 ff.; Papathanassiou/Zagouras WM 2010, 1584 ff.; Partsch ZBB 2010, 72 ff.; Schmitz-Lippert ECFR 2010, 266, 268 ff.; Siekmann Verw. 2010, 95, 110 ff.; ders. IMFS Working Paper 40 (2010); Wymeersch ECFR 2010, 240 ff.

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cherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority – EIOPA), der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority – EBA) und Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – ESMA). Am 26.10.2010 ergänzte sie einen Vorschlag für eine Omnibus-RL zur Anpassung der bestehenden Finanzdienstleistungsrichtlinien (sog. „Omnibus I“-RL)189. Nach Stellungnahmen von EZB190 und EWSA191 sowie Lesung im EP192 und 14.95 Billigung im Rat wurde das gesamte Legislativpaket193 – ESRB-VO194, EBA-VO195, EIOPA-VO196, ESMA-VO197, EZB-Aufgaben-VO198 und „Omnibus I“-RL199 – dann

189 Vorschlag für eine RL des EP und des Rates zur Änderung der RL 1998/26/EG, 2002/87/ EG, 2003/6/EG, 2003/41/EG, 2003/71/EG, 2004/39/ EG, 2004/109/EG, 2005/60/EG, 2006/48/EG, 2006/49/EG und 2009/65/EG im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Bankaufsichtsbehörde, der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung und der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde, KOM(2009) 576. 190 Stellungnahme der Europäischen Zentralbank v. 8.1.2010 zu drei Vorschlägen für VO des EP und des Rates zur Einrichtung einer Europäischen Bankaufsichtsbehörde, einer Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung und einer Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde, ABlEU v. 20.1.2010, C 13/1. 191  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses v. 21.1.2010 zu KOM(2009) 499, KOM(2009) 501, KOM(2009) 502, KOM(2009) 503, ABlEU v. 14.12.2010, C 339/34. 192 Legislative Entschließung des EP v. 22.9.2010 zu dem Vorschlag für eine VO des EP und des Rates zur Einrichtung einer Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde, ABlEU v. 21.2.2012, C 50E/217. 193 Vgl. dazu Baur/Boegl BKR 2011, 177 ff.; Binder GPR 2011, 34 ff.; Boujeka D. 2012, 1355 ff.; Granner, System und Organisation der neuen europäischen Finanzmarktaufsicht, in: Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer (Hrsg.), Die neue Europäische Finanzmarktaufsicht, 2012, S. 27 ff.; Lavrijssen/Ottow LIEI 2012, 419 ff.; Lehmann/MangerNestler ZBB 2011, 1 ff.; Mülbert/Wilhelm (2011) 26 B.F.L.R. 187, 197 ff.; Snowdon/ Lovegrove (2011) 83 C.O.B. 1 ff.; Weber-Rey AG 2010, R453 ff.; Veil/Walla, EuropKR, § 11 Rn. 36 ff.; Weber-Rey/Horak VersR 2011, 452 f.; Wymeersch ZGR 2011, 443 ff.; ders. in: Wymeersch/Hopt/Ferrarini (eds.), Financial Regulation and Supervision. A PostCrisis Analysis, 2012, 9.01 ff.; sowie die Nachweise in Fn. 197 speziell zur ESMA-VO. 194 VO (EU) Nr. 1092/2010 des EP und des Rates v. 24.11.2010 über die Finanzaufsicht der Europäischen Union auf Makroebene und zur Errichtung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken, ABlEU v. 15.12.2010, L 331/1. Dazu Papathanassiou/Zagouras WM 2010, 1584 ff. 195 VO (EU) Nr. 1093/2010 des EP und des Rates v. 24.11.2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission, ABlEU v. 15.12.2010, L 331/12. 196 VO (EU) Nr. 1094/2010 des EP und des Rates v. 24.11.2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission, ABlEU v. 15.12.2010, L 331/48. Dazu Goldmann/Purnhagen VersR 2012, 29 ff.; Sassesrath-Alberti/Hartig VersR 2012, 524 ff.; zum Entwurf: Forst VersR 2010, 155 ff.

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am 24.11.2010 verabschiedet.19719819Errichtung und Arbeitsaufnahme der neuen EIOPA, EBA und ESMA erfolgten zum 1.1.2011. Durch die „Omnibus II“-RL200 erfolgten dann die noch erforderlichen Anpassungen der ProspRL (→ 34.3 ff.) und der Solvency II (→ 14.153); zuvor war die ESMA-VO bereits durch die AIFMD (→ 38.29 ff.) an diese angepasst worden. Mit Beschlüssen v. 30.9.2016 wurde das ESFS auch auf die EWRStaaten ausgedehnt.201 2.  Das Europäische Finanzaufsichtssystem im Überblick a)  Hauptziele und Grundstruktur 14.96 Das ESFS ist für die Sicherstellung der Aufsicht über das Finanzsystem der Union zuständig (vgl. Art. 1 Abs. 2 ESRB-VO). Die drei Hauptziele des ESFS sind: (1) Die Erhaltung der Finanzstabilität, (2) die Gewährleistung des Vertrauens in das Finanzsystem insgesamt, und (3) die Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Kunden, die Finanzdienstleistungen in Anspruch nehmen (vgl. Art. 2 Abs. 1 EBA-VO,

197 VO (EU) Nr. 1095/2010 des EP und des Rates v. 24.11.2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission, ABlEU v. 15.12.2010, L 331/84. Dazu Hoffmann/Detzen DB 2011, 1261 ff.; Kalss/Oppitz/Zollner, KMR, § 2 Rn. 6 ff.; Moloney XI.5; dies. (2011) 2 EBOR 41 ff. u. 177 ff.; dies. (2011) 50 ICLQ 521, 529 ff.; Veil ZGR 2014, 544, 557 ff.; Veil/Walla, ECML, § 11 Rn. 64 ff.; Walla BKR 2012, 265 ff.; Zülch/Hoffmann/Detzen EWS 2011, 167 ff. 198 VO (EU) Nr. 1096/2010 des Rates v. 17.11.2010 zur Betrauung der Europäischen Zentralbank mit besonderen Aufgaben bezüglich der Arbeitsweise des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken, ABlEU v. 15.12.2010, L 331/162. 199 RL 2010/78/EU des EP und des Rates v. 24.11.2010 zur Änderung der RL 98/26/EG, 2002/87/EG, 2003/6/EG, 2003/41/EG, 2003/71/EG, 2004/39/EG, 2004/109/EG, 2005/60/EG, 2006/48/EG, 2006/49/EG und 2009/65/EG im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) und der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier-und Marktaufsichtsbehörde), ABlEU v. 15.12.2010, L 331/120 [„Omnibus I“-RL] → 32.3, 34.5, 35.3, 36.3, 38.6. 200 RL 2014/51/EU des EP und des Rates v. 16.4.2014 zur Änderung der RL 2003/71/EG und 2009/138/EG und der VO (EG) Nr. 1060/2009, (EU) Nr. 1094/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) und der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), ABlEU v. 22.5.2014, L 153/1. 201  Beschlüsse Nr. 198-201/2016 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses v. 30.9.2016 zur Änderung von Anhang IX (Finanzdienstleistungen) des EWR-Abkommens, ABlEU v. 23.2.2017, L 46/1.

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Art. 2 Abs. 1 EIOPA-VO, Art. 2 Abs. 1 ESMA-VO). Dadurch sollen spektakuläre Pleiten von Unternehmen im Finanzsektor von vornherein verhindert werden.202 Um diese Ziele zu erreichen, hat sich der europäische Gesetzgeber für ein 2-Säu- 14.97 len-Aufsichtsmodell mit einer europäischen Aufsicht sowohl auf der Makroebene (→ 14.101 ff.) als auch auf der Mikroebene (→ 14.118 ff.) entschieden.203 Dabei erfolgt die Aufsicht nun nicht mehr ausschließlich auf nationaler Ebene, sondern durch ein integriertes Netz nationaler und europäischer Aufsichtsbehörden (vgl. ErwG 9 S. 1 EBA-VO, ErwG 8 S. 1 EIOPA-VO, ErwG 9 S. 1 ESMA-VO). Die Entwicklung der Vorschriften und Standards findet dabei vor allem auf europäischer Ebene statt, die Aufsicht über die Einhaltung der Vorschriften und Standards dagegen überwiegend auf nationaler Ebene.204 Zur Überwachung von Systemrisiken auf der Makroebene wurde der Europäi- 14.98 sche Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board − ESRB) geschaffen.205 Der ESRB hat Systemrisiken zu ermitteln, vor ihnen zu warnen und ggf. Handlungsempfehlungen auszusprechen; näher → 14.101 ff. Die Aufsicht über die einzelnen Finanzmarktteilnehmer, die sog. Mikroaufsicht, 14.99 erfolgt durch die nationalen Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten und die neu geschaffenen drei Europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities – ESA): • die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority – EBA) in London; • die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority – EIOPA) in Frankfurt; und • die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – ESMA) in Paris. Die Zuständigkeit für die laufende Aufsicht verbleibt dabei grundsätzlich bei den nationalen Aufsichtsbehörden; die ESA sind hingegen für die Koordinierung und Überwachung der nationalen Aufsichtsbehörden sowie die Angleichung der Aufsichtsstandards zuständig.206 Dadurch sollen die Vorteile eines globalen europäischen Rahmens verknüpft werden mit der lokalen Expertise der nationalen Aufsichtsbehörden, die

202 Vgl. J. Schmidt, ESRB and ESMA as the EU’s regulatory answer to the crisis in the financial sector − a critical analysis, in: Parry (ed.), Too big to fail? Large National and International failures under the spotlight, 2013, S. 19. 203 Vgl. KOM(2009) 252, S. 3; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 20; dies. (Fn. 58), S. 33, 35. 204 Vgl. ErwG 9 EBA-VO; ErwG 9 EIOPA-VO; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 20; dies. (Fn. 58), S. 33, 36. Vgl. auch Wymeersch ECFR 2010, 240, 253 („central regulation, national supervision“). 205 Art. 3 Abs. 1 S. 1, ErwG 10, 15 ESRB-VO; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 22; dies. (Fn. 58), S. 33, 36. 206 Vgl. ErwG 9 EBA-VO/ESMA-VO, ErwG 8 EIOPA-VO; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 21; dies. (Fn. 58), S. 33, 36.

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den in ihren Ländern tätigen Institutionen und Unternehmen am nächsten sind.207 In Einzelfällen − nämlich dann, wo nationale Maßnahmen nicht mehr ausreichen oder versagen bzw. Koordinierungsbedarf auf europäischer Ebene besteht − haben die ESA aber auch Befugnisse zum direkten Eingreifen in das Marktgeschehen.208 Für beEuropäisches 328 stimmte Bereiche kann zudem auch die Kapitalmarktrecht exklusive Aufsichtszuständigkeit einer ESA 209 vorgesehen werden (bislang erfolgte dies allerdings nur im Hinblick auf die Aufsicht in Einzelfällen können sieund jedoch auch direkt durch in das die Marktgeschehen eingreifen. über Transaktionsregister Ratingagenturen ESMA, → 37.27, 41.29). Außerdem besteht nunmehr eine exklusive Zuständigkeit der ESMA für die BeaufZur Verwirklichung des Ziels der Schaffung eines wirklich „starken und integrierten sichtigung von Ratingagenturen (vgl. bereits o. Rn. 255 sowie 210noch u. Rn. 307, § 37 Netzwerks“ nationaler und europäischer Aufsichtsbehörden bestehen zudem umRn. 4, 13). Näher zu den ESA u. Rn. 296 ff., speziell zur ESMA § 37. fassende Kooperationspflichten der einzelnen Akteure.211 277 14.100

Schematische Schematische Übersicht Übersicht über über das das ESFS ESFS

ESFS

Aufsicht über Systemrisiken (Makroaufsicht)

ESRB

Informationen

Warnungen Empfehlungen ESA

EBA Aufsicht über die einzelnen Finanzmarktteilnehmer (Mikroaufsicht)

Informationen

EIOPA

ESMA Koordination Aufsichtsstandards Einzelfallentscheidungen

Nationale Aufsichtsbehörden

3. Die Makroaufsicht durch den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) 278 Der ESRB ist durch die ESRB-VO und die EZB-Aufgaben-VO zum 1.1.2011566 als Bestandteil des ESFS 501, (vgl. S. 2; Art. 1KOM(2009) Abs. 2 ESRB-VO) worden. DerJ.ESRB ist 207 Vgl. KOM(2009) 502, S. 2;geschaffen KOM(2009) 503, S. 2; Schmidt (Fn. 202), S. 19, 21; dies. (Fn. 58), S. 33, 36. für die Makroaufsicht über das Finanzsystem zuständig, um einen Beitrag zur Ab208 Vgl. J.oder Schmidt (Fn. 202), S. 19, dies. (Fn. 58),für S. 33, wendung Eindämmung von 21; Systemrisiken die37. Finanzstabilität in der Union 209 Vgl. Art. 8 Abs. 1 lit. j EBA/EIOPA/ESMA-Reg.; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 21; dies. zu leisten (vgl. Art. 3 Abs. 1 S. 1 und Erwägungsgründe 10, 15 S. 3 Hs. 1 ESRB-VO). (Fn. 58), S. 33, 37. „Systemrisiken“ werden Art. 2 lit. c S. 1 ESRB-VO als „Risiken einer 210 Vgl. ErwG 8 S. 3, 9 S. 1inEBA-VO/ESMA-VO, ErwG 7legaldefiniert S. 3, 8 S. 1 EIOPA-VO. Beeinträchtigung Finanzsystems, die(Fn. 58), das Potenzial 211 Vgl. J. Schmidt des (Fn. 202), S. 19, 21; dies. S. 33, 37. schwerwiegender negativer Folgen für den Binnenmarkt und die Realwirtschaft beinhalten“.567 566 Die konstituierende Sitzung fand am 20.1.2011 statt, vgl. PM v. 20.1.2011 (http://www. esrb.europa.eu/news/pr/2011/html/pr110120.en.html). 567 Vgl. dazu näher Ferran/Alexander (2010) 35 E.L. Rev. 751, 770 f.; Lehmann/MangerNestler ZBB 2011, 2, 21. Als typische Beispiele für Systemrisiken werden z.B. genannt:

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b)  Makroaufsicht durch den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) Der ESRB ist durch die ESRB-VO und die EZB-Aufgaben-VO zum 1.1.2011212 als 14.101 Bestandteil des ESFS (vgl. Art. 1 Abs. 2 ESRB-VO) geschaffen worden. Der ESRB ist für die Makroaufsicht über das Finanzsystem zuständig, um einen Beitrag zur Abwendung oder Eindämmung von Systemrisiken für die Finanzstabilität in der Union zu leisten (vgl. Art. 3 Abs. 1 S. 1 und ErwG 10, 15 S. 3 Hs. 1 ESRB-VO). „Systemrisiken“ werden in Art. 2 lit. c S. 1 ESRB-VO legaldefiniert als „Risiken einer Beeinträchtigung des Finanzsystems, die das Potenzial schwerwiegender negativer Folgen für den Binnenmarkt und die Realwirtschaft beinhalten“.213 Als typische Beispiele für Systemrisiken werden z.B. genannt: crowded trades, Herdenverhalten, cross-sector exposure, Hebelwirkungen und Interdependenzen.214 aa)  Aufgaben und Befugnisse des ESRB Art. 3 Abs. 2 ESRB-VO weist dem ESRB einen umfangreichen Katalog von Aufgaben 14.102 und Befugnissen zu, die dann in Art. 15 ff. ESRB-VO näher spezifiziert werden.215 (1)  Informationserhebung und Ermittlung von Systemrisiken Zunächst obliegt dem ESRB eine umfassende Pflicht zur Erhebung und Auswertung 14.103 aller Informationen, die zur Erfassung und Abwendung von Systemrisiken erheblich und erforderlich sind (Art. 3 Abs. 2 lit. a ESRB-VO). Dabei steht die Entscheidung über die Relevanz einer Information ganz im Ermessen des ESRB.216 Art. 15 Abs. 2–7 ESRB-VO regeln entsprechende Mitwirkungspflichten der ESA, des ESZB, der Kommission, der nationalen Aufsichtsbehörden und der nationalen Statistikbehörden. 217 Gem. Art. 15 Abs. 1 ESRB-VO versorgt der ESRB die ESA im Gegenzug mit den für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen. Auf der Basis der gesam-

212 Die konstituierende Sitzung fand am 20.1.2011 statt, vgl. PM v. 20.1.2011 (). 213 Vgl. dazu näher Ferran/Alexander (2010) 35 E.L. Rev. 751, 770 f.; Lehmann/MangerNestler ZBB 2011, 2, 21. 214 Vgl. Papathanassiou/Zagouras WM 2010, 1584, 1585 Fn. 28 m.w.N. 215  Vgl. zu Aufgaben und Befugnissen des ESRB etwa: Baur/Boegl BKR 2011, 177, 179 f.; Ferran/Alexander (2010) 35 E.L. Rev. 751, 768 ff.; Kaufhold WM 2013, 1877 ff.; Keller EBLR 2013, 487 ff.; Lehmann-Manger/Nestler ZBB 2011, 2, 22 f.; Moloney (2010) 47 C.M.L. Rev. 1317, 1379 ff.; Moloney XI.6.2; Papathanassiou/Zagouras WM 2010, 1584, 1586 f.; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 22 f.; Siekmann IMFS Working Paper 40 (2010), S. 22 ff.; Snowdon/Lovegrove (2011) 83 C.O.B. 1, 18 ff. 216 Auf diese Weise kann flexibel auf jegliche Gefahrenlagen reagiert werden, vgl. Papathanassiou/Zagouras WM 2010, 1584, 1586. 217 Vgl. dazu Baur/Boegl BKR 2011, 177, 180; Lehmann/Manger-Nestler ZBB 2011, 2, 23; Wymeersch ECFR 2010, 240, 252.

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melten Informationen hat der ESRB Systemrisiken zu ermitteln und nach Priorität einzustufen (Art. 3 Abs. 2 lit. b ESRB-VO). (2)  Warnungen und Empfehlungen 14.104 Im Falle der Feststellung signifikanter Risiken gibt der ESRB Warnungen und ggf. Empfehlungen heraus, ggf. auch für Gesetzgebungsvorhaben (Art. 3 Abs. 2 lit. c u. d, Art. 16 Abs. 1 ESRB-VO). Die Warnungen und Empfehlungen können allgemeiner oder spezifischer Art sein; Adressaten können insbesondere die Union insgesamt, Mitgliedstaaten218, ESA oder nationale Aufsichtsbehörden sein (Art. 16 Abs. 2 S. 1 ESRB-VO). Möglich sind zudem Empfehlungen zu EU-Rechtsvorschriften an die Kommission (Art. 16 Abs. 2 S. 4 ESRB-VO). Um den Warnungen und Empfehlungen mehr Einfluss und Legitimität zu verleihen219 werden sie gem. Art. 16 Abs. 3 ESRBVO zugleich vertraulich an den Rat und die Kommission übermittelt, sofern sie an eine nationale Aufsichtsbehörde gerichtet sind zudem auch den ESA. Um eine bessere Risikobewertung zu ermöglichen220, verpflichtet Art. 16 Abs. 4 14.105 ESRB-VO den ESRB in Zusammenarbeit mit den anderen ESFS-Teilnehmern einen Farbcode zur Klassifizierung von Risikostufen zu erstellen und im Rahmen von Warnungen und Empfehlungen anzuwenden.221 14.106 Die Warnungen und Empfehlungen des ESRB sind rechtlich zwar nicht unmittelbar bindend.222 Art. 3 Abs. 2 lit. f ESRB-VO verpflichtet den ESRB gleichwohl ausdrücklich zur Überwachung der (etwaigen) Umsetzungsmaßnahmen. Zu diesem Zweck bestimmt Art. 17 Abs. 1 ESRB-VO, dass die Adressaten einer Empfehlung dem ESRB und dem Rat mitzuteilen haben, welche Maßnahmen zur Umsetzung ergriffen worden sind bzw. ein eventuelles Nichthandeln in angemessener Weise zu rechtfertigen haben; die Antworten werden dann ggf. vom ESRB unverzüglich auch vertraulich den ESA zur Kenntnis gebracht. Im Falle der Nichtbefolgung einer Empfehlung bzw. der nicht angemessenen Begründung derselben setzt der ESRB den Adressaten, den Rat und ggf. die betroffenen ESA vertraulich hiervon in Kenntnis (Art. 17 Abs. 2 ESRBVO). Mittels des Prinzips „act or explain“223 sind die Adressaten einer Empfehlung bei deren Nichtbeachtung somit zumindest einem erheblichen

218 Bei Warnungen/Empfehlungen an eine nationale Aufsichtsbehörde ist auch der betreffende Mitgliedstaat zu unterrichten (Art. 16 Abs. 2 S. 2 ESRB-VO). 219 Vgl. ErwG 19 S. 1 ESRB-VO. 220 Vgl. auch ErwG 18 ESRB-VO. 221 Vgl. dazu Lehmann/Manger-Nestler ZBB 2011, 2, 22. 222 Vgl. Hopt NZG 2009, 1401, 1405; Ferran/Alexander (2010) 35 E.L. Rev. 751, 774; Lehmann/Manger-Nestler ZBB 2011, 2, 22; Moloney XI.6.2; Mülbert/Wilhelm (2011) 26 B.F.L.R. 187, 202; Papathanassiou/Zagouras WM 2010, 1584, 1586. 223 Vgl. Baur/Boegl BKR 2011, 177, 179; Ferran/Alexander (2010) 35 E.L. Rev. 751, 774; Hopt NZG 2009, 1401, 1405; Lehmann/Manger-Nestler ZBB 2011, 2, 22; Moloney (2010) 47 C.M.L. Rev. 1317, 1380; Moloney XI.6.2; Mülbert/Wilhelm (2011) 26 B.F.L.R. 187, 201; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 23; Wymeersch ECFR 2010, 240, 251.

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politisch-faktischen Druck ausgesetzt, der sie de facto dazu zwingt, entsprechende Umsetzungsmaßnahmen zu ergreifen.224 Um den Handlungsdruck zu erhöhen225, ist nach Art. 18 ESRB-VO ggf. auch eine 14.107 Veröffentlichung von Warnungen226 und Empfehlungen227 möglich. Angesichts der hiermit verbundenen Gefahr nachteiliger Finanzmarktreaktionen228 ist hierfür aber in jedem Einzelfall ein Beschluss des Verwaltungsrats mit qualifizierter Mehrheit erforderlich (Art. 18 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Art. 10 Abs. 3 ESRB-VO). Zudem muss dem Rat zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden (Art. 18 Abs. 1 S. 1 ESRBVO); ferner ist auch der Adressat vorab zu unterrichten, der dann ebenfalls das Recht hat, seine Ansichten und Argumente dazu öffentlich zu äußern (Art. 18 Abs. 2 u. 3 ESRB-VO). Art. 17 Abs. 3 ESRB-VO gibt darüber hinaus dem EP das Recht, den Vorsitzenden des ESRB (→ 14.113) um eine Erläuterung bezüglich der Nichtbeachtung bzw. nicht hinreichenden Begründung einer veröffentlichten Empfehlung zu ersuchen. Beschließt der Verwaltungsrat dagegen, die Warnung/Empfehlung nicht zu veröffentlichen, verpflichtet Art. 18 Abs. 4 ESRB-VO die Adressaten, den Rat und die ESA zur Wahrung der Vertraulichkeit. Neben solchen „allgemeinen“ Warnungen und Empfehlung gem. Art. 3 Abs. 2 14.108 lit. c und d ESRB-VO gehört es zudem auch zu den Aufgaben des ESRB, den Rat vertraulich zu warnen, wenn er feststellt, dass eine Krisensituation i.S.v. Art. 18 EBA-VO, Art. 18 EIOPA-VO bzw. Art. 18 ESMA-VO (→ 14.121, 31.10) eintreten kann sowie eine Lageeinschätzung für den Rat zu erstellen. bb)  Zusammenarbeit mit den anderen Teilnehmern am ESFS Darüber hinaus ist der ESRB verpflichtet, eng mit den anderen Teilnehmern des ESFS 14.109 zusammenzuarbeiten (vgl. Art. 3 Abs. 2 lit. g ESRB-VO). Dabei obliegt ihm insbesondere auch die Versorgung der ESA229 mit den für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen (Art. 3 Abs. 2 lit. g, 15 Abs. 1 ESRB-VO, → 14.103). Zudem soll er in Zusammenarbeit mit den ESA insbesondere auch ein gemeinsames Bündel quantitativer und qualitativer Indikatoren zur Ermittlung und Messung des

224 Vgl. KOM(2009) 499, S. 5 f.; Baur/Boegl BKR 2011, 177, 179 f.; Ferran/Alexander (2010) 35 E.L. Rev. 751, 774 f.; Hopt NZG 2009, 1401, 1405; Lehmann/Manger-Nestler ZBB 2011, 2, 22, 24; Mülbert/Wilhelm (2011) 26 B.F.L.R. 187, 202; Papathanassiou/Zagouras WM 2010, 1584, 1587; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 23; Schmitz-Lippert ECFR 2010, 266, 269; Siekmann IMFS Working Paper 40 (2010), S. 25; Wymeersch ECFR 2010, 240, 251. 225 Vgl. ErwG 21 ESRB-VO; KOM(2009) 499, S. 5. 226 Beispiel: ESRB/2016/05 (Warnung betreffend mittelfristige Gefährdungslagen im Wohn­ immobiliensektor von 8 Mitgliedstaaten). 227 Die veröffentlichten Empfehlungen sind abrufbar unter: . 228 Vgl. KOM(2009) 499, S. 5. 229 Vgl. auch die korrespondierenden Regelungen in Art. 22 Abs. 2 EBA-VO/EIOPA-VO/ ESMA-VO (→ 14.121; → 31.17).

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Systemrisikos („Risikosteuerpult“/„risk dashboard“)230 entwickeln (Art. 3 Abs. 2 lit. g ESRB-VO). cc)  Abstimmung mit internationalen Finanzorganisationen 14.110 Angesichts der globalen Integration der Finanzmärkte und der hieraus resultierenden Gefahr eines Übergreifens von Finanzkrisen231 verpflichtet Art. 3 Abs. 2 lit. i ESRBVO den ESRB außerdem, seine Tätigkeit in Fragen der Makroaufsicht mit internationalen Finanzorganisationen, insbesondere dem IWF und dem FSB (→ 14.37) sowie den einschlägigen Gremien in Drittländern, abzustimmen. dd)  Organisation und Struktur des ESRB 14.111 Im Gegensatz zu den ESA (→ 14.118, 31.6) wurde dem ESRB angesichts seiner umfassenden und heiklen Aufgaben bewusst keine Rechtspersönlichkeit zuerkannt.232 Er ist vielmehr als Koordinationsgremium233 konzipiert (zu den Koordinationsaufgaben → 14.109), das seine Legitimation aus seiner Reputation für unabhängige Einschätzungen und qualitativ hochwertige Analysen beziehen soll234. Organe des ESRB sind der Vorsitzende (→ 14.113), ein Verwaltungsrat (→ 14.114), 14.112 ein Lenkungsausschuss (→ 14.115), ein Sekretariat (→ 14.116), ein Beratender Wissenschaftlicher Ausschuss (→ 14.117) und ein Beratenden Fachausschuss (→ 14.117) (vgl. Art. 4 Abs. 1 ESRB-VO).235 14.113 Der Vorsitzende leitet die Sitzungen des Verwaltungsrats und des Lenkungsausschusses (Art. 5 Abs. 5 ESRB-VO) und vertritt den ESRB nach außen (Art. 5 Abs. 8 ESRB-VO). Für die ersten 5 Jahre wurde diese Position kraft Amtes dem Vorsitzenden der EZB236 zugewiesen, die Nachfolgeregelung für die Folgezeit soll i.R.d. Überprüfung der ESRB-VO nach Art. 20 ESRB-VO (→ 14.135) festgelegt werden. ErwG 12 S. 2 ESRB-VO begründet diese – nicht unproblematische237 – Personalunion von ESRB- und EZB-Vorsitz mit der Schlüsselrolle und der internationalen und inter230 Die risk dashboards sind abrufbar unter: . 231 Vgl. ErwG 7 ESRB-VO. 232 Vgl. KOM(2009) 499, S. 4; s. ferner auch ErwG 15 S. 3 Hs. 2 ESRB-VO; näher zu den Hintergründen Ferran/Alexander (2010) 35 E.L. Rev. 751, 766. 233 Vgl. Lehmann/Manger-Nestler ZBB 2011, 2, 21. 234 Vgl. KOM(2009) 499, S. 4. 235 Vgl. näher zur Organisation Baur/Boegl BKR 2011, 177, 180; Ferran/Alexander (2010) 35 E.L. Rev. 751, 764 ff.; Hopt NZG 2009, 1401, 1405; Lehmann/Manger-Nestler ZBB 2011, 2, 21 f.; Moloney XI.6.1; Mülbert/Wilhelm (2011) 26 B.F.L.R. 187, 201 f.; Papathanassiou/ Zagouras WM 2010, 1584, 1587 f.; Siekmann IMFS Working Paper 40 (2010), S. 23 f.; Snowdon/Lovegrove (2011) 83 C.O.B. 1, 18 ff.; Wymeersch ECFR 2010, 240, 251 f. 236 D.h. zunächst Jean-Claude Trichet, ab 1.11.2011 Mario Draghi. 237 Vgl. auch Lehmann/Manger-Nestler ZBB 2011, 2, 21 f.; allg. zur Problematik der engen Anbindung an die EZB → 14.132.

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nen Glaubwürdigkeit des EZB-Vorsitzenden. Daneben gibt es einen ersten und einen zweiten stellvertretenden Vorsitzenden (vgl. Art. 5 Abs. 2 und 3 ESRB-VO). Der Verwaltungsrat ist für die Beschlussfassungen des ESRB zuständig (vgl. 14.114 Art. 4 Abs. 2 ESRB-VO). Als stimmberechtigte Mitglieder gehören ihm der Präsident und Vizepräsident der EZB, die Präsidenten der nationalen Zentralbanken, ein Mitglied der Kommission, die Vorsitzenden von EBA, EIOPA und ESMA, der Vorsitzende und die beiden stellvertretenden Vorsitzenden des Beratenden Wissenschaftlichen Ausschusses und der Vorsitzende des Beratenden Fachausschusses an (Art. 6 Abs. 1 ESRB-VO). Zudem sind je Mitgliedstaat ein hochrangiger Vertreter der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden238 und der Vorsitzende des WFA Mitglieder des Verwaltungsrats ohne Stimmrecht (Art. 6 Abs. 2 ESRB-VO). Um eine gute Corporate Governance zu gewährleisten, hat der Verwaltungsrat eine Geschäftsordnung239 und einen Verhaltenskodex240 erlassen sowie eine Datenschutzbeauftragte bestellt241. Angesichts der Größe (und hieraus resultierenden Schwerfälligkeit) des Verwal- 14.115 tungsrats wird dieser durch einen aus 13 Mitgliedern242 bestehenden Lenkungsausschuss unterstützt.243 Dieser bereitet die Sitzungen des Verwaltungsrats vor, prüft die zu erörternden Unterlagen und überwacht die Fortschritte der laufenden Arbeiten des ESRB (vgl. Art. 4 Abs. 3 ESRB-VO). Zuständig für die laufende Arbeit des ESRB ist das Sekretariat (vgl. Art. 4 Abs. 4 14.116 S. 1 ESRB-VO). Es leistet analytische, statistische, administrative und logistische Unterstützung für den ESRB im Allgemeinen sowie insbesondere auch für den Beratenden Wissenschaftlichen Ausschuss und den Beratenden Fachausschuss (vgl. Art. 4 Abs. 4, 12 Abs. 4, 13 Abs. 4 ESRB-VO, Art. 2 EZB-Aufgaben-VO). Das Sekretariat des ESRB wurde bei der EZB angesiedelt, um dem ESRB so die Möglichkeit zu geben, sich die Fachkenntnisse der EZB auf dem Gebiet der Makroaufsicht und ihre zentrale Stellung im EU-Währungssystem zunutze zu machen.244 Art. 3 Abs. 1 EZB-Aufgaben-VO verpflichtet die EZB ausdrücklich, ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung zu stellen. 238 Sofern sich die nationalen Behörden des jeweiligen Mitgliedstaats nicht auf einen gemeinsamen Vertreter geeinigt haben, gilt insoweit in Abhängigkeit vom besprochenen Sachverhalt das Rotationsprinzip (vgl. Art. 6 Abs. 3 ESRB-VO). 239 Beschluss ESRB/2011/1 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken v. 20.1.2011 zur Verabschiedung der Geschäftsordnung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken, ABlEU v. 24.2.2011, C 58/4. 240 Beschluss ESRB/2011/3 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken v. 25.3.2011 zur Annahme des Verhaltenskodexes des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken, ABlEU v. 11.5.2011, C 140/18. 241 Beschluss ESRB/2015/1 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken v. 1.6.2015 zur Bestellung der Datenschutzbeauftragten des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken, ABlEU v. 20.6.2015, C 204/18. 242 Vorsitzender und erster stellvertretender Vorsitzender des ESRB, 4 weitere Mitglieder des Verwaltungsrats, ein Mitglied der Kommission sowie die Vorsitzenden von EBA, EIOPA, ESMA, WFA, Beratendem Wissenschaftlichen Ausschuss und Beratendem Fachausschuss (Art. 11 Abs. 1 ESRB-VO). 243 Vgl. KOM(2009) 499, S. 8. 244 Vgl. KOM(2009) 499, S. 5.

270

14.117

§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

Zur Beratung und Unterstützung stehen dem ESRB der Beratende Wissenschaftliche Ausschuss (Art. 12 ESRB-VO) und der Beratende Fachausschuss (Art. 13 ESRB-VO) zur Seite, die auf Verlangen des Vorsitzenden tätig werden (vgl. Art. 12 Abs. 3, 13 Abs. 3 ESRB-VO). Der Beratende Wissenschaftliche Ausschuss, der sich aus externen Experten zusammensetzt (vgl. Art. 12 Abs. 1 ESRB-VO), kann bei Bedarf auch Anhörungen mit Interessengruppen durchführen (Art. 12 Abs. 5 ESRB-VO). Er hat bereits eine Reihe von Berichten veröffentlicht.245 Der Beratenden Fachausschuss besteht dagegen aus je einem Vertreter der nationalen Zentralbanken und der EZB, der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden, der EBA, der EIOPA, der ESMA, des WFA und des Beratenden Wissenschaftlichen Ausschuss sowie zwei Vertretern der Kommission (Art. 13 Abs. 1 UnterAbs. 1 ESRB-VO). Bei Bedarf kann der ESRB darüber hinaus auch die Meinungen einschlägiger privatwirtschaftlicher Akteure einholen (vgl. Art. 14 ESRB-VO). c)  Mikroaufsicht durch die nationalen Aufsichtsbehörden und Europäischen Aufsichtsbehörden (ESA) aa)  Die Europäischen Aufsichtsbehörden (ESA)

14.118 Die zum 1.1.2011 neu geschaffenen Europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities – ESA) – die EBA, EIOPA und ESMA (zu dieser ausf. → 31) – sind Einrichtungen der Union mit eigener Rechtspersönlichkeit (vgl. Art. 5 Abs. 1 EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO). Sitz der EBA ist London (vgl. Art. 7 EBAVO), der EIOPA Frankfurt a.M. (vgl. Art. 7 EIOPA-VO) und der ESMA Paris (vgl. Art. 7 ESMA-VO); jeder der drei „großen“ Mitgliedstaaten und Finanzplätze kann sich also mit einer Behörde „schmücken“.246 EBA, EIOPA und ESMA übernehmen zwar (auch) die Funktionen der bisherigen Level-3-Ausschüsse CEBS, CEIOPS bzw. CESR, sie verfügen aber insgesamt über ein deutlich weiteres Spektrum an Aufgaben und insbesondere auch über autonome Entscheidungsbefugnisse. Ziel der ESA ist der Schutz des öffentlichen Interesses, indem sie zur kurz-, mittel14.119 und langfristigen Stabilität und Effektivität des Finanzsystems beitragen (vgl. Art. 1 Abs. 5 EBA-VO/ESMA-VO, Art. 1 Abs. 6 EIOPA-VO). Abgesehen von einigen sektorspezifischen Besonderheiten sind EBA, EIOPA 14.120 und ESMA sowohl hinsichtlich ihrer Aufgaben und Befugnisse (→ 14.121) als auch hinsichtlich ihrer Organisation (→ 14.122) und des Systems des Rechtsschutzes (→ 14.123) prinzipiell parallel strukturiert und konzipiert: EBA-VO, EIOPA-VO und ESMA-VO sind in weiten Teilen deckungsgleich. Legislativtechnisch wäre es daher vorzugswürdig gewesen, statt einer „Zersplitterung“ in drei separate VO einen einheitlichen Rechtsakt mit „allgemeinem“ und „besonderen“ Teilen zu schaffen.247 245 Abrufbar unter: < https://www.esrb.europa.eu/pub/asc/html/index.en.html>. 246 Vgl. kritisch zu dieser politischen Entscheidung etwa Lehmann/Manger-Nestler EuZW 2010, 87, 89; Möllers NZG 2010, 285, 289. S. dazu ferner auch noch Moloney (2011) 2 EBOR 177, 217.

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§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

Organisation und Befugnisse der ESMA nach der ESMA-VO werden in § 31 14.121 näher dargestellt; die folgende tabellarische Übersichte stellen die Parallelvorschriften in der EBA-VO und der EIOPA-VO sowie etwaige Besonderheiten dar. 247

Aufgaben und Befugnisse von ESMA, EBA und EIOPA

Entwurf von RTS und ITS

ESMA-VO (→ 31.8 ff.)

EBA-VO

EIOPA-VO

Art. 10–15

Art. 10–15

Art. 10–15

Leitlinien und Empfehlungen

Art. 16

Art. 16

Art. 16

Überwachung der Einhaltung des Unionsrechts

Art. 17

Art. 17

Art. 17

Maßnahmen im Krisenfall

Art. 18

Art. 18

Art. 18

Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten

Art. 19

Art. 19

Art. 19

Art. 21

Art. 21

Art. 21

Art. 22–24

Art. 22–24

Art. 22–24

Art. 25, 27 & Anlegerentschädigungssysteme (Art. 26)

Art. 25, 27 & Bankenabwicklungs- und Finanzierungsregelungen (Art. 26)

Art. 25, 26

Aufgabendelegation

Art. 28

Art. 28

Art. 28

Schaffung einer gemeinsamen Aufsichtskultur

Art. 29

Art. 29

Art. 29

Sonstige Aufgaben aufgrund von ESMA-/EBA-/EIOPA-VO Beteiligung an Aufsichtskollegien Früherkennung von und Reaktion auf Systemrisiken Beteiligung an der Entwicklung kohärenter Sanierungs- und Abwicklungsverfahren

Peer Reviews

Art. 30

Art. 30

Art. 30

Koordinatorfunktion

Art. 31

Art. 31

Art. 31

Bewertung von Marktentwicklungen

Art. 32

Art. 32

Art. 32

Internationale Beziehungen

Art. 33

Art. 33

Art. 33 Art. 34

Stellungnahmen

Art. 34

Art. 34

Informationsbeschaffung

Art. 35

Art. 35

Art. 35

Zusammenarbeit mit dem ESRB

Art. 36

Art. 36

Art. 36

Tätigkeit im Zusammenhang mit Verbraucherschutz und Finanztätigkeiten

Art. 9

Art. 9

Art. 9

Art. 8 Abs. 1 lit. j

Art. 8 Abs. 1 lit. j

Art. 8 Abs. 1 lit. j

Sonstige Aufgaben aufgrund anderer Rechtsakte

247 Vgl. auch Lehmann/Manger-Nestler ZBB 2011, 2, 4; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 24 Fn. 43.

272

§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

14.122 Die ESA verfügen jeweils über folgende Organe (vgl. Art. 6 EBA-VO/EIOPA-VO/ ESMA-VO): Einen Rat der Aufseher (Art. 40 ff. EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO), einen Verwaltungsrat (Art. 45 ff. EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO), einen Vorsitzenden (Art. 48 ff. EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO) und einen Exekutivdirektor (Art. 51 ff. EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO). Näher dazu in Bezug auf die ESMA → 31.20 ff. Um wirksamen Rechtsschutz zu gewährleisten248, wurde als spezieller Rechtsbe14.123 helf die Beschwerde zum Beschwerdeausschuss etabliert (Art. 60 EBA-VO/EIOPAVO/ESMA-VO); in den in Art. 61 EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO geregelten Fällen sind auch direkte Klagen zum EuG/EuGH möglich. Näher dazu in Bezug auf die ESMA → 31.29 f. bb)  Gemeinsame Gremien der ESA 14.124 Um eine sektorübergreifende Kohärenz der Aufsichtstätigkeiten von EBA, EIOPA und ESMA sicherzustellen, sind sie zu einer regelmäßigen und engen Zusammenarbeit verpflichtet (vgl. Art. 2 Abs. 3 EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO). Zu diesem Zweck wurde – als eigenständiger Bestandteil des ESFS (vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. e EBA-VO/ EIOPA-VO/ESMA-VO) – der Gemeinsame Ausschuss (Joint Committee) der Europäischen Aufsichtsbehörden249 (Art. 54–57 EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO) geschaffen. Er dient als gemeinsames Forum der ESA (vgl. Art. 54 Abs. 2 EBA-VO/ EIOPA-VO/ESMA-VO) und soll eine sektorübergreifende Abstimmung insbesondere in Bezug auf Finanzkonglomerate, Rechnungslegung und -prüfung, mikroprudentielle Analysen sektorübergreifender Entwicklungen, Risiken und Schwachstellen in Bezug auf die Finanzstabilität, Anlageprodukte für Kleinanleger, Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche sowie die Beziehungen zum ESRB gewährleisten (vgl. Art. 54 Abs. 2 EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO). Insbesondere soll er auch dafür sorgen, dass bei sektorübergreifenden Themen gemeinsame Positionen der ESA herbeigeführt werden und diesbezügliche Maßnahmen, sofern angebracht, gleichzeitig angenommen werden (vgl. Art. 56 EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO). Der Gemeinsame Ausschuss setzt sich aus den Vorsitzenden der ESA sowie den Vorsitzenden seiner Unterausschüsse (geregelt in Art. 57 EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO) zusammen (Art. 55 Abs. 1 EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO). Er verfügt über eigenes Personal, das von den ESA bereitgestellt wird; diese sind zudem verpflichtet, angemessene Ressourcen, Verwaltungs-, Infrastruktur- und Betriebsaufwendungen bereitzustellen (vgl. Art. 54 Abs. 3 EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO).

248 Vgl. ErwG 58 EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO. 249 Vgl. dazu Lehmann/Manger-Nestler EuZW 2010, 87, 88; Moloney X.5.2.6; Snowdon/ Lovegrove (2011) 83 C.O.B. 1, 24.

§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

273

Zweites Gemeinsames Gremium der ESA ist der Beschwerdeausschuss (Board 14.125 of Appeal)250 (Art. 58 f. EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO), der aus unabhängigen Fachexperten besteht und über Beschwerden (→ 14.123) gegen Beschlüsse der EBA, EIOPA und ESMA entscheidet (vgl. Art. 60 EBA-VO/ESMA-VO/EIOPA-VO). cc)  Nationale Aufsichtsbehörden Die Zuständigkeit für die laufende Aufsicht auf Mikroebene verbleibt auch im Euro- 14.126 päischen Finanzaufsichtssystem grundsätzlich bei den nationalen Aufsichtsbehörden (vgl. ErwG 9 S. 1 EBA-VO/ESMA-VO, ErwG 8 S. 1 EIOPA-VO). Ratio ist, dass sie über den entsprechenden „lokalen Sachverstand“ verfügen und den in ihren Ländern tätigen Institutionen am nächsten sind.251 Indem nur diejenigen Aufsichts- und Koordinationsfunktionen, die auf nationaler Ebene nicht ausreichend realisiert werden können, „hochgezogen“ werden, wird darüber hinaus auch dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen (vgl. ErwG 66 EBA-VO/EIOPA-VO/ESMA-VO). Entsprechend dieser Grundkonzeption bestehen in bestimmten Sonderfällen – 14.127 nämlich dort, wo nationale Maßnahmen gerade nicht mehr ausreichen oder versagen bzw. Koordinierungsbedarf auf europäischer Ebene besteht – auch Befugnisse der ESA für direktes Eingreifen in das Marktgeschehen (→ 14.121, 31.19).252 Soweit dies notwendig erscheint, kann darüber hinaus für bestimmte Bereiche ggf. auch eine exklusive Aufsichtszuständigkeit einer ESA vorgesehen werden; bislang erfolgte dies allerdings nur im Hinblick auf die Aufsicht über Transaktionsregister und Ratingagenturen durch die ESMA (→ 31.18, 37.27, 41.29). Zur Verwirklichung des Ziels der Schaffung eines wirklich „starken und integrier- 14.128 ten Netzwerks“ nationaler und europäischer Aufsichtsbehörden (vgl. ErwG 8 S. 3, 9 S. 1 EBA-VO/ESMA-VO, ErwG 7 S. 3, 8 S. 1 EIOPA-VO) etablieren ESRB-VO, EBA-VO, EIOPA-VO und ESMA-VO ergänzend umfassende Kooperationspflichten der einzelnen Akteure (→ 14.109, 14.121, 31.17). Den nationalen Aufsichtsbehörden obliegen gegenüber dem ESRB und den ESA zahlreiche Mitwirkungspflichten, die insbesondere in der ausreichenden Informationsversorgung der ESA (→ 14.121, 31.17), der Pflicht zur Umsetzung der von den ESA erlassenen Beschlüsse sowie der Mitarbeit in den verschiedenen Gremien bestehen. Um eine kohärente Aufsichtspraxis zu schaffen, sind sie außerdem angehalten, die Leitlinien, Warnungen und Empfehlungen der ESA zu befolgen (→ 14.121,31.12). Im Gegenzug werden den nationalen Aufsichtsbehörden aber auch zahlreiche Rechte eingeräumt. So sind sie insbesondere nicht nur verpflichtet, die ESA und den ESRB mit Informationen zu versorgen,

250 Vgl. dazu Blair EBLR 2013, 165 ff.; Lamandini (2014) 11 ECL 290 ff.; Lehmann/ Manger-Nestler ZBB 2011, 1, 8, 18; Snowdon/Lovegrove (2011) 83 C.O.B. 1, 24; Wymeersch (Fn. 193), 9.219 ff.; Zülch/Hoffmann/Detzen EWS 2011, 167, 169 f. 251 Vgl. KOM(2009) 501, S. 2; KOM(2009) 502, S. 2; KOM(2009) 503, S. 2. 252 Vgl. J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 21; dies. (Fn. 58), S. 33, 37.

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§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

sondern erhalten umgekehrt von den ESA sowie dem ESRB253 auch die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen (→ 14.109, 14.121, 31.17). Zudem gehen mit ihren Mitwirkungspflichten in den einzelnen Gremien zugleich auch korrespondierende Einfluss- und Einwirkungsrechte auf die Regulierungs- und Aufsichtstätigkeit auf europäischer Ebene einher. Speziell durch das Rechtsmittel der Beschwerde (→ 14.123) wird ihnen schließlich auch ein effektives Instrument zur Wahrung ihrer Rechte an die Hand gegeben. 3.  Ausführung in Deutschland 14.129 In Deutschland war für die Ausführung der Verordnungen kein spezielles Gesetz erforderlich. Die Umsetzung der Änderungen durch die „Omnibus I“-RL (→ 14.95) erfolgte durch das ESFS-UG254. Die Änderungen durch die „Omnibus II“-RL (→ 14.95) an der ProspRL (→ 34.3 ff.) wurden durch das KlAnlSG255 umgesetzt, diejenigen an Solvency II (→ 14.153) durch das VAG 2016.256 4.  Evaluation der Grundkonzeption des ESFS 14.130 Die Grundkonzeption des ESFS ist insgesamt positiv zu bewerten257; es hat bereits zu einer deutlichen Verbesserung der Aufsicht über die europäischen Finanzmärkte geführt.258 a)  Rechtssetzungskompetenz der EU 14.131 Zumindest nicht unproblematisch ist indes die Rechtssetzungskompetenz der EU.259 Zwar ist auch die Schaffung einer eigenständigen Behörde grundsätzlich als Rechtsan253 Die ESRB-VO enthält zwar keine den Art. 35 Abs. 3 EBA-VO/EIOPA-VO/ESMAVO entsprechende ausdrückliche Regelung betreffend die Informationsweitergabe an die nationalen Aufsichtsbehörden. Art. 1 Abs. 4 ESRB-VO bestimmte jedoch ausdrücklich, dass alle Teilnehmer am ESFS eine angemessene und zuverlässige Weitergabe von Informationen untereinander sicherstellen. Zudem erhalten die nationalen Aufsichtsbehörden jedenfalls auch i.R.d. Empfehlungen/Warnungen des ESRB (→ 14.104 ff.) die notwendigen Informationen. 254 Gesetz zur Umsetzung der RL 2010/78/EU v. 24. November 2010 im Hinblick auf die Errichtung des Europäischen Finanzaufsichtssystems v. 4.12.2011, BGBl. I, 2427. 255 Kleinanlegerschutzgesetz v. 3.7.2015, BGBl. I, 1114. 256 Fn.  345. 257 Vgl. auch bereits Voraufl. § 17 Rn. 326; von Anfang an positiv bewertend etwa auch Bundesrat, BT-Drs. 736/09, S. 2; Lamandini (2009) 6 ECL 197, 200; Lehmann/MangerNestler EuZW 2010, 87, 92; Partsch ZBB 2010, 72, 76; Wymeersch ECFR 2010, 240, 265. 258 Vgl. die Ergebnisse der Überprüfung 2013/14 → 14.135. 259 Vgl. dazu Lefterov (2011) 38 LIEI 33, 41 ff.; Lehmann/Manger-Nestler EuZW 2010, 87, 88; dies. ZBB 2011, 2, 7; Moloney (2011) 2 EBOR 41, 71 ff.; dies. (2011) 2 EBOR 177, 219 ff.; dies. (2011) 50 ICLQ 521, 528 f., 531; Moloney XI.5.8; Partsch ZBB 2010, 72, 76;

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gleichungsmaßnahme i.S.d. Art. 114 AEUV zu qualifizieren.260 Im Schrifttum wurde jedoch von Anfang an bezweifelt, ob speziell die direkten Eingriffsbefugnisse der ESA (→ 14.121, 31.19) mit den sich aus der Meroni-Rechtsprechung des EuGH261 ergebenden Anforderungen an die Übertragung von Entscheidungs- und Ausführungsbefugnissen auf „Regulierungsagenturen“ vereinbar sind.262 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die genaue Reichweite dieser Judikatur (speziell angesichts der fallspezifischen Besonderheiten der maßgeblichen Urteile)263 seit jeher sehr kontrovers ist; speziell mit Blick auf die erfolgte enorme Weiterentwicklung und Evolution des europäischen Rechts und das durch die Finanzkrise anschaulich demonstrierte Bedürfnis für die dringende Notwendigkeit einer effektiven Finanzaufsicht auch und gerade auf europäischer Ebene spricht vieles für die Primärrechtskonformität.264 Der EuGH hat jedenfalls mit Urteil vom 22.1.2014265 entschieden, dass die Binnenmarktkompetenz des Art. 114 Abs. 1 AEUV die in Art. 28 SSR vorgesehenen Eingriffsbefugnisse der ESMA betreffend Leerverkäufe von Finanzinstrumenten (→ 40.24) trägt. Teile der Literatur interpretieren dieses Urteil zwar sehr eng und verstehen es als strikt auf die konkrete Regelung begrenzt.266 Aus der gesamten Argumentation des EuGH J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 32; Siekmann IMFS Working Paper 40 (2010), S. 55 ff.; ders. VW 2010, 2010, 95, 111 f. 260 Vgl. KOM(2009) 501, S. 3; KOM(2009) 502, S. 3; KOM(2009) 503, S. 3; Franz/Ehlenz EuZW 2011, 623, 626; Lamandini (2009) 6 ECL 197, 200; Moloney (2010) 47 C.M.L. Rev. 1317, 1340 f.; Papathanassiou/Zagouras WM 2010, 1584, 1585; Partsch ZBB 2010, 72, 75; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 32; Siekmann IMFS Working Paper 40 (2010), S. 56 ff.; Sonder in: Schneuwly (Hrsg.), Aktuelle Regulierungsformen an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Recht, 2011, S. 27, 41; in Bezug auf den ESRB auch Ferran/Alexander (2010) 35 E.L. Rev. 751, 769 f., 776; vgl. allg. insbesondere auch EuGH v. 2.5.2006, ENISA, C-217/04, ECLI:EU:C:2006:279 (betreffend die Schaffung der ENISA). Kritisch jedoch etwa Lefterov (2011) 38 LIEI 33, 41 f. 261  Grundlegend: EuGH v. 13.6.1958, Meroni I, 9/56, ECLI:EU:C:1958:7; s. ferner EuGH v. 17.12.1970, Köster, 25/70, ECLI:EU:C:1970:115; EuGH v. 5.12.1967, van der Vecht, 19/67, ECLI:EU:C:1967:49; EuGH v. 14.5.1981, Romano/INAMI, 98/80, ECLI:EU:C:1981:104. 262 Vgl. Chamon (2011) 48 C.M.L. Rev. 1055 ff.; Lefterov (2011) 38 LIEI 33, 49 ff.; Lehmann/Manger-Nestler EuZW 2010, 87, 88; dies. ZBB 2011, 2, 7; Partsch ZBB 2010, 72, 75; Siekmann IMFS Working Paper 40 (2010), S. 69 ff.; ders. VW 2010, 2010, 95, 111 f. 263 Vgl. dazu ausf. Calliess/Ruffert/Callies Art. 13 EUV Rn. 47 ff.; GHN/Nettesheim Art. 13 EUV Rn. 48 ff. m.w.N. 264 Für Primärrechtskonformität i.E. auch Ceyssens ZEW 190 (2011), S. 8 ff.; Häde EuZW 2011, 662, 663 f.; Lamandini (2009) 6 ECL 197, 200, 201 f.; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 32; Sonder (Fn. 260), S. 27, 41. S. ferner auch Weiß EuR 2016, 631 ff. 265 EuGH v. 22.1.2014, UK ./. EP und Rat, Rs. C-270/12, ECLI:EU:C:2014:18. Dazu Adamski (2014) E.L. Rev. 812 ff.; Babis (2014) 73 CLJ 266 ff.; Chamon (2014) 39 E.L. Rev. 380 ff.; Di Noia/Gargantini (2014) 15 EBOR 1 ff.; Frisch EWiR 2014, 237 f.; Howell ECFR 2014, 454 ff.; Kohtamäki EuR 2014, 321 ff.; Manger-Nestler GPR 2014, 141 ff.; Marjosola (2014) 10 E.C.L. Rev. 500 ff.; Meroni XI.5.8.3; Ohler JZ 2014, 249 ff.; Parmentier EuZW 2016, 45, 50; Ruffert JuS 2014, 279 ff.; Ruthig ZHR 178 (2014) 443, 454 ff.; Saurer DÖV 2014, 549 ff.; Scholten/van Rijsbergen (2014) 15 GLJ 1223, 1244 ff.; Skowron EuZW 2014, 349 ff.; van Gestel (2014) 21 MJ 188 ff. S. ferner auch Van Cleynenbreugel (2014) 21 MJ 64 ff. 266 Vgl. Manger-Nestler GPR 2014, 141.

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ergibt sich indes letztlich sehr deutlich, dass er dem europäischen Gesetzgeber insgesamt – und nicht nur in Bezug auf die konkrete Regelung in der SSR − einen sehr breiten Spielraum einräumt, der wohl auch die übrigen den ESA im Rahmen des ESFS eingeräumten Befugnisse ohne Weiteres erfassen dürfte.267 b)  Makroaufsicht 14.132 Mit der Schaffung des ESRB (→ 14.101 ff.) werden bisherige Lücken im Aufsichtssystem im Bereich der Makroaufsicht auf europäischer Ebene geschlossen; dies war dringend geboten und ist daher nachdrücklich zu begrüßen.268 Letztlich wird es aufgrund der globalen Verknüpfung der Finanzmärkte auch in Bezug auf die Bekämpfung von Systemrisiken entscheidend auf eine effiziente internationale Zusammenarbeit ankommen. Darüber hinaus ist auch die konkrete Ausgestaltung des ESRB in einzelnen Punkten nicht unproblematisch bzw. noch verbesserungsbedürftig. Nicht unbedenklich ist zunächst die enge Anbindung des ESRB an die EZB (→ 41.113 f., 41.116); angesichts der insoweit bestehenden Synergieeffekte erscheint dies zwar im Grundsatz sinnvoll, andererseits ist aber nicht auszuschließen, dass hier im Einzelfall Ziel- und Interessenkonflikte auftreten.269 Problematisch ist weiterhin die Größe des Verwaltungsrats insofern, als sie zu Abstimmungsproblemen und somit zu Ineffizienzen führen kann.270 Schließlich lässt sich – insbesondere in Krisenzeiten – bezweifeln, ob das „act or explain“-Prinzip (→ 41.106) allein ausreicht, um die Warnungen und Empfehlungen des ESRB durchzusetzen.271 Die ESRB-VO hat hier aber immerhin insofern vorgebaut, als bei Warnungen/Empfehlungen an Aufsichtsbehörden jeweils zugleich die betreffende ESA in Kenntnis gesetzt wird (→ 14.106), die dann ggf. die notwendigen Maßnahmen ergreifen kann; auch insofern kommt es also maßgeblich auf eine enge und effektive Kooperation zwischen ESRB und den ESA an.272

267 Vgl. auch Adamski (2014) E.L. Rev. 812, 826 ff.; Babis (2014) 73 CLJ 266, 269; Chamon (2014) 39 E.L. Rev. 380, 402 f.; Howell ECFR 2014, 454, 474 ff.; Kohtamäki EuR 2014, 321, 332; Marjosola (2014) 10 E.C.L. Rev. 500, 527 f.; Ohler JZ 2014, 249 ff.; Saurer DÖV 2014, 549, 555; Scholten/van Rijsbergen (2014) 15 GLJ 1223, 1249 ff.; van Gestel (2014) 21 MJ 188, 195 f. Eine solch „liberale“ Interpretation zumindest für möglich haltend auch Moloney XI.5.8.3.; vgl. ferner auch Skowron EuZW 2014, 349, 355. 268 Grundsätzlich positiv etwa auch Bundesrat, BT-Drs. 736/09, S. 3; Ferran/Alexander (2010) 35 E.L. Rev. 751, 776; Hopt NZG 2009, 1401, 1408; Papathanassiou/Zagouras WM 2010, 1584, 1588; Partsch ZBB 2010, 72, 76; Lehmann/Manger-Nestler EuZW 2010, 87, 92; Moloney (2010) 47 C.M.L. Rev. 1317, 1381; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 32 f. 269 Vgl. auch Lehmann/Manger-Nestler ZBB 2011, 2, 23; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 33; s. ferner auch Hofmann ZfgK 2010, 664, 665. 270 Vgl. Ferran/Alexander (2010) 35 E.L. Rev. 751, 765; Hopt NZG 2009, 1401, 1405; Moloney (2010) 47 C.M.L. Rev. 1317, 1381; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 33. 271 Vgl. Hopt NZG 2009, 1401, 1405; Lamandini (2009) 6 ECL 197, 200, 201; Partsch ZBB 2010, 72, 74; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 33; Snowdon/Lovegrove (2011) 83 C.O.B. 1, 21; abwartend auch Baur/Boegl BKR 2011, 177, 179. 272 Vgl. de Sevres/Sasso (2011) 7 CMLJ 30, 47; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 33.

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c)  Mikroaufsicht Die Grundkonzeption der Mikroaufsicht als „integriertes Netzwerk“ aus den drei 14.133 ESA (EBA, EIOPA und ESMA) und den nationalen Aufsichtsbehörden ist ebenfalls grundsätzlich positiv zu bewerten.273 Die Schaffung der ESA sorgt für eine verbesserte Zusammenarbeit und Koordination der nationalen Aufsichtsbehörden274 sowie eine zunehmende Harmonisierung der Aufsichtsstandards, wodurch speziell auch Aufsichtsarbitrage verhindert werden kann275. Anderseits erscheint es sinnvoll, dass der europäische Gesetzgeber sich gegen ein rein zentralistisches und für ein föderalistisches Aufsichtsmodell mit einer Aufsicht sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene entschieden hat, da auf diese Weise den Eigenheiten der nationalen Märkte und der bestehenden nationalen Aufsichtspraktiken besser Rechnung getragen werden kann276 – zumal eine vollwertige und umfassende europäische Finanzaufsicht zumindest derzeit politisch ohnehin kaum durchsetzbar wäre277. Im Hinblick auf die vertikale Aufteilung der Aufsicht in die Sektoren Banken, 14.134 Versicherungen und Wertpapiere („Silo-Struktur“) stellt sich indes die Frage, ob die Aufsicht nicht effizienter wäre, wenn auf europäischer Ebene statt drei ESA nur eine einzige Institution für die Aufsicht über den gesamten Finanzmarkt zuständig wäre.278 Einen Konsens im Hinblick auf Aufbau, Funktionsweise und Standort einer solchen integrierten Behörde zu erzielen, wäre jedoch wohl erheblich schwieriger gewesen.279 Die Beibehaltung der sektoralen Aufteilung erschien dagegen sowohl politisch als auch administrativ-technisch opportun, weil damit an die bisherige Struktur der Level-3-Ausschüsse CEBS, CESR und CEIOPS angeknüpft werden konnte280 (→ 14.118); zudem gestattete die Aufteilung auf drei Standorte auch die politisch wichtige Wahrung nationaler Besitzstände281. Das vertikale Aufsichtsmodell hat im 273 Vgl. J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 34. 274 Vgl. auch Moloney (2010) 47 C.M.L. Rev. 1317, 1349 f.; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 34; Schmitz-Lippert ECFR 2010, 266, 269. 275 Vgl. Moloney (2010) 47 C.M.L. Rev. 1317, 1356; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 34; Siekmann IMFS Working Paper 40 (2010), S. 37. Die Verhinderung von Aufsichtsarbitrage gehört explizit zu den Zielen der ESA, vgl. Art. 1 Abs. 5 lit. d EBA-VO/EIOPA-VO/ESMAVO sowie ErwG 11 S. 3, 36 EBA-VO/ESMA-VO und ErwG 10 S. 3, 35 EIOPA-VO. Vgl. zur Problematik der Aufsichtsarbitrage auch bereits de Larosière-Bericht (Fn. 184), S. 31, 33, 44 276 Vgl. Masciandaro/Quintyn (2009) 6 ECL 187, 191 f.; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 34; a.A. Lamandini (2009) 6 ECL 197, 202. 277 Vgl. J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 34. 278 Vgl. kritisch zur vertikalen Aufteilung auch Colaert (2015) 52 C.M.L. Rev. 1579 ff. Übersicht über die verschiedenen Aufsichtsmodelle sowie ihre Vor- und Nachteile bei Ohler ZVglRWiss 116 (2017) 162, 165 ff.; Staikouras/Triantopoulos EBLR 2016, 85, 89 ff. 279 Vgl. Moloney (2010) 47 C.M.L. Rev. 1317, 1355; dies. (2011) 2 EBOR 177, 217; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 35; Weber-Rey AG 2010, R453, R 455; Wymeersch ECFR 2010, 240, 254. 280 Vgl. Moloney (2011) 2 EBOR 177, 217; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 35; Wymeersch ECFR 2010, 240, 254. 281 Vgl. Lehmann/Manger-Nestler EuZW 2010, 87, 89; Möllers NZG 2010, 285, 289; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 35.

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Übrigen jedenfalls den unbestreitbaren Vorteil, dass damit den Besonderheiten des jeweiligen Finanzsektors besser Rechnung getragen werden kann.282 5.  Überprüfung des ESFS und potentielle Reform 14.135 Entsprechend den Überprüfungsklauseln in den maßgeblichen Rechtsakten führte die Kommission 2013 eine Konsultation283 durch und legte dann – unter Berücksichtigung der von den ESA vorgelegten Selbstbewertungen284, einer Entschließung des EP285 und Studien von IWF286 und von Mazars im Auftrag des EP287 − 2014 einen Bericht über die Tätigkeit der ESA und des ESFS288 vor. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass die ESA ihre Aufgaben ungeachtet des kurzen Berichtszeitraums insgesamt gut erfüllt hätten; es sei ihnen gelungen, funktionierende Organisationen aufzubauen und sie hätten damit begonnen, ihre Mandate wahrzunehmen und ihr jeweiliges Profil zu entwickeln.289 In einer ganzen Reihe von Punkten wurde aber auch noch konkreter Verbesserungsbedarf ausgemacht.290 Obgleich im CMU-Aktionsplan 2015 (→ 14.176 ff.) für 2016 ein Weißbuch über 14.136 die Steuerung und Finanzierung der ESA angekündigt worden war291, wurde ein solches zunächst nicht vorgelegt. Stattdessen wurde 2016 eine Konsultation zum makroprudentiellen Rahmenwerk292 und Anfang 2017 eine Konsultation zum Funktionieren der ESA293 durchgeführt. In der CMU-Halbzeitbilanz (→ 14.179) hat die Kommission für das 3. Quartal 2017 einen Vorschlag für Änderungen an der Arbeitsweise der ESMA und der anderen ESA (→ 14.210, 31.5) sowie einen Vorschlag zur Reform des ESRB angekündigt (→ 14.210).

282 Vgl. Masciandaro/Quintyn (2009) 6 ECL 187, 192; J. Schmidt (Fn. 202), S. 19, 35. 283 Konsultationsseite: . 284 JC 2012/100 (unveröffentlicht). 285 Entschließung des EP v. 11.3.2014 mit Empfehlungen an die Kommission zur Überprüfung des Europäischen Systems der Finanzaufsicht (ESFS), P7_TA(2014)0202. 286 IMF, European Union: Financial System Stability Assessment, IMF Country Report No. 13/75. 287 EP, Review of the new European System of Financial Supervision (ESFS), PE 507.446; EP, The work of the European Systemic Risk Board (ESRB), PE 507.490. 288 Bericht der Kommission an das EP und den Rat über die Tätigkeit der Europäischen Aufsichtsbehörden (ESA) und das Europäische System der Finanzaufsicht (ESFS), COM(2014) 509. 289 Vgl. COM(2014) 509, S. 3. 290 Vgl. COM(2014) 509, S. 13 ff. 291 Vgl. COM(2015) 468, 6.3. 292 Konsultationsseite: . 293 Konsultationsseite: . Vgl. zu verschiedenen Verbesserungsvorschlägen etwa auch Wymeersch FS Baums, 2017, S. 1471 ff.

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VI.  Überblick über die weitere Peripherie des Europäischen Kapitalmarktrechts 1.  Bankenunion a)  Überblick Eng verflochten mit dem ESFS ist die Errichtung der Europäischen Bankenunion294, 14.137 die daher zumindest kurz im Überblick dargestellt werden soll. Die Idee der Errichtung einer Bankenunion als Reaktion auf die Finanzkrise wurde erstmals bei einem Ratstreffen im Mai 2012 vom damaligen Kommissionspräsident Barroso lanciert.295 Im September 2012 präsentierte die Kommission dann bereits einen offiziellen „Fahrplan“296, die ersten Rechtsakte wurden 2013 verabschiedet. Konzeptionell ruht die Bankenunion auf drei Säulen: (i) dem SSM (→ 14.138), (ii) dem SRM (→ 14.140 f.) und (iii) der gemeinsamen Einlagensicherung (→ 14.143); gemeinsames Fundament ist ein „einheitliches Regelwerk“ („single rulebook“) (→ 14.144). Anknüpfend an ihre Mitteilung vom November 2015 zur „Vollendung der Bankenunion“297 präsentierte die Kommission im November 2016 bereits wieder ein neues Legislativpaket (→ 14.142, 14.147, 14.152), mit dem der vom FSB (→ 14.37) erstellte TLAC-Standard umgesetzt, die TLAC-Anforderungen in die allgemeinen MREL-Vorschriften integriert und eine Reihe weiterer Anpassungen vorgenommen werden sollen.298

294 Dazu näher Alexander (2015) 40 E.L. Rev. 154 ff.; Binder (2015) 16 EBOR 467 ff.; Busch/ Ferrarini (eds.), European Banking Union, 2015; Calliess/Schoenfleisch JZ 2015, 113 ff.; Capiello (2015) 16 EBOR 421 ff.; Gandrud/Hallerberg (2015) 53 JCMS 769 ff.; Geber EuZW 2013, 298 ff.; Gildehaus, Coco bonds as a means of reducing systemic risk and their role within the new regulatory regimes, in: J. Schmidt/Esplugues/Arenas (eds.), EU law after the financial crisis, 2016, S. 47 ff.; Gros/Schoenmaker (2014) 52 JCMS 529 ff.; Grundmann ZHR 179 (2015) 563 ff.; ders. (2015) 16 EBOR 357 ff.; Gurlit EuZW-Beil. 2014, 14 ff.; Hadjiemmanuil (2015) 16 EBOR 383 ff.; Herdegen WM 2012, 1889 ff.; Howarth/Quaglia (2013) 51 JCMS 103 ff.; Kaufhold ZG 2017, 18 ff.; Kämmerer WM 2016, 1 ff.; Leitlinger ZfRV 2015, 240, 245 f.; Ligere (2015) 30 J.I.B.L.R. 121 ff.; MangerNestler/Böttner EuR 2014, 621 ff.; Meister ECFR 2015, 115 ff.; Möslein (2015) 16 EBOR 547 ff.; Nielsen EBLR 2015, 805 ff.; Peters WM 2014, 396 ff.; Ruthig ZHR 178 (2014) 443 ff.; Sacarcelik BKR 2013, 353 ff.; Schäfer (2015) JCMS DOI:10.1111/jcms.12351; U.H. Schneider EuZW 2012, 721 f.; ders. AG 2012, 823 ff.; ders. EuZW 2013, 452 ff.; Seidel EuZW 2013, 841 ff.; Seyad (2013) 28 J.I.B.L.R. 99 ff.; Simonova (2015) 26 ICCLR 51, 54 ff.; Thiele GewArch 2015, 111 ff., 157 ff.; Tröger (2015) 16 EBOR 575 ff. Vgl. ferner auch die Nachweise in Fn. 299, 304, 310 ff. 295 Vgl. MEMO/12/478. 296 Mitteilung der Kommission an das EP und den Rat. Fahrplan für eine Bankenunion, COM(2012) 510. 297 Mitteilung der Kommission an das EP, den Rat, die Europäische Zentralbank, den EWSA und den AdR, „Auf dem Weg zur Vollendung der Bankenunion“, COM(2015) 587. 298 Vgl. dazu IP/16/3731; Friedrich/Skorobogatov WM 2017, 840 ff.; Wellerdt EuZW 2017, 172 ff.

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Bankenunion Single Supervisory Mechanism (SSM)

Single Resolution Mechanism (SRM)

European Deposit Insurance Scheme (EDIS)

(Einheitlicher Aufsichtsmechanismus)

(Einheitlicher Abwicklungsmechanismus)

(Europäisches Einlagensicherungssystem)

Single Rulebook (einheitliches Regelwerk)

b)  Single Supervisory Mechanism (SSM) 14.138 Erste Säule ist der Single Supervisory Mechanism (SSM)299, d.h. der einheitliche Aufsichtsmechanismus, der seit dem 4.11.2014 gilt. Der SSM setzt sich aus der EZB und 299  Rechtsgrundlagen: VO (EU) Nr. 1024/2013 des Rates v. 15.10.2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank, ABlEU v. 29.10.2013, L 287/63 [SSM-VO]; VO (EU) Nr. 1022/2013 des EP und des Rates v. 22.10.2013 zur Änderung der VO (EU) Nr. 1093/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) hinsichtlich der Übertragung besonderer Aufgaben auf die Europäische Zentralbank gemäß der VO (EU) Nr. 1024/2013, ABlEU v. 29.10.2013, L 287/5; VO (EU) Nr. 468/2014 der Europäischen Zentralbank v. 16.4.2014 zur Einrichtung eines Rahmenwerks für die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen zuständigen Behörden und den nationalen benannten Behörden innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM-Rahmenverordnung), ABlEU v. 14.5.2014, L 141/1. Näher dazu: EZB, Leitfaden zur Bankenaufsicht (); Alexander FS Meier, 2015, S. 1 ff.; ders. ECFR 2016, 467 ff.; Berger WM 2015, 501 ff.; ders. WM 2016, 2325 ff., 2361 ff.; Ceyssens NJW 2013, 3704 ff.; Ferrarini (2015) 16 EBOR 513 ff.; ders. ECGI Law WP 294/2015; Gortsos (2015) 16 EBOR 401 ff.; Gren/Howarth/Quaglia (2015) 53 JCMS 181 ff.; Gressler, Financial crisis and general contract law, in: J. Schmidt/Esplugues/Arenas (eds.), EU law after the financial crisis, 2016, S. 117 ff.; Gurlit WM 2016, 2053 f., 2056 f.; Haag ZVglRWiss 113 (2014) 484, 489 ff.; Kaufhold ZG 2017, 18, 24 ff.; Lackloff (2014) 29 J.I.B.L.R. 498 ff.; ders. (2015) 26 ICCLR 18 ff.; Ladler GPR 2013, 128 ff.; Loosveld (2013) 28 J.I.B.L.R. 422 ff.; Lutz ZVglRWiss 113 (2014) 496, 501 ff.; Neumann EuZW-Beil. 2014, 9 ff.; Nieto (2015)

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den nationalen zuständigen Behörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten300 zusammen (vgl. Art. 2 Nr. 9, 6 Abs. 1 S. 1 SSM-VO). Die EZB beaufsichtigt mit Unterstützung der nationalen zuständigen Behörden direkt alle als bedeutend eingestuften Institute.301 Die laufende Aufsicht wird von gemeinsamen Aufsichtsteams (Joint Supervisory Teams [JST]) durchgeführt (vgl. Art. 3 ff. SSM-Rahmen-VO).302 Für die Beaufsichtigung der weniger bedeutenden Institute sind weiterhin die nationalen zu­ ständigen Behörden – allerdings unter der Überwachung der EZB (vgl. speziell Art. 6 Abs. 5 SSM-VO) – zuständig.303 Als „bedeutend“ wird ein Kreditinstitut eingestuft, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist: (i) Gesamtwert der Aktiva übersteigt 30 Mrd. Euro (Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 lit. i SSM-VO), (ii) Gesamtwert der Aktiva beträgt mind. 5 Mrd. Euro und übersteigt 20 % des BIP des teilnehmenden Mitgliedstaats (Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 lit. ii SSM-VO), (iii) Empfänger direkter öffentlicher finanzieller Unterstützung aus EFSF oder ESM (Art. 6 Abs. 4 UAbs. 4 SSM-VO), (iv) die drei bedeutendsten Kreditinstitute jedes Mitgliedstaats (Art. 6 Abs. 5 UAbs. 5 SSM-VO). Zudem kann die EZB unter den Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 4 UAbs. 4 lit. iii, UAbs. 5 SSM-VO weitere Institute als bedeutend einstufen. Die Ausführung in Deutschland erfolgte durch das BRRD-UmsG (→ 14.151). 14.139 c)  Single Resolution Mechanism (SRM) Zweite Säule ist der Single Resolution Mechanism (SRM)304, d.h. der einheitliche 14.140 Abwicklungsmechanismus, der auf den SSM und die BRRD (→ 14.150 f.) aufbaut und die Abwicklung von Banken durch einen Ausschuss für die einheitliche Abwicklung 16 EBOR 539 ff.; Ohler ZVglRWiss 116 (2017) 162, 172 ff.; S. H. Schneider EuZW-Beil. 2014, 18 ff.; Schuster EuZW-Beil. 2014, 3 ff.; Tröger (2014) 15 EBOR 449 ff.; ders. (2014) EBOR 449 ff.; ders., A political economy perspective on common supervision in the Eurozone, Faia/Hackethal/Haliassos/Langenbucher (eds.), Financial regulation. A transatlantic perspective, 2015, S. 167 ff.; Tusch/Herz EuZW 2015, 814 ff.; van Bockel (2017) 24 MJ 194 ff.; Waldhoff/Dieterich EWS 2013, 72 ff.; Wolfers/Voland (2014) 51 C.M.L. Rev. 1463 ff.; Wymeersch ECGI Law WP 290/2015; zum Entwurf: Gstädtner RdF 2012, 361 ff. 300 Teilnehmende Mitgliedstaaten sind gem. Art. 2 Nr. 1 SSM-VO die Euro-Staaten sowie alle Nicht-Euro-Staaten, die gem. Art. 7 SSM-VO beschlossen haben, eine enge Zusammenarbeit einzugehen. 301 Vgl. EZB (Fn. 299), Rn. 10. 302 Vgl. EZB (Fn. 299), Rn. 10. 303 Vgl. EZB (Fn. 299), Rn. 10. 304 Rechtsgrundlagen: VO (EU) Nr. 806/2014 des EP und des Rates v. 15.7.2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der VO, ABlEU v. 30.7.2014, L 225/1 [SRMR]; VO (EU) Nr. 1093/2010 Durchführungsverordnung (EU) 2015/81 des Rates v. 19.12.2014 zur Festlegung einheitlicher Modalitäten für die Anwendung der VO (EU) Nr. 806/2014 des EP und des Rates im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds, ABlEU v. 22.1.2015, L 15/1; Übereinkommen v. 21.5.2014 über die Übertragung von Beiträgen

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(Single Resolution Board [SRB]) und mit einem vom Bankensektor finanzierten einheitlichen Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund [SRF]) ermöglicht. Das SRB, das am 1.1.2015 seine Arbeit aufnahm, ist unmittelbar zuständig für die Unternehmen, die von der EZB direkt beaufsichtigt werden (→ 14.138); für alle übrigen Unternehmen verbleibt es bei der Zuständigkeit der nationalen zuständigen Aufsichtsbehörden nach der BRRD (→ 14.150 f.) (vgl. Art. 7 SRMR). Abwicklungsverfahren und -mechanismen sind bewusst parallel zur BRRD (→ 14.150 f.) ausgestaltet305: Der SRB erstellt für die direkt von ihm beaufsichtigten Unternehmen Abwicklungspläne (Art. 8 ff. SRMR); Abwicklungsinstrumente sind (wie nach der BRRD) Unternehmensveräußerung, Brückeninstitut, Ausgliederung von Vermögenswerten und Bail-in (Art. 24–27 SRMR). Der Single Resolution Fund wird durch seit dem 1.1.2015 erhobene Bankenabgaben finanziert (vgl. Art. 70 f. SRMR) und soll bis zum 11.12.2023 mindestens 1 % der gedeckten Einlagen aller in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Kreditinstitute erreichen (vgl. Art. 69 Abs. 1 SRMR). Der Fonds soll verhindern, dass letztlich wieder Steuerzahler für die Bankenrettung aufkommen müssen306; seine Mittel dürfen aber nur in Anspruch genommen werden, wenn die Eigentümer und Gläubiger einen bestimmten Betrag geleistet haben (vgl. Art. 27 Abs. 7 SRMR). Die Ausführung in Deutschland erfolgte durch das AbwMechG307 und das FMSA14.141 NeuOG308. 14.142 Als Teil des Ende 2016 präsentierten Legislativpakets zur Vollendung der Bankenunion (→ 14.137) wurde auch ein Vorschlag zur Änderung der SRMR309 vorgelegt.

auf den einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge, BGBl. II, 1299. Näher dazu: Binder ZBB 2015, 153 ff.; ders. ZBB 2017, 57 ff.; Gurlit WM 2016, 2053, 2054 ff.; Howarth/Quaglia (2014) 52 JCMS 125 ff.; Hübner/Leunert ZIP 2015, 2259, 2264 f.; Kaufhold ZG 2017, 18, 27 ff.; Meder/Bessch jurisPR-BKR 10/2015, Anm. 1; Pagano, Lessons from the European financial crisis, in: Faia/Hackethal/Haliassos/Langenbucher (eds.), Financial regulation. A transatlantic perspective, 2015, S. 23, 40 f.; Schiavo (2014) 29 J.I.B.L.R. 689, 696 ff.; Schmitt/Bär WM 2016, 493 ff.; Tusch/Herz EuZW 2015, 814, 817 ff.; Windthorst/Bussian WM 2015, 2265 ff.; Wojcik (2016) 53 C.M.L. Rev. 91 ff.; Wojcik/Ceyssens EuZW 2014, 893 ff.; Wymeersch ECGI Law WP 290/2015. 305 Vgl. ErwG 18 SRMR; Wojcik/Ceyssens EuZW 2014, 893, 895. 306 Vgl. ErwG 3 S. 1, 73 SRMR; Wojcik/Ceyssens EuZW 2014, 893, 896. 307 Gesetz zur Anpassung des nationalen Bankenabwicklungsrechts an den Einheitlichen Abwicklungsmechanismus und die europäischen Vorgaben zur Bankenabgabe (Abwicklungsmechanismusgesetz – AbwMechG) v. 2.11.2015, BGBl. I, 1864. 308 Gesetz zur Neuordnung der Aufgaben der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA-Neuordnungsgesetz – FMSANeuOG) v. 23.12.2016, BGBl. I, 3171. 309 Vorschlag für eine VO des EP und des Rates zur Änderung der VO (EU) Nr. 806/2014 in Bezug auf die Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungsfähigkeit von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, COM(2016) 851. Dazu Wellerdt EuZW 2017, 172, 176.

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d)  Europäisches Einlagensicherungssystem (EDIS) Als dritte Säule soll noch ein Europäisches Einlagensicherungssystem (European 14.143 Deposit Insurance Scheme − EDIS) geschaffen werden; hierfür hat die Kommission am 24.11.2015 einen Vorschlag310 vorgelegt. EDIS soll auf den nach der Einlagensicherungs-RL (Deposit Guarantee Schemes Directive – DGSD, → 14.148) bestehenden nationalen Systemen aufbauen und in drei Stufen errichtet werden: Zunächst würde es eine Rückversicherung der nationalen Einlagensicherungssysteme beinhalten, daraus würde dann nach drei Jahren eine Mitversicherung und ab 2024 schließlich ein vollumfängliches Europäisches Einlagensicherungssystem.311 Speziell aus Deutschland regt sich jedoch aus guten Gründen heftiger Widerstand gegen diese Pläne: Bundesregierung312, Bundestag313, Bundesrat314, Bundesbank315, Sachverständigenrat316 und Bankenverbände317 warnen vor einer derartigen Vergemeinschaftung von Haftung und Risiken, solange zentrale andere Elemente der Bankenunion noch nicht wirksam implementiert sind; Priorität müsse vielmehr zunächst der Abbau von Risiken haben.318 e)  Single Rulebook Gemeinsames Fundament der drei Säulen der Bankenunion ist ein „single rulebook“ 14.144 („einheitliches Regelwerk“) mit einheitlichen Regeln für alle Finanzinstitute in der EU. Dazu gehören insbesondere: CRD IV/CRR (→ 14.145), DGSD (→ 14.148) und BRRD (→ 14.150).

310 Vorschlag für eine VO des EP und des Rates zur Änderung der VO (EU) Nr. 806/2014 im Hinblick auf die Schaffung eines europäischen Einlagenversicherungssystems, COM(2015) 586. Dazu Berger BKR 2016, 144, 151 f.; Herdegen WM 2016, 1857 ff., 1905 ff.; Huertas (2016) 31 J.I.B.L.R. 587 ff.; Kaufhold ZG 2017, 18, 29 ff.; Roth GWR 2016, 67, 69. Positiv im Vorfeld zu der Idee: Payne ECFR 2015, 539, 559 ff. 311 Vgl. IP/15/6152; COM(2015) 586, S. 11 ff. 312 Vgl. Bundesfinanzminister Schäuble am 7.12.2015 beim ECOFIN-Rat (). 313 Vgl. Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drs. 18/6548, angenommen durch Beschluss v. 5.11.2015 (PlPr 18/13022). 314 BR-Drs. 640/15(B); Antwort der Kommission: BR-Drs. 217/16. 315 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Dez. 2015, S. 64 f. 316 Sachverständigenrat, Jahresgutachten 2015/16, Rn. 40. 317 Vgl. DK, PM v. 24.11.2015 (); DSGV, Fokuspapier Einlagensicherung (). 318 Vgl. auch FAZ v. 24.11.2015, S. 16; FAZ v. 25.11.2015, S. 15; FAZ v. 9.12.2015, S. 18.

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aa)  Aufsichtsanforderungen: CRD IV-Paket 14.145 Zum 1.1.2014 wurden die Banken-RL319 und die Kapitaladäquanz-RL (CRD I)320 durch das sog. CRD IV-Paket321 ersetzt. Es besteht aus einer VO über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (Capital Requirements ­Regulation − CRR)322 und einer RL über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (Capital Requirements Directive IV – CRD IV)323. Das CRD IV-Paket setzt zum einen den internationalen Regulierungsrahmen Basel III324 um. Der europäische Gesetzgeber hat darüber hinaus aber auch eine Reihe weiterer wichtiger Neuerungen für den Rechtsrahmen für Banken „hineingepackt“, u.a. Regeln zur Vergütung (Art. 92 ff. CRD IV, Art. 450 CRR, → 13.80, 13.91 ff.), zur Corporate Governance (Art. 88, 91, 96 CRD IV, → 13.36, 13.41, 13.45, 13.48, 13.50, 13.56, 13.68 f., 13.72, 13.80 ff., 13.91) und zum Country-by-Country-Reporting (Art. 89 CRD IV). Ergänzt und konkretisiert werden die beiden Hauptrechtsakte CRD IV und CRR durch eine Vielzahl von Durchführungsrechtsakten.325 Die Ausführung bzw. Umsetzung in Deutschland erfolgte durch das CRD IV14.146 UG326.

319 RL 2006/48/EG des EP und des Rates v. 14.6.2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung), ABlEU v. 30.6.2006, L 177/1. 320 RL 2006/49/EG des EP und des Rates v. 14.6.2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (Neufassung), ABlEU v. 30.6.2006, L 177/201. 321 Vgl. dazu Amorello (2016) 17 EBOR 137 ff.; Baber (2015) 33 Co Law 341 ff., 386  ff.; Babis EBLR 2015, 779 ff.; Cahn/Kenadjian in Busch/Ferrarini (eds.), European Banking Union, 2015, 8.34 ff.; Kirchhartz GWR 2013, 395 ff.; Kashyap (2015) 12 ECL 89, 92 ff.; Lunk/Besenthal NZG 2013, 1010 ff.; Merkelbach Konzern 2013, 227 ff.; Paul/Stein/Kaltofen DStR 2013, 1849 ff.; Söderström (2015) 12 ECL 115, 116; Sprengard/Waßmann WPg 2015, 236 ff.; Zoepffel WM 2014, 928 ff. 322 VO (EU) Nr. 575/2013 des EP und des Rates v. 26.6.2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der VO (EU) Nr. 646/2012, ABlEU v. 27.6.2013, L 176/1 [CRR]. 323 RL 2013/36/EU des EP und des Rates v. 26.6.2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der RL 2002/87/EG und zur Aufhebung der RL 2006/48/EG und 2006/49/ EG, ABlEU v. 27.6.2013, L 176/338 [CRD IV]. 324 Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Internationaler Regulierungsrahmen für Banken (Basel III), 2011 – 2014 (). Dazu etwa Davies (2015) 16 EBOR 491 ff.; Gildehaus (Fn. 294 S. 47, 55 ff.; Schimansky/Bunte/Lwowski/ Haug § 133a Rn. 1 ff.; Lee (2013) 28 J.I.B.L.R. 433 ff. 325  Aktuelle Übersicht unter: . 326 Gesetz zur Umsetzung der RL 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die VO (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz) v. 28.8.2013, BGBl. I, 3395.

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Als Teile des Ende 2016 präsentierten Legislativpakets zur Vollendung der Banken- 14.147 union (→ 14.137) wurden auch Vorschläge zur Änderung von CRR327 und CRD IV328 (CRR2-Paket) vorgelegt. bb)  Einlagensicherung: DSGD Die Deposit Guarantee Schemes Directive (DGSD) (Einlagensicherungs-RL) aus 14.148 dem Jahr 1994329 wurde 2014 umfassend reformiert und neugefasst330 (Umsetzungsfrist: 3.7.2015331). Die Höchstdeckungssumme für alle Einlagen desselben Einlegers beträgt nun 100.000 Euro (Art. 6 Abs. 1 DGSD) und gilt für die Gesamtheit der Einlagen bei ein und demselben Kreditinstitut ungeachtet der Anzahl, Währung und Belegenheit der Einlagen in der Union (Art. 7 Abs. 1 DGSD). Ferner wurde u.a. die Auszahlungsfrist auf 7 Tage ab Feststellung des Entschädigungsfalls verkürzt (Art. 8 Abs. 1 DGSD) und die Finanzierung der Einlagensicherungssysteme wurde verbessert (Art. 10–13 DGSD). In Deutschland wurde zur Umsetzung der DGSD (und der ICSD, → 14.170 ff.) 14.149 durch Gesetz v. 16.7.1998332 das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG)333 geschaffen. Aus Anlass der Umsetzung der Neufassung der DGSD entschloss man sich dann, den Bereich der Einlagensicherung in einem eigenständigen 327 Vorschlag für eine VO des EP und des Rates zur Änderung der VO (EU) Nr. 575/2013 in Bezug auf die Verschuldungsquote, die strukturelle Liquiditätsquote, Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, das Gegenparteiausfallrisiko, das Marktrisiko, Risikopositionen gegenüber zentralen Gegenparteien, Risikopositionen gegenüber Organismen für gemeinsame Anlagen, Großkredite, Melde- und Offenlegungspflichten und zur Änderung der VO (EU) Nr. 648/2012, COM(2016) 850. Hauptziel ist die Umsetzung internationaler Standards ins Unionsrecht, näher Wellerdt EuZW 2017, 172, 173 f. 328 Vorschlag für eine RL des EP und des Rates zur Änderung der RL 2013/36/EU im Hinblick auf von der Anwendung ausgenommene Unternehmen, Finanzholdinggesellschaften, gemischte Finanzholdinggesellschaften, Vergütung, Aufsichtsmaßnahmen und -befugnisse und Kapitalerhaltungsmaßnahmen, COM(2016) 854. Hauptziel ist die Komplettierung des Aufsichtsrahmens, näher Wellerdt EuZW 2017, 172 ff. 329  RL 94/19/EG des EP und des Rates v. 30.5.1994 über Einlagensicherungssysteme, ABlEG v. 31.5.1994, L 135/5. Dazu Payne ECFR 2015, 539, 550 ff.; Sethe ZBB 1998, 305 ff.; Steuer WM 1998, 2449 ff.; Weber Bank 1998, 470 ff. 330 RL 2014/49/EU des EP und des Rates v. 16.4.2014 über Einlagensicherungssysteme (Neufassung), ABlEU v. 12.6.2014, L 173/149. Übersicht über die wichtigsten Neuerungen bei Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Dez. 2015, S. 55 ff.; Hanten in: Binder/ Singh (eds.), Bank Resolution. The European Regime, 2016, 12.32 ff.; Payne ECFR 2015, 553 ff.; Assmann/Schütze/Sethe § 26 Rn. 37 ff.; Tusch/Herz EuZW 2015, 814, 820 f. Sehr kritisch de Giola/Carabellese/Chessa (2016) 23 MJ 2 ff. 331 Vgl. Art. 20 Abs. 1 UAbs. 1 DGSD (aber ggf. Verschiebung auf 31.5.2016, vgl. Art. 20 Abs. 1 UAbs. 3 DGSD). 332 Gesetz zur Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie und der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie v. 16.7.1998, BGBl. I, 1842. 333  Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz = Art. 1 Gesetz v. 16.7.1998 (Fn. 332). Dazu Sethe ZBB 1998, 305, 317 ff.

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§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

Gesetz zu regeln: Durch das DGSD-UG334 wurde das EAEG in „Anlegerentschädigungsgesetz“ (AnlEntG) umbenannt und die Vorschriften zur Einlagensicherungen wurden in (novellierter Fassung) in das neue Einlagensicherungsgesetz (EinSiG)335 ausgegliedert. cc)  Bankensanierung und -abwicklung: BRRD 14.150 Die Bank Recovery and Resolution Directive (BRRD)336, die bis zum 1.1.2015 umzusetzen war, etabliert einen einheitlichen Rahmen für die Sanierung und Abwicklung von Banken und Wertpapierfirmen, der allerdings durch die SRMR überlagert wird (→ 14.140). In Bezug auf die Sanierungs- und Abwicklungsplanung enthält die BRRD u.a. Vorgaben zur Erstellung von Sanierungs- und Abwicklungsplänen (Art. 5–14 BRRD), zur Abwicklungsfähigkeit (Art. 15–18 BRRD) und zur gruppeninternen finanziellen Unterstützung (Art. 19–26 BRRD). Als Abwicklungsinstrumente sind vorgesehen: Unternehmensveräußerung (Art. 38 f. BRRD), Brückeninstitut (Art. 40 f. BRRD), Ausgliederung von Vermögenswerten (Art. 42 BRRD) und Bail-In (Art. 43 ff. BRRD). Art. 87 ff. BRRD enthalten Sonderregeln für die grenzüberschreitende Gruppenabwicklung. In Deutschland wurde zur Umsetzung der BRRD durch das BRRD-UmsG337 ein 14.151 neues Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)338 geschaffen; weitere Anpassungen erfolgten durch das FMSA-NeuOG339. 334 Gesetz zur Umsetzung der RL 2014/49/EU des EP und des Rates v. 16. April 2014 über Einlagensicherungssysteme (DGSD-Umsetzungsgesetz) v. 28.5.2015, BGBl. I, 786. 335 Einlagensicherungsgesetz (EinSiG) v. 28.5.2015 = Art. 1 DGSD-UG (Fn. 334). Dazu Berger BKR 2016, 144 ff.; Schimansky/Bunte/Lwowski/Fischer/Boegl § 133 Rn. 87 ff.; Meixner ZAP 2015, 503, 504 ff.; Podporowski/Reichelt/Bretschneider WPg 2016, 152, 154 ff.; Pötzsch WM 2016, 11, 12. 336 RL 2014/59/EU des EP und des Rates v. 15.4.2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der RL 82/891/EWG des Rates, der RL 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der VO (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des EP und des Rates, ABlEU v. 12.6.2014, L 173/190. Dazu Binder ZHR 179 (2015) 83 ff.; ders. ZBB 2015, 153 ff.; ders. ECFR 2016, 575 ff.; ders. ZBB 2017, 57 ff.; Binder/Singh (eds.), Bank Resolution. The European Regime, 2016; Chen N&ECL 15-04; Davies (2015) 16 EBOR 491, 503 ff.; Duve/Wimalasena BB 2014, 2755 ff.; Schimansky/Bunte/Lwowski/Fischer/Boegl § 133 Rn. 58 ff.; Franke/Krahnen/von Lüpke ZVglRWiss 113 (2014) 556 ff.; Haentjens/Janssen (2015) 1 JFR 294 ff.; Hearnden/Saluja (2015) 4 Comp. & Risk 10 ff.; Hu (2015) 26 ICCLR 328 ff.; Krahnen/Moretti, Bail-in clauses, in: Faia/Hackethal/Haliassos/Langenbucher (eds.), Financial regulation. A transatlantic perspective, 2015, S. 125, 128 ff.; Kusserow/Scholl WM 2015, 360, 367 f., 413 ff.; Müller, Financial crisis and European insolvency law, in: J. Schmidt/Esplugues/Arenas (eds.), EU law after the financial crisis, 2016, S. 227, 229 ff.; Schiavo (2014) 29 J.I.B.L.R. 689 ff.; Söderström (2015) 12 ECL 115, 117; Wojcik (2016) 53 C.M.L. Rev. 91 ff.; zum Entwurf: Schindler WM 2013, 96 ff. 337 Gesetz zur Umsetzung der RL 2014/59/EU des EP und des Rates v. 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der RL 82/891/EWG des Rates, der RL 2001/24/

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Als Teil des Ende 2016 präsentierten Legislativpakets zur Vollendung der Banken- 14.152 union (→ 14.137) wurden auch Vorschläge zur Änderung der BRRD340 vorgelegt. 389

2.  Sonstige Finanzinstitutionen a)  Versicherungssaufsicht: Solvency II Im Versicherungsaufsichtssektor wurde der bis dato bestehende „Flickenteppich“ 14.153 verschiedener Richtlinien im Jahr 2009 durch die RL Solvency II341 ersetzt, deren Umsetzungsvorschriften seit 1.1.2016 gelten342. Solvency II ruht auf drei Säulen: (i) quantitative Anforderungen (und diesbezüglichen Berechnungsmethoden), (ii) qualitative Anforderungen (Risikomanagement und Beaufsichtigung) sowie (iii) Melde-

EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der VO (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des EP und des Rates (BRRD-Umsetzungsgesetz) v. 10.12.2014, BGBl. I, 2091. 338 Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Instituten und Finanzgruppen (Sanierungsund Abwicklungsgesetz – SAG) = Art. 1 BRRD-UmsG (Fn. 337). Dazu Bauer/Hildner DZWiR 2015, 251 ff.; Binder ZHR 179 (2015) 83 ff.; Burkert/Cranshaw DZWiR 2015, 443 ff.; Engelbach/Friedrich WM 2015, 662 ff.; Hübner/Leunert ZIP 2015, 2259 ff.; Lütgerath BKR 2016, 279 ff.; Philipp AG 2015, 77 ff.; Podporowski/Reichelt/Bretschneider WPg 2016, 334 ff.; Pötzsch WM 2016, 11, 12; Skauradszun/Herz DZWiR 2016, 501 ff.; Thole ZBB 2016, 57 ff. 339 Fn.  308. 340 Vorschlag für eine RL des EP und des Rates zur Änderung der RL 2014/59/EU in Bezug auf die Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungsfähigkeit von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der RL 98/26/EG, 2002/47/EG, 2012/30/EU, 2011/35/EU, 2005/56/EG, 2004/25/EG und 2007/36/EG, COM(2016) 852; Vorschlag für eine RL des EP und des Rates zur Änderung der RL 2014/59/EU des EP und des Rates im Hinblick auf den Rang unbesicherter Schuldtitel in der Insolvenzrangfolge. Näher zum Ganzen: Friedrich/Skorobogatov WM 2017, 840, 844 ff.; Wellerdt EuZW 2017, 172 ff. 341 RL 2009/138/EG des EP und des Rates v. 25.11.2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II), ABlEU v. 17.12.2009, L 335/1. Dazu etwa Bogendörfer/Mehs VW 2012, 710 ff.; Bürkle WM 2012, 878 ff.; ders. CCZ 2012, 220 ff.; Derndinger VW 2012, 1534 f.; Dreher WM 2015, 649 ff.; ders. VersR 2013, 929 ff.; ders. VersR 2012, 933 ff.; ders. VersR 2012, 1061 ff.; Dreher/Ballmeier ZGR 2014, 753 ff.; Dreher/Lange VersR 2011, 825 ff.; Fischer RIW 2012, 369 ff.; Franz/Schiffer VW 2015, 58 f.; Gehringer/Kaminsiki/Bahnsen WPg 2015, 958 ff.; Gödeke VersR 2010, 10 ff.; Isenbart VW 2015, 62 f.; Kuth VW 2015, 72 f.; Krauel/Broichhausen VersR 2015, 1189 ff.; Lescher/Hattemer VW 2015, 70; Lickleder ZfV 2015, 702 f.; Lindner/Schroeren/Lauterbach VW 2015, 54 ff.; Lüttringhaus EuZW 2012, 321 ff.; ders. EuZW 2011, 822 ff.; Meder jurisPR-BKR 12/2014 Anm. 1; Meyborn ZfV 2013, 479 ff.; ders. ZfV 2012, 643 ff.; Neubert ZfgK 212, 491 ff.; Sasserath-Alberti EuZW 2012, 641 f.; Schüller/Mitzner ZHR 175 (2011) 338 ff.; Sehrbrock/Gal CFL 2012, 140 ff.; Tusch ZfV 2015, 48 f.; Utrecht WPg 2010, 763 ff.; Wolf VersR 2015, 1485 ff.; ders. VersR 2013, 678 ff. 342 Vgl. Art. 309 Abs. 1 UAbs. 2 Solvency II (das Startdatum war zunächst der 31.10.2012, dies wurde dann jedoch zunächst auf den 1.1.2014 und dann auf den 1.1.2016 verschoben).

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und Auskunftspflichten gegenüber den Aufsichtsbehörden.343 Zur Ergänzung und Konkretisierung wurden zahlreiche Level 2-Rechtsakte erlassen.344 Die Umsetzung in Deutschland erfolgte durch das VAG 2016345. 14.154 b)  Finanzkonglomerate: FICOD 14.155 Mit der Finanzkonglomerate-RL (Financial Conglomerates Directive – FICOD)346 wurde eine zusätzliche Beaufsichtigung für sog. Finanzkonglomerate eingeführt. Finanzkonglomerate sind Unternehmensgruppen347, bei denen die einzelnen Unternehmen in verschiedenen Finanzbranchen (z.B. Versicherungs-, Bank- und Wertpapierdienstleistungsbranche) in erheblichem Maße348 tätig sind (vgl. die Legaldefinition in Art. 2 Nr. 14 FICOD). Zweck der FICOD ist die Kontrolle der potentiellen Risiken, die sich aus der Mehrfachbelegung von Eigenkapital ergeben und der sog. Gruppenrisiken (d.h. Ansteckungs-, Komplexitäts- und Konzentrationsrisiken sowie Interessenkonflikte).349 Zu den Kernvorschriften gehören Vorgaben bzgl. Eigenkapitalausstattung (Art. 6 FICOD), Risikokonzentration (Art. 7 FICOD), gruppeninterne Transaktionen (Art. 8 FICOD), interne Kontrollmechanismen und Risikomanagement (Art. 9 FICOD) sowie die Etablierung eines Koordinators für die Abstimmung und Durchführung der zusätzlichen Beaufsichtigung (Art. 10 FICOD). 2011 wurde die FICOD durch die RL 2011/89/EU (FICOD I)350 reformiert, um 14.156 eine Reihe von Schwachstellen und Lücken, die im Rahmen der Finanzkrise zu Tage getreten waren, zu beseitigen351. In ihrem Überprüfungsbericht vom 20.12.2012 kam die Kommission dann zum Ergebnis, dass weitere Reformen derzeit nicht zweckmä-

343 Vgl. KOM(2007) 361, S. 6, 10, 11. 344 Übersicht: . 345 Gesetz zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen v. 1.4.2015, BGBl. I, 434. Dazu etwa Armbrüster r+s 2015, 425 ff.; Dreher WM 2015, 649, 653 ff.; Ellenbürger/ Pfaffenzeller/Hammers WPg 2015, 886 ff.; Küppers/Ingwersen RdF 2015, 180 ff. 346 RL 2002/87/EG des EP und des Rates v. 16.12.2002 über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats und zur Änderung der RL 73/239/EWG, 79/267/EWG, 92/49/EWG, 92/96/ EWG, 93/6/EWG und 93/22/EWG des Rates und der RL 98/78/EG und 2000/12/EG des EP und des Rates, ABlEU v. 11.2.2003, L 35/1. Vgl. dazu etwa Dauses/Burgard/Heimann E.IV.Bankrecht; Heinrich ZBB 2003, 230 ff.; Schimansky/Bunte/Lwowski/Kolassa § 136 Rn. 47 ff. 347 Legaldefinition von „Gruppe“ in Art. 2 Nr. 12 FICOD. 348 Schwellenwerte in Art. 3 FICOD. 349 Vgl. ErwG 2, 3 FICOD; KOM(2010) 433, S. 2; ErwG 1 RL 2011/89/EU (Fn. 350). 350 RL 2011/89/EU des EP und des Rates vom 16.11.2011 zur Änderung der RL 98/78/EG, 2002/87/EG, 2006/48/EG und 2009/138/EG hinsichtlich der zusätzlichen Beaufsichtigung der Finanzunternehmen eines Finanzkonglomerats, ABlEU v. 8.12.2011, L 326/113. 351 Vgl. ErwG 9 RL 2011/89/EU.

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ßig erschienen, sondern zunächst die Implementierung der Bankenunion und weiterer aufsichtsrechtlicher Vorschriften abgewartet werden sollte.352 In Deutschland wurde die FICOD durch das FKUG353 umgesetzt. Die FICOD I 14.157 wurde durch ein Gesetz v. 27.6.2013354 umgesetzt, das ein neues FinanzkonglomerateAufsichtsgesetz (FKAG)355 schuf, in dem die bis dato im KWG und VAG enthaltenen Regelungen zusammengeführt und entsprechend der FICOD I ergänzt wurden356. 3.  Sektor Finanzmärkte a)  SFD Die Settlement Finality Directive (SFD) (Finalitäts-RL)357 zielt darauf ab, Systemri- 14.158 siken in Zahlungs- und Wertpapierlieferungs- und -abrechnungssystemen zu reduzieren, speziell das Insolvenzrisiko eines Teilnehmers solcher Systeme358. Sie verschafft den Teilnehmern solcher Systeme die Gewissheit, dass Zahlungs- bzw. Überweisungsaufträge und Netting359 (selbst im Falle der Insolvenz eines Teilnehmers) endgültig sind (vgl. Art. 3 Abs. 1 S. 1 SFD) und dass geleistete dingliche Sicherheiten verwertet werden können (vgl. Art. 9 SFD).360 Durch die RL 2009/44/EG361 wurde der durch die SFD gewährleistete Schutz auch 14.159 auf interoperable Systeme362 und Kreditforderungen363 ausgeweitet.364 Modifikationen 352  Vgl. Bericht der Kommission an das EP und den Rat über die Überprüfung der RL 2002/87/EG des EP und des Rates über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kre­ditinstitute,Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats COM(2012) 785, S. 11 f. 353 Gesetz zur Umsetzung der RL 2002/87/EG des EP und des Rates v. 16.12.2002 (Finanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 21.12.2004, BGBl. I, 3610. 354 Gesetz zur Umsetzung der RL 2011/89/EU des EP und des Rates v. 16.11.2011 zur Änderung der RL 98/78/EG, 2002/87/EG, 2006/48/EG und 2009/138/EG hinsichtlich der zusätzlichen Beaufsichtigung der Finanzunternehmen eines Finanzkonglomerats v. 27.6.2013, BGBl. I, 1862. 355 Gesetz zur zusätzlichen Aufsicht über beaufsichtigte Unternehmen eines Finanzkonglomerats (Finanzkonglomerate-Aufsichtsgesetz − FKAG) = Art. 1 Gesetz v. 27.6.2013 (Fn. 354). 356 Vgl. BegrRegE FKAG, BT-Drs. 17/12602, S. 2. 357 RL 98/26/EG des EP und des Rates v. 19.5.1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen, ABlEG v. 11.6.1998, L 166/45. Dazu Keller WM 2000, 1269 ff. 358 Vgl. ErwG 2, 4 SFD. 359 Zum Netting: MMS/J. Schmidt Art. 9 EuInsVO Rn. 22 ff. m.w.N. 360 Vgl. ErwG 1 RL 2009/44/EG (Fn. 361). 361 RL 2009/44/EG des EP und des Rates v. 6.5.2009 zur Änderung der RL 98/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen und der RL 2002/47/EG über Finanzsicherheiten im Hinblick auf verbundene Systeme und Kreditforderungen, ABlEU v. 10.6.2009, L 146/37. 362 Legaldefinition in Art. 2 lit. o SFD. 363 Vgl. die Legaldefinition von „dingliche Sicherheit“ in Art. 2 lit. m SFD. 364 Vgl. dazu KOM(2008) 213, S. 2.

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erfolgten zudem durch die „Omnibus II“-RL (→ 14.95), die EMIR (→ 37) und die CSDR (→ 39). Die Umsetzung der SFD in Deutschland erfolgte durch das InsO/KredVsÄndG365 14.160 und das ÜG366.367 b)  FCD 14.161 In gewissem Sinne Pendant zur SFD ist die Financial Collateral Arrangements Directive (FCD) (Finanzsicherheiten-RL)368. Sie etabliert eine einheitliche Regelung, um Kreditrisiken bei finanziellen Transaktionen, bei denen Wertpapiere und Barguthaben als Sicherheit erbracht werden, zu begrenzen.369 Sie vereinfacht die formalen Anforderungen für die Sicherheitenstellung (vgl. Art. 3 FCD)370 und sorgt für eine Mindestharmonisierung sowie Klarstellung des Prozesses der Sicherheitenstellung (vgl. Art. 4 ff. FCD). Zudem werden Finanzsicherheiten von bestimmten Vorschriften des Insolvenz­rechts ausgenommen (vgl. Art. 8 FCD).371 14.162 Durch die RL 2009/44/EG372 wurde der durch die FCD gewährleistete Schutz ebenso wie derjenige durch die SFD (→ 14.159) auch auf Kreditforderungen ausgeweitet. Weitere Modifikationen erfolgten durch die BRRD (→ 14.150). 14.163 In Deutschland wurde die FCD durch das FCD-UG373 umgesetzt.374 c)  SFTR 14.164 Die seit dem 12.1.2016 geltende Securities Financing Transactions Regulation (SFTR) (Wertpapierfinanzierungsgeschäfte-VO)375 zielt darauf ab, die Märkte für Wertpapierfinanzierungen und damit auch das Finanzsystem transparent zu ma-

365 Gesetz zur Änderung insolvenzrechtlicher und kreditwesenrechtlicher Vorschriften v. 8.12.1999, BGBl. I, 2384. 366 Überweisungsgesetz (ÜG) v. 21.7.1999, BGBl. I, 1642. 367 Vgl. dazu Keller WM 2000, 1269 ff. 368 RL 2002/47/EG des EP und des Rates v. 6.6.2002 über Finanzsicherheiten, ABlEG v. 27.6.2002, L 168/43. 369 Vgl. ErwG 3 FCD. 370 Vgl. ErwG 9 ff. FCD. 371 Vgl. ErwG 5 FCD. 372 Fn.  361. 373 Gesetz zur Umsetzung der RL 2002/47/EG v. 6.6.2002 über Finanzsicherheiten und zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes und anderer Gesetze v. 5.4.2004, BGBl. I, 502. 374 Dazu etwa Flöther/Bräuer DZWiR 2004, 89 ff.; Kollmann WM 2004, 1012 ff.; Meyer/ Rein NZI 2004, 367 ff.; zum Entwurf: Obermüller ZIP 2003, 2336 ff. 375 VO (EU) 2015/2365 des EP und des Rates v. 25.11.2015 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften und der Weiterverwendung sowie zur Änderung der VO (EU) Nr. 648/2012, ABlEU v. 23.12.2015, L 337/1. Dazu Hillis/Borg/Solomon/Parson/ Schwalbenberg f. & C. L. 2016, 1 ff.; Kurpiers/Zeitz RdF 2016, 277 ff.; Parmentier EuZW 2016, 45, 48; Weber/Zentis/Kleemann DB 2016, 576 ff.

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chen376. Sie basiert auf dem FSB-Rahmenwerk über die Stärkung der Aufsicht und der Überwachung des Schattenbankenwesens377, 378 und ist Teil der übergreifenden Agenda zur Eindämmung des Schattenbankenwesens.379 Gem. Art. 4 Abs. 1 SFTR müssen Abschluss, Änderung oder Beendigung bestimmter Wertpapierfinanzierungsgeschäfte von den Gegenparteien an ein Transaktionsregister gemeldet werden; die Vorgaben zur Registrierung und Beaufsichtigung der Transaktionsregister in Art. 5–12 SFTR bauen dabei im Interesse der Effizienz und Vereinfachung bewusst auf die Vorschriften zu Transaktionsregistern in der EMIR (→ 37.27) auf380. Art. 13 f. SFTR sorgen für Transparenz gegenüber den Anlegern, indem sie OGAW (→ 38.3 ff.) und AIFM (→ 38.29 ff.) zur Offenlegung bestimmter Informationen in periodischen Berichten und vorvertraglichen Unterlagen verpflichten. Art. 15 SFTR normiert Mindeststandards für die Transparenz im Rahmen der Weiterverwendung von als Sicherheit erhaltenen Finanzinstrumenten. In Deutschland wurde die SFTR durch das 2. FiMaNoG (→ 32.103) ausgeführt. 14.165 d)  Benchmark Regulation (BMR) Als Reaktion auf den Aufsehen erregenden LIBOR-Skandal381 hatte der europäische 14.166 Gesetzgeber durch die MAR (→ 35) klargestellt, dass auch die Manipulation von Benchmarks wie LIBOR und EURIBOR eine verbotene Marktmanipulation darstellt (→ 35.11, 35.48). Damit war jedoch das eigentliche Problem, nämlich die Art und Weise der Ermittlung und Verwendung von Benchmarks noch nicht gelöst. Die Kommission legte deshalb 2013 einen Entwurf382 für eine spezielle Benchmark Regulation (BMR) (Benchmark-VO) vor, die dann am 8.6.2016 verabschiedet wurde383 und ab dem 1.1.2018 gilt (Art. 59 UAbs. 2 BMR). Die BMR unterwirft sog. Administratoren 376 Vgl. ErwG 7 S. 1 SFTR. 377 FSB, Strengthening Oversight and Regulation of Shadow Banking. Policy Framework for Strengthening Oversight and Regulation of Shadow Banking Entities, 29.8.2013 (). 378 Vgl. ErwG 7 S. 2 SFTR. 379 Vgl. ErwG 2 SFTR. Überblick zum Status quo: . 380 Vgl. ErwG 10 S. 2–4 SFTR. 381 Überblick bei Hou/Skeie Federal Reserve Bank of New York Staff Report 667/2014 (). S. ferner Fleischer/ Bueren DB 2012, 2561 f. 382 Vorschlag für eine VO des EP und des Rates über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Benchmark verwendet werden, COM(2013) 641. Dazu Bremer NZG 2013, 1217, 1218 f.; Parmentier EuZW 2015, 50, 53; dies. EuZW 2016, 45, 46; Pötzsch WM 2016, 11, 13; Spindler ZBB 2015, 165 ff.; Theodosopoulou (2014) 29 J.I.B.L.R. 536 ff. 383 VO (EU) 2016/1011 des EP und des Rates v. 8.6.2016 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und zur Änderung der RL 2008/48/EG und 2014/17/EU sowie der VO (EU) Nr. 596/2014, ABlEU v. 29.6.2016, L 171/1 [BMR]. Dazu Feldkamp RdF 2016, 180 ff.

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(d.h. natürliche oder juristische Personen, die die Kontrolle über die Bereitstellung einer Benchmark ausüben) einer Pflicht zur Zulassung bzw. Registrierung (vgl. Art. 34 Abs. 1 BMR). Zudem statuiert sie umfangreiche Vorgaben betreffend die Organisation und Corporate Governance von Administratoren sowie zur Schaffung von Transparenz. Dabei wird zwischen drei Kategorien von Benchmark differenziert: (i) nicht signifikante, (ii) signifikante und (iii) kritische (als solche wurden der EURIBOR und der EONIA definiert384); zudem gelten Sonderregeln für Referenzwerte aus regulierten Daten, Referenzzinssätze und Rohstoff-Referenzwerte. In Deutschland wurde die BMR primär durch das 2. FiMaNoG (→ 32.103) ausge14.167 führt; den Änderungen an der VerbrKrRL385 und der WoImKrRL386 wurde durch das FinARErgG387 Rechnung getragen. 4.  Sektor Verbraucherfragen a)  PRIIP-VO 14.168 Da die Finanzkrise nicht nur Unternehmen, sondern auch Kleinanleger betraf388, wurde die ab 31.12.2016 geltende PRIIP-VO389 (packaged retail and insurance-based investment products) verabschiedet. Sie sieht vor, dass für verpackte Anlageprodukte und Versicherungsanlageprodukte für Kleinanleger sog. Basisinformationsblätter (key information document – KID) abgefasst und bereitgestellt werden müssen. Dadurch soll Kleinanlegern ermöglicht werden, die grundlegenden Merkmale und Risiken solcher Anlageprodukte zu verstehen und zu vergleichen.390 Über den Sinn und Nutzen 384 Durchführungs-VO (EU) 2016/1368 der Kommission v. 11.8.2016 zur Erstellung einer Liste der an den Finanzmärkten verwendeten kritischen Referenzwerte gemäß der VO (EU) 2016/1011 des EP und des Rates, ABlEU v. 12.8.2016, L 217/1; DurchführungsVO (EU) 2017/1147 der Kommission v. 28.6.2017 zur Änderung der Durchführungs-VO (EU) 2016/1368 der Kommission zur Erstellung einer Liste der an den Finanzmärkten verwendeten kritischen Referenzwerte gemäß der Verordnung (EU) 2016/1011 des EP und des Rates, ABlEU v. 29.6.2017, L 166/32. 385 RL 2008/48/EG des EP und des Rates v. 23.4.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der RL 87/102/EWG des Rates, ABlEU v. 22.5.2008, L 133/66. 386 RL 2014/17/EU des EP und des Rates v. 4.4.2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der RL 2008/48/EG und 2013/36/EU und der VO (EU) Nr. 1093/2010, ABlEU v. 28.2.2014, L 60/34. 387 Gesetz zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems und zur Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz) v. 6.6.2017, BGBl. I, 1495. 388 Vgl. IP/12/736 („Krise des Verbrauchervertrauens“); ErwG 2 PRIIP. 389 VO (EU) Nr. 1286/2014 des EP und des Rates v. 26.11.2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIP), ABlEU v. 9.12.2014, L 352/1. Dazu Colaert JFR 2016, 203 ff.; Heiss Karlsruher Forum 2014, 41 ff.; Litten DB 2016, 1679 ff.; Luttermann ZIP 2015, 805 ff.; Möllers ZEuP 2016, 325, 334 f.; zum Entwurf: Loritz WM 2014, 1513 ff. 390 Vgl. Art. 1 PRIIP.

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solcher Basisinformationsblätter lässt sich freilich trefflich streiten: Wenngleich sie max. 3 DinA4-Seiten391 lang sein dürfen, so ist gleichwohl fraglich, ob damit nicht doch letztlich eher ein „information overload“ für den Kleinanleger und noch mehr Bürokratie für die Anlagebranche droht. In Deutschland wurde die PRIIP-VO durch das 1. FiMaNoG (→ 35.100) ausge- 14.169 führt. b)  ICSD Die Investor Compensation Schemes Directive (ICSD) (Anlegerentschädigungs- 14.170 RL)392, die sich eng an die DSGD (→14.148) anlehnt, gewährleistet, dass in allen Mitgliedstaaten Anlegerentschädigungssysteme vorhanden sind, die zumindest für Kleinanleger einen harmonisierten Mindestschutz für den Fall gewährleisten, dass eine Wertpapierfirma nicht in der Lage ist, ihren Verpflichtungen gegenüber ihren AnlegerKunden nachzukommen.393 Gem. Art. 4 Abs. 1 muss eine Deckung von mindestens 20.000 Euro394 je Anleger bestehen. 2010 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Reform395 vor; nachdem hier- 14.171 über jedoch kein Konsens erzielt werden konnte, nahm sie ihn 2015 offiziell zurück396. Zur Umsetzung der ICSD in Deutschland → 14.149. 14.172 5.  Geldwäsche: AMLD IV Hohe Relevanz für den Finanzsektor hat schließlich das Thema Geldwäsche. Eine 14.173 erste RL hierzu (1. Geldwäsche-RL397) wurde bereits 1991 verabschiedet. Sie wurde 2001 durch die 2. Geldwäsche-RL398 aktualisiert und 2005 durch die 3. Geldwäsche-RL399 abgelöst, die wiederum m.W.v. 26.6.2017 durch die 2015 verabschiedete 391 Vgl. Art. 6 Abs. 4 PRIIP. 392 RL 97/9/EG des EP und des Rates v. 3.3.1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger, ABlEG v. 26.3.1997, L 84/22. Dazu Kessel AG 1997, 313 ff.; Sethe ZBB 1998, 305 ff. 393 Vgl. ErwG 4 ICSD. 394 Die Bezugnahme auf ECU ist gem. Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1103/97 (VO (EG) NR. 1103/97 des Rates v. 17.6.199 über bestimmte Vorschriften im Zusammenhang mit der Einführung des Euro, ABlEG v. 19.6.1997, L 162/1) als Euro zu lesen. 395 Vorschlag für eine RL des EP und des Rates zur Änderung der RL 97/9/EG des EP und des Rates über Systeme für die Entschädigung der Anleger, KOM(2010) 371. Dazu Steffen/Sachse ZBB 2011, 33 ff. 396 Vgl. ABlEU v. 7.3.2015, C 80/21; COM(2014) 910 Annex 2, S. 11. 397 RL 91/308/EWG des Rates vom 10.6.1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche, ABlEU v. 28.6.1991, L 166/77. 398 RL 2001/97/EG des EP und des Rates v. 4.12.2001 zur Änderung der RL 91/308/EWG des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche – Erklärung der Kommission, ABlEU v. 28.12.2001, L 344/76. 399 RL 2005/60/EG des EP und des Rates v. 26.10.2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABlEU v. 25.11.2005, L 309/15.

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4. Geldwäsche-RL (Anti-Money Laundering Directive IV – AMLD IV)400 abgelöst wurde. Anlass der erneuten Reform, die den Rechtsrahmen deutlich verschärft, waren neue FATF-Empfehlungen aus dem Jahr 2012401.402 Zu den wichtigsten Neuerungen gehören: die Erweiterung des Anwendungsbereichs, ein risikobasierter Ansatz, erhöhte Transparenzanforderungen für wirtschaftlich Berechtigte, Sorgfaltspflichten für E-Geld, Einrichtung gruppenweit anzuwendender Strategien und Verfahren, Mindestvorgaben für verwaltungsrechtliche Sanktionen. Aus gesellschaftsrechtlicher Perspektive bemerkenswert ist dabei insbesondere Art. 30 AMLD IV, der vorschreibt, dass Gesellschaften präzise und aktuelle Angaben zu ihren wirtschaftlichen Eigentümern403 einholen und aufbewahren müssen (Abs. 1 UAbs. 1) und dass diese Angaben in jedem Mitgliedstaat in einem zentralen Register (z. B. Handelsregister oder anderes öffentliches Register) aufbewahrt werden müssen (Abs. 3 S. 1) (sog. ultimate beneficial ownership register – UBO register). Einsichtsberechtigt sind neben den zuständigen Behörden auch alle Personen oder Organisationen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen können (Art. 30 Abs. 5 UAbs. 1 AMLD IV). In Deutschland wurde zur Umsetzung der AMLD IV das GwG durch Gesetz v. 14.174 23.6.2017404 neu gefasst. Der deutsche Gesetzgeber hat sich dabei dafür entschieden, die durch Art. 30 AMLD IV gebotene Transparenz bezüglich der wirtschaftlich Berechtigten durch die Schaffung eines neuen zentralen elektronischen Transparenzregisters (§§ 18 ff. GwG n.F.)405 – und nicht durch Ergänzung einer separaten Kategorie im Handels- oder Unternehmensregister406 – zu gewährleisten.407 400 RL (EU) 2015/849 des EP und des Rates v. 20.5.2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der VO (EU) Nr. 648/2012 des EP und des Rates und zur Aufhebung der RL 2005/60/EG des EP und des Rates und der RL 2006/70/EG der Kommission, ABlEU v. 5.6.2015, L 141/73. Dazu Bielefeld/Wengenroth BB 2016, 2499 ff.; Haynes (2017) 38 Co Law 120 f.; Herlin-Karnell (2015) 16 GLJ 49, 61 ff.; Kaetzler/Kordys (2015) Comp. & Risk 2 ff.; Krais CCZ 2015, 251 ff.; Kunz/Schirmer BB 2015, 2435 ff.; Mitsilegas/Vavoula (2016) 23 MJ 261 ff.; Müller NZWiSt 2017, 87, 88 ff.; Rößler WM 2015, 1406 ff.; Sicari (ed.), The new anti-money laundering law, 2016; Tusch/Herz EuZW 2015, 814, 817; von Drathen WPg 2016, 1242 ff.; Zillmer DB 2016, 2509 ff. 401 FATF, International Standards on combating money laundering and the financing of terrorism & proliferation. The FATF recommendations, February 2012 (). 402 Vgl. ErwG 4 AMLD IV. 403 Legaldefinition in Art. 3 Nr. 6 AMLD IV (bei Gesellschaften gilt eine Beteiligung von 25 % als Indikator). 404 Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EUGeldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen v. 23.6.2017, BGBl. I, 1822. 405 Das Transparenzregister wird von der Bundesanzeiger Verlag GmbH als Beliehener geführt, vgl. VO über die Übertragung der Führung des Transparenzregisters (Transparenzregisterbeleihungsverordnung – TBelV) v. 27.6.2017, BGBl. I, 1938. 406 Vgl. BegrRegE GwG, BT-Drs. 18/11555, S. 125. 407 Näher dazu Assmann/Hütten AG 2017, 449 ff.; Beckmann DStR 2017, 1724, 1726; Schaub GmbHR 2017, 727 ff.; Kotzenberg/Lorenz NJW 2017, 2433 ff.; zum Entwurf: Bochmann

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Am 5.7.2016 hat die Kommission bereits einen Vorschlag für eine Reform der 14.175 AMLD IV vorgelegt (AMLD V).408 Dieser sah u.a. vor, den Zugang zu Informationen über wirtschaftliche Eigentümer erheblich auszuweiten; bestimmte Informationen sollten künftig – unabhängig von einem berechtigten Interesse – allgemein öffentlich zugänglich sein. Dies stieß jedoch auf heftigen Widerstand409 und wurde daher im Verlauf der Beratungen im Rat wieder gestrichen410.

VII.  Ausblick: Auf dem Weg zu einer Kapitalmarktunion (?) 1.  Hintergründe, Entwicklung und Ziele Ungeachtet des „Regelungs-Tsunamis“ der letzten Jahre gilt im EU-Kapitalmarkt- 14.176 recht ganz offensichtlich auch weiterhin die Maxime der „Kapitalmarktrechtsreform in Permanenz“.411 Im April 2015 legte die Kommission ein Grünbuch412 vor, auf das am 30.9.2015 bereits ein Aktionsplan zur Schaffung einer Kapitalmarktunion (Capital Markets Union – CMU)413 folgte. Dieser enthält ein ganzes Spektrum von Maßnahmen, mit denen ein „echter Binnenmarkt für Kapital“ für alle 28 EU-Mitgliedstaaten geschaffen werden soll414. Die Kapitalmarktunion ist ein zentrales Element der bereits im November 2014 14.177 von der Kommission präsentierten Investitionsoffensive.415 Hintergrund ist, dass die DB 2017, 1310 ff.; ders. FuS 2017, 106 ff.; Fisch NZG 2017, 408 ff.; Glos/Hildner/Glasow CCZ 2017, 83, 87; Kindler DNotZ-Sonderheft 2016, 75, 100 f.; Kirchhof ZRP 2017, 127; Krais CCZ 2017, 98; Meinzer ZRP 2017, 127; Müller NZWiSt 2017, 87 ff., 121 ff.; Spoerr/ Roberts WM 2017, 1142, 1146 ff.; Ulrich GmbHR 2017, R53; ders. GmbHR 2017, 101; Zentes BB 2017, 67, 71. 408 Vorschlag für eine RL des EP und des Rates zur Änderung der RL (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der RL 2009/101/EG, COM(2016) 450. 409 Vgl. Dok. 15655/16, S. 2. 410 Vgl. zur Verhandlungsposition des Rates: PM des Rates v. 20.12.2016 (800/16). 411 Vgl. J. Schmidt GPR 2015, 129. 412 Grünbuch. Schaffung einer Kapitalmarktunion, COM(2015) 63. Dazu Dombret/Kenadjian (eds.), The European Capital Markets Union, 2015; Geibel GPR 2015, 105; Gemkow EuZW 2015, 203; Hopt EuZW 2015, 289 f.; Huertas/Theodosopoulou (2015) 30 J.I.B.L.R. 415 ff.; Micheler (2016) 17 EBOR 481 ff.; Moser/Schrader ecolex 2015, 356 ff.; J. Schmidt GPR 2015, 129 ff.; E. Schneider/Karrenbrock WPg 2015, 1019 ff. 413  Aktionsplan zur Schaffung einer Kapitalmarktunion, COM(2015) 468. Dazu Dorn (2016) 11 CMLJ 84 ff.; Graf-Schlicker Beil. zu ZIP 22/2016, 21 f.; Haag ZVglRWiss 116 (2017) 258 ff.; Heuer/Schütt BKR 2016, 45 ff.; Kumpan ZGR 2016, 2 ff.; Moloney (2016) 41 E.L. Rev. 307 ff.; dies. ECFR 2016, 376 ff.; Parmentier EuZW 2016, 45, 49 f.; Pötzsch WM 2016, 11, 14; Quaglia/Howarth/Liebe (2016) 54 JCMS 185 ff.; Véron/Wolff (2016) 2 JFR 130 ff. 414 Vgl. COM (2015) 468, S. 3. 415 Vgl. Mitteilung der Kommission an das EP, den Rat, die Europäische Zentralbank, den EWSA, den AdR und die EIB. Eine Investitionsoffensive für Europa, COM(2014) 903, 4.2.; COM(2015), S. 3; J. Schmidt GPR 2015, 129.

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Kapitalmärkte in Europa nach wie vor relativ fragmentiert und national ausgerichtet sind416; zudem ist die kapitalmarktgestützte Finanzierung in Europa im internationalen Vergleich (speziell gegenüber den USA) relativ schwach ausgeprägt417. Durch die stärkere Integration der Kapitalmärkte sollen bessere Anlagemöglichkeiten geschaffen, Finanzierung und Realwirtschaft besser verknüpft, das Finanzsystem stabiler gemacht, die Finanzintegration vertieft und der Wettbewerb gestärkt werden.418 Im Grünbuch hatte die Kommission zudem insbesondere betont, dass die starke 14.178 „Abhängigkeit von den Bankkrediten“ die europäischen Volkswirtschaften „anfälliger“ mache und deshalb verringert werden müsse.419 Diese Insinuation erscheint indes – jedenfalls in dieser Pauschalität − höchst problematisch und stieß deshalb auch zu Recht auf scharfe Kritik.420 In einigen Mitgliedstaaten mag es seit der Finanzkrise zwar in der Tat Probleme mit der Kreditfinanzierung durch Banken gegeben haben. Von den deutschen Sparkassen421, Volks- und Raiffeisenbanken422 und dem DIHK423 wurde jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die tradierte und bewährte mittelständische Unternehmensfinanzierung durch Kredite von der Hausbank jedenfalls in Deutschland nach wie vor sehr gut funktioniert.424 Eine weitere Integration der Kapitalmärkte darf keinesfalls dazu führen, bewährte und funktionierende Strukturen der Unternehmensfinanzierung durch Bankkredite zu schwächen oder gar zu zerstören.425 Im Aktionsplan formuliert die Kommission dann offenbar auch ganz bewusst vorsichtiger und betont zudem ausdrücklich, dass „stärkere Kapitalmärkte … sich in die starke europäische Tradition der Bankenfinanzierung einfügen“ würden.426 Seit der Vorlage des Aktionsplans im Jahr 2015 hat sich bereits einiges getan. Am 14.179 25.4.2016 wurde ein erster Status-Bericht427 veröffentlicht, am 14.9.2016 eine Mitteilung zur Beschleunigung der Reformen428. Anfang 2017 wurde eine Konsultation429 416 Vgl. COM(2015) 63, S. 2; COM(2015) 468, S. 3. 417 Vgl. COM(2015) 63, S. 2, 4; COM(2015) 468, S. 3. 418 Vgl. COM(2015) 468, S. 3; IP/15/5731; MEMO/15/5732. 419 Vgl. COM(2015) 63, S. 2, 4. 420 Vgl. J. Schmidt GPR 2015, 129, 130. 421 Vgl. DSGV, Pressemitteilung 10/2015; DSGV, Kapitalmarktunion. Positionen des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, September 2015, S. 5 (). 422 Vgl. BVR, Informationen und Argumente des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, S. 20 (); BVR, Pressemitteilung v. 30.9.2015 (). 423 Vgl. DIHK, Stellungnahme zum Grünbuch „Schaffung einer Kapitalmarktunion“, 13.5.2015, S. 1 f. (). 424 Vgl. J. Schmidt GPR 2015, 129, 130. 425 Vgl. J. Schmidt GPR 2015, 129, 130. 426 Vgl. COM(2015) 468, S. 3. 427 Capital Markets Union: First Status Report, SWD(2016) 147. 428 Kapitalmarktunion: die Reform rasch voranbringen, COM(2016) 601. 429 Konsultationsseite: .

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durchgeführt, deren Ergebnisse in die am 8.6.2017 präsentierte Halbzeitbilanz430 einflossen. Darin konstatiert die Kommission gute Fortschritte, über die Hälfte der im CMU-Aktionsplan angekündigten Maßnahmen seien bereits umgesetzt worden.431 Die evolvierenden Herausforderungen veranlassten die Kommission allerdings zu einer deutlichen Rejustierung und Neuausrichtung der Prioritäten: In der Halbzeitbilanz wurden 9 neue vorrangige Maßnahmen ergänzt. 2.  Bausteine der Kapitalmarktunion, Zeitplan und Stand der Umsetzung Die Kommission hat in ihrem Aktionsplan einen recht ambitionierten Zeitplan für 14.180 insgesamt 33 Maßnahmen aufgestellt, mit dem schon bis 2019 die Grundlagen der Kapitalmarktunion gelegt werden sollen432. Im Zuge der Halbzeitbilanz wurden 9 neue vorrangige Maßnahmen ergänzt.433 Systematisch gliedern sich die Maßnahmen in insgesamt 7 Segmente: a)  Erweiterung der Finanzierungsoptionen für Innovation, Start-ups und nicht börsennotierte Unternehmen Zur Unterstützung von Risikokapital- und Beteiligungsfinanzierungen434 wurden die 14.181 EuVECA-VO (→ 38.52 ff.) und die EuSEF-VO (→ 38.60 ff.) überarbeitet (→ 38.53, 38.62). Für 2016 wurden die Vorschläge zu europaweiten Risikokapital-Dachfonds und länderübergreifenden Fonds angekündigt435; hierzu hat die Kommission inzwischen ein Pan-European Venture Capital Fund(s)-of-Funds programme (VC FoF programme) aufgelegt436. Am 8.6.2017 wurden eine Studie mit empfehlenswerten Praktiken für steuerliche 14.182 Anreize für Risikokapital und „Business Angels“ veröffentlicht.437 Um die Informationsbarrieren für Investitionen in KMU zu überwinden, sollte 14.183 eigentlich schon 2016 eine Struktur für das Feedback von Banken bei der Ablehnung von KMU-Kreditanträgen vorgegeben werden438; derzeit wird aber noch an der Entwicklung von wichtigen Grundsätzen gearbeitet439. Zudem soll 2017 in Kooperation mit dem European Enterprise Network eine Bestandsaufnahme bestehender lokaler 430 Mitteilung der Kommission an das EP, den Rat, den EWSA und den AdR über die Halbzeitbilanz des Aktionsplans zur Kapitalmarktunion, COM(2017) 292. 431 Vgl. COM(2017) 292, S. 5; IP/17/1529. 432 Vgl. COM(2015) 468, S. 7; MEMO/15/5732. 433 Vgl. COM(2017) 292, S. 5 ff.; IP/17/1529. 434 Vgl. COM(2015) 468, S. 8, 33. 435 Vgl. COM(2015) 468, S. 9, 33. 436 . 437 PwC/CASE/IHS, Effectiveness of tax incentives for venture capital and business angels to foster the investment of SMEs and start-ups, 2017 (doi: 10.2778/51300). 438 Vgl. COM(2015) 468, S. 10 f., 33. 439 Vgl. Konsultationsdokument mid-term review (Fn. 429), S. 5.

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§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

oder nationaler Förder- und Beratungsstrukturen durchgeführt werden, um bewährte Praktiken zu fördern440 und es sollen aufbauend auf den Arbeiten von EZB und Mitgliedstaaten Möglichkeiten zur Entwicklung bzw. Förderungen EU-weiter Informationssysteme ermittelt werden441. Außerdem erfolgt eine Förderung im Rahmen des Programms Horizont 2020442.443 14.184 Im Dezember 2016 wurde eine Studie zu Hindernissen für Privatplatzierungen in Auftrag gegeben.444 Für das 4. Quartal 2017 hat die Kommission eine Empfehlung zur Förderung bewährter Verfahren angekündigt.445 14.185 Ein wichtiges Thema sind in diesem Kontext ferner auch Fintech sowie speziell Crowdfunding (→ 14.213). b)  Verbesserung des Zugangs zu den öffentlichen Märkten 14.186 Im Segment Verbesserung des Zugangs zu den öffentlichen Märkten war ein erstes Kernelement die Ersetzung der ProspRL durch die neue ProspVO (→ 34).446 14.187 Außerdem hat die Kommission Ende 2016 Vorschläge zur Neuauflage des Projekts einer Gemeinsamen Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) vorgelegt447; damit soll u.a. auch die unterschiedliche Behandlung von Fremd- und Eigenkapitalfinanzierung angegangen werden. 14.188 Für Ende 2017 wurde eine Mitteilung über Märkte für Unternehmensanleihen angekündigt.448 14.189 Schon im CMU-Aktionsplan hatte die Kommission außerdem eine Überprüfung der regulatorischen Hemmnisse für die Zulassung von KMU zum Handel in Aussicht gestellt.449 In der CMU-Halbzeit hat sie diesen Punkt zu einem „Paket KMU-Notierungen“ ausgebaut.450 Dazu gehört insbesondere eine Folgenabschätzung zur Prüfung gezielter Änderungen an den einschlägigen EU-Vorschriften, die ggf. zur Vorlage gezielter Änderungsvorschläge im 2. Quartal 2018 führen könnte.451 14.190 Als neue vorrangige Maßnahme wurde in der CMU-Halbzeitbilanz außerdem für das 4. Quartal 2017 ein Legislativvorschlag zur Verbesserung der Verhältnismäßigkeit der aufsichtsrechtlichen Vorschriften für Wertpapierfirmen angekündigt.452 440 Vgl. COM(2015) 468, S. 10 f., 33. 441 Vgl. COM(2015) 468, S. 11, 33. 442 Webseite: . 443 Vgl. COM(2017) 292, S. 22. 444 ABlEU 2017/S 002-001579. 445 Vgl. COM(2017) 292, S. 8, 22. 446 Vgl. COM(2015) 468, S. 13 f., 33. 447 Vorschlag für eine RL des Rates über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, COM(2016) 585; Vorschlag für eine RL des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), COM(2016) 683. 448 Vgl. COM(2017) 292, S. 8, 23. 449 Vgl. COM(2015) 468, S. 14, 33. 450 Vgl. COM(2017) 292, S. 11 f., 23. 451 Vgl. COM(2017) 292, S. 11 f., 23. 452 Vgl. COM(2017) 292, S. 12 f., 23.

§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

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c)  Langfristige Investitionen, Infrastrukturinvestitionen und nachhaltige Investitionen Zur Förderung von Infrastrukturmaßnahmen wurde die delegierte VO (EU) 14.191 2015/35453 zu Solvency II (→ 14.153) angepasst.454 Zudem sollen die CRR und die CRD IV (→ 14.145) durch das CRR2-Paket (→ 14.147) speziell auch in Bezug auf Infrastrukturmaßnahmen angepasst werden. Im Hinblick auf langfristige Investitionen wurde für das Jahr 2018 ein Bericht 14.192 über die Zweckdienlichkeit der bilanziellen Behandlung von Eigenkapitalinstrumenten in IFRS 9 im Hinblick auf die Förderung langfristiger Finanzierungen sowie eine Bewertung der Beweggründe für Kapitalbeteiligungen von Versicherungsgesellschaften und Pensionskassen angekündigt.455 Der Punkt nachhaltige Investitionen wurde in der Halbzeitbilanz besonders be- 14.193 tont; die Kommission will spätestens im 1. Quartal 2018 über konkrete Folgemaßnahmen zu den Empfehlungen der im Oktober 2016 eingesetzten High Level Expert Group on Sustainable Finance456 entscheiden.457 d)  Förderung der Anlagetätigkeit von Kleinanlegern Im Hinblick auf die Förderung der Anlagetätigkeit von Kleinanlegern veröffentlichte 14.194 die Kommission bereits am 10.12.2015 ein Grünbuch über Finanzdienstleistungen für Privatkunden458 und startete auf dessen Basis eine Konsultation459. Am 23.3.2017 wurde ein Aktionsplan zu Finanzdienstleistungen für Verbraucher präsentiert.460 Für das 1. Quartal 2019 hat die Kommission die Entwicklungen von best practices zu Anlagekonten461 sowie zu Mitarbeiterbeteiligungen angekündigt.462

453 Delegierte VO (EU) 2015/35 der Kommission v. 10.10.2014 zur Ergänzung der RL 2009/138/EG des EP und des Rates betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II), ABlEU v. 17.1.2015, L 12/1. 454 Delegierte VO (EU) 2016/467 der Kommission v. 30.9.2015 zur Änderung der Delegierten VO (EU) 2015/35 in Bezug auf die Berechnung der gesetzlichen Kapitalanforderungen für verschiedene von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen gehaltene Anlageklassen, ABlEU v. 30.9.2015, L 85/6. 455 Vgl. COM(2017) 292, S. 23. 456 Webseite: . 457 Vgl. COM(2017) 292, S. 16 f., 23. 458  Grünbuch über Finanzdienstleistungen an Privatkunden. Bessere Produkte, größere Auswahl und mehr Möglichkeiten für Verbraucher und Unternehmen, COM(2015) 630. 459 Konsultationsseite: . 460 Aktionsplan Finanzdienstleistungen für Verbraucher: bessere Produkte, mehr Auswahl, COM(2017) 139. Vgl. dazu Roth GWR 2016, 67, 69. 461 Vgl. dazu SWD(2017) 224, S. 87. 462 Vgl. COM(2017) 292, S. 24.

300

§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

14.195

Für 2018 wurden Folgemaßnahmen in Bezug auf Märkte für Kleinanlegerprodukte in Aussicht gestellt.463 14.196 In Bezug auf die Schaffung eines EU-Rechtsrahmens für Altersvorsorge­ produkte464 veröffentlichte die EIOPA am 4.7.2016 eine Stellungnahme465, anschließend wurde eine Konsultation durchgeführt466. Am 29.6.2017 legte die Kommission einen Vorschlag für eine VO über ein europaweites privates Altersvorsorgeprodukt (Pan-European Personal Pension Product – PEPP)467 sowie eine Empfehlung zur steuerlichen Behandlung von PEPP468 vor. e)  Optimierung der Bankenkapazität zur Unterstützung der Gesamtwirtschaft 14.197 Im Kontext des Ziels des Segments der Optimierung der Bankenkapazität sieht der 2016 vorgelegte Vorschlag zur Änderung der CRD IV (→ 14.147) vor, dass die Kommission Kreditgenossenschaften unter bestimmten Voraussetzungen von der Anwendung der CRD IV ausnehmen kann.469 14.198 Zudem hatte die Kommission bereits am 30.9.2015 (zusammen mit dem CMUAktionsplan) einen Vorschlag für eine Verordnung über Verbriefungen und zur Schaffung eines europäischen Rahmens für eine einfache, transparente und standardisierte Verbriefung („simple, transparent and standardised“ (STS) securitisations Regulation) (STSSR)470 vorgelegt, begleitet von einem Vorschlag für eine parallele Anpassung der CRR471 (→ 14.145); hierüber konnte im Mai 2017 bereits eine Einigung zwischen EP, Rat und Kommission erzielt werden472.

463 Vgl. COM(2015) 468, S. 19 f., 34. 464 Vgl. dazu COM(2015) 468, S. 20 f., 34. 465 EIOPA-16/457. 466 Konsultationsseite: . 467 Vorschlag für eine VO des EP und des Rates über ein europaweites privates Altersvorsorge­ produkt, COM(2017) 343. 468 Empfehlung der Kommission zur steuerlichen Behandlung von privaten Altersvorsorgeprodukten, insbesondere des EU-weiten Produkts der privaten Altersvorsorge, C(2017) 4393. 469 Vgl. dazu COM(2016) 854, S. 11 f.; s. ferner bereits COM(2015) 468, S. 24, 34. 470 Vorschlag für eine VO des EP und des Rates zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften über die Verbriefung, zur Schaffung eines europäischen Rahmens für eine einfache, transparente und standardisierte Verbriefung und zur Änderung der RL 2009/65/EC, 2009/138/EC, 2011/61/EU und der VO (EU) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 648/2012, COM(2015) 472. Dazu Bavoso Account. Econ. Law. (doi: DOI 10.1515/ael-2016-0008); Quaglia/Howarth/Liebe (2016) 54 JCMS 185, 196 f.; Ranero/Mitcham (2016) 31 BJIBFL 95 ff.; Roth GWR 2016, 67, 68. 471 Vorschlag für eine VO des EP und des Rates zur Änderung der VO (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, COM(2015) 473. 472 Vgl. IP/2017/1480; Dok. 10560/17 ADD 1.

§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

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Zusammen mit der Vorlage des Aktionsplans hatte die Kommission außerdem eine 14.199 Konsultation zu gedeckten Schuldverschreibungen473 gestartet; im September 2016 wurde eine Studie dazu in Auftrag gegeben474. Im 1. Quartal 2018 soll ein Legislativvorschlag vorgelegt werden.475 2018 will die Kommission außerdem entscheiden, ob „European Secured Notes“ 14.200 (europäische besicherte Schuldscheine) für KMU-Darlehen und Infrastrukturdarlehen entwickelt werden sollen.476 In der CMU-Halbzeitbilanz betonte die Kommission ferner, dass die Verbesse- 14.201 rung der Funktionsweise der Sekundärmärkte für notleidende Kredite von wesentlicher Bedeutung sei.477 Sie will deshalb Ende 2017 Maßnahmen für die Entwicklung eines Sekundärmarkts für notleidende Kredite vorschlagen und Anfang 2018 eine Folgenabschätzung vornehmen, um die Möglichkeiten für eine Rechtsetzungsinitiative auszuloten, die es gesicherten Gläubigern einfacher macht, Werte aus besicherten Darlehen an Unternehmen und Unternehmer zurückzuerhalten.478 f)  Erleichterung grenzüberschreitender Investitionen Siebtes Segment sind verschiedenste Maßnahmen zur Erleichterung grenzüberschreitender Investitionen, die weit über das Kapitalmarktrecht i.e.S. hinaus auch das Vertrags-, Sachen-, Wertpapier-, Insolvenz-, internationale Privat- und Steuerrecht betreffen. Als erstes wurde bereits Ende 2016 ein Vorschlag für eine Unternehmensinsolvenz-RL (UntInsRLE) vorgelegt (→ 17.11, 17.110 ff.). Im März 2017 veröffentlichte die Kommission einen Bericht über nationale Hindernisse für den freien Kapitalverkehr.479 Die darin enthaltene Roadmap mit verschiedenen Maßnahmen soll nun umgesetzt werden.480 Im Bereich Corporate Governance wurde am 17.5.2017 endlich die RL (EU) 2017/828 zur Änderung der ARRL verabschiedet (→ 29.5). Für Ende 2017 hat die Kommission einen Vorschlag für eine VO zur Harmonisierung des Wertpapierkollisionsrechts speziell mit Blick auf die Eigentumsrechte und die Auswirkungen von Forderungsübertragungen auf Dritte angekündigt (das ins Stocken geratene Projekt der Securities Law Directive481 soll also endlich „wiederbelebt“ 473 Konsultationsseite: . 474 ABlEU 2016/S 180-322106. 475 Vgl. COM(2017) 292, S. 7, 24. 476 Vgl. COM(2017) 292, S. 7, 24. 477 Vgl. COM(2017) 292, S. 15. 478 Vgl. COM(2017) 292, S. 14 f., 24. 479 Bericht der Kommission an den Rat und das EP. Beschleunigung der Kapitalmarktunion: Beseitigung nationaler Hindernisse für Kapitalströme, COM(2017) 147. 480 Vgl. COM(2017) 292, S. 25. 481 Überblick zu den bisherigen Arbeiten: . S. ferner Kronke FS Müller-Graff, 2015, S. 759 ff.; Ullner EuR 2014, 346 ff.

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§ 14 Kapitalmarktrecht in der EU

werden).482 Zur Vorbereitung setzte die Kommission im Februar 2017 eine Expertengruppe ein483 und führte ab April 2017 eine Konsultation durch484. Ende 2017 soll außerdem auch eine Roadmap zur Beseitigung der schon 2003 im Giovanni-Bericht485 monierten Hindernisse im Bereich der Nachhandelsinfrastruktur (sog. Giovanni barriers) vorgelegt werden. Hierzu hat die Kommission 2016 bereits eine Expertengruppe (European Post Trade Forum)486 eingesetzt. Mit Blick auf das Ziel, die Möglichkeiten für institutionelle Anleger und Fondsanleger auszuweiten487, wurde 2016 eine Konsultation zu den wichtigsten Hindernissen für den grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds durchgeführt488; die Kommission plant, im 1. Quartal 2018 eine Folgenabschätzung einzuleiten und darin die Möglichkeiten für einen Legislativvorschlag zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Vertriebs und der grenzüberschreitenden Beaufsichtigung von OGAW und AIF zu prüfen489 (→ 38.7, 38.30). Zur Beseitigung steuerlicher Hindernisse plant die Kommission für 2017 die Ausarbeitung eines Verhaltenskodexes zu Grundsätzen der Quellensteuerbefreiung; zudem hat sie für 2017 eine Studie zu diskriminierenden steuerlichen Hindernissen für grenzüberschreitende Investitionen von Pensionsfonds und Lebensversicherern angekündigt.490 In der CMU-Halbzeitbilanz hat die Kommission ferner die elementare Bedeutung eines stabilen Investitionsumfelds betont.491 Mit Blick darauf hat sie für das 3. Quartal 2017 eine Folgenabschätzung im Hinblick auf die Festlegung eines angemessenen Rahmens für die gütliche Beilegung von Investitionsstreitigkeiten angekündigt.492 Im 1. Quartal 2018 soll außerdem eine Mitteilung zu Auslegungsfragen zur Erläuterung bestehender EU-Standards für den Umgang mit grenzüberschreitenden Investitionen in der EU veröffentlicht werden.493

482 Vgl. COM(2017) 292, S. 7, 25. 483 Expert group on conflict of laws regarding securities and claims. Webseite: . 484 Konsultationsseite: . 485 Giovanni Group, Second report on EU clearing and settlement arrangements, 2003 () 486 Webseite: . 487 Vgl. COM(2015) 468, S. 22, 34. 488 Konsultationsseite: . 489 Vgl. COM(2017) 292, S. 17 f., 24. 490 Vgl. COM(2017) 292, S. 25. 491 Vgl. COM(2017) 292, S. 18. 492 Vgl. COM(2017) 292, S. 18, 25. 493 Vgl. COM(2017) 292, S. 18, 25.

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g)  Stärkung der Kapazitäten der EU-Kapitalmärkte Im Zuge der Halbzeitbilanz kam als neues Segment die Stärkung der Kapazität der 14.210 EU-Kapitalmärkte hinzu. Zwecks Förderung einer wirksamen und kohärenten Aufsicht hat die Kommission für das 3. Quartal 2017 einen Vorschlag für Änderungen an der Arbeitsweise der ESMA und der anderen ESA494 (→ 14.136, 31.5) sowie einen Vorschlag zur Reform des ESRB495 (→ 14.136) angekündigt. Außerdem sollen die Mitgliedstaaten im Rahmen des neuen EU-Programms zur Unterstützung von Strukturreformen496 technische Unterstützung im Hinblick auf die Stärkung der Kapazitäten der Kapitalmärkte erhalten.497 Im 2. Quartal 2018 soll eine umfassende Strategie für die Entwicklung lokaler 14.211 und regionaler Kapitalmärkte in der gesamten EU vorgelegt werden.498 3.  Gewährleistung der Kohärenz des EU-Rechtsrahmens Die Kommission ist sich aber offenbar auch durchaus bewusst, dass es ungeachtet al- 14.212 ler Maßnahmen zur weiteren Integration und zur Schaffung einer Kapitalmarktunion auch gilt, den in der Folge der Finanzkrise gewachsenen Regulierungsdschungel wieder etwas zu lichten. Sie hat deshalb zusammen mit dem Aktionsplan auch eine Konsultation eingeleitet499, deren Ergebnisse in die Mitteilung der Kommission zur Sondierung „EU-Regulierungsrahmen für Finanzdienstleistungen“500 v. 23.11.2016 einflossen. Um eine bessere Feinjustierung zu erreichen, werden darin verschiedenste Folgemaßnahmen vorgeschlagen, um unnötige Regulierungszwänge zu beseitigen, Vorschriften verhältnismäßiger zu gestalten, unnötige regulierungsbedingte Lasten zu reduzieren und die Vorschriften kohärenter und vorausschauender zu gestalten. Einige davon wurden auch bereits in die Wege geleitet, u.a. im Kontext des CRR2-Pakets (→ 14.147), der BRRD-Reform (→ 14.152), der EMIR-Reform (→ 37.4) und des Aktionsplans zu Finanzdienstleistungen für Verbraucher (→ 14.194). Insoweit gibt es in der Tat viel zu tun. Man merkt eben doch an zahlreichen Stellen recht deutlich, dass es sich bei vielen der in den letzten Jahren erlassenen Rechtsakte um Krisenmaßnahmen

494 Vgl. COM(2017) 292, S. 12, 22. 495 Vgl. COM(2017) 292, S. 7, 25. 496 VO (EU) 2017/825 des EP und des Rates v. 17.5.2017 über die Auflegung des Programms zur Unterstützung von Strukturreformen für den Zeitraum 2017–2020 und zur Änderung der VO (EU) Nr. 1303/2013 und (EU) Nr. 1305/2013, ABlEU v. 19.5.2017, L 129/1. 497 Vgl. dazu bereits COM(2015) 468, S. 30 f., 35. 498 Vgl. COM(2017) 292, S. 17 f., 22. 499 Konsultationsseite: . 500 Mitteilung der Kommission an das EP, den Rat, den EWSA und den AdR. Sondierung „EU-Regulierungsrahmen für Finanzdienstleistungen“, COM(2016) 855.

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handelt, die mit „heißer Nadel“ gestrickt wurden. Ein Ausforsten dieses Dschungels ist dringend geboten!501 4.  Neue technologische Herausforderungen: FinTech 14.213 Im Kontext der Arbeiten der Kapitalmarktunion sind zunehmend auch die Herausforderungen durch die rasanten Entwicklungen im Bereich der Finanztechnologien (FinTech) in den Fokus gerückt; das hierin liegende enorme Potential wird speziell auch in der CMU-Halbzeitbilanz ausdrücklich hervorgehoben502. Die Kommission hat bereits Ende 2016 eine interne Financial Technology Task Force (FTTF) eingerichtet503 und im Frühjahr 2017 eine Konsultation zu FinTech durchgeführt504. Speziell zum Thema Crowdfunding war schon im Mai 2016 ein Bericht vorgelegt worden505, im November 2016 wurde eine Studie zu Markt- und regulatorischen Hindernissen für Crowdfunding ausgeschrieben506. In der CMU-Halbzeitbilanz wurde angekündigt, dass die Kommission als vorrangige Maßnahme im 4. Quartal 2017 die Zweckmäßigkeit eines EU-Rahmens für die Zulassung und Passvergabe für FinTech-Tätigkeiten prüfen werde.507 Für das 4. Quartal 2018 wurde außerdem ein Bericht über bewährte Verfahren der „Supply Chain“-Finanzierung in Aussicht gestellt.508 5.  Resümee 14.214 Die Grundidee eines „Europäischen Binnenmarkts für Kapital“ ist ebenso nachdrücklich zu begrüßen wie viele (wenngleich nicht alle) der angestrebten Einzelmaßnahmen zu seiner Errichtung.509 Aber: Bestehende, gut funktionierende Finanzierungsstrukturen dürfen dadurch nicht beschädigt oder gar zerstört werden und – wie so oft – wird es bei allen Maßnahmen jeweils auf die konkrete Umsetzung im Detail ankommen.510 Insoweit ist nicht die Kommission, sondern auch Wissenschaft und Praxis gefordert, gemeinsam an sinnvollen und effizienten Lösungen zu arbeiten.511 501 Vgl. sehr prägnant auch Kalss EuZW 2015, 569 („Kapitalmarktrecht – bis es implodiert …“); Lehmann, Is EU financial law overly complex?, in: J. Schmidt/Esplugues/Arenas (eds.), EU law after the financial crisis, 2016, S. 65 („complexity is problematic because itself puts the stability of financial markets at risk“); s. ferner auch Hemeling ZHR 181 (2017) 595 ff. 502 Vgl. COM(2017) 292, S. 14. 503 . 504 Konsultationsseite: . 505 Crowdfunding in the EU Capital Markets Union, SWD(2016) 154. 506 FISMA/2015/146(05)/C. 507 Vgl. COM(2017) 292, S. 14 f., 22. 508 Vgl. COM(2017) 292, S. 9, 22. 509 Vgl. bereits J. Schmidt GPR 2015, 129, 135 (zum Grünbuch). 510 Vgl. bereits J. Schmidt GPR 2015, 129, 135 (zum Grünbuch). 511 Vgl. bereits J. Schmidt GPR 2015, 129, 135 (zum Grünbuch).

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§ 15 Goldene Aktien („golden shares“) Literatur: Adolff, Johannes, Turn of the tide?: The „Golden Share“ judgments of the European Court of Justice and the liberalization of the European capital marktes, (2002) 3 (8) GLJ; Apel, Maximilian, Golden Shares, 2017; Arlt, Marie-Agnes/Rabl, Thomas, Kapitalverkehrsfreiheit – Unzulässigkeit von Golden Shares nach dem deutschen Volkswagengesetz, GesRZ 2008, 16; Armbrüster, Christian, „Golden Shares“ und die Grundfreiheiten des EG-Vertrages − EuGH, NJW 2002, 2303, 2305, 2306, JuS 2003, 224; Artés, Alberto, Advancing harmonization: Should the ECJ apply golden shares’ standards to national company law?, EBLR 2009, 457; Bayer, Walter, Zulässige und unzulässige Einschränkungen der europäischen Grundfreiheiten im Gesellschaftsrecht, BB 2002, 2289; Behme, Caspar, Reichweite und Grenzen der Überprüfbarkeit von nationalem Gesellschaftsrecht am Maßstab der Grundfreiheiten. Zugleich ein Beitrag zur Vereinbarkeit des Volkswagen-Gesetzes mit dem Unionsrecht, AG 2014, 841; Frenz, Walter, Goldene Aktien nach der 3. Portugal-Entscheidung, EWS 2011, 125; Grundmann, Stefan/ Möslein, Florian, Die Golden Shares Grundsatzentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, BKR 2002, 758; dies., Die Goldene Aktie. Staatskontrollrechte in Europa und wirtschaftspolitische Bewertung, ZGR 2003, 317; Holle, Philipp Maximilian, Der „Fall VW“ – ein gemeinschaftsrechtlicher Dauerbrenner, AG 2010, 14; Käseberg, Thorsten/Kuhn, Anja, „Patriotisme économique“ vs. Fair Play − Grenzen von Maßnahmen der Mitgliedstaaten bei grenzüberschreitenden Zusammenschlüssen, AG 2007, 65; Kerber, Markus, Staatliche Aktionärsprivilegien weiterhin ungeklärt − Anmerkungen zum Urteil des EuGH, NZG 2007, 942  −, NZG 2008, 9; Kilian, Wolfgang, Vereinbarkeit des VW-Gesetzes mit Europarecht, NJW 2007, 3469; ders., Verstößt das VW-Gesetz gegen die Kapitalverkehrsfreiheit?, NJW 2007, 1508; ders., Vom sinkenden Wert der „Goldenen Aktien“, NJW 2003, 2653; Kömpf, Anja, Staatseinfluss auf die Volkswagen AG, 2010; Krause, Hartmut, Von „goldenen Aktien“, dem VW-Gesetz und der Übernahmerichtlinie, NJW 2002, 2747; Lieder, Jan, Staatliche Sonderrechte in Aktiengesellschaften − Zulässigkeit nach deutschem Aktienrecht und europäischem Gemeinschaftsrecht, ZHR 172 (2008) 306; Möslein, Florian, Compliance with ECJ judgments vs. compatibility with EU law − Free movement of capital issues unresolved after the second ruling on the Volkswagen law: Commission v. Germany, (2015) 52 C.M.L. Rev. 801; ders., Inhaltskontrolle aktienrechtlicher Entsendungsrechte: Europäische Anforderungen und Ausgestaltung im deutschen Aktienrecht, AG 2007, 770; ders., Kapitalverkehrsfreiheit und Gesellschaftsrecht, ZIP 2007, 208; Neumann, Kay-Uwe/Ogorek, Markus, Das aktienrechtliche Entsenderecht auf dem Prüfstand der Kapitalverkehrsfreiheit, NZG 2008, 892; Oechsler, Jürgen, Erlaubte Gestaltungen im Anwendungsbereich des Art. 56 I EG – Zugleich zur Entscheidung EuGH, NZG 2006, 942 – Golden Shares VI, NZG 2007, 161; O’Grady Putek, Christine, Limited but not lost: A comment on the ECJ’s golden shares decisions, (2004) 72 Fordham L. Rev. 2219; Papadopoulos, Thomas, Privatized companies, golden shares and property ownership in the Euro crisis era: a discussion after Commission v. Greece, ECFR 2015, 1; Pläster, Sebastian, Nach VW und Golden Shares VII: Ein Krake namens Kapitalverkehrsfreiheit?, EWS 2008, 173; Rapp-Jung, Barbara/Bartosch, Andreas, Das neue VW-Gesetz im Spiegel der Kapitalverkehrsfreiheit – Droht wirklich ein neues Vertragsverletzungsverfahren?, BB 2009, 2210; Reichert, Jochem, Golden Shares und andere Schutzmechanismen − Ergänzungen oder Alternativen zu staatlichen Eingriffsrechten, in: Bitter, Georg u.a. (Hrsg.), Festschrift für Karsten Schmidt, 2009, S. 1341; Remien, Oliver, Kapitalverkehrsfreiheit und Privatrecht in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, in: Dammann, Jens/Grunsky, Wolfgang/Pfeiffer, Thomas (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Manfred Wolf, 2011, S. 717; Rickford, Jonathan, Free movement of capital and protectionism after Volkswagen and Viking Line, in: Tison, Michael (ed.), Perspectives in company law and financial regulation: essays in honours of Eddy Wymeersch, 2009, S. 61; ders., Protectionism, capital freedom and the internal market, in: Bernitz, Ulf/Ringe, Wolf-Georg (eds.), Company law and economic protectionism, 2010,

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S. 54; Ringe, Wolf-Georg, Company law and free movement of capital, (2010) 69 CLJ 378; ders., Nichts ist vor ihm sicher? Allgemeines Gesellschaftsrecht im Visier des EuGH, in: Baum, Harald u.a. (Hrsg.), Perspektiven des Wirtschaftsrechts. Beiträge für Klaus J. Hopt aus Anlass seiner Emeritierung, 2008, S. 217; Ruccia, Nicola, The new and shy approach of the Court of Justice concerning golden shares, EBLR 2013, 275; Ruge, Reinhard, Goldene Aktien und EGRecht, EuZW 2002, 421; Rühland, Philipp, Die Rechtsprechung des EuGH zu Golden Shares und der Markt für Unternehmenskontrolle, in: Baum, Harald u.a. (Hrsg.), Perspektiven des Wirtschaftsrechts. Beiträge für Klaus J. Hopt aus Anlass seiner Emeritierung, 2008, S. 501; Sander, Florian, Höchststimmrechte und Kapitalverkehrsfreiheit nach der VW-Gesetz-Entscheidung – Psychologisiert der EuGH den Schutzbereich des Art. 56 EG?, EuZW 2008, 33; ders., Volkswagen vor dem EuGH – der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit am Scheideweg, EuZW 2005, 106; Schall, Alexander, Kapitalsystem und Europarecht – allgemeiner Verhältnismäßigkeitsvorbehalt im Zeichen der Niederlassungsfreiheit, in: Herlinghaus, Andreas u.a. (Hrsg.), Festschrift für Wienand Meilicke, 2010, S. 651; Seibert, Ulrich, Der Übernahmekampf Porsche/VW und das Schwarze-Peter-Spiel um das VW-Gesetz, AG 2013, 904; Sołtysińki, Stanisław, Golden Shares: Recent Developments in E.C.J. jurisprudence and Member States legislation, in: Grundmann, Stefan u.a. (Hrsg.), Festschrift für Klaus J. Hopt zum 70. Geburtstag am 24. August 2010, 2010, S. 2571; Sørensen, Karsten Engsig, Company law as a restriction to free movement: examination of the notion of „restriction“ using company law as the frame of reference, (2014) 11 ECL 178; Spindler, Gerald, Deutsches Gesellschaftsrecht in der Zange zwischen Inspire Art und Golden Shares?, RIW 2003, 850; Stöber, Michael, Goldene Aktien und Kapitalverkehrsfreiheit in Europa, NZG 2010, 977; Teichmann, Christoph, Die Europäische Kommission beißt sich am VW-Gesetz die Zähne aus, BB 46/2013, I; Teichmann, Christoph/ Heise, Elisabeth, Das VW-Urteil des EuGH und seine Folgen, BB 2007, 2577; Van Bekkum, Jaron/Kloosterman, Joost/Winter, Jaap, Golden Shares and European Company Law: the implications of Volkswagen, (2008) 5 ECL 6; Verse, Dirk A., Aktienrechtliche Entsendungsrechte am Maßstab des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Kapitalverkehrsfreiheit, ZIP 2008, 1754; ders., Das VW-Gesetz abermals vor dem EuGH – Vorhang zu und (fast) alle Fragen offen, EuZ 2014, 4; ders., Das VW-Urteil und seine Folgen, GPR 2008, 31; Vossestein, GertJan, Volkswagen: the state of affairs of golden shares, general company law and European free movement of capital, ECFR 2008, 115; Weiss, Michael, Staatlicher Schutz vor Investitionen nach dem Urteil zum VW-Gesetz, EWS 2008, 13; Wellige, Kristian, Weg mit dem VW-Gesetz!, EuZW 2003, 427; Zumbansen, Peer/Saam, Daniel, The ECJ, Volkswagen and European Corporate Law: Reshaping the European varieties of capitalism, (2007) 8 GLJ 1027. Rechtsprechung: EuGH: EuGH v. 23.5.2000, Kommission ./. Italien, C-58/99, ECLI:EU:C:2000:280 („ENI I“) EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326 EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf Aquitaine“) EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“) EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“) EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. UK, C-98/01, ECLI:EU:C:2003:273 („BAA“) EuGH v. 2.6.2005, Kommission ./. Italien, C-174/04, ECLI:EU:C:2005:350 EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“) EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623(„VW I“) EuGH v. 6.12.2007, Federconsumatori, C-463/04 und C-464/04, ECLI:EU:C:2007:752 EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU:C:2008:428 („E.ON/ENDESA“) EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“) EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU:C:2010:622

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EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“) EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“) EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“) EuGH v. 8.11.2012, Kommission ./. Griechenland, C-244/11, ECLI:EU:C:2012:694 EuGH v. 22.10.2013, Kommission ./. Deutschland, C-95/12, ECLI:EU:C:2013:333 („VW II“) EuGH v. 22.10.2013, Essent, C-105/12 bis C-107/12, ECLI:EU:C:2013:677 EFTA-Gerichtshof: EFTA-Gerichtshof v. 19.7.2012, ESA ./. Norwegen, E-9/11, [2012] EFTA Ct. Rep. 442 Nationale Gerichte: LG Essen v. 29.6.2007 – 45 O 15/07 („ThyssenKrupp“) OLG Hamm v. 31.3.2008 – 8 U 222/07, NZG 2008, 914 („ThyssenKrupp“) LG Hannover v. 27.11.2008 – 21 O 61/08 („VW“) BGH v. 8.6.2009 – II ZR 111/08, ZIP 2009, 1565 („ThyssenKrupp“)

I.  Einleitung

15

Im Zuge der in den 1980er Jahren beginnenden und stetig zunehmenden Bestrebun- 15.1 gen zur Privatisierung wichtiger Industriezweige waren und sind die Mitgliedstaaten vielfach darum bemüht, sich auch weiterhin zumindest ein Mindestmaß an Einfluss zu sichern und bedien(t)en sich hierzu häufig des Instruments sog. Goldener Aktien (golden shares). Solche – in den verschiedensten Varianten (→ 15.2, 15.8) anzutreffenden − staatlichen Sonderrechte stehen indes in einem immanenten Spannungsverhältnis zur Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 49, 63 AEUV, → 4). Die Kommission warnte daher bereits in einer Mitteilung aus dem Jahre 19971, dass sie die Einhaltung der Grundfreiheiten in diesem Bereich genau überwachen werde. In der Folgezeit begann sie dann auch tatsächlich damit, gegen eine ganze Reihe von Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, die in vielen Fällen auch in Klagen zum EuGH mündeten. Ein erstes Urteil aus dem Jahr 20002 fand zunächst kaum Beachtung. Mit drei Aufsehen erregenden Urteilen v. 4.6.20023 rückten die „Goldenen Aktien“ dann jedoch schlagartig in den Fokus der praktischen und wissenschaftlichen Aufmerksamkeit. Der EuGH hat seine Judikatur inzwischen in einer ganzen Reihe 1  Mitteilung der Kommission über bestimmte rechtliche Aspekte von Investitionen innerhalb der EU, ABlEG v. 19.7.1997, C 220/15. 2  EuGH v. 23.5.2000, Kommission ./. Italien, C-58/99, ECLI:EU:C:2000:280 („ENI I“). 3 EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326; EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf-Aquitaine“); EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“). Dazu Adolff (2002) 3 (8) GLJ; Bayer BB 2002, 2289 ff.; ders. BB 2004, 1, 2 f.; Fleischer (2003) 40 C.M.L. Rev. 493; Grundmann/Möslein BKR 2002, 758 ff.; dies. ZGR 2003, 317 ff.; Krause NJW 2002, 2747 ff.; O’Grady Putek (2004) 72 Fordham L. Rev. 2219, 2255 ff.; Weil/ Lustig EuLF 2002, 277 ff.

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weiterer, teils auch mit Blick auf die praktischen Folgen spektakulärer Entscheidungen (aus deutscher Sicht insbesondere die Urteile VW I und VW II, → 15.9 ff., 15.22 ff.) gefestigt und näher ausziseliert, wobei er − abgesehen von einer einzigen Ausnahme4 − in allen Fällen einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrs- und/oder Niederlassungsfreiheit feststellte.

II.  Gestaltungsvarianten 15.2 Goldene Aktien i.w.S. umfassen ein ganzes Spektrum an Varianten von Sonderrechten staatlicher Stellen betreffend bestimmte Unternehmen oder Kategorien von Unternehmen. Gegenstand der Judikatur des EuGH waren bislang z.B. Entsenderechte in die Gesellschaftsorgane5, Vetorechte bei bestimmten gesellschaftsinternen Entscheidungen6 sowie Genehmigungserfordernisse7 oder Widerspruchsrechte8 beim Erwerb bestimmter Beteiligungen (ausf. Kasuistik → 15.8). Typischerweise sind solche Sonderrechte mit der Eigenschaft der jeweiligen staatlichen Stelle als Aktionär/ Anteilsinhaber verknüpft (Goldene Aktien i.e.S.); der Begriff der Goldenen Aktien i.w.S. umfasst aber auch Konstellationen, in denen dies nicht der Fall ist9.10

  4  EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“).  5 S. etwa EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“); EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW I“); EuGH v. 6.12.2007, Federconsumatori, C-463/04 und C-464/04, ECLI:EU:C:2007:752; EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“); EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“).   6  S. etwa EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf-Aquitaine“); EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“); EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“); EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“).   7  S. etwa EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf-Aquitaine“); EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“).   8  S. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“).   9  S. etwa die Fälle EuGH v. 23.5.2000, Kommission ./. Italien, C-58/99, ECLI:EU:C:2000:280 („ENI I“); EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326; EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU:C:2008:428 („E.ON/ ENDESA“). 10  Vgl. auch Adolff (2002) 3 (8) GLJ Rn. 8; Andenas/Gütt/Pannier EBLR 2005, 757, 782 f.; Artés EBLR 2009, 457, 459 f.; Grundmann/Möslein ZGR 2003, 317, 318 f., 322 f.; Sotiropoulos FS Georgiades, 2006, S. 711, 721; Van Bekkum/Kloosterman/Winter (2008) 5 ECL 6, 7.

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III.  Goldene Aktien als Beschränkungen der Kapitalverkehrs- und/oder der Niederlassungsfreiheit 1.  Abgrenzung und Verhältnis von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit Goldene Aktien sind sowohl mit Blick auf die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) 15.3 als auch mit Blick auf die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) problematisch. Zur Abgrenzung und zum Verhältnis der beiden Grundfreiheiten → 4.24 ff. 2.  Nationale Maßnahme Das für das Eingreifen der Kapitalverkehrs- und/oder Niederlassungsfreiheit grundle- 15.4 gende Erfordernis des Vorliegens einer „nationalen Maßnahme“ (→ 4.27) interpretiert der EuGH auch in seiner Goldene Aktien-Rechtsprechung mit Blick auf den effet utile des Gemeinschaftsrechts und die Verhinderung einer „Flucht ins Privatrecht“ grundsätzlich extensiv. Am Maßstab dieser Grundfreiheiten messen lassen müssen sich nicht nur staatliche Sonderrechte, die unmittelbar in einem Gesetz oder sonst in rechtssatzförmiger Weise niedergelegt sind.11 Dem Staat als „nationale Maßnahme“ zurechenbar können vielmehr auch in der Satzung einer Gesellschaft verankerte Sonderregelungen sein. Der Gerichtshof qualifiziert auch solche statutarischen Sonderregelungen als „nationale Maßnahme“, sofern der Staat sie im Zuge der Privatisierung zu einer Zeit, als er die Gesellschaft (noch) kontrollierte, speziell geschaffen hat, insbesondere, wenn er dabei zielgerichtet durch gesetzliche oder statutarische Regelungen sichergestellt hat, dass die Sonderrechte ohne seine Zustimmung nicht oder nur sehr schwer wieder geändert oder abgeschafft werden können12. Vom Gerichtshof bislang noch nicht ausdrücklich entschieden − vor dem Hinter- 15.5 grund des Falls VW (→ 15.9 ff., 15.22 ff.) aber speziell im deutschen Schrifttum heftig diskutiert − sind dagegen Konstellationen, in denen Sonderrechte oder sonstige po11  Der EuGH hat diesbezüglich im VW I-Urteil ausdrücklich klargestellt, dass es dabei irrelevant ist, wenn solche gesetzlichen Regelungen (zunächst) nur eine privatrechtliche Vereinbarung wiedergeben, denn dies ändere nichts an ihrem Charakter als Gesetz und damit als Akt öffentlicher Gewalt, vgl. EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623, Rn. 26 ff. 12 Vgl. EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“), Rn. 22, 25 (Aufnahme der Sonderaktien in die Satzung im Zuge der Privatisierung, Einzug nur mit Einverständnis des Staats); EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 52 ff. und EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 50 ff. (Schaffung der Satzungsbestimmungen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer hierzu ermächtigenden gesetzlichen Regelung und zu einer Zeit, als der Staat die Gesellschaft kontrollierte; Sonderaktien nicht übertragbar); EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 50 (Errichtung der Satzung zu einer Zeit, als der portugiesische Staat die Mehrheit hielt und gleichzeitig Verankerung eines Vetorechts des Staats im Falle von Satzungsänderungen).

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tentiell beschränkende statutarische Regelungen von den Aktionären privatautonom und ausschließlich auf der Basis der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Instrumentarien geschaffen werden. Jedenfalls für den Fall, dass solche Sonderrechte ausschließlich private Aktionäre begünstigen (z.B. Entsenderechte wie im Fall ThyssenKrupp) fehlt es aber eindeutig an einer „nationalen Maßnahme“.13 Aber auch für den Fall, dass Begünstigter der Staat ist, wird man eine „nationale Maßnahme“ zumindest dann verneinen müssen, wenn der Staat sich im Rahmen der Einführung einer solchen Sonderregelung keiner speziellen Befugnisse (egal ob kraft staatlicher Hoheitsmacht oder auf der Basis bereits bestehender „Goldener Aktien“), sondern lediglich der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Instrumentarien bedient hat.14 Eine Kontrolle auch solcher Konstellationen am Maßstab der Kapitalverkehrs15.6 und Niederlassungsfreiheit ließe sich wohl nur auf der Basis der Annahme einer unmittelbaren Drittwirkung dieser Grundfreiheiten begründen. Der EuGH hat jedoch – soweit ersichtlich – bislang in keinem Fall eine unmittelbare Drittwirkung der Kapitalverkehrsfreiheit angenommen. Auch eine Bindung Privater an die Niederlassungsfreiheit hat er bislang nur in Sonderkonstellationen bejaht, nämlich für kollektive Maßnahmen einer Gewerkschaft, also in einem Fall einer sog. „intermediären Gewalt“, für welche der EuGH auch bei anderen Grundfreiheiten ausnahmsweise eine unmittelbare Drittwirkung bejaht (→ 4.29). Im Schrifttum wird eine unmittelbare Drittwirkung – abgesehen von solchen Sonderkonstellationen − ebenfalls zu Recht ganz überwiegend abgelehnt (→ 4.29). Insbesondere lässt sich die Satzungsregelung privatrechtlich verfasster (Kapital-)Gesellschaften entgegen einer im Schrifttum vereinzelt vertretenen Ansicht15 aufgrund der völlig unterschiedlichen Interessenlage auch nicht mit den ganz spezifisch gelagerten Sonderkonstellationen sog. „intermediärer Gewalten“ gleichsetzen.16

13 Vgl. BGH ZIP 2009, 1565 f. („ThyssenKrupp“) sowie bereits die Vorinstanzen OLG Hamm NZG 2008, 914, 917; LG Essen AG 2007, 797, 798; vgl. ferner auch Bayer/Ohler ZG 2008, 12, 29; Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 460; dies. BB 2010, 387, 394; Lieder ZHR 172 (2008) 306, 311 f.; Neumann/Ogorek NZG 2008, 893, 894 f.; Reichert FS K. Schmidt, 2009, S. 1341, 1355; Remien FS Wolf, 2011, S. 717, 721 f.; Rickford in: Bernitz/Ringe (eds.), Company law and economic protectionism, 2010, S. 54, 78; Rühland FS Hopt, 2008, S. 501, 518 f.; Seeling/Zwickel BB 2008, 622, 623; Spindler RIW 2003, 850, 854; Stöber NZG 2010, 977, 979; Teichmann/Heise BB 2007, 2577, 2581; Verse GPR 2008, 31, 35. 14  Vgl. auch Apel S. 143 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 460; dies. BB 2010, 387, 394; dies. BB 2014, 1219, 1227; Lieder ZHR 172 (2008) 306, 311 f.; Reichert FS K. Schmidt, 2009, S. 1341, 1355; abw. jedoch offenbar Rickford (Fn. 13), S. 54, 77 f. 15 Vgl. Möslein ZIP 2007, 208, 214; ders. AG 2007, 770, 774; s. ferner auch Müller-Graff EWS 2009, 489, 495 („keineswegs ausgeschlossen“). 16 Ebenso Neumann/Ogorek NZG 2008, 892, 896; Spindler RIW 2003, 850, 854; s. ferner auch Remien FS Wolf, 2011, S. 717, 721 f.; Ringe FS Hopt, 2008, S. 217, 226; ders. (2010) 69 CLJ 378, 393; Sørensen (2014) 11 ECL 178, 187; vgl. zur ganzen Problematik i.Ü. auch Kemperink/Stuyck (2008) 45 C.M.L. Rev. 93, 118 f., 130; Rickford FS Wymeersch, 2009, S. 61, 86 ff.

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3.  Beschränkung a)  Allgemeines Sowohl die Kapitalverkehrs- (Art. 63 AEUV) als auch die Niederlassungsfreiheit 15.7 (Art. 49 AEUV) enthalten nach st. Rspr. des EuGH nicht nur ein Diskriminierungs-, sondern auch ein allgemeines Beschränkungsverbot (→ 4.30 ff.). Nationale Regelungen sind „Beschränkungen“ der Kapitalverkehrsfreiheit, wenn sie geeignet sind, den Erwerb von Aktien der betreffenden Unternehmen zu verhindern oder zu beschränken oder aber Investoren aus anderen Mitgliedstaaten davon abzuschrecken, in das Kapital dieser Unternehmen zu investieren.17 Beschränkungen i.S.d. Art. 49 AEUV sind alle Maßnahmen, welche die Ausübung der Niederlassungsfreiheit verbieten, behindern oder weniger attraktiv machen (→ 4.31). Zur Frage nach der Übertragbarkeit der „Keck-Grundsätze“ → 4.34. b)  Kasuistik Als Beschränkung haben der EuGH und der EFTA-Gerichtshof im Goldene Aktien- 15.8 Kontext bislang u.a. folgende Regelungen qualifiziert: • Höchstgrenzen für die Beteiligung ausländischer Unternehmen18; • Verbot des Haltens von mehr als 20 % der Anteile an einer Börse19; • Erfordernis einer vorherigen behördlichen/ministeriellen Genehmigung für den Erwerb von Beteiligungen in bestimmter Höhe20, die Übertragung bestimmter

17  EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU:C:2010:622, Rn. 55; EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 50; EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 47; EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 48; EuGH v. 22.10.2013, Essent, C-105/12 bis C-107/12, ECLI:EU:C:2013:677, Rn. 41; zu Art. 40 EWRV: EFTA-Gerichtshof v. 19.7.2012, ESA ./. Norwegen, E-9/11, [2012] EFTA Ct. Rep. 442, Rn. 80. 18  Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Rn. 42. 19  Vgl. EFTA-Gerichtshof v. 19.7.2012, ESA ./. Norwegen, E-9/11, [2012] EFTA Ct. Rep. 442, Rn. 80 ff. 20 Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Rn. 43 ff.; EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf-Aquitaine“), Rn. 38 ff.; EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 54 ff.; EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. UK, C-98/01, ECLI:EU:C:2003:273 („BAA“), Rn. 41 ff.; EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU:C:2008:428 („E.ON/ENDESA“), Rn. 38 f., 62; EuGH v. 8.11.2012, Kommission ./. Griechenland, C-244/11, ECLI:EU:C:2012:694, Rn. 28 f.

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Aktiva21, Strukturentscheidungen22, bestimmte Satzungsänderungen23, eine Änderung des Gesellschaftszwecks24 oder sonstige Verwaltungsentscheidungen25; • Staatliches Einspruchs-/Widerspruchsrecht gegen den Erwerb von Beteiligungen in bestimmter Höhe26, die Übertragung bestimmter Aktiva oder deren Verwendung als Sicherheit27, Strukturentscheidungen28, bestimmte Satzungsänderungen29, eine Änderung des Gesellschaftszwecks30 oder bestimmte Verwaltungsentscheidungen31; • Regelung, dass bestimmte wesentliche Hauptversammlungsbeschlüsse nicht gegen die Stimmen der vom Staat gehaltenen Aktien beschlossen werden können32; • Nationale Vorschrift, nach der die Satzung einer AG einer an dieser beteiligten staatlichen Stelle das Recht zur unmittelbaren Bestellung eines oder mehrerer Verwaltungsratsmitglieder einräumen kann (dass für die Realisierung zunächst

21 Vgl. EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 54 ff.; EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. UK, C-98/01, ECLI:EU:C:2003:273 („BAA“), Rn. 41 ff.; EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU:C:2008:428 („E.ON/ENDESA“), Rn. 38 f., 62. 22  Vgl. EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 39 ff. (Auflösung, Spaltung oder Verschmelzung); EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. UK, C-98/01, ECLI:EU:C:2003:273 („BAA“), Rn. 41 ff. (freiwillige Abwicklung oder Auflösung); EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“), Rn. 23 ff. (Auflösung, Verschmelzung, Spaltung); EuGH v. 8.11.2012, Kommission ./. Griechenland, C-244/11, ECLI:EU:C:2012:694, Rn. 30 (Auflösung, Umwandlung, Veräußerung bestimmter Vermögensbestandteile). 23 Vgl. EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“), Rn. 23 ff. 24 Vgl. EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 39 ff.; EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“), Rn. 23 ff. 25 Vgl. EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“), Rn. 23 ff. 26 Vgl. EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 40. 27 Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“), Rn. 39 ff. 28  Vgl. EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 40 (Auflösung, Zusammenschluss, Aufspaltung). 29  Vgl. EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 40. 30  Vgl. EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 40. 31 Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“), Rn. 39 ff.; EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 54 ff.; EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 40. 32  Vgl. EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 57 ff.; EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 54 ff.; EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 56 ff.

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noch ein satzungsändernder Hauptversammlungsbeschluss erforderlich ist, ändert nach Ansicht des EuGH nichts am restriktiven Charakter)33; spezielle Rechte für die vom Staat gehaltenen Aktien im Zusammenhang mit der Wahl der Mitglieder des Verwaltungsrats34 oder zur unmittelbaren Bestimmung eines Verwaltungsratsmitglieds35 bzw. des Verwaltungsratsvorsitzenden36; Höchststimmrechte, von denen der Staat ausgenommen ist37; Höchststimmrecht von 20 % aller Stimmen bzw. 30 % aller auf der Hauptversammlung vertretenen Stimmrechte bei Beteiligung an Börsen38; Privatisierungsverbot (→ 15.15), Konzernverbot und Verbot von dem Interesse des Netzbetriebs potentiell zuwiderlaufenden Tätigkeiten39. c)  Insbesondere: Der Fall VW

Im Fall VW qualifizierte der EuGH im Urteil VW I v. 23.10.200740 sowohl das Ent- 15.9 senderecht von Bund und Land Niedersachsen (§ 4 Abs. 1 VW-Gesetz a.F.41) als auch das Höchststimmrecht von 20 % (§ 2 Abs. 1 VG-Gesetz a.F.) und die Festlegung der Sperrminorität von 20 % (§ 4 Abs. 3 VW-Gesetz) als Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit (zur fehlenden Rechtfertigung → 15.22 ff.). Deutschland hatte daraufhin zwar das Entsenderecht des Landes Niedersachsen und das Höchststimmrecht 33  Vgl. EuGH v. 6.12.2007, Federconsumatori, C-463/04 und C-464/04, ECLI:EU:C:2007:752, Rn. 22 ff. 34  Vgl. EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 57 ff. 35 Vgl. EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), R. 59 ff. 36 Vgl. EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 59. 37 Vgl. EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 58. 38  Vgl. EFTA-Gerichtshof v. 19.7.2012, ESA ./. Norwegen, E-9/11, [2012] EFTA Ct. Rep. 442, Rn. 80 ff. 39 Vgl. EuGH v. 22.10.2013, Essent, Rs. C-105/12 bis C-107/12, ECLI:EU:C:2013:677, Rn. 43 ff. 40  Vgl. EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, Rs. C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW I“). Dazu Arlt/Rabl GesRZ 2008, 16 f.; Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 459 f.; Jahn AG 2007, R483 f.; Käseberg/Kuhn AG 2009, 65, 72; Kerber NZG 2008, 9 ff.; Kilian NJW 2007, 3469 ff.; Kohler/Denkinger/Seyr ZEuP 2009, 322, 327 f.; Lengauer ZfRV 2008, 10 f.; Lieder ZHR 172 (2008), 306 ff.; Montag/von Bonin NJW 2007, 3397, 3402; Pießkalla EuZW 2007, 702 f.; Pläster EWS 2008, 173 ff.; Rickford (Fn. 13), S. 54, 67 ff.; ders. FS Wymeersch, 2009, S. 61, 76 ff.; ders. in: Bernitz/Ringe (eds.), Company law and economic protectionism, 2010, S. 54, 67 ff.; Ringe (2010) 69 CLJ 378, 385 ff.; Sander EuZW 2008, 33; Schneider WuB II Q. Art. 56 EG 1.08; Seeling/Zwickel BB 2008, 622, 623; Teichmann BB 2007, 2577 ff.; Van Bekkum/Kloosterman/Winter (2008) 5 ECL 6 ff.; Verse GPR 2008, 31 ff.; Vossestein ECFR 2008, 115 ff.; Weiss EWS 2008, 13 ff.; J. Winter FS Wymeersch, 2009, S. 43, 52 ff.; Zumbansen/Saam (2007) 8 GLJ 1027 ff. 41  Gesetz über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand v. 21.7.1960, BGBl. I, 585.

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§ 15 Goldene Aktien („golden shares“)

gestrichen42, die Sperrminorität von 20 % (§ 4 Abs. 3 VW-Gesetz) ließ man jedoch unangetastet, weil der EuGH – so die Gesetzesbegründung43 – Höchststimmrecht und Sperrminorität nur in ihrer Kombination als Beschränkung qualifiziert habe. Die Kommission und große Teile der Literatur44 verstanden das Urteil jedoch anders, nämlich in dem Sinne, dass Höchststimmrecht (§ 2 Abs. 1 VW-Gesetz a.F.) und Sperrminorität (§ 4 Abs. 3 VW-Gesetz) auch jeweils separat eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellen und daher auch § 4 Abs. 3 VW-Gesetz hätte aufgehoben werden müssen. Die Kommission erhob deshalb nochmals Klage, diesmal jedoch gem. Art. 260 15.10 Abs. 2 AEUV gerichtet auf Feststellung, dass Deutschland das Urteil nicht hinreichend befolgt habe, sowie auf Verurteilung Deutschlands zur Zahlung eines Pauschalbetrags und eines Zwangsgeldes. Der Gerichtshof wies diese Klage jedoch mit Urteil v. 22.10.2013 („VW II“)45 in vollem Umfang ab: Ausweislich des Tenors des ersten Urteils („§ 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 3“) habe er bei § 4 Abs. 3 VW-Gesetz keine selbständige Vertragsverletzung festgestellt, sondern nur in Verbindung mit § 2 Abs. 1 VW-Gesetz. Dies werde – wie der Gerichtshof dann im Wege einer schon fast minutiösen Rekapitulation der maßgeblichen Formulierungen darlegt – auch durch die Entscheidungsgründe bestätigt. Folglich sei Deutschland seinen Verpflichtungen aus dem Urteil bereits durch die Aufhebung des § 2 Abs. 1 VW-Gesetz nachgekommen. Damit ist jedoch – anders als teils suggeriert – keineswegs endgültig höchstrichter15.11 lich entschieden, dass § 4 Abs. 3 VW-Gesetz mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar ist.46 Das Verfahren nach Art. 260 Abs. 2 AEUV ist nämlich nur ein Vollstreckungsverfahren, im Rahmen dessen ausschließlich Verstöße gegen Verpflichtungen aus dem AEUV behandelt werden, die der EuGH zuvor in einem Vertragsverletzungsverfah-

42  Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand v. 8.12.2008, BGBl. I, 2369. 43 Vgl. BegrRegE zur VW-Gesetz-Novelle, BR-Drs. 552/08, S. 2; ebenso LG Hannover, 27.11.2008 – 21 O 61/08, ZIP 2009, 666; Arlt/Rabl GesRZ 2008, 16; Rapp-Jung/Bartosch BB 2009, 2210, 2212 ff. 44 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 394; dies. BB 2012, 3, 13; Lieder ZHR 172 (2008) 306, 338; Rühland FS Hopt, 2008, S. 501, 513 f.; Verse GPR 2008, 31, 33; Weiss EWS 2008, 13, 16; s. ferner auch die Stellungnahme des früheren GA Alber, FAZ v. 24.4.2008, S. 14 sowie Frenz EWS 2011, 125, 127; Holle AG 2010, 14, 18, 22. Zur Problematik i.Ü. auch Kömpf, Staatseinfluss auf die Volkswagen AG, 2010, S. 277, 282 ff.; Rickford FS Wymeersch, 2009, S. 61, 78 ff. 45 EuGH v. 22.10.2013, Kommission ./. Deutschland, Rs. C-95/12, ECLI:EU:C:2013:333 („VW II“). Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1227 f.; dies. KSzW 2014, 69, 71 f.; Behme AG 2014, 841 ff.; Classen DVBl. 2013, 1607 ff.; Haar GPR 2015, 238, 240; Kalss EuZW 2013, 948 f.; Möslein (2015) 52 C.M.L. Rev. 801 ff.; Seibert AG 2013, 904 ff.; Stiegler DB 2014, 525; Teichmann BB 46/2013, I; Verse EuZ 2014, 4 ff. 46  Vgl. auch Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1227; dies. KSzW 2014, 69, 71; Teichmann BB 46/2013, I, Verse EuZ 2014, 4, 7; ferner Classen, DVBl. 2013, 1607.

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ren gem. Art. 258 AEUV als begründet angesehen hat.47 Wie der Gerichtshof selbst ausdrücklich betont, hat er in „VW I“ jedoch (ungeachtet der zumindest höchst missverständlichen Diktion) nur festgestellt, dass die Kumulation von § 2 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 VW-Gesetz eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt.48 Ob § 4 Abs. 3 VW-Gesetz auch für sich allein gegen Art. 63 AEUV verstößt, hat er hingegen – wie er in „VW II“ in Rn. 47 sogar explizit hervorhebt – gerade nicht judiziert.49 Die Kommission hat zwar erklärt, dass das Urteil die Sache „VW“ für sie zu Ende 15.12 bringe. „EuGH-sicher“ ist das VW-Gesetz damit jedoch nicht: Denn wenngleich in nächster Zeit kein neues Vertragsverletzungsverfahren zu erwarten ist, so könnte die gesamte Problematik jedoch immer noch via einer Vorlage gem. Art. 267 AEUV erneut auf dem Tisch des Gerichtshofs landen, nämlich wenn es hinsichtlich der Wirksamkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses darum geht, ob eine Mehrheit von 80 % oder – nach allgemeinem Aktienrecht – nur 75 % des vertretenen Grundkapitals erforderlich war.50 Weiterhin offen bleibt aber vor allem auch die – an sich noch viel interessantere – 15.13 Frage, ob die Vorschriften der VW-Satzung mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar sind.51 Die Sperrminorität von 20 % und das Entsenderecht zugunsten des Landes Niedersachen wurden nämlich 2009 durch einen satzungsändernden Hauptversammlungsbeschluss nochmals explizit in der Satzung von VW verankert (§§ 11 Abs. 1 S. 2, 25 Abs. 2 VW-Satzung)52. Da die Satzung jedoch schon nicht Gegenstand von „VW I“ war, war der hiergegen gerichtete Angriff der Kommission in „VW II“ bereits schlicht unzulässig.53 In Bezug auf diese Satzungsregelungen ist zu differenzieren: Die wiederholende statutarische Verankerung der Sperrminorität lässt sich mit Blick auf die fortbestehende Regelung im VW-Gesetz (selbst wenn diese wohl insoweit unionsrechtswidrig und damit unanwendbar sein dürfte) kaum als ausschließlich privatautonome Regelung qualifizieren.54 Anders jedoch das nun nur noch statutarisch begründete Entsenderecht: Dieses beruht in seiner jetzigen Form auf einer privatautonomen, sich 47  Vgl. EuGH v. 22.10.2013, Kommission ./. Deutschland, Rs. C-95/12, ECLI:EU:C:2013:333 („VW II“), Rn. 23; EuGH v. 2.12.2014, Kommission ./. Italien, C-196/13, ECLI:EU:C:2014:2407, Rn. 32; s. auch bereits EuGH, 10.9.2009 – C-457/07, Kommission ./. Portugal, ECLI:EU:C:2009:531, Rn. 47. 48 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1227; dies. KSzW 2014, 69, 71. 49 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1227; dies. KSzW 2014, 69, 71; Behme AG 2014, 841, 842; Möslein (2015) 52 C.M.L. Rev. 801, 808. 50 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1227 f.; dies. KSzW 2014, 69, 71; Verse EuZ 2014, 4, 7; s. ferner auch Apel S. 222 f. 51 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1228; dies. KSzW 2014, 69, 71; Behme AG 2014, 841, 842; Classen DVBl. 2013, 1607, 1610; Möslein (2015) 52 C.M.L. Rev. 801, 810; Teichmann BB 46/2013, I; Verse EuZ 2014, 4, 7 f. 52  Vgl. auch Börsenzeitung v. 5.12.2009, S. 9. Zur satzungsmäßigen Verankerung auch Holle AG 2010, 14, 19 ff.; Ruhkamp FAZ v. 24.11.2009, S. 13. 53  Vgl. EuGH v. 22.10.2013, Kommission ./. Deutschland, C-95/12, ECLI:EU:C:2013:333 („VW II“), Rn. 25 f.; Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1228; dies. KSzW 2014, 69, 71. 54 Vgl. Bayer ZEW 203/2012, S. 8; Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 13; dies. BB 2014, 1219, 1228; dies. KSzW 2014, 69, 71; s. ferner auch Möslein (2015) 52 C.M.L. Rev. 801, 810; a.A. Behme AG 2014, 841, 851 f.

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nur der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Instrumentarien bedienenden Entscheidung der Aktionäre (das Land Niedersachsen hat insoweit keine – weil nicht existente – speziellen Befugnisse genutzt); es dürfte mithin unionsrechtskonform sein.55 4.  Keine Berufung auf die Eigentumsordnung 15.14 Wie der EuGH bereits früh klargestellt hat, können sich die Mitgliedstaaten in Bezug auf Goldene Aktien auch nicht − wie in den ersten Verfahren noch von GA Colomer56 und teils auch im Schrifttum57 vertreten − auf den in Art. 345 AEUV normierten Grundsatz der Eigentumsneutralität der Verträge berufen, denn nach st. Rspr. führt dieser nicht dazu, dass die in den Mitgliedstaaten bestehende Eigentumsordnung den Grundprinzipien des Vertrags entzogen ist, d.h. er kann keine Beeinträchtigung der im Vertrag vorgesehenen Freiheiten rechtfertigen.58 Einen weiteren wichtigen Aspekt hat der EuGH dann in der Rs. Essent59 ergänzt: 15.15 Die Mitgliedstaaten können sich der Pflicht zur Beachtung der Vorschriften über den freien Kapitalverkehr auch nicht dadurch entziehen, dass sie ein Privatisierungsverbot vorsehen; auch ein solches ist – ungeachtet Art. 345 AEUV – am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen. Allerdings können die Gründe, die der Entscheidung hinsichtlich des Eigentumssystems (öffentliche oder private Trägerschaft) zugrunde liegen, als zwingender Grund des Allgemeininteresses berücksichtigt werden60 (→ 4.41).

55 Vgl. Bayer ZEW 203/2012, S. 7 f.; Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 460; dies. BB 2010, 387, 394; dies. BB 2012, 3, 13; dies. BB 2014, 1219, 1228; dies. KSzW 2014, 69, 71; a. A. Holle AG 2010, 14, 20 f.; zweifelnd auch Verse EuZ 2014, 4, 8. 56 Vgl. GA Colomer, Schlussanträge v. 3.7.2001, C-367/98, C-483/99 und C-503/99, ECLI:EU:C:2001:369, Rn. 39 ff. 57  So etwa Ruge EuZW 2003, 540, 542; Spindler RIW 2003, 850, 853; zumindest partiell auch Müller-Graff EWS 2009, 489, 497; s. ferner auch Sołtysin´ki FS Hopt, 2010, S. 2571, 2581 ff., 2594; Gesetzesentwurf der Fraktion DIE LINKE, BT-Drs. 16/8449, S. 1; dagegen jedoch Bayer BB 2004, 1, 3; Ebke/Traub EWS 2002, 335, 337; Grundmann/Möslein ZGR 2003, 317, 337 f.; Kerber NZG 2008, 9, 12; Kömpf (Fn. 44), S. 258; Lieder ZHR 172 (2008) 306, 313; Teichmann/Heise BB 2007, 2577, 2580; Weiss EWS 2008, 13, 17; Wellige EuZW 2003, 429, 430. 58 Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Rn. 48; EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf-Aquitaine“), Rn. 44; EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“), Rn. 44; EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 67; EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 64; EuGH v. 8.11.2012, Kommission ./. Griechenland, C-244/11, ECLI:EU:C:2012:694, Rn. 15 f. 59 EuGH v. 22.10.2013, Essent, C-105/12 bis C-107/12, ECLI:EU:C:2013:677. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1218, 1228; Haar GPR 2015, 238, 240 f.; Papadopoulos ECFR 2015, 1, 11 ff. 60  Vgl. EuGH v. 22.10.2013, Essent, C-105/12 bis C-107/12, ECLI:EU:C:2013:677, Rn. 53 ff.

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IV.  Rechtfertigungsgründe Für mit Goldenen Aktien verbundene Beschränkungen der Kapitalverkehrs- und/ 15.16 oder Niederlassungsfreiheit gelten selbstverständlich die allgemeinen geschriebenen und ungeschriebenen Rechtfertigungsgründe. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der extensiven Interpretation des Beschränkungsbegriffs durch den EuGH waren und sind die Mitgliedstaaten daher verständlicherweise auch sehr kreativ in ihren Bemühungen, diese für ihre Goldenen Aktien fruchtbar zu machen. Der EuGH legt die Rechtfertigungsgründe aber speziell auch im Bereich der „Goldenen Aktien“ sehr restriktiv aus, nicht nur im Hinblick auf die Grundtatbestände der von den Mitgliedstaaten primär geltend gemachten „öffentlichen Sicherheit“ (→ 15.17 ff.) und der „zwingenden Gründe des Allgemeininteresses“ (→ 15.20 ff.), sondern speziell auch bezüglich der für beide Rechtfertigungsgründe erforderlichen Verhältnismäßigkeit der Maßnahme (→ 15.24 ff.). Diesen hohen Anforderungen vermochte bislang lediglich eine einzige Goldene Aktie – die belgische Widerspruchsregelung im Fall S.N.T.C.61 − zu genügen. In allen anderen Fällen erteilte der EuGH sämtlichen von den Mitgliedstaaten geltend gemachten Rechtfertigungsversuchen eine klare Absage. 1.  Öffentliche Sicherheit (Art. 52 Abs. 1, 65 Abs. 1 lit. b AEUV) Als Gründe der öffentlichen Sicherheit i.S.v. Art. 52 Abs. 1, 65 Abs. 1 lit. b AEUV 15.17 (→ 4.36 ff.) hat der EuGH i.R.d. „Goldenen Aktien“-Rechtsprechung insbesondere die Sicherstellung der Energieversorgung62 (speziell Erdöl63 und Elektrizität64) sowie des Telekommunikationsnetzes65 im Krisen-, Kriegs- oder Terrorfall anerkannt.

61  EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“). 62 Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“), Rn. 46; EuGH v. 2.6.2005, Kommission ./. Italien, C-174/04, ECLI:EU:C:2005:350, Rn. 40; EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU:C:2008:428 („E.ON/ENDESA“), Rn. 46; EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 45, 69; EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 84; EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 82; EuGH v. 8.11.2012, Kommission ./. Griechenland, C-244/11, ECLI:EU:C:2012:694, Rn. 65, 67. 63 Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf-Aquitaine“), Rn. 47; EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 71; EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 69. 64 Vgl. EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 71; EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 69. 65 Vgl. EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 71; EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 69; EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 72.

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Eine Berufung auf die öffentliche Sicherheit ist jedoch generell nur möglich, wenn eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (→ 4.38). In der E.ON/ENDESA-Entscheidung v. 17.7.2008 hat der EuGH entschieden, dass der bloße Erwerb einer mehr als 10 %igen oder in sonstiger Weise einen wesentlichen Einfluss verschaffenden Beteiligung an einem Unternehmen, das einer regulierten Tätigkeit im Energiesektor nachgeht, oder von Aktiva, die für die Tätigkeit eines solchen Unternehmens notwendig sind, nicht per se als eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung für die Sicherheit der Energieversorgung angesehen werden kann.66 2.  Art. 106 Abs. 2 AEUV

15.19 Eine Rechtfertigung Goldener Aktien durch Art. 106 Abs. 2 AEUV hat der EuGH in den Rs. Energias de Portugal und GALP Energia generell abgelehnt.67 Denn danach kann zwar die Übertragung besonderer oder ausschließlicher Rechte auf ein Unternehmen, das mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut ist, gerechtfertigt werden. Bei den Goldenen Aktien geht es aber gerade nicht um die Übertragung von Sonderrechten auf ein Unternehmen, sondern vielmehr um die Einräumung von Sonderrechten des Staats in Bezug auf ein Unternehmen, insbesondere als Aktionär desselben.68 3.  Zwingende Gründe des Allgemeininteresses 15.20 Eine Rechtfertigung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses (→ 4.40 ff.) ist dagegen prinzipiell möglich. Als zwingende Gründe des Allgemeininteresses haben der EuGH und der EFTA-Gerichtshof im Zusammenhang mit „Goldenen Aktien“ insbesondere anerkannt: die Gewährleistung einer Dienstleistung von allgemeinem Interesse wie des postalischen Universaldiensts69, den Schutz der Interessen von

66  Vgl. EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU:C:2008:428 („E.ON/ ENDESA“), Rn. 51 (Literatur → Fn. 83); bestätigt durch EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 48. 67  EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 93 ff.; EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 91 ff. 68 Vgl. EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 95; EuGH v. 10.11.2011, Kommission ./. Portugal, C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717 („GALP Energia“), Rn. 92 f.; Frenz EWS 2011, 125, 131. 69 Vgl. EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“), Rn. 38.

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Arbeitnehmern70 und von Minderheitsgesellschaftern71 sowie die Förderung des Funktionierens und der Effizienz der Finanzmärkte72. Wirtschaftliche Gründe können eine Beeinträchtigung der Kapitalverkehrs- und/ 15.21 oder Niederlassungsfreiheit dagegen generell nicht rechtfertigen (→ 4.42). Ob allein die große Bedeutung eines Unternehmens aufgrund seiner Größe, 15.22 wirtschaftlichen Relevanz und der von ihm beschäftigten hohen Zahl von Arbeitnehmern einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses begründen kann − wie es Deutschland in Bezug auf VW geltend gemacht hatte73 − hat der EuGH offengelassen, da Deutschland insoweit jedenfalls seiner Darlegungslast bezüglich der Verhältnismäßigkeit (→ 4.43 ff.) nicht genügt habe74. Auf die im Schrifttum in Bezug auf VW diskutierte Frage, ob die Wissenschafts- 15.23 förderung (bei VW durch die VolkswagenStiftung) ein zwingender Grund des Allgemeininteresses ist75, gingen im Verfahren (offenbar mangels entsprechenden Vortrags der Bundesregierung) weder der Generalanwalt noch der Gerichtshof ein. Angesichts der hohen Bedeutung, welche die EU der Wissenschaftsförderung generell beimisst76, wird man sie zwar prinzipiell bejahen müssen.77 Im Fall VW erscheint die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit allgemeiner, sich auf das gesamte Unternehmen VW erstreckender Sonderrechte zugunsten des Landes Niedersachsen zur Erreichung des Ziels der Wissenschaftsförderung durch die VolkswagenStiftung indes nicht überzeugend.78, 79 70  Vgl. EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW“), Rn. 74. 71  Vgl. EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW“), Rn. 77. 72  Vgl. EFTA-Gerichtshof v. 19.7.2012, ESA ./. Norwegen, E-9/11, [2012] EFTA Ct. Rep. 442, Rn. 84 ff. 73  Vgl. EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW“), Rn. 70. Kritisch dazu etwa Bayer BB 2004, 1, 3; Käseberg/Kuhn AG 2007, 65, 72; Krause NJW 2002, 2747, 2751; Weiss EWS 2008, 13, 17. 74  Vgl. EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW“), Rn. 80. 75  Vgl. dazu Armbrüster JuS 2003, 224, 227; Kilian NJW 2002, 3599 ff.; ders. NJW 2007, 1508, 1510; ders. NJW 2007, 3469, 3470; Oechsler NZG 2007, 161, 165; Reich EuZW 2007, 132, 133; Spindler RIW 2003, 850, 857; Verse GPR 2008, 31, 34. 76  Gem. Art. 179 Abs. 1 AEUV gehört die Schaffung eines europäischen Raums der Forschung und die Unterstützung von Forschungsmaßnahmen ausdrücklich zu den Zielen der Union. 77 Vgl. Kilian NJW 2002, 3599, 3601; ders. NJW 2007, 1508, 1510; ders. NJW 2007, 3469, 3470; Kömpf (Fn. 44), S. 269; Reich EuZW 2007, 132, 133; Spindler RIW 2003, 850, 857; zweifelnd jedoch Armbrüster JuS 2003, 224, 227; Verse GPR 2008, 31, 34; zumindest für den Fall VW ablehnend auch Oechsler NZG 2007, 161, 165. 78  Dies insbesondere auch, weil die VolkswagenStiftung nur mittelbar und teilweise durch VW finanziert wird, nämlich dadurch, dass der Erlös aus der ursprünglichen Privatisierung und die laufenden Gewinnansprüche aus den ursprünglich dem Bund und dem Land Niedersachsen, jetzt nur noch dem Land Niedersachsen, verbliebenen Anteilen als Vermögen in die Stiftung eingebracht wurden (vgl. Vertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse bei der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung und über die Errichtung einer „Stiftung Volkswagenwerk“ vom 11./12.11.1959, BGBl. I 1960, 301, Anlage S. 302);

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4.  Verhältnismäßigkeit79 a)  Darlegungslast 15.24 Die Darlegungslast für die Verhältnismäßigkeit einer nationalen Maßnahme obliegt dem jeweiligen Mitgliedstaat: Der Gerichtshof verlangt, dass der Mitgliedstaat die genauen Gründe darlegt, aus denen seine Auffassung folgt, dass eine bestimmte Maßnahme zur Verwirklichung des jeweiligen Ziels geeignet und erforderlich ist (→ 4.43). Wie hoch die Ansprüche des EuGH insoweit sind, bekam im VW-Urteil insbesondere auch Deutschland zu spüren: Denn der Gerichtshof hielt den deutschen Vortrag hinsichtlich keines der geltend gemachten Rechtfertigungsgründe für ausreichend. Deutschland habe nicht dargelegt, weshalb es zum Schutz der Interessen der Minderheitsaktionäre und der Arbeitnehmer von VW geeignet und erforderlich sein solle, beim Kapital von VW eine stärkere und unabänderbare Position öffentlicher Akteure aufrecht zu erhalten, zumal die Arbeitnehmer nach der deutschen Mitbestimmungsregelung ohnehin im Aufsichtsrat vertreten sind.80 Auch die von Deutschland vorgebrachten Argumente im Hinblick auf die Größe und Bedeutung von VW als Unternehmen und Arbeitgeber und die mit dem VW-Gesetz verbundenen sozial-, regional- und industriepolitisch verfolgten Ziele genügten dem EuGH − der der Anerkennung eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses insofern ohnehin ersichtlich kritisch gegenüberstand (→ 15.22) − nicht: auch insoweit habe Deutschland nicht hinreichend dargelegt, weshalb gerade die beanstandeten Regelungen hierfür geeignet und erforderlich seien. b)  Strenge Maßstäbe 15.25 Der EuGH legt aber vor allem auch bei der materiellen Verhältnismäßigkeitskontrolle strenge Maßstäbe an. Zunächst müssen die Sonderrechte ausschließlich auf den Bereich beschränkt sein, der zur Realisierung eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses dient.81 So erklärte der EuGH etwa im niederländischen Fall KPN/ TPG die Sonderrechte u.a. deshalb für unverhältnismäßig, weil sie nicht auf die Tätigkeit der TPG als Erbringerin eines postalischen Universaldiensts beschränkt waren.82 Ähnlich beanstandete er im Fall E.ON/ENDESA, dass die Befugnisse der staatlichen die Erträge aus den laufenden Gewinnansprüchen machen heute aber nur noch einen Teil der jährlichen Einnahmen der VolkswagenStiftung aus. 79  Vgl. auch Armbrüster JuS 2003, 224, 227; Käseberg/Kuhn AG 2007, 65, 72; Kömpf (Fn. 44), S. 270 ff.; Sander EuZW 2005, 106, 109; Spindler RIW 2003, 850, 857; Verse GPR 2008, 31, 34; für eine Rechtfertigung jedoch Kilian NJW 2002, 3599, 3601; ders. NJW 2003, 2653, 2655; ders. NJW 2007, 1508, 1510; ders. NJW 2007, 3469, 3470. 80  Vgl. EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW“), Rn. 74 ff. 81  Vgl. dazu auch Apel S. 177 f. 82 Vgl. EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“), Rn. 40. Zu dieser Entscheidung: Käseberg/Kuhn

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Genehmigungsbehörde CNE nicht auf den Grund der Gewährleistung der Sicherheit der Energieversorgung begrenzt waren, sondern der CNE auch die Berücksichtigung anderer Ziele der Energiepolitik gestattete.83 Im Fall Kommission ./. Griechenland wurde ebenfalls moniert, dass sich die Stimmrechtsbeschränkungen und Genehmigungserfordernisse auf alle Beschlüsse bezogen und nicht nur auf solche, die im Einzelfall das vom Gesetz herausgestellte Ziel gefährden können.84 Weiterhin verlangt der EuGH generell, dass die Ausübung jeglicher Sonderrechte 15.26 an das Vorliegen spezifischer, genau formulierter und objektiver Kriterien gebunden ist; es darf kein derart weiter Wertungsspielraum bestehen, dass ihrer Ausübung quasi Ermessenscharakter zukommt.85 Hieran scheiterten etwa die Sonderrechte Italiens in den Fällen Comune di Milano86 und ENI II87 und Portugals in den Fällen Portugal Telecom88 und Energias de Portugal89. Dieselben strengen Maßstäbe hat der EFTA-Gerichtshof auch an ein System betreffend die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen von bestimmten Beschränkungen angelegt.90 Besonders kritisch steht der EuGH Systemen vorheriger Genehmigung gegen- 15.27 über.91 In den Fällen E.ON/ENDESA92 und Kommission ./. Griechenland93 äußerte er bereits erhebliche Bedenken gegen die generelle Eignung eines solchen Systems, da es AG 2009, 65, 68; Möslein ZIP 2007, 208 ff.; Oechsler NZG 2007, 161 ff.; Pießkalla EuZW 2006, 724 f.; Rickford FS Wymeersch, 2009, S. 61, 72 ff.; Weber NJW 2007, 3688, 3695 f. 83  Vgl. EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU:C:2008:428 („E.ON/ ENDESA“), Rn. 55; vgl. dazu Bayer/J. Schmidt BB 2008, 387, 393; J. Schmidt EWiR 2008, 585 f.; Nohlen/Repasi EWS 2008, 424 f. 84 EuGH v. 8.11.2012, Kommission ./. Griechenland, C-244/11, ECLI:EU:C:2012:694, Rn. 72. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 10 f.; Behme EWiR 2013, 161 f.; Haar GPR 2015, 238, 241; Papadopoulos ECFR 2015, 1 ff.; Tountopoulos EuZW 2013, 32 ff.; Verse EuZW 2013, 336, 337 f. 85 Vgl. EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 52, 72; EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 76; EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 90. 86  Vgl. EuGH v. 6.12.2007, Federconsumatori, C-463/04 und C-464/04, ECLI:EU:C:2007:752, Rn. 42. 87 Vgl. EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 51 ff., 72. 88  Vgl. EuGH v. 8.7.2010, Kommission ./. Portugal, C-171/08, ECLI:EU:C:2010:412 („Portugal Telecom“), Rn. 75 ff. 89 Vgl. EuGH v. 11.11.2010, Kommission ./. Portugal, C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669 („Energias de Portugal“), Rn. 90 ff. 90  Vgl. EFTA-Gerichtshof v. 19.7.2012, ESA ./. Norwegen, E-9/11, [2012] EFTA Ct. Rep. 442, Rn. 99 f. Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 10; Haar GPR 2015, 238, 241; Verse EuZW 2013, 336, 338. 91  Vgl. auch Rühland FS Hopt, 2008, S. 501, 510, 515; J. Schmidt EWiR 2008, 585, 586; Weiss EWS 2008, 13, 20. 92 Vgl. EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU:C:2008:428 („E.ON/ENDESA“), Rn. 52 ff.; Literatur → Fn. 83. 93  Vgl. EuGH v. 8.11.2012, Kommission ./. Griechenland, C-244/11, ECLI:EU:C:2012:694, Rn. 69 ff. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 10 f.; Behme EWiR 2013, 161 f.; Haar GPR 2015, 238, 241; Tountopoulos EuZW 2013, 32 ff.; Verse EuZW 2013, 336, 337 f.

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die Versorgungssicherheit nicht garantieren könne, wenn sich eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung für die öffentliche Sicherheit erst nach Erteilung der Genehmigung ergibt. Zudem erachtet er eine nachträgliche Widerspruchsregelung grundsätzlich als weniger einschneidend, d.h. als milderes Mittel.94 In jedem Fall verlangt der EuGH aber sowohl für Systeme vorheriger Genehmigung95 als auch für solche eines nachträglichen Widerspruchs96, dass sie auf objektiven und nicht diskriminierenden Kriterien beruhen, die den betroffenen Unternehmen im Voraus bekannt sind; weiterhin muss jedem Betroffenen der Rechtsweg offen stehen. Diesen hohen Standard sah der Gerichtshof bislang bei keinem der von ihm geprüften Systeme vorheriger Genehmigung als gewahrt an.97 Nur bei der nachträglichen Widerspruchsregelung im belgischen Fall S.N.T.C., die auf bestimmte Entscheidungen beschränkt war, Eingriffe nur bei Beeinträchtigung energiepolitischer Ziele und mit einer förmlichen Begründung erlaubte und zudem eine wirksame gerichtliche Kontrolle vorsah, bejaht er bislang die Verhältnismäßigkeit.98

V.  Ausblick: Kontrolle des gesamten nationalen Gesellschaftsrechts am Maßstab der Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit? 15.28 Vor dem Hintergrund der Goldene Aktien-Judikatur wird schon seit Längerem diskutiert, ob der EuGH damit die Tür zu einer umfassenden Kontrolle des gesamten na94 Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Rn. 50; EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf-Aquitaine“), Rn. 46; EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“), Rn. 49; EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 69, 78; EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU:C:2008:428 („E.ON/ENDESA“), Rn. 48. 95 Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Rn. 50; EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf-Aquitaine“), Rn. 46; EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 69; EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU:C:2008:428 („E.ON/ENDESA“), Rn. 48; EuGH v. 8.11.2012, Kommission ./. Griechenland, C-244/11, ECLI:EU:C:2012:694, Rn. 74 ff. 96 Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“), Rn. 50 ff.; EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf-Aquitaine“), Rn. 52. 97 Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Frankreich, C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327 („Elf-Aquitaine“), Rn. 50 f.; EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. Spanien, C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272 („ENDESA“), Rn. 74 ff.; EuGH v. 17.7.2008, Kommission ./. Spanien, C-207/07, ECLI:EU:C:2008:428 („E.ON/ENDESA“), Rn. 55 ff. Im Fall EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Portugal, C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, scheiterte die Rechtfertigung sogar bereits an der bloßen Geltendmachung wirtschaftlicher Interessen (vgl. Rn. 52), und im Fall BAA (EuGH v. 13.5.2003, Kommission ./. UK, C-98/01, ECLI:EU:C:2003:273) hatte das UK sich erst gar nicht auf eine Rechtfertigung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses berufen (vgl. Rn. 49). 98 Vgl. EuGH v. 4.6.2002, Kommission ./. Belgien, C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328 („S.N.T.C.“), Rn. 50 ff.

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tionalen Gesellschaftsrechts anhand der Art. 49, 63 AEUV geöffnet hat.99 Dass einer allgemeinen „materiellen Qualitätskontrolle“100 des nationalen Gesellschaftsrechts, wie sie im Schrifttum teils zumindest für möglich gehalten wird, erhebliche Brisanz und Sprengkraft zukommen würde, kann nicht genug betont werden. Tatsächlich gibt es indes insbesondere zwei Entscheidungen, die darauf hindeuten, dass der EuGH die Kontrolle des nationalen Gesellschaftsrechts offenbar keineswegs auf Regelungen und Maßnahmen, die dem Staat Sonderrechte einräumen, beschränken will: Im Fall Kommission ./. Italien aus dem Jahr 2005101 ging es um das Decreto-legge 15.29 192/2001102, das die automatische Aussetzung der Stimmrechte, die mit Beteiligungen von mehr als 2 % am Gesellschaftskapital von im Elektrizitäts- und Gassektor tätigen Gesellschaften verbunden waren, vorsah, wenn diese Beteiligungen von nicht auf organisierten Kapitalmärkten notierten öffentlichen Unternehmen erworben wurden, die eine beherrschende Stellung einnahmen. Der EuGH qualifizierte dies als nicht gerechtfertigte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit; insbesondere habe Italien nicht dargetan, weshalb eine Beschränkung der Stimmrechte, die nur auf eine genau festgelegte Kategorie öffentlicher Unternehmen zielt, zur Gewährleistung der Energieversorgung in Italien unerlässlich sei.103 Gegenstand der Entscheidung Idryma Typou v. 21.10.2010104 war das griechische 15.30 Gesetz Nr. 2328/1995 über das Privatfernsehen, das vorsah, dass Geldbußen für Verstöße gegen Vorschriften für den Betrieb von TV-Sendern nicht nur gegen die jeweilige Betreibergesellschaft, sondern auch gegen alle mit mehr als 2,5 % beteiligte Aktionäre derselben verhängt werden konnten. Auch hier ging es also nicht um eine Goldene  99 Vgl. dazu Andenas/Gütt/Pannier EBLR 2005, 757, 783 ff.; Armour/Ringe (2011) 48 C.M.L. Rev. 125, 148 f.; Artés EBLR 2009, 457, 470 ff.; Bayer BB 2002, 2289, 2290 f.; ders. BB 2004, 1, 3 f.; Eckert GesRZ 2011, 176 f.; Fleischer (2003) 40 C.M.L. Rev. 493, 501; Grundmann/Möslein ZGR 2003, 317, 350 ff.; Haberer, Zwingendes Kapitalgesellschaftsrecht, 2009, S. 305 ff.; Möslein ZIP 2007, 208, 213 ff.; Müller-Graff EWS 2009, 489, 495 ff.; Pläster EWS 2008, 175, 176 ff.; Ringe FS Hopt, 2008, S. 217 ff.; ders. (2010) 69 CLJ 278, 399 ff.; Schall FS Meilicke, 2010, S. 651 ff.; J. Schmidt EWiR 2010, 693, 694; Sotiropoulos FS Georgiades, 2006, S. 711, 724 ff.; C. Teichmann/Heise BB 2007, 2577, 2581; Van Bekkum/Kloosterman/Winter (2008) 5 ECL 6, 10 ff.; Vossestein ECFR 2008, 115, 131 f. S. ferner speziell zu der Frage einer mittelbaren Drittwirkung der Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit dergestalt, dass der nationale Gesetzgeber dazu verpflichtet ist, sein Gesellschaftsrecht so auszugestalten, dass Beeinträchtigungen durch Private verhindert werden: Andenas/Gütt/Pannier EBLR 2005, 757, 777 f.; Möslein AG 2007, 770, 774 ff.; Neumann/Ogorek NZG 2008, 892, 896 f.; Ringe (2010) 69 CLJ 378, 393 f.; Spindler RIW 2003, 850, 858; Veil ZIP 2008, 1754, 1759 ff.; Verse GPR 2008, 31, 35. 100 Vgl. Ringe (2010) 69 CLJ 378, 399: „substantive control“ or „quality control“. 101 EuGH v. 2.6.2005, Kommission ./. Italien, C-174/04, ECLI:EU:C:2005:350. Dazu Kilian EuZW 2005, 440 f.; Klees EWiR 2010, 597 f. 102 Decreto-legge 192/2001, Disposizioni urgenti per salvaguardare i processi di liberalizzazione e privatizzazione di specifici settori dei servizi pubblici, G.U. n. 120 del 25 maggio 2001. 103 Vgl. EuGH v. 2.6.2005, Kommission ./. Italien, C-174/04, ECLI:EU:C:2005:350, Rn. 40. 104  EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU:C:2010:622. Dazu Eckert GesRZ 2011, 176 f.; Möslein NZG 2011, 174 f.; Rüffler GeS 2011, 99 ff.; J. Schmidt EWiR 2010, 693 f.

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Aktien-Konstellation oder eine Sonderregelung für (Schein-)Auslandsgesellschaften (wie etwa in Inspire Art, → 7.27 ff.), sondern um eine allgemeine gesellschaftsrechtliche Haftungsregelung. Der EuGH sah in ihr eine nicht gerechtfertigte Beschränkung sowohl der Kapitalverkehrs- als auch der Niederlassungsfreiheit. Insbesondere verneinte er auch eine Rechtfertigung durch das − grundsätzlich als legitim anzuerkennende − Ziel, die Einhaltung der Rechtsvorschriften und Standesregeln für Journalisten zu bewirken; eine unbeschränkte Haftung aller Aktionäre unabhängig von einer TV-Tätigkeit sei unverhältnismäßig. Ob damit tatsächlich – wie teilweise befürchtet − die „Büchse der Pandora“ einer generellen „materiellen Qualitätskontrolle“ des gesamten nationalen Gesellschaftsrechts geöffnet wurde, bleibt gleichwohl abzuwarten.105 Zum einen lässt sich einer Reihe neuerer Entscheidungen des Gerichtshofs − nicht zuletzt auch dem besagten Idryma Typou-Urteil106 − entnehmen, dass der EuGH einer Übertragung der „Keck“-Grundsätze auch auf die Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit grundsätzlich durchaus offen, wenn nicht gar positiv gegenüber steht (→ 4.34). Die Kornhaas-Entscheidung v. 10.12.2015 wird von Teilen der Literatur sogar als klares Votum in diese Richtung verstanden; ob der Entscheidung tatsächlich eine derart weitreichende Neuausrichtigung zu entnehmen ist, erscheint indes fraglich (→ 7.59). Mit einer Ausgrenzung rein tätigkeitsbezogener Beschränkungen („Modalitäten“) wäre aber jedenfalls bereits ein großer Bereich nationaler Regelungsautonomie gewahrt. Zum anderen wird der EuGH aber jedenfalls auch im Hinblick auf die Rechtfertigung möglicher Beschränkungen kaum umhin kommen, dem nationalen (Gesellschaftsrechts-)Gesetzgeber hinsichtlich der Ausgestaltung des allgemeinen nationalen Gesellschaftsrechts eine gewisse Einschätzungsprärogative zuzugestehen.107 Dies nicht zuletzt deshalb, weil das nationale Gesellschaftsrecht eben gerade nicht umfassend harmonisiert ist (→ 9.5 ff., 15.35). Tatsächlich betont der Gerichtshof denn auch in st. Rspr., dass es in denjenigen Bereichen, in denen (noch) keine Unionsrechtsharmonisierung besteht, grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten ist, zu entscheiden, auf welchem Niveau sie den Schutz legitimer Interessen sicherstellen wollen – wenn auch eben nur in dem vom AEUV vorgesehenen Rahmen und insbesondere nur unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.108 In diesem Kontext ist weiterhin zu berücksichtigen, dass sowohl die Entscheidung Kommission ./. Italien als auch Idryma Typou jeweils ganz spezifische Sonderkonstellationen betrafen. In der ersten ging es um eine – wie die italienische Regierung 105 Vgl. auch J. Schmidt EWiR 2010, 693, 694. 106 Vgl. dazu J. Schmidt EWiR 2010, 693, 694. 107 Vgl. auch Behme AG 2014, 841, 846; Grundmann/Möslein ZGR 2003, 317, 349 f.; Möslein AG 2007, 770, 775; Schall FS Meilicke, 2010, S. 651, 654; Seeling/Zwickel BB 2008, 622, 623; Spindler RIW 2003, 850, 858. 108  Vgl. EuGH v. 28.9.2006, Kommission ./. Niederlande, C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608 („KPN/TPG“), Rn. 33; EuGH v. 23.10.2007, Kommission ./. Deutschland, C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623 („VW“), Rn. 73; EuGH v. 26.3.2009, Kommission ./. Italien, C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193 („ENI II“), Rn. 42.

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sogar ausdrücklich einräumte − protektionistische Regelung zum Schutz des italienischen Energiesektors vor „wettbewerbswidrigen Angriffen“ öffentlicher Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten109, die damit geradezu in diametralem Widerspruch zum allgemeinen Ziel eines Abbaus derartiger nationaler „Schutzwälle“ (wie sie nicht zuletzt auch insbesondere mit Goldenen Aktien verbunden sind) stand. Die nationale Regelung im Fall Idryma Typou hatte zwar keine bzw. zumindest nicht eine derart intensive protektionistische Zielsetzung110; als – noch dazu sektorspezifische – Ausnahme von dem im Kapitalgesellschaftsrecht fundamentalen Trennungsprinzip kam ihr aber dennoch unzweifelhaft ein besonderer Charakter zu, der Raum für „distinguishing“ lässt.111 Schließlich darf auch der – bereits angesprochene (→ 15.33) − Stand der unions- 15.35 rechtlichen Harmonisierung des Gesellschaftsrechts nicht aus dem Blick verloren werden. Dies bedeutet zum einen, dass dort, wo unionsrechtliche Harmonisierungsmaßnahmen bereits einen gewissen Schutz legitimer Interessen vorsehen, grundsätzlich112 kein Raum mehr für eine Kontrolle am Maßstab der Grundfreiheiten bleibt, da die unionsrechtlichen Anforderungen und Standards durch die jeweilige Harmonisierungsmaßnahme bereits abschließend konkretisiert sind.113 Zum anderen darf aber insbesondere auch nicht vergessen werden, dass viele – wenn nicht gar die meisten – der bisherigen Harmonisierungsmaßnahmen im Bereich des Gesellschaftsrechts in vielen Punkten bewusst Lücken gelassen haben, deren autonome Füllung gerade dem nationalen Gesetzgeber überlassen bleiben sollte. Ein Paradebeispiel hierfür ist etwa die TBD (→ 28),114 die insbesondere die genaue Festlegung der Kontrollschwelle (Art. 5 Abs. 3 TBD, → 28.34) oder die Anwendung des Verhinderungsverbots und der Durchbrechungsregel (vgl. Art. 9 ff. TBD, → 28.77, 28.100 ff.) ausdrücklich dem jeweiligen Mitgliedstaat überlässt. Aber gerade auch die Rs. Idryma Typou zeigt anschaulich das Zusammenspiel und die Interrelation von Harmonisierungsmaßnahmen und Kontrolle am Maßstab der Grundfreiheiten: Wie der EuGH zu Recht und über109 Vgl. EuGH v. 2.6.2005, Kommission ./. Italien, C-174/04, ECLI:EU:C:2005:350, Rn. 36. 110 Auch hier betonte der EuGH allerdings, dass die mit der Regelung verbundene abschreckende Wirkung für Investoren aus anderen Mitgliedstaaten sogar noch größer sei als für solche aus Griechenland, da es für diese schwieriger sei, mit anderen Aktionären Allianzen zu schließen, um die Programmgestaltung zwecks Haftungsvermeidung zu beeinflussen, vgl. EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU:C:2010:622, Rn. 59. 111 Vgl. J. Schmidt EWiR 2010, 693, 694. 112 Vorbehaltlich natürlich des – wohl eher seltenen – Ausnahmefalls, dass eine Harmonisierungsmaßnahme selbst primärrechtswidrig ist. 113 Vgl. die Nachweise in Fn. 108 sowie weiter etwa EuGH v. 12.10.1993, Vanacker und Lesage, C-37/92, ECLI:EU:C:1993:836, Rn. 9; EuGH v. 13.12.2001, DaimlerChrysler, C-324/99, ECLI:EU:C:2001:682, Rn. 32; EuGH v. 11.12.2003, Deutscher Apothekerverband, C-322/01, ECLI:EU:C:2003:664, Rn. 64; EuGH v. 1.10.2009, HSBC Holdings plc und Vidacos Nominees, C-569/07, ECLI:EU:C:2009:594, Rn. 26; EuGH v. 17.11.2015, RegioPost, C-115/14, ECLI:EU:C:2015:760, Rn. 57. Dasselbe gilt im EWR-Kontext, vgl. EFTA-Gerichtshof v. 19.7.2012, ESA ./. Norwegen, E-9/11, [2012] EFTA Ct. Rep. 442, Rn. 72. 114 Vgl. auch Andenas/Gütt/Pannier EBLR 2005, 757, 783 ff.; Pläster EWS 2008, 175, 178 ff.; Reichert FS K. Schmidt, 2009, S. 1341, 1355 f.

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§ 16 Mitbestimmung und unternehmensrechtlich relevante Arbeitnehmerrechte

§ 16 Mitbestimmung zeugend ausgeführt und unternehmensrechtlich hat, etablierte die PubRL (die relevante nun in die GesRRL integriert wurde) zwar keinen allgemeinen Grundsatz des europäischen Gesellschaftsrechts, dass die Arbeitnehmerrechte Haftung eines Aktionärs/Gesellschafters einer von ihr erfassten Kapitalgesellschaftsform für Gesellschaftsverbindlichkeiten unter allen Umständen ausgeschlossen ist (→ 18.12). Den Mitgliedstaaten ist es also grundsätzlich nicht verwehrt, im nationalen Gesellschaftsrecht Durchgriffshaftungstatbestände vorzusehen; solche müssen sich aber u.U. an den Maßstäben der Art. 49, 63 AEUV messen lassen.115 15.36 Als Fazit bleibt somit festzuhalten: Die Diskussion um eine allgemeine Kontrolle des nationalen Gesellschaftsrechts ist zwar sicherlich alles andere als ein „much ado about nothing“; andererseits sollte man aber auch bei aller gebotenen Vorsicht nicht gleich das „Schreckgespenst“ eines „coup de grâce“ für die Regelungsautonomie der nationalen (Gesellschaftsrechts-)Gesetzgeber an die Wand malen.

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§ 16 Mitbestimmung und unternehmensrechtlich relevante Arbeitnehmerrechte Literatur: Zur Arbeitnehmerbeteiligung im Rahmen der CBMD → 22, zur SE → 45, zur SCE → 46. Zur BÜRL → 42; zur EBRRL → 43. Zur Unionsrechtskonformität der deutschen Mitbestimmung: Bayer, Walter, Die Erosion der deutschen Mitbestimmung, NJW 2016, 1930; Bock, Mathias, Mitbestimmung und Niederlassungsfreiheit, 2007; Frohnmayer, Thomas/Klein-Wiele, Christian, Arbeitnehmer im Aufsichtsrat: Ausweitung oder Ende des deutschen Mitbestimmungsrechts?, FuS 2015, 240 ff.; Giedinghagen, Jan/Kempermann, Maximiliane, Unternehmerische Mitbestimmung: Berücksichtigung auch von Arbeitnehmern im Ausland?, GmbHR 2015, R161 f.; Habersack, Mathias/Behme, Caspar/Eidenmüller, Horst/Klöhn, Lars (Hrsg.), Deutsche Mitbestimmung unter europäischem Reformzwang, 2016; Hammen, Horst, Unternehmerische Mitbestimmung von Arbeitnehmern ausländischer Konzernunternehmen?, Konzern 2016, 105 ff.; Hanau, Peter, Prof. Riebles Einsatz für die Mitbestimmung, ZIP 2015, 1147; Hellwig, Hans-Jürgen/ Behme, Caspar, Die deutsche Unternehmensmitbestimmung im Visier von Brüssel? Zugleich Anmerkungen zu den mitbestimmungsrechtlichen Ausführungen des Reports of the Reflection Group on the Future of EU Company Law, AG 2015, 333 ff.; Heuschmid, Johannes/Ulber, Daniel, Unternehmensmitbestimmung auf dem Prüfstand des EuGH, NZG 2016, 102 ff.; Kainer, Friedemann, Die unternehmerische Mitbestimmung im Fokus des Unionsrechts. Überlegungen zum Vorlagebeschluss des KG an den EuGH, IWRZ 2016, 57 ff.; Latzel, Clemens, Gleichheit in der Unternehmensmitbestimmung, 2010; Mense, Christian/Klie, Marcus, Berücksichtigung auch der Belegschaft im Ausland für die Frage der Anwendbarkeit der paritätischen Mitbestimmung?, DStR 2015, 1508 ff.; Nienerza, Michael, Unternehmerische Mitbestimmung in grenzüberschreitenden Konzernen, 2005, S. 70; Prinz, Thomas, Der forschende Jurist oder deutsche Unternehmensmitbestimmung und Europa, SAE 2015, 67 ff.; Rehberg, Markus, Endlich Schluss mit dem arbeitsrechtlichen Territorialitätsprinzip?, Beschluss des Landgerichts Frankfurt/Main vom 16.2.201, EuZA 8 (2015) 369 ff.; Rödl, Florian, Diskriminierende Mitbestimmung?, JZ 2016, 980; Schmid, Erik, Mit im Ausland beschäftigten Arbeit-

115 Vgl. J. Schmidt EWiR 2010, 693, 694.

§ 16 Mitbestimmung und unternehmensrechtlich relevante Arbeitnehmerrechte

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nehmern zum mitbestimmten Aufsichtsrat?, Der Konzern 2015, 208 ff.; Schubert, Claudi, Beteiligung von Arbeitnehmern in ausländischen Betrieben und Tochtergesellschaften an der Unternehmensmitbestimmung in deutschen Konzernen, AG 2017, 369; Wansleben, Till, Deutsche Unternehmensmitbestimmung und Unionsrecht – Ausgangs- und Folgefragen −, WM 2017, 785; Winter, Michael/Marx, Eric/De Decker, Nadine, Zählen und wählen Arbeitnehmer im Ausland nach deutschem Mitbestimmungsrecht?, NZA 2015, 1111 ff.; Rechtsprechung: EuGH: EuGH v. 18.7.2017, Erzberger, C-566/15, ECLI:EU:C:2017:562 Deutsche Gerichte: OLG Zweibrücken v. 20.2.2014 – 3 W 150/13, NZG 2014, 740 LG Frankfurt a.M. v. 16.2.2015 – 3-16 O 1/14, ZIP 2015, 634 („Deutsche Börse“) KG v. 16.10.2015 – 14 W 89/15, NZG 2015, 1311 („Erzberger ./. TUI AG“) OLG Frankfurt a.M. v. 17.6.2016 – 21 W 91/15, NZG 2016, 1186 („Deutsche Börse“) OLG München v. 20.2.2017 − 31 Wx 321/15, ZIP 2017, 476

I.  Mitbestimmung 1.  Die Mitbestimmung als „Gretchenfrage“ des Europäischen Unternehmensrechts Die unternehmerische Mitbestimmung ist die „Gretchenfrage“ des Europäischen Un- 16.1 ternehmensrechts. An den in diesem Punkt extrem unterschiedlichen Philosophien und Konzeptionen der Mitgliedstaaten sind im Verlauf der Jahrzehnte eine ganze Reihe großer Harmonisierungsprojekte gescheitert; so insbesondere auch die 5. (Struktur-) RL (→ 9.47 f.) und die SPE (→ 47.1 ff.). Aber auch bei der SE, der SCE und der CBMD war die Mitbestimmung jahrzehntelang ein neuralgischer Punkt: Erst nachdem hier 2001 ein Kompromiss gefunden wurde, konnte die SE nach rund vier Jahrzehnten endlich Realität werden (→ 45.4 f.) und das in der SE-RL implementierte Mitbestimmungsmodell wurde dann auch zur Blaupause für die Mitbestimmungsregeln in der SCE-RL (→ 46.113 f.) und Art. 16 CBMD (G Art. 133 GesRRL, → 22.159 ff.), → 16.6. Hintergrund ist, wie bereits angedeutet, das extrem weite Spektrum der Mitbe- 16.2 stimmungsphilosophien der nationalen Rechtsordnungen. Am einen Ende steht das UK, wo unternehmerische Mitbestimmung völlig unbekannt ist. Am anderen Ende findet sich Deutschland mit paritätischer Mitbestimmung für AG, KGaA, GmbH und Genossenschaften mit mehr als 2000 Arbeitnehmern (vgl. §§ 1 Abs. 1, 7 Abs. 1 MitbestG) und Drittelbeteiligung bei AG, KGaA, GmbH, VVaG und Genossenschaften mit mehr als 500 Arbeitnehmern (vgl. §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 DrittelbG). Dazwischen findet sich ein buntes Feld unterschiedlichster Konzepte und Modelle.1 In Dänemark 1  Übersicht in der Datenbank „Arbeitnehmervertretungen in Europa“ der Hans-BöcklerStiftung: sowie ausführlicher bei Schulte-Wrede, Hendrik, Arbeitnehmerbeteiligung in Europa, 2014, Teil 3, S. 20 ff. (Überblick) und Teil 4, S. 27 ff. (Länderdarstellungen).

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haben die Arbeitnehmer von A/S und ApS z.B. das Recht, ein Drittel (mindestens aber zwei) der Mitglieder des boards zu wählen, wenn die Gesellschaft in den letzten drei Jahren durchschnittlich mehr als 35 Arbeitnehmer beschäftigt hat.2 2.  Unionsrechtskonformität der deutschen Mitbestimmung 16.3 Schon seit Langem wird allerdings kontrovers diskutiert, ob die deutsche Mitbestimmung in ihrer derzeitigen Ausgestaltung überhaupt unionsrechtskonform ist. Aufgrund einer Vorlage des KG konnte diese Frage 2017 zumindest teilweise höchstrichterlich vom EuGH geklärt werden. Gegenstand der Vorlage des KG in der Rs. Erzberger war allerdings nur, ob die Beschränkung des aktiven und passiven Wahlrechts auf im Inland beschäftigte Arbeitnehmer mit Art. 18 AEUV (Diskriminierungsverbot) und Art. 45 AEUV (Freizügigkeit der Arbeitnehmer) vereinbar ist.3 Nicht Gegenstand der Vorlage war hingegen die in engem Zusammenhang damit stehende Frage4, ob ausländische Arbeitnehmer auch bei der Berechnung der maßgeblichen Schwellenwerte mitzuzählen sind. Das LG Frankfurt a.M. hat sie in einem Beschluss v. 16.2.20155 − entgegen der bislang ganz h.M.6 − bejaht. Das im Wege der Beschwerde hiergegen angerufene OLG Frankfurt hat das Verfahren bis zur EuGHEntscheidung über die KG-Vorlage ausgesetzt.7 Ebenso hat auch das mit derselben Problematik befasste OLG München das Verfahren bis zur EuGH-Entscheidung ausgesetzt.8 Der EuGH hat in seinem Urteil v. 18.7.2017 in der Rs. Erzberger entschieden, dass die Beschränkung des aktiven und passiven Wahlrechts auf im Inland beschäftigte Arbeitnehmer mit Art. 45 AEUV vereinbar ist.9 2  Vgl. § 140 Selskabsloven. Dazu Lekvall (ed.), The Nordic Corporate Governance Model, 2014, S. 148 f. 3  KG NZG 2015, 1311 („Erzberger ./. TUI AG“) (anhängig als C-566/15). Dazu Frohnmayer/ Klein-Wiele FuS 2015, 240 ff.; Giedinghagen/Angelé EWiR 2015, 761 f.; Heuschmid/Ulber NZG 2016, 102 ff.; Jacobi ArbR 2016, 11 f.; Kainer IWRZ 2016, 57 ff.; Rödl JZ 2016, 980 ff.; Schrader ArbRAktuell 2015, 559; Schröter GWR 2015, 521; Verse/Wiersch EuZW 2016, 330, 331 f.; Wansleben WM 2017, 785 ff.; vgl. zur Vorinstanz auch Winstel EWiR 2015, 635 f. 4  S. zu beiden Fragen ferner auch die Beiträge von Hellgardt und Krause in: Habersack/ Behme/Eidenmüller/Klöhn (Hrsg.), Deutsche Mitbestimmung unter europäischem Reformzwang, 2016, S. 24 ff., 46 ff. 5  LG Frankfurt a.M. ZIP 2015, 634 („Deutsche Börse“). Dazu Giedinghagen/Kempermann GmbHR 2015, R161 f.; Hammen Konzern 2016, 105 ff.; ders. WuB 2015, 644 ff.; Hanau ZIP 2015, 1147; Hellwig/Behme AG 2015, 333 ff.; Josupeit/von Eiff GWR 2015, 209; Lunk ArbRB 2015, 239; Mense/Klie DStR 2015, 1508 ff.; Prinz SAE 2015, 67 ff.; Rehberg EuZA 8 (2015) 369 ff.; Sachadae jurisPR-ArbR 20/2015; Schmid Der Konzern 2015, 208 ff.; Seibt DB 2015, 912 ff.; Verse/Wiersch EuZW 2016, 330, 331 f.; Wansleben EWiR 2015, 245 ff.; Winter/Marx/De Decker NZA 2015, 1111 ff.; Wißmann ArbRAktuell 2015, 259; Zimmermann BB 2015, 1792. 6  Vgl. MüKoAktG/Gach § 1 MitbestG Rn. 22; ErfK/Oetker Einl. MitbestG Rn. 6 m.w.N. 7  OLG Frankfurt NZG 2016, 1186 („Deutsche Börse“). Dazu Seibt DB 2016, 1743 ff. 8  OLG München ZIP 2017, 476. Dazu Fuchs/Grimm EWiR 2017, 457 f.; Salger IWRZ 2017, 175. 9 EuGH v. 18.7.2017 Erzberger, C-566/15, ECLI:EU:C:2017:562. Dazu Monz/Wendler BB 2017, 1788; Schanze AG 2017, 573 ff.; Schilha EWiR 2017, 489 f. Vgl. zu den Schluss-

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Ob das „Nicht-Mitzählen“ der im Ausland beschäftigten Arbeitnehmer unions- 16.4 rechtskonform ist, hat der EuGH hingegen nicht entschieden. Sofern man dies für unionsrechtswidrig erachtet, stellt sich zunächst die Frage, ob eine unionsrechtskonforme Auslegung der lex lata möglich ist. Dies ist – ungeachtet manch gegenteiliger Stimmen10 – zu bejahen.11 Unabhängig davon sollte der deutsche Gesetzgeber die Rs. Erzberger zum Anlass für eine grundlegende Reform des deutschen Mitbestimmungsrechts nehmen.12 Neben der ausdrücklichen Ausdehnung auch auf im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer wäre insbesondere auch die Einführung der Möglichkeit einer verhandelten Mitbestimmung nach dem Vorbild von SE und grenzüberschreitender Verschmelzung ein wichtiges Desiderat.13 3.  Das Mitbestimmungsmodell von SE, SCE und CBMD So wenig das Thema Mitbestimmung wegen der vollkommen unterschiedlichen Phi- 16.5 losophien in den Mitgliedstaaten (→ 16.1 f.) für die allgemeine Rechtsangleichung Bedeutung erlangen konnte, so klar war andererseits, dass für die europäischen Rechtsformen EWIV (→ 44), SE (→ 45) und SCE (→ 46) sowie die grenzüberschreitende Verschmelzung (→ 22) eine Lösung gefunden werden musste. Bei der EWIV war man einer Lösung noch ausgewichen, indem man sie so vielfältig beschränkt hat, dass sie als Rechtsform eines „normalen“ Unternehmens ausscheidet (→ 44.3, 44.11 ff.). Diese Taktik war bei der SE nicht möglich − und deshalb haben die Arbeiten an ihr auch über 40 Jahre gedauert (→ 45.1 ff.). Der entscheidende Durchbruch bei den Verhandlungen zur SE gelang durch das „Wunder von Nizza“ (→ 45.5), weil man sich auf eine Drei-Stufen-Lösung verständigen konnte14 (→ 45.186 ff.): anträgen von GA Saugmandsgaard Øe v. 4.5.2017 (ECLI:EU:C:2017:347): Heuschmid/ Videbaek EuZW 2017, 419 ff.; Kort NZG 2017, 703 ff.; Kruchen AG 2017, 385 ff.; Stolzenberg DB 2017, 1077. 10 KG NZG 2015, 1311 Rn. 15; Bock, Mitbestimmung und Niederlassungsfreiheit, 2007, S. 202; Fischer NZG 2014, 737, 738; Rehberg EuZA 8 (2015) 369, 378; Schubert AG 2017, 369, 370 f.; Wansleben WM 2017, 785, 790 ff.; Winter/Marx/De Decker NZA 2015, 1111, 1112 ff.; H. Wißmann FS Wank, 2014, S. 695, 704; Zimmermann BB 2015, 1792. 11  Vgl. näher J. Schmidt in: Habersack/Behme/Eidenmüller/Klöhn (Fn. 4), S. 70 ff.; für die Möglichkeit einer unionsrechtskonformen Auslegung auch OLG Zweibrücken NZG 2014, 740; Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1933; U/H/H/Henssler § 3 MitbestG Rn. 54 f.; Latzel, Gleichheit in der Unternehmensmitbestimmung, 2010, Rn. 745 ff.; Nienerza, Unternehmerische Mitbestimmung in grenzüberschreitenden Konzernen, 2005, S. 70; Teichmann ZIP 2010, 847, 848; sympathisierend auch Giedinghagen/Angelé EWiR 2015, 761, 762; Heuschmid/Ulber NZG 2016, 102, 105. 12  Vgl. auch die Entschließung des Bundesrats v. 10.2.2017, BR-Drs. 740/16(B). 13  Vgl. auch Bayer NJW 2016, 1930, 1935 f.; Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1933; J. Schmidt (Fn. 11), S. 70, 80; Wansleben WM 2017, 785, 794. Näher zu verschiedenen Reformvorschlägen bzw. -möglichkeiten ferner auch die Beiträge von Wansleben, Teichmann, Hellwig und Köstler in: Habersack/Behme/Eidenmüller/Klöhn (Fn. 4), S. 108 ff., 135 ff., 162 ff., 173 ff.; s. ferner auch Teichmann ZIP 2016, 899 ff. 14  Eingehend zur Grundkonzeption des Mitbestimmungskonzepts bei der SE etwa: Henssler GesRZ 2011, 6, 7 ff.

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(i) Natürliche Personen sind von der Gründung einer SE ausgeschlossen; damit steht der status quo der (nationalrechtlichen) Mitbestimmung für die Auffang­ lösung (iii) fest. (ii) Die SE-RL verlangt die Bildung eines sog. Besonderen Verhandlungsgremiums (BVG) aus den Arbeitnehmern der an der Gründung beteiligten Gesellschaften. Dieses BVG führt sodann Verhandlungen mit den Leitungs- bzw. Verwaltungsorganen der an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaften über die Mitbestimmung in der künftigen SE (→ 45.186 ff.). (iii) Kommt es innerhalb der maßgeblichen Frist von grundsätzlich 6 Monaten (die aber auf bis zu 1 Jahr verlängert werden kann, → 45.189) nicht zu einer Vereinbarung zwischen den Leitungen der beteiligten Gesellschaften und dem BVG oder wird diese Vereinbarung von einer Haupt- oder Gesellschafterversammlung einer der beteiligten Gesellschaften abgelehnt, so kommt es zur sog. Auffanglösung, im Rahmen derer sich der Umfang der unternehmerischen Mitbestimmung in der (künftigen) SE nach der Art der Gründung und dem bisherigen Mitbestimmungslevel in den beteiligten Gesellschaften richtet (→ 45.190 f.). 16.6 Das Modell der SE-RL wurde sodann – mit genossenschaftsspezifischen Modifikationen – auch auf die SCE übertragen (→ 46.113 f.) sowie – mit einigen durchaus signifikanten Liberalisierungen − auch auf die grenzüberschreitende Verschmelzung (Art. 133 GesRRL [G Art. 16 CBMD], → 22.159 ff.). Der Entwurf für eine SPE-VO baute ebenfalls auf dem SE-Modell auf (→ 47.85 ff.). Das SE-Modell ist damit letztlich zum „Basismodell“ für das europäische Mitbestimmungsrecht avanciert.15 I. 

II.  Informationsrechte 1.  BÜRL 16.7 Schon sehr früh (1977) sind mit der BÜRL (→ 16.12, 42) spezielle Informationsrechte der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang geschaffen worden, die aufgrund ausdrücklicher Verweisung in Art. 98 GesRRL (G Art. 12 FusRL, → 20.122) und Art. 145 GesRRL (G Art. 11 SpRL, → 21.88) auch für die Verschmelzung und Spaltung gelten. Sowohl Veräußerer als auch Erwerber treffen gem. Art. 7 BÜRL umfassende Informations- und Konsultationspflichten gegenüber den Arbeitnehmervertretern bzw. subsidiär den Arbeitnehmern selbst (→ 42.38 ff.). 2.  EBR-RL 16.8 Sehr viel weitergehende allgemeine Informations- und Anhörungsrechte der Arbeitnehmer in international tätigen Unternehmen und Konzernen hat die RL über Europäische Betriebsräte (EBR-RL) von 1994, die 2009 neu gefasst wurde, gebracht 15  Vgl. ähnlich auch Henssler GesRZ 2011, 6, 7 f.

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(→ 43). Ihr Ansatz ist das europaweit erfolgreiche System der Betriebsräte, das damit seine erste europäische Verfestigung erlebte. Allerdings: Durch die EBR-RL werden nicht etwa die Zuständigkeiten der nationalen Betriebsräte „internationalisiert“, d.h. über die Grenze hinweg ausgedehnt, sondern es wird ein neues Arbeitnehmerorgan mit Vertretern aus allen Unternehmen des betreffenden Konzerns im EU/EWR-Raum geschaffen. 3.  Rahmen-RL Als wirklicher „Durchbruch zu einer europäischen Betriebsverfassung“16 wurde viel- 16.9 fach die Rahmen-RL 2002/14/EG über Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer17 bezeichnet. Aus ihr ergeben sich für Arbeitnehmervertreter umfassende Informations- und Konsultationsrechte. Sie ergänzen die spezifischen Rechte bei Massenentlassungen, beim Betriebsübergang sowie die Europäischer Betriebsräte. Die Informations- und Konsultationsrechte nach der Rahmen-RL umfassen gem. 16.10 Art. 4 Abs. 2 Unterrichtung und Anhörung zu: (a) der jüngsten Entwicklung und der wahrscheinlichen Weiterentwicklung der Tätigkeit und der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens oder des Betriebs; (b) Beschäftigungssituation, Beschäftigungsstruktur und wahrscheinlicher Beschäftigungsentwicklung im Unternehmen oder Betrieb sowie ggf. geplanten antizipativen Maßnahmen, insbesondere bei einer Bedrohung für die Beschäftigung; (c) Entscheidungen, die wesentliche Veränderungen der Arbeitsorganisation oder der Arbeitsverträge mit sich bringen können, einschließlich Massenentlassungen und Betriebsübergänge. Das hierdurch entstandene allgemeine System von Unterrichtung und Anhörung 16.11 war für einige Mitgliedstaaten gänzlich neu.18 Doch selbst für den „Weltmeister in Sachen Mitbestimmung“19 Deutschland, der die in der RL gesetzten Mindeststandards teils deutlich übertrifft, könnte – entgegen der Rechtsauffassung der Bundesregierung – noch Umsetzungsbedarf bestehen.20

16 Vgl. Reichhold NZA 2003, 289; Thüsing § 10 Rn. 49. 17  RL 2002/14/EG des EP und des Rates v. 11.3.2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft, ABlEG v. 23.3.2002, L 80/29. Dazu Kocher § 6 Rn. 4 ff.; Preis/Sagan/MüllerBonanni/Jenner § 12 Rn. 201 ff.; Thüsing § 10 Rn. 49 ff.; s. ferner Bonin AuR 2004, 321 ff.; Franzen FS Birk, 2008, S. 97 ff.; Brors, Das System der Arbeitnehmer-Beteiligungs-Richtlinien, 2005; Reichold NZA 2003, 289 ff.; Schäfer, Der europäische Rahmen für die Arbeitnehmermitwirkung, 2005; Schlachter EuZA 8 (2015) 149 ff.;Wedde AiB 2005, 265 ff.; Weiss NZA 2003, 177, 182 ff.; Woodridge (2003) 24 Co Law 182 ff. 18 Vgl. Thüsing § 10 Rn. 51 m.w.N. 19 Vgl. Thüsing § 10 Rn. 51 m.w.N. 20  Vgl. näher Reichhold NZA 2003, 289 ff.; Thüsing § 10 Rn. 51 m.w.N.

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III.  Übergang der Arbeitsverhältnisse bei Betriebsübergang 16.12 Die bereits angesprochene BÜRL (→ 16.7, 42) hat neben Informationsrechten aber vor allem den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse bei Betriebsübergang, Verschmelzung und Spaltung europaweit festgeschrieben − wobei es völlig gleichgültig ist, ob der Erwerber ein in- oder ausländisches Unternehmen ist. Sie ist in Deutschland insbesondere durch § 613a BGB umgesetzt (→ 42.7). Die BÜ-RL ist unternehmensrechtlich von großer Bedeutung, weil sie die Vertragsfreiheit bei der Veräußerung von Unternehmen oder Unternehmensteilen bzw. Betrieben oder Betriebsteilen öffentlichen oder privaten Rechts wesentlich beschränkt: Der Erwerber muss die bisher im Betrieb Beschäftigten übernehmen, kann den ipso iure-Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf sich nicht verhindern. Wie weit dieses Prinzip in den Augen des EuGH reicht und wie weit daher auch § 613a BGB richtlinienkonform auszulegen ist, gab und gibt indes erheblichen Grund zur Sorge (näher, speziell zur Problematik der sog. Funktionennachfolge → 42.13 ff.).

IV.  Zusammenfassung und Ausblick 16.13 Man muss heute in Europa zwischen der unternehmerischen Mitbestimmung einerseits und sonstigen Arbeitnehmerrechten (z.B. Freizügigkeit, Diskriminierungsschutz, Schutz bei Betriebsübergang und Massenentlassung sowie Information und Konsultation) andererseits unterscheiden. Während bei der unternehmerischen Mitbestimmung die nationalen Lösungen sakrosankt sind und bislang jedem Gedanken an eine Angleichung entgegenstehen, ist Europa bei den anderen Arbeitnehmerrechten durchaus flexibel und nimmt − wie etwa beim Diskriminierungsschutz − durchaus eine Vorreiterrolle ein. In diesen für die Arbeitnehmer wichtigen Bereichen kann man also mit weiteren unionsrechtlichen Maßnahmen rechnen. Bei der unternehmerischen Mitbestimmung wird es dagegen wohl auf absehbare Zeit bei den sehr unterschiedlichen nationalen Lösungen bleiben – von „Null-Mitbestimmung“ (wie etwa im UK) bis zur paritätischen Mitbestimmung in Deutschland −, die dann auch als Auffangmodelle für europäische Unternehmensformen zur Anwendung kommen. Allenfalls die europäische „Erfindung“ der Verhandlungslösung (SE, SCE, grenzüberschreitende Verschmelzung) könnte in die nationalen Mitbestimmungsrechte Eingang finden; entsprechende Vorschläge gibt es etwa in Deutschland21.

21  Vgl. insbesondere Arbeitskreis Unternehmerische Mitbestimmung ZIP 2010, 885 ff. (diesem gehört auch der Autor Lutter an); Hommelhoff ZGR 2010, 48 ff.

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(2014) 27 Insolv. Int. 81; Zipperer, Helmut, Der präventive Restrukturierungsrahmen – ein flankierendes Projekt der Kommission zur Effektivierung der EuInsVO, ZInsO 2016, 831. EuInsVO 2015: Albrecht, Achim, Die Reform der EuInsVO nimmt Fahrt auf – der Änderungsvorschlag der Europäischen Kommission in der Übersicht, ZInsO 2013, 1876; ders., Die Reform der EuInsVO ist abgeschlossen – eine Übersicht, ZInsO 2015, 1077; Bork, Reinhard, Annexzuständigkeiten nach Art. 6 EuInsVO, in: Paulus, Christoph G. (Hrsg.), Festschrift für Siegfried Beck zum 70. Geburtstag, 2016, S. 49; Bourbouloux, Hélène/Loste, Armelle, Vers une amélioration du traitement de l’insolvabilité des groupes, Rev. proc. coll. 2015, n° 1, dossier 8; Brinkmann, Moritz, Von COMI, forum shopping und Insolvenztourismus – Ein kurzer Rundgang durch das internationale Insolvenzrecht, BRJ 2013, 5; Brünkmans, Christian, Auf dem Weg zu einem europäischen Konzerninsolvenzrecht – Zum Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung der EuInsVO, ZInsO 2013, 797; ders., Die Sanierung von Konzernen in Europa – Zur Sanierung von Konzernen im Lichte der Europäischen Insolvenzverordnung und des aktuellen Reformvorschlags der Europäischen Kommission, Konzern 2013, 234; Brulard, Yves, Les groupes et les procédures de pré-insolvency: le signe d’un changement de nature du nouveau Règlement insolvabilité ?, Rev. proc. coll. 2015, n° 1, dossier 4; Carballo Piñeiro, Laura, Towards the reform of the European Insolvency Regulation: codification rather than modification, NiPR 2014, 207; Cohen, Adrian/Dammann, Reinhard/Sax, Stefan, Final text for the Amended EU Regulation on Insolvency proceedings, IILR 2015, 117; Commandeur, Anja/Römer, Alexander, Aktuelle Entwicklungen im Insolvenzrecht – Neufassung der Europäischen Insolvenzordnung, NZG 2015, 988; Dammann, Reinhard, Sinn und Zweck von Sekundärverfahren nach der Reform der EuInsVO, in: Paulus, Christoph G. (Hrsg.), Festschrift für Siegfried Beck zum 70. Geburtstag, 2016, S. 74; Dammann, Reinhard/Menjucq, Michel/Roussel Galle, Philippe, Le nouveau règlement européen sur les procédures d’insolvabilité, Rev. proc. coll. 2015, n° 1, étude 2; Dammann, Reinhard/Rapp, Alexis, La clarification du rôle joué par la procédure secondaire dans l’architecture du règlement relatif aux procédures d’insolvabilité transfrontalières, D. 2015, 45; de Weijs, R.J. /Breeman, M.S., European Insolvency Law?, ECFR 2014, 495; Ebke, Werner F./Humpenöder, Leo, Internationales Insolvenzrecht und die Europäische Insolvenzverordnung, in: Ebke, Werner F./Seagon, Christopher/ Blatz, Michael (Hrsg.), Unternehmensrestrukturierung und Unternehmensinsolvenz, 2016, S. 107; Eble, Maximilian J. Die Unternehmensgruppe in der Europäischen Insolvenzverordnung 2017, in: Ebke, Werner F./Seagon, Christopher/Blatz, Michael (Hrsg.), Unternehmensrestrukturierung und Unternehmensinsolvenz, 2016, S. 131; ders., Auf dem Weg zu einem europäischen Konzerninsolvenzrecht – Die „Unternehmensgruppe“ in der EuInsVO 2017, NZI 2016, 115; ders., Der Gruppenkoordinator in der reformierten EuInsVO - Bestellung, Abberufung und Haftung, ZIP 2016, 1619; Eidenmüller, Horst, A New Framework for Business Restructuring in Europe: The EU Commission’s Proposals for a Reform of the European Insolvency Regulation and Beyond, (2013) 20 MJ 133; Eidenmüller, Horst/Frobenius, Tilmann, Ein Regulierungskonzept zur Bewältigung von Gruppeninsolvenzen: Verfahrenskonsolidierung im Kontext nationaler und internationaler Reformvorhaben, Beil. zu ZIP 22/2013, 1; Fehrenbach, Markus Die reformierte Europäische Insolvenzverordnung (Teil I), GPR 2016, 282 u. GPR 2017, 38; Fierbint¸eanu, Gabriela, Amending Regulation (EC) No.1346/2000 on Insolvency Proceedings – Solving Deficiencies or Attempt to Rescue Companies in Difficulty?, (2013) 2 LESIJ 7; Frind, Frank/Pannen, Klaus, Einschränkung der Manipulation der insolvenzrechtlichen Zuständigkeiten durch Sperrfristen – ein Ende des Forum Shopping in Sicht?, ZIP 2016, 398; Fritz, Daniel Friedemann, Besser Sanieren in Deutschland? Wesentliche Aspekte der Einpassung der Europäischen Insolvenzverordnung in das deutsche Recht, BB 2017, 131; Garcimartín, Francisco, The EU Insolvency Regulation Recast: Scope, Jurisdiction and Applicable Law, ZEuP 2015, 694; Graf-Schlicker, Marie-Luise, Das europäische Insolvenzpaket – Aufbruch zu einem europäischen Insolvenzrecht?, in: Bork, Reinhard/Kayser, Godehard/Kebekus, Frank (Hrsg.), Festschrift für Bruno Kübler zum 70. Geburtstag, 2015, S. 195; Henry, Laurence Caroline, Le nouveau règlement «insolvabilité»: entre continuité et innovations,

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EuGH v. 10.12.2015, Kornhaas, C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806 EuGH v. 26.10.2016, Senior Home, C-195/15, ECLI:EU:C:2016:804 EuGH v. 9.11.2016, ENEFI, C-212/15, ECLI:EU:C:2016:841 EuGH v. 8.6.2017, Vinyls Italia, C-54/16, ECLI:EU:C:2017:433 Deutsche Gerichte (Auswahl): OLG Köln v. 23. 4. 2001 − 2 W 82/01, NZI 2001, 380 AG Köln v. 23.1.2004 − 71 IN 1/04, NZI 2004, 151 („Automold“) AG Düsseldorf v. 12.3.2004 − 502 IN 126/03, NZG 2004, 426 („ISA Daisytek“) AG Celle v. 18.4.2005 − 29 IN 11/05, NZI 2005, 410 AG Mönchengladbach v. 27.4.2004 − 19 IN 54/04NZI 2004, 383 („WHI Ltd.“) AG München v. 4.5.2004 − 1501 IE 1276/04, NZI 2004, 450 („Hettlage“) AG Siegen v. 1.7.2004 − 25 IN 154/04, NZI 2004, 673 („Zenith“) AG Offenburg v. 2.8.2004 − 2 IN 133/04, NZI 2004, 673 („HUKLA“) AG Saarbrücken v. 25.2.2005 − 106 IN 3/05, ZIP 2005, 2027 („HTB-Orange Ltd.“) AG Weilheim v. 22.6.2005 − IN 260/05, ZIP 2005, 1611 („AvCraft International Ltd.“) AG Hamburg v. 1.12.2005 − 67a IN 450/05, ZIP 2005, 2275 BGH v. 9.2.2006 − IX ZB 418/02, NZI 2006, 297 LG Leipzig v. 27.2.2006 − 12 T 1207/05, ZInsO 2006, 378 AG Hamburg v. 9.5.2006 − 67c IN 122/06, ZIP 2006, 1105 BGH v. 13.6.2006 − IX ZA 8/06, BeckRS 2006, 8542 AG Ludwigsburg v. 20.7.2006 – 1 IN 536/05-s, ZIP 2006, 1507 AG Nürnberg v. 15.8.2006 − 8004 IN 1326–1331/06, NZI 2007, 185 AG Hamburg, v. 16. 8. 2006 – 67a IE 1/06, ZIP 2006, 1642 BGH NZI v. 22.3.2007 − IX ZB 164/062007, 344 OLG Köln v. 17.10.2007 − 16 W 24/07, ZIP 2007, 2287 BGH v. 8.11.2007 − IX ZB 41/03, NZI 2008, 121 LG Göttingen v. 31.1.2008 − 10 T 11/08, NZI 2008, 191 AG Köln v. 18.2.2008 − 71 IK 585/07, NZI 2008, 390 AG Köln v. 19.2.2008 − 73 IE 1/08, NZI 2008, 257 („PIN II“) BGH v. 29.5.2008 − IX ZB 102/07, ZIP 2008, 1338 BGH ZIP v. 29.5.2008 – IX ZB 103/07, ZIP 2008, 2029 AG Köln v. 6.11.2008 − 71 IN 487/08, NZI 2009, 133 BGH v. 13.11.2008 − IX ZB 201/07, BeckRS 2008, 24714 AG Köln v. 11.2.2009 – 71 IN 487/07, ZIP 2009, 1242 AG Hamburg v. 11.2.2009 − 67c IE 1/09, ZIP 2009, 1024 LG München I v. 5.3.2009 − 14 T 21440/08, BeckRS 2009, 26607 OLG Saarbrücken v. 9.4.2009 – 4 W 134/09, EuZW 2009, 710 BGH v. 19.5.2009 − IX ZR 39/06, ZIP 2009, 1287 AG Hildesheim v. 18.6.2009 − 5 I IE 2/09, ZIP 2009, 2070 BGH v. 19.11.2009 − IX ZB 81/09, BeckRS 2009, 88525 BGH v. 17.9.2009 – IX ZB 51/09, BeckRS 2009, 26500 BGH v. 17.9.2009 − IX ZB 81/09, BeckRS 2009, 26363 BGH v. 29.4.2010 − 3 StR 314/09, NJW 2010, 2894 AG Köln v. 12.11.2010 – 71 IN 343/10, ZIP 2011, 631 LAG Frankfurt v. 14.12.2010 – 13 Sa 969/10, ZIP 2011, 289 BGH v. 21.12.2010 – IX ZB 227/09, ZIP 2011, 389 BGH v. 15.11.2010 – NotZ 6/10, ZIP 2011, 284 BGH v. 3.2.2011 – V ZB 54/10, WM 2011, 940 BAG v. 25.4.2013 – 6 AZR 49/12, NZI 2013, 758 BGH v. 10.9.2015 – IX ZR 304/13, NZI 2016, 93 BFH v. 27.1.2016 – VII B 119/15, NZI 2016, 929 BGH v. 15.3.2016 – II ZR 119/14, NZG 2016, 550

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Englische Gerichte (Auswahl): Enron Directo SA, High Court (Ch) v. 4.4.2002 (unveröffentlicht) Geveran Trading Co Ltd v Skjevesland, Registrar Jacques v. 15.7.2002, [2003] BPIR 73 Telia AB v Hilcourt (Docklands) Ltd, High Court (Ch) v. 16.10.2002, [2002] EWHC 2377 (Ch) Skjevesland v Geveran Trading Co Ltd (No. 4), High Court v. 11.11.2002, [2002] EWHC 2898 Crisscross, High Court (Ch) v. 20.5.2003 (unveröffentlicht) Re BRAC Rent-A-Car International, High Court (Ch) v. 7.2.2003, [2003] EWHC (Ch) 128 Ci4net, High Court Leeds v. 20.5.2004, ZIP 2004, 1769 Re Daisytek ISA Ltd., High Court Leeds v. 16.5.2003, [2004] BPIR 30 Re AIM Underwriting Agencies (Ireland) Limited, High Court (Ch) v. 2.7.2004, [2005] I.L.Pr. 22 Re Parkside Flexibles SA, High Court v. 9.2.2005, [2006] BCC 589 MG Rover I, High Court Birmingham v. 18.4.2005, [2005] EWHC 874 (Ch) = NZI 2005, 467 Sendo Limited v Sendo International Limited, High Court v. 29.6.2005, [2005] EWHC 1604 (Ch) Martin Vlieland-Boddy v. Clive Vlieland-Boddy, CA v. 27.7.2005, [2005] EWCA Civ 974 = NZI 2005, 571 Re Collins & Aikman Corp Group, High Court (Ch) v. 15.7.2005, [2006] BCC 606 Re MG Rover Belux SA/NV v. 30.3.2006, [2007] BCC 446 Re Collins & Aikman Europe SA v. 9.6.2006, [2006] EWHC 1343 (Ch) Hans Brochier Ltd. v. Exner, High Court (Ch) v. 15.8.2006, [2006] EWHC 2594 (Ch) = NZI 2007, 187 Stojevic v Komercni Banka AS, High Court (Ch) v. 20.12.2006, [2006] EWHC 3447 (Ch) = NZI 2007, 361 Official Receiver v Eichler, High Court (Ch) v. 19.6.2007, [2007] B.P.I.R. 1636 Re Lennox Holdings Plc, High Court (Ch) v. 20.6.2008, [2009] BCC 155 Syska v Vivendi Universal S.A., High Court (Ch) v. 2.10.2008, [2008] EWHC 2155 (Comm.) Re Nortel Networks SA, High Court (Ch) v. 11.2.2009, [2009] EWHC 206 (Ch) Official Receiver v Mitterfellner, Chief Registrar Baister v. 10.6.2009, [2009] B.P.I.R. 1075 Re Stanford International Bank Ltd., High Court (Ch) v. 3.7.2009, [2009] EWHC 1441 (Ch) Syska v Vivendi Universal S.A., CA v. 9.7.2009, [2009] EWCA Civ 677 Hellas II, High Court (Ch) v. 26.11.2009, [2009] EWHC 3199 (Ch) = ZIP 2010, 1816 Pillar Securitisation S.a.r.l. & Ors v Spicer & Shinners, High Court (Ch) v. 1.4.2010, [2010] EWHC 836 (Ch) Byers v Yacht Bull Corporation, High Court (Ch) v. 1.2.2010, [2010] EWHC 133 (Ch) Re Stanford International Bank Ltd., CA v. 25.2.2010, [2010] EWCA Civ 137 In the Matter of Gallery Capital S.A., High Court (Ch) v. 21.4.2010, 2010 WL 4777509 Re Eurodis Electron Plc, High Court v. 19.4.2011, [2011] EWHC 1025 (Ch) Französische Gerichte (Auswahl): Tribunal de Commerce de Nanterre v. 15.2.2006, D. 2006, 793 = [2006] BCC 681 („EMTEC“) Cour d’appel de Douai v. 2.5.2006, n° RG 05/06484 und 05/06708 (unveröffentlicht) Tribunal de Commerce de Paris v. 2.8.2006, D. 2006, 2329 („Eurotunnel“) Cour de Cassation v. 27.6.2006, n° 03-19863, Bulletin 2006 IV N° 149 S. 159 Tribunal de Grande Instance de Lure v. 29.3.2006, [2007] BCC 123 („Energotech SARL“) Cour de Cassation v. 9.10.2008, EuLF 2008 II-134 Cour de Cassation v. 28.10.2008, EuLF 2008 II-133 Cour de Cassation v. 15.10.2009, n° 08-17383 Cour d’appel de Colmar v. 31.3.2010, D. 2010, 1262 = ZIP 2010, 1460 Cour de Cassation v. 13.4.2010 („Médiasucre“), ABlEU v. 19.6.2010, C 161/36 Cour de Cassation v. 15.2.2011, n° 09-71436 („HSBC France“) Cour de Cassation v. 15.2.2011, n° 10-13832 („Schmitt“)

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Österreichische Gerichte (Auswahl): LG Klagenfurth v. 2.7.2004 − 41 S 75/04h, NZI 2004, 677 („Zenith“) OLG Wien v. 9.11.2004 − 28 R 225/04w, NZI 2005, 56 LG Leoben v. 31.08.2005 − 17 S 56/05, NZI 2005, 646 OLG Graz v. 20.10.2005 − 3 R 149/05, NZI 2006, 660 OGH v. 23.02.2005 − 9 Ob 135/04z, IPrax 2007, 225 OGH v. 16.1.2008 – 8 Ob 134/07z OLG Innsbruck v. 08.07.2008 − 1 R 176/08 d, ZIP 2008, 1648 Andere nationale Gerichte (Auswahl): Hoge Raad v. 9.1.2004, Zaaknr. R03/091HR Rechtbank Amsterdam v. 31.1.2007, ZIP 2007, 492 („BenQ Mobile“) Tribunale de Civile e Penale di Parma v. 19.2.2004, Re The Insolvency of Eurofood IFSC Limited, [2004] I.L.Pr. 14 Tribunale de Civile e Penale di Parma v. 15.6.2004, ZIP 2004, 2295 („Deutsche Parmalat GmbH“) Tribunale ordinario di Bari v. 12.10.2009, ABlEU v. 19.12.2009, C 312/21 („Interedil“) Municipal Court Fejer/Székesfehérvár v. 14.6.2004, NZI 2005, 58 („Parmalat Hungary“) LG Patra v. 2.5.2007, ZIP 2007, 1875

I.  Die Entwicklung des Europäischen Insolvenzrechts im Überblick 1.  Der Weg zur EuInsVO 2000 und ihre Kerninhalte

17

Das Internationale Insolvenz(verfahrens-)recht sollte ursprünglich gemeinsam mit 17.1 dem allgemeinen Internationalen Zivilprozessrecht geregelt werden; wegen der vielfältigen und komplexen insolvenzrechtlichen Sonderprobleme entschied man sich jedoch bereits Anfang der 1960er Jahre für eine separate Regelung.1 Nachdem schon 1963 eine Sachverständigenkommission eingesetzt worden war2, wurde 1970 ein Vorentwurf3 und 1980 ein Entwurf für ein EG-Konkursabkommen4 vorgelegt. Angesichts der sehr unterschiedlichen nationalen Insolvenzrechte gelang es jedoch nicht, einen Konsens zu erzielen, sodass die Beratungen 1985 eingestellt wurden.5 Zwischenzeitlich hatte der Europarat eine eigene Initiative gestartet, die in das Istanbuler Übereinkommen von 19906 mündete, welches aber von den EG-Mitgliedstaaten nie ratifiziert wurde7. Bereits 1989 war indes auch auf EG-Ebene ein neuer Anlauf gestar1 Vgl. Lemonty, Bericht zum Entwurf eines EG-Konkursabkommens, ZIP 1981, 547. 2 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 3. 3  Vorentwurf eines Übereinkommens über den Konkurs, Vergleiche und ähnliche Verfahren v. 16.2.1970, Dok. 3327/XIV/1/70. 4  Entwurf eines Übereinkommens über den Konkurs, Vergleiche und ähnliche Verfahren, Dok. III/D/72/80-DE, abgedruckt in ZIP 1980, 582 ff. und 811 ff. 5 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 3; MüKoBGB/Kindler IntInsR Rn. A 13; Fritz/Bähr DZWiR 2001, 221, 222. 6 European Convention on Certain International Aspects of Bankruptcy, 5.6.1990, ETS No. 136 (). 7 Maßgeblich hierfür waren insbesondere, dass das Übereinkommen eine Reihe von Vorbehalten zugelassen hätte, die ein großes Risiko für Verzerrungen zwischen den Vertrags-

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tet worden, der nach Vorlage eines ersten Entwurfs im Jahr 19928 schließlich 1995 zu einem „Europäischen Übereinkommen über Insolvenzverfahren“9 führte, welches aber letztlich doch scheiterte, weil das UK vor dem Hintergrund des BSE-Streits und der Gibraltarfrage die Zeichnungsfrist auslaufen ließ10. Nachdem dann jedoch mit dem Vertrag von Amsterdam v. 2.10.199711 in Art. 61 lit. c, 65 lit. c, 67 EGV die Rechtsgrundlagen für eine Verordnung geschaffen worden waren, brachten Deutschland und Finnland den Text des Übereinkommens als Entwurf einer Verordnung in das Rechtssetzungsverfahren ein12. Nach Beteiligung von EWSA13 und EP14 wurde die EuInsVO 200015 dann am 29.5.2000 verabschiedet und trat am 31.5.2002 in Kraft. Ziel der EuInsVO 2000 war es, effiziente und wirksame grenzüberschreitende 17.2 Insolvenzverfahren zu gewährleisten (vgl. ErwG 2 EuInsVO 2000) und insbesondere sog. „forum shopping“ zu verhindern (vgl. ErwG 4 EuInsVO 2000). Sie enthielt Vorschriften zu drei wesentlichen Regelungskomplexen: (i) internationale Zuständigkeit für die Eröffnung von Insolvenzverfahren: Art. 3 EuInsVO 2000, (ii) anwendbares Recht (sog. lex fori concursus): Art. 4 ff. EuInsVO 2000, (iii) automatische Anerkennung von Insolvenzverfahren in anderen Mitgliedstaaten: Art. 16 ff. EuInsVO 2000. Die zahlreichen Änderungen der EuInsVO 2000 (→ Fundstellenverzeichnis) hat17.3 ten keine materiellen Änderungen zum Gegenstand, sondern lediglich Anpassungen der Anhänge und der Liste von Übereinkommen in Art. 44 EuInsVO 2000, die aufgrund des Beitritts neuer Mitgliedstaaten sowie Änderungen im nationalen Insolvenzrecht der Mitgliedstaaten erforderlich waren. In Deutschland wurden zur Gewährleistung einer effektiven Anwendung der 17.4 EuInsVO16 in Art. 102 § 1–11 EGInsO17 spezielle Durchführungsbestimmungen geschaffen.

staaten mit sich gebracht hätten, vgl. MüKoInsO/Reinhart Vorbem. Art. 1 EuInsVO Rn. 5; Virgós/Schmit Rn. 4.   8  Entwurf eines EG-Konkursübereinkommens v. 3.4.1992, abgedruckt in ZIP 1992, 1197 ff.   9  Europäisches Übereinkommen über Insolvenzverfahren v. 23.11.1995, abgedruckt in ZIP 1996, 976 ff.; dazu Balz ZIP 1996, 948 ff. 10  Vgl. MüKoInsO/Reinhart Vorbem. Art. 1 EuInsVO Rn. 6; Balz ZIP 1996, 948; Fritz/Bähr DZWiR 2001, 221, 222. 11  Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, ABlEG v. 10.11.1997, C 340/1. 12 Initiative der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Finnland − dem Rat am 26. Mai 1999 vorgelegt − im Hinblick auf die Annahme einer VO des Rates über Insolvenz­ verfahren, ABlEG v. 3.8.1999, C 221/8. 13  ABlEG v. 15.3.2000, C 75/1. 14  ABlEG v. 4.12.2000, C 346/80. 15  VO (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren, ABlEG v. 30.6.2000, L 160/1. 16  Vgl. BegrRegE, BT-Drs. 15/16, S. 12 f. 17  Eingefügt durch Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Insolvenzrechts v. 14.3.2003, BGBl. I, 345.

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2.  Von der EuInsVO 2000 zur EuInsVO 2015 Art. 46 EuInsVO 2000 enthielt eine Revisionsklausel, auf Basis derer die Kommission 17.5 am 12.12.2012 (leicht verspätet18) einen Bericht über die Anwendung der EuInsVO 200019 sowie einen Vorschlag für eine Änderungs-VO20 vorlegte. Praxis und Schrifttum21, aber auch das EP22 und eine von der Kommission in Auftrag gegebene Studie (der sog. Heidelberg-Vienna Report23) hatten hierzu durch eine Vielzahl von Vorschlägen bereits umfangreiche Vorarbeiten geleistet. Im Verlaufe des Legislativverfahrens erfolgten allerdings noch zahlreiche Änderungen24, aus der Änderungs-VO wurde schließlich eine komplette Neufassung. Nach Stellungnahmen von EDSB25, EWSA26

18  Fristende war eigentlich der 1.6.2012. 19  Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Anwendung der VO (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren, COM(2012) 743. 20  Vorschlag für eine VO des EP und des Rates zur Änderung der VO (EG) Nr. 1346/2000 des Rates über Insolvenzverfahren, COM(2012) 744. Dazu Albrecht ZInsO 2013, 1876 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 8 f.; Brinkmann BRJ 2013, 5 ff.; Brünkmans ZInsO 2013, 797 ff.; ders. Konzern 2013, 234 ff.; Carballo Piñeiro NiPR 2014, 207 ff.; de Weijs/Breeman ECFR 2014, 495 ff.; Eidenmüller (2013) 20 MJ 133 ff.; Eidenmüller/Frobenius Beil. zu ZIP 22/2013, 1 ff.; Fierbint¸ eanu (2013) 2 LESIJ 7 ff.; Kindler KTS 2014, 25 ff.; Koller ecolex 2013, 207 ff.; ders. ecolex 2013, 216 f.; ders. IPrax 2014, 490, 498; Latella ECFR 2014, 479 ff.; Liddy-Murphy EBLR 2015, 283 ff.; Linna IILR 2014, 6 ff.; Madaus ZRP 2014, 192 ff.; McCormack (2014) 10 JPIL 41 ff.; ders. (2014) 15 EBOR 309, 333 ff.; Mock GPR 2013, 156 ff.; Oberhammer ecolex 2013, 204 ff.; ders. ecolex 2013, 209 ff.; 2013, 213 ff.; Omar (2014) 25 ICCLR 25 ff.; Pannen ZInsO 2014, 222 ff.; Piekenbrock ZIP 2014, 250 ff.; Reumers ECFR 2013, 554 ff.; Reuß EuZW 2013, 165 ff.; Slonina ecolex 2013, 205 ff.; ders. ecolex 2013, 212 ff.; Smid ZInsO 2013, 953 ff.; J. Schmidt, in: Bariatti/Omar (ed.)., The Grand Project: Reform of the European Insolvency Regulation, 2014, S. 73 ff.; Thiessen ZEuP 2014, 155, 169 f.; Thole ZEuP 2014, 39 ff.; ders. KTS 2014, 351 ff.; Thole/Swierczok ZIP 2013, 550 ff.; Vallar, in: Bariatti/Omar (ed.)., The Grand Project: Reform of the European Insolvency Regulation, 2014, S. 89 ff.; Vallender ZInsO 2015, 57 ff.; Van Hoe ECFR 2014, 200 ff.; Wimmer DB 2013, 1343 ff. 21  Vgl. etwa insbesondere die Beiträge von Asimacopoulos, Garcimartín, Ghia, Kolman, Marshall, Moss, Taylor, Tollenaar, Vallender, Veder und Wessels in IILR 2011, 237 ff. sowie die Zusammenfassung der Vorschläge der Teilnehmer der Conference on the Future of the European Insolvency Regulation IILR 2011, 345 ff.; Group for International & European Studies of the Autonomous University of Barcelona IILR 2011, 336 ff.; s. ferner etwa auch bereits Omar (2007) 20 Insolv. Int. 7 ff.; Moss/Paulus (2006) 19 Insolv. Int. 1 ff.; Wessels, in: Parry (ed.), The reform of international insolvency rules at European and national level, 2011, S. 125 ff. 22  Entschließung des EP vom 15.11.2011 mit Empfehlungen an die Kommission zu Insolvenzverfahren i. R. d. EU-Gesellschaftsrechts, P7_TA(2011)0484. 23 Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Institut für Ausländisches und Internationales Privatrecht)/UniversitätWien (Institut für Zivilverfahrensrecht) External Evaluation of Regulation No. 1346/2000/EC on Insolvency Proceedings, JUST/2011/JCIV/PR/0049/ A4, 3.2.1 (). 24  Vgl. dazu auch Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1226. 25  ABlEU v. 7.12.2013, C 358/15. 26  ABlEU v. 19.9.2013, C 271/55.

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und EP27 wurde die neue EuInsVO 201528 aber schließlich am 20.5.2015 verabschiedet. Die EuInsVO 2015 gilt für Insolvenzverfahren, die ab dem 26.6.2017 eröffnet wurden (vgl. Art. 84 Abs. 1 S. 1 EuInsVO 2015).29 Die in ihr vorgesehenen Standardformulare (→ 17.95 f.) wurden durch die VO (EU) 2017/110530 festgelegt. Zentrale Ziele der EuInsVO 2015 sind weiterhin die Gewährleistung effizienter 17.6 und wirksamer grenzüberschreitender Insolvenzverfahren (vgl. ErwG 3 S. 1 EuInsVO 2015) und die Verhinderung von forum shopping (vgl. ErwG 5, 29 EuInsVO 2015). Kernpunkte der Neufassung waren31: (i) eine Erweiterung des Anwendungs17.7 bereichs (→ 17.13 ff.), (ii) eine Überarbeitung und Präzisierung der Vorschriften zur internationalen Zuständigkeit (→ 17.21 ff.), (iii) eine grundlegende Reform des 27  Legislative Entschließung des EP v. 5.2.2014 zu dem Vorschlag für eine VO des EP und des Rates zur Änderung der VO (EG) Nr. 1346/2000 des Rates über Insolvenzverfahren, P7_TA(2014)0093. 28  VO (EU) 2015/848 des EP und des Rates vom 20.5.2015 über Insolvenzverfahren (Neufassung), ABlEU v. 5.6.2015, L 141/19. Dazu Albrecht ZInsO 2015, 1077 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1737 ff.; Bork FS Beck, 2016, S. 49 ff.; Bourbouloux/Loste Rev. proc. coll. 2015, n° 1, dossier 8; Brulard Rev. proc. coll. 2015, n° 1, dossier 4; Cohen/Dammann/Sax IILR 2015, 117 ff.; Commandeur/Römer NZG 2015, 988 ff.; Dammann FS Beck, 2016, S. 74 ff.; Dammann/Menjucq/Roussel Galle Rev. proc. coll. 2015, n° 1, étude 2; Dammann/Rapp D. 2015, 45 ff.; Ebke/Humpenöder, in: Ebke/Seagon/Blatz (Hrsg.), Unternehmensrestrukturierung und Unternehmensinsolvenz, 2016, S. 107 ff.; Eble, in: Ebke/ Seagon/Blatz (Hrsg.), Unternehmensrestrukturierung und Unternehmensinsolvenz, 2016, S. 131 ff.; ders. NZI 2016, 115 ff.; ders. ZIP 2016, 1619 ff.; Fehrenbach GPR 2016, 282 ff.; ders. GPR 2017, 38 ff.; Frind/Pannen ZIP 2016, 398 ff.; Garcimartín ZEuP 2015, 694 ff.; Graf-Schlicker FS Kübler, 2015, S. 195 ff.; Henry D. 2015, 979 ff.; Henry B.J.E.D. 2015, 133; Huertas Rev. proc. coll. 2015, n° 1, dossier 1; Kindler/Sakka EuZW 2015, 460 ff.; Legrand PA 2015, n° 16, 8 ff.; Lenzing Rev. proc. coll. 2015, n° 1, dossier 3; Madaus FS Pannen, 2017, S. 223 ff.; Mankowski FS Pannen, 2017, S. 243 ff.; Mansel/Thorn/Wagner IPRax 2016, 1, 3 ff.; Mastrullo Rev. proc. coll. 2015, n° 1, dossier 7; McCormack (2016) 79 MLR 102 ff.; Meier/Giudici EuZ 2016, 4 ff.; Menjucq Rev. proc. coll. 2015, n° 1, dossier 2; Merlini IILR 2016, 119, 133 ff.; Minne/Fayot JDE 2016, 2 ff.; Partzinger NZI 2016, 63 ff.; Paulus FS Beck, 2016, S. 393 ff.; Piekenbrock KSzW 2015, 191 ff.; Pluta/Keller FS Vallender, 2015, S. 437 ff.; Prager DB 27–28/2015, M5; Prager/Keller WM 2015, 805 ff.; Reith RdW 2015, 758 ff.; Reumers (2016) 25 Int. Insolv. Rev. 225 ff.; J. Schmidt KTS 2015, 19 ff.; dies. Eurofenix autumn 2015, 17 ff.; Skauradszun ZIP 2016, 1563 ff.; ders. KTS 2016, 419 ff.; Smaliukas IILR 2015, 379 ff.; Tett/Crinson (2015) 8.2 Corporate Rescue and Insolvency; Thole IPRax 2017, 213 ff.; Vallender ZIP 2015, 1513 ff.; ders. FS Beck, 2016, 537 ff.; Vallens RLDA 2015, n° 106, 17 ff.; Vallens Rev. proc. coll. 2015, n° 1, dossier 6; Weil Rev. proc. coll. 2015, n° 1, dossier 5; Wenner ZIP 2017, 1137 ff.; Wessels (2015) 22 MJ 771 ff.; ders. (2017) 32 JIBLR 212 ff.; Wimmer jurisPR-InsR 7/2015 Anm. 1; ders. FS Beck, 2016, S. 587 ff.; Zhang (2017) 38 ICCLR 167 ff. 29  So nun klar die berichtigte Fassung, die ursprüngliche Fassung war insoweit unglücklich formuliert (vgl. MMS/J. Schmidt Art. 84 Rn. 3 f.). Für Rechtshandlungen des Schuldners, die vor dem 26.6.2017 vorgenommen wurden, gilt allerdings aus Gründen des Vertrauensschutzes gem. Art. 84 Abs. 1 S. 2 EuInsVO 2015 weiterhin das Recht, das für diese Rechtshandlungen anwendbar war, vgl. dazu MMS/J. Schmidt Art. 84 Rn. 10. 30  Durchführungs-VO (EU) 2017/1105 der Kommission v. 12.6.2017 zur Festlegung der in der VO (EU) 2015/848 des EP und des Rates über Insolvenzverfahren genannten Formulare, ABlEU v. 22.6.2017, L 160/1. 31 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1737 ff.

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Rechtsrahmens für Sekundärinsolvenzverfahren (→ 17.77 ff.), (iv) Neuerungen zur Verfahrenspublizität (→ 17.66 ff.) und zur Anmeldung von Forderungen (→ 17.93 ff.), sowie (v) die Einführung eines neuen Kapitels zu Konzerninsolvenzverfahren (→ 17.97 ff.). Durch die VO (EU) 2017/35332 wurden die Anhänge A und B angepasst, um einer 17.8 Reform im polnischen Recht Rechnung zu tragen.33 In Deutschland wurde zur Ausführung der EuInsVO 2015 durch Gesetz v. 17.9 5.6.201734 ein neuer Art. 102c EGInsO geschaffen. 3.  Weitergehende Harmonisierung des Insolvenzverfahrensrechts a)  Empfehlung 2014/135/EU Gemeinsam mit dem Vorschlag zur Änderung der EuInsVO (→ 17.5) hatte die Kom- 17.10 mission am 12.12.2012 auch einen Mitteilung35 veröffentlicht, in der sie weitergehende Pläne zur Schaffung einer allgemeinen „EU-Rettungs- und Sanierungskultur“ erörterte.36 Anknüpfend hieran sowie den Aktionsplan Unternehmertum 202037 verabschiedete sie dann am 12.3.2014 die Empfehlung 2014/135/EU für einen neuen Ansatz im Umgang mit unternehmerischem Scheitern und Unternehmensinsolvenzen38 (→ 17.97 ff.). b)  Vorschlag für eine Unternehmensinsolvenz-RL Nachdem diese Empfehlung jedoch nicht die erhoffte Harmonisierung erreicht hatte39, 17.11 legte die Kommission am 22.11.2016 als Teil des CMU-Aktionsplans (→ 14.176 ff.)

32  VO (EU) 2017/353 des EP und des Rates zur Ersetzung der Anhänge A und B der VO (EU) 2015/848 über Insolvenzverfahren, ABlEU v. 3.3.2017, L 57/19. 33  Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1929. 34  Gesetz zur Durchführung der VO (EU) 2015/848 über Insolvenzverfahren v. 5.6.2017, BGBl. I, 1476. Zum RegE (BR-Drs. 654/16): Fritz BB 2017, 131 ff.; Madaus NZI 2017, 203 ff. 35  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss. Ein neuer europäischer Ansatz zur Verfahrensweise bei Firmenpleiten und Unternehmensinsolvenzen, COM(2012) 742. 36  Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 9. 37  COM(2012) 795. 38 Empfehlung 2014/135/EU der Kommission v. 12.3.2014 für einen neuen Ansatz im Umgang mit unternehmerischem Scheitern und Unternehmensinsolvenzen, ABlEU v. 14.3.2014, L 74/65. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1226 f.; Eidenmüller KTS 2014, 401 ff.; Eidenmüller/van Zwieten (2015) 16 EBOR 625 ff.; Lürken IILR 2015, 224 ff.; Madaus (2014) 27 Insolv. Int. 81 ff.; Zipperer ZInsO 2016, 831 ff. 39  Vgl. COM(2016) 723, S. 8.

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und der Binnenmarktstrategie40 einen Vorschlag für eine Unternehmensinsolvenz-RL (UntInsRLE) vor, → 17.110 ff. 4.  Harmonisierung des materiellen Insolvenzrechts? 17.12 Seit einer ganzen Reihe von Jahren gibt es Bestrebungen, auch das materielle Insolvenzrecht – das die EuInsVO 2000 und 2015 weitgehend41 unangetastet lassen – zumindest partiell zu harmonisieren. Das EP hat hierzu 2010 und 2011 zwei Studien42 erstellen lassen43 und dann in einer Entschließung v. 15.11.201144 konkrete Vorschläge für eine Harmonisierung bestimmter Aspekte der Verfahrenseröffnung, der Forderungsanmeldung, der Anfechtungsklage, der Anforderungen an Qualifikation und Tätigkeit des Verwalters sowie von Restrukturierungsplänen gemacht. Eine von der Kommission mandatierte und 2016 veröffentlichte rechtsvergleichende Studie45 verortete ebenfalls deutliche Divergenzen und einen Bedarf für weitere Harmonisierung in Bezug auf die Regeln zur directors‘ disqualification (Tätigkeitsverbot als Organmitglied), den Regelungsrahmen für Insolvenzverwalter, den Rang von Forderungen und Vorzugsrechten, Insolvenzanfechtung, prozedurale Aspekte des Insolvenzverfahrens und Verbraucherüberschuldung. Anknüpfend daran hatte die Kommission in ihrem „Fahrplan“ für den dann Ende 2016 veröffentlichten RL-Vorschlag (→ 17.11) ursprünglich auch die materielle Harmonisierung von Schlüsselbereichen des materiellen Insolvenzrechts als mögliche Regelungsgegenstände genannt.46 Letztlich sah man hiervon aber doch ab – offenbar vor allem deshalb, weil man angesichts der Vielfalt der

40  Mitteilung der Kommission an das EP, den Rat, den EWSA und den AdR. Den Binnen­ markt weiter ausbauen: mehr Chancen für die Menschen und die Unternehmen, COM(2015) 550. 41  Vgl. MMS/Müller Einl. Rn. 4. Zu den wenigen Sachnormen in der EuInsVO 2015 gehören etwa: Art. 10 (vgl. MMS/J. Schmidt Art. 10 Rn. 10, 17), Art. 15 (vgl. MMS/Mankowski Art. 35 Rn. 5); Art. 21 (vgl. MMS/Müller Art. 21 Rn. 7, 11, 15, 37), Art. 23 (vgl. MMS/ Müller Art. 23 Rn. 19), Art. 28 (vgl. MMS/Müller Art. 28 Rn. 10), Art. 30 (vgl. MMS/ Müller Art. 30 Rn. 5), Art. 31 (vgl. MMS/Müller Art. 31 Rn. 20), Art. 34 S. 1 (vgl. MMS/ Mankowski Art. 34 Rn. 2, Art. 35 Rn. 5), Art. 37 Abs. 1 lit. a (vgl. MMS/Mankowski Art. 35 Rn. 5, Art. 37 Rn. 2), Art. 36 (vgl. MMS/Mankowski Art. 36 Rn. 18), Art. 45 (vgl. MMS/Mankowski Art. 45 Rn. 3), Art. 46 (vgl. MMS/Mankowski Art. 46 Rn. 4), Art. 47 Abs. 1 (vgl. MMS/Mankowski Art. 47 Rn. 9), Art. 49 (vgl. MMS/Mankowski Art. 35 Rn. 5, Art. 49 Rn. 4), Art. 53–55 (vgl. MMS/J. Schmidt Art. 53 Rn. 2). 42  INSOL Europe, Harmonisation of Insolvency Law at EU Level, April 2010, PE 419.633. Zusammenfassung abgedruckt in IILR 2010, 87 ff. 43  Pukszto, Harmonisation of insolvency law at EU level with respect to opening of proceedings, claims filing and verification and reorganisation plans, March 2011, PE 432.766. 44  Fn. 22. 45  McCormack/Keay/Brown/Dahlgreen, Study on a new approach to business failure and insolvency. Comparative legal analysis of the Member States’ relevant provisions and practices, Januar 2016 (). Vgl. dazu auch Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1929. 46  Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1930.

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mitgliedstaatlichen Regelungen und den zahlreichen Interrelationen mit dem Steuer-, Arbeits- und Sozialrecht Bedenken hinsichtlich der politischen Durchsetzbarkeit hatte.47

II.  Die EuInsVO 2015 1.  Anwendungsbereich a)  Sachlicher Anwendungsbereich Im Zuge der Neufassung der EuInsVO erfolgte eine wesentliche Erweiterung des 17.13 Anwendungsbereichs, um auch vorinsolvenzliche Verfahren, hybride Verfahren und bestimmte nationale Insolvenzverfahrenstypen für natürliche Personen bzw. Verbraucher und Selbständige zu erfassen.48 Die EuInsVO 2015 gilt nun nicht mehr ausschließlich für Gesamtverfahren, in denen dem Schuldner die Verfügungsgewalt über sein Vermögen ganz oder teilweise entzogen und ein Verwalter bestellt wird (vgl. Art. 1 Abs. 1 EuInsVO 2000 = Art. 1 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a EuInsVO, 2015), sondern auch für solche, in denen das Vermögen und die Geschäfte des Schuldners der Kontrolle oder Aufsicht durch ein Gericht unterstellt werden (Art. 1 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b EuInsVO 2015), sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch für solche, in denen eine vorübergehende Aussetzung von Einzelzwangsvollstreckungsverfahren von einem Gericht oder kraft Gesetzes gewährt wird, um Verhandlungen zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern zu ermöglichen (Art. 1 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c EuInsVO 2015). Zudem sind nun auch Verfahren erfasst, die auf eine Rettung des Schuldners in einer Situation gerichtet sind, in der lediglich die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz besteht (Art. 1 Abs. 1 UAbs. 2 EuInsVO 2015). Erfasst sind jedoch nur öffentliche Gesamtverfahren, die auf der Grundlage gesetzlicher Regelungen zur Insolvenz stattfinden und deren Zweck in der Rettung, Schuldenanpassung, Reorganisation oder Liquidation besteht (vgl. Art. 1 Abs. 1 EuInsVO 2015).49 Weiterhin nicht in den Anwendungsbereich der EuInsVO 2015 fällt damit das englische scheme of arrangement.50 Die erfassten Insolvenzverfahren sind erschöpfend im – ebenfalls entsprechend 17.14 grundlegend reformierten – Anhang A aufgelistet.51 Anders als nach der EuInsVO 2000 gibt es kein spezielles vereinfachtes Änderungsverfahren mehr, sondern auch für

47  Vgl. COM(2016) 723, S. 7. 48  Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 1 Rn. 6. 49  Näher dazu MMS/J. Schmidt Art. 1 Rn. 8 ff. m.w.N. 50  Näher dazu MMS/J. Schmidt Art. 1 Rn. 21 m.w.N. 51  Näher dazu MMS/J. Schmidt Art. 1 Rn. 34 ff.; Bork/van Zwieten/van Zwieten 1.08 (jeweils m.w.N.).

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bloße Änderungen des Anhangs gilt das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gem. Art. 289, 294 AEUV.52 b)  Persönlicher Anwendungsbereich 17.15 Die EuInsVO 2015 erfasst – wie ErwG 9 S. 1 ausdrücklich klarstellt – sowohl natürliche als auch juristische Personen als Schuldner; irrelevant ist auch, ob es sich um einen Kaufmann oder um eine Privatperson handelt.53 Art. 1 Abs. 2 EuInsVO 2015 normiert jedoch Bereichsausnahmen für vier Schuldnerkategorien, für die besondere Vorschriften gelten54: Versicherungsunternehmen, Kreditinstitute, Wertpapierfirmen und OGAW.55 c)  Räumlicher Anwendungsbereich 17.16 Die EuInsVO 2015 gilt nur für Insolvenzverfahren i.S.v. Art. 1 Abs. 1 UAbs. 3 i.V.m. Anhang A (→ 17.13 f.) in einem Mitgliedstaat i.S.d. EuInsVO 2015, die einen grenzüberschreitenden Bezug (→ 17.17) haben.56 Mitgliedstaat i.S.d. EuInsVO 2015 sind alle Mitgliedstaaten der EU mit Ausnahme von Dänemark.57 Eine Ausdehnung auf die EWR-Staaten ist nicht erfolgt.58 Nach einem etwaigen Brexit wäre (sofern keine anderweitige spezielle Regelung getroffen wird) auch das UK ein Drittstaat.59 Schon unter Geltung der EuInsVO 2000 war äußerst umstritten, ob die An17.17 wendung der EuInsVO einen sog. „qualifizierten Unionsbezug“ voraussetzt, d.h. ob sie nur dann gilt, wenn der grenzüberschreitende Bezug des Insolvenzverfahrens zu einem anderen EU-Mitgliedstaat besteht, oder ob auch ein grenzüberschreitender Bezug zu einem Drittstaat genügt. Diese Frage wurde auch im Zuge der Neufassung nicht explizit geregelt. Richtigerweise wird man sie nicht pauschal für die gesamte

52  Näher dazu MMS/J. Schmidt Art. 1 Rn. 37 ff.; Bork/van Zwieten/van Zwieten 1.09 (jeweils m.w.N.). 53  Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 1 Rn. 43. 54  Vgl. ErwG 19 EuInsVO 2015; MMS/J. Schmidt Art. 1 Rn. 46. 55  Näher dazu MMS/J. Schmidt Art. 1 Rn. 46 ff.; Bork/van Zwieten/van Zwieten 1.57 ff. 56  Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 1 Rn. 51. 57 Hintergrund ist, dass Maßnahmen nach dem Dritten Teil Titel V AEUV (wie die EuInsVO) gem. Protokoll 22 nicht für Dänemark gelten (vgl. auch ErwG 88 EuInsVO 2015). Gem. Protokoll 21 zum AEUV gelten solche Maßnahmen zwar auch nicht für das UK und Irland; diese haben jedoch – anders als Dänemark – die Möglichkeit eines Opt-in und haben hiervon in Bezug auf die Neufassung der EuInsVO (ebenso wie schon in Bezug auf die EuInsVO 2000) auch Gebrauch gemacht (vgl. ErwG 87 EuInsVO 2015). Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 1 Rn. 51. 58  Vgl. dazu MMS/J. Schmidt Art. 1 Rn. 53. 59  Näher zu den Konsequenzen des Brexit: Freitag/Korch ZIP 2016, 1849 ff.; Hübler NZI 2016, 622, 623; Korch ZInsO 2016, 1884 ff.; Lehmann/Zetzsche JZ 2017, 62, 69; Mankowski (2017) 64 NILR 95, 103 ff.; Rinze/Lehmann DB 2016, 2946 ff.; Weller/Thomale/Benz NJW 2016, 2378, 2382; Wood (2017) 396 Co. L. N. 1 ff.

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EuInsVO beantworten können.60 Jedenfalls Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 EuInsVO 2015 gelten im Einklang mit der Judikatur des EuGH zu Art. 3 Abs. 1 EuInsVO 200061 auch in Fällen, in denen ein grenzüberschreitender Bezug nur zu einem Drittstaat besteht.62 Im Übrigen ist zu differenzieren.63 d)  Verhältnis zu internationalen Übereinkommen Gem. Art. 85 Abs. 1 und 2 EuInsVO 2015 genießt die EuInsVO 2015 Vorrang ge- 17.18 genüber internationalen Übereinkommen im Hinblick auf intra-mitgliedstaatliche Beziehungen; internationale Übereinkommen mit Drittstaaten haben hingegen gem. Art. 85 Abs. 3 EuInsVO 2015 Vorrang vor der EuInsVO 2015.64 2.  Das Prinzip „eine Person, ein Vermögen, eine Insolvenz“ und seine Durchbrechungen Ein dogmatisches Grundfundament sowohl der EuInsVO 2000 als auch der EuInsVO 17.19 2015 ist das Prinzip „eine Person, ein Vermögen, eine Insolvenz“.65 Aus ihm lassen sich drei wesentliche Implikationen – oder Subprinzipien – ableiten: • Universalitätsprinzip: Die Wirkungen des Verfahrens erfassen das gesamte Vermögen des Schuldners (unabhängig davon, wo es belegen ist) und sämtliche Gläubiger; • Einheitsprinzip: Es gibt nur ein Insolvenzverfahren pro Gesellschaft; • Prinzip der Trennung der Verfahren: Es gibt ein separates Insolvenzverfahren für jede Gesellschaft, selbst wenn die Gesellschaften einen Konzern bilden.66 Die nach wie vor immensen Unterschiede im materiellen Insolvenzrecht der Mit- 17.20 gliedstaaten zwangen jedoch zu vielfältigen Durchbrechungen aller drei Subprinzipien67: Das Universalitätsprinzip erfährt relativ signifikante Durchbrechungen durch Sonderanknüpfungen und Sachnormen (→ 17.49 ff.), einen ordre public-Vorbehalt (→ 17.73 ff.) und durch die Zulassung von Partikularinsolvenzverfahren (→ 17.36 ff.).68 60  Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 1 Rn. 57. 61 EuGH v. 16.1.2014, C-328/12, Schmid, ECLI:EU:C:2014:6; EuGH v. 4.12.2014, H, C-295/13, ECLI:EU:C:2014:2410. 62  Ebenso Bork/van Zwieten/Ringe 3.10; ausf. MMS/J. Schmidt Art. 1 Rn. 58 ff. m.w.N. 63  Ausf. dazu MMS/J. Schmidt Art. 1 Rn. 64 ff. m.w.N. 64  Näher dazu MMS/J. Schmidt Art. 85 Rn. 3 ff. m.w.N. 65 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 12 ff.; EuGH v. 2.5.2006, Eurofood, C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281, Rn. 30; EuGH v. 15.12.2011, Rastelli, C-191/10, ECLI:EU:C:2011:838, Rn. 25; J. Schmidt KTS 2015, 19. 66 Vgl. J. Schmidt KTS 2015, 19, 21. Vgl. zu den Prinzipien der Universalität und Einheit bereits Virgós/Schmit Rn. 12 ff. 67  Vgl. in Bezug auf das Universalitätsprinzip ErwG 11 EuInsVO 2000, ErwG 22 EuInsVO 2015; J. Schmidt KTS 2015, 19, 22. 68 Vgl. J. Schmidt KTS 2015, 19, 22.

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Letzteres schlägt zugleich auch eine große Bresche in das Einheitsprinzip.69 Das Prinzip der Trennung der Verfahren wird durch das neu geschaffene Gruppenkoordinationsverfahren durchbrochen (→ 17.99 ff.).70 3.  Internationale Zuständigkeit 17.21 Die Regeln zur internationalen Zuständigkeit in Art. 3 EuInsVO 2015 differenzieren zwischen grundsätzlich universelle Geltung beanspruchenden Hauptinsolvenzverfahren (Art. 3 Abs. 1, EuInsVO 2015, → 17.22 ff.) und in ihrer territorialen Wirkung beschränkten Partikularinsolvenzverfahren (Art. 3 Abs. 2–4 EuInsVO 2015, → 17.36 ff.). Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach nationalem Recht71, d.h. in Deutschland gelten Art. 102 § 1 EGInsO, § 3 InsO72. a)  Hauptinsolvenzverfahren aa)  COMI als zentrales Anknüpfungskriterium 17.22 Die EuInsVO 2015 behält als zentrales Anknüpfungskriterium das schon durch die EuInsVO 2000 etablierte Kriterium des COMI bei: Für die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens sind gem. Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 EuInsVO 2015 die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen („centre of main interests“ – COMI) hat. Das COMI-Kriterium wurde jedoch im Rahmen der Neufassung wesentlich präzisiert und ergänzt, um COMI-Verlagerungen und „kreative Modifikationen“ mit dem Ziel der Determination eines bestimmten COMI zu erschweren.73 ErwG 13 EuInsVO 2000 wurde in Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 EuInsVO 2015 zur verbindlichen Regelung hochgestuft74: Danach ist Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Ort, an dem der Schuldner gewöhnlich der Verwaltung seiner Interessen nachgeht und der für Dritte feststellbar ist. Mangels ausdrücklicher Regelung wurde der maßgebliche Zeitpunkt für die Be17.23 stimmung des COMI unter Geltung der EuInsVO 2000 anfänglich unterschiedlich bestimmt: Während in Deutschland überwiegend auf die Antragstellung abgestellt wurde75, wurde im UK und den Niederlanden meist der Zeitpunkt der Eröffnungs-

69 Vgl. J. Schmidt KTS 2015, 19, 26. 70 Vgl. J. Schmidt KTS 2015, 19, 33 ff. 71  Vgl. ErwG 26 S. 2 EuInsVO 2015; Virgós/Schmit Rn. 72; MMS/Mankowski Art. 3 Rn. 4, Art. 6 Rn. 20; Bork/van Zwieten/Ringe 3.14. 72  Vgl. MMS/Mankowski Art. 3 Rn. 4. 73 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1739; J. Schmidt KTS 2015, 19, 43. 74 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1739; Bork/van Zwieten/Ringe 3.25; J. Schmidt KTS 2015, 19, 43. 75  Vgl. AG Celle NZI 2005, 410; Mankowski NZI 2005, 575, 576.

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entscheidung für maßgeblich erachtet76. Der EuGH entschied diesen Streit in seinem Urteil in der Rs. Staubitz-Schreiber v. 17.1.200677 überzeugend zugunsten des Zeitpunkts der Antragstellung; dies hat er inzwischen in weiteren Urteilen bestätigt78. Es gilt also der Grundsatz perpetuatio fori79, d.h. eine spätere Verlegung des COMI führt nicht zu einem Zuständigkeitswechsel. Denn ein solcher stünde in diametralem Widerspruch zu den erklärten Zielen der Verhinderung von „forum shopping“ und der Gewährleistung effizienter und wirksamer Insolvenzverfahren, da Gläubiger und Gerichte sonst Gefahr liefen, „ständig hinter zahlungsunfähigen Schuldnern herlaufen“ zu müssen80; zudem bietet diese Lösung aber vor allem auch höhere Rechtssicherheit für die Gläubiger.81 bb)  COMI-Vermutungen, Widerlegung und Retrospektivfristen Art. 3 Abs. 1 UAbs. 2–4 EuInsVO 2015 etablieren zur Konkretisierung sowie ins- 17.24 besondere auch zur Verhinderung von missbräuchlichem und betrügerischem forum shopping82 drei nach Art des Schuldners differenzierende Vermutungen (→ 17.25 ff.), die aber alle durch Retrospektivfristen (look-back periods, périodes suspectes) eingeschränkt werden (→ 17.35). (1)  Die drei COMI-Vermutungen (a)  COMI von Gesellschaften und juristischen Personen Bei Gesellschaften oder juristischen Personen statuiert Art. 3 Abs. 1 UAbs. 2 S. 1 Eu- 17.25 InsVO 2015 (ebenso wie Art. 3 Abs. 1 S. 2 EuInsVO 2000) eine widerlegliche Ver76 Vgl. Geveran Trading Co Ltd. v Skjevesland [2003] BPIR 73 und [2003] BCC 391; Martin Vlieland-Boddy v Clive Vlieland-Boddy [2005] EWCA Civ 974 = NZI 2005, 571; Hoge Raad v. 9.1.2004, Zaaknr. R03/091HR; Moss (2005) 18 Insolv. Int. 60. 77  EuGH v. 17.1.2006, Staubitz-Schreiber, C-1/04, ECLI:EU:C:2006:39. Dazu etwa Bariatti RabelsZ 73 (2009) 629, 634 ff.; Dammann D. 2006, 1752 ff.; Duursma-Kepplinger ZIP 2007, 896 ff.; Eidenmüller KTS 2009, 137, 154 ff.; Fach/Tirado GPR 2007, 40, 41 ff.; Hess/ Laukemann JZ 2006, 671 ff.; Kindler IPrax 2006, 114 ff.; Knof/Mock ZIP 2006, 189 ff.; Mankowski NZI 2006, 154 f.; J. Schmidt ZInsO 2006, 88 ff. 78  EuGH v. 20.10.2011, Interedil, C-396/09, ECLI:EU:C:2011:671, Rn. 55; EuGH v. 16.1.2014, Schmid, C-328/12, ECLI:EU:C:2014:6, Rn. 28. Im Anschluss an den EuGH auch BGH NZI 2006, 297; BGH NZI 2007, 344; BGH BeckRS 2009, 26363; BGH BeckRS 2008, 24714; AG Hamburg ZIP 2006, 1105, 1106; AG Hamburg ZIP 2009, 1024; AG Köln NZI 2008, 257, 259 f. („PIN II“); AG Hildesheim ZIP 2009, 2070, 2071; Official Receiver v Eichler [2007] B.P.I.R. 1636; Re Stanford International Bank Ltd. [2010] EWCA Civ 137, Rn. 30. 79 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 460; J. Schmidt ZInsO 2008, 88 f.; MMS/Mankowski Art. 3 Rn. 29. 80 So anschaulich GA Colomer, Schlussanträge v. 6.9.2005, Staubitz-Schreiber, C-1/04, ECLI:EU:C:2005:500, Rn. 82. 81  Vgl. EuGH v. 17.1.2006, Staubitz-Schreiber, C-1/04, ECLI:EU:C:2006:39, Rn. 25 ff. 82  Vgl. ErwG 29–31 EuInsVO 2015.

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mutung, dass das COMI der Satzungssitz ist. Im Falle einer Satzungssitzverlegung vor Antragstellung ist auf den neuen Satzungssitz abzustellen, und zwar auch dann, wenn die Gesellschaft z.Z. der Antragstellung bereits aus dem Register gelöscht war.83 Die genauen Anforderungen an eine Widerlegung waren indes – insbesondere 17.26 im Kontext von Konzerninsolvenzen − von Anfang an heftig umstritten. Letztlich bildeten sich im Wesentlichen zwei divergierende Ansätze heraus. Die „head office functions“-Theorie (auch „mind of management“- oder „parental control“-Doktrin) die ursprünglich von der englischen Rechtsprechung84 und Literatur85 entwickelt wurde, später aber auch in Kontinentaleuropa Anhänger fand86 − stellt darauf ab, wo die „head office functions“ ausgeübt, d.h. die strategischen Leitungsentscheidungen getroffen werden. Im Falle von Konzerninsolvenzen bedeutet dies, dass das COMI jeder einzelnen von der Konzernmutter kontrollierten Konzerngesellschaft an der Konzernzentrale verortet wird, sodass de facto ein einheitlicher „Konzerngerichtsstand“ (und damit über Art. 4 Abs. 1 EuInsVO 2000 bzw. Art. 7 EuInsVO 2015 (→ 17.46 ff.) auch die grundsätzliche Geltung desselben Insolvenzrechts für alle Insolvenzverfahren) erreicht wird.87 Nach der in der kontinentaleuropäischen Rechtsprechung88 und Literatur89 favorisierten „business activity“-Theorie ist das COMI dagegen nach dem Ort der werbenden Tätigkeit zu bestimmen. In der Praxis führten diese beiden diametral entgegengesetzten Ansätze zu einem regelrechten „Insolvenzkrieg“90, im Rahmen dessen sich nationale Gerichte teils erbitterte „Machtkämpfe“ lieferten (Paradebei83  EuGH v. 20.10.2011, Interedil, C-396/09, ECLI:EU:C:2011:671, Rn. 55 ff. 84  Enron Directo SA (Ch, 4.4.2002); Re BRAC Rent-A-Car International Inc., [2003] 2 All ER 201; Re Daisytek-ISA Ltd., [2004] BPIR 30; Crisscross (Ch, 20.5.2003); Re AIM Underwriting Agencies (Ireland) Limited, [2005] I.L.Pr. 22; Re Parkside Flexibles SA, [2006] BCC 589; MG Rover I [2005] EWHC 874 (Ch) = NZI 2005, 467; Sendo Limited v Sendo International Limited, [2005] EWHC 1604 (Ch); Re Collins & Aikman Corp Group, [2006] BCC 606. 85 Vgl. Moss/Fletcher/Isaacs, The EC Regulation on Insolvency Proceedings, 1. Aufl. 2002, 8.39; Fletcher (2005) 18 Insolv. Int. 85, 87 ff. 86  Tribunale de Civile e Penale di Parma v. 19.2.2004, Re The Insolvency of Eurofood IFSC Limited, [2004] I.L.Pr. 14; AG München NZI 2004, 450 („Hettlage“); Municipal Court Fejer/Székesfehérvár NZI 2005, 58 („Parmalat Hungary“); Tribunale de Civile e Penale di Parma ZIP 2004, 2295 („Deutsche Parmalat GmbH“); AG Siegen NZI 2004, 673 („Zenith“); AG Offenburg NZI 2004, 673 („HUKLA“); Tribunal de Commerce de Nanterre D. 2006, 793 = [2006] BCC 681 („EMTEC“); Tribunal de Grande Instance de Lure [2007] BCC 123 („Energotech SARL“). 87  Vgl. nur MüKoBGB/Kindler Art. 3 EuInsVO Rn. 30; J. Schmidt, in: Wessels/Omar (eds.), The European Insolvency Regulation: An Update, 2010, S. 19, 20. 88  AG Mönchengladbach NZI 2004, 383 („WHI Ltd.“); AG Saarbrücken ZIP 2005, 2027 („HTB-Orange Ltd.“); AG Weilheim ZIP 2005, 1611 („AvCraft International Ltd.“); AG Hamburg ZIP 2005, 2275; LG Leipzig ZInsO 2006, 378. 89  Eidenmüller NJW 2004, 3455, 3456 ff.; Herchen ZInsO 2004, 826 ff.; Huber FS Heldrich, 2005, S. 679, 691; Kübler FS Gerhardt, 2004, S. 527, 555 et seq.; Lüer FS Greiner, 2005, S. 201, 208; Pannen (Fn. 87), Art. 3 Rn. 54 ff.; Penzlin/Riedemann NZI 2005, 469, 471; Schilling, Insolvenz einer englischen Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland, 2006, S. 92 ff.; Weller ZHR 169 (2005) 570, 581 ff. 90  Vgl. schon Schilling/J. Schmidt ZInsO 2006, 113, 118; dies. EWiR 2006, 15, 16.

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spiel: die berüchtigte „ISA Daisytek-Saga“91) und kontinentaleuropäische Insolvenzrechtler die englischen Gerichte des „Insol­venzimperialis­mus“ beschuldigten92. Der EuGH legte erstmals in seinem bahnbrechenden Urteil v. 2.5.2006 in der Rs. 17.27 Eurofood93 einige grundlegende Orientierungspunkte fest. Er entschied unter Hinweis auf ErwG 13 EuInsVO 2000 (G Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 EuInsVO 2015, → 17.22), dass die Vermutung zugunsten des Satzungssitzes nur durch objektive und für Dritte feststellbare Elemente widerlegt werden kann.94 Leider machte er aber keine näheren Ausführungen dazu, welche Elemente dies sein können und wer „Dritter“ i.d.S. ist. Allerdings schlug er immerhin zwei wesentliche Leitpfosten ein:95 Denn einerseits stellte er unmissverständlich fest, dass allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen Entscheidungen einer Gesellschaft von einer Muttergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat kontrolliert werden oder kontrolliert werden können, nicht ausreicht, um die Vermutung zu entkräften.96 Andererseits bezeichnete er sog. „Briefkastengesellschaften“ als Paradebeispiel für eine Widerlegung.97 In der Probud-Entscheidung v. 21.1.201098 hat er diese Leitlinien nochmals bekräftigt − wenn auch wiederum nicht näher spezifiziert. Weitere Präzisierungen brachte aber das Urteil v. 20.10.2011 in der Rs. Interedil99, 17.28 in dem der EuGH ausführte, dass die Vermutung nur dann widerlegt werden kann, wenn eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Faktoren die von Dritten überprüfbare Feststellung zulässt, dass sich der tatsächliche Mittelpunkt der Verwaltung und der 91  Vgl. dazu näher Fletcher (2005) 18 Insolv. Int. 85 ff.; Huber FS Heldrich, 2005, p. 679, 682 ff.; Lüer FS Greiner, 2005, p. 201, 203 ff.; Moss (2007) 32 Brook. J. Int’l L. 1005, 1010 ff.; Tirado GPR 2005, 39, 41. 92  Siehe nur den Bericht von Moss (2007) 32 Brook. J. Int’l L. 1005, 1012 über eine Konferenz in Irland; s. ferner auch Braun, NZI 1/2004, V, VI: „Imperial Forumshopping“; für Zurückhaltung mit der Verwendung solcher Schlagworte jedoch etwa Lüer FS Greiner, 2005, S. 201, 213 f. 93 EuGH v. 2.5.2006, Eurofood IFSC Ltd., C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281. Dazu etwa Bachmann ECFR 2006, 310 ff.; Beale (2006) 21 JIBLR 487 ff.; Dammann D. 2006, 1752 ff.; Duursma-Kepplinger ZIP 2007, 896 ff.; Fach/Tirado GPR 2007, 40, 43 ff.; Freitag/Leible RIW 2006, 641 ff.; Hess/Laukemann/Seagon IPrax 2007, 89 ff.; Mankowski BB 2006, 1753 ff.; Menjucq JCP 2006 II 10089; Paulus NZG 2006, 609 ff.; J. Schmidt ZIP 2007, 405 ff.; Thole ZEuP 2007, 1137, 1140 ff.; Wittwer ELR 2006, 221 ff. 94  EuGH v. 2.5.2006, Eurofood IFSC Ltd., C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281, Rn. 31. 95 Vgl. J. Schmidt (Fn. 87), S. 19, 21. 96  EuGH v. 2.5.2006, Eurofood IFSC Ltd., C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281, Rn. 36. 97  EuGH v. 2.5.2006, Eurofood IFSC Ltd., C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281, Rn. 35. 98  EuGH v. 21.1.2010, MG Probud, C-444/07, ECLI:EU:C:2010:24. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 394; Dammann/Carole-Brisson D. 2011, 498 ff.; d’Avout D. 2010, 2332 f.; Fichtner BB 2010, 532 f.; Mankowski NZI 2010, 178 f.; Mélin Rev. Soc. 2011, 44 ff.; Piekenbrock KTS 2010, 208, 217 ff.; J. Schmidt EWiR 2010, 77 f. 99  EuGH v. 20.10.2011, Interedil, C-396/09, ECLI:EU:C:2011:671. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 11; Brünkmans KSzW 2012, 319, 321 f.; Cranshaw DZWiR 2012, 53 ff.; ders. DZWiR 2012, 131, 134 f.; d’Avout/Bollée D. 2012, 2331, 2341 f.; Haar GPR 2012, 137, 143; Honorati/Corno IILR 2013, 18 ff.; Mankowski NZI 2011, 994 f.; Mastrullo Rev. soc. 2012, 116 ff.; Mucciarelli ECFR 2012, 571 ff.; Paulus EWiR 2011, 745 f.; Riewe NZI 2011, 970; Vallens D. 2011, 2915 ff.; Weidehaas GWR 2011, 554.

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Kontrolle der Gesellschaft sowie der Verwaltung ihrer Interessen in einem anderen Mitgliedstaat befindet.100 Diese Formel bestätigte er dann nochmals in der Rs. Rastelli Davide (→ 17.29). Sie wurde nun ausdrücklich in ErwG 30 S. 2 EuInsVO 2015 aufgenommen.101 17.29 In der Rs. Rastelli Davide entschied der EuGH mit Urteil v. 15.12.2011102 außerdem, dass ein in einem Mitgliedstaat eröffnetes Hauptinsolvenzverfahren nach nationalem Recht103 nur dann auf eine andere konzernangehörige Gesellschaft erweitert werden kann, wenn sich deren COMI in demselben Mitgliedstaat befindet und dass eine Vermischung der Vermögensmassen der beiden Gesellschaften allein nicht ausreicht, um ein COMI im selben Mitgliedstaat zu begründen. Die Rs. Leonmobili gab dem Gerichtshof Gelegenheit, die Bestimmung des COMI 17.30 im Falle der Sitzverlegung zu präzisieren. Er entschied mit Beschluss v. 24.5.2016104 in konsequenter Fortführung seiner bisherigen Judikatur, dass nicht einfach angenommen werden darf, dass das COMI im Ursprungsmitgliedstaat geblieben sei, obwohl die Gesellschaft dort gar keine Niederlassung mehr hat. Eine Widerlegung der Vermutung ist vielmehr nur dann möglich, wenn sich aus objektiven und für Dritte feststellbaren Elementen ergibt, dass sich der tatsächliche Mittelpunkt der Verwaltung und der Kontrolle der Gesellschaft sowie die Verwaltung ihrer Interessen im Zeitpunkt der Antragstellung weiterhin im Ursprungsmitgliedstaat befinden. Wenngleich damit noch längst nicht alle Detailfragen geklärt sind, so hat der EuGH 17.31 das COMI-Kriterium durch seine Rechtsprechung doch insgesamt schon wesentlich deutlicher konturiert. Als geklärt anzusehen ist damit insbesondere auch, dass die „mind of management“-Theorie jedenfalls in ihrer Reinform, wonach eine Widerlegung der Vermutung allein auf der Basis von Konzerninterna möglich sein soll, mit dem vom EuGH angemahnten ausschließlichen Fokus auf objektive und für Dritte feststellbare Kriterien nicht zu vereinbaren ist.105 Dementsprechend haben sich mitt-

100 EuGH v. 20.10.2011, Interedil, C-396/09, ECLI:EU:C:2011:671, Rn. 53. 101 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1731, 1738; Garcimartín ZEuP 2015, 694, 705; J. Schmidt KTS 2015, 19, 43. 102 EuGH v. 15.12.2011, Rastelli Davide, C-191/10, ECLI:EU:C:2011:838. Dazu Brünkmans KSzW 2012, 319, 322 f.; Cranshaw DZWiR 2012, 131, 136 f.; Dammann/Müller D. 2012, 406 ff.; Haar GPR 2012, 137, 143 f.; Hübler NZI 2012, 131 f.; Mankowski NZI 2012, 150 f.; Mélin JCP G 2012, act. 384; Morelli Rev. soc. 2012, 313 ff.; Paulus EWiR 2012, 87 f.; ders. NZI 2012, 297, 298 f.; Vallens D. 2012, 403 ff. 103 Hintergrund war die französische Regelung in Art. L621-2 C. com., die es gestattet, ein eröffnetes sauvegarde-Verfahren auf eine oder mehrere andere Personen zu erstrecken, in Bezug auf die eine Vermögensvermischung festgestellt wird. 104  EuGH v. 24.5.2016, Leonmobili, C-353/15, ECLI:EU:C:2016:374. Dazu Bayer/ J. Schmidt BB 2016, 1923, 1932; d’Avout Rev. crit. DIP 2016, 692 ff. 105 Vgl. Eidenmüller ECFR 2009, 1, 24; Fach/Tirado GPR 2007, 40, 46 ff.; Freitag/Leible RIW 2006, 641, 643; Pannen (Fn. 87), Art. 3 Rn. 55; Mankowski BB 2006, 1753, 1755; Menjucq JCP 2006 II 10089; Szydlo [2009] EBLR 747, 765; J. Schmidt EWiR 2009, 571, 572; dies. (Fn. 87), S. 19, 23; Thole ZEuP 2007, 1140, 1142; Weller ZGR 2008, 835, 855 f.; Wessels (2009) 6 ECL 169, 171 f.

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lerweile auch Gerichte aus dem UK vom „head office functions“-Ansatz distanziert.106 Eine weitere Präzisierung durch den EuGH bleibt aber – ungeachtet der Neuerungen durch die EuInsVO 2015 − gleichwohl ein wichtiges Desiderat. (b)  COMI natürlicher Personen Die EuInsVO 2000 hatte in Bezug auf das COMI natürlicher Personen keine speziel- 17.32 len Regelungen vorgesehen. Bei gewerblich oder selbständig Tätigen wurde allgemein der Ort dieser Tätigkeit für maßgeblich erachtet107; bei reinen Privatpersonen oder unselbständig Tätigen wurde teils auf den Wohnsitz108, wohl überwiegend aber auf den gewöhnlichen Aufenthalt109 abgestellt. In der EuInsVO 2015 wurden im Interesse der Rechtssicherheit nun jedoch ebenfalls Vermutungen etabliert. Für natürlichen Personen, die eine selbständige gewerbliche oder freiberufliche 17.33 Tätigkeit ausüben („Unternehmer“), etabliert Art. 3 Abs. 1 UAbs. 3 EuInsVO 2015 die widerlegliche Vermutung, dass das COMI ihre Hauptniederlassung ist.110 Für alle anderen natürlichen Personen gilt gem. Art. 3 Abs. 1 UAbs. 4 EuInsVO 17.34 2015 die widerlegliche Vermutung, dass das COMI ihr gewöhnlicher Aufenthalt ist.111

106 Re Stanford International Bank Ltd. [2009] EWHC 1441 (Ch), in dem Lewinson J. auf der Basis von Eurofood Grundprinzipien für die Interpretation des COMI-Kriteriums aufstellte und den „head office functions“-Test ausdrücklich aufgab; dazu J. Schmidt EWiR 2009, 571 f.; Fletcher (2010) 23 Insolv. Int. 26 ff.; Wessels IILR 2010, 2 ff.; ders. (2011) 24 Insolv. Int. 17 ff. S. ferner auch Re Stanford International Bank Ltd. [2010] EWCA Civ 137 (während der Chancellor und Hughes LJ den von Lewison J. in erster Instanz aufgestellten COMI-Test explizit billigten, sprach sich Arden LJ allerdings explizit für ein Festhalten am „head office functions“-Test aus). 107 Vgl. BGH ZIP 2011, 284, 286; BGH BeckRS 2009, 88525; BGH BeckRS 2009, 26363; BGH BeckRS 2009, 26500; BGH BeckRS 2006, 8542; LG München I BeckRS 2009, 26607; AG Köln ZIP 2011, 631 f.; OGH v. 16.1.2008 – 8 Ob 134/07z; Kindler (Fn. 2), Art. 3 EuInsVO Rn. 41; Nerlich in: Nerlich/Römermann, InsO, 21. EL 2011, Art. 3 EuInsVO Rn. 7; Reinhart (Fn. 7), Art. 3 EuInsVO Rn. 44; J. Schmidt ZIP 2007, 405 f.; s. ferner auch Virgós/Schmit (Fn. 2), Rn. 75. 108 So AG Celle NZI 2005, 410, 411. 109 So Stojevic v Komercni Banka AS [2006] EWHC 3447 (Ch) = NZI 2007, 361; Official Receiver v Eichler [2007] B.P.I.R. 1636; Official Receiver v Mitterfellner [2009] B.P.I.R. 1075; LG Göttingen NZI 2008, 191, 192; AG Hildesheim ZIP 2009, 2070, 2071; AG Köln NZI 2009, 133, 134; AG Köln ZIP 2009, 1242, 1243; Haß/Herweg (Fn. 89), Art. 3 Rn. 38; Kindler (Fn. 2), Art. 3 EuInsVO Rn. 38 ff.; Nerlich (Fn. 107), Art. 3 EuInsVO Rn. 7; Art. 3 EuInsVO Rn. 7. Vgl. auch Virgós/Schmit Rn. 75 (die deutsche Fassung „gewöhnlicher Wohnsitz“ ist ein Übersetzungsfehler, vgl. englisch „habitual residence“). 110 Näher dazu MMS/Mankowski Art. 3 Rn. 113 ff.; Bork/van Zwieten/Ringe 3.114 ff. 111 Näher dazu MMS/Mankowski Art. 3 Rn. 119 ff.; Bork/van Zwieten/Ringe 3.126 ff.

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§ 17 Europäisches Insolvenzrecht

(2)  Retrospektivfristen 17.35

Um missbräuchliches und betrügerisches forum shopping (Stichwort: „Insolvenztourismus“) zu verhindern112, wurden alle drei Vermutungen jedoch einschränkenden Retrospektivfristen (look-back periods, périodes suspectes) unterworfen.113 Wenn der maßgebliche Anknüpfungspunkt (Satzungssitz, Hauptniederlassung bzw. gewöhnlicher Aufenthalt) innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzantragsstellung (bei Gesellschaften, juristischen Personen und Unternehmern 3 Monate, bei anderen natürlichen Personen 6 Monate) in einen anderen Mitgliedstaat verlegt wurde, gelten die Vermutungen nicht (Art. 3 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2, UAbs. 3 S. 2, UAbs. 4 S. 2 EuInsVO 2015). Es bedarf dann vielmehr einer Wertungsentscheidung im Einzelfall.114 b)  Partikularinsolvenzverfahren

17.36 Zum Schutz von nicht im Hauptinsolvenzverfahrensstaat ansässigen Gläubigern115 ermöglicht die EuInsVO 2015 (ebenso wie schon die EuInsVO 2000) die Eröffnung eines oder mehrerer Partikularinsolvenzverfahren in anderen Mitgliedstaaten, deren Wirkungen aber – anders als die des Hauptinsolvenzverfahrens – auf das im jeweiligen Eröffnungsstaat belegene Vermögen des Schuldners beschränkt sind (Art. 3 Abs. 2 S. 2, 34 S. 3 EuInsVO 2015). Die EuInsVO 2015 differenziert dabei zwischen zwei Arten von Partikularinsol17.37 venzverfahren: Sekundärinsolvenzverfahren, d.h. solche die nach einem Hauptinsolvenzverfahren eröffnet werden (Art. 3 Abs. 3 EuInsVO 2015, → 17.39, 17.77 ff.), und unabhängige Partikularinsolvenzverfahren (Art. 3 Abs. 4 EuInsVO 2015, → 17.40). Gemeinsame Voraussetzung für die Eröffnung beider Arten von Partikularinsol17.38 venzverfahren ist, dass der Schuldner eine Niederlassung im Gebiet des fraglichen Mitgliedstaats hat (Art. 3 Abs. 2 S. 1 EuInsVO 2015). Der Begriff „Niederlassung“ ist in Art. 2 Nr. 10 EuInsVO 2015 legaldefiniert als jeder Tätigkeitsort, an dem der Schuldner einer wirtschaftlichen Aktivität von nicht vorübergehender Art nachgeht oder in den drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens116 nachgegangen ist, die den Einsatz von Personal und Vermögenswerten vor112 Vgl. ErwG 29–31 EuInsVO 2015; MMS/Mankowski Art. 3 Rn. 34 m.w.N. 113 Vgl. dazu näher Frind/Pannen ZIP 2016, 398 ff.; MMS/Mankowski Art. 3 Rn. 34 ff.; Mankowski (2017) 64 NILR 95, 100 ff.; Bork/van Zwieten/Ringe 3.78, 3.125, 3.138 ff. (jeweils m.w.N.). 114 Vgl. MMS/Mankowski Art. 3 Rn. 37; Wimmer jurisPR-InsR 7/2015 Anm. 1 sub II 3; s. ferner auch Bogdan JT 2015, 3, 6; Commandeur/Römer NZG 2015, 988, 989; Garcimartín ZEuP 2015, 694, 711; Bork/van Zwieten/Ringe 3.90; Weiss (2015) 24 Int. Insolv. Rev. 192, 201. 115 Vgl. ErwG 23 S. 3 EuInsVO 2015; Virgós/Schmit Rn. 32; MüKoBGB/Kindler Art. 3 EuInsVO Rn. 54 m.w.N. 116 Die im Vergleich zu Art. 2 lit. h EuInsVO 2000 neue 3-monatige Retrospektivfrist (lookback period) korrespondiert mit denjenigen in Art. 3 Abs. 1 UAbs. 2 und 3 EuInsVO 2015 (→ 17.35 ff.) und soll – ebenso wie diese – missbräuchliches und betrügerisches forum shopping verhindern, vgl. ErwG 29 EuInsVO 2015; Garcimartín ZEuP 2015, 649,

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aussetzt. Erforderlich ist also die Existenz einer auf die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgerichteten Struktur mit einem Mindestmaß an Organisation und einer gewissen Stabilität.117 Das bloße Vorhandensein einzelner Vermögenswerte oder Bankkonten genügt grundsätzlich nicht.118 Sofern die Kriterien der Nr. 10 erfüllt sind, kann eine „Niederlassung“ nach der Judikatur des EuGH (entgegen einer zuvor verbreiteten Ansicht119) auch eigene Rechtspersönlichkeit haben.120 Zudem kann sie sich auch im Mitgliedstaat des Satzungssitzes der betreffenden Gesellschaft befinden.121 Sekundärinsolvenzverfahren sind in Art. 34–52 EuInsVO 2015 ausführlich gere- 17.39 gelt (→ 17.77 ff.). Die bisherige Restriktion, dass Sekundärverfahren zwingend Liquidationsverfahren sein müssen (Art. 3 Abs. 3 S. 2 EuInsVO 2000) wurde aufgehoben, nachdem sich gezeigt hatte, dass hierin ein potentielles Hindernis für eine erfolgreiche Sanierung bzw. Restrukturierung des Schuldnerunternehmens lag.122 Das Sekundärinsolvenzgericht hat nun vielmehr sogar die Option, auf Antrag des Hauptinsolvenzverwalters ein anderes in Anhang A aufgeführtes Insolvenzverfahren zu eröffnen, wenn dieses im Hinblick auf die Interessen der lokalen Gläubiger und die Kohärenz zwischen Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren am geeignetsten ist (Art. 38 Abs. 4 EuInsVO 2015).123 Unabhängige Partikularinsolvenzverfahren sind gem. Art. 3 Abs. 4 EuInsVO 17.40 2015 nur in drei Fällen zulässig124: (1) Wenn ein Hauptinsolvenzverfahren unmöglich ist, weil hierfür die im COMI-Staat geltenden Bedingungen nicht erfüllt sind (lit. a), (2) auf Antrag eines Gläubigers, dessen Forderung sich aus dem Betrieb einer in dem betreffenden Mitgliedstaat belegenen Niederlassung ergibt oder damit im Zusammen724 f.; Bork/van Zwieten/Ringe 3.177; J. Schmidt KTS 2015, 19, 26; MMS/J. Schmidt Art. 2 Rn. 48. 117 Vgl. EuGH v. 20.11.2011, Interedil, C-396/09, Slg. 2011, I-9915, ECLI:EU:C:2011:671, Rn. 62, 64; EuGH v. 4.9.2014, Burgo Group, C-327/13, ECLI:EU:C:2014:2158, Rn. 31; MMS/J. Schmidt Art. 2 Rn. 55. 118 Vgl. EuGH v. 20.11.2011, Interedil, C-396/09, Slg. 2011, I-9915, ECLI:EU:C:2011:671, Rn. 62, 64; EuGH v. 4.9.2014, Burgo Group, C-327/13, ECLI:EU:C:2014:2158, Rn. 31; BGH NZI 2012, 377 Rn. 13; BGH NZI 2012, 725 Rn. 6; MMS/J. Schmidt Art. 2 Rn. 55 m.w.N. 119 Vgl. zu Art. 2 lit. h EuInsVO 2000 etwa: OLG Graz NZI 2006, 660, 662; Ehricke EWS 2002, 101, 105; MüKoBGB/Kindler Art. 2 EuInsVO Rn. 28. 120 Vgl. Dammann FS Beck, 2016, S. 74, 78; Bork/van Zwieten/Ringe 3.175; MMS/J. Schmidt Art. 2 Rn. 36. Vgl. zu Art. 2 lit. h EuInsVO 2000: EuGH v. 4.9.2014, Burgo Group, C-327/13, ECLI:EU:C:2014:2158, Rn. 32; Baumert LMK 2014, 362606; Dammann/ Rapp D. 2015, 45, 47; Schulz EuZW 2015, 39, 40; Undritz EWiR 2015, 81, 82. 121 Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 2 Rn. 36. Vgl. zu Art. 2 lit. h EuInsVO 2000: EuGH v. 4.9.2014, Burgo Group, C-327/13, ECLI:EU:C:2014:2158, Rn. 32; Dammann/Rapp D. 2015, 45, 47; Schulz EuZW 2015, 39, 40; LSZ InsR/Smid Art. 2 EuInsVO Rn. 33; Undritz EWiR 2015, 81, 82; a. A. K. Schmidt/Brinkmann Art. 2 EuInsVO Rn. 20. 122  Vgl. COM(2012) 744, 1.2; Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 8; MMS/Mankowski Vor Art. 34–51 Rn. 63 ff.; J. Schmidt KTS 2015, 19, 30. 123 Näher dazu Bork/van Zwieten/Mangano 38.27 ff.; MMS/Mankowski Art. 38 Rn. 38 ff. m.w.N. 124 Vgl. auch ErwG 37; MMS/Mankowski Art. 3 Rn. 187 ff.; Bork/van Zwieten/Ringe 3.193 ff.; J. Schmidt KTS 2015, 19, 27.

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§ 17 Europäisches Insolvenzrecht

hang steht125 (lit. b Ziff. i), (3) auf Antrag einer Behörde, die nach dem Recht des Mitgliedstaats der Niederlassung das Recht hat, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen126 (lit. b Ziff. ii).127 Wird später doch noch ein Hauptinsolvenzverfahren eröffnet, so wandelt sich das unabhängige Partikular- in ein Sekundärinsolvenzverfahren um (Art. 50 EuInsVO 2015, s. auch → 17.37); soweit dies nach dem Verfahrensstand möglich ist, gelten dann die Art. 41, 45 f., 47, 49 EuInsVO 2015 (→ 17.87 ff.). c)  Annexzuständigkeit 17.41 Art. 6 EuInsVO 2015 kodifiziert die Deko Marty-Judikatur des EuGH128 betreffend Annexzuständigkeiten.129 Gem. Art. 6 Abs. 1 EuInsVO 2015 ist das Gericht des Hauptinsolvenzverfahrens zuständig für alle Klagen, die unmittelbar aus dem Insolvenzverfahren hervorgehen und in engem Zusammenhang damit stehen (sog. Annexzuständigkeit). Ausdrücklich exemplarisch genannt sind Anfechtungsklagen130; sie sind im Einklang mit der EuGH-Judikatur zu Art. 3 Abs. 1 EuInsVO 2000131 auch dann erfasst, wenn der Anfechtungsgegner seinen Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat hat.132 ErwG 35 S. 2 nennt als weiteres Beispiel Klagen in Bezug auf Verpflichtungen, die sich im Verlauf des Insolvenzverfahrens ergeben, wie z. B. Vorschüsse für Verfahrenskosten. Eine Annexzuständigkeit wurde bislang vom EuGH ferner in folgenden Fällen bejaht: Klage auf Rückforderung von Gesellschaftsanteilen, deren Ver-

125 Die zweite Alternative ist neu in der EuInsVO 2015, vgl. J. Schmidt KTS 2015, 19, 28. 126 Mit dieser in der EuInsVO 2015 neuen Fallgruppe reagierte der europäische Gesetzgeber auf das Urteil in der Rs. Zaza Retail (EuGH v. 17.11.2011, Zaza Retail, C-112/10, ECLI:EU:C:2011:743), in dem der EuGH die Zulässigkeit eines Partikularinsolvenzverfahrens in einem derartigen Fall verneint hatte, weil Art. 3 Abs. 4 lit. b EuInsVO 2000 ausdrücklich nur bestimmte Gläubiger für antragsberechtigt erklärte. Vgl. MMS/Mankowski Art. 3 Rn. 203; J. Schmidt KTS 2015, 19, 28. 127 Näher zum Ganzen MMS/Mankowski Art. 3 Rn. 191 ff.; Bork/van Zwieten/Ringe 3.196 ff. m.w.N. 128 Grundlegend EuGH v. 12.2.2009, Deko Marty Belgium, C-339/07, ECLI:EU:C:2009:83; vgl. weiter EuGH v. 2.7.2009, SCT Industri, C-111/08, ECLI:EU:C:2009:419, Rn. 30 ff.; EuGH v. 10.9.2009, German Graphics, C-292/08, ECLI:EU:C:2009:544, Rn. 16 ff.; EuGH v. 19.4.2012, F-Tex, C-213/10, ECLI:EU:C:2012:215, Rn. 25 ff.; EuGH v. 16.1.2014, Schmid, C-328/12, ECLI:EU:C:2014:6, Rn. 30 ff.; EuGH v. 4.9.2014, Nickel & Goeldner, C-157/13, ECLI:EU:C:2014:2145, Rn. 23 ff.; EuGH v. 4.12.2014, H, C-295/13, ECLI:EU:C:2014:2410, Rn. 17 ff.; EuGH v. 11.6.2015, Nortel, C-649/13, ECLI:EU:C:2015:384, Rn. 27 ff.; EuGH v. 10.12.2015, Kornhaas, C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806, Rn. 16 ff. 129 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1931; Bork FS Beck, 2016, S. 49 ff.; Bork/van Zwieten/Ringe 6.09; MMS/Mankowski Art. 6 Rn. 1 m.w.N. 130 Vgl. EuGH v. 12.2.2009, Deko Marty Belgium, C-339/07, ECLI:EU:C:2009:83, Rn. 28; EuGH v. 16.1.2014, Schmid, C-328/12, ECLI:EU:C:2014:6, Rn. 30 ff. 131 Vgl. EuGH v. 16.1.2014, Schmid, C-328/12, ECLI:EU:C:2014:6, Rn. 30 ff. 132 Vgl. MMS/Mankowski Art. 6 Rn. 11; Bork/van Zwieten/Ringe 6.20.

§ 17 Europäisches Insolvenzrecht

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äußerung wegen Nichtanerkennung des Verwalterhandelns unwirksam war133; Klage des Insolvenzverwalters gegen den Geschäftsführer auf Rückzahlung von Beträgen, die dieser nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung geleistet hat134. Verneint wurde sie hingegen in folgenden Fällen: auf Eigentumsvorbehalt gestützte Klage des Vorbehaltsverkäufers gegen den insolventen Vorbehaltskäufer135; Klage gegen Organmitglied auf Schadensersatz wegen Fortführung einer unterkapitalisierten Gesellschaft136; Klage des Zessionars aus einer vom Insolvenzverwalter abgetretenen Insolvenzanfechtungsforderung137; vom Insolvenzverwalter erhobene Klage auf Erbringung von Beförderungsleistungen138. Im Detail sind hier freilich gleichwohl noch viele Fragen offen.139 Bei der Annexzuständigkeit handelt es sich mit Blick auf Historie140 und Telos 17.42 nach richtiger (wenngleich bestrittener141) Ansicht um eine ausschließliche Zustän133  EuGH v. 2.7.2009, SCT Industri, C-111/08, ECLI:EU:C:2009:419. Dazu Bayer/ J. Schmidt BB 2010, 387, 393; Längle ÖJZ 2010, 851, 856 f.; Mankowski NZI 2009, 571 f.; Oberhammer FS Koziol, 2010, S. 1239, 1263 f.; Piekenbrock KTS 2009, 539 ff.; Wessels (2010) 23 Insolv. Int. 22, 24 f. 134 EuGH v. 4.12.2014, H, C-295/13, ECLI:EU:C:2014:2410, Rn. 17 ff. (betreffend § 64 S. 1, 2 GmbHG; dazu Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1740; Bramkamp KTS 2015, 421 ff.; Dammann/Rapp BJED 2015, 139 ff.; Haar GPR 2015, 238, 244; Kindler EuZW 2015, 143 f.; Magnus LMK 2015, 366550; Mankowski EWiR 2015, 93 f.; Poertzgen NZI 2015, 91 f.; Schulz NZG 2015, 146 ff.; Wedemann IPRax 2015, 505 ff.); EuGH v. 10.12.2015, Kornhaas, C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806, Rn. 16 ff. (betreffend § 64 Abs. 2 S. 1 GmbHG a.F.; dazu Altmeppen NJW 2016, 521, 526 f.; ders. IWRZ 2017, 107 ff.; Arts RIW 2016, 151 f.; Bayer/ J. Schmidt BB 2016, 1923, 1932; Böcker DZWiR 2016, 174 ff.; Hübler NZI 2016, 125 f.; Kindler EuZW 2016, 136 ff.; ders. DNotZ-Sonderheft 2016, 75, 77 ff.; Mankowski NZG 2016, 281 ff.; Mock IPRax 2016, 237 ff.; Müller LMK 2016, 376110; Ringe JZ 2016, 573 ff.; Römermann GmbHR 2016, 26 ff.; Schall ZIP 2016, 289 ff.; Scholz ZEuP 2016, 959 ff.; Schulz EWiR 2016, 67 f.; Swierczok NZI 2016, 50 f.; Verse/Wiersch EuZW 2016, 330 f.; Wansleben EWS 2016, 72 ff.; Weller/Hübner NJW 2016, 325; dies. FS Pannen, 2017, S. 259 ff.; von Wilcken DB 2016, 225 f.); BGH NZG 2016, 550. 135 Vgl. EuGH v. 10.9.2009, German Graphics, C-292/08, ECLI:EU:C:2009:544, Rn. 32 ff. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 393; Berends NILR 2010, 423, 435 ff.; Brinkmann IPrax 2010, 324 ff.; Cranshaw DZWiR 2010, 89 ff.; d’Avout D. 2010, 2332 ff.; Längle ÖJZ 2010, 851, 857 f.; Lüttringhaus/Weber RIW 2010, 45 ff.; Oberhammer IPrax 2010, 317, 324; Wessels (2010) 23 Insolv. Int. 22 ff. 136 EuGH v. 18.7.2013, ÖFAB, C-147/12, ECLI:EU:C:2013:490. 137 EuGH v. 19.4.2012, F-Tex, C-213/10, ECLI:EU:C:2012:215. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 11; Brinkmann EWiR 2012, 383 f.; Haar GPR 2015, 238, 243; Hübler NZI 2012, 501 f.; Kluth GWR 2012, 335014; Moss (2013) 26 Insolv. Int. 42, 43; Sujecki EuZW 2012, 430. 138 EuGH v. 4.9.2014, Nickel & Goeldner, C-157/13, ECLI:EU:C:2014:2145. Dazu Bayer/ J. Schmidt BB 2015, 1731, 1739; Haar GPR 2015, 238, 243 f.; Mansel/Thorn/Wagner IPrax 2015, 1, 27 f.; Zarth EWiR 2015, 31 f. 139 Umfassende Kasuistik bei MMS/Mankowski Art. 6 Rn. 9 ff. m.z.w.N. 140 Auf der Basis der Deko Marty-Judikatur war richtigerweise eine ausschließliche Zuständigkeit anzunehmen. Vgl. 5. Aufl. § 16 Rn. 30 sowie BGH ZIP 2009, 1287, 1288 f.; Lennarts (2010) 7 ECL 106, 110; Mankowski/Willemer RIW 2009, 669, 675; Mock ZInsO 2009, 470, 472; Oberhammer FS Koziol, 2010, S. 1239, 1259 f. 141 Vgl. Bork FS Beck, 2016, S. 49, 61; Bork/van Zwieten/Ringe 6.35 ff.

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§ 17 Europäisches Insolvenzrecht

digkeit.142 Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach nationalem Recht143; in Deutschland sieht Art. 102c § 6 Abs. 1 EGInsO − in Anlehnung an die bisherige BGH-Judikatur144 – vor, dass der Gerichtsstand durch den Sitz des Insolvenzgerichts bestimmt wird, sofern sich nicht aus anderen Vorschriften eine örtliche Zuständigkeit ergibt.145 17.43 Die Annexzuständigkeit gilt nach Wortlaut146 und Telos nicht nur für Haupt-, sondern auch für Partikularinsolvenzverfahren.147 17.44 Art. 6 Abs. 2 und 3 EuInsVO 2015 eröffnen einen zusätzlichen besonderen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs, wenn die Klage im Zusammenhang mit einer anderen zivil- oder handelsrechtlichen Klage gegen denselben Beklagten steht: Der Verwalter hat dann die Option beide Klagen vor das Gericht am Wohnsitz des Beklagten zu bringen, sofern dieses nach der Brüssel Ia-VO zuständig ist.148 d)  Verfahren der Zuständigkeitsfeststellung 17.45 Um zu gewährleisten, dass ein Hauptinsolvenzfahren nur im tatsächlich zuständigen Mitgliedstaat eröffnet wird und forum shopping zu verhindern, wurden auch die Verfahrensvorschriften zu Bestimmung der internationalen Zuständigkeit verbessert149: Das mit einem Eröffnungsantrag befasste Gericht150 hat seine Zuständigkeit von Amts wegen zu prüfen und in der Eröffnungsentscheidung zu begründen (Art. 4 Abs. 1 EuInsVO 2015)151; der Schuldner und jeder Gläubiger können die Entscheidung zur Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens aus Gründen der internationalen Zuständigkeit anfechten (Art. 5 Abs. 1 EuInsVO 2015)152.

142 Vgl. MMS/Mankowski Art. 6 Rn. 27 ff.; MüKoInsO/Thole Art. 6 Rn. 3. Dazu ist aller­dings derzeit eine Vorlage beim EuGH anhängig (Rs. Wiemer & Trachte GmbH, C-296/17). 143 Vgl. Bork FS Beck, 2016, S. 49, 60; MMS/Mankowski Art. 6 Rn. 30; Bork/van Zwieten/ Ringe 6.32; MüKoInsO/Thole Art. 6 Rn. 2. 144 BGH ZIP 2009, 1287. 145 Vgl. BegrRegE z. EuInsVO 2015-UmsG, BR-Drs. 654/16, S. 29. 146 Verwiesen wird auf den gesamten Art. 3 EuInsVO 2015. 147 Vgl. MMS/Mankowski Art. 6 Rn. 31 ff.; J. Schmidt EWiR 2015, 515, 516. 148 Näher dazu Bork FS Beck, 2016, S. 49, 61; MMS/Mankowski Art. 6 Rn. 34 ff.; Bork/van Zwieten/Ringe 6.44 ff.; MüKoInsO/Thole Art. 6 Rn. 6 ff. 149 Vgl. COM(2012) 744, 3.1.2. 150 Bei Insolvenzverfahren, die nach nationalem Recht ohne gerichtliche Entscheidung eröffnet werden, können die Mitgliedstaaten den in einem solchen Verfahren bestellten Verwalter mit der Prüfung der internationalen Zuständigkeit betrauen (Art. 4 Abs. 2 S. 1 EuInsVO 2015). 151 Näher dazu MMS/Mankowski Art. 4 Rn. 1 ff.; Bork/van Zwieten/Ringe 4.01 ff.; MüKoInsO/Thole Art. 4 Rn. 2 ff. 152 Näher dazu MMS/Mankowski Art. 5 Rn. 1 ff.; Bork/van Zwieten/Ringe 5.01 ff.; MüKoInsO/Thole Art. 5 Rn. 1 ff.

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4.  Anwendbares Recht a)  Grundsatz: lex fori concursus Gem. Art. 7 Abs. 1 EuInsVO 2015 gilt für das Insolvenzverfahren und seine Wir- 17.46 kungen grundsätzlich das Recht des Eröffnungsstaats (sog. lex fori concursus); diese Grundregel gilt nicht nur für Haupt-, sondern auch für Sekundär- und unabhängige Partikularinsolvenzverfahren153. Es handelt sich um eine Sachnormverweisung, d.h. ein Renvoi ist ausgeschlossen.154 Ratio für den damit erzeugten grundsätzlichen Gleichlauf von internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht ist neben Gründen der Rechtssicherheit, Praktikabilität und Prozessökonomie insbesondere auch die Verhinderung von forum shopping (vgl. ErwG 5 EuInsVO 2015).155 Die Begriffe „Insolvenzverfahren und seine Wirkungen“ sind autonom auszu- 17.47 legen.156 Erfasst sind sowohl die verfahrensrechtlichen als auch die materiellen Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die davon betroffenen Personen und Rechtsverhältnisse.157 Die lex fori concursus regelt alle Voraussetzungen für die Eröffnung, Abwicklung und Beendigung des Insolvenzverfahrens.158 Zur Erleichterung enthält Art. 7 Abs. 2 EuInsVO 2015 einen nicht erschöpfenden159 Katalog von erfassten Materien.160 Die lex fori concursus gilt aber z.B. auch für nicht angemeldete Forderungen.161 Dennoch verbleiben aber eine Vielzahl von Auslegungs- und Abgrenzungspro- 17.48 blemen. Aus deutscher Sicht gehören dazu insbesondere Ansprüche aus Existenzvernichtungshaftung162 sowie Insolvenzantragspflicht163 und Insolvenzverschleppungs-

153  Vgl. ErwG 66 S. 3 EuInsVO 2015; EuGH v. 21.1.2010, MG Probud, C-444/07, ECLI:EU:C:2010:24, Rn. 25; Virgós/Schmit Rn. 89; Bork/van Zwieten/Snowden 7.14; MMS/Müller Art. 7 Rn. 7 m.w.N. Für Sekundärinsolvenzverfahren wird dies durch Art. 35 EuInsVO 2015 nochmals explizit klargestellt, vgl. Virgós/Schmit Rn. 225; Bork/ Van Zwieten/Mangano 35.01; MMS/Mankowski Art. 35 Rn. 1; MMS/Müller Art. 7 Rn. 7. 154 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 87; Bork/Van Zwieten/Snowden 7.02; MMS/Müller Art. 7 Rn. 102 m.w.N. 155 Vgl. MüKoBGB/Kindler Art. 4 EuInsVO Rn. 4 f.; MMS/Müller Art. 7 Rn. 2 ff. (jeweils m.w.N.). 156 Vgl. nur MMS/Müller Art. 7 Rn. 80. 157 Vgl. ErwG 66 S. 4 EuInsVO 2015; Virgós/Schmit Rn. 90; EuGH v. 9.11.2016, ENEFI, C-212/15, ECLI:EU:C:2016:841, Rn. 17; MMS/Müller Art. 7 Rn. 8 m.w.N. 158 Vgl. ErwG 66 S. 5 EuInsVO 2015. 159 Vgl. EuGH v. 21.1.2010, MG Probud, C-444/07, ECLI:EU:C:2010:24, Rn. 25; EuGH v. 9.11.2016, ENEFI, C-212/15, ECLI:EU:C:2016:841, Rn. 21; Virgós/Schmit Rn. 91; MMS/Müller Art. 7 Rn. 12; Bork/Van Zwieten/Snowden 7.18. 160 Ausf. dazu MMS/Müller Art. 7 Rn. 13 ff.; Bork/Van Zwieten/Snowden 7.18 ff. (jeweils m.w.N.). 161 EuGH v. 9.11.2016, ENEFI, C-212/15, ECLI:EU:C:2016:841. Dazu Hübler NZI 2016, 990, 992; Mankowski NZI 2016, 962 f.; Riedemann/C. Schmidt EWiR 2017, 177 f.; Swierczok/Kontny EuZW 2017, 62 f.; Tashiro FD-InsR 2016, 384013. 162 Näher dazu MMS/Müller Art. 7 Rn. 97 m.w.N. 163 Näher dazu MMS/Müller Art. 7 Rn. 92 m.w.N.

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haftung164. Höchstrichterlich geklärt ist aber immerhin inzwischen, dass die Haftung wegen masseschmälernder Zahlungen (§ 64 S. 1 und 2 GmbHG n.F. = § 64 Abs. 2 GmbHG a.F.) insolvenzrechtlich zu qualifizierten ist.165 b)  Sonderanknüpfungen und spezielle Sachnormen 17.49 Vor dem Hintergrund, dass die lex fori concursus mit den Vorschriften anderer Mitgliedstaaten für die Vornahme von Rechtshandlungen kollidieren kann, sind allerdings im Interesse der Gewährleistung von Vertrauensschutz und Rechtssicherheit in Art. 8–18 EuInsVO 2015 eine ganze Reihe von Sonderanknüpfungen sowie teils auch abweichende Sachnormen vorgesehen.166 In Bezug auf dingliche Rechte Dritter an Gegenständen, die sich z.Z. der Verfah17.50 renseröffnung in einem anderen Mitgliedstaat als dem Eröffnungsstaat befinden, statuiert Art. 8 Abs. 1 EuInsVO 2015 eine spezielle Sachnorm.167 Der Begriff des dinglichen Rechts ist in der EuInsVO 2015 zwar nicht definiert, Art. 8 Abs. 2 EuInsVO 2015 enthält aber einen nicht abschließenden Katalog von Regelbeispielen168. Diesem lassen sich auch zwei Hauptcharakteristika eines dinglichen Rechts entnehmen: (i) es ist direkt und unmittelbar an den Vermögensgegenstand, an dem es besteht, gebunden; (ii) es wirkt absolut gegenüber jedermann.169 Der Ursprung des dinglichen Rechts ist dabei ebenso irrelevant wie der (öffentlich- oder privatrechtliche) Charakter einer etwaigen gesicherten Forderung170; erfasst ist daher z.B. auch eine Grundsteuerforderung, die als öffentliche Last auf einem Grundstück ruht171. Solche dinglichen Rechte Dritter bleiben von der Eröffnung des ausländischen Insolvenzverfahrens unberührt, d.h. die Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens hat keinen Einfluss auf das dingliche Recht.172 Gleiches gilt gem. Art. 8 Abs. 3 EuInsVO 2015 für registrierte Anwartschaftsrechte.173 Ratio ist der Schutz des Wirtschaftsverkehrs im Staat der Belegenheit

164 Näher dazu MMS/Müller Art. 7 Rn. 93 m.w.N. 165  Vgl. EuGH v. 10.12.2015, Kornhaas, C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806, Rn. 16 ff. (Literatur → Fn. 134); vgl. ferner auch bereits EuGH v. 4.12.2014, H, C-295/13, ECLI:EU:C:2014:2410, Rn. 17 ff. (Literatur → Fn. 134). 166 Vgl. ErwG 11 EuInsVO 2000; Virgós/Schmit Rn. 19, 89 ff.; J. Schmidt KTS 2015, 19, 22. 167 Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 8 Rn. 34 m.w.N. (zum Streitstand: Rn. 31 ff.). 168 Ausf. dazu MMS/J. Schmidt Art. 8 EuInsVO Rn. 14 ff. m.w.N. Zum nicht abschließenden Charakter des Katalogs auch EuGH v. 26.10.2016, Senior Home, C-195/15, ECLI:EU:C:2016:804, Rn. 21. 169 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 101; EuGH v. 26.10.2016, Senior Home, C-195/15, ECLI:EU:C:2016:804, Rn. 22 i.V.m. GA Szpunar, Schlussanträge v. 26.5.2016, Senior Home, C-195/15, ECLI:EU:C:2016:369, Rn. 44; MMS/J. Schmidt Art. 8 Rn. 11 m.w.N. 170 Vgl. EuGH v. 26.10.2016, Senior Home, C-195/15, ECLI:EU:C:2016:804, Rn. 26 ff. Dazu FD-InsR 2016, 384042; Dammann D. 2017, 852 ff.; Fritz NZI 2016, 1013 f.; Hübler NZI 2016, 990, 994 f.; Mankowski RIW 2017, 93 ff.; Piekenbrock LMK 2016, 384754; Swierczok EWiR 2016, 703 f.; Strickler EuZW 2016, 946 f. 171 Vgl. EuGH v. 26.10.2016, Senior Home, C-195/15, ECLI:EU:C:2016:804, Rn. 32. 172 Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 8 Rn. 34 m.w.N. 173 Näher MMS/J. Schmidt Art. 8 Rn. 19 ff. m.w.N.

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und der Rechtssicherheit in Bezug auf Rechte, die an diesen Vermögensgegenständen bestehen.174 Art. 8 Abs. 4 EuInsVO 2015 macht allerdings eine Rückausnahme für die Fälle des Art. 7 Abs. 2 S. 2 lit. m EuInsVO 2015; denn wenn das Sicherungsrecht durch eine gläubigerbenachteiligende Handlung eingeräumt wurde, fehlt die Schutzwürdigkeit.175 Art. 10 EuInsVO 2015 enthält eine Sonderregelung für die Behandlung des (ein- 17.51 fachen176) Eigentumsvorbehalts im Falle der Insolvenz von Käufer (Abs. 1) oder Verkäufer (Abs. 2).177 Damit soll das Vertrauen der Parteien darauf, dass sie ihre Rechte aus dem vereinbarten Eigentumsvorbehalt auch noch in der Insolvenz des anderen Vertragsteils geltend machen können, geschützt werden.178 Die Sonderregelung für die Aufrechnung in Art. 9 Abs. 1 EuInsVO 2015 soll 17.52 das Vertrauen des Gläubigers in die Aufrechenbarkeit seiner Forderung schützen.179 Selbst wenn eine Aufrechnung nach der lex fori concursus unzulässig wäre, darf der Gläubiger (vorbehaltlich der Rückausnahme für Fälle des Art. 7 Abs. 2 S. 2 lit. m EuInsVO 2015 in Abs. 2) aufrechnen, wenn und soweit das Statut der Hauptforderung eine Aufrechnung zulässt.180 Art. 11–13 EuInsVO 2015 enthalten Sonderregeln betreffend die Wirkung des In- 17.53 solvenzverfahrens auf bestimmte Vertragstypen. Für Verträge, die zum Erwerb oder zur Nutzung unbeweglicher Gegenstände berechtigen, gilt gem. Art. 11 EuInsVO 2015 − als Ausdruck des Prinzips des engsten Bezugs und um den Interessen des Lageorts gerecht zu werden181 − ausschließlich die lex rei sitae.182 Für Rechte und Pflichten der Mitglieder eines Zahlungs-/Abwicklungssystems oder Finanzmarkts gilt gem. Art. 12 Abs. 1 EuInsVO 2015 das auf das System bzw. den Markt anwendbare Recht (unberührt bleibt aber Art. 8 EuInsVO 2015, → 17.50);183 Ratio sind Vertrauensschutz für die System-/Marktteilnehmer und die Wahrung der Effektivität solcher Systeme184. Für Arbeitsverträge gilt gem. Art. 13 Abs. 1 EuInsVO 2015 im Interesse des Schutzes von Arbeitnehmern und Arbeitsverhältnissen185 ausschließlich das – gem. Art. 8 Abs. 1 174 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 97; MMS/J. Schmidt Art. 8 Rn. 3 m.w.N. 175 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 98; MMS/J. Schmidt Art. 8 Rn. 6 m.w.N. 176 Art. 10 EuInsVO 2015 erfasst nur den einfachen Eigentumsvorbehalt, vgl. MMS/J. Schmidt Art. 10 Rn. 7 f. m.w.N. 177 Näher dazu Bork/Van Zwieten/Snowden 10.01 ff.; MMS/J. Schmidt Art. 10 Rn. 1 ff. m.w.N. 178 Vgl. EuGH v. 10.9.2009, German Graphics, C-292/08, ECLI:EU:C:2009:544, Rn. 35; MMS/J. Schmidt Art. 10 Rn. 4 m.w.N. 179 Vgl. ErwG 70 S. 2 EuInsVO 2015; Virgós/Schmit Rn. 109; MMS/J. Schmidt Art. 9 Rn. 3 m.w.N. 180 Näher dazu Bork/Van Zwieten/Snowden 9.01 ff.; MMS/J. Schmidt Art. 9 Rn. 3 ff. m.w.N. 181 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 118; MMS/Mankowski Art. 11 Rn. 1 ff. m.w.N. 182 Näher Bork/Van Zwieten/Snowden 11.01 ff.; MMS/Mankowski Art. 11 Rn. 1 ff. m.w.N. 183  Näher Bork/Van Zwieten/Garcimartín/Virgós 12.01 ff.; MMS/Mankowski Art. 12 Rn. 1 ff. m.w.N. 184 Vgl. ErwG 71 EuInsVO 2015; Virgós/Schmit Rn. 120; Bork/Van Zwieten/Garcimartín/ Virgós 12.02; MMS/Mankowski Art. 12 Rn. 1 ff. 185 Vgl. ErwG 72 S. 1 EuInsVO 2015; Virgós/Schmit Rn. 125; Bork/Van Zwieten/Garcimartín/Virgós 13.03; MMS/Mankowski Art. 13 Rn. 1 ff.

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Rom I-VO zu bestimmende − Arbeitsvertragsstatut.186 In Art. 11, 13 EuInsVO 2015 wurde jeweils ein Abs. 2 betreffend die internationale Zuständigkeit für die gerichtliche Zustimmung zur Änderung oder Beendigung derartiger Verträge eingefügt.187 Sonderanknüpfungen gelten ferner in Bezug auf unbewegliche Gegenstände, 17.54 Schiffe und Luftfahrzeuge, die der Eintragung in ein öffentliches Register unterliegen: Um das Vertrauen in die entsprechenden Register zu sichern und Kollisionen mit dem Recht des Registerstaats (speziell dem numerus clausus der Sachenrechte) zu vermeiden188, richten sich die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf solche eintragungspflichtigen Rechte gem. Art. 14 EuInsVO 2015 ausschließlich nach dem Recht des Registerstaats (lex libri sitae).189 Für Europäische Patente mit einheitlicher Wirkung, Gemeinschaftsmarken 17.55 und andere durch Unionsrecht begründete ähnliche Rechte bestimmt Art. 15 EuInsVO 2015 mit Rücksicht auf deren besonderen Charakter, dass sie nur in ein Hauptinsolvenzverfahren einbezogen werden können.190 17.56 In Bezug auf gläubigerbenachteiligende Rechtshandlungen etabliert Art. 16 EuInsVO 2015 eine spezielle Vertrauensschutzregelung191 für den Fall, dass die lex fori concursus und die lex causae auseinanderfallen: Sofern der Gläubiger nachweisen kann, dass die Rechtshandlung nach der lex causae nicht angreifbar ist, ist die Anfechtung gesperrt.192 Der EuGH hat diese im Detail sehr umstrittene Regelung in den Entscheidungen Lutz193, Nike194 und Vinyls Italia195 inzwischen näher konturiert. 186 Näher dazu Bork/Van Zwieten/Garcimartín/Virgós 13.01 ff.; MMS/Mankowski Art. 13 Rn. 1 ff. m.w.N. 187 Näher dazu Bork/Van Zwieten/Garcimartín/Virgós 13.12 ff.; MMS/Mankowski Art. 13 Rn. 34 ff. m.w.N. 188 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 130; Bork/Van Zwieten/Garcimartín/Virgós 14.02; MMS/Mankowski Art. 14 Rn. 1. 189 Näher dazu Bork/Van Zwieten/Garcimartín/Virgós 14.01 ff.; MMS/Mankowski Art. 14 Rn. 1 ff. m.w.N. 190 Näher dazu Bork/Van Zwieten/Garcimartín/Virgós 15.01 ff.; MMS/Mankowski Art. 15 Rn. 1 ff. m.w.N. 191  Vgl. EuGH v. 16.4.2015, Lutz, C-557/13, ECLI:EU:C:2015:227, Rn. 34; EuGH v. 15.10.2015, Nike, C-310/14, ECLI:EU:C:2015:690, Rn. 18 f.; Virgós/Schmit Rn. 138; BGH NZI 2014, 71 Rn. 28; Bork/Van Zwieten/Garcimartín/Virgós 16.10; MMS/Müller Art. 16 Rn. 2. 192  Näher dazu Bork/Van Zwieten/Garcimartín/Virgós 16.01 ff.; MMS/Müller Art. 16 Rn. 1 ff. m.w.N. 193 EuGH v. 16.4.2015, Lutz, C-557/13, ECLI:EU:C:2015:227. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1740 f.; Dammann/Dang D. 2015, 2165 ff.; Keller EWiR 2015, 415 f.; Kern/ Stangel LMK 2015, 370158; Mankowski NZI 2015, 481 f.; Schulz EuZW 2015, 432 f.; Tashiro FD-InsR 2015, 369013. 194  EuGH v. 15.10.2015, Nike European Operations Netherlands, C-310/14, ECLI:EU:C:2015:690. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1930 f.; Czaplinski/Knodel GWR 2016, 38; Dammann/Pigot D. 2016, 526 ff.; Ehret FD-InsR 2015, 374035; Magnus LMK 2015, 373972; Mankowski EWiR 2015, 773 f.; Müller EuZW 2016, 212 ff.; Paulus RIW 2016, 53 f.; Piekenbrock IPRax 2016, 219 ff.; Schulz EuZW 2016, 35 ff.; SchulteStiefermann/Swierczok IILR 2016, 139 ff.; Swierczok NZI 2015, 957 f. 195  EuGH v. 8.6.2017, Vinyls Italia, C-54/16, ECLI:EU:C:2017:433.

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Der Gedanke des Vertrauensschutzes liegt auch Art. 17 EuInsVO 2015 zugrunde: 17.57 Er bestimmt zum Schutz des entgeltlichen Dritterwerbers196, dass sich die Wirksamkeit von Rechtshandlungen, mit denen der Insolvenzschuldner nach Verfahrenseröffnung über unbewegliche Gegenstände oder registereintragungspflichtige Schiffe, Luftfahrzeuge oder Wertpapiere verfügt, ausschließlich nach der lex rei sitae bzw. lex libri sitae bestimmt.197 Art. 18 EuInsVO 2015 etabliert eine Sonderanknüpfung für die Wirkungen auf 17.58 anhängige Rechtsstreitigkeiten und Schiedsverfahren198: Nach dem Prinzip der engsten Verbindung199 und um den Gerichten eine Auseinandersetzung mit ausländischem Prozessrecht zu ersparen200, gilt insoweit ausschließlich die lex fori.201 5.  Gegenseitige Anerkennung von Insolvenzverfahren a)  Anerkennung und Wirkungen der Eröffnungsentscheidung aa)  Automatische Anerkennung und Wirkungserstreckung „Herzstück“202 der EuInsVO 2015 ist die automatische Anerkennung EU-ausländi- 17.59 scher Insolvenzeröffnungsbeschlüsse: Gem. Art. 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 EuInsVO 2015 wird die Entscheidung über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in einem Mitgliedstaat in allen anderen Mitgliedstaaten ipso iure (d.h. ohne Exequatur oder sonstige Überprüfung203, → 17.60) anerkannt, sobald sie im Staat der Verfahrenseröffnung wirksam ist (sog. Prioritätsprinzip)204; eine Ausnahme ist nur in den engen Grenzen des ordre public-Vorbehalts des Art. 33 EuInsVO 2015 (→ 17.73 ff.) zulässig205.

196 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 140; Bork/Van Zwieten/Garcimartín/Virgós 17.02; MMS/Mankowski Art. 17 Rn. 1. 197 Näher dazu Bork/Van Zwieten/Garcimartín/Virgós 17.01 ff.; MMS/Mankowski Art. 17 Rn. 1 ff. m.w.N. 198 Die ausdrückliche Erstreckung auf Schiedsverfahren erfolgte erst durch die EuInsVO 2015; die Erfassung auch von Schiedsverfahren entsprach jedoch bereits zuvor der h.M., vgl. J. Schmidt KTS 2015, 19, 24 m.w.N. 199 Vgl. MüKoBGB/Kindler Art. 15 EuInsVO Rn. 2; kritisch insoweit jedoch MMS/Müller Art. 18 Rn. 2. 200 Vgl. OLG Köln ZIP 2007, 2287; s. ferner auch MüKoBGB/Kindler Art. 15 EuInsVO Rn. 2.; kritisch insoweit jedoch MMS/Müller Art. 18 Rn. 2. 201  Näher dazu Bork/Van Zwieten/Garcimartín/Virgós 18.01 ff.; MMS/Müller Art. 18 Rn. 1 ff. m.w.N. 202 Vgl. Leible/Staudinger KTS 2000, 533, 560. 203 Vgl. MMS/Müller Art. 19 Rn. 20; Bork/Van Zwieten/Veder 19.02. 204  Vgl. EuGH v. 2.5.2006, Eurofood, C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281, Rn. 39; EuGH v. 21.1.2010, MG Probud, C-444/07, ECLI:EU:C:2010:24, Rn. 26; EuGH v. 5.7.2012, ERSTE Bank Hungary, C-527/10, ECLI:EU:C:2012:417, Rn. 34; MMS/Müller Art. 19 Rn. 23. 205 Vgl. EuGH v. 2.5.2006, Eurofood, C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281, Rn. 61; EuGH v. 21.1.2010, MG Probud, C-444/07, ECLI:EU:C:2010:24, Rn. 31 ff.

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Basis des damit geltenden Prioritätsprinzips ist − ausweislich ErwG 65 S. 3 EuInsVO 2015 − der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens206.207 Diesem ist es – wie der EuGH in den Urteilen Eurofood und Probud betont hat208 − inhärent, dass die Gerichte bei der Prüfung ihrer internationalen Zuständigkeit alle wesentlichen Verfahrensgarantien beachten, andererseits aber die Gerichte anderer Mitgliedstaaten nicht befugt sind, die vom zuerst eröffnenden Gericht angestellte Beurteilung nochmals zu überprüfen209. Sofern einer der Beteiligten der Auffassung ist, dass das eröffnende Gericht seine internationale Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat, muss er sich vielmehr der nach dem Recht des Eröffnungsstaats statthaften Rechtsbehelfe bedienen.210 Sobald aber ein Hauptinsolvenzverfahren wirksam eröffnet ist (egal ob zu Recht oder zu Unrecht), kann in einem anderen Mitgliedstaat nur noch ein Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet werden (vgl. auch Art. 19 Abs. 2 EuInsVO 2015). Eine gleichwohl erfolgende (nochmalige) Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens ist unwirksam und entfaltet von Anfang an keinerlei Rechtswirkungen.211 Dies gilt insbesondere auch dann, wenn sie in (fahrlässiger) Unkenntnis der ersten Eröffnungsentscheidung erfolgt.212 In der Rs. Probud hat der EuGH unmissverständlich entschieden, dass Ausnahmen vom fundamentalen Prinzip der automatischen Anerkennung nur in den in der EuInsVO ausdrücklich vorgesehenen Fällen (Sekundärinsolvenzverfahren [→ 17.39, 17.77 ff.], Sonderanknüpfungen gem. Art. 8–18 EuInsVO 2015 [→ 17.49 ff., G Art. 5–15 EuInsVO 2000], ordre public-Vorbehalt gem. Art. 33 EuInsVO 2015 [→ 17.73 ff., G Art. 26 EuInsVO 2000213]) zulässig sind214 und sämtliche nicht hiervon gedeckte mitgliedstaatliche Entscheidungen und Maßnahmen ipso iure unwirksam sind215.216 Damit ist insbesondere auch Art. 102 § 4 Abs. 2 EGInsO, wonach die Auf-

206 Vgl. zum Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens als allg. Prinzip des internationalen Insolvenzrechts: Bork, Principles of cross-border insolvency law, 2017, 2.33 ff. 207 Vgl. EuGH v. 2.5.2006, Eurofood, C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281, Rn. 39; EuGH v. 21.1.2010, MG Probud, C-444/07, ECLI:EU:C:2010:24, Rn. 27. 208  EuGH v. 2.5.2006, Eurofood, C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281, Rn. 41 f.; EuGH v. 21.1.2010, MG Probud, C-444/07, ECLI:EU:C:2010:24, Rn. 29. 209 Vgl. auch ErwG 65 S. 6 EuInsVO 2015. 210 EuGH v. 2.5.2006, Eurofood, C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281, Rn. 43. 211 Vgl. (jeweils für Eröffnung in Kenntnis der ausländischen Eröffnungsentscheidung): BGH ZIP 2008, 1338; BGH ZIP 2008, 2029; Nerlich/Römermann/Commandeur Art. 102 § 4 EGInsO Rn. 10 f.; MüKoBGB/Kindler Art. 102 § 4 EGInsO Rn. 7; Uhlenbruck/Lüer Art. 102 § 4 EGInsO Rn. 10. 212 Vgl. Fehrenbach IPrax 2009, 51, 53 f.; J. Schmidt EWiR 2008, 491, 492; s. ferner offenbar auch der High Court in Re Eurodis Electron Plc [2011] EWHC 1025 (Ch); a.A. Herchen EWiR 2009, 17, 18. 213 Der Nichtanerkennungsgrund des Art. 25 Abs. 3 EuInsVO 2000 wurde während des Legislativverfahrens im Rat gestrichen, vgl. Dok. 6664/13, S. 40. 214 EuGH v. 21.1.2010, MG Probud, C-444/07, ECLI:EU:C:2010:24, Rn. 47. 215 Vgl. EuGH v. 21.1.2010, MG Probud, C-444/07, ECLI:EU:C:2010:24, Rn. 44 („konnten ... nicht rechtswirksam ... anordnen“). 216 Vgl. Mankowski NZI 2010, 178, 179; J. Schmidt EWiR 2010, 77, 78; Suppliet NotBZ 2010, 137, 138; abw. jedoch Piekenbrock KTS 2010, 208, 221 sowie offenbar auch Lüttringhaus/ Weber WuB VII C. Art. 16 EuInsVO 1.10.

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hebung der Verfahrenseröffnung nur ex nunc wirken soll, kraft Anwendungsvorrangs des Unionsrechts unanwendbar.217 Von entscheidender Bedeutung ist damit insbesondere auch, wann eine „Eröff- 17.61 nung eines Insolvenzverfahrens“ i.S.d. Art. 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 EuInsVO 2015 vorliegt. Der EuGH hatte hierzu in der Rs. Eurofood in Bezug auf die EuInsVO 2000 drei Kriterien aufgestellt, die sich jedoch nicht einfach auf die EuInsVO 2015 übertragen lassen, da diese einen wesentlich weiteren Anwendungsbereich hat (→ 17.13 f.), dem insbesondere auch die Legaldefinition in Art. 2 Nr. 7 EuInsVO 2015 angepasst wurde. Danach ist „Entscheidung zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens“ zum einen die Entscheidung eines Gerichts zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder zur Bestätigung der Eröffnung (lit. i), zum anderen aber auch die Entscheidung eines Gerichts zur Bestellung eines Verwalters (lit. ii).218 Durch die Neufassung der Legaldefinition des Verwalters in Art. 2 Nr. 5 EuInsVO 2015 dürfte ferner eindeutig geklärt sein, dass sämtliche Varianten des vorläufigen Insolvenzverwalters („schwacher“, „halbstarker“, „starker“) erfasst sind.219 bb)  Wirkungen der Anerkennung (1)  Allgemeine Wirkung Gem. Art. 20 Abs. 1 EuInsVO 2015 entfaltet die Eröffnungsentscheidung in jedem 17.62 Mitgliedstaat automatisch diejenigen Wirkungen, die das Recht des Staats der Verfahrenseröffnung dem Verfahren beilegt. Ausnahmen von dieser Wirkungserstreckung sieht die EuInsVO 2015 nur in zwei Fallgruppen vor:220 (1) Im Rahmen der Sonderanknüpfungen und speziellen Sachnormen der Art. 8–18 EuInsVO 2015 (→ 17.49 ff.) und (2) im Falle der Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens; dann erstrecken sich die Wirkungen des Hauptinsolvenzverfahrens nicht auf diesen Mitgliedstaat (Art. 20 Abs. 1 EuInsVO 2015 a.E.), die EuInsVO 2015 sieht jedoch umfangreiche Regelungen zur Koordinierung von Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren vor, → 17.86 ff.

217 Vgl. Nerlich/Römermann/Commandeur Art. 102 § 4 EGInsO Rn. 10 f.; Fehrenbach IPrax 2009, 51, 53 f.; J. Schmidt EWiR 2008, 491, 492; s. ferner auch schon Weller IPrax 2004, 412, 417; zumindest für den Fall der Kenntnis des eröffnenden Gerichts von der Hauptinsolvenzverfahrenseröffnung im Ausland auch: BGH ZIP 2008, 1338; BGH ZIP 2008, 2029; MüKoInsO/Kindler Art. 102 § 4 EGInsO Rn. 7; Uhlenbruck/Lüer Art. 102 § 4 EGInsO Rn. 10 f.; Mankowski NZI 2008, 575 f. In Art. 102c § 3 Abs. 2 EGInsO wurde jedoch wieder eine dem Art. 102 § 4 EGInsO entsprechende Regelung (ohne jegliche Einschränkungen) aufgenommen. 218 Näher dazu MMS/J. Schmidt Art. 2 Rn. 19 ff.; Bork/Van Zwieten/Van Zwieten 2.23 ff. 219 Vgl. Prager/Keller WM 2015, 805, 810; MMS/J. Schmidt Art. 2 Rn. 13; Thole IPRax 2017, 213, 214; s. ferner auch Fritz DB 2015, 1882, 1883. 220 Vgl. EuGH v. 21.1.2010, MG Probud, C-444/07, ECLI:EU:C:2010:24, Rn. 42 ff.; MMS/ Müller Art. 20 Rn. 15 f.; J. Schmidt EWiR 2010, 77, 78; Bork/Van Zwieten/Veder 20.14 ff.

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(2)  Befugnisse des Hauptinsolvenzverwalters 17.63 Wesentliches Element des Systems der automatischen Anerkennung221 ist ferner, dass sich auch die Befugnisse des Hauptinsolvenzverwalters nach dem Recht des Staats der Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens (lex fori concursus generalis) richten, Art. 21 Abs. 1 S. 1 EuInsVO 2015.222 Dieser Grundsatz wird allerdings in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt:223 (1) Durch die Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens (Art. 21 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 Alt. 1 EuInsVO 2015; der Hauptinsolvenzverwalter hat aber nach Art. 34 ff. EuInsVO 2015 erhebliche Eingriffsmöglichkeiten [→ 17.77 ff.]; (2) durch entgegenstehende vorläufige Sicherungsmaßnahmen (Art. 21 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 Alt. 2 EuInsVO 2015); (3) durch die Art. 8 und 10 EuInsVO 2015 (→ 17.50 f.) in Bezug auf das Recht zur Entfernung von Massegegenständen aus dem Gebiet anderer Mitgliedstaaten (Art. 21 Abs. 1 S. 2 EuInsVO 2015); (4) durch das Recht des Mitgliedstaats, in dessen Territorium er tätig werden will (Art. 21 Abs. 3 EuInsVO 2015). Art. 22 EuInsVO 2015 erleichtert dem Hauptinsolvenzverwalter den Nachweis 17.64 seiner Bestellung und damit seiner Handlungsbefugnisse.224 (3)  Gewährleistung der Gläubigergleichbehandlung 17.65 Art. 23 EuInsVO 2015 zielt darauf ab, auch im grenzüberschreitenden Rahmen den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung zu gewährleisten:225 Abs. 1 gibt dem Haupt­insolvenzverwalter vorbehaltlich der Art. 8 und 10 (→ 17.50 f.) einen Herausgabeanspruch, wenn ein Gläubiger nach Verfahrenseröffnung noch etwas aus der Masse erlangt hat; Abs. 2 ordnet eine konsolidierte Berechnung der Quote an, wenn ein Gläubiger seine Forderung in mehreren Verfahren anmeldet (→ 17.93 ff.).226 cc) Publizität 17.66 Um eine bessere Information der betroffenen Gläubiger und Gerichte zu gewährleisten und die Eröffnung von Parallelverfahren zu verhindern227, wurde durch die EuInsVO 2015 eine Pflicht der Mitgliedstaaten zur Einrichtung von öffentlich zugänglichen und miteinander vernetzten elektronischen Insolvenzregistern mit bestimmten Pflichtinhalten eingeführt (Art. 24–27 EuInsVO 2015).228 Dieses neue

221 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 160. 222 Näher MMS/Müller Art. 21 Rn. 7 ff. m.w.N. 223 Näher MMS/Müller Art. 21 Rn. 7 ff. m.w.N. 224 Näher MMS/Müller Art. 22 Rn. 1 ff. m.w.N. 225 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 171; MMS/Müller Art. 23 Rn. 1. 226 Näher MMS/Müller Art. 23 Rn. 1 ff.; Bork/Van Zwieten/Veder 23.01 ff. 227 Vgl. ErwG 76 S. 1 EuInsVO 2015; vgl. zu den Publizitätsproblemen unter der EuInsVO 2000: COM(2012) 744, 1.2.; SWD(2012) 416, 3.4.3.; Bork/Van Zwieten/Veder 24.01 ff. 228 Näher MMS/Müller Art. 24 Rn. 1 ff.; Bork/Van Zwieten/Veder 24.01 ff.

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System der Insolvenzregistervernetzung muss zwar erst ab dem 26.6.2019 voll funktionsfähig sein (vgl. Art. 92 UAbs. 2 lit. b, c EuInsVO 2015). Deutschland und 7 weitere Mitgliedstaaten229 sind hier indes bereits vorgeprescht: Ihre Insolvenzregister sind nun über das e-Justice Portal230 miteinander verbunden.231 Dem „Schutz durch Publizität“ für den Rechts- und Wirtschaftsverkehr232 dienen 17.67 die Vorschriften zur Bekanntmachung und Registereintragung der Eröffnung eines Verfahrens in anderen Mitgliedstaaten in Art. 28 f. EuInsVO 2015. Anders als nach Art. 21 f. EuInsVO 2000 ist die Bekanntmachung bzw. Registereintragung nunmehr in allen Mitgliedstaaten, in denen der Schuldner eine Niederlassung hat, zwingend (Art. 28 Abs. 1 bzw. Art. 29 Abs. 1 EuInsVO 2015); in anderen Mitgliedstaaten kann der Verwalter bzw. Schuldner in Eigenverwaltung die Bekanntmachung bzw. Registereintragung beantragen (Art. 28 Abs. 2 bzw. Art. 29 Abs. 2 EuInsVO 2015).233 In Deutschland wurden hierzu in Art. 102c §§ 7 f. EGInsO neue Ausführungsvorschriften geschaffen.234 Bekanntmachung und Registereintragung sind zwar keine Anerkennungs- und 17.68 Wirkungsvoraussetzungen (→ 17.59).235 Sie können aber nach Maßgabe des jeweils anwendbaren nationalen Rechts einen gutgläubigen Erwerb vom Insolvenzschuldner verhindern (oder zumindest erschweren).236 Bedeutung hat die Bekanntmachung zudem für die Beweislastverteilung i.R.d. 17.69 Drittschuldnerschutzes nach Art. 31 EuInsVO 2015:237 Danach hat eine in Unkenntnis der Verfahrenseröffnung erfolgende Leistung eines Drittschuldners an den Schuldner (statt an den Verwalter) befreiende Wirkung (Abs. 1); vor der Bekanntmachung wird die Unkenntnis, umgekehrt danach die Kenntnis des Drittschuldners vermutet (Abs. 2). In der Rs. Grontimmo hat der EuGH allerdings zur Vorläuferregelung in Art. 24 Abs. 1 EuInsVO 2000 (in der Sache freilich nicht überzeugend238) entschieden, dass Zahlungen, die im Auftrag des Insolvenzschuldners an einen seiner Gläubiger erfolgen, nicht vom Anwendungsbereich der Norm erfasst sind.239

229 Estland, Lettland, Niederlande, Österreich, Rumänien, Slowenien, Tschechische Republik. 230 . 231 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1738; J. Schmidt VGR 20 (2014) 25, 48. 232 Vgl. ErwG 75 S. 1 EuInsVO 2015; Virgós/Schmit Rn. 177. 233 Näher MMS/Müller Art. 28 Rn. 1 ff.; Bork/Van Zwieten/Veder 28.01 ff. 234 Vgl. dazu BegrRegE z. EuInsVO 2015-UmsG, BR-Drs. 654/16, S. 30. 235 Vgl. ErwG 75 S. 3 EuInsVO 2015; Virgós/Schmit Rn. 177. 236 Vgl. MMS/Müller Art. 28 Rn. 18; Art. 29 Rn. 18; MMS/Veder 29.01. 237 Dazu näher MMS/Müller Art. 31 Rn. 1 ff.; Bork/Van Zwieten/Veder 31.01 ff. 238 Näher Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1231; dies. KSzW 2014, 69, 75 m.w.N. 239  EuGH v. 19.9.2013, Grontimmo, C-251/12, ECLI:EU:C:2013:566. Dazu Bayer/ J. Schmidt BB 2014, 1219, 1231; dies. KSzW 2014, 69, 75; Ehret FD-InsR 2013, 351271; Haar GPR 2015, 238, 245; Hübler NZI 2013, 1062, 1063; Kern LMK 2013, 352199; Paulus EWiR 2013, 719 f.; Schäfer NZI 2013, 1041 f.

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b)  Anerkennung und Vollstreckung sonstiger Entscheidungen 17.70 Art. 32 EuInsVO 2015 komplettiert das System der automatischen Anerkennung240, indem er dieses auch auf die wesentlichen Folgeentscheidungen erstreckt, namentlich (1) Entscheidungen zur Durchführung und Beendigung des Insolvenzverfahrens sowie gerichtlich bestätigte Vergleiche (Abs. 1 UAbs. 1 S. 1), (2) Entscheidungen, die unmittelbar aufgrund des Insolvenzverfahrens und in engem Zusammenhang damit stehen (sog. Annexentscheidungen, → 17.41 ff.) (Abs. 1 UAbs. 2), und (3) Sicherungsmaßnahmen, die nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder im Zusammenhang damit getroffen werden (Abs. 1 UAbs. 3). Die Vollstreckung dieser Entscheidungen richtet sich gem. Art. 32 Abs. 1 UAbs. 1 17.71 S. 2 EuInsVO 2015 nach Art. 39–44, 47–57 Brüssel Ia-VO, d.h. es bedarf künftig – anders als nach Art. 25 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 EuInsVO 2000 i.V.m. Art. 38 ff. Brüssel I-VO – keines Exequaturs mehr241. Entscheidungen, die nicht unter Abs. 1 fallen, unterliegen gem. Art. 32 Abs. 2 EuInsVO 2015 der Brüssel Ia-VO, soweit deren Anwendungsbereich eröffnet ist242; mit dieser letztlich nur klarstellenden243 Regelung soll gewährleistet werden, dass die EuInsVO 2015 und Brüssel Ia-VO lückenlos ineinandergreifen244. Eine Ausnahme von der automatischen Anerkennung bzw. Vollstreckung sieht 17.72 die EuInsVO 2015 nur bei Verstoß gegen den ordre public (Art. 33 EuInsVO 2015, → 17.73 ff.) vor.245 c)  Ordre public-Vorbehalt (Art. 33 EuInsVO 2015) 17.73 Gem. Art. 33 EuInsVO 2015 darf ein Mitgliedstaat die Anerkennung der Verfahrenseröffnung oder i.R.d. Verfahrens ergangener Entscheidungen sowie deren Vollstreckung verweigern, soweit diese zu einem Ergebnis führen, das offensichtlich mit seiner öffentlichen Ordnung, insbesondere mit den Grundprinzipien oder den verfassungsmäßig garantierten Rechten und Freiheiten des Einzelnen, unvereinbar ist. Der EuGH hat in seinen Urteilen in den Rs. Eurofood und Probud betont, dass dieser ordre public-Vorbehalt als Einschränkung des der EuInsVO zu Grunde liegenden Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens (→ 17.60) auf Ausnahmefälle beschränkt ist.246 240 Vgl. MMS/Müller Art. 32 Rn. 1. 241 Vgl. MMS/Müller Art. 32 Rn. 35; Bork/Van Zwieten/Oberhammer 32.04. 242 Vgl. dazu auch EuGH v. 10.9.2009, German Graphics, C-292/08, ECLI:EU:C:2009:544, Rn. 17 ff. 243 Vgl. Bork/Van Zwieten/Oberhammer 32.44. 244 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 197. 245 Vgl. EuGH v. 21.1.2010, MG Probud, C-444/07, ECLI:EU:C:2010:24, Rn. 31 ff. (der dort noch genannte Nichtanerkennungsgrund des Art. 25 Abs. 3 EuInsVO 2000 wurde während des Legislativverfahrens im Rat gestrichen, vgl. Dok. 6664/13, S. 40); MMS/ Müller Art. 32 Rn. 6. 246 Vgl. EuGH v. 2.5.2006, Eurofood IFSC Ltd., C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281, Rn. 61 f.; EuGH v. 21.1.2010, MG Probud, C-444/07, ECLI:EU:C:2010:24, Rn. 34.

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Hinsichtlich der inhaltlichen Interpretation rekurriert der Gerichtshof – in erfreulicher systematischer Kohärenz247 − auf seine Judikatur zur Parallelnorm des Art. 27 EuGVÜ/34 Brüssel I-VO.248 Eine Anwendung der ordre public-Klausel kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Anerkennung/Vollstreckung gegen einen wesentlichen Rechtsgrundsatz verstieße und deshalb in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zur Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats stünde; bei dem Verstoß muss es sich um eine offensichtliche Verletzung eines in der Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats als wesentlich geltenden Rechtsnorm oder eines dort als grundlegend anerkannten Rechts handeln.249 In Eurofood hat der EuGH ausgeführt, dass ein ordre public-Verstoß insbeson- 17.74 dere bei Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren, speziell des Rechts auf Übermittlung der Verfahrensunterlagen und des Anspruchs auf rechtliches Gehör, vorliegen kann.250 Die nationalen Gerichte dürfen sich insoweit indes nicht darauf beschränken, ihre eigenen Vorstellungen von der Mündlichkeit des Verfahrens und deren fundamentalen Rolle in der eigenen nationalen Rechtsordnung zu übertragen, sondern müssen vielmehr anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls beurteilen, ob der Verfahrensbeteiligte hinreichend Möglichkeit hatte, gehört zu werden.251 Die dezidierte Hervorhebung des Ausnahmecharakters des ordre public-Vorbe- 17.75 halts durch den EuGH hat den Anreiz, dieses Instrument zur „Heimholung“ von Verfahren zu ge- (bzw. miss-)brauchen, allerdings nicht völlig beseitigen können. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist die Entscheidung des LG Nürnberg im BrochierFall252, das seine Anwendung u.a. auf das Fehlen einer Entscheidungsbegründung und die (angeblich) fehlende Unabhängigkeit der – nach englischem Recht zulässigerweise durch die directors bestellten − administrators gestützt hat.253 Zu weit geht es auch, wenn teilweise ein ordre public-Verstoß angenommen wird, wenn der Schuldner die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens in einem anderen Mitgliedstaat dadurch erwirkt hat, dass er ein COMI dort vorgetäuscht hat254; die Betroffenen müssen vielmehr 247 Vgl. J. Schmidt (Fn. 87), S. 19, 29. 248 EuGH v. 2.5.2006, Eurofood IFSC Ltd., C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281, Rn. 62 ff.; EuGH v. 21.1.2010, MG Probud, C-444/07, ECLI:EU:C:2010:24, Rn. 34. 249 Vgl. EuGH v. 28.3.2000, Krombach, C-7/98, ECLI:EU:C:2000:164, Rn. 37; EuGH v. 11.5.2000, Renault, C-38/98, ECLI:EU:C:2000:225, Rn. 30; EuGH v. 2.5.2006, Eurofood IFSC Ltd., C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281, Rn. 63 f.; EuGH v. 2.4.2009, Gambazzi, C-394/07, ECLI:EU:C:2009:219, Rn. 27; EuGH v. 28.4.2009, Apostolides, C-420/07, ECLI:EU:C:2009:271, Rn. 59. 250 Vgl. EuGH v. 2.5.2006, Eurofood IFSC Ltd., C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281, Rn. 66; s. ferner auch EuGH v. 2.4.2009, Gambazzi, C-394/07, ECLI:EU:C:2009:219, Rn. 28 ff. 251 Vgl. EuGH v. 2.5.2006, Eurofood IFSC Ltd., C-341/04, ECLI:EU:C:2006:281, Rn. 68; EuGH v. 2.4.2009, Gambazzi, C-394/07, ECLI:EU:C:2009:219, Rn. 40. 252 AG Nürnberg NZI 2007, 185. Dazu Andres/Grund NZI 2007, 137, 139 ff.; Ballmann BB 2007, 1121 ff.; Jacoby GPR 2007, 200, 203 ff.; Kebekus ZIP 2007, 84 ff.; Knof ZInsO 2007, 629, 632 ff.; Menjucq ECFR 2008, 135, 141. 253 Näher J. Schmidt (Fn. 87), S. 19, 31. 254 So aber BFH NZI 2016, 929 (dazu Fuchs NZI 2016, 932 f.); AG Göttingen NZI 2013, 206; LG Köln NZI 2011, 957; K. Schmidt/Brinkmann Art. 26 EuInsVO Rn. 8; Uhlenbruck/Lüer Art. 26 EuInsVO Rn. 6; Stöber IPrax 2016, 355, 360.

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die Gerichte im Eröffnungsstaat anrufen, wenn sie meinen, dass der Schuldner die Eröffnung durch Täuschung über sein COMI erschlichen hat255. Insgesamt ist jedoch gleichwohl zu konstatieren, dass die meisten nationalen Ge17.76 richte der vom EuGH geforderten restriktiven Interpretation ersichtlich Rechnung tragen.256 Schöne Beispiele hierfür sind etwa die ISA Daisytek-Entscheidung der Cour de Cassation v. 27.6.2006257 (fehlende Anhörung der Arbeitnehmervertreter vor der Eröffnungsentscheidung begründet keinen Verstoß) und ihre HSBC France-Entscheidung v. 30.6.2011258 (kein Verstoß, wenn das nationale Recht des Eröffnungsstaats dem Gläubiger gestattet, im Wege eines Rechtsmittels geltend zu machen, dass die internationale Zuständigkeit fehlte). Weitere Beispiele: OLG Innsbruck v. 8.7.2008259 (umfassendes nachträgliches rechtliches Gehör nach § 21 Abs. 1 S. 2 InsO genügt für ein faires Verfahren); BAG v. 25.4.2013 (Sonderliquidationsverfahren nach griechischem Recht verstößt nicht gegen den deutschen ordre public).260 6.  Sekundärinsolvenzverfahren 17.77 Der Rechtsrahmen für Sekundärinsolvenzverfahren wurde im Zuge der Neufassung als EuInsVO 2015 grundlegend reformiert.261 Wichtigste Neuerungen waren die Aufhebung der Beschränkung auf Liquidationsverfahren (→ 17.39), die Möglichkeit „virtueller“ Sekundärinsolvenzverfahren (→ 17.81) sowie die Etablierung weitergehender Kommunikations- und Kooperationspflichten (→ 17.87). a)  Verfahrenseröffnung aa) Voraussetzungen 17.78 Voraussetzung für die Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens ist gem. Art 34 S. 1 EuInsVO 2015, dass zuvor in einem anderen Mitgliedstaat ein Hauptinsolvenzverfahren eröffnet wurde, das im Staat des potentiellen Sekundärinsolvenzverfahrens 255 BGH NZI 2016, 93 Rn. 21; Bork Beil. zu ZIP 22/2016, 11 ff.; Jacoby GPR 2007, 200, 204 f.; Landry DB 2016, 100, 101; Mehring ZInsO 2012, 1247, 1250; Priebe ZInsO 2012, 2074, 2083; ders. ZInsO 2016, 601, 610; Vallender ZInsO 2009, 616, 620; ders. EWiR 2016, 19 f.; wohl auch Mankowski NZI 2006, 96 f. 256 Vgl. zum Ganzen auch J. Schmidt (Fn. 87), S. 19, 31 f. 257 Cour de Cassation v. 27.6.2006, n° 03-19863, Bulletin 2006 IV N° 149 S. 159. Dazu Dammann/Podeur (2006) 109 Banque & Droit 3 ff.; Moss (2007) 20 Insolv. Int. 20, 22; J. Schmidt ZIP 2007, 405, 407 f.; dies. (Fn. 87), S. 19, 31 f. 258 Cour de Cassation v. 15.2.2011, n° 09-71436 („HSBC France“). Dazu Dammann/Rapp D. 2011, 1738 ff.; Lienhard D. 2011, 588. 259 OLG Innsbruck ZIP 2008, 1647. Dazu Mankowski NZI 2008, 703 ff.; Paulus EWiR 2008, 653 f.; J. Schmidt (Fn. 87), S. 19, 32. 260 BAG NZI 2013, 758 m. Anm. Kamann. 261 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1738; Albrecht ZInsO 2015, 1077, 1081 f.; J. Schmidt KTS 2015, 19, 30 ff.

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anerkannt wird (→ 17.59 ff.) und dass das eröffnende Gericht gem. Art. 3 Abs. 2 EuInsVO 2015 (→ 17.38) international zuständig ist.262 Zudem müssen die sonstigen im insoweit maßgeblichen nationalen Recht – also der lex fori concursus secundarii (vgl. Art. 7, 35 EuInsVO 2015, → 17.46 ff.) − normierten Eröffnungsvoraussetzungen erfüllt sein. Nicht zu prüfen ist allerdings – wie Art. 34 S. 2 EuInsVO 2015 im Anschluss an das Urteil des EuGH in der Rs. Bank Handlowy263 nunmehr ausdrücklich klarstellt − das Vorliegen eines Insolvenzgrundes (auch) nach dem Recht des Sekundärinsolvenzstaats (lex fori concursus secundarii); nach der Konzeption der EuInsVO 2015 genügt die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens.264 Beantragt werden kann die Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens nicht 17.79 nur durch die nach der (potentiellen) lex fori concursus antragsberechtigten Personen und Stellen (Art. 37 Abs. 1 lit. b EuInsVO 2015), sondern – mit Blick auf die dominierende Rolle des Hauptinsolvenzverfahrens (→ 17.86)265 − auch durch den Hauptinsolvenzverwalter (Art. 37 lit. a EuInsVO 2015). Streitig ist jedoch, ob dies auch für den vorläufigen Hauptinsolvenzverwalter gilt. Vor dem Hintergrund von Art. 52 EuInsVO 2015 [G Art. 38 EuInsVO 2000], der dem vorläufigen Hauptinsolvenzverwalter (nur) ein Recht zur Beantragung von Sicherungsmaßnahmen gibt und entsprechenden Äußerungen im Virgós/Schmit-Bericht266, wird dies im Schrifttum teilweise pauschal verneint.267 Jedenfalls für die Fälle, in denen die Bestellung des vorläufigen Insolvenz­ verwalters nach den Eurofood-Kriterien bereits die Eröffnung eines Hauptinsolvenz­ verfahrens begründete (→ 17.61), erschien diese Einschränkung indes schon unter Geltung der EuInsVO 2000 kaum haltbar.268 Dies muss aber erst recht im Rahmen der EuInsVO 2015 gelten269, denn die neue Legaldefinition von „Verwalter“ in Art. 2 Nr. 5 EuInsVO 2015270 stellt nun explizit klar, dass auch der vorläufige Verwalter erfasst ist271. bb)  Entscheidung des Gerichts Dem mit einem Antrag auf Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens befassten 17.80 Gericht wurden durch die EuInsVO 2015 wesentlich mehr Handlungsoptionen er262 Näher Bork/Van Zwieten/Mangano 34.10 ff.; MMS/Müller Art. 34 Rn. 6 ff. m.w.N. 263 EuGH v. 22.11.2012, Bank Handlowy, C-116/11, ECLI:EU:C:2012:739. Dazu Bayer/ J. Schmidt BB 2013, 3, 11; Bayer/J. Schmidt KSzW 2014, 69, 75; Damman/Leclair de Bellevue D. 2013, 468 ff.; D’Avout JCP G 2013, note 62; Haar GPR 2015, 238, 244; Koller IPrax 2014, 490 ff.; Jopen EWiR 2013, 173 f.; Moss (2013) 26 Insolv. Int. 53 ff. 264 Vgl. Dammann FS Beck, 2016, S. 74, 79 f.; Bork/Van Zwieten/Mangano 34.22; MMS/ Müller Art. 34 Rn. 2; vgl. ferner auch bereits Virgós/Schmit Rn. 211 f., 217. 265 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 226; Bork/Van Zwieten/Mangano 37.02. 266 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 226, 262. 267 Vgl. etwa Nerlich/Römermann/Commandeur Art. 29 EuInsVO Rn. 3 f.; MüKoBGB/ Kindler Art. 29 EuInsVO Rn. 4 m.w.N. 268 Vgl. 5. Aufl. § 16 Rn. 63; MüKoInsO/Reinhart Art. 29 EuInsVO Rn. 4. 269 Ebenso i.E. Bork/Van Zwieten/Mangano 37.03; MMS/Mankowksi Art. 37 Rn. 10 f. 270 Näher dazu MMS/J. Schmidt Art. 2 Rn. 10 ff. 271 Vgl. auch Bork/Van Zwieten/Mangano 37.03.

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öffnet, um zu verhindern, dass eine effiziente Verwaltung der Insolvenzmasse durch Sekundärinsolvenzverfahren behindert wird272. Erstens kann es die Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens ablehnen, wenn der Hauptinsolvenzverwalter den lokalen Gläubigern gem. Art. 36 EuInsVO 2015273 eine Zusicherung gegeben hat, dass sie so behandelt werden, als wenn das Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet worden wäre und das Gericht der Überzeugung ist, dass diese Zusicherung die lokalen Interessen der Gläubiger angemessen schützt (Art. 38 Abs. 2 EuInsVO 2015).274 Mit der ausdrücklich geregelten Möglichkeit solcher „virtueller“ Sekundärinsolvenzverfahren hat der europäische Gesetzgeber ein von der Praxis entwickeltes Instrument275 kodifiziert276 und damit zwar einerseits eine rechtssichere Basis dafür geschaffen, andererseits aber auch neue Problemfelder eröffnet277. Zweitens kann das Gericht die Eröffnung eines Sekundärinsolvenzerfahrens für max. 3 Monate aussetzen, wenn im Hauptinsolvenzverfahren zwecks Ermöglichung von Verhandlungen zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern ein Moratorium gewährt wurde (Art. 38 Abs. 3 UAbs. 1 EuInsVO 2015).278 Drittens kann das Gericht statt des beantragten ein anderes in Anhang A aufgeführtes Insolvenzverfahren eröffnen, wenn dieses im Hinblick auf die Interessen der lokalen Gläubiger und die Kohärenz zwischen Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren am geeignetsten ist (Art. 38 Abs. 4 EuInsVO 2015, →  17.39). Als prozessuale Absicherung279 gewährt Art. 39 EuInsVO 2015 dem Hauptinsolvenzverwalter das Recht, die Eröffnungsentscheidung mit der Begründung anzufechten, dass Art. 38 EuInsVO 2015 nicht beachtet wurde.280 Nach Art. 40 EuInsVO 2015 kann ein Kostenvorschuss oder eine angemessene Sicherheitsleistung verlangt werden, wenn und soweit das nationale Recht des prospektiven Sekundärinsolvenzstaats dies auch bei nationalen Insolvenzverfahren verlangt.281 b)  Koordinierung von Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren

17.86 Um eine wirksame Verwaltung der Insolvenzmasse und eine effiziente Verwertung des Gesamtvermögens zu gewährleisten, sieht die EuInsVO 2015 eine Reihe von 272 Vgl. ErwG 41 S. 1 EuInsVO 2015; MMS/Mankowski Art. 38 Rn. 1. 273 Näher dazu Madaus FS Pannen, 2017, S. 223 ff.; Bork/Van Zwieten/Mangano 36.01 ff.; MMS/Mankowksi Art. 36 Rn. 1 ff.; Skauradszun ZIP 2016, 1563 ff. 274 Näher dazu Dammann FS Beck, 2016, S. 74, 80 f.; Bork/Van Zwieten/Mangano 38.09 ff.; MMS/Mankowski Art. 38 Rn. 6 ff.; Wimmer FS Beck, 2016, S. 587 ff. 275 Vgl. die Fälle Re Collins & Aikman Europe SA [2006] EWHC 1343 (Ch); Re MG Rover Belux SA/NV [2007] BCC 446; Re Nortel Networks SA, High Court (Ch) v. 11.2.2009, [2009] EWHC 206 (Ch). 276 Vgl. Bork/Van Zwieten/Mangano 36.03 ff.; MMS/Mankowksi Art. 36 Rn. 2. 277 Vgl. MMS/Mankowski Art. 36 Rn. 3. 278 Näher dazu Dammann FS Beck, 2016, S. 74, 81 f.; Bork/Van Zwieten/Mangano 38.15 ff.; MMS/Mankowksi Art. 38 Rn. 12 ff. 279 Vgl. Bork/Van Zwieten/Mangano 39.01; MMS/Mankowksi Art. 39 Rn. 1. 280 Näher dazu Bork/Van Zwieten/Mangano 39.01 ff.; MMS/Mankowksi Art. 39 Rn. 1 ff. 281 Näher dazu Bork/Van Zwieten/Mangano 40.01 ff.; MMS/Mankowski Art. 40 Rn. 1 ff.

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Regelungen zur Koordinierung von Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren vor. Grundkonzept und Leitbild ist dabei, dass die „dominierende Rolle“ dem Hauptinsolvenzverfahren zukommt282, Sekundärinsolvenzverfahren aber eine wichtige Stützungsfunktion283 sowie darüber hinaus vor allem auch eine Schutzfunktion zugunsten der Gläubiger im Sekundärinsolvenzstaat erfüllen284. aa)  Kooperations- und Kommunikationspflichten Um die Koordination von Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren zu verbessern285, 17.87 hat die EuInsVO nicht nur die Kooperations- und Kommunikationspflichten zwischen den Verwaltern ausgeweitet und konkretisiert (Art. 41 EuInsVO 2015 im Vergleich zu Art. 31 EuInsVO 2000)286, sondern zusätzlich explizit auch Kooperationsund Kommunikationspflichten zwischen den Gerichten untereinander (Art. 42 EuInsVO 2015)287 sowie zwischen Verwaltern und Gerichten (Art. 43 EuInsVO 2015)288 etabliert. ErwG 48 S. 4 EuInsVO 2015 betont explizit, dass Verwalter und Gerichte bei ihrer Zusammenarbeit die bewährten Praktiken für grenzüberschreitende Insolvenzfälle berücksichtigen sollen. Zu nennen sind hier insbesondere: CoCo Guidelines289, EU JudgeCo Principles290, EU JudgeCo Guidelines291, UNCITRAL Practice Guide on Cross-Border Insolvency Cooperation292.293 Die Zusammenarbeit kann insbesondere auch durch den Abschluss von Vereinbarungen oder Verständigungen (sog. protocols) erfolgen (vgl. Art. 41 Abs. 1 S. 2, ErwG 49 EuInsVO 2015).294

282  Vgl. ErwG 48 S. 3 EuInsVO 2015; EuGH v. 22.11.2012, Bank Handlowy, C-116/11, ECLI:EU:C:2012:739, Rn. 60; EuGH v. 9.11.2016, ENEFI, C-212/15, ECLI:EU:C:2016:841, Rn. 26 f.; kritisch dazu jedoch MMS/Mankowski Vor Art. 34–51 Rn. 54 ff. 283 Vgl. ErwG 40 S. 1 EuInsVO 2015; Virgós/Schmit, Rn. 33; Bork/Van Zwieten/Mangano 34.07; MMS/Mankowski Vor Art. 34–51 Rn. 46. 284 Vgl. Virgós/Schmit, Rn. 32; Bork/Van Zwieten/Mangano 34.06; MMS/Mankowski Vor Art. 34–51 Rn. 45. 285 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1738; vgl. auch ErwG 48 f. EuInsVO 2015. 286 Näher dazu MMS/Mankowski Art. 41 Rn. 1 ff.; Bork/Van Zwieten/Wessles 41.01 ff. 287 Näher dazu MMS/Mankowski Art. 42 Rn. 1 ff.; Bork/Van Zwieten/Wessles 42.01 ff. 288 Näher dazu MMS/Mankowski Art. 43 Rn. 1 ff.; Bork/Van Zwieten/Wessles 43.01 ff. 289 Wessels/Virgós, European Communication and Cooperation Guidelines for Cross-border Insolvency, . 290 Wessels (ed.), EU Cross-Border Insolvency Court-to-Court Cooperation Principles, 2015. 291  EU Cross-Border Insolvency Court-to-Court Communications Guidelines, 2014 (). 292 . 293 Schöner Überblick dazu bei Bork/Van Zwieten/Wessels 41.13 ff. m.w.N. 294 Näher dazu MMS/Mankowski Art. 41 Rn. 50 ff.; Bork/Van Zwieten/Wessels 41.20 ff., 41.45 ff. m.w.N.

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bb)  Koordinierung der Ausübung von Gläubigerrechten 17.88 Gem. Art. 45 Abs. 1 EuInsVO 2015 können Gläubiger ihre Forderungen sowohl im Haupt- als auch in einem oder mehreren Sekundärinsolvenzverfahren anmelden (vgl. auch Art. 53 EuInsVO 2015, → 17.93), sind also nicht etwa auf die Anmeldung in einem Verfahren beschränkt (bei Mehrfachanmeldung wird eine konsolidierte Quote berechnet, → 17.65).295 Um die Ausübung der Gläubigerrechte zu vereinfachen und die Position der Verwalter in anderen Verfahren zu stärken296, ermächtigt Art. 45 Abs. 2 EuInsVO 2015 die Verwalter zur Anmeldung der Forderungen „ihrer“ Gläubiger im jeweils anderen Verfahren, soweit dies zweckmäßig ist (und vorbehaltlich des Rechts jedes Gläubigers, die Anmeldung abzulehnen oder – soweit dies nach der lex fori concursus zulässig ist − zurückzunehmen).297 Zudem hat jeder Verwalter das Recht, in den anderen Verfahren wie ein Gläubiger mitzuwirken (Art. 45 Abs. 3 EuInsVO 2015).298 cc)  Koordinierung von Verwertung, Verfahrensbeendigung und Überschussverteilung 17.89 Art. 46–49 InsO betreffend Verwertung, Verfahrensbeendigung und Überschussverteilung bringen nochmals den Vorrang des Hauptverfahrens zum Ausdruck.299 Art. 46 EuInsVO 2015300 gibt dem Hauptinsolvenzverwalter die Möglichkeit, durch einen entsprechenden Antrag beim Sekundärinsolvenzgericht die vollständige oder teilweise Aussetzung der Verwertung im Sekundärinsolvenzverfahren herbeizuführen, um so zu verhindern, dass Sanierungs- oder sonstige Restrukturierungspläne im Rahmen des Hauptinsolvenzverfahrens durch die Verwertung im Rahmen des Sekundärinsolvenzverfahrens torpediert werden.301 Art. 47 Abs. 1 EuInsVO 2015 gibt dem Hauptinsolvenzverwalter ein Vorschlags17.90 recht für die Beendigung eines Sekundärinsolvenzverfahrens durch einen Sanierungsplan, Vergleich oder eine andere vergleichbare Maßnahme; sofern sich ihre Wirkungen auch auf das nicht vom Sekundärinsolvenzverfahren betroffene Vermögen erstrecken sollen, ist hierfür die Zustimmung aller betroffenen Gläubiger erforderlich (Art. 47 Abs. 2 EuInsVO 2015).302

295 Näher dazu Bork/Van Zwieten/Dammann 45.10 ff.; MMS/Mankowski Art. 45 Rn. 3 ff. m.w.N. 296 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 236; Kindler (Fn. 2), Art. 32 EuInsVO Rn. 8. 297 Näher dazu Bork/Van Zwieten/Dammann 45.15 ff.; MMS/Mankowski Art. 45 Rn. 28 ff. m.w.N. 298 Näher dazu Bork/Van Zwieten/Dammann 45.25 ff.; MMS/Mankowski Art. 45 Rn. 57 ff. m.w.N. 299 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 241, 252; Ehricke ZIP 2006, 1104, 1107. 300 Näher zum Ganzen: Bork/Van Zwieten/Dammann 46.01 ff.; MMS/Mankowski Art. 46 Rn. 1 ff. 301 Vgl. OLG Graz NZI 2006, 660, 662; LG Leoben NZI 2005, 646; Bork/Van Zwieten/ Dammann 46.01 ff.; MMS/Mankowski Art. 46 Rn. 1 ff. 302 Näher dazu: Bork/Van Zwieten/Dammann 47.01 ff.; MMS/Mankowski Art. 47 Rn. 1 ff. m.w.N.

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Art. 48 EuInsVO 2015 regelt die Auswirkungen der Beendigung eines von mehre- 17.91 ren konkurrierenden Insolvenzverfahren: Sie führt nicht automatisch auch zur Beendigung der anderen Insolvenzverfahren (es gibt also keine „Beendigungsakzessorietät“303, Abs. 1) und eine eigentlich aufzulösende juristische Person oder Gesellschaft besteht solange fort, bis jedes andere Insolvenzverfahren über ihr Vermögen beendet ist oder der/die Verwalter der anderen Verfahren der Auflösung zugestimmt haben (Abs. 2).304 Sofern im Sekundärinsolvenzverfahren ein Überschuss verbleibt, muss der Sekun- 17.92 därinsolvenzverwalter diesen gem. Art. 49 EuInsVO 2015 unverzüglich an den Haupt­insolvenzverwalter auskehren.305 7.  Unterrichtung der Gläubiger und Anmeldung ihrer Forderungen Kapitel IV (Art. 53–55) EuInsVO 2015 enthält Sachnormen306 betreffend die Benachrichtigung der Gläubiger und die Anmeldung ihrer Forderungen, die sowohl für Haupt- als auch für Partikularinsolvenzverfahren gelten307. Kernfunktion des Art. 53 EuInsVO 2015 ist es, den ausländischen Gläubigern i.S.d. Art. 2 Nr. 12 EuInsVO 2015308 das Recht zur Anmeldung ihrer Forderungen zu gewährleisten309; zugrunde liegt das Prinzip der par conditio creditorum und das Verbot der Diskriminierung ausländischer Gläubiger310. Verwendet werden können alle Arten von Kommunikationsmitteln, die nach der lex fori concursus zulässig sind (Art. 53 S. 1 EuInsVO 2015).311 Für die Forderungsanmeldung als solche besteht kein Anwaltszwang (Art. 53 S. 2 EuInsVO 2015).312 Art. 54 Abs. 1 EuInsVO 2015 begründet eine Pflicht zur Unterrichtung der bekannten ausländischen Gläubiger, Abs. 2–4 konkretisieren Form und Inhalt der Unterrichtung.313 Ratio ist der Ausgleich der für ausländische Gläubiger typischerweise bestehenden Informationsdefizite.314 Durch das im Zuge der Neufassung als EuInsVO 2015 eingeführte Standardmitteilungsformular (Anhang I VO (EU) 2017/1105315) soll die Unterrichtung weiter standardisiert und effizienter gestaltet werden.316 Art. 55 EuInsVO 2015317 regelt das Verfahren der Forderungsanmeldung durch ausländische Gläubiger i.S.d. Art. 53 S. 1 EuInsVO 2015 (→ 17.94). Erklärtes Ziel 303 Vgl. MMS/Mankowski Art. 48 Rn. 2. 304 Näher Bork/Van Zwieten/Dammann 48.01 ff.; MMS/Mankowski Art. 48 Rn. 1 ff. 305 Näher Bork/Van Zwieten/Dammann 49.01 ff.; MMS/Mankowski Art. 49 Rn. 1 ff. 306 Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 53 Rn. 2 m.w.N. 307 Vgl. Virgós/Schmit Rn. 264; MMS/J. Schmidt Art. 53 Rn. 3. 308 Dazu näher Bork/Van Zwieten/Lenzing 53.05 ff.; MMS/J. Schmidt Art. 2 Rn. 64 ff. 309 Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 53 Rn. 5 m.w.N. 310 Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 53 Rn. 5 m.w.N. 311 Dazu Bork/Van Zwieten/Lenzing 53.16 f.; MMS/J. Schmidt Art. 53 Rn. 9. 312 Dazu Bork/Van Zwieten/Lenzing 53.17; MMS/J. Schmidt Art. 53 Rn. 10 ff. 313 Dazu näher Bork/Van Zwieten/Lenzing 54.01 ff.; MMS/J. Schmidt Art. 54 Rn. 1 ff. 314 Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 54 Rn. 3 m.w.N. 315 Fn.  30. 316 Vgl. COM(2012) 744, 3.1.4.; MMS/J. Schmidt Art. 54 Rn. 5 m.w.N. 317 Dazu näher Bork/Van Zwieten/Lenzing 55.01 ff.; MMS/J. Schmidt Art. 55 Rn. 1 ff.

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§ 17 Europäisches Insolvenzrecht

der Neufassung war es, ausländischen Gläubigern, insbesondere kleinen Gläubigern und KMU, die Forderungsanmeldung noch weiter zu erleichtern.318 Es wurde daher ein einheitliches Standardformular eingeführt (Anhang II VO (EU) 2017/1105319), die Vorgaben für den Inhalt der Forderungsanmeldung wurden wesentlich ausgeweitet, die Sprachenregelung wurde reformiert und es wurde eine Regelung zur Frist und zur Möglichkeit der Nachreichung weiterer Belege im Falle des Bestreitens der Forderung eingeführt.320 8.  Konzerninsolvenzverfahren a)  Überblick 17.97 In die EuInsVO 2000 waren – nicht zuletzt aus politischen und praktischen Erwägungen – ganz bewusst keine besonderen Regelungen für Konzerninsolvenzen aufgenommen worden.321 Konsequenz dieser konzernrechtlichen magna lacuna war, dass „kreative“ Praktiker und Gerichte versuchten, die existierenden Vorschriften so zu nutzen – oder manchmal auch regelrecht „hinzubiegen“ –, dass die Insolvenzverfahren für alle konzernangehörigen Unternehmen bei einem Gericht konzentriert werden konnten.322 Das Fehlen eines speziellen Rechtsrahmens für Konzerninsolvenzen wurde ganz generell als enormes Hindernis für die effiziente Abwicklung von Konzerninsolvenzen empfunden.323 Mit der EuInsVO 2015 wurde die konzernrechtliche Lücke nun endlich gefüllt: In Kapitel V (Art. 56 ff.) EuInsVO 2015 finden sich nun spezielle Regelungen betreffend Insolvenzverfahren von Mitgliedern einer Unternehmensgruppe.324 Das Grundkonzept der Verfahrenskoordination ruht dabei auf zwei Säulen: gruppenspezifischen Kommunikations- und Kooperationspflichten (→ 17.98) und einem (optionalen) Gruppen-Koordinationsverfahren (→ 17.99 ff.).325 Der Begriff der Unternehmensgruppe wird dabei in Art. 2 Abs. 13 und 14 EuInsVO 2015 im Interesse der systematischen Kohärenz in Anknüpfung an die EU-Bilanz-RL (→ 23) definiert.326

318 Vgl. COM(2012) 744, 3.1.4.; MMS/J. Schmidt Art. 55 Rn. 2. 319 Fn.  30. 320 Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 55 Rn. 2. 321 Näher zu den Hintergründen: SWD(2012) 416, S. 16; MMS/J. Schmidt Art. 56 Rn. 1 m.w.N. 322 Vgl. näher MMS/J. Schmidt Art. 56 Rn. 3 m.w.N. 323 Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 56 Rn. 4 m.w.N. 324 Vgl. dazu MMS/J. Schmidt Art. 56 Rn. 1 ff.; Bork/van Zwieten/J. Schmidt 56.01 ff. (jeweils m.z.w.N.). 325 Vgl. J. Schmidt KTS 2015, 19, 36; dies. Konzern 2017, 1, 4. 326 Vgl. dazu Eble (Fn. 28), S. 131, 142 ff.; ders. NZI 2016, 115 ff.; J. Schmidt, KTS 2015, 19, 36; MMS/J. Schmidt Art. 2 Rn. 73 ff.

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b)  Gruppenspezifische Kommunikations- und Kooperationspflichten Art. 56–58 EuInsVO 2015327, die aufgrund der vergleichbaren Interessenlage bewusst 17.98 parallel zu Art. 41–44 EuInsVO 2015 ausgestaltet wurden328, statuieren spezielle Kommunikations- und Kooperationspflichten zwischen (i) den Verwaltern der einzelnen Konzernunternehmen (Art. 56 EuInsVO 2015), (ii) den Gerichten, bei denen die Insolvenzverfahren über die einzelnen Konzernunternehmen anhängig sind (Art. 57 EuInsVO 2015); und (iii) den Verwaltern jedes einzelnen Konzernunternehmens und allen beteiligten Gerichten (Art. 58 EuInsVO 2015). Art. 60 EuInsVO 2015 räumt den Verwaltern der einzelnen Konzernunternehmen jeweils wechselseitige Mitwirkungsrechte in den Insolvenzverfahren betreffend die anderen Konzernunternehmen ein. Diese gruppenspezifischen Koordinations- und Kommunikationspflichten können zumindest einen wichtigen Beitrag zur effizienten Abwicklung von Konzerninsolvenzen leisten.329 c)  Gruppen-Koordinationsverfahren aa) Genese Das Gruppen-Koordinationsverfahrens fand als spezielles Koordinationsinstrument 17.99 erst im Verlauf der Beratungen im Europäischen Parlament und im Rat Eingang in die Neufassung der EuInsVO 2015. Der ursprüngliche Kommissionsentwurf aus dem Jahr 2012330 hatte noch einen anderen Ansatz verfolgt: Eine Koordinierung sollte allein durch umfassende und weitreichende wechselseitige Mitwirkungsrechte der Verwalter in den Insolvenzverfahren betreffend die anderen Konzernunternehmen erreicht werden.331 Dieses Konzept stieß indes auf vehemente Kritik.332 Deutschland machte sich daraufhin sowohl im Europäischen Parlament333 als auch im Rat334 erfolgreich für ein Alternativkonzept stark, welches die deutsche Regierung auch schon für die Insolvenzrechtsreform auf deutscher Ebene335 favorisiert hatte: Das Konzept des Gruppen327 Dazu näher MMS/J. Schmidt Art. 56 Rn. 17 ff. m.w.N. 328 Vgl. ErwG 52 S. 2 EuInsVO 2015; MMS/J. Schmidt Art. 56 Rn. 12 m.w.N. 329 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 5. 330 COM(2012) 744. 331 Vgl. dazu näher J. Schmidt, The EIR Revision from a German Perspective – comparison of the rules on group insolvencies in the EIR revision draft and the German reform draft, in: Bariatti/Omar (ed.), The Grand Project: Reform of the European Insolvency Regulation (2014) S. 73, 82 f. 332 Vgl. dazu näher MMS/J. Schmidt Art. 61 Rn. 3 m.w.N. 333 Berichterstatter im Rechtsausschuss des EP (JURI) war der deutsche MEP Klaus-Heiner Lehne. 334 Vgl. das Dokument der deutschen Ratsdelegation Dok. 15675/13. 335  Vgl. den DiskE vom Januar 2013 () und den RegE vom August 2013 (BR-Drs. 663/13), der dann in der 18. Legislaturperiode unverändert neu eingebracht wurde (BR-Drs. 18/407). Das Gesetz wurde schließlich 2017 verabschie-

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Koordinationsverfahrens.336 Damit soll einerseits so viel Koordination wie möglich erreicht, zugleich aber die Autonomie der Einzelverfahren aufrechterhalten werden.337 17.100 Die Beschränkung auf einen verfahrensrechtlichen Ansatz und der Verzicht auf eine materielle Konsolidierung erscheint vernünftig; denn eine materielle Konsolidierung würde nicht nur die legitimen Erwartungen der Gläubiger enttäuschen, sondern käme de facto einer völligen Aufgabe der fundamentalen Prinzipien der Trennung der Vermögensmassen und der beschränkten Haftung gleich – und zwar genau in dem Moment, in dem sie am wichtigsten sind: der Insolvenz.338 bb)  Wesentliche Grundzüge 17.101 Das Konzept des Gruppen-Koordinationsverfahrens besteht aus drei wesentlichen Elementen: (i) einem Koordinationsgericht (→ 17.102), (ii) einem Koordinator (→ 17.103) und (iii) einem Gruppen-Koordinationsplan (→ 17.104 f.).339 (1)  Koordinationsgericht 17.102 Ein Gruppen-Koordinationsverfahren kann bei jedem Gericht, das für das Insolvenz­ verfahren eines Mitglieds der Gruppe340 zuständig ist, beantragt werden; antragsberechtigt ist jeder Verwalter341, der in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Mitglieds der Gruppe bestellt worden ist (Art. 61 Abs. 1 EuInsVO 2015).342 Im Falle konkurrierender Anträge gilt gem. Art. 62 EuInsVO 2015 das Prioritätsprinzip.343 Als eine Art „Gegengewicht“ ist in Art. 66 EuInsVO 2015 aber die Möglichkeit einer Prorogation eines anderen – geeigneter erscheinenden – Gerichts durch Vereinbarung einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Verwalter vorgesehen.344 Zudem hat det: Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen v. 13.7.2017, BGBl. I, 866. Dazu Grell/Splittgerber DB 2017, 1497 ff.; Mock DB 2017, 951 ff.; Stahlschmidt/Bartelheimer ZInsO 2017, 1010 ff.; Wimmer jurisPR-InsR 8/2017 Anm. 1. 336 Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 61 Rn. 4; J. Schmidt KTS 2015, 19, 38. 337 Vgl. ErwG 54 S. 2 EuInsVO 2015; Bork/Van Zwieten/J. Schmidt 61.02; MMS/J. Schmidt Art. 61 Rn. 4; J. Schmidt KTS 2015, 19, 42. 338 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 5; Bork/Van Zwieten/J. Schmidt 56.03; MMS/J. Schmidt Art. 56 Rn. 5 m.w.N. 339 Vgl. Bayer/J. Schmidt, BB 2015 S. 1731, 1738; Bork/Van Zwieten/J. Schmidt 61.02; MMS/J. Schmidt Art. 61 Rn. 5; J. Schmidt KTS 2015, 19, 38. 340 Legaldefinition in Art. 2 Nr. 13 und 14 EuInsVO 2015; dazu näher MMS/J. Schmidt Art. 2 Rn. 73 ff. m.w.N. 341 Legaldefinition in Art. 2 Nr. 5 EuInsVO 2015; dazu näher MMS/J. Schmidt Art. 2 Rn. 10 ff. 342 Näher zum Eröffnungsantrag: Bork/Van Zwieten/J. Schmidt 61.13 ff.; MMS/J. Schmidt Art. 61 Rn. 18 ff. m.w.N. 343 Näher dazu: Bork/Van Zwieten/J. Schmidt 62.01 ff.; MMS/J. Schmidt Art. 62 Rn. 1 ff. m.w.N. 344 Näher dazu: Bork/Van Zwieten/J. Schmidt 66.01 ff.; MMS/J. Schmidt Art. 66 Rn. 1 ff. m.w.N.

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jeder Verwalter das Recht zum Opt-out (Art. 64 Abs. 1 lit. a, Art. 65 EuInsVO 2015); korrespondierend besteht ferner unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit eines nachträglichen Opt-in (Art. 69 EuInsVO 2015).345 (2)  Koordinator Der Koordinator hat zwei Hauptaufgaben: (a) die Festlegung und Darstellung von 17.103 Empfehlungen für die koordinierte Durchführung der Insolvenzverfahren, und (b) den Vorschlag eines Gruppen-Koordinationsplans (vgl. Art. 72 Abs. 1 EuInsVO 2015).346 (3)  Gruppen-Koordinationsplan Im Gruppen-Koordinationsplan wird gem. Art. 72 Abs. 1 lit. b S. 1 EuInsVO 2015 ein 17.104 umfassender Katalog geeigneter Maßnahmen für einen integrierten Ansatz zur Bewältigung der Insolvenz der Gruppenmitglieder empfohlen, beschrieben und festgelegt. Seine Rechtsnatur ist die eines „kupierten Insolvenzplans“, der nur einen darstellenden, aber keinen gestaltenden Teil enthält.347 Er hat die Funktion eines „Referenzplans“: Seine Umsetzung erfolgt nicht zentral, sondern auf der Ebene der Einzelverfahren.348 Der Gruppen-Koordinationsplan ist für die Verwalter nicht bindend; gem. Art. 70 17.105 Abs. 2 UAbs. 1 EuInsVO 2015 ist ein Verwalter nicht verpflichtet, ihm ganz oder teilweise Folge zu leisten. Die EuInsVO 2015 setzt stattdessen auf einen „Comply or Explain“-Mechanismus349. Wenn ein Verwalter dem Gruppen-Koordinationsplan nicht folgt, muss er die Personen oder Stellen, denen er nach seinem nationalen Recht Bericht erstatten muss, und den Koordinator über die Gründe dafür informieren (Art. 70 Abs. 2 UAbs. 2 EuInsVO 2015)350.

345 Näher dazu: Bork/Van Zwieten/J. Schmidt 64.01 ff., 65.01 ff., 69.01 ff.; MMS/J. Schmidt Art. 64 Rn. 1 ff., Art. 65 Rn. 1 ff., Art. 69 Rn. 1 ff.; J. Schmidt ZVglRWiss 116 (2017) 93 ff.; Zhang (2017) 28 ICCLR 167 ff. 346 Näher dazu: Bork/Van Zwieten/J. Schmidt 72.05 ff.; MMS/J. Schmidt Art. 72 Rn. 5 ff. m.w.N. 347 Vgl. BegrRegE KonzernInsG, BT-Drs. 18/407, S. 40; Bork/Van Zwieten/J. Schmidt 72.27 ff.; MMS/J. Schmidt Art. 72 Rn. 28. 348 Vgl. BegrRegE KonzernInsG, BT-Drs. 18/407, S. 40; Bork/Van Zwieten/J. Schmidt 72.27 ff.; MMS/J. Schmidt Art. 72 Rn. 28; J. Schmidt KTS 2015, 19, 41; s. ferner auch Fritz DB 2015, 1945, 1948 („flankierender Masterplan“). 349 Vgl. Bork/Van Zwieten/J. Schmidt 70.02, 70.10; MMS/J. Schmidt Art. 70 Rn. 2, 14; J. Schmidt KTS 2015, 19, 41. 350 Näher dazu Bork/Van Zwieten/J. Schmidt 70.10 ff.; MMS/J. Schmidt Art. 70 Rn. 14 ff. m.w.N.

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(4)  Würdigung 17.106 Das neue Gruppen-Koordinationsverfahren erscheint auf den ersten Blick als interessante Option.351 Es bestehen jedoch durchaus Zweifel an seiner Praxistauglichkeit.352 Das Vertrauen auf die Wirksamkeit eines reinen „Comply-or-Explain“-Mechanismus und das Opt-out-Modell353 lassen hieran doch gravierende Bedenken aufkommen.354 In beiden manifestiert sich das Leitbild der Freiwilligkeit des Gruppen-Koordinationsverfahrens.355 Dieses ist jedoch zugleich auch sein Grundproblem: Aufgrund seiner nicht bindenden und rein freiwilligen Natur wird es nur dann funktionieren, wenn alle Beteiligten willens und in der Lage sind effektiv zusammenzuarbeiten.356 Es erscheint daher nicht unwahrscheinlich, dass man auch künftig bei Konzerninsolvenzen in vielen Fällen statt auf das neue Gruppen-Koordinationsverfahren auf die „altbewährten“ Instrumente einer Konzentration des COMI aller Konzernunternehmen in einem Mitgliedstaat oder der Bestellung derselben Person als Verwalter in allen Verfahren zurückgreifen wird.357 Denn beides ist – trotz der neuen „Hürden“ für Verlagerungen und „kreative Modifikationen“ des COMI − unter der EuInsVO 2015 weiterhin möglich.358

III.  Empfehlung 2014/135/EU 17.107 Die Empfehlung 2014/135/EU (→ 17.10) enthält Mindeststandards für präventive Restrukturierungsmaßnahmen und den Schuldenerlass für von einem Konkurs betroffene Unternehmer (vgl. Ziff. 3), welche die Mitgliedstaaten binnen eines Jahres umsetzen sollten (vgl. Ziff. 34). Die Mitgliedstaaten sollen einen präventiven Restrukturierungsrahmen zur 17.108 Verfügung stellen, der eine Restrukturierung ermöglicht, um eine Insolvenz abzu­ wenden (Ziff. 6–7). Der Schuldner soll eine Restrukturierung des Unternehmens einleiten können, ohne dass formal ein gerichtliches Verfahren eröffnet wird (Ziff. 8). Finanziell angeschlagene Unternehmen sollen die Möglichkeit haben, einen Antrag auf Aussetzung einzelner Durchsetzungsmaßnahmen für die Dauer von bis zu vier Monaten (maximal verlängerbar auf bis zu zwölf Monate) zu stellen, um die Annahme eines Restrukturierungsplans zu erleichtern (Ziff. 10–14). In Bezug auf Restrukturierungspläne enthält die Empfehlung Vorgaben zum Inhalt (Ziff. 15), zur Annahme 351 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 4. 352 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 4; Thole IPRax 2017, 213, 221. 353 Vgl. dazu näher J. Schmidt ZVglRWiss 116 (2017) 93 ff. 354 Vgl. auch J. Schmidt, Eurofenix Autumn 2015, 17, 19; dies. Konzern 2017, 1, 5; Thole IPRax 2017, 213, 221; Wenner ZIP 2017, 1137, 1141. 355 Vgl. MMS/J. Schmidt Art. 64 Rn. 4, Art. 69 Rn. 2, Art. 70 Rn. 4; J. Schmidt ZVglRWiss 116 (2017) 93, 111; dies. Konzern 2017, 1, 5. 356 Vgl. J. Schmidt ZVglRWiss 116 (2017) 93, 112; dies. Konzern 2017, 1, 5. 357 Vgl. J. Schmidt Konzern 2017, 1, 5. 358 Vgl. dazu MMS/J. Schmidt Art. 61 Rn. 13 f. m.w.N.

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durch die Gläubiger (Ziff. 16–20), zur gerichtlichen Bestätigung (Ziff. 21 f.), den Rechten der Gläubiger (Ziff. 24), den Rechtsfolgen (Ziff. 25 f.) und zum Schutz neuer Finanzierungsmöglichkeiten (Ziff. 27–29). Zweiter Aspekt der Empfehlung ist es, die negativen Auswirkungen einer Insol- 17.109 venz auf Unternehmer zu begrenzen und ihnen eine „zweite Chance“ zu gewährleisten. Deshalb soll eine Entschuldungsfrist von max. drei Jahren vorgesehen werden; Ausnahmen sollen aber z. B. bei unredlichem oder bösgläubigem Handeln möglich sein (Ziff. 30–33).

IV.  Vorschlag für eine Unternehmensinsolvenz-RL (UntInsRLE) Nachdem die Empfehlung 2014/135/EU (→ 17.107 ff.) nicht die erhoffte Harmo- 17.110 nisierung erreicht hatte359, legte die Kommission am 22.11.2016 als Teil des CMUAktionsplans (→ 14.176 ff.) und der Binnenmarktstrategie360 einen Vorschlag für eine Unternehmensinsolvenz-RL (UntInsRLE)361 vor. Damit sollen zum einen die Vorgaben der Empfehlung 2014/135/EU zu präventiven Restrukturierungsmaßnahmen (→ 17.112 ff.) sowie zur „zweiten Chance“ (→ 17.117) – in etwas modifizierter Form – in eine RL überführt werden; daneben enthält der Vorschlag aber auch ganz neue Regelungen zur Verbesserung der Effizienz von Restrukturierungs-, In359 Vgl. COM(2016) 723, S. 8. 360 Mitteilung der Kommission an das EP, den Rat, den EWSA und den AdR. Den Binnenmarkt weiter ausbauen: mehr Chancen für die Menschen und die Unternehmen, COM(2015) 550. 361 Vorschlag für eine RL des EP und des Rates über präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der RL 2012/30/ EU, COM(2016) 723. Dazu Albrecht ZInsO 2016, 2415 ff.; Berger ZInsO 2016, 2413 ff.; Blankenburg ZInsO 2017, 241 ff.; Bork ZIP 2017, 144 ff.; Cranshaw NZI-Beilage 1/2017, 7 ff.; Eidenmüller (2017) 18 EBOR 273 ff.; Flöther NZI-Beilage 1/2017, 4 f.; Fritz NZIBeilage 1/2017, 9 ff.; Geiwitz/Heidenfelder NZI-Beilage 1/2017, 22 ff.; Göpfert/Brune NZI-Beilage 1/2017, 43 ff.; Graf-Schlicker Beil. zu ZIP 1/2017, 3 f.; Haghani NZI-Beilage 1/2017, 18 f.; Handelsrechtsausschuss des DAV Stellungnahme 17/17; Hoegen NZIBeilage 1/2017, 30 ff.; Hölzle ZIP 2017, 1307 ff.; Hübler NZI 2016, 990 f.; Jacobi ZInsO 2017, 1 ff.; Kahlert NZI-Beilage 1/2017, 52 ff.; Kayser ZIP 2017, 1393 ff.; Klupsch/Schulze EuZW 2017, 85 ff.; Madaus, The impact on SMEs of the proposal on preventive restructuring, second chance and improvement measures, PE 853.151; ders. DB 1–2/2017, M5; ders. NZI 2017, 329 ff.; Mankowski NZI-Beilage 1/2017, 15 ff.; Mock NZI 2016, 977 ff.; Müller GmbHR 2017, R42 f.; Naumann NZI-Beilage 1/2017, 35 f.; Paulus NZI-Beilage 1/2017, 5 f.; ders. ZIP 2017, 910 f.; Pieckenbrock NZI-Beilage 1/2017, 36 ff.; Pluta NZIBeilage 1/2017, 20 f.; Rauscher/Leichtle/Mucha/Schäffler/Wagner ZInsO 2016, 2420 ff.; Riggert NZI-Beilage 1/2017, 46 ff.; Riggert/Seagon NZI-Beilage 1/2017, 3; Sax/Ponseck/ Swierczok BB 2017, 323 ff.; Schluck-Amend ZRP 2017, 6 ff.; dies. NZI-Beilage 1/2017, 41 ff.; dies. WPg 2017, 341 ff.; Seagon NZI-Beilage 1/2017, 12 ff.; Spahlinger NZI-Beilage 1/2017, 27 ff.; Specovius/von Wilcken NZI-Beilage 1/2017, 24 ff.; Stiegler EuZW 2016, 921, 922; Thole ZIP 2017, 101 ff.; Vallender IWRZ 2017, 51 ff.; Westpfahl NZI-Beilage 1/2017, 49 ff.; Zipperer NZI-Beilage 1/2017, 39 f.

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§ 17 Europäisches Insolvenzrecht

solvenz- und Schuldenerlassverfahren (→ 17.118) sowie zu einem Frühwarnsystem (→ 17.111). Ziel ist die Förderung einer Sanierungskultur in der EU.362 1.  Frühwarnsystem 17.111 Art. 3 Abs. 1 UntInsRLE verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Schuldner und Unternehmer Zugang zu Frühwarnsystemen haben, die eine Verschlechterung der Geschäftsentwicklung erkennen können und dem Schuldner/Unternehmer signalisieren, dass dringend gehandelt werden muss. Zu den möglichen Frühwarnmechanismen sollen Buchführungs- und Überwachungspflichten des Schuldners bzw. der Geschäftsleitung des Schuldners sowie Berichtspflichten im Rahmen von Kreditverträgen gehören.363 2.  Präventive Restrukturierungsrahmen 17.112 Zentraler Hauptgegenstand des Entwurfs ist die Einführung harmonisierter Regeln für präventive Restrukturierungsrahmen. Art. 4 Abs. 1 UntInsRLE verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Schuldner in finanziellen Schwierigkeiten bei einer drohenden Insolvenz364 Zugang zu einem wirksamen präventiven Restrukturierungsrahmen haben, der es ihnen ermöglicht, ihre Schulden und ihr Unternehmen zu restrukturieren, ihre Rentabilität wiederherzustellen und eine Insolvenz abzuwenden.365 Um unnötige Kosten zu vermeiden und dem vorbeugenden Charakter des Ver17.113 fahrens Rechnung zu tragen366, soll der Schuldner dabei grundsätzlich die Kontrolle über seine Vermögenswerte und den alltäglichen Betrieb seines Unternehmens behalten (Schuldner in Eigenverwaltung, Art. 5 Abs. 1 UntInsRLE); ein Restrukturierungsverwalter soll nur in bestimmten Fällen bestellt werden (vgl. Art. 5 Abs. 2, 3 UntInsRLE). Damit der Schuldner einen Restrukturierungsplan (→ 17.114) mit seinen Gläubigern aushandeln kann, ermöglichen Art. 6 f. UntInsRLE die Aussetzung einzelner Durchsetzungsmaßnahmen (Moratorium)367 für max. 4 Monate (allerdings 362 Vgl. COM(2016) 723, S. 7. 363 Vgl. ErwG 16 S. 3 UntInsRLE. 364 Zur Problematik der Unbestimmtheit bzgl. der Voraussetzungen für den Zugang zum Restrukturierungsrahmen: Berger ZInsO 2016, 2413, 2414; Blankenburg ZInsO 2017, 241, 242; Jacobi ZInsO 2017, 1, 5 f.; Rauscher/Leichtle/Mucha/Schäffler/Wagner ZInsO 2016, 2420, 2421; Sax/Ponseck/Swierczok BB 2017, 323, 324 f.; Thole ZIP 2017, 101, 102 ff. 365 Vgl. auch ErwG 17 S. 1 UntInsRLE. 366 Vgl. ErwG 18 S. 2 UntInsRLE. 367 Erfasst sind grundsätzlich alle Arten von Gläubigern, auch gesicherte und bevorrechtigte, vgl. Art. 6 Abs. 2 UntInsRLE. Ausgenommen sind allerdings nicht erfüllte Ansprüche von Arbeitnehmern, es sei denn, dass der Mitgliedstaat auf andere Weise sicherstellt, dass die Erfüllung solcher Ansprüche auf einem mindestens dem der RL 2008/94/EG (RL 2008/94/EG des EP und des Rates v. 22.10.2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei

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verlängerbar bis auf max. 12 Monate). Während eines Moratoriums ruht auch eine etwaige sonst nach nationalem Recht bestehende Insolvenzantragspflicht und Gläubiger können keinen Insolvenzeröffnungsantrag stellen (vgl. Art. 7 Abs. 1, 2 UntInsRLE). Herzstück des präventiven Restrukturierungsrahmens ist der Restrukturierungs- 17.114 plan, der für jede darin genannte Partei verbindlich ist (vgl. Art. 14 Abs. 1 UntInsRLE). Sein Mindestinhalt ist in Art. 8 Abs. 1 UntInsRLE geregelt, die Mitgliedstaaten sollen außerdem online ein Muster verfügbar machen (Art. 8 Abs. 2 UntInsRLE). Für die Annahme des Restrukturierungsplans werden drei Varianten eröffnet: (i) Zustimmung aller Beteiligten368, (ii) Zustimmung einer Mehrheit369 jeder Klasse von Gläubigern (Art. 9 Abs. 4 UntInsRLE), oder (iii) gerichtliche oder behördliche Bestätigung, sofern der Restrukturierungsplan die Interessen ablehnender betroffener Parteien beeinträchtigt oder eine neue Finanzierung vorsieht (Art. 10 Abs. 1 UntInsRLE). Gem. Art. 11 UntInsRLE kann ein Restrukturierungsplan unter bestimmten Voraussetzungen auch dann behördlich oder gerichtlich genehmigt werden, wenn nicht jede Klasse mit der erforderlichen Mehrheit zugestimmt hat (sog. klassenübergreifender cram-down). Um zu verhindern, dass die Anteilseigner einen Restrukturierungsplan, der die Rentabilität des Unternehmens wiederherstellen würde, grundlos verhindern, können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die Anteilseigner eine oder mehrere eigene Klassen bilden müssen und dann ggf. im Wege des klassenübergreifenden cram-down „überstimmt“ werden können (Art. 11 UntInsRLE). Art. 16 f. UntInsRLE enthalten Regelungen zum Schutz von neuen Finanzie- 17.115 rungen, Zwischenfinanzierungen und sonstigen Transaktionen im Zusammenhang mit der Restrukturierung. Art. 8 UntInsRLE statuiert flankierende Pflichten der Unternehmensleitung bei 17.116 einer drohenden Insolvenz. 3.  Zweite Chance für Unternehmer Zweites Hauptstück des Entwurfs sind die Regelungen zur „zweiten Chance“ für 17.117 Unternehmer in Titel III (Art. 19 ff. UntInsRLE). Die Mitgliedstaaten sollen sicherstellen müssen, dass überschuldete Unternehmer in vollem Umfang entschuldet werden können (Art. 19 Abs. 1 UntInsRLE). Die Entschuldungsfrist darf grundsätzlich max. 3 Jahre betragen (Art. 20 Abs. 1 UntInsRLE). Art. 22 UntInsRLE gestattet den Mitgliedstaaten aber unter bestimmten Voraussetzungen längere Entschuldungsfristen vorzusehen, insbesondere wenn der Schuldner unredlich oder bösgläubig gegenüber seinen Gläubigern gehandelt hat, seine Zahlungspflichten nicht einhält, oder das Entschuldungsverfahren missbräuchlich oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums wiederholt in Anspruch genommen hat. Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (kodifizierte Fassung), ABlEU v. 28.10.2008, L 283/36) gleichwertigen Schutzniveau garantiert ist (Art. 6 Abs. 3 UntInsRLE). 368 Dies ist zwar nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber im Umkehrschluss aus Art. 10 UntInsRLE, (vgl. Mock NZI 2016, 977, 980) sowie aus allgemeinen Grundsätzen. 369 Die Mehrheit ist von den Mitgliedstaaten festzulegen, darf aber max. 75 % betragen.

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§ 17 Europäisches Insolvenzrecht

4.  Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierung, Insolvenz und zweiter Chance 17.118 Flankiert werden die Regelungen zu präventiven Restrukturierungsrahmen und zweiter Chance durch Maßnahmen zur Effizienzsteigerung. Sie zielen vor allem auf eine ausreichende Qualifikation sowohl der Justiz- und Verwaltungsbehörden (Art. 24 UntInsRLE) als auch der Mediatoren, Insolvenzverwalter und sonstigen Verwalter (Art. 25 f. UntInsRLE), die mit derartigen Verfahren befasst sind, ab. Verlangt werden außerdem geeignete Aufsichts- und Regulierungsstrukturen und angemessene Vergütungssysteme für die Verwalter (Art. 27 UntInsRLE). Zur Steigerung der Effizienz werden die Mitgliedstaaten außerdem verpflichtet sicherzustellen, dass die in Art. 27 UntInsRLE genannten zentralen Verfahrenshandlungen mittels elektronischer Kommunikationsmittel vorgenommen werden können. 5.  Ausnahme von kapitalschutzrechtlichen Vorgaben 17.119 Um zu verhindern, dass die Annahme und Umsetzung eines Restrukturierungsplans durch die Vorgaben der – nun in die GesRRL integrierten − KapRL (→ 19) gefährdet wird370, ist außerdem die Einführung einer neuen Bereichsausnahme371 vorgesehen, welche die Mitgliedstaaten verpflichtet, Ausnahmen von bestimmten Vorschriften vorzusehen (→ 19.11, 19.257).

V.  Fundstellenverzeichnis 1.  EuInsVO 2000 Grundlage

Art. 61 lit. c, 67 Abs. 1 EGV [G Art. 67, 74, 81 Abs. 2 lit. c AEUV]

Vorschläge

Vorentwurf eines Übereinkommens über den Konkurs, Vergleiche und ähnliche Verfahren v. 16.2.1970, Dok. 3327/ XIV/1/70



Entwurf eines Übereinkommens über den Konkurs, Vergleiche und ähnliche Verfahren, Dok. III/D/72/80-DE, abgedruckt in ZIP 1980, 582 ff. und 811 ff.



Entwurf eines EG-Konkursübereinkommens v. 3.4.1992, abgedruckt in ZIP 1992, 1197 ff.



Europäisches Übereinkommen über Insolvenzverfahren v. 23.11.1995, abge-druckt in ZIP 1996, 976 ff.



Initiative der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Finnland − dem Rat am 26. Mai 1999 vorgelegt − im Hinblick

370 Vgl. COM(2016) 723, S. 13. 371 Der UntIntRLE sieht insoweit einen neuen Art. 45 Abs. 4 KapRL vor, der nun freilich Art. 84 Abs. 4 GesRRL sein müsste.

§ 17 Europäisches Insolvenzrecht

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auf die Annahme einer VO des Rates über Insolvenzverfahren, ABlEG v. 3.8.1999, C 221/8 verabschiedete Fassung

VO (EG) Nr. 1346/2000 des Rates v. 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren, ABlEG v. 30.6.2000, L 160/1

ändernde Rechtsakte

Beitrittsakte von 2003, Anhang II Kapitel 18 Abschnitt A, ABlEU v. 23.9.2003, L 236/711 (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern)



VO (EG) Nr. 603/2005 des Rates v. 12.4.2005 zur Änderung der Liste von Insolvenzverfahren, Liquidationsverfahren und Verwaltern in den Anhängen A, B und C der VO (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren, ABlEU v. 20.4.2005, L 100/1



VO (EG) Nr. 694/2006 des Rates v. 27.4.2006 zur Änderung der Liste von Insolvenzverfahren, Liquidationsverfahren und Verwaltern in den Anhängen A, B und C der VO (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren, ABlEU v. 6.5.2006, L 121/1



VO (EG) NR. 1791/2006 des Rates vom 20.11.2006 zur Anpassung einiger VO, Beschlüsse und Entscheidungen in den Bereichen freier Warenverkehr, Freizügigkeit, Gesellschaftsrecht, Wettbewerbspolitik, Landwirtschaft (einschließlich des Veterinär- und Pflanzenschutzrechts), Verkehrspolitik, Steuerwesen, Statistik, Energie, Umwelt, Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, Zollunion, Außenbeziehungen, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und Organe anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, ABlEU v. 20.12.2006, L 363/1



VO (EG) Nr. 681/2007 des Rates v. 13.6.2007 zur Änderung der Listen von Insolvenzverfahren, Liquidationsverfahren und Verwaltern in den Anhängen A, B und C der VO (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren, ABlEU v. 20.6.2007, L 159/1



VO (EG) Nr. 788/2008 des Rates v. 24.7.2008 zur Änderung der Listen von Insolvenzverfahren und Liquidationsverfahren in den Anhängen A und B der VO (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren und zur Kodifizierung der Anhänge A, B und C der genannten VO, ABlEU v. 8.8.2008, L 213/1



Durchführungs-VO (EU) Nr. 210/2010 des Rates vom 25.2.2010 zur Änderung der Listen von Insolvenzverfahren, Liquidationsverfahren und Verwaltern in den Anhängen A, B und C der VO (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren und zur Kodifizierung der Anhänge A, B und C der genannten VO, ABlEU v. 13.3.2010, L 65/1



Durchführungs-VO (EU) Nr. 583/2011 des Rates v. 9.6.2011 zur Änderung der Listen von Insolvenzverfahren, Liquidationsverfahren und Verwaltern in den Anhängen A, B und C der VO (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren und zur Kodifizierung der Anhänge A, B und C der genannten VO, ABlEU v. 18.6.2011, L 160/52

388

§ 17 Europäisches Insolvenzrecht



VO (EU) Nr. 517/2013 des Rates v. 13.5.2013 zur Anpassung einiger VO und Beschlüsse in den Bereichen freier Warenverkehr, Freizügigkeit, Gesellschaftsrecht, Wettbewerbspolitik, Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit, Tier- und Pflanzengesundheit, Verkehrspolitik, Energie, Steuern, Statistik, transeuropäische Netze, Justiz und Grundrechte, Recht, Freiheit und Sicherheit, Umwelt, Zollunion, Außenbeziehungen, Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik und Organe aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABlEU v. 10.6.2013, L 158/1



Durchführungs-VO (EU) Nr. 663/2014 des Rates v. 5.6.2014 zur Ersetzung der Anhänge A, B und C der VO (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren, ABlEU v. 19.6.2014, L 179/4



Durchführungs-VO (EU) 2016/1792 des Rates v. 29.9.2016 zur Ersetzung der Anhänge A, B und C der VO (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren, ABlEU v. 11.10.2016, L 274/35

Ausführung in Deutschland Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Insolvenzrechts v. 14.3.2003, BGBl. I, 345

2.  EuInsVO 2015 Grundlage

Art. 81 AEUV

Vorschläge

Vorschlag für eine VO des EP und des Rates zur Änderung der VO (EG) Nr. 1346/2000 des Rates über Insolvenzverfahren, COM(2012) 744

verabschiedete Fassung

VO (EU) 2015/848 des EP und des Rates vom 20.5.2015 über Insolvenzverfahren (Neufassung), ABlEU v. 5.6.2015, L 141/19

Berichtigung

ABlEU v. 21.12.2016, L 349/6 [Art. 84 Abs. 1 EuInsVO 2015]

ändernde Rechtsakte

VO (EU) 2017/353 des EP und des Rates v. 15.2.2017 zur Ersetzung der Anhänge A und B der VO (EU) 2015/848 über Insolvenzverfahren, ABlEU v. 3.3.2017, L 57/19

Durchführungsrechtsakte

Durchführungs-VO (EU) 2017/1105 der Kommission v. 12.6.2017 zur Festlegung der in der VO (EU) 2015/848 des EP und des Rates über Insolvenzverfahren genannten Formulare, ABlEU v. 22.6.2017, L 160/1

Ausführung in Deutschland Gesetz zur Durchführung der VO (EU) 2015/848 über Insolvenzverfahren v. 5.6.2017, BGBl. I, 1476

Teil 2: Erläuterungen der wichtigsten Rechtsakte

§ 18 GesRRL I: Die frühere Publizitäts-RL (PubRL) RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46 Literatur: Ankele, Jörg, Die Anpassung des deutschen Rechts an die Erste gesellschaftsrechtliche Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften und ihre Auswirkungen für die GmbH, GmbHR 1969, 52; Bayer, Walter/Schmidt, Jessica, Überlagerungen des deutschen Aktienrechts durch das Europäische Unternehmensrecht: Eine Bilanz von 1968 bis zur Gegenwart, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. 1, 2007, Kapitel 18; Bock, Lenard, Der Harmonisierungserfolg der Publizitätsrichtlinie, 2016; Bokelmann, Gunther, Anmeldung und Eintragung der Vertretungsbefugnis von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern in das Handelsregister nach neuem EWG-Recht, NJW 1969, 2120; Einmahl, Jürgen, Die erste gesellschaftsrechtliche Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften und ihre Bedeutung für das deutsche Aktienrecht, AG 1969, 131, 167, 210; Fankhauser, Roger, Gemeinschaftsrechtliche Publizitäts- und Kapital-Richtlinie: Anpassungsbedarf des Schweizer Rechts, 2001; Farrar, J.H./Powles, D.G., The effect of section 9 of the European Communities Act 1972 on English company law, (1973) 36 MLR 270; Fischer-Zernin, Cornelius, Der Rechtsangleichungserfolg der Ersten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie der EWG, 1986; Grohmann, Uwe, Das Informationsmodell im Europäischen Gesellschaftsrecht, 2006; Gustavus, Eckhart, Die registerrechtlichen Bestimmungen des Gesetzes zur Durchführung der Ersten EWG-Richtlinie zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts, BB 1969, 1335; Kalbe, Peter, Änderungen des ersten Richtlinienvorschlags zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts in der EWG, AWD 1966, 466; Kalss, Susanne, Die Bedeutung der Publizitäts-, Kapital-, Zweigniederlassungs- und Einpersonengesellschaftsrichtlinie der Europäischen Union für das österreichische Gesellschaftsrecht (AG und GmbH), in: Koppensteiner, Hans-Georg (Hrsg.), Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht, Teil 1: Gesellschaftsrecht, 1994, S. 119; Kersting, Christian: Die Vorgesellschaft im europäischen Gesellschaftsrecht, 2000; ders., Europäische Vorgaben zur Handelnden-Haftung und zur Haftung in der Vorgesellschaft. Zur Europarechtswidrigkeit des Konzepts der Innenhaftung, GmbHR 2003, 1466; Kilian, Thomas, EU-Richtlinie zur Verknüpfung der Handelsregister verabschiedet, FGPrax 2012, 185; Kindler, Peter, Kapitalgesellschaftsrechtliche Durchgriffshaftung und EU-Recht, FS Säcker, 2011, S. 393; Lamberth, Klaus, Der Richtlinienentwurf der EWG-Kommission zur Koordinierung der Publizitätspflichten juristischer Personen, AWD 1964, 69; Lutter, Marcus, Die erste Angleichungs-Richtlinie zu Art. 54 Abs. 3 lit. g) EWGV und ihre Bedeutung für das geltende deutsche Unternehmensrecht, EuR 1969, 1; Lutter, Marcus/Schlosser, Gunter, Die Publizität der GmbH in den Rechten der EWG, GmbHR 1967, 109; Meyer-Ladewig, Jens, Die Durchführung der Ersten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts in der Bundesrepublik, MDR 1969, 818; Morse, Geoffrey, The First Directive and United Kingdom company law, (1978) 3 ELR 60; Ries, Peter, Die europaweite Verknüpfung der Handelsregister – Risiken und Chancen, ZIP 2013, 866; Schemmann, Till, Die Neufassung der ersten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie, GPR 2004, 92; Scholz, Oliver, Die Einführung elektronischer Handelsregister im Europarecht, EuZW 2004, 172; Schön, Wolfgang, Der Anspruch auf Haftungsbeschränkung im Europäischen Gesellschaftsrecht, FS Hommelhoff, 2012, S. 1037; Schmidt, Jessica, Transsexuelle Geschäftsführer: Registerpublizität vs. Persönlichkeitsrecht, GmbHR 2015, R209; Stiegler, Sascha, Die Regelung zur europäischen Registervernetzung im deutschen Recht, NotBZ 2015, 329; Terbrack, Christoph, Das gläserne Unternehmen? – Die Umsetzung der europaweiten Verknüpfung von Handelsregistern in das deutsche Recht, DStR 2015, 236; van Ommeslaghe, P., La première directive du Conseil du 9 march 1968 en matière de societés, CDE 1969, 495; von Olshausen, Eberhard, Neuerungen im System der handelsrechtlichen Rechtsscheinsgrundsätze, BB 1970, 137; Wooldridge, Frank, The Harmonization of

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§ 18 GesRRL I: Die frühere Publizitäts-RL (PubRL)

Company Law: The First and Second Directives of the Council of Ministers of the European Economic Community, [1978] Acta Juridica 327; Würdinger, Hans, Zur Publizität der GmbH im nationalen und europäischen Bereich, GmbHR 1964, 151. Rechtsprechung: Europäische Gerichte: EuGH v. 12.11.1974, Haaga GmbH, 32/74, ECLI:EU:C:1974:116 EuGH v. 20.9.1988, Ubbink Isolatie B.V. ./. DAK-EN Wandtechniek B.V., 136/87, ECLI:EU:C:1988:423 EuGH v. 13.11.1990, Marleasing, C-106/89, ECLI:EU:C:1990:395 EuGH v. 4.12.1997, Verband deutscher Daihatsu-Händler e.V. ./. Daihatsu Deutschland GmbH, C-97/96, ECLI:EU:C:1997:581 EuGH v. 16.12.1997, Coöperatieve Rabobank „Vecht en Plassengebied“ BA ./. Minderhoud, C-104/96, ECLI:EU:C:1997:610 EuGH v. 29.9.1998, Kommission ./. Deutschland, C-191/95, ECLI:EU:C:1998:441 EuGH v. 23.9.2004, Axel Springer, C-435/02 u. C-103/03, ECLI:EU:C:2004:552 EuGH v. 3.5.2005, Berlusconi, C-387/02, C-403/02 u. C-391/02, ECLI:EU:C:2005:270 EuG v. 21.6.2006, Danzer ./. Rat, T-47/02, ECLI:EU:T:2006:167 EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ECLI:EU:C:2010:622 EuGH v. 19.12.2013, Hirmann, C-174/12, ECLI:EU:C:2013:856 EuGH v. 9.3.2017, Manni, C-398/15, ECLI:EU:C:2017:197 Nationale Gerichte: Official Custodian for Charities v Parway Estates Ltd., CA v. 18.4.1984, [1985] Ch 151 BGH v. 12.7.1989 – IVa ARZ (VZ) 9/88, NJW 1989, 2818 Hellmuth, Obata & Kassabaum Inc. v King, High Court v. 29.9.2000, [2000] EWHC Technology 64 EIC Services Ltd. v Phipps, CA v. 30.7.2004, [2004] EWCA Civ 1069 BGH v. 24.11.2005 – III ZR 4/05, NJW 2006, 690 Cass. com. 10.11.2015, n° 14-18179 BGH v. 3.2.2015 – II ZB 12/14, GmbHR 2015, 751

I.  Genese und Ratio 18

1.  Historie, Inhalt und Grundgedanken im Überblick

18.1 Am 9.3.1968 erließ der Rat nach mehrjährigen Beratungen1 – der erste Vorschlag der Kommission datierte von Anfang 19642 – die 1. RL zur Angleichung der nationalen 1 Stellungnahme EWSA: ABlEG v. 27.11.1964, S. 3248; Stellungnahme EP: ABlEG v. 28.5.1966, S. 1519. Vgl. zum Ganzen auch Centrale für GmbH GmbHR 1966, 142 f.; Lutter/Schlosser GmbHR 1967, 109 ff.; Kalbe AWD 1964, 466 f. 2  Vorschlag für eine RL des Rats zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, 21.2.1964, ABlEG v. 27.11.1964, S. 3245 = BT-Drs. IV/2014. Dazu ausf. Bärmann, Europäische Integration im Gesellschaftsrecht, 1970, S. 97 ff.; s. ferner auch Centrale für GmbH GmbHR 1964, 23 f.; dies. GmbHR 1964, 101 f.; dies. GmbHR 1964, 173 ff.; Lamberth AWD 1964, 69 f.; Würdinger GmbHR 1964, 151 ff.

§ 18 GesRRL I: Die frühere Publizitäts-RL (PubRL)

393

Handels- und Gesellschaftsrechte in den (damals erst sechs) Mitgliedstaaten der EG3. Mit dieser sog. Publizitäts-RL (PubRL) begann knapp zehn Jahre nach Inkrafttreten der Römischen Verträge ein neuer Abschnitt in der Entwicklung und Ausgestaltung der (damaligen) EWG, betrafen doch alle Maßnahmen bis dahin – abgesehen vom Wettbewerbsrecht – nicht die Materie des Zivil-, Handels- und Gesellschaftsrechts. Sachlich beschäftigt sich die PubRL mit drei zentralen Regelungsmaterien des 18.2 Unternehmensrechts, und zwar mit • der handelsrechtlichen Publizität und ihren Wirkungen (→ 18.13 ff.), • der Wirksamkeit von Organhandlungen juristischer Personen des Handelsrechts gegenüber Dritten (→ 18.61 ff.), und • der Nichtigkeit und Vernichtbarkeit von Gesellschaften und deren Rechtsfolgen (→ 18.85 ff.). Durch das EWR-Abkommen wurde der Anwendungsbereich der PubRL m.W.v. 18.3 1.1.1994 bzw. 1.5.19954 auch auf die EWR-Staaten ausgedehnt.5 Der mit der PubRL geschaffenen Rechtsrahmen fungiert als Basisregelung des 18.4 europäischen Publizitätsrechts6 – und damit zugleich auch als wesentliches Fundament des europäischen „Informationsmodells“ (→ 7.29, 18.4, 20.29, 20.119, 21.25, 21.84, 22.32, 22.139 f., 28.18; 30.14, 36.1, 45.47); er wird durch eine ganze Reihe von speziellen Publizitätspflichten aufgrund anderer europäischer Rechtsakte (→ 18.29) ergänzt.7 2.  Änderungen und Kodifizierungen Eine wesentliche Modernisierung der PubRL erfolgte durch die auf die sog. SLIM- 18.5 Initative8 (→ 19.6) zurückgehende RL 2003/58/EG9: Sie brachte nicht nur eine Regelung des Sprachenregimes, sondern beförderte das europäische Registerrecht mit 3  Erste RL 68/151/EWG des Rates v. 9.3.1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABlEG v. 14.3.1968, L 65/8. Dazu van Ommeslaghe CDE 1969, 495 ff. 4  Für Island und Norwegen (sowie für Finnland, Österreich, Schweden, die aber inzwischen zur EU gehören) zum 1.1.1994, für Liechtenstein zum 1.5.1995. 5  Vgl. Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum – Anhang XXII, Nr. 1 (ABlEG v. 3.1.1994, L 1/3). Zur Ausdehnung der kodifizierten Fassung s. Fn. 13. 6 Vgl. Grundmann Rn. 191. 7  Vgl. auch Habersack/Verse § 5 Rn. 4 f., 14. 8  Empfehlungen der Arbeitsgruppe zur Vereinfachung des Gesellschaftsrechts bezüglich der Vereinfachung der Ersten und Zweiten Gesellschaftsrechts-RL () (auch abgedruckt in ZIP 1999, 1944 ff.), S. 4 ff. 9  RL 2003/58/EG des EP und des Rates v. 15.7.2003 zur Änderung der RL 68/151/EWG des Rates in Bezug auf die Offenlegungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsform, ABlEU v. 4.9.2003, L 221/13. Ausf. dazu Schemmann GPR 2004, 92; Scholz EuZW 2004, 172.

394

§ 18 GesRRL I: Die frühere Publizitäts-RL (PubRL)

der seit dem 1.1.2007 bestehenden Pflicht zur elektronischen Registerführung endlich auch ins elektronische Zeitalter. Die RL 2006/99/EG10 (Bulgarien und Rumänien) sowie die RL 2013/24/EU11 (Kroatien) passten dagegen lediglich Art. 1 PubRL an den Beitritt neuer Mitgliedstaaten an; entsprechende Anpassungen waren jeweils auch bei früheren Beitritten erfolgt12. I.R.d. allgemeinen Projekts zur Kodifizierung des Acquis communautaire13 er18.6 folgte m.W.v. 21.10.2009 die Kodifizierung als RL 2009/101/EG14, wodurch sich teilweise die Nummerierung der Artikel änderte15. 18.7 Um den Zugang zu den Registern noch weiter zu verbessern, legte die Kommission im Anschluss an ein Grünbuch aus dem Jahr 200916 im Februar 2011 einen Entwurf für eine Änderungs-RL vor17, die dann 2012 als RL 2012/17/EU18 (sog. BRIS-RL) verabschiedet wurde und im Hinblick auf technische Details durch die BRIS-VO19 ergänzt

10  RL 2006/99/EG des Rates v. 20.11.2006 zur Anpassung bestimmter RL im Bereich Gesellschaftsrecht anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, ABlEU v. 20.12.2006, L 363/137. 11  RL 2013/24/EU des Rates vom 13.5.2013 zur Anpassung bestimmter RL auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABlEU v. 10.6.2013, L 158/365. 12  Vgl. Fundstellenverzeichnis. 13  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat. Kodifizierung des Acquis communautaire, KOM(2001) 645; dazu Heydt EuZW 2002, 34. 14  RL 2009/101/EG des EP und des Rates v. 16.9.2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABlEU v. 1.10.2009, L 258/11. Ausdehnung auf die EWR-Staaten durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 56/2010 v. 30.4.2010 zur Änderung von Anhang XXII (Gesellschaftsrecht) des EWR-Abkommens, ABlEU v. 15.7.2010, L 181/24. 15 Im Folgenden werden die Artikelbezeichnungen der kodifizierten Fassung verwendet; hinsichtlich der entsprechenden Artikel der ursprünglichen Fassung wird auf die Entsprechungstabelle in Anhang II der kodifizierten Fassung verwiesen. 16  Grünbuch Verknüpfung von Unternehmensregistern, KOM(2009) 614. S. dazu auch den Progress Report, SEC(2009) 1492 sowie Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 388; Grundmann Rn. 263. 17  Vorschlag für eine RL des EP und des Rates zur Änderung der RL 89/666/EWG, 2005/56/ EG und 2009/101/EG in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern, KOM(2011) 79. Siehe dazu auch die Folgenabschätzung: SEC(2011) 222; Zusammenfassung: SEK(2011) 223. Dazu U. H. Schneider EuZW 2011, 649 f. 18  RL 2012/17/EU des EP und des Rates vom 13.6.2012 zur Änderung der RL 89/666/EWG des Rates sowie der RL 2005/56/EG und 2009/101/EG des EP und des Rates in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern, ABlEU v. 16.6.2012, L 156/1. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 5; Kilian, FGPrax 2012, 185 ff.; Ries ZIP 2013, 866 ff. 19  Durchführungs-VO (EU) 2015/884 der Kommission vom 8.6.2015 zur Festlegung technischer Spezifikationen und Verfahren für das System der Registervernetzung gemäß RL 2009/101/EG des EP und des Rates, ABlEU v. 10.6.2015, L 144/1. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1735.

§ 18 GesRRL I: Die frühere Publizitäts-RL (PubRL)

395

wird. Das auf dieser Basis geschaffene Business Registers Interconnection System (BRIS)20 ging am 8.6.2017 online. 3.  Integration in die GesRRL 2017 Am 3.12.2015 legte die Kommission einen Vorschlag21 für die Kodifizierung und 18.8 Konsolidierung von PubRL, KapRL (→ 19), FusRL (→ 20), SpRL (→ 21), CBMD (→ 22) und ZNRL (→ 26) in einer einzigen RL vor. Diese neue GesellschaftsrechtsRL (GesRRL)22 wurde am 14.6.2017 verabschiedet und trat m.W.v. 20.7.2017 an die Stelle der genannten Richtlinien. Die Kommission erhofft sich davon eine bessere Verständlichkeit und Transparenz für die Bürger.23 Ob eine reine Kodifizierung im Sinne von „aus 6 mach 1“ tatsächlich einen echten Mehrwert bringt, erscheint indes mehr als zweifelhaft; denn bei den betreffenden Richtlinien handelt es sich um Spezialmaterien, mit denen sich größtenteils ohnehin nur Experten beschäftigen.24 4.  Umsetzung in Deutschland Die Umsetzung der PubRL in Deutschland erfolgte bereits durch Gesetz v. 15.8.1969 18.9 (sog. KoordG)25. Da das Modell der RL materiell weitgehend von deutschen Vorbildern geprägt ist26, konnte sich der Gesetzgeber hierbei auf eine Reihe punktueller Änderungen in HGB, AktG und GmbHG beschränken.27 Die infolge der RL 2003/58/ EG (→ 18.5) notwendigen Änderungen erfolgten m.W.v. 1.1.2007 durch das EHUG28, durch das nicht nur die elektronische Führung der Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister vorgeschrieben, sondern mit dem in Form des zugleich geschaffenen Unternehmensregisters auch ein „one-stop-shopping“ von Unternehmensdaten 20 . 21  Vorschlag für eine RL des EP und des Rates über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (kodifizierter Text), COM(2015) 616. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1924 f.; Drygala/von Bressendorf NZG 2016, 1161, 1168; Kindler DNotZ-Sonderheft 2016, 75, 76 f.; Stiegler AG 2016, R48 ff.; Verse/Wiersch EuZW 2016, 330, 337. 22  RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46. 23  Vgl. COM(2015) 616, S. 2. 24 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1925. 25  Gesetz zur Durchführung der Ersten RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 15.8.1969, BGBl. I, 1146. 26  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 17; Habersack ZIP 2006, 445, 446. 27  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 17; Grundmann Rn. 284; Habersack/Verse § 5 Rn. 7. 28  Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) v. 10.11.2006, BGBl. I, 2553. Dazu etwa Apfelbaum DNotZ 2007, 166 ff., Kußmaul/Ruiner KoR 2007, 672 ff.; Liebscher/Scharff NJW 2006, 3745 ff.; Noack NZG 2006, 801 ff.; Schlotter BB 2007, 1 ff.; Seibert/Decker DB 2006, 2446 ff.; Spindler WM 2006, 109 ff.

396

§ 18 GesRRL I: Die frühere Publizitäts-RL (PubRL)

ermöglicht wurde; zudem wurde auch die Bilanzpublizität grundlegend reformiert (→ 18.18, 18.22, 18.40, 23.58). Die RL 2006/99/EG (→ 18.5) erforderte keine speziellen Umsetzungsmaßnahmen. Die BRIS-RL (→ 18.7) wurde durch das BRIS-UG29 umgesetzt.

II.  Anwendungsbereich 18.10 Die nunmehr in die GesRRL integrierten Vorschriften der PubRL betreffen ausschließlich Kapitalgesellschaften. ErwG 1 und 3 der ursprünglichen RL-Fassung (→ 18.1) begründen dies mit deren häufig grenzüberschreitender Tätigkeit und dem aus der Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen resultierenden besonderen Schutzbedürfnis der Gläubiger. Hintergrund war aber v.a. auch, dass eine Angleichung auch im Bereich des Personengesellschaftsrechts im Hinblick auf dessen enge Verzahnung mit dem Privatrecht des jeweiligen Mitgliedstaats als nicht machbar erschien.30 Da der Begriff der „Kapitalgesellschaft“ in Europa nicht einheitlich verwendet 18.11 wird, hat sich der europäische Gesetzgeber zur exakten Bestimmung des Anwendungsbereichs des Enumerationsprinzips bedient:31 Art. 13 i.V.m. Anhang II GesRRL (G Art. 1 PubRL) enthält eine (durch Anhang XXII Nr. 1 zum EWR-Abkommen32 für die EWR-Staaten ergänzte) abschließende Auflistung der Kapitalgesellschaftsformen jedes Mitgliedstaats, auf die Vorschriften des Kapitel III Abschnitt 1 GesRRL (G PubRL) Anwendung findet (in Deutschland: AG, KGaA und GmbH). Aufgrund von Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO gelten die nationalen Umsetzungsvorschriften darüber hinaus auch für die SE.33 Wie der EuGH in der Rs. Idryma Typou34 klargestellt hat, etablieren die nun 18.12 in die GesRRL integrierten Vorschriften der PubRL allerdings keinen allgemeinen Grundsatz des europäischen Gesellschaftsrechts, dass die Haftung eines Aktionärs/ Gesellschafters einer von ihr erfassten Kapitalgesellschaftsform für Gesellschaftsverbindlichkeiten unter allen Umständen ausgeschlossen ist; im nationalen Recht vorgesehene Durchgriffshaftungstatbestände müssen sich aber u.U. an Art. 49, 63 AEUV

29  Gesetz zur Umsetzung der RL 2012/17/EU in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern in der Europäischen Union v. 22.12.2014, BGBl. I, 2409. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1735; Terbrack DStR 2014, 236 f. 30 Vgl. Einmahl AG 1969, 131, 132; Fischer-Zernin S. 31 f. 31 Vgl. Einmahl AG 1969, 131 (insbes. Fn. 8); Grundmann Rn. 194. 32  Fn. 5. 33 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 75 m.w.N. Nach Grundmann Rn. 195 soll die PubRL qua Art. 10 SE-VO sogar direkt für die SE gelten. Art. 10 SE-VO enthält jedoch keine Verweisung, sondern statuiert ein Gleichbehandlungsgebot. 34  EuGH v. 21.10.2010, Idryma Typou, C-81/09, ZIP 2010, 2493. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 9 f.; Eckert GesRZ 2011, 176 f.; Haar GPR 2012, 137 f.; Kindler FS Säcker, 2011, S. 393 ff.; Möslein NZG 2011, 174 f.; Papadopoulos (2012) 49 C.M.L. Rev. 401 ff.; Rüffler GeS 2011, 99 ff.; J. Schmidt EWiR 2010, 693 f.; Schön FS Hommelhoff, 2012, S. 1037 ff.

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messen lassen (→ 9.29; allg. zur Kontrolle des nationalen Rechts anhand der Art. 49, 63 AEUV → 15.28 ff.).

III.  Wesentlicher Inhalt 1.  Handelsrechtliche Publizität Art. 14–28 GesRRL (G Art. 2–7 PubRL) harmonisieren die handelsrechtliche Publizi- 18.13 tät im Hinblick auf Publizitätsinstrumente, -objekte und -wirkungen. a)  Publizitätsinstrumente Das gesamte Publizitätsinstrumentarium basiert auf der Einrichtung von Registern 18.14 in allen Mitgliedstaaten,35 wobei es diesen gem. Art. 16 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL36 (G Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 PubRL) freisteht, ob sie ein zentrales37 oder dezentrale Handels- und Gesellschaftsregister einrichten38 (zur Verknüpfung der einzelstaatlichen Register → 18.7, 18.17). Die Register und die Bekanntmachung im Amtsblatt (bzw. eine „ebenso wirksame Form der Veröffentlichung“) des betreffenden Mitgliedstaats sind die primären Publizitätsinstrumente39 im System der RL (→ 18.15 ff.). Als sekundäre Publizitätsmittel sind zusätzlich die Erteilung von „Abschriften“ sowie die Pflicht zu bestimmten Angaben auf der Geschäftskorrespondenz vorgesehen (→ 18.23 ff.).

35 Vgl. Grundmann Rn. 262. 36  Hier hat sich der Wortlaut in Art. 16 Abs. 1 GesRRL (deutsch: „bei einem Zentral-, Handels- oder Gesellschaftsregister“; englisch: „in a central, commercial or companies register“; französisch:„auprès d’un registre central, du commerce ou des sociétés“) gegenüber Art. 3 Abs. 1 PubRL (deutsch: „bei einem zentralen Register oder bei einem Handels- oder Gesellschaftsregister“, englisch: „in a central register, commercial register or companies register“, französisch: „auprès, soit d’un registre central, soit d’un registre du commerce ou registre des sociétés“) leicht geändert. Da im Rahmen einer reinen Kodifizierung keine materiellen Änderungen erfolgen dürfen (deshalb wurde ja im Kontext der „Kodifizierung“ der KapRL die Rechtsgrundlage nochmals geändert, → 19.9), ist indes davon auszugehen, dass damit nur eine „schönere Formulierung“ intendiert war und sich an dem Wahlrecht zwischen zentraler und dezentraler Registerführung durch die GesRRL nichts geändert hat. 37  Gemeint: „zentral“ für den jeweiligen Mitgliedstaat (im Gegensatz zur zentralen europä­ ischen Plattform i.R.d. BRIS, → 18.7, 18.17). 38  Vgl. zur Registerpraxis in den einzelnen Mitgliedstaaten vor der RL 2003/58/EG (→ 18.5): Holzborn NJW 2003, 3014, 3015 ff. Einen aktuellen Überblick mit Links zu den nationalen Unternehmensregistern bietet das Europäische Justizportal (e-justice) (). 39  Vgl. zur Differenzierung zwischen primären und sekundären Publizitätsmitteln Habersack/Verse § 5 Rn. 13, sowie ausf. Fischer-Zernin S. 63 f.

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aa)  Primäre Publizitätsinstrumente: Register und Bekanntmachung (1)  Register 18.15 Gem. Art. 16 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 PubRL) ist für jede Gesellschaft beim (zentralen oder zuständigen dezentralen, → 18.14) Register eine Akte anzulegen. Sämtliche offenzulegenden Urkunden und Angaben (→ 18.29 ff.) sind in dieser Akte zu hinterlegen oder in das Register einzutragen (Art. 16 Abs. 3 UAbs. 1 GesRRL [G Art. 3 Abs. 3 UAbs. 1 PubRL]). Die RL wertet Hinterlegung und Registereintragung also als gleichwertige Alternativen.40 Aufgrund der RL 2003/58/EG (→ 18.5) muss die Hinterlegung bzw. Eintra18.16 gung seit dem 1.1.2007 zwingend in elektronischer Form (vgl. die Legaldefinition in Art. 16 Abs. 2 GesRRL [G Art. 3 Abs. 2 PubRL]) erfolgen. Parallel dazu müssen die Mitgliedstaaten seitdem auch die Einreichung der jeweiligen Urkunden und Angaben in elektronischer Form zulassen (Art. 16 Abs. 3 UAbs. 2 S. 1 GesRRL [G Art. 3 Abs. 3 UAbs. 2 S. 1 PubRL]). Sofern der betreffende Mitgliedstaat die elektronische Einreichung (entsprechend der Option in Art. 16 Abs. 3 UAbs. 2 S. 2 GesRRL [G Art. 3 Abs. 3 UAbs. 2 S. 2 PubRL]) nicht zwingend ausgestaltet hat, müssen die Register etwaige in Papierform eingereichte Unterlagen in elektronische Form bringen (Art. 16 Abs. 3 UAbs. 3 S. 2 GesRRL [G Art. 3 Abs. 3 UAbs. 3 S. 2 PubRL]). Aufgrund der BRIS-RL und der BRIS-VO (→ 18.7) erfolgte im Juni 2017 eine 18.17 Verknüpfung der nationalen Register durch das Business Registers Interconnection System (BRIS)41. Es handelt sich um eine zentrale Europäischen Plattform, die als europäisches „Portal“ für den elektronischen Zugang zu den über die Plattform vernetzten Registern der Mitgliedstaaten dient (vgl. Art. 22 GesRRL [G Art. 4a PubRL]). Zur eindeutigen Identifizierung erhalten alle Gesellschaften eine einheitliche Kennung (Art. 16 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL [G Art. 3 Abs. 1 UAbs. 2 PubRL]), die sog. EUID (European Unique Identifier), die sich aus Ländercode, Registercode, Eintragungsnummer und einer optionalen Prüfnummer zusammensetzt (Ziff. 8 BRIS-VO). Nach ErwG 14 BRIS-RL „soll“ die EUID allerdings nur „interne“ Funktion i. R. d. Vernetzung haben; im Rechtsverkehr sowie speziell auch auf Geschäftskorrespondenz i. S. d. Art. 26 GesRRL (G Art. 5 PubRL, → 18.25) „sollten“ die Gesellschaften dagegen weiterhin ihre inländische Registernummer verwenden. Damit will man offensichtlich Umstellungsaufwand vermeiden.42 Formulierung und Charakter als ErwG lassen den Mitgliedstaaten indes offenkundig die Möglichkeit, ihre nationalen Register und Rechtsvorschriften komplett auf die einheitliche EU-Kennung umzustellen – was mit 40 Vgl. Apfelbaum DNotZ 2008, 712, 713; Bormann/Apfelbaum ZIP 2007, 946, 947; Grohmann S. 152; Habersack/Verse § 5 Rn. 11; Kalss, in: Koppensteiner (Hrsg.), Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht, Teil I: Gesellschaftsrecht, S. 119, 132; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 221; Lutter EuR 1969, 1, 4; J. Schmidt NZG 2006, 899, 901. 41  Fn. 19. 42 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 5; Kilian FGPrax 2012, 185, 186. Der ErwG wurde erst vom EP eingefügt, vgl. JURI-Bericht, A7-0022/2012, S. 15.

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einer Übergangsfrist, innerhalb derer beide Kennungen (ggf. auch parallel) verwendet werden können, durchaus sinnvoll sein könnte.43 Im Portal kann man auf jeden Fall nach der Firma und der Registernummer der Gesellschaft (bzw. Zweigniederlassung) suchen, ggf. kann das Portal aber auch weitere Suchkriterien anbieten (Ziff. 10 BRISVO). Die Dienste sind 24/7 verfügbar (vgl. Ziff. 13 BRIS-VO). Soweit Mitgliedstaaten eine Gebühr erheben, wird eine Online-Zahlung mittels allgemein verbreiteter Zahlungsarten wie Kredit- und Debitkartenzahlung ermöglicht (Ziff. 11 BRIS-VO). In Deutschland waren Handelsregister bereits durch das ADHGB von 1861 ge- 18.18 schaffen worden;44 die ursprüngliche Fassung der PubRL erforderte insoweit keine Anpassung der Rechtslage45. Die elektronische Registerführung war aus deutscher Sicht allerdings ein bahnbrechendes Novum46; sie wurde m.W.v. 1.1.2007 durch das EHUG (→ 18.9) umgesetzt. Seitdem werden die Handelsregister elektronisch geführt (§ 8 Abs. 1 HGB) und Anmeldungen sowie die Einreichung von Dokumenten haben elektronisch zu erfolgen (§ 12 HGB); zudem werden sämtliche zum Handelsregister eingereichten Dokumente und alle Eintragungen auch in das ebenfalls elektronisch geführte Unternehmensregister eingestellt (§ 8b Abs. 2 Nr. 1 HGB). Zugleich wurde aber auch die Bilanzpublizität umfassend reformiert und von den Registergerichten abgekoppelt: Die − gem. Art. 14 lit. f GesRRL (G Art. 2 lit. f PubRL, → 18.38 ff.) offenzulegenden − Rechnungslegungsunterlagen sind nun nicht mehr beim zuständigen Registergericht, sondern in elektronischer Form zentral beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers einzureichen (§ 325 Abs. 1 S. 2 HGB) und werden dann in das Unternehmensregister eingestellt (§ 8b Abs. 2 Nr. 4 HGB47) (→ 23.58). Da somit trotz der Aufspaltung bei der Einreichung letztlich sämtliche gem. Art. 14 GesRRL (G Art. 2 PubRL) und nach anderen EU-Rechtsakten offenlegungspflichtigen Unterlagen und Angaben (→ 18.29 ff.) im Unternehmensregister zusammengeführt werden, ist dieses Regelungsmodell richtlinienkonform; die „eine Akte“ für jede Gesellschaft i.S.d. Art. 16 Abs. 1 und Abs. 3 GesRRL (G Art. 3 Abs. 1 und 3 PubRL) ist nun eben die elektronische Akte im Unternehmensregister.48 Zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Implementierung des BRIS (→ 18.7, 18.17) wurde durch das BRIS-UG49 ein neuer § 9b HGB eingeführt.50 Der deutsche Gesetzgeber hat sich dabei entschieden, neben der EUID auch weiterhin die deutsche Registernummer beizubehalten.51

43 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 5. 44 Vgl. nur MüKoHGB/Krafka § 8 Rn. 2 m.w.N.; näher zur Geschichte auch SchmidtKessel/Leutner/Müther/Schmidt-Kessel Einl. Rn. 8 ff. 45 Vgl. Einmahl AG 1969, 131, 133; Lutter EuR 1969, 1, 12. 46  Vgl. nur Seibert/Decker DB 2006, 2446: „Big Bang“. 47  § 8b Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB verpflichtet den Betreibers des elektronischen Bundesanzeigers zur Übermittlung an das Unternehmensregister. 48  Vgl. auch BegrRegE z. EHUG, BT-Drs. 16/960, S. 39; Nedden-Boeger FGPrax 2007, 1, 5 f.; Paefgen ZIP 2008, 1653, 1654. 49  Fn. 23. 50  Vgl. dazu Stiegler NotBZ 2015, 329 ff. 51  Vgl. BegrRegE z. BRIS-UG, BT-Drs. 18/2137, S. 12.

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(2)  Bekanntmachung 18.19 Gem. Art. 16 Abs. 5 UAbs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 3 Abs. 5 UAbs. 1 S. 1 PubRL) müssen die offenlegungspflichtigen Urkunden und Angaben in einem Amtsblatt, das durch den jeweiligen Mitgliedstaat bestimmt wird, bekannt gemacht werden. Eine vollständige Wiedergabe des Register- bzw. Akteninhalts ist hierfür allerdings nicht erforderlich; die RL lässt vielmehr auch eine auszugsweise Wiedergabe oder auch nur einen Hinweis auf die Hinterlegung des Dokuments genügen.52 Aufgrund der Novellierung durch die RL 2003/58/EG (→ 18.5) kann das Amts„blatt“ nunmehr auch in elektronischer Form geführt werden (Art. 16 Abs. 5 UAbs. 1 S. 2 GesRRL [G Art. 3 Abs. 5 UAbs. 1 S. 2 PubRL]). Die Novelle hat den Mitgliedstaaten zudem auch die Option eröffnet, die Be18.20 kanntmachung im Amtsblatt durch eine andere „ebenso wirksame Form der Veröffentlichung“ zu ersetzen; erforderlich ist hierfür aber mindestens ein System, mit dem die offengelegten Informationen chronologisch geordnet über eine zentrale53 elek­ tronische Plattform zugänglich gemacht werden (Art. 16 Abs. 5 UAbs. 2 GesRRL [G Art. 3 Abs. 5 UAbs. 2 PubRL]).54 Die Kosten für eine solche zentrale elektronische Plattform dürfen die Mitgliedstaaten an die Gesellschaften weitergeben (vgl. Art. 92 UAbs. 5 GesRRL [G Art. 6 UAbs. 5 FusRL], → 20.44). Art. 16 Abs. 5 GesRRL (G Art. 3 Abs. 5 PubRL) etabliert allerdings insgesamt 18.21 lediglich einen Mindeststandard, d.h. den Mitgliedstaaten steht es frei, weitergehende Veröffentlichungspflichten (z.B. in Tageszeitungen) festzulegen.55 Mit Blick auf die hohen Kosten derartiger Zusatzbekanntmachungen hatte die Kommission zwar im April 2008 i.R.d. Initiative für ein vereinfachtes Unternehmensumfeld (→ 5.52) vorgeschlagen, die Bekanntmachung mittels einer zentralen elektronischen Plattform von einer bloßen Alternative zum zwingenden Mindeststandard aufzuwerten und weitergehende Veröffentlichungspflichten nach nationalem Recht nur noch insoweit zuzulassen, als sie für die Unternehmen nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden sind.56 Dieser Vorschlag scheiterte jedoch am Widerstand einer Reihe von Mitgliedstaaten, die auf den Mehrwert einer „Papierveröffentlichung“ für lokale Gesellschaften und die Bedeutung derselben als Finanzierungsquelle für nationale Zeitungen verwiesen.57

52  Vgl. dazu Bock S. 54; Grohmann S. 157; Grundmann Rn. 266. 53  Gemeint: „zentral“ für den jeweiligen Mitgliedstaat (im Gegensatz zur zentralen europäischen Plattform i.R.d. BRIS, → 18.7, 18.17). 54  Siehe dazu Bayer BB 2004, 1, 10; Grohmann S. 158; Schemmann GPR 2004, 92, 93; Scholz EuZW 2004, 172, 174. 55  Vgl. SEC(2008) 466, S. 22; Kort AG 2007, 801, 805 f. 56  Vgl. Art. 1 des Vorschlags für eine RL des EP und des Rates zur Änderung der RL 68/151/ EWG und 89/666/EWG des Rates im Hinblick auf die Veröffentlichungs- und Übersetzungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, KOM(2008) 194; s. ferner auch die Folgenabschätzung hierzu: SEK(2008) 467, S. 7 f.; SEC(2008) 466, S. 22 ff. 57 Vgl. Bericht der Kommission über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit (16. Bericht „Bessere Rechtssetzung“) 2008, 25.9.2009, KOM(2009) 504, S. 8.

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Das deutsche Recht verlangte früher zusätzlich zur Bekanntmachung im (Papier-) 18.22 Bundesanzeiger als Amtsblatt eine Veröffentlichung in mindestens einem anderen Printmedium (§ 10 Abs. 1 HGB a.F.). Nach der Neufassung des § 10 HGB durch das EHUG (→ 18.9) erfolgen Bekanntmachungen heute58 jedoch nur noch in dem von allen Bundesländern hierfür übereinstimmend designierten Registerportal „www.handelsregister.de“; jedenfalls i.V.m. der Zugänglichkeit über das Unternehmensregister (§ 8b HGB, „www.unternehmensregister.de“) erfüllt dieses auch die Anforderungen einer „zentralen elektronischen Plattform“ i.S.d. RL59. Besonderheiten gelten allerdings hinsichtlich der gem. Art. 14 lit. f GesRRL (G Art. 2 lit. f PubRL) offenzulegenden Rechnungslegungsunterlagen (→ 18.38 ff.): diese sind nicht nur in das Unternehmensregister einzustellen (§ 8b Abs. 2 Nr. 4 HGB), sondern auch im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen (§ 325 Abs. 2 HGB); insofern sind die Vorgaben des Art. 16 Abs. 5 GesRRL (G Art. 3 Abs. 5 PubRL) also sogar „doppelt“ erfüllt (Bekanntmachung über das Unternehmensregister als „zentrale elektronische Plattform“ und über den elektronischen Bundesanzeiger als „Amtsblatt“60). bb)  Sekundäre Publizitätsmittel (1)  Recht auf „Abschriften“ Gem. Art. 16 Abs. 4 GesRRL (G Art. 3 Abs. 4 PubRL) muss auf Antrag61 eine Kopie 18.23 der offenlegungspflichtigen Unterlagen erhältlich sein. Dabei hat der Antragsteller die Wahl, ob er eine vollständige oder teilweise, beglaubigte oder unbeglaubigte Kopie in Papier- oder elektronischer Form62 haben möchte. Antragsberechtigt ist jedermann;63 eine Beschränkung auf bestimmte Personengruppen oder die Forderung eines „berechtigten Interesses“ ist nach Wortlaut und Ratio der Norm − speziell im Hinblick 58  § 10 HGB n.F. galt zwar bereits ab 1.1.2007, gem. Art. 61 Abs. 4 EGHGB musste jedoch bis zum 31.12.2008 noch zusätzlich in einer Tageszeitung und einem sonstigen Blatt bekannt gemacht werden. 59  Vgl. BegrRegE z. EHUG, BT-Drs. 16/960, S. 44; Bock S. 64; MüKoHGB/Krafka § 10 Rn. 12; EBJS/Schaub § 10 HGB Rn. 4; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 954; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 238; Noack NZG 2006, 801, 803; ders. FS Eisenhardt, 2007, S. 475, 477; Paefgen ZIP 2008, 1653, 1654; s. ferner auch BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 8. 60  Vgl. BegrRegE z. EHUG, BT-Drs. 16/960, S. 48. 61  Dieser muss seit dem 1.1.2007 sowohl in Papier- als auch in elektronischer Form eingereicht werden können. 62  Art. 16 Abs. 4 UAbs. 2 S. 3 und 4 GesRRL (G Art. 3 Abs. 4 UAbs. 2 S. 3 und 4 PubRL) räumen den Mitgliedstaaten jedoch die Möglichkeit ein, Kopien von vor dem 31.12.2006 eingereichten „Altunterlagen“ nur in Papierform zu erteilen, allerdings begrenzt auf Unterlagen die max. 10 Jahre vor der Antragstellung eingereicht wurden. Vgl. dazu auch Schemmann GPR 2004, 92, 93; Scholz EuZW 2004, 172, 173. Deutschland hat hiervon durch § 9 Abs. 2 HGB Gebrauch gemacht, vgl. BegrRegE z. EHUG, BT-Drs. 16/960, S. 42. 63 Vgl. Grohmann S. 155; Grundmann Rn. 265; Leible ZHR 162 (1998), 594, 606; SchmidtKessel GPR 2006, 6, 9.

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auf die Ausführungen des EuGH zu den europarechtlichen Offenlegungspflichten in den Entscheidungen Daihatsu64 und Axel Springer65 − nicht zulässig.66 Ob damit auch ein Recht auf einen Komplettabruf sämtlicher Registerdaten (insbesondere zu kommerziellen Zwecken) besteht, ist höchst streitig und bislang vom EuGH nicht entschieden.67 Für die Erteilung der Kopie dürfen Gebühren erhoben werden, die allerdings die Verwaltungskosten nicht übersteigen dürfen.68 Ein Recht auf unmittelbare Einsicht in das Register bzw. die Akte fordert die RL zwar nicht, sie steht einer entsprechenden mitgliedstaatlichen Regelung aber auch nicht entgegen.69 18.24 Das Recht auf „Abschriften“ hatte in Deutschland bereits eine lange Tradition (vgl. Art. 12 Abs. 2 S. 3 ADHGB, § 9 Abs. 2 HGB 1897), die PubRL machte lediglich kleinere Modifikationen erforderlich70. Durch das EHUG wurde § 9 HGB umfassend novelliert und gewährleistet nun entsprechend den neuen RL-Vorgaben auch die Möglichkeit elektronischer Kopien.71 Zudem gestattet das deutsche Recht über die Vorgaben der RL hinaus traditionell auch die unmittelbare Einsicht in das Register (§ 9 Abs. 1 HGB, vgl. auch schon Art. 12 Abs. 2 S. 2 ADHGB). (2)  Angaben auf der Geschäftskorrespondenz 18.25 Zweites sekundäres Publizitätsmittel sind die durch Art. 26 GesRRL (G Art. 5 PubRL) vorgeschriebenen Angaben auf Briefen und Bestellscheinen72. Seit der RL 2003/58/ EG (→ 18.5) gilt dies unabhängig von deren Form (Papier, Fax, E-Mail, Internet, usw.)73. Zugleich wurde die Angabepflicht auf die Webseite der Gesellschaft (falls eine 64  EuGH v. 4.12.1997, Verband deutscher Daihatsu-Händler e.V. ./. Daihatsu Deutschland GmbH, C-97/96, ECLI:EU:C:1997:581; → 18.39. 65  EuGH v. 23.9.2004, Axel Springer, C-435/02 u. C-103/03, ECLI:EU:C:2004:552. Dazu Kiesel/Grimm DStR 2004, 2210 ff.; C.H. Schmidt GmbHR 2004, 1512 ff.; Schulze-Osterloh BB 2004, 2461; Volmer EWiR 2004, 1229. → 18.38. 66 Vgl. Grohmann S. 155; Grundmann Rn. 265; Leible ZHR 162 (1998), 594, 606; Noack BB 2001, 1261, 1263. 67  Dagegen BGH NJW 1989, 2818, 2819 (EuGH-Vorlage abgelehnt); kritisch dazu jedoch Dauner-Lieb/Linke DB 2006, 767, 768 f.; Gustavus GmbHR 1990, 197, 198; Hirte CR 1990, 631, 636 f.; Baumbach/Hopt/Hopt § 9 Rn. 3; Kort AG 2007, 801, 803; Noack BB 2001, 1261, 1263. 68  Vgl. dazu Bock S. 78 f. 69 Vgl. Bock S. 76; Fankhauser S. 75; Fischer-Zernin S. 72; Grohmann S. 152; Kalss (Fn. 36), S. 119, 134; Schwarz Rn. 317. 70  Vgl. BegrRegE z. KoordG, BT-Drs. V/3862, S. 10 (keine Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses mehr erforderlich; Beglaubigung stets erforderlich, sofern nicht verzichtet wird). 71  Vgl. BegrRegE z. EHUG, BT-Drs. 16/960, S. 41 f. 72  Vgl. zur ursprünglichen Beschränkung auf Briefe und Bestellscheine: Einmahl AG 1969, 131, 134 f.; Fischer-Zernin S. 73; Grohmann S. 159; Grundmann Rn. 269. 73  Vgl. KOM(2002) 279, S. 8. S. ferner (speziell auch mit Bezug auf die deutsche Umsetzung) Apfelbaum DNotZ 2007, 166, 171 f.; Glaus/Gabel BB 2007, 1744; Hoeren/Pfaff MMR 2007, 207 f.; Maaßen/Orlikowski-Wolf BB 2007, 561 f.; Meier GmbHR 2007, 922, 923; Schweinoch/Böhlke/Richter CR 2007, 167.

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solche existiert74) ausgedehnt; insoweit besteht teilweise eine Konkurrenz mit Art. 5 E-Commerce-RL75, die jedoch sowohl bezüglich des Anwendungsbereichs als auch bezüglich der geforderten Angaben divergiert.76 Gegenstand der Angabepflicht sind Register, Registernummer, Rechtsform, Sat- 18.26 zungssitz sowie ggf. ein Hinweis auf eine etwa eingeleitete Liquidation. Anhand dieser „Schlüsselinformationen“ kann sich der Rechtsverkehr dann ggf. über das Register weitere Informationen verschaffen.77 Hinsichtlich des Gesellschaftskapitals sieht die RL hingegen keine Angabepflicht vor, da insoweit auf europäischer Ebene keine Einigung erzielt werden konnte.78 Diese Frage bleibt damit dem mitgliedstaatlichen Recht überlassen.79 Die RL selbst begnügt sich mit dem – der Verhinderung von Irreführungen dienenden − Kompromiss, dass im Falle einer Angabe jedenfalls sowohl das gezeichnete als auch das eingezahlte Kapital zu nennen sind.80 Art. 28 lit. b GesRRL (G Art. 7 lit. b PubRL) verpflichtet die Mitgliedstaaten, die 18.27 Einhaltung dieser Vorgaben durch geeignete Sanktionen sicherzustellen (→ 18.40). Für das deutsche Recht waren die umfassenden Angabepflichten auf der Ge- 18.28 schäftskorrespondenz ein Novum; § 80 AktG musste durch das KoordG (→ 18.9) erheblich erweitert, für die GmbH musste überhaupt erst eine Regelung (§ 35a GmbHG) geschaffen werden.81 Durch das EHUG (→ 18.9) wurde gemäß der RL 2003/58/ EG (→ 18.5) klargestellt, dass die Angabepflicht unabhängig von der Form der Korrespondenz gilt.82 Zur Durchsetzung kann ein Zwangsgeld festgesetzt werden (vgl. §§ 407 Abs. 1 AktG, § 79 Abs. 1 GmbHG); ferner droht ggf. eine zivilrechtliche Haftung83.

74  Trotz des missverständlichen Wortlautes sollte nicht etwa ein Zwang zur Einrichtung einer Internetpräsenz geschaffen werden, vgl. KOM(2002) 279, S. 8; Bock S. 58 Fn. 120; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 224; Schemmann GPR 2004, 92, 93. 75  RL 2000/31/EG des EP und des Rates vom 8.6.2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt („RL über den elektronischen Geschäftsverkehr“), ABlEG v. 17.7.2000, L 178/1. Art. 5 wurde in Deutschland durch § 6 TDG a.F., jetzt § 5 TMG, umgesetzt (vgl. BT-Drs. 14/6098, S. 21; BT-Drs. 16/3078, S. 14). 76  Vgl. KOM(2002) 279, S. 8. 77 Vgl. Grohmann S. 149, 160; Grundmann Rn. 270; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 224; Schwarz Rn. 318. 78 Dazu Edwards S. 24; Einmahl AG 1969, 131, 134; Schwarz Rn. 204. 79  Einmahl AG 1969, 131, 134; Grohmann S. 143; Schwarz Rn. 204. Der deutsche Gesetzgeber hat sich in § 80 Abs. 1 S. 3 AktG und § 35a Abs. 1 S. 2 GmbHG gegen eine solche Angabepflicht entschieden. 80 Vgl. Grundmann Rn. 270. 81  Vgl. BegrRegE z. KoordG, BT-Drs. V/3862, S. 12, 16; Ankele GmbHR 1969, 52, 55 f.; Einmahl AG 1969, 131, 133 ff.; Kreplin BB 1969, 1112 ff.; Lutter EuR 1969, 1, 12; MeyerLadewig MDR 1969, 818, 819 f. 82  Vgl. BegrRegE z. EHUG, BT-Drs. 16/960, S. 47. S. dazu ferner die Nachweise in Fn. 66. 83  Näher K. Schmidt/Lutter/Seibt § 80 AktG Rn. 11; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek § 35a Rn. 6 (jeweils m.w.N.).

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b)  Publizitätsobjekte aa)  Allgemeines 18.29 Die der Offenlegung durch die genannten Publizitätsinstrumente unterliegenden Urkunden und Angaben werden in Art. 14 GesRRL (G Art. 2 PubRL) spezifiziert. In diesem Kontext ist jedoch zu betonen, dass diese Enumeration keineswegs einen abschließenden Kanon der europarechtlichen Publizitätsobjekte enthält; sie bildet vielmehr lediglich einen Grundstock, der durch zahlreiche weitere Publizitätspflichten aufgrund anderer unionsrechtlicher Bestimmungen ergänzt wird84 (→ 18.4). Zu nennen sind insbesondere: Art. 3 f. GesRRL (G 2 f. KapRL, → 19.18 ff.), Art. 30 EU-BilanzRL (→ 23.57), Art. 4 ff. TrRL (→ 36.10 ff.), für Zweigniederlassungen die Art. 29 ff. GesRRL (G ZNRL) (→ 26) und die speziellen Publizitätspflichten aufgrund der TBD (→ 28.58 ff., 28.128 ff.) und des Titel II Kapitel 1 GesRRL (G FusRL, → 21), Titel II Kapitel 2 GesRRL (G CBMD, → 22) sowie Titel II Kapitel 3 GesRRL (G SpRL, → 22). Gemäß dem durch die BRIS-RL (→ 18.7) eingefügten und seit 14.7.2014 geltenden 18.30 Art. 15 GesRRL (G Art. 2a Abs. 1 PubRL) müssen Änderungen der Publizitätsobjekte innerhalb einer Regelfrist von 21 Tagen ab Eingang der vollständigen Unterlagen (innerhalb derer im Regelfall auch eine ggf. nach nationalem Recht erforderliche Rechtmäßigkeitsprüfung durchzuführen ist85) eingetragen und offengelegt werden; eine Ausnahme gilt nur für die Rechnungslegungsunterlagen86 (Art. 15 Abs. 2 GesRRL [G Abs. 2a Abs. 2 PubRL]). In Deutschland wurde dies durch § 26 HRV umgesetzt.87 bb)  Errichtungsakt bzw. Satzung (Art. 14 lit. a–c GesRRL [Art. 2 lit. a–c PubRL]) 18.31 Offenzulegen ist zunächst der Errichtungsakt und (soweit separat88) die Satzung (lit. a), jede Änderung derselben (lit. b) sowie jeweils eine konsolidierte Fassung (lit. c). Dadurch soll der Rechtsverkehr sich jederzeit schnell und einfach über den aktuellen Stand der Satzung informieren können.89 Diese umfassende Satzungspublizität war

84 Vgl. Grundmann Rn. 246; Habersack/Verse § 5 Rn. 14; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 225. 85  Vgl. näher Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 5; abw. jedoch Kilian FGPRax 2012, 185, 186. 86  ErwG 18 S. 5 BRIS-RL rechtfertigt diese Ausnahme mit der Überlastung der Register während der Berichtszeiträume. 87  Vgl. BegrRegE BT-Drs. 18/2137, S. 14; Bock S. 161. 88  Hintergrund ist die von manchen europäischen Rechtsordnungen vorgenommene Differenzierung zwischen einer das Außenverhältnis regelnden Gründungsurkunde und einer das Innenverhältnis betreffenden Satzung (vgl. z.B. das memorandum und die articles einer britischen company nach der bis zum 1.10.2009 geltenden Rechtslage, vgl. zur alten Rechtslage Davies, Gower and Davies’ Principles of Modern Company Law, 7. Aufl. 2003, S. 57 f.; zur Rechtslage nach dem CA 2006: Hannigan 5-1 ff.; Palmer’s Company Law 2.301 ff.; s. zum Ganzen ferner auch Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff 5.05c; van Gerven/van Gerven, S. 3, 10. 89 Vgl. Grundmann Rn. 247.

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dem deutschen Recht übrigens bis dato unbekannt und führte zur Einfügung der § 181 Abs. 1 S. 2 AktG und § 54 Abs. 1 S. 2 GmbHG.90 Inhaltliche Vorgaben für den Errichtungsakt bzw. die Satzung macht die RL 18.32 allerdings nicht; für Aktiengesellschaften ergeben sich solche jedoch aus Art. 3 f. GesRRL (G Art. 2 f. KapRL, → 19.18 ff.). cc)  Organbesetzung (Art. 14 lit. d GesRRL [ G Art. 2 lit. d PubRL]) Publizitätspflichtig sind gem. Art. 14 lit. d GesRRL (G Art. 2 lit. d PubRL) ferner 18.33 die Personalien sowie die Bestellung und das Ausscheiden der Organmitglieder. „Personalien“91 meint jedenfalls mindestens Vorname, Name und Geburtsdatum92, damit die betreffende Person klar identifiziert werden kann. Erfasst sind allerdings nach dem eindeutigen Wortlaut nur die gesetzlich vorge- 18.34 schriebenen Organe93, die entweder vertretungsbefugt sind oder „an der Verwaltung, Beaufsichtigung oder Kontrolle der Gesellschaft“ teilnehmen. Mit letzterem sollte ausweislich der Materialien das „Aufsichtsorgan“ im dualistischen System erfasst werden (z.B. deutscher Aufsichtsrat, französischer conseil de surveillance), nicht hingegen der Abschlussprüfer.94 Erfasst wird zudem nach der Ratio der Norm auch nur die dem Organ bzw. seinen Mitgliedern zukommende rechtsgeschäftliche bzw. organschaftliche Vertretungsbefugnis, nicht dagegen eine (mögliche) Anscheins- oder Duldungsvollmacht95 oder rein formale Zeichnungsbefugnisse96. Anzugeben ist zudem insbesondere auch, ob Einzel- oder Gesamtvertretungs- 18.35 befugnis (oder eine Mischform97) besteht. Nach der Entscheidung des EuGH in der

90  Vgl. dazu näher Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 18; Einmahl AG 1969, 131, 132; Gustavus BB 1969, 1335, 1336; Schwarz Rn. 306. 91  Englisch: „particulars“, französisch „identité“. 92  In Deutschland verlangt § 40 Nr. 3 S. 1 lit. b HRV Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort; im UK muss bei directors gem. s. 163(1) CA 2006 grds. angegeben werden: Name, Adresse, Staat des Wohnsitzes, Nationalität, Beruf, Geburtsdatum. Vgl. ferner auch Art. 34 Abs. 2 lit. a Dublin III-VO (VO (EU) 604/2013, ABlEU v. 29.6.2013, L 180/31), wonach zu den Personalien zählt: Name, Vorname, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum und -ort). Ähnlich wie hier auch Bock S. 197. 93 Vgl. Grohmann S. 135; Grundmann Rn. 249; Van Ommeslaghe CDE 1969, 495, 554; Baumbach/Hueck/Zöllner § 45 Rn. 22; unzutreffend insofern Reuter FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 632 f., der auch einen GmbH-Beirat als erfasst ansehen will. 94 Vgl. Edwards S. 21; Van Ommeslaghe CDE 1969, 495, 554 f. 95 Vgl. Edwards S. 26 (zur apparent/ostensible authority nach englischem Recht); anders jedoch Morse (1978) 3 ELR 60, 62, der eine Offenlegungspflicht insofern durchaus in Betracht zieht. 96  Vgl. Antwort der Kommission auf die schriftliche Anfrage Nr. 23/77 von Sir Derek Walker-Smith v. 13.3.1977, ABlEG 1977, C 289/1 (bezogen auf die englischen Vorschriften zur Befugnis zur Beglaubigung des Gesellschaftssiegels [damals: r. 107 Table A CA 1948 G r. 101 Table A CA 1985 G art. 49 Model Articles Ltd. und art. 81 Model Articles plc (SI 2008/3229)]; dazu Edwards S. 26. 97 Vgl. Grohmann S. 136; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 225.

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Rs. Haaga98 gilt dies „selbst dann, wenn sich eine solche Befugnis ohne Weiteres aus dem nationalen Recht ergibt“, denn ausländische Geschäftspartner, denen das inländische Gesellschaftsrecht meist nicht näher bekannt sein wird, sollen sich allein durch die Registereinsicht schnell und zuverlässig informieren können.99 In Deutschland waren daher 1969 zur Umsetzung der PubRL Ergänzungen im AktG (vgl. §§ 37 Abs. 3 Nr. 2100, 39 Abs. 1 S. 3101) und GmbHG (§§ 8 Abs. 4 Nr. 2102, 10 Abs. 1 S. 2) erforderlich.103 18.36 Da es sich bei den Angaben nach Art. 14 lit. d GesRRL (G Art. 2 lit. d PubRL) um personenbezogene Daten handelt104, ergibt sich zwangsläufig ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen dem öffentlichen Interesse an der Registerpublizität und dem Persönlichkeitsrecht des betreffenden Organmitglieds.105 Der EuGH hat in der Rs. Manni entschieden, dass Art. 6 Abs. 1 lit. e, Art. 12 lit. b und Art. 14 lit. a der DSRL106 i.V.m. Art. 3 PubRL (G Art. 16 GesRRL, → 18.15 ff.) dahin auszulegen sind, dass es ausnahmsweise gerechtfertigt sein kann, aus überwiegenden, schutzwürdigen, sich aus ihrer besonderer Situation ergebenden Gründen nach Ablauf einer hinreichend langen Frist nach Auflösung der betreffenden Gesellschaft den Zugang zu den im Register eingetragenen personenbezogenen Daten auf Dritte zu beschränken, die ein besonderes Interesse an der Einsichtnahme in diese Daten nachweisen.107 Der EuGH legt insoweit allerdings mit Blick auf die essentielle Bedeutung der Registerpublizität strenge Maßstäbe an. Im konkreten Fall hatte der Geschäftsführer einer Gesellschaft behauptet, dass diese Gesellschaft ihre Ferienhäuser nicht veräußern könne, weil die potentiellen Kunden aus dem Register ersehen könnten, dass eine früher von ihm geführte Gesellschaft in Insolvenz gefallen war. Angesichts des berechtigten Interesses der Käufer, über diese Informationen zu verfügen, ließ der Gerichtshof dies jedoch zu Recht nicht als Rechtfertigung für Zugangsbeschränkungen gelten.108  98 EuGH v. 12.11.1974, Haaga GmbH, 32/74, ECLI:EU:C:1974:116.  99 Vgl. auch BGH NJW 1975, 213, 214; BGH NJW 1983, 1676 f.; BGH NJW-RR 1997, 673; BGH NZG 2007, 595, 596; Bock S. 199 ff.; Grohmann S. 137; Grundmann Rn. 249; Schmidt-Kessel GPR 2006, 6, 8; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 117. 100 Durch KoordG (→ 18.8) eingefügt als Abs. 2, durch GmbH-Novelle 1980 (BGBl. I, S. 836) Abs. 3, aufgrund Neufassung durch MoMiG v. 23.10.2008 (BGBl. I, S. 2026) nun Abs. 3 Nr. 2. 101 Durch KoordG (→ 18.8) eingefügt als Abs. 1 S. 2, durch MoMiG v. 23.10.2008 (BGBl. I, S. 2026) S. 3. 102 Durch KoordG G (→ 18.8) eingefügt als Abs. 3, durch GmbH-Novelle 1980 (BGBl. I, S. 836) Abs. 4, aufgrund Neufassung durch MoMiG v. 23.10.2008 (BGBl. I, S. 2026) nun Abs. 4 Nr. 2. 103 Vgl. dazu Ankele GmbHR 1969, 52, 54 f.; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 18; Bokelmann NJW 1969, 2120, 2121; Einmahl AG 1969, 131, 132. 104 Vgl. EuGH v. 9.3.2017, Manni, C-398/15, ECLI:EU:C:2017:197, Rn. 34. 105 Vgl. J. Schmidt GmbHR 2015, R209. 106 RL 95/46/EG des EP und des Rates v. 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABlEG v. 23.11.1995, L 281/31 [Datenschutz-RL – DSRL]. 107 EuGH v. 9.3.2017, Manni, C-398/15, ECLI:EU:C:2017:197. Dazu Frenz DVBl. 2017, 566 ff.; Horstmann ZD-Aktuell 2017, 05595; Lehofer ÖJZ 2017, 481 f. Zur Vorlage: Mantelero EDPL 2016, 231 ff. 108 Vgl. EuGH v. 9.3.2017, Manni, C-398/15, ECLI:EU:C:2017:197, Rn. 63.

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Diese Grundsätze dürften im Wesentlichen auch nach Ablösung der DSRL durch die DSGVO109 fortgelten.110 Ganz auf der Linie des EuGH hatte übrigens der BGH schon 2015 zum Spezialfall der Namensänderung eines transsexuellen Geschäftsführers zu Recht entschieden, dass der/die Betreffende keinen Anspruch auf vollständige Löschung des früheren Vornamens aus dem Register hat, weil das öffentliche Interesse an der Registerpublizität insofern Vorrang genießt.111 dd)  Ggf. jährliche Angabe des gezeichneten Kapitals (Art. 14 lit. e GesRRL [ G Art. 2 lit. e PubRL]) Art. 16 lit. e GesRRL (G Art. 2 lit. e PubRL) gewährleistet die Publizität des gezeich- 18.37 neten Kapitals auch für den Fall, dass eine Erhöhung des gezeichneten Kapitals nach nationalem Recht keiner Satzungsänderung bedarf (und damit nicht bereits nach lit. a–c offenzulegen ist): Der Betrag des gezeichneten Kapitals ist dann zumindest jährlich offenzulegen.112 ee)  Rechnungslegungsunterlagen (Art. 14 lit. f GesRRL [ G Art. 2 lit. f PubRL]) Die in Art. 14 lit. f GesRRL (G Art. 2 lit. f PubRL) normierte Rechnungslegungspub- 18.38 lizität gehörte im Vorfeld des Erlasses der PubRL zu den umstrittensten Punkten. Da das Bilanzrecht der Mitgliedstaaten in den 1960er Jahren noch erheblich divergierte, ließ der ursprünglich erzielte Kompromiss GmbH bis zum Erlass der (dann 1978 erlassenen) 4. (Bilanz-)RL (→ 23.4) zunächst außen vor.113 In seiner jetzigen Fassung verlangt Art. 14 lit. f GesRRL (G Art. 2 lit. f PubRL) für 18.39 jedes Geschäftsjahr die Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen nach Maßgabe der einschlägigen europäischen Richtlinien − nämlich der EU-Bilanz-RL (→ § 23) sowie der Spezial-Richtlinien für Banken114 und Versicherungsunternehmen115 −, die jeweils Konkretisierungen hinsichtlich der Offenlegungsmodalitäten enthalten. Diese 109 VO (EU) 2016/679 des EP und des Rates v. 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der RL 95/46/EG, ABlEU v. 4.5.2016, L 119/1 [EU-Datenschutz-Grundverordnung – EU-DSGVO]. 110 Nach Art. 21 Abs. 1 S. 2 EU-DSGVO muss nun zwar der Datenverarbeiter zwingende Gründe nachweisen, die die Interessen, Rechte und Freiheiten der betroffenen Person überwiegen (vgl. dazu auch Trentmann CR 2017, 26, 32); für die hier interessierende Problematik dürfte sich dadurch jedoch nichts ändern. Zweifelnd allerdings Horstmann ZD-Aktuell 2017, 05595. 111 Vgl. BGH GmbHR 2015, 751. Dazu Lutter/Hommelhoff/Bayer § 8 GmbHG Rn. 3; Block LMK 2015, 371625; Kleefass EWiR 2015, 533 f.; J. Schmidt GmbHR 2015, R209 f. 112 Vgl. Fischer-Zernin S. 149 f.; Grundmann Rn. 251. 113 Vgl. hierzu näher Edwards S. 22 f.; Grundmann Rn. 253 ff.; Kalbe AWD 1966, 466, 467. 114 RL 86/635/EWG des Rates vom 8.12.1986 über den Jahresabschluß und den konsolidierten Abschluß von Banken und anderen Finanzinstituten, ABlEG v. 31.12.1986, L 372/1. 115 RL 91/674/EWG des Rates vom 19.12.1991 über den Jahresabschluß und den konsoliderten Abschluß von Versicherungsunternehmen, ABlEG v. 31.12.1991, L 374/7.

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Rechnungslegungspublizität ist – wie der EuGH in der Rs. Axel Springer116 und das EuG in der Rs. Danzer117 ausdrücklich festgestellt haben – mit den Unionsgrundrechten der Meinungsäußerungs- und Berufsfreiheit und des Eigentumsrechts, dem Gleichbehandlungsgrundsatz sowie dem Schutz persönlicher Daten vereinbar.118 Art. 36 Abs. 1 lit. d EU-Bilanz-RL eröffnet den Mitgliedstaaten jedoch die Option, sog. Kleinstunternehmen (micro-undertakings, → 23.20, 23.23) von der allgemeinen Offenlegungspflicht für Jahresabschlüsse zu befreien, sofern die in der Bilanz enthaltenen Informationen bei mindestens einer nationalen Behörde hinterlegt und an das Register übermittelt werden (→ 23.59). Die Einhaltung der Bilanzpublizität wird durch Art. 28 lit. a GesRRL (G Art. 7 18.40 lit. a PubRL) besonders119 abgesichert: Für den Fall des Unterbleibens der Offenlegung müssen im nationalen Recht „geeignete Maßnahmen“ vorgesehen werden120. Die Wahl des konkreten Sanktionsinstrumentariums obliegt damit zwar den Mitgliedstaaten; die Sanktion muss aber jedenfalls „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein“121 (zur Parallelvorschrift in Art. 40 GesRRL [G Art. 12 ZNRL] → 26.97). Dies heißt zwar nicht, dass die Mitgliedstaaten nach dem Vorbild des UK (wo im Falle beharrlicher Publizitätsverweigerung ggf. sogar die Amtslöschung droht122) unionsrechtlich verpflichtet wären, „Publizitätssünder“ vollständig von der weiteren Teilnahme am Rechtsverkehr auszuschließen.123 Nicht ausreichend ist aber jedenfalls – wie der EuGH 1997/98 in der Rs. Daihatsu und dem parallelen Vertragsverletzungsverfahren gegen die BRD betreffend § 335 HGB a.F. festgestellt hat − ein Verfahren, bei dem die Sanktion nur auf Antrag einer bestimmten Person bzw. Personengruppe verhängt wird; denn die Offenlegung dient gerade dem Zweck, die Informationen „jeder interessierten Person zugänglich zu machen“.124 Der deutsche Gesetzgeber erweiterte 116 Fn.  59. 117 EuG v. 21.6.2006, Danzer ./. Rat, T-47/02, ECLI:EU:T:2006:167. 118 Ausf. zum Ganzen Cordewener in: Schön (Hrsg.), Rechnungslegung und Wettbewerbsschutz im deutschen und europäischen Recht, 2008, S. 105, 236 ff. m.z.w.N. 119 Auch für die nicht durch eine besondere Sanktionsregelung abgesicherten Vorschriften der RL gilt aber freilich das allgemeine Gebot des effet utile, vgl. Grundmann Rn. 282; Schmidt-Kessel GPR 2006, 6, 16. 120 In der deutschen Fassung heißt es zwar lediglich „androhen“, die englische („shall provide“) und französische („prévoient“) zeigen jedoch, dass ein bloßes „Androhen“ nicht genügt, sondern tatsächlich auch solche Maßnahmen vorgesehen werden müssen. 121 Vgl. EuGH v. 3.5.2005, Berlusconi, C-387/02, C-403/02 u. C-391/02, ECLI:EU:C:2005:270, Rn. 65; GA Cosmas, Schlussanträge v. 3.7.1997, Verband deutscher Daihatsu-Händler e.V. ./. Daihatsu Deutschland GmbH, C-97/96, ECLI:EU:C:1997:341, Rn. 20; Cordewener (Fn. 103), S. 105, 126 f.; Grundmann Rn. 282 f. 122 Vgl. dazu J. Schmidt ZIP 2007, 1712; dies. ZIP 2008, 2400 (jeweils m.w.N.). 123 Vgl. BGH NJW 2006, 690, 691. 124 Vgl. EuGH v. 4.12.1997, Verband deutscher Daihatsu-Händler e.V. ./. Daihatsu Deutschland GmbH, C-97/96, ECLI:EU:C:1997:581; EuGH v. 29.9.1998, Kommission ./. Deutschland, C-191/95, Slg. 1998, I-5449. Dazu Bohl EuZW 1998, 762 f.; Cordewener (Fn. 103), S. 105, 127 f., 148 ff.; Crezelius ZGR 1999, 252 ff.; de Weerth BB 1998, 366 ff.; Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff 3.23 f.; Hirte NJW 1999, 36 ff.; Klinke ZGR 2002, 163, 178 f.; Leible ZHR 162 (1998), 594 ff.; Schön JZ 1998, 194 f.; Schulze-Osterloh ZIP 1997, 2157 ff.; Wilken DStR 1998, 215 f.

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das Antragsrecht daraufhin durch das KapCoRiLiG125 auf jedermann.126 Nachdem der Großteil der Unternehmen die Publizitätspflichten jedoch auch weiterhin beharrlich missachtete, wurde durch das EHUG (→ 18.9) ein Amtsverfahren − verbunden mit einer Prüf- und Meldepflicht des elektronischen Bundesanzeigers − eingeführt (§§ 329 Abs. 1 u. 4; 335 HGB n.F.)127. Dieses hat eine deutliche Steigerung der Offenlegungsquote bewirkt128, so dass die Anforderungen des Art. 14 lit. a GesRRL (G Art. 7 lit. a PubRL) jedenfalls nunmehr erfüllt waren129. Das gilt auch nach der 2013 erfolgten Modernisierung des Ordnungsgeldverfahrens in §§ 335–335b HGB n.F.130, deren erklärtes Ziel es war, einerseits weiterhin eine effektive Durchsetzung, andererseits aber auch die Milderung von Härten in Einzelfällen zu gewährleisten131. Zumal die Sanktionen für kapitalmarktorientierte Unternehmen durch die durch das TrRLÄndUG neu eingeführten § 335 Abs. 1a–1d HGB n.F. deutlich verschärft wurden (→ 36.45).132

125 Gesetz zur Durchführung der RL des Rates der Europäischen Union zur Änderung der Bilanz- und der Konzernabschlussrichtlinie hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs (90/605/EWG), zur Verbesserung der Offenlegung von Jahresabschlüssen und zur Änderung anderer handelsrechtlicher Bestimmungen v. 24.2.2000 (Kapitalgesellschaften- und Co-RL-Gesetz – KapCoRiLiG), BGBl. I, S. 154. S. dazu auch noch § 24 Rn. 3. 126 Vgl. BegrRegE KapCoRiLiG, BT-Drs. 14/1806, S. 24; Hasselbach NZG 1999, 291, 292; Jansen DStR 1999, 1490 ff.; dies. DStR 2000, 596, 597 f. 127 Dazu näher Clausnitzer/Blatt GmbHR 2006, 1303, 1307; Grashoff DB 2006, 2641 ff.; Karsten GewArch 2007, 55, 58 f.; Kaufmann/Kurpat MDR 2014, 1 ff.; Liebscher/Scharff NJW 2006, 3745, 3750 f.; Noack NZG 2006, 801, 805; Schlauß DB 2007, 2191 ff.; ders. DB 2008, 2821 ff.; ders. DB 2010, 153 ff.; Schlotter BB 2007, 1, 4 f.; Stollenwerk/Krieg GmbHR 2008, 575 ff. Zur Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung: BVerfG, NZG 2009, 515; BVerfG NZG 2009, 874; BVerfG BB 2011, 1136 m. Anm. Kleinmanns; BVerfG v. 24.3.2011 – 1 BvR 555/11 (juris); LG Bonn GmbHR 2008, 95; sehr kritisch dazu Brete GmbHR 2011, R145 f. 128 Von bislang ca. 5 % auf ca. 80 % für das Bilanzgeschäftsjahr 2006 (vgl. BT-Drs. 16/11335, S. 2; PM des BMJ v. 5.3.2009 (www.bmj.de); Schlauß DB 2008, 2821) und über 90 % für die Bilanzgeschäftsjahre 2008 (vgl. Schlauß DB 2010, 153 f.) und 2009 (vgl. Schlauß DB 2011, 805, 806). S. ferner auch die Stellungnahme der BReg., BT-Drs. 17/5028 sowie die empirische Analyse von Henselmann/Kaya WPg 2009, 497 ff. 129 Vgl. BT-Drs. 16/11335, S. 2; Bock S. 152 f.; Karsten GewArch 2007, 55, 59; Schlauß DB 2008, 2821; Schlotter BB 2007, 4 f. Im Hinblick auf § 335a HGB a.F. wurde dies vielfach bezweifelt, vgl. etwa de Weerth BB 1998, 366, 368; Noack NZG 2006, 801, 805; SchmidtKessel GPR 2009, 6, 17; für Unionsrechtskonformität jedoch etwa Liebscher/Scharff NJW 2006, 3745, 3751. 130 Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuchs v. 4.10.2013, BGBl. 2013, 3746. Dazu Kaufmann/Kurpat MDR 2014, 1, 5 ff.; Kuntze-Kaufhold GmbHR 2015, 1177 ff.; Meyer DStR 2013, 930 ff.; Petersen/Busch/Froschhammer WPg 2013, 905 ff.; Schülke NZG 2013, 1375 ff.; Stützel DB 2013, 2345 ff. 131 Vgl. Rechtsausschuss BT-Drs. 17/14203, S. 1. 132 Vgl. dazu Gehm StuB 2016, 388 ff.

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ff)  Sitzverlegung (Art. 14 lit. g GesRRL [ G Art. 2 lit. g PubRL]) 18.41 Gem. Art. 14 lit. g GesRRL (G Art. 2 lit. g PubRL) ist jede Verlegung des (Satzungs-) Sitzes133 der Gesellschaft offenzulegen. Bedeutung hat diese Regelung speziell für Gesellschaften, die keine Aktiengesellschaften sind (bei letzteren ist der Sitz gem. Art. 4 lit. a GesRRL [G Art. 3 lit. a KapRL] in der Satzung, dem Errichtungsakt oder einem gesonderten Schriftstück offenzulegen [→ 19.29]; sofern die Offenlegung in der Satzung bzw. dem Errichtungsakt erfolgt, stellt jede Sitzverlegung zugleich eine nach Art. 14 lit. b und c GesRRL [G Art. 2 lit. b und c PubRL] offenzulegende Satzungs-/ Errichtungsaktsänderung dar). gg)  Auflösung/Nichtigerklärung/Liquidation (Art. 14 lit. h–k GesRRL [ G Art. 2 lit. h–k PubRL]) 18.42 Publizitätspflichtig sind schließlich gem. Art. 14 lit. h–k GesRRL (G Art. 2 lit. h–k PubRL) auch die Auflösung, die gerichtliche Nichtigerklärung, der Abschluss der Liquidation, die Löschung134 einer Gesellschaft sowie Bestellung, Personalien und Befugnisse135 der Liquidatoren. Für Gläubiger und Anleger sind diese Ereignisse am Ende des „Lebens“ einer Gesellschaft von eminenter Bedeutung.136 c)  Publizitätsverpflichtete 18.43 Welche Personen (Gesellschaftsorgane, sonstige Vertreter etc.) die Formalitäten der Offenlegung zu erfüllen haben, gibt die RL nicht vor. Art. 27 GesRRL (G Art. 6 PubRL) verpflichtet vielmehr insoweit die Mitgliedstaaten zu einer entsprechenden Regelung. d)  Sprachenregime 18.44 Durch die RL 2003/58/EG (→ 18.5) wurde mit dem jetzigen Art. 21 GesRRL (G Art. 4 PubRL) endlich auch eine Regelung zur Sprache der Offenlegung eingefügt.137 Abs. 1 kodifiziert zunächst das der RL bislang bereits unausgesprochen zugrunde liegenden Prinzip, dass sich die Sprache der Dokumente grundsätzlich nach den Sprachregelungen des registerführenden Mitgliedstaats richtet138.139 Gem. Abs. 2 können die Gesell133 Vgl. englisch: „registered office“. 134 Die Löschung ist allerdings nur offenlegungspflichtig, wenn sie nach dem nationalen Recht Rechtswirkungen auslöst. 135 Sofern diese nicht ausdrücklich und ausschließlich aus dem Gesetz oder der Satzung hervorgehen. 136 Vgl. Grohmann S. 147; Grundmann Rn. 260. 137 Dazu näher Scholz EuZW 2004, 172, 174; Schemmann GPR 2004, 92, 93 f. 138 Vgl. KOM(2002) 279, S. 7; EWSA, ABlEU v. 8.4.2003, C 85/14. 139 Vgl. Scholz EuZW 2004, 172, 174.

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schaften ihre Urkunden und Angaben aber nunmehr zusätzlich zu dieser obligatorischen Offenlegung freiwillig in jeder anderen Amtssprache der Union140 offenlegen; der Registerstaat kann lediglich eine Beglaubigung der Übersetzung vorschreiben. Ob auch eine (zusätzliche) Offenlegung in einer Nicht-EU/EWR-Amtssprache zulässig ist, wird gem. Abs. 3 dem jeweiligen Registerstaat überlassen. Im neuen BRIS (→ 18.7, 18.17) steht ein Suchdienst in allen Amtssprachen zur Verfügung; zudem gibt es erläuternde Hinweise in allen Amtssprachen (vgl. Art. 17 Abs. 3 GesRRL [G Art. 3b Abs. 3 PubRL]). Das deutsche Handelsregister wird in deutscher Sprache geführt (§ 184 GVG). 18.45 Der durch das EHUG (→ 18.9) neugefasste § 11 HGB ermöglicht in Abs. 1 S. 1 in Umsetzung von Art. 21 Abs. 2 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 PubRL) aber eine zusätzliche freiwillige Offenlegung auch in jeder anderen Amtssprache der EU (wobei EU hier in richtlinienkonformer Auslegung als EU und EWR zu lesen ist); von der Option einer Ausdehnung auch auf Nicht-EU/EWR-Amtssprachen wurde dagegen bewusst kein Gebrauch gemacht141. Zur Problematik der Abweichung von Original und Übersetzung → 18.58 f. 18.46 e)  Publizitätswirkungen Eigentlicher Kern der gesamten Offenlegungsvorschriften sind die in Art. 16 Abs. 6 18.47 und 7 GesRRL (G Art. 3 Abs. 6 und 7 PubRL) geregelten Publizitätswirkungen. Dabei kann zwischen der sog. negativen und der sog. positiven Publizität differenziert werden.142 aa)  Negative Publizität (Art. 16 Abs. 6 und 7 GesRRL [ G Art. 3 Abs. 6 und Abs. 7 UAbs. 3 PubRL]) (1)  Berufung des Dritten auf die wahre Rechtslage (Art. 16 Abs. 7 UAbs. 3 GesRRL [ G Art. 3 Abs. 7 UAbs. 3 PubRL]) Art. 16 Abs. 7 UAbs. 3 GesRRL (G Art. 3 Abs. 7 UAbs. 3 PubRL) stellt zunächst klar, 18.48 dass sich ein Dritter stets auch dann auf publizitätspflichtige Urkunden und Angaben, d.h. die wahre Rechtslage, berufen kann, wenn die Formalitäten der Offenlegung nicht erfüllt worden sind. Dies kann aber selbstverständlich nur insoweit gelten, als die Eintragung/Offenlegung keine konstitutive Bedeutung (wie z.B. die Eintragung einer deutschen AG [vgl. § 41 Abs. 1 S. 1 AktG] oder einer englischen plc [vgl. s. 16(2), (3) CA 2006]) hat; hierauf bezieht sich die Ausnahmeregelung in Hs. 2.143 140 „Union“ erfasst hier wegen der Ausdehnung auch auf die EWR-Staaten (→ 18.3) nicht nur die EU-, sondern auch die EWR-Staaten. 141 Vgl. BegrRegE z. EHUG, BT-Drs. 16/960, S. 44. 142 Vgl. Grohmann S. 162; Grundmann Rn. 272 ff.; Habersack/Verse § 5 Rn. 18 ff. 143 Vgl. Einmahl AG 1969, 131, 137; Edwards S. 28; Fischer-Zernin S. 89 f.; Grundmann Rn. 272; Habersack/Verse § 5 Rn. 20; Schmidt-Kessel GPR 2006, 6, 12.

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(2)  Berufung der Gesellschaft auf die wahre Rechtslage (Art. 16 Abs. 6 GesRRL [ G Art. 3 Abs. 6 PubRL]) 18.49 Im Gegensatz dazu kann die Gesellschaft einem Dritten publizitätspflichtige Urkunden und Angaben grundsätzlich erst nach ihrer Bekanntmachung144 entgegenhalten. Etwas anders gilt nur, wenn die Gesellschaft nachweist, dass die Urkunden/Angaben dem Dritten bekannt waren (Art. 16 Abs. 6 UAbs. 1 GesRRL [G Art. 3 Abs. 6 UAbs. 1 PubRL]). Dem Dritten schadet also insofern – entsprechend dem (auch in anderen Sprachfassungen) klaren Wortlaut und im Umkehrschluss zu Art. 9 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 UAbs. 2 PubRL) − lediglich positive Kenntnis.145 Das deutsche Recht entsprach dem mit § 15 Abs. 1 HGB bereits. Für die ersten 15 Tage nach der Bekanntmachung gewährt Art. 16 Abs. 6 UAbs. 2 18.50 GesRRL (G Art. 3 Abs. 6 UAbs. 2 PubRL) dem Dritten darüber hinaus eine Art „Schonfrist“: In Bezug auf Vorgänge in diesem Zeitraum kann die Gesellschaft ihm Urkunden/Angaben auch dann nicht entgegenhalten, wenn er nachweist, dass es ihm unmöglich war, die Urkunden/Angaben zu kennen. Diesen Entlastungsbeweis, an den prinzipiell hohe Anforderungen zu stellen sind146, dürfte der Dritte allerdings nur in den seltensten Fällen führen können147. Für das deutsche Recht war diese „Schonfrist“ übrigens ein Novum, das zu einer Neufassung des § 15 Abs. 2 HGB führte.148 bb)  Positive Publizität (Art. 16 Abs. 7 UAbs. 1 und 2 GesRRL [ G Art. 3 Abs. 7 UAbs. 1 und 2 PubRL]) 18.51 Neben dieser negativen Publizität gewährleistet die RL mit Art. 16 Abs. 7 UAbs. 1 und 2 GesRRL (G Art. 3 Abs. 7 UAbs. 1 und 2 PubRL) aber auch, dass der Rechtsverkehr sich grundsätzlich auf den durch die (unrichtige) Bekanntgabe erweckten Anschein einer bestimmten Rechtslage verlassen darf (sog. positive Publizität). Im Hinblick darauf verpflichtet Art. 16 Abs. 7 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 3 Abs. 7 UAbs. 1 PubRL) die Mitgliedstaaten zunächst, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um Divergenzen zwischen Registerinhalt und Bekanntmachung a priori zu verhindern. Kommt es gleichwohl zu einer Abweichung, so kann die Bekanntmachung dem Dritten nicht entgegengehalten werden (Art. 16 Abs. 7 UAbs. 2 Hs. 1 GesRRL [G Art. 3 Abs. 7 UAbs. 2 Hs. 1 PubRL]). Umgekehrt kann sich allerdings der Dritte grundsätz144 Art. 16 Abs. 6 und 7 GesRRL (G Art. 3 Abs. 6 und 7 PubRL) sprechen etwas umständlich von der „Offenlegung gemäß Abs. 5“. Damit ist die Bekanntmachung gemeint. 145 Ebenso Bock S. 112; Fankhauser S. 78; Schmidt-Kessel GPR 2006, 6, 12 f.; sowie tendenziell auch Edwards S. 29; vgl. ferner Prentice (1973) 89 LQR 518, 536 f. (zur englischen Umsetzung). A.A. jedoch Grohmann S. 165; Van Ommeslaghe CDE 1969, 495, 552; Wooldridge [1978] Acta Juridica 327, 330. 146 Vgl. Bock S. 112; Fischer-Zernin S. 89 f.; Van Ommeslaghe CDE 1969, 495, 551. 147 Vgl. den Schulfall für die deutsche Umsetzung in § 15 Abs. 2 HGB: das „eingeschneite Bergdorf“ (vgl. Lutter EuR 1969, 1, 16). Auch dort wird man heutzutage aber oft per Internet Zugang zum Register haben! 148 Näher dazu Einmahl AG 1969, 131, 136; Meyer-Ladewig MDR 1969, 818, 819.

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lich auf die Bekanntmachung berufen, es sei denn, die Gesellschaft weist nach, dass ihm der Registerinhalt bekannt war (Art. 16 Abs. 7 UAbs. 2 Hs. 2 GesRRL [G Art. 3 Abs. 7 UAbs. 2 Hs. 2 PubRL]). (1)  Reichweite Die exakte Reichweite dieser Schutzregelung wird seit jeher kontrovers diskutiert. Problematisch ist zunächst das subjektive Element in Hs. 2. Nach dem Wortlaut und im Umkehrschluss zu Art. 9 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 UAbs. 2 PubRL) schadet dem Dritten richtigerweise auch hier nur positive Kenntnis von der Unrichtigkeit der Bekanntmachung; ob er auch den Registerinhalt kannte, ist dagegen unerheblich.149 Umstritten ist aber vor allem auch, welche Konstellationen von der Vorschrift eigentlich genau erfasst sind. Richtet man sich ganz streng nach dem Wortlaut, so regelt Art. 16 Abs. 7 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 3 Abs. 7 UAbs. 2 PubRL) eigentlich nur den Fall, dass der Registerinhalt richtig, die Bekanntmachung aber falsch ist.150 Fraglich ist damit zunächst, was gilt, wenn beides (also sowohl Registerinhalt als auch die Bekanntmachung) falsch ist. A maiore ad minus muss der Dritte auch in diesem Fall geschützt sein: Wenn er sich schon auf die bloß unrichtige Bekanntmachung einer Urkunde/Angabe berufen kann, so muss er dies erst recht können, wenn auch noch die Eintragung falsch ist.151 Umstritten ist aber vor allem der Fall der umgekehrten Abweichung, d.h. dass die Bekanntmachung zwar richtig, der Registerinhalt aber sachlich falsch ist. Einer Auffassung nach soll diese Konstellation (abgesehen von der Sonderregelung für die Organbestellung in Art. 8 GesRRL [G Art. 9 PubRL], → 18.68 ff.) von der RL nicht erfasst sein, es stehe dem nationalen Gesetzgeber also insoweit frei, Dritte zu schützen oder nicht.152 Dem Geist der RL dürfte jedoch eher die gegenteilige Auffassung153 entsprechen, denn schließlich wäre es geradezu paradox, das Vertrauen in die Bekanntmachung des Registerinhalts stärker zu schützen als das Vertrauen in den 149 Ebenso i.E. Fankhauser S. 80; Fischer-Zernin S. 87 f.; Grohmann S. 167; Grundmann Rn. 277; Schmidt-Kessel/Leutner/Müther/Schmidt-Kessel/Kopp § 15 HGB Rn. 69 f. 150 Vgl. Einmahl AG 1969, 131, 137; Grohmann S. 166; Grundmann Rn. 278; Kalss (Fn. 36), S. 119, 161 f.; von Olshausen BB 1970, 137, 139; Wilhelm ZIP 2010, 713, 714 f. So auch die Auslegung des historischen deutschen Gesetzgebers, vgl. BT-Drs. V/3862, S. 11. 151 Vgl. Bock S. 120 f.; Einmahl AG 1969, 131, 137; Fankhauser S. 84 f.; Grohmann S. 166; Grundmann Rn. 278; Habersack/Verse § 5 Rn. 19; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 228; Schmidt-Kessel GPR 2006, 6, 15; Schmidt-Kessel/Leutner/Müther/Schmidt-Kessel/Kopp § 15 HGB Rn. 55. Anders jedoch Schwarz Rn. 321; Wilhelm ZIP 2010, 713, 714 f., nach deren Auffassung Art. 3 Abs. 7 PubRL eine sachlich richtige Registereintragung voraussetzt (Schwarz Rn. 322 löst die Problematik jedoch dann zugunsten des Dritten über Art. 3 Abs. 6 PubRL); Abw. offenbar auch EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 128. 152 Ankele GmbHR 1969, 52, 54; Fischer-Zernin 84 f.; Grohmann S. 166 f.; Schwarz Rn. 323; Wilhelm ZIP 2010, 713, 714 f. 153 Beuthien FS Reinhardt, 1972, 199, 201 f.; Bock S. 116 ff.; Einmahl AG 1969, 131, 137; Fankhauser S. 81 ff.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 228; Lutter EuR 1969, 1, 13 ff.;

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Registerinhalt selbst154. Dies gilt umso mehr, als die Eintragung im Register unter dem neuen elektronischen Publizitätsregime letztlich ebenso einfach zugänglich ist wie die Bekanntmachung155 und der später eingefügte Art. 21 GesRRL (G Art. 4 PubRL, → 18.44) ebenfalls auf eine Erstreckung des Vertrauensschutzes auch auf den Registerinhalt hindeutet156. Problematisch ist schließlich, ob der Schutz des Dritten voraussetzt, dass der Ge18.56 sellschaft die Fehlerhaftigkeit zuzurechnen ist (sog. Veranlassungsprinzip).157 Rein nach dem Wortlaut könnte man sich durchaus auch auf den Standpunkt stellen, dass der Publizitätsschutz unabhängig von einer „Veranlassung“ durch die Gesellschaft eingreife.158 Zudem ließe sich argumentieren, dass die Gesellschaft grundsätzlich „näher dran“ sei und daher prinzipiell auch das Risiko von Unrichtigkeiten tragen müsse.159 Gleichwohl ginge es jedoch viel zu weit, auch völlig unbeteiligte Gesellschaften den Publizitätswirkungen zu unterwerfen, zumal das Veranlassungsprinzip der RL bei systematisch-teleologischer Betrachtung letztlich immanent ist: Da Eintragung und Bekanntmachung grundsätzlich einen entsprechenden Antrag des Registerpflichtigen voraussetzen, ist anzunehmen, dass der Richtliniengeber generell davon ausging, dass eine Unrichtigkeit letztlich stets auf einer Veranlassung durch die betroffene Gesellschaft beruhen müsse.160 (2)  Umsetzung in Deutschland 18.57 Art. 16 Abs. 7 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 3 Abs. 7 UAbs. 2 PubRL) wurde in Deutschland durch Einfügung des Abs. 3 in § 15 HGB umgesetzt (zuvor war die Problematik unrichtiger Eintragungen und/oder Bekanntmachungen ausschließlich über die von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Rechtsscheinsgrundsätze gelöst

Paefgen ZIP 2008, 1653, 1658; Schmidt-Kessel GPR 2006, 6, 15; Schmidt-Kessel/Leutner/ Müther/Schmidt-Kessel/Kopp § 15 HGB Rn. 56. Vgl. auch Habesack/Verse § 5 Rn. 19, 23. 154 Einmahl AG 1969, 131, 137; s. ferner auch Bock S. 118; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 228; Schmidt-Kessel/Leutner/Müther/Schmidt-Kessel/Kopp § 15 HGB Rn. 56. 155 Vgl. Noack FS Eisenhardt, 2007, S. 475, 481; Paefgen ZIP 2008, 1653, 1658; s. ferner auch Schmidt-Kessel GPR 2006, 6, 15. 156 Vgl. Schmidt-Kessel GPR 2006, 6, 15. 157 So Beuthien FS Reinhardt, 1972, 199, 202; Bock S. 125 ff.; Habersack/Verse § 5 Rn. 24; Lutter EuR 1969, 1, 16; Schilken AcP 187 (1987) 1, 16; Paefgen ZIP 2008, 1653, 1657; von Olshausen BB 1970, 137, 139; Wilhelm ZIP 2010, 713, 715; a.A. Schmidt-Kessel GPR 2006, 6, 14. 158 Vgl. Grohmann S. 166; Grundmann Rn. 278; Habersack/Verse § 5 Rn. 23. So i.E. auch Kalss (Fn. 36), S. 119, 165; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 228; Schmidt-Kessel GPR 2006, 6, 14; Schmidt-Kessel/Leutner/Müther/Schmidt-Kessel/Kopp § 15 HGB Rn. 65. An der Richtlinienkonformität des Veranlassungsprinzips zweifelnd auch EnzEur Bd. 6/ Teichmann § 6 Rn. 129. 159 In diese Richtung Bock S. 126; Grundmann Rn. 278; Schmidt-Kessel GPR 2006, 6, 14. 160 Vgl. Beuthien FS Reinhardt, 1972, 199, 202; Habersack/Verse § 5 Rn. 41; Paefgen ZIP 2008, 1653, 1657; Schwarz Rn. 321; von Olshausen BB 1970, 137, 139; Wilhelm ZIP 2010, 713, 715.

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worden161).162 Die Vorschrift ist allerdings seit jeher nahezu denselben Abgrenzungsproblemen unterworfen wie die ihr zugrunde liegende Norm der RL. Im Hinblick auf die Geltung des Veranlassungsprinzips besteht zwar weitgehender Konsens163, ebenso auch bezüglich der Anwendung des § 15 Abs. 3 HGB im Falle der sog. „doppelten Unrichtigkeit“ (Eintragung und Bekanntmachung)164. Ob die Fälle der „umgekehrten Abweichung“ (Bekanntmachung richtig, Registerinhalt falsch) von § 15 Abs. 3 HGB (analog) erfasst sind165 oder ob hier auch weiterhin nur die allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätze eingreifen166, ist dagegen äußerst umstritten. cc)  Publizitätswirkungen im Falle von Übersetzungen (Art. 21 Abs. 4 GesRRL [ G Art. 4 Abs. 4 PubRL]) Als Konsequenz zum durch die RL 2003/58/EG (→ 18.5) eingeführten neuen Spra- 18.58 chenregime (→ 18.44 f.) bedurfte es auch einer Ergänzung der in Art. 16 Abs. 6 und 7 GesRRL (G Art. 3 Abs. 6 und 7 PubRL) normierten Publizitätswirkungen. Die sich aus der Zulässigkeit einer Offenlegung in anderen Sprachen ergebende Problematik wurde durch den neu eingefügten Art. 21 Abs. 4 GesRRL (G Art. 4 Abs. 4 PubRL) i.S.e. bestmöglichen Schutzes gutgläubiger Dritter gelöst167: Im Falle einer Abweichung zwischen Original und (freiwillig offengelegter) Übersetzung kann letztere Dritten nicht entgegengehalten werden; umgekehrt kann sich jedoch der Dritte auf eine freiwillig offengelegte Übersetzung berufen, es sei denn, die Gesellschaft weist 161 Vgl. Ankele GmbHR 1969, 52, 54; Einmahl AG 1969, 131, 137 ff.; Meyer-Ladewig MDR 1969, 818, 819; von Olshausen BB 1970, 137 ff. 162 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 20; Schwarz Rn. 321 sowie die Nachweise in Fn. 146. 163 OLG Brandenburg ZIP 2012, 2103; Röhricht/Westphalen/Haas/Ries § 15 Rn. 42; Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 5 Rn. 52; EBJS/Gehrlein § 15 Rn. 31 ff.; Baumbach/Hopt/Hopt § 15 Rn. 19; GroßkommHGB/Koch § 15 Rn. 106 ff.; Paefgen ZIP 2008, 1653, 1657; Oetker/Preuß § 15 Rn. 61 ff.; a.A. jedoch MüKoHGB/Krebs § 15 Rn. 83 ff.; Schmidt-Kessel/Leutner/Müther/Schmidt-Kessel/Kopp § 15 HGB Rn. 66 f.; differenzierend K. Schmidt, HandelsR, § 14 Rn. 84 ff. 164 Vgl. BegrRegE z. KoordG, BT-Drs. V/3862, S. 11; Röhricht/Westphalen/Haas/Ries § 15 Rn. 37 f.; EBJS/Gehrlein § 15 Rn. 27 ff.; Baumbach/Hopt/Hopt § 15 Rn. 18; MüKoHGB/ Krebs § 15 Rn. 88; Paefgen ZIP 2008, 1653, 1656; Oetker/Preuß § 15 Rn. 58; KKRM/ Roth § 15 Rn. 28; Schilken AcP 187 (1987) 1, 17; Schmidt-Kessel/Leutner/Müther/ Schmidt-Kessel/Kopp § 15 HGB Rn. 60 f.; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 128; v. Olshausen BB 1970, 137, 139. 165 So Baumbach/Hopt/Hopt § 15 Rn. 18; GroßkommHGB/Koch § 15 Rn. 105; Lutter EuR 1969, 1, 13; Noack FS Eisenhardt, 2007, S. 475, 481; Paefgen ZIP 2008, 1653, 1657 f.; KKRM/Roth § 15 Rn. 28; Schmidt-Kessel/Leutner/Müther/Schmidt-Kessel/Kopp § 15 HGB Rn. 62. 166 So BegrRegE z. KoordG, BT-Drs. V/3862, S. 11; Röhricht/Westphalen/Haas/Ries § 15 Rn. 39; Beuthien NJW 1970, 2283 f.; EBJS/Gehrlein § 15 Rn. 30; MüKoHGB/Krebs § 15 Rn. 89; v. Olshausen BB 1970, 137, 144; Schilken AcP 187 (1987) 1, 13; Oetker/Preuß § 15 Rn. 59; K. Schmidt, HandelsR, § 14 Rn. 82. 167 Vgl. KOM(2002) 279, S. 8. Siehe ferner zum Ganzen auch Schemmann GPR 2004, 92, 94; Schmidt-Kessel GPR 2006, 6, 14 f.

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nach, dass ihm das Original bekannt war. Art. 16 Abs. 4 GesRRL (G Art. 4 Abs. 4 PubRL) übernimmt damit das bereits aus Art. 16 Abs. 7 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 3 Abs. 7 UAbs. 2 PubRL) bekannte und bewährte Prinzip, so dass die insoweit entwickelten Auslegungsgrundsätze (→ 18.51 ff.) entsprechend herangezogen werden können. Deutschland hat diese erweiterte positive Publizität durch den neuen § 11 Abs. 2 18.59 HGB umgesetzt.168 dd)  „Publizität der Publizitätswirkungen“ 18.60 Art. 17 GesRRL (G Art. 3a PubRL) sorgt schließlich auch für eine „Publizität der Publizitätswirkungen“: Die Mitgliedstaaten müssen aktuelle Informationen zur Verfügung stellen, die erläutern, inwieweit sich Dritte nach ihrem jeweiligen nationalen Recht auf Eintragungen und Offenlegungen berufen können, d. h. über die konkrete Reichweite der sog. positiven und negativen Registerpublizität169; diese Informationen sind dem Portal e-justice zu übermitteln und werden dort in allen Amtssprachen veröffentlicht170. 2.  Gültigkeit der von der Gesellschaft eingegangenen Verpflichtungen gegenüber Dritten 18.61 Art. 7–9 GesRRL (G Art. 8–10 PubRL) regeln die Wirksamkeit von Organhandlungen juristischer Personen des Handelsrechts gegenüber Dritten. Grundgedanke ist, zum Schutz Dritter (also des Rechtsverkehrs) „die Gründe, aus denen im Namen von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung eingegangene Verpflichtungen unwirksam sein können, so weit wie möglich [zu] beschränken“ (vgl. ErwG 5 GesRRL [G ErwG 9 PubRL]). Zu diesem Zweck normiert die RL Schutzvorschriften im Hinblick auf die Haftung für Handeln im Namen der „werdenden“ Gesellschaft (Art. 7 GesRRL [G PubRL], → 18.62 ff.), die Rechtslage bei Bestellungsmängeln (Art. 8 GesRRL [G Art. 9 PubRL], → 18.68 ff.) und die Vertretungsmacht (Art. 9 GesRRL [G Art. 10 PubRL], → 18.73 ff.).

168 Vgl. dazu BegrRegE z. EHUG, BT-Drs. 16/960, S. 45; Liebscher/Scharff NJW 2006, 3745, 3747; Noack FS Eisenhardt, 2007, S. 475, 483 ff.; Paefgen ZIP 2008, 1653, 1658 ff.; Seibert/Decker DB 2006, 2446, 2447 f. 169 Die deutsche Sprachfassung „… sorgen dafür, dass mittels aktueller Informationen dargelegt wird …“ ist zumindest sehr missverständlich; aus der englischen („… shall ensure that up-to-date information is made available explaining …“) und französischen („… veillent á ce que des informations actualisées soient disponibles visant á expliquer …“) Sprachfassung wird deutlich, dass – entsprechend der Ratio der Norm – tatsächlich eine erklärende Erläuterung (und nicht etwa nur eine knappe darlegende Wiedergabe der nationalen Vorschriften) gefordert ist; vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2015, 3, 5 Rn. 65. 170 .

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a)  Handeln im Namen einer in Gründung befindlichen Gesellschaft (Art. 7 GesRRL [ G Art. 8 PubRL]) Art. 7 GesRRL (G Art. 8 PubRL) dient dem Schutz des Rechtsverkehrs im Hinblick 18.62 auf Gesellschaften im Gründungsstadium. Zu diesem Zweck ordnet er – basierend auf Vorbildern des deutschen und italienischen Rechts171 − eine gesamtschuldnerische Haftung derjenigen Personen an, die im Namen der in Gründung befindlichen Gesellschaft handeln. Art. 7 GesRRL (G Art. 8 PubRL) ist – ebenso wie die Parallelregelungen in Art. 9 Abs. 2 EWIV-VO (→ 44.36), Art. 16 Abs. 2 SE-VO (→ 45.74 ff.) und Art. 18 Abs. 2 SCE-VO (→ 46.31) – eine reine Haftungsnorm172, mit der gewährleistet werden soll, dass Dritten in jedem Fall ein haftendes Rechtssubjekt zur Verfügung steht173. Die Existenz einer rechtsfähigen Vorgesellschaft i.S.d. deutschen Modells wird damit indessen weder angeordnet174 noch überhaupt vorausgesetzt.175 Die insoweit bestehenden Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten (Bsp.: im britischen Recht existiert die company vor Eintragung überhaupt nicht176, im deutschen existiert ab Errichtung eine rechtsfähige Vor-AG bzw. Vor-GmbH177)178 werden also durch die RL nicht tangiert. Zu betonen ist ferner, dass es sich bei der Regelung des Art. 7 GesRRL (G Art. 8 PubRL) lediglich um einen Mindeststandard handelt, über den die Mitgliedstaaten hinausgehen können.179 Erfasst wird nicht nur rechtsgeschäftliches, sondern auch rechtsgeschäftsähnliches 18.63 Handeln180. Umstritten ist jedoch, ob ein Handeln im Namen der künftigen Kapitalgesellschaft erforderlich ist181, oder ob es genügt, wenn im Namen einer „Gesellschaft in Gründung“ oder (sofern eine solche nach dem jeweiligen nationalen Recht existiert)

171 Vgl. Edwards S. 31; Habersack/Verse § 5 Rn. 26; sowie ferner auch Lutter EuR 1969, 1, 6. Vgl. im deutschen Recht § 41 Abs. 1 S. 2 AktG und § 11 Abs. 2 GmbHG. 172 Vgl. Bock S. 284 ff.; Habersack/Verse § 5 Rn. 26; Kalss ZHR 155 (2002), 133, 134; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 244; Mülbert/Nienhaus RabelsZ 65 (2001) 513, 521, 528. 173 Vgl. Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff 5.14; Fankhauser S. 89; Fischer-Zernin S. 104; Grohmann S. 170; Grundmann Rn. 208; Habersack/Verse § 5 Rn. 26; Mülbert/ Nienhaus RabelsZ 65 (2001) 513, 525. 174 In diese Richtung jedoch Kersting, Die Vorgesellschaft im europäischen Gesellschaftsrecht, 2000, S. 190 ff.; relativierend jedoch ders. GmbHR 2003, 1466, 1467. 175 Vgl. Bock S. 286 ff.; Grohmann S. 170; Habersack/Verse § 5 Rn. 26; Kalss ZHR 155 (2002), 133, 134; dies. (Fn. 36), S. 119, 170; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 244; Mülbert/ Nienhaus RabelsZ 65 (2001) 513, 521. 176 Vgl. Kelner v Baxter (1866 – 67) LR 2 CP 174; Palmer’s Company Law 3.001 ff.; in deutscher Sprache: J. Schmidt RIW 2006, 827, 829 m.w.N. 177 Siehe nur BGHZ 117, 323, 326 f.; Lutter/Hommelhoff/Bayer § 11 GmbHG Rn. 5; K. Schmidt/Lutter/Drygala § 41 AktG Rn. 3 f.; Hüffer/Koch § 41 Rn. 3 f. 178  Vgl. zur Rechtslage in weiteren Mitgliedstaaten Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/ Werlauff 5.15a ff. 179 Vgl. Fischer-Zernin S. 109; Kalss (Fn. 36), S. 119, 171. 180 Vgl. Hellmuth, Obata & Kassabaum Inc. v King [2000] EWHC Technology 64 Rn. 84; J. Schmidt, SE, S. 399 Fn. 1656; Twigg-Flesner (2001) 22 Co Law 117, 118. 181 Vgl. Grundmann Rn. 209; Kalss (Fn. 36), S. 119, 170; Mülbert/Nienhaus RabelsZ 65 (2001) 513, 527.

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einer „Vorgesellschaft“ gehandelt wird182. Obgleich der Wortlaut diesbezüglich durchaus eine restriktive Auslegung im erstgenannten Sinne zuließe, spricht die Ratio der Norm doch maßgeblich für die Erfassung auch eines Handelns im Namen einer „Vorgesellschaft“ bzw. „Gesellschaft in Gründung“.183 Eine Begrenzung auf ein Handeln im Namen der künftigen Kapitalgesellschaft würde darüber hinaus zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen, die Haftung letztlich von bloßen Zufälligkeiten abhängig machen und zudem geradezu einen Anreiz zu Umgehungen bilden.184 18.64 Negatives Tatbestandsmerkmal ist, dass die Gesellschaft die sich aus diesen Handlungen ergebenden Verpflichtungen nicht übernimmt. Der Begriff der „Übernahme“ ist dabei weit zu verstehen: Erforderlich ist lediglich, dass die entstandene Kapitalgesellschaft dem jeweiligen Gläubiger i.E. mit ihrem Vermögen haftet, unabhängig davon, ob dies kraft gesetzlicher Anordnung oder kraft rechtsgeschäftlicher Übernahme geschieht.185 Die konkrete Ausgestaltung bleibt demgemäß dem jeweiligen nationalen Recht überlassen.186 Dabei steht es den Mitgliedstaaten sogar frei, auf die Regelung einer Übernahme gänzlich zu verzichten187, denn europarechtlicher Mindeststandard ist gem. Art. 7 GesRRL (G Art. 8 PubRL) allein die Handelndenhaftung (bezüglich derer eine etwaige Übernahme nur ein negatives Tatbestandsmerkmal darstellt).188 18.65 Dogmatisch ist die Übernahme eine auflösende Bedingung der Haftung, d.h. die Handelndenhaftung entsteht sofort mit Vornahme der betreffenden Handlung, erlischt jedoch, wenn die Gesellschaft die Verbindlichkeit nach ihrer Eintragung „übernimmt“.189 Entschieden abzulehnen ist daher auch die vereinzelt vertretene abweichende Auffassung, dass das Scheitern der Übernahme eine aufschiebende Bedingung darstelle190: Der mit dieser Konstruktion für den Dritten verbundene Schwebezustand ist mit dem Sinn und Zweck des Art. 7 GesRRL (G Art. 8 PubRL) nicht zu vereinbaren.

182 Vgl. Bock S. 302; Habersack/Verse § 5 Rn. 27; Hilpert, Die Gründerhaftung in der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Deutschland, Frankreich und England, S. 108; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 244; Kersting (Fn. 159), S. 269. 183 Vgl. Bock S. 302; Habersack/Verse § 5 Rn. 27; Hilpert (Fn. 167), S. 108; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 244; Kersting (Fn. 159), S. 268. 184 Vgl. Bock S. 302; vgl. zur Parallelproblematik bei Art. 16 Abs. 2 SE-VO: J. Schmidt, SE, S. 399, 400 m.w.N.; sowie bei § 11 GmbHG: Lutter/Hommelhoff/Bayer § 11 GmbHG Rn. 34. 185 Vgl. Grundmann Rn. 210; Habersack/Verse § 5 Rn. 27; s. ferner auch Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff 3.25, 5.15. 186 Vgl. Fankhauser S. 90; Grundmann Rn. 210; Habersack/Verse § 5 Rn. 27; Hilpert (Fn. 167), S. 109. Siehe zur Parallelnorm des Art. 16 Abs. 2 SE-VO: Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/Bayer Art. 16 SE-VO Rn. 26; J. Schmidt, SE, S. 403 m.w.N. 187 A.A. Kersting (Fn. 159), S. 284; Hilpert (Fn. 167), S. 109. 188 Ebenso i.E. Bock S. 304; Einmahl AG 1969, 167, 168; Fankhauser S. 90; Habersack/Verse § 5 Rn. 27. 189 Habersack/Verse § 5 Rn. 27; Hilpert (Fn. 167), S. 113; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 244; Kersting GmbHR 2003, 1466, 1469; Schwarz Rn. 337; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 131. 190 So Fankhauser S. 90; Fischer-Zernin S. 107; Kalss (Fn. 36), S. 119, 171.

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Liegen die Voraussetzungen des Art. 7 GesRRL (G Art. 8 PubRL) vor, so haften 18.66 die Handelnden unbegrenzt und gesamtschuldnerisch. Haftungsinhalt ist nach der Ratio der Norm primär Erfüllung.191 Die Haftung ist allerdings – jedenfalls individualvertraglich192 − abdingbar („sofern nichts anderes vereinbart ist“).193 Im Interesse eines effektiven Drittschutzes sind an einen solchen Haftungsausschluss allerdings strenge Anforderung zu stellen: Die bloße Kenntnis des Dritten, dass die Gesellschaft noch nicht eingetragen ist oder das schlichte Auftreten im Namen einer „Gesellschaft in Gründung“ bzw. einer „Vorgesellschaft“ können jedenfalls nicht genügen.194 In Deutschland war die von Art. 7 GesRRL (G Art. 8 PubRL) geforderte Handeln- 18.67 denhaftung durch § 41 Abs. 1 S. 2 AktG bzw. § 11 Abs. 2 GmbHG − die schließlich als Vorbilder für Art. 8 PubRL dienten (→ 18.62) − bereits vor Inkrafttreten der PubRL gewährleistet.195 Nach dem heutigen Stand der Dogmatik des Rechts der Vorgesellschaft kommt es zudem im Regelfall zu einer „Übernahme“ der Verbindlichkeit durch die Gesellschaft: Handelt der Geschäftsführer bzw. Vorstand im Rahmen seiner Vertretungsmacht196, so wird zunächst die (teil-)rechtsfähige Vorgesellschaft verpflichtet. Mit der Eintragung wird die Verbindlichkeit sodann aufgrund der heute allgemein

191 Ebenso Bock S. 307; für die Parallelnorm des Art. 16 Abs. 2 SE-VO: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 29; J. Schmidt, SE, S. 406; Schwarz, SE, Art. 16 SE-VO Rn. 38 (jeweils m.w.N.). Anders jedoch Hilpert (Fn. 167), S. 111; Kersting (Fn. 159), S. 272 (Wahlrecht der Mitgliedstaaten zwischen Erfüllungs- und Garantiehaftung). 192 Eine Abbedingung durch AGB dürfte demgegenüber zumindest gegenüber Verbrauchern mit Art. 3 Abs. 1 der RL 93/13/EWG unvereinbar sein. Vgl. Bock S. 308 f.; zur Parallelnorm des Art. 16 Abs. 2 SE-VO: J. Schmidt, SE, S. 406; zur Umsetzungsnorm des § 41 Abs. 1 S. 2 AktG: GroßkommAktG/K. Schmidt § 41 Rn. 93. 193 Vgl. Bock S. 308 f.; Fischer-Zernin S. 107 f.; Hilpert (Fn. 167), S. 112; Kalss (Fn. 36), S. 119, 171; Kersting (Fn. 159), S. 277 f. 194 Hilpert (Fn. 167), S. 112; Kersting (Fn. 159), S. 277 f.; vgl. zur Parallelnorm des Art. 16 Abs. 2 SE-VO: J. Schmidt, SE, S. 406; zur Parallelnorm des Art. 9 Abs. 2 EWIV-VO: Selbherr/Manz/Manz Art. 9 EWIV-VO Rn. 13. 195 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 21; Bergmann GmbHR 2003, 563, 569; Fischer-Zernin S. 136; Lutter EuR 1969, 1, 6; Schwarz Rn. 340. Vereinzelt wird allerdings die Auffassung vertreten, dass die Konzeption der Verlustdeckungshaftung als Innenhaftung, wie sie von der deutschen Rspr. vertreten wird, gegen Art. 7 GesRRL (G Art. 8 PubRL) verstoße, vgl. Hilpert (Fn. 167), S. 121; Kersting GmbHR 2003, 1466, 1469 ff. 196 Nach h.M. ist die Vertretungsmacht des Vorstands bzw. der Geschäftsführer auf die i.R.d. Gründung notwendigen Maßnahmen begrenzt (BGH NJW 1981, 1373, 1375; Hüffer/Koch § 41 AktG Rn. 11; Lutter/Hommelhoff/Bayer § 11 GmbHG Rn. 17; K. Schmidt/Lutter/Drygala § 41 AktG Rn. 6; a.A. etwa MüKoAktG/Pentz § 41 Rn. 53; GroßkommAktG/K. Schmidt § 41 Rn. 58; Beuthien NJW 1997, 565, 566 f. [unbeschränkte Vertretungsmacht entsprechend § 82 Abs. 1 AktG bzw. § 37 Abs. 2 GmbHG]). Handelt der Vorstand/Geschäftsführer ohne Vertretungsmacht, so ist umstritten, ob § 41 Abs. 1 S. 2 AktG bzw. § 11 Abs. 2 GmbHG lex specialis zu § 179 BGB ist (so Baumbach/Hueck/Fastrich § 11 GmbHG Rn. 45; MüKoAktG/Pentz § 41 AktG Rn. 135; a.A.: Beuthien ZIP 1996, 360, 367 Fn. 61; ders. GmbHR 2013, 1, 8 f.; K. Schmidt/Lutter/Drygala § 41 AktG Rn. 28; Meyer GmbHR 2002, 1176, 1184 f. m.w.N. zum Streitstand).

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anerkannten Identität von Vor-Gesellschaft und Gesellschaft ipso iure zu einer solchen der Gesellschaft197.198 b)  Bestellungsmängel (Art. 8 GesRRL [ G Art. 9 PubRL]) 18.68 Art. 8 GesRRL (G Art. 9 PubRL) schützt den Rechtsverkehr im Hinblick auf Bestellungsmängel199. Da die Wirksamkeit einer Organbestellung von Außenstehenden kaum zuverlässig beurteilt werden kann, hielt man insoweit einen besonderen Schutz für geboten.200 Art. 8 GesRRL (G Art. 9 PubRL) bestimmt demgemäß, dass ein Mangel bei der Bestellung eines vertretungsbefugten Organs Dritten nach Erfüllung der Offenlegungsformalitäten nur entgegengehalten werden kann, wenn die Gesellschaft beweist, dass die Dritten den Mangel kannten. Art. 8 GesRRL (G Art. 9 PubRL) ist damit − letztlich rein deklaratorische − lex specialis zu Art. 16 Abs. 6 und 7 GesRRL (G Art. 3 Abs. 6 und 7 PubRL).201 Voraussetzung für ein Eingreifen des Schutzes des Art. 8 GesRRL (G Art. 9 18.69 PubRL) ist nach Sinn und Zweck der Norm, dass ein Bestellungsmangel vorliegt, der nach nationalem Recht dazu führt, dass die Bestellung an sich unwirksam ist.202 Sieht das nationale Recht die Bestellung hingegen trotz des Mangels als wirksam an, so ist Art. 8 GesRRL (G Art. 9 PubRL) von vornherein nicht einschlägig.203 Ebenso wie bei Art. 16 Abs. 7 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 3 Abs. 7 UAbs. 2 18.70 PubRL, → 18.52) schadet dem Dritten auch i.R.d. Art. 8 GesRRL (G Art. 9 PubRL) nur positive Kenntnis204, wobei die Beweislast insofern auch hier die Gesellschaft trifft. Geschützt sind nach der Ratio der Norm freilich nur außenstehende Dritte, nicht hingegen die Organwalter oder Gesellschafter.205 Sofern es für ihn günstiger ist, bleibt es einem Dritten analog Art. 16 Abs. 7 18.71 UAbs. 3 GesRRL (G Art. 3 Abs. 7 UAbs. 3 PubRL) aber selbstverständlich unbe-

197 BGH NJW 1981, 1373; BGH NJW 1992, 1824; MüKoAktG/Pentz § 41 AktG Rn. 9, 105 ff.; Lutter/Hommelhoff/Bayer § 11 GmbHG Rn. 5. 198 Vgl. auch Habersack/Verse § 5 Rn. 27. S. zum Ganzen aber auch Bock S. 316 ff. 199 Die geltende Fassung des Art. 8 GesRRL (G Art. 9 PubRL) bezieht sich ausschließlich auf Bestellungsmängel, der Entwurf der PubRL hatte dagegen auch Amtsniederlegung und Abberufung erfasst, vgl. Kalss (Fn. 36), S. 119, 162. 200 Vgl. Bock S. 113 f.; Grohmann S. 175; Habersack/Verse § 5 Rn. 28; Lutter EuR 1969, 1, 6; Schwarz Rn. 324. 201 Fischer-Zernin S. 221; Grohmann S. 176; Habersack/Verse § 5 Rn. 28; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 245; Schmidt-Kessel GPR 2006, 6, 14; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 132. 202 Habersack/Verse § 5 Rn. 29. 203 Habersack/Verse § 5 Rn. 29. Vgl. speziell zur Problematik von Art. 9 PubRL und der fehlerhaften Organbestellung im deutschen Recht: Habersack/Verse § 5 Rn. 29; Schwarz Rn. 325. 204 Fischer-Zernin S. 220; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 245. 205 Vgl. Grundmann Rn. 212. Siehe ferner auch Edwards S. 33 (unter Rekurs auf die englischen Vorschriften zum Schutz von „outsiders“ vor Irregularien im internen Management).

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nommen, sich auf die wahre Rechtslage (d.h. die Unwirksamkeit der Bestellung) zu berufen; alles andere wäre mit der Ratio des Art. 8 GesRRL (G Art. 9 PubRL) und dem Schutzkonzept der RL unvereinbar.206 Das deutsche Recht wird diesen Anforderungen durch die allgemeinen Regeln 18.72 der § 15 Abs. 1 und 2 HGB (als Umsetzung der leges generales in Art. 16 Abs. 6 und 7 GesRRL [G Art. 3 Abs. 6 und 7 PubRL]) gerecht. c)  Vertretungsmacht (Art. 9 GesRRL [ G Art. 10 PubRL]) Art. 9 GesRRL (G Art. 10 PubRL) statuiert in Bezug auf die Vertretungsmacht der Ge- 18.73 sellschaftsorgane elementare Grundlinien zum Schutz des Rechtsverkehrs. Die Vorschrift gehört unzweifelhaft zu den bedeutendsten Eckpunkten der Harmonisierung des europäischen Gesellschaftsrechts.207 aa)  Hintergrund und Grundkonzeption Wirklich verstehen lässt sich die Vorschrift des Art. 9 GesRRL (G Art. 10 PubRL) 18.74 letztlich nur vor dem Hintergrund der erheblich divergierenden nationalrechtlichen Konzeptionen der Vertretung der Gesellschaft durch ihre Organwalter. Im Wesentlichen lassen sich insoweit zwei Grundmodelle unterscheiden: Die sog. Organtheorie (der traditionell etwa das deutsche, dänische und niederländische Recht folgen) begreift das Handeln der Organwalter als eigenes Handeln der Gesellschaft, während die sog. Mandatstheorie (die etwa für das französische und das italienische, aber auch für das britische Recht charakteristisch ist) die Organwalter als Beauftragte der Gesellschaft ansieht.208 Art. 9 GesRRL (G Art. 10 PubRL) ist de facto der Versuch eines Kompromisses zwischen diesen unterschiedlichen Konzepten209, der jedoch letztlich maßgeblich vom deutschen Modell geprägt ist210. Grund hierfür ist, dass dieses i.R.d. Beratungen zur PubRL auch von den Experten aus den anderen Rechtsordnungen als das den Anforderungen des internationalen Rechtsverkehrs am besten gerecht werdende Modell eingestuft wurde.211 Ausgangspunkt ist der – auch dem deutschen Recht (vgl. §§ 78 Abs. 1 S. 1, 82 Abs. 1 AktG; §§ 35 Abs. 1 S. 1, 37 Abs. 2 GmbHG)

206 Ebenso i.E. Fischer-Zernin S. 221; Grohmann S. 176; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 245; Schwarz Rn. 324. 207 Vgl. zur Bedeutung für die Harmonisierung auch Habersack/Verse § 4 Rn. 9 und § 5 Rn. 30. 208 Vgl. zum Ganzen auch Bock S. 167 ff.; Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff 3.31; Edwards S. 34 ff.; Fankhauser S. 92; Grundmann Rn. 213; Habersack/Verse § 5 Rn. 30. 209 Vgl. Edwards S. 33; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 246; Schmid AG 1998, 127, 129. 210 Vgl. Edwards S. 36; Grundmann Rn. 213 f.; Habersack/Verse § 5 Rn. 30; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 246; Schmid AG 1998, 127, 129. 211 Einmahl AG 1969, 167, 168 m.w.N. Vgl. ferner auch Grundmann Rn. 213 f.; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 133.

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zugrundeliegende212 – Grundsatz der unbeschränkten und unbeschränkbaren Vertretungsmacht (Abs. 1 und 2, → 18.75 ff.).213 Diesen können die Mitgliedstaaten allerdings in gewissem Umfang einschränken; zudem lässt ihnen die RL auch im Hinblick auf die Frage der Einzel- oder Gesamtvertretung weitgehenden Spielraum (vgl. Abs. 3, → 18.83 f.).214 bb)  Grundsätzliche Unbeschränktheit der Vertretungsmacht (Art. 9 Abs. 1 GesRRL [ G Art. 10 Abs. 1 PubRL]) 18.75 Gem. Art. 9 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 UAbs. 1 PubRL) ist die Vertretungsmacht grundsätzlich unbeschränkt: Dritten gegenüber wird die Gesellschaft durch Handlungen ihrer Organe prinzipiell verpflichtet. Wie sich aus dem Wortlaut („Dritten gegenüber“) und der Ratio der Norm ergibt, gilt dies freilich nur im Verhältnis zu außenstehenden Dritten − nicht aber gegenüber den Gesellschaftern215 und Organwaltern216. Die Unbeschränktheit steht allerdings unter dem Vorbehalt der jeweiligen nati18.76 onalen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung:217 Eine Verpflichtung der Gesellschaft tritt nicht ein, wenn die betreffenden Handlungen die Befugnisse überschreiten, die den handelnden Organen nach dem Gesetz zugewiesen sind oder zugewiesen werden können (Art. 9 Abs. 1 UAbs. 1 a.E. GesRRL [G Art. 10 Abs. 1 UAbs. 1 a.E. PubRL]). Die genaue Reichweite der Vertretungsmacht ist also durch die RL selbst letztlich nicht vorgegeben – im Hinblick auf die erheblich divergierenden nationalen Regelungen war eine Harmonisierung insoweit nicht durchsetzbar.218 Die RL nimmt insofern vielmehr auf das jeweilige nationale Recht Bezug, allerdings mit Hilfe eines durchaus eleganten Kunstgriffs: Die Vertretungsmacht der Organe besteht nicht nur i.R.d. Befugnisse, die ihnen das jeweilige nationale Recht bzw. die Gesellschafter tatsächlich verliehen haben, sondern sie verpflichten die Gesellschaft durch sämtliche Handlungen, zu denen sie hätten befugt werden können − entscheidend ist also die nach nationalem Recht maximal mögliche Vertretungsbefugnis.219 212 Die unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht des deutschen Kapitalgesellschaftsrechts geht auf Art. 231 ADHGB zurück, vgl. Fleischer NZG 2005, 529 m.w.N. 213 Einmahl AG 1969, 167, 169 f.; Grundmann Rn. 213; Habersack/Verse § 5 Rn. 30; Kalss (Fn. 36), S. 119, 173; Kindler FS Lutter, 483, 485; Lutter EuR 1969, 1, 6. 214 Vgl. Grohmann S. 176; Grundmann Rn. 215. 215 Vgl. EIC Services Ltd. v Phipps [2004] EWCA Civ 1069 per Gibson LJ; Fleischer NZG 2005, 529, 534 f.; Grundmann Rn. 215; Habersack/Verse § 5 Rn. 33; Schmid AG 1998, 127, 132. 216 Vgl. Habersack/Verse § 5 Rn. 33. 217 Vgl. Bock S. 172 ff.; Fankhauser S. 94; Fischer-Zernin S. 267 f.; Grohmann S. 177; Grundmann Rn. 216 f.; Grundmann FS Lutter, 2000, S. 61, 72; Habersack/Verse § 5 Rn. 34; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 247. 218 Vgl. Einmahl AG 1969, 167, 169; Fischer-Zernin S. 267 f.; Habersack/Verse § 5 Rn. 34; Schwab ZGR 2000, 446, 449 f. 219 Vgl. Einmahl AG 1969, 167, 169; Fischer-Zernin S. 267; Grohmann S. 177; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 247.

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Bedeutsam ist ferner, dass Art. 9 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 18.77 UAbs. 1 PubRL) explizit anordnet, dass selbst der Gegenstand des Unternehmens grundsätzlich keine Beschränkung der Vertretungsmacht bildet. Die RL erteilte damit der englischen ultra vires doctrine220 und dem romanischen Pendant der spécialité statutaire eine prinzipielle Absage (→ 9.30).221 Allerdings eröffnet sie − getreu ihrem Kompromisscharakter222 − insoweit letztlich doch noch eine Hintertür: Gem. Art. 9 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 UAbs. 2 PubRL) können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die Gesellschaft durch Handlungen, die den Rahmen des Unternehmensgegenstandes überschreiten, nicht verpflichtet wird, wenn sie beweist, dass dem Dritten bekannt war, dass die Handlung den Unternehmensgegenstand überschritt oder dass er darüber den Umständen nach nicht in Unkenntnis sein konnte. Eine Bekanntmachung in der Satzung reicht allerdings, wie Art. 9 Abs. 1 UAbs. 2 a.E. GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 UAbs. 2 a.E. PubRL) ausdrücklich klarstellt, nicht aus – Art. 9 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 UAbs. 2 PubRL) ist also insofern lex specialis zu Art. 16 Abs. 6 GesRRL (G Art. 3 Abs. 6 PubRL).223 Im Gegensatz zu Art. 16 Abs. 6 UAbs. 1, Abs. 7 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 3 Abs. 6 UAbs. 1, Abs. 7 UAbs. 2 PubRL) ist aber andererseits keine positive Kenntnis des Dritten erforderlich, vielmehr genügt auch der Nachweis, dass der Dritte über die Überschreitung des Unternehmensgegenstandes „den Umständen nach nicht in Unkenntnis sein konnte“224. Damit ist jedoch nicht lediglich einfach fahrlässige Unkenntnis gemeint225; aus der negativen Formulierung i.V.m. der Ausschlussklausel in Art. 9 Abs. 1 UAbs. 2 a.E. GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 UAbs. 2 a.E. PubRL) sowie der Entstehungsgeschichte226 ergibt sich vielmehr, dass dem Dritten richtigerweise nur grob fahrlässige Unkenntnis schadet227. Da der ultra vires-Gedanke dem deutschen Recht seit jeher fremd war, hat 18.78 Deutschland von der Option des Art. 9 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 UAbs. 2 PubRL) erwartungsgemäß keinen Gebrauch gemacht. Andere Mitgliedstaaten haben die Option hingegen genutzt.228 Speziell im UK war die Umsetzung der 220 Vgl. dazu nur Gower 7-29; Palmer’s Company Law 2.612 ff. m.w.N. 221 Vgl. dazu Edwards S. 36 f.; dies. (1995) 16 Co Law 202, 203; Langenbucher/Engert § 5 Rn. 42; Habersack/Verse § 5 Rn. 31; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 248; Schmid AG 1998, 127, 129; Schwab ZGR 2000, 446, 450. 222 Vgl. Edwards S. 36; dies. (1995) 16 Co Law 202, 203; Fankhauser S. 96; Habersack/Verse § 5 Rn. 32; näher zur Normengenese insoweit insbesondere Edwards S. 36 f. 223 Näher dazu Edwards S. 40 f. Siehe Official Custodian for Charities v Parway Estates Ltd. [1985] Ch 151 (betreffend die englische Umsetzung). 224 Englisch: „could not in view of the circumstances have been unaware of it“; französisch: „ne pouvait l’ignorer, compte tenu des circonstances“. 225 In diese Richtung jedoch Fischer-Zernin S. 296. Siehe ferner auch Kalss (Fn. 36), S. 119, 176 (Festlegung des Fahrlässigkeitsgrades ist Sache des nationalen Gesetzgebers). 226 Vgl. dazu näher Edwards S. 36 f.; dies. (1995) 16 Co Law 202, 203. 227 Ebenso Grohmann EWS 2007, 540, 546; Grundmann Rn. 219; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 248; ähnlich auch Habersack/Verse § 5 Rn. 32 und Schwarz Rn. 350 (Evidenz) sowie Einmahl AG 1969, 167, 171 („offensichtlich … nicht mehr gedeckt“); Fleischer NZG 2005, 529, 534 (einfache Fahrlässigkeit genügt nicht). 228 Vgl. Schwarz Rn. 350; Überblick bei Fischer-Zernin S. 296.

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Vorgaben des Art. 9 Abs. 1 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 PubRL) allerdings Gegenstand heftiger Kontroversen229; die letzten Relikte der ultra vires doctrine wurden dort erst mit der Neuregelung in ss. 40 f. CA 2006 beseitigt230, in Bezug auf Detailaspekte dieser Regelungen verbleiben indes noch eine Reihe ungelöster Fragen231. cc)  Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht (Art. 9 Abs. 2 GesRRL [ G Art. 10 Abs. 2 PubRL]) 18.79 Die RL gestaltet die Vertretungsmacht der Organe jedoch nicht nur grundsätzlich unbeschränkt, sondern auch unbeschränkbar aus:232 Gem. Art. 9 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 PubRL) können satzungsmäßige oder auf einem Beschluss der zuständigen Organe beruhende Beschränkungen der Befugnisse der Organe der Gesellschaft Dritten nie entgegengesetzt werden, auch dann nicht, wenn sie bekanntgemacht worden sind. Der Rechtsverkehr braucht sich also um derartige Gesellschaftsinterna nicht zu kümmern, insbesondere obliegen ihm insoweit auch keinerlei Nachforschungspflichten.233 Diese Unbeschränkbarkeit gilt aber selbstverständlich nur im Außenverhältnis; die Bindung der Gesellschaftsorgane im Innenverhältnis an satzungs- und beschlussmäßige Beschränkungen ihrer Geschäftsführungsbefugnis wird durch die RL nicht tangiert.234 dd)  Sonderprobleme 18.80 Neben der richtigen Auslegung der Vorschriften werden im Schrifttum insbesondere auch zwei Sonderkonstellationen diskutiert, die in der RL keine – bzw. jedenfalls keine ausdrückliche – Regelung erfahren haben: Der Missbrauch der Vertretungsmacht (→ 18.81) und die Problematik von Interessenkollisionen (→ 18.82). 229 Vgl. dazu Edwards S. 42 ff.; dies. (1995) 16 Co Law 202, 205 f. (m.z.w.N.). Zur ursprünglichen Umsetzung in s. 9 ECA 1972 insbesondere auch Farrar/Powles (1973) 36 MLR 270 ff.; Green (1984) 47 MLR 671 ff.; Prentice (1973) 89 LQR 518, 523 ff. 230 Vgl. Palmer’s Company Law 3.3.06 ff.; Davies/Rickford ECFR 2008, 48, 59; s. ferner auch J. Schmidt, Grundlegende Reform des Aktienrechts? − 34. DJT (1926) −, in: Bayer (Hrsg.), Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in den Beratungen des Deutschen Juristentages, 2010, S. 259, 291. 231  Vgl. dazu näher Hannigan 9–28 ff.; Davies/Rickford ECFR 2008, 59 f.; Hannigan 9–28 ff.; Palmer’s Company Law 3.306 ff.; aus deutscher Sicht: Bock S. 243 ff.; Möser RIW 2010, 850, 855 ff. Vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung: Sargespace Ltd v Eustace [2013] EWHC 2944 (QB) paras. 36 f.; Credit Suisse International v Stichting Vestia Groep [2014] EWHC 3103 (Comm) paras. 255 ff. 232 Vgl. Fankhauser S. 96; Grundmann Rn. 221; Habersack/Verse § 5 Rn. 31; Kalss (Fn. 36), S. 119, 174; Kindler FS Lutter, 483, 487; Schwab ZGR 2000, 446, 450. 233 Vgl. Schwarz Rn. 351; Grundmann FS Lutter, 2000, S. 61, 72. Siehe ferner auch Einmahl AG 1969, 167, 170. 234 Im ersten Entwurf war dies noch explizit klargestellt; vgl. Edwards S. 39; dies. (1995) 16 Co Law 202, 204. Siehe ferner auch Fankhauser S. 97; Kalss (Fn. 36), S. 119, 175; Schwarz Rn. 356.

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(1)  Missbrauch der Vertretungsmacht Die Problematik, dass der Organwalter die Grenzen seines rechtlichen „Dürfens“ im 18.81 Innenverhältnis überschreitet und der Dritte insoweit in irgendeiner Form „bösgläubig“ ist, war in allen Mitgliedstaaten schon vor Verabschiedung der PubRL bekannt.235 So ist z.B. in Deutschland das Rechtsgeschäft nach den Grundsätzen über den sog. Missbrauch der Vertretungsmacht schwebend unwirksam, wenn der Dritte die Überschreitung der Grenzen der Geschäftsführungsbefugnis kannte oder diese für ihn zumindest evident war.236 Die RL behandelt diese – durchaus praxisrelevante – Problematik gleichwohl nicht ausdrücklich. Bei unbefangener Betrachtung könnte man aus der pauschalen Formulierung in Art. 9 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 PubRL) sogar schließen, dass die Vorschrift die Bindungswirkung des Geschäfts generell auch gegenüber bösgläubigen Dritten fordert237. Tatsächlich steht die RL einer Einschränkung jedoch sogar nicht nur nicht entgegen, vielmehr werden bösgläubige Dritte insoweit a priori gar nicht vom Schutzbereich der RL erfasst.238 Hierüber bestand i.R.d. Beratungen zur PubRL i.E. auch Konsens; man einigte sich letztlich jedoch darauf, auf eine Regelung in der PubRL selbst zu verzichten und die exakten Grenzen des Missbrauchseinwands weiterhin den nationalen Rechtsordnungen zu überlassen.239 Unter Berücksichtigung der Grundkonzeption und des Schutzzwecks der RL sowie im Hinblick auf den Grundsatz des effet utile des Unionsrechts ist allerdings anzunehmen, dass das nationale Recht für eine die Bindungswirkung ausschließende „Bösgläubigkeit“ zumindest die Evidenz der Überschreitung fordern muss, d.h. dass einfache Fahrlässigkeit seitens des Dritten nicht genügen darf.240 Aus deutscher Sicht ist jedenfalls festzuhalten, dass die Lehre vom Missbrauch der Vertretungsmacht richtlinienkonform ist.241

235 Vgl. näher Fischer-Zernin S. 301 ff. 236 Ausf. Hüffer/Koch § 82 AktG Rn. 7; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek § 35 GmbHG Rn. 22 ff.; K. Schmidt/Lutter/Seibt § 82 Rn. 5 ff.; (jeweils m.z.w.N.). 237 Vgl. Fleischer NZG 2005, 529, 533 f. 238 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 21; Bock S. 185; Habersack/Verse § 5 Rn. 33; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 249; Schwarz Rn. 356. S. ferner auch Fankhauser S. 99; Grohmann S. 180. 239 Vgl. Edwards S. 39 f.; dies. (1995) 16 Co Law 202, 204; Fankhauser S. 99; Fischer-Zernin S. 301 f.; Fleischer NZG 2005, 529, 534. 240 Ebenso Bock S. 186; Fankhauser S. 100; Fleischer NZG 2005, 529, 524; Grohmann S. 181; Habersack/Verse § 5 Rn. 33; Schmid AG 1998, 127, 131; i.E. wohl auch Werlauff S. 419. Ohne eine solche Einschränkung jedoch offenbar Edwards S. 39 f.; dies. (1995) 16 Co Law 202, 204; Schwarz Rn. 356. 241 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 21; Langenbucher/Engert § 5 Rn. 45; Fleischer NZG 2005, 529, 534; Habersack/Verse, § 5 Rn. 33; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 249; Schmid AG 1998, 127, 132; K. Schmidt/Lutter/Seibt § 82 Rn. 5; i.E. auch Grundmann Rn. 223. Vgl. ferner auch Kindler FS Lutter, 2000, S. 483, 487 ff. (zum italienischen Recht).

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(2)  Interessenkollisionen 18.82 Keine ausdrückliche Regelung enthält die RL ferner zum Problem einer etwaigen Beschränkung der Vertretungsmacht im Falle von Interessenkonflikten – obgleich auch dieses in den meisten nationalen Rechtsordnungen in der einen oder anderen Form bekannt ist (vgl. z.B. im deutschen Recht § 181 BGB, im englischen Recht ss. 177, 182 CA 2006242). Einer Ansicht im Schrifttum zufolge soll ein Dritter durch Art. 9 GesRRL (G Art. 10 PubRL) auch im Falle von Interessenkonflikten und Insichgeschäften geschützt werden, alles andere widerspräche dem Zweck der RL und würde ihren Integrationserfolg zunichtemachen.243 Der EuGH hat jedoch in der Rs. Rabobank244 entschieden, dass „die Frage, ob Handlungen von Mitgliedern von Gesellschaftsorganen, bei deren Vornahme zwischen diesen und der vertretenen Gesellschaft ein Interessenkonflikt bestand, Dritten gegenüber unwirksam sind, nicht in der [PubRL] geregelt ist, sondern in die Zuständigkeit des einzelstaatlichen Gesetzgebers fällt“. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass Art. 9 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 UAbs. 1 PubRL) sowohl seinem Wortlaut als auch seinem Regelungsinhalt nach nur die Beschränkungen der den verschiedenen Organen gesetzlich zugewiesenen Befugnisse betrifft, nicht aber die Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften bezweckt, die den Fall regeln, dass sich ein Mitglied eines Organs auf Grund seiner persönlichen Situation in einem Interessenkonflikt mit der von ihm vertretenen Gesellschaft befindet. Ebenso wenig betreffe die Vorschrift die Frage, ob ein Dritter aufgrund der Umstände des betreffenden Falles wusste oder wissen musste, dass ein Interessenkonflikt vorlag. Die Entscheidung betraf zwar an sich die Richtlinienkonformität einer niederländischen Vorschrift (Art. 2:256 Burgerlijk Wetboek), lässt sich jedoch ohne Weiteres auch auf das deutsche Pendant in § 181 BGB übertragen.245

242 Vgl. dazu etwa Palmer’s Company Law 8.3101 ff. m.z.N. Der CA 2006 hat die Rechtslage in Bezug auf Geschäfte der directors mit der Gesellschaft zwar erheblich umgestaltet, die Rechtsprechung hatte hierfür jedoch schon im 19. Jahrhundert Regeln entwickelt, spezielle gesetzliche Regelungen existierten zudem bereits seit 1929, vgl. Palmer’s Company Law 8.3104. 243 Vgl. Grundmann Rn. 226; Meilicke DB 1999, 785, 787. 244 EuGH v. 16.12.1997, Coöperatieve Rabobank „Vecht en Plassengebied“ BA ./. Minderhoud, C-104/96, ECLI:EU:C:1997:610. Dazu Bock S. 181 ff.; Edwards S. 38 f.; Fankhauser S. 101 ff.; Grohmann S. 181; Habersack/Verse § 5 Rn. 35. 245 Ebenso Habersack/Verse § 5 Rn. 35; Kindler FS Lutter, S. 483, 486 f.; Klinke ZGR 2002, 163, 180 f.; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 134. Anders jedoch Meilicke DB 1999, 785, 787 f.; Schwab ZGR 2000, 446, 451 ff., 460 ff., 475 ff. (nach deren Auffassung § 181 BGB insoweit richtlinienwidrig ist). Sehr kritisch zum EuGH-Urteil auch Grohmann S. 181 f.; Grundmann Rn. 226. Vgl. zur Problematik um § 181 BGB ferner auch Schmid AG 1998, 127, 131 f.

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ee)  Einzel- und/oder Gesamtvertretungsmacht (Art. 9 Abs. 3 GesRRL [ G Art. 10 Abs. 3 PubRL]) Hinsichtlich der Frage der personellen Ausgestaltung der Vertretung – Einzel- bzw. 18.83 Gesamtvertretung oder gar eine Mischform aus beiden246 – ist durch die RL in materieller Hinsicht nicht harmonisiert; die Mitgliedstaaten können insoweit vielmehr an ihren traditionellen Ausgestaltungen festhalten.247 Art. 9 Abs. 3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 PubRL) enthält lediglich eine publizitätsrechtliche Lösung248 des Problems von der gesetzlichen Vertretungsregelung abweichender Satzungsregelungen: Wenn das nationale Recht die gesetzliche Regelung betreffend die personelle Organisation der Vertretung satzungsdispositiv ausgestaltet, so kann es auch vorsehen, dass die entsprechende Satzungsbestimmung Dritten nach Maßgabe des Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.15 ff.) entgegengesetzt werden kann. Art. 9 Abs. 3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 PubRL) enthält also insoweit eine Ausnahme von der in Art. 9 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 PubRL) enthaltenen Grundregel, nach der satzungsmäßige Beschränkungen der Organbefugnisse Dritten nicht entgegengehalten werden können (→ 18.79).249 Die Vorschrift erfasst trotz ihres etwas unglücklichen Wortlauts sämtliche Varianten einer von der gesetzlichen Grundregel abweichenden satzungsmäßigen Vertretungsregelung:250 (1) gesetzliche Einzelvertretung, aber satzungsmäßige Gesamtvertretung; (2) gesetzliche Gesamtvertretung, aber satzungsmäßige Einzelvertretung, sowie (3) alle denkbaren Mischformen (insbesondere auch die sog. unechte bzw. gemischte Gesamtvertretung, denn in Abs. 3 ist nur allgemein von „Personen“ und nicht – wie in Abs. 1 und 2 von „Organen“ − die Rede251). Voraussetzung ist aber stets, dass die Satzungsklausel die Vertretungsbefugnis generell – und nicht nur für bestimmte Einzelfälle – betrifft.252 Deutschland hat – ebenso wie die meisten anderen Mitgliedstaaten253 − von der 18.84 Option des Art. 9 Abs. 3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 PubRL) Gebrauch gemacht: Gem. § 78 Abs. 2 S. 1 AktG und § 35 Abs. 2 S. 1 GmbHG ist die grundsätzlich als Gesamtvertretung ausgestaltete Aktivvertretung durch den Vorstand bzw. die Geschäftsführer satzungsdispositiv. Kontrovers diskutiert wird allerdings die Richtlinienkonformität des § 78 Abs. 3 S. 2 AktG (Bestimmung einer abweichenden Vertretungsregelung durch den Aufsichtsrat)254 und des § 78 Abs. 4 AktG (Einzelermächtigung)255.254 246 Vgl. zur Gestaltungsvielfalt in den Mitgliedstaaten Schwarz Rn. 345, sowie ausf. FischerZernin S. 243 ff., zu den ursprünglichen 6 Mitgliedstaaten Einmahl AG 1969, 167, 171. 247 Vgl. Fischer-Zernin S. 235; Grohmann S. 179; Habersack/Verse § 5 Rn. 36. 248 Vgl. Schwarz Rn. 346. 249 Vgl. Edwards S. 45. 250 Vgl. Einmahl AG 1969, 167, 172; s. ferner auch Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 250. 251 Fischer-Zernin S. 236 f.; Kalss (Fn. 36), S. 119, 177. S. ferner auch Grohmann S. 179. 252 Vgl. Grundmann Rn. 220. 253 Vgl. Schwarz Rn. 346; ausf. Fischer-Zernin S. 243 ff. 254 Dafür Bock S. 216; Habersack/Verse § 5 Rn. 36 (eher zurückhaltend jedoch GroßkommAktG/Habersack/Foerster § 78 Rn. 64); Hüffer/Koch § 78 AktG Rn. 14; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 250; MüKoAktG/Spindler § 78 AktG Rn. 55; dagegen Einmahl AG 1969, 167, 172 f.; Fischer-Zernin S. 245 f.; sowie auch noch Schwarz Rn. 346.

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3.  Nichtigkeit und Vernichtbarkeit von Gesellschaften (Art. 10–12 GesRRL [ G Art. 11–13 PubRL]), 255 18.85 Art. 10–12 GesRRL (G Art. 11–13 PubRL) regeln die Nichtigkeit und Vernichtbarkeit von Gesellschaften. Angesichts der enormen Folgen einer Nichtigerklärung für Gläubiger und Gesellschafter sind die Vorschriften von dem Gedanken geprägt, die Fälle der Nichtigkeit sowie die Rückwirkung und Angreifbarkeit einer Nichtigerklärung im Interesse maximaler Rechtssicherheit sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis soweit wie möglich zu beschränken (vgl. ErwG 6 GesRRL [G ErwG 10 PubRL]).256 Vor dem Hintergrund der erheblich divergierenden nationalen Systeme257 normiert die RL jedoch auch insoweit lediglich einen Mindeststandard258, der den Mitgliedstaaten durchaus beachtlichen Spielraum lässt. Sonderregeln gelten im Fall der Neugründung einer Gesellschaft im Wege der nationalen oder grenzüberschreitenden Verschmelzung (vgl. Art. 108 GesRRL [G Art. 22 FusRL, → 21.106 ff.] bzw. Art. 134 GesRRL [G Art. 17 CBMD, → 22.128]) oder der Spaltung (vgl. Art. 153 GesRRL [G Art. 19 SpRL, → 21.79). Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Anwendungsbereich der jetzigen 18.86 Art. 10–12 GesRRL (G Art. 11–13 PubRL) allerdings nur dann eröffnet, wenn „Dritte durch die … offengelegten Angaben zu der Annahme veranlasst wurden, es bestehe eine Gesellschaft i.S.d. [RL]“.259 Voraussetzung ist also die tatsächliche oder entsprechend den Vorschriften der RL offengelegte Existenz der Gesellschaft.260 Nicht vom Schutzbereich erfasst sind dagegen die Fälle, in denen ein Dritter allein aufgrund des Verhaltens von Gesellschaftsorganen und -vertretern auf das Bestehen einer Gesellschaft vertraut oder wenn eine Gesellschaft im nationalen Register lediglich als „in Gründung befindliche Gesellschaft“ erscheint.261 a)  Gründungskontrolle (Art. 10 GesRRL [ G Art. 11 PubRL]) 18.87 Erste Säule der Nichtigkeitsvorschriften ist das Erfordernis eines Mindestmaßes von Gründungskontrolle, durch die eine Nichtigkeit a priori verhindert werden soll

255 Dafür Bock S. 209 ff.; Habersack/Verse § 5 Rn. 37; dagegen Schwarz ZHR 166 (2002), 625, 633 ff., 652. 256 Vgl. Einmahl AG 1969, 210; Goldmann FS Sanders, 1972, S. 59, 61; Habersack/Verse § 5 Rn. 38. 257 Vgl. dazu Edwards S. 46; Fischer-Zernin S. 165 ff.; Habersack/Verse § 5 Rn. 38. 258 Habersack/Verse § 5 Rn. 40; Schwarz Rn. 362. 259  EuGH v. 20.9.1988, Ubbink Isolatie B.V. ./. DAK-EN Wandtechniek B.V., 136/87, ECLI:EU:C:1988:423. Dazu Bock S. 355 ff.; Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff 3.33; Edwards S. 47 f.; Fankhauser S. 114; Habersack/Verse § 5 Rn. 43. 260 Habersack/Verse § 5 Rn. 43; Schwarz Rn. 364; s. ferner auch EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 136. 261 Vgl. EuGH v. 20.9.1988, Ubbink Isolatie B.V. ./. DAK-EN Wandtechniek B.V., 136/87, ECLI:EU:C:1988:423, Rn. 13, 15.

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(„Nichtigkeitsprophylaxe“262).263 Angesichts der äußerst heterogenen Ausgestaltung der Gründungskontrolle in den nationalen Rechtsordnungen konnte man sich i.R.d. Beratungen zur PubRL allerdings nicht auf ein uniformes System einigen.264 Art. 10 GesRRL (G Art. 11 PubRL) eröffnet den Mitgliedstaaten vielmehr zwei alternative Formen der Gründungskontrolle: (1) Eine vorbeugende Verwaltungs- oder gerichtliche Kontrolle der Gesellschaftsgründung oder (2) die öffentliche Beurkundung von Errichtungsakt und Satzung sowie jeder Änderung derselben.265 Die RL verlangt also nicht zwingend eine gerichtliche oder behördliche Gründungskontrolle, sondern lässt die mit einer notariellen Beurkundung verbundene „Richtigkeitsgewähr“ genügen. Das deutsche Recht, das traditionell sowohl eine notarielle Beurkundung (vgl. 18.88 § 23 Abs. 1 AktG, § 2 Abs. 1 GmbHG) als auch eine gerichtliche Gründungskontrolle vorsieht (vgl. § 38 AktG, § 9c GmbHG), geht über diesen Mindeststandard der RL sogar hinaus.266 Aus französischer Sicht war die Regelung indes durchaus problematisch.267 b)  Nichtigkeitsvoraussetzungen (Art. 11 GesRRL [ G Art. 12 PubRL]) Zweite Säule sind die in Art. 11 GesRRL (G Art. 12 PubRL) normierten Restriktionen 18.89 für den Eintritt einer Nichtigkeit. Der Begriff der „Nichtigkeit“ der Gesellschaft268 ist dabei – wie sich aus UAbs. 2 der Vorschrift ergibt – weit zu verstehen: Erfasst sind sämtliche denkbaren Varianten der (absoluten oder relativen) Nichtigkeit bzw. Inexistenz, die Mitgliedstaaten können die insoweit geltenden Beschränkungen also nicht durch eine bloße „Umetikettierung“ umgehen.269 Im Interesse einer gewissen Richtigkeitsgewähr darf die Nichtigkeit gem. Art. 11 18.90 UAbs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 12 UAbs. 1 lit. a PubRL) nur durch eine gerichtliche Entscheidung ausgesprochen werden. Um unzumutbare Schwebezustände zu ver-

262 So treffend Grundmann Rn. 198; vgl. ferner auch Bock S. 35; Grohmann S. 185; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 252. 263 Vgl. Bock S. 33; Edwards S. 46; Fischer-Zernin S. 164; Grundmann Rn. 200; Habersack/ Verse § 5 Rn. 39; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 135. 264 Vgl. dazu Einmahl AG 1969, 210 f.; Edwards S. 46; Schwarz Rn. 359 sowie ausf. FischerZernin S. 165 ff. 265 Vgl. zum Ganzen: Bock S. 33 ff.; Edwards S. 46; Einmahl AG 1969, 210 f.; FischerZernin S. 164; Grohmann S. 185; Grundmann Rn. 200; Habersack/Verse § 5 Rn. 39; Kalss (Fn. 36), S. 119, 180; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 252. 266 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 22; Schwarz Rn. 359. 267 Vgl. ausf. Fischer-Zernin S. 171 ff. Zur Umsetzung in einigen anderen Mitgliedstaaten: Dorresteijn/Monteiro/ Teichmann/Werlauff 5.06a. 268 Nicht erfasst ist hingegen z.B. die rückwirkende Aufhebung eines Aktienkaufvertrags, vgl. EuGH v. 19.12.2013, Hirmann, C-174/12, ECLI:EU:C:2013:856, Rn. 55. 269 Vgl. Einmahl AG 1969, 210, 211; Grohmann S. 185; Grundmann Rn. 201; Habersack/ Verse, § 5 Rn. 42; Kalss (Fn. 36), S. 119, 182; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 253.

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meiden270, darf das nationale Recht Einsprüche Dritter hiergegen zudem nur binnen einer Frist von maximal sechs Monaten nach Bekanntmachung der Entscheidung zulassen (Art. 12 Abs. 1 S. 2 GesRRL [G Art. 13 Abs. 1 S. 2 PubRL]). Vor allem aber enthält Art. 11 UAbs. 1 lit. b GesRRL (G Art. 12 UAbs. 1 lit. b 18.91 PubRL) eine − wie sich aus UAbs. 2 ergibt − abschließende Aufzählung der möglichen Nichtigkeitsgründe.271 Diese sind nach der Grundsatzentscheidung des EuGH in der Rs. Marleasing aus Gründen der Rechtssicherheit und des Verkehrsschutzes eng auszulegen.272 Zudem handelt es sich lediglich um einen „Maximalkatalog“, d.h. jeder Mitgliedstaat „kann“ die genannten Nichtigkeitstatbestände in seinem nationalen Recht vorsehen, ist aber andererseits in keiner Weise dazu gezwungen, alle oder bestimmte hiervon zu übernehmen (bzw. überhaupt Nichtigkeitsgründe vorzusehen).273 Dogmatisch enthält der Katalog der zulässigen Nichtigkeitsgründe zwei formelle 18.92 (Ziff. i und iii) sowie vier materielle (Ziff. ii, iv, v und vi) Tatbestände.274 Ziff. i bezieht sich auf das Fehlen der in Art. 10 GesRRL (G Art. 11 PubRL) vorgeschriebenen Präventivkontrolle (→ 18.87 f.).275 Der in Ziff. ii normierte ordre public-Vorbehalt276 wurde vom EuGH in seinem Urteil in der Rs. Marleasing dahin gehend ausgelegt, dass sich der Ausdruck „tatsächlicher Gegenstand des Unternehmens“ auf den im Errichtungsakt oder in der Satzung beschriebenen Unternehmensgegenstand bezieht.277 Eine Gesellschaft darf also nicht allein deshalb für nichtig erklärt werden, weil ihre tatsächliche Betätigung rechtswidrig ist oder gegen die öffentliche Ordnung verstößt.278 Ziff. iii und iv betreffen Verstöße gegen Kapitalschutzvorschriften, die der europäische Gesetzgeber ersichtlich für besonders gravierend erachtete.279 Ziff. v (Geschäftsunfä-

270 Vgl. Grohmann S. 187; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 254. 271 Vgl. EuGH v. 13.11.1990, Marleasing, C-106/89, ECLI:EU:C:1990:395, Rn. 10; EuGH v. 19.12.2013, Hirmann, C-174/12, ECLI:EU:C:2013:856, Rn. 50; Bock S. 357; Edwards S. 46 Fn. 142; Fankhauser S. 114 f.; Fischer-Zernin S. 161; Goldmann FS Sanders, 1972, S. 59, 61; Grohmann S. 186; Kalss (Fn. 36), S. 119, 181; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 253; Klinke ZGR 1993, 1, 21; Stuyck/Wytinck (1991) 28 C.M.L. Rev. 205, 219. 272 EuGH v. 13.11.1990, Marleasing, C-106/89, ECLI:EU:C:1990:395, Rn. 12. Vgl. Grundmann Rn. 204; Habersack/Verse § 5 Rn. 41; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 253; Klinke ZGR 1993, 1, 21; Schwarz Rn. 361. 273 Vgl. Bock S. 353 f.; Fankhauser S. 115; Goldmann FS Sanders, 1972, S. 59, 61 Fn. 7; Grohmann S. 186; Grundmann Rn. 203; Habersack/Verse § 5 Rn. 40; Fischer-Zernin S. 161; Kalss (Fn. 36), S. 119, 181; Lutter EuR 1969, 1, 18. 274 Vgl. Bock S. 353; Fischer-Zernin S. 160; Kalss (Fn. 36), S. 119, 180; Schwarz Rn. 362. 275 Näher dazu Einmahl AG 1969, 210, 211. 276 Vgl. Grohmann S. 187; Grundmann Rn. 204; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 253. 277 EuGH v. 13.11.1990, Marleasing, C-106/89, ECLI:EU:C:1990:395, Rn. 12. Vgl. ausf. zu den teilweise divergierenden Sprachfassungen sowie zur abweichenden Stellungnahme von GA Van Gerven: Edwards S. 49 f. S. ferner Cass. com. 10.11.2015, n° 14-18179. 278 Vgl. EuGH v. 13.11.1990, Marleasing, C-106/89, ECLI:EU:C:1990:395, Rn. 11 f.; Cass. com. 10.11.2015, n° 14-18179; Fankhauser S. 115; Grohmann S. 187; Grundmann Rn. 204; Klinke ZGR 1993, 1, 21; Stuyck/Wytinck (1991) 28 C.M.L. Rev. 205, 220; EnzEur Bd. 6/ Teichmann § 6 Rn. 136; vgl. ferner auch Samara-Krispis/Steindorff (1992) 29 C.M.L. Rev. 615, 616; Lutter JZ 1992, 593, 597, 599. 279 Vgl. Grundmann Rn. 204. S. ferner auch Einmahl AG 1969, 210, 212.

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higkeit aller Gründungsgesellschafter) verdankt seine Existenz letztlich den – doch etwas kuriosen − Befürchtungen des EWSA um Gesellschaftsgründungen Minderjähriger.280 Ziff. vi ist inzwischen aufgrund von Art. 2 Abs. 1 EpGRL (→ 27.12 ff.) jedenfalls für die GmbH obsolet und hat nur noch für diejenigen Mitgliedstaaten Bedeutung, die − anders als Deutschland (vgl. § 2 AktG) − bei der AG keine Einpersonengründung zulassen (zur insoweit bestehenden Wahlfreiheit und ihrer Ausübung durch die Mitgliedstaaten: → 9.58, 27.7, 27.12 ff., 27.17);281 für AG wird Ziff. vi durch Art. 6 GesRRL (G Art. 5 KapRL) komplementiert (→ 19.34 ff.). Aus deutscher Perspektive bedeuteten die heute in Art. 11 GesRRL (G Art. 12 18.93 PubRL) normierten Vorgaben die Notwendigkeit einer Novellierung der Nichtig­ keitstatbestände des Aktien- und GmbH-Rechts: Gemäß den durch zur Umsetzung neu eingeführten §§ 262 Abs. 1 Nr. 5 AktG, 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG [seit 1.1.1999: Nr. 6], 144a FGG [seit 1.9.2009 ersetzt durch § 399 FamFG] führen die dort genannten Satzungsmängel nicht mehr zur Nichtigkeit der Gesellschaft (so noch § 275 AktG a.F. bzw. § 75 Abs. 1 GmbHG a.F.), sondern stellen nur noch Gründe für eine gerichtliche Auflösung dar.282 c)  Nichtigkeitsfolgen (Art. 12 GesRRL [ G Art. 13 PubRL]) Dritte Säule der Nichtigkeitsvorschriften sind die in Art. 12 GesRRL (G Art. 13 18.94 PubRL) geregelten Nichtigkeitsfolgen. Gem. Art. 12 Abs. 2 GesRRL (G Art. 13 Abs. 2 PubRL) bewirkt die Nichtigkeit, dass die Gesellschaft in Liquidation tritt. Dies bedeutet zum einen, dass die Nichtigkeit lediglich ex nunc (also nicht rückwirkend) eintritt,283 zum anderen, dass die Gesellschaft bis zum Abschluss der Liquidation einstweilen – wenngleich nun mit geändertem Zweck – bestehen bleibt284. Das Liquidationsverfahren selbst richtet sich dabei nach nationalem Recht.285 Betreffend das Außenverhältnis bestimmt Art. 12 Abs. 3 GesRRL (G Art. 13 18.95 Abs. 3 PubRL), dass die Gültigkeit von Verpflichtungen, die vor der Nichtigerklärung eingegangen wurden, durch diese nicht beeinträchtigt wird. Dem Schutz des Rechtsverkehrs dient darüber hinaus auch Art. 12 Abs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 13 Abs. 1 S. 1 PubRL): Die gerichtliche Nichtigerklärung kann Dritten nur nach Maßgabe des

280 Näher dazu Einmahl AG 1969, 210, 212. 281 Vgl. Edwards S. 47 Fn. 143; Fankhauser S. 116; Grundmann Rn. 204; Habersack/Verse § 5 Rn. 40; Kalss (Fn. 36), S. 119, 181. 282 Vgl. dazu Ankele GmbHR 1969, 52, 57; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 22; Einmahl AG 1969, 210, 213 f.; Habersack/Verse, § 5 Rn. 7 Fn. 14; Lutter EuR 1969, 1, 17; Meyer-Ladewig MDR 1969, 818, 819 f.; Schwarz Rn. 365. 283 Vgl. Fankhauser S. 116; Fischer-Zernin S. 163; Goldmann FS Sanders, 1972, S. 59, 67; Grohmann S. 188; Grundmann Rn. 206; Habersack/Verse § 5 Rn. 45; Kalss (Fn. 36), S. 119, 183; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 254. 284 Vgl. Fischer-Zernin S. 163; Grundmann Rn. 206; Habersack/Verse § 5 Rn. 45; Kalss (Fn. 36), S. 119, 183. 285 Vgl. Fankhauser S. 116; Grundmann Rn. 206.

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Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.15 ff.), also prinzipiell nur nach ordnungsgemäßer Eintragung und Bekanntmachung, entgegengehalten werden.286 18.96 Die Regelung der Wirkungen der Nichtigkeit im Innenverhältnis überlässt die RL dagegen grundsätzlich dem jeweiligen Mitgliedstaat (Art. 12 Abs. 4 GesRRL [G Art. 13 Abs. 4 PubRL]). Einzige Ausnahme hiervon ist die Gläubigerschutzregelung287 des Art. 12 Abs. 5 GesRRL (G Art. 13 Abs. 5 PubRL), wonach die Gesellschafter zur Einzahlung des gezeichneten, aber noch nicht eingezahlten Kapitals verpflichtet bleiben, soweit dies zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist. Das deutsche Recht bedurfte im Hinblick auf die in Art. 12 GesRRL (G Art. 13 18.97 PubRL) geregelten Nichtigkeitsfolgen keiner Anpassung, da es den insoweit gestellten Anforderungen bereits entsprach.288

IV.  Fundstellenverzeichnis Grundlage

Art. 54 Abs. 3 lit. g, 100 EWGV [G Art. 50 Abs. 2 lit. g, 115 AEUV]

Vorschläge

Vorschlag für eine RL des Rats zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, 21.2.1964, ABlEG v. 27.11.1964, S. 3245 = BT-Drs. IV/2014

verabschiedete Fassung

Erste RL 68/151/EWG des Rates v. 9.3.1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABlEG v. 14.3.1968, L 65/8

ändernde Rechtsakte

Beitrittsakte von 1972, ABlEG v. 27.3.1972, L 73/14 (Dänemark, Irland, Vereinigtes Königreich)



Beitrittsakte von 1979, ABlEG v. 19.11.1979, L 291/17 (Griechenland)



Beitrittsakte von 1985, ABlEG v. 15.11.1985, L 302/23 (Spanien und Portugal)



Beitrittsakte von 1994, ABlEG v. 29.8.1994, C 241/194 (Finnland, Österreich und Schweden)



Beitrittsakte von 2003, ABlEU v. 23.9.2003, L 236/338 (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern)

286 Vgl. Einmahl AG 1969, 210, 216; Schwarz Rn. 365. S. ferner Grohmann S. 187 f.; Grundmann Rn. 206. 287 Vgl. Grohmann S. 188; Grundmann Rn. 207; Habersack/Verse § 5 Rn. 45. 288 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 22; Einmahl AG 1969, 210, 217; Meyer-Ladewig MDR 1969, 818, 819.

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RL 2003/58/EG des EP und des Rates v. 15.7.2003 zur Änderung der RL 68/151/EWG des Rates in Bezug auf die Offenlegungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsform, ABlEU v. 4.9.2003 L 221/13



RL 2006/99/EG des Rates v. 20.11.2006 zur Anpassung bestimmter RL im Bereich Gesellschaftsrecht anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, ABlEU v. 20.12.2006, L 363/137

kodifizierte Fassung:

RL 2009/101/EG des EP und des Rates v. 16.9.2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABlEU v. 1.10.2009, L 258/11

ändernde Rechtsakte

RL 2012/17/EU des EP und des Rates vom 13.6.2012 zur Änderung der RL 89/666/EWG des Rates sowie der RL 2005/56/ EG und 2009/101/EG des EP und des Rates in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern, ABlEU v. 16.6.2012, L 156/1) [BRIS-RL]



RL 2013/24/EU des Rates vom 13.5.2013 zur Anpassung bestimmter RL auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABlEU v. 10.6.2013, L 158/365

Kodifizierung in der GesRRL RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46 Durchführungsrechtsakte Durchführungs-VO (EU) 2015/884 der Kommission vom 8.6.2015 zur Festlegung technischer Spezifikationen und Verfahren für das System der Registervernetzung gemäß RL 2009/101/EG des EP und des Rates, ABlEU v. 10.6.2015, L 144/1 [BRIS-VO] Umsetzung in Deutschland ursprüngliche Umsetzung

Gesetz zur Durchführung der Ersten RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts v. 15.8.1969, BGBl. I, 1146

RL 2003/58/EG

Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) v. 10.11.2006, BGBl. I, 2553

RL 2006/99/EG

spezielle Umsetzung nicht erforderlich

RL 2012/17/EU

Gesetz zur Umsetzung der RL 2012/17/EU in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern in der Europäischen Union v. 22.12.2014, BGBl. I, 2409 [BRIS-UG]

RL 2013/24/EU

spezielle Umsetzung nicht erforderlich

434

§ 18 Anhang GesRRL

§ 18 Anhang GesRRL RICHTLINIE (EU) 2017/1132 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text)

TITEL I ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN SOWIE GRÜNDUNG UND FUNKTIONSWEISE VON KAPITALGESELLSCHAFTEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 Kapitel I Gegenstand  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 Kapitel II Gründung und Nichtigkeit der Gesellschaft und die Wirksamkeit ihrer Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443

Abschnitt 1 Gründung der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443

Abschnitt 2 Nichtigkeit der Kapitalgesellschaft und Wirksamkeit ihrer Verpflichtungen . 445

Kapitel III Offenlegung und Vernetzung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern  . . 446

Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Abschnitt 2 Offenlegungsvorschriften für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451

Abschnitt 3 Offenlegungsvorschriften für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453

Abschnitt 4 Anwendungs- und Durchführungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454

Kapitel IV Kapitalerhaltung und -änderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 Abschnitt 1 Kapitalanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455

Abschnitt 2 Schutzbestimmungen hinsichtlich des gesetzlich vorgeschriebenen Kapitals  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456

Abschnitt 3 Bestimmungen zur Ausschüttung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458

Abschnitt 4 Bestimmungen zum Erwerb eigener Aktien durch eine Gesellschaft  . . . . . 459 Abschnitt 5 Regelungen zur Kapitalerhöhung und zur Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . 463

Abschnitt 6 Anwendungs- und Durchführungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469

TITEL II  VERSCHMELZUNG UND SPALTUNG VON KAPITALGESELLSCHAFTEN . . . . . . . . . 469 Kapitel I Verschmelzung von Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469

Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen über die Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469

Abschnitt 2 Verschmelzung durch Aufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470

Abschnitt 3 Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft . . . . . . . . . . . .  475

Abschnitt 4 Verschmelzung einer Gesellschaft mit einer Anderen, der mindestens 90 % der Aktien der Ersteren gehören . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 Abschnitt 5 Andere der Verschmelzung gleichgestellte Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . 476

Kapitel II Grenzüberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . 477 Kapitel III Spaltung von Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 Abschnitt 1 Allgemeine bestimmungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483

Abschnitt 2 Spaltung durch Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483

Abschnitt 3 Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490

Abschnitt 4 Spaltung unter Aufsicht eines Gerichts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490

Abschnitt 5 Andere der Spaltung gleichgestellte Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491

Abschnitt 6 Durchführungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491

TITEL III  SCHLUSSBESTIMMUNGEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491

§ 18 Anhang GesRRL DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION — gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 50 Absatz 1 und Absatz 2 Buchstabe g, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1), gemäß dem fahren(2),

ordentlichen

Gesetzgebungsver­

in Erwägung nachstehender Gründe: (1) Die Richtlinien 82/891/EWG(3) und 89/666/ EWG(4) des Rates und die Richtlinien 2005/56/ EG(5), 2009/101/EG(6), 2011/35/EU(7) und 2012/30/ EU(8) des Europäischen Parlaments und des Rates wurden mehrfach und erheblich geändert(9). Aus Gründen der Klarheit und der Übersichtlichkeit empfiehlt es sich, sie zu kodifizieren. (2) Die Fortführung der Koordinierung, die Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe g des Vertrags sowie das Allgemeine Programm zur Aufhebung der

(1) ABl. C 264 vom 20.7.2016, S. 82. (2) Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 5.  April 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 29. Mai 2017. (3) Sechste Richtlinie 82/891/EWG des Rates vom 17.  Dezember 1982 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrags betreffend die Spaltung von Aktiengesellschaften (ABl. L 378 vom 31.12.1982, S. 47). (4) Elfte Richtlinie 89/666/EWG des Rates vom 21.  Dezember 1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen (ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 36). 5 ( ) Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten (ABl. L 310 vom 25.11.2005, S. 1). (6) Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.  September 2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. L 258 vom 1.10.2009, S. 11). 7 ( ) Richtlinie 2011/35/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (ABl. L 110 vom 29.4.2011, S. 1). (8) Richtlinie 2012/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 74). 9 ( ) Siehe Anhang III, Teil A.

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Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit vorsehen und die mit der Ersten Richtlinie 68/151/ EWG des Rates(10), begonnen wurde, ist bei den Aktiengesellschaften besonders wichtig, weil in der Wirtschaft der Mitgliedstaaten die Tätigkeit dieser Gesellschaften vorherrscht und häufig die Grenzen des nationalen Hoheitsgebiets überschreitet. (3)  Die Koordinierung der nationalen Vorschriften über die Gründung von Aktiengesellschaften sowie die Aufrechterhaltung, die Erhöhung und die Herabsetzung ihres Kapitals ist vor allem bedeutsam, um beim Schutz der Aktionäre einerseits und der Gläubiger der Gesellschaft andererseits ein Mindestmaß an Gleichwertigkeit sicherzustellen. (4) Die Satzung oder der Errichtungsakt einer Aktiengesellschaft muss in der Union jedem Interessierten die Möglichkeit bieten, die wesentlichen Merkmale der Gesellschaft und insbesondere die genaue Zusammensetzung des Gesellschaftskapitals zu kennen. (5)  Der Schutz Dritter sollte durch Bestimmungen gewährleistet werden, welche die Gründe, aus denen im Namen von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung eingegangene Verpflichtungen unwirksam sein können, so weit wie möglich beschränken. (6) Um die Rechtssicherheit in den Beziehungen zwischen den Gesellschaften und Dritten sowie im Verhältnis der Gesellschafter untereinander zu gewährleisten, ist es erforderlich, die Fälle der Nichtigkeit sowie die Rückwirkung der Nichtigerklärung zu beschränken und für den Einspruch Dritter gegen diese Erklärung eine kurze Frist vorzuschreiben. (7)  Der Koordinierung der nationalen Vorschriften über die Offenlegung, die Wirksamkeit eingegangener Verpflichtungen von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie die Nichtigkeit dieser Gesellschaften kommt insbesondere zum Schutz der Interessen Dritter eine besondere Bedeutung zu. (8)  Die Offenlegung sollte es Dritten erlauben, sich über die wesentlichen Urkunden einer Gesellschaft sowie einige sie betreffende Angaben, insbeson­ dere die Personalien derjenigen, welche die Gesellschaft verpflichten können, zu unterrichten. (9)  Gesellschaften sollten unbeschadet der grundlegenden Anforderungen und vorgeschriebenen Formalitäten des nationalen Rechts der Mitglied-

(10) Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9.  März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. L 65 vom 14.3.1968, S. 8).

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§ 18 Anhang GesRRL

staaten die Möglichkeit haben, die erforderlichen Urkunden und Angaben auf Papier oder in elektronischer Form einzureichen.

(17)  Die Offenlegung erstreckt sich auf eine Reihe von Urkunden und wichtigen Angaben sowie diesbezügliche Änderungen.

(10)  Die betroffenen Parteien sollten in der Lage sein, von dem Register Kopien dieser Urkunden und Angaben sowohl in Papierform als auch in elektronischer Form zu erhalten.

(18)  Die Offenlegung kann — von der Vertretungsmacht, der Firma und der Rechtsform sowie der Auflösung der Gesellschaft und dem Verfahren bei Insolvenz abgesehen — auf Angaben beschränkt werden, welche die Zweigniederlassung selbst betreffen, sowie auf Hinweise auf das Register der Gesellschaft, zu der die Zweigniederlassung gehört, da aufgrund der bestehenden Unionsvorschriften bei diesem Register die Angaben über die Gesellschaft insgesamt zur Verfügung stehen.

(11) Die Mitgliedstaaten sollten das Amtsblatt, in dem die offenzulegenden Urkunden und Angaben bekannt zu machen sind, in Papierform oder in elektronischer Form führen oder Bekanntmachungen durch andere ebenso wirksame Formen vorschreiben können. (12) Der grenzüberschreitende Zugang zu Informationen über eine Gesellschaft sollte erleichtert werden, indem zusätzlich zur verpflichtenden Offenlegung in einer der im Mitgliedstaat der Gesellschaft zugelassenen Sprachen die freiwillige Eintragung der erforderlichen Urkunden und Angaben in weiteren Sprachen gestattet wird. Gutgläubig handelnde Dritte sollten sich auf diese Übersetzungen berufen können. (13)  Es sollte klargestellt werden, dass die in der vorliegenden Richtlinie vorgeschriebenen Angaben in allen Geschäftsbriefen und Bestellscheinen der Gesellschaft unabhängig davon zu machen sind, ob sie Papierform oder eine andere Form aufweisen. Im Zuge der technischen Entwicklungen sollte auch vorgesehen werden, dass diese vorgeschriebenen Angaben auf den Webseiten der Gesellschaft zu machen sind. (14) Die Errichtung einer Zweigniederlassung ist neben der Gründung einer Tochtergesellschaft eine der Möglichkeiten, die derzeit einer Gesellschaft zur Ausübung des Niederlassungsrechts in einem anderen Mitgliedstaat zur Verfügung stehen. (15) Das Fehlen einer Koordinierung für die Zweigniederlassungen, insbesondere im Bereich der Offenlegung, hat im Hinblick auf den Schutz von Gesellschaftern und Dritten zu Unterschieden geführt zwischen den Gesellschaften, welche sich in anderen Mitgliedstaaten durch die Errichtung von Zweigniederlassungen betätigen, und den Gesellschaften, die dies durch die Gründung von Tochtergesellschaften tun. (16) Zum Schutz der Personen, die über eine Zweigniederlassung mit einer Gesellschaft in Beziehung treten, müssen in dem Mitgliedstaat, in dem sich die Zweigniederlassung befindet, Maßnahmen der Offenlegung getroffen werden. Der wirtschaftliche und soziale Einfluss einer Zweigniederlassung kann in gewisser Hinsicht dem Einfluss einer Tochtergesellschaft vergleichbar sein, sodass ein öffentliches Interesse an einer Offenlegung der Gesellschaft bei der Zweigniederlassung besteht. Zur Regelung dieser Offenlegung bietet es sich an, von dem Verfahren Gebrauch zu machen, das bereits für Kapitalgesellschaften in der Union eingeführt worden ist.

(19) Nationale Vorschriften, welche die Offenlegung von Unterlagen der Rechnungslegung verlangen, die sich auf die Zweigniederlassung beziehen, haben ihre Berechtigung verloren, nachdem die nationalen Vorschriften über die Erstellung, Prüfung und Offenlegung von Unterlagen der Rechnungslegung der Gesellschaft angeglichen worden sind. Deshalb genügt es, die von der Gesellschaft geprüften und offengelegten Unterlagen der Rechnungslegung beim Register der Zweigniederlassung offenzulegen. (20) Geschäftsbriefe und Bestellscheine, die von der Zweigniederlassung benutzt werden, sollten mindestens die gleichen Angaben wie die Geschäftsbriefe und Bestellscheine der Gesellschaft sowie die Angabe des Registers, in das die Zweigniederlassung eingetragen ist, enthalten. (21) Damit die Ziele dieser Richtlinie erreicht werden können und damit jede diskriminierende Behandlung nach dem Herkunftsland der Gesellschaft vermieden wird, sollte diese Richtlinie auch die Zweigniederlassungen von Gesellschaften erfassen, die dem Recht eines Drittlands unterliegen und eine Rechtsform haben, die derjenigen der unter diese Richtlinie fallenden Gesellschaften vergleichbar ist. Da Gesellschaften aus Drittländern nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, sind für solche Zweigniederlassungen besondere Vorschriften erforderlich, die sich von den Vorschriften unterscheiden, die für Gesellschaften gelten, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegen. (22) Die vorliegende Richtlinie berührt nicht die Informationspflichten, denen die Zweigniederlassungen aufgrund anderer Vorschriften unterliegen, wie z. B. im Sozialrecht in Bezug auf das Informationsrecht der Arbeitnehmer, im Steuerrecht oder im Hinblick auf statistische Angaben. (23)  Die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern ist eine Maßnahme, die erforderlich ist, um die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen unternehmensfreundlicher zu gestalten. Sie dürfte durch Bürokratieabbau und Erhöhung der Rechtssicherheit die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen fördern und auf diese Weise zur Überwindung der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise beitragen, was zu den Prioritäten der Agenda Europa 2020 gehört.

§ 18 Anhang GesRRL Durch Nutzung innovativer Informations- und Kommunikationstechnologie dürfte eine solche Verknüpfung auch die grenzübergreifende Kommunikation zwischen den Registern verbessern. (24)  Im mehrjährigen Aktionsplan 2009–2013 für die Europäische E-Justiz(11) wurde die Entwicklung eines europäischen E-Justiz-Portals (im Folgenden „Portal“) vorgesehen, das einziger europäischer Zugangspunkt für den elektronischen Zugang zu rechtlichen Informationen, Justiz- und Verwaltungsorganen, Registern, Datenbanken und anderen Diensten sein soll, und wird die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern als wichtig angesehen. (25) Der grenzübergreifende Zugang zu Informationen über Gesellschaften und ihre Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten lässt sich nur verbessern, wenn alle Mitgliedstaaten tatkräftig daran mitwirken, dass eine elektronische Kommunikation zwischen den Registern möglich wird und die Informationen an einzelne Nutzer in der gesamten Union in standardisierter Form (identischer Inhalt und interoperable Technologien) übermittelt werden. Diese Interoperabilität der Register sollte sichergestellt werden, indem die Register der Mitgliedstaaten (im Folgenden „inländische Register“) Dienste zur Verfügung stellen, die als Schnittstellen zur zentralen Europäischen Plattform (im Folgenden „Plattform“) dienen sollten. Die Plattform sollte aus einem zentralisierten Paket von IT-Instrumenten mit Diensten bestehen und eine gemeinsame Schnittstelle bilden. Diese Schnittstelle sollte von allen inländischen Registern genutzt werden. Die Plattform sollte zudem Dienste anbieten, die eine Schnittstelle mit dem als europäischer elektronischer Zugangspunkt dienenden Portal und mit den von den Mitgliedstaaten eingerichteten optionalen Zugangspunkten bilden. Die Plattform sollte ausschließlich als Instrument für die Verknüpfung von Registern und nicht als eigenständige Stelle mit Rechtspersönlichkeit verstanden werden. Auf der Grundlage einer einheitlichen Kennung sollte die Plattform imstande sein, Informationen aus jedem einzelnen mitgliedstaatlichen Register den zuständigen Registern anderer Mitgliedstaaten in einem standardisierten Nachrichten-Format (ein elektronisches NachrichtenFormat für den Austausch zwischen IT-Systemen, wie beispielsweise XML) und in der betreffenden Sprachfassung zukommen zu lassen. (26)  Diese Richtlinie zielt nicht auf die Schaffung einer zentralen Registerdatenbank ab, in der aussagekräftige Informationen über Gesellschaften gespeichert werden. Im Stadium der Einführung des Systems der Vernetzung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern (im Folgenden „System der Registervernetzung“) sollte lediglich der Datenbestand, der für den ordnungsgemäßen Betrieb der Plattform erforderlich ist, festge-

(11) ABl. C 75 vom 31.3.2009, S. 1.

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legt werden. Dieser Bestand sollte insbesondere Betriebsdaten, Wörterbücher und Glossare umfassen. Dabei sollte auch berücksichtigt werden, dass das System der Registervernetzung effizient arbeiten muss. Die Daten sollten genutzt werden, um der Plattform die Ausübung ihrer Aufgaben zu ermöglichen, und sollten niemals unmittelbar öffentlich zugänglich gemacht werden. Die Plattform sollte überdies weder den Inhalt der in den inländischen Registern gespeicherten Daten zu Gesellschaften noch die durch das System der Registervernetzung übertragenen Daten zu Gesellschaften verändern. (27) Da mit der Richtlinie 2012/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(12) nicht darauf abgezielt wird, die nationalen Systeme der Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregister zu harmonisieren, sind Mitgliedstaaten in keiner Weise verpflichtet, ihr internes System für Register, insbesondere hinsichtlich der Verwaltung und der Speicherung von Daten, der Gebühren und der Verwendung und Offenlegung von Informationen zu einzelstaatlichen Zwecken, zu ändern. (28)  Das Portal sollte sich durch die Nutzung der Plattform mit Abfragen einzelner Benutzer von in den inländischen Registern gespeicherten Informationen zu Gesellschaften und ihren Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten befassen. Dies sollte es ermöglichen, die Suchergebnisse im Portal anzuzeigen, einschließlich der erläuternden Hinweise in sämtlichen Amtssprachen der Union mit einer Auflistung der bereitgestellten Informationen. Um den Schutz von Dritten in anderen Mitgliedstaaten zu erhöhen, sollten auf dem Portal zusätzlich grundlegende Informationen über den rechtlichen Stellenwert von Urkunden und Angaben verfügbar sein, die gemäß den im Einklang mit dieser Richtlinie erlassenen Gesetzen der Mitgliedstaaten offengelegt werden. (29) Den Mitgliedstaaten sollte es möglich sein, einen oder mehrere optionale Zugangspunkte einzurichten, die Auswirkungen auf die Nutzung und den Betrieb der Plattform haben können. Daher sollte die Kommission über die Einrichtung solcher Zugangspunkte und über alle wesentlichen Änderungen ihrer Funktionsweise, insbesondere ihrer Schließung, unterrichtet werden. Eine solche Unterrichtung sollte in keiner Weise die Befugnisse der Mitgliedstaaten zur Einrichtung und zum Betrieb der optionalen Zugangspunkte einschränken. (30) Gesellschaften und ihre Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten sollten eine einheitliche Kennung haben, durch die sie eindeutig in der

(12) Richtlinie 2012/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2012 zur Änderung der Richtlinie 89/666/EWG des Rates sowie der Richtlinien 2005/56/ EG und 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern (ABl. L 156 vom 16.6.2012, S. 1).

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§ 18 Anhang GesRRL

Union ermittelt werden können. Die Kennung soll für die Kommunikation zwischen den Registern über das System der Registervernetzung dienen. Deshalb sollten Gesellschaften und Zweigniederlassungen nicht verpflichtet sein, die einheitliche Kennung auf den in dieser Richtlinie erwähnten Geschäftsbriefen und Bestellscheinen der Gesellschaft anzugeben. Sie sollten weiterhin ihre inländische Registrierungsnummer für ihre eigenen Kommunikationszwecke benutzen. (31) Es sollte ermöglicht werden, eine klare Verbindung zwischen dem Register einer Gesellschaft und den Registern ihrer Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten herzustellen, und zwar durch den Austausch von Informationen über die Eröffnung und Beendigung von Verfahren zur Abwicklung oder Insolvenz der Gesellschaft sowie über die Löschung der Gesellschaft aus dem Register, sofern dies in dem Mitgliedstaat des Registers der Gesellschaft Rechtswirkungen auslöst. Auch wenn es den Mitgliedstaaten freigestellt bleiben sollte, welche Verfahren sie in Bezug auf die in ihrem Gebiet eingetragenen Zweigniederlassungen anwenden, sollten sie doch zumindest sicherstellen, dass die Zweigniederlassungen einer aufgelösten Gesellschaft ohne unangemessene Verzögerung und gegebenenfalls nach dem Liquidationsverfahren der betreffenden Zweigniederlassung aus dem Register gelöscht werden. Dies sollte nicht für Zweigniederlassungen von Gesellschaften gelten, die aus dem Register gelöscht worden sind, aber einen Rechtsnachfolger haben, etwa im Falle einer Änderung der Rechtsform der Gesellschaft, einer Verschmelzung oder Spaltung oder einer grenzüberschreitenden Verlegung des Sitzes. (32) Die Vorschriften dieser Richtlinie über die Registervernetzung sollten keine Anwendung auf eine Zweigniederlassung finden, die in einem Mitgliedstaat von einer Gesellschaft errichtet worden ist, welche nicht dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegt. (33)  Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass alle in den Registern eingetragenen Informationen über Gesellschaften nach einer Änderung ohne unangemessene Verzögerung aktualisiert werden. Die Aktualisierung sollte in der Regel innerhalb von 21 Tagen offengelegt werden, nachdem die vollständigen Unterlagen über diese Änderungen, einschließlich der Prüfung der Rechtmäßigkeit nach nationalem Recht, eingegangen sind. Diese Frist sollte so ausgelegt werden, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, angemessene Anstrengungen zu unternehmen, um die in dieser Richtlinie festgelegte Frist einzuhalten. Sie sollte nicht für die Unterlagen der Rechnungslegung gelten, die Gesellschaften für jedes Geschäftsjahr vorzulegen haben. Diese Ausnahme ist aufgrund der Arbeitsüberlastung der inländischen Register während der Berichtszeiträume gerechtfertigt. Im Einklang mit den allen Mitgliedstaaten gemeinsamen allgemeinen Rechtsgrundsätzen sollte die Frist von 21 Tagen in Fällen höherer Gewalt ausgesetzt werden.

(34) Entscheidet die Kommission, die Plattform durch einen Dritten entwickeln und/oder betreiben zu lassen, so sollte dies gemäß der Verordnung (EG, Euratom) Nr.  966/2012 des Europäischen Parlaments und Rates(13) erfolgen. Eine angemessene Beteiligung der Mitgliedstaaten an diesem Prozess sollte dadurch gewährleistet werden, dass die technischen Anforderungen für die Zwecke des Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge in Durchführungsrechtsakten festgelegt werden, die gemäß dem in Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr.  182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(14), genannten Prüfverfahren erlassen werden. (35) Entscheidet die Kommission, die Plattform durch einen Dritten betreiben zu lassen, so sollten die Kontinuität der Dienste, die durch das System der Registervernetzung bereitgestellt werden, und eine angemessene öffentliche Überwachung des Betriebs der Plattform gewährleistet werden. Nähere Bestimmungen zum Betriebsmanagement der Plattform sollten im Wege von Durchführungsrechtsakten festgelegt werden, die gemäß dem in Artikel  5 der Verordnung (EU) Nr.  182/2011 genannten Prüfverfahren erlassen werden. In jedem Fall sollte die Beteiligung der Mitgliedstaaten am Betrieb des gesamten Systems dadurch gewährleistet werden, dass ein regelmäßiger Dialog zwischen der Kommission und Vertretern der Mitgliedstaaten über Fragen des Betriebs des Systems der Registervernetzung und seiner künftigen Entwicklung geführt wird. (36) Die Vernetzung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern bedarf der Abstimmung nationaler Systeme mit unterschiedlichen technischen Merkmalen. Dies erfordert die Annahme technischer Maßnahmen und Anforderungen, bei denen Unterschiede zwischen den Registern zu berücksichtigen sind. Um einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Richtlinie zu gewährleisten, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse für diese technischen und operativen Fragen übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit dem Prüfverfahren gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 ausgeübt werden. (37)  Diese Richtlinie sollte das Recht der Mitgliedstaaten, Gebühren für die Bereitstellung von Informationen über Gesellschaften durch das System

(13) Verordnung (EU, Euratom) Nr.  966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.  Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1). 14 ( ) Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.  Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

§ 18 Anhang GesRRL der Registervernetzung zu erheben, wenn solche Gebühren nach nationalem Recht vorgeschrieben sind, nicht beschränken. Daher sollten die technischen Maßnahmen für und Anforderungen an das System der Registervernetzung die Festlegung von Zahlungsmodalitäten vorsehen. In dieser Hinsicht sollte diese Richtlinie keiner spezifischen technischen Lösung vorgreifen, da die Zahlungsmodalitäten zum Zeitpunkt der Annahme der Durchführungsrechtsakte festgelegt werden sollten, unter Berücksichtigung leicht zugänglicher Online-Zahlungsmöglichkeiten. (38) Für Drittländer könnte es wünschenswert sein, in Zukunft an dem System der Registervernetzung teilnehmen zu können. (39)  Eine gerechte Lösung hinsichtlich der Finanzierung des Systems der Registervernetzung erfordert die Beteiligung sowohl der Union als auch ihrer Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten sollten die Ausgaben für die Anpassung ihrer inländischen Register an das System tragen, wogegen die zentralen Elemente, d. h. die Plattform und das Portal, das als europäischer elektronischer Zugangspunkt dient, über eine geeignete Haushaltslinie des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union finanziert werden sollten. Um nicht wesentliche Teile dieser Richtlinie zu ergänzen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrags Rechtsakte über die Erhebung von Gebühren für das Erhalten von Auskünften über Gesellschaften zu erlassen. Hierdurch wird die Möglichkeit des inländischen Registers, Gebühren zu erheben, nicht berührt, aber es könnte damit eine zusätzliche Gebühr einhergehen, um Wartung und Betrieb der Plattform zu kofinanzieren. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden. (40)  Es ist notwendig, Unionsvorschriften zu erlassen, um das Kapital als Sicherheit für die Gläubiger zu erhalten, indem insbesondere untersagt wird, dass das Kapital durch nicht geschuldete Ausschüttungen an die Aktionäre verringert wird, und indem die Möglichkeit von Aktiengesellschaften, eigene Aktien zu erwerben, begrenzt wird. (41)  Die Beschränkungen für den Erwerb eigener Aktien sollten nicht nur für den Erwerb durch die Aktiengesellschaft selbst gelten, sondern auch für den Erwerb, der von einer Person getätigt wird, die im eigenen Namen, aber für Rechnung dieser Gesellschaft handelt. (42)  Um zu verhindern, dass sich eine Aktiengesellschaft einer anderen Gesellschaft, in der sie über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt oder auf die sie einen beherrschenden Einfluss ausüben kann,

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bedient, um eigene Aktien zu erwerben, ohne die hierfür vorgesehenen Beschränkungen zu beachten, sollten die Vorschriften für den Erwerb eigener Aktien durch eine Gesellschaft die wichtigsten und am häufigsten vorkommenden Fälle des Erwerbs von Aktien durch diese andere Gesellschaft abdecken. Diese Regelung sollte sich auch auf die Zeichnung von Aktien der Aktiengesellschaft erstrecken. (43) Um Umgehungen der vorliegenden Richtlinie zu vermeiden, sollten Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Sinne dieser Richtlinie sowie Gesellschaften, die dem Recht eines Drittlands unterliegen und eine vergleichbare Rechtsform haben, in die in Erwägungsgrund 42 genannten Regelungen einbezogen werden. (44)  Besteht zwischen der Aktiengesellschaft und der anderen Gesellschaft im Sinne des Erwägungsgrundes 42 nur ein mittelbares Verhältnis, so erscheint es gerechtfertigt, die anwendbaren Bestimmungen flexibler als bei einem unmittelbaren Verhältnis zu gestalten, indem vorgesehen wird, dass die Aussetzung der Stimmrechte als Mindestmaßnahme zur Verwirklichung der Ziele der vorliegenden Richtlinie vorgesehen wird. (45)  Im Übrigen ist es gerechtfertigt, die Fälle auszunehmen, in denen es aufgrund der Besonderheiten einer beruflichen Tätigkeit ausgeschlossen ist, dass die Erreichung der Ziele der vorliegenden Richtlinie infrage gestellt wird. (46) Im Hinblick auf die in Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe g des Vertrags verfolgten Ziele ist es erforderlich, dass die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bei Kapitalerhöhungen und Kapitalherabsetzungen die Beachtung der Grundsätze über die Gleichbehandlung der Aktionäre, die sich in denselben Verhältnissen befinden, und den Schutz der Gläubiger von Forderungen, die bereits vor der Entscheidung über die Herabsetzung bestanden, sicherstellen und für die harmonisierte Durchführung dieser Grundsätze Sorge tragen. (47) Um in allen Mitgliedstaaten die Vereinheitlichung des Gläubigerschutzes zu verbessern, sollten Gläubiger, deren Forderungen aufgrund einer Herabsetzung des Kapitals einer Aktiengesellschaft gefährdet sind, unter bestimmten Voraussetzungen auf Gerichts- oder Verwaltungsverfahren zurückgreifen können. (48) Um Marktmissbrauch zuverlässig zu verhindern, sollten die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Richtlinie den Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr.  596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates(15) Rechnung tragen.

(15) Verordnung (EU) Nr.  596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/

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§ 18 Anhang GesRRL

(49) Der Schutz der Interessen von Gesellschaftern und Dritten erfordert es, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Verschmelzung von Aktiengesellschaften zu koordinieren; gleichzeitig erscheint es zweckmäßig, in die nationalen Rechte der Mitgliedstaaten die Institution der Verschmelzung einzuführen. (50) Im Rahmen dieser Koordinierung ist es besonders wichtig, die Aktionäre der sich verschmelzenden Gesellschaften angemessen und so objektiv wie möglich zu unterrichten und ihre Rechte in geeigneter Weise zu schützen. Jedoch ist keine Prüfung des Verschmelzungsplans durch unabhängige Sachverständige für die Aktionäre der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften erforderlich, wenn alle Aktionäre darauf verzichtet haben. (51)  Die Gläubiger einschließlich der Inhaber von Schuldverschreibungen sowie die Inhaber anderer Rechte der sich verschmelzenden Gesellschaften sollten dagegen geschützt werden, dass sie durch die Verschmelzung Schaden erleiden. (52)  Die Offenlegung zum Schutze der Interessen von Gesellschaftern und Dritten sollte sich auch auf Maßnahmen zur Durchführung von Verschmelzungen beziehen, damit hierüber auch Dritte ausreichend unterrichtet werden. (53)  Ferner sollten sich die Garantien, die Gesellschaftern und Dritten bei der Durchführung der Verschmelzung von Aktiengesellschaften gewährt werden, auch auf bestimmte andere rechtliche Vorgänge erstrecken, die in wesentlichen Punkten ähnliche Merkmale wie die Verschmelzung aufweisen, um Umgehungen des Schutzes zu vermeiden. (54) Schließlich ist es notwendig, die Fälle der Nichtigkeit einer Verschmelzung zu beschränken, um die Rechtssicherheit in den Beziehungen zwischen den beteiligten Gesellschaften, zwischen diesen und Dritten sowie unter den Aktionären zu gewährleisten; außerdem müssen einerseits der Grundsatz, dass dem Mangel der Verschmelzung so weit wie möglich abgeholfen werden soll, und andererseits eine kurze Frist zur Geltendmachung der Nichtigkeit festgelegt werden. (55)  Mit dieser Richtlinie wird auch die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften erleichtert. Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten sollten die grenzüberschreitende Verschmelzung einer inländischen Kapitalgesellschaft mit einer Kapitalgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat gestatten, wenn das nationale Recht der betreffenden Mitgliedstaaten Verschmelzungen zwischen Unternehmen solcher Rechtsformen erlaubt.

EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1).

(56) Um grenzüberschreitende Verschmelzungen zu erleichtern, sollte festgelegt werden, dass für jede an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligte Gesellschaft und jeden beteiligten Dritten weiterhin die Vorschriften und Formalitäten des nationalen Rechts gelten, das im Falle einer innerstaatlichen Verschmelzung anwendbar wäre, sofern diese Richtlinie nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften und Formalitäten des nationalen Rechts, auf die in dieser Richtlinie Bezug genommen wird, sollten keine Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit oder des freien Kapitalverkehrs einführen, es sei denn, derartige Beschränkungen lassen sich im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und insbesondere durch die Erfordernisse des Gemeinwohls rechtfertigen und sind zur Erfüllung solcher vorrangigen Erfordernisse erforderlich und angemessen. (57) Der gemeinsame Plan für eine grenzüberschreitende Verschmelzung sollte für alle an der grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften, die verschiedenen Mitgliedstaaten angehören, gleich lauten. Es sollte daher festgelegt werden, welche Angaben der gemeinsame Verschmelzungsplan mindestens enthalten muss, wobei den Gesellschaften gleichzeitig die Möglichkeit gegeben werden sollte, weitere Angaben zu vereinbaren. (58)  Zum Schutz der Interessen der Gesellschafter und Dritter sollte für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften sowohl der gemeinsame Plan für die grenzüberschreitende Verschmelzung als auch der Abschluss der grenzüberschreitenden Verschmelzung im entsprechenden öffentlichen Register offengelegt werden. (59) Die Rechtsvorschriften aller Mitgliedstaaten sollten vorsehen, dass auf nationaler Ebene für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften von einem oder mehreren Sachverständigen ein Bericht über den gemeinsamen Plan für die grenzüberschreitende Verschmelzung erstellt wird. Um die im Zusammenhang mit einer grenzüberschreitenden Verschmelzung anfallenden Sachverständigenkosten zu begrenzen, sollte die Möglichkeit vorgesehen werden, einen gemeinsamen Bericht für alle Gesellschafter der an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften zu erstellen. Die Gesellschafterversammlung jeder Gesellschaft sollte dem gemeinsamen Verschmelzungsplan zustimmen. (60) Um grenzüberschreitende Verschmelzungen zu erleichtern, sollte die Kontrolle des Abschlusses und der Rechtmäßigkeit des Beschlussfassungsverfahrens jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften von der für die einzelne Gesellschaft jeweils zuständigen nationalen Behörde vorgenommen werden, während die Kontrolle des Abschlusses und der Rechtmäßigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung von der nationalen Behörde vorgenommen werden sollte, die für die

§ 18 Anhang GesRRL aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft zuständig ist. Bei dieser nationalen Behörde kann es sich um ein Gericht, einen Notar oder jede andere von dem betreffenden Mitgliedstaat benannte Behörde handeln. Es sollte auch festgelegt werden, nach welchem nationalen Recht sich der Zeitpunkt bestimmt, zu dem die grenzüberschreitende Verschmelzung wirksam wird, nämlich nach dem Recht, das für die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft maßgebend ist. (61)  Zum Schutz der Interessen der Gesellschafter und Dritter sollten die Rechtsfolgen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung angegeben werden, wobei danach zu unterscheiden ist, ob es sich bei der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft um eine übernehmende oder um eine neue Gesellschaft handelt. Im Interesse der Rechtssicherheit sollte vorgeschrieben werden, dass eine grenzüberschreitende Verschmelzung nach ihrem Wirksamwerden nicht mehr für nichtig erklärt werden kann. (62) Diese Richtlinie lässt die Anwendung des Fusionskontrollrechts sowohl auf Ebene der Union durch die Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates(16) als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten unberührt. (63) Die für Kreditvermittlungsgesellschaften und andere Finanzgesellschaften geltenden Rechtsvorschriften der Union und die gemäß diesen Rechtsvorschriften erlassenen nationalen Vorschriften bleiben von dieser Richtlinie unberührt. (64) Diese Richtlinie lässt die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten unberührt, nach denen anzugeben ist, welches der Ort der Hauptverwaltung oder der Hauptniederlassung der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft sein soll. (65) Die Rechte der Arbeitnehmer mit Ausnahme der Mitbestimmungsrechte sollten weiterhin den Vorschriften der Mitgliedstaaten unterliegen, die in den Richtlinien 98/59/EG(17) und 2001/23/ EG(18) des Rates und den Richtlinien 2002/14/EG(19)

(16) Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“) (ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1). (17) Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20.  Juli 1998 über Massenentlassungen (ABl. L 225 vom 12.8.1998, S. 16). (18) Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12.  März 2001 über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 82 vom 22.3.2001, S. 16). 19 ( ) Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 80 vom 23.3.2002, S. 29).

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und 2009/38/EG(20) des Europäischen Parlaments und des Rates genannt sind. (66) Haben die Arbeitnehmer Mitbestimmungsrechte in einer an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaft nach Maßgabe dieser Richtlinie und sieht das nationale Recht des Mitgliedstaats, in dem die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz hat, nicht den gleichen Umfang an Mitbestimmung vor wie in den jeweiligen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften — einschließlich in mit Beschlussfassungsbefugnissen ausgestatteten Ausschüssen des Aufsichtsorgans — oder sieht dieses Recht nicht den gleichen Anspruch auf Ausübung von Mitbestimmungsrechten durch die Arbeitnehmer der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Betriebe vor, so sollte die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft sowie ihre Mitwirkung an der Festlegung dieser Rechte neu geregelt werden. Hierbei sollten die Grundsätze und Verfahren der Verordnung (EG) Nr.  2157/2001 des Rates(21) und der Richtlinie 2001/86/EG des Rates(22) angewendet werden, jedoch mit den Änderungen, die für notwendig erachtet werden, weil die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft dem nationalen Recht des Sitzmitgliedstaats unterliegen wird. Die Mitgliedstaaten können gemäß Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 2001/86/EG für eine rasche Aufnahme der in Artikel 133 der vorliegenden Richtlinie vorgesehenen Verhandlungen sorgen, damit Verschmelzungen nicht unnötig verzögert werden. (67) Bei der Ermittlung des Umfangs der Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften sollte auch der Anteil der die Arbeitnehmer vertretenden Mitglieder des Leitungsgremiums berücksichtigt werden, das für die Ergebniseinheiten der Gesellschaften zuständig ist, wenn eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer besteht. (68) Der Schutz der Interessen von Gesellschaftern und Dritten erfordert es, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Spaltung von Aktiengesellschaften zu koordinieren, sofern die Mitgliedstaaten die Spaltung zulassen.

(20) Richtlinie 2009/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.  Mai 2009 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen (ABl. L 122 vom 16.5.2009, S. 28). (21) Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. L 294 vom 10.11.2001, S. 1). (22) Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8.  Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer (ABl. L 294 vom 10.11.2001, S. 22).

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§ 18 Anhang GesRRL

(69)  Im Rahmen der Koordinierung ist es besonders wichtig, die Aktionäre der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften angemessen und so objektiv wie möglich zu unterrichten und ihre Rechte in geeigneter Weise zu schützen. (70)  Die Gläubiger einschließlich der Inhaber von Schuldverschreibungen sowie die Inhaber anderer Rechte der an der Spaltung beteiligten Aktiengesellschaften sollten dagegen geschützt werden, dass sie durch die Spaltung Schaden erleiden. (71) Die Offenlegung gemäß Titel I Kapitel III Abschnitt 1 der vorliegenden Richtlinie sollte sich auch auf Maßnahmen zur Durchführung der Spaltung beziehen, damit Dritte hierüber ausreichend unterrichtet werden. (72)  Ferner sollten sich die Garantien, die Gesellschaftern und Dritten bei der Durchführung der Spaltung gewährt werden, auch auf bestimmte andere rechtliche Vorgänge erstrecken, die in wesentlichen Punkten ähnliche Merkmale wie die Spaltung aufweisen, um Umgehungen des Schutzes zu vermeiden. (73) Schließlich sollten, um die Rechtssicherheit in den Beziehungen zwischen den an der Spaltung beteiligten Aktiengesellschaften, zwischen diesen und Dritten sowie unter den Aktionären zu gewährleisten, die Fälle der Nichtigkeit der Spaltung beschränkt werden; außerdem sollten der Grundsatz, dass Mängeln der Spaltung soweit wie möglich abgeholfen werden soll, und eine kurze Frist zur Geltendmachung der Nichtigkeit festgelegt werden. (74) Die Internetseiten der Gesellschaften oder andere Internetseiten bieten in bestimmten Fällen eine Alternative zur Veröffentlichung von Informationen über das Gesellschaftsregister. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, diejenigen anderen Internetseiten zu benennen, die Gesellschaften kostenlos für diese Veröffentlichung nutzen können, wie etwa Internetseiten von Wirtschaftsverbänden oder Handelskammern oder die zentrale elektronische Plattform gemäß dieser Richtlinie. Besteht die Möglichkeit, die Internetseiten der Gesellschaften oder andere Internetseiten für die Veröffentlichung der Verschmelzungs- und Spaltungspläne oder anderer Dokumente, die den Aktionären und Gläubigern in diesem Zusammenhang zur Verfügung zu stellen sind, zu nutzen, sollten Anforderungen, die die Sicherheit der Internetseiten und die Echtheit der Dokumente betreffen, eingehalten werden. (75)  Die Mitgliedstaaten sollten vorsehen können, dass die umfangreichen Berichts- und Informationspflichten betreffend die Verschmelzung oder Spaltung von Gesellschaften nach Titel II Kapitel I und Kapitel III nicht eingehalten werden brauchen, wenn alle Aktionäre der an der Verschmelzung oder Spaltung beteiligten Gesellschaften auf deren Einhaltung verzichtet haben. (76) Änderungen des Titels II Kapitel I und Kapitel III, die eine derartige Vereinbarung der Aktionäre ermöglichen, sollten den Systemen zum

Schutz der Interessen der Gläubiger der beteiligten Gesellschaften sowie den Vorschriften, die die erforderliche Unterrichtung der Arbeitnehmer dieser Gesellschaften und der Behörden wie der Steuerbehörden, die die Verschmelzung oder Spaltung im Einklang mit dem geltenden Unionsrecht überwachen, gewährleisten sollen, nicht entgegenstehen. (77) Es ist nicht erforderlich, die Erstellung einer Zwischenbilanz zu verlangen, wenn ein Emittent, dessen Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, Halbjahresfinanzberichte gemäß der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(23), veröffentlicht. (78) Ein Bericht eines unabhängigen Sachverständigen über die Prüfung der Einlagen, die nicht Bareinlagen sind, ist häufig nicht erforderlich, wenn gleichzeitig im Rahmen einer Verschmelzung oder Spaltung auch ein Bericht eines unabhängigen Sachverständigen zum Schutz der Interessen der Aktionäre oder Gläubiger erstellt werden muss. Die Mitgliedstaaten sollten in diesen Fällen deshalb die Möglichkeit haben, Gesellschaften von der Berichtspflicht hinsichtlich der Prüfung der Einlagen, die nicht Bareinlagen sind, zu befreien oder vorzusehen, dass beide Berichte von demselben Sachverständigen erstellt werden können. (79) Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(24) und die Verordnung (EG) Nr.  45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates(25) regeln die Verarbeitung personenbezogener Daten, einschließlich der elektronischen Übermittlung personenbezogener Daten innerhalb der Mitgliedstaaten. Jede Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Register der Mitgliedstaaten, durch die Kommission und gegebenenfalls durch am Betrieb der Plattform beteiligte Dritte sollte im Einklang mit diesen Rechtsakten vorgenommen werden. Die in Bezug auf das System der Registervernetzung zu erlassenden Durchführungsrechtsakte sollten, wenn angebracht, die Einhaltung der genannten Rechtsakte gewährleisten, insbesondere indem darin die jeweiligen Aufgaben und Verantwortlichkeiten aller

(23) Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.  Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 390 vom 31.12.2004, S. 38). (24) Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.  Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31). 25 ( ) Verordnung (EG) Nr.  45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18.  Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1).

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§ 18 Anhang GesRRL betreffenden Beteiligten sowie die für sie geltenden organisatorischen und technischen Vorschriften festgelegt werden.

KAPITEL II Gründung und Nichtigkeit der Gesellschaft und die Wirksamkeit ihrer Verpflichtungen

(80) Diese Richtlinie wahrt die Grundrechte und beachtet die Grundsätze, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind, insbesondere in Artikel 8, wonach jede Person das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten hat. (81)  Diese Richtlinie sollte die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang III Teil B genannten Fristen für die Umsetzung und Anwendung der dort genannten Richtlinien in nationales Recht unberührt lassen — HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: TITEL I ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN SOWIE GRÜNDUNG UND FUNKTIONSWEISE VON KAPITALGESELLSCHAFTEN KAPITEL I Gegenstand Artikel 1 Gegenstand Diese Richtlinie legt Vorschriften für folgende Bereiche fest: ––

––

Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten; Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Offenlegung, die Wirksamkeit eingegangener Verpflichtungen von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie für die Nichtigkeit dieser Gesellschaften vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten;

––

die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen;

––

die Verschmelzung von Aktiengesellschaften;

––

die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten;

––

die Spaltung von Aktiengesellschaften.

Abschnitt 1 Gründung der Aktiengesellschaft Artikel 2 Anwendungsbereich (1) Die durch diesen Abschnitt vorgeschriebenen Maßnahmen der Koordinierung gelten für die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die in Anhang I genannten Rechtsformen von Gesellschaften. Die Firma jeder Gesellschaft der in Anhang I genannten Rechts­formen muss eine Bezeichnung enthalten, die si­ ch von den für andere Gesellschaftsformen vorgeschriebenen Bezeichnungen unterscheidet, oder muss mit einer solchen Bezeichnung verbunden sein. (2)  Die Mitgliedstaaten brauchen diesen Abschnitt auf Investmentgesellschaften mit veränderlichem Kapital und auf Genossenschaften, die in einer der in Anhang I genannten Rechtsformen gegründet worden sind, nicht anzuwenden. Soweit die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, verpflichten sie diese Gesellschaften die Bezeichnung „Investmentgesellschaft mit veränderlichem Kapital“ oder „Genossenschaft“ auf allen in Artikel 26 genannten Schriftstücken anzugeben. Der Ausdruck „Investmentgesellschaften mit veränderlichem Kapital“ im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet nur Gesellschaften, ––

deren Gegenstand es ausschließlich ist, ihre Mittel in verschiedenen Wertpapieren, in verschiedenen Grundstücken oder in anderen Werten anzulegen mit dem einzigen Ziel, das Risiko der Investitionen zu verteilen und ihre Aktionäre an dem Gewinn aus der Verwaltung ihres Vermögens zu beteiligen,

––

die sich an die Öffentlichkeit wenden, um ihre eigenen Aktien unterzubringen, und

––

deren Satzung bestimmt, dass ihre Aktien in den Grenzen eines Mindest- und eines Höchstkapitals jederzeit von der Gesellschaft ausgegeben, zurückgekauft oder weiterveräußert werden können. Artikel 3

Erforderliche Angaben, die in der Satzung oder im Errichtungsakt enthalten sein müssen Die Satzung oder der Errichtungsakt einer Gesellschaft enthält mindestens folgende Angaben: a) die Rechtsform der Gesellschaft und ihre Firma;

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§ 18 Anhang GesRRL

b) den Gegenstand des Unternehmens; c) sofern die Gesellschaft kein genehmigtes Kapital hat, die Höhe des gezeichneten Kapitals; d) sofern die Gesellschaft ein genehmigtes Kapital hat, die Höhe des genehmigten Kapitals und die Höhe des gekennzeichneten Kapitals im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft oder der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit sowie bei jeder Änderung des genehmigten Kapitals; Artikel 14 Buchstabe e bleibt unberührt; e) die Bestimmungen, welche die Zahl und die Art und Weise der Bestellung der Mitglieder derjenigen Organe, die mit der Vertretung gegenüber Dritten, mit der Verwaltung, der Leitung, der Aufsicht oder der Kontrolle der Gesellschaft betraut sind, sowie die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen diesen Organen festlegen, soweit sich dies nicht aus dem Gesetz ergibt; f) die Dauer der Gesellschaft, sofern sie nicht unbestimmt ist.

Artikel 4 Erforderliche Angaben, die in der Satzung, im Errichtungsakt oder in gesonderten Schriftstücken enthalten sein müssen Die Satzung, der Errichtungsakt oder ein gesondertes Schriftstück, das nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 vorgesehenen Verfahren offenzulegen ist, enthalten mindestens folgende Angaben: a) den Sitz der Gesellschaft; b) den Nennbetrag der gezeichneten Aktien und zumindest jährlich deren Zahl; c) die Zahl der gezeichneten Aktien ohne Angabe des Nennbetrags, soweit die nationalen Rechtsvorschriften die Ausgabe solcher Aktien erlauben; d) gegebenenfalls die besonderen Bedingungen, welche die Übertragung der Aktien beschränken; e) sofern es mehrere Gattungen von Aktien gibt; die in Buchstaben b, c und d genannten Angaben für jede von ihnen und die Angabe der Rechte, die mit den Aktien jeder der Gattungen verbunden sind; f) die Form der Aktien, Namens- oder Inhaberaktien, sofern die nationalen Rechtsvorschriften diese beiden Formen vorsehen, sowie alle Vorschriften über deren Umwandlung, es sei denn, dass das Gesetz die Einzelheiten festlegt; g) den eingezahlten Betrag des gezeichneten Kapitals im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft oder der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit;

h) den Nennbetrag der Aktien oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, die Zahl der Aktien, die als Gegenleistung für eine Einlage ausgegeben werden, die nicht in bar bewirkt wird, sowie den Gegenstand der Einlage und den Namen des Einlegers; i) die Personalien der natürlichen Personen oder die Bezeichnung der juristischen Personen oder Gesellschaften, durch die oder in deren Namen die Satzung oder der Errichtungsakt oder, sofern die Gründung der Gesellschaft nicht in einem Vorgang einheitlich erfolgt, die Entwürfe der Satzung oder des Errichtungsaktes unterzeichnet worden sind; j) mindestens annähernd den Gesamtbetrag aller Kosten, die aus Anlass der Gründung der Gesellschaft von dieser zu tragen sind oder ihr in Rechnung gestellt werden, und zwar gegebenenfalls auch, wenn sie vor dem Zeitpunkt entstehen, in dem die Gesellschaft die Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit erhält; k) jeder besondere Vorteil, der bei der Gründung der Gesellschaft oder bis zu dem Zeitpunkt, zu dem diese die Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit erhält, jemandem gewährt wird, der an der Gründung der Gesellschaft oder an Vorgängen beteiligt ist, welche die Genehmigung herbeiführen. Artikel 5 Genehmigung zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit (1) Schreiben die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats vor, dass eine Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit nicht ohne eine entsprechende Genehmigung aufnehmen darf, so enthalten sie auch Vorschriften über die Haftung für die Verbindlichkeiten, die von der Gesellschaft oder für ihre Rechnung vor der Erteilung oder der Ablehnung einer solchen Genehmigung eingegangen werden. (2)  Absatz 1 gilt nicht für Verbindlichkeiten aus Verträgen, welche die Gesellschaft unter der Bedingung geschlossen hat, dass ihr die Genehmigung zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit erteilt wird. Artikel 6 Gesellschaft mit mehreren Gesellschaftern (1) Verlangen die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats für die Gründung einer Gesellschaft das Zusammenwirken mehrerer Gesellschafter, so hat die Vereinigung aller Aktien in einer Hand oder das Absinken der Zahl der Gesellschafter unter die gesetzliche Mindestzahl nach der Gründung der Gesellschaft nicht ohne weiteres deren Auflösung zur Folge.

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§ 18 Anhang GesRRL (2)  Kann in den Fällen des Absatzes 1 die gerichtliche Auflösung der Gesellschaft nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats ausgesprochen werden, so muss das zuständige Gericht dieser Gesellschaft eine ausreichende Frist einräumen können, um den Mangel zu beheben. (3) Wenn die in Absatz 2 genannte gerichtliche Auflösung der Gesellschaft ausgesprochen worden ist, tritt die Gesellschaft in Liquidation. Abschnitt 2 Nichtigkeit der Kapitalgesellschaft und Wirksamkeit ihrer Verpflichtungen Artikel 7 Allgemeine Bestimmungen und gesamtschuldnerische Haftung (1) Die durch diesen Abschnitt vorgeschriebenen Maßnahmen der Koordinierung gelten für die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die in Anhang II genannten Rechtsformen von Gesellschaften. (2)  Ist im Namen einer in Gründung befindlichen Gesellschaft gehandelt worden, ehe diese die Rechtsfähigkeit erlangt hat, und übernimmt die Gesellschaft die sich aus diesen Handlungen ergebenden Verpflichtungen nicht, so haften die Personen, die gehandelt haben, aus diesen Handlungen unbeschränkt als Gesamtschuldner, sofern nichts anderes vereinbart worden ist. Artikel 8 Auswirkung der Offenlegung in Bezug auf Dritte Sind die Formalitäten der Offenlegung hinsichtlich der Personen, die als Organ zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind, erfüllt worden, so kann ein Mangel ihrer Bestellung Dritten nur entgegengesetzt werden, wenn die Gesellschaft beweist, dass die Dritten den Mangel kannten. Artikel 9 Handlungen der Organe der Gesellschaft und deren Vertretung (1)  Die Gesellschaft wird Dritten gegenüber durch Handlungen ihrer Organe verpflichtet, selbst wenn die Handlungen nicht zum Gegenstand des Unternehmens gehören, es sei denn, dass diese Handlungen die Befugnisse überschreiten, die nach dem Gesetz diesen Organen zugewiesen sind oder zugewiesen werden können. Für Handlungen, die den Rahmen des Gegenstands des Unternehmens überschreiten, können

die Mitgliedstaaten jedoch vorsehen, dass die Gesellschaft nicht verpflichtet wird, wenn sie beweist, dass dem Dritten bekannt war, dass die Handlung den Unternehmensgegenstand überschritt, oder dass er darüber nach den Umständen nicht in Unkenntnis sein konnte. Allein die Bekanntmachung der Satzung reicht zu diesem Beweis nicht aus. (2) Satzungsmäßige oder auf einem Beschluss der zuständigen Organe beruhende Beschränkungen der Befugnisse der Organe der Gesellschaft können Dritten nicht entgegengesetzt werden, auch dann nicht, wenn sie bekannt gemacht worden sind. (3) Kann nach nationalen Rechtsvorschriften die Befugnis zur Vertretung der Gesellschaft abweichend von der gesetzlichen Regel auf diesem Gebiet durch die Satzung einer Person allein oder mehreren Personen gemeinschaftlich übertragen werden, so können diese Rechtsvorschriften vorsehen, dass die Satzungsbestimmung, sofern sie die Vertretungsbefugnis generell betrifft, Dritten entgegengesetzt werden kann; nach Artikel 16 bestimmt sich, ob eine solche Satzungsbestimmung Dritten entgegengesetzt werden kann. Artikel 10 Öffentliche Beurkundung des Errichtungsaktes und der Satzung In allen Mitgliedstaaten, nach deren Rechtsvorschriften die Gesellschaftsgründung keiner vorbeugenden Verwaltungs- oder gerichtlichen Kontrolle unterworfen ist, werden der Errichtungsakt und die Satzung der Gesellschaft sowie Änderungen dieser Akte öffentlich beurkundet. Artikel 11 Voraussetzungen für die Nichtigkeit der Gesellschaft Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten können die Nichtigkeit der Gesellschaften nur nach Maßgabe folgender Bedingungen regeln: a) Die Nichtigkeit muss durch gerichtliche Entscheidung ausgesprochen werden; b) die Nichtigkeit kann nur in den unter den Ziffern i bis vi vorgesehenen Fällen ausgesprochen werden: i) wenn der Errichtungsakt fehlt oder wenn entweder die Formalitäten der vorbeugenden Kontrolle oder die Form der öffentlichen Beurkundung nicht beachtet wurden, ii) wenn der tatsächliche Gegenstand des Unternehmens rechtswidrig ist oder gegen die öffentliche Ordnung verstößt, iii) wenn der Errichtungsakt oder die Satzung die Firma der Gesellschaft, die Einlagen,

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§ 18 Anhang GesRRL den Betrag des gezeichneten Kapitals oder den Gegenstand des Unternehmens nicht aufführt,

iv) wenn die nationalen Rechtsvorschriften über die Mindesteinzahlung auf das Gesellschaftskapital nicht beachtet wurden, v) wenn alle an der Gründung beteiligten Gesellschafter geschäftsunfähig waren, vi) wenn entgegen den für die Gesellschaft geltenden nationalen Rechtsvorschriften die Zahl der an der Gründung beteiligten Gesellschafter weniger als zwei betrug. Abgesehen von den Nichtigkeitsfällen gemäß Absatz 1 können die Gesellschaften aus keinem Grund inexistent, absolut oder relativ nichtig sein oder für nichtig erklärt werden. Artikel 12 Wirkungen der Nichtigkeit (1)  Nach Artikel 16 bestimmt sich, ob eine gerichtliche Entscheidung, in der die Nichtigkeit ausgesprochen wird, Dritten entgegengesetzt werden kann. Sehen die nationalen Rechtsvorschriften einen Einspruch Dritter vor, so ist dieser nur innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Bekanntmachung der gerichtlichen Entscheidung zulässig. (2) Die Nichtigkeit bewirkt, dass die Gesellschaft in Liquidation tritt, wie dies bei der Auflösung der Fall sein kann. (3)  Unbeschadet der Wirkungen, die sich daraus ergeben, dass sich die Gesellschaft in Liquidation befindet, beeinträchtigt die Nichtigkeit als solche die Wirksamkeit von Verpflichtungen nicht, die die Gesellschaft eingegangen ist oder die ihr gegenüber eingegangen wurden. (4)  Die Regelung der Wirkungen der Nichtigkeit im Verhältnis der Gesellschafter untereinander bleibt den Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaats überlassen. (5)  Die Inhaber von Anteilen oder Aktien einer Gesellschaft bleiben zur Einzahlung des gezeichneten, aber noch nicht eingezahlten Kapitals insoweit verpflichtet, als die den Gläubigern gegenüber eingegangenen Verpflichtungen dies erfordern.

KAPITEL III Offenlegung und Vernetzung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen Artikel 13 Anwendungsbereich Die durch diesen Abschnitt vorgeschriebenen Maßnahmen der Koordinierung gelten für die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die in Anhang II genannten Rechtsformen von Gesellschaften. Artikel 14 Pflicht zur Offenlegung von Urkunden und Angaben Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit sich die Pflicht zur Offenlegung durch Gesellschaften mindestens auf folgende Urkunden und Angaben erstreckt: a) den Errichtungsakt und, falls sie Gegenstand eines gesonderten Aktes ist, die Satzung; b) Änderungen der unter Buchstabe a genannten Akte, einschließlich der Verlängerung der Dauer der Gesellschaft; c) nach jeder Änderung des Errichtungsaktes oder der Satzung den vollständigen Wortlaut des geänderten Aktes in der geltenden Fassung; d) die Bestellung, das Ausscheiden sowie die Personalien derjenigen, die als gesetzlich vorgesehenes Gesellschaftsorgan oder als Mitglieder eines solchen Organs i) befugt sind, die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten; bei der Offenlegung muss angegeben werden, ob die zur Vertretung der Gesellschaft befugten Personen die Gesellschaft allein oder nur gemeinschaftlich vertreten können, ii) an der Verwaltung, Beaufsichtigung oder Kontrolle der Gesellschaft teilnehmen; e) zumindest jährlich den Betrag des gezeichneten Kapitals, falls der Errichtungsakt oder die Satzung ein genehmigtes Kapital erwähnt und falls die Erhöhung des gezeichneten Kapitals keiner Satzungsänderung bedarf;

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§ 18 Anhang GesRRL f) die nach Maßgabe der Richtlinien 86/635/ EWG(26) und 91/674/EWG(27) des Rates und der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(28) für jedes Geschäftsjahr offenzulegenden Unterlagen der Rechnungslegung; g) jede Verlegung des Sitzes der Gesellschaft; h) die Auflösung der Gesellschaft; i) die gerichtliche Entscheidung, in der die Nichtigkeit der Gesellschaft ausgesprochen wird; j) die Bestellung und die Personalien der Liquidatoren sowie ihre Befugnisse, sofern diese nicht ausdrücklich und ausschließlich aus dem Gesetz oder der Satzung hervorgehen; k) den Abschluss einer Liquidation sowie in solchen Mitgliedstaaten, in denen die Löschung Rechtswirkungen auslöst, die Löschung der Gesellschaft im Register. Artikel 15 Änderungen von Urkunden und Angaben (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass jede Änderung an den in Artikel 14 genannten Urkunden und Angaben im Einklang mit Artikel 16 Absätze 3 und 5 in das zuständige Register gemäß Artikel 16 Absatz 1 Unterabsatz 1 eingetragen und offengelegt wird, in der Regel innerhalb von 21 Tagen, nachdem die vollständigen Unterlagen über diese Änderung, gegebenenfalls einschließlich der nach nationalem Recht für die Eintragung in die Akte erforderlichen Prüfung der Rechtmäßigkeit, eingegangen sind. (2)  Absatz 1 gilt nicht für die Unterlagen der Rechnungslegung gemäß Artikel 14 Buchstabe f.

(26) Richtlinie 86/635/EWG des Rates vom 8. Dezember 1986 über den Jahresabschluss und den Konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten (ABl. L 372 vom 31.12.1986, S. 1). (27) Richtlinie 91/674/EWG des Rates vom 19.  Dezember 1991 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen (ABl. L 374 vom 31.12.1991, S. 7). (28) Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).

Artikel 16 Offenlegung im Register (1)  In jedem Mitgliedstaat wird bei einem Zentral-, Handels- oder Gesellschaftsregister (im Folgenden „Register“) für jede der dort eingetragenen Gesellschaften eine Akte angelegt. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Gesellschaften eine einheitliche Kennung haben, durch die sie eindeutig bei der Kommunikation zwischen Registern über das System der Vernetzung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern, das gemäß Artikel 22 Absatz 2 eingerichtet wurde (im Folgenden „System der Registervernetzung“), ermittelt werden können. Diese einheitliche Kennung besteht zumindest aus Elementen, die es ermöglichen, den Mitgliedstaat des Registers, das inländische Herkunftsregister und die Nummer der Gesellschaft in diesem Register zu ermitteln sowie gegebenenfalls aus Kennzeichen, um Fehler bei der Identifizierung zu vermeiden. (2)  Im Sinne dieses Artikels bedeutet der Ausdruck „in elektronischer Form“, dass die Information mittels Geräten für die elektronische Verarbeitung (einschließlich digitaler Kompression) und Speicherung von Daten am Ausgangspunkt gesendet und am Endpunkt empfangen wird und sie vollständig über Draht, über Funk, auf optischem oder anderem elektromagnetischen Wege in der von den Mitgliedstaaten bestimmten Art und Weise gesendet, weitergeleitet und empfangen wird. (3)  Alle Urkunden und Angaben, die nach Artikel 14 der Offenlegung unterliegen, werden in dieser Akte hinterlegt oder in das Register eingetragen; der Gegenstand der Eintragungen in das Register muss in jedem Fall aus der Akte ersichtlich sein. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Gesellschaften und sonstige anmelde- oder mitwirkungspflichtige Personen und Stellen alle Urkunden und Angaben, die nach Artikel 14 der Offenlegung unterliegen, in elektronischer Form einreichen können. Die Mitgliedstaaten können außerdem den Gesellschaften aller oder bestimmter Rechtsformen die Einreichung aller oder eines Teils der betreffenden Urkunden und Angaben in elektronischer Form vorschreiben. Alle in Artikel 14 bezeichneten Urkunden und Angaben, die auf Papier oder in elektronischer Form eingereicht werden, werden in elektronischer Form in der Akte hinterlegt oder in das Register eingetragen. Zu diesem Zweck sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass alle betreffenden Urkunden und Angaben, die auf Papier eingereicht werden, durch das Register in elektronische Form gebracht werden. Die in Artikel 14 bezeichneten Urkunden und Angaben, die bis spätestens zum 31. Dezember 2006 auf Papier eingereicht wurden, müssen nicht automatisch durch das Register in elektronische Form gebracht werden. Die Mitgliedstaaten sorgen jedoch dafür, dass sie nach Eingang eines Antrags

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§ 18 Anhang GesRRL

auf Offenlegung in elektronischer Form nach den zur Umsetzung von Absatz 4 dieses Artikels verabschiedeten Maßnahmen durch das Register in elektronische Form gebracht werden. (4) Eine vollständige oder auszugsweise Kopie der in Artikel 14 bezeichneten Urkunden oder Angaben ist auf Antrag erhältlich. Die Anträge bei dem Register können wahlweise auf Papier oder in elektronischer Form gestellt werden. Die Kopien gemäß Unterabsatz 1 sind von dem Register wahlweise auf Papier oder in elektronischer Form erhältlich. Dies gilt für alle schon eingereichten Urkunden und Angaben. Die Mitgliedstaaten können jedoch beschließen, dass alle oder bestimmte Kategorien der spätestens bis zum 31. Dezember 2006 auf Papier eingereichten Urkunden und Angaben von dem Register nicht in elektronischer Form erhältlich sind, wenn sie vor einem bestimmten, dem Datum der Antragstellung vorausgehenden Zeitraum bei dem Register eingereicht wurden. Dieser Zeitraum darf zehn Jahre nicht unterschreiten. Die Gebühren für die Ausstellung einer vollständigen oder auszugsweisen Kopie der in Artikel 14 bezeichneten Urkunden oder Angaben auf Papier oder in elektronischer Form dürfen die Verwaltungskosten nicht übersteigen. Die Richtigkeit der einem Antragsteller auf Papier ausgestellten Kopien wird beglaubigt, sofern der Antragsteller auf diese Beglaubigung nicht verzichtet. Die Richtigkeit der Kopien in elektronischer Form wird nicht beglaubigt, es sei denn, die Beglaubigung wird vom Antragsteller ausdrücklich verlangt. Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit bei der Beglaubigung von Kopien in elektronischer Form sowohl die Echtheit ihrer Herkunft als auch die Unversehrtheit ihres Inhalts durch die Heranziehung mindestens einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur im Sinne des Artikels 2 Nummer 2 der Richtlinie 1999/93/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(29) sichergestellt wird. (5) Die in Absatz 3 bezeichneten Urkunden und Angaben sind in einem von dem Mitgliedstaat zu bestimmenden Amtsblatt entweder in Form einer vollständigen oder auszugsweisen Wiedergabe oder in Form eines Hinweises auf die Hinterlegung des Dokuments in der Akte oder auf seine Eintragung in das Register bekannt zu machen. Das von dem Mitgliedstaat zu diesem Zweck bestimmte Amtsblatt kann in elektronischer Form geführt werden.

(29) Richtlinie 1999/93/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 über gemeinschaftliche Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen (ABl. L 13 vom 19.1.2000, S. 12).

Die Mitgliedstaaten können beschließen, die Bekanntmachung im Amtsblatt durch eine andere ebenso wirksame Form der Veröffentlichung zu ersetzen, die zumindest die Verwendung eines Systems voraussetzt, mit dem die offengelegten Informationen chronologisch geordnet über eine zentrale elektronische Plattform zugänglich gemacht werden. (6) Die Urkunden und Angaben können Dritten von der Gesellschaft erst nach der Offenlegung gemäß Absatz 5 entgegengehalten werden, es sei denn, die Gesellschaft weist nach, dass die Urkunden oder Angaben den Dritten bekannt waren. Bei Vorgängen, die sich vor dem sechzehnten Tag nach der Offenlegung ereignen, können die Urkunden und Angaben Dritten jedoch nicht entgegengehalten werden, die nachweisen, dass es ihnen unmöglich war, die Urkunden oder Angaben zu kennen. (7) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um zu verhindern, dass der Inhalt der nach Absatz 5 offengelegten Informationen und der Inhalt des Registers oder der Akte voneinander abweichen. Im Fall einer Abweichung kann der nach Absatz 5 offengelegte Text Dritten jedoch nicht entgegengehalten werden; diese können sich jedoch auf den offengelegten Text berufen, es sei denn, die Gesellschaft weist nach, dass der in der Akte hinterlegte oder im Register eingetragene Text den Dritten bekannt war. Dritte können sich darüber hinaus stets auf Urkunden und Angaben berufen, für die die Formalitäten der Offenlegung noch nicht erfüllt worden sind, es sei denn, die Urkunden oder Angaben sind mangels Offenlegung nicht wirksam. Artikel 17 Aktuelle Informationen über die nationalen Rechtsvorschriften über die Rechte Dritter (1)  Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass mittels aktueller Informationen dargelegt wird, aufgrund welcher nationalen rechtlichen Bestimmungen Dritte sich gemäß Artikel 16 Absätze 5, 6 und 7 auf die in Artikel 14 genannten Angaben und alle dort genannten Arten von Urkunden berufen können. (2)  Die Mitgliedstaaten übermitteln die Informationen, die für die Veröffentlichung im europäischen E-Justiz-Portal (im Folgenden „Portal“) erforderlich sind, gemäß den Regelungen und technischen Anforderungen des Portals. (3) Die Kommission veröffentlicht diese Informationen im Portal in allen Amtssprachen der Union.

449

§ 18 Anhang GesRRL Artikel 18 Zugang zu elektronischen Kopien von Urkunden und Angaben (1) Es werden auch elektronische Kopien der in Artikel 14 genannten Urkunden und Angaben über das System der Registervernetzung öffentlich zugänglich gemacht. (2) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in Artikel 14 genannten Urkunden und Angaben über das System der Registervernetzung in einem standardisierten Nachrichtenformat verfügbar und auf elektronischem Wege zugänglich sind. Die Mitgliedstaaten stellen ferner sicher, dass Mindeststandards für die Sicherheit der Datenübermittlung eingehalten werden. (3) Die Kommission bietet einen Suchdienst in allen Amtssprachen der Union zu in den Mitgliedstaaten eingetragenen Gesellschaften an und sorgt so über das Portal für den Zugang zu a) den in Artikel 14 bezeichneten Urkunden und Angaben; b) den erläuternden Hinweisen, die in sämtlichen Amtssprachen der Union verfügbar sind und die diese Angaben und die Arten dieser Urkunden auflisten. Artikel 19 Gebühren für den Zugang zu Urkunden und Angaben (1) Die für den Zugang zu den in Artikel 14 genannten Urkunden und Angaben über das System der Registervernetzung erhobenen Gebühren gehen nicht über die dadurch verursachten Verwaltungskosten hinaus. (2)  Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass folgende Angaben über das System der Registervernetzung kostenlos zugänglich sind: a)  Name und Rechtsform der Gesellschaft; b) Sitz der Gesellschaft und der Mitgliedstaat, in dem sie eingetragen ist; sowie c)  Eintragungsnummer der Gesellschaft. Zusätzlich zu diesen Angaben können die Mitgliedstaaten entscheiden, weitere Urkunden und Angaben kostenlos zugänglich zu machen. Artikel 20 Informationen über die Eröffnung und Beendigung von Verfahren zur Abwicklung oder Insolvenz und über die Löschung einer Gesellschaft aus dem Register (1)  Das Register einer Gesellschaft stellt über das System der Registervernetzung unverzüglich Infor-

mationen über die Eröffnung und Beendigung von Verfahren zur Abwicklung oder Insolvenz der Gesellschaft und über die Löschung der Gesellschaft aus dem Register, falls dies Rechtsfolgen im Mitgliedstaat des Registers der Gesellschaft auslöst, zur Verfügung. (2)  Das Register der Zweigniederlassung gewährleistet über das System der Registervernetzung unverzüglich den Eingang der in Absatz 1 genannten Informationen. (3) Der Austausch der in den Absätzen 1 und 2 genannten Informationen ist für die Register kostenlos. Artikel 21 Sprache der Offenlegung und Übersetzung der offenzulegenden Urkunden und Angaben (1) Urkunden und Angaben, die nach Artikel 14 der Offenlegung unterliegen, sind in einer der Sprachen zu erstellen und zu hinterlegen, die nach der Sprachregelung, die in dem Mitgliedstaat gilt, in dem die Akte gemäß Artikel 16 Absatz 1 angelegt wird, zulässig sind. (2)  Zusätzlich zu der obligatorischen Offenlegung nach Artikel 16 lassen die Mitgliedstaaten die freiwillige Offenlegung von Übersetzungen der in Artikel 14 bezeichneten Urkunden und Angaben in Übereinstimmung mit Artikel 16 in jeder anderen Amtssprache der Union zu. Die Mitgliedstaaten können vorschreiben, dass die Übersetzung dieser Urkunden und Angaben zu beglaubigen ist. Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um den Zugang Dritter zu den freiwillig offengelegten Übersetzungen zu erleichtern. (3) Zusätzlich zu der obligatorischen Offenlegung nach Artikel 16 und der freiwilligen Offenlegung nach Absatz 2 des vorliegenden Artikels können die Mitgliedstaaten die Offenlegung der betreffenden Urkunden und Angaben in Übereinstimmung mit Artikel 16 in jeder anderen Sprache zulassen. Die Mitgliedstaaten können vorschreiben, dass die Übersetzung dieser Urkunden und Angaben zu beglaubigen ist. (4) Im Fall einer Abweichung zwischen den in den Amtssprachen des Registers offengelegten Urkunden und Angaben und deren freiwillig offengelegten Übersetzungen können letztere Dritten nicht entgegengehalten werden; diese können sich jedoch auf die freiwillig offengelegten Übersetzungen berufen, es sei denn, die Gesellschaft weist nach, dass ihnen die Fassung, für die die Offenlegungspflicht gilt, bekannt war.

450

§ 18 Anhang GesRRL Artikel 22 System der Registervernetzung

(1) Es wird eine zentrale Europäische Plattform (im Folgenden „Plattform“) eingerichtet. (2) Das System der Registervernetzung besteht aus ––

den Registern der Mitgliedstaaten,

––

der Plattform,

––

dem Portal, das als europäischer Zugangspunkt für den elektronischen Zugang dient.

(3) Die Mitgliedstaaten sorgen für die Interoperabilität ihrer Register innerhalb des Systems der Registervernetzung über die Plattform. (4) Die Mitgliedstaaten können optionale Zugangspunkte zum System der Registervernetzung einrichten. Sie unterrichten die Kommission ohne unangemessene Verzögerung über die Einrichtung solcher Zugangspunkte und über alle wesentlichen Änderungen ihres Betriebs. (5) Der Zugang zu den Informationen aus dem System der Registervernetzung wird über das Portal und über die von den Mitgliedstaaten eingerichteten optionalen Zugangspunkte gewährt. (6) Die Errichtung des Systems der Registervernetzung lässt bestehende bilaterale Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten über den Austausch von Informationen über Gesellschaften unberührt. Artikel 23 Entwicklung und Betrieb der Plattform (1)  Die Kommission entscheidet, ob sie die Plattform selbst entwickelt und/oder betreibt oder durch einen Dritten entwickeln und/oder betreiben lässt. Entscheidet die Kommission, die Plattform durch einen Dritten entwickeln und/oder betreiben zu lassen, so erfolgt die Auswahl des Dritten und die Durchsetzung der durch die Kommission mit diesem Dritten geschlossenen Vereinbarung im Einklang mit der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012. (2) Entscheidet die Kommission, die Plattform durch einen Dritten entwickeln zu lassen, so legt sie im Wege von Durchführungsrechtsakten die technischen Anforderungen für die Zwecke des Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge und die Dauer der mit diesem Dritten zu schließenden Vereinbarung fest. (3) Entscheidet die Kommission, die Plattform durch einen Dritten betreiben zu lassen, so erlässt sie im Wege von Durchführungsrechtsakten genaue Vorschriften für das Betriebsmanagement der Plattform.

Das Betriebsmanagement der Plattform umfasst insbesondere Folgendes: ––

die Überwachung des Betriebs der Plattform,

––

die Sicherheit und den Schutz der Daten, die über die Plattform übermittelt und ausgetauscht werden,

––

die Koordinierung der Beziehungen zwischen den Registern der Mitgliedstaaten und dem Dritten.

Der Betrieb der Plattform wird von der Kommission überwacht. (4)  Die Durchführungsrechtsakte nach den Absätzen 2 und 3 werden gemäß dem in Artikel 164 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen. Artikel 24 Durchführungsrechtsakte Die Kommission erlässt im Wege von Durchführungsrechtsakten Folgendes: a) die technischen Anforderungen zur Festlegung der Methoden zur Kommunikation auf elektronischem Wege für die Zwecke des Systems der Registervernetzung; b) die technische Spezifikation für die Übertragungsprotokolle; c) die technischen Maßnahmen, durch die die IT-Mindestsicherheitsstandards für die Bereitstellung und Verbreitung von Informationen innerhalb des Systems der Registervernetzung gewährleistet werden; d) die technischen Anforderungen zur Festlegung der Methoden zum Austausch von Informationen zwischen dem Register der Gesellschaft und dem Register der Zweigniederlassung gemäß den Artikeln 20 und 34; e) die genaue Liste der zum Zwecke des Informationsaustauschs zwischen Registern zu übertragenden Daten gemäß den Artikeln 20, 34 und 130; f) die technischen Anforderungen für die Festlegung der Strukturen des standardisierten Nachrichtenformats für den Austausch von Informationen zwischen den Registern, der Plattform und dem Portal; g) die technischen Anforderungen zur Festlegung des Datenbestandes, den die Plattform benötigt, um ihre Aufgaben zu erfüllen, und der Methode zu Speicherung, Verwendung und Schutz dieser Daten; h) die technischen Anforderungen zur Festlegung der Struktur und Verwendung der einheitlichen Kennung für die Kommunikation zwischen Registern; i) die Anforderungen zur Festlegung der technischen Betriebsmethoden des Systems der

451

§ 18 Anhang GesRRL Registervernetzung für die Verbreitung und den Austausch von Informationen und die Anforderungen zur Festlegung der IT-Dienstleistungen, die durch die Plattform zur Verfügung gestellt werden, wobei die Nachrichtenübermittlung in der betreffenden Sprachfassung zu gewährleisten ist; j) die harmonisierten Kriterien für den vom Portal angebotenen Suchdienst; k) die Zahlungsmodalitäten unter Berücksichtigung zugänglicher Zahlungsmöglichkeiten, wie etwa Online-Zahlung; l) die Einzelheiten der erläuternden Hinweise mit Auflistung der Angaben und der Arten von Urkunden gemäß Artikel 14; m) die technischen Bedingungen für die Verfügbarkeit der durch das System der Registervernetzung angebotenen Dienste; n) das Verfahren und die technischen Erfordernisse für die Verbindung der optionalen Zugangspunkte mit der Plattform. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 164 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen. Artikel 25 Finanzierung (1) Die Einrichtung und künftige Weiterentwicklung der Plattform und die Anpassungen an das Portal, die sich aus dieser Richtlinie ergeben, werden aus dem Gesamthaushalt der Union finan-­ ziert. (2) Wartung und Betrieb der Plattform werden aus dem Gesamthaushalt der Union finanziert; eine Kofinanzierung durch Gebühren für Zugang zu dem System der Registervernetzung, die den einzelnen Nutzern in Rechnung gestellt werden, ist möglich. Dieser Absatz berührt nicht Gebühren auf nationaler Ebene.

(6) Jeder Mitgliedstaat trägt die sich aus dieser Richtlinie ergebenden Kosten für die Anpassung seiner inländischen Register sowie für ihre Wartung und ihren Betrieb. Artikel 26 Angaben auf Geschäftsbriefen und Bestellscheinen Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass auf Geschäftsbriefen und Bestellscheinen, die auf Papier oder in sonstiger Weise erstellt werden, Folgendes anzugeben ist: a)  die notwendigen Angaben zur Identifizierung des Registers, bei dem die in Artikel 16 bezeichnete Akte angelegt worden ist, sowie die Nummer der Eintragung der Gesellschaft in dieses Register; b) die Rechtsform und der satzungsmäßige Sitz der Gesellschaft sowie gegebenenfalls, dass sich die Gesellschaft in Liquidation befindet. Wird auf diesen Dokumenten das Gesellschaftskapital angegeben, so ist das gezeichnete und eingezahlte Kapital anzugeben. Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass die Webseiten der Gesellschaft zumindest die in Absatz 1 genannten Angaben enthalten sowie gegebenenfalls die Angabe des gezeichneten und eingezahlten Kapitals. Artikel 27 Personen, welche die Formalitäten der Offenlegung erfüllen Jeder Mitgliedstaat bestimmt, welche Personen verpflichtet sind, die Formalitäten der Offenlegung zu erfüllen. Artikel 28

(3) Mittels delegierter Rechtsakte und gemäß Artikel 163 kann die Kommission Regeln darüber erlassen, ob die Plattform durch die Erhebung von Gebühren zu kofinanzieren ist, und in diesem Fall über den Betrag der Gebühren, die gemäß Absatz 2 dieses Artikels den einzelnen Nutzern in Rechnung gestellt werden.

Die Mitgliedstaaten drohen geeignete Maßregeln zumindest für den Fall an,

(4)  Die Erhebung von Gebühren gemäß Absatz 2 dieses Artikels erfolgt unbeschadet der Erhebung der in Artikel 19 Absatz 1 genannten Gebühren, die von den Mitgliedstaaten gegebenenfalls für die Bereitstellung von Urkunden und Angaben berechnet werden.

b) dass die in Artikel 26 vorgesehenen obligatorischen Angaben auf den Geschäftspapieren oder auf der Webseite der Gesellschaft fehlen.

(5)  Gebühren gemäß Absatz 2 dieses Artikels werden nicht für die Bereitstellung der in Artikel 19 Absatz 2 Buchstaben a, b und c genannten Angaben erhoben.

Maßregeln

a) dass die in Artikel 14 Buchstabe f vorgeschriebene Offenlegung der Unterlagen der Rechnungslegung unterbleibt;

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§ 18 Anhang GesRRL Abschnitt 2

Offenlegungsvorschriften für Zweignieder­ lassungen von Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten Artikel 29 Offenlegung von Urkunden und Angaben über eine Zweigniederlassung (1)  Die Urkunden und Angaben über eine Zweigniederlassung, die in einem Mitgliedstaat von einer in Anhang II genannten Gesellschaft errichtet worden ist, welche dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegt, sind nach dem Recht des Mitgliedstaats der Zweigniederlassung im Einklang mit Artikel 16 offenzulegen.

sellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten, und zwar –– als gesetzlich vorgeschriebenes Organ der Gesellschaft oder als Mitglied eines solchen Organs gemäß der Offenlegung, die nach Artikel 14 Buchstabe d) bei der Gesellschaft erfolgt, –– als ständige Vertreter der Gesellschaft für die Tätigkeit der Zweigniederlassung, unter Angabe ihrer Befugnisse; f) – die Auflösung der Gesellschaft, die Bestellung, die Personalien und die Befugnisse der Liquidatoren sowie den Abschluss der Liquidation gemäß der Offenlegung, die nach Artikel 14 Buchstaben h, j und k bei der Gesellschaft erfolgt, –– ein die Gesellschaft betreffendes Konkursverfahren, Vergleichsverfahren oder ähnliches Verfahren;

(2) Weicht die Offenlegung bei der Zweigniederlassung von der Offenlegung bei der Gesellschaft ab, so ist für den Geschäftsverkehr mit der Zweigniederlassung die Offenlegung bei der Zweigniederlassung maßgebend.

g) die Unterlagen der Rechnungslegung gemäß Artikel 31;

(3)  Die Urkunden und Angaben gemäß Artikel 30 Absatz 1 werden über das System der Registervernetzung öffentlich zugänglich gemacht. Artikel 18 und Artikel 19 Absatz 1 gelten sinngemäß.

(2) Der Mitgliedstaat der Zweigniederlassung kann vorschreiben, dass Folgendes gemäß Artikel 29 offenzulegen ist:

(4)  Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Zweigniederlassungen eine einheitliche Kennung haben, durch die sie eindeutig bei der Kommunikation zwischen Registern über das System der Registervernetzung ermittelt werden können. Diese einheitliche Kennung besteht zumindest aus Elementen, die es ermöglichen, den Mitgliedstaat des Registers, das inländische Herkunftsregister und die Nummer der Zweigniederlassung in diesem Register zu ermitteln, sowie gegebenenfalls aus Kennzeichen, um Fehler bei der Identifizierung zu vermeiden. Artikel 30 Offenzulegende Urkunden und Angaben (1)  Die Pflicht zur Offenlegung nach Artikel  29 erstreckt sich lediglich auf folgende Urkunden und Angaben: a) die Anschrift der Zweigniederlassung; b) die Tätigkeit der Zweigniederlassung; c) das Register, bei dem die in Artikel 16 bezeichnete Akte für die Gesellschaft angelegt worden ist, und die Nummer der Eintragung in dieses Register; d) die Firma und die Rechtsform der Gesellschaft sowie die Firma der Zweigniederlassung, sofern diese nicht mit der Firma der Gesellschaft übereinstimmt; e) die Bestellung, das Ausscheiden und die Personalien derjenigen, die befugt sind, die Ge-

h) die Aufhebung der Zweigniederlassung.

a) eine Unterschrift der in Absatz 1 Buchstaben e und f des vorliegenden Artikels bezeichneten Personen; b) der Errichtungsakt und, sofern diese Gegenstand eines gesonderten Aktes gemäß Artikel 14 Buchstaben a, b und c ist, die Satzung sowie Änderungen dieser Unterlagen; c) eine Bescheinigung aus dem in Absatz 1 Buchstabe c des vorliegenden Artikels genannten Register in Bezug auf das Bestehen der Gesellschaft; d) Angaben über die Sicherheiten, bei denen Vermögenswerte der Gesellschaft belastet werden, die sich in diesem Mitgliedstaat befinden, sofern diese Offenlegung sich auf die Gültigkeit solcher Sicherheiten bezieht. Artikel 31 Grenzen der Pflicht zur Offenlegung von Unterlagen der Rechnungslegung Die Pflicht zur Offenlegung nach Artikel  30 Absatz 1 Buchstabe g erstreckt sich lediglich auf die Unterlagen der Rechnungslegung der Gesellschaft, die nach dem Recht des Mitgliedstaats, dem die Gesellschaft unterliegt, im Einklang mit der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(30) und der

(30) Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.  Mai 2006 über Abschlussprüfungen

453

§ 18 Anhang GesRRL Richtlinie 2013/34/EU erstellt, geprüft und offengelegt worden sind. Artikel 32

(3)  Absatz 2 Satz 2 gilt nicht für Zweigniederlassungen von Gesellschaften, die infolge einer Änderung ihrer Rechtsform, einer Verschmelzung oder Spaltung oder einer grenzüberschreitenden Verlegung ihres Sitzes aus dem Register gelöscht worden sind.

Sprache der Offenlegung und Übersetzung der offenzulegenden Urkunden

Artikel 35

Der Mitgliedstaat der Zweigniederlassung kann vorschreiben, dass die in Artikel 30 Absatz 2 Buchstabe b und Artikel 31 bezeichneten Unterlagen in einer anderen Amtssprache der Union offengelegt werden und die Übersetzung dieser Unterlagen beglaubigt wird. Artikel 33 Offenlegung beim Vorliegen mehrerer Zweigniederlassungen in einem Mitgliedstaat Wenn in einem Mitgliedstaat mehrere Zweigniederlassungen ein und derselben Gesellschaft bestehen, kann die in Artikel 30 Absatz 2 Buchstabe b und Artikel 31 genannte Offenlegung von dieser Gesellschaft nach ihrer Wahl bei dem Register einer dieser Zweigniederlassungen vorgenommen werden. In dem in Absatz 1 genannten Fall erstreckt sich die Offenlegungspflicht der übrigen Zweigniederlassungen auf die Angabe des Registers der Zweigniederlassung, bei dem die Offenlegung erfolgt ist, sowie auf die Nummer der Eintragung dieser Zweigniederlassung in dieses Register. Artikel 34 Informationen über die Eröffnung und Beendigung von Verfahren zur Abwicklung oder Insolvenz und über die Löschung der Gesellschaft aus dem Register (1)  Artikel  20 findet jeweils auf das Register der Gesellschaft und auf das Register der Zweigniederlassung Anwendung. (2) Die Mitgliedstaaten legen das Verfahren fest, das bei Eingang der in Artikel 20 Absätze 1 und 2 genannten Informationen einzuhalten ist. Dieses Verfahren stellt sicher, dass sofern eine Gesellschaft aufgelöst oder aus anderen Gründen aus dem Register gelöscht worden ist, ihre Zweigniederlassungen ebenfalls ohne unangemessene Verzögerung aus dem Register gelöscht werden.

Angaben auf Geschäftsbriefen und Bestellscheinen Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass auf Geschäftsbriefen und Bestellscheinen, die von der Zweigniederlassung benutzt werden, außer den in Artikel 26 verlangten Angaben auch das Register, bei dem die Akte für die Zweigniederlassung angelegt worden ist, und die Nummer der Eintragung in dieses Register anzugeben sind. Abschnitt 3 Offenlegungsvorschriften für Zweignieder­ lassungen von Gesellschaften aus Drittländern Artikel 36 Offenlegung von Urkunden und Angaben über eine Zweigniederlassung (1)  Die Urkunden und Angaben über eine Zweigniederlassung, die in einem Mitgliedstaat von einer Gesellschaft errichtet worden ist, welche nicht dem Recht eines Mitgliedstaat unterliegt, jedoch eine Rechtsform hat, die mit den Rechtsformen der in Anhang II genannten Gesellschaften vergleichbar ist, werden nach dem Recht des Mitgliedstaats der Zweigniederlassung im Einklang mit Artikel 16 offengelegt. (2)  Artikel 29 Absatz 2 findet Anwendung. Artikel 37 Pflicht zur Offenlegung von Urkunden und Angaben Die Pflicht zur Offenlegung nach Artikel  36 erstreckt sich mindestens auf folgende Urkunden und Angaben: a) die Anschrift der Zweigniederlassung; b) die Tätigkeit der Zweigniederlassung; c) das Recht des Staates, dem die Gesellschaft unterliegt; d) sofern dieses Recht es vorsieht, das Register, in das die Gesellschaft eingetragen ist, und die Nummer der Eintragung in dieses Register;

von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/ EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/ EWG des Rates (ABl. L 157 vom 9.6.2006, S. 87).

e) den Errichtungsakt und, falls sie Gegenstand eines gesonderten Aktes ist, die Satzung sowie jede Änderung dieser Unterlagen;

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§ 18 Anhang GesRRL

f) die Rechtsform, den Sitz und den Gegenstand der Gesellschaft sowie mindestens jährlich den Betrag des gezeichneten Kapitals, sofern diese Angaben nicht in den unter Buchstabe e) genannten Urkunden gemacht werden; g) die Firma der Gesellschaft sowie die Firma der Zweigniederlassung, sofern diese nicht mit der Firma der Gesellschaft übereinstimmt; h) die Bestellung, das Ausscheiden und die Personalien derjenigen, die befugt sind, die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten, und zwar –– als gesetzlich vorgeschriebenes Organ der Gesellschaft oder als Mitglied eines solchen Organs, –– als ständige Vertreter der Gesellschaft für die Tätigkeit der Zweigniederlassung. Dabei wird angegeben, welchen Umfang die Vertretungsmacht hat und ob die betreffenden Personen die Gesellschaft allein vertreten können oder nur gemeinschaftlich handeln können; i) –  die Auflösung der Gesellschaft, die Bestellung, die Personalien und die Befugnisse der Liquidatoren sowie den Abschluss der Liquidation, –– ein die Gesellschaft betreffendes Konkursverfahren, Vergleichsverfahren oder ähnliches Verfahren; j) die Unterlagen der Rechnungslegung gemäß Artikel 38; k) die Aufhebung der Zweigniederlassung. Artikel 38 Grenzen der Pflicht zur Offenlegung von Unterlagen der Rechnungslegung (1)  Die Pflicht zur Offenlegung nach Artikel  37 Buchstabe j erstreckt sich auf die Unterlagen der Rechnungslegung der Gesellschaft, die nach dem Recht des Staates, dem die Gesellschaft unterliegt, erstellt, geprüft und offengelegt worden sind. Werden diese Unterlagen nicht gemäß der Richtlinie 2013/34/EU oder in gleichwertiger Form erstellt, so können die Mitgliedstaaten die Erstellung und Offenlegung der Unterlagen der Rechnungslegung, die sich auf die Tätigkeiten der Zweigniederlassung beziehen, verlangen. (2)  Die Artikel 32 und 33 finden Anwendung.

bei dem die Akte für die Zweigniederlassung angelegt worden ist, und die Nummer der Eintragung in dieses Register anzugeben sind. Sofern das Recht des Staates, dem die Gesellschaft unterliegt, eine Eintragung in ein Register vorsieht, werden das Register, in das die Gesellschaft eingetragen ist, und die Nummer der Eintragung in dieses Register ebenfalls angegeben. Abschnitt 4 Anwendungs- und Durchführungs­ bestimmungen Artikel 40 Maßregeln Die Mitgliedstaaten drohen geeignete Maßregeln für den Fall an, dass die in den Artikeln 29, 30, 31, 36, 37 und 38 vorgeschriebene Offenlegung unterbleibt oder die nach den Artikeln 35 und 39 vorgeschriebenen Angaben auf den Geschäftsbriefen und Bestellscheinen fehlen. Artikel 41 Personen, welche die Formalitäten der Offenlegung erfüllen Jeder Mitgliedstaat bestimmt, welche Personen verpflichtet sind, die durch die Abschnitte 2 und 3 vorgeschriebenen Formalitäten der Offenlegung zu erfüllen. Artikel 42 Ausnahmen von den für Zweig­nieder­ lassungen im Hinblick auf die Offen­legung von Unterlagen der Rechnungslegung geltenden Vorschriften (1)  Die Artikel 31 und 38 finden keine Anwendung auf die Zweigniederlassungen von Kredit- und Finanzinstituten, die unter die Richtlinie 89/117/EWG des Rates(31) fallen. (2) Bis zu einer späteren Koordinierung können die Mitgliedstaaten von der Anwendung der Artikel 31 und 38 auf Zweigniederlassungen absehen, die von Versicherungsgesellschaften errichtet werden.

Artikel 39 Angaben auf Geschäftsbriefen und Bestellscheinen Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass auf Geschäftsbriefen und Bestellscheinen, die von der Zweigniederlassung benutzt werden, das Register,

(31) Richtlinie 89/117/EWG des Rates vom 13. Februar 1989 über die Pflichten der in einem Mitgliedstaat eingerichteten Zweigniederlassungen von Kreditinstituten und Finanzinstituten mit Sitz außerhalb dieses Mitgliedstaats zur Offenlegung von Jahresabschlussunterlagen (ABl. L 44 vom 16.2.1989, S. 40).

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§ 18 Anhang GesRRL Artikel 43 Kontaktausschuss Der mit Artikel 52 der Richtlinie 78/660/EWG des Rates(32) geschaffene Kontaktausschuss hat außerdem die Aufgabe, a) unbeschadet der Artikel 258 und 259 des Vertrags eine gleichmäßige Anwendung der Vorschriften der Abschnitte 2 und 3 und dieses Abschnittes durch eine regelmäßige Abstimmung, insbesondere in konkreten Anwendungsfragen, zu erleichtern; b) die Kommission erforderlichenfalls bezüglich Ergänzungen und Änderungen der Vorschriften der Abschnitte 2 und 3 und dieses Abschnittes zu beraten. KAPITEL IV Kapitalerhaltung und -änderung Abschnitt 1 Kapitalanforderungen Artikel 44 Allgemeine Bestimmungen (1)  Die in diesem Kapitel vorgeschriebenen Maßnahmen der Koordinierung gelten für die Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die in Anhang I genannten Rechtsformen von Gesellschaften. (2) Die Mitgliedstaaten brauchen die Vorschriften dieses Kapitels auf Investmentgesellschaften mit veränderlichem Kapital und auf Genossenschaften, die in einer der in Anhang I genannten Rechtsformen gegründet worden sind, nicht anzuwenden. Soweit die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, verpflichten sie diese Gesellschaften die Bezeichnung „Investmentgesellschaft mit veränderlichem Kapital“ oder „Genossenschaft“ auf allen in Artikel  26 genannten Schriftstücken anzugeben. Artikel 45 Mindestkapital (1) Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten fordern für die Gründung der Gesellschaft oder für die Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme ihrer

(32) Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25.  Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrags über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (ABl. L 222 vom 14.8.1978, S. 11).

Geschäftstätigkeit die Zeichnung eines Mindestkapitals, dessen Betrag nicht auf weniger als 25 000 EUR festgesetzt werden darf. (2)  Auf Vorschlag der Kommission prüfen das Europäische Parlament und der Rat gemäß Artikel 50 Absatz 1 und Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe g des Vertrags alle fünf Jahre die in Euro ausgedrückten Beträge in Absatz 1 unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und monetären Entwicklung in der Union sowie der Tendenzen, die Wahl der in Anhang I genannten Gesellschaftsformen großen und mittleren Unternehmen vorzubehalten, und ändern diese Beträge gegebenenfalls. Artikel 46 Vermögensgegenstände Das gezeichnete Kapital darf nur aus Vermögensgegenständen bestehen, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist. Jedoch können diese Vermögensgegenstände nicht aus Verpflichtungen zu Arbeits- oder Dienstleistungen bestehen. Artikel 47 Ausgabekurs der Aktien Die Aktien dürfen nicht unter dem Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, nicht unter dem rechnerischen Wert ausgegeben werden. Die Mitgliedstaaten können jedoch zulassen, dass diejenigen, die sich berufsmäßig mit der Unterbringung von Aktien befassen, weniger als den Gesamtbetrag der Aktien zahlen, die sie bei diesem Vorgang zeichnen. Artikel 48 Leistung von Einlagen auf ausgegebene Aktien Die Einlagen auf ausgegebene Aktien werden im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft oder der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit in Höhe von mindestens 25 % des Nennbetrags der Aktien oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, ihres rechnerischen Wertes geleistet. Jedoch werden Einlagen, die nicht Bareinlagen sind, für Aktien, die im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft oder im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit ausgegeben werden, innerhalb von fünf Jahren nach diesem Zeitpunkt vollständig geleistet.

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§ 18 Anhang GesRRL Abschnitt 2

Schutzbestimmungen hinsichtlich des gesetzlich vorgeschriebenen Kapitals Artikel 49 Sachverständigenbericht über Einlagen, die nicht Bareinlagen sind (1)  Die Einlagen, die nicht Bareinlagen sind, sind Gegenstand eines besonderen Berichts, der vor der Gründung der Gesellschaft oder vor dem Zeitpunkt, zu dem sie die Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit erhält, durch einen oder mehrere von ihr unabhängige Sachverständige, die durch eine Verwaltungsbehörde oder ein Gericht bestellt oder zugelassen sind, erstellt wird. Sachverständige können nach den Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaats natürliche Personen, juristische Personen oder Gesellschaften sein. (2) Der in Absatz 1 genannte Sachverständigenbericht muss mindestens jede Einlage beschreiben, die angewandten Bewertungsverfahren nennen und angeben, ob die Werte, zu denen diese Verfahren führen, wenigstens der Zahl und dem Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, dem rechnerischen Wert und gegebenenfalls dem Mehrbetrag der dafür auszugebenden Aktien entsprechen. (3) Der Sachverständigenbericht wird nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 vorgesehenen Verfahren offengelegt. (4) Die Mitgliedstaaten brauchen diesen Artikel nicht anzuwenden, wenn 90 % des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes aller Aktien an eine oder mehrere Gesellschaften gegen Einlagen, die nicht Bareinlagen sind, ausgegeben werden und wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: a) bei der Gesellschaft, an welche die Einlagen geleistet werden, haben die in Artikel 4 Buchstabe i genannten Personen oder Gesellschaften auf die Erstellung des Sachverständigenberichts verzichtet; b) dieser Verzicht ist nach Absatz 3 offengelegt worden; c) die Gesellschaften, welche die Einlagen leisten, verfügen über Rücklagen, die nach Gesetz oder Satzung nicht ausgeschüttet werden dürfen und deren Höhe mindestens dem Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, dem rechnerischen Wert der gegen solche Einlagen ausgegebenen Aktien entspricht, die nicht Bareinlagen sind; d) die Gesellschaften, welche die Einlagen leisten, verpflichten sich bis zu dem unter Buchstabe c genannten Betrag, für diejenigen Schulden der empfangenden Gesellschaft einzustehen, die

zwischen dem Zeitpunkt der Ausgabe der Ak­ tien gegen Einlagen, die nicht Bareinlagen sind, und einem Jahr nach der Bekanntmachung des Jahresabschlusses dieser Gesellschaft entstehen, der sich auf das Geschäftsjahr bezieht, in dem die Einlagen geleistet worden sind. Jede Übertragung dieser Aktien innerhalb dieser Frist ist unzulässig; e) die unter Buchstabe  d genannte Verpflichtung ist nach Absatz 3 offengelegt worden und f) die Gesellschaften, welche die Einlagen leisten, stellen einen Betrag in Höhe des unter Buch­ stabe c genannten Betrags in eine Rücklage ein, die erst ausgeschüttet werden darf nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach Bekanntmachung des Jahresabschlusses der empfangenden Gesellschaft, der sich auf das Geschäftsjahr bezieht, in dem die Einlagen geleistet worden sind, oder gegebenenfalls nach einem späteren Zeitpunkt, zu dem alle innerhalb der Frist geltend gemachten Ansprüche aus der unter Buchstabe d genannten Verpflichtung erfüllt sind. (5) Mitgliedstaaten können beschließen, diesen Artikel bei der Bildung einer neuen Gesellschaft im Wege der Verschmelzung oder Spaltung nicht anzuwenden, wenn ein Bericht eines oder mehrerer unabhängiger Sachverständiger über die Verschmelzungs- oder Spaltungspläne erstellt wird. Beschließen Mitgliedstaaten, diesen Artikel in den in Unterabsatz 1 beschriebenen Fällen anzuwenden, so können sie gestatten, dass der gemäß Absatz 1 dieses Artikels erstellte Bericht und der Bericht des bzw. der unabhängigen Sachverständigen über die Verschmelzungs- oder Spaltungspläne von demselben bzw. denselben Sachverständigen erstellt werden. Artikel 50 Ausnahme vom Erfordernis eines Sach­verständigenberichts (1)  Die Mitgliedstaaten können beschließen, Artikel 49 Absätze 1, 2 und 3 dieser Richtlinie nicht anzuwenden, wenn auf Beschluss des Verwaltungsoder Leitungsorgans übertragbare Wertpapiere im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 44 der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(33), oder Geldmarktinstrumente im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 17 derselben Richtlinie als Sacheinlage eingebracht werden und diese Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente zu dem gewichteten Durchschnittspreis bewertet werden, zu dem sie während einer durch die

(33) Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.  Mai 2014 über Märkte für Finanzin­ strumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/ EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).

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§ 18 Anhang GesRRL nationalen Rechtsvorschriften zu bestimmenden ausreichenden Zeitspanne vor dem Tag ihrer tatsächlichen Einbringung als Sacheinlage auf einem oder mehreren geregelten Märkten im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 21 der genannten Richtlinie gehandelt wurden. Wurde dieser Preis jedoch durch außergewöhnliche Umstände beeinflusst, die eine erhebliche Änderung des Wertes des Vermögensgegenstandes zum Zeitpunkt seiner tatsächlichen Einbringung bewirken würden, und zwar auch in Fällen, in denen der Markt für diese Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente illiquide geworden ist, so veranlasst das Verwaltungs- oder Leitungsorgan eine Neubewertung unter seiner Verantwortung. Für eine derartige Neubewertung gilt Artikel 49 Absätze 1, 2 und 3. (2) Die Mitgliedstaaten können beschließen, Artikel 49 Absätze 1, 2 und 3 nicht anzuwenden, wenn auf Beschluss des Verwaltungs- oder Leitungsorgans andere Vermögensgegenstände als die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Wertpapiere und Geldmarktinstrumente als Sacheinlagen eingebracht werden, die bereits von einem anerkannten unabhängigen Sachverständigen zum beizulegenden Zeitwert („fair value“) bewertet wurden, und die folgenden Bedingungen erfüllt sind: a)  der beizulegende Zeitwert wird für einen Stichtag ermittelt, der nicht mehr als sechs Monate vor dem Datum der tatsächlichen Einbringung des Vermögensgegenstands liegt; und

(3) Die Mitgliedstaaten können beschließen, Artikel 49 Absätze 1, 2 und 3 nicht anzuwenden, wenn auf Beschluss des Verwaltungs- oder Leitungsorgans andere Vermögensgegenstände als die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Wertpapiere und Geldmarktinstrumente als Sacheinlagen eingebracht werden, deren beizulegender Zeitwert aus dem Wert eines einzelnen Vermögensgegenstands gemäß dem gesetzlichen Abschluss des vorausgegangenen Geschäftsjahrs hervorgeht, sofern dieser Abschluss nach Maßgabe der Richtlinie 2006/43/EG geprüft wurde. Absatz 2 Unterabsätze 2 bis 5 dieses Artikels gelten entsprechend. Artikel 51 Sacheinlagen ohne Sachver­ständigenbericht (1) Werden Sacheinlagen nach Artikel 50 ohne einen Sachverständigenbericht im Sinne von Artikel 49 Absätze 1, 2 und 3 eingebracht, so wird zusätzlich zu den nach Artikel 4 Buchstabe h geforderten Angaben und innerhalb eines Monats nach dem Datum der tatsächlichen Einbringung der Vermögensgegenstände in einer Erklärung Folgendes offengelegt: a) eine Beschreibung der betreffenden Sacheinlage; b) ihr Wert, die Quelle dieser Bewertung sowie gegebenenfalls die Bewertungsmethode;

b) die Bewertung wurde nach den in dem Mitgliedstaat für die Art der einzubringenden Vermögensgegenstände allgemein anerkannten Bewertungsnormen und -grundsätzen vorgenommen.

c) Angaben darüber, ob der ermittelte Wert wenigstens der Zahl und dem Nennbetrag oder — falls ein Nennbetrag nicht vorhanden ist — dem rechnerischen Wert und gegebenenfalls dem Mehrbetrag der für eine solche Sacheinlage auszugebenden Aktien entspricht und

Sind neue erhebliche Umstände eingetreten, die eine wesentliche Änderung des beizulegenden Zeitwerts des Vermögensgegenstands zum Zeitpunkt seiner tatsächlichen Einbringung bewirken würden, so veranlasst das Verwaltungs- oder Leitungsorgan eine Neubewertung unter seiner Verantwortung.

d) eine Erklärung, dass in Bezug auf die ursprüngliche Bewertung keine neuen erheblichen Umstände eingetreten sind.

Für die Neubewertung gemäß Unterabsatz 2 gilt Artikel 49 Absätze 1, 2 und 3.

Die Offenlegung der Erklärung erfolgt nach Artikel 16 nach Maßgabe der Vorschriften jedes Mitgliedstaats. (2) Wird die Einbringung von Sacheinlagen im Zusammenhang mit einer vorgeschlagenen Kapitalerhöhung gemäß Artikel 68 Absatz 2 ohne einen Sachverständigenbericht im Sinne von Artikel 49 Absätze 1, 2 und 3 vorgeschlagen, so werden das Datum des Beschlusses über die Kapitalerhöhung und die Angaben nach Absatz 1 dieses Artikels in einer Bekanntmachung gemäß Artikel 16 nach Maßgabe der Vorschriften jedes Mitgliedstaats offengelegt, bevor die Einbringung des Vermögensgegenstands als Sacheinlage wirksam wird. In diesem Falle beschränkt sich die in Absatz 1 dieses Artikels genannte Erklärung darauf, dass seit der Offenlegung in der genannten Bekanntmachung keine neuen Umstände eingetreten sind.

Wurde eine solche Neubewertung nicht vorgenommen, können ein oder mehrere Aktionäre, die am Tag des Beschlusses über eine Kapitalerhöhung zusammengenommen mindestens 5 % des gezeichneten Kapitals der Gesellschaft halten, eine Bewertung durch einen unabhängigen Sachverständigen verlangen; in diesem Fall gilt Artikel 49 Absätze 1, 2 und 3. Dieser oder diese Aktionäre können einen entsprechenden Antrag bis zum Datum der tatsächlichen Einbringung der Vermögensgegenstände stellen, sofern er oder sie am Antragstag immer noch, wie zuvor am Tag des Kapitalerhöhungsbeschlusses, zusammengenommen mindestens 5 % des gezeichneten Kapitals der Gesellschaft hält bzw. halten.

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§ 18 Anhang GesRRL

(3)  Jeder Mitgliedstaat stellt durch geeignete Maßnahmen sicher, dass das in Artikel 50 und in dem vorliegenden Artikel beschriebene Verfahren eingehalten wird, wenn Sacheinlagen ohne einen Sachverständigenbericht nach Artikel 49 Absätze 1, 2 und 3 eingebracht werden. Artikel 52 Bedeutende Akquisition nach der Gründung der Gesellschaft oder der Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit (1) Der Erwerb jedes Vermögensgegenstands, der einer unter Artikel 4 Buchstabe i fallenden Person oder Gesellschaft gehört, durch die Gesellschaft für einen Gegenwert von mindestens 1/10 des gezeichneten Kapitals ist Gegenstand einer Prüfung und Offenlegung entsprechend der in Artikel 49 Absätze 1, 2 und 3 vorgesehenen Weise; er unterliegt der Zustimmung einer Hauptversammlung, falls er vor Ablauf einer Frist erfolgt, die in den nationalen Rechtsvorschriften auf mindestens zwei Jahre nach der Gründung der Gesellschaft oder nach dem Zeitpunkt festzusetzen ist, in dem die Gesellschaft die Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit erhält. Die Artikel 50 und 51 gelten entsprechend. Die Mitgliedstaaten können die Anwendung dieser Vorschriften auch vorsehen, wenn der Vermögensgegenstand einem Aktionär oder einer anderen Person gehört. (2) Absatz 1 wird weder auf den Erwerb im Rahmen der laufenden Geschäfte der Gesellschaft noch auf den Erwerb, der auf Anordnung oder unter Aufsicht einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichts erfolgt, noch auf den Erwerb an der Börse angewendet. Artikel 53 Verpflichtung der Aktionäre, ihre Einlagen zu leisten Unbeschadet der Vorschriften über die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals dürfen die Aktionäre nicht von der Verpflichtung befreit werden, ihre Einlage zu leisten. Artikel 54 Garantien bei der Umwandlung der Gesellschaft Bis zur späteren Koordinierung der nationalen Rechtsvorschriften treffen die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen, damit zumindest gleiche Garantien, wie sie in den Artikeln 3 bis 6 und den Artikeln 45 bis 53 vorgesehen sind, bei

der Umwandlung einer Gesellschaft einer anderen Rechtsform in eine Aktiengesellschaft gegeben sind. Artikel 55 Änderungen der Satzung oder des Errichtungsakts Die Artikel 3 bis 6 und die Artikel 45 bis 54 lassen die Vorschriften der Mitgliedstaaten über die Zuständigkeit und das Verfahren bei Änderungen der Satzung oder des Errichtungsaktes unberührt. Abschnitt 3 Bestimmungen zur Ausschüttung Artikel 56 Allgemeine Bestimmungen zur Ausschüttung (1) Ausgenommen in den Fällen einer Kapitalherabsetzung darf keine Ausschüttung an die Aktionäre erfolgen, wenn bei Abschluss des letzten Geschäftsjahres das Nettoaktivvermögen, wie es der Jahresabschluss ausweist, den Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich der Rücklagen, deren Ausschüttung das Gesetz oder die Satzung der Gesellschaft nicht gestattet, durch eine solche Ausschüttung unterschreitet oder unterschreiten würde. (2) Der Betrag des in Absatz 1 genannten gezeichneten Kapitals wird um den Betrag des gezeichneten Kapitals, der noch nicht eingefordert ist, vermindert, sofern der letztere nicht auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen wird. (3) Der Betrag einer Ausschüttung an die Aktionäre darf den Betrag des Ergebnisses des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres, zuzüglich des Gewinnvortrags und der Entnahmen aus hierfür verfügbaren Rücklagen, jedoch vermindert um die Verluste aus früheren Geschäftsjahren sowie um die Beträge, die nach Gesetz oder Satzung in Rücklagen eingestellt worden sind, nicht überschreiten. (4)  Der Ausdruck „Ausschüttung“ unter den Absätzen 1 und 3 umfasst insbesondere die Zahlung von Dividenden und von Zinsen für Aktien. (5) Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats Abschlagszahlungen auf Dividenden, so unterwerfen sie diese mindestens folgenden Bedingungen: a) Eine Zwischenbilanz wird erstellt, aus der hervorgeht, dass für die Ausschüttungen genügend Mittel zur Verfügung stehen; b) der auszuschüttende Betrag darf den Betrag des Ergebnisses, das seit dem Ende des letz-

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§ 18 Anhang GesRRL ten Geschäftsjahres, für das der Jahresabschluss aufgestellt worden ist, erzielt worden ist, zuzüglich des Gewinnvortrags und der Entnahmen aus hierfür verfügbaren Rücklagen, jedoch vermindert um die Verluste aus früheren Geschäftsjahren sowie um die nach Gesetz oder Satzung in eine Rücklage einzustellenden Beträge, nicht überschreiten. (6) Die Absätze 1 bis 5 berühren nicht die Vorschriften der Mitgliedstaaten über die Erhöhung des gezeichneten Kapitals aus Gesellschaftsmitteln. (7) Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können von Absatz 1 für Investmentgesellschaften mit festem Kapital abweichen. Für die Zwecke dieses Absatzes bezeichnet der Ausdruck „Investmentgesellschaften mit festem Kapital“ nur Gesellschaften, a) deren Gegenstand es ausschließlich ist, ihre Mittel in verschiedenen Wertpapieren, in verschiedenen Grundstücken oder in anderen Werten anzulegen mit dem einzigen Ziel, das Risiko der Investitionen zu verteilen und ihre Aktionäre an dem Gewinn aus der Verwaltung ihres Vermögens zu beteiligen, und

sie erfolgten Ausschüttung bekannt war oder sie darüber nach den Umständen nicht in Unkenntnis sein konnten. Artikel 58 Schwere Verluste des gezeichneten Kapitals (1)  Bei schweren Verlusten des gezeichneten Kapitals wird die Hauptversammlung innerhalb einer durch die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zu bestimmenden Frist einberufen, um zu prüfen, ob die Gesellschaft aufzulösen ist oder andere Maßnahmen zu ergreifen sind. (2) Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats dürfen die Höhe des als schwer zu erachtenden Verlustes im Sinne des Absatzes 1 nicht auf mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals festsetzen. Abschnitt 4 Bestimmungen zum Erwerb eigener Aktien durch eine Gesellschaft

b) die sich an die Öffentlichkeit wenden, um ihre eigenen Aktien unterzubringen.

Artikel 59

Soweit die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen:

Keine Zeichnung von eigenen Aktien

a)  verpflichten sie diese Gesellschaften, die Bezeichnung „Investmentgesellschaft“ auf allen in Artikel 26 genannten Dokumenten anzugeben; b) gestatten sie es einer solchen Gesellschaft, deren Nettoaktivvermögen den in Absatz 1 beschriebenen Betrag unterschreitet, nicht, eine Ausschüttung an die Aktionäre vorzunehmen, wenn bei Abschluss des letzten Geschäftsjahres das gesamte Aktivvermögen, wie es der Jahresabschluss ausweist, den eineinhalbfachen Betrag der gesamten Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wie sie der Jahresabschluss ausweist, durch eine solche Ausschüttung unterschreitet oder unterschreiten würde und c)  verpflichten sie diese Gesellschaften, die eine Ausschüttung vornehmen, wenn ihr Nettoaktivvermögen den in Absatz 1 beschriebenen Betrag unterschreitet, einen entsprechenden Vermerk in den Jahresabschluss aufzunehmen.

(1) Die Gesellschaft darf keine eigenen Aktien zeichnen. (2) Sind die Aktien der Gesellschaft durch eine Person gezeichnet worden, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelt, so gilt die Zeichnung als für eigene Rechnung des Zeichners vorgenommen. (3)  Die in Artikel 4 Buchstabe i genannten Personen oder Gesellschaften oder, im Falle der Erhöhung des gezeichneten Kapitals, die Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans sind verpflichtet, die Einlagen auf Aktien zu leisten, die unter Verstoß gegen den vorliegenden Artikel gezeichnet worden sind. Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten können jedoch vorsehen, dass jeder Betroffene sich von dieser Verpflichtung befreien kann, indem er beweist, dass ihn persönlich kein Verschulden trifft. Artikel 60

Artikel 57

Erwerb eigener Aktien

Rückgewährung unrechtmäßiger Ausschüttungen

(1) Unbeschadet des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Aktionäre, die sich in denselben Verhältnissen befinden und unbeschadet der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 kann ein Mitgliedstaat einer Gesellschaft gestatten, ihre eigenen Aktien entweder selbst oder durch eine im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft han-

Jede Ausschüttung, die entgegen Artikel 56 erfolgt, wird von den Aktionären, die sie empfangen haben, zurückgewährt, wenn die Gesellschaft beweist, dass diesen Aktionären die Unzulässigkeit der an

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§ 18 Anhang GesRRL

delnde Person zu erwerben. Insoweit ein solcher Erwerb gestattet ist, knüpfen die Mitgliedstaaten diesen Erwerb an folgende Bedingungen: a) Die Genehmigung für den Erwerb wird von der Hauptversammlung erteilt, welche die Einzelheiten des vorgesehenen Erwerbs und insbesondere die Höchstzahl der zu erwerbenden Aktien, die Geltungsdauer der Genehmigung, die sich nach den nationalen Rechtsvorschriften richtet, dabei aber fünf Jahre nicht überschreiten darf, und bei entgeltlichem Erwerb den niedrigsten und höchsten Gegenwert festlegt. Die Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans müssen sich davon überzeugen, dass im Zeitpunkt jedes genehmigten Erwerbs die unter den Buchstaben b und c genannten Bedingungen beachtet werden; b) der Erwerb von Aktien einschließlich der Aktien, welche die Gesellschaft früher erworben hat und noch hält, sowie der Aktien, die eine Person im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der Gesellschaft erworben hat, darf nicht dazu führen, dass das Nettoaktivvermögen den in Artikel 56 Absätze 1 und 2 genannten Betrag unterschreitet; und c) der Vorgang darf nur voll eingezahlte Aktien betreffen. Die Mitgliedstaaten können ferner den Erwerb von Aktien im Sinne von Unterabsatz 1 jeder beliebigen der folgenden Bedingungen unterwerfen: a) Der Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, der rechnerische Wert der erworbenen Aktien einschließlich der Aktien, welche die Gesellschaft früher erworben hat und noch hält, sowie der Aktien, die eine Person im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der Gesellschaft erworben hat, darf nicht einen von den Mitgliedstaaten zu bestimmenden Höchstwert überschreiten. Dieser Höchstwert darf nicht niedriger als 10 % des gezeichneten Kapitals sein; b) die Befugnis der Gesellschaft zum Erwerb eigener Aktien im Sinne des Unterabsatzes 1, die Höchstzahl der zu erwerbenden Aktien, die Geltungsdauer der Befugnis und der höchste bzw. der niedrigste Gegenwert werden in der Satzung oder in der Gründungsurkunde festgelegt; c) die Gesellschaft erfüllt bestimmte Berichts- und Notifizierungsanforderungen; d) von bestimmten von den Mitgliedstaaten bezeichneten Gesellschaften kann verlangt werden, dass sie erworbene Aktien für nichtig erklären, vorausgesetzt, ein Betrag in Höhe des Nennbetrags der für nichtig erklärten Aktien wird in eine Rücklage eingestellt, die außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden darf. Diese Rücklage darf nur zum Zwecke einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals

durch Umwandlung von Rücklagen verwendet werden; e) die Befriedigung von Gläubigerforderungen wird durch den Erwerb nicht beeinträchtigt. (2) Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können von Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a Satz 1 abweichen, sofern der Erwerb eigener Aktien notwendig ist, um einen schweren unmittelbar bevorstehenden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. In diesem Fall wird die nächste Hauptversammlung durch das Verwaltungs- oder Leitungsorgan über die Gründe und den Zweck der getätigten Ankäufe, über die Zahl und den Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, den rechnerischen Wert der erworbenen Aktien, über deren Anteil am gezeichneten Kapital sowie über den Gegenwert der Aktien unterrichtet. (3) Die Mitgliedstaaten brauchen Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a Satz 1 nicht auf Aktien anzuwenden, die von der Gesellschaft selbst oder von einer Person, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelt, im Hinblick auf eine Ausgabe an die Arbeitnehmer der Gesellschaft oder an die Arbeitnehmer einer mit dieser verbundenen Gesellschaft erworben werden. Die Ausgabe derartiger Aktien erfolgt innerhalb von zwölf Monaten, vom Erwerb dieser Aktien an gerechnet. Artikel 61 Abweichung von den Regelungen über den Erwerb eigener Aktien (1) Die Mitgliedstaaten brauchen Artikel 60 nicht anzuwenden a)  auf Aktien, die in Durchführung einer Entscheidung über eine Kapitalherabsetzung oder im Falle des Artikels 82 erworben werden; b) auf Aktien, die durch eine Vermögensübertragung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erworben werden; c) auf voll eingezahlte Aktien, die unentgeltlich oder die von Banken und anderen Finanzinstituten auf Grund einer Einkaufskommission erworben werden; d) auf Aktien, die auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung oder einer gerichtlichen Entscheidung zum Schutz der Minderheitsaktionäre, insbesondere im Falle der Verschmelzung, der Änderung des Gegenstands oder der Rechtsform der Gesellschaft, der Verlegung des Sitzes der Gesellschaft ins Ausland oder der Einführung von Beschränkungen der Übertragbarkeit von Aktien erworben werden; e) auf Aktien, die aus der Hand eines Aktionärs erworben werden, weil er seine Einlage nicht leistet;

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§ 18 Anhang GesRRL f) auf Aktien, die erworben werden, um Minderheitsaktionäre verbundener Gesellschaften zu entschädigen;

handelnde Person, so unterwerfen sie das Halten dieser Aktien jederzeit mindestens folgenden Bedingungen:

g)  auf voll eingezahlte Aktien, die bei einer gerichtlichen Versteigerung zum Zwecke der Erfüllung einer Forderung der Gesellschaft gegen den Eigentümer dieser Aktien erworben werden und

a) Von den mit Aktien verbundenen Rechten ist in jedem Fall das an eigene Aktien gebundene Stimmrecht aufgehoben;

h)  auf voll eingezahlte Aktien, die von einer Investmentgesellschaft mit festem Kapital im Sinne von Artikel 56 Absatz 7 Unterabsatz 2 ausgegeben worden sind und von dieser oder einer mit ihr verbundenen Gesellschaft auf Wunsch der Anleger erworben werden. Artikel  56 Absatz  7 Unterabsatz 3 Buchstabe a findet Anwendung. Dieser Erwerb darf nicht dazu führen, dass das Nettoaktivvermögen den Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich der Rücklagen, deren Ausschüttung das Gesetz nicht gestattet, unterschreitet. (2)  Die in den Fällen des Absatzes 1 Buchstaben b bis g erworbenen Aktien werden jedoch innerhalb einer Frist von höchstens drei Jahren nach ihrem Erwerb veräußert, es sei denn, dass der Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, der rechnerische Wert der erworbenen Aktien einschließlich der Aktien, die von einer Person im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft erworben worden sind, 10 % des gezeichneten Kapitals nicht übersteigt. (3) Werden die Aktien innerhalb der in Absatz 2 festgesetzten Frist nicht veräußert, so werden sie für nichtig erklärt. Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können diese Nichtigerklärung von einer Herabsetzung des gezeichneten Kapitals um einen entsprechenden Betrag abhängig machen. Eine derartige Herabsetzung muss vorgeschrieben werden, soweit der Erwerb von für nichtig zu erklärenden Aktien dazu geführt hat, dass das Nettoaktivvermögen den in Artikel 56 Absätze 1 und 2 genannten Betrag unterschreitet. Artikel 62 Folgen des unrechtmäßigen Erwerbs eigener Aktien Die unter Verletzung der Artikel 60 und 61 erworbenen Aktien werden innerhalb einer Frist von einem Jahr, vom Zeitpunkt ihres Erwerbs an gerechnet, veräußert. Geschieht dies nicht, findet Artikel  61 Absatz 3 Anwendung. Artikel 63 Besitz eigener Aktien und Erstellung von Lageberichten beim Erwerb eigener Aktien (1) Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats einer Gesellschaft den Erwerb eigener Aktien, sei es selbst, sei es durch eine im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft

b) werden diese Aktien auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen, so muss auf der Passivseite ein gleich hoher Betrag in eine nicht verfügbare Rücklage eingestellt werden. (2) Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats einer Gesellschaft den Erwerb eigener Aktien, sei es selbst, sei es durch eine im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelnde Person, so verlangen sie, dass der Lagebericht der Gesellschaft mindestens folgende Angaben enthält: a)  die Gründe für die während des Geschäftsjahres getätigten Ankäufe; b) die Zahl und den Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, den rechnerischen Wert der während des Geschäftsjahres erworbenen und veräußerten Aktien sowie deren Anteil am gezeichneten Kapital; c)  bei entgeltlichem Erwerb oder entgeltlicher Veräußerung den Gegenwert der Aktien; d) die Zahl und den Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, den rechnerischen Wert aller erworbenen und gehaltenen Aktien sowie deren Anteil am gezeichneten Kapital. Artikel 64 Finanzielle Unterstützung durch eine Gesellschaft beim Erwerb eigener Aktien durch einen Dritten (1) Wenn ein Mitgliedstaat es einer Gesellschaft gestattet, im Hinblick auf einen Erwerb eigener Aktien durch einen Dritten unmittelbar oder mittelbar Vorschüsse zu zahlen, Darlehen zu gewähren oder Sicherheiten zu leisten, so macht er solche Geschäfte von der Erfüllung der in den Absätzen 2 bis 5 genannten Bedingungen abhängig. (2)  Die Geschäfte werden unter der Verantwortung des Verwaltungs- oder Leitungsorgans vorgenommen und zu fairen, marktüblichen Konditionen abgewickelt, insbesondere in Bezug auf die der Gesellschaft gezahlten Zinsen und die Sicherheiten, die ihr für die in Absatz 1 genannten Darlehen oder Vorschüsse geleistet werden. Die Kreditwürdigkeit des Dritten oder — im Falle von Geschäften mit einer Vielzahl von Parteien — jeder dieser Parteien muss in angemessener Weise überprüft worden sein. (3)  Das Verwaltungs- oder Leitungsorgan legt das Geschäftsvorhaben der Hauptversammlung vorab

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§ 18 Anhang GesRRL

zur Genehmigung vor; diese wird nach den Vorschriften des Artikels 83 über die Beschlussfähigkeit und die Mehrheit tätig. Das Verwaltungs- oder Leitungsorgan legt der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht vor, aus dem Folgendes hervorgeht: a)  die Gründe für das Geschäft; b) das Interesse der Gesellschaft an dem Geschäft; c)  die Konditionen des Geschäfts; d)  die mit dem Geschäft verbundenen Risiken für Liquidität und Solvenz der Gesellschaft; und e)  der Preis, zu dem der Dritte die Aktien erwerben soll. Dieser Bericht wird gemäß Artikel 16 beim Register zur Offenlegung eingereicht. (4)  Die Dritten insgesamt gewährte finanzielle Unterstützung darf zu keinem Zeitpunkt dazu führen, dass das Nettoaktivvermögen unter den in Artikel 56 Absätze 1 und 2 genannten Betrag absinkt; dabei wird auch jede Verringerung des Nettoaktivvermögens berücksichtigt, die infolge des Erwerbs ihrer eigenen Aktien durch die Gesellschaft oder auf Rechnung der Gesellschaft nach Artikel 60 Absatz 1 möglicherweise eingetreten ist. Die Gesellschaft stellt auf der Passivseite der Bilanz eine nicht ausschüttbare Rücklage in Höhe des Betrags der insgesamt gewährten finanziellen Unterstützung ein. (5)  Erwirbt ein Dritter mit finanzieller Unterstützung der Gesellschaft eigene Aktien der Gesellschaft im Sinne von Artikel 60 Absatz 1 oder zeichnet er Aktien, die anlässlich einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals emittiert wurden, so findet dieser Erwerb zu einem angemessenen Preis statt. (6)  Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Rechtsgeschäfte, die im Rahmen der laufenden Geschäfte der Banken und anderer Finanzinstitute getätigt werden, und auch nicht für Geschäfte, die im Hinblick auf den Erwerb von Aktien durch oder für Arbeitnehmer der Gesellschaft oder einer mit ihr verbundenen Gesellschaft getätigt werden. Diese Geschäfte dürfen jedoch nicht dazu führen, dass das Nettoaktivvermögen der Gesellschaft den in Artikel 56 Absatz 1 genannten Betrag unterschreitet. (7)  Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Geschäfte, die im Hinblick auf den Erwerb von Aktien nach Artikel 61 Absatz 1 Buchstabe h getätigt werden.

Artikel 65 Zusätzliche Schutzvorkehrungen für Transaktionen mit nahe stehenden Parteien Für die Fälle, in denen einzelne Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans der Gesellschaft, die Vertragspartner eines Geschäfts im Sinne des Artikels 64 Absatz 1 dieser Richtlinie ist, oder Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans eines Mutterunternehmens im Sinne von Artikel 22 der der Richtlinie 2013/34/EU oder ein solches Mutterunternehmen selbst oder eine Person, die im eigenen Namen, aber für Rechnung dieser Mitglieder oder dieses Unternehmens handelt, zugleich Gegenpartei eines solchen Geschäfts sind, stellen die Mitgliedstaaten durch geeignete Schutzvorkehrungen sicher, dass ein solches Geschäft dem Wohl der Gesellschaft nicht zuwiderläuft. Artikel 66 Inpfandnahme eigener Aktien (1) Die Inpfandnahme eigener Aktien durch die Gesellschaft selbst oder durch eine im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelnde Person ist den in Artikel 60, Artikel 61 Absatz 1 und den Artikeln 63 und 64 genannten Arten des Erwerbs gleichgestellt. (2) Die Mitgliedstaaten brauchen Absatz 1 nicht auf die laufenden Geschäfte von Banken und anderen Finanzinstituten anzuwenden. Artikel 67 Zeichnung, Erwerb oder Besitz von Aktien durch eine andere Gesellschaft, bei der die Aktien­gesellschaft über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt oder auf die sie einen beherrschenden Einfluss ausüben kann (1)  Zeichnet, erwirbt oder besitzt eine andere Gesellschaft mit einer in Anhang II genannten Rechtsform Aktien einer Aktiengesellschaft und verfügt die Aktiengesellschaft unmittelbar oder mittelbar über die Mehrheit der Stimmrechte der erstgenannten Gesellschaft oder kann sie auf diese unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben, so wird dieser Sachverhalt so behandelt, als wenn die Aktiengesellschaft selbst die betreffenden Aktien zeichnet, erwirbt oder besitzt. Unterabsatz  1 findet auch Anwendung, wenn die andere Gesellschaft dem Recht eines Drittlands unterliegt und eine Rechtsform besitzt, die den in Anhang II genannten Rechtsformen vergleichbar ist. Verfügt die Aktiengesellschaft mittelbar über die Mehrheit der Stimmrechte oder kann sie den be-

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§ 18 Anhang GesRRL herrschenden Einfluss mittelbar ausüben, so können die Mitgliedstaaten von der Anwendung der Unterabsätze 1 und 2 jedoch absehen, sofern sie vorsehen, dass die mit den Aktien der Aktiengesellschaft, über die die andere Gesellschaft verfügt, verbundenen Stimmrechte ausgesetzt werden. (2)  In Ermangelung einer Koordinierung der nationalen Vorschriften über das Konzernrecht können die Mitgliedstaaten a)  die Fälle definieren, in denen davon ausgegangen wird, dass eine Aktiengesellschaft einen beherrschenden Einfluss auf eine andere Gesellschaft ausüben kann; macht ein Mitgliedstaat von dieser Möglichkeit Gebrauch, so muss sein Recht auf jeden Fall vorsehen, dass die Möglichkeit, beherrschenden Einfluss auszuüben, dann besteht, wenn die Aktiengesellschaft i) das Recht hat, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen und wenn sie gleichzeitig Aktionär oder Gesellschafter der anderen Gesellschaft ist, oder ii) Aktionär oder Gesellschafter der anderen Gesellschaft ist und aufgrund einer mit anderen Aktionären oder Gesellschaftern dieser Gesellschaft getroffenen Vereinbarung allein die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter dieser Gesellschaft kontrolliert. Die Mitgliedstaaten sind nicht dazu verpflichtet, andere als die unter Unterabsatz 1 Ziffern i und ii genannten Fälle vorzusehen; b)  die Fälle definieren, in denen davon ausgegangen wird, dass eine Aktiengesellschaft mittelbar über die Stimmrechte verfügt oder einen beherrschenden Einfluss mittelbar ausüben kann; c) die Umstände präzisieren, bei denen davon ausgegangen wird, dass eine Aktiengesellschaft über die Stimmrechte verfügt. (3) Die Mitgliedstaaten können von der Anwendung von Absatz 1 Unterabsätze 1 und 2 absehen, wenn die Zeichnung, der Erwerb oder der Besitz auf Rechnung einer anderen Person als des Zeichners, Erwerbers oder Besitzers gehen und die betreffende Person weder die Aktiengesellschaft gemäß Absatz 1 noch eine andere Gesellschaft ist, an der die Aktiengesellschaft unmittelbar oder mittelbar über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt oder auf die sie unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. (4) Ferner können die Mitgliedstaaten von der Anwendung von Absatz 1 Unterabsätze 1 und 2 absehen, wenn die andere Gesellschaft in ihrer Eigenschaft oder im Rahmen ihrer Tätigkeit als berufsmäßiger Wertpapierhändler Aktien zeichnet, erwirbt oder besitzt, sofern sie Mitglied einer in einem Mitgliedstaat ansässigen oder tätigen Wertpapierbörse ist oder von einer für die Beaufsichtigung von berufsmäßigen Wertpapierhändlern — zu de-

nen im Sinne dieser Richtlinie auch Kreditinstitute gehören können — zuständigen Stelle eines Mitgliedstaats zugelassen ist oder beaufsichtigt wird. (5) Die Mitgliedstaaten sind zur Anwendung von Absatz  1 Unterabsätze  1 und 2 nicht verpflichtet, wenn die andere Gesellschaft Aktien der Aktiengesellschaft aufgrund eines Erwerbs besitzt, der erfolgte, bevor das Verhältnis zwischen den beiden Gesellschaften den Kriterien des Absatzes 1 entsprach. Die mit den betreffenden Aktien verbundenen Stimmrechte werden jedoch ausgesetzt und die Aktien werden bei der Entscheidung, ob die Bedingung gemäß Artikel 60 Absatz 1 Buchstabe b erfüllt ist, in Betracht gezogen. (6) Erwirbt die andere Gesellschaft Aktien einer Aktiengesellschaft, so können die Mitgliedstaaten von der Anwendung des Artikels 61 Absätze 2 und 3 sowie des Artikels 62 absehen, sofern sie Folgendes vorsehen: a) die Aussetzung der Stimmrechte, die mit den im Besitz der anderen Gesellschaft befindlichen Aktien der Aktiengesellschaft verbunden sind, sowie b)  die Verpflichtung für die Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans der Aktiengesellschaft, von der anderen Gesellschaft die in Artikel 61 Absätze 2 und 3 sowie Artikel 62 genannten Aktien zu dem Preis zurückzuerwerben, zu dem diese andere Gesellschaft sie erworben hatte; diese Sanktion ist lediglich in dem Falle nicht anwendbar, in dem die Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans nachweisen, dass die Aktiengesellschaft an der Zeichnung oder dem Erwerb der betreffenden Aktien gänzlich unbeteiligt ist. Abschnitt 5 Regelungen zur Kapitalerhöhung und zur Kapitalherabsetzung Artikel 68 Beschluss der Hauptversammlung über die Kapitalerhöhung (1)  Jede Kapitalerhöhung wird von der Hauptversammlung beschlossen. Dieser Beschluss sowie die Durchführung der Erhöhung des gezeichneten Kapitals sind nach den in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 vorgesehenen Verfahren offenzulegen. (2)  Die Satzung, der Errichtungsakt oder die Hauptversammlung, deren Entscheidung gemäß Absatz 1 offenzulegen ist, kann jedoch zu einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals bis zu einem Höchstbetrag ermächtigen, den sie unter Beachtung des gegebenenfalls gesetzlich vorgeschriebenen Höchstbetrags festlegt. In den Grenzen des festgelegten

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§ 18 Anhang GesRRL

Betrags beschließt das hierzu berufene Organ der Gesellschaft gegebenenfalls eine Erhöhung des gezeichneten Kapitals. Diese Ermächtigung des Organs gilt für eine Höchstdauer von fünf Jahren; sie kann von der Hauptversammlung ein oder mehrmals für einen Zeitraum, der jeweils fünf Jahre nicht überschreiten darf, verlängert werden. (3) Sind mehrere Gattungen von Aktien vorhanden, so ist der Beschluss der Hauptversammlung über die Kapitalerhöhung nach Absatz 1 oder die Ermächtigung zu einer Kapitalerhöhung nach Absatz 2 von einer gesonderten Abstimmung zumindest jeder Gattung derjenigen Aktionäre abhängig, deren Rechte durch die Maßnahme berührt werden. (4)  Dieser Artikel gilt für die Ausgabe aller Wertpapiere, die in Aktien umgewandelt werden können oder mit einem Bezugsrecht auf Aktien verbunden sind, nicht aber für die Umwandlung dieser Wertpapiere und die Ausübung des Bezugsrechts. Artikel 69 Leistung von Einlagen auf Aktien Die Einlagen auf Aktien, die bei einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals ausgegeben werden, werden in Höhe von mindestens 25 % des Nennbetrags der Aktien, oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, ihres rechnerischen Wertes geleistet. Ist ein Mehrbetrag vorgesehen, wird dieser in voller Höhe gezahlt. Artikel 70 Einlagen, die nicht Bareinlagen sind, auf Aktien (1) Einlagen, die nicht Bareinlagen sind, auf Ak­ tien, die bei einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals ausgegeben werden, werden innerhalb einer Frist von fünf Jahren nach dem Beschluss über die Erhöhung des gezeichneten Kapitals vollständig geleistet. (2)  Die Einlagen nach Absatz 1 sind Gegenstand eines besonderen Berichts, der durch einen oder mehrere von der Gesellschaft unabhängige Sachverständige, die durch eine Verwaltungsbehörde oder ein Gericht bestellt oder zugelassen sind, vor der Durchführung der Erhöhung des gezeichneten Kapitals erstellt wird. Sachverständige können nach den Vorschriften jedes Mitgliedstaats natürliche Personen, juristische Personen oder Gesellschaften sein.

lichen Übernahme- oder Umtauschangebots zu dem Zweck erfolgt, das Entgelt an die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft, der gespalteten Gesellschaft oder der Gesellschaft zu leisten, die Gegenstand des öffentlichen Übernahme- oder Umtauschangebots ist. Im Falle einer Verschmelzung oder Spaltung wenden die Mitgliedstaaten Unterabsatz 1 jedoch nur an, wenn ein Bericht eines oder mehrerer unabhängiger Sachverständiger über die Verschmelzungs- oder Spaltungspläne erstellt wird. Beschließen Mitgliedstaaten, Absatz 2 im Falle einer Verschmelzung oder Spaltung anzuwenden, so können sie gestatten, dass der gemäß diesem Artikel erstellte Bericht und der Bericht des bzw. der unabhängigen Sachverständigen über die Verschmelzungs- oder Spaltungspläne von demselben bzw. denselben Sachverständigen erstellt werden. (4) Die Mitgliedstaaten brauchen Absatz 2 nicht anzuwenden, wenn bei einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals alle Aktien gegen Sacheinlage durch eine oder mehrere Gesellschaften ausgegeben werden, sofern alle Aktionäre der empfangenden Gesellschaft auf die Erstellung des Sachverständigenberichts verzichtet haben und die Bedingungen in Artikel 49 Absatz 4 Buchstaben b bis f erfüllt sind. Artikel 71 Nicht voll gezeichnete Kapitalerhöhung Wird eine Kapitalerhöhung nicht voll gezeichnet, so wird das Kapital nur dann um den Betrag der eingegangenen Zeichnungen erhöht, wenn die Ausgabebedingungen diese Möglichkeit ausdrücklich vorgesehen haben. Artikel 72 Erhöhung des gezeichneten Kapitals durch Bareinlagen (1)  Bei jeder Erhöhung des gezeichneten Kapitals durch Bareinlagen werden die Aktien vorzugs­ weise den Aktionären im Verhältnis zu dem durch ihre Aktien vertretenen Teil des Kapitals angeboten. (2)  Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats

Es gelten Artikel 49 Absätze 2 und 3 und die Artikel 50 und 51.

a) brauchen Absatz 1 nicht auf Aktien anzuwenden, bei denen das Recht eingeschränkt ist, an den Ausschüttungen im Sinne des Artikels 56 und/oder an der Verteilung des Gesellschaftsvermögens im Falle der Liquidation teilzunehmen; oder

(3) Die Mitgliedstaaten können beschließen, Absatz 2 nicht anzuwenden, wenn die Erhöhung des gezeichneten Kapitals zur Durchführung einer Verschmelzung, einer Spaltung oder eines öffent-

b)  können gestatten, dass, wenn das gezeichnete Kapital einer Gesellschaft, die mehrere Aktiengattungen hat, bei denen das Stimmrecht oder die Rechte hinsichtlich der Ausschüttung im

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§ 18 Anhang GesRRL Sinne des Artikels 56 oder der Verteilung des Gesellschaftsvermögens im Falle der Liquidation unterschiedlich sind, durch Ausgabe neuer Aktien nur in einer dieser Gattungen erhöht wird, die Ausübung des Bezugsrechts durch die Aktionäre der anderen Gattungen erst nach Ausübung dieses Rechts durch die Aktionäre der Gattung erfolgt, in der die neuen Aktien ausgegeben werden. (3)  Das Angebot zur vorzugsweisen Zeichnung sowie die Frist, innerhalb derer dieses Recht ausgeübt werden muss, sind Gegenstand einer Bekanntmachung in dem gemäß Artikel 16 bestimmten nationalen Amtsblatt. Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats brauchen jedoch diese Bekanntmachung nicht vorzuschreiben, wenn sämtliche Ak­tien der Gesellschaft Namensaktien sind. In diesem Fall sind alle Aktionäre schriftlich zu unterrichten. Das Bezugsrecht wird innerhalb einer Frist ausgeübt, die nicht kürzer sein darf als 14 Tage nach Bekanntmachung des Angebots oder nach Absendung der Schreiben an die Aktionäre. (4) Dieses Bezugsrecht darf durch die Satzung oder den Errichtungsakt weder beschränkt noch ausgeschlossen werden. Dies kann jedoch durch Beschluss der Hauptversammlung geschehen. Das Verwaltungs- oder Leitungsorgan hat der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht über die Gründe für eine Beschränkung oder einen Ausschluss des Bezugsrechts zu erstatten und den vorgeschlagenen Ausgabekurs zu begründen. Die Hauptversammlung entscheidet nach den Vorschriften, die in Artikel 83 über Beschlussfähigkeit und Mehrheitserfordernisse festgelegt sind. Der Beschluss ist nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 vorgesehenen Verfahren offenzulegen. (5) Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können vorsehen, dass die Satzung, der Errichtungsakt oder die Hauptversammlung, die nach den in Absatz 4 dieses Artikels genannten, die Beschlussfähigkeit, Mehrheitserfordernisse und Offenlegung betreffenden Vorschriften entscheidet, dem Organ der Gesellschaft, das zur Entscheidung über die Erhöhung des gezeichneten Kapitals innerhalb der Grenzen des genehmigten Kapitals berufen ist, die Befugnis einräumen kann, das Bezugsrecht zu beschränken oder auszuschließen. Diese Befugnis darf für keinen längeren Zeitraum gelten als die Befugnis nach Artikel 68 Absatz 2. (6)  Die Absätze 1 bis 5 gelten für die Ausgabe aller Wertpapiere, die in Aktien umgewandelt werden können oder mit einem Bezugsrecht auf Aktien verbunden sind, nicht aber für die Umwandlung dieser Wertpapiere und die Ausübung des Bezugsrechts. (7) Ein Ausschluss des Bezugsrechts im Sinne der Absätze 4 und 5 liegt nicht vor, wenn die Aktien nach dem Beschluss über die Erhöhung des gezeichneten Kapitals an Banken oder andere Finanzinstitute ausgegeben werden, damit diese sie den Aktionären der Gesellschaft nach Maßgabe der Absätze 1 und 3 anbieten.

Artikel 73 Entscheidung der Hauptversammlung über die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals Jede Herabsetzung des gezeichneten Kapitals mit Ausnahme der durch eine gerichtliche Entscheidung angeordneten wird zumindest von der Hauptversammlung beschlossen, die vorbehaltlich der Artikel 79 und 80 nach den Vorschriften entscheidet, die in Artikel 83 über die Beschlussfähigkeit und die Mehrheitserfordernisse festgelegt sind. Dieser Beschluss wird nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 vorgesehenen Verfahren offengelegt. In der Mitteilung über die Einberufung der Hauptversammlung werden zumindest der Zweck der Herabsetzung und das Verfahren für ihre Durchführung angegeben. Artikel 74 Herabsetzung des gezeichneten Kapitals im Falle mehrerer Aktiengattungen Sind mehrere Gattungen von Aktien vorhanden, so ist der Beschluss der Hauptversammlung über die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals von einer gesonderten Abstimmung zumindest jeder Gattung derjenigen Aktionäre abhängig, deren Rechte durch die Maßnahme berührt werden. Artikel 75 Sicherheiten für Gläubiger im Falle einer Herabsetzung des gezeichneten Kapitals (1)  Im Falle einer Herabsetzung des gezeichneten Kapitals haben zumindest die Gläubiger, deren Forderungen vor der Bekanntmachung der Entscheidung über die Herabsetzung entstanden sind, mindestens das Recht, eine Sicherheit für die im Zeitpunkt dieser Bekanntmachung noch nicht fälligen Forderungen zu erhalten. Die Mitgliedstaaten können dieses Recht nur dann ausschließen, wenn der Gläubiger bereits angemessene Sicherheiten hat oder wenn diese Sicherheiten in Anbetracht des Gesellschaftsvermögens nicht notwendig sind. Die Mitgliedstaaten legen fest, unter welchen Bedingungen das in Unterabsatz 1 genannte Recht ausgeübt werden kann. Die Mitgliedstaaten sorgen in jedem Fall dafür, dass die Gläubiger das Recht haben, bei der zuständigen Verwaltungsbehörde oder dem zuständigen Gericht angemessene Sicherheiten zu beantragen, wenn sie glaubhaft machen können, dass die Befriedigung ihrer Forderungen durch die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals gefährdet ist und sie von der Gesellschaft keine angemessenen Sicherheiten erhalten haben.

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§ 18 Anhang GesRRL

(2) Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten schreiben mindestens weiter vor, dass die Herabsetzung unwirksam ist, oder dass keine Zahlungen zugunsten der Aktionäre geleistet werden dürfen, solange den Gläubigern nicht Genüge getan worden ist oder solange ein Gericht nicht entschieden hat, dass ihrem Antrag nicht entsprochen zu werden braucht. (3) Dieser Artikel gilt auch, wenn die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals durch einen vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Leistung von Einlagen der Aktionäre vorgenommen wird. Artikel 76 Abweichungen von den Schutzvor­kehrungen für Gläubiger bei Herabsetzung des gezeichneten Kapitals (1) Die Mitgliedstaaten brauchen Artikel 75 nicht bei einer Herabsetzung des gezeichneten Kapitals anzuwenden, die zum Zweck hat, Verluste auszugleichen oder Beträge einer Rücklage zuzuführen, unter der Voraussetzung, dass infolge dieses Vorgangs der Betrag dieser Rücklage 10 % des herabgesetzten gezeichneten Kapitals nicht übersteigt. Diese Rücklage darf außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden; sie darf ferner nur dazu verwendet werden, Verluste auszugleichen oder durch Umwandlung von Rücklagen das gezeichnete Kapital zu erhöhen, soweit die Mitgliedstaaten einen solchen Vorgang zulassen. (2) Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten schreiben in den Fällen des Absatzes 1 mindestens geeignete Maßnahmen vor, damit die aus der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals gewonnenen Beträge nicht zu Zahlungen oder Ausschüttungen an die Aktionäre oder zur Befreiung der Aktionäre von der Verpflichtung zur Leistung ihrer Einlagen verwendet werden. Artikel 77 Herabsetzung des gezeichneten Kapitals und Mindestkapital Das gezeichnete Kapital darf nicht unter das nach Artikel 45 festgelegte Mindestkapital herabgesetzt werden. Jedoch können die Mitgliedstaaten eine derartige Herabsetzung zulassen, wenn sie zugleich vorschreiben, dass der Beschluss über die Herabsetzung nur dann wirksam wird, wenn das gezeichnete Kapital auf einen Betrag erhöht wird, der zumindest dem vorgeschriebenen Mindestbetrag entspricht.

Artikel 78 Tilgung des gezeichneten Kapitals ohne dessen Herabsetzung Lassen die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die vollständige oder teilweise Tilgung des gezeichneten Kapitals ohne dessen Herabsetzung zu, so verlangen sie mindestens die Beachtung folgender Voraussetzungen: a)  Sofern die Satzung oder der Errichtungsakt die Tilgung vorsieht, wird diese durch die Hauptversammlung beschlossen, die mindestens die allgemeinen Voraussetzungen über Anwesenheit und Mehrheit zu beachten hat. Sofern die Satzung oder der Errichtungsakt die Tilgung nicht vorsieht, wird diese durch die Hauptversammlung beschlossen, die mindestens die in Artikel 83 festgelegten Voraussetzungen über Anwesenheit und Mehrheit zu beachten hat. Der Beschluss wird nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 vorgesehenen Verfahren offengelegt; b) die Tilgung kann nur mit Mitteln erfolgen, die nach Artikel 56 Absätze 1 bis 4 ausgeschüttet werden dürfen; c)  die Aktionäre, deren Aktien getilgt wurden, behalten ihre Rechte gegenüber der Gesellschaft mit Ausnahme der Rechte auf Rückgewähr der Einlagen und auf Teilnahme an der Ausschüttung einer ersten Dividende für nicht getilgte Aktien. Artikel 79 Herabsetzung des gezeichneten Kapitals durch Zwangseinziehung von Aktien (1) Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, dass Gesellschaften ihr gezeichnetes Kapital durch Zwangseinziehung von Aktien herabsetzen, so verlangen sie mindestens die Beachtung der folgenden Voraussetzungen: a) Die Zwangseinziehung ist vor der Zeichnung der einzuziehenden Aktien durch die Satzung oder den Errichtungsakt vorgeschrieben oder zugelassen; b) sofern die Zwangseinziehung durch die Satzung oder den Errichtungsakt lediglich zugelassen ist, wird sie von der Hauptversammlung beschlossen, es sei denn, dass die betroffenen Aktionäre sie einstimmig genehmigt haben; c) das Gesellschaftsorgan, das über die Zwangseinziehung beschließt, legt die Bedingungen und Durchführung dieser Maßnahme fest, soweit dies nicht bereits in der Satzung oder im Errichtungsakt geschehen ist; d) Artikel 75 wird angewendet, es sei denn, es handelt sich um voll eingezahlte Aktien, die

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§ 18 Anhang GesRRL der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt oder die mithilfe von Mitteln, die nach Artikel 56 Absätze 1 bis 4 ausgeschüttet werden dürfen, eingezogen werden; in diesen Fällen ist ein Betrag in Höhe des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes aller eingezogenen Ak­ tien in eine Rücklage einzustellen. Diese Rücklage darf, außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals, nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Sie darf nur dazu verwendet werden, Verluste auszugleichen oder durch Umwandlung von Rücklagen das gezeichnete Kapital zu erhöhen, soweit die Mitgliedstaaten einen solchen Vorgang zulassen und e) der Beschluss über die Zwangseinziehung wird nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 vorgesehenen Verfahren offengelegt. (2)  Artikel 73 Absatz 1 sowie die Artikel 74, 76 und 83 werden in den Fällen des Absatzes 1 dieses Artikels nicht angewendet.

Artikel 81 Tilgung des gezeichneten Kapitals oder dessen Herabsetzung durch Einziehung von Aktien im Falle mehrerer Aktiengattungen In den Fällen des Artikels 78, des Artikels 79 Absatz 1 Buchstabe b und des Artikels 80 Absatz 1 ist, sofern mehrere Gattungen von Aktien vorhanden sind, der Beschluss der Hauptversammlung über die Tilgung des gezeichneten Kapitals oder über dessen Herabsetzung durch Einziehung von Ak­ tien von einer gesonderten Abstimmung zumindest jeder Gattung derjenigen Aktionäre abhängig, deren Rechte durch die Maßnahmen berührt werden. Artikel 82 Voraussetzungen für den Rückerwerb von Aktien

Artikel 80

Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, dass Gesellschaften rückerwerbbare Aktien ausgeben, so verlangen sie für den Rückerwerb dieser Aktien mindestens die Beachtung folgender Voraussetzungen:

Herabsetzung des gezeichneten Kapitals durch Einziehung von Aktien, die von einer Gesellschaft selbst oder einer für Rechnung der Gesellschaft handelnden Person erworben werden

b) diese Aktien müssen vollständig eingezahlt worden sein;

(1) Im Fall der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals durch Einziehung von Aktien, die von einer Gesellschaft oder einer im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelnden Person erworben worden sind, wird die Einziehung stets durch die Hauptversammlung beschlossen. (2) Artikel 75 wird angewendet, es sei denn, es handelt sich um voll eingezahlte Aktien, die unentgeltlich oder mit Mitteln erworben werden, die nach Artikel 56 Absätze 1 bis 4 ausgeschüttet werden dürfen; in diesen Fällen wird ein Betrag in Höhe des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes aller eingezogenen Aktien in eine Rücklage eingestellt. Diese Rücklage darf, außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals, nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Sie darf nur dazu verwendet werden, Verluste auszugleichen oder durch Umwandlung von Rücklagen das gezeichnete Kapital zu erhöhen, soweit die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten einen solchen Vorgang zulassen. (3)  Die Artikel 74, 76 und 83 werden in den Fällen des Absatzes 1 dieses Artikels nicht angewendet.

a) Der Rückerwerb muss vor der Zeichnung der rückerwerbbaren Aktien in der Satzung oder dem Errichtungsakt zugelassen sein;

c) die Bedingungen und die Durchführung des Rückerwerbs sind in der Satzung oder dem Errichtungsakt festgelegt; d) der Rückerwerb darf nur mithilfe von Mitteln erfolgen, die nach Artikel 56 Absätze 1 bis 4 ausgeschüttet werden dürfen, oder mit Erträgen aus einer Ausgabe neuer Aktien, die zum Zwecke dieses Rückerwerbs ausgegeben werden; e) ein Betrag in Höhe des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes aller zurückerworbenen Aktien ist in eine Rücklage einzustellen, die, außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals, nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden darf; sie darf nur dazu verwendet werden, durch Umwandlung von Rücklagen das gezeichnete Kapital zu erhöhen; f) Buchstabe e ist nicht anzuwenden, sofern die Aktien mithilfe von Erträgen aus einer Aus­gabe neuer Aktien zurückerworben werden, die zum Zweck dieses Rückerwerbs ausgegeben werden; g) sofern als Folge des Rückerwerbs die Zahlung eines Mehrbetrags zugunsten der Aktionäre vorgesehen ist, darf dieser nur aus Mitteln entnommen werden, die entweder nach Artikel 56 Absätze 1 bis 4 ausgeschüttet werden dürfen oder einer anderen als der unter Buchstabe e

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§ 18 Anhang GesRRL

dieses Artikels genannten Rücklage entnommen werden, die, außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals, nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden darf; diese Rücklage darf nur zum Zwecke einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals durch Umwandlung von Rücklagen oder zur Deckung der in Artikel 4 Buchstabe j genannten Kosten oder der Kosten für die Ausgabe von Aktien oder von Schuldverschreibungen oder für die Zahlung eines Mehrbetrags zugunsten der Inhaber von zurückzuerwerbenden Aktien oder Schuldverschreibungen verwendet werden; h) der Rückerwerb ist nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 vorgesehenen Verfahren offenzulegen. Artikel 83 Abstimmungserfordernisse bei Entscheidungen der Hauptversammlung Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten schreiben vor, dass die in Artikel 72 Absätze 4 und 5 sowie den Artikeln 73, 74, 78 und 81 vorgesehenen Beschlüsse zumindest eine Mehrheit von nicht weniger als zwei Dritteln der Stimmen der vertretenen Wertpapiere oder des vertretenen gezeichneten Kapitals erfordern. Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten können jedoch vorschreiben, dass die einfache Mehrheit der in Absatz 1 bezeichneten Stimmen ausreicht, sofern mindestens die Hälfte des gezeichneten Kapitals vertreten ist.

(3) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Artikel 49, Artikel 58 Absatz 1, Artikel 68 Absätze 1, 2 und 3, Artikel 70 Absatz 2 Unterabsatz 1, die Artikel 72 bis 75 und Artikel 79, 80 und 81 im Fall eines Rückgriffs auf die in Titel IV der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(34) vorgesehenen Abwicklungsinstrumente, -befugnisse und -mechanismen nicht angewandt werden. Artikel 85 Gleichbehandlung der Aktionäre, die sich in denselben Verhältnissen befinden Für die Anwendung dieses Kapitels stellen die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten die Gleichbehandlung der Aktionäre sicher, die sich in denselben Verhältnissen befinden. Artikel 86 Übergangsbestimmungen Die Mitgliedstaaten brauchen Artikel 4 Buchstaben g, i, j und k nicht auf Gesellschaften anzuwenden, die bei Inkrafttreten der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die sie erlassen, um der Richtlinie 77/91/EWG des Rates(35) nachzukommen, bereits bestehen.

Abschnitt 6 Anwendungs- und Durchführungs­ bestimmungen Artikel 84 Abweichende Bestimmungen (1) Die Mitgliedstaaten können von Artikel 48 Absatz 1, Artikel 60 Absatz 1 Buchstabe a Satz 1 sowie von den Artikeln 68, 69 und 72 abweichen, soweit dies für den Erlass oder die Anwendung von Vorschriften erforderlich ist, welche die Beteiligung der Arbeitnehmer oder anderer durch nationales Recht festgelegter Gruppen von Personen am Kapital der Unternehmen fördern sollen. (2) Die Mitgliedstaaten brauchen Artikel 60 Absatz 1 Buchstabe a Satz 1 sowie die Artikel 73, 74, und 79 bis 82 nicht auf Gesellschaften anzuwenden, die auf Grund einer besonderen Regelung neben Kapitalaktien Arbeitsaktien ausgeben, und zwar die letzteren zugunsten der Gesamtheit der Arbeitnehmer, die auf der Hauptversammlung der Aktionäre durch Bevollmächtigte mit Stimmrecht vertreten wird.

(34) Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 82/891/EWG, 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/ EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU des Rates sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190). (35) Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. L 26 vom 31.1.1977, S. 1).

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§ 18 Anhang GesRRL TITEL II

Artikel 89

VERSCHMELZUNG UND SPALTUNG VON KAPITALGESELLSCHAFTEN

Definition der „Verschmelzung durch Aufnahme“

KAPITEL I

(1)  Im Sinne dieses Kapitels bezeichnet der Ausdruck „Verschmelzung durch Aufnahme“ den Vorgang, durch den eine oder mehrere Gesellschaften ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf eine andere Gesellschaft übertragen, und zwar gegen Gewährung von Aktien der übernehmenden Gesellschaft an die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft oder Gesellschaften und gegebenenfalls einer baren Zuzahlung, die 10 % des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes der gewährten Aktien nicht übersteigt.

Verschmelzung von Aktiengesellschaften Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen über die Verschmelzung Artikel 87 Allgemeine Bestimmungen (1) Die durch dieses Kapitel vorgeschriebenen Maßnahmen der Koordinierung gelten für die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Gesellschaften der in Anhang I genannten Rechtsformen. (2) Die Mitgliedstaaten brauchen dieses Kapitel auf Genossenschaften, die in einer der in Anhang I genannten Rechtsformen gegründet worden sind, nicht anzuwenden. Soweit die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, verpflichten sie diese Gesellschaften, die Bezeichnung „Genossenschaft“ auf allen in Artikel 26 genannten Dokumenten anzugeben. (3) Die Mitgliedstaaten brauchen dieses Kapitel nicht anzuwenden, wenn eine oder mehrere der übertragenden oder erlöschenden Gesellschaften Gegenstand eines Konkurs-, Vergleichs- oder ähnlichen Verfahrens ist bzw. sind. (4) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass dieses Kapitel nicht auf Gesellschaften angewandt wird, die Gegenstand eines Rückgriffs auf die in Titel IV der Richtlinie 2014/59/EU vorgesehenen Abwicklungsinstrumente, -befugnisse und -mechanismen sind. Artikel 88 Regelungen über die Verschmelzung durch Aufnahme und die Verschmelzung durch Gründung einer neunen Gesellschaft Die Mitgliedstaaten regeln für die Gesellschaften, die ihrem Recht unterliegen, die Verschmelzung durch Aufnahme einer oder mehrerer Gesellschaften durch eine andere Gesellschaft und die Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft.

(2) Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können vorsehen, dass die Verschmelzung durch Aufnahme auch dann erfolgen kann, wenn sich eine oder mehrere der übertragenden Gesellschaften in Abwicklung befinden, sofern diese Möglichkeit auf Gesellschaften beschränkt wird, die noch nicht mit der Verteilung ihres Vermögens an ihre Aktionäre begonnen haben. Artikel 90 Definition der „Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft“ (1)  Im Sinne dieses Kapitels ist die „Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft“ der Vorgang, durch den mehrere Gesellschaften ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf eine Gesellschaft, die sie gründen, übertragen, und zwar gegen Gewährung von Aktien der neuen Gesellschaft an ihre Aktionäre und gegebenenfalls einer baren Zuzahlung, die 10 % des Nennbetrags oder, wenn der Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes der gewährten Aktien nicht übersteigt. (2) Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können vorsehen, dass die Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft auch dann erfolgen kann, wenn sich eine oder mehrere der erlöschenden Gesellschaften in Abwicklung befinden, sofern diese Möglichkeit auf Gesellschaften beschränkt wird, die noch nicht mit der Verteilung ihres Vermögens an ihre Aktionäre begonnen haben.

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§ 18 Anhang GesRRL Abschnitt 2 Verschmelzung durch Aufnahme Artikel 91 Verschmelzungsplan

(1)  Die Verwaltungs- oder Leitungsorgane der sich verschmelzenden Gesellschaften erstellen einen schriftlichen Verschmelzungsplan. (2) Der Verschmelzungsplan enthält mindestens folgende Angaben: a)  die Rechtsform, die Firma und den Sitz der sich verschmelzenden Gesellschaften; b) das Umtauschverhältnis der Aktien und gegebenenfalls die Höhe der baren Zuzahlung; c) die Einzelheiten hinsichtlich der Übertragung der Aktien der übernehmenden Gesellschaft; d) den Zeitpunkt, von dem an diese Aktien das Recht auf Teilnahme am Gewinn gewähren, sowie alle Besonderheiten in Bezug auf dieses Recht; e) den Zeitpunkt, von dem an die Handlungen der übertragenden Gesellschaft unter dem Gesichtspunkt der Rechnungslegung als für Rechnung der übernehmenden Gesellschaft vorgenommen gelten; f) die Rechte, welche die übernehmende Gesellschaft den Aktionären mit Sonderrechten und den Inhabern anderer Wertpapiere als Aktien gewährt, oder die für diese Personen vorgeschlagenen Maßnahmen; g) jeden besonderen Vorteil, der den Sachverständigen im Sinne des Artikels 96 Absatz 1 sowie den Mitgliedern der Verwaltungs-, Leitungs-, Aufsichts- oder Kontrollorgane der sich verschmelzenden Gesellschaften gewährt wird. Artikel 92 Bekanntmachung des Verschmelzungsplans Der Verschmelzungsplan wird mindestens einen Monat vor dem Tage der Hauptversammlung, die über den Verschmelzungsplan zu beschließen hat, für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften nach den in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 vorgesehenen Verfahren offengelegt. Jede verschmelzende Gesellschaft ist von der Offenlegungspflicht nach Artikel  16 befreit, wenn sie die Verschmelzungspläne während eines fortlaufenden Zeitraums, der mindestens einen Monat vor dem Datum der Hauptversammlung, die über die Verschmelzungspläne zu beschließen hat, beginnt und nicht vor dem Abschluss dieser Versammlung endet, für die Öffentlichkeit kostenlos

auf ihren Internetseiten der Öffentlichkeit zugänglich macht. Die Mitgliedstaaten knüpfen diese Befreiung an keine anderen Erfordernisse und Auflagen als die, die für die Sicherheit der Internetseiten und die Echtheit der Dokumente erforderlich sind, und dürfen solche Erfordernisse und Auflagen nur einführen, soweit sie zur Erreichung dieses Zwecks angemessen sind. Abweichend von Absatz 2 des vorliegenden Artikels können die Mitgliedstaaten verlangen, dass die Veröffentlichung über die zentrale elektronische Plattform gemäß Artikel 16 Absatz 5 erfolgt. Die Mitgliedstaaten können alternativ verlangen, dass die Veröffentlichung auf anderen, von ihnen zu diesem Zweck benannten Internetseiten erfolgt. Machen die Mitgliedstaaten von einer dieser Möglichkeiten Gebrauch, so gewährleisten sie, dass den Gesellschaften für diese Veröffentlichung keine spezifischen Kosten entstehen. Werden andere Internetseiten als die zentrale elektronische Plattform genutzt, wird mindestens einen Monat vor dem Datum der Hauptversammlung auf der zentralen elektronischen Plattform ein Verweis, der zu diesen Internetseiten führt, veröffentlicht. Dieser Verweis enthält auch das Datum der Veröffentlichung der Verschmelzungspläne im Internet und ist der Öffentlichkeit kostenlos zugänglich. Den Gesellschaften entstehen für diese Veröffentlichung keine spezifischen Kosten. Das Verbot gemäß den Absätzen 3 und 4, von Gesellschaften eine spezifische Gebühr für die Veröffentlichung zu verlangen, lässt die Möglichkeit der Mitgliedstaaten unberührt, die Kosten für die zentrale elektronische Plattform an Gesellschaften weiterzugeben. Die Mitgliedstaaten können von Gesellschaften verlangen, Informationen für einen bestimmten Zeitraum nach der Hauptversammlung auf ihren Internetseiten oder gegebenenfalls auf der zentralen elektronischen Plattform oder den anderen von dem betreffenden Mitgliedstaat benannten Internetseiten verfügbar zu halten. Die Mitgliedstaaten können die Folgen einer vorübergehenden Unterbrechung des Zugriffs auf die Internetseiten und die zentrale elektronische Plattform aufgrund technischer oder sonstiger Ursachen bestimmen. Artikel 93 Zustimmung der Hauptversammlung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften (1)  Die Verschmelzung bedarf zumindest der Zustimmung der Hauptversammlung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften. Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten schreiben vor, dass dieser Beschluss zur Zustimmung mindestens eine Mehrheit von nicht weniger als zwei Dritteln der Stimmen der vertretenen Wertpapiere oder des vertretenen gezeichneten Kapitals erfordert.

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§ 18 Anhang GesRRL Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten können jedoch vorschreiben, dass die einfache Mehrheit der in Unterabsatz 1 bezeichneten Stimmen ausreicht, sofern mindestens die Hälfte des gezeichneten Kapitals vertreten ist. Ferner sind gegebenenfalls die Vorschriften über die Satzungsänderung anzuwenden. (2) Sind mehrere Gattungen von Aktien vorhanden, so ist der Beschluss über die Verschmelzung von einer gesonderten Abstimmung zumindest jeder Gattung derjenigen Aktionäre abhängig, deren Rechte durch die Maßnahme beeinträchtigt werden. (3)  Der Beschluss erstreckt sich auf die Genehmigung des Verschmelzungsplans und gegebenenfalls auf die zu seiner Durchführung erforderlichen Satzungsänderungen. Artikel 94 Verschmelzung ohne Zustimmung der Hauptversammlung der übernehmenden Gesellschaft Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats brauchen die Zustimmung der Hauptversammlung der übernehmenden Gesellschaft nicht vorzuschreiben, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: a) Die in Artikel 92 vorgeschriebene Offenlegung wird für die übernehmende Gesellschaft mindestens einen Monat vor dem Tage derjenigen Hauptversammlung der übertragenden Gesellschaft oder Gesellschaften, die über den Verschmelzungsplan zu beschließen haben, bewirkt; b)  jeder Aktionär der übernehmenden Gesellschaft hat mindestens einen Monat vor dem unter Buchstabe a genannten Zeitpunkt das Recht, am Sitz der übernehmenden Gesellschaft von den in Artikel 97 Absatz 1 genannten Unterlagen Kenntnis zu nehmen; c) ein oder mehrere Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft, die über Aktien in einem Mindestprozentsatz des gezeichneten Kapitals verfügen, haben das Recht, die Einberufung einer Hauptversammlung der übernehmenden Gesellschaft, in der über die Zustimmung zu der Verschmelzung beschlossen wird, zu verlangen; dieser Mindestprozentsatz darf nicht auf mehr als 5 % festgesetzt werden. Die Mitgliedstaaten können jedoch vorsehen, dass die Aktien ohne Stimmrecht von der Berechnung dieses Prozentsatzes ausgenommen sind. Für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe b gilt Artikel 97 Absätze 2, 3 und 4.

Artikel 95 Ausführlicher schriftlicher Bericht und Informationen zur Verschmelzung (1) Die Verwaltungs- oder Leitungsorgane jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften erstellen einen ausführlichen schriftlichen Bericht, in dem der Verschmelzungsplan und insbesondere das Umtauschverhältnis der Aktien rechtlich und wirtschaftlich erläutert und begründet werden. In dem Bericht wird außerdem auf besondere Schwierigkeiten hingewiesen, die bei der Bewertung aufgetreten sind. (2) Die Verwaltungs- oder Leitungsorgane jeder beteiligten Gesellschaft unterrichten die Hauptversammlung ihrer Gesellschaft, und die Verwaltungsoder Leitungsorgane der anderen beteiligten Gesellschaften, damit diese die Hauptversammlung ihrer Gesellschaft unterrichten können, über jede zwischen der Aufstellung des Verschmelzungsplans und dem Datum der Hauptversammlung, die über den Verschmelzungsplan zu beschließen hat, eingetretene wesentliche Veränderung des Aktivoder Passivvermögens. (3)  Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass der in Absatz 1 genannte Bericht und/oder die in Absatz 2 genannten Informationen nicht verlangt werden, wenn alle Aktionäre und Inhaber anderer mit einem Stimmrecht verbundener Wertpapiere aller an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften darauf verzichtet haben. Artikel 96 Prüfung des Verschmelzungsplans durch Sachverständige (1) Für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften prüfen ein oder mehrere von diesen unabhängige Sachverständige, welche durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde bestellt oder zugelassen sind, den Verschmelzungsplan und erstellen einen schriftlichen Bericht für die Aktionäre. Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten können jedoch die Bestellung eines oder mehrerer unabhängiger Sachverständiger für alle sich verschmelzenden Gesellschaften vorsehen, wenn die Bestellung auf gemeinsamen Antrag dieser Gesellschaften durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde erfolgt. Diese Sachver­ ständigen können entsprechend den Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaats sowohl natürliche oder juristische Personen als auch Gesellschaften sein. (2) In dem Bericht nach Absatz 1 erklären die Sachverständigen in jedem Fall, ob das Umtauschverhältnis ihrer Ansicht nach angemessen ist. In dieser Erklärung wird zumindest angegeben,

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§ 18 Anhang GesRRL

a) nach welcher oder welchen Methoden das vorgeschlagene Umtauschverhältnis bestimmt worden ist; b)  ob diese Methode oder Methoden im vorliegenden Fall angemessen sind und welche Werte sich bei jeder dieser Methoden ergeben; zugleich ist dazu Stellung zu nehmen, welche relative Bedeutung diesen Methoden bei der Bestimmung des zugrunde gelegten Wertes beigemessen wurde. In dem Bericht wird außerdem auf besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung, soweit solche aufgetreten sind, hingewiesen. (3) Jeder Sachverständige hat das Recht, bei den sich verschmelzenden Gesellschaften alle zweckdienlichen Auskünfte und Unterlagen zu erhalten und alle erforderlichen Nachprüfungen vorzunehmen. (4)  Weder die Prüfung des Verschmelzungsplans noch die Erstellung eines Sachverständigenberichts sind erforderlich, wenn alle Aktionäre und Inhaber anderer mit einem Stimmrecht verbundener Wertpapiere aller an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften darauf verzichtet haben. Artikel 97 Verfügbarkeit der Unterlagen zur Kenntnis­nahme durch die Aktionäre (1) Mindestens einen Monat vor dem Datum der Hauptversammlung, die über den Verschmelzungsplan zu beschließen hat, hat jeder Aktionär das Recht, am Sitz der Gesellschaft zumindest von folgenden Unterlagen Kenntnis zu nehmen: a)  dem Verschmelzungsplan; b)  den Jahresabschlüssen und den Geschäftsberichten der sich verschmelzenden Gesellschaften für die letzten drei Geschäftsjahre; c) gegebenenfalls einer Zwischenbilanz, die für einen Zeitpunkt erstellt ist, der nicht vor dem ersten Tag des dritten der Aufstellung des Verschmelzungsplans vorausgehenden Monats liegt, sofern der letzte Jahresabschluss sich auf ein mehr als sechs Monate vor der Aufstellung des Verschmelzungsplans abgelaufenes Geschäftsjahr bezieht; d)  gegebenenfalls den in Artikel 95 vorgesehenen Berichten der Verwaltungs- oder Leitungsorgane der sich verschmelzenden Gesellschaften; e) gegebenenfalls den in Artikel 96 Absatz 1 genannten Berichten. Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe c braucht keine Zwischenbilanz erstellt zu werden, wenn die Gesellschaft gemäß Artikel 5 der Richtlinie 2004/109/EG einen Halbjahresfinanzbericht veröffentlicht und den Aktionären gemäß diesem Absatz zur Verfügung stellt. Ferner können die

Mitgliedstaaten vorsehen, dass keine Zwischenbilanz erstellt wird, wenn alle Aktionäre und Inhaber anderer mit einem Stimmrecht verbundener Wertpapiere aller an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften dies beschlossen haben. (2) Die Zwischenbilanz nach Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c ist nach denselben Methoden und in derselben Gliederung zu erstellen wie die letzte Jahresbilanz. Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können jedoch vorsehen, dass a) es nicht erforderlich ist, eine neue körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen; b) die Bewertungen der letzten Bilanz nur nach Maßgabe der Bewegungen in den Büchern verändert zu werden brauchen, wobei jedoch zu berücksichtigen sind: –– Abschreibungen, Wertberichtigungen und Rückstellungen für die Zwischenzeit, –– wesentliche, aus den Büchern nicht ersichtliche Veränderungen der wirklichen Werte. (3) Vollständige oder, falls gewünscht, auszugsweise Abschriften der in Absatz 1 genannten Unterlagen sind jedem Aktionär auf formlosen Antrag kostenlos zu erteilen. Hat der Aktionär diesem Weg der Informationsübermittlung zugestimmt, so können Informationen auf elektronischem Wege bereitgestellt werden. (4)  Eine Gesellschaft ist von der Pflicht, die in Absatz 1 genannten Dokumente an ihrem Sitz zur Verfügung zu stellen befreit, wenn sie die betreffenden Dokumente während eines fortlaufenden Zeitraums, der mindestens einen Monat vor dem Datum der Hauptversammlung, die über die Verschmelzungspläne zu beschließen hat, beginnt und nicht vor dem Abschluss der Versammlung endet, auf ihren Internetseiten veröffentlicht. Die Mitgliedstaaten knüpfen diese Befreiung an keine anderen Erfordernisse und Auflagen als die, die für die Sicherheit der Internetseiten und die Echtheit der Dokumente erforderlich sind, und dürfen solche Erfordernisse und Auflagen nur einführen, soweit sie zur Erreichung dieses Zwecks angemessen sind. Absatz 3 kommt nicht zur Anwendung, wenn die Aktionäre während des gesamten in Unterabsatz 1 genannten Zeitraums auf den Internetseiten die Möglichkeit haben, die in Absatz 1 genannten Dokumente herunterzuladen und auszudrucken. In diesem Fall können die Mitgliedstaaten jedoch vorsehen, dass die Gesellschaft diese Dokumente an ihrem Sitz zur Einsichtnahme durch die Aktionäre zur Verfügung stellt. Die Mitgliedstaaten können von Gesellschaften verlangen, Informationen für einen bestimmten Zeitraum nach der Hauptversammlung auf ihren Internetseiten verfügbar zu halten. Die Mitgliedstaaten können die Folgen einer vorübergehenden

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§ 18 Anhang GesRRL Unterbrechung des Zugriffs auf die Internetseiten aufgrund technischer oder sonstiger Ursachen bestimmen. Artikel 98 Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer Die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer der sich verschmelzenden Gesellschaften wird gemäß der Richtlinie 2001/23/EG geregelt. Artikel 99 Schutz der Gläubigerinteressen der sich verschmelzenden Gesellschaften (1) Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten sehen ein angemessenes Schutzsystem für die Interessen der Gläubiger der sich verschmelzenden Gesellschaften vor, deren Forderungen vor der Bekanntmachung des Verschmelzungsplans entstanden und zum Zeitpunkt dieser Bekanntmachung noch nicht erloschen sind. (2) Für die Zwecke des Absatzes 1 sehen die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zumindest vor, dass diese Gläubiger Anspruch auf angemessene Garantien haben, wenn die finanzielle Lage der sich verschmelzenden Gesellschaften einen solchen Schutz erforderlich macht und die Gläubiger nicht schon derartige Garantien haben. Die Mitgliedstaaten legen die Modalitäten für den in Absatz 1 und Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes vorgesehenen Schutz fest. Die Mitgliedstaaten gewährleisten in jedem Fall, dass die Gläubiger das Recht haben, bei der zuständigen Verwaltungsbehörde oder dem zuständigen Gericht angemessene Sicherheiten zu beantragen, wenn sie nachweisen können, dass die Befriedigung ihrer Forderungen durch die Verschmelzung gefährdet ist und sie von der Gesellschaft keine angemessenen Sicherheiten erhalten haben. (3) Der Schutz kann für die Gläubiger der übernehmenden Gesellschaft und für die Gläubiger der übertragenden Gesellschaft unterschiedlich sein. Artikel 100 Schutz der Interessen der Anleihegläubiger der sich verschmelzenden Gesellschaften Unbeschadet der Vorschriften über die gemeinsame Ausübung der Rechte der Anleihegläubiger der sich verschmelzenden Gesellschaften ist Artikel 99 auf diese Gläubiger anzuwenden, es sei denn, eine Versammlung der Anleihegläubiger — sofern die nationalen Rechtsvorschriften eine solche Versammlung vorsehen — oder jeder einzelne Anleihegläubiger hat der Verschmelzung zugestimmt.

Artikel 101 Schutz der Inhaber von Wertpapieren, die mit Sonderrechten verbunden sind, jedoch keine Aktien sind Die Inhaber von Wertpapieren, die mit Sonderrechten verbunden, jedoch keine Aktien sind, erhalten in der übernehmenden Gesellschaft Rechte, die mindestens denen gleichwertig sind, die sie in der übertragenden Gesellschaft hatten, es sei denn, dass eine Versammlung der Inhaber — sofern die nationalen Rechtsvorschriften eine solche Versammlung vorsehen — der Änderung dieser Rechte oder dass jeder einzelne Inhaber der Änderung seines Rechts zugestimmt hat oder dass diese Inhaber einen Anspruch auf Rückkauf ihrer Wertpapiere durch die übernehmende Gesellschaft haben. Artikel 102 Öffentliche Beurkundung der Unterlagen (1) Falls die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats für Verschmelzungen eine vorbeugende gerichtliche oder Verwaltungskontrolle der Rechtmäßigkeit nicht vorsehen oder sich diese Kontrolle nicht auf alle für die Verschmelzung erforderlichen Rechtshandlungen erstreckt, werden die Niederschriften der Hauptversammlungen, die über die Verschmelzung beschließen, und gegebenenfalls der nach diesen Hauptversammlungen geschlossene Verschmelzungsvertrag öffentlich beurkundet. Falls die Verschmelzung nicht von den Hauptversammlungen aller sich verschmelzenden Gesellschaften gebilligt werden muss, wird der Verschmelzungsplan öffentlich beurkundet. (2) Der Notar oder die für die öffentliche Beurkundung zuständige Stelle prüft und bestätigt das Vorliegen und die Rechtmäßigkeit der Rechtshandlungen und Formalitäten, die der Gesellschaft obliegen, für die der Notar oder die Stelle tätig wird, sowie das Vorliegen und die Rechtmäßigkeit des Verschmelzungsplans. Artikel 103 Wirksamwerden der Verschmelzung Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bestimmen den Zeitpunkt, zu dem die Verschmelzung wirksam wird. Artikel 104 Formalitäten der Offenlegung einer Verschmelzung (1) Für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften wird die Verschmelzung nach den in den

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§ 18 Anhang GesRRL

Rechtsvorschriften eines jeden Mitgliedstaats vorgesehenen Verfahren in Übereinstimmung mit Artikel 16 offengelegt. (2) Die übernehmende Gesellschaft kann die für die übertragende Gesellschaft oder die übertragenden Gesellschaften vorzunehmenden Formalitäten der Offenlegung selbst veranlassen. Artikel 105 Folgen einer Verschmelzung (1)  Die Verschmelzung bewirkt ipso jure gleichzeitig Folgendes: a) Sowohl zwischen der übertragenden Gesellschaft und der übernehmenden Gesellschaft als auch gegenüber Dritten geht das gesamte Aktiv- und Passivvermögen der übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende Gesellschaft über; b) die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft werden Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft und c)  die übertragende Gesellschaft erlischt. (2) Es werden keine Aktien der übernehmenden Gesellschaft im Austausch für Aktien der übertragenden Gesellschaft begeben, die sich a) im Besitz der übernehmenden Gesellschaft selbst oder einer Person befinden, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelt; oder b) im Besitz der übertragenden Gesellschaft selbst oder einer Person befinden, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelt. (3) Unberührt bleiben die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die für die Wirksamkeit der Übertragung bestimmter, von der übertragenden Gesellschaft eingebrachter Vermögensgegenstände, Rechte und Pflichten gegenüber Dritten besondere Formalitäten erfordern. Die übernehmende Gesellschaft kann diese Formalitäten selbst veranlassen; die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten können jedoch der übertragenden Gesellschaft gestatten, während eines begrenzten Zeitraums diese Formalitäten weiter zu vollziehen; dieser Zeitraum darf nur in Ausnahmefällen auf mehr als sechs Monate nach dem Zeitpunkt, in dem die Verschmelzung wirksam wird, festgesetzt werden. Artikel 106 Zivilrechtliche Haftung der Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans der übertragenden Gesellschaft Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten regeln zumindest die zivilrechtliche Haftung der Mitglieder

des Verwaltungs- oder Leitungsorgans der übertragenden Gesellschaft gegenüber den Aktionären dieser Gesellschaft für schuldhaftes Verhalten von Mitgliedern dieses Organs bei der Vorbereitung und dem Vollzug der Verschmelzung. Artikel 107 Zivilrechtliche Haftung der Sachverständigen, die für die übertragende Gesellschaft Berichte erstellen Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten regeln zumindest die zivilrechtliche Haftung der Sachverständigen, die den in Artikel 96 Absatz 1 vorgesehenen Bericht für die übertragende Gesellschaft erstellen, gegenüber den Aktionären dieser Gesellschaft für schuldhaftes Verhalten dieser Sachverständigen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Artikel 108 Voraussetzungen für die Nichtigkeit der Verschmelzung (1) Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten können die Nichtigkeit der Verschmelzung von Gesellschaften nur nach Maßgabe folgender Bestimmungen regeln: a) Die Nichtigkeit muss durch gerichtliche Entscheidung ausgesprochen werden; b) für nichtig erklärt werden kann eine im Sinne von Artikel 103 wirksam gewordene Verschmelzung nur wegen Fehlens einer vorbeugenden gerichtlichen oder verwaltungsmäßigen Kontrolle der Rechtmäßigkeit oder einer öffentlichen Beurkundung oder wenn festgestellt wird, dass der Beschluss der Hauptversammlung nach nationalem Recht nichtig oder anfechtbar ist; c) die Nichtigkeitsklage kann nicht mehr erhoben werden, wenn eine Frist von sechs Monaten verstrichen ist, nachdem die Verschmelzung demjenigen gegenüber wirksam geworden ist, der sich auf die Nichtigkeit beruft, oder wenn der Mangel behoben worden ist; d) kann der Mangel, dessentwegen die Verschmelzung für nichtig erklärt werden kann, behoben werden, so hat das zuständige Gericht den beteiligten Gesellschaften dazu eine Frist einzuräumen; e) die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Nichtigkeit der Verschmelzung ausgesprochen wird, hat in Übereinstimmung mit Artikel 16 nach den in den Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaats vorgesehenen Verfahren offengelegt zu werden; f) falls die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten gegen die gerichtliche Entscheidung einen Einspruch Dritter vorsehen, so kann dieser Dritte

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§ 18 Anhang GesRRL nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten seit Offenlegung der gerichtlichen Entscheidung gemäß Titel I Kapitel III Abschnitt 1 nicht mehr erhoben werden; g) die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Nichtigkeit der Verschmelzung ausgesprochen wird, berührt für sich allein nicht die Wirksamkeit der Verpflichtungen, die vor der Offenlegung der gerichtlichen Entscheidung, jedoch nach dem Zeitpunkt, in dem die Verschmelzung wirksam wird, zu Lasten oder zugunsten der übernehmenden Gesellschaft entstanden sind und h) die an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften haften als Gesamtschuldner für die in Buchstabe g genannten Verpflichtungen der übernehmenden Gesellschaft. (2)  Abweichend von Absatz 1 Buchstabe a können die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats auch gestatten, dass die Nichtigkeit der Verschmelzung durch eine Verwaltungsbehörde ausgesprochen wird, wenn gegen eine solche Entscheidung ein Rechtsbehelf bei einem Gericht eingelegt werden kann. Absatz 1 Buchstabe b und Buchstaben d bis h gilt für die Verwaltungsbehörde entsprechend. Dieses Nichtigkeitsverfahren kann nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Verschmelzung wirksam wird, nicht mehr eingeleitet werden. (3) Unberührt bleiben die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Nichtigkeit einer Verschmelzung, die im Wege einer anderen Kontrolle der Verschmelzung als der vorbeugenden gerichtlichen oder verwaltungsmäßigen Kontrolle der Rechtmäßigkeit ausgesprochen wird. Abschnitt 3 Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft Artikel 109 Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft (1)  Die Artikel 91, 92, 93 sowie 95 bis 108 sind unbeschadet der Artikel 11 und 12 auf die Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft anwendbar. Hierbei sind unter „sich verschmelzenden Gesellschaften“ oder „übertragender Gesellschaft“ die erlöschenden Gesellschaften und unter „übernehmender Gesellschaft“ die neue Gesellschaft zu verstehen. Artikel 91 Absatz 2 Buchstabe a wird auch auf die neue Gesellschaft angewendet. (2) Der Verschmelzungsplan und, falls sie Gegenstand eines getrennten Aktes sind, der Errichtungsakt oder der Entwurf des Errichtungsaktes und die Satzung oder der Entwurf der Satzung der neuen Ge-

sellschaft bedürfen der Zustimmung der Hauptversammlung jeder der erlöschenden Gesellschaften. Abschnitt 4 Verschmelzung einer Gesellschaft mit einer Anderen, der mindestens 90 % der Aktien der Ersteren gehören Artikel 110 Übertragung des gesamten Aktivund Passivvermögens einer oder mehrerer Gesellschaften auf eine andere Gesellschaft, der alle Aktien und alle sonstigen Anteile der übertragenden Gesellschaft oder Gesellschaften gehören Die Mitgliedstaaten regeln für die Gesellschaften, die ihrem Recht unterliegen, den Vorgang, durch den eine oder mehrere Gesellschaften ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf eine andere Gesellschaft übertragen, der alle Aktien sowie alle sonstigen Anteile der übertragenden Gesellschaft oder Gesellschaften gehören, die in der Hauptversammlung ein Stimmrecht gewähren. Auf diesen Vorgang sind die Bestimmungen des Abschnittes 2 dieses Kapitels anzuwenden. Allerdings dürfen die Mitgliedstaaten keine der in Artikel 91 Absatz 2 Buchstaben b, c und d, Artikel 95 und 96, Artikel 97 Absatz 1 Buchstaben d und e, Artikel 105 Absatz 1 Buchstabe b, Artikel 106 sowie Artikel 107 beschriebenen Anforderungen auferlegen. Artikel 111 Befreiung vom Erfordernis der Zustimmung der Hauptversammlung Die Mitgliedstaaten wenden Artikel 93 nicht auf die in Artikel 110 genannten Vorgänge an, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: a) Die in Artikel 92 vorgeschriebene Offenlegung wird für die an dem Vorgang beteiligten Gesellschaften mindestens einen Monat vor dem Zeitpunkt, zu dem der Vorgang wirksam wird, bewirkt; b)  alle Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft haben das Recht, mindestens einen Monat vor dem Zeitpunkt, zu dem der Vorgang wirksam wird, am Sitz dieser Gesellschaft von den in Artikel 97 Absatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Unterlagen Kenntnis zu nehmen; c)  Artikel 94 Absatz 1 Buchstabe c findet Anwendung. Für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe b des vorliegenden Artikels gilt Artikel 97 Absätze 2, 3 und 4.

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§ 18 Anhang GesRRL Artikel 112

Artikel 114

Aktien im Besitz der übernehmenden Gesellschaft oder im Besitz für Rechnung der übernehmenden Gesellschaft

Befreiung von für Verschmelzungen durch Aufnahme geltenden Anforderungen

Die Mitgliedstaaten können die Artikel 110 und 111 auf Vorgänge anwenden, durch die eine oder mehrere Gesellschaften ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf eine andere Gesellschaft übertragen, wenn alle in Artikel 110 genannten Aktien und sonstigen Anteile der übertragenden Gesellschaft oder Gesellschaften der übernehmenden Gesellschaft und/oder Personen gehören, welche diese Aktien und Anteile im eigenen Namen, aber für Rechnung der übernehmenden Gesellschaft besitzen. Artikel 113 Verschmelzung im Wege der Aufnahme durch eine Gesellschaft, der mindestens 90 % der Aktien der übertragenden Gesellschaft gehören Vollzieht eine Gesellschaft, die mindestens 90 %, aber nicht alle Aktien und sonstigen in der Gesellschafterversammlung Stimmrecht gewährenden Anteile der übertragenden Gesellschaft bzw. Gesellschaften hält, eine Verschmelzung im Wege der Aufnahme, so dürfen die Mitgliedstaaten die Genehmigung der Verschmelzung durch die Hauptversammlung der übernehmenden Gesellschaft nicht vorschreiben, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind: a)  Die in Artikel 92 vorgeschriebene Offenlegung wird für die übernehmende Gesellschaft mindestens einen Monat vor dem Tage derjenigen Hauptversammlung der übertragenden Gesellschaft oder Gesellschaften, die über den Verschmelzungsplan zu beschließen hat bzw. haben, bewirkt; b)  alle Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft haben das Recht, mindestens einen Monat vor dem unter Buchstabe a angegebenen Zeitpunkt am Sitz dieser Gesellschaft von den in Artikel 97 Absatz 1 Buchstaben a, b und gegebenenfalls Artikel 97 Absatz 1 Buchstaben c, d und e bezeichneten Unterlagen Kenntnis zu nehmen; c)  Artikel 94 Absatz 1 Buchstabe c findet Anwendung. Für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe b des vorliegenden Artikels gilt Artikel 97 Absätze 2, 3 und 4.

Die Mitgliedstaaten dürfen die Anforderungen der Artikel 95, 96 und 97 bei Verschmelzungen im Sinne von Artikel 113 nicht auferlegen, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: a) Die Minderheitsaktionäre der übertragenden Gesellschaft haben das Recht, ihre Aktien von der übernehmenden Gesellschaft aufkaufen zu lassen; b)  in diesem Fall haben sie Anspruch auf ein dem Wert ihrer Aktien entsprechendes Entgelt; c) sofern hierüber keine Einigung erzielt wird, kann das Entgelt durch das Gericht oder von einer von dem Mitgliedstaat zu diesem Zweck benannten Verwaltungsbehörde festgesetzt werden. Ein Mitgliedstaat braucht den ersten Absatz nicht anzuwenden, wenn die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats die übernehmende Gesellschaft dazu berechtigen, von allen Inhabern der verbleibenden Anteile der zu übernehmenden Gesellschaft oder Gesellschaften ohne ein vorheriges öffentliches Übernahmeangebot zu verlangen, ihr diese Anteile vor der Verschmelzung zu einem angemessenen Preis zu verkaufen. Artikel 115 Übertragung des gesamten Aktiv- und Passivvermögens einer oder mehrerer Gesellschaften auf eine Gesellschaft, der 90 % oder mehr der Aktien der übertragenden Gesellschaft oder Gesellschaften gehören Die Mitgliedstaaten können die Artikel 113 und 114 auf Vorgänge anwenden, durch die eine oder mehrere Gesellschaften ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf eine andere Gesellschaft übertragen, wenn 90 % oder mehr, jedoch nicht alle der in Artikel 113 genannten Aktien und sonstigen Anteile der übertragenden Gesellschaft oder Gesellschaften der übernehmenden Gesellschaft und/oder Personen gehören, welche diese Aktien und Anteile im eigenen Namen, aber für Rechnung der übernehmenden Gesellschaft besitzen.

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§ 18 Anhang GesRRL Abschnitt 5

der Gesellschaft haftet, und die nach dem für sie maßgebenden nationalen Recht Schutzbestimmungen im Sinne des Titels I Kapitel II Abschnitt 2 und des Titels I Kapitel III Abschnitt 1 im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter einhalten muss;

Andere der Verschmelzung gleichgestellte Vorgänge Artikel 116 Verschmelzung durch bare Zuzahlung in Höhe von über 10 % Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats für einen der in Artikel 88 vorgesehenen Vorgänge, dass die bare Zuzahlung den Satz von 10 % übersteigt, so werden die Abschnitte 2 und 3 dieses Kapitels sowie die Artikel 113, 114 und 115 angewendet. Artikel 117 Verschmelzung ohne Erlöschen sämtlicher übertragender Gesellschaften Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats einen der in den Artikeln 88, 110 oder 116 vorgesehenen Vorgänge, ohne dass alle übertragenden Gesellschaften erlöschen, so werden Abschnitt 2 — mit Ausnahme des Artikels 105 Absatz 1 Buchstabe c — und die Abschnitte 3 oder 4 dieses Kapitels angewendet. KAPITEL II Grenzüberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften Artikel 118 Allgemeine Bestimmungen Dieses Kapitel gilt für Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden sind und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in der Union haben, sofern mindestens zwei der Gesellschaften dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen (nachstehend „grenzüberschreitende Verschmelzungen“ genannt). Artikel 119 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Kapitels bezeichnet der Ausdruck 1.  „Kapitalgesellschaft“ schaft“ genannt)

(nachstehend

„Gesell-

a) eine Gesellschaft im Sinne des Anhangs II; oder b) eine Gesellschaft, die Rechtspersönlichkeit besitzt und über gesondertes Gesellschaftskapital verfügt, das allein für die Verbindlichkeiten

2.  „Verschmelzung“ den Vorgang, durch den a) eine oder mehrere Gesellschaften zum Zeitpunkt ihrer Auflösung ohne Abwicklung ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen auf eine bereits bestehende Gesellschaft  — „übernehmende Gesellschaft“  — gegen Gewährung von Aktien oder sonstigen Anteilen am Gesellschaftskapital der anderen Gesellschaft an ihre eigenen Gesellschafter und gegebenenfalls einer baren Zuzahlung übertragen; die Zuzahlung darf 10 % des Nennwerts oder — bei Fehlen eines solchen — des rechnerischen Werts dieser Aktien oder sonstigen Anteile nicht überschreiten; oder b) zwei oder mehrere Gesellschaften zum Zeitpunkt ihrer Auflösung ohne Abwicklung ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen auf eine von ihnen gegründete Gesellschaft  — „neue Gesellschaft“ — gegen Gewährung von Aktien oder sonstigen Anteilen am Gesellschaftskapital der neuen Gesellschaft an ihre eigenen Gesellschafter und gegebenenfalls einer baren Zuzahlung übertragen; die Zuzahlung darf 10 % des Nennwerts oder — bei Fehlen eines solchen — des rechnerischen Werts dieser Aktien oder sonstigen Anteile nicht überschreiten; oder c)  eine Gesellschaft zum Zeitpunkt ihrer Auflösung ohne Abwicklung ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen auf die Gesellschaft überträgt, die sämtliche Aktien oder sonstigen Anteile an ihrem Gesellschaftskapital besitzt. Artikel 120 Sonderregeln zum Anwendungsbereich (1)  Ungeachtet des Artikels  119 Nummer 2 findet dieses Kapitel auch dann Anwendung auf grenzüberschreitende Verschmelzungen, wenn die bare Zuzahlung gemäß Artikel 119 Nummer 2 Buchstaben a und b nach dem Recht mindestens eines der betroffenen Mitgliedstaaten 10 % des Nennwerts oder — bei Fehlen eines solchen — des rechnerischen Werts der Aktien oder sonstigen Anteile am Kapital der Gesellschaft, die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgeht, überschreiten darf. (2) Die Mitgliedstaaten können beschließen, dieses Kapitel nicht auf grenzüberschreitende Verschmelzungen anzuwenden, an denen eine Genossenschaft beteiligt ist; dies gilt auch dann, wenn diese Genossenschaft unter die Definition des Begriffs „Kapitalgesellschaft“ gemäß Artikel 119 Nummer 1 fällt.

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§ 18 Anhang GesRRL

(3) Dieses Kapitel gilt nicht für grenzüberschrei­ tende Verschmelzungen, an denen eine Gesellschaft beteiligt ist, deren Zweck es ist, die vom Publikum bei ihr eingelegten Gelder nach dem Grundsatz der Risikostreuung gemeinsam anzulegen und deren Anteile auf Verlangen der Anteilsinhaber unmittelbar oder mittelbar zulasten des Vermögens dieser Gesellschaft zurückgenommen oder ausgezahlt werden. Diesen Rücknahmen oder Auszahlungen gleichgestellt sind Handlungen, mit denen eine solche Gesellschaft sicherstellen will, dass der Börsenwert ihrer Anteile nicht erheblich von deren Nettoinventarwert abweicht. (4) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass dieses Kapitel nicht auf Gesellschaften angewandt wird, die Gegenstand eines Rückgriffs auf die in Titel IV der Richtlinie 2014/59/EU vorgesehenen Abwicklungsinstrumente, -befugnisse und -mechanismen sind. Artikel 121 Voraussetzungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen (1)  Sofern dieses Kapitel nicht etwas anderes bestimmt, a) sind grenzüberschreitende Verschmelzungen nur zwischen Gesellschaften solcher Rechtsformen möglich, die sich nach dem nationalen Recht der betroffenen Mitgliedstaaten verschmelzen dürfen; b) muss eine Gesellschaft, die sich an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligt, die Vorschriften und Formalitäten des für sie geltenden nationalen Rechts einhalten bzw. erledigen. Wenn das Recht eines Mitgliedstaats es den Behörden dieses Mitgliedstaats gestattet, eine innerstaatliche Verschmelzung aus Gründen des öffentlichen Interesses zu verbieten, so gilt dies auch für eine grenzüberschreitende Verschmelzung, bei der mindestens eine der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften dem Recht dieses Mitgliedstaats unterliegt. Diese Bestimmung gilt nicht, soweit Artikel 21 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 anwendbar ist. (2) Zu den in Absatz 1 Buchstabe b genannten Vorschriften und Formalitäten zählen insbesondere Bestimmungen über das die Verschmelzung betreffende Beschlussfassungsverfahren und — angesichts des grenzüberschreitenden Charakters der Verschmelzung — über den Schutz der Gläubiger der sich verschmelzenden Gesellschaften, der Anleihegläubiger und der Inhaber von Aktien oder sonstigen Anteilen sowie über den Schutz der Arbeitnehmer, soweit andere als die in Artikel 133 geregelten Rechte betroffen sind. Ein Mitgliedstaat, dessen Recht die an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften unterliegen, kann Vorschriften erlassen, um einen angemessenen Schutz der Minderheitsgesellschafter,

die die grenzüberschreitende Verschmelzung abgelehnt haben, zu gewährleisten. Artikel 122 Gemeinsamer Plan für grenzüberschreitende Verschmelzungen Die Leitungs- oder Verwaltungsorgane der sich verschmelzenden Gesellschaften stellen einen gemeinsamen Plan für eine grenzüberschreitende Verschmelzung (nachstehend „gemeinsamer Verschmelzungsplan“ genannt) auf. Dieser Plan enthält mindestens folgende Angaben: a) Rechtsform, Firma und Sitz der sich verschmelzenden Gesellschaften sowie Rechtsform, Firma und Sitz, die für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft vorgesehen sind; b) das Umtauschverhältnis der Aktien oder sonstigen Gesellschaftsanteile und gegebenenfalls die Höhe der baren Zuzahlungen; c) die Einzelheiten der Übertragung der Aktien oder sonstigen Gesellschaftsanteile der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft; d die voraussichtlichen Auswirkungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf die Beschäftigung; e) den Zeitpunkt, von dem an diese Aktien oder sonstigen Gesellschaftsanteile deren Inhabern das Recht auf Beteiligung am Gewinn gewähren, sowie alle Besonderheiten, die eine Auswirkung auf dieses Recht haben; f) den Zeitpunkt, von dem an die Handlungen der sich verschmelzenden Gesellschaften unter dem Gesichtspunkt der Rechnungslegung als für Rechnung der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft vorgenommen gelten; g) die Rechte, welche die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft den mit Sonderrechten ausgestatteten Gesellschaftern und den Inhabern von anderen Wertpapieren als Gesellschaftsanteilen gewährt, oder die für diese Personen vorgeschlagenen Maßnahmen; h) etwaige besondere Vorteile, die den Sachverständigen, die den Verschmelzungsplan prüfen, oder den Mitgliedern der Verwaltungs-, Leitungs-, Aufsichts- oder Kontrollorgane der sich verschmelzenden Gesellschaften gewährt werden; i) die Satzung der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft; j) gegebenenfalls Angaben zu dem Verfahren, nach dem gemäß Artikel 133 die Einzelheiten über die Beteiligung von Arbeitnehmern an der Festlegung ihrer Mitbestimmungsrechte in der

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§ 18 Anhang GesRRL aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft geregelt werden; k) Angaben zur Bewertung des Aktiv- und Passivvermögens, das auf die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft übertragen wird; l) den Stichtag der Jahresabschlüsse der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften, die zur Festlegung der Bedingungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung verwendet werden. Artikel 123 Bekanntmachung (1)  Der gemeinsame Verschmelzungsplan wird auf die im nationalen Recht jedes Mitgliedstaats vorgesehene Weise im Einklang mit Artikel 16 für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften spätestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung, auf der darüber zu beschließen ist, bekannt gemacht. Jede der verschmelzenden Gesellschaften ist von der Offenlegungspflicht nach Artikel  16 befreit, wenn sie die gemeinsamen Verschmelzungspläne während eines fortlaufenden Zeitraums, der mindestens einen Monat vor dem Datum der Hauptversammlung, die über die gemeinsamen Verschmelzungspläne für die grenzüberschreitende Verschmelzung zu beschließen hat, beginnt, und nicht vor dem Abschluss dieser Versammlung endet, für die Öffentlichkeit kostenlos auf ihren Internetseiten der Öffentlichkeit zugänglich macht. Die Mitgliedstaaten knüpfen diese Befreiung an keine anderen Erfordernisse und Auflagen als die, die für die Sicherheit der Internetseiten und die Echtheit der Dokumente erforderlich sind, und dürfen solche Erfordernisse und Auflagen nur einführen, soweit sie zur Erreichung dieser Zwecke angemessen sind. Abweichend von Unterabsatz 2 können die Mitgliedstaaten verlangen, dass die Veröffentlichung über die zentrale elektronische Plattform gemäß Artikel 16 Absatz 5 erfolgt. Die Mitgliedstaaten können alternativ verlangen, dass die Veröffentlichung auf anderen, von ihnen zu diesem Zweck benannten Internetseiten erfolgt. Machen die Mitgliedstaaten von einer dieser Möglichkeiten Gebrauch, so gewährleisten sie, dass den Gesellschaften für diese Veröffentlichung keine spezifischen Kosten entstehen. Werden andere Internetseiten als die zentrale elektronische Plattform genutzt, wird mindestens einen Monat vor dem Datum der Hauptversammlung auf der zentralen elektronischen Plattform ein Verweis, der zu diesen Internetseiten führt, veröffentlicht. Dieser Verweis enthält auch das Datum der Veröffentlichung der Verschmelzungspläne im Internet und ist der Öffentlichkeit kostenlos zugänglich. Den Gesellschaften entstehen für diese Veröffentlichung keine spezifischen Kosten. Das in den Unterabsätzen 3 und 4 genannte Verbot, von Gesellschaften eine spezifische Gebühr

für die Veröffentlichung zu verlangen, lässt die Möglichkeit der Mitgliedstaaten unberührt, die Kosten für die zentrale elektronische Plattform an Gesellschaften weiterzugeben. Die Mitgliedstaaten können von Gesellschaften verlangen, Informationen für einen bestimmten Zeitraum nach der Hauptversammlung auf ihren Internetseiten oder gegebenenfalls auf der zen­ tralen elektronischen Plattform oder den anderen von dem betreffenden Mitgliedstaat benannten Internetseiten verfügbar zu halten. Die Mitgliedstaaten können die Folgen einer vorübergehenden Unterbrechung des Zugriffs auf die Internetseiten und die zentrale elektronische Plattform aufgrund technischer oder sonstiger Ursachen bestimmen. (2) Vorbehaltlich der zusätzlichen Anforderungen des Mitgliedstaats, dessen Recht die betreffende Gesellschaft unterliegt, müssen für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften die folgenden Angaben im Amtsblatt dieses Mitgliedstaats bekannt gemacht werden: a) Rechtsform, Firma und Sitz jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften, b) das Register, bei dem die in Artikel 16 Absatz 3 genannten Urkunden für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften hinterlegt worden sind, sowie die Nummer der Eintragung in das Register, c) für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften ein Hinweis auf die Modalitäten für die Ausübung der Rechte der Gläubiger und gegebenenfalls der Minderheitsgesellschafter der sich verschmelzenden Gesellschaften sowie die Anschrift, unter der vollständige Auskünfte über diese Modalitäten kostenlos eingeholt werden können. Artikel 124 Bericht des Leitungs- oder Verwaltungsorgans Das Leitungs- oder Verwaltungsorgan jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften erstellt einen für die Gesellschafter bestimmten Bericht, in dem die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der grenzüberschreitenden Verschmelzung erläutert und begründet und die Auswirkungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf die Gesellschafter, die Gläubiger und die Arbeitnehmer erläutert werden. Der Bericht ist den Gesellschaftern und den Vertretern der Arbeitnehmer oder — wenn es solche Vertreter nicht gibt — den Arbeitnehmern direkt spätestens einen Monat vor der in Artikel 126 genannten Gesellschafterversammlung zugänglich zu machen. Erhält das Leitungs- oder Verwaltungsorgan einer der sich verschmelzenden Gesellschaften nach Maßgabe der nationalen Rechtsvorschriften

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rechtzeitig eine Stellungnahme der Vertreter ihrer Arbeitnehmer, so ist diese Stellungnahme dem Bericht anzufügen. Artikel 125

(3)  In den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats muss nicht die Zustimmung der Gesellschafterversammlung der übernehmenden Gesellschaft vorgeschrieben werden, wenn die Bedingungen des Artikels 94 erfüllt sind.

Bericht unabhängiger Sachverständiger

Artikel 127

(1) Für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften wird ein für die Gesellschafter bestimmter Bericht unabhängiger Sachverständiger erstellt, der spätestens einen Monat vor der in Artikel 126 genannten Gesellschafterversammlung vorliegen muss. Als Sachverständige können je nach dem Recht der Mitgliedstaaten natürliche Personen oder juristische Personen bestellt werden.

Vorabbescheinigung

(2) Als Alternative zur Heranziehung von Sachverständigen, die für Rechnung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften tätig sind, können ein oder mehrere unabhängige Sachverständige, die auf gemeinsamen Antrag dieser Gesellschaften von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde des Mitgliedstaats, dessen Recht eine der sich verschmelzenden Gesellschaften oder die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt, dazu bestellt bzw. von einer solchen Behörde zugelassen wurden, den gemeinsamen Verschmelzungsplan prüfen und einen einzigen für alle Gesellschafter bestimmten schriftlichen Bericht erstellen. (3)  Der Bericht der Sachverständigen enthält zumindest die Angaben nach Artikel  96 Absatz  2. Die Sachverständigen haben das Recht, von jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften alle Auskünfte zu erlangen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe für erforderlich halten. (4) Weder die Prüfung des gemeinsamen Verschmelzungsplans durch unabhängige Sachverständige noch die Erstellung eines Sachverständigenberichts sind erforderlich, wenn alle Gesellschafter aller sich verschmelzenden Gesellschaften darauf verzichten. Artikel 126 Zustimmung der Gesellschafter­versammlung (1)  Nach Kenntnisnahme der in Artikel 124 und Artikel 125 genannten Berichte beschließt die Gesellschafterversammlung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften über die Zustimmung zu dem gemeinsamen Verschmelzungsplan. (2) Die Gesellschafterversammlung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften kann die Verschmelzung davon abhängig machen, dass die Modalitäten für die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft ausdrücklich von ihr bestätigt werden.

(1) Jeder Mitgliedstaat benennt das Gericht, den Notar oder die sonstige zuständige Behörde, die die Rechtmäßigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung für die Verfahrensabschnitte kontrolliert, welche die sich verschmelzenden Gesellschaften betreffen, die seinem nationalen Recht unterliegen. (2)  In jedem dieser Mitgliedstaaten stellt die nach Absatz 1 benannte Stelle jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften, die dem Recht dieses Staates unterliegt, unverzüglich eine Bescheinigung aus, aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass die der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten ordnungsgemäß vollzogen wurden. (3)  Ist nach dem Recht eines Mitgliedstaats, dem eine sich verschmelzende Gesellschaft unterliegt, ein Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses der Aktien oder sonstigen Anteile oder zur Abfindung von Minderheitsgesellschaftern vorgesehen, das jedoch der Eintragung der grenzüberschreitenden Verschmelzung nicht entgegensteht, so kommt dieses Verfahren nur zur Anwendung, wenn die anderen sich verschmelzenden Gesellschaften in Mitgliedstaaten, die ein solches Verfahren nicht vorsehen, bei der Zustimmung zum Verschmelzungsplan gemäß Artikel 126 Absatz 1 ausdrücklich akzeptieren, dass die Gesellschafter der erstgenannten sich verschmelzenden Gesellschaft ein solches Verfahren bei dem Gericht, das für diese Gesellschaft zuständig ist, beantragen können. In diesem Fall kann die in Absatz 1 genannte Stelle die Bescheinigung nach Absatz 2 auch dann ausstellen, wenn ein solches Verfahren eingeleitet wurde. In der Bescheinigung wird jedoch angegeben, dass ein solches Verfahren anhängig ist. Die in dem Verfahren ergehende Entscheidung ist für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft und alle ihre Gesellschafter bindend. Artikel 128 Überprüfung der Rechtmäßigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung (1) Jeder Mitgliedstaat benennt das Gericht, den Notar oder die sonstige zuständige Behörde, die die Rechtmäßigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung für die Verfahrensabschnitte kontrolliert, welche die Durchführung der grenzüber-

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§ 18 Anhang GesRRL schreitenden Verschmelzung und gegebenenfalls die Gründung einer neuen, aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft betreffen, wenn diese durch die grenzüberschreitende Verschmelzung geschaffene Gesellschaft seinem nationalen Recht unterliegt. Die betreffende Stelle stellt insbesondere sicher, dass die sich verschmelzenden Gesellschaften einem gemeinsamen gleich lautenden Verschmelzungsplan zugestimmt haben, und gegebenenfalls, dass eine Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer gemäß Artikel 133 geschlossen wurde. (2) Für die Zwecke des Absatzes 1 legt jede der sich verschmelzenden Gesellschaften der in Absatz 1 genannten Stelle die Bescheinigung nach Artikel 127 Absatz 2 innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Erteilung sowie den von der Gesellschafterversammlung gemäß Artikel 126 genehmigten gemeinsamen Verschmelzungsplan vor. Artikel 129 Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung Der Zeitpunkt, an dem die grenzüberschreitende Verschmelzung wirksam wird, bestimmt sich nach dem Recht des Mitgliedstaats, dem die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt. Die Verschmelzung kann jedoch erst dann wirksam werden, wenn die Kontrolle nach Artikel 128 abgeschlossen ist. Artikel 130 Eintragung Das Recht jedes Mitgliedstaats, dem die sich verschmelzenden Gesellschaften unterlagen, bestimmt für das Hoheitsgebiet des betreffenden Staates, in welcher Form der Abschluss der grenzüberschreitenden Verschmelzung gemäß Artikel 16 bei dem öffentlichen Register, bei dem jede der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften ihre Urkunden zu hinterlegen hat, offenzulegen ist. Das Register, in dem die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft eingetragen wird, meldet unverzüglich dem Register, bei dem jede der Gesellschaften ihre Unterlagen zu hinterlegen hatte, über das gemäß Artikel 22 Absatz 2 eingerichtete System der Registervernetzung, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung wirksam geworden ist. Die Löschung der früheren Eintragung erfolgt gegebenenfalls bei Eingang dieser Meldung, und nicht vorher.

Artikel 131 Wirkungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung (1) Die gemäß Artikel 119 Nummer 2 Buchstaben a und c vollzogene grenzüberschreitende Verschmelzung bewirkt ab dem in Artikel 129 genannten Zeitpunkt Folgendes: a) Das gesamte Aktiv- und Passivvermögen der übertragenden Gesellschaft geht auf die übernehmende Gesellschaft über. b) Die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft werden Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft. c) Die übertragende Gesellschaft erlischt. (2) Die nach Artikel 119 Nummer 2 Buchstabe b vollzogene grenzüberschreitende Verschmelzung bewirkt ab dem in Artikel 129 genannten Zeitpunkt Folgendes: a) Das gesamte Aktiv- und Passivvermögen der sich verschmelzenden Gesellschaften geht auf die neue Gesellschaft über. b) Die Gesellschafter der sich verschmelzenden Gesellschaften werden Gesellschafter der neuen Gesellschaft. c) Die sich verschmelzenden Gesellschaften erlöschen. (3)  Schreibt das Recht der Mitgliedstaaten im Falle einer grenzüberschreitenden Verschmelzung von Gesellschaften im Sinne dieses Kapitels die Erfüllung besonderer Formalitäten vor, bevor die Übertragung bestimmter von den sich verschmelzenden Gesellschaften eingebrachter Vermögensgegenstände, Rechte und Verbindlichkeiten gegenüber Dritten wirksam wird, so werden diese Formalitäten von der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft erfüllt. (4) Die zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der grenzüberschreitenden Verschmelzung bestehenden Rechte und Pflichten der sich verschmelzenden Gesellschaften aus Arbeitsverträgen oder Beschäftigungsverhältnissen gehen infolge des Wirksamwerdens dieser grenzüberschreitenden Verschmelzung auf die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft zu dem Zeitpunkt über, zu dem die grenzüberschreitende Verschmelzung wirksam wird. (5) Anteile an der übernehmenden Gesellschaft werden nicht gegen Anteile an der übertragenden Gesellschaft getauscht, wenn diese Anteile a)  entweder von der übernehmenden Gesellschaft selbst oder von einer zwar im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der übernehmenden Gesellschaft handelnden Person; b)  oder von der übertragenden Gesellschaft selbst oder von einer zwar im eigenen Namen, jedoch

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für Rechnung der übertragenden Gesellschaft handelnden Person gehalten werden. Artikel 132 Vereinfachte Formalitäten (1) Vollzieht eine Gesellschaft, die sämtliche in der Gesellschafterversammlung Stimmrecht gewährenden Aktien und sonstigen Anteile der übertragenden Gesellschaft(en) hält, eine grenzüberschreitende Verschmelzung im Wege der Aufnahme, so ––

finden Artikel 122 Buchstaben b, c und e, Artikel 125 und Artikel 131 Absatz 1 Buchstabe b keine Anwendung;

––

findet Artikel 126 Absatz 1 keine Anwendung auf die übertragende(n) Gesellschaft(en).

(2) Vollzieht eine Gesellschaft, die mindestens 90 %, aber nicht alle Aktien und sonstigen in der Gesellschafterversammlung Stimmrecht gewährenden Anteile der übertragenden Gesellschaft(en) hält, eine grenzüberschreitende Verschmelzung im Wege der Aufnahme, so sind die Berichte des oder der unabhängigen Sachverständigen sowie die zur Kontrolle notwendigen Unterlagen gemäß Titel II Kapitel I nur insoweit erforderlich, als dies nach den entweder für die übernehmende oder die übertragende Gesellschaft geltenden nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Artikel 133 Mitbestimmung der Arbeitnehmer (1)  Unbeschadet des Absatzes 2 findet auf die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft die Regelung für die Arbeitnehmermitbestimmung Anwendung, die gegebenenfalls in dem Mitgliedstaat gilt, in dem diese Gesellschaft ihren Sitz hat. (2) Die Regelung für die Arbeitnehmermitbestimmung, die gegebenenfalls in dem Mitgliedstaat gilt, in dem die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz hat, findet jedoch keine Anwendung, wenn in den sechs Monaten vor der Veröffentlichung des in Artikel 123 genannten Verschmelzungsplans mindestens eine der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften durchschnittlich mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt und in dieser Gesellschaft ein System der Arbeitnehmermitbestimmung im Sinne des Artikels 2 Buchstabe k der Richtlinie 2001/86/EG besteht, oder wenn das für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft maßgebende nationale Recht a)  nicht mindestens den gleichen Umfang an Mitbestimmung der Arbeitnehmer vorsieht, wie er in den jeweiligen an der Verschmelzung be-

teiligten Gesellschaften bestand, wobei dieser Umfang als der Anteil der die Arbeitnehmer vertretenden Mitglieder des Verwaltungs- oder des Aufsichtsorgans oder ihrer Ausschüsse oder des Leitungsgremiums ausgedrückt wird, das für die Ergebniseinheiten der Gesellschaft zuständig ist, wenn eine Arbeitnehmermitbestimmung besteht; oder b) für Arbeitnehmer in Betrieben der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft, die sich in anderen Mitgliedstaaten befinden, nicht den gleichen Anspruch auf Ausübung von Mitbestimmungsrechten vorsieht, wie sie den Arbeitnehmern in demjenigen Mitgliedstaat gewährt werden, in dem die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz hat. (3) In den in Absatz 2 genannten Fällen regeln die Mitgliedstaaten die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft sowie ihre Mitwirkung an der Festlegung dieser Rechte vorbehaltlich der Absätze 4 bis 7 entsprechend den Grundsätzen und Modalitäten des Artikels 12 Absätze 2, 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr.  2157/2001 und den nachstehenden Bestimmungen der Richtlinie 2001/86/EG: a) Artikel 3 Absätze 1, 2 und 3, Artikel 3 Absatz 4 Unterabsatz 1 erster Gedankenstrich und Artikel 3 Absatz 4 Unterabsatz 2 sowie Artikel 3 Absätze 5 und 7; b) Artikel 4 Absatz 1, Artikel 4 Absatz 2 Buchstaben a, g und h sowie Artikel 4 Absatz 3; c) Artikel 5; d) Artikel 6; e) Artikel 7 Absatz 1, Artikel 7 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe b und Artikel 7 Absatz 2 Unterabsatz 2 sowie Artikel 7 Absatz 3. Für die Zwecke dieses Kapitels wird jedoch der prozentuale Anteil, der nach Artikel 7 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2001/86/ EG für die Anwendung der Auffangregelung des Anhangs Teil 3 jener Richtlinie erforderlich ist, von 25 % auf 33 1/3 % angehoben; f) die Artikel 8, 10 und 12; g) Artikel 13 Absatz 4; h) Anhang, Teil 3 Buchstabe b. (4)  Bei der Festlegung der in Absatz 3 genannten Grundsätze und Modalitäten verfahren die Mitgliedstaaten wie folgt: a) Sie gestatten den betreffenden Organen der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften sich dafür zu entscheiden, die Auffangregelung nach Absatz 3 Buchstabe h, die durch das Recht des Mitgliedstaats, in dem die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz haben soll,

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§ 18 Anhang GesRRL festgelegt ist, ohne jede vorhergehende Verhandlung unmittelbar anzuwenden und diese Regelung ab dem Zeitpunkt der Eintragung einzuhalten. b) Sie gestatten dem besonderen Verhandlungsgremium, mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer vertretenden Mitglieder, mit der Maßgabe, dass diese Mitglieder Arbeitnehmer in mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten vertreten müssen, zu beschließen, dass keine Verhandlungen eröffnet oder bereits eröffnete Verhandlungen beendet werden und die Mitbestimmungsregelung angewandt wird, die in dem Mitgliedstaat gilt, in dem die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz haben wird. c) Sie können in dem Fall, dass nach vorherigen Verhandlungen die Auffangregelung gilt, und ungeachtet dieser Regelung beschließen, den Anteil der Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsorgan der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft zu begrenzen. Bestand jedoch das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan einer der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften zu mindestens einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern, so darf die Begrenzung in keinem Fall dazu führen, dass die Arbeitnehmervertretung im Verwaltungsorgan weniger als ein Drittel beträgt. (5) Die Ausweitung von Mitbestimmungsrechten auf in anderen Mitgliedstaaten beschäftigte Arbeitnehmer der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft gemäß Absatz 2 Buchstabe b verpflichtet die Mitgliedstaaten, die eine solche Ausweitung beschließen, nicht dazu, diese Arbeitnehmer bei der Berechnung der Schwellenwerte für die Beschäftigtenzahl zu berücksichtigen, bei deren Überschreitung Mitbestimmungsrechte nach nationalem Recht entstehen. (6)  Besteht in mindestens einer der an der grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften ein System der Arbeitnehmermitbestimmung und soll diese Regelung des Absatzes 2 auf die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft angewandt werden, so ist diese Gesellschaft verpflichtet, eine Rechtsform anzunehmen, die die Ausübung von Mitbestimmungsrechten ermöglicht. (7)  Gilt für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ein System der Arbeitnehmermitbestimmung, so ist diese Gesellschaft verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Mitbestimmungs­ rechte der Arbeitnehmer im Falle nachfolgender innerstaatlicher Verschmelzungen während drei Jahren nach Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung durch entsprechende Anwendung der Vorschriften dieses Artikels geschützt werden.

Artikel 134 Gültigkeit Eine grenzüberschreitende Verschmelzung, die nach Artikel 129 wirksam geworden ist, kann nicht mehr für nichtig erklärt werden. KAPITEL III Spaltung von Aktiengesellschaften Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen Artikel 135 Allgemeine Bestimmungen zur Spaltung (1) Gestatten die Mitgliedstaaten für die in Anhang I genannten, ihrem Recht unterliegenden Gesellschaften die in Artikel 136 beschriebene Spaltung durch Übernahme, so unterwerfen sie diesen Vorgang dem zweiten Abschnitt dieses Kapitels. (2) Gestatten die Mitgliedstaaten für die in Absatz 1 bezeichneten Gesellschaften die in Artikel 155 definierte Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften, so unterwerfen sie diesen Vorgang dem dritten Abschnitt dieses Kapitels. (3) Gestatten die Mitgliedstaaten für die in Absatz 1 bezeichneten Gesellschaften den Vorgang, durch den eine Spaltung durch Übernahme im Sinne von Artikel 136 Absatz 1 mit einer Spaltung durch Gründung einer oder mehrerer neuer Gesellschaften im Sinne von Artikel 155 Absatz 1 verbunden wird, so unterwerfen sie diesen Vorgang dem zweiten Abschnitt dieses Kapitels und Artikel 156. (4)  Artikel  87 Absätze  2, 3 und 4 findet Anwendung. Abschnitt 2 Spaltung durch Übernahme Artikel 136 Definition der „Spaltung durch Übernahme“ (1)  Im Sinne dieses Kapitels bezeichnet der Ausdruck Spaltung durch Übernahme den Vorgang, durch den eine Gesellschaft ihr gesamtes Aktivund Passivvermögen im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf mehrere Gesellschaften überträgt, und zwar gegen Gewährung von Aktien der Gesellschaften, denen die sich aus der Spaltung ergebenden Einlagen zugutekommen, — im folgenden „begünstigte Gesellschaften“ genannt  — an die Aktionäre der gespaltenen Gesellschaft und gegebenenfalls Gewährung einer baren Zuzahlung, die 10 % des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag

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nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes der gewährten Aktien nicht übersteigt. (2)  Artikel 89 Absatz 2 findet Anwendung. (3) Soweit in diesem Kapitel auf die Vorschriften von Titel II Kapitel I verwiesen wird, bezeichnen der Ausdruck „sich verschmelzende Gesellschaften“ die an der Spaltung beteiligten Gesellschaften, der Ausdruck „übertragende Gesellschaft“ die gespaltene Gesellschaft, der Ausdruck „übernehmende Gesellschaft“ jede begünstigte Gesellschaft und der Ausdruck „Verschmelzungsplan“ den Spaltungsplan. Artikel 137 Spaltungsplan (1)  Die Verwaltungs- oder Leitungsorgane der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften erstellen einen schriftlichen Spaltungsplan. (2)  Der Spaltungsplan enthält mindestens folgende Angaben: a) die Rechtsform, die Firma und den Sitz der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften; b) das Umtauschverhältnis der Aktien und gegebenenfalls die Höhe der baren Zuzahlung; c) die Einzelheiten hinsichtlich der Übertragung der Aktien der begünstigten Gesellschaften; d) den Zeitpunkt, von dem an diese Aktien das Recht auf Teilnahme am Gewinn gewähren, sowie alle Besonderheiten in Bezug auf dieses Recht; e) den Zeitpunkt, von dem an die Handlungen der gespaltenen Gesellschaft unter dem Gesichtspunkt der Rechnungslegung als für Rechnung der einen oder anderen begünstigten Gesellschaft vorgenommen gelten; f) die Rechte, welche die begünstigten Gesellschaften den Aktionären mit Sonderrechten und den Inhabern anderer Wertpapiere als Aktien gewähren, oder die für diese Personen vorgeschlagenen Maßnahmen; g) jeden besonderen Vorteil, der den Sachverständigen im Sinne des Artikels 142 Absatz 1 sowie den Mitgliedern der Verwaltungs-, Leitungs-, Aufsichts- oder Kontrollorgane der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften gewährt wird; h) die genaue Beschreibung und Aufteilung der Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens, das an jede der begünstigten Gesellschaften zu übertragen ist; i) die Aufteilung der begünstigten Gesellschaften auf die Aktionäre der gespaltenen Gesellschaft sowie den Aufteilungsmaßstab. (3)  Wird ein Gegenstand des Aktivvermögens im Spaltungsplan nicht zugeteilt und lässt auch des-

sen Auslegung eine Entscheidung über die Zuteilung nicht zu, so wird der Gegenstand oder sein Gegenwert auf alle begünstigten Gesellschaften anteilig im Verhältnis zu dem nach dem Spaltungsplan auf sie entfallenden Nettoaktivvermögen übertragen. Wird ein Gegenstand des Passivvermögens im Spaltungsplan nicht zugeteilt und lässt auch dessen Auslegung eine Entscheidung über die Zuteilung nicht zu, so haftet jede der begünstigten Gesellschaften als Gesamtschuldner. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die gesamtschuldnerische Haftung auf das Nettoaktivvermögen beschränkt wird, das jeder begünstigten Gesellschaft zugeteilt wird. Artikel 138 Bekanntmachung des Spaltungsplans Der Spaltungsplan wird mindestens einen Monat vor dem Datum der Hauptversammlung, die über den Spaltungsplan zu beschließen hat, für jede der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 vorgesehenen Verfahren offengelegt. Jede der verschmelzenden Gesellschaften ist von der Offenlegungspflicht nach Artikel  16 befreit, wenn sie die Spaltungspläne während eines fortlaufenden Zeitraums, der mindestens einen Monat vor dem Datum der Hauptversammlung, die über die Spaltungspläne zu beschließen hat, beginnt und nicht vor dem Abschluss dieser Versammlung endet, für die Öffentlichkeit kostenlos auf ihren Internetseiten veröffentlicht. Die Mitgliedstaaten knüpfen diese Befreiung an keine anderen Erfordernisse und Auflagen als die, die für die Sicherheit der Internetseiten und die Echtheit der Dokumente erforderlich sind, und dürfen solche Erfordernisse und Auflagen nur einführen, soweit sie zur Erreichung dieser Zwecke angemessen sind. Abweichend von Absatz 2 können die Mitgliedstaaten verlangen, dass die Veröffentlichung über die zentrale elektronische Plattform gemäß Artikel 16 Absatz  5 erfolgt. Die Mitgliedstaaten können alternativ verlangen, dass die Veröffentlichung auf anderen, von ihnen zu diesem Zweck benannten Internetseiten erfolgt. Machen die Mitgliedstaaten von einer dieser Möglichkeiten Gebrauch, so gewährleisten sie, dass den Gesellschaften für diese Veröffentlichung keine spezifischen Kosten entstehen. Werden andere Internetseiten als die zentrale elektronische Plattform genutzt, wird mindestens einen Monat vor dem Datum der Hauptversammlung auf dieser zentralen elektronischen Plattform ein Verweis, der zu diesen Internetseiten führt, veröffentlicht. Dieser Verweis enthält auch das Datum der Veröffentlichung der Spaltungspläne im Internet und ist der Öffentlichkeit kostenlos zugänglich.

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§ 18 Anhang GesRRL Den Gesellschaften entstehen für diese Veröffentlichung keine spezifischen Kosten. Das in den Absätzen 3 und 4 genannte Verbot, von Gesellschaften eine spezifische Gebühr für die Veröffentlichung zu verlangen, lässt die Möglichkeit der Mitgliedstaaten unberührt, die Kosten für die zentrale elektronische Plattform an Gesellschaften weiterzugeben. Die Mitgliedstaaten können von Gesellschaften verlangen, Informationen für einen bestimmten Zeitraum nach der Hauptversammlung auf ihren Internetseiten oder gegebenenfalls auf der zen­ tralen elektronischen Plattform oder den anderen von dem betreffenden Mitgliedstaat benannten Internetseiten verfügbar zu halten. Die Mitgliedstaaten können die Folgen einer vorübergehenden Unterbrechung des Zugriffs auf die Internetseiten und die zentrale elektronische Plattform aufgrund technischer oder sonstiger Ursachen bestimmen. Artikel 139 Zustimmung der Hauptversammlung jeder der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften (1) Die Spaltung bedarf zumindest der Zustimmung der Hauptversammlung jeder der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften. Artikel  93 ist bezüglich der für diesen Beschluss erforderlichen Mehrheit, dessen Tragweite sowie des Erfordernisses einer gesonderten Abstimmung anzuwenden. (2) Werden die Aktien der begünstigten Gesellschaften den Aktionären der gespaltenen Gesellschaft nicht im Verhältnis zu ihren Rechten an deren Kapital gewährt, so können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die Minderheitsaktionäre der gespaltenen Gesellschaft ihre Aktien aufkaufen lassen können. In diesem Fall haben sie Anspruch auf ein dem Wert ihrer Aktien entsprechendes Entgelt. Sofern hierüber keine Einigung erzielt wird, kann das Entgelt durch ein Gericht festgesetzt werden. Artikel 140 Abweichung vom Erfordernis der Zustimmung der Hauptversammlung einer begünstigten Gesellschaft Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats brauchen die Zustimmung der Hauptversammlung einer begünstigten Gesellschaft nicht vorzuschreiben, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: a)  Die in Artikel 138 vorgeschriebene Offenlegung wird für die begünstigte Gesellschaft mindestens einen Monat vor dem Datum derjenigen Hauptversammlung der gespaltenen Gesellschaft, die über den Spaltungsplan zu beschließen hat, bewirkt;

b) jeder Aktionär der begünstigten Gesellschaft hat mindestens einen Monat vor dem unter Buchstabe a genannten Zeitpunkt das Recht, am Sitz dieser Gesellschaft von den in Artikel 143 Absatz 1 genannten Unterlagen Kenntnis zu nehmen; c) ein oder mehrere Aktionäre der begünstigten Gesellschaft, die über Aktien in einem Mindestprozentsatz des gezeichneten Kapitals verfügen, haben das Recht, die Einberufung einer Hauptversammlung der begünstigten Gesellschaft, in der über die Zustimmung zu der Spaltung beschlossen wird, zu verlangen. Dieser Mindestprozentsatz darf nicht auf mehr als 5 % festgesetzt werden. Die Mitgliedstaaten können jedoch vorsehen, dass die Aktien ohne Stimmrecht von der Berechnung dieses Prozentsatzes ausgenommen sind. Für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe b gilt Artikel 143 Absätze 2, 3 und 4. Artikel 141 Ausführlicher schriftlicher Bericht und Informationen zur Spaltung (1) Die Verwaltungs- oder Leitungsorgane jeder der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften erstellen einen ausführlichen schriftlichen Bericht, in dem der Spaltungsplan, insbesondere das Umtauschverhältnis der Aktien und der Maßstab für ihre Aufteilung, rechtlich und wirtschaftlich erläutert und begründet wird. (2)  In dem Bericht wird außerdem auf besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung, soweit solche aufgetreten sind, hingewiesen. Erwähnt werden gegebenenfalls auch die Erstellung des Berichts über die Prüfung der Einlagen, die nicht Bareinlagen sind, nach Artikel 70 Absatz 2 für die begünstigten Gesellschaften sowie das Register, bei dem dieser Bericht zu hinterlegen ist. (3) Die Verwaltungs- oder Leitungsorgane der gespaltenen Gesellschaft unterrichten über jede zwischen der Aufstellung des Spaltungsplans und dem Datum der Hauptversammlung der gespaltenen Gesellschaft, die über den Spaltungsplan zu beschließen hat, eingetretene wesentliche Veränderung des Aktiv- oder Passivvermögens die Hauptversammlung der gespaltenen Gesellschaft sowie die Verwaltungs- oder Leitungsorgane der begünstigten Gesellschaften, damit diese die Hauptversammlung ihrer Gesellschaft unterrichten.

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§ 18 Anhang GesRRL Artikel 142 Prüfung des Spaltungsplans durch Sachverständige

(1) Für jede der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften prüfen ein oder mehrere von diesen unabhängige Sachverständige, welche durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde bestellt oder zugelassen sind, den Spaltungsplan und erstellen einen schriftlichen Bericht für die Aktionäre. Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können jedoch die Bestellung eines oder mehrerer unabhängiger Sachverständiger für alle an der Spaltung beteiligten Gesellschaften vorsehen, wenn die Bestellung auf gemeinsamen Antrag dieser Gesellschaften durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde erfolgt. Diese Sachverständigen können entsprechend den Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaats sowohl natürliche oder juristische Personen als auch Gesellschaften sein. (2)  Artikel 96 Absätze 2 und 3 findet Anwendung. Artikel 143 Verfügbarkeit der Unterlagen zur Kenntnisnahme durch die Aktionäre (1) Mindestens einen Monat vor dem Datum der Hauptversammlung, die über den Spaltungsplan zu beschließen hat, hat jeder Aktionär das Recht, am Sitz der Gesellschaft zumindest von folgenden Unterlagen Kenntnis zu nehmen: a) dem Spaltungsplan; b) den Jahresabschlüssen und den Geschäftsberichten der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften für die letzten drei Geschäftsjahre; c) gegebenenfalls einer Zwischenbilanz, die für einen Zeitpunkt erstellt ist, der nicht vor dem ersten Tag des dritten der Aufstellung des Spaltungsplans vorausgehenden Monats liegt, sofern der letzte Jahresabschluss sich auf ein mehr als sechs Monate vor der Aufstellung des Spaltungsplans abgelaufenes Geschäftsjahr bezieht; d) gegebenenfalls den in Artikel 141 Absatz 1 genannten Berichten der Verwaltungs- oder Leitungsorgane der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften; e) gegebenenfalls den in Artikel 142 genannten Berichten. Die Erstellung einer Zwischenbilanz für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe c ist nicht erforderlich, wenn die Gesellschaft gemäß Artikel 5 der Richtlinie 2004/109/EG einen Halbjahresfinanzbericht veröffentlicht und den Aktionären gemäß diesem Absatz zur Verfügung stellt. (2) Die Zwischenbilanz nach Absatz 1 Buch­ stabe c ist nach denselben Methoden und in der-

selben Gliederung zu erstellen wie die letzte Jahresbilanz. Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können jedoch vorsehen, dass a) es nicht erforderlich ist, eine neue körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen; b) die Bewertungen der letzten Bilanz nur nach Maßgabe der Bewegungen in den Büchern verändert zu werden brauchen, wobei jedoch zu berücksichtigen sind: i) Abschreibungen, Wertberichtigungen und Rückstellungen für die Zwischenzeit, ii) wesentliche, aus den Büchern nicht ersichtliche Veränderungen der wirklichen Werte. (3) Vollständige oder, falls gewünscht, auszugsweise Abschriften der in Absatz 1 genannten Unterlagen werden jedem Aktionär auf formlosen Antrag kostenlos erteilt. Hat der Aktionär diesem Weg der Informationsübermittlung zugestimmt, so können Informationen auf elektronischem Wege bereitgestellt werden. (4)  Eine Gesellschaft ist von der Pflicht die in Absatz 1 genannten Dokumente an ihrem Sitz zur Verfügung zu stellen befreit, wenn sie die betreffenden Dokumente während eines fortlaufenden Zeitraums, der mindestens einen Monat vor dem Datum der Hauptversammlung, die über die Spaltungspläne zu beschließen hat, beginnt und nicht vor dem Abschluss dieser Versammlung endet, auf ihren Internetseiten veröffentlicht. Die Mitgliedstaaten knüpfen diese Befreiung an keine anderen Erfordernisse und Auflagen als die, die für die Sicherheit der Internetseiten und die Echtheit der Dokumente erforderlich sind, und nur dann, wenn sie zur Erreichung dieses Zwecks angemessen sind. Absatz 3 kommt nicht zur Anwendung, wenn die Aktionäre während des gesamten in Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes genannten Zeitraums auf den Internetseiten die Möglichkeit haben, die in Absatz 1 genannten Dokumente herunterzuladen und auszudrucken. In diesem Fall können die Mitgliedstaaten jedoch vorsehen, dass die Gesellschaft diese Dokumente an ihrem Sitz zur Einsichtnahme durch die Aktionäre zur Verfügung stellt. Die Mitgliedstaaten können von Gesellschaften verlangen, Informationen für einen bestimmten Zeitraum nach der Hauptversammlung auf ihren Internetseiten verfügbar zu halten. Die Mitgliedstaaten können die Folgen einer vorübergehenden Unterbrechung des Zugriffs auf die Internetseiten aufgrund technischer oder sonstiger Ursachen bestimmen.

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§ 18 Anhang GesRRL Artikel 144 Vereinfachte Formalitäten (1)  Weder die in Artikel 142 Absatz 1 vorgesehene Prüfung des Spaltungsplans noch die dort vorgesehene Erstellung eines Sachverständigenberichts sind erforderlich, wenn alle Aktionäre und Inhaber anderer mit einem Stimmrecht verbundener Wertpapiere aller an der Spaltung beteiligten Gesellschaften darauf verzichtet haben. (2) Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass Artikel 141 und Artikel 143 Absatz 1 Buchstaben c und d keine Anwendung finden, wenn alle Aktionäre und Inhaber anderer mit einem Stimmrecht verbundener Wertpapiere aller an der Spaltung beteiligten Gesellschaften darauf verzichtet haben. Artikel 145 Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer Die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften wird gemäß der Richtlinie 2001/23/EG geregelt. Artikel 146 Schutz der Interessen der Gläubiger der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften; gesamtschuldnerische Haftung der begünstigten Gesellschaften (1)  Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten sehen ein angemessenes Schutzsystem für die Interessen der Gläubiger der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften vor, deren Forderungen vor der Bekanntmachung des Spaltungsplans entstanden und zum Zeitpunkt dieser Bekanntmachung noch nicht fällig sind. (2) Für die Zwecke des Absatzes 1 sehen die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zumindest vor, dass diese Gläubiger Anspruch auf angemessene Garantien haben, wenn die finanzielle Lage der gespaltenen Gesellschaft sowie der Gesellschaft, auf die die Verpflichtung nach dem Spaltungsplan übertragen wird, einen solchen Schutz erforderlich machen und die Gläubiger nicht schon derartige Garantien haben. Die Mitgliedstaaten legen die Modalitäten für den in Absatz 1 und in Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes vorgesehenen Schutz fest. Die Mitgliedstaaten gewährleisten in jedem Fall, dass die Gläubiger das Recht haben, bei der zuständigen Verwaltungsbehörde oder dem zuständigen Gericht angemessene Sicherheiten zu beantragen, wenn sie nachweisen können, dass die Befriedigung ihrer Forderungen durch die Spaltung gefährdet ist und sie von der Gesellschaft keine angemessenen Sicherheiten erhalten haben.

(3)  Soweit ein Gläubiger von der Gesellschaft, auf welche die Verpflichtung nach dem Spaltungsplan übertragen wurde, keine Befriedigung erlangt hat, haften die begünstigten Gesellschaften für diese Verpflichtung als Gesamtschuldner. Die Mitgliedstaaten können diese Haftung auf das jeder dieser Gesellschaften mit Ausnahme der Gesellschaft, auf die die Verpflichtung übertragen wurde, zugeteilte Nettoaktivvermögen beschränken. Sie brauchen diesen Absatz nicht anzuwenden, wenn der Vorgang der Spaltung der Aufsicht eines Gerichtes nach Artikel 157 unterliegt und in einer Versammlung nach Artikel 157 Absatz 1 Buchstabe c die Mehrzahl der Gläubiger, auf die Dreiviertel des Betrages der Forderungen entfallen, oder die Mehrzahl einer Kategorie von Gläubigern der gespaltenen Gesellschaft, auf die Dreiviertel des Betrages der Forderungen dieser Kategorie entfallen, darauf verzichtet haben, die gesamtschuldnerische Haftung geltend zu machen. (4)  Artikel 99 Absatz 3 findet Anwendung. (5) Unbeschadet der Vorschriften über die gemeinsame Ausübung der Rechte der Anleihegläubiger der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften werden die Absätze 1 bis 4 auf diese Gläubiger angewendet, es sei denn, eine Versammlung der Anleihegläubiger — sofern die nationalen Rechtsvorschriften eine solche Versammlung vorsehen — oder jeder einzelne Anleihegläubiger hat der Spaltung zugestimmt. (6) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die begünstigten Gesellschaften für die Verpflichtungen der gespaltenen Gesellschaft als Gesamtschuldner haften. In diesem Fall brauchen sie die Absätze 1 bis 5 nicht anzuwenden. (7) Verbindet ein Mitgliedstaat das System des Gläubigerschutzes nach den Absätzen 1 bis 5 mit der gesamtschuldnerischen Haftung der begünstigten Gesellschaften nach Absatz 6, so kann er diese Haftung auf das jeder dieser Gesellschaften zugeteilte Nettoaktivvermögen beschränken. Artikel 147 Schutz der Ansprüche der Inhaber von Wertpapieren, die mit Sonderrechten verbunden sind, jedoch keine Aktien sind Die Inhaber anderer Wertpapiere, die mit Sonderrechten verbunden, jedoch keine Aktien sind, erhalten in den begünstigten Gesellschaften, denen gegenüber ihre Rechte nach dem Spaltungsplan geltend gemacht werden können, Rechte, die mindestens denen gleichwertig sind, die sie in der gespaltenen Gesellschaft hatten, es sei denn, dass eine Versammlung der Inhaber — sofern die nationalen Rechtsvorschriften eine solche Versammlung vorsehen — der Änderung dieser Rechte oder dass jeder einzelne Inhaber der Änderung seines Rechts zugestimmt hat oder dass diese Inhaber einen Anspruch auf Rückkauf ihrer Wertpapiere haben.

488

§ 18 Anhang GesRRL Artikel 148 Öffentliche Beurkundung der Unterlagen

Falls die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats für Spaltungen eine vorbeugende gerichtliche oder verwaltungsmäßige Kontrolle der Rechtmäßigkeit nicht vorsehen oder sich diese Kontrolle nicht auf alle für die Spaltung erforderlichen Rechtshandlungen erstreckt, findet Artikel 102 Anwendung. Artikel 149 Wirksamwerden der Spaltung Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bestimmen den Zeitpunkt, zu dem die Spaltung wirksam wird. Artikel 150 Formalitäten der Offenlegung (1) Für jede der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften wird die Spaltung nach den in den Rechtsvorschriften eines jeden Mitgliedstaats in Übereinstimmung mit Artikel 16 vorgesehenen Verfahren offengelegt. (2)  Jede begünstigte Gesellschaft kann die für die gespaltene Gesellschaft vorzunehmenden Formalitäten der Offenlegung selbst veranlassen. Artikel 151 Folgen einer Spaltung (1)  Die Spaltung bewirkt ipso jure gleichzeitig Folgendes: a)  Sowohl zwischen der gespaltenen Gesellschaft und den begünstigten Gesellschaften als auch gegenüber Dritten geht das gesamte Aktiv- und Passivvermögen der gespaltenen Gesellschaft auf die begünstigten Gesellschaften über, und zwar entsprechend der im Spaltungsplan oder in Artikel 137 Absatz 3 vorgesehenen Aufteilung; b) die Aktionäre der gespaltenen Gesellschaft werden entsprechend der im Spaltungsplan vorgesehenen Aufteilung Aktionäre einer oder mehrerer begünstigter Gesellschaften; c)  die gespaltene Gesellschaft erlischt. (2)  Es werden keine Aktien einer begünstigten Gesellschaft im Austausch für Aktien der gespaltenen Gesellschaft gegeben, die sich a) im Besitz dieser begünstigten Gesellschaft selbst oder einer Person befinden, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelt; oder

b) im Besitz der gespaltenen Gesellschaft selbst oder einer Person befinden, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelt. (3) Unberührt bleiben die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die für die Wirksamkeit der Übertragung bestimmter, von der gespaltenen Gesellschaft eingebrachter Vermögensgegenstände, Rechte und Pflichten gegenüber Dritten besondere Formalitäten erfordern. Die begünstigte(n) Gesellschaft(en), der (denen) diese Vermögensgegenstände, Rechte und Pflichten nach dem Spaltungsplan oder nach Artikel 137 Absatz 3 übertragen werden, kann (können) diese Formalitäten selbst veranlassen; die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten können jedoch der gespaltenen Gesellschaft gestatten, während eines begrenzten Zeitraums diese Formalitäten weiter zu vollziehen; dieser Zeitraum kann nur in Ausnahmefällen auf mehr als sechs Monate nach dem Zeitpunkt, in dem die Spaltung wirksam wird, festgesetzt werden. Artikel 152 Zivilrechtliche Haftung der Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans der gespaltenen Gesellschaft Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten regeln zumindest die zivilrechtliche Haftung der Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans der gespaltenen Gesellschaft gegenüber den Aktionären dieser Gesellschaft für schuldhaftes Verhalten von Mitgliedern dieses Organs bei der Vorbereitung und dem Vollzug der Spaltung sowie die zivilrechtliche Haftung der Sachverständigen, die beauftragt sind, für diese Gesellschaft den in Artikel 142 vorgesehenen Bericht zu erstellen, für schuldhaftes Verhalten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Artikel 153 Voraussetzungen für die Nichtigkeit der Spaltung (1) Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten können die Nichtigkeit der Spaltung von Gesellschaften nur nach Maßgabe folgender Bestimmungen regeln: a) Die Nichtigkeit muss durch gerichtliche Entscheidung ausgesprochen werden; b) für nichtig erklärt wird eine im Sinne von Artikel 149 wirksam gewordene Spaltung nur wegen Fehlens einer vorbeugenden gerichtlichen oder verwaltungsmäßigen Kontrolle der Rechtmäßigkeit oder einer öffentlichen Beurkundung oder wenn festgestellt wird, dass der Beschluss der Hauptversammlung nach nationalem Recht nichtig oder anfechtbar ist;

489

§ 18 Anhang GesRRL c) die Nichtigkeitsklage wird nicht mehr erhoben, wenn eine Frist von sechs Monaten verstrichen ist, nachdem die Spaltung demjenigen gegenüber wirksam geworden ist, der sich auf die Nichtigkeit beruft, oder wenn der Mangel behoben worden ist; d) kann der Mangel, dessentwegen die Spaltung für nichtig erklärt werden kann, behoben werden, so räumt das zuständige Gericht den beteiligten Gesellschaften dazu eine Frist ein; e) die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Nichtigkeit der Spaltung ausgesprochen wird, wird in Übereinstimmung mit Artikel 16 nach den in den Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaats vorgesehenen Verfahren offengelegt; f) falls die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten gegen die gerichtliche Entscheidung einen Einspruch Dritter vorsehen, so wird dieser nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten seit Offenlegung der gerichtlichen Entscheidung gemäß Titel I Kapitel III nicht mehr erhoben; g) die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Nichtigkeit der Spaltung ausgesprochen wird, berührt für sich allein nicht die Wirksamkeit der Verpflichtungen, die vor der Offenlegung der gerichtlichen Entscheidung, jedoch nach dem in Artikel 149 bezeichneten Zeitpunkt, zu Lasten oder zugunsten der begünstigten Gesellschaften entstanden sind; h) jede begünstigte Gesellschaft haftet für die Verpflichtungen zu ihren Lasten, die nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Spaltung und vor dem Zeitpunkt, zu dem der Beschluss über die Nichtigkeit der Spaltung offengelegt worden ist, entstanden sind. Die gespaltene Gesellschaft haftet ebenfalls für diese Verpflichtungen; die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass diese Haftung auf den Teil des Nettoaktivvermögens beschränkt ist, welcher auf die begünstigte Gesellschaft entfällt, zu deren Lasten diese Verpflichtungen entstanden sind. (2) Abweichend von Absatz 1 Buchstabe a dieses Artikels können die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats auch gestatten, dass die Nichtigkeit der Spaltung durch eine Verwaltungsbehörde ausgesprochen wird, wenn gegen eine solche Entscheidung ein Rechtsbehelf bei einem Gericht eingelegt werden kann. Absatz  1 Buchstabe b und Buchstabe d bis h dieses Artikels gelten entsprechend für die Verwaltungsbehörde. Dieses Nichtigkeitsverfahren kann nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten nach dem in Artikel 149 genannten Zeitpunkt nicht mehr eingeleitet werden. (3) Unberührt bleiben die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Nichtigkeit einer Spaltung, die im Wege einer anderen Kontrolle der Spaltung als der vorbeugenden gerichtlichen oder verwaltungsmäßigen Kontrolle der Rechtmäßigkeit ausgesprochen wird.

Artikel 154 Befreiung vom Erfordernis der Zustimmung der Hauptversammlung der gespaltenen Gesellschaft Gehören den begünstigten Gesellschaften insgesamt alle Aktien der gespaltenen Gesellschaft sowie alle sonstigen Anteile der gespaltenen Gesellschaft, die in der Hauptversammlung ein Stimmrecht gewähren, so dürfen die Mitgliedstaaten unbeschadet des Artikels 140 keine Zustimmung der Hauptversammlung der gespaltenen Gesellschaft zur Spaltung vorschreiben, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: a)  Die in Artikel 138 vorgeschriebene Offenlegung wird für die an dem Vorgang beteiligten Gesellschaften mindestens einen Monat vor dem Zeitpunkt, zu dem der Vorgang wirksam wird, bewirkt; b) alle Aktionäre der an dem Vorgang beteiligten Gesellschaften haben das Recht, mindestens einen Monat vor dem Zeitpunkt, zu dem der Vorgang wirksam wird, am Sitz ihrer Gesellschaft von den in Artikel 143 Absatz 1 bezeichneten Unterlagen Kenntnis zu nehmen; c) wird eine Hauptversammlung der gespaltenen Gesellschaft, in der über die Zustimmung zur Spaltung beschlossen wird, nicht einberufen, so erstreckt sich die in Artikel 141 Absatz 3 vorgesehene Unterrichtung auf jede nach der Aufstellung des Spaltungsplans eingetretene wesentliche Veränderung des Aktiv- und Passivvermögens. Für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe b gelten Artikel 143 Absätze 2, 3 und 4 sowie Artikel 144. Abschnitt 3 Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften Artikel 155 Definition der „Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften“ (1)  Im Sinne dieses Kapitels bezeichnet der Ausdruck „Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften“ den Vorgang, durch den eine Gesellschaft ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf mehrere neugegründete Gesellschaften überträgt, und zwar gegen Gewährung von Aktien der begünstigten Gesellschaften an die Aktionäre der gespaltenen Gesellschaft und gegebenenfalls Gewährung einer baren Zuzahlung, die 10 % des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes der gewährten Aktien nicht übersteigt. (2)  Artikel 90 Absatz 2 findet Anwendung.

490

§ 18 Anhang GesRRL Artikel 156 Anwendung von Vorschriften über die Spaltung durch Übernahme

(1)  Die Artikel 137, 138, 139 und 141, Artikel 142 Absätze  1 und 2 und die Artikel  143 bis 153 finden unbeschadet der Artikel 11 und 12 auf die Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften Anwendung. Für diese Anwendung bedeuten der Ausdruck „an der Spaltung beteiligte Gesellschaften“ die gespaltene Gesellschaft, der Ausdruck „begünstigte Gesellschaft“ jede der neuen Gesellschaften. (2) Der Spaltungsplan erwähnt außer den Angaben nach Artikel 137 Absatz 2 die Rechtsform, die Firma und den Sitz jeder der neuen Gesellschaften. (3) Der Spaltungsplan und, falls sie Gegenstand eines getrennten Aktes sind, der Errichtungsakt oder der Entwurf des Errichtungsaktes und die Satzung oder der Entwurf der Satzung jeder der neuen Gesellschaften bedürfen der Zustimmung der Hauptversammlung der gespaltenen Gesellschaft. (4)  Die Mitgliedstaaten dürfen nicht vorschreiben, dass die Anforderungen von Artikel 141, Artikel 142 und Artikel 143 Absatz 1 Buchstaben c, d und e Anwendung finden, wenn die Aktien jeder der neuen Gesellschaften den Aktionären der gespaltenen Gesellschaft im Verhältnis zu ihren Rechten am Kapital dieser Gesellschaft gewährt werden. Abschnitt 4 Spaltung unter Aufsicht eines Gerichts Artikel 157 Spaltung unter Aufsicht eines Gerichts (1) Die Mitgliedstaaten können Absatz 2 anwenden, wenn die Spaltung unter der Aufsicht eines Gerichtes erfolgt, das befugt ist, a) die Hauptversammlung der Aktionäre der gespaltenen Gesellschaft einzuberufen, damit sie über die Spaltung beschließt; b) sich zu vergewissern, dass die Aktionäre jeder der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften zumindest die in Artikel 143 bezeichneten Unterlagen binnen einer Frist erhalten haben oder sich beschaffen können, die es ihnen ermöglicht, sie rechtzeitig vor dem Datum der Hauptversammlung ihrer Gesellschaft, die über die Spaltung zu beschließen hat, zu prüfen; macht ein Mitgliedstaat von der in Artikel 140 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, so muss die Frist ausreichen, um es den Aktionären der begünstigten Gesellschaften zu ermöglichen, die ihnen durch Artikel 140 zuerkannten Rechte auszuüben;

c) eine Versammlung der Gläubiger jeder der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften einzuberufen, damit sie über die Spaltung beschließt; d) sich zu vergewissern, dass die Gläubiger jeder der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften zumindest den Spaltungsplan binnen einer Frist erhalten haben oder sich beschaffen können, die es ihnen ermöglicht, ihn rechtzeitig vor dem unter Buchstabe b genannten Zeitpunkt zu prüfen; e) den Spaltungsplan zu genehmigen. (2) Stellt das Gericht fest, dass die in Absatz 1 Buchstaben b und d bezeichneten Bedingungen erfüllt sind und den Aktionären und den Gläubigern kein Schaden entstehen kann, so kann es die an der Spaltung beteiligten Gesellschaften befreien von der Anwendung a) des Artikels 138 unter der Bedingung, dass das in Artikel 146 Absatz 1 bezeichnete angemessene Schutzsystem für die Interessen der Gläubiger sich auf alle Forderungen erstreckt, unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem sie entstanden sind; b) der in Artikel 140 Buchstaben a und b bezeichneten Bedingungen, wenn ein Mitgliedstaat von der in Artikel 140 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht; c) des Artikels 143 hinsichtlich der Frist und der Einzelheiten, die darin für die Möglichkeit festgelegt sind, dass die Aktionäre von den bezeichneten Unterlagen Kenntnis nehmen. Abschnitt 5 Andere der Spaltung gleichgestellte Vorgänge Artikel 158 Spaltung durch bare Zuzahlung, die den Satz von 10 % übersteigt Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats für einen der in Artikel 135 vorgesehenen Vorgänge, dass die bare Zuzahlung den Satz von 10 % übersteigt, so finden die Abschnitte 2, 3 und 4 dieses Kapitels Anwendung. Artikel 159 Spaltung ohne Erlöschen der gespalteten Gesellschaft Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats einen der in Artikel 135 vorgesehenen Vorgänge, ohne dass die gespaltene Gesellschaft erlischt, so finden die Abschnitte 2, 3 und 4 dieses Kapitels mit Ausnahme des Artikels 151 Absatz 1 Buchstabe c Anwendung.

491

§ 18 Anhang GesRRL Abschnitt 6 Durchführungsbestimmungen Artikel 160 Übergangsbestimmungen Die Mitgliedstaaten brauchen die Artikel 146 und 147 auf Inhaber von Wandelschuldverschreibungen und anderen Wertpapieren, die in Aktien umgewandelt werden können, nicht anzuwenden, wenn bei Inkrafttreten der Vorschriften gemäß Artikel 26 Absatz 1 oder 2 der Verordnung 82/891/ EWG die Stellung dieser Inhaber bei einer Spaltung vorab in den Ausgabebedingungen festgelegt worden war.

(4)  Bis zum 30. Juni 2016 überprüft die Kommis­ sion die Anwendung derjenigen Bestimmungen, die sich auf Berichts- und Dokumentationspflichten bei Verschmelzungen und Spaltungen beziehen und die durch die Richtlinie 2009/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(37) geänderten oder hinzugefügt wurden, insbesondere ihre Auswirkungen auf die Verringerung des Verwaltungsaufwands von Gesellschaften im Lichte der Erfahrungen bei ihrer Anwendung, und legt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vor, der gegebenenfalls Vorschläge für die weitere Änderung dieser Richtlinien enthält. Artikel 163 Ausübung der Befugnisübertragung

TITEL III SCHLUSSBESTIMMUNGEN Artikel 161 Datenschutz Für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit der vorliegenden Richtlinie gilt die Richtlinie 95/46/EG(36). Artikel 162 Berichterstattung, regelmäßiger Dialog über das System der Registervernetzung und Überprüfung (1) Die Kommission veröffentlicht spätestens am 8. Juni 2022 einen Bericht, in dem sie darlegt, wie das System der Registervernetzung funktioniert, und insbesondere auf den technischen Betrieb und die finanziellen Aspekte eingeht. (2) Diesem Bericht werden gegebenenfalls Vorschläge zur Änderung von Bestimmungen dieser Richtlinie beigefügt, die sich auf das System zur Registervernetzung beziehen. (3)  Die Kommission und die Vertreter der Mitgliedstaaten treten regelmäßig zusammen, um in einem geeigneten Gremium Angelegenheiten, die unter diese Richtlinie fallen und sich auf das System der Registervernetzung beziehen, zu erörtern.

(36) Richtlinie 95/46/EG, ersetzt durch Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), die ab 25. Mai 2018 gilt (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(1) Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechts­ akte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen. (2)  Die Befugnis zum Erlass der in Artikel 25 Absatz 3 genannten delegierten Rechtsakte wird der Kommission auf unbestimmte Zeit übertragen. (3) Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 25 Absatz 3 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der darin genannten Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem darin angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt. (4) Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat. (5) Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 25 Absatz 3 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um drei Monate verlängert.

(37) Richtlinie 2009/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.  September 2009 zur Änderung der Richtlinien 77/91/EWG, 78/855/EWG und 82/891/ EWG des Rates sowie der Richtlinie 2005/56/EG hinsichtlich der Berichts- und Dokumentationspflicht bei Verschmelzungen und Spaltungen (ABl. L 259 vom 2.10.2009, S. 14).

492

§ 18 Anhang GesRRL Artikel 164

tionales Recht und die Anwendungsfristen aufgehoben.

Ausschussverfahren (1) Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Bezugnahmen auf die aufgehobenen Richtlinien gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang IV zu lesen.

(2)  Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Artikel 167 Inkrafttreten

Artikel 165 Informationsaustausch Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten Vorschriften des nationalen Rechts mit, die sie auf den von dieser Richtlinie erfassten Gebieten erlassen.

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Artikel 168 Adressaten

Artikel 166

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Aufhebung

Geschehen zu Straßburg am 14. Juni 2017. Im Namen des Europäischen Parlaments Der Präsident A. TAJANI Im Namen des Rates Die Präsidentin H. DALLI

Die Richtlinien 82/891/EWG, 89/666/EWG, 2005/56/EG, 2009/101/EG, 2011/35/EU und 2012/30/EU, in der Fassung der in Anhang III Teil A aufgeführten Richtlinien, werden unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang III Teil B genannten Fristen für die Umsetzung der dort genannten Richtlinien in na-

ANHANG I KATEGORIEN VON GESELLSCHAFTEN GEMÄSS ARTIKEL 2 ABSÄTZE 1 UND 2, ARTIKEL 44 ABSÄTZE 1 UND 2, ARTIKEL 45 ABSATZ 2, ARTIKEL 87 ABSÄTZE 1 UND 2 UND ARTIKEL 135 ABSATZ 1

––

in Belgien:

––

––

in Bulgarien:

cuideachta phoiblí faoi theorainn ráthaíochta agus a bhfuil scairchaipiteal aici/public company limited by guarantee and having a share capital;

акционерно дружество; ––

in der Tschechischen Republik: akciová společnost;

––

in Dänemark: aktieselskab;

––

in Deutschland: Aktiengesellschaft;

––

in Estland: aktsiaselts;

in Irland: cuideachta phoiblí faoi theorainn scaireanna/ public company limited by shares,

naamloze vennootschap/société anonyme;

––

in Griechenland: ανώνυμη εταιρεία;

––

in Spanien:

––

in Frankreich:

sociedad anónima; société anonyme;

493

§ 18 Anhang GesRRL ––

––

in Kroatien:

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in Italien:

––

in Polen:

––

in Portugal:

spółka akcyjna;

società per azioni; ––

in Zypern: δημόσιες εταιρείες ευθύνης με μετοχές, δημόσιες εταιρείες ευθύνης με εγγύηση μετοχικό κεφάλαιο;

––

περιορισμένης που διαθέτουν

––

––

in Slowenien:

societate pe acțiuni;

––

in der Slowakei:

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in Finnland:

akciová spoločnosť;

in Litauen:

julkinen osakeyhtiö/publikt aktiebolag;

in Luxemburg: ––

in Schweden: aktiebolag;

in Ungarn: ––

nyilvánosan működő részvénytársaság; ––

in Rumänien:

delniška družba;

société anonyme; ––

––

in Lettland:

akcinė bendrovė; ––

sociedade anónima;

περιορισμένης

akciju sabiedrība; ––

in Österreich: Aktiengesellschaft;

dioničko društvo;

im Vereinigten Königreich:

in Malta:

public company limited by shares,

kumpanija pubblika ta‘ responsabbiltà limitata/ public limited liability company;

public company limited by guarantee and having a share capital.

in den Niederlanden: naamloze vennootschap;

ANHANG II KATEGORIEN VON GESELLSCHAFTEN GEMÄSS ARTIKEL 7 ABSATZ 1 UND ARTIKEL 13, ARTIKEL 29 ABSATZ 1, ARTIKEL 36 ABSATZ 1, ARTIKEL 67 ABSATZ 1 UND ARTIKEL 119 NUMMER 1 BUCHSTABE a

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in Belgien:

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commanditaire vennootschap op aandelen/ société en commandite par actions,

––

in Bulgarien: акционерно дружество, дружество с ограничена отговорност, командитно дружество с акции;

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in der Tschechischen Republik: společnost s ručením omezeným, akciová společnost;

kommanditaktieselskab,

an-

in Deutschland: die Aktiengesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung;

personenvennootschap met beperkte aansprakelijkheid/société de personnes à responsabilité limitée; ––

in Dänemark: aktieselskab, partsselskab;

naamloze vennootschap/société anonyme,

––

in Estland: aktsiaselts, osaühing;

––

in Irland: cuideachtaí atá corpraithe faoi dhliteanas teoranta/companies incorporated with limited liability;

494 ––

§ 18 Anhang GesRRL

ανώνυμη εταιρεία, εταιρεία περιωορισμένης ευθύνης, ετερόρρυθμη κατά μετοχές εταιρεία; ––

in Frankreich: société anonyme, société en commandite par actions, société à responsabilité limitée, société par actions simplifiée;

––

in Kroatien: dioničko društvo, društvo s ograničenom odgovornošću;

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in Lettland: akciju sabiedrība, sabiedrība ar ierobežotu atbildību, komanditsabiedrība;

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in Litauen: akcinė bendrovė, uždaroji akcinė bendrovė;

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in Ungarn: részvénytársaság, korlátolt felelősségű társaság;

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in Malta: kumpannija pubblika/public limited liability company,

in Österreich: die Aktiengesellschaft, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung;

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in Polen: spółka z ograniczoną odpowiedzialnością, spółka komandytowo-akcyjna, spółka akcyjna;

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in Portugal: sociedade anónima de responsabilidade limitada, sociedade em comandita por ações, sociedade por quotas de responsabilidade limitada;

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in Rumänien: societate pe acțiuni, societate cu răspundere limitată, societate în comandită pe acțiuni;

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in Slowenien: delniška družba, družba z omejeno odgovornostjo, komaditna delniška družba;

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in der Slowakei: akciová spoločnosť, spoločnosť s ručením obmedzeným;

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in Finnland: yksityinen osakeyhtiö/privat aktiebolag,

in Luxemburg: société anonyme, société en commandite par actions, société à responsabilité limitée;

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––

in Zypern: δημόσιες εταιρείες περιορισμένης ευθύνης με μετοχές ή με εγγύηση, ιδιωτικές εταιρείες περιορισμένης ευθύνης με μετοχές ή με εγγύηση;

in den Niederlanden: naamloze vennootschap, besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid;

in Italien: società per azioni, società in accomandita per azioni, società a responsabilità limitata;

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in Spanien: la sociedad anónima, la sociedad comanditaria por acciones, la sociedad de responsabilidad limitada;

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kumpannija privata/private limited liability company;

in Griechenland:

julkinen osakeyhtiö/publikt aktiebolag; ––

in Schweden:

––

im Vereinigten Königreich:

aktiebolag; companies incorporated with limited liability.

495

§ 18 Anhang GesRRL ANHANG III TEIL A AUFGEHOBENE RICHTLINIE MIT DER LISTE IHRER NACHFOLGENDEN ÄNDERUNGEN (gemäß Artikel 166)

Richtlinie 82/891/EWG des Rates (ABl. L 378 vom 31.12.1982, S. 47). Richtlinie 2007/63/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 300 vom 17.11.2007, S. 47).

Artikel 3

Richtlinie 2009/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 259 vom 2.10.2009, S. 14).

Artikel 3

Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190).

Artikel 116

Richtlinie 89/666/EWG des Rates (ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 36). Richtlinie 2012/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 156 vom 16.6.2012, S. 1).

Artikel 1

Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 310 vom 25.11.2005, S. 1). Richtlinie 2009/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 259 vom 2.10.2009, S. 14).

Artikel 4

Richtlinie 2012/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 156 vom 16.6.2012, S. 1).

Artikel 2

Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190).

Artikel 120

Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 258 vom 1.10.2009, S. 11). Richtlinie 2012/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 156 vom 16.6.2012, S. 1).

Artikel 3

Richtlinie 2013/24/EU des Rates (ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 365).

Artikel 1 und Anhang, Teil A, Nummer 1

Richtlinie 2011/35/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 110 vom 29.4.2011, S. 1). Richtlinie 2013/24/EU des Rates (ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 365).

Artikel 1 und Anhang, Teil A, Nummer 3

Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190).

Artikel 122

Richtlinie 2012/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 74). Richtlinie 2013/24/EU des Rates (ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 365).

Artikel 1 und Anhang, Teil A, Nummer 4

Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190).

Artikel 123

496

§ 18 Anhang GesRRL Part B FRISTEN FÜR DIE UMSETZUNG IN NATIONALES RECHT UND ANWENDUNGSFRISTEN (gemäß Artikel 166)

Richtlinie

Umsetzungsfrist

Datum der Anwendung

82/891/EWG

1. Januar 1986



89/666/EWG

1. Januar 1992

1. Januar 1993(1)

2005/56/EG

15. Dezember 2007



2007/63/EG

31. Dezember 2008



2009/109/EG

30. Juli 2011



2012/17/EU

7. Juli 2014(2)



2013/24/EU

1. Juli 2013



2014/59/EU

31. Dezember 2014

1. Januar 2015(3)

(1) Gemäß Artikel 16 Absatz 2 der Richtlinie 89/666/EG haben die Mitgliedstaaten vorzuschreiben, dass die in Absatz 1 genannten Bestimmungen ab dem 1. Januar 1993 gelten und dass die Unterlagen, die die Rechnungslegung betreffen, erstmals auf den Jahresabschluss für das am 1. Januar 1993 oder im Laufe des Jahres 1993 beginnende Haushaltsjahr Anwendung finden. (2) Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie 2012/17/EU haben die Mitgliedstaaten nicht später als 8. Juni 2017 die notwendigen Vorschriften zu erlassen, veröffentlichen und anwenden, um den folgenden Bestimmungen nachzukommen: –  Artikel 1 Absätze 3 und 4 und Artikel 5a der Richtlinie 89/666/EWG, –  Artikel 13 der Richtlinie 2005/56/EG, –  Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 2, Artikel 3b, Artikel 3c, Artikel 3d und Artikel 4a Absätze 3 bis 5 der Richtlinie 2009/101/EG. 3 ( ) Gemäß Artikel 130 Absatz 1 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2014/59/EU haben die Mitgliedstaaten die Vorschriften, die erlassen werden, um Titel IV Kapitel  IV Abschnitt  5 der genannten Richtlinie nachzukommen, ab spätestens dem 1.  Januar 2016 anzuwenden.

ANHANG IV ENTSPRECHUNGSTABELLE

Richtlinie 82/891/EWG

Richtlinie Richtlinie 89/666/EWG 2005/56/EG

Richtlinie Richtlinie 2009/101/EG 2011/35/EU

Richtlinie 2012/30/EU

Vorliegende Richtlinie













Artikel 1

Artikel 1

 

 

 

 

 

Artikel 135

Artikel 2

 

 

 

 

 

Artikel 136

Artikel 3 Absätze 1 und 2

 

 

 

 

 

Artikel 137 Absätze 1 und 2

Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a

 

 

 

 

 

Artikel 137 Absatz 3 Unterabsatz 1

Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe b

 

 

 

 

 

Artikel 137 Absatz 3 Unterabsatz 2

497

§ 18 Anhang GesRRL Richtlinie 82/891/EWG

Richtlinie Richtlinie 89/666/EWG 2005/56/EG

Richtlinie Richtlinie 2009/101/EG 2011/35/EU

Richtlinie 2012/30/EU

Vorliegende Richtlinie

Artikel 4

 

 

 

 

 

Artikel 138

Artikel 5

 

 

 

 

 

Artikel 139

Artikel 6

 

 

 

 

 

Artikel 140

Artikel 7

 

 

 

 

 

Artikel 141

Artikel 8

 

 

 

 

 

Artikel 142

Artikel 9

 

 

 

 

 

Artikel 143

Artikel 10

 

 

 

 

 

Artikel 144

Artikel 11

 

 

 

 

 

Artikel 145

Artikel 12

 

 

 

 

 

Artikel 146

Artikel 13

 

 

 

 

 

Artikel 147

Artikel 14

 

 

 

 

 

Artikel 148

Artikel 15

 

 

 

 

 

Artikel 149

Artikel 16

 

 

 

 

 

Artikel 150

Artikel 17

 

 

 

 

 

Artikel 151

Artikel 18

 

 

 

 

 

Artikel 152

Artikel 19

 

 

 

 

 

Artikel 153

Artikel 20   Buchstaben a und b

 

 

 

 

Artikel 154 Buchstaben a und b

Artikel 20 Buchstabe d

 

 

 

 

 

Artikel 154 Buchstabe c

Artikel 21

 

 

 

 

 

Artikel 155

Artikel 22 Absätze 1, 2 und 3

 

 

 

 

 

Artikel 156 Absätze 1, 2 und 3

Artikel 22 Absatz 5

 

 

 

 

 

Artikel 156 Absatz 4

Artikel 23

 

 

 

 

 

Artikel 157

Artikel 24

 

 

 

 

 

Artikel 158

Artikel 25

 

 

 

 

 

Artikel 159

Artikel 26 Absatz 1

 

 

 

 

 



Artikel 26 Absatz 2

 

 

 

 

 

Artikel 160 Absatz 1

Artikel 26 Absatz 3

 

 

 

 

 



Artikel 26 Absatz 4

 

 

 

 

 

Artikel 160 Absatz 2

Artikel 26 Absatz 5

 

 

 

 

 



498 Richtlinie 82/891/EWG

§ 18 Anhang GesRRL Richtlinie Richtlinie 89/666/EWG 2005/56/EG

Richtlinie Richtlinie 2009/101/EG 2011/35/EU

Richtlinie 2012/30/EU

Vorliegende Richtlinie

Artikel 27

 

 

 

 

 



 

Artikel 1

 

 

 

 

Artikel 29

 

Artikel 2

 

 

 

 

Artikel 30

 

Artikel 3

 

 

 

 

Artikel 31

 

Artikel 4

 

 

 

 

Artikel 32

 

Artikel 5

 

 

 

 

Artikel 33

 



 

 

 

 

Artikel 34 Absatz 1

 

Artikel 5a Absätze 1, 2 und 3

 

 

 

 

Artikel 20 Absätze 1, 2 und 3

 

Artikel 33 Absatz 1

 

Artikel 5a Absatz 4

 

 

 

 

Artikel 34 Absatz 2

 

Artikel 5a Absatz 5

 

 

 

 

Artikel 34 Absatz 3

 

Artikel 6

 

 

 

 

Artikel 35

 

Artikel 7

 

 

 

 

Artikel 36

 

Artikel 8

 

 

 

 

Artikel 37

 

Artikel 9

 

 

 

 

Artikel 38

 

Artikel 10

 

 

 

 

Artikel 39 —

 

Artikel 11

 

 

 

 

 

Artikel 11a

 

 

 

 

Artikel 161

 

Artikel 12

 

 

 

 

Artikel 40

 

Artikel 13

 

 

 

 

Artikel 41

 

Artikel 14

 

 

 

 

Artikel 42

 

Artikel 15

 

 

 

 



 

Artikel 16

 

 

 

 



 

Artikel 17

 

 

 

 

Artikel 43

 

Artikel 18

 

 

 

 



 

 

Artikel 1

 

 

 

Artikel 118

 

 

Artikel 2

 

 

 

Artikel 119

 

 

Artikel 3

 

 

 

Artikel 120

 

 

Artikel 4

 

 

 

Artikel 121

 

 

Artikel 5

 

 

 

Artikel 122

 

 

Artikel 6

 

 

 

Artikel 123

 

 

Artikel 7

 

 

 

Artikel 124

499

§ 18 Anhang GesRRL Richtlinie 82/891/EWG

Richtlinie Richtlinie 89/666/EWG 2005/56/EG

Richtlinie Richtlinie 2009/101/EG 2011/35/EU

Richtlinie 2012/30/EU

Vorliegende Richtlinie

 

 

Artikel 8

 

 

 

Artikel 125

 

 

Artikel 9

 

 

 

Artikel 126

 

 

Artikel 10

 

 

 

Artikel 127

 

 

Artikel 11

 

 

 

Artikel 128

 

 

Artikel 12

 

 

 

Artikel 129

 

 

Artikel 13

 

 

 

Artikel 130

 

 

Artikel 14

 

 

 

Artikel 131

 

 

Artikel 15

 

 

 

Artikel 132

 

 

Artikel 16

 

 

 

Artikel 133

 

 

Artikel 17

 

 

 

Artikel 134

 

 

Artikel 17a

 

 

 

Artikel 161

 

 

Artikel 18

 

 

 

 

 

 

Artikel 19

 

 

 



 

 

Artikel 20

 

 

 



 

 

Artikel 21

 

 

 



 

 

 

Artikel 1

 

 

ANHANG II

 

 

 

Artikel 2

 

 

Artikel 14

 

 

 

Artikel 2a

 

 

Artikel 15

 

 

 

Artikel 3

 

 

Artikel 16

 

 

 

Artikel 3a

 

 

Artikel 17

 

 

 

Artikel 3b

 

 

Artikel 18

 

 

 

Artikel 3c

 

 

Artikel 19

 

 

 

Artikel 3d

 

 

Artikel 20

 

 

 

Artikel 4

 

 

Artikel 21

 

 

 

Artikel 4a

 

 

Artikel 22

 

 

 

Artikel 4b

 

 

Artikel 23

 

 

 

Artikel 4c Absätze 1 und 2

 

 

Artikel 24 Absätze 1 und 2

 

 

 

Artikel 4c Absatz 3

 

 



 

 

 

Artikel 4d

 

 

Artikel 25

 

 

 

Artikel 4e

 

 

Artikel 165

 

 

 

Artikel 5

 

 

Artikel 26

 

 

 

Artikel 6

 

 

Artikel 27

 

 

 

Artikel 7

 

 

Artikel 28

500 Richtlinie 82/891/EWG

§ 18 Anhang GesRRL Richtlinie Richtlinie 89/666/EWG 2005/56/EG

Richtlinie Richtlinie 2009/101/EG 2011/35/EU

Richtlinie 2012/30/EU

Vorliegende Richtlinie

 

 

 

Artikel 7a

 

 

Artikel 161

 

 

 



 

 

Artikel 7 Absatz 1

 

 

 

Artikel 8

 

 

Artikel 7 Absatz 2

 

 

 

Artikel 9

 

 

Artikel 8

 

 

 

Artikel 10

 

 

Artikel 9

 

 

 

Artikel 11

 

 

Artikel 10

 

 

 

Artikel 12

 

 

Artikel 11

 

 

 

Artikel 13

 

 

Artikel 12

 

 

 

Artikel 13a

 

 

Artikel 163

 

 

 

Artikel 14

 

 



 

 

 

Artikel 15

 

 



 

 

 

Artikel 16

 

 



 

 

 

Artikel 17

 

 



 

 

 

Artikel 18

 

 



 

 

 

ANHANG I

 

 



 

 

 

ANHANG II

 

 



 

 

 

 

Artikel 1

 

Artikel 87

 

 

 

 

Artikel 2

 

Artikel 88

 

 

 

 

Artikel 3

 

Artikel 89

 

 

 

 

Artikel 4

 

Artikel 90

 

 

 

 

Artikel 5

 

Artikel 91

 

 

 

 

Artikel 6

 

Artikel 92

 

 

 

 

Artikel 7

 

Artikel 93

 

 

 

 

Artikel 8

 

Artikel 94

 

 

 

 

Artikel 9

 

Artikel 95

 

 

 

 

Artikel 10

 

Artikel 96

 

 

 

 

Artikel 11

 

Artikel 97

 

 

 

 

Artikel 12

 

Artikel 98

 

 

 

 

Artikel 13

 

Artikel 99

 

 

 

 

Artikel 14

 

Artikel 100

 

 

 

 

Artikel 15

 

Artikel 101

 

 

 

 

Artikel 16

 

Artikel 102

 

 

 

 

Artikel 17

 

Artikel 103

 

 

 

 

Artikel 18

 

Artikel 104

501

§ 18 Anhang GesRRL Richtlinie 82/891/EWG

Richtlinie Richtlinie 89/666/EWG 2005/56/EG

Richtlinie Richtlinie 2009/101/EG 2011/35/EU

Richtlinie 2012/30/EU

Vorliegende Richtlinie

 

 

 

 

Artikel 19

 

Artikel 105

 

 

 

 

Artikel 20

 

Artikel 106

 

 

 

 

Artikel 21

 

Artikel 107

 

 

 

 

Artikel 22

 

Artikel 108

 

 

 

 

Artikel 23

 

Artikel 109

 

 

 

 

Artikel 24

 

Artikel 110

 

 

 

 

Artikel 25

 

Artikel 111

 

 

 

 

Artikel 26

 

Artikel 112

 

 

 

 

Artikel 27

 

Artikel 113

 

 

 

 

Artikel 28

 

Artikel 114

 

 

 

 

Artikel 29

 

Artikel 115

 

 

 

 

Artikel 30

 

Artikel 116

 

 

 

 

Artikel 31

 

Artikel 117

 

 

 

 

Artikel 32

 



 

 

 

 

Artikel 33

 



 

 

 

 

Artikel 34

 



 

 

 

 

ANHANG I

 



 

 

 

 

ANHANG II

 



 

 

 

 

 

Artikel 1 Absatz 1

Artikel 2 Absatz 1,

 

Artikel 44 Absatz 1

Artikel 1 Absatz 2

Artikel 2 Absatz 2,

 

Artikel 44 Absatz 2

Artikel 2

Artikel 3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Artikel 3

Artikel 4

 

 

 

 

 

Artikel 4

Artikel 5 Artikel 6

 

 

 

 

 

Artikel 5

 

 

 

 

 



Artikel 43

 

 

 

 

 

Artikel 6

Artikel 45

 

 

 

 

 

Artikel 7

Artikel 46

 

 

 

 

 

Artikel 8

Artikel 47

 

 

 

 

 

Artikel 9

Artikel 48

 

 

 

 

 

Artikel 10

Artikel 49

 

 

 

 

 

Artikel 11

Artikel 50

502 Richtlinie 82/891/EWG

§ 18 Anhang GesRRL Richtlinie Richtlinie 89/666/EWG 2005/56/EG

Richtlinie Richtlinie 2009/101/EG 2011/35/EU

Richtlinie 2012/30/EU

Vorliegende Richtlinie

 

 

 

 

 

Artikel 12

Artikel 51

 

 

 

 

 

Artikel 13

Artikel 52

 

 

 

 

 

Artikel 14

Artikel 53

 

 

 

 

 

Artikel 15

Artikel 54

 

 

 

 

 

Artikel 16

Artikel 55

 

 

 

 

 

Artikel 17

Artikel 56

 

 

 

 

 

Artikel 18

Artikel 57

 

 

 

 

 

Artikel 19

Artikel 58

 

 

 

 

 

Artikel 20

Artikel 59

 

 

 

 

 

Artikel 21

Artikel 60

 

 

 

 

 

Artikel 22

Artikel 61

 

 

 

 

 

Artikel 23

Artikel 62

 

 

 

 

 

Artikel 24

Artikel 63

 

 

 

 

 

Artikel 25

Artikel 64

 

 

 

 

 

Artikel 26

Artikel 65

 

 

 

 

 

Artikel 27

Artikel 66

 

 

 

 

 

Artikel 28

Artikel 67

 

 

 

 

 

Artikel 29

Artikel 68

 

 

 

 

 

Artikel 30

Artikel 69

 

 

 

 

 

Artikel 31

Artikel 70

 

 

 

 

 

Artikel 32

Artikel 71

 

 

 

 

 

Artikel 33

Artikel 72

 

 

 

 

 

Artikel 34

Artikel 73

 

 

 

 

 

Artikel 35

Artikel 74

 

 

 

 

 

Artikel 36

Artikel 75

 

 

 

 

 

Artikel 37

Artikel 76

 

 

 

 

 

Artikel 38

Artikel 77

 

 

 

 

 

Artikel 39

Artikel 78

 

 

 

 

 

Artikel 40

Artikel 79

 

 

 

 

 

Artikel 41

Artikel 80

 

 

 

 

 

Artikel 42

Artikel 81

 

 

 

 

 

Artikel 43

Artikel 82

 

 

 

 

 

Artikel 44

Artikel 83

 

 

 

 

 

Artikel 45

Artikel 84

 

 

 

 

 

Artikel 46

Artikel 85

503

§ 18 Anhang GesRRL Richtlinie 82/891/EWG

Richtlinie Richtlinie 89/666/EWG 2005/56/EG

Richtlinie Richtlinie 2009/101/EG 2011/35/EU

Richtlinie 2012/30/EU

Vorliegende Richtlinie

 

 

 

 

 

Artikel 47 Absatz 1

Artikel 86

 

 

 

 

 

Artikel 47 Absatz 2

Artikel 165

 

 

 

 

 

Artikel 48



 

 

 

 

 



Artikel 166

 

 

 

 

 

Artikel 49

Artikel 167

 

 

 

 

 

Artikel 50

Artikel 168

 

 

 

 

 

ANHANG I

ANHANG I

 

 

 

 

 

ANHANG II



 

 

 

 

 

Anhang III



 

 

 

 

 



Anhang III

 

 

 

 

 



Anhang IV

504

§ 19 GesRRL II: Die frühere Kapital-RL (KapRL)

§ 19 GesRRL II: Die frühere Kapital-RL (KapRL) RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46 Literatur: Ankele, Jörg, Zum Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie, BB 1970, 988; Bagel, Friderike, Der Ausschluss des Bezugsrechts in Europa, 1999; Baldamus, Ernst-August, Reform der Kapitalrichtlinie, 2002; Bayer, Walter, Grundkapital, Kapitalaufbringung, Kapitalerhaltung, in: Bayer/Habersack (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, 2007, Bd. 2, Kap. 17; ders., Transparenz und Wertprüfung beim Erwerb von Sacheinlagen durch genehmigtes Kapital, in: Habersack, Mathias u.a. (Hrsg.), Festschrift für Peter Ulmer zum 70. Geburtstag am 2. Januar 2003, 2003, S. 21; ders., Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss und Vermögensschutz der Aktionäre nach § 255 Abs. 2 AktG, ZHR 163 (1999) 505; ders. Materielle Schranken und Kontrollinstrumente beim Einsatz des genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss, ZHR 168 (2004) 132; Bayer, Walter/ Schmidt, Jessica, Die Reform der Kapitalaufbringung bei der Aktiengesellschaft durch das ARUG, ZGR 2009, 805; Bezzenberger, Tilman, Das Kapital der Aktiengesellschaft, 2005; Böttcher, Lars, Die kapitalschutzrechtlichen Aspekte der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG), NZG 2008, 481; Brosius, Jan, Die finanzielle Unterstützung des Erwerbs eigener Aktien, 2011; Cahn, Andreas, Die Auswirkungen der Richtlinie zur Änderung der Kapitalrichtlinie auf den Erwerb eigener Aktien, Konzern 2007, 385; Denecker, Jean, La deuxième directive du Conseil des Communautés Européennes relative a la constitution de la société anonyme, au maintien et aux modifications de son capital, Rev. Soc. 1977, 661; Drinkuth, Henrik, Die Kapitalrichtlinie – Mindest- oder Höchstnorm?, 1998; Drygala, Tim, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs nach der Reform der Kapitalrichtlinie, Konzern 2007, 396; Ebenroth, Carsten Thomas/ Kräutter, Thomas, Der Einfluss der 2. gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinie auf die Lehre von der verdeckten Sacheinlage bei der Aktiengesellschaft, DB 1990, 2153; Ebenroth, Carsten Thomas/Neiß, Ellen, Zur Vereinbarkeit der Lehre von der verdeckten Sacheinlage mit EG-Recht, BB 1992, 2085; Ekkenga, Jens, Die Kapitalherabsetzung nach der neuen EG-Kapitalrichtlinie: Änderungen, Ergänzungen und Umsetzungsbedarf, Konzern 2007, 413; Fankhauser, Roger, Gemeinschaftsrechtliche Publizitäts- und Kapital-Richtlinie: Anpassungsbedarf des Schweizer Rechts, 2001; Ferran, Eilís, Simplification of European Company Law on financial assistance, (2005) 6 EBOR 93; Freitag, Robert, „Financial Assistance“ durch die Aktiengesellschaften nach der Reform der Kapitalrichtlinie – (k)ein Freifahrtschein für LBOs?, AG 2007, 157; Fuchs Mtwebana, Katja, The regulation of companies’ capital in the European Union: What is the current state of affairs?, [2011] EBLR 237; Ganske, Joachim, Das Zweite gesellschaftsrechtliche Koordinierungsgesetz vom 13. Dezember 1978, DB 1978, 2461; Habersack, Mathias, Verdeckte Sacheinlage und Hin- und Herzahlen nach dem ARUG – gemeinschaftsrechtlich betrachtet, AG 2009, 557; Hartung, Tom, Financial Assistance, 2010; Herrler, Sebastian/Reymann, Chris­ toph, Die Neuerungen im Aktienrecht durch das ARUG – Unter besonderer Berücksichtigung der Neuregelung zur Hauptversammlung und zur Kapitalaufbringung bei der AG − (Teil 2), DNotZ 2009, 914; Hirte, Heribert, Bezugsrecht, Berichtspflicht, genehmigtes Kapital und europäisches Recht, DStR 2001, 577; Hüffer, Uwe, Harmonisierung des aktienrechtlichen Kapitalschutzes, NJW 1979, 1065; Kallmeyer, Harald, SLIM Schlankheitskur für das EU-Gesellschaftsrecht, AG 2001, 406; Kalss, Susanne, Die Bedeutung der Publizitäts-, Kapital-, Zweigniederlassungs- und Einpersonengesellschaftsrichtlinie der Europäischen Union für das österreichische Gesellschaftsrecht (AG und GmbH), in: Koppensteiner, Hans-Georg (Hrsg.), Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht, Teil 1: Gesellschaftsrecht, 1994, S. 119; Kindl, Johann, Der Erwerb eigener Aktien nach Europäischem Gemeinschaftsrecht, ZEuP 1994, 77; Kindler, Peter, Verdeckte Sacheinlage und Kapitalschutzrichtlinie – Zur Umwandlung von Geldkrediten in Nennkapital der AG, in: Ebenroth, Carsten (Hrsg.), Verant-

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I.  Genese und Ratio 19

1.  Historie, Inhalt und Grundgedanken im Überblick

19.1 Die Kommission legte bereits 1970 einen Vorschlag1 und 1972 einen geänderten Vorschlag2 für eine 2. (Kapital-)RL vor. Veranlasst v.a. durch den zwischenzeitlichen 1  Vorschlag einer zweiten RL des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Einhaltung und Änderungen ihres Kapitals vorgeschrieben sind, 5.3.1970, KOM(70) 232 = BT-Drs. VI/595. 2  Geänderter Vorschlag einer zweiten RL des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2

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Beitritt von drei neuen Mitgliedstaaten (Dänemark, UK und Irland) erfolgte ihre Verabschiedung aber erst am 13.12.19763. Durch das EWR-Abkommen wurde ihr Anwendungsbereich m.W.v. 1.1.1994 bzw. 1.5.19954 auch auf die EWR-Staaten ausgedehnt.5 Die RL ist von Anfang an als „Kapitalrichtlinie“ (KapRL) bezeichnet worden. 19.2 Obwohl damit der Schwerpunkt zutreffend hervorgehoben ist, ist die Bezeichnung insgesamt ungenau. Denn einerseits betrifft sie nur Aktiengesellschaften (zum Anwendungsbereich → 19.16 f.). Vor allem die Kapitalregeln des GmbH-Rechts sind also nicht angesprochen. Andererseits geht sie ihrem Inhalt nach über Fragen des Kapitalschutzes i.e.S. dadurch nicht unwesentlich hinaus, als sie auch allgemeine Fragen der Gründung und des Satzungsinhalts regelt (→ 19.18 ff.). Die RL fixiert zunächst einmal das kontinentale System des festen Kapitals auf 19.3 europäischer Ebene (→ 19.37). Sie fordert ein Mindestkapital (→ 19.42) und regelt umfassend die Kapitalaufbringung (→ 19.47 ff.) und Kapitalerhaltung (→ 19.94 ff.) − nämlich die Modalitäten der Leistung von Bar- und Sacheinlagen, den Erwerb eigener Aktien etc. − sowie die Kapitalerhöhung (→ 19.172 ff.) und die Kapitalherabsetzung (→ 19.227 ff.). Darüber hinaus spricht sie noch eine Reihe weiterer elementarer Fragen im Zusammenhang mit der Gründung von Aktiengesellschaften an (→ 19.18 ff.). Grundintention der RL ist der Schutz der Aktionäre6 und der Gläubiger7. Daher 19.4 beinhaltet sie neben primär gläubigerschützenden Regelungen in Form der Implemendes Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Einhaltung und Änderungen ihres Kapitals vorgeschrieben sind, 30.10.1972, KOM(72) 1310. 3  Zweite RL 77/91/EWG des Rates v. 13.12.1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Einhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABlEG v. 31.1.1977, L 26/1. 4  Für Island und Norwegen (sowie für Finnland, Österreich, Schweden, die aber inzwischen zur EU gehören) zum 1.1.1994, für Liechtenstein zum 1.5.1995. 5  Vgl. Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum − Anhang XXII, Nr. 2 (ABlEG v. 3.1.1994, L 1/3). 6  Vgl. ErwG 3 GesRRL (G  ErwG 3 KapRL); ebenso ErwG 1 der 92/101/EWG (→ 19.5); vgl. weiter EuGH v. 30.5.1991, Karella, C-19/90 u. C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229, Rn. 25; EuGH v. 19.11.1996, Siemens ./. Nold, C-42/95, ECLI:EU:C:1996:444, Rn. 13; EuGH v. 18.12.2008, Kommission ./. Spanien, C-338/06, ECLI:EU:C:2008:740, Rn. 23; EuGH v. 19.7.2016, Kotnik, C-526/14, ECLI:EU:C:2016:570, Rn. 86; Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 25; Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff 3.35; MüKoAktG/ Habersack Einl. Rn. 125; Habersack/Verse § 6 Rn. 3; Nobel Kap. 3 Rn. 16; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 313; Santella/Turrini (2008) 9 EBOR 427, 430; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 174; Winter FS Böckli, 2006, S. 389, 399; Wymeersch, Reforming the Second Company Law Directive, Ghent University − Financial Law Institute WP 2006-15, S. 3. 7 Vgl. ErwG 3 GesRRL (G  ErwG 3 KapRL); EuGH v. 18.12.2008, Kommission ./. Spanien, C-338/06, ECLI:EU:C:2008:740, Rn. 23; EuGH v. 19.7.2016, Kotnik, C-526/14, ECLI:EU:C:2016:570, Rn. 86; EuGH v. 8.11.2016, Dowling, C-41/15, ECLI:EU:C:2016:836, Rn. 49; vgl. weiter It’s a Wrap (UK) Ltd. (in liq.) v Gula [2006] BCC 626, 632 (per Arden LJ); Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 25; Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff 3.35; Grundmann Rn. 318; Habersack/Verse § 6 Rn. 3; Santella/Turrini

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tierung des Gleichbehandlungsgebots (→ 19.258 ff.) und des Schutzes vor einer Verwässerung der Beteiligungsquote (→ 19.203 ff.) auch spezifisch aktionärsschützende Vorschriften, die sich mühelos in den Kontext der principal-agent-Theorie bzw. der Corporate Governance einordnen lassen.8 Daneben bezweckt die RL mittels der vorgeschriebenen Satzungspublizität (→ 19.18 ff.) aber auch den Schutz des allgemeinen Rechtsverkehrs.9 2.  Änderungen und Neufassung 2012 19.5 Nach ihrer Verabschiedung im Jahr 1976 wurde die KapRL mehrfach geändert. Die RL 92/101/EWG v. 23.11.199210 führte den Erwerb von Aktien durch Tochtergesellschaften einer speziellen Regelung zu (→ 19.165 ff.) 19.6 Deutlich einschneidender war die RL 2006/68/EG v. 6.9.200611, die auf Empfehlungen der SLIM-Arbeitsgruppe aus dem Jahr 199912 sowie der High Level Group of Company Law Experts (Winter-Gruppe, → 13.3) aus dem Jahr 200213 aufbaut. Kernpunkte dieser Novellierung waren eine deutliche Liberalisierung der Vorschriften über die Sacheinlageprüfung (→ 19.70 ff.), den Erwerb eigener Aktien (→ 19.123 ff.) und die financial assistance (→ 19.151 ff.).14 Die RL 2006/99/EG15 passte dagegen lediglich Art. 1 KapRL an den Beitritt Bul19.7 gariens und Rumäniens an; entsprechende Anpassungen waren jeweils auch bei früheren Beitritten neuer Mitgliedstaaten erfolgt16.

2008) 9 EBOR 427, 430; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 174; Winter (Fn. 6), S. 389, 399; Wymeersch (Fn. 6), S. 3.  8 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 25; Grundmann Rn. 319.   9  Vgl. ErwG 4 GesRRL (G ErwG 4 KapRL); s. weiter Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 25; Habersack/Verse § 6 Rn. 3; Lösekrug S. 67. 10 RL 92/101/EWG des Rates v. 23.11.1992 zur Änderung der RL 77/91 EWG über die Gründung der Aktiengesellschaft sowie die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals, ABlEG v. 28.11.1992, L 347/64. 11  RL 2006/68/EG des EP und des Rates v. 6.9.2006 zur Änderung der RL 77/91 EWG über die Gründung der Aktiengesellschaft sowie die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals, ABlEU v. 25.9.2006, L 264/32. 12 Empfehlungen der Arbeitsgruppe zur Vereinfachung des Gesellschaftsrechts bezüglich der Vereinfachung der Ersten und Zweiten Gesellschaftsrechts-RL () (auch abgedruckt in ZIP 1999, 1944 ff.), dazu ausf. Baldamus, Reform der Kapitalrichtlinie, 2002. 13  Bericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa, 4.11.2002 (). 14  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 85; dies. BB 2008, 454, 457. 15  RL 2006/99/EG des Rates v. 20.11.2006 zur Anpassung bestimmter RL im Bereich Gesellschaftsrecht anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, ABlEU v. 20.12.2006, L 363/137. 16  Vgl. Fundstellenverzeichnis.

§ 19 GesRRL II: Die frühere Kapital-RL (KapRL)

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Die RL 2009/109/EG v. 16.9.200917 brachte dann (neben einer Anpassung des 19.8 Art. 1 KapRL an Änderungen im finnischen Gesellschaftsrecht) eine punktuelle Deregulierung betreffend das Verhältnis der Sachverständigenberichte über Sacheinlagen bei Gründung und Kapitalerhöhung zu den Sachverständigenberichten i.R.d. Verschmelzungs- und Spaltungsprüfung (19.68 f., 19.193, 20.66, 20.140, 21.54, 21.110, 22.86). I.R.d. allgemeinen Projekts zur Kodifizierung des Acquis communautaire18 war 19.9 zunächst vorgesehen, die KapRL – ebenso wie bereits die PubRL (→ 18.6), FusRL (→ 20.5) und EpGRL (→ 27.4) − (nur) zu kodifizieren.19 Nachdem sich dann jedoch aus kompetenzrechtlichen Gründen die Notwendigkeit einer Modifikation des Art. 6 Abs. 3 KapRL ergeben hatte (→ 19.9), legte die Kommission am 1.2.2011 einen Vorschlag für eine Neufassung20 vor, der dann ohne wesentliche Änderungen als RL 2012/30/EU21 verabschiedet wurde. Abgesehen von der Änderung in Art. 6 Abs. 3 KapRL handelte es sich jedoch de facto um eine reine Kodifizierung (im Rahmen derer sich allerdings auch die „Hausnummern“ teils erheblich geändert haben).22 Diese Neufassung wurde aber ebenfalls bereits wieder zweimal punktuell geän- 19.10 dert: Die RL 2013/24/EU23 passte Anhang I an den Beitritt Kroatiens an; durch die 17  RL 2009/109/EG des EP und des Rates v. 16.9.2009 zur Änderung der RL 77/91/EWG, 78/855/EWG und 82/891/EWG des Rates sowie der RL 2005/56/EG hinsichtlich der Berichts- und Dokumentationspflicht bei Verschmelzungen und Spaltungen, ABlEU v. 2.10.2009, L 259/14. 18  Mitteilung der Kommission an das EP und den Rat. Kodifizierung des Acquis communautaire, KOM(2001) 645; dazu Heydt EuZW 2002, 34. 19  Vorschlag für eine RL …/…/EG des EP und des Rates v. […] zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, 16.9.2008, KOM(2008) 544. Geänderter Vorschlag v. 26.8.2010, KOM(2010) 388. Rücknahme: ABlEU v. 30.7.2011, C 225/6. 20  Vorschlag für eine RL des EP und des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, 1.2.2011, KOM(2011) 29. Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 4. 21  RL 2012/30/EU des EP und des Rates v. 25.10.2012 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (Neufassung), ABlEU v. 14.11.2012, L 315/74. Ausdehnung auf die EWRStaaten durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 99/2012 v. 30.4.2012 zur Änderung von Anhang XXII (Gesellschaftsrecht) des EWR-Abkommens, AblEU v. 13.9.2012, L 248/37. 22 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 6. 23  RL 2013/24/EU des Rates vom 13.5.2013 zur Anpassung bestimmter RL auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABlEU v. 10.6.2013, L 158/365.

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BRRD (→ 14.150) wurde ein neuer Art. 45 Abs. 3 KapRL (G Art. 84 Abs. 3 GesRRL, → 19.256) ergänzt, wonach bestimmte Vorschriften im Falle von Abwicklungsinstrumenten, -befugnissen und -mechanismen auf der Basis der BRRD keine Anwendung finden24. Der Ende 2016 vorgelegte Vorschlag für eine Unternehmensinsolvenz-RL (Unt­ 19.11 IntRLE, → 17.11, 17.110 ff.) sieht die Einführung eines neuen Art. 45 Abs. 4 KapRL vor, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, Ausnahmen von bestimmten Vorschriften vorzusehen, um zu verhindern, dass die Annahme und Umsetzung eines Restrukturierungsplans durch die Vorgaben der KapRL gefährdet wird25 (→ 19.257). 3.  Integration in die GesRRL 2017 19.12 Mit Wirkung v. 20.7.2017 wurden die Bestimmungen der KapRL zusammen mit denjenigen der früheren PubRL (→ 18), FusRL (→ 20), SpRL (→ 21), CBMD (→ 22) und ZNRL (→ 26) in der neuen Gesellschaftsrechts-RL (GesRRL)26 kodifiziert, → 5.73, 18.8. 4.  Umsetzung in Deutschland 19.13 Die Umsetzung der ursprünglichen Fassung der KapRL in Deutschland erfolgte durch das KapRiLiG v. 13.12.197827. Der Anpassungsbedarf für das deutsche Aktienrecht, das bereits seit jeher auf dem System des festen Grundkapitals fußte28, war dabei insgesamt vergleichsweise gering29.30 Einige andere Mitgliedstaaten, wie z.B. insbesondere das UK, waren aufgrund der KapRL dagegen zu einer grundlegenden Novellierung der Grundstrukturen ihres (Aktien-)Gesellschaftsrechts gezwungen.31 19.14 Im Hinblick auf die RL 92/101/EWG (→ 19.5) war eine Umsetzung in das deutsche Recht nicht erforderlich, da entsprechende Regeln hierzulande bereits seit 1937 gelten32 – der heutige § 71d AktG ist aufgrund dieser nachträglichen „Europä-

24  Vgl. dazu J. Schmidt AG 2016, 713, 716. 25  Vgl. COM(2016) 723, S. 13. 26  RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46. 27  Gesetz zur Durchführung der Zweiten RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts v. 13.12.1978, BGBl. I, 1959. 28  Vgl. dazu Bayer/Habersack/Bayer II Kap. 17 Rn. 1 ff. 29 Vgl. Ganske DB 1978, 2461; Hüffer NJW 1979, 1065, 1070; Lutter FS Ferid, 1978, S. 599, 602; Schwarz Rn. 571. 30 Ausf. zu Bedeutung und Auswirkungen der RL auf das deutsche Aktienrecht: Bayer/ Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 24 ff. 31  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 26; ausf. im Hinblick auf das UK: Edwards S. 51 f. Vgl. ferner → 9.1 ff. 32  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 55.

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isierung“ allerdings nunmehr richtlinienkonform auszulegen33. Die Umsetzung der RL 2006/68/EG (→ 19.6) erfolgte zugleich mit der Umsetzung der ARRL (→ 30) durch das ARUG34; Deutschland hat dabei von den neuen Optionen allerdings nur partiell Gebrauch gemacht (vgl. → 19.77, 19.83, 19.142, 19.161, 19.197). Von den durch die RL 2009/109/EG (→ 19.8) eröffneten Optionen wurde mit dem 3. UmwÄndG35 ebenfalls nur partiell Gebrauch gemacht (→ 19.69, 19.201). Die Neufassung 2012 bedurfte (da de facto reine Kodifizierung, → 19.9) keiner 19.15 Umsetzung, ebenso wenig die RL 2013/24/EU (→ 19.10). Zur Umsetzung der BRRD wurde durch das BRRD-UmsG ein neues Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) geschaffen, weitere Anpassungen erfolgten durch das FMSA-NeuOG (→ 14.151).

II.  Anwendungsbereich Im Gegensatz zu den nun ebenfalls in die GesRRL integrierten Vorschriften der frü- 19.16 heren PubRL (→ 18.10) gelten die Vorschriften der früheren KapRL nicht für alle Kapitalgesellschaften, sondern ausschließlich für die Aktiengesellschaften; die erfassten nationalen Rechtsformen sind in Art. 2 Abs. 1 S. 1, 44 Abs. 1 i.V.m. Anhang I GesRRL (G Art. 1 Abs. 1 UAbs. 1 i.V.m. Anhang I KapRL) und Anh. XII Nr. 2 zum EWR-Abkommen36 abschließend aufgezählt. ErwG 2 GesRRL (G  ErwG 2 KapRL) begründet dies damit, dass eine Harmonisierung bei Aktiengesellschaften besonders wichtig sei, weil deren Tätigkeit häufig grenzüberschreitend sei und in der Wirtschaft der Mitgliedstaaten vorherrsche. Von Bedeutung war jedoch insbesondere auch, dass die Aktiengesellschaft in fast allen Mitgliedstaaten der gesetzlich am weitesten ausgebildete Gesellschaftstyp war und man glaubte, dass eine Harmonisierung in diesem Bereich den Weg für die Angleichung des Rechts der anderen Gesellschaftstypen ebnen würde.37 Art. 2 Abs. 2, 44 Abs. 2 GesRRL (G Art. 1 Abs. 2 UAbs. 1 KapRL) eröffnen den 19.17 Mitgliedstaaten die Option, die Vorschriften auf Investmentgesellschaften mit veränderlichem Kapital (i.S.d. Legaldefinition in Art. 2 Abs. 2 UAbs. 2 GesRRL [G Art. 1 Abs. 2 UAbs. 2 KapRL]) sowie auf Genossenschaften, die in einer in Anhang I genannten Rechtsform gegründet wurden, nicht anzuwenden. Für erstere war bereits damals eine auf deren spezifische Bedürfnisse angepasste Regelung geplant38, die dann 1985 mit der OGAW-RL (→ 38.3 ff.) erfolgte. Die Sonderregelung für Genossenschaf33  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 55; sowie ausf. Kindl ZEuP 1994, 77, 93 ff. 34  Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v. 30.7.2009, BGBl. I, 2479. 35  Drittes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 11. 7. 2011, BGBl. I, 1338. 36  Fn. 5. 37  Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 9. S. ferner Edwards S. 52; Lösekrug S. 66; Niessen AG 1970, 281, 282. Für eine Ausdehnung etwa Lutter ERT 2000, 60, 70. Näher zur „Europäisierung“ der GmbH → 9.52 ff. 38  Vgl. dazu auch RL-E 1970 (Fn. 1), S. 9 f.; Edwards S. 54; Kalss in: Koppensteiner (Hrsg.), Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht, Bd. 1, 1994, S. 119, 190 f.; Niessen AG 1970, 281, 282 f.

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ten in der Rechtsform der AG, die speziell für Frankreich und Italien wichtig war39, sollte v.a. kleine Genossenschaften vor dem Zwang zur Aufbringung des Mindestkapitals sowie der Rigidität der Kapitalschutzregeln der KapRL bewahren.40 Die Ausnahme vom Geltungsbereich ist allerdings im Interesse des Gläubigerschutzes an eine entsprechende Publizität gebunden:41 Mitgliedstaaten, die von einer bzw. beiden der genannten Optionen Gebrauch machen, müssen die betreffenden Gesellschaften verpflichten, auf jeglicher in Art. 26 GesRRL (G  Art. 5 PubRL) genannter Geschäftskorrespondenz42 (→ 18.25 ff.) die Bezeichnung „Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital“ bzw. „Genossenschaft“ anzugeben (Art. 2 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2, 44 Abs. 2 S. 2 GesRRL [G Art. 2 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 KapRL]. Der deutsche Gesetzgeber hat nur von der Option in Bezug auf die Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital (§§ 108 ff. KAGB)43 Gebrauch gemacht44; für eine Spezialbehandlung von Genossenschaften in der Rechtsform der AG sah man hingegen offenbar keine Veranlassung45.

III.  Wesentlicher Inhalt 1.  Regelung betreffend die Gründung der Aktiengesellschaft (Art. 3–6 GesRRL [ G Art. 2–5 KapRL]) a)  Weitere Mindestangaben in Satzung, Errichtungsakt oder gesondertem Schriftstück (Art. 3 und 4 GesRRL [ G Art. 2 und 3 KapRL]) 19.18 Art. 3 f. GesRRL (G Art. 2 f. KapRL) enthalten detaillierte Vorgaben darüber, welchen Mindestinhalt die Satzung bzw. der Errichtungsakt46 der Aktiengesellschaft bzw. ein 39 Vgl. Edwards S. 54; Nienhaus, Kapitalschutz in der Aktiengesellschaft mit atypischer Zwecksetzung, S. 136. 40 Vgl. Kalss (Fn. 38), S. 119, 191; Mülbert FS Lutter, 2000, S. 535, 548 f.; Nienhaus (Fn. 39), S. 136. 41 Vgl. Nienhaus (Fn. 39), S. 135; Niessen AG 1970, 281, 282; van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 7. 42  Der in Art. 2 Abs. 2 UAbs. 2 S. 2, 44 Abs. 2 S. 2 GesRRL (G Art. 1 Abs. 2 UAbs. 1 KapRL) verwendete Begriff der „Schriftstücke“ dürfte im Hinblick auf die heutige Fassung des Art. 26 GesRRL (G Art. 5 PubRL, → 18.25 ff.) dahingehend auszulegen sein, dass es auch hier nicht mehr auf die Form der Geschäftskorrespondenz ankommt (also auch hier EMails etc. erfasst sind) und dass – entsprechend dem Art. 26 UAbs. 3 GesRRL (G Art. 5 UAbs. 3 PubRL) − auch auf einer etwaigen Webseite die entsprechende Angabe gemacht werden muss. Nur dies wird der Intention der Norm gerecht. 43  Eingeführt durch das Gesetz zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen (Investmentmodernisierungsgesetz) v. 15.12.2003, BGBl. I, 2676 (und damals zunächst geregelt in §§ 104 ff. InvG). Rechtstatsachen bei Bayer/Hoffmann/Sawada AG 2010, R451 ff. 44  Vgl. BegrRegE z. InvModG, BT-Drs. 15/1553, S. 106; BegrRegE z. InvÄndG, BT-Drs. 16/5576, S. 83. 45 Vgl. Lösekrug S. 66; Schwarz Rn. 573. 46  Vgl. zu den Hintergründen der – in vielen europäischen Rechtsakten anzutreffenden – Differenzierung zwischen Satzung und Errichtungsakt → 18.31.

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gesondert hiervon offenzulegendes Schriftstück haben muss. Es handelt sich insofern quasi um eine Komplementierung der Offenlegungsvorschriften der Art. 14 ff. GesRRL (G PubRL): Bei Aktiengesellschaften bestimmt das europäische Recht nicht nur, dass die Satzung bzw. der Errichtungsakt überhaupt offengelegt werden muss (Art. 14 lit. a–c GesRRL [G Art. 2 lit. a–c PubRL], → 18.31), sondern normiert für dieselben in Art. 3 f. GesRRL (G Art. 2 f. KapRL) auch einen Mindestinhalt.47 Damit soll gewährleistet werden, dass die Satzung oder der Errichtungsakt einer AG jedem Interessierten die Möglichkeit bietet, die wesentlichen Merkmale der Gesellschaft zu kennen (vgl. ErwG 4 GesRRL [G ErwG 4 KapRL]). Eine Korrelation besteht aber nicht nur mit Art. 14 lit. a–c GesRRL (G Art. 2 lit. a–c PubRL), sondern auch mit Art. 11 UAbs. 1 lit. b Ziff. iii GesRRL (G Art. 12 UAbs. 1 lit. b Ziff. iii PubRL, → 18.92): Indem diese Vorschrift die Nichtigerklärung einer Gesellschaft nur bei Fehlen der dort genannten Angaben gestattet, folgt hieraus im Umkehrschluss zugleich, dass das Fehlen der anderen in Art. 3 f. GesRRL (G Art. 2 f. KapRL) enumerierten Angaben keinen Grund für eine Nichtigerklärung darstellt.48 Zwischen den in Art. 3 GesRRL (G  Art. 2 KapRL) und den in Art. 4 GesRRL 19.19 (G Art. 3 KapRL) genannten Angaben besteht im Hinblick auf die äußere Form der Offenlegung ein wichtiger Unterschied: Nur die in Art. 3 GesRRL (G Art. 2 KapRL) genannten Angaben müssen zwingend in der Satzung oder dem Errichtungsakt offengelegt werden; bei den in Art. 4 GesRRL (G Art. 3 KapRL) genannten Angaben genügt hingegen die Aufnahme in ein gesondertes Schriftstück, das jedoch nach Maßgabe des Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) offengelegt werden muss. Diese Differenzierung (die so im Entwurf der KapRL von 1970 noch nicht vorhanden war49) geht auf eine Initiative der deutschen Delegation zurück; damit soll verhindert werden, dass bestimmte Einzelheiten von eher kurzlebiger Bedeutung in die Satzung bzw. den Errichtungsakt – also das Instrument, das die Gesellschaft während ihrer gesamten Existenz beherrscht − aufgenommen werden und dementsprechend bei jeder Änderung wieder neu bekannt gemacht werden müssen.50

47 Vgl. Cordewener in: Schön (Hrsg.), Rechnungslegung und Wettbewerbsschutz im deutschen und europäischen Recht, 2008, S. 105, 151 f.; Edwards S. 57; Grundmann FS Lutter, 2000, S. 61, 72; Habersack/Verse § 6 Rn. 9; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 317; Lösekrug S. 67; Niessen AG 1970, 281, 283; Pipkorn ZHR 141 (1977) 330, 345. 48  Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 317; Niessen AG 1970, 281, 283; s. ferner auch Drinkuth S. 124; Habersack/Verse § 6 Rn. 9. 49  Art. 2 und 3 RL-E 1970 (Fn. 1) differenzierten noch zwischen Angaben, die in der Satzung und solchen, die im Errichtungsakt offengelegt werden mussten, vgl. dazu Niessen AG 1970, 281, 283. 50 Vgl. Edwards S. 59. S. ferner auch Grohmann S. 257; Kalss (Fn. 38), S. 119, 195 f.; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 319.

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aa)  Mindestangaben in der Satzung bzw. dem Errichtungsakt (Art. 3 GesRRL [ G Art. 2 KapRL]) 19.20 Gem. Art. 3 GesRRL (G Art. 2 KapRL) müssen folgende fünf „grundlegende“51 Angaben zwingend in der Satzung oder dem Errichtungsakt enthalten sein. (1)  Firma und Rechtsform (lit. a) 19.21 Die gesonderte Angabepflicht der Rechtsform erklärt sich daraus, dass die Rechtsform bzw. ein Rechtsformzusatz nach dem System der RL kein zwingender Firmenbestandteil ist; Art. 2 Abs. 1 S. 2 GesRRL (G Art. 1 Abs. 1 UAbs. 2 KapRL) bestimmt lediglich, dass die Firma eine Bezeichnung enthalten muss, die sich von den für andere Gesellschaftsformen vorgeschriebenen Bezeichnungen unterscheidet, oder mit einer solchen Bezeichnung verbunden sein muss.52 (2)  Gegenstand des Unternehmens (lit. b) 19.22 Der Unternehmensgegenstand gehört ebenfalls zu den elementaren Charakteristika einer Gesellschaft. Besondere Relevanz hat die diesbezügliche Angabepflicht aber insbesondere in denjenigen Mitgliedstaaten, die von der Option des Art. 9 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 UAbs. 2 PubRL, → 18.77) Gebrauch gemacht haben.53 (3)  Höhe des gezeichneten sowie ggf. des genehmigten Kapitals (lit. c, d)54 19.23 Zentrale Bedeutung für den Rechtsverkehr hat auch das Kapital der Gesellschaft. Gem. Art. 3 Abs. 3 lit. c GesRRL (G Art. 2 lit. c KapRL) muss daher das gezeichnete Kapital (d.h. das Kapital i.S.d. Art. 45 GesRRL [G Art. 6 KapRL], → 19.42)55 angegeben werden. Hat die Gesellschaft ein genehmigtes Kapital (geregelt in Art. 68 Abs. 2 GesRRL [G Art. 29 Abs. 2 KapRL], → 19.185 f.), so ist dessen Höhe sowie die Höhe des gezeichneten Kapitals im Zeitpunkt der Gründung bzw. der Aufnahme der Geschäftstätigkeit sowie jede Änderung anzugeben (lit. d).

51 Vgl. Morse (1977) 2 E.L. Rev. 126, 127 („basic“). 52 Vgl. Grohmann S. 258; Habersack/Verse § 6 Rn. 10. 53 Vgl. Grohmann S. 258; Kalss (Fn. 38), S. 119, 198; Niessen AG 1970, 281, 283. 54  Ausf. dazu Grohmann S. 260 ff. 55 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 11; Schwarz Rn. 576 Fn. 557.

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(4)  Bestimmung zu Zahl, Bestellungsverfahren und Kompetenzen der Organmitglieder (lit. e) Hintergrund der Angabepflicht des Art. 3 lit. e GesRRL (G Art. 2 lit. e KapRL) be- 19.24 züglich Zahl, Bestellungsverfahren und Kompetenzen der Organmitglieder ist die nach wie vor nicht erfolgte Harmonisierung der internen Struktur der Aktiengesellschaft (→ 9.47 ff.); Art. 3 lit. e GesRRL (G Art. 2 lit. e KapRL) soll insofern zumindest einen gewissen Verkehrsschutz durch Transparenz schaffen.56 Die Pflicht zur Aufnahme in die Satzung besteht allerdings nur insoweit, als sich die vorgenannten Spezifika nicht bereits aus dem Gesetz ergeben – dem Rechtsverkehr wird also zugemutet, sich zumindest über die jeweiligen nationalen gesetzlichen Vorgaben zu informieren.57 Mit den Organen, die mit „Aufsicht und Kontrolle der Gesellschaft betraut sind“ 19.25 sollte ausweislich einer Protokollerklärung des Rates − ebenso wie bei Art. 14 lit. d GesRRL (G  Art. 2 lit. d PubRL, → 18.34) − nur das „Aufsichtsorgan“ im dualistischen System erfasst werden (z.B. deutscher Aufsichtsrat, französischer conseil de surveillance), nicht hingegen der Abschlussprüfer.58 Zudem erfasst die Vorschrift nach Sinn und Zweck nur die tatsächliche Vertei- 19.26 lung der Zuständigkeiten, nicht hingegen „differenzierte Zwischenbereiche“ wie Zustimmungsvorbehalte zugunsten eines anderen Organs (wie z.B. in § 111 Abs. 4 S. 2 AktG).59 Kontrovers diskutiert wird allerdings die Pflicht zur Angabe der „Bestimmungen, welche die Zahl … [der Organmitglieder] festlegen“. Konsens dürfte zwar jedenfalls insofern bestehen, als damit nicht verlangt wird, dass die Satzung bzw. der Errichtungsakt eine konkrete Zahl angibt, vielmehr genügt auch die Festlegung einer Mindest- und Höchstzahl.60 Umstritten ist jedoch, ob auch eine Satzungsregelung durch die ein anderes Gesellschaftsorgan (z.B. Aufsichtsrat) zur Festlegung der Zahl der Organmitglieder ermächtigt wird, richtlinienkonform ist.61 Im Hinblick auf den Wortlaut der englischen und französischen Sprachfassung62 sowie die Entstehungsgeschichte und die Ratio der Vorschrift ist dies i.E. zu bejahen.63 Ein relevantes Schutzdefizit entsteht dadurch nicht, denn der Rechtsverkehr kann die jeweils tatsächliche vorhandene Organgröße in jedem Fall zumindest mittelbar aus den gem. Art. 14 lit. d 56 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 12; Kalss (Fn. 38), S. 119, 199. 57 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 12; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 318. 58 Vgl. Edwards S. 58; Fankhauser S. 126. 59 Grundlegend Lutter FS Ferid, 1978, S. 599, 614 f.; ihm folgend Habersack/Verse § 6 Rn. 13; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 318; Lösekrug S. 74; Schwarz Rn. 576. 60  Fankhauser S. 126; Grohmann S. 259; Habersack/Verse § 6 Rn. 13; Schwarz Rn. 576. S. ferner (zur deutschen Umsetzung) auch Ganske DB 1978, 2461, 2462. 61  Dagegen etwa Fankhauser S. 126; zweifelnd auch Lutter FS Ferid, 1978, S. 599, 613 Fn. 58a; GroßkommAktG/Röhricht/Schall § 23 Rn. 166; Singhof WuB II A. § 76 AktG 1.02. 62  Englisch: „the rules governing the number of …“; französisch: „les règles qui déterminent le nombre ...“. 63  Vgl. BGH NZG 2002, 817, 818 („Sachsenmilch IV“); Habersack/Verse § 6 Rn. 13; Hüffer NJW 1979, 1065, 1066; Lösekrug S. 72 f.; W. Müller WPg 1978, 565, 566; MüKoAktG/ Pentz § 23 Rn. 146; Schäfer ZGR 2003, 147, 158 ff.; Schwarz DStR 2002, 1306, 1308 ff. (jeweils auch speziell mit Blick auf die Auslegung von § 23 Abs. 3 Nr. 6 AktG).

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GesRRL (G Art. 2 lit. d PubRL) offenzulegenden Personalien der Mitglieder des Vertretungsorgans (→ 18.33 ff.) entnehmen.64 (5)  Ggf. Dauer der Gesellschaft (lit. f) 19.27 Bei befristeten Gesellschaften ist gem. lit. f die Dauer der Gesellschaft anzugeben. (6)  Umsetzung in Deutschland 19.28 Das deutsche Recht entsprach diesen Anforderungen bereits weitgehend. Anpassungsbedarf bestand lediglich im Hinblick auf lit. d und auch hier nur im Hinblick auf die „Zahl“ der Organmitglieder; hierzu wurde § 23 Abs. 3 Nr. 6 AktG neu eingefügt.65 Die Angabe der Zuständigkeitsverteilung ergibt sich bei deutschen Aktiengesellschaften aufgrund des in § 23 Abs. 5 AktG verankerten Grundsatzes der Satzungsstrenge bereits aus dem Gesetz66, so dass die RL insoweit keine Angabepflicht gebietet.67 bb)  Mindestangaben in der Satzung, dem Errichtungsakt oder einem gesonderten Schriftstück (Art. 4 GesRRL [ G Art. 3 KapRL]) 19.29 Art. 4 GesRRL (G  Art. 3 KapRL) listet 11 weitere Gegenstände auf, die allerdings nicht zwingend in die Satzung oder den Errichtungsakt aufgenommen werden müssen, sondern die auch in einem gesonderten Schriftstück, das gem. Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) offengelegt wird, enthalten sein können (→ 19.19): • (Satzungs-)Sitz68 der Gesellschaft (lit. a) • Nennbetrag der gezeichneten Aktien und zumindest einmal jährlich deren Zahl (lit. b) • Zahl der nennbetragslosen Aktien, soweit das nationale Recht die Ausgabe derartiger Aktien erlaubt (lit. c) • etwaige besondere Übertragbarkeitsbeschränkungen (lit. d) • im Falle mehrerer Aktiengattungen die mit jeder Aktiengattung (zum Begriff → 19.180) verbundenen Rechte sowie die diesbezüglichen Angaben gem. lit. b–d (lit. e)

64  Vgl. auch Lösekrug S. 73; Schwarz DStR 2002, 1306, 1308 f. 65  Vgl. dazu Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 28; Ganske DB 1978, 2461 f.; Hüffer NJW 1979, 1065, 1066; Lösekrug S. 68; W. Müller WPg 1978, 565, 566; Schwarz Rn. 576. 66  Bei dem Zustimmungsvorbehalt gem. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG handelt es sich nicht um eine „Zuständigkeit“ i.S.d. Art. 3 lit. d GesRRL (G Art. 2 lit. d KapRL), da er die Zuständigkeit des Vorstands unberührt lässt (→ 19.26). 67 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 12; Lösekrug S. 73; Schwarz Rn. 576. 68  Vgl. englisch: „registered office“.

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• Form der Aktien (nur soweit das nationale Recht sowohl Inhaber- als auch Namensaktien zulässt) und ggf. Vorschriften für ihre Umwandlung (lit. f) • eingezahlter Betrag des gezeichneten Kapitals z.Z. der Gründung bzw. der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit (lit. g) • bei Sacheinlagen: Gegenstand, Inferent und Nennbetrag bzw. Zahl der hierfür gewährten Aktien (lit. h) • Personalien der Gründer bzw. bei juristischen Personen deren Bezeichnung (lit. i) • Gründungskosten (lit. j) • gewährte Sondervorteile (lit. k) Auch diesen Vorgaben entsprach das deutsche Aktienrechts bereits weitgehend. Er- 19.30 forderlich waren jedoch einige Modifikationen der §§ 23, 24 und 26 AktG.69 § 23 Abs. 2 AktG wurde entsprechend lit. g und i um das Erfordernis der Angabe der Gründer70 sowie des Betrages des eingezahlten Kapitals ergänzt. Zur Umsetzung von lit. f (Angabe der Form der Aktien) wurde in § 23 Abs. 3 AktG eine neue Nr. 5 eingefügt.71 Ferner war aufgrund von Art. 4 lit. k GesRRL (G Art. 3 lit. k KapRL) eine Erweiterung des § 26 Abs. 1 AktG erforderlich: In der Satzung müssen seitdem sämtliche Sondervorteile – unabhängig von der Person des Empfängers72 – angegeben werden.73 b)  Haftung bei Erfordernis einer staatlichen Genehmigung (Art. 5 GesRRL [ G Art. 4 KapRL]) Art. 5 GesRRL (G Art. 4 KapRL) enthält eine Regelung der Haftung für den Fall, dass 19.31 das nationale Recht die Aufnahme der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft von einer staatlichen Genehmigung abhängig macht. Dies ist z.B. im britischen (s. 761 CA 2006: trading certificate) und irischen Recht (s. 1010 CA 2014: certificate to commence business) der Fall. Das nationale Recht muss dann gem. Art. 5 Abs. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 KapRL) auch Vorschriften für die Haftung für diejenigen Verbindlichkeiten enthalten, die von der Gesellschaft oder für ihre Rechnung vor der Erteilung oder der Ablehnung einer solchen Genehmigung eingegangen werden.74 Ausgenommen sind gem. Art. 5 Abs. 2 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 KapRL) lediglich Verbindlichkeiten aus

69  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 28; Lösekrug S. 68; Schwarz Rn. 577. 70  Die Angaben hinsichtlich der Gründer waren allerdings auch zuvor bereits gängige Praxis, vgl. Hüffer NJW 1979, 1065, 1066; W. Müller WPg 1978, 565, 566. 71  § 24 AktG a.F. verlangte in der Satzung nur dann Angaben betreffend die Art der Aktien, wenn voll eingezahlte Aktien als Namensaktien ausgegeben werden sollten, vgl. Ganske DB 1978, 2461; W. Müller WPg 1978, 565, 566. 72  Nach § 26 Abs. 1 AktG a.F. mussten nur Sondervorteile, die Aktionären gewährt wurden, angegeben werden. 73  Infolgedessen konnte die Sonderregelung in § 281 Abs. 3 AktG a.F. (Sondervorteile für den Komplementär einer KGaA) entfallen, vgl. Ganske DB 1978, 2461, 2462; Hüffer NJW 1979, 1065, 1066; W. Müller WPg 1978, 565, 566. 74  Das britische Recht sieht insoweit z.B. eine gesamtschuldnerische Haftung der directors vor (s. 117(8) CA 1985 bzw. seit 6.4.2008: s. 767(3) CA 2006).

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Verträgen, welche die Gesellschaft unter der Bedingung geschlossen hat, dass ihr die Genehmigung zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit erteilt wird. Zu betonen ist, dass Art. 5 GesRRL (G  Art. 4 KapRL) ausschließlich die Phase 19.32 zwischen Entstehung und Erteilung bzw. Ablehnung der Genehmigung zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit betrifft, nicht hingegen diejenige vor Entstehung der Gesellschaft − hierfür gilt Art. 7 GesRRL (G Art. 8 PubRL, → 18.62 ff.).75 19.33 Für das deutsche Aktienrecht hatte Art. 5 GesRRL (G Art. 4 KapRL) seit jeher allenfalls marginale Relevanz.76 Mit der vollständigen Entkoppelung der Eintragung von etwaigen Genehmigungserfordernissen durch Streichung des § 37 Abs. 4 Nr. 5 AktG a.F. durch das MoMiG77 hat die Norm aus deutscher Perspektive nunmehr jegliche Bedeutung verloren. c)  Absinken der Zahl der Aktionäre unter ein etwaiges nationales Minimum (Art. 6 GesRRL [ G Art. 5 KapRL]) 19.34 Art. 6 GesRRL (G Art. 5 KapRL) betrifft die Problematik des Absinkens der Zahl der Aktionäre unter ein etwaiges nach mitgliedstaatlichem Recht bestehendes Minimum. Eine derartige Mindestzahl sieht etwa bis heute das französische Recht vor78; ebenso aber bis vor einigen Jahren z.B. auch das luxemburgische79 und das britische Recht80. Der europäische Gesetzgeber lässt solche Regelungen grundsätzlich zu: Bei der AG steht es den Mitgliedstaaten − anders als bei der GmbH (vgl. Art. 2 Abs. 1 EpGRL, → 9.58, 27.7, 27.12 ff.) und der durch eine bestehende SE gegründeten Tochter-SE (vgl. Art. 3 Abs. 2 SE-VO, → 45.71 ff.) − frei, ob sie die Einpersonengesellschaft zulassen (vgl. Art. 6 EpGRL, → 9.59, 27.9). Art. 6 GesRRL (G Art. 5 KapRL) begrenzt jedoch im Interesse von Rechtssicherheit und Vertrauensschutz die Folgen eines etwaigen Absinkens unter eine solche Mindestzahl.81 19.35 Gem. Art. 6 Abs. 1 GesRRL (G Art. 5 Abs. 1 KapRL) darf die Vereinigung aller Aktien in einer Hand oder das Absinken der Gesellschafterzahl unter ein etwaiges nationalrechtliches Minimum nicht ipso iure die Auflösung der Gesellschaft zur Folge haben. Zulässig ist gem. Art. 6 Abs. 2 GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 KapRL) ausschließlich die Auflösung durch eine gerichtliche Entscheidung (mit der Folge eines Liquidati75 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 15; Fankhauser S. 128; Kalss (Fn. 38), S. 119, 212; Lösekrug S. 69. 76  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 27; Habersack/Verse § 6 Rn. 15. 77  Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v. 23.10.2008, BGBl. I, 2026. 78  Vgl. Art. L225-1 C. com.: mindestens 2 Gründer, bei Gesellschaften, deren Aktien zum Handel an einem geregelten Markt oder MTF zugelassen sind, sogar mindestens 7. 79  Vgl. Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 Loi du 10 août 1915 concernant les sociétés commerciales: mindestens 2 Gründer; seit 2006 (Loi du 25 août 2006) ist auch die Einpersonenpersonengründung zulässig. 80  Vgl. ss. 1(1), 24 CA 1985: mindestens 2 Gründer. Seit 1.10.2009 gilt allerdings die neue s. 7(1) CA 2006, die ausdrücklich auch die Einpersonengründung gestattet. 81 Vgl. Drinkuth S. 127; Kalss (Fn. 38), S. 119, 214; Mousoulas Rev. soc. 1990, 395, 398.

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onsverfahrens nach nationalem Recht, vgl. Art. 6 Abs. 3 GesRRL [G  Art. 5 Abs. 3 KapRL]) und dies auch nur nach fruchtlosem Ablauf einer „ausreichenden Frist“82 zur Beseitigung des Mangels. Art. 6 GesRRL (G Art. 5 KapRL) komplementiert für Aktiengesellschaften die für alle Kapitalgesellschaften geltende Nichtigkeitsregelung des Art. 11 UAbs. 1 lit. b Ziff. vi GesRRL (G Art. 12 UAbs. 1 lit. b Ziff. vi PubRL, → 18.92).83 Aus deutscher Sicht ist Art. 6 GesRRL (G Art. 5 KapRL) nur von geringer Rele- 19.36 vanz: Die originäre Einpersonengründung einer AG wurde zwar erst durch die Neufassung des § 2 AktG durch das Gesetz für die kleine AG v. 2.8.199484 zugelassen, die Zulässigkeit der „nachträglichen“ Einpersonen-AG war aber bereits lange vorher allgemein anerkannt85. Bedeutung hat Art. 6 GesRRL (G Art. 5 KapRL) daher lediglich für den seltenen Fall der sog. „Keinpersonen-AG“.86 2.  Grundkapital a)  Prinzip des festen Kapitals aa)  Grundlagen Wie bereits eingangs (→ 19.3) ausgeführt, basiert die RL insgesamt auf dem konti- 19.37 nentaleuropäischen Prinzip des festen Grundkapitals87, d.h. eines satzungsmäßig festgelegten Grundkapitals der Aktiengesellschaft, welches nur im Rahmen einer Kapitalerhöhung oder -herabsetzung verändert werden kann88. Die Anforderung eines bestimmten Mindestkapitals (→ 19.42) ist hingegen per se kein konstitutives Element des Systems des festen Kapitals.89 Es handelt sich hierbei zwar ebenfalls um einen zen82  Art. 5 Abs. 2 RL-E 1970 (Fn. 1) sah noch eine Mindestfrist von 6 Monaten vor, diese wurde jedoch in der endgültigen Fassung der RL durch den unbestimmten Rechtsbegriff der „ausreichenden Frist“ ersetzt. Vgl. zur Auslegung näher Drinkuth S. 128. 83 Vgl. Drinkuth S. 127; Fankhauser S. 128; Grundmann Rn. 327; Habersack/Verse § 6 Rn. 16; Kalss (Fn. 38), S. 119, 214. 84  Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts v. 2.8.1994, BGBl. I, S. 1961. Dazu etwa Heckschen DNotZ 1995, 275 ff.; Lutter AG 1994, 429 ff.; Planck GmbHR 1994, 501 ff. 85  Vgl. schon RGZ 129, 50, 53; BGH NJW 1957, 19, 20; BGH NJW 1957, 181; BGH NJW 1958, 98 (jeweils zum Parallelproblem bei der GmbH); Schlegelberger/Quassowski, AktG, 3. Aufl. 1939, § 2 Rn. 14. 86 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 16; Lösekrug S. 70; Schwarz Rn. 580. Vgl. allgemein zur „Keinpersonen-AG“ (oder auch „Keinmann-AG“) etwa MüKoAktG/Hüffer § 262 Rn. 103. 87  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 36; Drinkuth S. 129; Grundmann Rn. 330; Kalss (Fn. 38), 119, 218; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 322; Lutter FS Stiefel, S. 505; Nobel Kap. 3 Rn. 26; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 175; Veil in: Lutter (Hrsg.), Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, 2006, S. 91, 92. 88 Vgl. Bayer (Fn. 28), Rn. 1; Eidenmüller/Grunewald/Noack in: Lutter (Hrsg.), Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, 2006, S. 17, 20. 89 Vgl. Bayer (Fn. 28), Rn. 1; Eidenmüller/Grunewald/Noack (Fn. 88), S. 17, 20.

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tralen Baustein des tradierten Konzepts der RL, prinzipiell wäre jedoch durchaus auch ein System des festen Grundkapitals ohne Mindestkapitalerfordernis denkbar.90 Die seit einigen Jahren diskutierte Absenkung bzw. Abschaffung des Mindestkapitalerfordernisses wäre daher jedenfalls kein absoluter Systembruch.91 bb)  Reformdebatte 19.38 Angestoßen durch die SLIM-Initiative Ende der 1990er Jahre92 und die hierauf aufbauenden Arbeiten der von der Kommission eingesetzten High Level Group (→ 13.3), entbrannte eine breite und äußerst kontroverse Debatte um eine grundlegende Reform der KapRL. 19.39 Die High Level Group empfahl in ihrem Abschlussbericht aus dem Jahr 2002, die Praktikabilität eines alternativen Systems der Kapitalerhaltung zu prüfen; dieses sollte das geltende System zwar nicht völlig ersetzen, den Mitgliedstaaten aber als Alternative zum bisherigen System zur Verfügung stehen.93 Kern dieses Alternativsystems war eine zweistufige Ausschüttungskontrolle bestehend aus einem Bilanz- und einem Liquiditätstest.94 19.40 Arbeitsgruppen aus verschiedenen Mitgliedstaaten präsentierten in der Folgezeit ebenfalls eine Reihe detaillierter Reformvorschläge.95 Das Modell der britischen Interdisciplinary Group on Capital Maintenance (Rickford-Gruppe)96 und der Vorschlag der niederländischen Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Schutte-Veenstra97 sahen ebenfalls eine zweistufige Ausschüttungskontrolle bestehend aus Bilanz- und Solvenztest vor. Nach dem Modell der Rickford-Gruppe sollten Ausschüttungen letztlich allerdings auch im Falle eines negativen Ergebnisses des Bilanztests zulässig sein, sofern dies entsprechend offengelegt wurde98. Die Mitglieder des aus renommierten Wissenschaftlern und Praktikern aus verschiedenen EU-Mitgliedstaaten bestehenden Arbeitskreises „Kapital in Europa“ (Lutter-Gruppe) sprachen sich dagegen dezidiert dafür aus, am Prinzip des festen Grundkapitals einschließlich des bewährten Instrumentariums für Kapitalaufbringung und -erhaltung festzuhalten und nur dort Randkorrekturen vorzunehmen, wo diese im Interesse von Wettbewerbsfähigkeit, Gläubiger- und Aktionärsschutz unabdingbar seien.99 90 Vgl. Eidenmüller/Grunewald/Noack (Fn. 88), S. 17, 20. 91 Vgl. Eidenmüller/Grunewald/Noack (Fn. 88), S. 17, 20. 92  Siehe Fn. 12. 93  Vgl. Bericht High Level Group (Fn. 13), S. 97 f. 94  Vgl. Bericht High Level Group (Fn. 13), S. 94 ff., 100. 95 Überblick bei Lanfermann/Röhricht BB 2007, Beil. 5, S. 8, 10 ff.; Grade/Wouters in: Geens/Hopt, The European Company Law Action Plan revisited, 2010, S. 25, 40 ff. 96  Rickford (ed.), Reforming Capital. Report of the Interdisciplinary Group on Capital Maintenance, [2004] EBLR 919 ff. 97  Schutte-Veenstra/Boschma/Lennarts, Alternative Systems for Capital Protection, 2005 (zur Ausschüttungsregelung: S. 69 ff.). 98 Vgl. Rickford [2004] EBLR 919, 980. 99 Ausf. Lutter (Hrsg.), Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, 2006; englischsprachig: Lutter (ed.), Legal capital in Europe, 2006.

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Vor dem Hintergrund dieser völlig konträren Grundpositionen, die sich auch in 19.41 den zahlreichen anderen wissenschaftlichen Beiträgen zur Thematik100 widerspiegelten, beschränkte man sich mit der RL 2006/68/EG (→ 19.6) bewusst auf eine punktuelle Deregulierung und stellte die vorgeschlagene „Totalrevision“ unter den Vorbehalt des Ergebnisses einer umfassenden Durchführbarkeitsstudie.101 Während diese Studie noch lief, wurde i.R.d. allgemeinen Diskussion um die Vereinfachung des Unternehmensumfelds seitens der Kommission allerdings zwischenzeitlich sogar erwogen, die KapRL völlig abzuschaffen102 (→ 5.52). Dies stieß jedoch auf vehementen Widerstand103; selbst viele entschiedene Proponenten eines alternativen Systems der Kapitalerhaltung gingen in ihren Stellungnahmen ungeachtet aller Einzelkritik nicht so weit, eine völlige Aufhebung der KapRL zu fordern104. Nach Vorlage des Ergebnisses der Studie105 Anfang 2008 erklärte die Kommission dann schließlich, dass die Studie zeige, dass das gegenwärtige System der Kapitalerhaltung keine signifikanten operativen Probleme für die Gesellschaften mit sich bringe; für die nähere Zukunft seien daher erst einmal keine weiteren Änderungen der KapRL geplant106. Der Vorschlag einer generellen Abschaffung des tradierten Systems des festen Kapitals als europaweit verbindliche Regelung, dürfte damit – jedenfalls für die nähere Zukunft – endgültig gescheitert sein.107

100 Vgl. etwa Arnold Konzern 2007, 118 ff.; Ballwieser Konzern 2007, 419 ff.; Bezzenberger, Das Kapital der Aktiengesellschaft, 2005, S. 184 ff.; Böcking/Dutzi Konzern 2007, 435 ff.; Daejmert (2009) 30 Co Law 3 ff., 34 ff.; Drygala ZGR 2006, 587 ff.; Engert ZHR 170 (2006) 296 ff.; Ferran ECFR 2006, 178 ff.; Jungmann ZGR 2006, 638 ff.; Kuhner ZGR 2005, 753 ff.; Leyte BLR 2004, 84, 88 ff.; Merkt ZGR 2004, 305 ff.; Miola ECFR 2005, 413 ff.; Mülbert Konzern 2004, 151 ff.; Pellens/Jödicke/A. Schmidt Konzern 2007, 427 ff.; Schön Konzern 2004, 162 ff.; Weiss Konzern 2007, 109 ff.; Westermann ZIP 2005, 1849 ff.; Wymeersch (Fn. 6), S. 1 ff. 101 Dieses zweistufige Vorgehen hatte die Kommission bereits in ihrem Aktionsplan aus dem Jahr 2003 (→ 13.4) angekündigt. 102 Vgl. KOM(2007) 394, S. 5. 103 I.R.d. Konsultation sprach sich eine große Mehrheit gegen eine Aufhebung der RL aus, vgl. den Consultation Report v. Dez. 2007 (), S. 3 ff. S. ferner auch Maul SR 2007, 273. 104 Vgl. nur die Stellungnahme von Rickford v. 20.10.2007 (nicht mehr online verfügbar). 105 KPMG, Feasibility study on an alternative to the capital maintenance regime established by the Second Company Law Directive 77/91/EEC of 13 December 1976 and an examination of the impact on profit distribution of the new EU accounting regime, 2008 (). Dazu Schruff/Lanfermann WPg 2008, 1099 ff. sowie (sehr kritisch) Fuchs Mtwebana [2011] EBLR 237, 239 ff. 106 Vgl. DG MARKT, Results of the external study on the feasibility of an alternative to the Capital Maintenance Regime of the Second Company Law Directive and the impact of the adoption of IFRS on profit distribution, 2008 (), S. 2. 107 S. zum Ganzen auch Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 458; Davies/Rickford ECFR 2008, 239, 264 f.; Fuchs Mtwebana [2011] EBLR 237 ff.

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b)  Mindestkapital (Art. 45 GesRRL [ G Art. 6 KapRL]) 19.42 Art. 45 Abs. 1 GesRRL (G Art. 6 Abs. 1 KapRL) verlangt für die Gründung bzw. die Aufnahme der Geschäftstätigkeit die Zeichnung eines Mindestkapitals von 25.000 €108. Im Gegensatz zum Entwurf der KapRL von 1970, der diesen Betrag zugleich auch als Höchstgrenze vorsah109, handelt es sich hierbei ausdrücklich um eine Mindestregelung, von der die Mitgliedstaaten unbegrenzt nach oben abweichen dürfen.110 Der Betrag von 25.000 € ist letztlich ein historischer Kompromiss zwischen den vor Erlass der KapRL äußerst unterschiedlichen Anforderungen in den einzelnen Mitgliedstaaten (das UK und Irland verlangten damals gar kein Mindestkapital, in den übrigen Mitgliedstaaten reichte die Spanne von 19.000 bis 160.000 ERE)111. Heute wird das Mindestkapital zwar weniger als Instrument eines effektiven Gläubigerschutzes, aber nach wie vor als ein wichtiges „Seriositätsanzeichen“ gesehen,112 das „Habenichtse“ von übereilten Gründungen abhalten soll113. Jedenfalls für das Recht der Aktiengesellschaft sollte – trotz der insoweit vielfach geäußerten Kritik (→ 19.38 ff.) − auch am Mindestkapital als Baustein des Systems des festen Kapitals festgehalten werden.114 Die Anpassungsklausel des Art. 45 Abs. 2 GesRRL (G Art. 6 Abs. 2 KapRL) – von 19.43 der allerdings bislang kein Gebrauch gemacht wurde − verpflichtet den Rat und das EP, den Betrag des Mindestkapitals alle 5 Jahre zu überprüfen und ggf. anzupassen.115 108 Ursprünglich 25.000 ERE (Europäische Rechnungseinheit). Die ERE wurde durch die VO 3308/80 (ABlEG v. 20.12.1980, L 345/1) m.W.v. 1.1.1981 durch den ECU und dieser durch die VO 1103/97/EG (ABlEG v. 19.6.1997, L 162/1) m.W.v. 20.6.1997 durch den Euro ersetzt. 109 Art. 6 Abs. 1 RL-E 1970 (Fn. 1). Die Kommission begründet dies damit, dass nur so der ungehinderte Gebrauch der Niederlassungsfreiheit gewährleistet sei (RL-E 1970 (Fn. 1), S. 10). Kritisch dazu Ankele BB 1970, 988, 990. 110 Edwards S. 60; Eidenmüller/Grunewald/Noack (Fn. 88), S. 17, 34 f.; Fankhauser S. 134; Grundmann Rn. 328; Habersack/Verse § 6 Rn. 17; Kalss (Fn. 38), S. 119, 218; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 323; Lösekrug S. 76; Lutter FS Everling, 1995, 765, 768; van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 14. Einschränkend jedoch Drinkuth S. 129, nach dessen Auffassung der Abweichungsspielraum der Mitgliedstaaten durch den Regelungszweck der Norm und die Niederlassungsfreiheit begrenzt ist, wobei er die Grenze in Anlehnung an Art. 4 Abs. 1 SE-VOE 1991 bei etwa 100.000 ERE zieht. 111 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 10; Edwards S. 60. 112 Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 29; Eidenmüller FS Heldrich, 2005, S. 581, 593; Grundmann Rn. 328; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 323; G. Roth FS Doralt, 2004, S. 479, 482; Merkt ZGR 2004, 305, 317. 113 Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 29; Pentz/Priester/Schwanna, in: Lutter (Hrsg.), Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, 2006, S. 42, 51 f.; vgl. auch Bericht High Level Group (Fn. 13), S. 88. Dieser Gedanke findet sich auch im RL-E 1970 (Fn. 1), S. 11: Kleinere Unternehmen sollen nicht in der Rechtsform der AG gegründet werden; vgl. dazu Eidenmüller/Grunewald/Noack (Fn. 88), S. 17, 33. 114 Überzeugend Eidenmüller/Grunewald/Noack (Fn. 88), S. 17 ff. m.z.w.N.; vgl. weiter Bayer (Fn. 28), Rn. 4 m.w.N. 115 Nach Art. 6 Abs. 3 KapRL a.F. oblag die Überprüfungskompetenz allein dem Rat. Im Zuge der Neufassung der KapRL wurde sie dann jedoch mit Blick auf die Judikatur des EuGH zur Kompetenzordnung der EU (vgl. insbesondere EuGH v. 6.5.2008, EP ./. Rat, C-133/06, ECLI:EU:C:2008:257) auf Rat und EP gemeinsam übertragen. Vgl.

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Während einige Mitgliedstaaten sich darauf beschränkt haben, dem Mindeststan- 19.44 dard der RL zu genügen (z.B. Estland116, Slowenien117, Irland118), verlangen die meisten ein deutliches höheres Mindestkapital (z.B.: Belgien119, Finnland120, Frankreich121, Italien122, Niederlande123, UK124).125 Zudem existieren teilweise höhere Mindestkapitalanforderungen für Aktiengesellschaften, die eine bestimmte Geschäftstätigkeit ausüben. Deutschland sieht ebenfalls seit jeher ein höheres Mindestkapital vor (§ 7 Abs. 1 AktG 1965: 100.000 DM, seit 1999: 50.000 €)126; darüber hinaus gelten auch hierzulande einige Sonderregeln, z.B. für Kreditinstitute127, Versicherungen128, Kapitalverwaltungs-129 und Unternehmensbeteiligungsgesellschaften130 und REIT-Aktiengesellschaften131. c)  Zerlegung in Aktien Aus Art. 47 Abs. 1 GesRRL (G Art. 8 Abs. 1 KapRL) ergibt sich, dass das Grundka- 19.45 pital in Aktien zerlegt sein muss und dass diese einen Anteil am Grundkapital repräsentieren müssen.132 Die RL verlangt allerdings nicht, dass die Aktien unmittelbar auf einen festgelegten Geldwert (Nennbetrag) lauten, sondern es genügt vielmehr auch, dass sich der durch eine Aktie verkörperte Anteil am Grundkapital rechnerisch aus Grundkapital und Anzahl der Aktien bestimmen lässt. Die RL stellt es den Mitgliedstaaten also − wie sich auch aus Art. 4 lit. b und c GesRRL (G  Art. 3 lit. b und c KapRL) ergibt − frei, ob sie Nennbetragsaktien und/oder Stückaktien (= sog. unechte nennwertlose Aktien) vorsehen.133 Nicht zulässig sind hingegen richtiger KOM(2011) 29, S. 2 f.; Stellungnahme Juristischer Dienst v. 12.10.2010, Dok. 14967/10, S. 2 f. 116 § 222 Äriseadustik. 117 Art. 171 Zakon o gospodarskih družbah. 118 S. 1000(1)(a) CA 2014. 119 Art. 439 Code des Sociétés: 61.500 Euro. 120 Del. I kap 1 § 3(1) Aktiebolagslag: 80.000 Euro. 121 L224-2(1) C. com.: 37.000 Euro. 122 Art. 2327 Codice Civile: 50.000 Euro (früher sogar 120.000 Euro). 123 Art. 2:67(2)2 Burgerlijk Wetboek: 45.000 Euro. 124 S. 763(1)(a) CA 2006: 50.000 £. 125  Vgl. ferner auch die Übersicht bei Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff 5.11a; sowie die Länderberichte bei van Gerven, Capital Directive. 126 Eine Anpassung war daher lediglich für einige Ausnahmefälle auf der Grundlage von § 44 DMBilG 1949 erforderlich, vgl. dazu Hüffer NJW 1979, 1065, 1070; W. Müller WPg 1978, 565, 574. 127 § 10 KWG, § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 PfandBG. 128 § 89 VAG. 129 § 25 Abs. 1 KAGB. 130 § 2 Abs. 4 S. 1 UBGG. 131 § 4 REITG. 132 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 29; Fankhauser S. 135; Habersack/ Verse § 6 Rn. 23; MüKoAktG/Heider § 8 Rn. 22. 133 Vgl. Baldamus S. 14; Fankhauser S. 135; Funke AG 1997, 385, 386; Grundmann Rn. 330; Habersack/Verse § 6 Rn. 23; MükoAktG/Heider § 8 Rn. 32; Dauses/Kalss/Klampfl E.III.

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(wenngleich neuerdings bestrittener134) Ansicht135 nach sog. echte nennwertlose Aktien, wie sie z.B. insbesondere in den USA verbreitet sind136. Die SLIM-Arbeitsgruppe hat sich zwar in ihrem Abschlussbericht im Herbst 1999 für die Zulassung echter nennwertloser Aktien ausgesprochen137. Diese Forderung wurde jedoch i.R.d. RL 2006/68/EG (→ 19.6) nicht umgesetzt. Im deutschen Aktienrecht gab es traditionell nur Nennbetragsaktien. Die Ein19.46 führung von Stückaktien (vgl. jetzt § 8 Abs. 1 AktG n.F.) war zwar bereits in den 1920er Jahren diskutiert worden,138 erfolgte jedoch erst 1998 im Zuge der Euro-Umstellung139. 3.  Kapitalaufbringung 19.47 Art. 46–55 GesRRL (G Art. 7–16 KapRL) enthalten eine Vielzahl von Schutzregeln, durch die gewährleistet werden soll, dass die Einlagen der Gesellschaft auch tatsächlich zufließen (Grundsatz der realen Kapitalaufbringung)140. Eckpfeiler sind dabei die Unabdingbarkeit der Einlagepflicht (Art. 53 GesRRL [G Art. 14 KapRL], → 19.48 f.), das Verbot der Unterpari-Emission (Art. 47 Abs. 1 GesRRL [G  Art. 8 Abs. 1 KapRL], → 19.50 f.), die Begrenzung der einlagefähigen Gegenstände (Art. 46 GesRRL [G Art. 7 KapRL], → 19.52 ff.), Vorgaben zum Zeitpunkt der Einlageleistung (Art. 48 GesRRL [G Art. 9 KapRL], → 19.58 ff.) sowie Spezialvorschriften für den Fall der Leistung von Sacheinlagen (Art. 49 ff. GesRRL [G Art. 10 ff. KapRL], → 19.61 ff.).

Rn. 325; Kolb/Pöller DStR 1998, 855, 857; Nobel Kap. 3 Rn. 27; Temple Lang (1972) Irish Jurist 306, 309. 134 Vgl. EMCA, comment s. 5.05, S. 77; de Wulf ECFR 2016, 215, 244 ff. 135 Vgl. Baldamus S. 114; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 29; Funke AG 1997, 385, 386; Grundmann Rn. 330; Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 2. Aufl. 2015, S. 154; Habersack/Verse § 6 Rn. 23 Fn. 41; MüKoAktG/Heider § 8 Rn. 22; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 325; Schürmann AG 1998, 3162 Fn. 6; J. Schmidt ZHR 181 (2017) 43, 55 f.; Weiß, Aktionärs- und Gläubigerschutz im System der echten nennwertlosen (Stück-)Aktie, 2007, S. 206 f.; Wymeersch (Fn. 6), S. 6; K. Schmidt/Lutter/ Ziemons § 8 AktG Rn. 3. S. ferner auch BegrRegE z. StückAG, BT-Drs. 13/9573, S. 2, 11; Company Law Review Steering Group, URN 01/942, para. 10.7. 136 Vgl. dazu de Wulf ECFR 2016, 215, 248; ausf. Weiß (Fn. 135), S. 30 f. m.w.N. 137 SLIM-Arbeitsgruppe (Fn. 12), S. 10 f. Dazu näher Baldamus S. 110 ff. Die High Level Group schlug insofern eine weitere Prüfung vor, vgl. Bericht High Level Group (Fn. 13), S. 89. Zum Ganzen auch Santella/Turrini (2008) 9 EBOR 427, 444 ff.; Wymeersch (Fn. 6), S. 6 f. 138 Vgl. zur Entwicklungsgeschichte der Stückaktie in Deutschland etwa MüKoAktG/Heider § 8 Rn. 14 ff. m.w.N.; s. ferner insbesondere auch J. Schmidt, Grundlegende Reform des Aktienrechts? − 34. DJT (1926) −, in: Bayer (Hrsg.), Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in den Beratungen des Deutschen Juristentages, 2010, S. 259, 272 ff. 139 Gesetz über die Zulassung von Stückaktien (Stückaktiengesetz – StückAG) v. 25.3.1998, BGBl. I v. 31.3.1998, S. 590. Dazu Funke AG 1997, 385 ff.; Kolb/Pöller DStR 1998, 855 ff.; Schürmann NJW 1998, 3162 ff. 140 Vgl. Drinkuth S. 129; Kalss (Fn. 38), S. 119, 217; Lösekrug S. 76.

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a)  Keine Befreiung von der Einlagepflicht (Art. 53 GesRRL [ G Art. 14 KapRL]) Einer der ganz wesentlichen Grundsätze der realen Kapitalaufbringung141 findet sich 19.48 erst relativ weit hinten, nämlich die in Art. 53 GesRRL (G Art. 14 KapRL) normierte prinzipielle Unabdingbarkeit der Einlagepflicht. Eine Befreiung oder ein Verzicht – egal in welcher Form142 – ist grundsätzlich nicht zulässig. Eine Entbindung von der Einlagepflicht kann vielmehr ausschließlich nach Maßgabe der Vorschriften über die Kapitalherabsetzung (Art. 73–82 GesRRL [G Art. 34–43 KapRL], → 19.227 ff.) erfolgen, im Rahmen derer stets ein Hauptversammlungsbeschluss sowie bestimmte Sicherungsmaßnahmen zugunsten der Gläubiger vorgesehen sind.143 Für Deutschland brachte auch diese Regelung nichts Neues: Das heute in § 66 19.49 Abs. 1 S. 1 AktG geregelte Befreiungsverbot bildet bereits seit dem HGB von 1897 einen „Eckpfeiler des deutschen Aktienrechts“144.145 b)  Verbot der Unterpari-Emission (Art. 47 Abs. 1 GesRRL [ G Art. 8 Abs. 1 KapRL]) Von zentraler Bedeutung für die reale Kapitalaufbringung ist auch das in Art. 47 19.50 Abs. 1 GesRRL (G Art. 8 Abs. 1 KapRL) normierte Verbot der Unterpari-Emission: Die Aktien dürfen nicht unter dem Nennbetrag bzw. dem rechnerischen Wert ausgegeben werden. Eine Abweichung hiervon ist den Mitgliedstaaten durch Art. 47 Abs. 2 GesRRL (G Art. 8 Abs. 2 KapRL) lediglich im Hinblick auf sog. professionelle Emittenten gestattet. Eine Überpari-Emmission ist hingegen − wie sich auch aus Art. 49 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 KapRL), wo ausdrücklich von einem Mehrbetrag (Agio) die Rede ist (→ 19.63), ableiten lässt − stets zulässig.146 Das Verbot der Unterpari-Emission ist im deutschen Aktienrecht ebenfalls bereits 19.51 seit dem HGB von 1897 fest verankert und findet sich heute in § 9 Abs. 1 AktG147. c)  Einlagefähige Gegenstände (Art. 46 GesRRL [ G Art. 7 KapRL]) Der Gewährleistung der realen Kapitalaufbringung dient auch die in Art. 47 GesRRL 19.52 (G Art. 7 KapRL) normierte Begrenzung der einlagefähigen Gegenstände. Die RL lässt zwar grundsätzlich sowohl Bar- als auch Sacheinlagen zu (vgl. auch Art. 48 UAbs. 2, 49 Abs. 1 GesRRL [G Art. 9 Abs. 2, 10 Abs. 1 KapRL], → 19.55 ff., 19.59, 19.62ff.). Gem. Art. 46 S. 1 GesRRL (G Art. 7 S. 1 KapRL) darf das gezeichnete Kapital aber nur aus Vermögensgegenständen bestehen, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist. Mit 141 Vgl. bereits RL-E 1970 (Fn. 1), S. 12; Niessen AG 1970, 281, 289. 142 Vgl. dazu auch Drinkuth S. 179 f. 143 Vgl. Grundmann Rn. 331. 144 Vgl. Flechtheim in: Düringer/Hachenburg, HGB, 3. Aufl. 1932, § 221 Anm. 1. 145 Vgl. auch MüKoAktG/Bayer § 66 Rn. 3 m.w.N. 146 Vgl. auch Grundmann Rn. 331; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 325. 147 Vgl. zur Entwicklungsgeschichte etwa MüKoAktG/Heider § 9 Rn. 1 f.; s. ferner auch J. Schmidt (Fn. 138), S. 259, 270 ff.

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dieser Regelung hat der europäische Gesetzgeber de facto die bis dahin von der deutschen Rechtsprechung148 und Lehre149 erarbeitete Doktrin zur Sacheinlagefähigkeit auf europäischer Ebene kodifiziert.150 Entsprechend der Harmonisierungsintention der RL ist der Begriff jedoch gleichwohl unionsautonom auszulegen.151 Erforderlich ist, dass die Einlagen in Gegenständen bestehen müssen, die sich objektiv in Geld bewerten lassen.152 Eine „Vollstreckbarkeit“ des Vermögensgegenstandes ist nicht erforderlich; dieses Kriterium wurde im Hinblick auf das erheblich divergierende nationale Verständnis dieses Begriffes bereits i.R.d. Entwurfs der KapRL von 1970 ausdrücklich verworfen.153 Ebenso wenig muss der Vermögensgegenstand bilanzierungsfähig sein154; der Bilanzierungsfähigkeit mag zwar eine gewisse Indizwirkung beizumessen sein, zwingend erforderlich ist sie jedoch nicht.155 Einlagefähig sind demnach z.B. auch dingliche oder obligatorische Nutzungsrechte.156 Nach der Entwurfsbegründung sollen zudem auch „know how“ oder „good will“ grundsätzlich einlagefähig sein.157 Ausdrücklich nicht einlagefähig sind jedoch gem. Art. 46 S. 2 GesRRL (G Art. 7 19.53 S. 2 KapRL) Verpflichtungen zu Arbeits- oder Dienstleistungen. Grund ist, dass deren Bestand und Durchsetzbarkeit generell mit erheblichen Unwägbarkeiten behaftet ist, so dass ein Gläubigerzugriff zumindest wesentlich erschwert ist.158 Das Einlageverbot des Art. 46 S. 2 GesRRL (G Art. 7 S. 2 KapRL) gilt dabei richtiger Ansicht nach sowohl für Arbeits-/Dienstleistungen der Gesellschafter als auch für solche Dritter.159 148 Vgl. BGH NJW 1959, 934, 935. 149  Vgl. etwa GroßkommAktG/R. Fischer, 2. Aufl. 1961, § 20 Anm. 6; Hachenburg, GmbHG, 7. Aufl. 1975, § 5 Rn. 29 ff., 37 ff. 150 Vgl. BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 12; Döllerer FS Fleck, 1988, S. 35 f.; Knobbe-Keuk ZGR 1980, 214; Hüffer NJW 1979, 1065, 1067; W. Müller WPg 1978, 565, 567; GroßkommAktG/Schall § 27 Rn. 17. 151 Vgl. Drinkuth S. 139; Hiort BB 2004, 2760, 2765; Meilicke DB 1989, 1067, 1072; GroßkommAktG/Schall § 27 Rn. 18 ff. Vgl. ferner auch GA Tesauro, Schlussanträge v. 8.4.1992, Meilicke ./. ADV/ORGA, C-83/91, ECLI:EU:C:1992:178, Rn. 15. 152 GA Tesauro, Schlussanträge v. 8.4.1992, Meilicke ./. ADV/ORGA, C-83/91, ECLI:EU:C:1992:178, Rn. 15. Vgl. auch Drinkuth S. 138; Hüffer NJW 1979, 1065, 1067; Kalss (Fn. 38), S. 119, 220; Lösekrug S. 80; GroßkommAktG/Schall § 27 Rn. 107; Schwarz Rn. 586. 153 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 11. Vgl. dazu auch Drinkuth S. 140; Fankhauser S. 141; Hiort BB 2004, 2760, 2765; Meilicke DB 1989, 1067, 1072. 154 Für das Erfordernis der Aktivierbarkeit nun jedoch dezidiert GroßkommAktG/Schall § 27 Rn. 111 ff. 155 Vgl. Drinkuth S. 139 f.; Hüffer NJW 1979, 1065, 1067; Kalss (Fn. 38), S. 119, 220; Löse­ krug S. 80 f.; Meilicke DB 1089, 1067, 1075. Ganz anders allerdings Grundmann Rn. 333, nach dessen Auffassung der Streit um die Bilanzierungsfähigkeit irrelevant sein soll. 156 BGH NZG 2000, 836 („Adidas“); Hirte EWiR 2000, 941, 942. Vgl. auch Drinkuth S. 140. 157 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 12. Vgl. dazu auch Edwards S. 67; Fankhauser S. 141; Kalss (Fn. 38), S. 119, 220; Schmitthoff (1978) 15 C.M.L. Rev. 43, 49; Temple Lang (1972) Irish Jurist 306, 308; van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 14. 158 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 51; Lösekrug S. 81; Nobel Kap. 3 Rn. 33; GroßkommAktG/ Schall § 27 Rn. 179. Kritisch insoweit Hirte in: Grundmann (Hrsg.), Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, 2000, S. 211, 228. 159 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 30; Fankhauser S. 141; Ganske DB 1978, 2461, 2462; Habersack/Verse § 6 Rn. 29; Kalss (Fn. 38), S. 119, 220; Dauses/Kalss/

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Denn der Schutzzweck der Norm (Verbot besonders risikobehafteter Einlagegegenstände) erfasst beide Konstellationen gleichermaßen, zumal sich dem Wortlaut insoweit keinerlei Anhaltspunkte für eine Differenzierung entnehmen lassen.160 Aus deutscher Sicht ergab sich aufgrund von Art. 7 S. 1 KapRL (G Art 46 GesRRL) 19.54 zwar an sich nichts Neues, da die dort normierten Anforderungen an die Einlagefähigkeit ja ohnehin der ganz h.M. im deutschen Aktienrecht entsprachen; „zur Sicherheit“ übernahm der Gesetzgeber die Formulierung der RL aber gleichwohl wortwörtlich in den im Zuge der Umsetzung neu eingefügten § 27 Abs. 2 Hs. 1 AktG.161 Komplementär dazu übernahm er in den ebenfalls neuen § 27 Abs. 2 Hs. 2 AktG zudem das in Art. 7 S. 2 KapRL (G Art. 46 S. 2 GesRRL) normierte Verbot von Arbeits-/Dienstleistungen als Einlagegegenstand. Auch dieses war allerdings schon zuvor – jedenfalls im Hinblick auf Dienstleistungen der Gesellschafter – allgemein anerkannt.162 Für andere Mitgliedstaaten (z.B. das UK163) war gerade letzteres dagegen durchaus eine erhebliche Änderung. d)  Bar- und Sacheinlagen Wie bereits angesprochen (→ 19.52), kann die Kapitalaufbringung sowohl durch 19.55 Bar- als auch durch Sacheinlagen erfolgen. Obgleich nicht ausdrücklich geregelt, dürften darüber hinaus auch sog. gemischte Einlagen (= Nebeneinander von Bar- und Sacheinlage)164 zulässig sein; hier ist dann jeder Teil separat nach den entsprechenden Regeln zu behandeln165. Die Differenzierung zwischen Bar- und Sacheinlagen gehört zu den zentralen 19.56 Weichenstellungen innerhalb der Regelungssystematik der RL. Denn für Sacheinlagen gelten i.R.d. Kapitalaufbringung eine ganze Reihe von Sondervorschriften (→ 19.59, 19.61 ff.), dafür sieht die RL aber ein Bezugsrecht nur bei Kapitalerhöhungen gegen Bareinlagen zwingend vor (→ 19.207). Die genaue Abgrenzung zwischen Bar- und Klampfl E.III. Rn. 327; Lösekrug S. 81; W. Müller WPg 1979, 565, 567; GroßkommAktG/ Schall § 27 Rn. 179; Schwarz, Rn. 586. A.A. Hirte (Fn. 158), S. 211, 228; Hüffer NJW 1979, 1065, 1067. 160 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 29; Lösekrug S. 81; GroßkommAktG/Schall § 27 Rn. 179; Schwarz Rn. 586. 161 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 30; Bork ZHR 154 (1990) 205, 208; Ganske, DB 1978, 2461, 2462; Hüffer NJW 1979, 1065, 1066 f.; W. Müller WPg 1978, 565, 567. 162 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 30; s. ferner Hüffer, NJW 1979, 1065, 1067; W. Müller WPg 1978, 565, 567. 163 Vgl. Morse (1977) 2 E.L. Rev. 126, 128; Wooldridge [1978] Acta Juridica 327, 337. Vgl. zur Entwicklung des englischen Rechts im Hinblick auf die Einlagefähigkeit von Gegenständen etwa Palmer’s Company Law, 5.890 ff. m.w.N. 164 Streng hiervon zu trennen ist die sog. „gemischten Sacheinlage“ (= Einbringung von Vermögenswerten in die AG, die teilweise gegen Gewährung von Aktien der AG, teilweise gegen sonstige Leistungen erfolgt), vgl. dazu etwa K. Schmidt/Lutter/Bayer § 27 Rn. 31 m.w.N. 165 Vgl. zur Parallelproblematik im deutschen Aktienrecht K. Schmidt/Lutter/Bayer § 27 Rn. 32 m.w.N.

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Sacheinlage ist jedoch in der RL gleichwohl nicht ausdrücklich geregelt. In den meisten Sprachfassungen wird der Terminus „Sacheinlage“ (anders als an einigen – aber nicht allen − Stellen in der deutschen Version166) noch nicht einmal verwendet, vielmehr spricht die RL lediglich von „Einlagen, die nicht Bareinlagen sind“167. Diese „Auffangdefinition“168 hilft freilich wenig weiter. Einigkeit dürfte wohl jedenfalls insoweit bestehen, als der Begriff der Bareinlage (und damit auch der „Nicht-Bareinlage“) unionsautonom zu interpretieren ist.169 Aus dem Fehlen einer Legaldefinition170 eine diesbezüglich bestehende Definitionsautonomie der Mitgliedstaaten ableiten zu wollen, würde indes Sinn und Zweck der RL diametral zuwiderlaufen, denn dann wäre noch nicht einmal das mit der RL ohnehin nur angestrebte Mindestmaß an Harmonisierung gewährleistet.171 Allgemeiner Konsens dürfte ferner sein, dass jedenfalls sämtliche allgemein anerkannten Zahlungsmittel (Bar- und Buchgeld) „Bareinlage“ sind, während umgekehrt Sachen und Sachgesamtheiten (z.B. Unternehmen), Immaterialgüterrechte, Nutzungsrechte, Wertpapiere etc. „Nicht-Bareinlagen“ darstellen. Heftig umstritten ist jedoch die Klassifizierung von Forderungen als Einlage. In19.57 soweit ist insbesondere auch die Rechtslage in den einzelnen Mitgliedstaaten äußerst unterschiedlich. Während etwa das deutsche172 oder das luxemburgische173 Recht Forderungen generell als Sacheinlage qualifizieren, geht das britische Recht hier von einer Bareinlage aus174. Generalanwalt Tesauro hat in seinen Schlussanträgen in der vom LG

166 Auch in der deutschen Sprachfassung wurde der Begriff „Sacheinlage“ ursprünglich nur in Art. 10 Abs. 4 und 27 Abs. 4 KapRL a.F. (G Art. 31 Abs. 4 KapRL G Art. 70 Abs. 4 GesRRL) verwendet; in den durch die RL 2006/68/EG (→ 19.6) neu eingeführten Artikeln 10a und 10b KapRL a.F. (G Art. 11 und 12 KapRL G Art. 50 und 51 GesRRL, → 19.70 ff.) ist demgegenüber nunmehr durchgängig von „Sacheinlage“ die Rede. 167 Englisch: „consideration other than in cash“, französisch: „apport autre qu’en numéraire“, italienisch: „conferimento non in contanti“, spanisch: „aportación no dineraria“. 168 Vgl. GA Tesauro, Schlussanträge v. 8.4.1992, Meilicke ./. ADV/ORGA, C-83/91, ECLI:EU:C:1992:178, Rn. 13. 169 GA Tesauro, Schlussanträge v. 8.4.1992, Meilicke ./. ADV/ORGA, C-83/91, ECLI:EU:C:1992:178, Rn. 13; ders. FS Meilicke, 2010, S. 714, 725; Drinkuth S. 154 ff.; Edwards S. 64; Groß AG 1992, 108, 111; Fankhauser S. 142; Meilicke DB 1989, 1067, 1072; ders. DB 1990, 1173, 1175. A.A. jedoch Wiedemann JZ 1997, 1058, 1059. 170 Nachdem die SLIM-Arbeitsgruppe die Sinnhaftigkeit einer Legaldefinition in der KapRL erörtert hatte (Fn. 12, S. 10), erklärte die Kommission im Jahr 2000, dass sie sich der Forderung nach einer Klärung der Bedeutung des Begriffs der „Sacheinlage“ anschließe (vgl. KOM(2000) 56, S. 4, 6). Der Punkt wurde dann jedoch nicht weiterverfolgt. 171 Vgl. GA Tesauro, Schlussanträge v. 8.4.1992, Meilicke ./. ADV/ORGA, C-83/91, ECLI:EU:C:1992:178, Rn. 13; ders. FS Meilicke, 2010, S. 714, 725. 172  BGH NJW 1990, 982, 985; K. Schmidt/Lutter/Bayer § 27 Rn. 14; Hüffer, AktG, 9. Aufl. 2010, § 27 Rn. 18; MüKoAktG/Pentz § 27 Rn. 26 ff.; GroßkommAktG/Schall § 27 Rn. 172 ff. 173 Vgl. Putz, in: Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften, 2. Aufl. 2006, § 8 Rn. 10. 174 Gem. s. 583(3) CA 2006 (bis 30.9.2009: s. 738(2) CA 1985) sind auch die Befreiung der Gesellschaft von einer bezifferten Verbindlichkeit oder ein Versprechen, zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft eine bestimmte Summe in bar an die Gesellschaft zu bezahlen, eine Bareinlage („cash consideration“). Vgl. dazu die grundlegende Ent-

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Hannover vorgelegten175 Rs. Meilicke angenommen, dass die Einbringung einer Forderung gegen die Gesellschaft jedenfalls dann eine Bareinlage darstelle, wenn es sich um eine zweifelsfreie, fällige und liquide Forderung handelt176; für die Erstellung eines (für Sacheinlagen in Art. 49 Abs. 1 GesRRL [Art. Art. 10 Abs. 1 KapRL] vorgesehenen) Wertgutachtens bestehe in diesem Fall kein Bedürfnis177. Der EuGH hat hierzu bedauerlicherweise nicht Stellung genommen, da er die Vorlage des LG Hannover damals bereits für unzulässig erklärte.178 In der Literatur wird die Frage äußerst kontrovers diskutiert179, wobei jedenfalls im deutschsprachigen Schrifttum – entsprechend der traditionellen deutschen Auffassung − die Qualifizierung als Sacheinlage überwiegt180. Hierfür spricht, dass − entgegen der Auffassung des Generalanwalts − auch bei der Einbringung einer Forderung durchaus ein Bedürfnis nach einer besonderen Publizität und einer Werthaltigkeitsprüfung besteht.181 Eine höchstrichterliche oder legislative Klärung – die notwendigerweise entweder die Feststellung der Richtlinienwidrigkeit der deutschen oder der britischen Auffassung zur Folge hätte – ist insoweit in absehbarer Zeit allerdings kaum zu erwarten, wäre aber im Interesse der Harmonisierung sicherlich zu begrüßen. e)  Leistungszeitpunkt der Einlagen (Art. 48 GesRRL [ G Art. 9 KapRL]) Hinsichtlich des Leistungszeitpunkts differenziert Art. 48 GesRRL (G Art. 9 KapRL) 19.58 zwischen Bar- und Sacheinlagen. Bei Bareinlagen muss gem. Art. 48 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 KapRL) im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft bzw. der Erteilung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit mindestens 25 % des Nennbetrages bzw. rechnerischen Wertes182 (nicht aber eines etwaigen Agios183) geleistet werden. Wann

scheidung In Re Harmony and Montague Tin and Copper Mining Co., Spargo’s Case (1872–73) LR 8 Ch App 407 sowie etwa Hannigan 21–61 ff. 175 LG Hannover EuZW 1991, 510. Dazu Werner WuB II A. § 132 AktG 1.91. 176 GA Tesauro, Schlussanträge v. 8.4.1992, Meilicke ./. ADV/ORGA, C-83/91, ECLI:EU:C:1992:178, Rn. 14, 23; vgl. auch ders. FS Meilicke, 2010, S. 714, 727 f. 177 GA Tesauro, Schlussanträge v. 8.4.1992, Meilicke ./. ADV/ORGA, C-83/91, ECLI:EU:C:1992:178, Rn. 14; vgl. auch ders. FS Meilicke, 2010, S. 714, 727 f. 178 EuGH v. 16.7.1992, Meilicke ./. ADV/ORGA, C-83/91, ECLI:EU:C:1992:332. Dazu Ebenroth WuB II A. § 132 AktG 2.92; Ebenroth/Neiß BB 1992, 2085 ff.; Pott DWiR 1992, 338 f.; Schröder EWiR 1992, 991 f. 179 Für die Qualifizierung als Bareinlage: Edwards S. 64; Meilicke DB 1989, 1067, 1071 ff., 1119 ff.; Werlauff S. 237. So i.E. wohl auch Hirte (Fn. 158), S. 211, 229 f. 180 So Drinkuth S. 156 ff., 161; Ebenroth WuB II A. § 132 AktG 2.92; Fankhauser S. 143 ff.; Groß AG 1993, 108, 111 f.; Henze in: Grundmann (Hrsg.), Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, 2000, S. 235, 244; Joost ZIP 1992, 1033, 1035; Kindler FS Boujong, 1996, S. 299, 305 ff.; Lösekrug S. 107 ff., 110. 181 Ausf. Drinkuth S. 159 f.; Groß AG 1993, 108, 111 f.; Kindler FS Boujong, 1996, S. 299, 305 ff.; Lösekrug S. 108 ff. (jeweils m.w.N.). 182 Die 25 %-Quote entsprach etwa dem Durchschnitt der in den nationalen Rechten 1970 vorgesehenen Einzahlungsbeträge, vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 11. 183 Argumentum e contrario ex Art. 26 S. 2, vgl. Drinkuth S. 151; Edwards S. 61 Fn. 58;

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der Rest des Nennbetrages bzw. rechnerischen Wertes184 sowie ein etwaiges Agio185 zu leisten sind, bleibt dem jeweiligen nationalen Recht überlassen. Zudem kann das nationale Recht unter den Voraussetzungen des Art. 84 Abs. 1 GesRRL (G Art. 45 Abs. 1 KapRL, → 19.254) auch von dem 25 %-Erfordernis des Art. 48 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 KapRL) abweichen. Sacheinlagen müssen gem. Art. 48 UAbs. 2 GesRRL (G  Art. 9 Abs. 2 KapRL) 19.59 innerhalb von fünf Jahren nach der Gründung bzw. der Genehmigung zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit vollständig geleistet werden. Die Leistung von Sacheinlagen kann also nicht beliebig lange hinausgeschoben werden, andererseits ist aber − anders als noch im Entwurf von 1970 vorgesehen186 − nicht zwingend erforderlich, dass sie im Zeitpunkt der Gründung bereits (ganz oder teilweise) erbracht sind. Allerdings handelt es sich auch insoweit lediglich um einen Mindeststandard, so dass es den Mitgliedstaaten freisteht, im nationalen Recht eine strengere Regelung vorzusehen.187 Das deutsche Aktienrecht geht – ebenso das vieler anderer Mitgliedstaaten188 − 19.60 sowohl für Bar- als auch für Sacheinlagen über den Mindeststandard des Art. 48 GesRRL (G Art. 9 KapRL) hinaus.189 Bei Bareinlagen muss gem. § 36a Abs. 1 AktG nicht nur ein Viertel des geringsten Ausgabebetrages, sondern zusätzlich ein etwaiges Agio in voller Höhe eingezahlt werden. Nicht unproblematisch ist insofern aber die neue Regelung zum Hin- und Herzahlen in § 27 Abs. 4 AktG (→ 19.90, 19.162). Denn hier fließt die Einlage wieder an den Inferenten zurück, so dass de facto nur sein Leistungsversprechen eingelegt ist. Bis zu einer verbindlichen Klärung der Problematik durch den EuGH dürfte es sich hier empfehlen, sicherheitshalber in jedem Fall mindestens 25 % des Nennbetrages bzw. rechnerischen Wertes (geringsten Ausgabebetrages) zur freien Verfügung des Vorstands zu leisten und dort zu belassen.190 Im Bezug auf Fankhauser S. 138; Grundmann Rn. 334; Habersack/Verse § 6 Rn. 26; Kalss (Fn. 38), S. 119, 224; Lösekrug S. 82. 184 Vgl. Drinkuth S. 146 ff.; Habersack/Verse § 6 Rn. 26; Kalss (Fn. 38), S. 119, 224; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 328; Schwarz Rn. 584. 185 Vgl. Drinkuth S. 151 f.; Fankhauser S. 137; Habersack/Verse § 6 Rn. 26; Kalss (Fn. 38), S. 119, 224; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 328; Lösekrug S. 82. 186 Gem. Art. 7 Abs. 2 RL-E 1970 (Fn. 1) mussten gegen „Nicht-Bareinlagen“ ausgegebene Aktien voll eingezahlt sein. Dies hätte jedoch bei Sacheinlagen, deren Übertragung eine Umschreibung in einem öffentlichen Register erfordert, sowie bei den damals offenbar v.a. in Belgien als Einlagegegenstand beliebten Sukzessivlieferungsverträgen zu erheblichen Problemen geführt, so dass die Regelung im Laufe des Richtliniengebungsverfahrens wieder verworfen wurde, vgl. BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 13; Krebs/ Wagner AG 1998, 467, 469. 187 Vgl. Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff 5.13b; Drinkuth S. 147 f.; Fankhauser S. 147; Habersack/Verse § 6 Rn. 27; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 328; Krebs/Wagner AG 1998, 467, 469; Lösekrug S. 85; Schwarz Rn. 588; 188 So verlangen z.B. auch das britische (vgl. s. 586(1) CA 2006, bis 30.9.2009: s. 101(1)­ CA 1985) und das irische Recht (vgl. s. 1026(1) CA 2014) bei Bareinlagen die Volleinzahlung eines etwaigen Agios. 189 Vgl. dazu auch Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 31. 190 Vgl. MüKoAktG/Pentz § 27 Rn. 210; KK-AktG/Arnold § 27 Rn. 133; Bayer/Lieder GWR 2010, 296465; vgl. ferner auch Ekkenga ZIP 2010, 2469, 2471; Habersack AG 2009, 557, 561; Herrler NZG 2010, 407, 410; Herrler/Reymann DNotZ 2009, 914, 927; Hüffer/

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Sacheinlagen war Art. 48 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 9 Abs. 2 KapRL) Anlass für die Einfügung des heutigen § 36a Abs. 2 AktG191, dessen Auslegung allerdings bis heute heftig umstritten ist. Einer Ansicht nach soll § 36a Abs. 2 S. 2 AktG (Leistung binnen fünf Jahren nach Eintragung) nämlich nur den Fall betreffen, dass Gegenstand der Sacheinlage ein Anspruch des Inferenten gegen einen Dritten ist; im Übrigen seien Sacheinlagen gem. S. 1 vollständig vor der Anmeldung zu leisten192. Anderer Ansicht nach behandelt § 36a Abs. 2 S. 2 AktG den Inhalt einer Verpflichtung des Inferenten, die selbst den Gegenstand der Sacheinlage bildet.193 Die Entstehungsgeschichte der Norm sowie die Gesetzesmaterialien streiten allerdings eher für die heute h.M., nach der S. 1 (vollständige Leistung vor Anmeldung) zwar die rechtstechnische Regel ist; für den praktischen Regelfall, dass die Sacheinlageverpflichtung durch ein dingliches Übertragungsgeschäft zu bewirken ist, gilt hingegen S. 2, der den Leistungszeitpunkt entsprechend Art. 48 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 9 Abs. 2 KapRL) auf bis zu fünf Jahre hinausschiebt.194 f)  Wertprüfung bei Sacheinlagen Um im Interesse der Aktionäre und Gläubiger zu gewährleisten, dass Sacheinlagen 19.61 nicht überbewertet werden und somit das Kapital der Gesellschaft tatsächlich durch werthaltige Aktiva gedeckt ist,195 schreibt die RL bei Sacheinlagen grundsätzlich eine Prüfung durch einen oder mehrere unabhängige Sachverständige (Art. 49 Abs. 1 und 2 GesRRL [G Art. 10 Abs. 1 u. 2], → 19.62 f.) sowie die anschließende Offenlegung des entsprechenden Prüfungsberichts (Art. 49 Abs. 3 GesRRL [G Art. 10 Abs. 3 Kap­RL], → 19.64) vor. Eine Ausnahmemöglichkeit hiervon war ursprünglich nur für bestimmte konzerninterne Gründungen vorgesehen (Art. 49 Abs. 4 GesRRL [G Art. 10 Abs. 4], → 19.67). Durch die FusRL (→ 21) wurde jedoch eine Dispensoption für Verschmelzungen ergänzt, welche durch die RL 2009/109/EG (→ 19.8) auch auf Spaltungsgründungen erstreckt wurde (→ 19.68). Darüber hinaus hat die RL 2006/68/EG Koch § 27 AktG Rn. 47; GroßkommAktG/Schall § 27 Rn. 68. Zwar tendenziell für Vereinbarkeit mit Art. 9 KapRL, aber gleichwohl zur Vorsicht ratend: Spindler/Stilz/Benz/ Herrler § 27 Rn. 288 ff. 191 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 31; W. Müller WPg 1978, 565, 567. 192 So KK-AktG/Kraft, 2. Aufl. 1995, § 36a Rn. 9 ff.; Mayer ZHR 154 (1990) 535, 542 ff.; W. Müller WPg 1978, 565, 568. 193 Vgl. Richter ZGR 2009, 721, 726 ff. 194 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 31; dies. ZGR 2009, 805, 845; Habersack/Verse § 6 Rn. 28; Hüffer/Koch § 36a AktG Rn 4; K. Schmidt/Lutter/Kleindiek § 36a AktG Rn. 5; Krebs/Wagner AG 1998, 467, 473; Lösekrug S. 84 ff.; MüKoAktG/ Pentz § 36a Rn. 12 ff.; GroßkommAktG/Röhricht/Schall § 36a Rn. 6 ff. Vgl. zur Problematik des § 36a Abs. 2 S. 2 AktG ferner auch Cavin NZG 2016, 734, 737 f. 195 Vgl. GA Tesauro, Schlussanträge v. 8.4.1992, Meilicke ./. ADV/ORGA, C-83/91, ECLI:EU:C:1992:178, Rn. 14, 19; SEC(2008) 2486, S. 18; Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 32; dies. ZIP 2010, 953, 957; Drinkuth S. 153; Edwards S. 62; Grundmann Rn. 335; Habersack/Verse § 6 Rn. 30; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 329; Niessen AG 1970, 281, 287.

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(→ 19.6) drei Dispensoptionen für Fälle, in denen bereits anderweitige zuverlässige Anhaltspunkte für die Bewertung vorliegen, eingeführt (→ 19.70 ff.). aa)  Grundsatz: Wertprüfung durch Sachverständige (Art. 49 Abs. 1–3 GesRRL [ G Art. 10 Abs. 1–3 KapRL]) 19.62 Gem. Art. 49 Abs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 S. 1 KapRL) muss bei Sacheinlagen vor der Gründung der Gesellschaft oder dem Zeitpunkt, zu dem sie die Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit erhält, durch einen oder mehrere196 Sachverständige ein besonderer Bericht erstellt werden. Sachverständige können sowohl natürliche als auch juristische Personen oder Gesellschaften sein, das Nähere überlässt die RL insoweit in Art. 49 Abs. 1 S. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 S. 2 KapRL) dem jeweiligen mitgliedstaatlichen Recht. Ebenso wenig verlangt die RL eine besondere Qualifikation der „Sachverständigen“197; zwingend vorgeschrieben ist lediglich, dass diese von der Gesellschaft „unabhängig“ sein müssen, wobei auch dies nicht näher definiert wird198. Die Sachverständigen müssen durch eine Verwaltungsbehörde oder ein Gericht bestellt oder zugelassen sein; auch insoweit bleibt den Mitgliedstaaten also ein weiter Spielraum, der auch durchaus unterschiedlich genutzt wird199. 19.63 Hinsichtlich des Inhalts des Berichts (und damit auch des Gegenstandes der Prüfung) stellt Art. 49 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 KapRL) eine Reihe von Mindestanforderungen200 auf. Erforderlich ist eine Beschreibung jeder Einlage, die Nennung der angewandten Bewertungsverfahren sowie die Angabe, ob der ermittelte Wert „wenigstens der Zahl und dem Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, dem rechnerischen Wert und gegebenenfalls dem Mehrbetrag der dafür ausgegebenen Aktien“ entspricht. Die Wertprüfung erstreckt sich damit insbesondere auch auf ein etwaiges Agio.201

196 Die Anzahl der Sachverständigen bleibt dem nationalen Recht (bzw. – soweit dies keine Vorgaben macht – der Gesellschaft) überlassen, vgl. Drinkuth S. 162. 197 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 811; Grundmann Rn. 336; Fankhauser S. 146; Kalss (Fn. 38), S. 119, 227. 198 Vgl. auch Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 811. Zur Problematik auch Notari ECFR 2010, 63, 71. 199 Bsp.: In Deutschland werden die Gründungsprüfer gem. § 33 Abs. 3 S. 2 AktG durch das Gericht bestellt; im UK (vgl. s. 593, 1150 CA 2006, bis 30.9.2009: s. 103(1)(b) CA 1985) und in Irland (vgl. s. 1028(1)(b) CA 2014) erfolgt die Bestellung durch die Gesellschaft selbst. 200 Hier ergibt sich bereits aus dem Wortlaut („mindestens“) eindeutig, dass es sich lediglich um einen Mindeststandard handelt, vgl. auch Drinkuth S. 163. 201 Ausf. MüKoAktG/Bayer § 205 Rn. 24; K. Schmidt/Lutter/Bayer § 34 Rn. 7; grundlegend ders. FS Ulmer, 2003, S. 21, 32 ff.; vgl. weiter Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 32; dies. ZGR 2009, 805, 843 f.; Denecker Rev. soc. 1977, 661, 667; Edwards S. 62; Grundmann Rn. 337; Habersack/Verse § 6 Rn. 30; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2008, 534, 534 f., 540; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 329; Leuering NZG 2016, 208; Lösekrug S. 86 ff.; GroßkommAktG/Röhricht/Schall § 34 Rn. 12; Schäfer Konzern 2007, 407, 410; J. Schmidt AG 2016, 713, 714 f.; abw. jedoch Kalss (Fn. 38), S. 119, 227. Die

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Gem. Art. 49 Abs. 3 GesRRL (G  Art. 10 Abs. 3 KapRL) ist der Sachverständi- 19.64 genbericht sodann nach den nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) offenzulegen. Diese Publizität ist einerseits ein wichtiges Informationsinstrument für Aktionäre und Gläubiger, bewirkt aber zugleich auch einen gewissen „psychologischen Druck“ auf die Gründer, den Ergebnissen des Sachverständigenberichts – an den sie an sich nicht gebunden sind202 – zu folgen.203 Eine zusätzliche Bewertungskontrolle durch ein Gericht oder eine Verwaltungs- 19.65 behörde ist durch die RL nicht vorgeschrieben. Grund hierfür sind die erheblichen Unterschiede der nationalen Systeme zur Gründungskontrolle, die insoweit auch durch die PubRL nicht harmonisiert wurden204 (vgl. zu den zwei alternativen Formen gem. Art. 10 GesRRL [G Art. 11 PubRL] → 18.84). Zudem wurde in einer zusätzlichen Kontrolle durch Juristen auch nicht unbedingt ein erheblicher Mehrwert gesehen.205 Angesichts des Mindestcharakters der Vorgaben des Art. 49 GesRRL (G Art. 10 Kap­RL) ist es den Mitgliedstaaten aber auch nicht untersagt, eine zusätzliche gerichtliche Kontrolle (wie z.B. in Deutschland gem. § 38 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 AktG) vorzusehen.206 Das deutsche Aktienrecht gewährleistete einen den Vorgaben der Art. 49 19.66 Abs. 1–3 GesRRL (G  Art. 10 Abs. 1–3 KapRL) entsprechenden Schutzstandard im Wesentlichen bereits seit der Aktienrechtsreform von 1937 (vgl. heute §§ 33, 34, 37 Abs. 4 Nr. 4 AktG)207. Der deutsche Gesetzgeber hat sich daher im Zuge der Umsetzung der KapRL darauf beschränkt, dem § 34 Abs. 2 AktG einen neuen S. 2 anzufügen, der seitdem – entsprechend der zuvor gängigen Praxis − ausdrücklich festschreibt, dass im Gründungsprüfungsbericht der Gegenstand der Sacheinlage (oder Sachübernahme208) zu beschreiben sowie anzugeben ist, welche Bewertungsmethoden bei der Ermittlung des Wertes angewandt worden sind.209 Nicht angepasst wurde indes der Wortlaut des § 34 Abs. 1 Nr. 2 AktG; dort heißt es bis heute, dass lediglich zu prüfen sei, ob „der Wert der Sacheinlagen … den geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien oder den Wert der dafür zu gewährenden Leistungen erreicht“. Inzwischen hat sich jedoch in Literatur210 und Frage spielt in der Praxis v.a. bei Kapitalerhöhungen eine wichtige Rolle (→ 19.192 sowie auch schon Hirte DB 1995, 1113, 1114; Meilicke DB 1996, 513, 514). 202 Vgl. Fankhauser S. 146; Grohmann S. 274; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 329; Niessen AG 1970, 281, 288. 203 Vgl. Fankhauser S. 147; Grohmann S. 274 f.; Kalss (Fn. 38), S. 119, 227; Niessen AG 1970, 281, 288. 204 Vgl. Niessen AG 1970, 281, 288. 205 Vgl. Drinkuth S. 164; Niessen AG 1970, 281, 288. 206 Vgl. auch Drinkuth S. 164; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 329. 207 Vgl. MüKoAktG/Pentz § 33 Rn. 1, § 34 Rn. 1 f., § 40 Rn. 1. S. ferner auch Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 32. 208 Zur Problematik der Sachübernahme im deutschen Recht → 19.89. 209 Vgl. zur Einfügung von § 34 Abs. 2 S. 2 AktG: Ganske DB 1978, 2461, 2462; Hüffer NJW 1979, 1065, 1067; W. Müller WPg 1978, 565, 567. S. ferner auch Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 32; Drinkuth S. 152. 210 Ausf.: Bayer in FS Ulmer, 2003, S. 21, 34 ff.; vgl. weiter Baldamus S. 93; MüKoAktG/ Bayer § 205 AktG Rz. 33; K. Schmidt/Lutter/Bayer § 34 AktG Rn. 7; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 32; dies. ZGR 2009, 805, 843 f.; Fankhauser S. 146;

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Rspr. 211 zu Recht die Auffassung durchgesetzt, dass § 34 Abs. 1 Nr. 2 AktG richtlinienkonform dahin auszulegen ist212, dass sich die Wertprüfung auch auf ein etwaiges Agio erstreckt. Umso bedauerlicher ist es daher, dass der Gesetzgeber den Wortlaut der Norm noch immer nicht korrigiert hat, speziell da die kürzlich erfolgte Aktienrechtsnovelle213 hierzu eine gute Gelegenheit geboten hätte.214 bb)  Dispensoption bei bestimmten konzerninternen Gründungen (Art. 49 Abs. 4 GesRRL [ G Art. 10 Abs. 4 KapRL]) 19.67 Art. 49 Abs. 4 GesRRL (G Art. 10 Abs. 4 KapRL) gestattet den Mitgliedstaaten bei konzerninternen Gründungen unter bestimmten Voraussetzungen vom Wertprüfungsund Berichtserfordernis abzusehen. Diese Option215, die im Entwurf von 1970 noch nicht enthalten war, geht auf eine Initiative der niederländischen Delegation zurück und ist auf bestimmte konzerninterne Sachverhalte und Konzernrestrukturierungen zugeschnitten, die die Errichtung einer Tochtergesellschaft durch eine oder mehrere Mütter mit sich bringen.216 Voraussetzung ist, dass mindestens 90 % der Aktien gegen Sacheinlage an eine oder mehrere Gesellschaften ausgegeben werden und die in lit. a–f spezifizierten Voraussetzungen erfüllt sind. Erforderlich ist danach nicht nur ein ausdrücklicher und offenzulegender Verzicht der Gründer auf die Sacheinlageprüfung (lit. a und b), sondern auch die Existenz bzw. Bildung bestimmter Rücklagen durch die Inferenten (lit. c und f) sowie eine zeitweise Garantieübernahme durch dieselben (lit. d und e). Deutschland hat von dieser Option keinen Gebrauch gemacht.

Habersack/Verse § 6 Rn. 31; Henssler/Strohn/Hermanns § 183 AktG Rn. 23; MünchHdbGesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 33; Hüffer/Koch § 34 AktG Rn. 3, § 183 AktG Rz. 16; MünchHdbGesR IV/Scholz § 57 Rn. 52; Lösekrug S. 87 f.; MüKoAktG/Pentz § 34 Rn. 12; Priester FS Lutter, 2000, S. 617, 622 ff.; GroßkommAktG/Röhricht/Schall § 34 Rn. 13 ff.; J. Schmidt AG 2016, 713, 714 f.; MüKoAktG/Schürnbrand § 183 Rn. 63; Spindler/Stilz/Servatius § 183 AktG Rz. 41; Veil in K. Schmidt/Lutter/Veil § 183 AktG Rn. 25; GroßkommAktG/Wiedemann § 183 Rn. 82. Vgl. weiter aus der WP-Praxis: Angermayer WPg 1998, 914, 915; Penné, Die Prüfung der Sacheinlagen nach Aktienrecht, 1984, S. 239 ff.; Schiller AG 1992, 20, 21. A.A. jedoch Spindler/Stilz/Gerber § 34 AktG Rn. 8. 211 BGH AG 2012, 87 Rn. 19 („Babcock-Borsig“). 212 Der auch i.R.d. ARUG (Fn. 34) unveränderte Wortlaut steht einer richtlinienkonformen Auslegung − insbesondere unter Berücksichtigung der sog. „Quelle“-Judikatur des BGH (→ 3.54 ff.) – nicht entgegen, vgl. K. Schmidt/Lutter/Bayer § 34 AktG Rn. 7; MüKoAktG/Bayer § 205 Rn. 33; GroßkommAktG/Röhricht/Schall § 34 Rn. 14. 213  Gesetz zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2016) v. 22.12.2015, BGBl. I 2015, 2565. 214 Vgl. J. Schmidt AG 2016, 713, 715. 215 Nach dem in allen Sprachfassungen eindeutigen Wortlaut handelt es sich um eine Mitgliedstaatenoption, vgl. Drinkuth S. 164 f.; Lösekrug S. 77; s. ferner auch Edwards S. 62; Kalss (Fn. 38), S. 119, 227. 216 Vgl. Edwards S. 62. Näher zu Art. 10 Abs. 4 KapRL ferner auch Grohmann S. 275.

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cc)  Dispensoption bei Verschmelzungen und Spaltungen (Art. 49 Abs. 5 GesRRL [ G Art. 10 Abs. 5 KapRL]) Wenn im Falle der Gründung einer Gesellschaft im Wege der Verschmelzung oder 19.68 Spaltung ein Bericht eines unabhängigen Sachverständigen über die Verschmelzungsbzw. Spaltungspläne erstellt wird, haben die Mitgliedstaaten gem. Art. 49 Abs. 5 (G  Art. 10 Abs. 5 KapRL) die Möglichkeit, entweder ganz auf das Erfordernis von Sachverständigenprüfung und -bericht gem. Art. 49 GesRRL (G  Art. 10 KapRL) zu verzichten (S. 1) oder die Erstellung beider Berichte durch den- bzw. dieselben Sachverständigen zu gestatten (S. 2). Eine Dispensoption war zunächst kraft Art. 23 Abs. 4 FusRL a.F. nur für Verschmelzungen vorgesehen. Durch die RL 2009/109/EG (→ 19.8) wurde sie jedoch auch auf Spaltungen erstreckt, da die Ratio der Vermeidung doppelter Berichterstattung217 hier gleichermaßen greift218. Zugleich wurde die Regelung generell in Art. 10 Abs. 5 KapRL (G Art. 49 Abs. 5 GesRRL) konzentriert und die zuvor nur für Spaltungen speziell geregelte Möglichkeit einer Aufwands- und Kostenreduktion durch Personenidentität der Prüfer (Art. 22 Abs. 4 a.F. SpRL) wurde ausdrücklich219 auch auf Verschmelzungen erstreckt220 (→ 20.140, 21.110, 22.86). Das deutsche Recht macht die Gründungsprüfung traditionell221 − im Einklang 19.69 mit der bisherigen europäischen Rechtslage − nur bei der Verschmelzung durch Neugründung entbehrlich (vgl. § 75 Abs. 2 UmwG).222 Der deutsche Gesetzgeber hat durch das 3. UmwÄndG223 zwar die Zulässigkeit einer Identität der Prüfer ausdrücklich klargestellt (§ 75 Abs. 1 S. 2 UmwG n.F.)224, i.Ü. aber an den bisherigen Regelungen in § 75 Abs. 2 UmwG225 und § 144 UmwG (wonach bei der Spaltung zur Neugründung in jedem Fall zwingend eine Gründungsprüfung erforderlich ist226) festgehalten227. 217 Vgl. zu Art. 23 Abs. 4 a.F. FusRL: Heenen CDE 1981, 15, 23. 218 Vgl. ErwG 9 der RL 2009/109/EG; KOM(2008) 576, S. 4 f., 9; SEC(2008) 2486, S. 31; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 956; Sandhaus NZG 2009, 41, 45; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 115 f., 117 f.; Teichmann SR 2008, 363. 219 Einer Personenidentität dürfte allerdings auch zuvor nichts entgegengestanden haben, vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956. 220 Vgl. KOM(2008) 576, S. 9; Astaix D. 2009, 2268, 2269; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 956; Sandhaus NZG 2009, 41, 45; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 115 f., 117 f. 221 Vgl. bereits § 247 Abs. 4 Satz 1 AktG 1937, § 353 Abs. 4 Satz 1 AktG 1965. 222 Vgl. dazu Semler/Stengel/Diekmann § 75 Rn. 4 ff.; Lutter/Grunewald § 75 UmwG Rn. 4. 223 Drittes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 11.7. 2011, BGBl. I, 1338. 224 Vgl. BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 14; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956; Simon/Merkelbach DB 2011, 1317, 1318. 225 Problematisch ist insoweit, dass § 75 Abs. 2 UmwG den Dispens – anders als die RL − seinem Wortlaut nach selbst dann vorsieht, wenn im konkreten Fall gar keine Verschmelzungsprüfung erfolgt bzw. kein Verschmelzungsprüfungsbericht erstellt wird; insoweit ist eine richtlinienkonforme Auslegung (Reduktion) geboten, vgl. auch bereits Bayer/ J. Schmidt ZIP 2010, 953, 957; zum Problem ferner auch Leitzen DNotZ 2011, 526, 541. 226 Vgl. dazu Lutter/Schwab § 144 Rn. 5 f., 8 m.w.N. 227 Kritisch dazu Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956 f.

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dd)  Dispensoptionen bei zuverlässigen Bezugspunkten für die Bewertung (Art. 50 f. GesRRL [ G Art. 11 f. KapRL]) 19.70 Art. 50 GesRRL (G Art. 11 KapRL), der erst (damals als Art. 10a KapRL) durch die RL 2006/68/EG (→ 19.6) eingefügt wurde, eröffnet den Mitgliedstaaten die Option, in drei weiteren Fallgruppen vom Wertprüfungs- und Berichtserfordernis abzu­ sehen (→ 19.71 ff.). Er geht zurück auf die Vorschläge der SLIM-Arbeitsgruppe aus dem Jahr 1999228 und betrifft Konstellationen, in denen bereits eindeutige und zuverlässige Bezugspunkte für die Bewertung vorliegen und demgemäß eine (erneute) aufwendige und kostenintensive Wertprüfung aus Sicht des europäischen Gesetzgebers überflüssig erscheint229. Im Interesse des Gläubiger- und Aktionärsschutzes ist der Dispens von der Wertprüfung allerdings nur um den Preis erhöhter Publizität, die in Art. 51 Abs. 1 GesRRL (G Art. 12 Abs. 1 KapRL230) näher geregelt ist (→ 19.76), möglich. Art. 51 Abs. 3 GesRRL (G  Art. 12 Abs. 3 KapRL) verpflichtet die Mitgliedstaaten zudem explizit, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die in Art. 50 f. GesRRL (G Art. 11 f. KapRL) normierten Vorgaben tatsächlich eingehalten werden. (1)  Optionalität der Wertprüfung bei Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten (Art. 50 Abs. 1 GesRRL [ G Art. 11 Abs. 1 KapRL]) 19.71 Art. 50 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G  Art. 11 Abs. 1 UAbs. 1 KapRL) betrifft die Einlage übertragbarer Wertpapiere und Geldmarktinstrumente i.S.v. Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II (→ 32.11) bzw. Art. 4 Abs. 1 Nr. 17 MiFID II. Hier können die Mitgliedstaaten von einer Wertprüfung absehen, wenn die Bewertung zu dem gewichteten Durchschnittspreis erfolgt, zu dem die Wertpapiere bzw. Geldmarkinstrumente während einer bestimmten Zeitspanne vor dem Tag ihrer tatsächlichen Einbringung als Sacheinlage auf einem oder mehreren geregelten Märkten i.S.v. Art. 4 Nr. 21 MiFID II (→ 32.36) gehandelt wurden. Zugrunde liegt dem die Erwägung, dass der gewichtete Börsendurchschnittspreis prinzipiell den wahren Wert widerspiegelt und eine spezielle und aufwendige Sachverständigenprüfung damit überflüssig erscheint.231 Die Festlegung der maßgeblichen Zeitspanne bleibt dabei allerdings (anders als noch nach dem

228 SLIM-Arbeitsgruppe (Fn. 12), S. 4, 9. Dazu Baldamus S. 91 f., 97 ff. 229 Vgl. ErwG 3 der RL 2006/68/EG (→ 19.6); SEK(2004) 1342, S. 2; Bericht High Level Group (Fn. 13), S. 14 f. S. ferner auch K. Schmidt/Lutter/Bayer § 33a AktG Rn. 1; Bayer/ J. Schmidt ZGR 2009, 805, 807; Grundmann Rn. 338; Hüffer/Koch § 33a Rn. 1; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 330; Leuering NZG 2016, 208, 210; Nobel Kap. 3 Rn. 36; Notari ECFR 2010, 63, 66; Santella/Turrini (2008) 9 EBOR 427, 439; Wymeersch (Fn. 6), S. 13. 230 Art. 51 Abs. 2 GesRRL (G Art. 12 Abs. 2 KapRL) enthält insoweit eine Sonderregelung für Kapitalerhöhungen, → 19.193. 231 Vgl. SEK(2004) 1342, S. 2; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 809; Schäfer Konzern 2007, 407.

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Kommissionsvorschlag232) dem betreffenden Mitgliedstaat überlassen; die RL verlangt lediglich, dass sie „ausreichend“233 sein muss. Gem. Art. 50 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 11 Abs. 1 UAbs. 2 KapRL) unter- 19.72 liegt die Dispensoption des Art. 50 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 11 Abs. 1 UAbs. 1 KapRL) jedoch einer wichtigen Einschränkung: Sofern nämlich der nach Maßgabe des Abs. 1 UAbs. 1 ermittelte Durchschnittspreis durch außergewöhnliche Umstände beeinflusst wird, die eine erhebliche Wertänderung bewirken würden234, hat das Verwaltungs- bzw. Leitungsorgan eine Neubewertung nach Maßgabe der Art. 49 Abs. 1–3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1–3 KapRL) zu veranlassen. In diesem Fall greift nämlich die im Regelfall bestehende Vermutung, dass der Durchschnittspreis den wahren Wert widerspiegelt, gerade nicht ein.235 „Außergewöhnliche Umstände“ können z.B. im Falle von Marktenge oder Marktmanipulationen236 vorliegen.237 (2)  Optionalität der Wertprüfung bei anderen Vermögensgegenständen (Art. 50 Abs. 2 und 3 GesRRL [ G Art. 11 Abs. 2 und 3 KapRL]) Die Option des Art. 50 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 11 Abs. 2 KapRL) bezweckt die 19.73 Vermeidung überflüssiger Doppelbewertungen238, indem sie den Mitgliedstaaten gestattet, vom Wertprüfungserfordernis abzusehen, wenn Vermögensgegenstände239 eingebracht240 werden, die bereits von einem anerkannten unabhängigen Sachverständigen241 zum beizulegenden Zeitwert (fair value)242 bewertet wurden. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Bewertung nach den im jeweiligen Mitgliedstaat allgemein anerkannten Bewertungsnormen und -grundsätzen und zu einem Stichtag erfolgte, der nicht mehr als sechs Monate243 vor dem Tag der tatsächlichen Einbringung liegt. 232 Dieser sah einen Zeitraum von drei Monaten vor, vgl. KOM(2004) 730, S. 10. 233 Dazu näher Schäfer Konzern 2007, 407 f.; Westermann ZHR 172 (2008), 144, 149 f. 234 Hierzu gehört ausdrücklich auch der Fall, dass der Markt illiquide geworden ist. 235  Vgl. K. Schmidt/Lutter/Bayer § 33a Rn. 7; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 809; Merkner/Decker NZG 2009, 887, 888. 236 Vgl. zum Verbot von Marktmanipulationen durch die MAR → 35.42 ff. 237 Vgl. Grundmann Rn. 65; van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 20; sowie (in Bezug auf die Umsetzung in § 33a Abs. Alt. 1 AktG): BegrRegE z. ARUG, BR-Drs. 847/08, S. 31; K. Schmidt/Lutter/Bayer § 33a Rn. 8; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 810 f.; Spindler/Stilz/Gerber § 33a Rn. 9; Merkner/Decker NZG 2009, 887, 889 f. 238 Vgl. K. Schmidt/Lutter/Bayer § 33a Rn. 10; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 810; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2005, 426; Schäfer Konzern 2007, 407, 409; Seibert/ Florstedt ZIP 2008, 2145, 2150; Wymeersch (Fn. 6), S. 15. 239 Art. 50 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 11 Abs. 2 und. 3 KapRL) betreffen ausdrücklich nur solche Vermögensgegenstände, die nicht bereits unter Abs. 1 fallen, vgl. auch Leuering NZG 2016, 208, 210 f.; van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 20. 240 Zum Begriff der „tatsächlichen Einbringung“ näher Schäfer Konzern 2007, 407, 409; s. ferner auch Notari ECFR 2010, 63, 70. 241 Vgl. dazu näher Notari ECFR 2010, 63, 71. 242 Dazu näher Notari ECFR 2010, 63, 71 f. 243 Im KOM-Vorschlag lag die Grenze noch bei lediglich drei Monaten, vgl. KOM(2004) 730, S. 10. Zur Berechnung der 6-Monats-Frist näher Notari ECFR 2010, 63, 70.

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Die „Buchwertklausel“244 des Art. 50 Abs. 3 GesRRL (G Art. 11 Abs. 3 KapRL) gestattet den Mitgliedstaaten, von einem Wertprüfungserfordernis abzusehen, wenn der beizulegende Zeitwert (fair value)245 des Vermögensgegenstandes aus der Vermögensaufstellung des gesetzlichen Abschlusses des vorausgegangenen Geschäftsjahres hervorgeht, sofern dieser nach Maßgabe der APRL (→ 25) geprüft wurde.246 Die Dispensmöglichkeiten in Art. 50 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 11 Abs. 2 und 19.75 3 KapRL) unterliegen allerdings einer Art clausula rebus sic stantibus:247 Treten neue erhebliche Umstände ein, die eine wesentliche Änderung des beizulegenden Zeitwerts (fair value) im Zeitpunkt der tatsächlichen Einbringung des Vermögensgegenstandes bewirken würden, so muss das Verwaltungs- bzw. Leitungsorgan eine Neubewertung nach Maßgabe der Art. 49 Abs. 1–3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1–3 KapRL) veranlassen. In Bezug auf die sachverständige Prüfung bei der Gründung sieht die RL allerdings insofern − anders als bei Kapitalerhöhungen (→ 19.193) − kein Erzwingungsrecht einer Aktionärsminderheit vor.248 (3)  Besondere Publizität gem. Art. 51 Abs. 1 GesRRL ( G Art. 12 Abs. 1 KapRL) 19.76 Wenn und soweit ein Mitgliedstaat von einer in Art. 50 GesRRL (G Art. 11 KapRL) vorgesehenen Option Gebrauch gemacht hat, gelten gem. Art. 51 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 12 Abs. 1 KapRL) besondere Publizitätsvorschriften, die zumindest einen gewissen „Schutz durch Transparenz“ gewährleisten sollen.249 Danach ist zusätzlich zu den nach Art. 4 lit. h GesRRL (G  Art. 3 lit. h KapRL) geforderten Angaben (→ 19.29) innerhalb eines Monats nach dem Tag der tatsächlichen Einbringung nach Maßgabe der nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) eine spezielle Erklärung offenzulegen, die die in lit. a–d näher spezifizierten Mindestangaben zu der betreffenden Sacheinlage und ihrer Bewertung enthalten muss.

244 Vgl. Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2005, 426. 245 Näher dazu Schäfer Konzern 2007, 407, 409; Westermann ZHR 172 (2008), 144, 151; Wymeersch (Fn. 6), S. 16. 246 Ausf. (und sehr kritisch) zu dieser Option Notari ECFR 2010, 63, 72 ff.; kritisch auch Grundmann Rn. 338 Fn. 64. 247 Vgl. auch Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 811. 248 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 815; Grundmann Rn. 338; Notari ECFR 2010, 63, 70; Schäfer Konzern 2007, 407, 412; van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 21; unzutreffend insofern van der Elst (2009) 6 ECL 110, 111. 249 Vgl. dazu auch Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 812, 815; Grohmann S. 276 f.; Grundmann Rn. 338; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 330.

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(4)  Umsetzung der Optionen im deutschen Recht Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem ARUG250 durch den neuen § 33a AktG251 19.77 nur von den ersten beiden Mitgliedstaatenoptionen (Art. 50 Abs. 1 und 2 GesRRL [G  Art. 11 Abs. 1 und 2 KapRL]) Gebrauch gemacht; die „Buchwertklausel“ des Art. 50 Abs. 3 GesRRL (G Art. 11 Abs. 3 KapRL) wurde nicht in das nationale Recht übernommen252. Die beiden Tatbestände des § 33a Abs. 1 AktG wurden dabei entsprechend den nachdrücklichen Forderungen aus der Praxis253 bewusst nur als Optionen zugunsten der jeweiligen Gesellschaft ausgestaltet („kann“); dies ist jedoch richtlinienkonform, denn wenn die Mitgliedstaaten in den in Art. 50 GesRRL (G Art. 11 KapRL) spezifizierten Fällen generell auf die Wertprüfung durch Sachverständige verzichten können, so muss es ihnen a maiore ad minus auch freistehen, ein entsprechendes Wahlrecht zugunsten der Gesellschaften vorzusehen254. Bei der in Anknüpfung an § 5 WpÜGAV und die Rechtsprechung zu Abfindungszahlungen255 normierten256 3-Monats-Frist für die Bestimmung des gewichteten Durchschnittspreises von Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten (§ 33a Abs. 1 Nr. 1 AktG) handelt es sich um eine richtlinien- und systemkonforme Konkretisierung der Richtlinienvorgabe einer „ausreichenden Zeitspanne“.257 Zweckmäßig und richtlinienkonform ist schließlich auch der vom Wortlaut der RL abweichende Terminus des „ausreichend vorgebildeten und erfahrenen“ Sachverständigen.258 Die speziellen Publizitätsvorgaben gem. Art. 51 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 12 Abs. 1 KapRL) wurden durch den neuen § 37a AktG umgesetzt.259

250 Fn.  34. 251 Dazu näher Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 808 ff.; Böttcher NZG 2008, 481 ff.; Drinhausen/Keinath BB 2008, 2078 f.; dies. BB 2009, 64 f.; Herrler/Reymann DNotZ 2009, 914, 931 ff.; Klasen BB 2008, 2694, 2697 ff.; Leuering NZG 2016, 208 ff.; Merkner/Decker NZG 2009, 887, 889 ff.; Paschos/Goslar AG 2008, 605, 612 f.; dies. AG 2009, 14, 19 f.; Seibert/Florstedt ZIP 2008, 2145, 2149 f.; Zetzsche Konzern 2008, 321, 329 f. 252 Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 807; Grundmann Rn. 338 Fn. 64. Belgien hat aber z.B. davon Gebrauch gemacht, vgl. van der Elst (2009) 6 ECL 110, 111. 253 Vgl. Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2008, 534, 539, 540 f.; Paschos/Goslar AG 2008, 605, 614. 254 Vgl. K. Schmidt/Lutter/Bayer § 33a Rn. 4; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 808. 255 Vgl. grundlegend BGH NJW 2001, 2080 („DAT/Altana“); ausdrücklich gebilligt durch BVerfG NJW 2007, 828 („SNI“); BVerfG NJW 2007, 3266, 3268; OLG Stuttgart NZG 2007, 302; KG NZG 2007, 71. 256 Vgl. BegrRegE z. ARUG, BR-Drs. 847/08, S. 30 f.; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 809; Hüffer/Koch § 33a AktG Rn. 4. 257 Vgl. K. Schmidt/Lutter/Bayer § 33a Rn. 6; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 809; Böttcher NZG 2008, 481, 482; Sauter ZIP 2008, 1706, 1709; vgl. auch schon Schäfer Konzern 2007, 407, 408; offenbar zweifelnd dagegen Westermann ZHR 172 (2008) 144, 149 f. 258 Näher K. Schmidt/Lutter/Bayer § 33a Rn. 10; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 810 f. 259 Vgl. BegrRegE z. ARUG, BR-Drs. 847/08, S. 32; näher dazu Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 812; Drinhausen/Keinath BB 2008, 2078, 2079 f.; K. Schmidt/Lutter/Kleindiek § 37a Rn. 1 ff.; Merkner/Decker NZG 2009, 887, 889; Sauter ZIP 2008, 1706, 1710.

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g)  Umgehungsschutz hinsichtlich der Regeln über Sacheinlagen aa)  Nachgründung (Art. 52 GesRRL [ G Art. 13 KapRL]) 19.78 Da bereits i.R.d. Vorberatungen zur KapRL klar war, dass die strengen Vorgaben des heutigen Art. 49 GesRRL (G Art. 10 KapRL) geradezu eine Einladung zu Umgehungsversuchen darstellten260, wurde nach dem Vorbild der deutschen Nachgründungsvorschriften261 eine besondere Regelung zum Schutz vor Umgehungen aufgenommen, die sich heute in Art. 52 GesRRL (G Art. 13 KapRL) findet. Sie zielt insbesondere auf den Fall, dass zwar zunächst eine Bargründung durchgeführt wird, das Geld dann aber dazu verwendet wird, von den Gründern Vermögensgegenstände zu einem überhöhten Preis zu erwerben.262 Art. 52 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 13 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 KapRL) er19.79 streckt das Erfordernis einer Wertprüfung und Offenlegung gem. Art. 49 Abs. 1–3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1–3 KapRL) daher auch auf den Erwerb von Vermögensgegenständen von einem Gründer263, sofern dieser Erwerb innerhalb von zwei Jahren nach der Gründung bzw. der Genehmigung zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit erfolgt und der Gründer hierfür einen Gegenwert erhält, der mindestens 10 % des gezeichneten Kapitals entspricht; außerdem bedarf ein solcher Erwerb der Zustimmung der Hauptversammlung.264 Art. 52 Abs. 2 GesRRL (G Art. 13 Abs. 2 KapRL) stellt allerdings drei Katego19.80 rien von Erwerbsvorgängen ausdrücklich und zwingend265 von der Anwendung des Nachgründungsverfahrens frei: den Erwerb i.R.d. laufenden Geschäfte, den Erwerb auf Anordnung oder unter Aufsicht einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichts sowie den Erwerb an der Börse. Ratio ist, den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft nicht zu sehr einzuschränken, zumal speziell in der zweiten und dritten Fallgruppe nur ein sehr

260 Vgl. bereits RL-E 1970 (Fn. 1), S. 11. S. ferner Edwards S. 64; Habersack/Verse § 6 Rn. 33; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 331; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 176. 261 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 33; Edwards S. 64 f.; Habersack/ Verse § 6 Rn. 33; Henze (Fn. 180), S. 235, 240; Niessen AG 1970, 281, 288; GroßkommAktG/Priester § 52 Rn. 9; Schwarz Rn. 590; Werlauff S. 239; Wooldridge [1978] Acta Juridica 327, 337; ausf. M. Schwab, Die Nachgründung im Aktienrecht: Tatbestand, Rechtsfolgen und Verfahren, 2003, S. 44 ff. 262 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 11; Edwards S. 64; Werlauff S. 239. 263 Exakter: Personen i.S.d. Art. 4 lit. i GesRRL (G Art. 3 lit. i KapRL, → 19.29). 264 Der deutsche Wortlaut ist hier leider aufgrund seiner Syntax etwas missverständlich. Wie sich aus den anderen Sprachfassungen (vgl. z.B. der englischen oder französischen) klar ergibt, sind sowohl Wertprüfung als auch Hauptversammlungsbeschluss nur bei einem Erwerb innerhalb der 2-Jahres-Frist erforderlich. Wie hier i.E. auch Denecker Rev. soc. 1977, 661, 668 f.; Drinkuth S. 165; Edwards S. 65; Kalss (Fn. 38), S. 119, 229 f.; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 331; Le Fèvre Rev. soc. 1982, 441, 448; zumindest missverständlich dagegen Grundmann Rn. 340. 265 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 34; Kalss (Fn. 38), S. 119, 230; Lösekrug S. 93 f.; Lutter/ Ziemons ZGR 1999, 479, 491.

§ 19 GesRRL II: Die frühere Kapital-RL (KapRL)

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geringes Manipulationspotential besteht.266 Nach wie vor nicht abschließend geklärt ist allerdings die − auch hinsichtlich der deutschen Umsetzung in § 52 Abs. 9 AktG (→ 19.83) − umstrittene Frage, ob der „Erwerb im Rahmen der laufenden Geschäfte“ lediglich alltägliche Geschäfte umfasst267 oder (entsprechend § 116 Abs. 1 HGB) alle Geschäfte, die mit einem bestimmten Unternehmenstyp verbunden sind268. Darüber hinaus ordnet der erst durch die RL 2006/68/EG (→ 19.6) eingefügte 19.81 Art. 52 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 GesRRL (G  Art. 13 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 KapRL) die entsprechende Geltung der Art. 50 und 51 GesRRL (G  Art. 11 und 12 KapRL) an. Damit wird den Mitgliedstaaten die Option eröffnet, in den drei in Art. 50 GesRRL (G Art. 11 KapRL) genannten Fallgruppen (→ 19.71 ff.) vom Erfordernis einer Wertprüfung durch Sachverständige abzusehen, sofern die Publizitätsanforderungen gem. Art. 51 GesRRL (G  Art. 12 KapRL, → 19.76) gewahrt sind. Fraglich ist allerdings, ob die Mitgliedstaaten in diesen Fällen auch auf den durch Art. 52 GesRRL (G  Art. 13 KapRL) geforderten Hauptversammlungsbeschluss verzichten können269. Dagegen spricht zwar, dass Art. 50 und 51 GesRRL (G Art. 11 und 12 KapRL) sich in ihrem genuinen Anwendungsbereich nur auf die Wertprüfung nach Art. 49 Abs. 1–3 GesRRL (G  Art. 10 Abs. 1–3 KapRL) beziehen und die Kommission offensichtlich auch davon ausging, dass das Erfordernis der Zustimmung der Hauptversammlung in jedem Fall bestehen bleibe270. Seinem Wortlaut nach ließe sich Art. 52 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 GesRRL (G Art. 13 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 KapRL) jedoch durchaus auch als bloße Tatbestandsverweisung auf die in Art. 50 GesRRL (G Art. 11 KapRL) normierten Ausnahmetatbestände verstehen. Zumal es gerade im Hinblick auf das mit der 2006/68/ EG (→ 19.6) verfolgte Ziel der Liberalisierung und Flexibilisierung nur konsequent wäre, in den genannten Fallgruppen von sämtlichen Nachgründungsrestriktionen − also auch vom Erfordernis des Hauptversammlungsbeschlusses – zu befreien. Die Mitgliedstaaten können den Nachgründungsschutz aber auch weiter aus- 19.82 dehnen. Zum einen handelt es sich bei der 2-Jahres-Frist ausdrücklich um eine Mindestregelung, d.h. die Mitgliedstaaten können die Nachgründungsperiode auch verlängern.271 Zum anderen gestattet Art. 52 Abs. 1 UAbs. 3 GesRRL (G Art. 13 Abs. 1 UAbs. 3 KapRL) ihnen explizit, Wertprüfungs- und Beschlusserfordernis auch auf

266 Vgl. Fankhauser S. 155; Grundmann Rn. 340; Kalss (Fn. 38), S. 119, 230 f.; s. ferner K. Schmidt/Lutter/Bayer § 52 AktG Rn. 46 ff.; MüKoAktG/Pentz § 52 Rn. 53; GroßkommAktG/Priester § 52 Rn. 91, 97 (jeweils zur deutschen Umsetzungsvorschrift in § 52 Abs. 9 AktG). 267 So K. Schmidt/Lutter/Bayer § 52 AktG Rn. 46; GroßkommAktG/Priester § 52 Rn. 92; wohl auch Spindler/Stilz/Heidinger § 52 AktG Rn. 19. 268 So Lutter/Ziemons ZGR 1999, 479, 492, 498; ihnen folgend Dormann/Fromholzer AG 2001, 242, 246; Eisolt DStR 2001, 748, 752; Kalss (Fn. 38), S. 119, 233; Lösekrug S. 95 f.; MüKoAktG/Pentz § 52 Rn 54; Pentz NZG 2001, 346, 352. 269 Dagegen Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2005, 426, 428. 270 Vgl. SEK(2004) 1342, S. 3. 271 Drinkuth S. 176 f.; Ebenroth/Kräutter DB 1990, 2153, 2156; Ebenroth/Neiß BB 1992, 2085, 2087; Fankhauser S. 156; Kalss (Fn. 38), S. 119, 230; Priester (Fn. 261), § 52 Rn. 8.

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den Fall zu erstrecken, dass der Vermögensgegenstand einem Aktionär oder einer anderen Person gehört.272 Da das Rechtsinstitut der Nachgründung aus dem deutschen Recht übernommen 19.83 wurde, sah sich der deutsche Gesetzgeber i.R.d. ursprünglichen Umsetzung der KapRL 1978 nicht einmal zu einer formalen Änderung der Nachgründungsvorschriften in § 52 AktG veranlasst.273 Das deutsche Recht geht insofern zulässigerweise über die RL hinaus, als nach § 52 Abs. 1 S. 1 AktG auch Geschäfte mit Aktionären, die mit mehr als 10 % am Grundkapital beteiligt sind,274 erfasst werden. Die Vorschrift ist allerdings ihrem Wortlaut nach insoweit richtlinienwidrig, als sie eine 10 % des Grundkapitals übersteigende Vergütung verlangt, während die RL die Nachgründung bereits ab einem Gegenwert von mindestens 10 % verlangt.275 Richtlinienwidrig ist ferner auch § 52 Abs. 9 AktG: Er enthält zwar infolge der Anpassung durch das NaStraG276 im Jahr 2001 nun eine richtlinienkonforme Ausnahme für den Erwerb i.R.d. laufenden Geschäfte277 und den Erwerb an der Börse278;279 allerdings erfasst er nach wie vor lediglich den „Erwerb in der Zwangsvollstreckung“, während Art. 52 Abs. 2 GesRRL (G Art. 13 Abs. 2 KapRL) jeden Erwerb, der auf Anordnung oder unter Aufsicht einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichts erfolgt, ausnimmt.280 Auch die jüngste Reform durch das ARUG281 hat durch die Ergänzungen in § 52 Abs. 4, 6 und 7 AktG lediglich die durch die RL 2006/68/EG (→ 19.6) eingefügten Option einer „vereinfachten“ Nachgründung ohne Wertprüfung umgesetzt282, die aufgezeig272 Vgl. van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 23. 273 Die durch Art. 1 Nr. 9 KapRiLiG (→ 19.13) erfolgte Änderung von § 52 AktG war lediglich eine Folgeänderung zur Neufassung von § 27 AktG, vgl. Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 33 Fn. 141; Hüffer NJW 1979, 1065, 1067; Lösekrug S. 90; W. Müller WPg 1978, 565, 568; GroßkommAktG/Priester § 52 Rn. 9. 274 Ursprünglich bestand hinsichtlich der Person des Geschäftspartners sogar keinerlei Einschränkung; da dies aber als erhebliches Hindernis speziell für Börsengänge empfunden wurde, entschloss sich der Gesetzgeber i.R.d. NaStraG (Fn. 276) zu einer Begrenzung des Anwendungsbereichs, vgl. BegrRegE z. NaStraG, BT-Drs. 14/4051, S. 10. 275 Vgl. K. Schmidt/Lutter/Bayer § 52 AktG Rn. 6; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 33 Fn. 141; dies. ZGR 2009, 805, 844; Habersack/Verse § 6 Rn. 34; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 331; Lieder ZIP 2010, 964, 972; Lösekrug S. 91 ff.; Pentz NZG 2001, 346, 450; GroßkommAktG/Priester § 52 Rn. 10, 51; M. Schwab (Fn. 261), S. 115. 276 Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Namensaktiengesetz – NaStraG), BGBl. I, S. 123. Die Anpassung erfolgte ausdrücklich im Hinblick auf Art. 11 der RL, vgl. BegrRegE, BT-Drs. 14/4051, S. 10. 277 § 52 Abs. 9 AktG a.F. normierte eine Ausnahme, „wenn der Erwerb der Vermögensgegenstände den Gegenstand des Unternehmens bildet“. 278 Der Erwerb an der Börse war in § 52 Abs. 9 AktG a.F. überhaupt nicht erfasst. 279 Vgl. Dormann/Fromholzer AG 2001, 242, 246; Eisolt DStR 2001, 748, 752; Habersack/ Verse § 6 Rn. 34; Pentz NZG 2001, 346, 352; GroßkommAktG/Priester § 52 Rn. 7, 10 ff., 92, 97. 280 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 844; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 332; Lieder ZIP 2010, 964, 972; GroßkommAktG/Priester § 52 Rn. 12, 96. Vgl. zur richtlinienkonformen Auslegung insoweit K. Schmidt/Lutter/Bayer § 52 AktG Rn. 6, 50; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 844; Lösekrug S. 97. 281 Fn.  34. 282 Dazu näher Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 844.

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ten Mängel i.R.d. „normalen“ Nachgründung jedoch leider nicht beseitigt283. In beiden Fällen ist daher eine richtlinienkonforme Auslegung geboten.284 bb)  Zulässigkeit weitergehenden Umgehungsschutzes nach nationalem Recht Äußerst umstritten ist, ob und inwieweit Art. 52 GesRRL (G  Art. 13 KapRL) eine 19.84 abschließende Regelung des Umgehungsschutzes enthält oder ob (und in welchem Umfang) die Mitgliedstaaten befugt sind, in ihrem nationalen Recht einen darüber hinausgehenden Umgehungsschutz zu gewährleisten. Kontrovers diskutiert werden dabei insbesondere die deutschen Rechtsinstitute der verdeckten Sacheinlage (→ 8.19, 19.85 ff.) und der Sachübernahme (→ 19.89), seit dem ARUG285 auch das Hin- und Herzahlen (→ 19.90). (1)  Verdeckte Sacheinlage Die Vereinbarkeit des − durch das ARUG286 nun in § 27 Abs. 3 AktG kodifizierten287 − 19.85 deutschen Rechtsinstituts der verdeckten Sacheinlage288 mit dem europäischen Recht war 1991 in der Rs. Meilicke sogar bereits Gegenstand einer Vorlage des LG Hannover289 an den EuGH. Der EuGH hielt die Vorlage jedoch bereits für unzulässig,290 so dass es gar nicht mehr zu einer Entscheidung in der Sache kam. Die Verfechter der Richtlinienwidrigkeit des Rechtsinstituts der verdeckten Sach- 19.86 einlage argumentieren, dass es sich bei Art. 52 GesRRL (G Art. 13 KapRL) − i.V.m. Art. 49, 70 Abs. 2 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 10, 31 Abs. 2 UAbs. 2 KapRL) − nicht lediglich um Mindestvorgaben handele, sondern vielmehr um eine abschließende Regelung, die ein über die in Art. 52 GesRRL (G Art. 13 KapRL) ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmetatbestände hinausgehendes Tätigwerden der nationalen Gesetzgeber ausschlössen.291 Auf dieser Linie lagen auch die Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro in der Rs. Meilicke: Jede Rechtsordnung könne zwar ihre allgemeinen Vorschriften (z.B. Rechtsmissbrauch) anwenden, um Gesetzesumgehungen zu ahnden; die nationale Regelung dürfe aber nicht so beschaffen sein, dass eine nach der RL 283 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 844. 284 K. Schmidt/Lutter/Bayer § 52 AktG Rn. 6, 50; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 844; MüKoAktG/Pentz § 52 Rn. 7, 58; GroßkommAktG/Priester § 52 Rn. 11. 285 Fn.  34. 286 Fn.  34. 287 Dazu ausf. Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 823 ff. 288 Grundlegend BGHZ 110, 47; vgl. weiter BGHZ 118, 83, 93 ff.; 132, 141; BGH NJW 2000, 725, 726; BGHZ 155, 329; BGH DStR 2006, 2326. Vgl. aus der Rspr. des RG bereits: RGZ 121, 99, 102; 157, 213, 224; 167, 99, 108; vgl. zur GmbH auch BGHZ 28, 314; 113, 335. 289 LG Hannover EuZW 1991, 510. 290 EuGH v. 16.7.1992, Meilicke ./. ADV/ORGA, C-83/91, ECLI:EU:C:1992:332. Literatur → Fn. 178. 291 Vgl. Loos BB 1989, 2147, 2151; Meilicke DB 1989, 1067; ders. DB 1990, 1173, 1176 ff.

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zulässige Transaktion allein deshalb ipso facto als rechtswidrig behandelt wird, weil sie mit der Kapitalerhöhung zusammenhängt.292 Darüber hinaus wird im Schrifttum teilweise sogar ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit angenommen.293 Der BGH294 hält das Rechtsinstitut der verdeckten Sacheinlage jedoch – im Ein19.87 klang mit der h.L.295 − nicht nur für richtlinienkonform, sondern erachtet dies sogar für derart offensichtlich, dass er eine EuGH-Vorlage unter Berufung auf die sog. acte clair-Doktrin296 (→ 3.85) bereits mehrfach abgelehnt hat.297 Ob deren Voraussetzungen298 tatsächlich erfüllt sind, lässt sich zwar durchaus bezweifeln.299 Das Rechtsinstitut der verdeckten Sacheinlage ist aber jedenfalls i.E. sowohl mit Art. 49 GesRRL (G Art. 10 KapRL) als auch mit Art. 52 GesRRL (G Art. 13 KapRL) vereinbar, da es sich insoweit richtigerweise lediglich um Mindeststandards300 handelt. Hierfür spricht neben Wortlaut und Systematik301 insbesondere auch die Entstehungsgeschichte des Art. 52 GesRRL (G  Art. 13 KapRL), speziell die Begründung der Kommission zu der dem heutigen Art. 52 GesRRL (G  Art. 13 KapR) entsprechenden Regelung im RL-E 1970:302 Darin wird ausdrücklich betont, dass sich zwar durchaus „Mittel und Wege finden“ ließen, die Vorschriften über das Sachgründungsverfahren zu umgehen, 292 GA Tesauro, Schlussanträge v. 8.4.1992, Meilicke ./. ADV/ORGA, C-83/91, ECLI:EU:C:1992:178, Rn. 21. 293 So Steindorff EuZW 1990, 251, 252 f. 294 BGH NJW 1990, 982, 987 f.; BGH NJW 1992, 2222, 2227; BGH DStR 1994, 512 m. Anm. Goette; BGH DStR 2006, 2326. 295 Vgl. K. Schmidt/Lutter/Bayer § 27 Rn. 58; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 34; Spindler/Stilz/Benz AktG § 27 Rn. 106; Ebenroth/Kräutter DB 1990, 2153, 2157; Drinkuth S. 175; Groß AG 1991, 217, 221; Grundmann Rn. 341; Habersack/Verse § 6 Rn. 39; Hüffer/Koch § 27 AktG Rn. 24; Joost ZIP 1990, 549, 565; Kindler FS Boujong, 1996, S. 299, 315; Lösekrug S. 103; Lutter FS Everling, 1995, S. 765, 779 f.; Lutter/Gehling WM 1989, 1445, 1458 f.; GroßkommAktG/Schall § 27 Rn. 45 ff.; Weller, in: Gebauer, Martin/Wiedmann, Thomas (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Auflage 2010, Kap. 21 Rn. 47. S. ferner auch Schön FS Canaris, 2017, S. 147, 166 (der sogar erwägt, ob die Rechtsfigur der verdeckten Sacheinlage unionsrechtlich geboten ist). 296  Grundlegend EuGH v. 6.10.1982, C.I.L.F.I.T., 283/81, ECLI:EU:C:1982:335, Rn. 13 ff. Vgl. weiter etwa EuGH v. 15.9.2005, Intermodal Transports, C-495/03, ECLI:EU:C:2005:552, Rn. 38 ff.; EuGH v. 9.9.2015, X, C-72/14, ECLI:EU:C:2015:564, Rn. 55 ff. 297 BGH DStR 2006, 2326. Ebenso bereits zuvor BGH NJW 1990, 982, 987 f.; s. ferner auch BGH NJW 1992, 2222, 2227; BGH DStR 1994, 512 m. Anm. Goette. 298 Der EuGH verlangt immerhin, dass „die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt“, vgl. EuGH v. 9.9.2015, X, C-72/14, ECLI:EU:C:2015:564, Rn. 56. 299 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 832; Henze FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 143, 153; Joost ZIP 1990, 549, 565; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 177. 300  Vgl. auch dezidiert EuGH v. 30.6.2009, Audiolux, C-101/08, ECLI:EU:C:2009:626, Rn. 39: „Die Richtlinie soll nämlich nur ein Mindestmaß des Schutzes für Aktionäre ... sicherstellen“. 301 Vgl. BGH NJW 1990, 982, 987; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 34; dies. ZGR 2009, 805, 832; Schwarz Rn. 594. 302 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 832; Ebenroth/Neiß BB 1992, 2085, 2088; Fankhauser S. 163; Habersack/Verse § 6 Rn. 39; Lösekrug S. 102; Lutter FS Everling, 1995, S. 765, 779 f.

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es könne aber „den nationalen Gesetzgebern, nachdem sie das Verfahren in ihr Recht übernommen haben, überlassen bleiben, es gegebenenfalls noch weiter auszubauen“303. Für die Richtlinienkonformität des Rechtsinstituts der verdeckten Sacheinlage spricht aber letztlich v.a. auch der effet utile des Unionsrechts: In Anbetracht des Umstands, dass der RL ein Umgehungsschutz immanent ist, muss a fortiori auch ein weitergehender Umgehungsschutz durch nationales Recht zulässig sein.304 An der Richtlinienkonformität der verdeckten Sacheinlage hat sich im Übrigen 19.88 auch durch die Neugestaltung der Rechtsfolgen durch § 27 Abs. 3 AktG n.F. (sog. Anrechnungslösung) nichts geändert.305 Denn sieht man Art. 52 GesRRL (G Art. 13 KapRL) richtigerweise lediglich als Mindeststandard in dem Sinne, dass die Etablierung eines weitergehenden Umgehungsschutzes dem nationalen Recht überlassen bleiben sollte,306 so spricht nichts dagegen, dass das deutsche Recht Umgehungen durch verdeckte Sacheinlagen künftig nur noch in abgeschwächter Form sanktioniert.307 (2)  Sachübernahme Kontrovers diskutiert wird ferner die Richtlinienkonformität der im deutschen Ak- 19.89 tienrecht tradierten Gleichstellung von Sacheinlagen und Sachübernahmen (= Übernahme von Vermögensgegenständen durch die Gesellschaft, vgl. § 27 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG). Obgleich das Rechtsinstitut der Sachübernahme trotz entsprechender Vorschläge308 nicht in die RL aufgenommen wurde, hat der deutsche Gesetzgeber hieran ausdrücklich festgehalten. Einer Ansicht nach soll darin jedenfalls insoweit ein Richtlinienverstoß liegen, als auch Rechtsgeschäfte mit einem Erwerbspreis von weniger als 10 % des Grundkapitals erfasst werden, da die 10 %-Grenze in Art. 52 GesRRL

303 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 11. 304 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 34; dies. ZGR 2009, 805, 832; vgl. auch Grundmann Rn. 341; Habersack/Verse § 6 Rn. 40; Lösekrug S. 103. Noch weitergehend Kindler FS Boujong, 1996, S. 299, 315 („nicht nur zulässig, sondern sogar geboten“). 305 Vgl. Bayer/Lieder GWR 2010, 3, 5; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 832 f.; Habersack GWR 2009, 129, 132; ders. AG 2009, 557, 560; Spindler/Stilz/Benz § 27 AktG Rn. 106; Herrler/Reymann DNotZ 2009, 914, 919; s. ferner auch Grundmann Rn. 341 Fn. 71; nach GroßkommAktG/Schall § 27 Rn. 49; soll die Richtlinienkonformität nun sogar „klar zu Tage liegen“; a.A. jedoch Andrianesis WM 2011, 968, 973; Bedenken auch bei MüKoAktG/Pentz § 27 Rn. 87. 306 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 34; dies. ZGR 2009, 805, 832; Lösekrug S. 102 f.; Lutter FS Everling, 1995, S. 765, 779 f.; Lutter/Gehling, WM 1989, 1445, 1459. Vgl. ferner auch Kindler FS Boujong, 1996, S. 299, 309. 307 Vgl. Bayer/Lieder GWR 2010, 3, 5; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 832 f. So i.E. auch Habersack GWR 2009, 129, 132; ders. AG 2009, 557, 560; ebenso i.E. für die im MoMiG-RegE vorgesehene Differenzhaftung Bormann GmbHR 2007, 897, 901 sowie schon Drinkuth S. 175 f. Zweifelnd, ob die Neuregelung überhaupt noch dem Gebot des effet utile genügt, gar Spindler/Stilz/Benz § 27 AktG Rn. 106. 308 Der Anregung von Ankele BB 1970, 988, 990 und Lutter EuR 1975, 44, 56 auf Aufnahme der Sachübernahme in die KapRL wurde nicht entsprochen; vgl. hierzu auch Meilicke, DB 1990, 1173.

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(G Art. 13 KapRL) zwingenden Charakter habe;309 es bedürfe daher insoweit jedenfalls einer richtlinienkonformen Auslegung310. Dies vermag jedoch i.E. nicht zu überzeugen. Denn wie bereits erläutert, handelt es sich bei Art. 52 GesRRL (G Art. 13 KapRL) gerade nicht um eine abschließende Regelung des Umgehungsschutzes.311 Auch die deutsche Konzeption der Sachübernahme ist demgemäß richtlinienkonform.312 (3)  Hin- und Herzahlen 19.90 Problematisch im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit Art. 49, 52 GesRRL (G Art. 10, 13 KapRL) könnte schließlich auch die neue Regelung zum „Hin- und Herzahlen“ in § 27 Abs. 4 AktG sein.313 Allerdings ist bereits fraglich, ob ein „Forderungstausch“, wie er aus § 27 Abs. 4 AktG resultiert, überhaupt als „Sacheinlage“ i.S.d. RL zu qualifizieren ist.314 Abgesehen davon spricht einiges dafür, dass das Rechtsinstitut des „Hin- und Herzahlens“ jedenfalls einen – grundsätzlich zulässigen (→ 19.87) − weitergehenden Umgehungsschutz nach nationalem Recht darstellt.315 h)  Formwechsel (Art. 54 GesRRL [ G Art. 15 KapRL]) 19.91 Art. 54 GesRRL (G Art. 15 KapRL) verpflichtet die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen zu treffen, damit bei der Umwandlung einer Gesellschaft einer anderen Rechtsform in eine Aktiengesellschaft zumindest die gleichen Garantien gegeben sind, wie sie in den Art. 3–6, 45–53 GesRRL (G  Art. 2–14 KapRL) enthalten sind. Dadurch soll verhindert werden, dass die Vorschriften der RL zur realen Kapitalaufbringung mittels einer AG-Gründung durch Formwechsel umgangen werden.316 Der ursprünglich offensichtlich als lediglich temporär gedachte Regelungsauftrag des Art. 54 GesRRL (G Art. 15 KapRL) hat allerdings inzwischen wohl endgültigen Charakter angenommen, denn die insoweit angedachte Harmonisierung der nationalen

309 Vgl. Drinkuth S. 178; Habersack/Verse § 6 Rn. 40. Für einen zwingenden Charakter der 10 %-Untergrenze auch GA Tesauro, Schlussanträge v. 8.4.1992, Meilicke ./. ADV/ ORGA, C-83/91, ECLI:EU:C:1992:178, Rn. 18; Fankhauser S. 155. 310 Vgl. Drinkuth S. 178; Habersack/Verse § 6 Rn. 40. 311 Vgl. auch Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 34; Lösekrug S. 115; GroßkommAktG/Schall § 27 Rn. 50. 312 Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 34; Lösekrug S. 115; GroßkommAktG/ Schall § 27 Rn. 50. 313 Dazu ausf. Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 833 ff. An der Richtlinienkonformität zweifelnd MüKoAktG/Pentz § 27 Rn. 211. 314 Näher dazu K. Schmidt/Lutter/Bayer § 27 Rn. 96; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 840 f.; GroßkommAktG/Schall § 27 Rn. 59; ferner → 19.57. 315 Vgl. Bayer (Fn. 164), § 27 Rn. 96; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 841; Illhardt, Die Einlagenrückzahlung nach § 27 Abs. 4 AktG, 2013, S. 215 ff. Für Richtlinienkonformität i.E. auch Spindler/Stilz/Benz § 27 AktG Rn. 291. 316 Vgl. Drinkuth S. 181; Le Fèvre Rev. soc. 1982, 441, 446.

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Vorschriften zum Formwechsel ist bislang nicht erfolgt und steht derzeit auch nicht auf der Reformagenda317. In Deutschland wurde der Regelungsauftrag des Art. 54 GesRRL (G  Art. 15 19.92 KapRL) zunächst durch §§ 378, 385 Abs. 2 i.V.m. 378, 385a Abs. 4 AktG a.F.,318 seit 1.1.1995 durch §§ 197 S. 1319, 220320, 245 Abs. 3321 UmwG umgesetzt. i)  Unberührtheit der nationalen Vorschriften zur Satzungsänderung (Art. 55 GesRRL [ G Art. 16 KapRL]) Die rein deklaratorische Vorschrift des Art. 55 GesRRL (G Art. 16 KapRL) stellt ledig- 19.93 lich klar, dass die Art. 3–6, 45–54 GesRRL (G Art. 2–15 KapRL) die Vorschriften der Mitgliedstaaten über die Zuständigkeit und das Verfahren bei Änderung der Satzung oder des Errichtungsakts unberührt lassen; diese Materie gehört nämlich schon gar nicht zum Regelungsbereich der RL.322 4.  Kapitalerhaltung Zweiter zentraler Regelungskomplex der KapRL – der nun ebenfalls in die GesRRL 19.94 integriert ist − sind Vorschriften über die Kapitalerhaltung, die sich insofern letztlich als notwendiges Korrelat zu den strengen Regelungen über die Kapitalaufbringung verstehen lassen: Denn die Schutz- und Garantiefunktion des Grundkapitals für die Gläubiger ist nur dann wirklich gewährleistet, wenn sichergestellt ist, dass das einmal real aufgebrachte Kapital nicht einfach wieder an die Aktionäre zurückfließen kann.323 Das Schutzinstrumentarium der RL ruht dabei auf drei großen Säulen: (1) Der Begrenzung von Ausschüttungen (→ 19.95 ff.), (2) einer Konsultationspflicht bei schweren Verlusten (→ 19.112 ff.), und (3) Restriktionen bezüglich eigener Aktien der Gesellschaft (→ 19.116 ff.).

317  Vgl. zum Projekt einer EU-Regelung zum grenzüberschreitenden Formwechsel → 7.110 ff., 30. 318 Vgl. RegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 141, 150, 157 f.; Semler/Stengel/Bärwaldt § 197 UmwG Rn. 4 f. 319 Vgl. RegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 141; Semler/Stengel/Bärwaldt § 197 UmwG Rn. 5; Lutter/Decher/Hoger § 197 UmwG Rn. 2; Lösekrug S. 78; Schwarz DStR 1994, 1694, 1696. 320 Vgl. RegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 150; Lutter/Joost § 220 UmwG Rn. 1; Semler/ Stengel/Schlitt § 220 UmwG Rn. 6. 321 Vgl. RegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 157 f.; Lutter/Happ/Göthel § 245 UmwG Rn. 1. 322 Vgl. Denecker Rev. soc. 1977, 661, 669; Drinkuth S. 182. 323 Vgl. Drinkuth S. 183; Habersack/Verse § 6 Rn. 41; Lösekrug S. 117; Niessen AG 1970, 281, 289; Schwarz, Rn. 595.

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a)  Ausschüttungen an Aktionäre 19.95 Grundlage des Kapitalerhaltungskonzepts der RL ist die Begrenzung von Ausschüttungen an Aktionäre gem. Art. 56 GesRRL (G Art. 17 KapRL, → 19.96 ff.), die durch die in Art. 57 GesRRL (G Art. 18 KapRL) normierte Rückgewährpflicht (→ 19.108 ff.) auch sanktionsrechtlich abgesichert ist. aa)  Vermögensbindung gem. Art. 56 GesRRL ( G Art. 17 KapRL) (1)  Ausschüttungsgrenzen gem. Art. 56 Abs. 1–3 GesRRL ( G Art. 17 Abs. 1–3 KapRL) 19.96 Nach der Grundregel des Art. 56 Abs. 1 GesRRL (G Art. 17 Abs. 1 KapRL) dürfen Ausschüttungen an Aktionäre − abgesehen von Kapitalherabsetzungen (Art. 73 ff. GesRRL [G Art. 34 ff. KapRL], → 19.227 ff.) − nur erfolgen, wenn bei Abschluss des letzten Geschäftsjahres das Nettoaktivvermögen, wie es der Jahresabschluss ausweist, den Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich kraft Gesetzes oder Satzung324 nicht ausschüttungsfähiger Rücklagen, durch eine solche Ausschüttung nicht unterschreitet oder unterschreiten würde (sog. Bilanztest bzw. balance sheet test325). Art. 56 Abs. 2 GesRRL (G Art. 17 Abs. 2 KapRL) stellt dazu ergänzend klar, dass das gezeichnete Kapital dabei um den noch nicht eingeforderten Betrag zu vermindern ist, sofern letzterer nicht auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen wird.326 Dadurch soll gewährleistet werden, dass die verschiedenen Möglichkeiten des Ausweises des gezeichneten Kapitals sich bei der Berechnung des ausschüttungsfähigen Betrages nicht auswirken.327 Art. 56 Abs. 1, 2 GesRRL (G Art. 17 Abs. 1, 2 KapRL) beschränken sich damit letztlich auf einen reinen Kapitalschutz und entsprechen daher im Wesentlichen der Lösung des deutschen § 30 GmbHG328; gebunden ist nur ein Teil des Vermögens, nicht hin­ gegen – wie bei § 57 AktG – das gesamte Vermögen329. Konzeptionell ist die Regelung auf das Prinzip vorsichtiger Bilanzierung gegründet330 und wurde daher auch erst mit der Harmonisierung des Bilanzrechts (→ 11, 23) wirklich effektiv331.

324 Insoweit kritisch Lutter EuR 1975, 44, 57. 325 Vgl. DG MARKT (Fn. 106), S. 10; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 335; Lanfermann/ Röhricht BB 2007, Beil. 5, S. 8, 9; Santella/Turrini (2008) 9 EBOR 427, 446. 326 Vgl. Lösekrug S. 117; Grundmann Rn. 342. 327 Leinekugel, Die Sachdividende im deutschen und europäischen Aktienrecht, 2001, S. 15 f.; Veil (Fn. 87), S. 94; Werlauff S. 252 f. 328 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 41; Kalss (Fn. 38), S. 119, 235; Lösekrug S. 121; Lutter EuR 1975, 44, 57. 329 Vg. Kalss (Fn. 38), S. 119, 235; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 335; Lutter EuR 1975, 44, 57. S. ferner 4. Aufl., S. 50. 330 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 41; Veil (Fn. 87), S. 91, 95. 331 Vgl. Edwards S. 69. Dies war bereits i.R.d. RL-E 1970 erkannt, damals jedoch bewusst in Kauf genommen worden, vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 12; Niessen AG 1970, 281, 289.

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Art. 56 Abs. 3 GesRRL (G Art. 17 Abs. 3 KapRL) begrenzt den Ausschüttungs- 19.97 betrag darüber hinaus auf den Bilanzgewinn332 des abgeschlossenen Geschäftsjahres333 (sog. Gewinn- und Verlustrechnungstest bzw. earned surplus test334). Der Begriff Ausschüttung wird in der RL lediglich dahingehend präzisiert, dass 19.98 gem. Art. 56 Abs. 4 GesRRL (G Art. 17 Abs. 4 KapRL) insbesondere die Zahlung von Dividenden335 und von Zinsen für Aktien erfasst ist. Im Übrigen wird dieser an sich für das gesamte RL-Regime zentrale Terminus jedoch bedauerlicherweise nicht definiert. Dies hat zu der Kontroverse geführt, ob das Ausschüttungsverbot des Art. 56 GesRRL (G Art. 17 KapRL) auf offene Ausschüttungen begrenzt ist336 oder ob auch verdeckte Vermögensverlagerungen erfasst sind337. Für ersteres spricht zwar, dass die Regelbeispiele des Art. 56 Abs. 4 GesRRL (G Art. 17 Abs. 4 KapRL) ausschließlich Fälle offener Gewinnausschüttungen betreffen.338 Teleologische Erwägungen streiten aber gleichwohl maßgeblich für die Gegenansicht. Denn der europäische Gesetzgeber hat die Regelung ausweislich von ErwG 40 GesRRL (G ErwG 5 KapRL) gerade zu dem Zweck erlassen, „das Kapital als Sicherheit für die Gläubiger zu erhalten“. Sinn und Zweck der Vorschrift entspricht daher nur eine Auslegung, die es den Mitgliedstaaten nicht nur gestattet339, sondern vielmehr zwingend gebietet, Art. 56 GesRRL (G Art. 17 KapRL) auch auf verdeckte Vermögensverlagerungen anzuwenden340.

332 Vgl. zur Definition des Gewinns in Art. 56 Abs. 3 GesRRL (G Art. 17 Abs. 3 KapRL): Leinekugel (Fn. 327), S. 18 ff. 333 Fleischer in: Lutter (Hrsg.), Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, 2006, S. 114, 118; Habersack/Verse § 6 Rn. 41; Schön FS Kropff, 1997, S. 285, 293 f.; Veil (Fn. 87), S. 91, 94 f.; ausf. Castellano, in: Buttaro/Griffi (Hrsg.), La seconda direttiva CEE in materia societaria, S. 127, 146 ff.; a.A. Schmitthoff (1978) 15 C.M.L. Rev. 43, 51. 334 Vgl. DG MARKT (Fn. 106), S. 10; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 335; Lanfermann/ Röhricht BB 2007, Beil. 5, S. 8, 9. 335 Dies umfasst auch Sachdividenden, vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 42 sowie ausf. Leinekugel (Fn. 327), S. 11 ff. 336 So Bezzenberger (Fn. 100), S. 259 ff.; Drinkuth S. 185; Koll-Möllenhoff, Das Prinzip des festen Grundkapitals im europäischen Gesellschaftsrecht, 2005, S. 159 f.; Lösekrug S. 124; Ullrich, Verdeckte Vermögensverlagerungen in den Aktien- und GmbH-Rechten Frankreichs, Belgiens und Deutschlands, 1994, S. 10 ff. m.w.N. 337 So Bayer/Schmidt (Fn. 6), Rn. 37; Langenbucher/Engert § 5 Rn. 81; Fleischer (Fn. 333), S. 114, 120; K. Schmidt/Lutter/Fleischer § 57 Rn. 7; Grundmann Rn. 343; Habersack/ Verse § 6 Rn. 42; Mülbert FS Lutter, 2000, S. 535, 545 ff.; Schön FS Kropff, 1997, S. 285, 292 ff.; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 178; Veil WM 2003, 2169, 2171; Werlauff S. 175 ff. 338 Vgl. Drinkuth S. 185; Lösekrug S. 124. 339 So etwa Drinkuth S. 188; Grohmann S. 279; Lösekrug S. 125. 340 Ebenso Bayer/Schmidt (Fn. 6), Rn. 37; Langenbucher/Engert § 5 Rn. 81; Fleischer (Fn. 333), S. 114, 120 (mit rechtsvergleichenden Hinweisen auf S. 121 ff.); ders. WM 2007, 909, 910 f.; Grundmann Rn. 343; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 336. I.E. ferner auch Habersack/Verse § 6 Rn. 42; Mülbert FS Lutter, 2000, S. 535, 545 ff.; Nienhaus (Fn. 39), S. 127 f.; Schön FS Kropff, 1997, S. 285, 292 ff.; Veil WM 2003, 2169, 2171; Werlauff S. 175 ff.; sowie wohl auch EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 178.

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(2)  Abschlagszahlungen auf Dividenden (Art. 56 Abs. 5 GesRRL [ G Art. 17 Abs. 5 KapRL]) 19.99 Art. 56 Abs. 5 GesRRL (G Art. 17 Abs. 5 KapRL) enthält eine Sonderregelung für den Fall, dass das mitgliedstaatliche Recht Abschlagszahlungen auf Dividenden zulässt. Da hierdurch die strengen Regeln der Art. 56 Abs. 1–3 GesRRL (G Art. 17 Abs. 1–3 KapRL) umgangen werden könnten, muss das mitgliedstaatliche Recht solche Abschlagszahlungen besonderen Bedingungen unterwerfen.341 Erforderlich ist – parallel zu Art. 56 Abs. 1–3 GesRRL (G  Art. 17 Abs. 1–3 KapRL) – die Aufstellung einer Zwischenbilanz (lit. a) sowie die Einhaltung der in lit. b spezifizierten Ausschüttungsgrenze. (3)  Ausnahme für Investmentgesellschaften (Art. 56 Abs. 7 GesRRL [ G Art. 17 Abs. 7 KapRL]) 19.100 Art. 56 Abs. 7 UAbs. 1 GesRRL (G  Art. 17 Abs. 7 UAbs. 1 KapRL) gestattet den Mitgliedstaaten für Investmentgesellschaften mit festem Kapital (legaldefiniert in Art. 56 Abs. 7 UAbs. 2 GesRRL [G Art. 17 Abs. 7 UAbs. 2 KapRL]) von den Vorgaben des Art. 56 Abs. 1 GesRRL (G Art. 17 Abs. 1 KapRL) abzuweichen. Dadurch soll es ihnen ermöglicht werden, diesen Gesellschaften die verdeckte Einlagenrückgewähr in Form des Aktienrückerwerbs unabhängig von den Ausnahmeregeln der Art. 60 f. GesRRL (G Art. 21 f. KapRL, → 19.123 ff.) zu erlauben.342 Ein Dispens ist allerdings nur zulässig, wenn der Mitgliedstaat sicherstellt, dass die in Art. 56 Abs. 7 UAbs. 3 GesRRL (G Art. 17 Abs. 7 UAbs. 3 KapRL) aufgelisteten Vorgaben343, durch die zumindest eine gewisse Publizität (lit. a und c) sowie ein rudimentärer Kapitalschutz (lit. b) gewährleistet werden sollen, eingehalten werden. (4)  Sonderproblem: Ausschüttungen im Konzern 19.101 Äußerst kontrovers diskutiert wird die Frage, ob die Ausschüttungsregeln des Art. 56 GesRRL (G  Art. 17 KapRL) auch auf konzernangehörige Aktiengesellschaften Anwendung finden344. Dies ist v.a. deshalb brisant, weil das Recht einiger Mitgliedstaaten wirtschaftlich höchst bedeutsame Konzernprivilegien (z.B. in Deutschland §§ 291 Abs. 3, 311 ff. AktG oder die von der französischen Rechtsprechung entwickelte Rozenblum-Doktrin345) enthält, deren Unionsrechtskonformität letztlich mit der Be-

341 Vgl. Edwards, S. 69. 342 Mülbert FS Lutter, 2000, S. 535, 548. 343 Dazu näher Nienhaus (Fn. 39), S. 134 sowie Grohmann S. 280 f. 344 So dezidiert Schön (Fn. 333), S. 285, 289 ff.; ferner ders. RabelsZ 2000, 1, 22 ff.; Nienhaus (Fn. 39), S. 218; Werlauff, S. 257. 345 Vgl. dazu näher bereits → 12.6.

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antwortung dieser „Gretchenfrage“346 steht und fällt. Es sprechen jedoch gewichtige Argumente dafür, dass die RL seit jeher eine ungeschriebene Bereichsausnahme für das Konzernrecht enthält. Denn die KapRL wurde gerade parallel zu dem − letztlich gescheiterten − Vorhaben einer 9. (Konzernrechts-)RL (→ 12.1 ff.) vorbereitet und die 1974/75 vorgelegten Vorentwürfe einer solchen 9. RL (→ 12.2) basierten gerade auf einem Modell, das konzerninterne Vermögensverlagerungen aufgrund einheitlicher Leitung in Kauf nahm.347 Wird das Konzernrecht aber damit gerade gar nicht von der RL erfasst, so liegen etwaige Konzernprivilegien grundsätzlich in der Einschätzungsprärogative des betreffenden Mitgliedstaats. Selbst wenn man dem nicht folgt, spricht aber vieles dafür, dass solche konzernrechtlichen Regelungen jedenfalls dann unionsrechtskonform sind, wenn das nationale Recht durch entsprechende Schutz- und Ausgleichsregelungen für einen gleichwertigen Kapitalschutz sorgt.348 (5)  Sonderproblem: Emittentenhaftung Eine weitere sehr umstrittene Frage war lange Zeit die Vereinbarkeit der sog. kapi- 19.102 talmarktrechtlichen Emittentenhaftung mit Art. 56 GesRRL (G Art. 17 KapRL).349 In seinem Urteil vom 19.12.2013350 in der Rs. Hirmann hat der EuGH dann jedoch – im Einklang mit BGH351, OGH352 und der deutschen h.L.353 – der Emittentenhaftung das Primat zugewiesen. Nach zutreffender Auffassung des EuGH stehen die vom vorle-

346 Vgl. Fleischer (Fn. 333), S. 114, 130. 347 Vgl. MüKoAktG/Bayer § 57 Rn. 146; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 39; Langenbucher/Engert § 5 Rn. 85; Fleischer (Fn. 333), S. 114, 132; Habersack ZGR 2003, 724, 733; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 338; Lösekrug S. 129; EnzEur Bd. 6/ Teichmann § 6 Rn. 179. Sympathie für eine Bereichsausnahme ferner auch bei Grundmann Rn. 343. S. ferner auch Habersack/Verse § 6 Rn. 46 Fn. 136; Emmerich/Habersack/ Habersack § 311 AktG Rn. 82. 348 Vgl. auch Grundmann Rn. 343; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 339; s. ferner auch Habersack/Verse § 6 Rn. 46 ff.; s. dazu speziell mit Blick auf das deutsche Recht → 19.106. 349 Bedenken etwa bei Habersack Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2003, Rn. 164; Kindler FS Wymeersch, 2009, S. 417, 427 f.; s. ferner auch Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, BT-Drs. 14/7515, Rn. 182, 186. 350 EuGH v. 19.12.2013, Hirmann, C-174/12, ECLI:EU:C:2013:856. Dazu Bayer/J. Schmidt KSzW 2014, 69, 72 f.; dies. BB 2014, 1219, 1228 f.; Haar GPR 2015, 238, 242; Kalss EuZW 2014, 227 ff.; Seulen, EWiR 2014, 105 f.; Stiegler DB 2014, 525, 526 f.; Verse/Wiersch EuZW 2014, 375, 376 f.; Vos GWR 2014, 58. 351 BGH NJW 2005, 2450 („EM.TV“); BGH ZIP 2007, 681, 681 („ComROAD I“); BGH ZIP 2007, 326, 327 („ComROAD III“); BGH NJW 2008, 76 („ComROAD IV“); BGH NZG 2008, 382, 383 („ComROAD VI“); BGH NZG 2008, 385 („ComROAD VI“). 352 OGH GesR 2011, 251; OGH GesR 2012, 252. 353 Vgl. 5. Aufl. § 20 Rn. 86; vgl. weiter Bayer WM 2013, 961, 966; Casper Konzern 2006, 32, 36 f.; K. Schmidt/Lutter/Fleischer § 57 Rn. 66 f.; ders. ZIP 2005, 1805, 1811; Grundmann Rn. 343 (speziell für die Prospekthaftung); Habersack/Verse § 6 Rn. 42 (unter ausdrücklicher Aufgabe früherer Bedenken); Langenbucher ZIP 2005, 239, 242; Möllers BB 2005, 1637, 1641 f.; Mülbert JZ 2002, 826, 833 f.; Mülbert/Steup WM 2005, 1633, 1653.

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genden HG Wien354 angeführten Art. 14, 17, 18, 20, 21, 46 KapRL (G Art. 53, 56, 57, 59, 60, 85 GesRRL) der Emittentenhaftung nicht entgegen. Denn nach Wortlaut und Telos sollen diese Vorschriften nur die rechtlichen Beziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären regeln, die sich ausschließlich aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben und nur das Innenverhältnis der Gesellschaft betreffen.355 Die Emittentenhaftung der Gesellschaft gegenüber Anlegern, die auch Aktionäre sind, ergibt sich hingegen gerade nicht aus dem Gesellschaftsverhältnis und betrifft auch nicht allein das Innenverhältnis der Gesellschaft, sondern resultiert vielmehr aus dem Aktienkaufvertrag und den von der Gesellschaft vorher oder beim Erwerb begangenen Unregelmäßigkeiten.356 Das Gleichbehandlungsgebot des Art. 85 GesRRL (G Art. 46 KapRL, → 19.258 ff.) ist − wie der EuGH zutreffend betont − zudem schon deshalb nicht einschlägig, weil sich die Aktionäre, denen wegen einer von der Gesellschaft vor oder beim Erwerb begangenen Pflichtwidrigkeit ein Schaden entstanden ist, eben gerade nicht in derselben Lage befinden, wie die übrigen Aktionäre.357 Wie der Gerichtshof weiter ausführt, dürfe eine Gesellschaft gerade deshalb nach Art. 61 Abs. 1 lit. d GesRRL (G Art. 22 Abs. 1 lit. d KapRL, → 19.140) u.a. aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung eigene Aktien erwerben, weil bei einem solchen Erwerb nicht davon ausgegangen werden könne, dass er eine Kapitalherabsetzung oder die künstliche Erhöhung des Aktienkurses zum Ziel habe.358 Erfreulich unmissverständlich klargestellt wird vom EuGH darüber hinaus, dass die aufgrund der Emittentenhaftung vorgenommene Zahlung an einen Aktionär demnach auch keine Kapitalausschüttung i.S.d. Art. 56 GesRRL (G  Art. 17 KapRL) darstellt359 und dass der damit verbundene – aus einer gesetzlichen Verpflichtung resultierende − Erwerb eigener Aktien zudem auch außerhalb der ratio legis des Art. 59 GesRRL (G Art. 20 KapRL, → 19.119 ff.) liegt360. Zur weiteren Fundierung seines Ergebnisses verweist der Gerichtshof dann (im Einklang mit der h.L.361) auf Art. 6 Abs. 1 ProspRL (künftig: Art. 11 ProspVO, → 34.42) und Art. 7 TrRL (→ 36.15), die gerade eine Emittentenhaftung für fehlerhafte Prospekte bzw. nicht ordnungsgemäße periodische Publizität vorsehen.362 Die Einführung zivilrechtlicher Emittentenhaftungsvorschriften halte sich zudem auch im Rahmen des den Mitgliedstaaten gemäß Art. 25 Abs. 1 ProspRL363, Art. 28 Abs. 1 TrRL (→ 36.40 f.) 354 HG Wien v. 26.3.2011 – 51 Cg 243/11h, GesRZ 2012, 196. Dazu Eckert GesRZ 2012, 199; Fleischer/Schneider/Thaten NZG 2012, 801 ff.; Kalss GesRZ 2012, 149 f. 355 EuGH v. 19.12.2013, Hirmann, C-174/12, ECLI:EU:C:2013:856, Rn. 27. 356 EuGH v. 19.12.2013, Hirmann, C-174/12, ECLI:EU:C:2013:856, Rn. 29. 357 EuGH v. 19.12.2013, Hirmann, C-174/12, ECLI:EU:C:2013:856, Rn. 30. 358 EuGH v. 19.12.2013, Hirmann, C-174/12, ECLI:EU:C:2013:856, Rn. 31. 359 EuGH v. 19.12.2013, Hirmann, C-174/12, ECLI:EU:C:2013:856, Rn. 32. 360 EuGH v. 19.12.2013, Hirmann, C-174/12, ECLI:EU:C:2013:856, Rn. 34. 361 Vgl. 5. Aufl. § 20 Rn. 86; Bayer WM 2013, 961, 967; K. Schmidt/Lutter/Fleischer § 57 Rn. 67; ders. ZIP 2005, 1805, 1811; Grundmann Rn. 343; Langenbucher ZIP 2005, 239, 242; Möllers BB 2005, 1637, 1641 f.; Mülbert/Steup WM 2005, 1633, 1653; KMRK/Zimmer/Grotheer § 37c WpHG Rn. 14; tendenziell ferner auch Gruber JBl. 2007, 2, 11 f.; Rüffler GeS 2010, 4, 9; a.A. Kindler FS Wymeersch, 2009, S. 417, 427 f. 362 EuGH v. 19.12.2013, Hirmann, C-174/12, ECLI:EU:C:2013:856, Rn. 34. 363 Vgl. zum Sanktionsregime in der neuen ProspVO → 34.41.

§ 19 GesRRL II: Die frühere Kapital-RL (KapRL)

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und Art. 14 Abs. 1 MAD I (vgl. nun ­Art. 30 Abs. 1 MAR, → 35.86) zustehenden Spielraums.364 Im Übrigen steht es den Mitgliedstaaten nach überzeugender Auffassung des EuGH auch frei, ob sie die Emittentenhaftung so ausgestalten, dass die Emittentin dem Erwerber den Kaufpreis der Aktien zzgl. Zinsen zurückzahlen muss oder ob sie die Haftung auf den Aktienpreis z.Z. der Erhebung des Schadensersatzanspruchs beschränken365 (Rn. 69). (6)  Art. 56 Abs. 1–4 GesRRL ( G Art. 17 Abs. 1–4 KapRL) als Mindeststandard Zu betonen ist schließlich, dass Art. 56 Abs. 1–4 GesRRL (G Art. 17 Abs. 1–4 KapRL) 19.103 keineswegs eine abschließende Regelung darstellt, sondern vielmehr lediglich einen unionsrechtlichen Mindeststandard etabliert; den Mitgliedstaaten steht es also frei, in ihrem nationalen Recht strengere Regelungen zu treffen.366 (7)  Umsetzung in Deutschland Das deutsche Aktienrecht entsprach mit § 57 AktG bereits weitgehend dem Standard 19.104 der KapRL.367 Im Rahmen der Umsetzung bedurfte es lediglich der Streichung der in § 57 Abs. 3 AktG a.F. noch vorgesehenen Möglichkeit sog. Bauzinsen368, welche jedoch ohnehin nur von geringer praktischer Relevanz369 waren.370 Aufgrund des Mindestnormcharakters der Art. 56 Abs. 1–4 GesRRL (G Art. 17 19.105 Abs. 1–4 KapRL, 19.103) waren insbesondere auch die − inzwischen durch den durch das MoMiG371 eingeführten „Nichtanwendungsbefehl“ des § 57 Abs. 1 S. 4 AktG obsolet gewordenen − Rechtsprechungsgrundsätze über eigenkapitalersetzende Aktionärsdarlehen372 richtlinienkonform.373 Die neue insolvenzrechtliche Konzeption ist im Hinblick auf Art. 56 GesRRL (G Art. 17 KapRL) ohnehin unproblematisch. Folgt man der hier vertretenen Annahme einer Bereichsausnahme für das Kon- 19.106 zernrecht (→ 19.101), so bestehen ferner auch gegen die Regelungen des deutschen 364 EuGH v. 19.12.2013, Hirmann, C-174/12, ECLI:EU:C:2013:856, Rn. 39 ff. 365 EuGH v. 19.12.2013, Hirmann, C-174/12, ECLI:EU:C:2013:856, Rn. 69. 366 Ebenso i.E. auch Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 41; Bezzenberger (Fn. 100), S. 27; Drinkuth S. 188; Grundmann Rn. 343; Habersack/Verse § 6 Rn. 44; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 335; Lösekrug S. 125; Schwarz Rn. 596. 367 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 38; Habersack/Verse § 6 Rn. 45; Schwarz Rn. 596 368 Dazu ausf. Baums FS Horn, 2006, S. 249 ff.; zur Rechtsentwicklung Bayer (Fn. 28), Rn. 125 ff. 369 Vgl. Ganske DB 1978, 2461, 2462 f.; Hüffer NJW 1979, 1065, 1068; W. Müller WPg 1978, 565, 568. 370 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 38. 371 Fn.  77. 372 Grundlegend: BGHZ 90, 381 („BuM/WestLB“); BGH BB 2005, 1758; ausf. dazu MüKoAktG/Bayer § 57 Rn. 242 ff. m.w.N. 373 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 41; Habersack/Verse § 6 Rn. 45; Lösekrug S. 126; Schwarz Rn. 596.

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Konzernrechts, speziell die §§ 57 Abs. 1 S. 3, 291 Abs. 3, 311 ff. AktG, keine europarechtlichen Bedenken. Im Übrigen sprechen gute Gründe dafür, dass die genannten Regelungen angesichts der mannigfaltigen konzernrechtlichen Schutz- und Ausgleichsregelungen selbst dann unionskonform wären, wenn man den Anwendungsbereich des Art. 56 GesRRL (G Art. 17 KapRL) auch auf Konzernsachverhalte erstrecken wollte.374 Richtlinienkonform ist schließlich auch die in §§ 21 ff. WpPG (früher: § 44 19.107 BörsG a.F), §§ 37b, 37c WpHG angeordnete Haftung der AG im Falle unrichtiger Börsenprospekte bzw. unterlassener oder fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen (sog. Emittentenhaftung).375 bb)  Rückgewährpflicht (Art. 57 GesRRL [ G Art. 18 KapRL]) 19.108 Zur Effektivierung der Ausschüttungssperren des Art. 56 GesRRL (G  Art. 17 KapRL)376 ist in Art. 57 GesRRL (G Art. 18 KapRL) als Sanktionsmechanimus eine Rückgewährpflicht der Aktionäre normiert: Ausschüttungen, die entgegen Art. 56 GesRRL (G  Art. 17 KapRL) erfolgen, sind von den Aktionären, die sie empfangen haben, zurückzugewähren, wenn die Gesellschaft beweist, dass diesen Aktionären die Unzulässigkeit der an sie erfolgten Ausschüttung bekannt war oder sie darüber nach den Umständen nicht in Unkenntnis sein konnten. Durch die Beschränkung auf bösgläubige Aktionäre und die diesbezügliche Be19.109 weislast der Gesellschaft wird die Sanktionswirkung der Rückgewährpflicht zwar deutlich entschärft.377 Der europäische Gesetzgeber hielt diese Einschränkung jedoch im Interesse des Schutzes gutgläubiger Aktionäre für geboten,378 zumal auch das Recht einiger Mitgliedstaaten die Rückgewährpflicht auf bösgläubige Aktionäre beschränkte379. Allerdings handelt es sich bei Art. 57 GesRRL (G Art. 18 KapRL) le374 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 39; Bezzenberger (Fn. 100), S. 324 ff.; Habersack/Verse § 6 Rn. 46 ff.; Emmerich/Habersack/Habersack § 311 Rn. 82; ders. ZGR 2003, 724, 731 ff.; KK-AktG/Koppensteiner Vorb. § 311 Rn. 7; Nienhaus (Fn. 39), S. 228 ff.; Wimmer-Leonhardt Konzernhaftungsrecht, 2004, S. 132 f.; differenzierend Habersack/Verse § 6 Rn. 46 ff. 375 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 40; Fleischer ZIP 2005, 1805, 1811; Groß/Groß § 21 WPpG Rn. 14 ff.; Habersack/Verse § 6 Rn. 42; Holzborn/Wackerbarth § 21 WpPG Rn. 44 ff.; Langenbucher ZIP 2005, 239, 242; Mülbert/Steup WM 2005, 1633, 1653; Assmann/Schneider/Sethe §§ 37b, 37c Rn. 6; KMRK/Zimmer/Grotheer § 37c WpHG Rn. 14. 376 Vgl. Drinkuth S. 191; Kalss (Fn. 38), S. 119, 236. 377 Vgl. Drinkuth S. 191; Fankhauser S. 172. 378 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 12. S. ferner Fankhauser S. 172; Habersack/Verse § 6 Rn. 44; Niessen AG 1970, 281, 289. 379 So etwa das britische Recht (vgl. grundlegend Moxham v Grant [1900] 1 QB 88 [Rückgewähr, wenn der Aktionär die Umstände, aus denen sich die Unrechtmäßigkeit der Dividendenzahlung ergab, kannte oder hätte kennen müssen]) oder auch das deutsche Recht (vgl. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG i.d.F.v. 1965: Rückgewährpflicht bei als Gewinnanteilen oder Zinsen bezogenen Beträgen nur bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis).

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diglich um eine Mindestsanktion, d.h. es bleibt den Mitgliedstaaten unbenommen, die Rückgewährpflicht auch auf gutgläubige Aktionäre zu erstrecken.380 Nicht abschließend geklärt ist allerdings, ab wann ein Aktionär bösgläubig i.S.d. 19.110 des Art. 57 GesRRL (G Art. 18 KapRL) ist und somit eine Rückgewähr zwingend ist. Grund hierfür ist die vage Formulierung der RL, wonach es genügt, wenn die Gesellschaft beweist, dass die Aktionäre über die Unzulässigkeit „nach den Umständen nicht in Unkenntnis sein konnten“381. Vereinzelt wird dies als grobe Fahrlässigkeit interpretiert382, nach der wohl h.M. gebietet die RL eine Rückforderung hingegen bereits bei einfacher Fahrlässigkeit383, wofür nicht zuletzt auch die Effektivität des Kapitalschutzes spricht. Art. 57 GesRRL (G Art. 18 KapRL) verlangt aber jedenfalls nicht, dass sich der Aktionär eines Verstoßes gegen Art. 56 GesRRL (G Art. 17 KapRL) − bzw. die entsprechenden nationalen Vorschriften − tatsächlich bewusst ist; es genügt vielmehr, wenn er die Tatsachen, aus denen sich die Unzulässigkeit der Ausschüttung ergibt, kannte oder den Umständen nach hierüber nicht in Unkenntnis sein konnte.384 Die Vorschrift des heutigen Art. 57 GesRRL (G Art. 18 KapRL) war für den deut- 19.111 schen Gesetzgeber Anlass für zwei bedeutsame Änderungen des § 62 AktG. Zum einen wurde die Rückgewährpflicht des Aktionärs für Gewinnanteile auf einfache Fahrlässigkeit ausgedehnt (§ 62 Abs. 1 S. 2 AktG a.F. verlangte mindestens grobe Fahrlässigkeit).385 Zum anderen wurde die in § 62 Abs. 1 S. 3 AktG a.F. enthaltene Beweislastumkehrung, nach der der Aktionär seine Gutgläubigkeit zu beweisen hatte, ersatzlos gestrichen;386 nach allgemeinen Regeln trägt nunmehr – entsprechend Art. 57 GesRRL (G Art. 18 KapRL) – die Gesellschaft die Beweislast für die Bösgläubigkeit des Aktionärs387. Das deutsche Recht geht allerdings insgesamt deutlich über den Mindeststandard des Art. 57 GesRRL (G Art. 18 KapRL) hinaus: Denn auf die Gut- bzw. Bösgläubigkeit des Aktionärs kommt es nach § 62 Abs. 1 AktG überhaupt nur dann 380 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 42; K. Schmidt/Lutter/Fleischer § 62 Rn. 4; Grundmann Rn. 344; Habersack/Verse § 6 Rn. 44; Kalss (Fn. 38), S. 119, 236 f.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 339; J. Schmidt ZHR 181 (2017) 43, 60; van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 51; Werlauff S. 259. 381 Die anderen Sprachfassungen sind ähnlich vage, vgl. z.B. die englische („could not in view of the circumstances have been unaware“) oder die französische („ne pouvaient l’ignorer compte tenu des circonstances“). 382 So offenbar Grundmann Rn. 344. 383 So auch der deutsche Gesetzgeber, vgl. BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 14. Ebenso Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 42; Fankhauser S. 172; Kalss (Fn. 38), S. 119, 236; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 339; W. Müller WPg 1978, 565, 568. 384 Vgl. It’s a Wrap (UK) Ltd. (in liq.) v Gula [2006] BCC 626. Dazu Robins (2007) 20 Insolv. Int. 33 ff. 385  Vgl. dazu Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 42; Ganske DB 1978, 2461, 2463; Hüffer NJW 1979, 1065, 1068; KK-AktG/Lutter, 2. Aufl. 1988, § 62 Rn. 1; W. Müller WPg 1978, 565, 568. 386 Vgl. dazu Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 42; K. Schmidt/Lutter/Fleischer § 62 Rn. 25; Ganske DB 1978, 2461, 2463; Hüffer NJW 1979, 1065, 1068; Lösekrug S. 132; Lutter (Fn. 385), § 62 Rn. 1; W. Müller WPg 1978, 565, 569. 387 Vgl. MüKoAktG/Bayer § 62 Rn. 76; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 42; Drinkuth S. 190; GroßkommAktG/Henze § 62 Rn. 97; Hüffer/Koch § 62 Rn. 14; Lösekrug S. 132. S. ferner auch BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 14.

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an, wenn er die Beträge als Gewinnanteile bezogen hat; in allen anderen Fällen ist die Haftung verschuldensunabhängig388. b)  Konsultationspflicht bei schweren Verlusten 19.112 Zweite Säule des Kapitalerhaltungskonzepts der RL ist die in Art. 58 GesRRL (G Art. 19 KapRL) geregelte Pflicht zur Konsultation der Hauptversammlung bei „als schwer zu erachtenden Verlusten“, die der deutschen Regelung in § 92 AktG nachgebildet ist389. Ratio ist zum einen der Schutz der Aktionäre, die Gelegenheit erhalten sollen, über das weitere Schicksal der Gesellschaft zu entscheiden390, zum anderen aber zumindest mittelbar auch derjenige der Gläubiger, denen ein effizientes Krisenmanagement regelmäßig ebenfalls zugutekommen wird391. Zu betonen ist, dass die Hauptversammlung nicht lediglich informiert werden 19.113 muss, sondern dass dieser auch eine positive Pflicht auferlegt wird, zu prüfen, ob die Gesellschaft aufzulösen ist oder andere Maßnahmen zu ergreifen sind.392 Anders als noch nach dem KapRL-E 1970 besteht allerdings keine Pflicht, tatsächlich Maßnahmen zu ergreifen.393 Aufgrund der erheblich divergierenden Rechtslage in den Mitgliedstaaten394 stellt 19.114 Art. 58 GesRRL (G Art. 19 KapRL) aber auch im Übrigen letztlich nur einen Regelungstorso dar.395 So bleibt insbesondere auch der genaue Schwellenwert für einen „als schwer zu erachtenden Verlust“ den Mitgliedstaaten überlassen; Art. 58 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 19 Abs. 2 KapRL) enthält insoweit lediglich die Vorgabe, dass die Schwelle jedenfalls auf nicht mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals festgesetzt

388 Vgl. MüKoAktG/Bayer § 62 Rn. 8, 57 f.; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 42; Drinkuth S. 190 f.; K. Schmidt/Lutter/Fleischer § 62 Rn. 4 f., 21; Hüffer/Koch § 62 Rn. 2, 11; Lösekrug S. 132. 389 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 43; Edwards S. 67; Schmitthoff (1978) 15 C.M.L. Rev. 43, 52. 390 Vgl. Drinkuth S. 192; Grohmann S. 279; Habersack (Fn. 6), Rn. 41; Habersack/Verse § 6 Rn. 50; Kalss/Adensamer/Oelkers in: Lutter (Hrsg.), Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, 2006, S. 134, 137; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 340; Lösekrug S. 133; Nobel Kap. 3 Rn. 39; van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 24. 391 Vgl. Drinkuth S. 192; Habersack/Verse § 6 Rn. 50; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 340; Lösekrug S. 133. 392 Vgl. Edwards S. 67; Fankhauser S. 174; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 340; van Gerven/ van Gerven, Capital Directive, S. 3, 24; s. ferner auch Leyte BLR 2004, 84, 85. 393 In Art. 16 RL-E 1970 (Fn. 1) hieß es noch „um die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen oder zu prüfen, ob die Gesellschaft aufzulösen ist“; vgl. dazu RL-E 1970 (Fn. 1), S. 12; Ankele BB 1970, 988, 991; Edwards S. 67; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 340; Niessen AG 1970, 281, 290 f.; der EWSA und das EP hielten das jedoch für zu „drakonisch“, vgl. Edwards S. 67. 394 Vgl. dazu RL-E 1970 (Fn. 1), S. 12; Ankele AG 1970, 988, 991; Niessen, AG 1970, 281, 290 f. 395 Vgl. auch Habersack/Verse § 6 Rn. 51; Lösekrug S. 133; Nobel Kap. 3 Rn. 39; Schwarz Rn. 598.

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werden darf396.397 Die Festlegung der exakten Länge der Einberufungsfrist wird den Mitgliedstaaten sogar völlig freigestellt.398 Eine gewisse Grenze ergibt sich insofern allerdings aus dem Gebot des effet utile (vgl. Art. 4 Abs. 3 EUV).399 Im Hinblick darauf dürfte die z.B. im dänischen Recht vorgesehene 6-Monats-Frist400 wohl als absolute Obergrenze anzusehen sein.401 Andererseits spricht aber nichts gegen eine nationale Regelung, die keine exakte Frist, sondern (wie z.B. das deutsche402 oder österreichische403 Recht) eine Pflicht zur „unverzüglichen“ Einberufung vorsieht; denn damit ist sogar in besonderem Maße gewährleistet, dass die Einberufung so schnell wie möglich erfolgt.404 Schließlich sieht die RL auch keine bestimmten Sanktionen für den Fall der Nichtbefolgung der Einberufungspflicht vor.405 Auch insoweit ergibt sich jedoch jedenfalls bereits aus dem Gebot des effet utile (vgl. Art. 4 Abs. 3 EUV), dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen zu treffen406.407 Im Hinblick darauf, dass Art. 58 GesRRL (G  Art. 19 KapRL) gerade auf dem 19.115 Vorbild des § 92 Abs. 1 AktG beruht, bestand für den deutschen Gesetzgeber diesbezüglich kein Anpassungsbedarf.408 Gleichwohl hat die nunmehr gebotene richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift409 in Einzelpunkten Anlass zu Kontroversen 396 Vgl. Drinkuth S. 192 f.; Habersack/Verse § 6 Rn. 51; Kalss (Fn. 38), S. 119, 238; Kalss/ Adensamer/Oelkers (Fn. 390), S. 134, 137; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 341; van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 24. 397 Ausf. rechtsvergleichend zu den im nationalen Recht festgesetzten Schwellenwerten: Kalss/Adensamer/Oelkers (Fn. 390), S. 134 ff. (Zusammenfassung auf S. 176 f.). 398 Vgl. Edwards S. 67; Fankhauser S. 172; GroßkommAktG/Habersack § 92 Rn. 26; Habersack/Verse § 6 Rn. 51; Kalss/Adensamer/Oelkers (Fn. 390), S. 134, 137; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 341. Nach Kalss (Fn. 38), S. 119, 238 soll dagegen von einer unverzüglichen Einberufung auszugehen sein. 399 Vgl. auch Grundmann Rn. 346. 400 Art. 119 Lov nr. 470 af 12/06/2009. Lov om aktie- og anpartsselskaber (selskabsloven). 401 Soweit in den Mitgliedstaaten eine exakte Frist bestimmt ist, liegt diese überwiegend zwischen 2 und 4 Monaten, Bsp.: 2 Monate in Belgien (Art. 633 Code des Sociétés), 3 Monate in den Niederlanden (Art. 2:108a Burgerlijk Wetboek), 4 Monate in Frankreich (Art. L 225–248 C. com.). 402 § 92 Abs. 1 AktG. 403 § 83 AktG. 404 Ebenso zum deutschen Recht GroßkommAkt/Habersack § 92 Rn. 26; Habersack/Verse § 6 Rn. 52; Lösekrug S. 134. Nach Grohmann S. 280 soll sogar nur eine „unverzügliche“ Einberufung der RL genügen. 405 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 51; Kalss (Fn. 38), S. 119, 238; Kalss/Adensamer/Oelkers (Fn. 390), S. 134, 137; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 341; Pipkorn ZHR 141 (1977) 330, 346; Schwarz Rn. 598. S. dazu auch bereits kritisch Lutter EuR 1974, 44, 57 (zum RL-E). 406 Vgl. allg. zur Sanktionspflicht aufgrund des effet utile bei der Umsetzung von Richtlinien: EuGH v. 8.6.1994, Kommission ./. Vereinigtes Königreich, C-383/92, Slg. 1994, I-2479, Rn. 40; EuGH v. 18.10.2001, Kommission ./. Irland, C-354/99, Slg. 2001, I-7657, Rn. 46. 407 Ähnlich Grundmann Rn. 346. 408 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 43; Habersack/Verse § 6 Rn. 52; Lösekrug S. 133 ff. 409 Vgl. Lösekrug S. 133.

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gegeben. Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht410 lässt sich aus Art. 58 GesRRL (G Art. 19 KapRL) nach zutreffender und h.M. allerdings nicht ableiten, dass der „Verlust“ i.S.d. § 92 Abs. 1 AktG mit dem Jahresfehlbetrag gleichzusetzen ist;411 maßgeblich ist vielmehr eine Gegenüberstellung des Verlusts mit dem gesamten offen ausgewiesenen Eigenkapital412. Umstritten ist ferner, ob die Sanktionsmechanismen des deutschen Rechts dem Gebot des effet utile genügen. Insoweit spricht viel dafür, dass es der mit Art. 58 GesRRL (G Art. 19 KapRL) intendierte Aktionärsschutz gebietet, § 92 Abs. 1 AktG auch als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Aktionäre zu interpretieren.413 c)  Eigene Aktien 19.116 Dritte Säule des Kapitalerhaltungsinstrumentariums der RL sind die detaillierten Vorschriften betreffend die Zeichnung, den Erwerb und das Halten eigener Aktien der Gesellschaft in den Art. 59–67 GesRRL (G Art. 20–28 KapRL). Mit diesen maßgeblich am common law orientierten414 und äußerst umfangreichen Regelungen will der europäische Gesetzgeber den für den Erwerb und das Halten eigener Aktien charakteristischen Gefahren begegnen (→ 9.20).415 Der Erwerb eigener Aktien gefährdet nämlich zum einen den Kapitalschutz: Denn im Falle eines originären Erwerbs fließen der Gesellschaft keine Vermögenswerte zu, so dass die reale Kapitalaufbringung gefährdet ist;416 im Falle eines derivativen Erwerbs stellt sich die Zahlung des Erwerbspreises als eine verbotene Einlagenrückgewähr dar417. Zum anderen gefährdet das Halten eigener Aktien im Hinblick darauf, dass die Rechte hieraus an sich vom Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan ausgeübt werden müssten, aber auch das Kompetenzgefüge der AG.418 19.117 Die Komplexität der Art. 59–67 GesRRL (G  Art. 20–28 KapRL) resultiert v.a. daraus, dass der europäische Gesetzgeber nicht nur Rücksicht auf eine Reihe in diesem 410 So GroßkommAktG/Habersack § 92 Rn. 17; Habersack/Verse § 6 Rn. 53. 411 Ausf. Fankhauser S. 173 f.; Lösekrug S. 134 f. 412 BGH AG 1958, 293; Hüffer/Koch § 92 Rn. 2; K. Schmidt/Lutter/Krieger/Sailer-Coceani § 92 Rn. 3; Lösekrug S. 134 f.; KK-AktG/Mertens/Cahn § 92 Rn. 8; MüKoAktG/Spindler § 92 Rn. 13; Schwarz Rn. 598 Fn. 675. 413 So Habersack/Verse § 6 Rn. 55; in diese Richtung auch Grundmann Rn. 346. Für den Schutzgesetzcharakter zugunsten der Aktionäre (allerdings ohne Referenz zur RL) auch GroßkommAkt/Habersack § 92 Rn. 31; MüKoAktG/Spindler § 92 Rn. 20; MünchHdbGesR IV/Wiesner § 25 Rn. 105. Dagegen bzw. zweifelnd jedoch Hüffer/Koch § 92 Rn. 26; K. Schmidt/Lutter/Krieger/Sailer-Coceani § 92 Rn. 12; KK-AktG/Mertens/Cahn § 92 Rn. 21. S. ferner auch Lösekrug S. 136 (Frage des nationalen Rechts). 414 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 44; Davies (Fn. 174), 13-7; Drinkuth S. 196 f.; Schmitthoff (1978) 15 C.M.L. Rev. 43, 49. 415 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 55; Lösekrug S. 119; Schwarz Rn. 599. 416 Vgl. Drinkuth S. 196; Habersack/Verse § 6 Rn. 55; Kalss (Fn. 38), S. 119, 239; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 343; Lösekrug S. 119; Nobel Kap. 3 Rn. 40; Schwarz Rn. 599. 417 Vgl. Drinkuth S. 196; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 343; Lösekrug S. 119. 418 Vgl. Grohmann S. 284; Habersack/Verse § 6 Rn. 55; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 343; Lösekrug S. 120; Nobel Kap. 3 Rn. 40; Schwarz Rn. 599; Temple Lang (1972) Irish Jurist 306, 310.

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Bereich existierender nationaler Eigenheiten nehmen musste,419 sondern es zudem v.a. auch Sonderregelungen für bestimmte Konstellationen bedurfte, in denen ein Erwerb eigener Aktien konstruktiv unabdingbar oder aus bestimmten Gründen rechtspolitisch oder wirtschaftlich notwendig bzw. erwünscht ist420. Darüber hinaus wird die Regelungskomplexität nicht zuletzt auch durch die zahlreichen Vorkehrungen gegen potentielle Umgehungsversuche erhöht.421 Eine solche Umgehungsschutzregelung ist insbesondere auch der durch die RL 19.118 92/101/EWG (→ 19.5) damals als Art. 24a neu eingefügte Art. 67 GesRRL (G Art. 28 KapRL, → 19.165). Weitaus einschneidender war allerdings die Novellierung der jetzigen Art. 60 GesRRL (G Art. 21 KapRL) und Art. 64 GesRRL (G Art. 25 KapRL) durch die RL 2006/68/EG (→ 19.6): Dadurch wurde nicht nur der Rahmen, in dem der Erwerb eigener Aktien gem. Art. 60 GesRRL (G Art. 21 KapRL) zulässig ist (→ 19.123 ff.), deutlich erweitert, sondern es wurde durch die Änderung des Art. 64 Abs. 1 GesRRL (G Art. 25 Abs. 1 KapRL) und die Einfügung des Art. 65 GesRRL (G Art. 26 KapRL, damals Art. 23a KapRL) darüber hinaus auch das grundsätzliche Verbot der sog. financial assistance erheblich relativiert (→ 19.151 ff.). aa)  Zeichnung eigener Aktien (Art. 59 GesRRL [ G Art. 20 KapRL]) Art. 59 GesRRL (G Art. 20 Abs. 1 KapRL) verbietet der Gesellschaft die Zeichnung 19.119 eigener Aktien. Dieses prinzipielle Verbot des originären Erwerbs eigener Aktien war bereits zuvor ein elementares Grundprinzip der Rechtsordnungen der bei Verabschiedung der KapRL existierenden Mitgliedstaaten.422 Denn die Zulassung eines originären Erwerbs eigener Aktien wäre nicht nur rechtskonstruktivistisch (die AG wäre zugleich Gläubigerin und Schuldnerin des Einlageanspruchs)423, sondern v.a. auch im Hinblick auf die reale Kapitalaufbringung äußerst problematisch, da der Gesellschaft in diesem Fall keine Vermögenswerte zufließen.424 Um zu verhindern, dass das strikte Erwerbsverbot durch den Einsatz von Mit- 19.120 telspersonen unterlaufen wird,425 bedient sich die RL einer Fiktion: Zeichnet ein Dritter Aktien der Gesellschaft zwar in eigenem Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft,426 so bestimmt Art. 59 Abs. 2 GesRRL (G Art. 20 Abs. 2 KapRL), dass 419 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 56. 420 Vgl. Grohmann S. 283; Habersack/Verse § 6 Rn. 56; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 342. 421 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 56; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 342. 422 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 12; Ankele BB 1970, 988, 991; Edwards S. 70; Fankhauser S. 176. 423 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 58; Fankhauser S. 176; Kalss (Fn. 38), S. 119, 240; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 344; Lösekrug S. 120; Niessen AG 1970, 281, 289. 424 Vgl. Drinkuth S. 196; Fankhauser S. 176; Habersack/Verse § 6 R8. 50; Kalss (Fn. 38), S. 119, 239; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 344; Lösekrug S. 120. 425 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 12; Drinkuth S. 196; Habersack/Verse § 6 Rn. 59; Lösekrug S. 138; Niessen AG 1970, 281, 290; Werlauff, S. 260. 426 Derartige Konstruktionen waren übrigens zuvor nicht in allen Mitgliedstaaten untersagt, vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 12; Edwards S. 70.

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die Zeichnung als für eigene Rechnung des Zeichners vorgenommen gilt. Der Mittelsmann gilt also selbst als Aktionär und schuldet demgemäß auch die Leistung der Einlage, wobei ihn die Gesellschaft gem. Art. 64 Abs. 1 GesRRL (G Art. 25 Abs. 1 Kap­RL, → 19.151 ff.) grundsätzlich nicht finanziell unterstützen darf. Der Verhinderung von Umgehungen dient ferner auch Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G  Art. 28 Abs. 1 UAbs. 1 KapRL)427, der das Zeichnungsverbot darüber hinaus auch auf die Zeichnung durch von der Gesellschaft abhängige Kapitalgesellschaften erweitert (→ 19.165). Im Falle von Verstößen gegen die Vorgaben des Art. 59 GesRRL (G  Art. 20 19.121 KapRL) − ggf. i.V.m. Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G  Art. 28 Abs. 1 UAbs. 1 KapRL) – gebietet428 die RL allerdings nicht etwa die Nichtigkeit des Erwerbs.429 Der europäische Gesetzgeber entschied sich insofern vielmehr für eine geschmeidigere Sanktionsregelung430 in Form einer Haftung der Gründer bzw. – im Falle der Zeichnung im Rahmen einer Kapitalerhöhung − der Mitglieder des Leitungs- bzw. Verwaltungsorgans: Diese sind gem. Art. 59 Abs. 3 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 20 Abs. 3 UAbs. 1 KapRL) verpflichtet, die Einlagen auf verbotswidrig gezeichnete Aktien zu leisten. Der KapRL-E 1970 hatte diese Haftung sogar noch verschuldensunabhängig ausgestaltet.431 Der EWSA hielt dies allerdings für zu weitgehend, so dass man sich letztlich auf die nunmehr in Art. 59 Abs. 3 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 20 Abs. 3 UAbs. 2 KapRL) enthaltene Kompromissregelung einigte,432 die es den Mitgliedstaaten gestattet, eine Exkulpationsmöglichkeit vorzusehen433. 19.122 Im deutschen Aktienrecht war das Verbot der Zeichnung eigener Aktien zwar schon lange vor Erlass der KapRL allgemein anerkannt.434 Art. 59 Abs. 1 GesRRL (G Art. 20 Abs. 1 KapRL) war für den deutschen Gesetzgeber jedoch Anlass, es im Zuge der Umsetzung ausdrücklich in § 56 Abs. 1 AktG zu normieren.435 Eine dem Art. 59 Abs. 2 GesRRL (G Art. 20 Abs. 2 KapRL) entsprechende Regelung war dem 427 Vgl. K. Schmidt/Lutter/Fleischer § 56 Rn. 6; Habersack/Verse § 6 Rn. 59; Kalss (Fn. 38), S. 119, 240. 428 Die RL verwehrt es den Mitgliedstaaten andererseits aber auch nicht, als Sanktion die Nichtigkeit vorzusehen, wie dies z.B. im deutschen Recht (statt aller Hüffer/Koch § 56 Rn. 4) oder auch im britischen (vgl. s. 658(2)(b) CA 2006, bis 30.9.2009: s. 143(2) CA 1985) und irischen Recht (vgl. s. 102(3) CA 2014) der Fall ist. 429 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 12; Edwards S. 70; Kalss (Fn. 38), S. 119, 243, 245; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 345. 430 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 12. 431 Vgl. Art. 17 Abs. 3 RL-E 1970 (Fn. 1). S. dazu Edwards S. 70; Niessen AG 1970, 281, 290. 432 Vgl. Edwards S. 70. 433 Vgl. dazu auch Drinkuth S. 197 f.; Kalss (Fn. 38), S. 119, 244; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 345; Werlauff S. 261. 434 Vgl. BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 13; s. ferner Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 45; K. Schmidt/Lutter/Fleischer § 56 Rn. 4; Ganske DB 1978, 2461, 2462; Hüffer NJW 1979, 1065, 1068; Lösekrug S. 139; Lutter (Fn. 385), § 56 Rn. 6; W. Müller WPg 1978, 565, 569. Grundlegend in der Rspr. bereits BGH NJW 1955, 222 (für die GmbH). 435 Vgl. BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 13; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 45; Ganske DB 1978, 2461, 2462; Lösekrug S. 139; W. Müller WPg 1978, 565, 569; Schwarz Rn. 600.

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deutschen Aktienrecht ebenfalls bereits länger bekannt;436 sie findet sich heute in § 56 Abs. 3 AktG.437 Ferner erstreckte das deutsche Aktienrecht das Zeichnungsverbot auch schon seit jeher auf die Zeichnung durch abhängige Gesellschaften438 (heute: § 56 Abs. 2 AktG439). Ein Novum war allerdings die durch Art. 59 Abs. 3 GesRRL (G Art. 20 Abs. 3 KapRL) gebotene Gründer- bzw. Vorstandshaftung; der im Zuge der Umsetzung neu eingeführte § 56 Abs. 4 AktG sieht diesbezüglich in Ausübung der Mitgliedstaatenoption eine Exkulpationsmöglichkeit vor.440 bb)  Derivativer Erwerb eigener Aktien (Art. 60 f. GesRRL [ G Art. 21 f. KapRL]) Ebenso wie dem originären, steht der europäische Gesetzgeber aber auch dem deri- 19.123 vativen Erwerb eigener Aktien durchaus kritisch gegenüber. Die Art. 60 f. GesRRL (G Art. 21 f. KapRL) unterwerfen daher auch diesen einer Reihe strenger Kautelen, welche allerdings durch die RL 2006/68/EG (→ 19.6) erheblich gelockert wurden441. Weitere Schranken für den derivativen Erwerb eigener Aktien ergeben sich darüber hinaus jedoch – wie Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 KapRL) nunmehr ausdrücklich klarstellt442 – aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre (Art. 85 GesRRL [G Art. 46 KapRL], → 19.258 ff.) sowie aus der MAR (→ 35), im Rahmen derer jedoch sog. safe harbours für den Handel mit eigenen Aktien i.R.v. Rückkaufprogrammen und Kursstabilisierungsmaßnahmen existieren (→ 35.52). Konzeptionelle Basis der Regelung in Art. 60 f. GesRRL (G  Art. 21 f. KapRL) 19.124 ist zwar ein grundsätzliches Verbot des Erwerbs eigener Aktien443. Dieses ist dann jedoch Gegenstand einer Vielzahl von Ausnahmen für die unterschiedlichsten Fallgestaltungen, welche den Mitgliedstaaten zudem überwiegend auch einen weiten Gestaltungsspielraum lassen. Hintergrund hierfür ist nicht zuletzt, dass es sich auch bei

436 Vgl. bereits § 51 Abs. 1 AktG 1937. 437 Vgl. Lösekrug S. 140. 438 So schon § 51 Abs. 2 AktG 1937, s. ferner auch schon § 226 Abs. 4 S. 2 HGB i.d.F. von 1931 (dazu näher Huber FS Duden, 1977, S. 137 ff.). Vgl. zum Ganzen K. Schmidt/Lutter/Fleischer § 56 Rn. 20; Lösekrug S. 140. 439 Vgl. Lösekrug S. 140. 440 Vgl. dazu BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 13; Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 45; Ganske DB 1978, 2461, 2462; Habersack/Verse § 6 Rn. 59; Hüffer NJW 1979, 1065, 1068; Lösekrug S. 140; W. Müller WPg 1978, 565, 569. 441 Speziell dazu näher Cahn Konzern 2007, 385 ff.; Oechsler ZHR 170 (2006) 72, 73 ff.; Westermann ZHR 172 (2008), 14, 155 ff. S. ferner auch Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 85. 442 Diese rein deklaratorische Ergänzung geht auf einen Vorschlag des EP-Rechtsausschusses (A6-0050/2006, S. 12) zurück, vgl. auch Cahn Konzern 2007, 385, 386; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 133. 443 Drinkuth S. 198; Fankhauser S. 177; Kalss (Fn. 38), S. 119, 248; Kindl ZEuP 1994, 77, 79; Lösekrug S. 141.

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diesem Regelungskomplex letztlich um einen Kompromiss zwischen den divergierenden Grundkonzepten der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten444 handelt445. Grundsystematik der Art. 60 und 61 GesRRL (G Art. 21 und 22 KapRL) ist fol19.125 gende: Im Ausgangspunkt ist es den Mitgliedstaaten grundsätzlich freigestellt, ob sie den Erwerb eigener Aktien überhaupt zulassen wollen.446 Soweit sie dies tun, müssen sie ihn aber mindestens den drei in Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 KapRL) normierten grundlegenden Bedingungen (→ 19.126 ff.) unterwerfen. Darüber hinaus können sie ihn ferner den in Art. 60 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 2 KapRL) genannten Bedingungen unterwerfen ( → 19.132 ff.). Art. 61 GesRRL (G Art. 22 KapRL) regelt sodann 10 Fallgruppen, in denen die Mitgliedstaaten Art. 60 GesRRL (G Art. 21 KapRL) nicht anzuwenden brauchen (→ 19.137 ff.). (1)  Mindestbedingungen für den Erwerb eigener Aktien (Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 GesRRL [ G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 KapRL]) 19.126 Wenn und soweit die Mitgliedstaaten den Erwerb eigener Aktien zulassen, so müssen sie diesen grundsätzlich (vgl. zu den Bereichsausnahmen gem. Art. 61 GesRRL [G Art. 22 KapRL] → 19.137 ff.) den in Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 KapRL) normierten drei grundlegenden Mindestbedingungen unterwerfen: (1) Hauptversammlungsbeschluss (lit. a S. 1, → 19.127 f.), (2) Begrenzung durch das Nettoaktivvermögen (lit. b, → 19.129 f.) und (3) Beschränkung auf voll eingezahlte Aktien (lit. c, → 19.131). In ihrer ursprünglichen Fassung sah die KapRL darüber hinaus auch eine Begrenzung des Gesamtwertes der eigenen Aktien auf 10 % des gezeichneten Kapitals vor (Art. 19 Abs. 1 lit. b KapRL a.F.). Diese als zu restriktiv447, überflüssig448 und willkürlich449 empfundene Grenze wurde jedoch durch die RL 2006/68/EG (→ 19.6) in eine bloße Mitgliedstaatenoption (Art. 60 Abs. 1 UAbs. 2 lit. a GesRRL [G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 2 lit. a KapRL], 19.134) umgestaltet.450 444 Nach dem deutschen Konzept war der Erwerb der Aktien auf 10 % des Grundkapitals begrenzt, zuständig war jedoch der Vorstand. Nach dem Konzept der romanischen Rechtsordnungen war hingegen stets ein Hauptversammlungsbeschluss erforderlich, dafür war aber der Erwerb von bis zu 25 % des Grundkapitals möglich. Vgl. dazu RL-E 1970 (Fn. 1), S. 9; Baldamus S. 136; Edwards S. 70; Niessen AG 1970, 281, 290. 445 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 9; Ankele BB 1970, 988, 991; Baldamus S. 136; Edwards S. 70 f.; Niessen AG 1970, 281, 290. 446 Drinkuth S. 208 ff.; Fankhauser S. 177; Kalss (Fn. 38), S. 119, 248; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 346; Lösekrug S. 141; Skøg ZGR 1997, 306, 312. Der EWSA hatte demgegenüber angeregt, den Mitgliedstaaten die grundsätzliche Zulassung des Erwerbs eigener Aktien zwingend vorzuschreiben, vgl. Stellungnahme EWSA zum Vorschlag einer Zweiten RL, ABlEG v. 6.9.1971, C 88/4. 447 So SLIM-Arbeitsgruppe (Fn. 12), S. 12. S. ferner auch Kallmeyer AG 2001, 406, 408; MüKoAktG/Oechsler § 71 Rn. 42; ders. ZHR 170 (2006) 72, 77. 448 So SLIM-Arbeitsgruppe (Fn. 12), S. 12; s. ferner auch Baldamus S. 169; Grundmann Rn. 348; Kallmeyer AG 2001, 406, 408. 449 So Bericht High Level Group (Fn. 13), S. 91. 450 Vgl. dazu auch Bayer/Hoffmann/Weinmann ZGR 2007, 457, 475; Bayer/Habersack/ Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 85; K. Schmidt/Lutter/Bezzenberger § 71 Rn. 14; Cahn

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(a)  Hauptversammlungsbeschluss (Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. a S. 1 GesRRL [ G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. a S. 1 KapRL]) Die erste obligatorische Mindestvoraussetzung, der Hauptversammlungsbeschluss 19.127 (Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. a S. 1 GesRRL [G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. a S. 1 KapRL]), soll eine Kontrolle − speziell auch des Erwerbspreises – durch die Aktionäre gewährleisten451 und sichert zugleich auch das Gleichbehandlungsgebot (Art. 85 GesRRL [G Art. 46 KapRL], → 19.258 ff.) verfahrensrechtlich ab452. Um sicherzustellen, dass die Aktionäre auch eine informierte Entscheidung treffen können453, muss der Beschluss die Einzelheiten des vorgesehenen Erwerbs festlegen, nämlich insbesondere die Höchstzahl der zu erwerbenden Aktien, die Geltungsdauer der Genehmigung sowie im Falle eines entgeltlichen Erwerbs den niedrigsten und höchsten Gegenwert (also Mindest- und Höchstpreis). Der Zeitraum, für den eine solche Genehmigung maximal erteilt werden darf, richtet sich nach nationalem Recht. Die RL legt hierfür lediglich eine Maximaldauer fest, die ursprünglich 18 Monate betrug, entsprechend einem Vorschlag der SLIM-Arbeitsgruppe454 durch die RL 2006/68/EG (→ 19.6) aber auf fünf Jahre verlängert wurde. Grund hierfür war, dass die 18-Monats-Frist die Praxis vor erhebliche Probleme gestellt hatte, zwang sie doch zu einer „Erneuerung“ des Ermächtigungsbeschlusses in jeder ordentlichen Hauptversammlung, was die Planbarkeit und Abwicklung längerfristiger Aktienoptionsprogramme erheblich erschwerte.455 Die neue Höchstgeltungsdauer von fünf Jahren harmonisiert das Recht der eigenen Aktien zudem mit demjenigen des genehmigten Kapitals (vgl. Art. 68 Abs. 2 GesRRL [G Art. 29 Abs. 2 KapRL], → 19.185 f.) und beseitigt damit endlich auch einen bis dato bestehenden Wertungswiderspruch.456 Das Erfordernis des Hauptversammlungsbeschlusses ist allerdings nicht absolut, 19.128 vielmehr ermächtigt die RL die Mitgliedstaaten in drei Konstellationen, Ausnahmen hiervon vorzusehen. Zum einen darf nach der von der deutschen Regelung in § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG inspirierten457 „Notstandsregelung“ des Art. 60 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 21 Abs. 2 KapRL) vom Ermächtigungserfordernis abgewichen werden, sofern der Erwerb eigener Aktien notwendig ist, um einen schweren unmittelbar beKonzern 2007, 385, 387; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71 Rn. 12; Grundmann Rn. 348; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 128; MüKoAktG/Oechsler § 71 Rn. 41 f.; ders. ZHR 170 (2006) 72, 73 ff.; Westermann ZHR 172 (2008), 144, 157. 451 Vgl. Baldamus S. 171; Grohmann S. 284; Habersack/Verse § 6 Rn. 62. 452 Vgl. Grohmann S. 284; Habersack/Verse § 6 Rn. 62. 453 Vgl. Baldamus S. 171; Grohmann S. 284. 454 Vgl. SLIM-Arbeitsgruppe (Fn. 12), S. 12. Dazu kritisch Baldamus S. 173 ff. 455 Vgl. SLIM-Arbeitsgruppe (Fn. 12), S. 12; SEK(2004) 1342, S. 3; BegrRegE z. ARUG, BRDrs. 847/08, S. 36; Cahn Konzern 2007, 385, 393; Kallmeyer AG 2001, 406, 407 f.; Lutter/ Drygala (FN. 450), § 71 Rn. 13; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 132; Oechsler ZHR 170 (2006) 72, 79 f.; Westermann ZHR 172 (2008), 144, 157; Wymeersch (Fn. 6), S. 18. 456 Vgl. SLIM-Arbeitsgruppe (Fn. 12), S. 12; BegrRegE z. ARUG, BR-Drs. 847/08, S. 36; Cahn Konzern 2007, 385, 393; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 132; MüKoAktG/ Oechsler § 71 Rn. 43; ders. ZHR 170 (2006) 72, 80. Kritisch jedoch Baldamus S. 174. 457 Vgl. Edwards S. 71; Wooldridge [1978] Acta Juridica 327, 338.

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vorstehenden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden; das Verwaltungs- bzw. Leitungsorgan muss dann aber die nächste Hauptversammlung über die Gründe und die Einzelheiten der getätigten Ankäufe (Zahl, Nennbetrag bzw. rechnerischen Wert der Aktien, Anteil am Kapital, Gegenwert) unterrichten. So ist zumindest sichergestellt, dass die Aktionäre nachträglich informiert werden und dann ggf. entsprechende Maßnahmen ergreifen können.458 Die in Art. 60 Abs. 3 GesRRL (G Art. 21 Abs. 3 KapRL) normierte Ausnahmemöglichkeit im Hinblick auf Belegschaftsaktien ist dagegen primär sozialpolitisch motiviert459; sie gestattet den Mitgliedstaaten vom Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses abzusehen, wenn die Aktien im Hinblick auf eine Ausgabe an Arbeitnehmer der Gesellschaft oder einer verbundenen Gesellschaft erworben werden.460 Diese Ausgabe muss allerdings innerhalb von 12 Monaten nach Erwerb erfolgen; so soll verhindert werden, dass eine missbräuchliche Nutzung (z.B. zu Zwecken der Kurspflege) erfolgt.461 Art. 60 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 21 Abs. 2 und 3 KapRL) ermächtigen die Mitgliedstaaten ihrem klaren Wortlaut nach jedoch nur zu einer Abweichung von Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a S. 1 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a S. 1 KapRL), also vom Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses mit dem dort näher spezifizierten Inhalt. Die Geltung der weiteren Mindestbedingungen gem. lit. b und c bleibt dagegen ebenso unberührt wie diejenige des abschließenden Katalogs weiterer Regelungsoptionen in UAbs. 2 (→ 19.132 ff.). Drittens ermöglichen Art. 84 Abs. 1 und Abs. 2 GesRRL (G Art. 45 Abs. 1 und Abs. 2 KapRL, → 19.254 f.) den Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen vom Erfordernis des Hauptversammlungsbeschlusses. (b)  Begrenzung durch das Nettoaktivvermögen (Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. b GesRRL [ G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. b KapRL]) 19.129 Zweite obligatorische Mindestbedingung ist gem. Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. b GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. b KapRL), dass der Erwerb einschließlich der Aktien, welche die Gesellschaft früher erworben hat und noch hält, sowie der Aktien, die eine Person im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der Gesellschaft erworben hat, nicht dazu führen darf, dass das Nettoaktivvermögen den in Art. 56 Abs. 1 und 2 GesRRL (G Art. 17 Abs. 1 und 2 KapRL, → 19.96) genannten Betrag unterschreitet. Die eigenen Aktien müssen also – im Interesse des Gläubiger­schutzes462 − aus dem freien, nicht zur Deckung des gezeichneten Kapitals und der Rücklagen erforderlichen Vermögen bezahlt werden können.463 458 Vgl. Grohmann S. 285; vgl. zur Ausgleichsfunktion auch BegrRegE z. KapRiLiG, BTDrs. 8/1678, S. 15; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 342. 459 Vgl. Drinkuth S. 201; Edwards S. 72; Kalss (Fn. 38), S. 119, 250. 460 Näher dazu Drinkuth S. 201. 461 Vgl. BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 15; Fankhauser S. 181; Ganske DB 1978, 2461, 2463; Schwarz Rn. 605. 462 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 61. 463 Fankhauser S. 179; Grundmann Rn. 348; Habersack/Verse § 6 Rn. 61; Lösekrug S. 142.

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Die RL beugt insoweit übrigens auch etwaigen bilanztechnischen Manipulationen 19.130 vor:464 Anhang III Aktiva D III Nr. 2 EU-Bilanz-RL (→ 23.28) überlässt es zwar den Mitgliedstaaten, ob eigene Aktien in der Bilanz als Aktiva auszuweisen sind; sofern das mitgliedstaatliche Recht dies vorsieht, muss jedoch gem. Art. 24 Abs. 1 lit. b KapRL auf der Passivseite ein gleich hoher Betrag in eine nicht verfügbare Rücklage eingestellt werden (vgl. auch Anhang III Passiva A IV Nr. 2 EU-Bilanz-RL). Auf diese Weise wird der Aktivposten für eigene Aktien bilanztechnisch neutralisiert und somit gewährleistet, dass freies Vermögen nicht zum wiederholten Erwerb eigener Aktien eingesetzt wird.465 (c)  Beschränkung auf voll eingezahlte Aktien (Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. c GesRRL [ G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. c KapRL]) Drittens schließlich beschränkt Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. c GesRRL (G Art. 21 19.131 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. c KapRL) den Erwerb eigener Aktien ausdrücklich auf voll eingezahlte Aktien. So wird verhindert, dass der AG durch den Erwerb eigener Aktien Einlageforderungen durch Konfusion verloren gehen.466 Ob ein etwaiges Agio eingezahlt worden ist, ist dagegen irrelevant.467 (2)  Optionale Beschränkungen und Auflagen (Art. 60 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL [ G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 2 KapRL]) (a)  Allgemeines Art. 60 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 2 KapRL) enthält einen − erst 19.132 durch die RL 2006/68/EG (→ 19.6) eingefügten − Katalog von fünf weiteren Bedingungen, denen die Mitgliedstaaten den Erwerb eigener Aktien i.S.d. Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 KapRL) unterwerfen können. Wie sich aus Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte468 der Norm ergibt, handelt es sich hierbei um einen abschließenden Katalog von Regelungsoptionen469, d.h. die Mitgliedstaaten müssen zwar einerseits keine dieser Bedingungen vorsehen, dürfen den Erwerb eigener Aktien aber andererseits auch keinen anderen als den genannten Bedingungen unterwerfen. Art. 60 Abs. 1 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 KapRL) stellt 464 Vgl. Grohmann S. 287; Habersack/Verse § 6 Rn. 61; Kalss (Fn. 38), S. 119, 251; Lutter EuR 1975, 44, 58. 465 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 61; Kalss (Fn. 38), S. 119, 251; Lutter EuR 1975, 44, 58; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 115; Oechsler AG 2010, 105, 106. 466 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 347; Lutter EuR 1975, 44, 59; s. ferner zur Umsetzung in § 71 Abs. 2 S. 3 AktG: KK-AktG/Lutter/Drygala § 71 Rn. 64; MüKoAktG/ Oechsler § 71 Rn. 326. 467 Fankhauser S. 179; Kalss (Fn. 38), S. 119, 252. 468 Vgl. SEK(2004) 1342, S. 4: „erschöpfende Liste“. 469 Ebenso Cahn Konzern 2007, 385, 386, 388, 392; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 349; s. ferner auch SEK(2004) 1342, S. 4.

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damit – anders als Art. 19 Abs. 1 KapRL a.F. − keine reine Mindestregelung mehr dar, sondern limitiert zugleich auch den Regelungsspielraum der Mitgliedsstaaten hinsichtlich über die Mindestbedingungen hinausgehender Anforderungen.470 Nach Wortlaut und Gesamtsystematik der Art. 60 und 61 GesRRL (G Art. 21 und 19.133 22 KapRL) gilt dieser abschließende Katalog entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung471 auch für die in Art. 60 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 21 Abs. 2 und 3 KapRL) geregelten Konstellationen. Denn anders als Art. 61 GesRRL (G  Art. 22 KapRL) ermächtigen Art. 60 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 21 Abs. 2 und 3 KapRL) die Mitgliedstaaten gerade nicht zur generellen Nichtanwendung des Art. 60 GesRRL (G Art. 21 KapRL), sondern ausdrücklich nur zu Abweichungen von Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a KapRL), also vom Erfordernis des Hauptversammlungsbeschlusses. Daraus folgt auch nicht etwa ein Widerspruch zur Liberalisierungsintention der RL 2006/68/EG (→ 19.6) 472; insbesondere ist damit nämlich auch die bislang zwingende 10 %-Bestandsgrenze nun auch in den Fällen der Art. 60 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 21 Abs. 2 und 3 KapRL) nur noch optional. (b)  Die Optionen im Einzelnen 19.134 Erste zulässige Bedingung ist die Normierung einer Höchstbestandsgrenze (lit. a),473 die allerdings nicht niedriger als 10 % des gezeichneten Kapitals sein darf (insoweit lebt also quasi die früher in Art. 19 Abs. 1 lit. b KapRL a.F. normierte 10 %-Grenze – wenn jetzt auch in optionaler Form – fort, → 19.132). Bezugspunkt ist der Nennbetrag bzw. rechnerische Wert der erworbenen Aktien einschließlich der Aktien, welche die AG früher erworben hat und noch hält, sowie der Aktien, die eine Person im eigenen Namen, aber für Rechnung der AG erworben hat. „Erworbene Aktien“ bezieht sich dabei auf den jeweiligen Erwerbsvorgang; „früher erworbene Aktien“ umfasst alle von der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Erwerbs noch gehaltenen Aktien (unabhängig vom Erwerbstatbestand).474 19.135 Lit. b ermächtigt die Mitgliedstaaten zur Normierung einer Art SatzungsklauselPflicht dergestalt, dass die Befugnis der Gesellschaft zum Erwerb eigener Aktien, die Höchstzahl der zu erwerbenden Aktien, die Geltungsdauer der Befugnis sowie der höchste bzw. niedrigste Gegenwert in der Satzung oder Gründungsurkunde festzulegen sind. Jede neue Ermächtigung würde damit zugleich eine Satzungsänderung 470 Vgl. Cahn Konzern 2007, 385, 386, 391. 471 So Cahn Konzern 2007, 385, 390 ff.; speziell mit Bezug auf Art. 60 Abs. 1 UAbs. 2 lit. a GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 2 lit. a KapRL) auch: GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 130. 472 So aber GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 130. 473 Ausf. dazu Cahn Konzern 2007, 385, 387 ff.; Westermann ZHR 172 (2008), 144, 158 f. 474 Enger Cahn Konzern 2007, 385, 388 und GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 129, die Art. 60 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G  Art. 21 Abs. 1 UAbs. 2 KapRL) nur auf den Erwerb aufgrund einer Hauptversammlungsermächtigung beziehen, nicht dagegen – wie hier − auch auf die Tatbestände der Art. 60 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 21 Abs. 2 und 3 KapRL, → 19.133).

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darstellen, so dass jeweils das hierfür im nationalen Recht vorgesehene Verfahren einzuhalten wäre.475 Lit. c gestattet es den Mitgliedstaaten, den Erwerb an bestimmte Berichts- und 19.136 Notifizierungsanforderungen zu knüpfen; die Mitgliedstaaten können auf diese Weise also auch einen erhöhten „Schutz durch Transparenz“ gewährleisten. Gem. lit. d dürfen die Mitgliedstaaten ferner von bestimmten (von ihnen zu bezeichnenden) Gesellschaften die Nichtigerklärung der erworbenen Aktien und die Bildung einer entsprechenden Rücklage verlangen. Lit. e schließlich gestattet den Mitgliedstaaten, den Erwerb eigener Aktien der Bedingung zu unterwerfen, dass die Befriedigung von Gläubigerforderungen durch den Erwerb nicht beeinträchtigt wird.476 (3)  Bereichsausnahmen (Art. 61 GesRRL [ G Art. 22 KapRL]) Art. 61 GesRRL (G Art. 22 Abs. 1 KapRL) listet 10 Fallgruppen auf, in denen die Mit- 19.137 gliedstaaten die Vorgaben des Art. 60 GesRRL (G Art. 21 KapRL) überhaupt nicht anzuwenden brauchen. Anders als in den Fällen der Art. 60 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 21 Abs. 2 und 3 KapRL, → 19.128) kann also nicht nur auf das Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses, sondern auf die Einhaltung aller drei in Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 GesRRL (G  Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 KapRL) normierten Mindestbedingungen (→ 19.126 ff.) verzichtet werden.477 Darüber hinaus sind die Mitgliedstaaten in den Fällen des Art. 61 GesRRL (G Art. 22 KapRL) auch nicht an den Katalog zulässiger optionaler Bedingungen in Art. 60 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 2 KapRL, → 19.132 ff.) gebunden, d.h. sie dürfen den Erwerb eigener Aktien in diesen Fällen auch an andere als die dort aufgeführten Bedingungen knüpfen,478 also z.B. eine Erwerbsgrenze479 oder eine unter der 10 %-Schwelle liegende Bestandsgrenze480 vorsehen. Art. 61 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 22 Abs. 1 lit. a KapRL) enthält zunächst eine 19.138 Ausnahmeoption für den Aktienerwerb im Rahmen einer Kapitalherabsetzung oder im Falle des Art. 82 GesRRL (G Art. 43 KapRL) (rückerwerbbare Aktien); hierfür sind nämlich in Art. 73 ff. GesRRL (G Art. 34 ff. KapRL, → 19.227 ff.) spezielle Schutzregelungen vorgesehen. Lit. c und e betreffen Konstellationen, in denen kein bzw. nur ein geringeres 19.139 Gefährdungspotential für die Kapitalerhaltung besteht: Beim unentgeltlichen Erwerb (lit. c Alt. 1) kommt es von vornherein überhaupt nicht zu einer Einlagenrück-

475 Vgl. Cahn Konzern 2007, 385, 395. 476 Dazu näher Cahn Konzern 2007, 385, 395 f. 477 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 350; vgl. weiter (ursprgl. Fassung der KapRL): Edwards S. 72; Lösekrug S. 144. 478 Vgl. Cahn Konzern 2007, 385, 390. S. ferner (zur ursprgl. Fassung der KapRL) auch Fankhauser S. 182. 479 Vgl. Cahn Konzern 2007, 385, 390. 480 Vgl. Cahn Konzern 2007, 385, 391.

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gewähr.481 Im Falle des Erwerbs von einem Aktionär, der seine Einlage nicht leistet (lit. e), ist die Einlage ohnehin noch nicht erbracht. Beim Erwerb von Banken oder anderen Finanzinstituten im Wege der Einkaufskommission (lit. c Alt. 2) schließlich kommt es lediglich zu einem – a priori weniger gefährlichen − Durchgangserwerb482, zumal die Effektenkommission auch wirtschaftlich durchaus erwünscht ist483. Den übrigen Ausnahmetatbeständen (lit. b, d, f–h) ist gemeinsam, dass hier ein Er19.140 werb eigener Aktien konstruktiv unabdingbar oder aus bestimmten Gründen rechtspolitisch oder wirtschaftlich notwendig bzw. erwünscht ist.484 So erklärt sich etwa lit. b daraus, dass eine nach nationalem oder europäischem Recht − speziell im Falle der Verschmelzung gem. Art. 29 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 lit. a SE-VO (→ 45.44), Art. 105 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 19 Abs. 1 lit. a FusRL, → 20.97 ff.), Art. 131 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 lit. a GesRRL (G Art. 14 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 lit. a CBMD, → 22.120 ff.) − angeordnete Gesamtrechtsnachfolge nicht am Verbot eigener Aktien scheitern soll.485 Hintergrund von lit. d und f sind die in einigen nationalen Rechtsordnungen bestehenden Schutzvorschriften zugunsten von Minderheitsaktionären im Falle von Restrukturierungen oder Konzernierungen486, die durch die europarechtlichen Regelungen betreffend den Erwerb eigener Aktien nicht beeinträchtigt werden sollten. Die Mitgliedstaaten können daher von der Anwendung des Art. 60 GesRRL (G  Art. 21 KapRL) absehen, wenn Aktien zur Entschädigung von Minderheitsaktionären verbundener Gesellschaften (lit. f) oder aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung oder gerichtlichen Entscheidung zum Schutz von Minderheitsaktionären (lit. d; die RL nennt insoweit beispielhaft u.a. die Verschmelzung487, Formwechsel488 und grenzüberschreitende Sitzverlegung) erworben werden. Die Ausnahmeoption in lit. g betreffend den Erwerb eigener Aktien bei einer gerichtlichen Versteigerung zum Zwecke der Erfüllung einer Forderung der AG gegen einen Aktionär beruht primär darauf, dass das Zwangsvollstreckungs- und das (materielle489) Insolvenzrecht nicht harmonisiert sind, so dass der europäische Gesetzgeber den Mitgliedstaaten insoweit die nötigen Spielräume lassen wollte.490 Lit. h schließlich trägt den Besonderheiten bei Investmentak481 Vgl. Drinkuth S. 203; MüKoAktG/Oechsler § 71 Rn. 164; s. ferner zur Umsetzung in § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Alt. 1 AktG etwa auch KK-AktG/Lutter/Drygala § 71 Rn. 220. 482 Drinkuth S. 204; s. ferner zur Umsetzung in § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Alt. 2 AktG etwa auch KK-AktG/Lutter/Drygala § 71 Rn. 222; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 223; MüKoAktG/Oechsler § 71 Rn. 168. 483 So wurde etwa auch die deutsche Vorbildregelung in § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG 1965 (heute: § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Alt. 2 AktG), die auf Art. 215d Abs. 3 ADHGB zurückgeht, gerade zu dem Zweck eingeführt, die Effektenkommission zu erleichtern, vgl. MüKoAktG/ Oechsler § 71 Rn. 167. 484 Vgl. Fankhauser S. 181 f., 183; Habersack/Verse § 6 Rn. 62. 485 Vgl. Drinkuth S. 202; s. ferner zur Umsetzung in § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Alt. 1 AktG: Hüffer/Koch § 71 AktG Rn. 18 f.; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71 Rn. 227; MüKoAktG/ Oechsler § 71 Rn. 171. 486 Vgl. im deutschen Recht §§ 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 320b Abs. 1 S. 2 AktG. 487 Vgl. im deutschen Recht § 29 Abs. 1 UmwG. 488 Vgl. im deutschen Recht § 207 Abs. 1 UmwG. 489 Das internationale Insolvenzrecht ist inzwischen durch die EuInsVO harmonisiert → 17. 490 Vgl. Drinkuth S. 207.

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tiengesellschaften mit festem Kapital Rechnung: In Kombination mit Art. 56 Abs. 7 GesRRL (G Art. 17 Abs. 7 KapRL, → 19.100) soll den Mitgliedstaaten dadurch ermöglicht werden, diesen Gesellschaften die verdeckte Einlagenrückgewähr in Form des Aktienrückerwerbs zu erlauben. Nach Maßgabe nationaler Umsetzungsvorschriften zu Art. 61 Abs. 1 GesRRL 19.141 (G Art. 22 Abs. 1 KapRL) zulässigerweise erworbene Aktien dürfen jedoch (mit Ausnahme der nach Maßgabe von lit. a erworbenen) nicht unbegrenzt von der AG gehalten werden: Gem. Art. 61 Abs. 2 GesRRL (G Art. 22 Abs. 2 KapRL) sind sie vielmehr innerhalb einer Frist von maximal 3 Jahren nach Erwerb zu veräußern. Diese Veräußerungspflicht besteht allerdings nur insoweit, als die solchermaßen491 durch die AG direkt oder indirekt (mittels einer Person, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der AG handelt) erworbenen Aktien die Schwelle von 10 % des gezeichneten Kapitals überschreiten. Ein Aktienerwerb nach Maßgabe der Optionen des Art. 61 GesRRL (G Art. 22 KapRL) soll also nicht dazu führen, dass eine AG dauerhaft mit mehr als 10 % an sich selbst beteiligt ist492; inwieweit diese Grenze nach Wegfall der zwingenden 10 %-Grenze in Art. 19 Abs. 1 lit. b KapRL a.F. rechtspolitisch noch sinnvoll ist, ist allerdings fraglich. Werden die Aktien nicht innerhalb der 3-JahresFrist veräußert, so müssen sie gem. Art. 61 Abs. 3 S. 1 GesRRL (G Art. 22 Abs. 3 S. 1 KapRL) für nichtig erklärt werden. Art. 61 Abs. 3 S. 2 GesRRL (G Art. 22 Abs. 3 S. 2 KapRL) gestattet den Mitgliedstaaten, die Nichtigerklärung von einer entsprechenden Kapitalherabsetzung abhängig zu machen; sofern der Erwerb der für nichtig zu erklärenden Aktien dazu geführt hat, dass das Nettoaktivvermögen den in Art. 56 Abs. 1 und Abs. 2 GesRRL (G Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 KapRL) genannten Betrag (→ 19.96) unterschreitet, müssen sie dies gem. Art. 61 Abs. 3 S. 3 GesRRL (G Art. 22 Abs. 3 S. 3 KapRL) sogar. (4)  Umsetzung in Deutschland Aus deutscher Sicht resultierte aus den Vorgaben der Art. 60 und 61 GesRRL (G Art. 21 19.142 und 22 KapRL) erheblicher Anpassungsbedarf für das deutsche Aktienrecht.493 An der Systematik der Erwerbsgründe in § 71 Abs. 1 AktG konnte zwar im Grundsatz festgehalten werden.494 Im Hinblick auf Art. 60 Abs. 2 GesRRL (G Art. 21 Abs. 2 KapRL) musste jedoch Nr. 1 auf unmittelbar bevorstehende Schäden eingeschränkt werden495 und der Erwerb zum Zwecke der Einkaufskommission (Nr. 4) musste entsprechend Art. 61 Abs. 1 lit. c GesRRL (G Art. 22 Abs. 1 lit. c KapRL) auf Kreditinstitute 491 Vgl. Grundmann Rn. 349; Kalss (Fn. 38), S. 191, 253; Morse (1977) 2 E.L. Rev. 126, 130. 492 Vgl. Fankhauser S. 183. 493 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 46; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71 Rn. 7; vgl. ferner auch GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 116 ff.; MüKoAktG/ Oechsler § 71 Rn. 35. 494 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 46; K. Schmidt/Lutter/Bezzenberger § 71 Rn. 12; Ganske DB 1978, 2461, 2463; Kindl ZEuP 1994, 77, 82; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 117. 495 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 46; Ganske DB 1978, 2461, 2463;

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begrenzt werden.496 Weiterhin bedurfte es aufgrund von Art. 60 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 2 GesRRL (G Art. 21 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 2 KapRL) für die Erwerbstatbestände nach Nr. 1 und Nr. 2 der Ergänzung spezieller Pflichten (§ 71 Abs. 3 S. 1 AktG: Berichtspflicht beim Erwerb zur Schadensabwehr; § 71 Abs. 3 S. 2 AktG: 12-MonatsFrist für Ausgabe von „Arbeitnehmeraktien“).497 Von der Möglichkeit des Erwerbs eigener Aktien aufgrund einer Hauptversammlungsermächtigung (Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. a GesRRL [G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. a KapRL]) machte der deutsche Gesetzgeber zunächst keinen Gebrauch. Dies geschah vielmehr erst 1994 durch Ergänzung der Nr. 7 (Handelsbestand eines Kredit-, Finanzdienstleistungsinstituts oder Finanzunternehmens)498 sowie allgemein 1998 durch Ergänzung der Nr. 8 (Ermächtigungsbeschluss ohne positive Zweckvorgabe für maximal 18 Monate)499.500 Durch das ARUG501 wurde die Ermächtigungsdauer im Einklang mit Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. a GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. a KapRL, → 19.127) entsprechend den Bedürfnissen der Praxis auf 5 Jahre ausgedehnt.502 Novelliert werden mussten aufgrund von Art. 60 GesRRL (G Art. 21 KapRL) fer19.143 ner auch die heute in § 71 Abs. 2 geregelten allgemeinen Erwerbs- bzw. Bestandsgrenzen.503 Aufgrund von Art. 19 Abs. 1 lit. d KapRL a.F. (G Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. c GesRRL [G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. c KapRL]) war zunächst eine Ausdehnung des bis dato auf § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG 1965 beschränkten Volleinzahlungserfordernisses notwendig.504 Eine absolute Neuerung für das deutsche Aktienrecht war aber insbesondere die durch Art. 19 Abs. 1 S. 2 lit. c KapRL a.F. (G Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b GesRRL [G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b KapRL]) vorgegebene KapiHüffer NJW 1979, 1065, 1068; Kindl ZEuP 1994, 77, 80; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 165; W. Müller WPg 1978, 565, 569. 496 § 71 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 AktG 1965 gestattete jeder AG den Erwerb qua Einkaufskommission. Vgl. dazu Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 46; Ganske DB 1978, 2461, 2463; Hüffer NJW 1979, 2065, 1068; Kindl ZEuP 1994, 77, 82; GroßkommAktG/ Merkt § 71 Rn. 225; W. Müller WPg 1978, 565, 570. 497 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 49; Ganske DB 1978, 2461, 2463; Hüffer NJW 1979, 1065, 1069; W. Müller WPg 1978, 565, 569. 498 Eingefügt durch das Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften (Zweite Finanzmarktförderungsgesetz) v. 26.7.1994, BGBl. I, 1749. Vgl. dazu etwa KK-AktG/Lutter/Drygala § 71 Rn. 106 ff.; Riepe DStR 1994, 1236, 1240. 499 Eingefügt durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) v. 27.4.1998, BGBl. I, 786. Vgl. dazu Claussen DB 1998, 177 ff.; Peltzer WM 1998, 322 ff.; Wiese DB 1998, 609. 500 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 47. 501 Fn.  34. 502 Vgl. dazu BegrRegE z. ARUG, BR-Drs. 847/08, S. 36; Bosse NZG 2009, 807, 812; Drinhausen/Keinath BB 2009, 64, 70; Herrler/Reymann DNotZ 2009, 914, 933; Paschos/ Goslar AG 2009, 14, 21; Seibert/Florstedt ZIP 2008, 2145, 2150. Die überwiegende Zahl der DAX-Gesellschaften machte davon erwartungsgemäß auch sofort Gebrauch, vgl. Wilm DB 2010, 1685, 1689. 503 Vgl. dazu auch Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 48. 504 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 48; Ganske DB 1978, 2461, 2463; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71 Rn. 7; W. Müller WPg 1978, 565, 570.

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talgrenze, die die Einführung von § 71 Abs. 2 S. 2 AktG und § 150a AktG a.F. (seit 1.1.1986: § 272 Abs. 4 HGB) erforderlich machte.505 Danach war der Erwerb eigener Aktien nur noch zulässig, wenn die AG auf der Passivseite der Bilanz die notwendige Rücklage für eigene Aktien bilden konnte (vgl. auch Art. 63 Abs. 1 lit. b GesRRL [G Art. 24 Abs. 1 lit. b KapRL], → 19.148). Das BilMoG506 brachte insofern jedoch einen grundlegenden Systemwechsel: Da eigene Aktien nun nur noch auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen werden (vgl. § 272 Abs. 1a HGB n.F, sog. „Nettoausweis“),507 zwingt Art. 63 Abs. 1 lit. b GesRRL (G Art. 24 Abs. 1 lit. b KapRL) nicht mehr zur Bildung einer Rücklage; § 71 Abs. 2 S. 2 AktG n.F. bindet den Erwerb daher nur noch an die Möglichkeit der Bildung einer „hypothetischen Rücklage“.508 Anpassungsbedarf resultierte schließlich auch aus der zwingenden 10 %-Be- 19.144 standsgrenze des Art. 19 Abs. 1 lit. b KapRL a.F.: Das deutsche Recht kannte eine 10 %-Grenze zwar bereits zuvor, deren Anwendungsbereich musste jedoch ausgedehnt werden.509 Von der durch Art. 60 Abs. 1 UAbs. 2 lit. a GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 2 lit. a KapRL, → 19.134) eröffneten Möglichkeit, die Bestandsgrenze zu erhöhen oder ganz abzuschaffen, hat der Gesetzgeber i.R.d. ARUG510 keinen Gebrauch gemacht. Nicht geändert wurden – trotz im Schrifttum geltend gemachter Bedenken an der Vereinbarkeit mit Art. 60 GesRRL (G Art. 21 KapRL n.F.)511 − auch die Erwerbsgrenzen der § 71 Abs. 1 Nr. 7 und 8 AktG. cc)  Sanktionen bei vorschriftswidrigem Erwerb eigener Aktien (Art. 62 GesRRL [ G Art. 23 KapRL]) Ein Verstoß gegen die Vorschriften der Art. 60 und 61 GesRRL (G  Art. 21 und 22 19.145 KapRL) macht den Erwerb keineswegs automatisch nichtig.512 Nach dem Vorbild des romanischen Rechts513 sanktioniert die RL den vorschriftswidrigen Erwerb eigener 505 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 48; Ganske DB 1978, 2461, 2463; Hüffer NJW 1979, 1065, 1068; Kindl ZEuP 1994, 77, 81; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71 Rn. 214; W. Müller WPg 1978, 565, 570; Schwarz Rn. 606. 506 Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) v. 25.5.2009, BGBl. I, 1102. 507 Vgl. dazu BegrRegE z. BilMoG, BR-Drs. 344/08, S. 142. 508 Ausf. Kropff ZIP 2009, 1137, 1140 f.; Kühnberger BB 2011, 1387 f.; Oechsler AG 2010, 105 ff. 509 Nach § 71 Abs. 1 S. 2 AktG a.F. wurden für die Ermittlung der 10 %-Grenze nur die zum Zwecke der Nr. 1 bis 3 bereits früher erworbenen Aktien summiert; nach § 71 Abs. 2 S. 1 AktG n.F. ist der Gesamtbestand eigener Aktien maßgeblich. Vgl. Bayer/Habersack/ Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 48; Ganske DB 1978, 2461, 2463; W. Müller WPg 1978, 565, 570 510 Fn.  34. 511 Cahn Konzern 2007, 385, 392 f.; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 131; vgl. ferner auch Paschos/Goslar AG 2009, 14, 21; Sauter ZIP 2008, 1706, 1710. Für Richtlinienkonformität jedoch KK-AktG/Lutter/Drygala § 71 Rn. 14. 512 Vgl. Fankhauser S. 181; Kalss (Fn. 38), S. 119, 258; Spickhoff BB 1997, 2593, 2601. 513 Vgl. BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 14; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 51; Ganske DB 1978, 2461, 2463; Kindl ZEuP 1994, 77, 83; Lösekrug S. 145.

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Aktien vielmehr primär durch eine Veräußerungspflicht (welche implizit die dingliche Wirksamkeit des Erwerbs voraussetzt514), gekoppelt mit einem subsidiären Einziehungszwang. Gem. Art. 62 S. 1 GesRRL (G  Art. 23 S. 1 KapRL) müssen unter Verletzung der Art. 60 und 61 GesRRL (G Art. 21 und 22 KapRL) erworbene Aktien innerhalb einer Frist von einem Jahr, gerechnet vom Zeitpunkt ihres Erwerbes an, veräußert werden. Geschieht dies nicht, ist Art. 61 Abs. 3 GesRRL (G Art. 22 Abs. 3 KapRL) anzuwenden (vgl. Art. 62 S. 2 GesRRL [G Art. 23 S. 2 KapRL]), d.h. die Aktien sind − ggf. i.V.m. einer entsprechenden Kapitalherabsetzung (vgl. Art. 61 Abs. 3 S. 2 und 3 GesRRL [G Art. 22 Abs. 3 S. 2 und 3 KapRL], → 19.141) − für nichtig zu erklären. Für das deutsche Aktienrecht, das den verbotswidrigen Erwerb traditionell so19.146 wohl mit der Nichtigkeit des schuldrechtlichen Geschäfts − im Falle nicht voll eingezahlter Aktien − als auch mit derjenigen des dinglichen Geschäfts sanktionierte (vgl. § 71 Abs. 2 AktG 1965), bedeutete dies einen tief greifenden Systemwechsel.515 An der Nichtigkeit des schuldrechtlichen Geschäfts konnte zwar festgehalten werden (heute: § 71 Abs. 4 S. 2 AktG). Durch die KapRL war der deutsche Gesetzgeber jedoch gezwungen, den Erwerb generell für dinglich wirksam zu erklären (§ 71 Abs. 4 S. 2 AktG)516 sowie die durch die RL vorgegebene Veräußerungs- und Einziehungspflicht zu regeln (§ 71c Abs. 1 und 3 AktG)517. dd)  Halten eigener Aktien (Art. 63 GesRRL [ G Art. 24 KapRL]) 19.147 Die RL regelt aber nicht nur die Voraussetzungen für den Erwerb eigener Aktien sowie Sanktionen für einen rechtswidrigen Erwerb, vielmehr unterwirft sie im Interesse eines effektiven Schutzes in Art. 63 GesRRL (G Art. 24 KapRL) auch das Halten eigener Aktien einer Reihe von Rahmenbedingungen, die ausdrücklich unabhängig davon gelten, ob die AG eigene Aktien unmittelbar oder mittelbar (d.h. durch eine im eigenen Namen, aber für Rechnung der AG handelnde Person) hält. Nach dem Wortlaut der Vorschrift bestehen die in Art. 63 GesRRL (G  Art. 24 KapRL) normierten Restriktionen zwar nur, sofern die nationalen Rechtsvorschriften den Erwerb gestatten, also im Falle eines zulässigen Erwerbs. A maiore ad minus müssen sie aber auch dann zur Anwendung kommen, wenn der Erwerb rechtswidrig erfolgte518, denn in 514 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 51; Ganske DB 1978, 2461, 2463 f.; Hüffer NJW 1979, 1065, 1069; Kindl ZEuP 1994, 77, 82 ff.; W. Müller WPg 1978, 565, 571. 515 Vgl. BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 14; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 50. 516 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 50; Spindler/Stilz/Cahn § 71 AktG Rn. 27; Ganske DB 1978, 2461, 2463; Hüffer NJW 1979, 1065, 1069; KK-AktG/ Lutter/Drygala § 71 Rn. 7; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 118; W. Müller WPg 1978, 565, 571. 517 Vgl. Ganske DB 1978, 2461, 2464; Hüffer NJW 1979, 1065, 1069; KK-AktG/Lutter/ Drygala § 71 Rn. 7, § 71c Rn. 1; W. Müller WPg 1978, 565, 572 f. 518 Ebenso Grundmann Rn. 351; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 352.

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diesem Fall besteht erst recht ein Schutzbedürfnis. Zudem handelt es sich ausweislich des eindeutigen Wortlautes des Art. 63 GesRRL (G Art. 24 KapRL) lediglich um einen Mindeststandard,519 d.h. die Mitgliedstaaten dürfen auch weitergehende Auflagen vorsehen. Erste und grundlegende Restriktion ist gem. Art. 63 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 24 19.148 Abs. 1 lit. a KapRL), dass von den mit Aktien verbundenen Rechten in jedem Fall das Stimmrecht aufgehoben ist. Damit wird verhindert, dass die Verwaltung sich letztlich selbst kontrollieren kann.520 Art. 63 Abs. 1 lit. b GesRRL (G Art. 24 Abs. 1 lit. b KapRL) gewährleistet die Bilanzneutralität eigener Aktien:521 Sofern sie − in Ausübung des den Mitgliedstaaten insoweit nach Anhang III Aktiva D III Nr. 2 EUBilanz-RL zustehenden Wahlrechts (→ 19.130; allg. zur EU- Bilanz-RL → 23) − auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen werden, muss auf der Passivseite ein gleich hoher Betrag in eine nicht verfügbare Rücklage eingestellt werden (→ 19.130). Drittens schließlich stellt die RL durch die in Art. 63 Abs. 2 GesRRL (G Art. 24 Abs. 2 KapRL) vorgeschriebenen Angaben im Lagebericht auch eine gewisse (ex-post-) Transparenz hinsichtlich der eigenen Aktien sicher.522 Das deutsche Aktienrecht geht traditionell über den von Art. 63 Abs. 1 lit. a 19.149 GesRRL (G Art. 24 Abs. 1 lit. a KapRL) geforderten Mindeststandard hinaus, denn es versagt der Gesellschaft sogar sämtliche Rechte aus eigenen Aktien (§ 71b AktG n.F. G § 71 Abs. 6 S. 1 AktG a.F.)523, also etwa auch das Dividenden- und das Bezugsrecht524.525 Ein Novum war allerdings die in Art. 63 Abs. 1 lit. b GesRRL (G Art. 24 Abs. 1 lit. b KapRL) geforderte Rücklagenbildung im Falle der Aktivierung eigener Anteile (→ 19.143). Neu waren auch die nach Art. 63 Abs. 2 GesRRL (G Art. 24 Abs. 2 KapRL) erforderlichen Angaben im Lagebericht; sie machten die Ergänzung des § 160 Abs. 3 Nr. 2 AktG a.F. (heute: § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG) erforderlich.526

519 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 52; Drinkuth S. 213; Edwards S. 72; speziell für lit. a auch: Grohmann S. 287; Kalss (Fn. 38), S. 119, 258; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 352; Werlauff S. 270; s. ferner auch van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 30. 520 Vgl. Drinkuth S. 213; Fankhauser S. 185; Grohmann S. 287; Grundmann Rn. 351; Wooldridge [1978] Acta Juridica 327, 339. 521 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 13 f. 522 Vgl. Grohmann S. 287 f.; Grundmann Rn. 351. Vgl. auch schon RL-E 1970 (Fn. 1), S. 9. 523 Vgl. zur unveränderten Übernahme dieser Regelung in § 71b AktG: Ganske, DB 1978, 2461, 2464; Hüffer NJW 1979, 1065, 1069; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71b Rn. 1; W. Müller WPg 1978, 565, 572; s. ferner auch Kindl ZEuP 1994, 77, 83. 524 Vgl. dazu näher Hüffer § 71b Rn. 3 ff.; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71b Rn. 10 ff.; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 14 ff.; MüKoAktG/Oechsler § 71b Rn. 8 ff. 525 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 52; Drinkuth S. 213; Lösekrug S. 146; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 8. 526 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 52; Ganske DB 1978, 2461, 2464; Hüffer NJW 1979, 1065, 1069; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 350; W. Müller WPg 1978, 565, 570 f.

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ee)  Umgehungsschutz 19.150 Komplementiert und abgesichert werden die Regeln betreffend die Zeichnung, den Erwerb und das Halten eigener Aktien in Art. 59–63 GesRRL (G  Art. 20–24 KapRL) durch eine Reihe von Vorschriften zum Umgehungsschutz, nämlich Vorschriften betreffend die sog. financial assistance (Art. 64 f. GesRRL [G  Art. 25 f. KapRL], → 19.151 ff.), zur Inpfandnahme eigener Aktien (Art. 66 GesRRL [G Art. 27 KapRL], → 19.163 f.) sowie zum Erwerb durch Dritte und Tochtergesellschaften (Art. 67 GesRRL [G Art. 28 KapRL], → 19.165 ff.). (1)  Financial assistance (Art. 64 f. GesRRL [ G Art. 25 f. KapRL]) (a)  Ratio und Genese der Regelung 19.151 Die strengen Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien können insbesondere dadurch unterlaufen werden, dass die Gesellschaft den Erwerb ihrer Aktien finanziell unterstützt. Zurückgehend auf eine Initiative der britischen Verhandlungsdelegation527 sah die ursprüngliche Fassung der KapRL daher nach dem Vorbild des britischen Rechts528 ein grundsätzliches Verbot der sog. financial assistance vor: Gem. Art. 23 Abs. 1 KapRL a.F. durfte eine Gesellschaft – abgesehen von den engen Ausnahmen in Art. 23 Abs. 2 und 3 KapRL a.F. – im Hinblick auf den Erwerb ihrer Aktien durch einen Dritten weder Vorschüsse geben noch Darlehen gewähren oder Sicherheiten leisten. Im Laufe der Zeit wurde dieses starre Verbot jedoch zunehmend kritisiert, v.a. weil 19.152 es insbesondere im Bereich der LBOs als erhebliches Hindernis gesehen wurde529. Auch die Kommission erkannte schließlich, dass es in ganz bestimmten Fällen durchaus im Interesse der Gesellschaft sein kann, den Erwerb ihrer Aktien durch einen Dritten und 527 Vgl. Spindler/Stilz/Cahn § 71a AktG Rn. 1; Fleischer AG 1996, 494, 495; Drinkuth S. 213; Grundmann Rn. 352; Habersack FS Röhricht, 2005, S. 155, 178; ders. FS Hopt, 2010, S. 725; Hartung, Financial Assistance, 2010, S. 33 f.; Oechsler ZHR 170 (2006) 72, 83; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, 1995, S. 17 f. 528 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 56; Baldamus S. 194; K. Schmidt/ Lutter/Bezzenberger § 71a Rn. 3; Edwards S. 73; Fleischer NZG 2004, 1129, 1133; Ganske DB 1978, 2461, 2464; Habersack FS Röhricht, 2005, S. 155, 168, 178; Hartung (Fn. 527), S. 36; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71a Rn. 1; GroßkommAktG/Merkt § 71a Rn. 6; Morse (1977) 2 E.L. Rev. 126, 130; Schmitthoff (1978) 15 C.M.L. Rev. 43, 50; Schroe­der (Fn. 527), S. 45 f.; Wooldridge [1978] Acta Juridica 327, 339. Im britischen Recht fand sich das auf einen Vorschlag des Greene Committee zurückgehende Verbot der financial assistance erstmals in s. 45 CA 1929, vgl. Fleischer AG 1996, 494, 495; Luxton (1991) 12 Co Law 17; GroßkommAktG/Merkt § 71a Rn. 6; Sykes (2000) 21 Co Law 65; Wymeersch FS Drobnig, 1998, S. 725, 731. Rechtsvergleichend Pühler, Das Verbot der Anteilsfinanzierung in Belgien, Frankreich und den Niederlanden, 1996. 529 Vgl. Drygala Konzern 2007, 398, 400; Ferran (2005) 6 EBOR 93, 94; Freitag AG 2007, 157, 158; Mercouris (2014) 35 Co Law 321, 325; GroßkommAktG/Merkt § 71a Rn. 11; Wymeersch FS Drobnig, S. 725, 746; ders. (Fn. 6), S. 20 f. S. ferner auch Oechsler ZHR 170 (2006) 72, 81 f.

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damit dessen Aufnahme in die Gesellschaft zu unterstützen.530 Durch die RL 2006/68/ EG (→ 19.6) wurden die Vorschriften über die financial assistance daher – aufbauend auf Vorschlägen der SLIM-Arbeitsgruppe aus dem Jahr 1999531 sowie der High Level Group aus dem Jahr 2002532 − wesentlich gelockert, damit „Änderungen in den Besitzverhältnissen von Aktiengesellschaften flexibler gestaltet werden können“ (vgl. ErwG 5 zur RL 2006/68/EG)533. Nach Art. 64 f. GesRRL (G Art. 25 f. KapRL) ist die financial assistance nunmehr nicht länger kraft europäischen Rechts prinzipiell verboten. Art. 64 Abs. 1 GesRRL (G Art. 25 Abs. 1 KapRL) gestattet den Mitgliedstaaten jetzt vielmehr, Aktiengesellschaften die Gewährung von financial assistance unter bestimmten Voraussetzungen zu erlauben (→ 19.155 ff.) Daneben wurden aber auch die schon bislang bestehenden Ausnahmen in Art. 64 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 25 Abs. 2 und 3 KapRL) beibehalten (→ 19.158). Art. 65 GesRRL (G Art. 26 KapRL) enthält eine Sonderregelung für den Fall von Interessenkonflikten in der Person des Erwerbers (→ 19.159). (b)  Tatbestand der financial assistance Art. 64 GesRRL (G Art. 25 KapRL) nennt zwar nur die (unmittelbare oder mittelbare) 19.153 Zahlung von Vorschüssen, Gewährung von Darlehen oder Leistung von Sicherheiten. Nach h.M. handelte es sich dabei jedoch nicht um einen abschließenden Katalog, sondern vielmehr um einen „offenen Tatbestand mit Regelbeispielen“, d.h. der Regelungskomplex der Art. 64 f. GesRRL (G Art. 25 f. KapRL) erfasst über den Wortlaut hinaus sämtliche Formen finanzieller Unterstützungsleistungen (financial assistance).534 Umstritten ist, ob Art. 64 GesRRL (G  Art. 25 KapRL) nur den derivativen535 19.154 oder (zumindest analog) auch den originären Aktienerwerb536 erfasst.537 Für ersteres

530 Vgl. SEK(2004) 1342, S. 5. 531 Vgl. SLIM-Arbeitsgruppe (Fn. 12), S. 12. Dazu näher Baldamus S. 192 ff. 532 Vgl. Bericht High Level Group (Fn. 13), S. 92. 533 Vgl. näher zur Genese der Novellierung: Schmolke WM 2005, 1828, 1829 f. 534 Vgl. K. Schmidt/Lutter/Bezzenberger § 71a Rn. 11 ff.; Drygala Konzern 2007, 396, 397; Schroeder (Fn. 527), S. 174 ff., 186 f.; für § 71a AktG auch: Hüffer/Koch § 71a AktG Rn. 2; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71a Rn. 27; GroßkommAktG/Merkt § 71a Rn. 28, 41; MüKoAktG/Oechsler § 71a Rn. 19; Singhof NZG 2002, 745, 746; enger jedoch offenbar Habersack FS Hopt, 2010, S. 725, 743 ff.; a.A. Brosius, Die finanzielle Unterstützung des Erwerbs eigener Aktien, 2011, S. 266 f. 535 So Schroeder (Fn. 527), S. 152 ff.; K. Schmidt/Lutter/Bezzenberger § 71a Rn. 20; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1988, § 71a Rn. 2; GroßkommAktG/Merkt § 71a Rn. 43; MüKoAktG/Oechsler, § 71a Rn. 15. 536 So Brosius (Fn. 534), S. 78 ff., 283; Drygala Konzern 2007, 396, 405; ders. ZGR-Sonderheft 19, 2016, S. 41, 56; Habersack FS Hopt, 2010, S. 725, 739 f.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 355; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71a Rn. 21; GroßkommAktG/Schall § 27 Rn. 74 ff.; für § 71a AktG: Spindler/Stilz/Cahn § 71a AktG Rn. 16; Spindler/Stilz/ Cahn/v. Spannenberg § 56 AktG Rn. 13; Sieger/Hasselbach BB 2004, 60, 62; s. ferner Schmolke WM 2005, 1828, 1829; differenzierend KK-AktG/Arnold § 27 Rn. 136 (nur originärer Erwerb i.R.d. Kapitalerhöhung); Spindler/Stilz/Herrler § 27 AktG Rn. 298 f.; Herrler/Reymann DNotZ 2009, 914, 928 ff. (nur bei Änderung der Beteiligungsquoten).

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spricht zwar der Terminus „Erwerb“ in Art. 64 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 25 Abs. 1 KapRL)53738 und die systematische Verortung im Regelungskomplex über die Kapitalerhaltung539. Allerdings erfassen die englischen Vorschriften zur financial assistance (heute: ss. 678 ff. CA 2006), die Vorbild für Art. 64 GesRRL (G Art. 25 KapRL) waren (→ 19.151), traditionell sowohl den derivativen Erwerb (purchase) als auch den originären Erwerb (subscription); der − auch in der englischen Sprachfassung des Art. 64 Abs. 1 GesRRL (G Art. 25 Abs. 1 KapRL) benutzte − Begriff der acquisition fungiert insoweit als Oberbegriff.540 Zudem regelt Art. 64 Abs. 5 GesRRL (G Art. 25 Abs. 5 KapRL) nunmehr explizit auch die „Zeichnung“ („subscription“) eigener Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung.541 Für eine Erfassung auch des originären Erwerbs spricht schließlich auch, dass das Gesellschaftsvermögen hier durch eine financial assistance letztlich ebenso gefährdet wird wie im Falle des derivativen Erwerbs.542 (c)  Zulässigkeitsvoraussetzungen 19.155 Gem. Art. 64 Abs. 1 GesRRL (G Art. 25 Abs. 1 KapRL) dürfen die Mitgliedstaaten die Gewährung von financial assistance gestatten, sofern sie diese von der Einhaltung der in Abs. 2–5 näher spezifizierten formellen und materiellen Voraussetzungen abhängig machen. Auf diese Weise sollen der notwendige Schutz der Minderheitsaktionäre und Gläubiger gewährleistet und missbräuchliche Praktiken verhindert werden.543 Die formellen Anforderungen544 bestehen gem. Abs. 3 aus dem im europäischen 19.156 Gesellschaftsrecht bewährten Schutzinstrumenten Bericht, Hauptversammlungsbeschluss und Publizität: Zunächst muss das Verwaltungs- bzw. Leitungsorgan mittels eines schriftlichen Berichts über die Einzelheiten des Geschäfts informieren (Mindestinhalt: Gründe für das Geschäft, Interesse der Gesellschaft daran, Konditionen, 537 Vgl. zu dieser Problematik auch Bayer/Lieder NZG 2010, 86, 91; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 839 f. 538 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 839; K. Schmidt/Lutter/Bezzenberger § 71a Rn. 20. 539 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 839; für § 71a AktG auch Herrler/Reymann DNotZ 2009, 914, 929; GroßkommAktG/Merkt § 71a Rn. 43; MüKoAktG/Oechsler § 71a Rn. 15. 540 S. 54 CA 1948 sprach noch explizit von „purchase or subscription“, in s. 151 CA 1985 wurde dagegen – wie nun auch in s. 678 CA 2006 – der Oberbegriff „acquisition“ verwendet. Vgl. dazu auch Davies (Fn. 174), 13–28. Aus dem deutschen Schrifttum: Bayer/ J. Schmidt ZGR 2009, 805, 839; Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg § 56 Rn. 13; Habersack AG 2009, 557, 562; ders. FS Hopt, 2010, S. 725, 739; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71a Rn. 21. 541 Vgl. KK-AktG/Arnold § 27 Rn. 135; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 839 f.; Brosius (Fn. 534), S. 79; Habersack AG 2009, 557, 562; ders. FS Hopt, 2010, S. 725, 739 f.; Spindler/Stilz/Herrler § 27 Rn. 296; Herrler/Reymann DNotZ 2009, 914, 929; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 355; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71a Rn. 21. 542 Vgl. Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg § 56 Rn. 13; Habersack AG 2009, 557, 562; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 355; GroßkommAktG/Schall § 27 Rn. 74 ff.; Sieger/ Hasselbach BB 2004, 60, 62. 543 Vgl. SEK(2004) 1342, S. 5. S. ferner Drygala Konzern 2007, 396, 400. 544 Vgl. zu diesem „Schutz durch Verfahren“ auch Drygala Konzern 2007, 396, 399 f.

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Risiken für Liquidität und Solvenz, Erwerbspreis)545. Die Hauptversammlung muss das Geschäft sodann mit einer qualifizierten Mehrheit i.S.d. Art. 83 GesRRL (G Art. 44 KapRL)546 genehmigen.547 Anschließend548 muss der Bericht nach Maßgabe der nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 16 GesRRL (G  Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) offengelegt werden. Erst dann darf das Geschäft durchgeführt werden.549 Materielle Voraussetzungen sind ein Drittvergleich (Abs. 2), die Erhaltung des 19.157 Grundkapitals (Abs. 4) sowie in bestimmten Fällen die Angemessenheit des Preises (Abs. 5). Nach dem in Abs. 2 normierten Drittvergleichskriterium (arm’s length principle)550 müssen die Geschäfte zu „fairen marktüblichen Konditionen“ abgewickelt werden (speziell im Hinblick auf Zinsen und Sicherheiten) und die Bonität des/ der Dritten muss in angemessener Weise überprüft worden sein.551 Zweitens muss die jederzeitige Erhaltung des Grundkapitals i.S.d. Art. 56 Abs. 1 und Abs. 2 GesRRL (G Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 KapRL, → 19.96) gewährleistet sein552 und die AG muss auf der Passivseite der Bilanz eine nicht ausschüttbare Rücklage i.H.d. Gesamtbetrages der gewährten financial assistance einstellen (Abs. 4).553 Drittens gebietet Abs. 5, dass der Erwerb zu einem angemessenen Preis stattfinden muss, wenn ein Dritter mit Hilfe von financial assistance eigene Aktien i.S.v. Art. 60 Abs. 1 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 KapRL) erwirbt oder solche i.R.d. Kapitalerhöhung zeichnet; hierdurch sollen die Aktionäre vor einer Verwässerung ihrer Anteile geschützt werden554. Im Entwurf der RL 2006/68/EG555 war als weitere materielle Voraussetzung außerdem noch eine Liquiditäts- und Solvenzprüfung anhand einer Cash-Flow-Analyse vorgesehen; dieses unpraktikable und mit erheblichen Unsicherheiten belastete Erfordernis556 wurde 545 Näher Brosius (Fn. 534), S. 274 ff. 546 Mindestens 2/3 der vertretenen Stimmen oder des vertretenen gezeichneten Kapitals (Art. 83 UAbs. 1 GesRRL [G Art. 44 UAbs. 1 KapRL]); gem. Art. 83 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 44 UAbs. 2 KapRL) können die Mitgliedstaaten aber vorsehen, dass eine einfache Stimmenmehrheit ausreicht, sofern mindestens die Hälfte des gezeichneten Kapitals vertreten ist. 547 Kritisch zum Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses Ferran (2005) 6 EBOR 93, 96; näher im Einzelnen Brosius (Fn. 534), S. 276 ff. 548 Ungeachtet des insoweit etwas missverständlichen Wortlautes des UAbs. 3 soll die Offenlegung ausweislich der Materialien erst nach dem Hauptversammlungsbeschluss erfolgen, vgl. SEK(2004) 1342, S. 6. Wie hier i.E. auch Freitag AG 2007, 157, 162; Schmolke WM 2005, 1828, 1835. 549 Vgl. Freitag AG 2007, 157, 162; Schmolke WM 2005, 1828, 1835. 550 Vgl. Freitag AG 2007, 157, 160. 551 Dazu näher Brosius (Fn. 534), S. 268 f.; Freitag AG 2007, 157, 160; Schmolke WM 2005, 1828, 1832 f. 552 Näher und kritisch dazu Drygala Konzern 2007, 396, 401 f.; Westermann ZHR 172 (2008), 144, 164; s. ferner auch Brosius (Fn. 534), S. 272 ff. 553 Dazu näher Brosius (Fn. 534), S. 269 ff.; Freitag AG 2007, 157, 160 ff. 554 Vgl. SEK(2004) 1342, S. 6; Schmolke WM 2005, 1828, 1836; Wymeersch (Fn. 6), S. 22. Kritisch zur Sinnhaftigkeit dieses Erfordernisses jedoch Brosius (Fn. 534), S. 283 f.; Freitag AG 2007, 157, 160; vgl. ferner auch schon Ferran (2005) 6 EBOR 93, 98. 555 KOM(2004) 730. 556 Vgl. Freitag AG 2007, 157, 160 f.; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2005, 426, 429; IDW WPg 2005, 178, 180; Schmolke WM 2005, 1828, 1833 f.

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jedoch unter dem Druck heftiger Kritik gestrichen.557 Eine irgendwie geartete besondere „sachliche Rechtfertigung“ für die financial assistance verlangt die RL ebenfalls nicht;558 ebenso wie im Hinblick auf den Bezugsrechtsausschluss (→ 19.223) dürfte aber auch hier entsprechenden nationalrechtlichen Anforderungen nichts entgegenstehen559. Art. 64 Abs. 6 und 7 GesRRL (G Art. 25 Abs. 6 und 7 KapRL) enthalten drei – 19.158 schon in der ursprünglichen Fassung der KapRL enthaltene − Ausnahmetatbestände, in denen die financial assistance ohne die Einhaltung der in Art. 64 Abs. 1–5 GesRRL (G  Art. 25 Abs. 1–5 KapRL) normierten Kautelen zulässig ist. Ausgenommen sind gem. Art. 64 Abs. 7 GesRRL (G Art. 25 Abs. 7 KapRL) zunächst Geschäfte im Hinblick auf den Erwerb von Aktien nach Art. 61 Abs. 1 lit. h GesRRL (G Art. 22 Abs. 1 lit. h KapRL) (Investmentaktiengesellschaften mit festem Kapital, → 19.140). Zweitens gelten Art. 64 Abs. 1–5 GesRRL (G  Art. 25 Abs. 1–5 KapRL) auch nicht für Rechtsgeschäfte, die i.R.d. laufenden Geschäfte von Banken und anderen Finanz­ instituten getätigt werden (Art. 64 Abs. 6 UAbs. 1 Alt. 1 GesRRL [G Art. 25 Abs. 6 UAbs. 1 Alt. 1 KapRL]); die im Wertpapierhandel tätigen AGs sollten durch die RL keinen Wettbewerbsnachteil erleiden560. Ausgenommen sind drittens schließlich noch Geschäfte, die im Hinblick auf den Erwerb von Aktien durch Arbeitnehmer der Gesellschaft oder einer mit ihr verbundenen Gesellschaft getätigt werden (Art. 64 Abs. 6 UAbs. 1 Alt. 2 GesRRL [G Art. 25 Abs. 6 UAbs. 1 Alt. 2 KapRL]); die sozial­ politisch erwünschten Belegschaftsaktien werden also auch insoweit privilegiert. In den Fällen des Art. 64 Abs. 6 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 25 Abs. 6 UAbs. 1 KapRL) ist jedoch zu beachten, dass das Nettoaktivvermögen durch diese Geschäfte nicht unter den in Art. 56 Abs. 1 GesRRL (G Art. 17 Abs. 1 KapRL, → 19.96) genannten Betrag fällt. Art. 65 GesRRL (G Art. 26 KapRL) betrifft die besonders brisanten Fälle der Ge19.159 währung von financial assistance an Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans der Gesellschaft, ein sie beherrschendes Unternehmen oder die Mitglieder des Verwaltungs-/Leitungsorgans eines solchen. Die hier typischerweise existierenden Interessenkonflikte sollen möglichst vermieden werden.561 Die RL verpflichtet die Mitgliedstaaten daher durch geeignete Schutzvorkehrungen sicherzustellen, dass ein solches Geschäft dem Wohl der Gesellschaft nicht zuwiderläuft. Hinsichtlich der näheren Ausgestaltung solcher „geeigneter Schutzvorkehrungen“ bleibt für die Mitgliedstaaten freilich ein weiter Spielraum, der letztlich nur durch den Grundsatz des effet utile begrenzt ist. Zu denken wäre aber etwa an Vertretungs- oder Haftungsregelungen.562

557 Vgl. Freitag AG 2007, 157, 160 f. 558 Ebenso Brosius (Fn. 534), S. 279 ff.; (zum RL-Entwurf) Schmolke WM 2005, 1828, 1834. 559 Ebenso (zum RL-Entwurf) Schmolke WM 2005, 1828, 1834; a.A. jedoch offenbar Brosius (Fn. 534), S. 279 ff. 560 Vgl. Drinkuth S. 215. 561 Vgl. SEK(2004) 1342, S. 6; Brosius (Fn. 534), S. 284 f.; Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/ Werlauff 3.41; Grundmann Rn. 352; Schmolke WM 2005, 1828, 1836; van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 36; Wymeersch (Fn. 6), S. 22. 562 Vgl. auch Schmolke WM 2005, 1828, 1836.

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Sanktionen für den Fall einer unzulässigen Gewährung von financial assistance 19.160 enthält die RL nicht; den Mitgliedstaaten bleibt also auch insoweit ein weiter Spielraum.563 Auch diesbezüglich ergibt sich jedoch jedenfalls bereits aus dem Gebot des effet utile (vgl. Art. 4 Abs. 3 EUV), dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen zu treffen564. (d)  Umsetzung in Deutschland Für das deutsche Aktienrecht war das – in der ursprünglichen Fassung der RL nor- 19.161 mierte – Verbot der financial assistance ein echtes Novum.565 Der Gesetzgeber lehnte sich daher bei der Umsetzung in § 71a Abs. 1 AktG eng an den Wortlaut des Art. 23 Abs. 1 KapRL a.F. an.566 Von den durch Art. 64 f. GesRRL (G Art. 25 f. KapRL) eröffneten Spielräumen wurde i.R.d. ARUG567 trotz entsprechender Forderungen aus Schrifttum und Praxis568 aufgrund der rechtspolitischen Brisanz569 kein Gebrauch gemacht.570 Zweifelhaft ist allerdings, ob die durch das ARUG erfolgte Neuregelung der 19.162 Rechtsfolgen des Hin- und Herzahlens in § 27 Abs. 4 AktG mit Art. 64 GesRRL (G Art. 25 KapRL) vereinbar ist. Beschränkt man den Anwendungsbereich des Art. 64 Abs. 1 GesRRL (G Art. 25 Abs. 1 KapRL) auf den derivativen Erwerb (zur Problematik → 19.154), so schließen sich financial assistance und Hin- und Herzahlen bereits tatbestandlich gegenseitig aus.571 Soweit man dagegen auch den originären Erwerb als von Art. 64 GesRRL (G Art. 25 KapRL) erfasst ansieht, wäre in denjenigen Fällen, in denen das Hin- und Herzahlen zugleich eine unzulässige financial assistance darstellt und deshalb kein wirksamer Rückzahlungsanspruch entsteht, jedenfalls auch die Erfüllungswirkung nach § 27 Abs. 4 S. 1 AktG zu verneinen.572 563 Vgl. Kalss (Fn. 38), S. 119, 264; Lösekrug S. 148 f.; Wooldridge [1978] Acta Juridica 327, 339. 564 Vgl. allgemein zur Sanktionspflicht aufgrund des effet utile bei der Umsetzung von Richtlinien: EuGH v. 8.6.1994, Kommission ./. Vereinigtes Königreich, C-383/92, ECLI:EU:C:1994:234, Rn. 40; EuGH v. 18.10.2001, Kommission ./. Irland, C-354/99, ECLI:EU:C:2001:550, Rn. 46. 565 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 56; Habersack/Verse § 6 Rn. 56; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71a Rn. 1; GroßkommAktG/Merkt § 71a Rn. 5. 566 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 56; Kindl ZEuP 1994, 77, 84; W. Müller WPg 1978, 565, 572; Schwarz, Rn. 610. 567 Fn.  34. 568 Vgl. Paschos/Goslar AG 2009, 605, 617. 569 Vgl. Böttcher NZG 2008, 481, 485; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71a Rn. 5; Seibert/ Florstedt ZIP 2008, 2145, 2149. 570 Vgl. dazu auch Begr. Rechtsausschuss, BT-Drs. 16/13098, S. 38. Vgl. zur Umsetzung in anderen Mitgliedstaaten Hooft (2011) 8 ECL 157, 159. 571 So K. Schmidt/Lutter/Bezzenberger § 71a Rn. 20; s. ferner auch KK-AktG/Arnold § 27 Rn. 136 (beschränkt auf originären Erwerb i.R.d. Gründung) sowie tendenziell auch Heidel/Polley § 27 AktG Rn. 76. Vgl. zum Ganzen auch K. Schmidt/Lutter/Bayer § 27 Rn. 100; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 840. 572 Zutreffend Begr. Rechtsausschuss, BT-Drs. 16/13098, S. 56; Brosius (Fn. 534), S. 81 f.; Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg § 56 AktG Rn. 13; Habersack AG 2009, 557, 562;

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(2)  Inpfandnahme (Art. 66 GesRRL [ G Art. 27 KapRL]) 19.163 Der auf das deutsche Vorbild des § 71 Abs. 3 S. 1 AktG 1965 zurückgehende573 Art. 66 GesRRL (G  Art. 27 KapRL) trägt dem Umstand Rechnung, dass auch im Falle der Inpfandnahme eigener Aktien ein charakteristisches Gefährdungspotential besteht574. Abs. 1 stellt daher die Inpfandnahme eigener Aktien durch die Gesellschaft selbst oder eine im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelnde Person dem Erwerb eigener Aktien gleich. Abs. 2 gestattet575 den Mitgliedstaaten jedoch, diese Gleichstellung nicht auf die laufenden Geschäfte von Banken und anderen Finanzinstituten zu erstrecken; Hintergrund waren die im Depotgeschäft üblichen Pfandklauseln, die nicht unterbunden werden sollten. Zu beachten ist, dass die Gleichstellung des Abs. 1 sich nur auf die Vorschriften der Art. 60, 61 Abs. 1, 63, 64 GesRRL (G Art. 21, 22 Abs. 1, 24 und 25 KapRL), nicht hingegen auf die Sanktionsregelungen in Art. 61 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 22 Abs. 2 und 3 KapRL) sowie Art. 62 GesRRL (G Art. 23 KapRL) erstreckt; die Sanktionierung unzulässiger Inpfandnahme bleibt also den Mitgliedstaaten überlassen576. Aus deutscher Sicht war Art. 66 GesRRL (G  Art. 27 KapRL) – wie bereits er19.164 wähnt – größtenteils eine europarechtliche Bestätigung des bereits geltenden Rechts. Die frühere Regelung des § 71 Abs. 3 Akt 1965 konnte daher im Wesentlichen unverändert in § 71e AktG übernommen werden577, wobei insbesondere auch am tradierten Sanktionssystem (Nichtigkeit des Erwerbs, soweit die Aktien nicht voll eingezahlt werden) festgehalten werden konnte578. Anpassungsbedarf bestand lediglich im Hinblick auf die Ausnahmemöglichkeit für Banken und Finanzinstitute; letztlich handelte es sich hierbei allerdings nur um eine Klarstellung, da die Beschränkung auf „laufende Geschäfte“ auch bereits zuvor der gängigen Praxis entsprach.579

ders. FS Hopt, 2010, S. 725, 740; GroßkommAktG/Schall § 27 Rn. 81 ff., 394; vgl. auch K. Schmidt/Lutter/Bayer § 27 Rn. 100; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 840; Spindler/ Stilz/Herrler § 27 Rn. 296; Herrler/Reymann DNotZ 2009, 914, 930; s. ferner auch Ekkenga ZIP 2010, 2469, 2472 (Ausnahme für Transaktionen innerhalb eines Konzernverbunds). 573 Vgl. BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 16; Edwards S. 73. 574 Vgl. Drinkuth S. 216; Edwards S. 73; van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 31. 575 Vgl. zum Charakter als Mitgliedstaatenoption auch Drinkuth S. 216; Edwards S. 73; Werlauff S. 272. 576 Ebenso i.E. Lösekrug S. 147; abweichend jedoch Werlauff S. 272 (der von einer Nichtigkeit ausgeht). 577 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 57; Ganske DB 1978, 2461, 2464; Hüffer NJW 1979, 1065, 1069; Kindl ZEuP 1994, 77, 85; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71e Rn. 4; W. Müller WPg 1978, 565, 570. 578 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 57; Ganske DB 1978, 2461, 2464; Lösekrug S. 147; W. Müller WPg 1978, 565, 571. 579 Vgl. BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 17; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 57; W. Müller WPg 1978, 565, 570.

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(3)  Erwerb durch Tochtergesellschaften (Art. 67 GesRRL [ G Art. 28 KapRL]) Eine geradezu „klassische“ Möglichkeit der Umgehung der strikten Regeln betref- 19.165 fend Zeichnung und Erwerb eigener Aktien ist ferner die Zwischenschaltung einer Tochtergesellschaft.580 Die ursprüngliche Fassung der KapRL enthielt hierfür jedoch gleichwohl keine Regelung, da diese Materie der (damals noch in Planung befind­lichen) 9. (Konzernrechts-)RL (→ 12.1 ff.) vorbehalten werden sollte.581 Nachdem jedoch Anfang der 1990er Jahre das Scheitern dieses ambitionierten Projekts offenkundig geworden war (→ 12.4), beugte sich der europäische Gesetzgeber aber schließlich doch den bereits seit langem geäußerten Forderungen582 nach einer Regelung und fügte durch die RL 92/101/EWG (→ 19.5) die Vorschrift des Art. 67 GesRRL (G Art. 28 KapRL, damals als Art. 24a KapRL) ein.583 Kernstück der Regelung ist Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 28 Abs. 1 19.166 UAbs. 1 KapRL): Die Gleichstellung von Zeichnung, Erwerb oder Besitz von Aktien der Gesellschaft durch eine „abhängige“ Gesellschaft mit demjenigen der Gesellschaft selbst. Zeichnung, Erwerb und Besitz von Aktien durch eine „abhängige“ Gesellschaft sind also prinzipiell nur dann zulässig, wenn die Gesellschaft die Aktien auch selbst zeichnen, erwerben oder besitzen könnte.584 Erfasst werden jedoch nur „abhängige“ Gesellschaften in einer Rechtsform i.S.d. Anhang II GesRRL (G Art. 1 PubRL, → 18.10 f.) sowie gem. Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 28 Abs. 1 UAbs. 2 KapRL) auch Gesellschaften aus Drittstaaten in einer vergleichbaren Rechtsform (also z.B. eine corporation nach dem Recht von Delaware).585 Eine die Gleichstellung auslösende „Abhängigkeit“ liegt gem. Art. 67 Abs. 1 19.167 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 28 Abs. 1 UAbs. 1 KapRL) vor, wenn die Aktiengesellschaft „unmittelbar oder mittelbar über die Mehrheit der Stimmrechte“ der Tochter verfügt oder auf diese „unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss“ ausüben kann. Angesichts der mangelnde Harmonisierung des Konzernrechts lässt die RL den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Definition dieser Abhängigkeitstatbestände allerdings einen weiten Spielraum586: Art. 67 Abs. 2 GesRRL (G Art. 28 Abs. 2 KapRL) räumt den Mitgliedstaaten explizit die Definitionsmacht hinsichtlich derjenigen Fälle ein, in denen von einem beherrschenden Einfluss (lit. a), einer Stimmenmehrheit (lit. c) oder einem mittelbaren beherrschenden Einfluss bzw. einer mittelbaren Stim-

580 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 55. 581 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 55; Fankhauser S. 189; Lutter/ Drygala (Fn. 450), § 71d Rn. 4; GroßkommAktG/Merkt § 71d Rn. 3; Pipkorn ZHR 141 (1977) 330, 347. 582 Siehe schon Lutter EuR 1975 44, 59; Temple Lang (1972) Irish Jurist 306, 310. 583 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 55; Fankhauser S. 189; KK-AktG/ Lutter/Drygala § 71d Rn. 4. 584 Vgl. Fankhauser S. 189. 585 Vgl. Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.5; dazu auch Drinkuth S. 217 f.; Fankhauser S. 191. 586 Vgl. Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.6.

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menmehrheit (lit. b) ausgegangen werden kann. Begrenzt wird dieses Definitionsrecht lediglich durch die in lit. a genannten Fälle, in denen – soweit vom Definitionsrecht Gebrauch gemacht wird – auf jeden Fall die Möglichkeit der Ausübung eines beherrschenden Einflusses anzunehmen ist.587 19.168 Ferner gestattet die KapRL den Mitgliedstaaten in zahlreichen Fällen Ausnahmen von der Gleichstellung. Gem. Art. 67 Abs. 1 UAbs. 3 GesRRL (G  Art. 28 Abs. 1 UAbs. 3 KapRL) ist ein Absehen von der Gleichstellung im Falle der bloß mittelbaren „Abhängigkeit“ (mittelbare Stimmenmehrheit oder mittelbar beherrschender Einfluss) zulässig, sofern der betreffende Mitgliedstaat vorsieht, dass die mit den von der Tochter gehaltenen Aktien verbundenen Stimmrechte ausgesetzt werden. Hier sah man auf europäischer Ebene ein geringeres Gefährdungspotential, so dass eine „flexiblere“ Regelung gerechtfertigt erschien.588 Art. 67 Abs. 3 GesRRL (G  Art. 28 Abs. 3 Kap-RL) gestattet den Mitgliedstaaten eine Ausnahme für den Fall, dass die „abhängige“ Gesellschaft lediglich als mittelbarer Stellvertreter (d.h. im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung) handelt und der mittelbar Vertretene weder die Gesellschaft noch eine andere „abhängige Gesellschaft“ ist; in diesem Fall ist der Kapitalschutz zumindest bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht tangiert589. Die Ausnahmemöglichkeit in Art. 67 Abs. 4 GesRRL (G Art. 28 Abs. 4 KapRL) für bestimmte berufsmäßige Wertpapierhändler trägt dem Umstand Rechnung, dass auch hier eine Beeinträchtigung der Ziele der RL ausgeschlossen erscheint.590 Art. 67 Abs. 5 UAbs. 1 GesRRL (G  Art. 28 Abs. 5 UAbs. 1 KapRL) schließlich gestattet es den Mitgliedstaaten, von einer Gleichstellung abzusehen, wenn der maßgebliche Erwerb vor der Begründung des Abhängigkeitsverhältnisses erfolgte; allerdings muss auch dann das Stimmrecht ausgesetzt werden und die Aktien werden bei der Entscheidung, ob die Bedingungen gem. Art. 60 Abs. 1 S. 2 lit. b GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 S. 2 lit. b KapRL) erfüllt sind, in Betracht gezogen. Nicht unerheblicher Spielraum wird den Mitgliedstaaten aber auch im Hinblick 19.169 auf die Sanktionierung von Verstößen eingeräumt: Nach der auf niederländischem Vorbild beruhenden591 Optionsmöglichkeit in Art. 67 Abs. 6 GesRRL (G  Art. 28 Abs. 6 KapRL) können sie von der Anwendung von Art. 61 Abs. 2 und 3 sowie Art. 62 GesRRL (G Art. 22 Abs. 2 und 3 sowie Art. 23 KapRL) absehen, sofern das Stimmrecht aus den betreffenden Aktien ausgesetzt und das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan592 der Gesellschaft verpflichtet wird, die Aktien zum Erwerbspreis von

587 Vgl. Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.6. Näher zu Inhalt und Entstehungsgeschichte: Kindl ZEuP 1994, 77, 88 ff.; s. ferner auch Fankhauser S. 190 f.; Schwarz Rn. 613. 588 Vgl. ErwG 5 RL 92/101/EWG (→ 19.5); s. ferner Drinkuth S. 219; Kalss (Fn. 38), S. 119, 258 sowie (kritisch) Kindl ZEuP 1994, 77, 91. 589 Ähnlich Drinkuth S. 219. 590 Vgl. ErwG 7 RL 92/101/EWG (→ 19.5). S. ferner auch Drinkuth S. 219. 591 Vgl. Kalss (Fn. 38), S. 119, 259. 592 In der deutschen Fassung hieß es zwar nur „Verwaltungsrat“; dieser Übersetzungsfehler wurde jedoch inzwischen berichtigt (ABlEU v. 18.6.2016, L 161/41).

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der Tochter zurückzuerwerben (letzteres ist allerdings nicht erforderlich, wenn die Verwaltung nachweist, dass die Gesellschaft an Zeichnung bzw. Erwerb der Aktien gänzlich unbeteiligt war). Das deutsche Aktienrecht bedurfte aufgrund von Art. 67 GesRRL (G Art. 28 Kap- 19.170 RL) keiner Anpassung, da Zeichnung und Erwerb eigener Aktien durch Tochtergesellschaften bereits durch § 71d AktG593 erfasst waren;594 die Vorschrift ist nun aber freilich richtlinienkonform auszulegen595. 5.  Kapitaländerungen (Art. 68–82 GesRRL [ G Art. 29–43 KapRL]) Neben den Vorschriften zu Kapitalaufbringung und der Kapitalerhaltung enthält 19.171 die RL als weiteren wesentlichen Regelungskomplex in den Art. 68–82 GesRRL (G  Art. 29–43 KapRL) auch umfassende Vorschriften über Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen, die den nationalen Rechtsordnungen auch insoweit einen – teilweise bis ins Detail gehenden – Rahmen vorgeben. a)  Kapitalerhöhungen (Art. 68–72 GesRRL [ G Art. 29–33 KapRL]) Grundintention der umfangreichen Vorschriften über die Kapitalerhöhung in 19.172 Art. 68–72 GesRRL (G  Art. 29–33 KapRL) ist der Schutz der (Alt-)Aktionäre;596 dem Schutz der Gläubiger kommt insoweit eher periphere Bedeutung zu597. Das Schutzkonzept der RL ruht dabei im Wesentlichen auf drei Säulen: Erstens die Kompetenzzuweisung an die Hauptversammlung (Art. 68 GesRRL [G  Art. 29 KapRL], → 19.173ff.), zweitens Vorschriften betreffend die ordnungsgemäße Aufbringung des neuen Kapitals (Art. 69–71 GesRRL [G Art. 30–32 KapRL], → 19.189 ff.) und drittens das in Art. 72 GesRRL (G Art. 33 KapRL) verankerte Prinzip des Bezugsrechts (→ 19.203).598

593 Vgl. zur Historie der Vorschrift ausf. Huber FS Duden, 1977, S. 137 ff. 594 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 55; Lösekrug S. 149; GroßkommAktG/Merkt § 71d Rn. 3; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71d Rn. 4. 595 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 55; Kindl ZEuP 1994, 77, 93 ff.; Lösekrug S. 149; KK-AktG/Lutter/Drygala § 71d Rn. 4. 596 Vgl. EuGH v. 30.5.1991, Karella, C-19/90 u. C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229, Rn. 25; EuGH v. 24.3.1992, Eleftheras, C-381/89, ECLI:EU:C:1992:142, Rn. 32; EuGH v. 12.5.1998, Kefalas, C-367/96, ECLI:EU:C:1998:222, Rn. 28; EuGH v. 12.3.1996, Pafitis, C-441/93, ECLI:EU:C:1996:92, Rn. 38; EuGH v. 23.3.2000, Diamantis, C-373/97, ECLI:EU:C:2000:150, Rn. 32; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 59; Drinkuth S. 223; Edwards S. 77; Fankhauser S. 198; Grundmann Rn. 353; Habersack/ Verse § 6 Rn. 68 f.; Kalss (Fn. 38), S. 119, 268; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 358; Nobel Kap. 3 Rn. 50. 597 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 59; Fankhauser S. 199. 598 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 59.

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aa)  Hauptversammlungskompetenz (1)  Grundsatzzuständigkeit der Hauptversammlung (Art. 68 Abs. 1 GesRRL [ G Art. 29 Abs. 1 KapRL]) (a)  Ratio und Anwendungsbereich 19.173 Gem. Art. 68 Abs. 1 S. 1 GesRRL (G  Art. 29 Abs. 1 S. 1 KapRL) muss jede Kapitalerhöhung von der Hauptversammlung beschlossen werden. Diese Grundsatzzuständigkeit der Hauptversammlung soll den Aktionären die Gewähr dafür bieten, dass eine Entscheidung, das Grundkapital zu erhöhen und damit die Proportionen der Anteile der Aktionäre zu verändern, nicht ohne ihre Beteiligung an der Ausübung der Entscheidungsbefugnis der Gesellschaft getroffen wird;599 die Begründung zum KapRL-E 1970 bezeichnete sie denn auch als „unentbehrliche Garantie“600. Nach Wortlaut, Systematik und Ratio handelt es sich hierbei insbesondere auch 19.174 um eine zwingende Zuständigkeit, die nicht satzungsdispositiv ist (arg. e contrario ex Art. 68 Abs. 2 GesRRL [G Art. 29 Abs. 2 KapRL])601 und von der die Mitgliedstaaten – abgesehen von den Fällen der Art. 84 Abs. 1 GesRRL (G Art. 45 Abs. 1 KapRL, → 19.254) und Art. 84 Abs. 3 GesRRL (G Art. 45 Abs. 3 KapRL, → 19.256) − nicht abweichen dürfen. Darüber hinaus entschied der EuGH in der Grundsatzentscheidung Karella aus 19.175 dem Jahr 1991602 betreffend ein griechisches Sondergesetz, dass die Mitgliedstaaten von dieser zwingenden Grundsatzzuständigkeit – abgesehen von den Fällen des Art. 84 Abs. 1 GesRRL (G Art. 45 Abs. 1 KapRL) – nicht abweichen dürfen; unzulässig seien insbesondere auch Ausnahmebestimmungen im Hinblick auf Sanierungsmaßnahmen in Krisensituation oder in sonstigen besonderen Fallkonstellationen. Diese Judikatur wurde später in den (dasselbe griechische Gesetz betreffenden) Urteilen Eleftheras603, Kerafina604, Pafitis605, Kefalas606 und Diamantis607 bestätigt.608 Der EuGH begründete dies damit, dass der europäische Gesetzgeber für solche Sanierungsmaß599 EuGH v. 12.5.1998, Kefalas, C-367/96, ECLI:EU:C:1998:222, Rn. 28; EuGH v. 23.3.2000, Diamantis, C-373/97, ECLI:EU:C:2000:150, Rn. 32. 600 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 14. 601 Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 61; Grundmann Rn. 354; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 359. 602 EuGH v. 30.5.1991, Karella, C-19/90 u. C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229. Dazu Edwards S. 79 f.; Habersack/Verse § 6 Rn. 70; Fankhauser S. 202 ff.; Samara-Krispis/Steindorff (1992) 29 C.M.L. Rev. 614 ff.; Tellis EuZW 1992, 657 ff.; Tridimas (1992) 17 E.L.Rev. 158 ff.; Werlauff S. 233. 603 EuGH v. 24.3.1992, Eleftheras, C-381/89, ECLI:EU:C:1992:142. 604 EuGH v. 12.11.1992, Kerafina, C-134/91 und C-135/91, ECLI:EU:C:1992:434. 605 EuGH v. 12.3.1996, Pafitis, C-441/93, ECLI:EU:C:1996:92. 606 EuGH v. 12.5.1998, Kefalas, C-367/96, ECLI:EU:C:1998:222. Dazu Roth EWiR 1998, 907 f. 607 EuGH v. 23.3.2000, Diamantis, C-373/97, ECLI:EU:C:2000:150. 608 Generell äußerst kritisch zu dieser „Griechenland“-Rspr. Schön ZHR 174 (2010) 155 ff.

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nahmen in Krisensituationen – wie sich im Umkehrschluss aus Art. 60 Abs. 2 und 3, 83 Abs. 2, 84 Abs. 2, 86 Abs. 1 GesRRL (G Art. 21 Abs. 2 und 3, 44 Abs. 2, 45 Abs. 2 und 47 Abs. 1 KapRL) sowie mit Blick auf Art. 58 GesRRL (G Art. 19 KapRL) ergibt − gerade keine Ausnahme oder Abweichungsbefugnis vorgesehen habe.609 Vor allem aber würde durch derartige Ausnahmen auch das von der RL verfolgte Ziel des Schutzes der Aktionäre ernstlich in Frage gestellt.610 In der Rs. Pafitis stellte der EuGH überdies explizit klar, dass diese Rechtsprechung auch für in finanziellen Schwierigkeiten befindliche AG des Bankensektors gilt.611 Neue Brisanz gewann diese „Griechenland-Judikatur“ im Kontext der globalen 19.176 Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008. Die strengen Vorschriften der RL erwiesen sich hier häufig als Hürden für ein schnelles und effektives Krisenmanagement. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen wurde 2014 für Maßnahmen im Rahmen der BRRD der neue Ausnahmetatbestand des Art. 84 Abs. 3 GesRRL (G Art. 45 Abs. 3 KapRL) eingefügt ( 19.255). Während der globalen Finanzkrise und Wirtschaftskrise existierte aber gerade noch keine spezielle Sonderregelung. In Deutschland entbrannte daher eine heftige Diskussion um die Unionsrechtskonformität des gesetzlich genehmigten Kapitals612 gem. § 3 FMStBG.613 Hiergegen wurden verbreitet ganz erhebliche Bedenken geltend gemacht.614 Allerdings unterschied sich die Situation, in der § 3 FMStBG erlassen wurde, mit Blick auf die globale und systemische Dimension der Finanzkrise und den europäischen Konsens über die Notwendigkeit effektiver staatlicher Interventionen („Staatsnotstand“) doch deutlich von den vom EuGH in Karella 609 EuGH v. 30.5.1991, Karella, C-19/90 u. C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229, Rn. 27 f.; EuGH v. 24.3.1992, Eleftheras, C-381/89, ECLI:EU:C:1992:142, Rn. 34 f. 610 EuGH v. 30.5.1991, Karella, C-19/90 u. C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229, Rn. 26; EuGH v. 24.3.1992, EuGH v. 24.3.1992, Eleftheras, C-381/89, ECLI:EU:C:1992:142, Rn. 33; EuGH v. 12.3.1996, Pafitis, C-441/93, ECLI:EU:C:1996:92, Rn. 39; EuGH v. 23.3.2000, Diamantis, C-373/97, ECLI:EU:C:2000:150, Rn. 32. 611 EuGH v. 12.3.1996, Pafitis, C-441/93, ECLI:EU:C:1996:92, Rz. 24, 41. Dazu auch Hirte EWiR 1996, 1073 f.; Klinke ZGR 1996, 567, 587 ff. 612 Gem. § 3 FMStBG war der Vorstand eines als AG verfassten Unternehmens des Finanzsektors bis 31.12.2010 ermächtigt, das Grundkapital durch Ausgabe neuer Aktien gegen Einlagen an den Finanzmarktstabilisierungsfonds um bis zu 50 % zu erhöhen (die Ermächtigung bestand zunächst nur bis zum 31.12.2009, wurde dann aber bis zum 31.12.2010 verlängert [Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung v. 17.7.2009, BGBl. I 2009, 1980]). 613 Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung des Erwerbs von Anteilen an sowie Risikopositionen von Unternehmen des Finanzsektors durch den Fonds „Finanzmarktstabilisierungsfonds − FMS“ (Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz − FMStBG) v. 17.10.2008, BGBl. I 2008, 1982. 614 Vgl. Becker/Mock, FMStG, 2009, § 3 FMStBG Rn. 11 ff.; Binder WM 2008, 2340, 2346 f.; Brück/Schalast/Schanz BB 2008, 2526, 2531 f.; Hopt/Fleckner/Kumpan/Steffek WM 2009, 821, 826; Köndgen ZBB 2009, 142, 147; Mock EWiR 2009, 383, 384; Roitzsch/Wächter DZWiR 2009, 1, 2; Seiler/Wittgens ZIP 2008, 2245, 2248; Spindler DStR 2008, 2268, 2273; Veranneman/Gärtner in Jaletzky/Veranneman, 2009, § 3 FMStBG Rn. 11; Verse ZGR 2010, 299, 313; Waclawik ZIP 2008, 2339; Ziemons DB 2008, 2635, 2637 f.; zweifelnd ferner auch LG München I ZIP 2011, 376, 380 (m. Anm. Bayer/J. Schmidt, EWiR 2011, 187 f.); Ohler WiVerw 2010, 47, 52.

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etc. judizierten Sachverhalten.615 Schon in der 5. Aufl.616 wurde daher – im Einklang mit einer Reihe anderer Autoren617 − die Auffassung vertreten, dass tatbestandlich und zeitlich eng begrenzte Ausnahmen von der Hauptversammlungszuständigkeit zum Zwecke der schnellen und effektiven Durchführung von Rettungsmaßnahmen zugunsten systemrelevanter Banken – wie sie speziell in § 3 FMStBG vorgesehen waren – vor dem EuGH letztlich Stand halten würden. Diese Position wurde dann durch ein obiter dictum des EuGH in seinen Urteilen 19.177 in den Rs. Kotnik v. 19.7.2016618 (betreffend die Bankenmitteilung der Kommission aus dem Jahr 2013619) und Dowling v. 8.11.2016620 bestätigt. Darin führte der Gerichtshof aus, dass im Falle von außerordentlichen Maßnahmen, die im Fall beträchtlicher Störungen im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats sowie mit dem Ziel der Vermeidung eines systemischen Risikos und der Sicherstellung der Stabilität des Finanzsystems erlassen werden, Ausnahmen von der Grundsatzkompetenz der Hauptversammlung zulässig seien.621 Die Argumentationslinie des EuGH lässt sich mutatis mutandis insbesondere auch auf § 3 FMStBG übertragen: Die Norm hat damit – quasi posthum − doch noch ihre höchstrichterliche „Absolution“ erteilt bekommen.622 Bislang nicht abschließend geklärt ist aber, ob und inwieweit die Hauptversamm19.178 lungszuständigkeit auch noch nach Eröffnung eines Insolvenz- oder Reorganisationsverfahrens gilt. Gesichert ist insoweit aufgrund der Judikatur des EuGH zwar, dass sie im Falle von Abwicklungsregelungen, die die Gesellschaft zum Schutz der Rechte der Gläubiger einer Zwangsverwaltungsregelung unterstellen, keine Geltung mehr beansprucht.623 Problematisch und umstritten ist jedoch, ob Art. 68 GesRRL (G Art. 29 KapRL) nicht zumindest für Kapitalerhöhungen zu Sanierungszwecken im

615 Vgl. 5. Aufl. § 20 Rn. 159; MüKoAktG/Bayer, 3. Aufl. 2011, § 202 AktG Rz. 149; Köndgen ZBB 2009, 142, 147; Krämer/Kiefner, AG 2008, R507, R508; Noack AG 2009, 227, 231; Wieneke/Fett, NZG 2009, 8, 12. 616 5. Aufl. § 20 Rn. 159. 617 Vgl. Bayer (Fn. 615), § 202 AktG Rz. 149; Köndgen ZBB 2009, 142, 147; Noack AG 2009, 227, 230 f.; Schuster ZGR 2010, 325, 351; Seibert in FS Hopt, 2010, S. 2525, 2539 ff.; Wieneke/Fett NZG 2009, 8, 12; letztlich wohl auch Langenbucher, ZGR 2010, 75, 85; s. ferner auch Bayer/J. Schmidt EWiR 2011, 187, 188. 618 EuGH v. 19.7.2016, Kotnik, C-526/14, ECLI:EU:C:2016:570. Dazu von Bonin/Othoff EuZW 2016, 778 ff.; J. Schmidt AG 2016, 713, 715 f.; Stiegler EuZW 2016, 921 f. Vgl. ferner auch GA Wahl, Schlussanträge v. 22.6.2016, Dowling, C-41/15, ECLI:EU:C:2016:473, Rn. 44 ff. 619 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen ab dem 1. August 2013 auf Maßnahmen zur Stützung von Banken im Kontext der Finanzkrise („Bankenmitteilung“), ABlEU v. 30.7.2013, C 216/1. 620 EuGH v. 8.11.2016, Dowling, C-41/15, ECLI:EU:C:2016:836. Dazu Hammen WuB 2017, 272 ff.; Hübler NZI 2016, 990, 993 f.; Knauthe EWiR 2017, 69 f.; Kumpan/Pauschinger EuZW 2017, 327, 328 f.; Stiegler EuZW 2016, 921 f. 621 Näher dazu J. Schmidt AG 2016, 713, 715 f. 622 Vgl. J. Schmidt AG 2016, 713, 716. 623 Vgl. EuGH v. 30.5.1991, Karella, C-19/90 u. C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229, Rn. 30; EuGH v. 24.3.1992, Eleftheras, C-381/89, ECLI:EU:C:1992:142, Rn. 27; EuGH v. 12.3.1996, Pafitis, C-441/93, ECLI:EU:C:1996:92, Rn. 57 ff.

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Rahmen eines Insolvenz- oder Reorganisationsverfahrens gilt. Praktisch relevant wird dies etwa bei einem debt-to-equity-swap i.R.e. Insolvenzplanverfahrens gem. § 225a Abs. 2 InsO oder i.R.e. Reorganisationsverfahrens nach § 9 KredReorgG624.625 Durch den durch Art. 123 BRRD eingefügten Art. 84 Abs. 3 GesRRL (G Art. 45 Abs. 3 KapRL) ist aber immerhin geklärt, dass Art. 68 Abs. 1–3 GesRRL (G  Art. 29 Abs. 1–3 KapRL) keine Anwendung auf Abwicklungsinstrumente, -befugnisse und -mechanismen aufgrund der BRRD finden (→ 19.256). (b)  Ggf. Sonderbeschluss von Gattungsaktionären Sind mehrere Gattungen von Aktien vorhanden, so bedarf es gem. Art. 68 Abs. 3 19.179 GesRRL (G Art. 29 Abs. 3 KapRL) sogar eines gesonderten Beschlusses der Aktionäre jeder Gattung, deren Rechte durch die Maßnahme berührt werden. Die Notwendigkeit derartiger Sonderbeschlüsse erklärt sich daraus, dass sich durch eine Kapitalerhöhung auch das Verhältnis der Aktiengattungen untereinander verschieben kann.626 Der Begriff der „Aktiengattung“ ist weder in der RL noch sonst irgendwo im 19.180 europäischen Unternehmensrecht definiert. Aus Art. 72 Abs. 2 lit. b, 74 GesRRL (G Art. 33 Abs. 2 lit. b, Art. 35 KapRL) sowie Art. 60 SE-VO lässt sich jedoch ableiten, dass die Bezeichnung „Aktiengattung“ sich auf Aktien bezieht, welche dieselben Rechte vermitteln, d.h. Aktien mit unterschiedlichen Rechten bilden verschiedene Aktiengattungen; Art. 52 Abs. 4 SE-VOE 1989 und 1991 (→ 45.3) definierte sogar noch ausdrücklich: „Aktien mit gleichen Rechten bilden eine Gattung“.627 Wann genau die Rechte von Gattungsaktionären „berührt“ sind, ist allerdings 19.181 noch nicht abschließend geklärt.628 Irrelevant dürfte aber jedenfalls sein, ob die Aktien Stimmrechte verleihen oder nicht.629

624  Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten (Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz − KredReorgG) v. 9.12.2010, BGBl. I, 1900. 625 Zu dieser Problematik Bachmann ZBB 2010, 459, 464, 466; Drouven ZIP 2009, 1052; Eidenmüller FS Hopt, 2010, S. 1713, 1728, 1730; Eidenmüller/Engert ZIP 2009, 541, 547 f.; Madaus ZIP 2014, 500, 506; H. F. Müller KTS 2011, 1, 13 f.; Piekenbrock NZI 2012, 905, 907 f.; Richter ECFR 2009, 358, 361 ff.; K. Schmidt BB 2011, 1603, 1609 f.; Schön ZHR 174 (2010) 155 ff.; Schuster ZGR 2010, 325, 350 f.; Schuster/Westpfahl DB 2011, 221, 228 ff.; K. Schmidt/Spliedt § 225a InsO Rn. 14; Stöber ZinsO 2012, 1811, 1819 f.; ders. ZInsO 2013, 2457, 2460 ff.; Verse ZGR 2010, 299, 313 f.; Wertenbruch ZIP 2014, 1693, 1698; s. ferner BegrRegE z. KredReorgG BT-Drs. 17/3024, S. 56; BegrRegE z. ESUG, BR-Drs. 127/11, S. 26 f.; ausf. Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 521 ff. 626 EuGH v. 12.3.1996, Pafitis, C-441/93, ECLI:EU:C:1996:92, Rn. 39 ff. 627 Vgl. Lehmann/Kumpan/J. Schmidt Art. 43 CARD Rn. 5. 628 Vgl. zu diesem Problem näher Edwards S. 78; Fankhauser S. 200; Kalss (Fn. 38), S. 119, 268 f.; Werlauff S. 235. 629 Vgl. näher zur Problematik der Anwendbarkeit von Art. 68 Abs. 3 GesRRL (G Art. 29 Abs. 3 KapRL) auf Vorzugsaktionäre: Brause, Stimmrechtslose Vorzugsaktien bei Umwandlungen, 2002, S. 60 ff.; Grundmann Rn. 354; Lösekrug S. 158 ff. m.w.N.

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§ 19 GesRRL II: Die frühere Kapital-RL (KapRL)

(c)  Publizität, Mehrheitserfordernisse 19.182 Gem. Art. 68 Abs. 1 S. 2 GesRRL (G  Art. 29 Abs. 1 S. 2 KapRL) sind der Hauptversammlungsbeschluss630 sowie die Durchführung der Kapitalerhöhung nach Maßgabe der nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 16 GesRRL (G Art. 3 der PubRL (→ 18.14 ff.) offenzulegen. 19.183 Mehrheitserfordernisse sind in Art. 68 GesRRL (G Art. 29 KapRL) zwar nicht geregelt, im Umkehrschluss aus Art. 83 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 44 Abs. 1 KapRL) ergibt sich jedoch, dass eine einfache Stimmenmehrheit genügt.631 Den Mitgliedstaaten steht es insoweit jedoch frei, eine höhere Stimmen- oder ggf. zusätzlich auch eine Kapitalmehrheit vorzusehen.632 (d)  Einwand des Rechtsmissbrauchs 19.184 Bereits mehrfach Gegenstand der Rechtsprechung des EuGH war die Frage, inwieweit einem Aktionär, der eine Verletzung des Art. 68 Abs. 1 GesRRL (G Art. 29 Abs. 1 KapRL) geltend macht, der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden kann.633 Der Gerichtshof hat dies im Hinblick auf die Ratio der Vorschrift nur in sehr engen Grenzen zugelassen. Eine missbräuchlich Ausübung kann einem Aktionär insbesondere nicht allein deshalb zur Last gelegt werden, weil er Minderheitsaktionär ist634, weil ihm die Sanierung der einer Sanierungsregelung unterliegenden Gesellschaft zu Gute gekommen ist635, weil er sein Bezugsrecht nicht ausgeübt hat636, weil er zu den Aktionären gehört, die die Unterstellung der Gesellschaft unter eine für Gesellschaften in ernsten Schwierigkeiten geltende Regelung beantragt haben637, oder weil er vor der Klageerhebung eine gewisse Zeit hat verstreichen lassen638. In der Rs. Diamantis639 hat der EuGH die Annahme eines Rechtsmissbrauchs allerdings ausnahmsweise für den Fall als richtlinienkonform anerkannt, dass ein Aktionär sich unter mehreren ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen für denjenigen entscheidet, der den berech630 Bzw. in den Fällen des Art. 68 Abs. 3 GesRRL (G Art. 29 Abs. 3 KapRL) die Beschlüsse. 631 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 61; Drinkuth S. 224; Grundmann Rn. 353; Habersack/Verse § 6 Rn. 73; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 360; Lösekrug S. 155; Nobel Kap. 3 Rn. 50; Werlauff S. 234. 632 Vgl. Drinkuth S. 224 ff.; Habersack/Verse § 6 Rn. 73; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 360; Lösekrug S. 156. 633 Vgl. dazu Edwards, S. 80 ff.; Grundmann Rn. 353; Fankhauser S. 202 ff.; Habersack/ Verse § 6 Rn. 71; Schwarz Rn. 617. 634 EuGH v. 23.3.2000, Diamantis, C-373/97, ECLI:EU:C:2000:150, Rn. 36. 635  EuGH v. 12.5.1998, Kefalas, C-367/96, ECLI:EU:C:1998:222, Rn. 23 f.; EuGH v. 12.3.1996, Pafitis, C-441/93, ECLI:EU:C:1996:92, Rn. 70; EuGH v. 23.3.2000, Diamantis, C-373/97, ECLI:EU:C:2000:150, Rn. 36. 636  EuGH v. 12.5.1998, Kefalas, C-367/96, ECLI:EU:C:1998:222, Rn. 26 f.; EuGH v. 23.3.2000, Diamantis, C-373/97, ECLI:EU:C:2000:150, Rn. 36. 637 EuGH v. 23.3.2000, Diamantis, C-373/97, ECLI:EU:C:2000:150, Rn. 37. 638 EuGH v. 23.3.2000, Diamantis, C-373/97, ECLI:EU:C:2000:150, Rn. 39. 639 EuGH v. 23.3.2000, Diamantis, C-373/97, ECLI:EU:C:2000:150, Rn. 43.

§ 19 GesRRL II: Die frühere Kapital-RL (KapRL)

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tigten Interessen Dritter einen derart schweren Schaden zufügt, dass er offensichtlich unverhältnismäßig ist. (2)  Genehmigtes Kapital (Art. 68 Abs. 2 GesRRL [ G Art. 29 Abs. 2 KapRL]) Im Hinblick auf die einem Hauptversammlungsbeschluss immanente Schwerfällig- 19.185 keit, ist es von enormer praktischer Bedeutung, dass Art. 68 Abs. 2 GesRRL (G Art. 29 Abs. 2 KapRL) auch ein sog. genehmigtes Kapital ermöglicht, durch das der Verwaltung die nötige Flexibilität eingeräumt werden kann, um schnell und effektiv auf die sich am Markt bietenden Chancen reagieren zu können.640 Gem. Art. 68 Abs. 2 S. 1 GesRRL (G Art. 29 Abs. 2 S. 1 KapRL) kann die Satzung, der Errichtungsakt oder die Hauptversammlung zu einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals bis zu einem Höchstbetrag ermächtigen. Die Festlegung der exakten Höhe des Höchstbetrages bleibt insoweit den Mitgliedstaaten überlassen.641 Im Falle einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung ist diese nach Maßgabe der nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) offenzulegen.642 Der Hauptversammlungsbeschluss bedarf dabei − ebenso wie bei der regulären Kapitalerhöhung (→ 19.183) − der einfachen Stimmenmehrheit (arg. e contrario ex Art. 83 Abs. 1 GesRRL [G Art. 44 Abs. 1 KapRL]); die Mitgliedstaaten können aber auch insoweit strengere Anforderungen vorsehen. Als zeitliche Obergrenze für eine Ermächtigung sieht Art. 68 Abs. 2 S. 3 GesRRL (G Art. 29 Abs. 2 S. 3 KapRL) eine Maximaldauer von 5 Jahren vor; eine von der Hauptversammlung erteilte Ermächtigung kann allerdings ein- oder mehrmals für einen bestimmten Zeitraum − der jedoch jeweils 5 Jahre nicht überschreiten darf − verlängert werden. Da es sich jedoch auch insoweit lediglich um einen Mindeststandard handelt, steht es den Mitgliedstaaten frei, eine kürzere Maximaldauer oder einen Ausschluss bzw. eine Beschränkung der Erneuerungsmöglichkeit vorzusehen643 oder sogar vollkommen auf die Möglichkeit eines genehmigten Kapitals zu verzichten644. Hinsichtlich des Fristbeginns macht die RL keine Vorgaben; den Mitgliedstaaten steht es insofern frei, ob sie die Frist bereits mit dem Ermächtigungsbeschluss oder − im Interesse von Systemkonsistenz mit anderen nationalen Regelungen − erst später beginnen lassen.645 Sofern eine derartige Satzungs- bzw. Hauptversammlungsermächtigung besteht, 19.186 kann das nach dem jeweiligen nationalen Recht zuständige Verwaltungsorgan in640 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 60; Grohmann S. 292; Habersack/ Verse § 6 Rn. 75. 641 Vgl. Drinkuth S. 228; Fankhauser S. 206; Grundmann Rn. 355; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 361. 642 Vgl. Fankhauser S. 207; Habersack/Verse § 6 Rn. 76; Kalss (Fn. 38), S. 119, 270. 643 Vgl. Drinkuth S. 228; Grundmann Rn. 355; Habersack/Verse § 6 Rn. 75; Schwarz Rn. 619. Gegen die Möglichkeit einer Verkürzung der 5-Jahres-Frist jedoch (zu Unrecht) Fankhauser S. 206. 644 Drinkuth S. 229 f.; Habersack/Verse § 6 Rn. 75; Schwarz Rn. 619. 645 Vgl. OLG Hamm AG 2009, 791; MüKoAktG/Bayer § 202 Rn. 60; a.A. GroßkommAktG/Hirte § 202 Rn. 42, 145; Werlauff S. 231.

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nerhalb der Grenzen des in der Ermächtigung festgelegten Betrages eine Erhöhung des gezeichneten Kapitals beschließen. Die Verwaltung entscheidet also, ob, wann und in welchem Rahmen sie von der Ermächtigung Gebrauch macht. (3)  Wandel- und Optionsanleihen (Art. 68 Abs. 4 GesRRL [ G Art. 29 Abs. 4 KapRL]) 19.187 Gem. dem – auf belgischem Vorbild beruhenden646 − Art. 68 Abs. 4 GesRRL (G Art. 29 Abs. 4 KapRL) gelten die Vorgaben der Art. 68 Abs. 1–3 GesRRL (G Art. 29 Abs. 1–3 KapRL) auch für die Ausgabe aller Wertpapiere, die in Aktien umgewandelt werden können oder mit einem Bezugsrecht auf Aktien verbunden sind. Ratio ist, dass derartige Wertpapiere, insbesondere sog. Wandel- und Optionsanleihen, künftigen Einfluss auf die Beteiligungsstruktur implizieren (die Ausübung der Rechte aus solchen Wertpapieren konkurriert mit dem Bezugsrecht der Aktionäre)647, so dass eine Erstreckung der Grundsatzzuständigkeit der Hauptversammlung auch insoweit geboten erscheint.648 Den Vorgaben des Art. 68 Abs. 1–3 GesRRL (G Art. 29 Abs. 1–3 KapRL) unterliegt allerdings ausschließlich die Ausgabe solcher Wertpapiere, nicht hingegen deren Umwandlung oder die Ausübung des Bezugsrechts (Art. 68 Abs. 4 GesRRL a.E. [G Art. 29 Abs. 4 KapRL a.E.]); insoweit bedarf es keiner Mitwirkung der Hauptversammlung.649 (4)  Umsetzung in Deutschland 19.188 In Deutschland konnte angesichts des insoweit generell sehr liberalen Konzepts der KapRL unproblematisch am etablierten dreigliedrigen System aus ordentlicher (§§ 182 ff. AktG) und bedingter Kapitalerhöhung (§§ 192 ff. AktG) sowie genehmigtem Kapital (§§ 202 ff. AktG) festgehalten werden.650 Weiterhin konnte auch der traditionell hohe Schutzstandard im Hinblick auf die Mehrheitserfordernisse beibehalten werden: Das deutsche Aktienrecht fordert bei sämtlichen Varianten der Kapitalerhöhung nicht nur eine einfache Stimmenmehrheit (§ 133 Abs. 1 AktG), sondern darüber hinaus auch eine qualifizierte Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (§§ 182 Abs. 1 S. 1, 193 Abs. 1 S. 1, 202 Abs. 2 S. 2 AktG).651 Über den Mindeststandard der RL geht das deutsche Recht ferner auch insoweit hinaus, als das bedingte und das genehmigte Kapital jeweils auf die Hälfte des Grund646 Vgl. Edwards S. 79. 647 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 74; Kalss (Fn. 38), S. 119, 269. 648 Vgl. bereits RL-E 1970 (Fn. 1), S. 14. S. ferner Habersack/Verse § 6 Rn. 74. 649 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 63 Fn. 235; Edwards S. 79; Grundmann Rn. 353; Habersack/Verse § 6 Rn. 74; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 362; van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 39. 650 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 60. 651 Vgl. zur Zulässigkeit höherer Mehrheitserfordernisse → 19.183, 19.185. Speziell zur Zulässigkeit der deutschen Umsetzung: Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 60; Habersack/Verse § 6 Rn. 74; Lösekrug S. 155 f., 164.

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kapitals beschränkt sind (§§ 192 Abs. 3 S. 1, 202 Abs. 3 S. 1 AktG).652 Die strengen Publizitätsanforderungen des Art. 68 GesRRL (G Art. 29 KapRL) waren aus deutscher Sicht kein Novum; das AktG entsprach diesen Vorgaben bereits (vgl. §§ 184 Abs. 1, 188, 195, 201, 203 Abs. 1 S. 1 AktG).653 Umsetzungsbedarf bestand allerdings im Hinblick auf Art. 68 Abs. 4 GesRRL (G Art. 29 Abs. 4 KapRL); im Hinblick darauf war die Einführung des heutigen § 221 Abs. 2 AktG erforderlich.654 Zur Problematik im Hinblick auf § 3 FMStBG → 19.176 f. bb)  Aufbringung des neuen Kapitals (Art. 69–71 GesRRL [ G Art. 30–32 KapRL]) Im Hinblick darauf, dass die reale Kapitalaufbringung im Falle einer Kapitaler- 19.189 höhung grundsätzlich ebenso gewährleistet sein muss wie bei der erstmaligen Aufbringung des Grundkapitals,655 enthalten Art. 69–71 GesRRL (G Art. 30–32 KapRL) detaillierte Regelungen betreffend die Aufbringung des neuen Kapitals. Diese entsprechen aber angesichts der vergleichbaren Interessenlage materiell weitgehend den bereits erläuterten Regeln über die Aufbringung des Gründungskapitals (Art. 48 ff. GesRRL [G Art. 9 ff. KapRL], → 19.58 ff.).656 (1)  Einlagefähigkeit und Leistungszeitpunkt Einlagefähig sind selbstverständlich auch im Rahmen einer Kapitalerhöhung nur 19.190 Vermögensgegenstände, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist, nicht hingegen Verpflichtungen zu Arbeits- oder Dienstleistungen, denn auch insoweit gilt die allgemeine Regelung des Art. 46 GesRRL (G Art. 7 KapRL, → 19.52 f.). Die Vorschriften der Art. 69 und 70 Abs. 1 GesRRL (G Art. 30 und 31 Abs. 1 Kap 19.191 RL) hinsichtlich des Leistungszeitpunkts entsprechen weitgehend denjenigen des Art. 48 GesRRL (G Art. 9 KapRL). Bareinlagen müssen gem. Art. 69 S. 1 GesRRL (G Art. 30 S. 1 KapRL) in Höhe von mind. 25 % des Nennbetrages bzw. rechnerischen Wertes geleistet werden (vgl. Art. 48 UAbs. 1 GesRRL [G Art. 9 Abs. 1 KapRL] bei der Gründung, → 19.58). Ist ein Agio vorgesehen, so muss dieses nach der ausdrücklichen Anordnung in Art. 69 S. 2 GesRRL (G Art. 30 S. 2 KapRL) – anders als im Falle der Gründung (→ 19.58) − in voller Höhe geleistet werden.657 Zur Ausnahmeoption des Art. 84 Abs. 1 GesRRL (G Art. 45 Abs. 1 KapRL) → 19.254. Sacheinlagen müssen 652 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 60; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 361; Schwarz Rn. 619. 653 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 62; Lösekrug S. 156 f. 654 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 63; Ganske DB 1978, 2461, 2465; Hüffer NJW 1979, 1065, 1070; W. Müller WPg 1978, 565, 574; Schwarz Rn. 620. 655 Vgl. bereits RL-E 1970 (Fn. 1), S. 14. S. ferner Schwarz Rn. 618. 656 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 64; Edwards S. 83; Fankhauser S. 207; Grundmann Rn. 356; Habersack/Verse § 6 Rn. 77; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 363; Nobel Kap. 3 Rn. 53. 657 Vgl. auch Edwards S. 83; Fankhauser S. 208; Grundmann Rn. 356; Habersack/Verse § 6 Rn. 77; Kalss (Fn. 38), S. 119, 273; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 363; Werlauff S. 246.

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gem. Art. 70 Abs. 1 GesRRL (G Art. 31 Abs. 1 KapRL) – ebenso wie bei der Gründung (vgl. Art. 48 UAbs. 2 GesRRL [G Art. 9 Abs. 2 KapRL], → 19.59) − erst innerhalb von 5 Jahren geleistet werden, wobei Anknüpfungspunkt hier freilich der Beschluss über die Erhöhung des gezeichneten Kapitals ist. (2)  Wertprüfung bei Sacheinlagen 19.192 Im Falle von Sacheinlagen bedarf es gem. Art. 70 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 31 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1 KapRL) grundsätzlich auch bei der Kapitalerhöhung einer Wertprüfung durch einen oder mehrere unabhängige Sachverständige. Diese können – ebenso wie bei der Gründung (→ 19.62) − natürliche Personen, juristische Personen oder Gesellschaften sein (Art. 70 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 GesRRL [G Art. 31 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 KapRL]); sie müssen aber jedenfalls durch eine Verwaltungsbehörde oder ein Gericht bestellt oder zugelassen sein (Art. 70 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1 GesRRL [G Art. 31 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1 KapRL]). Hinsichtlich des Inhalts des Berichts (und damit auch des Gegenstandes der Prüfung) verweist Art. 70 Abs. 2 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 31 Abs. 2 UAbs. 2 KapRL) auf Art. 49 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 KapRL, → 19.63). Die Wertprüfung erstreckt sich dabei insoweit − ebenso wie richtiger Ansicht nach auch bei der Gründung (→ 19.64) − insbesondere auch darauf, ob ein etwaiges Agio vom Wert der Sacheinlage gedeckt ist; bei der Kapitalerhöhung kann hieran schon im Hinblick auf die ausdrückliche Regelung in Art. 69 S. 2 GesRRL (G Art. 30 S. 2 KapRL) kein Zweifel bestehen.658 Der Bericht des/der Sachverständigen ist – ebenso wie im Falle der Gründung (→ 19.64) – nach den nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) offenzulegen (Art. 70 Abs. 2 UAbs. 2 i.V.m. Art. 49 Abs. 3 GesRRL [G Art. 31 Abs. 2 UAbs. 2 i.V.m. Art. 10 Abs. 3 KapRL]). Die RL lässt allerdings in bestimmten Fällen Ausnahmen vom Wertprüfungser19.193 fordernis zu: Sie gestattet es nämlich den Mitgliedstaaten in drei Fallkonstellationen von einer Wertprüfung abzusehen. Erstens erklärt Art. 70 Abs. 2 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 31 Abs. 2 UAbs. 2 KapRL) die Mitgliedstaatenoptionen der Art. 50 f. GesRRL (G Art. 11 f. KapRL) für anwendbar (→ 19.70 ff.); die durch die RL 2006/68/EG (→ 19.6) erhöhte Flexibilität wurde konsequenterweise auch auf die Kapitalerhöhung erstreckt.659 Anders als i.R.d. Gründung (→ 19.75) ist für Kapitalerhöhungen in den Fällen des Art. 50 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 11 Abs. 2 und 3 KapRL) jedoch ein Minderheitenrecht (Quorum: 5 % des gezeichneten Kapitals) zur Durchsetzung einer Neubewertung vorgesehen (Art. 50 Abs. 2 UAbs. 4, ggf. i.V.m. Art. 50 Abs. 3 UAbs. 2 GesRRL [G  Art. 11 Abs. 2 UAbs. 4, ggf. i.V.m. Art. 11 Abs. 3 UAbs. 2 KapRL]). 658 Ausf. Bayer (Fn. 201), S. 21, 31 ff.; ebenso MüKoAktG/Bayer § 205 Rn. 22 ff.; Bayer/ Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 65; dies. ZGR 2009, 805, 843 f.; Drinkuth S. 233; Habersack/Verse § 6 Rn. 77; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2008, 534, 535, 540; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 363; Lösekrug S. 165 f.; J. Schmidt AG 2016, 713, 714. 659 Vgl. dazu SEK(2004) 1342, S. 7.

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Ein entsprechender Antrag kann noch bis zum Tag der tatsächlichen Einbringung des Vermögensgegenstandes gestellt werden. Damit dieses Minderheitenrecht auch tatsächlich effektiv wahrgenommen werden kann660, verlangt Art. 51 Abs. 2 S. 1 GesRRL (G Art. 12 Abs. 2 S. 1 KapRL), dass das Datum des Kapitalerhöhungsbeschlusses und die Angaben nach Art. 51 Abs. 1 GesRRL (G Art. 12 Abs. 1 KapRL) noch vor Wirksamwerden der Einbringung des Vermögensgegenstandes in einer gesonderten Bekanntmachung gem. Art. 16 GesRRL (G  Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) offengelegt werden. Dafür reduziert sich dann aber der Inhalt der Erklärung nach Art. 51 Abs. 1 GesRRL (G Art. 12 Abs. 1 KapRL, → 19.76) darauf, dass seit dieser Offenlegung keine neuen Umstände eingetreten sind (Art. 51 Abs. 2 S. 1 GesRRL [G Art. 12 Abs. 2 S. 1 KapRL]). Zweitens können die Mitgliedstaaten gem. Art. 70 Abs. 3 UAbs. 1 GesRRL 19.194 (G Art. 31 Abs. 3 Abs. 1 KapRL) − in Parallele zu Art. 49 Abs. 5 GesRRL (G Art. 10 Abs. 5 KapRL, → 19.68) − von einer Wertprüfung absehen, wenn die Kapitalerhöhung zur Durchführung einer Verschmelzung, einer Spaltung661 oder eines öffentlichen Übernahme- oder Umtauschangebotes zu dem Zweck erfolgt, das Entgelt an die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft, der gespaltenen Gesellschaft oder einer Gesellschaft zu leisten, die Gegenstand des öffentlichen Übernahme- oder Umtauschangebots ist. Ratio ist hier die Vermeidung überflüssiger (Doppel-)Bewertungen, da für nationale Verschmelzungen (→ 20.56 ff.), grenzüberschreitende Verschmelzungen (→ 22.76 ff.) und Spaltungen (→ 21.46 ff.) sowie für Übernahmen in der TBD (→ 28) insoweit inzwischen spezielle Prüfungen bzw. sonstige Schutzvorkehrungen vorgesehen sind.662 Im Falle einer Verschmelzung oder Spaltung darf von der Wertprüfung – entsprechend der Ratio der Norm – aber nur abgesehen werden, wenn auch tatsächlich ein Verschmelzungs- bzw. Spaltungsprüfungsbericht erstellt wird663 (Art. 70 Abs. 3 UAbs. 2 GesRRL [G Art. 31 Abs. 3 UAbs. 2 KapRL]). Gem. Art. 70 Abs. 3 UAbs. 3 GesRRL (G Art. 31 Abs. 3 UAbs. 3 KapRL) können die Mitgliedstaaten statt eines völligen Verzichts auf die Wertprüfung auch die Erstellung beider Berichte durch den- bzw. dieselben Sachverständigen gestatten.664 660 Vgl. Schäfer Konzern 2007, 407, 411. 661 Die Option wurde erst durch die RL 2009/109/EG (→ 19.8) auch auf Spaltungen erstreckt, um die insofern bis dato bestehende Inkonsistenz zu beseitigen, vgl. KOM(2008) 576, S. 4 f., 9; SEC(2008) 2486, S. 31 f. 662 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956; Edwards S. 84; Grundmann Rn. 356; s. ferner auch KOM(2008) 576, S. 4 f., 9; SEC(2008) 2486, S. 31 f. 663 Hintergrund sind die für nationale und grenzüberschreitende Verschmelzungen sowie Spaltungen vorgesehenen Ausnahmen (→ 20.64 ff., 20.145, 20.152, 21.52 ff., 21.109, 22.84 ff., 22.133 f.), vgl. KOM(2008) 576, S. 9; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 957. 664 Diese Option war ursprünglich ausdrücklich nur für Spaltungen vorgesehen (vgl. Art. 8 Abs. 3 SpRL a.F.). Durch die RL 2009/109/EG (→ 19.8) wurde sie aber im Interesse der Regelungskonsistenz in Art. 70 Abs. 3 Abs. 3 GesRRL (G Art. 31 Abs. 3 Abs. 3 KapRL) konsolidiert und ausdrücklich auch auf Verschmelzungen erstreckt, vgl. KOM(2008) 576, S. 4 f., 9; SEC(2008) 2486, S. 31 f.; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956; dies. BB 2010, 387, 389; Sandhaus NZG 2009, 41, 46. Einer Personenidentität dürfte allerdings auch zuvor nichts entgegengestanden haben, vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956.

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Drittens schließlich gestattet Art. 70 Abs. 4 GesRRL (G Art. 31 Abs. 4 KapRL) den Mitgliedstaaten einen Verzicht auf die Wertprüfung, wenn alle Aktien gegen Sacheinlage durch eine oder mehrere Gesellschaften ausgegeben werden, sofern alle Aktionäre der empfangenden Gesellschaft auf die Erstellung des Sachverständigenberichts verzichtet haben und die Bedingungen in Art. 49 Abs. 4 lit. a-f GesRRL (G Art. 10 Abs. 4 lit. a-f KapRL, → 19.67) erfüllt sind. (3)  Nachgründung

19.196 Die Vorschriften über die Nachgründung in Art. 52 GesRRL (G  Art. 13 KapRL, → 19.78 ff.) finden hingegen im Falle einer Kapitalerhöhung keine Anwendung665, denn Art. 70 Abs. 2 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 31 Abs. 2 UAbs. 2 KapRL) verweist explizit lediglich auf Art. 49 Abs. 2 und 3 sowie auf Art. 50 f. GesRRL (G  Art. 10 Abs. 2 und 3 sowie auf Art. 11 f. KapRL)666. Im Hinblick darauf, dass die RL auch für Kapitalerhöhungen lediglich einen Mindeststandard festlegt, steht es den Mitgliedstaaten allerdings frei, ihre nationalen Nachgründungsvorschriften auch auf Kapitalerhöhungen zu erstrecken.667 Darüber hinaus können sie aber − ebenso wie bei der Gesellschaftsgründung (→ 19.84 ff.) − auch weitergehende Maßnahmen zum Umgehungsschutz vorsehen.668 (4)  Volleinzahlungsprinzip 19.197 Art. 71 GesRRL (G Art. 32 KapRL) schließlich betrifft den Fall, dass eine Kapitalerhöhung nicht voll gezeichnet wird. In diesem Fall wird das Kapital nur dann um den Betrag der eingegangenen Zeichnungen erhöht, wenn die Ausgabebedingungen diese Möglichkeit ausdrücklich vorgesehen haben. Das Konzept der RL basiert also auf dem Volleinzahlungsprinzip669, Abweichungen hiervon sind nur bei ausreichender Transparenz670 zulässig. (5)  Umsetzung in Deutschland 19.198 Für das deutsche Aktienrecht bedeuteten die Regelungen in Art. 69 f. GesRRL (G  Art. 30 f. KapRL) erheblichen Anpassungsbedarf, der letztlich dazu führte, dass

665 Vgl. Drinkuth S. 234; Habersack/Verse § 6 Rn. 78; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 363; Lösekrug S. 167; Nobel Kap. 3 Rn. 53. 666 Vgl. Drinkuth S. 234; Habersack/Verse § 6 Rn. 78; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 363; Lösekrug S. 167; Nobel Kap. 3 Rn. 53. 667 Vgl. Drinkuth S. 237; Habersack/Verse § 6 Rn. 78. 668 Vgl. Drinkuth S. 237; Habersack/Verse § 6 Rn. 78; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 363. 669 Vgl. Fankhauser S. 208. S. ferner auch Kalss (Fn. 38), S. 119, 275 f.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 363; Morse (1977) 2 E.L. Rev. 126, 130. 670 Vgl. dazu Grohmann S. 295 f.

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das deutsche System der realen Kapitalaufbringung deutlich verbessert wurde671. Die in Art. 69 Abs. 2 GesRRL (G Art. 30 Abs. 2 KapRL) vorgeschriebene obligatorische Prüfung sämtlicher Sacheinlagen war aus deutscher Sicht nämlich ein völliges Novum, denn nach dem AktG 1965 war eine Prüfung nur dann durchzuführen, wenn das Registergericht Zweifel an der Werthaltigkeit der Sacheinlage hatte. Die betreffenden Vorschriften der §§ 184 Abs. 3, 188 Abs. 4, 195 Abs. 3 AktG 1965 mussten daher i.R.d. Umsetzung der KapRL gestrichen werden; stattdessen wurde durch die neu eingefügten §§ 183 Abs. 3, 194 Abs. 4, 205 Abs. 3 (heute Abs. 5) AktG generell die Prüfung von Sacheinlagen angeordnet.672 Aufgrund von Art. 70 Abs. 2 UAbs. 2 i.V.m. Art. 49 Abs. 3 GesRRL (G Art. 31 Abs. 2 UAbs. 2 i.V.m. Art. 10 Abs. 3 KapRL) bedurfte es ferner einer Ergänzung der Publizitätspflichten dahingehend, dass auch der Prüfungsbericht beim Handelsregister einzureichen ist (§ 184 Abs. 1 S. 2 AktG i.d.F.d. KapRiLiG [jetzt § 184 Abs. 2 AktG], § 195 Abs. 2 Nr. 1 AktG).673 Mit dem ARUG674 hat der Gesetzgeber aber zumindest partiell675 von den neuen Optionen gem. Art. 70 Abs. 2 UAbs. 2 i.V.m. Art. 50 f. GesRRL (G Art. 31 Abs. 2 UAbs. 2 i.V.m. Art. 11 f. KapRL) Gebrauch gemacht und die Möglichkeit eines „vereinfachten Verfahrens“ ohne externe Wertprüfung unter den Voraussetzungen des neuen § 33a AktG konsequenterweise auch auf alle Varianten der effektiven Kapitalerhöhung erstreckt (§§ 183a Abs. 1, 194 Abs. 5, 205 Abs. 5 S. 1 AktG n.F.).676 Die hochkomplexen Verfahrensregelungen stellen indes für die Praxis eine Herausforderung dar.677 Im Rahmen der handwerklichen Umsetzung der Vorgaben der KapRL durch das 19.199 KapRiLiG (→ 19.13) sind dem deutschen Gesetzgeber 1978 allerdings die Verweise im Recht der Kapitalerhöhung in §§ 183 Abs. 3, 194 Abs. 4, 205 Abs. 3 AktG a.F. auf das Gründungsrecht völlig misslungen; denn da nur auf §§ 33 Abs. 3–5, 34 Abs. 2 und 671 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 64. Art. 24 KapRL-E 1970 (Fn. 1) hatte demgegenüber noch vorgesehen, dass die Hauptversammlung über die Gültigkeit entscheiden sollte, wenn die Kapitalerhöhung nicht voll gezeichnet wurde, vgl. dazu näher Edwards S. 84; Fankhauser S. 208 f. 672 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 64; Ganske, DB 1978, 2461, 2465; Hüffer NJW 1979, 1065, 1070; W. Müller WPg 1978, 565, 573. 673 Die durch das KapRiLiG (→ 19.13) eingeführten Zusatzbekanntmachungspflichten in §§ 190 S. 1, 196 S. 1 AktG wurden m.W.v. 1.1.2007 durch das EHUG gestrichen, vgl. dazu BegrRegE z. EHUG, BT-Drs. 16/960, S. 34, 66. 674 Fn.  34. 675 Art. 50 Abs. 3 GesRRL (G Art. 11 Abs. 3 KapRL) wurde nicht umgesetzt (→ 19.77). 676 Dazu näher Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 814 ff.; Böttcher NZG 2008, 481, 484; Drinhausen/Keinath BB 2008, 2078, 2080; Herrler/Reymann DNotZ 2009, 914, 932 f.; Klasen BB 2008, 2694, 2697 ff.; Merkner/Decker NZG 2009, 887, 889 ff.; Paschos/Goslar AG 2008, 605, 613 f.; Seibert/Florstedt ZIP 2008, 2145, 2150; Zetzsche Konzern 2008, 321, 329 f. 677 Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 820 f., 845. S. ferner Bosse NZG 2009, 807, 808; DNotV Stellungnahme zum ARUG-RefE (), S. 12 (ausdrücklich abratend); Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2008, 534, 540 („wertlos“); ders. NZG 2009, 97 f. („kein Anreiz“, „eher abschreckend“); Herrler/Reymann DNotZ 2009, 914, 935; Klasen BB 2008, 2694, 2698 f; Merkner/Decker NZG 2009, 887, 891; Paschos/Goslar AG 2008, 605, 613 f.; dies. AG 2009, 14, 19 f.

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§ 19 GesRRL II: Die frühere Kapital-RL (KapRL)

3, 35 AktG – nicht aber auf § 34 Abs. 1 AktG − verwiesen wurde, fehlte jegliche Regelung zum Prüfungsgegenstand.678 Durch das ARUG679 erfolgte 2009 dann zwar eine Korrektur insofern, als durch den Verweis auf den gesamten § 34 AktG nunmehr auch die Regelung zum Prüfungsgegenstand in § 34 Abs. 1 AktG miteinbezogen ist.680 Der Wortlaut des § 34 Abs. 1 Nr. 2 AktG steht indes nach wie vor im Widerspruch zu den Vorgaben von Art. 70 Abs. 2 UAbs. 2 i.V.m. Art. 49 Abs. 2 GesRRL (G Art. 31 Abs. 2 UAbs. 2 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 KapRL); bedauerlicherweise hat es der Gesetzgeber auch im Zuge der Aktienrechtsnovelle 2016681 versäumt, den Wortlaut des § 34 Abs. 1 Nr. 2 AktG anzupassen.682 Inzwischen hat sich jedoch in Literatur683 und Rspr.684 zu Recht die Auffassung durchgesetzt, dass § 34 Abs. 1 Nr. 2 AktG (egal ob er direkt oder kraft Verweisung in §§ 183 Abs. 3, 194 Abs. 4, 205 Abs. 5 S. 1 AktG angewendet wird) richtlinienkonform dahin auszulegen ist, dass sich die Wertprüfung auch auf ein etwaiges Agio erstreckt (vgl. auch bereits → 19.66). Die nun in § 27 Abs. 3 AktG kodifizierte Lehre von der verdeckten Sacheinlage 19.200 sowie das deutsche Rechtsinstitut der Sachübernahme sind aus denselben Gründen wie bei der Gesellschaftsgründung auch i.R.d. Kapitalerhöhung richtlinienkonform (→ 19.85 ff.). Art. 71 GesRRL (G  Art. 32 KapRL) hatte aus deutscher Sicht keine Relevanz, 19.201 denn nach deutschem Aktienrecht ist die Kapitalerhöhung unwirksam, wenn die Aktien nicht voll gezeichnet werden (vgl. § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG).685

678 Vgl. MüKoAktG/Bayer § 205 AktG Rn. 31; ders. FS Ulmer, 2003, S. 21, 36; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 65; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler, Hefermehl/Eckard/Kropff, AktG, 1994, § 183 Rn. 91 („Wortlaut seltsam undeutlich“); KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 183 Rn. 52; J. Schmidt AG 2016, 713, 714; kritisch ferner auch GroßkommAktG/Wiedemann § 183 Rn. 82. 679 Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v. 30.7.2009, BGBl. I 2009, 2479. 680 Vgl. MüKoAktG/Bayer § 205 Rn. 31; Bayer/J. Schmidt, ZGR 2009, 805, 844; J. Schmidt AG 2016, 713, 714 f. 681 Fn.  213. 682 Vgl. J. Schmidt AG 2016, 713, 715. 683 Ausf.: Bayer in FS Ulmer, 2003, S. 21, 34 ff.; vgl. weiter Baldamus S. 93; MüKoAktG/ Bayer § 205 AktG Rz. 33; K. Schmidt/Lutter/Bayer § 34 AktG Rn. 7; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 32; dies. ZGR 2009, 805, 843 f.; Fankhauser S. 146; Habersack/Verse § 6 Rn. 77; Henssler/Strohn/Hermanns § 183 AktG Rn. 23; MünchHdbGesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 25; Hüffer/Koch § 34 AktG Rn. 3, § 183 AktG Rz. 16; MünchHdbGesR IV/Scholz § 57 Rn. 51; Lösekrug S. 87 f.; MüKoAktG/Pentz § 34 Rn. 12; Priester FS Lutter, 2000, S. 617, 622 ff.; GroßkommAktG/Röhricht/Schall § 34 Rn. 13 ff.; J. Schmidt AG 2016, 713, 714 f.; MüKoAktG/Schürnbrand § 183 Rn. 63; Spindler/Stilz/Servatius § 183 AktG Rz. 41; Veil in K. Schmidt/Lutter/Veil § 183 AktG Rn. 25; GroßkommAktG/Wiedemann § 183 Rn. 82. Vgl. weiter aus der WP-Praxis: Angermayer WPg 1998, 914, 915; Penné, Die Prüfung der Sacheinlagen nach Aktienrecht, 1984, S. 239 ff.; Schiller AG 1992, 20, 21. A.A. jedoch Spindler/Stilz/Gerber § 34 AktG Rn. 8. 684 BGH AG 2012, 87 Rn. 19 („Babcock-Borsig“). 685 Vgl. Lösekrug S. 154.

§ 19 GesRRL II: Die frühere Kapital-RL (KapRL)

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Zur Umsetzung des Art. 70 Abs. 3 GesRRL (G Art. 31 Abs. 3 KapRL) → 20.67, 19.202 21.55, 22.87. cc)  Bezugsrecht (Art. 72 GesRRL [ G Art. 33 KapRL]) Der auf das Vorbild des deutschen Rechts zurückgehende686 Art. 72 GesRRL (G Art. 33 19.203 KapRL) regelt das eigentliche Herzstück des Aktionärsschutzes bei Kapitalerhöhungen: Das Bezugsrecht der Aktionäre. Dieses „mitgliedschaftliche Grundrecht“687 gewährleistet den (Alt-)Aktionären als Ausfluss des Gleichbehandlungsgebots (Art. 85 GesRRL [G Art. 46 KapRL], → 19.258 ff.)688 eine Art „doppelte Besitzstandsgarantie“689: Es eröffnet dem Aktionär nicht nur die Möglichkeit, seine Stimmrechtsquote ungeschmälert aufrecht zu erhalten (Schutz vor Stimmrechtsverwässerung), sondern verhindert zugleich auch den Vermögensverlust, der eintritt, wenn die neuen Aktien unter Wert ausgegeben werden (Schutz vor Vermögensverwässerung).690 (1)  Gegenstand und Umfang Grundprinzip des Bezugsrechts ist, dass die neuen Aktien vorzugsweise den (Alt-) 19.204 Aktionären im Verhältnis zu dem durch ihre Aktien vertretenen Teil des Kapitals angeboten werden müssen (vgl. Art. 72 Abs. 1 GesRRL [G Art. 33 Abs. 1 KapRL]). Das Bezugsrecht begründet also ein subjektives Recht (aber keine Pflicht!) des Aktionärs auf quotale Teilhabe an der Kapitalerhöhung.691 Es ist insbesondere auch nicht dispositiv: Art. 72 Abs. 4 S. 1 GesRRL (G  Art. 33 Abs. 4 S. 1 KapRL) bestimmt ausdrücklich, dass es durch die Satzung oder den Errichtungsakt weder beschränkt noch ausgeschlossen werden kann. Subjektiv bezugsberechtigt sind ausschließlich die (Alt-)Aktionäre.692 Die Mit- 19.205 gliedstaaten sind auch nicht befugt, die subjektive Berechtigung auf anderer Personen, z.B. die Inhaber von Wandelschuldverschreibungen auszudehnen, denn Art. 72 Abs. 1 686 Vgl. Edwards, S. 85; Schmitthoff (1978) 15 C.M.L. Rev. 43, 53. 687 Vgl. Bayer ZHR 163 (1999) 505, 508; MüKoAktG/Bayer § 203 Rn. 49; GroßkommAktG/Wiedemann § 186 Rn. 13, 56; Zöllner AG 1994, 336, 341; ders. AG 2002, 585. 688 Vgl. Drinkuth S. 240; Grundmann Rn. 357; Kalss (Fn. 38), S. 119, 215; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 376; Schmitthoff (1978) 15 C.M.L. Rev. 43, 53. 689 Vgl. Bayer ZHR 163 (1999) 505, 508; MüKoAktG/Bayer § 203 Rn. 48 m.w.N. 690 Vgl. EuGH v. 18.12.2008, Kommission ./. Spanien, C-338/06, ECLI:EU:C:2008:740, Rn. 43; Baldamus S. 203; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 66; Habersack/Verse § 6 Rn. 79; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 365; Lösekrug S. 172; Schön ZHR 174 (2010) 155, 158; MüKoAktG/Schürnbrand § 186 Rn. 17; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 182; Wymeersch AG 1998, 382, 383. 691 Vgl. Fankhauser S. 215; Habersack/Verse § 6 Rn. 79; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 365. S. ferner (zum Bezugsrecht nach deutschem Recht): Hüffer/Koch § 186 AktG Rn. 4; MüKoAktG/Schürnbrand § 186 Rn. 22. 692 EuGH v. 18.12.2008, Kommission ./. Spanien, C-338/06, ECLI:EU:C:2008:740, Rn. 44 ff.; Drinkuth FD-HGR 2009, 274635; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 365; MüKoAktG/ Schürnbrand § 186 Rn. 17.

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§ 19 GesRRL II: Die frühere Kapital-RL (KapRL)

GesRRL (G Art. 33 Abs. 1 KapRL) gewährt den Aktionären zur Vermeidung des Risikos einer Verwässerung ihrer Beteiligung gerade einen Vorrang gegenüber anderen potentiellen Erwerbern.693 Ein Bezugsrecht muss nach der KapRL aber nicht nur bei der Ausgabe von Aktien 19.206 bestehen. Art. 72 Abs. 6 GesRRL (G Art. 33 Abs. 6 KapRL) erstreckt das Bezugsrecht vielmehr auf die Ausgabe aller Wertpapiere, die in Aktien umgewandelt werden können oder mit einem Bezugsrecht auf Aktien verbunden sind. Erfasst sind also insbesondere auch Wandel- und Optionsanleihen sowie reine Optionsrechte.694 Das Bezugsrecht besteht allerdings nur bei der Ausgabe derartiger Wertpapiere, nicht aber bei der Umwandlung dieser Wertpapiere und der Ausübung des Bezugsrechts aus solchen Wertpapieren (vgl. Art. 72 Abs. 6 Hs. 2 GesRRL [G Art. 33 Abs. 6 Hs. 2 KapRL]). Im Übrigen steht es den Mitgliedstaaten frei, den Umfang des Bezugsrechts auch noch weiter auszudehnen, z.B. auf Genussrechte oder Gewinnschuldverschreibungen.695 Ganz wesentlich ist ferner, dass die RL nach dem unmissverständlichen Wortlaut 19.207 des Art. 72 Abs. 1 GesRRL (G Art. 33 Abs. 1 KapRL) ein Bezugsrecht nur bei Barkapitalerhöhungen verlangt; für Sachkapitalerhöhungen ist ein Bezugsrecht demgegenüber europarechtlich nicht vorgeschrieben.696 Hintergrund ist, dass ein Bezugsrecht auch bei Sachkapitalerhöhungen in den meisten europäischen Rechtsordnungen697 – wenn überhaupt – traditionell nur bei Barkapitalerhöhungen bestand.698 Der EuGH hat jedoch in seinem grundlegenden Urteil in der Rs. Siemens/Nold ausdrücklich entschieden, dass die RL es den Mitgliedstaaten freistellt, ein Bezugsrecht auch für Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen vorzusehen.699 Art. 72 Abs. 7 GesRRL (G Art. 33 Abs. 7 KapRL) regelt einen wirtschaftlich sehr 19.208 bedeutsamen Sonderfall, das sog. mittelbare Bezugsrecht. In der Praxis ist es nämlich 693 EuGH v. 18.12.2008, Kommission ./. Spanien, C-338/06, ECLI:EU:C:2008:740, Rn. 43; a.A. Grechenig ECFR 2007, 571, 583 f.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 365; MüKoAktG/Schürnbrand § 186 Rn. 17. 694 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 80; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 366; Lösekrug S. 200. 695 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 80; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 367; Lösekrug S. 200. 696 Vgl. EuGH v. 19.11.1996, Siemens ./. Nold, C-42/95, ECLI:EU:C:1996:444, Rn. 15 f. Aus dem Schrifttum: Baldamus S. 209 ff.; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 67; Edwards S. 85; Grundmann Rn. 358; Habersack/Verse § 6 Rn. 80; Henze (Fn. 180), S. 235, 251; Kalss (Fn. 38), S. 119, 276 f.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 366; Lutter ZIP 1995, 648; Meilicke DB 1996, 513, 517; MüKoAktG/Schürnbrand § 186 Rn. 18; Schuster ZGR 2010, 325, 339; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 182; van Gerven/van Gerven, Capital Directive, S. 3, 40; Werlauff S. 239 f.; Wymeersch AG 1998, 382, 383. 697 So etwa in Frankreich (vgl. heute Art. L 225-132 C. com.), dem UK (vgl. s. 565 CA 2006, bis 30.9.2009: s. 89(4) CA 1985), Irland (vgl. heute s. 1022(5) CA 2014) oder Italien (vgl. Art. 2441 Abs. 4 Codice Civile). 698 Vgl. Baldamus S. 211; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 67; Fankhauser S. 218; Lösekrug S. 171; Lutter ZIP 1995, 648. 699 EuGH v. 19.11.1996, Siemens ./. Nold, C-42/95, ECLI:EU:C:1996:444, Rn. 18. Dazu Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 67; Benz (1997) 8 ICCLR C130 f.; Drinkuth S. 240 ff.; Edwards S. 86 f.; Fankhauser S. 218; Habersack/Verse § 6 Rn. 84; Kalss (Fn. 38), S. 119, 277; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 367; Lösekrug S. 181 ff.; MüKoAktG/Schürnbrand § 186 Rn. 18; Werlauff S. 240; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 182; Wiedemann JZ 1997, 1058 f. Äußerst kritisch jedoch Kindler ZGR 1998, 35, 42 f.

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seit Langem üblich, dass die jungen Aktien zunächst von einer Emissionsbank (oder einem Emissionskonsortium) gezeichnet werden, welche die Aktien sodann den (Alt-) Aktionären anbietet.700 Erfolgt dieses Angebot nach Maßgabe der Art. 72 Abs. 1–3 GesRRL (G Art. 33 Abs. 1–3 KapRL) (also insbesondere unter Wahrung der formalen Anforderungen des Abs. 3, → 19.212 ff.), so wertet die RL dies nicht als Bezugsrechtsausschluss. Denn materiell werden die jungen Aktien den (Alt-)Aktionären ja nicht entzogen, sondern sie werden ihnen vielmehr lediglich aus wirtschaftlichen Gründen über einen Dienstleister zugeleitet.701 Art. 72 Abs. 2 GesRRL (G Art. 33 Abs. 2 KapRL) regelt zwei spezifische Fälle 19.209 im Zusammenhang mit der Existenz verschiedener Aktiengattungen (zum Begriff 19.180), in denen die Mitgliedstaaten kein bzw. nur ein modifiziertes Bezugsrecht vorsehen können. Lit. a gestattet eine vollständige Ausnahme vom Bezugsrecht bei Aktien, bei denen das Recht auf Teilnahme an Ausschüttungen i.S.d. Art. 56 GesRRL (G Art. 17 KapRL) und/oder am Liquidationserlös eingeschränkt ist. Lit. b eröffnet die Möglichkeit einer Art „gattungsmäßig gestaffelten Bezugsrechts“: Sofern mehrere Aktiengattungen mit unterschiedlichem Stimmrecht oder unterschiedlichem Teilhaberecht am Gewinn bzw. Liquidationserlös bestehen, und i.R.d. Kapitalerhöhung nur Aktien einer dieser Gattungen ausgegeben werden, kann vorgesehen werden, dass zunächst die Aktionäre dieser Gattung ihr Bezugsrecht ausüben dürfen. Art. 84 Abs. 1 GesRRL (G Art. 45 Abs. 1 KapRL) ermöglicht ferner Ausnahmen 19.210 im Hinblick auf die Beteiligung von Arbeitnehmern (→ 19.254). Aus deutscher Sicht war der auf deutschem Vorbild beruhende Art. 72 GesRRL 19.211 (G  Art. 33 KapRL) im Wesentlichen eine (partielle) europarechtliche Fixierung bereits lange bekannter Grundsätze, wurde das Bezugsrecht hierzulande doch bereits erstmals im Jahr 1900 in § 282 HGB a.F. kodifiziert702. Das deutsche Aktienrecht geht allerdings sogar in mehrfacher Hinsicht − zulässigerweise − über den Mindeststandard der RL (→ 19.206 f.) hinaus: Zum einen besteht das Bezugsrecht gem. § 186 Abs. 1 AktG generell auch bei Sachkapitalerhöhungen, zum anderen gewährt § 221 Abs. 4 AktG ein Bezugsrecht auch bei der Ausgabe von Genussrechten und Gewinnschuldverschreibungen. Von den Optionsmöglichkeiten des Art. 72 Abs. 2 GesRRL (G Art. 33 Abs. 2 KapRL) hat Deutschland keinen Gebrauch gemacht. (2)  Bezugsangebot und Ausübung des Bezugsrechts (Art. 72 Abs. 3 GesRRL [ G Art. 33 Abs. 3 KapRL]) Die RL regelt aber nicht nur Inhalt und Umfang des Bezugsrechts, sondern stellt in 19.212 Art. 72 Abs. 3 GesRRL (G Art. 33 Abs. 3 KapRL) auch formelle Anforderungen bezüglich des Bezugsangebots und der Ausübung des Bezugsrechts auf. Gem. Art. 72 Abs. 3 S. 1 GesRRL (G Art. 33 Abs. 3 S. 1 KapRL) sind das Angebot zur vorzugsweisen Zeichnung sowie die Bezugsfrist grundsätzlich Gegenstand einer Bekanntma700 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 81; Kalss (Fn. 38), S. 119, 280; Nobel Kap. 3 Rn. 55. 701 Vgl. auch Grundmann Rn. 357; Kalss (Fn. 38), S. 119, 279 f. 702 Vgl. MüKoAktG/Bayer § 203 Rn. 48; MüKoAktG/Schürnbrand § 186 Rn. 11.

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chung im nationalen Amtsblatt i.S.d. Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.). Die Mitgliedstaaten dürfen jedoch Gesellschaften, die ausschließlich über Namensaktien verfügen, von dieser Bekanntmachungspflicht freistellen, und stattdessen vorsehen, dass alle Aktionäre schriftlich zu unterrichten sind (Art. 72 Abs. 3 S. 1 und 2 GesRRL [G Art. 33 Abs. 3 S. 1 und 2 KapRL]). Der EuGH hat diesbezüglich in der Rs. Pafitis entschieden, dass eine Bekanntmachung in Tageszeitungen hierfür nicht genügt, sondern erforderlich ist vielmehr eine einzelne und namentliche Unterrichtung der Namensaktionäre.703 Die Festlegung der genauen Bezugsfrist bleibt den Mitgliedstaaten überlassen; in 19.213 Art. 72 Abs. 3 S. 4 GesRRL (G Art. 33 Abs. 3 S. 4 KapRL) ist lediglich ein Mindeststandard von mindestens 14 Tagen ab der Bekanntmachung bzw. der Absendung des Schreibens an die Aktionäre vorgesehen. Diese Frist soll sowohl der Gesellschaft als auch den Aktionären Rechtssicherheit geben.704 Dieses obligatorische Fristsetzungserfordernis war aus deutscher Sicht ein No19.214 vum, denn bis dato hatte die Fristsetzung im Ermessen des Vorstands gestanden705. Die notwendige „geringfügige“706 Modifikation des § 186 Abs. 1 S. 2 AktG (Festsetzung einer Ausübungsfrist von mindestens 2 Wochen) sorgte in der deutschen Praxis für einigen Unmut707. Dem versuchte der Gesetzgeber erst mit dem TransPuG v. 19.7.2002708 Rechnung zu tragen, indem er in § 186 Abs. 2 S. 2 AktG die Möglichkeit schuf, den Ausgabebetrag erst 3 Tage vor Ablauf der Bezugsfrist endgültig festzusetzen.709 Von der Möglichkeit einer schriftlichen Benachrichtigung der Namensaktionäre hat Deutschland keinen Gebrauch gemacht; erforderlich ist vielmehr in jedem Fall eine Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern (d.h. im Bundesanzeiger, vgl. § 25 AktG); sofern der Ausgabebetrag erst später bekannt gemacht wird, zudem über ein elektronisches Informationsmedium (§ 186 Abs. 2 AktG). (3)  Bezugsrechtsausschluss 19.215 Der europäische Gesetzgeber hat jedoch auch anerkannt, dass das Bezugsrecht der Aktionäre in Konflikt mit den Finanzierungsinteressen der Gesellschaft treten

703 EuGH v. 12.3.1996, Pafitis, C-441/93, ECLI:EU:C:1996:92, Rn. 65 f. 704 Vgl. Grundmann Rn. 357; Kalss (Fn. 38), S. 119, 278. 705 Vgl. dazu Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 69; Hirte (Fn. 158), S. 211, 223; Hüffer NJW 1979, 1065, 1070; W. Müller WPg 1978, 565, 574. 706 Vgl. BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 18; Ganske DB 1978, 2461, 2465; W. Müller WPg 1978, 565, 574. 707 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 69; Heinsius FS Kellermann, 1991, S. 115, 124 ff.; Hirte (Fn. 645), § 202 Rn. 49. 708 Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenz- und Publizitätsgesetz) v. 19.7.2002, BGBl. I, 2681. 709 Nach der Begründung zum TransPuG soll Art. 72 Abs. 3 GesRRL (G  Art. 33 Abs. 3 KapRL) dem nicht entgegenstehen, vgl. BegrRegE z. TransPuG BT-Drs. 14/8769, S. 23. Ebenso (mit ausführlicherer Begründung): Lösekrug S. 179 f.

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kann.710 Art. 72 Abs. 4 und 5 GesRRL (G Art. 33 Abs. 4 und 5 KapRL) eröffnen daher die Möglichkeit, das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen, binden diesen Ausschluss aber andererseits an strenge Anforderungen. (a)  Formelle Anforderungen Ausgangspunkt der formellen Anforderungen der KapRL ist, dass ein Ausschluss 19.216 oder eine Einschränkung des Bezugsrechts bereits durch die Satzung bzw. den Errichtungsakt unzulässig ist (Art. 68 Abs. 4 S. 1 GesRRL [G Art. 29 Abs. 4 S. 1 KapRL]). Im Interesse des Aktionärsschutzes711 bedarf es hierzu vielmehr stets eines publizitätspflichtigen Beschlusses der Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit. Der Ausschluss kann dabei prinzipiell auf zwei Wegen erfolgen: als Direktausschluss durch die Hauptversammlung (Art. 72 Abs. 4 GesRRL [G  Art. 33 Abs. 4 KapRL], → 19.217) oder mittels einer sog. Ausschlussermächtigung (Art. 72 Abs. 5 GesRRL [G Art. 33 Abs. 5 KapRL], → 19.220). (aa)  Direktausschluss (Art. 72 Abs. 4 GesRRL [ G Art. 33 Abs. 4 KapRL]) Im Falle des in Art. 72 Abs. 4 GesRRL (G Art. 33 Abs. 4 KapRL) geregelten Direkt- 19.217 ausschlusses wird das Bezugsrecht unmittelbar durch einen Beschluss der Hauptversammlung ausgeschlossen. Um sicherzustellen, dass die Aktionäre dabei eine informierte Entscheidung treffen können712, muss das Verwaltungs- oder Leitungsorgan der Hauptversammlung zuvor einen schriftlichen Bericht über die Gründe für die Beschränkung bzw. den Ausschluss erstatten; ferner ist darin auch der Ausgabekurs zu begründen (Art. 72 Abs. 4 S. 3 GesRRL [G Art. 33 Abs. 4 S. 3 KapRL]). Der Beschluss der Hauptversammlung bedarf gem. Art. 72 Abs. 4 S. 4 GesRRL 19.218 (G Art. 33 Abs. 4 S. 4 KapRL) einer qualifizierten Mehrheit i.S.d. Art. 83 GesRRL (G Art. 44 KapRL), d.h. das nationale Recht muss hierfür grundsätzlich eine Mehrheit von mindestens 2/3 der Stimmen der vertretenen Wertpapiere oder des vertretenen gezeichneten Kapitals verlangen (Art. 83 Abs. 1 GesRRL [G Art. 44 Abs. 1 KapRL]). Gem. Art. 83 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 44 Abs. 2 KapRL) kann das nationale Recht jedoch auch die einfache Stimmenmehrheit genügen lassen, sofern mindestens die Hälfte des gezeichneten Kapitals vertreten ist. Anschließend ist der Beschluss nach Maßgabe der nationalen Umsetzungsvor- 19.219 schriften zu Art. 16 GesRRL (G Art. 3 der PubRL, → 18.14 ff.) offenzulegen.

710 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 15; Stellungnahme des EWSA, ABlEG v. 6.9.1971, C 88/1, S. 5. Näher zu diesem Konflikt etwa Baldamus S. 204 ff. 711 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 15. 712 Vgl. Grohmann S. 294.

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(bb)  Ausschlussermächtigung (Art. 72 Abs. 5 GesRRL [ G Art. 33 Abs. 5 KapRL]) 19.220 Um den Gesellschaften mehr Flexibilität zu eröffnen, ermöglicht Art. 72 Abs. 5 GesRRL (G Art. 33 Abs. 5 KapRL) alternativ aber auch eine sog. Ausschlussermächtigung: Das nationale Recht kann vorsehen, dass dem zuständigen Gesellschaftsorgan, das zur Entscheidung über die Erhöhung des gezeichneten Kapitals innerhalb der Grenzen des genehmigten Kapitals (→ 19.185 f.) berufen ist, die Befugnis zur Beschränkung oder zum Ausschluss des Bezugsrechts eingeräumt werden kann. Eine solche Ausschlussermächtigung darf aber maximal für denselben Zeitraum wie ein genehmigtes Kapital erteilt werden (Art. 72 Abs. 5 S. 2 GesRRL [G  Art. 33 Abs. 5 S. 2 KapRL]; vgl. zur zeitlichen Grenze für das genehmigte Kapital → 19.185 f.). Die Ausschlussermächtigung kann entweder durch die Satzung, den Errichtungsakt oder die Hauptversammlung erfolgen. Entscheidet die Hauptversammlung, so bedarf der Beschluss auch hier einer qualifizierten Mehrheit i.S.d. Art. 83 GesRRL (G  Art. 44 KapRL) und ist anschließend offenzulegen (Art. 72 Abs. 5 GesRRL [G Art. 33 Abs. 5 KapRL] verweist insoweit ausdrücklich auf Abs. 4). Umstritten ist allerdings, ob und inwieweit es im Falle einer derartigen Ausschluss19.221 ermächtigung durch die Hauptversammlung eines Berichts des Leitungs- bzw. Verwaltungsorgans bedarf. Dabei wäre ein Berichtserfordernis hier theoretisch sogar zu zwei Zeitpunkten denkbar:713 Einmal vor der Ausschlussermächtigung und zweitens vor deren späterer Ausübung714. Im Rahmen der Vorarbeiten für die RL 2006/68/ EG (→ 19.6) schien die Kommission von einer solchen Berichtspflicht vor der Ausschlussermächtigung auszugehen, denn der RL-Entwurf715 enthielt einen − im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wieder gestrichenen − neuen Abs. 5a, demzufolge das Verwaltungs- bzw. Leitungsorgan börsennotierter Gesellschaften von der Berichtspflicht freigestellt werden sollten, sofern die neuen Aktien zum Marktpreis ausgegeben würden. Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Vorschrift sprechen jedoch entscheidend gegen eine europarechtlich obligatorische Berichtspflicht auch im Falle der Ausschlussermächtigung.716 Abs. 5 verweist nämlich gerade nur im Hinblick auf „Beschlussfähigkeit, Mehrheitserfordernisse und Offenlegung“ − nicht hingegen bezüglich der Berichtspflicht − auf Abs. 4.717 Insoweit handelt es sich ausweislich der

713 Vgl. nur MüKoAktG/Bayer § 203 Rn. 157, 159. 714 Hierfür Hirte (Fn. 645), § 202 Rn. 47. 715 KOM(2004) 730. 716 Ebenso i.E. BGH ZIP 2005, 2205, 2207 („Mangusta/Commerzbank I“); LG Frankfurt ZIP 1997, 1030, 1034; Baldamus S. 216 ff.; Bayer FS Ulmer, 2003, S. 21, 29 f.; MüKoAktG/Bayer § 203 Rn. 157; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 72; Bosse ZIP 2001, 145, 154; Bungert BB 2005, 2757; Fankhauser S. 225; Grundmann Rn. 361; Habersack/Verse § 6 Rn. 87; Henze (Fn. 180), S. 235, 51; Hofmeister NZG 2000, 713, 716; Kalss (Fn. 38), S. 119, 279; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 369; Krämer/Kiefner ZIP 2006, 301, 306; Lösekrug S. 186 f.; Waclawik ZIP 2006, 397, 399. 717 Vgl. BGH ZIP 2005, 2205, 2207 („Mangusta/Commerzbank I“); Baldamus S. 216 f.; MüKoAktG/Bayer § 203 Rn. 157; Fankhauser S. 225; Habersack/Verse § 6 Rn. 87; Kalss (Fn. 38), S. 119, 279; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 369; Lösekrug S. 186 f.

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Entstehungsgeschichte der Vorschrift auch gerade um eine bewusste Entscheidung des europäischen Gesetzgebers.718 (cc)  Mindestcharakter Die formellen Anforderungen der RL für den Bezugsrechtsausschluss stellen aller- 19.222 dings – wie der EuGH in der Rs. C-338/06 ausdrücklich klargestellt hat719 − lediglich Mindestanforderungen dar, d.h. es steht den Mitgliedstaaten frei, für den Ausschluss des Bezugsrechts restriktivere Voraussetzungen vorzusehen. So können die Mitgliedstaaten z.B. für den Direktausschluss einen zusätzlichen Bericht über den angemessenen Wert der Aktien vorsehen720 oder das Berichtserfordernis auch auf das genehmigte Kapital ausdehnen721. Das nationale Recht darf die Möglichkeit eines Bezugsrechtsausschlusses andererseits aber nicht völlig ausschließen.722 (b)  Materielle Anforderungen Gegenstand einer äußerst kontroversen Diskussion war und ist ferner, ob und inwie- 19.223 weit die RL den Bezugsrechtsausschluss neben den soeben dargestellten formellen Anforderungen auch materiellen Voraussetzungen unterwirft. Einer in der Literatur vertretenen Auffassung zufolge soll die RL zwingend eine Inhaltskontrolle anhand der Maßstäbe „Gesellschaftsinteresse“ und „Gleichbehandlungsgebot“ gebieten.723 Andere gehen davon aus, dass die RL zwar grundsätzlich eine inhaltliche Kontrolle verlange, es jedoch letztlich den Mitgliedstaaten obliege, deren Maßstäbe zu konkretisieren.724 Dem steht jedoch entgegen, dass der Wortlaut des Art. 72 GesRRL (G Art. 33 KapRL) gerade keine Anhaltspunkte für irgendwelche materiellen Voraussetzungen enthält.725 Ebenso wenig ergeben sich solche aus der Entstehungsgeschichte der Norm, zumal es sich bei Art. 72 GesRRL (G Art. 33 KapRL) letztlich ohnehin um einen Kompromiss aus verschiedensten nationalen Einflüssen handelt726 und die materiellen An-

718 Vgl. BGH ZIP 2005, 2205, 2207 („Mangusta/Commerzbank I“) m.w.N.; ausf. Baldamus S. 218 f. 719 EuGH v. 18.12.2008, Kommission ./. Spanien, C-338/06, ECLI:EU:C:2008:740, Rn. 26. 720 EuGH v. 18.12.2008, Kommission ./. Spanien, C-338/06, ECLI:EU:C:2008:740, Rn. 26. 721 Vgl. Fankhauser S. 225 f.; Henze (Fn. 180), S. 235, 251; Kalss (Fn. 38), S. 119, 279 f.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 370; Paefgen ZIP 2004, 145, 154. 722 EuGH v. 18.12.2008, Kommission ./. Spanien, C-338/06, ECLI:EU:C:2008:740, Rn. 50 ff. Kritisch insoweit Drinkuth FD-HGR 2009, 274635. 723 So Kindler ZHR 158 (1994) 339, 360, 369; ders. ZGR 1998, 35, 48. So ferner wohl auch Lösekrug S. 173 ff. 724 So Drinkuth S. 250; ders. IStR 1997, 312, 315; Habersack/Verse § 6 Rn. 83; ders. (Fn. 6), Rn. 44; Natterer ZIP 1995, 1481, 1488; Nobel Kap. 3 Rn. 57. 725 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 74. 726 Vgl. Schmitthoff (1978) 15 C.M.L. Rev. 43, 53: „skillful blending of comparative legal material, taken from the laws and practices of several Member States“.

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forderungen in den einzelnen Mitgliedstaaten – soweit solche überhaupt existieren727 – äußerst unterschiedlich sind728. Unzutreffend ist schließlich auch das Argument, dass die in Art. 72 Abs. 4 GesRRL (G Art. 33 Abs. 4 KapRL) vorgesehene Berichtspflicht ohne eine materielle Kontrolle keinen Sinn mache729. Denn die Berichtspflicht garantiert schon allein durch die umfassende Information der Aktionäre − unabhängig von irgendwelchen materiellen Aspekten − einen beachtlichen Mindestschutzstandard730 („Schutz durch Information“ – ein im europäischen Gesellschaftsrecht im Übrigen generell favorisiertes Modell731). Die RL gebietet daher nach alledem keine materielle Kontrolle des Bezugsrechtsausschlusses.732 Andererseits verbietet sie es den Mitgliedstaaten – wie der EuGH in der Leitentscheidung Siemens/Nold733 explizit entschieden hat − aber auch nicht, in ihrem nationalen Recht eine solche vorzusehen734, denn – so wörtlich der EuGH − eine „solche Inhaltskontrolle, die einen verstärkten Schutz der Aktionäre gewährleistet, steht … nicht im Widerspruch zu den Zielen der [...] Richtlinie, selbst wenn sie zu Verzögerungen bei der Durchführung der Kapitalerhöhungen führen sollte“735. (c)  Bezugsrechtsausschluss nach deutschem Aktienrecht 19.224 Das in Art. 72 Abs. 4 GesRRL (G Art. 33 Abs. 4 KapRL) normierte Berichtserfordernis war für das deutsche Aktienrecht ein vollkommenes Novum, die Umsetzung in § 186 Abs. 4 S. 2 AktG736 gab bereits Anlass zu einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten737. Mittels des Verweises in § 203 Abs. 1 S. 1 AktG erstreckt das deutsche Recht 727 So fordert beispielsweise das britische Recht keine irgendwie geartete „sachliche Rechtfertigung“, vgl. J. Schmidt, „Deutsche“ vs. „britische“ SE, 2006, S. 435 m.z.w.N. 728 Rechtsvergleichend Wymeersch AG 1998, 382, 383 ff. sowie monographisch Bagel, Der Ausschluss des Bezugsrechts in Europa, 1999, S. 287 ff. 729 So Drinkuth S. 245; Groß EuZW 1994, 395, 399; Habersack/Verse § 6 Rn. 83; Lösekrug S. 173. 730 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 74; Grundmann Rn. 360; Kalss (Fn. 38), S. 119, 278 f. 731 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 74 unter besonderem Hinweis auf die Betonung des Gläubigerschutzes durch Information in der Leitentscheidung Inspire Art (zu dieser ausf. → 7.27 ff., speziell zum „Schutz durch Information“ → 7.29); allg. zum Informationsmodell → 7.29, 18.4, 20.29, 20.119, 21.25, 21.84, 22.32, 28.18; 30.14, 36.1, 45.47). 732 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 74; Edwards S. 86 f.; Fankhauser S. 222; Grundmann Rn. 360; Kalss (Fn. 38), S. 119, 278; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 370; Meilicke DB 1996, 513 ff.; MüKoAktG/Schürnbrand § 186 Rn. 19. 733 EuGH v. 19.11.1996, Siemens ./. Nold, C-42/95, ECLI:EU:C:1996:444. Siehe dazu die Nachweise in Fn. 699. 734 Ebenso aus der Literatur: Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 74; Edwards, S. 87; Fankhauser S. 222; Habersack (Fn. 6), Rn. 44; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 370; MüKoAktG/Schürnbrand § 186 Rn. 19; Wiedemann JZ 1997, 1058, 1059. 735 EuGH v. 19.11.1996, Siemens ./. Nold, C-42/95, ECLI:EU:C:1996:444, Rn. 21. 736 Vgl. dazu Hirte DStR 2001, 577, 579; Hüffer NJW 1979, 1065, 1070. 737 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 71; ausf. Hirte (Fn. 158), S. 211, 223 ff.

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die Berichtspflicht auch auf das genehmigte Kapital, wobei nach der grundlegenden Siemens/Nold-Entscheidung des BGH allerdings im Zeitpunkt der Ermächtigung naturgemäß nur eine abstrakt-generelle Berichterstattung erforderlich ist738. Der im Schrifttum lange postulierten (zusätzlichen) Berichtspflicht vor Ausübung des genehmigten Kapitals739 hat der BGH in der Mangusta/Commerzbank I-Entscheidung740 eine klare Absage erteilt. Das deutsche Aktienrecht geht im Übrigen in zwei zentralen Punkten über den 19.225 Mindeststandard der RL hinaus. Erstens stellt es deutlich strengere Mehrheitsanforderungen auf (einfache Stimmenmehrheit plus drei Viertel des vertretenen Grundkapitals, § 133 Abs. 1 AktG i.V.m. § 186 Abs. 3 S. 2 AktG bzw. § 202 Abs. 2 S. 2 AktG741). Vor allem aber bedarf der Bezugsrechtsausschluss nach st. Rspr.742 – die in der Leitentscheidung Siemens/Nold vom EuGH ausdrücklich für richtlinienkonform743 erklärt wurde (→ 19.223) − grundsätzlich einer sachlichen Rechtfertigung. Soweit diese unter den Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG (sog. „vereinfachter Bezugsrechtsausschluss“) vermutet wird744, steht die RL − die ja richtiger Ansicht nach gar keine materielle Kontrolle verlangt (→ 19.223) − dem ebenfalls nicht entgegen.745 Umstritten ist schließlich die Richtlinienkonformität des bedingten Kapitals gem. 19.226 § 192 AktG, ist hier doch weder ein ausdrücklicher Hauptversammlungsbeschluss über den Ausschluss des Bezugsrechts noch ein Vorstandsbericht erforderlich. In den Fällen des § 192 Abs. 2 Nr. 2 AktG handelt es sich allerdings um Sachkapitalerhöhungen, so dass die RL insoweit kein Bezugsrecht gebietet746 (→ 19.207). Bei § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG ist das Bezugsrecht letztlich gar nicht ausgeschlossen, sondern nur – entsprechend Art. 72 Abs. 6 GesRRL (Art. 33 Abs. 6 KapRL, → 19.208) − auf 738 Grundlegend BGHZ 136, 133 („Siemens/Nold“). Siehe ferner auch BGHZ 144, 290 („Adidas“); MüKoAktG/Bayer § 203 Rn. 147 ff. 739 Dafür Bayer FS Ulmer, 2003, S. 21, 28 ff.; ders. ZHR 168 (2004), 132, 154 ff.; Hirte (Fn. 645), § 203 Rn. 106 ff.; Meilicke/Heidel DB 2000, 2358, 2359 ff.; Paefgen ZIP 2004, 149, 153. 740 BGH ZIP 2005, 2205 („Mangusta/Commerzbank I“); vgl. dazu etwa Bungert BB 2005, 2757 ff.; Busch NZG 2006, 81 ff.; Krämer/Kiefner ZIP 2006, 301, 305 ff.; Kubis DStR 2006, 188 ff.; Paschos DB 2005, 2731 ff.; Waclawik ZIP 2006, 397 ff. 741 Beim genehmigten Kapital ergibt sich das Mehrheitserfordernis beim Direktausschluss aus § 203 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 186 Abs. 3 S. 2 AktG, bei der Ausschlussermächtigung aus § 202 Abs. 2 S. 2 AktG, vgl. MüKoAktG/Bayer § 203 Rn. 87, 91 m.w.N. 742 Grundlegend BGHZ 71, 40 („Kali + Salz“); BGHZ 83, 319 („Philipp Holzmann“); BGHZ 136, 133 („Siemens/Nold“). 743  Vgl. zur Richtlinienkonformität aus der Literatur auch Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 75; Bagel (Fn. 728), S. 347 ff.; Drinkuth S. 246 ff.; Habersack/ Verse § 6 Rn. 84; GroßkommAktG/Hirte § 202 Rn. 50; Hüffer/Koch § 186 AktG Rn. 34; Lösekrug S. 175, 184; MüKoAktG/Schürnbrand § 186 Rn. 19; Schwarz Rn. 622 f. 744 Vgl. MüKoAktG/Bayer § 203 Rn. 77; MüKoAktG/Schürnbrand § 186 Rn. 127. S. zum vereinfachten Bezugsrechtsausschluss instruktiv ferner auch Oetker FS Pannen, 2017, S. 773 ff. 745 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 76; Grundmann Rn. 360; MüKoAktG/Schürnbrand § 186 Rn. 19; i.E. ferner grds. auch Drinkuth S. 251; Habersack/Verse § 6 Rn. 83; Lösekrug S. 178 f. 746 Vgl. Lutter ZIP 1997, 1, 8.

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den Zeitpunkt der Ausgabe der Wandelschuldverschreibungen vorverlagert.747 Wirklich problematisch erscheint einzig § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG, der jedoch durch die Ausnahmevorschrift des Art. 84 Abs. 1 GesRRL (G Art. 45 Abs. 1 KapRL, → 19.255) gedeckt sein dürfte.748 b)  Kapitalherabsetzung 19.227 Als Korrelat zu den Regeln über die Kapitalerhöhung enthält die GesRRL mit Art. 73–82 (G Art. 34–43 KapRL) auch umfassende Vorschriften betreffend ihr Gegenstück, die Kapitalherabsetzung. Hauptintention der RL ist dabei der Schutz der Gläubiger749, denn durch die Kapitalherabsetzung wird der „Haftungspuffer“ der Gesellschaft verringert. Schutzbedürftig sind aber ferner auch die Aktionäre, da die Kapitalherabsetzung ihre mitgliedschaftlichen Befugnisse beeinträchtigt bzw. ggf. sogar zu deren Entzug führt750. aa)  Hauptversammlungsbeschluss (Art. 73 f. GesRRL [ G Art. 34 f. KapRL]) 19.228 Angesichts der grundlegenden Bedeutung einer Kapitalherabsetzung verlangt Art. 73 UAbs. 1 GesRRL (G  Art. 34 UAbs. 1 KapRL) hierfür grundsätzlich einen Hauptversammlungsbeschluss. Ausgenommen sind lediglich durch gerichtliche Entscheidungen angeordnete Kapitalherabsetzungen, da hier eine besondere Kontrolle bereits impliziert ist. Ferner sind in den Fällen der Art. 79 GesRRL (G Art. 40 KapRL, → 19.246 f.), Art. 80 GesRRL (G  Art. 41 KapRL, → 19.248 f.) und Art. 84 Abs. 2 GesRRL (G Art. 45 Abs. 2 KapRL, → 19.255) Ausnahmen möglich. Um zu gewährleisten, dass die Aktionäre eine informierte Entscheidung treffen 19.229 können, bestimmt Art. 73 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 34 UAbs. 2 KapRL), dass in der Mitteilung über die Einberufung der Hauptversammlung zumindest der Zweck der Herabsetzung und das Verfahren für ihre Durchführung angegeben werden müssen. Wegen seines Grundlagencharakters bedarf der Beschluss gem. Art. 73 UAbs. 1

747 Vgl. GroßkommAktG/Frey § 192 Rn. 122; Lutter ZIP 1997, 1, 8; s. ferner auch MüKoAktG/Fuchs § 192 Rn. 15a. 748  Ebenso BegrRegE z. KonTraG, BR-Drs. 872/97, S. 64; Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 73; Hüffer ZHR 161 (1997) 214, 239 f.; Hüffer/Koch § 192 AktG Rn. 18; Klahold, Aktienoptionen als Vergütungselement, 1999, S. 250; Spindler/Stilz/Rieckers § 192 AktG Rn. 50; Spenner, Aktienoptionen als Bestandteil der Vergütung von Vorstandsmitgliedern, 1999, S. 243 f.; K. Schmidt/Lutter/Veil § 192 AktG Rn. 19 f.; Weiß WM 1999, 353, 360. Für Richtlinienwidrigkeit etwa Friedrichsen Aktienoptionsprogramme für Führungskräfte, 2000, S. 92 ff.; GroßkommAktG/Frey § 192 Rn. 120 m.w.N. 749 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 74; Drinkuth S. 253; Fankhauser S. 233; Grohmann S. 297; Habersack/Verse § 6 Rn. 85, 87; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 371; Lösekrug S. 203 f.; Nobel Kap. 3 Rn. 50; Schwarz Rn. 626. 750 Vgl. Drinkuth S. 253; Grohmann S. 297; Habersack/Verse § 6 Rn. 85; Lösekrug S. 204.

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GesRRL (G  Art. 34 UAbs. 1 KapRL) einer qualifizierten Mehrheit i.S.d. Art. 83 GesRRL (G  Art. 44 KapRL, → 19.218). Anschließend ist der Beschluss (nicht aber seine Durchführung751) nach Maßgabe der nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) offenzulegen752. Für den Fall, dass mehrere Gattungen von Aktien (zum Begriff → 19.180) existie- 19.230 ren, bedarf es gem. Art. 74 GesRRL (G Art. 35 KapRL) eines Sonderbeschlusses der Aktionäre jeder Gattung, deren Rechte durch die Maßnahme berührt753 werden. Die Problematik etwaiger materieller Anforderungen an eine Kapitalherabset- 19.231 zung hat in der wissenschaftlichen Diskussion – anders als bei der Kapitalerhöhung (→ 19.223) − bislang eher eine untergeordnete Rolle gespielt. Festzustellen ist jedenfalls, dass weder dem Wortlaut noch der Entstehungsgeschichte der Art. 73 ff. GesRRL (G Art. 34 ff. KapRL) irgendwelche Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, dass eine „Inhaltskontrolle“ unionsrechtlich geboten ist.754 Andererseits dürfte die RL entsprechenden nationalen Vorschriften auch nicht entgegenstehen755, wird dadurch der von der RL intendierte Gläubiger- und Aktionärsschutz doch nur verbessert. Das deutsche Recht sieht bei allen drei Varianten der Kapitalherabsetzung − or- 19.232 dentliche (§§ 222 ff. AktG), vereinfachte (§§ 229 ff. AktG) und Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (§ 237 AktG) − den Anforderungen der Art. 73 f. GesRRL (G Art. 34 f. KapRL) entsprechende Beschluss- und Publizitätspflichten vor (§ 222 Abs. 1 S. 1 AktG verlangt sogar eine Mehrheit von mindestens drei Vierteln des vertretenen Grundkapitals756). Dass § 222 Abs. 2 AktG einen Sonderbeschluss unabhängig davon verlangt, ob die Rechte der betroffenen Gattungsaktionäre berührt werden, ist richtlinienkonform, da es sich bei Art. 74 GesRRL (G Art. 35 KapRL) lediglich um einen Mindeststandard handelt.757 Die Notwendigkeit einer sachlichen Rechtfertigung für die Kapitalherabsetzung hat der BGH in der Sachsenmilch-Entscheidung eindeutig verneint.758

751 Vgl. Habersack/Verse § 6 Rn. 86; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 371. 752 Dazu näher Grohmann S. 298 f. 753 Vgl. zum Kriterium des „berührt werden“ näher Edwards S. 88; Werlauff S. 286. 754 Vgl. OLG Dresden AG 1996, 565, 567; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 82; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 371; Lösekrug S. 207. 755 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 82; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 371; Lösekrug S. 207; Schwarz Rn. 626. 756 Sonderbeschlüsse für Gattungsaktionäre sind in § 222 Abs. 2 AktG geregelt. § 229 Abs. 3 AktG (vereinfachte Kapitalherabsetzung) und § 237 Abs. 2 S. 1 AktG (Kapitalherabsetzung durch Einziehung) verweisen auf § 222 Abs. 1 und 2 AktG. Vgl. zur Richtlinienkonformität insoweit auch Lösekrug S. 205. 757 Vgl. Drinkuth S. 256; Lösekrug S. 208. 758 BGHZ 138, 71 („Sachsenmilch“). Gewichtige Stimmen im Schrifttum (vgl. Hüffer/Koch § 222 Rn. 14; Krieger ZGR 2000, 885, 891 ff.; Spindler/Stilz/Marsch-Barner § 229 AktG Rn. 21; MüKoAktG/Oechsler § 229 Rn. 27 ff.; GroßkommAktG/Sethe § 222 Rn. 28) verlangen allerdings zumindest für den vom BGH nicht ausdrücklich entschiedenen Fall einer isolierten vereinfachten Kapitalherabsetzung eine sachliche Rechtfertigung.

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bb)  Gläubigerschutz (Art. 75 GesRRL [ G Art. 36 f. KapRL]) 19.233 Zum Schutz der Gläubiger normiert Art. 75 GesRRL (G  Art 36 KapRL) als Mindeststandard759 einen durch eine Ausschüttungssperre gesicherten Anspruch auf Sicherheitsleistung. Im Hinblick darauf, dass die nationalen Rechtsordnungen in diesem Punkt sehr stark divergierten760, überlässt der europäische Gesetzgeber die nähere Ausgestaltung allerdings weitgehend dem nationalen Recht761. Zudem gestattet Art. 76 GesRRL (G Art. 37 KapRL) zu Sanierungszwecken eine sog. vereinfachte Kapitalherabsetzung ohne Einhaltung des in Art. 75 GesRRL (G Art. 36 KapRL) normierten Gläubigerschutzstandards (→ 19.239, 19.246 f.). (1)  Anspruch auf Sicherheitsleistung und Ausschüttungssperre (Art. 75 GesRRL [ G Art. 36 KapRL]) 19.234 Als europäischen Mindeststandard762 des Gläubigerschutzes bestimmt Art. 75 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 GesRRL (G  Art. 36 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 KapRL), dass zumindest die Gläubiger, deren Forderung vor der Bekanntmachung der Entscheidung über die Herabsetzung entstanden sind, mindestens das Recht haben müssen, eine Sicherheit für die im Zeitpunkt dieser Bekanntmachung noch nicht fälligen Forderungen zu erhalten. Dieses Recht darf nur ausgeschlossen werden, wenn der Gläubiger bereits angemessene Sicherheiten hat oder wenn diese Sicherheiten in Anbetracht des Gesellschaftsvermögens nicht notwendig sind (Art. 75 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 GesRRL [G Art. 36 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 KapRL]). Die Festlegung der konkreten Bedingungen für die Ausübung dieses Rechts auf Sicherheitsleistung obliegt – wie der durch die RL 2006/68/EG (→ 19.6) eingefügte Art. 75 Abs. 1 UAbs. 2 S. 1 GesRRL (G Art. 36 Abs. 1 UAbs. 2 S. 1 KapRL) nun ausdrücklich klarstellt − dem jeweiligen nationalen Recht. Mit der RL 2006/68/EG (→ 19.6) wurde allerdings auch ein neuer Art. 75 Abs. 1 19.235 Abs. 2 S. 2 GesRRL (G  Art. 36 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 KapRL) ergänzt, mit dem das Verfahrensrecht zumindest partiell harmonisiert wurde763. Er verpflichtet die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die Gläubiger das Recht haben, bei der zuständigen Verwaltungsbehörde oder dem zuständigen Gericht angemessene Sicherheiten zu beantragen − allerdings nur dann, wenn sie glaubhaft machen können, dass die Befriedigung ihrer Forderungen durch die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals gefährdet ist und sie von der Gesellschaft keine angemessenen Sicherheiten erhalten haben. Die Glaubhaftmachungslast wurde dabei bewusst den Gläubigern auferlegt, um so in 759 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 80; Drinkuth S. 256; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 372; Oechsler (Fn. 758), § 225 Rn. 2. 760 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 15; Edwards S. 88; Fankhauser S. 233; Niessen AG 1970, 281, 295. 761 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 15; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 80; Drinkuth S. 257 ff.; Fankhauser S. 234 f.; Kalss (Fn. 38), S. 119, 287; Lösekrug S. 204. 762 Siehe die Nachweise in Fn. 759. 763 Vgl. SEK(2004) 1342, S. 7; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 962; Ekkenga Konzern 2007, 413, 414.

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Fällen, in denen Gläubiger zu Unrecht Sicherheiten verlangen, unnötige Verzögerungen zu vermeiden.764 Bei der Würdigung des berechtigten Interesses der Gläubiger sollen nach der Arbeitsunterlage der Kommission insbesondere auch etwaige Rechte auf vorrangige Befriedigung (z.B. aus einem Insolvenzverfahren oder aus gruppeninternen Bürgschaften) zu berücksichtigen sein.765 Zur Absicherung des Rechts auf Sicherheitsleistung verpflichtet Art. 75 Abs. 2 19.236 GesRRL (G Art. 36 Abs. 2 KapRL) die Mitgliedstaaten vorzuschreiben, dass die Herabsetzung unwirksam ist oder dass keine Zahlungen zugunsten der Aktionäre geleistet werden dürfen, solange den Gläubigern nicht Genüge getan ist oder solange ein Gericht nicht entschieden hat, dass ihrem Antrag nicht entsprochen zu werden braucht. Die Mitgliedstaaten haben also insoweit ein Wahlrecht, ob sie die Nichtleistung bzw. verzögerte Leistung der Sicherheit mit der Unwirksamkeit der Kapitalherabsetzung oder lediglich mit einer Ausschüttungssperre sanktionieren.766 Art. 75 Abs. 3 GesRRL (G Art. 36 Abs. 3 KapRL) stellt klar, dass die Gläubiger- 19.237 schutzvorschriften des Art. 75 GesRRL (G Art. 36 KapRL) auch dann gelten, wenn die Herabsetzung durch einen vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Leistung von Einlagen der Aktionäre vorgenommen wird. Das deutsche Aktienrecht entsprach bei Verabschiedung der KapRL bereits dem 19.238 Schutzstandard der damaligen Fassung des heutigen Art. 75 GesRRL (G Art. 36 KapRL): § 225 AktG gewährt in Abs. 1 einen Anspruch auf Sicherheitsleistung, welcher gem. Abs. 2 S. 1 durch eine Ausschüttungssperre abgesichert ist.767 Die Einfügung des Art. 75 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 GesRRL (G Art. 36 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 KapRL) führte zu Forderungen nach einer Novellierung der Vorschrift768, denen der Gesetzgeber jedoch (bislang) nicht nachgekommen ist. Entgegen manchen Stimmen im Schrifttum ist eine Reform unionsrechtlich auch nicht etwa zwingend geboten. Denn § 225 AktG sieht zwar – anders als § 58 GmbHG oder das englische Recht769 − keinen registerrechtlichen Präventivschutz vor. Der Anspruch der Gläubiger auf Sicherheitsleistung ist jedoch klagbar770 und damit notfalls auch mittels einstweiliger Verfügung durchsetzbar771, so dass die Gläubiger bereits das Recht haben, bei einem Gericht angemessene Sicherheiten zu beantragen, wenn die entsprechende Glaubhaftmachung möglich ist. 764 Vgl. SEK(2004) 1342, S. 7; KOM(2008) 576, S. 5 f.; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 962; Ekkenga Konzern 2007, 413, 414 f.; Vella/Prentice FS Wymeersch, 2009, S. 279, 298 f.; s. ferner auch Teichmann SR 2008, 363. 765 Vgl. SEK(2004) 1342, S. 7. 766 Vgl. Grundmann Rn. 362; Drinkuth S. 259; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 372. 767 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 80; Habersack/Verse § 6 Rn. 86; Schwarz Rn. 628. 768 Vgl. Ekkenga Konzern 2007, 413, 417 f.; GroßkommAktG/Sethe § 225 Rn. 8, 35 Fn. 65; s. ferner auch K. Schmidt/Lutter/Veil § 225 Rn. 2; Westermann ZHR 172 (2008) 144, 167 f. 769 Vgl. ss. 641, 645 ff. CA 2006. 770 Hüffer/Koch § 225 AktG Rn. 12; MünchHdbGesR IV/Scholz § 60 Rn. 55; KK-AktG/ Lutter, 2. Aufl. 1995, § 225 Rn. 33; GroßkommAktG/Sethe § 225 Rn. 8, 53; s. ferner auch Westermann ZHR 172 (2008) 144, 167. 771 Vgl. für den Parallelanspruch gem. § 22 UmwG: Semler/Stengel/Meier-Reimer § 22 Rn. 53.

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Auch dass das deutsche Recht für den Anspruch auf Sicherheitsleistung keine konkrete Gefährdung verlangt772, ist richtlinienkonform.773 Denn die RL etabliert prinzipiell nur einen Mindestandard für den Gläubigerschutz (→ 19.233 f.). Aus Art. 75 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 GesRRL (G Art. 36 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 KapRL) lässt sich das Erfordernis einer konkreten Gefährdung ebenfalls nicht herleiten, denn auch dieser etabliert nur einen Mindestandard für die verfahrensmäßige Absicherung (nämlich, dass eine verwaltungsbehördliche/gerichtliche Durchsetzung zumindest dann möglich sein muss, wenn der Gläubiger eine konkrete Gefährdung glaubhaft machen kann).774 (2)  Vereinfachte Kapitalherabsetzung (Art. 76 GesRRL [ G Art. 37 KapRL]) 19.239 Die auf das deutsche Recht zurückgehende775 Vorschrift des Art. 76 GesRRL (G Art. 37 KapRL) gestattet den Mitgliedstaaten von der Anwendung der Gläubigerschutzvorschriften des Art. 75 GesRRL (G Art. 36 KapRL) abzusehen, wenn die Kapitalherabsetzung den Zweck hat, Verluste auszugleichen oder Beträge einer Rücklage zuzuführen (sog. vereinfachte Kapitalherabsetzung). Ratio ist, wirtschaftlich erwünschte Sanierungen zu erleichtern.776 Andererseits darf auch eine solche wirtschaftlich sinnvolle Maßnahme nicht dazu missbraucht werden können, die Rechte der Gläubiger vollständig auszuhöhlen.777 Art. 76 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GesRRL (G Art. 37 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 KapRL) schränkt die vereinfachte Kapitalherabsetzung zwecks Rücklagenbildung daher insoweit ein, als die Rücklage infolge dieses Vorgangs nicht mehr als 10 % des herabgesetzten gezeichneten Kapitals betragen darf. Zudem werden auch die Verwendungsmöglichkeiten dieser Rücklage limitiert: Sie darf außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals nicht an die Aktionäre ausgeschüttet und nur dazu verwendet werden, Verluste auszugleichen oder durch Umwandlung von Rücklagen das gezeichnete Kapital zu erhöhen (Art. 76 Abs. 1 S. 2 GesRRL [G Art. 37 Abs. 1 S. 2 KapRL]). Schließlich verpflichtet Art. 76 Abs. 2 GesRRL (G Art. 37 Abs. 2 KapRL) die Mitgliedstaaten außerdem, mindestens geeignete Maßnahmen vorzuschreiben, damit die aus der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals gewonnenen Beträge nicht zu Zahlungen oder Ausschüttungen an die Aktionäre oder zur Befreiung der Aktionäre von der Verpflichtung zur Leistung ihrer Einlagen verwendet werden.

772 Vgl. Hüffer/Koch § 225 AktG Rn. 8; Spindler/Stilz/Marsch-Barner § 225 Rn. 15; MüKoAktG/Oechsler § 225 Rn. 22; K. Schmidt/Lutter/Veil § 225 AktG Rn. 13. 773 Ebenso MüKoAktG/Oechsler § 225 Rn. 22; anders jedoch offenbar GroßkommAktG/ Sethe § 225 Rn. 35 Fn. 65. 774 Vgl. auch MüKoAktG/Oechsler § 225 Rn. 22; s. ferner auch Grundmann Rn. 362. 775 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 80; Edwards S. 88 Fn. 216; Wooldridge [1978] Acta Juridica 327, 341. 776 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 15; Drinkuth S. 260. 777 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 15; Niessen AG 1970, 281, 296.

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Nur aufgrund dieser Sonderregelung in Art. 76 GesRRL (G Art. 37 KapRL) war es 19.240 dem deutschen Gesetzgeber möglich, das Regime der vereinfachten Kapitalherabsetzung (§§ 229 ff. AktG) beizubehalten.778 cc)  Erhalt des Mindestkapitals (Art. 77 GesRRL [ G Art. 38 KapRL]) Art. 77 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 38 UAbs. 1 KapRL) stellt klar, dass das Mindestka- 19.241 pitalerfordernis des Art. 45 GesRRL (G Art. 6 KapRL, → 19.42 ff.) prinzipiell auch bei der Kapitalherabsetzung zu beachten ist: Das gezeichnete Kapital darf grundsätzlich nicht unter das nach Art. 45 GesRRL (G Art. 6 KapRL) festgelegte Mindestkapital779 herabgesetzt werden. Art. 77 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 38 UAbs. 2 KapRL) gestattet den Mitgliedstaaten allerdings den – in der Praxis als Sanierungsmittel äußerst bedeutsamen − sog. Kapitalschnitt zuzulassen: Das nationale Recht kann eine Absenkung unter die Mindestkapitalziffer zulassen, wenn zugleich vorgeschrieben ist, dass der Herabsetzungsbeschluss nur dann wirksam wird, wenn das gezeichnete Kapital auf einen Betrag erhöht wird, der zumindest dem vorgeschriebenen Mindestbetrag entspricht. Das deutsche Aktienrecht geht mit § 228 AktG insoweit über den Mindeststan- 19.242 dard des Art. 77 GesRRL (G Art. 38 KapRL) hinaus, als es eine Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag nur dann gestattet, wenn zugleich eine Barkapitalerhöhung beschlossen wird; eine Sachkapitalerhöhung genügt also – anders als nach der RL – nicht.780 dd)  Sonderfälle der Kapitalherabsetzung (Art. 78–82 GesRRL [ G 39–43 KapRL]) Art. 78–82 GesRRL (G Art. 39–43 KapRL) enthalten eine Reihe von Sondervorschrif- 19.243 ten, mit denen der europäische Gesetzgeber einigen speziellen nationalen Rechtsinstituten, die entweder spezifische Formen der Kapitalherabsetzung darstellen oder zumindest der Kapitalherabsetzung sehr ähnliche Wirkungen haben, Rechnung tragen wollte.781

778 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 80; Lösekrug S. 205; Schwarz Rn. 629. 779 Bezugspunkt ist also das nach nationalem Recht festgelegte Mindestkapital, nicht die in Art. 45 GesRRL (G Art. 6 KapRL) normierte Untergrenze von 25.000 €, vgl. Drinkuth S. 261; Fankhauser S. 235 Fn. 705. 780 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 79 Fn. 273; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 374. 781 Vgl. RL-E 1970 (Fn. 1), S. 16; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 81; Edwards S. 89.

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(1)  Tilgung des gezeichneten Kapitals durch die Gesellschaft (Art. 78 GesRRL [ G Art. 39 KapRL]) 19.244 Art. 78 GesRRL (G  Art. 39 KapRL) normiert Mindestgarantien für die im französischen und belgischen Recht entwickelte782 und zumindest i.E. der Herabsetzung vergleichbare Tilgung des gezeichneten Kapitals ohne dessen Herabsetzung. Sofern die Mitgliedstaaten diese zulassen783, müssen sie diesen Vorgang zumindest den in lit. a–c spezifizierten Bedingungen784 unterwerfen. Danach ist entweder ein qualifizierter Hauptversammlungsbeschluss oder eine Satzungsregelung plus einfachem Hauptversammlungsbeschluss785 erforderlich (lit. a) und die Tilgung darf nur mit ausschüttungsfähigen Mitteln erfolgen (lit. b). Zudem müssen die betroffenen Aktionäre ihre Rechte gegenüber der Gesellschaft (mit Ausnahme derjenigen auf Einlagenrückgewähr und Dividende) behalten (lit. c). Da das Rechtsinstitut der Tilgung des gezeichneten Kapitals dem deutschen Ak19.245 tienrecht unbekannt ist, hat Art. 78 GesRRL (G Art. 39 KapRL) hierzulande keine Bedeutung.786 (2)  Zwangseinziehung (Art. 79 GesRRL [ G Art. 40 KapRL]) 19.246 Art. 79 GesRRL (G Art. 40 KapRL) betrifft die für das deutsche Recht typische787 Kapitalherabsetzung durch Zwangseinziehung von Aktien. Auch diese müssen die Mitgliedstaaten nicht zulassen788, sofern sie dies tun, sind allerdings die in Art. 79 Abs. 1 lit. a–e GesRRL (G Art. 40 Abs. 1 lit. a–e KapRL) spezifizierten Vorgaben zum Schutz der Aktionäre und Gläubiger zu beachten. Zunächst einmal muss die Zwangseinziehung vor der Zeichnung der einzuziehenden Aktien durch die Satzung oder den Errichtungsakt vorgeschrieben oder zugelassen worden sein (lit. a). Wurde sie lediglich zugelassen, so ist − sofern die betroffenen Aktionäre die Zwangseinziehung nicht einstimmig genehmigt haben − ein Hauptversammlungsbeschluss789 mit einfacher Mehr-

782 Vgl. Denecker Rev. soc. 1977, 661, 677; Edwards S. 89; Pipkorn ZHR 141 (1977) 330, 348; Wooldridge [1978] Acta Juridica 327, 341. 783 Hierzu sind sie nicht gezwungen, vgl. auch Drinkuth S. 262; Kalss (Fn. 38), S. 119, 289; Werlauff S. 290. 784 Zu diesen näher Grohmann S. 300 f. 785  Bei mehreren Aktiengattungen (zum Begriff → 19.180) verlangt Art. 81 GesRRL (G Art. 42 KapRL) einen Sonderbeschluss der Gattungsaktionäre, deren Rechte durch die Maßnahme berührt werden. 786 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 81; Drinkuth S. 262; Lösekrug S. 205. 787 Vgl. Drinkuth S. 262; Edwards S. 89; Pipkorn ZHR 141 (1977) 330, 348; Wooldridge [1978] Acta Juridica 327, 341. 788 Vgl. Drinkuth S. 263; Kalss (Fn. 38), S. 119, 289. 789  Bei mehreren Aktiengattungen (zum Begriff → 19.180) verlangt Art. 81 GesRRL (G Art. 42 KapRL) einen Sonderbeschluss der Gattungsaktionäre, deren Rechte durch die Maßnahme berührt werden.

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heit790 erforderlich (lit. b), der nach Maßgabe der nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) offenzulegen ist (lit. e)791. Weiterhin muss das Gesellschaftsorgan, das über die Zwangseinziehung beschließt, die Bedingungen und Durchführung dieser Maßnahme festlegen, sofern dies nicht bereits in der Satzung oder im Errichtungsakt geschehen ist (lit. c). Schließlich ist – mit Ausnahme der in lit. d Hs. 2 geregelten Fälle − grundsätzlich auch das Gläubigerschutzinstrumentarium des Art. 75 GesRRL (G Art. 36 KapRL, → 19.233 ff.) anzuwenden (lit. d am Anfang). Obgleich Art. 79 GesRRL (G Art. 40 KapRL) an sich speziell auf die Spezifika des 19.247 deutschen Aktienrechts abzielte, wo die heute in § 237 AktG geregelte Zwangseinziehung eine lange Tradition hat792, bedurfte es aufgrund von lit. c einer Ergänzung des § 237 Abs. 2 AktG um einen neuen S. 2, wonach die Voraussetzungen für eine Zwangseinziehung und die Einzelheiten ihrer Durchführung in der Satzung oder dem Hauptversammlungsbeschluss festzulegen sind793. (3)  Einziehung eigener Aktien (Art. 80 GesRRL [ G Art. 41 KapRL]) Art. 80 GesRRL (G Art. 41 KapRL) enthält eine Sonderregelung für die Herabsetzung 19.248 des gezeichneten Kapitals durch die Einziehung von Aktien. Hierfür bedarf es stets eines Hauptversammlungsbeschlusses794 mit einfacher Stimmenmehrheit795. Dabei ist unerheblich, ob die Aktien direkt durch die Gesellschaft oder mittelbar durch eine im eigenen Namen, aber auf Rechnung der Gesellschaft handelnde Person erworben werden. Zum Schutz der Gläubiger gebietet Art. 80 Abs. 2 GesRRL (G Art. 41 Abs. 2 KapRL) grundsätzlich die Anwendung des Art. 75 GesRRL (G Art. 36 KapRL, → 19.233 ff.), soweit nicht einer der in Hs. 2 geregelten Fälle − die denjenigen des Art. 79 Abs. 1 lit. d GesRRL (G Art. 40 Abs. 1 lit. d KapRL, → 19.246) entsprechen − vorliegt. Im deutschen Aktienrecht verweist § 71c Abs. 3 AktG hinsichtlich der Einzie- 19.249 hung eigener Aktien auf § 237 AktG, so dass den Anforderungen des Art. 80 GesRRL (G  Art. 41 KapRL) grundsätzlich Genüge getan ist. Kontrovers diskutiert wird jedoch die Vereinbarkeit des durch das KonTraG796 neu eingefügten § 71 Abs. 1 Nr. 8 790 Art. 79 Abs. 2 GesRRL (G Art. 40 Abs. 2 KapRL) bestimmt ausdrücklich, dass Art. 83 GesRRL (G Art. 44 KapRL) nicht anzuwenden ist. 791 Dazu näher Grohmann S. 302. 792 Vgl. zur Entstehungsgeschichte des § 237 AktG: MüKoAktG/Oechsler § 237 Rn. 1 m.w.N. 793 Vgl. BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 19; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 81; Ganske DB 1978, 2461, 2465; Hüffer NJW 1979, 1065, 1070; W. Müller WPg 1978, 565, 574. 794  Bei mehreren Aktiengattungen (zum Begriff → 19.180) verlangt Art. 81 GesRRL (G Art. 42 KapRL) einen Sonderbeschluss der Gattungsaktionäre, deren Rechte durch die Maßnahme berührt werden. 795 Art. 80 Abs. 3 GesRRL (G Art. 41 Abs. 3 KapRL) bestimmt ausdrücklich, dass Art. 83 GesRRL (G Art. 44 KapRL) nicht anzuwenden ist. 796 Fn.  499.

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S. 6 AktG mit Art. 80 Abs. 1 GesRRL (G Art. 41 Abs. 1 KapRL), der immerhin vorschreibt, dass die Einziehung stets durch die Hauptversammlung zu beschließen ist.797 Im Hinblick auf Sinn und Zweck der Vorschrift dürfte es jedoch ausreichen, dass dieser Beschluss im Falle des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 6 AktG antizipiert in Form einer Ermächtigung an den Vorstand erfolgt.798 ee)  Rückerwerbbare Aktien (Art. 82 GesRRL [ G Art. 43 KapRL]) 19.250 Art. 82 GesRRL (G Art. 43 KapRL) schließlich betrifft das vor allem im angloamerikanischen Rechtskreis sehr beliebte Rechtsinstitut der sog. rückerwerbbaren Aktien (redeemable shares799), ein äußerst flexibles Gestaltungsinstrument800, das im UK bereits 1929801 eingeführt wurde. Die RL nimmt diese in Art. 61 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 22 Abs. 1 lit. a KapRL, → 19.138) ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien aus und unterwirft sie durch Art. 82 GesRRL (G Art. 43 KapRL) einem eigenen Regelungsregime,802 das maßgeblich an den zur Zeit der Verabschiedung der KapRL existierenden Vorschriften im UK orientiert ist803. Ebenso wie bei den anderen in Art. 78 ff. GesRRL (G Art. 39 ff. KapRL) geregel19.251 ten Sonderformen stellt die RL es den Mitgliedstaaten auch im Hinblick auf rückerwerbbare Aktien grundsätzlich frei, ob sie dieses Rechtsinstitut im nationalen Recht zulassen oder nicht.804 Sofern sie dies tun, darf dies jedoch nur unter Beachtung der folgenden, in lit. a–h geregelten Voraussetzungen geschehen: Zunächst einmal dürfen nur vollständig eingezahlte Aktien als rückerwerbbar ausgegeben werden (lit. b). Ferner muss der Rückerwerb vor der Zeichnung in der Satzung oder dem Errichtungsakt zugelassen sein (lit. a), und dort müssen auch die Bedingungen und die Durchführung festgelegt werden (lit. c). Weiterhin begrenzt die RL auch die Finanzierung solcher Rückerwerbe: Gem. lit. d darf der Rückerwerb nur mit Hilfe von gem. Art. 56 Abs. 1–4 797 Einen Richtlinienverstoß sehen etwa Bezzenberger (Fn. 100), S. 35; Habersack FS Lutter, 2000, S. 1329, 1335 f. 798 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 83. I.d.S. ferner auch KK-AktG/ Lutter/Drygala § 71 Rn. 196; Martens AG 1996, 337, 345; GroßkommAktG/Merkt § 71 Rn. 297; MüKoAktG/Oechsler § 71 Rn. 277. 799 So die Terminologie im UK. In den USA finden sich dagegen vor allem die Bezeichnungen „repurchase“, „buyback“ oder „reacquisition“. 800 Vgl. etwa zu den Gestaltungsoptionen ausf. Escher-Weingart/Kübler ZHR 162 (1998) 537, 546 ff.; näher zur Herausbildung im angloamerikanischen Gesellschaftsrecht Domínguez AG 2004, 487 ff. 801 Vgl. Palmer’s Company Law 1.108; Domínguez AG 2004, 487. 802 Vgl. speziell zu diesem Aspekt Habersack (Fn. 797), S. 1329, 1335 f.; Werlauff S. 292. 803 Vgl. Edwards S. 89; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 375; Morse (1977) 2 E.L. Rev. 126, 131 f.; Schmitthoff (1978) 15 C.M.L. Rev. 43, 51; Wooldridge [1978] Acta Juridica 327, 341. Die damals geltende Vorschrift der s. 58 CA 1984 wurde zwischenzeitlich durch ss. 159, 160 CA 1985 ersetzt, an deren Stelle seit dem 1.10.2009 die neuen und flexibleren ss. 684–689 CA 2006 getreten sind; zu den aktuellen Vorschriften näher Hannigan 22–20 ff.; Palmer’s Company Law 6.802 ff. 804 Vgl. Drinkuth S. 264; Kalss (Fn. 38), S. 119, 290.

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GesRRL (G Art. 17 Abs. 1–4 KapRL, → 19.96 ff.) ausschüttungsfähigen Mitteln oder mit Erträgen aus der Ausgabe neuer Aktien, die zum Zwecke dieses Rückerwerbs ausgegeben werden, erfolgen. Im ersteren Fall ist eine nicht ausschüttungsfähige und nur begrenzt verwendbare Rücklage i.H.d. Nennbetrages bzw. rechnerischen Wertes zu bilden (vgl. lit. e und f). Sofern als Folge des Rückerwerbs die Zahlung eines Mehrbetrages an die Aktionäre vorgesehen ist, sind die Grenzen des lit. g zu beachten. Schließlich sorgt die RL auch hier wieder für die nötige Transparenz, indem durch lit. h die Offenlegung des Rückerwerbs nach Maßgabe der nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) angeordnet wird.805 Für das deutsche Aktienrecht hat Art. 82 GesRRL (G Art. 43 KapRL) nur margi- 19.252 nale Bedeutung. Die Regierungskommission Corporate Governance hatte zwar 2001 die generelle Einführung rückerwerbbarer Aktien vorgeschlagen806, der Gesetzgeber ist dem jedoch nicht gefolgt, sondern hat rückerwerbbare Aktien lediglich bei der Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital (→ 19.17) ermöglicht (vgl. ursprünglich § 105 Abs. 2 InvG, nun § 116 KAGB)807. 6.  Abweichungsmöglichkeiten/Bereichsausnahmen gem. Art. 84 GesRRL ( G Art. 45 KapRL) a)  Die sozialpolitisch motivierten Abweichungsoptionen in Art. 84 Abs. 1 und 2 GesRRL ( G Art. 45 Abs. 1 und Abs. 2 KapRL) Mit den in Art. 84 Abs. 1 und 2 GesRRL (G Art. 45 Abs. 1 und Abs. 2 KapRL) statu- 19.253 ierten zahlreichen Abweichungsoptionen verfolgt der europäische Gesetzgeber sozialpolitische Zwecke: Die Mitgliedstaaten sollen die Beteiligung der Arbeitnehmer am Kapital, speziell in Form sog. Belegschaftsaktien, aktiv fördern und zu diesem Zweck auch von bestimmten Vorschriften der KapRL abweichen können.808 Art. 84 Abs. 1 GesRRL (G Art. 45 Abs. 1 KapRL) gestattet den Mitgliedstaaten 19.254 Abweichungen von Art. 48 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 KapRL) (Leistungszeitpunkt für Bareinlagen bei der Kapitalaufbringung, → 19.58), Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. a S. 1 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. a S. 1 KapRL) (Hauptversammlungsbeschluss für den Erwerb eigener Aktien, → 19.127), Art. 68 GesRRL (G Art. 29 KapRL) (Hauptversammlungskompetenz für Kapitalerhöhungen, 19.173 ff.), Art. 69 GesRRL (G Art. 30 KapRL) (Leistungszeitpunkt für Bareinlagen bei der Kapitalerhöhung, → 19.191) und Art. 72 GesRRL (G Art. 33 KapRL) (Bezugsrecht, → 19.203 ff.). 805 Vgl. auch Grohmann S. 289 f. 806 Vgl. BT-Drs. 14/7515, S. 106 (Rn. 235 f.). 807 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 81. Näher zu § 105 Abs. 2 InvG etwa Hermanns ZIP 2004, 1297, 1300; Pluskat WM 2005, 772, 775. 808 Vgl. EuGH v. 30.5.1991, Karella, C-19/90 u. C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229, Rn. 32. S. ferner auch Denecker Rev. soc. 1977, 661, 678; Drinkuth S. 267 f.; Fankhauser S. 205; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 314; Morse (1977) 2 E.L. Rev. 126, 132; Wooldridge [1978] Acta Juridica 327, 341.

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Eine Abweichungsbefugnis besteht jedoch nur insoweit, als dies für den Erlass oder die Anwendung von Vorschriften erforderlich ist, welche die Beteiligung der Arbeitnehmer oder anderer durch einzelstaatliches Recht festgelegter Gruppen von Personen am Kapital der Unternehmen fördern sollen. Diese Parameter hat der EuGH in seinem Urteil in der Rs. Karella809 näher konkretisiert. Dabei hat er zunächst betont, dass entsprechende nationale Regelungen auch tatsächlich in ihrer konkreten Anwendung zur Verwirklichung des Ziels des Art. 84 Abs. 1 GesRRL (G Art. 45 Abs. 1 KapRL) – der Beteiligung breiter Kreise der Bevölkerung am Aktienbesitz − beitragen müssen; eine bloße Möglichkeit theoretischer oder sekundärer Natur genügt nicht.810 Ferner hat der Gerichtshof klargestellt, dass sich die Erwähnung „anderer … Gruppen von Personen“ auf die Beteiligung breiter Kreise der Bevölkerung am Aktienbesitz und nicht etwa auf die Übertragung von Aktien auf Kreditinstitute oder öffentlich-rechtliche Einrichtungen (wie sie der in Streit stehenden griechischen Vorschrift zugrunde lag) bezieht.811 GA Tesauro hatte zuvor in seinen Schlussanträgen – auf die der EuGH insoweit ausdrücklich Bezug nimmt812 − als konkrete Beispiele Arbeitnehmervereinigungen oder juristische Personen, deren Ziel die Förderung der Beteiligung breiter Kreise der Bevölkerung am Aktienbesitz ist, genannt.813 Umstritten ist hingegen, ob auch Mitglieder der Geschäftsführung zum von Art. 84 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 45 Abs. 1 KapRL) privilegierten Kreis gehören.814 19.255 Art. 84 Abs. 2 GesRRL (G Art. 45 Abs. 2 KapRL) eröffnet den Mitgliedstaaten die Befugnis zur Nichtanwendung der Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. a S. 1 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. a S. 1 KapRL) (Hauptversammlungsbeschluss für den Erwerb eigener Aktien, → 19.127), sowie der Kapitalherabsetzungsvorschriften in Art. 73 f., 79–82 GesRRL (G  Art. 34 f., 40–43 KapRL, → 19.228 ff., 19.246 ff.) auf Gesellschaften, die aufgrund einer besonderer Regelung neben Kapitalanteilen sog. Arbeitsaktien ausgeben. Voraussetzung ist weiterhin, dass diese Arbeitsaktien zugunsten der Gesamtheit der Arbeitnehmer ausgegeben werden und diese auf der Hauptversammlung der Aktionäre durch Bevollmächtigte mit Stimmrecht vertreten wird. Derartige Arbeitsaktien existieren z.B. im französischen Gesellschaftsrecht.815

809 EuGH v. 30.5.1991, Karella, C-19/90 u. C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229. Dazu Edwards S. 61; Fankhauser S. 205. 810 EuGH v. 30.5.1991, Karella, C-19/90 u. C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229, Rn. 33 f. 811 EuGH v. 30.5.1991, Karella, C-19/90 u. C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229, Rn. 35. 812 EuGH v. 30.5.1991, Karella, C-19/90 u. C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229, Rn. 35. 813 GA Tesauro, Schlussanträge v. 30.1.1991, Karella, C-19/90 u. C-20/90, ECLI:EU:C:1991:34, Rn. 5. 814 Dafür Hüffer ZHR 161 (1997) 214, 239 f.; Kalss (Fn. 38), S. 119, 224; Schmitthoff (1978) 15 C.M.L. Rev. 43, 48; dagegen MüKoAktG/Fuchs § 192 Rn. 114; Lösekrug S. 195; Martens FS Ulmer, 2003, S. 399, 410 f. 815 Vgl. Art. L 225-259 ff. C. com. (sog. actions de travail). Vgl. auch Denecker Rev. soc. 1977, 661, 678; Pipkorn ZHR 141 (1977) 330, 349.

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b)  Bereichsausnahme für Maßnahmen aufgrund der BRRD (Art. 84 Abs. 3 GesRRL [ G Art. 45 Abs. 3 KapRL]) Gem. Art. 84 Abs. 3 GesRRL (G Art. 45 Abs. 3 KapRL) finden die Art. 49 GesRRL 19.256 (G Art. 10 KapRL) (Wertprüfung bei Sacheinlagen, → 19.61), Art. 58 Abs. 1 GesRRL (G 19 Abs. 1 KapRL) (Konsultationspflicht bei schweren Verlusten, → 19.112), Art. 68 Abs. 1–3 GesRRL (G Art. 29 Abs. 1–3 KapRL) (Hauptversammlungskompetenz für Kapitalerhöhungen, → 19.173 ff.), Art. 70 Abs. 2 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 31 Abs. 2 UAbs. 1 KapRL) (Wertprüfung bei Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage, → 19.192 ff.), Art. 72 GesRRL (G  Art. 33 KapRL) (Bezugsrecht, → 19.203 ff.), Art. 72–75, 79–81 GesRRL (G  Art. 33–36, 40–42 KapRL) (Regeln zur Kapitalerherabsetzung, → 19.227 ff.) keine Anwendung im Falle von Abwicklungsinstrumenten, -befugnissen und -mechanismen auf der Basis der BRRD (→ 14.150). Die Vorschrift wurde erst 2014 durch Art. 123 BRRD (zur BRRD → 14.150) eingefügt, um zu gewährleisten, dass eine schnelle Intervention nicht an den Vorgaben der KapRL scheitert.816 In der Rs. Kotnik (→ 19.177) hat der EuGH obiter klargestellt, dass sich aus der erst 2014 erfolgten Ergänzung der Vorschrift nicht ableiten lässt, dass derartige Abweichungen zur Gewährleistung der Stabilität des Finanzsystems zuvor verboten waren.817 In Deutschland wurde Art. 84 Abs. 3 GesRRL (G Art. 45 Abs. 3 KapRL) durch spezielle Vorschriften im SAG (→ 14.151, 19.15) Rechnung getragen.818 c)  Bereichsausnahme für Restrukturierungsbemühungen Der Vorschlag für eine Unternehmensinsolvenz-RL (UntIntRLE, → 17.11, 17.110 ff.) 19.257 sieht außerdem die Einführung einer neuen Bereichsausnahme in Bezug auf Restrukturierungsbemühungen vor (→ 19.11). 7.  Das Gleichbehandlungsgebot als Leitmotiv (Art. 85 GesRRL [ G Art. 46 KapRL]) Last but not least statuiert die RL in Art. 85 GesRRL (G Art. 46 KapRL) − fast schon 19.258 etwas versteckt − eines ihrer grundlegenden Leitmotive:819 das Gebot der Gleichbehandlung der Aktionäre im Rahmen der Anwendung des Titel I Kapitel IV, dessen explizite Positivierung auf französischem Vorbild beruht820. Zahlreiche Einzelvorschriften der RL stellen letztlich lediglich Konkretisierungen dieses Grundsatzes dar,821 so 816 Vgl. ErwG 121 BRRD; COM(2012) 280, 4.4.17. 817 EuGH v. 19.7.2016, Kotnik, C-526/14, ECLI:EU:C:2016:570, Rn. 93. Dazu J. Schmidt AG 2016, 713, 715 f.; Stiegler EuZW 2016, 921 f. 818 Vgl. dazu Lütgerath BKR 2016, 279, 282 ff. 819 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 84; Grundmann Rn. 325: „Gleichbehandlung als Grundidee“. 820 Vgl. Denecker Rev. soc. 1977, 661, 679; Henn AG 1985, 240, 242; Kalss (Fn. 38), S. 119, 215 Fn. 356. 821 Vgl. Grundmann Rn. 325; Kalss (Fn. 38), S. 119, 215. S. ferner auch Edwards S. 56.

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etwa insbesondere das Bezugsrecht der (Alt-)Aktionäre822 (Art. 72 GesRRL [G Art. 33 KapRL], → 19.203 ff.). Art. 85 GesRRL (G Art. 46 KapRL) verpflichtet die Mitgliedstaaten allerdings nur 19.259 zur Sicherstellung der Gleichbehandlung derjenigen Aktionäre, die „sich in denselben Verhältnissen befinden“. Sie gebietet also nur, die Aktionäre unter gleichen Bedingungen gleich zu behandeln, sachlich begründete Differenzierungen sind hingegen zulässig.823 Dabei ist das Gleichbehandlungsgebot nicht lediglich ein reiner Programmsatz824, vielmehr kommt ihm als fundamentales Leitmotiv gerade auch im Hinblick auf die Auslegung der einzelnen Richtlinienbestimmungen grundlegende Bedeutung zu825. Insofern hat der Gleichbehandlungsgrundsatz also auch eine gewisse Schrankenfunktion, was die RL nunmehr in Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 KapRL) im Hinblick auf den Erwerb eigener Aktien auch explizit statuiert (→ 19.123). Relevant ist der Gleichbehandlungsgrundsatz ferner aber gerade auch im Bereich des Bezugsrechts826 oder der Kapitalaufbringung827. Wie der EuGH in der Rs. Audiolux828 entschieden hat, ist er allerdings nicht etwa Ausfluss eines primärrechtlichen allgemeinen Rechtsgrundsatzes der Gleichbehandlung aller Aktionäre (ein solcher existiert gerade nicht, → 28.17). Im deutschen Aktienrecht war die Gleichbehandlung der Aktionäre zwar schon 19.260 immer eine der grundlegenden – wenn auch ungeschriebenen − Maximen.829 Die KapRL brachte also keineswegs eine Änderung der materiellen Rechtslage, der deutsche Gesetzgeber entschloss sich jedoch gleichwohl, den Grundsatz der Gleichbehandlung aus Klarstellungsgründen ausdrücklich im hierzu neu geschaffenen § 53a AktG zu kodifizieren.830 Der Anwendungsbereich der Generalklausel des § 53a AktG ist jedoch deutlich weiter als derjenige des Art. 85 GesRRL (G Art. 46 KapRL), denn er erfasst nicht nur den Regelungsbereich des Titel I Kapitel IV GesRRL (G KapRL)831, sondern vielmehr den gesamten mitgliedschaftlichen Bereich.832

822 Vgl. die Nachweise in Fn. 688. 823 Vgl. auch BGH NJW 1993, 400, 402; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 377; Nobel Kap. 3 Rn. 66. 824 Zumindest missverständlich insofern Kalss (Fn. 38), S. 119, 215. 825 Vgl. Kalss (Fn. 38), S. 119, 215. 826 Vgl. dazu bereits → 19.203 sowie etwa Habersack/Verse § 6 Rn. 79; Werlauff S. 240 ff. 827 Vgl. Drinkuth S. 268; Habersack/Verse § 6 Rn. 25. 828 EuGH v. 15.10.2009, Audiolux, C-101/08, ECLI:EU:C:2009:626. Literatur dazu → 28.17. 829 S. bereits RGZ 41, 97, 99; 52, 287, 293 f.; BGHZ 33, 175, 186. 830 S. zur Kodifikation des Gleichbehandlungsgebots in § 53a AktG: BegrRegE z. KapRiLiG, BT-Drs. 8/1678, S. 13; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 84; Ganske DB 1978, 2461, 2462; Hüffer NJW 1979, 1065, 1067; W. Müller WPg 1978, 565, 568; Lösekrug S. 208 f.; Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, S. 27 ff. Äußerst kritisch Lutter FS Ferid, 1978, S. 599, 606 ff. 831 Vgl. EuGH v. 30.6.2009, Audiolux, C-101/08, ECLI:EU:C:2009:626, Rn. 37. 832 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 84; MüKoAktG/Bungeroth § 53a Rn. 1, 5; KK-AktG/Drygala § 53a Rn. 10; Habersack/Verse § 6 Rn. 90; KK-AktG/ Lutter/Zöllner, 2. Aufl. 1986, § 53a Rn. 7; Lösekrug S. 208; Verse (Fn. 830), S. 28.

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IV.  Fundstellenverzeichnis Grundlage

Art. 50 Abs. 1, Abs. 2 lit. g AEUV

Vorschläge

Vorschlag einer zweiten RL des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Einhaltung und Änderungen ihres Kapitals vorgeschrieben sind, 5.3.1970, KOM(70) 232 = BT-Drs. VI/595



Geänderter Vorschlag einer zweiten RL des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Einhaltung und Änderungen ihres Kapitals vorgeschrieben sind, 30.10.1972, KOM(72) 1310

verabschiedete Fassung

Zweite RL 77/91/EWG des Rates v. 13.12.1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Einhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABlEG v. 31.1.1977, L 26/1

ändernde Rechtsakte

Beitrittsakte von 1979, ABlEG v. 19.11.1979, L 291/17 (Griechenland)



Beitrittsakte von 1985, ABlEG v. 15.11.1985, L 302/23 (Spanien und Portugal)



RL 92/101/EWG des Rates v. 23.11.1992 zur Änderung der RL 77/91 EWG über die Gründung der Aktiengesellschaft sowie die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals, ABlEG v. 28.11.1992, L 347/64



Beitrittsakte von 1994, ABlEG v. 29.8.1994, C 241/194 (Finnland, Österreich und Schweden)



Beitrittsakte von 2003, ABlEU v. 23.9.2003, L 236/338 (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern)



RL 2006/68/EG des EP und des Rates v. 6.9.2006 zur Änderung der RL 77/91 EWG über die Gründung der Aktiengesellschaft sowie die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals, ABlEU v. 25.9.2006, L 264/32



RL 2009/109/EG des EP und des Rates v. 16.9.2009 zur Änderung der RL 77/91/EWG, 78/855/EWG und 82/891/EWG des Rates sowie der RL 2005/56/EG hinsichtlich der Berichts- und Dokumentationspflichten bei Verschmelzungen und Spaltungen, ABlEU v. 2.10.2009, L 259/14.

kodifizierte Fassung

RL 2012/30/EU des EP und des Rates v. 25.10.2012 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des

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§ 19 GesRRL II: Die frühere Kapital-RL (KapRL)

Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (Neufassung), ABlEU v. 14.11.2012, L 315/74 Berichtigungen

ABlEU v. 18.6.2016, L 161/41 (Art. 11 Abs. 1 UAbs. 1, Abs. 2 UAbs. 2, Art. 28 Abs. 6 lit. b, Art. 42 KapRL)

ändernde Rechtsakte

RL 2013/24/EU des Rates v. 13.5.2013 zur Anpassung bestimmter RL auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABlEU v. 10.6.2013, L 158/365



RL 2014/59/EU des EP und des Rates v. 15.4.2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der RL 82/891/EWG des Rates, der RL 2001/24/EG, 2002/47/ EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des EP und des Rates, ABlEU v. 12.6.2014, L 173/190 [BRRD]

Kodifizierung in der GesRRL

RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46

Umsetzung in Deutschland ursprüngliche Umsetzung

Gesetz zur Durchführung der Zweiten RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts v. 13.12.1978, BGBl. I, 1959 (KapRiLiG)

RL 92/101/EWG

spezielle Umsetzung nicht erforderlich

2006/68/EG

Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v. 30.7.2009, BGBl. I, 2479

RL 2009/109/EG

Drittes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 11. 7. 2011, BGBl. I, 1338

RL 2013/24/EU

spezielle Umsetzung nicht erforderlich

BRRD

Gesetz zur Umsetzung der RL 2014/59/EU des EP und des Rates v. 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der RL 82/891/EWG des Rates, der RL 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des EP und des Rates (BRRD-Umsetzungsgesetz) v. 10.12.2014, BGBl. I, 2091



Gesetz zur Neuordnung der Aufgaben der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA-Neuordnungsgesetz – FMSANeuOG) v. 23.12.2016, BGBl. I, 3171

§ 20 GesRRL III: Die frühere Fusions-RL (FusRL)

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§ 20 GesRRL III: Die frühere Fusions-RL (FusRL) RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46 Literatur: Arenas García, Rafael, Contratos internacionales y fusiones transfronterizas, LA LEY Unión Europea nº 39, julio 2016; Arnold, Stefan/Zollner, Johannes, Das Schicksal „besonderer Rechte“ bei Umstrukturierungen in gesellschaftsrechtlicher und vertragsrechtlicher Perspektive, RIW 2016, 565; Barbaso, Fabrizio, The harmonisation of company law with regard to mergers and divisions, [1984] JBL 176; Bayer, Walter/Schmidt, Jessica, Gläubigerschutz bei (grenzüberschreitenden) Verschmelzungen. Das EuGH-Urteil in der Rs KA Finanz, ZIP 2016, 712, und die Folgen, ZIP 2016, 841; dies., Der Referentenentwurf zum 3. UmwÄndG: Vereinfachungen bei Verschmelzungen und Spaltungen und ein neuer verschmelzungsspezifischer Squeeze-out, ZIP 2010, 953; Cordoliani, H. F. A., Le droit des fusions et la communauté européenne, JCP 1979.II.13078; Engelmeyer, Cäcilie, Informationsrechte und Verzichtsmöglichkeiten im Umwandlungsgesetz, BB 1998, 330; Freytag, Lars F., Neues zum Recht der Konzernverschmelzung und des Squeeze-out, BB 2010, 1611; Ganske, Joachim, Änderungen des Verschmelzungsrechts, DB 1981, 1551; Grohmann, Uwe, Das Informationsmodell im Europäischen Gesellschaftsrecht, 2006; Grundmann, Stefan (Hrsg.), Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts: Gesellschafts-, Arbeits- und Schuldvertragsrecht, 2000; Heenen, J., La directive sur les fusions internes, CDE 1981, 15; Kalss, Susanne, Europarechtliche und verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen für das Umwandlungsrecht, JBl. 1995, 420; Keutgen, Guy, La directive européenne sur les fusions nationales, Rev. prat. soc. 1979, 98; Koller, Torsten, Die europäische Harmonisierung des Rechts der Verschmelzung, 2004; Langheld, Georg C., Strafrechtlicher Haftungsübergang nach dem Unionsrecht bei Umwandlungen, NZG 2015, 1066; Lecourt, Benoît, Les fusions de sociétés et le principe de personnalité de la responsabilité pénale, Rev. soc. 2015, 679; Leitzen, Mario, Die Änderungen des Umwandlungsgesetzes durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Umwandlungsrechts, DNotZ 2011, 526; Lösekrug, Jens, Die Umsetzung der Kapital-, Verschmelzungsund Spaltungsrichtlinie der EG in das nationale deutsche Recht, 2004; Loy, Odette, La troisième directive du Conseil des Commnautés européennes du 9 octrobre 1978 concernant les fusions des sociétés anonymes, RTD eur. 1980, 354; Lutter, Marcus, Die Entwicklung des Gesellschaftsrechts in Europa, EuR 1975, 44; Meyer-Ladewig, Jens, Der Kommissionsvorschlag für eine Dritte Richtlinie des Rates zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Nationale Fusion), BB 1970, 1517; Neye, Hans-Werner/Jäckel, Holger, Umwandlungsrecht zwischen Brüssel und Berlin. Der Referentenentwurf für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsrechts, AG 2010, 237; Neye, Hans-Werner/Kraft, Julia, Neuigkeiten beim Umwandlungsrecht, NZG 2011, 681; Potyka, Matthias, EuGH-Urteil in der Rs KA Finanz-Änderung des § 226 Abs. 3 AktG erforderlich?, RdW 2016/296; Priester, Hans-Joachim, Das neue Verschmelzungsrecht, NJW 1983, 1459; Riesenhuber, Karl, Die Verschmelzungsrichtlinie: „Basisrechtsakt für ein Europäisches Recht der Strukturmaßnahmen“ – Zum Schutz durch Information im Europäischen Gesellschaftsrecht, NZG 2004, 15; Schimka, Matthias/Schörghöfer, Paul, Neue europäische Vorgaben für die Berichts- und Dokumentationsplicht bei Verschmelzungen und Spaltungen – Zur Änderung der Fusions-RL, der Spaltungs-RL und der EU-Verschmelzungs-RL sowie der Kapital-RL, WBl. 2010, 109; Schmidt, Jessica, § 123 Abs. 1 AktG i.d.F. des UMAG und §§ 61 Satz 1, 63 Abs. 1 UmwG – ein unbeabsichtigter Richtlinienverstoß, DB 2006, 375; Simon, Stefan/Merkelbach, Matthias, Das Dritte Gesetz zur Änderung des UmwG, DB 2011, 1317; Sonnenberger, Hans Jürgen, Interne Fusion von Aktiengesellschaften im Gemeinsamen Markt, AG 1971, 76; Temple Lang, John, Three EEC Draft Directives on company law – capital, mergers and management, (1972) Irish Jurist 306; Van Ommeslaghe, Pierre, La proposition de troi-

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I.  Genese und Ratio 20

1.  Historie, Inhalt und Grundgedanken im Überblick

20.1 Wie der Entwurf der KapRL wurde auch der erste Entwurf für die FusRL zur Harmonisierung der Regeln für die nationale Fusion bereits 19701 vorgelegt; zuvor hatte es 1968 zudem auch schon einen inoffiziellen Vorentwurf2 gegeben. Nach einer Neufassung vom Januar 19733, in der die FusRL vor allem an den mittlerweile gescheiterten Entwurf eines Abkommens über die internationale Verschmelzung (→ 22.1) angepasst worden war, übermittelte die Kommission nach nochmaligen Änderungswünschen des EP4 Ende 1975 einen zweiten geänderten Vorschlag5 an den Rat. Dieser verabschiedete die FusRL6 mit erheblichen Änderungen am 9.10.1978. Durch das EWR1  Vorschlag für eine Dritte RL des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter bei Fusionen von Aktiengesellschaften vorgeschrieben sind, 16.6.1970, KOM(70) 633 = ABlEG v. 14.7.1970, C 89/20 = BT-Drs. VI/1027. 2  Les fusions internes. Document de travail n° 6. Avant-projet de directive, 10.4.1968, Dok. 11409/2/XIV/C/68 – F. 3  Erster geänderter Vorschlag v. 4.1.1973, KOM(72) 1668. 4  Entschließung des EP v. 7.4.1975, ABlEG v. 28.4.1975, C 95/12. 5  Zweiter geänderter Vorschlag v. 22.12.1975, KOM(75) 671. 6  Dritte RL 78/855/EWG des Rates v. 9.10.1978 gemäß Art. 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften, ABlEG v. 20.10.1978, L 295/36.

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Abkommen wurde ihr Anwendungsbereich m.W.v. 1.1.1994 bzw. 1.5.19957 auch auf die EWR-Staaten ausgedehnt.8 Mit der sehr stark von Einflüssen des romanischen Rechtskreis geprägten9 FusRL 20.2 wurde ein doppeltes Harmonisierungsziel verfolgt, welches nun in Titel II Kapitel 1 GesRRL fortwirkt (vgl. ErwG 4 FusRL [G ErwG 49 GesRRL]): Zum einen werden alle Mitgliedstaaten verpflichtet, in ihrem nationalen Recht für Aktiengesellschaften das Rechtsinstitut der Verschmelzung zu verankern und zum anderen werden im Interesse des Schutzes der Aktionäre und Dritter zugleich die Regelungen über das Verschmelzungsverfahren harmonisiert. Zu den „Dritten“ in diesem Sinne gehören insbesondere nicht nur private, sondern auch öffentliche Gläubiger.10 Wesentliche Bedeutung hatte die FusRL darüber hinaus aber v.a. auch insofern, als 20.3 mit ihr aus heutiger Sicht das wesentliche Fundament für das europäische Recht der Umstrukturierungen gelegt wurde. Das in den Art. 5 ff. FusRL (G Art. 91 ff. GesRRL) konzipierte Verfahrensinstrumentarium hat sich inzwischen quasi zum „europäischen Modell für Strukturmaßnahmen“11 entwickelt, denn auf eben dieser Grundkonzeption bauten dann auch die SpRL (G Titel II Kapitel III GesRRL, → 21.2., 21.15), die CBMD (G Titel II Kapitel II GesRRL, → 22.3, 22.32) sowie die Verschmelzungsvorschriften der SE-VO (→ 45.50) und der SCE-VO (→ 46.22) auf. 2.  Änderungen und Kodifizierung 2011 Ungeachtet dieser fundamentalen Bedeutung der FusRL als „Grundbaustein des eu- 20.4 ropäischen Gesellschaftsrechts“12 wurde i.R.d. allgemeinen Diskussion um die Vereinfachung des Unternehmensumfelds seitens der Kommission im Jahr 2007 kurzzeitig erwogenen, sie völlig abzuschaffen13 (→ 5.52). Dies stieß jedoch zu recht auf vehementen Widerstand14, hätte dies doch einen unverantwortlichen Rückschritt für   7  Für Island und Norwegen (sowie für Finnland, Österreich, Schweden, die aber inzwischen zur EU gehören) zum 1.1.1994, für Liechtenstein zum 1.5.1995.   8  Vgl. Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum − Anhang XXII, Nr. 3 (ABlEG v. 3.1.1994, L 1/3). Zur Ausdehnung der kodifizierten Fassung s. Fn. 20.  9 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 13; Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 88; Lösekrug S. 213; Priester NJW 1983, 1459. 10  EuGH v. 5.3.2015, Modelo Continente Hipermercados, C-343/13, ECLI:EU:C:2015:146, Rn. 31 f. (näher zur Entscheidung → 20.99). 11  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 7; dies. NJW 2006, 401, 402; dies. BB 2008, 454, 456; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 148; J. Schmidt, Cross-border mergers and divisions, transfers of seat: Is there a need to legislate?, PE 559.960, S. 29; vgl. auch Riesenhuber NZG 2004, 15 und ihm folgend Grundmann Rn. 868: „Basisrechtsakt für ein Europäisches Recht der Strukturmaßnahmen“; s. ferner auch EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 234 („Grundkonzeption der europäischen Strukturmaßnahmen“). 12 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 458. 13  Vgl. Mitteilung der Kommission über ein vereinfachtes Unternehmensumfeld in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Rechnungslegung und Abschlussprüfung, KOM(2007) 394, S. 5 f. 14  I.R.d. Konsultation sprach sich eine große Mehrheit gegen eine Aufhebung der RL aus, vgl. den Consultation Report v. Dez. 2007 (), S. 3 ff.; ausdrücklich ablehnend auch das EP, vgl. Entschließung des EP v. 21.5.2008 zu dem vereinfachten Unternehmensumfeld in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Rechnungslegung und Abschlussprüfung, ABlEU v. 19.11.2008, C 279 E/36, Ziff. 3. 15 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 457 f.; Teichmann SR 2007, 272. 16  RL 2007/63/EG des EP und des Rates v. 13.11.2007 zur Änderung der RL 78/855/EWG und 82/891/EWG des Rates hinsichtlich des Erfordernisses der Erstellung eines Berichts durch einen unabhängigen Sachverständigen anlässlich der Verschmelzung oder der Spaltung von Aktiengesellschaften, ABlEU v. 17.11.2007, L 300/47. 17  RL 2009/109/EG des EP und des Rates v. 16.9.2009 zur Änderung der RL 77/91/EWG, 78/855/EWG, 82/891/EWG des Rates sowie der RL 2005/56/EG hinsichtlich der Berichts- und Dokumentationspflicht bei Verschmelzungen und Spaltungen, ABlEU v. 2.10.2009, L 259/14. 18  Im Jahr 2006 war Art. 1 FusRL bereits mit Blick auf den Beitritt Bulgariens und Rumäniens angepasst worden (RL 2006/99/EG des Rates v. 20.11.2006 zur Anpassung bestimmter RL im Bereich Gesellschaftsrecht anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, ABlEU v. 20.12.2006, L 363/137). Entsprechende Anpassungen waren jeweils auch bei früheren Beitritten neuer Mitgliedstaaten erfolgt, vgl. Fundstellenverzeichnis. 19  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat. Kodifizierung des Acquis communautaire, KOM(2001) 645; dazu Heydt EuZW 2002, 34. 20  RL 2011/35/EU des EP und des Rates v. 5.4.2011 über die Verschmelzung von Aktiengesellschaften, ABlEU v. 29.4.2011, L 110/1. Ausdehnung auf die EWR-Staaten durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 131/2013 v. 14.6.2013 zur Änderung von Anhang XXII (Gesellschaftsrecht) des EWR-Abkommens, ABlEU v. 28.11.2013, L 318/33. 21  RL 2013/24/EU des Rates vom 13.5.2013 zur Anpassung bestimmter RL auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABlEU v. 10.6.2013, L 158/365.

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3.  Integration in die GesRRL 2017 Mit Wirkung v. 20.7.2017 wurden die Bestimmungen der FusRL zusammen mit denje- 20.7 nigen der früheren PubRL (→ 18), KapRL (→ 19), SpRL (→ 21), CBMD (→ 22) und ZNRL (→ 26) in der neuen Gesellschaftsrechts-RL (GesRRL)22 kodifziert, → 5.73, 18.8. 4.  Umsetzung in Deutschland Die Umsetzung der FusRL in Deutschland erfolgte zunächst durch das am 1.1.1983 20.8 in Kraft getretene VerschmRiLiG23, mit dem der Gesetzgeber das deutsche Verschmelzungsrecht nicht nur für Aktiengesellschaften, sondern auch für andere − der RL nicht unterworfene − Gesellschaftsformen24 anpasste25. Die dringend notwendige Konsolidierung der noch immer über eine Vielzahl von Gesetzen verstreuten Verschmelzungsvorschriften erfolgte jedoch erst mehr als ein Jahrzehnt später durch das am 1.1.1995 in Kraft getretene UmwG26, welches neben der Verschmelzung auch die Spaltung, die Vermögensübertragung und den Formwechsel regelt. Die RL 2007/63/EG (→ 20.4) erforderte keine speziellen Umsetzungsmaßnah- 20.9 men, da das deutsche Recht dem neuen Art. 10 Abs. 4 FusRL (G Art. 96 Abs. 4 GesRRL [G → 20.65]) bereits entsprach (→ 20.67). Die RL 2009/109/EG (→ 20.4) wurde zunächst teilweise durch das ARUG27, der Rest dann (leicht verspätet28) durch das 3. UmwÄndG29 umgesetzt (→ 20.46, 20.55, 20.67, 20.78, 20.141, 20.154). Die Kodifizierung 2011 bedurfte keiner Umsetzung, ebenso wenig die RL 20.10 2013/24/EU (→ 20.6). Zur Umsetzung der BRRD wurde durch das BRRD-UmsG ein neues Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) geschaffen, weitere Anpassungen erfolgten durch das FMSA-NeuOG (→ 14.151).

22  RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46. 23 Gesetz zur Durchführung der Dritten RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Verschmelzungsrichtlinie-Gesetz) v. 25.10.1982, BGBl. I, 1425. 24  Modifizierungen erfolgten auch hinsichtlich der für KGaA, GmbH, bergrechtliche Gewerkschaften und Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit geltenden Verschmelzungsvorschriften (vgl. Art. 1 Nr. 18–25, Art. 5 und 6 VerschmRiLiG) sowie der Vorschriften über die Vermögensübertragung (vgl. Art. 26 und 27 VerschmRiLiG). 25 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 13 f.; Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 89; Habersack/Verse § 8 Rn. 3; Priester NJW 1983, 1459, 1467; Schwarz Rn. 640. 26  Umwandlungsgesetz (UmwG) v. 28.10.1994, BGBl. I, 3210. 27 Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v. 30.7.2009, BGBl. I, 2479. 28  Die Umsetzungsfrist war bereits am 30.6.2011 abgelaufen (vgl. Art. 6 Abs. 1 RL 2009/109/ EG), das 3. UmwÄndG trat jedoch erst am 15.7.2011 in Kraft. 29  Drittes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 11. 7. 2011, BGBl. I, 1338.

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II.  Anwendungsbereich 20.11 Der subjektive Anwendungsbereich der nun als Titel II Kapitel I in die GesRRL integrierten Vorschriften der früheren FusRL ist auf Aktiengesellschaften, deren jeweilige nationale Formen in Art. 87 Abs. 1 i.V.m. Anhang I GesRRL (G Art. 1 Abs. 1 FusRL) und Anhang XXII Nr. 3 zum EWR-Abkommen30 abschließend aufgezählt sind, beschränkt. Grund hierfür ist, dass sich die Kommission 1970, als der erste FusRL-Entwurf vorgelegt wurde, zunächst auf die Koordinierung des Rechts der AG als „bedeutendster und zugleich ... juristisch am weitesten ausgebildete[r] Gesellschaftsform“31 konzentrieren wollte, wobei man davon ausging, dass eine Harmonisierung in diesem Bereich den Weg für die Angleichung des Rechts der anderen Gesellschaftstypen ebnen würde32 (→ 19.16). 20.12 Zudem betraf die FusRL (G Titel II Kapitel I GesRRL) auch nur nationale Verschmelzungen, d.h. Verschmelzungen, bei denen alle daran beteiligten Aktiengesellschaften dem Recht desselben Mitgliedstaats unterliegen (vgl. Art. 88 GesRRL [G Art. 2 FusRL]: „Gesellschaften, die ihrem Recht unterliegen“). Die internationale Verschmelzung wurde bewusst ausgespart, denn hierfür war zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens zur FusRL bereits ein Übereinkommen nach Art. 220 EWG [G Art. 293 EG, im AEUV gestrichen, → 2.18] in Planung,33 welches jedoch letztlich scheiterte − was wiederum dazu führte, dass die internationale Verschmelzung erst durch die 2005 verabschiedeten CBMD (G Titel II Kapitel II GesRRL) geregelt wurde (→ 22.1 f.). Art. 87 Abs. 2 und 3 GesRRL (G  Art. 1 Abs. 2 und 3 FusRL) gestatten den 20.13 Mitgliedstaaten Ausnahmen für bestimmte Gesellschaftsformen. Mit der in Art. 87 Abs. 2 GesRRL (G Art. 1 Abs. 2 FusRL) normierten Möglichkeit einer Nichtanwendung auf Genossenschaften, die in einer der in Anhang I GesRRL (G  Art. 1 Abs. 1 FusRL) genannten Rechtsformen gegründet worden sind, sollte – ähnlich wie mit der Parallelregelung in Art. 2 Abs. 2, 44 Abs. 2 GesRRL (G Art. 1 Abs. 2 UAbs. 1 KapRL, → 19.17) − den Besonderheiten solcher Gesellschaften Rechnung getragen werden34, was speziell für Frankreich und Italien von großer Bedeutung war35. Eine Ausnahme ist allerdings im Interesse des Gläubigerschutzes auch hier an eine entsprechende Publizität gebunden36, nämlich die Führung der Bezeichnung „Genossenschaft“ auf jeglicher in Art. 26 GesRRL (G  Art. 5 PubRL) genannter Geschäftskorrespondenz 30  Fn. 8. 31  Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 9. 32  Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 9. 33  Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 9. S. ferner Edwards S. 92 f.; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 100; Lösekrug S. 211; Meyer-Ladewig BB 1970, 1517, 1518; Temple Lang (1972) Irish Jurist 306, 313; Schwarz Rn. 637; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123. 34  Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 9. S. ferner Sonnenberger AG 1971, 76, 77. 35 Vgl. Edwards S. 94 Fn. 41; Ganske DB 1981, 1551; Grundmann Rn. 875; Heene CDE 1981, 15; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 100; Lösekrug S. 217; Loy RTD eur. 1980, 354, 356; Meyer-Ladewig BB 1970, 1517, 1518; Riesenhuber NZG 2004, 15, 17; Schwarz Rn. 639; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 125. 36 Vgl. Grohmann S. 312; Riesenhuber NZG 2004, 15, 17.

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(→ 18.25 ff.). Gem. Art. 87 Abs. 3 GesRRL (G  Art. 1 Abs. 3 FusRL) brauchen die Mitgliedsstaaten die Titel II Kapitel I GesRRL (G FusRL) zudem nicht anzuwenden, wenn eine oder mehrere der beteiligten Gesellschaften Gegenstand eines Konkurs-, Vergleichs- oder ähnlichen Verfahrens sind; nach dem Ratsprotokoll soll hiervon auch das compulsory winding-up nach britischem und irischem Recht erfasst sein37. Der durch die BRRD (→ 14.150) eingeführte Art. 87 Abs. 4 GesRRL (G Art. 1 20.14 Abs. 4 FusRL) statuiert eine Bereichsausnahme für Gesellschaften, die Gegenstand eines Rückgriffs auf die in Titel IV BRRD vorgesehenen Abwicklungsinstrumente, -befugnisse und -mechanismen sind. Dies soll gewährleisten, dass ein rasches Eingreifen der Abwicklungsbehörden nicht durch die Vorgaben des Titel II Kapitel I GesRRL (G FusRL) torpediert wird.38

III.  Erfasste Verschmelzungsvorgänge (Art. 88–90 GesRRL [ G Art. 2–4 FusRL]) Art. 88–90 GesRRL (G Art. 2–4 FusRL) enthalten zunächst den grundlegenden Rege- 20.15 lungsauftrag an die Mitgliedstaaten (Art. 88 GesRRL [G Art. 2 FusRL], → 20.16 f.) sowie Legaldefinitionen der beiden Arten der Verschmelzung, nämlich der Verschmelzung durch Aufnahme (Art. 89 GesRRL [G Art. 3 FusRL]) und der Verschmelzung durch Neugründung (Art. 90 GesRRL [G Art. 4 FusRL]) (→ 20.18 ff.). 1.  Regelungsauftrag (Art. 88 GesRRL [ G Art. 2 FusRL]) Art. 88 GesRRL (G  Art. 2 FusRL) verpflichtet alle Mitgliedstaaten, für die Gesell- 20.16 schaften, die ihrem Recht unterliegen, die Verschmelzung durch Aufnahme einer oder mehrerer39 Gesellschaften durch eine andere und die Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft zu regeln. Dadurch wird das erste wesentliche Harmonisierungsziel der RL, die Verankerung des Rechtsinstituts der Verschmelzung in allen europäischen Rechtsordnungen (→ 20.2), verwirklicht. Nach italienischem Vorbild40 muss dabei insbesondere auch die simultane Aufnahme mehrerer Gesellschaften ermöglicht werden. Ergänzt wird Art. 88 GesRRL (G Art. 2 FusRL) durch Art. 110 S. 1 GesRRL (G Art. 24 S. 1 FusRL, → 20.143), der die Mitgliedstaaten ausdrücklich auch zur Regelung des Spezialfalls des upstream-mergers einer 100%igen Tochter auf die Mutter (→ 20.143 ff.) verpflichtet.

37  Vgl. Ratsprotokoll, Dok. R/2337/78, S. 1; Ganske DB 1981, 1551. 38  Vgl. ErwG 122 BRRD; COM(2012) 280, 4.4.17. 39  Die RL spricht in den folgenden Artikel meist nur im Singular von „der übertragenden Gesellschaft“; mit Blick auf Art. 88 GesRRL (G Art. 2 FusRL) gelten die jeweiligen Regeln aber natürlich entsprechend auch für den Fall mehrerer übertragender Gesellschaften. 40 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 14; Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 92; Ganske DB 1981, 1551, 1552; Lösekrug S. 218; Priester NJW 1983, 1459, 1460.

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20.17

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Die Rechtsordnungen der meisten Mitgliedstaaten enthielten zwar bereits zuvor Regelungen über die Verschmelzung.41 In den Niederlanden etwa existierte damals aber nur ein freiwilliger Verhaltenskodex42, in Belgien und Luxemburg waren lediglich die steuerrechtlichen Aspekte gesetzlich geregelt43. Aber auch für Deutschland, wo die Fusion von Aktiengesellschaften bereits seit 188444 gesetzlich geregelt ist45, bedeutete die in Art. 88 GesRRL (Art. 2 FusRL) vorgesehene Verschmelzung durch simultane Aufnahme mehrerer Gesellschaften eine Neuerung: Dies gab es im deutschen Recht zuvor nicht46, so dass u.a. eine Neubestimmung des Zeitpunkts des Wirksamwerdens der Verschmelzung erforderlich war (→ 20.93).47 2.  Verschmelzung durch Aufnahme und durch Neugründung (Art. 89 f. GesRRL [ G Art. 3 f. FusRL])

20.18 Die beiden durch Art. 88 GesRRL (G  Art. 2 FusRL) vorgegebenen Arten der Verschmelzung − die Verschmelzung durch Aufnahme und die Verschmelzung durch Neugründung − werden in Art. 89 f. GesRRL (G Art. 3 f. FusLR) legaldefiniert. Verschmelzung durch Aufnahme ist gem. Art. 89 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 3 20.19 Abs. 1 FusRL) der Vorgang, durch den eine oder mehrere Gesellschaften (= übertragende Gesellschaft(en)) ihr gesamtes Aktiv- oder Passivvermögen im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf eine andere Gesellschaft (= übernehmende bzw. aufnehmende Gesellschaft) überträgt bzw. übertragen, und zwar gegen Gewährung von Aktien der übernehmenden Gesellschaft an die übertragende(n) Gesellschaft(en) und ggf. einer baren Zuzahlung von max. 10 % des Nennbetrages bzw. des rechnerischen Wertes der gewährten Aktien. Verschmelzung durch Neugründung ist gem. Art. 90 Abs. 1 GesRRL (G Art. 4 20.20 Abs. 1 FusRL) der Vorgang, durch den mehrere Gesellschaften (= übertragende Gesellschaften) ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen im Wege der Auflösung ohne 41  Im UK und in Irland gab es zwar das Rechtsinstitut der „Verschmelzung“ als solches nicht, die Verbindung zweier Unternehmen ließ sich aber mittels eines sog. scheme of arrangement erreichen, vgl. Edwards S. 116; Temple Lang (1972) Irish Jurist 306, 314; Wooldridge (1980) 1 Co Law 75, 76. 42 Vgl. Ganske DB 1981, 1551 Fn. 7; Hommelhoff/Riesenhuber in: Grundmann (Hrsg.), Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, 2000, S. 259, 266; Schwarz Rn. 637 Fn. 763. 43 Vgl. Barbaso [1984] JBL 176, 178; Edwards S. 92 Fn. 15; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 127. 44  Vgl. Art. 247 ADHGB. 45 Vgl. zur historischen Entwicklung des Verschmelzungsrechts in Deutschland: KKUmwG/Flume Einl. B Rn. 9 ff.; KK-UmwG/Simon § 2 Rn. 6 ff.; Lutter/Lutter Einl. I Rn. 5 ff.; Veil in: Bayer/Habersack (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, Bd. 2, 2007, Kap. 24 Rn. 5 ff. 46  § 346 AktG a.F. gestattete die Beteiligung von mehr als zwei Gesellschaften nur bei der Verschmelzung durch Neugründung. 47  Vgl. dazu BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 14; Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 92; Ganske DB 1981, 1551, 1552; Lösekrug S. 218; Priester NJW 1983, 1459, 1460.

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Abwicklung auf eine Gesellschaft, die sie gründen, übertragen, und zwar gegen Gewährung von Aktien der neuen Gesellschaft an die Aktionäre und ggf. eine bare Zuzahlung von max. 10 % des Nennbetrages bzw. des rechnerischen Wertes der gewährten Aktien. Die drei übereinstimmenden Charakteristika beider Verschmelzungsformen 20.21 sind also:48 (1) Gesamtrechtsnachfolge, (2) Auflösung der übertragenden Gesellschaft(en) ohne Liquidation, und (3) Aktientausch sowie ggf. bare Zuzahlung. Der maßgebliche Unterschied zwischen beiden ist, dass die übernehmende Gesell- 20.22 schaft bei der Verschmelzung durch Aufnahme bereits vorher existiert, während sie bei der Verschmelzung durch Neugründung – wie der Name schon sagt – erst im Zuge der Verschmelzung neu gegründet wird.49 Diese Differenzierung zwischen beiden Varianten ist für die gesamte Systematik der RL von grundlegender Bedeutung. Denn gem. Art. 109 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 23 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 FusRL) gelten die meisten der in Art. 91–108 GesRRL (G Art. 5–22 FusRL) normierten Vorschriften über das Verfahren bei der Verschmelzung durch Aufnahme zwar entsprechend auch für die Verschmelzung durch Neugründung, Art. 109 GesRRL (G Art. 23 FusRL) normiert allerdings eine Reihe von Besonderheiten (→ 20.137 ff.). Mit der Möglichkeit einer baren Zuzahlung trägt die RL dem Umstand Rech- 20.23 nung, dass eine Verschmelzung ohne diese Option in der Praxis aufgrund der unterschiedlichen Wertverhältnisse der Gesellschaften häufig scheitern würde, weil es nur durch solche baren Zuzahlungen möglich ist, sog. „Spitzenbeträge“ auszugleichen.50 Nach Art. 89 Abs. 1 GesRRL (G Art. 3 Abs. 1 FusRL) bzw. Art. 90 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 4 Abs. 1 FusRL) müssen die Mitgliedstaaten allerdings nur bare Zuzahlungen bis max. 10 % des Nennbetrages bzw. des rechnerischen Wertes der gewährten Aktien zulassen;51 Zuzahlungen in einem solch „geringen Umfang“ verändern nach Auffassung des europäischen Gesetzgebers die „Eigenart der Fusion“ nicht.52 Gem. Art. 116 GesRRL (G Art. 30 FusRL) steht es den Mitgliedstaaten allerdings frei, auch 48 Vgl. Cordoliani JCP 1979.II.13078; Grundmann Rn. 879; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 151; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 101; Loy RTD eur. 1980, 354, 359; Nobel Kap. 3 Rn. 107; Riesenhuber NZG 2004, 15, 17; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 238. Bzgl. der Rechtswirkungen gem. Art. 19 FusRL → 20.96. 49 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 8 f.; Schwarz Rn. 642; Temple Lang (1972) Irish Jurist 306, 314. 50  Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 9; Edwards S. 97; Habersack/Verse § 8 Rn. 9; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 101; Riesenhuber NZG 2004, 15, 17; Sonnenberger AG 1971, 76, 77; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 128. 51  Die 10 %-Grenze orientiert sich u.a. am deutschen Vorbild des § 344 Abs. 2 AktG 1965, vgl. Vorentwurf 1968 (Fn. 2), S. 7; Edwards S. 97; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 101; Loy RTD eur. 1980, 354, 359; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 128. Zu den historischen Wurzeln der 10 %-Grenze im deutschen Aktienrecht: KK-UmwG/Flume Einl. B Rn. 38. 52  Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 9.

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Vorgänge zuzulassen, bei denen die bare Zuzahlung 10 % übersteigt. Bei solchen Vorgängen handelt es sich zwar nicht um Verschmelzungen i.S.d. Art. 89 f. GesRRL (G Art. 3 f. FusRL). Um Umgehungen der für die Fusion normierten Schutzbestimmungen zu verhindern53, verpflichtet die FusRL die Mitgliedstaaten aber – soweit sie solche Vorgänge zulassen – gleichwohl zur Anwendung der Art. 91–109, 113–115 GesRRL (G Art. 5–23, 27–29 FusRL). Nach h.L.54 eröffnet die RL mit Art. 116 GesRRL (G Art. 30 FusRL) übrigens auch die Möglichkeit einer vollständigen „Verschmelzung gegen Geld“. Hierfür sprechen nicht nur die Entstehungsgeschichte der Vorschrift55, die offenbar auf dänischem Vorbild beruht,56 sondern v.a. auch das Fehlen irgendeiner Obergrenze57. Der in der deutschen Sprachfassung verwendete Begriff der „Zuzahlung“ steht ebenfalls nicht entgegen, denn aus den anderen Sprachfassungen58 ergibt sich, dass lediglich allgemein eine „Barzahlung“ − die nicht unbedingt eine „Zusatz“leistung sein muss − gemeint ist.59 Im Übrigen wäre es auch geradezu absurd, auf der Gewährung einer (welcher?) Mindestzahl von Aktien zu beharren, da es sich dabei letztlich lediglich um eine durch geschickte Gestaltungen relativ leicht zu unterlaufende Vorgabe handeln würde.60 In Deutschland waren die in Art. 89 f. GesRRL (G Art. 3 f. FusRL) normierten zwei 20.24 Varianten der Verschmelzung (durch Aufnahme und durch Neugründung) bereits seit dem AktG 193761 bekannt.62 Im Hinblick auf die Möglichkeit barer Zuzahlungen hat es der deutsche Gesetzgeber grundsätzlich bei der traditionellen 10 %-Grenze − die ja immerhin Vorbild für die Bestimmungen der FusRL war63 − belassen. § 68 Abs. 3 UmwG gilt allerdings – ebenso wie die Vorgängernorm des § 344 Abs. 2 AktG a.F.64 − nur für im Verschmelzungsvertrag festgesetzte bare Zuzahlungen, nicht dagegen für bare Zuzahlungen aufgrund eines Nachbesserungsanspruchs gem. § 15 UmwG (vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 UmwG, → 20.121). Soweit sich damit insgesamt bare Zuzah-

53  Vgl. ErwG 53 GesRRL (G ErwG 9 FusRL) sowie FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 10; Edwards S. 98; Habersack/Verse § 8 Rn. 12; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 103; Lösekrug S. 309; Sonnenberger AG 1971, 76, 82. 54 Vgl. Grundmann Rn. 882; Habersack/Verse § 8 Rn. 12; Heenen CDE 1981, 15, 16; Kalss JBl. 1995, 420, 423 ff.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 152; Michalopoulos Rev. soc. 1986, 211, 220; Riesenhuber NZG 2004, 15, 17; a.A. Schwarz Rn. 668. 55 Vgl. Kalss JBl. 1995, 420, 424 f. 56 Vgl. Kalss JBl. 1995, 420, 425. 57 Vgl. Kalss JBl. 1995, 420, 424. 58 Englisch: „cash payment“, französisch: „soulte en espèces“, italienisch: „conguaglio in denaro“, spanisch: „compensación en dinero“. 59 Vgl. Beutel S. 149 Fn. 778; Kalss JBl. 1995, 420, 425. 60 Vgl. Grundmann Rn. 882 Fn. 26; Kalss JBl. 1995, 420, 424. 61  §§ 233, 247 AktG 1937. Vorbild war das französische Recht gewesen, vgl. Böttcher/Meilicke, Umwandlung, Verschmelzung und Auflösung, 4. Aufl. 1937, § 247 Rn. 1. 62  Vgl. KK-UmwG/Flume Einl. B Rn. 44; Widmann/Mayer/Fronhöfer § 2 Rn. 6; Lutter/ Drygala § 2 UmwG Rn. 4; Veil (Fn. 45), Kap. Rn. 35. 63  Vgl. Fn. 51. 64  Vgl. § 352c Abs. 1 AktG a.F.

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lungen von mehr als 10 % ergeben, ist dies jedoch durch Art. 116 GesRRL (G Art. 30 FusRL) gedeckt.65 3.  Sonderfall: Liquidationsgesellschaften (Art. 89 Abs. 2 und Art. 90 Abs. 2 GesRRL [ G Art. 3 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 2 FusRL]) Nach Art. 89 Abs. 2 GesRRL (G Art. 3 Abs. 2 FusRL) und Art. 90 Abs. 2 GesRRL 20.25 (G  Art. 4 Abs. 2 FusRL) können die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats vorsehen, dass eine Verschmelzung auch dann möglich ist, wenn sich eine oder mehrere der übertragende(n) Gesellschaft(en) in Abwicklung befindet bzw. befinden. Mit dieser Option, die auf Vorbildern im deutschen und französischen Recht66 beruht67, sollen Sanierungen erleichtert werden68. Um eine Umgehung der Ausschüttungsgrenzen des Art. 56 Abs. 1–4 GesRRL (G Art. 17 Abs. 1–4 KapRL, → 19.95 ff.) zu verhindern69, schränkt die RL die Beteiligungsmöglichkeit allerdings insofern ein, als die betreffende Gesellschaft noch nicht mit der Verteilung ihres Vermögens an die Aktionäre begonnen haben darf. Deutschland konnte aufgrund dieser Option an der entsprechenden Regelung in § 339 Abs. 2 AktG a.F., die dann in § 3 Abs. 3 UmwG übernommen wurde70, festhalten.71 Nicht zulässig ist hingegen die Beteiligung von Liquidationsgesellschaften als 20.26 übernehmender Rechtsträger;72 bei Art. 89 Abs. 2 GesRRL (G Art. 3 Abs. 2 FusRL) und Art. 90 Abs. 2 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 FusRL) handelt es sich um eine abschließende und nicht analogiefähige Sonderregelung73. 4.  Fusionsähnliche Vorgänge (Art. 117 GesRRL [ G Art. 31 FusRL]) Art. 117 GesRRL (G Art. 31 FusRL) gestattet den Mitgliedstaaten die Zulassung sog. 20.27 fusionsähnlicher Vorgänge, bei denen nicht alle übertragenden Gesellschaften auf65 Vgl. Lösekrug S. 220; Schwarz Rn. 642; s. ferner auch schon Ganske DB 1981, 1551, 1559 Fn. 64. 66  Vgl. § 339 Abs. 2 AktG 1965 und Art. 371 Loi n°66-537 du 24 juillet 1966 sur les sociétés commerciales, JORF du 26 juillet 1966, p. 6402. 67  Vgl. Vorentwurf 1968 (Fn. 2), S. 8; Edwards S. 97; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 103; Loy RTD eur. 1980, 354, 359; Sonnenberger AG 1971, 76, 77; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 130. 68 Vgl. Koller S. 15; zur Umsetzung in § 3 Abs. 3 UmwG: BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 82; Widmann/Mayer/Fronhöfer § 3 UmwG Rn. 42; KK-UmwG/Simon § 3 Rn. 52. 69 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 6; Lösekrug S. 219; Lutter/Drygala § 3 UmwG Rn. 25; Schwarz Rn. 639 Fn. 770. 70  Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 82. 71 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 6; Lösekrug S. 219; Schwarz Rn. 639. 72 OLG Naumburg GmbHR 1997, 1152, 1155; OLG Brandenburg NZI 2015, 565, 566; Semler/Stengel/Stengel § 3 UmwG Rn. 47; Lutter/H. Schmidt § 39 UmwG Rn. 18. 73  S. zur äußerst umstrittenen Frage der Zulässigkeit aufgelöster Rechtsträger als übernehmender Rechtsträger nach dem UmwG Lutter/Drygala § 3 Rn. 31 m.w.N.

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hören zu existieren. Der europäische Gesetzgeber hatte hier etwa die Teilfusion des französischen Rechts (fusion-scission)74 und die verschmelzende Umwandlung gem. § 15 UmwG 196975 vor Augen. Um Umgehungen der für die Fusion normierten Schutzbestimmungen zu verhindern76, müssen die Mitgliedstaaten aber auch auf solche fusionsähnlichen Vorgänge – soweit sie sie in ihrem nationalen Recht zulassen − die Art. 91–115 GesRRL (G Art. 5–29 FusRL) (selbstverständlich mit Ausnahme von Art. 105 Abs. 1 lit. c GesRRL [G Art. 19 Abs. 1 lit. c FusRL]77) anwenden. Für das deutsche Recht hat Art. 117 GesRRL (G Art. 31 FusRL) keine Bedeutung:78 20.28 Die verschmelzende Umwandlung wurde durch das VerschmRiLiG (→ 20.8) abgeschafft ( 20.149), § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG ordnet heute ausnahmslos das Erlöschen des bzw. der übertragenden Rechtsträger an.

IV.  Das Verschmelzungsverfahren bei der Verschmelzung durch Aufnahme (Art. 91–108 GesRRL [ G Art. 5–22 FusRL]) 1.  Überblick 20.29 Art. 91–108 GesRRL (G  Art. 5–22 FusRL) enthalten detaillierte Vorgaben betreffend das Verfahren der Verschmelzung durch Aufnahme, die qua Art. 109 GesRRL (G Art. 23 FusRL) weitgehend auch für die Verschmelzung durch Neugründung gelten (→ 20.137 ff.). Die fünf elementaren Grundbausteine des Verschmelzungsverfahrens sind der publizitätspflichtige Verschmelzungsplan (Art. 91 f. GesRRL [G Art. 5 f. FusRL], → 20.30 ff.), der Verschmelzungsbericht (Art. 95 GesRRL [G Art. 9 FusRL], → 20.47 ff.), die Verschmelzungsprüfung (Art. 96 GesRRL [G  Art. 10 FusRL], → 20.56 ff.), die Verschmelzungsbeschlüsse (Art. 93 f. GesRRL [G Art. 7 f. FusRL], → 20.68 ff.) und die Rechtmäßigkeitskontrolle (Art. 102 GesRRL [G Art. 16 FusRL], → 20.88 ff.). Dieses Verfahrensinstrumentarium hat sich – wie bereits dargelegt (→ 20.3) – inzwischen quasi zum „europäischen Modell für Strukturmaßnahmen“ entwickelt, auf dem auch Titel II Kapitel III GesRRL (G SpRL → 21.2, 21.25), Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD, → 22.3, 22.32) sowie die Verschmelzungsvorschriften der SE-VO (→ 45.50) und der SCE-VO (→ 46.22) basieren. Grundgedanke ist − wie sich auch aus ErwG 50 GesRRL (G ErwG 5 FusRL) ergibt − der „Schutz durch Information“ (sog. „Informationsmodell“, → 7.29, 18.4, 20.119, 21.25, 21.84,

74 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 12; Loy RTD eur. 1980, 354, 365; Lutter EuR 1975, 44, 63; Meyer-Ladewig BB 1970, 1517, 1520; Sonnenberger AG 1971, 76, 82. 75 Vgl. Grundmann Rn. 883; Habersack/Verse § 8 Rn. 12; Lutter EuR 1975, 44, 63. 76  Vgl. ErwG 53 GesRRL (G ErwG 9 FusRL) sowie FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 10; Edwards S. 98; Lösekrug S. 309; Sonnenberger AG 1971, 76, 82. 77  Art. 105 Abs. 1 lit. c GesRRL (G  Art. 19 Abs. 1 lit. c FusRL) regelt das Erlöschen der übertragenden Gesellschaft(en) (→ 20.104), zu dem es bei den fusionsähnlichen Vorgängen i.S.d. Art. 117 GesRRL (G Art. 31 FusRL) gerade nicht kommt. 78 Vgl. Lösekrug S. 310; Schwarz Rn. 668.

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22.32, 22.139 f., 28.18; 30.14, 36.1, 45.47).79 Aktionäre und Gläubiger sollen durch die verschiedenen Instrumente im Vorfeld umfassend informiert werden, um zu gewährleisten, dass die Aktionäre eine informierte und fundierte Entscheidung über die Verschmelzung treffen und die Gläubiger entsprechend disponieren können. 2.  Der Verschmelzungsplan und seine Offenlegung (Art. 91 GesRRL [ G Art. 5 f. FusRL]) a)  Verschmelzungsplan (Art. 91 GesRRL [ G Art. 5 FusRL]) aa)  Allgemeines Grundlage des gesamten Verschmelzungsverfahrens ist ein Verschmelzungsplan, in 20.30 dem die wesentlichen Bedingungen der Fusion festgehalten werden. Mit der Wahl des neutralen Terminus „Verschmelzungsplan“ sollte den insoweit stark divergierenden nationalen Traditionen Rechnung getragen werden.80 In einigen Mitgliedstaaten musste der Verschmelzungsvertrag nämlich vor den Hauptversammlungsbeschlüssen geschlossen werden, in anderen dagegen durfte er erst danach geschlossen werden und wieder andere begnügten sich damit, die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Fusion der Hauptversammlung zuzuweisen.81 Da aber überall zumindest ein im Ansatz vergleichbares Grundschema existierte, erachtete es der europäische Gesetzgeber als ausreichend, die Koordinierung darauf zu beschränken, dass die wesentlichen Bedingungen der Fusion rechtzeitig vor der Beschlussfassung der Hauptversammlungen in einem besonderen, den Aktionären zugänglichen Dokument festgehalten werden.82 bb)  Zuständigkeit für die Aufstellung (Art. 91 Abs. 1 GesRRL [ G Art. 5 Abs. 1 FusRL]) Zuständig für die Aufstellung des Verschmelzungsplans ist gem. Art. 91 Abs. 1 GesR- 20.31 RL (G  Art. 5 Abs. 1 FusRL) bei monistisch strukturierten Gesellschaften das Ver79  Vgl. dazu Cordewener in: Schön (Hrsg.), Rechnungslegung und Wettbewerbsschutz im deutschen und europäischen Recht, 2008, S. 105, 158; Grohmann S. 320 ff.; Grundmann Rn. 888; ders. FS Lutter, 2000, S. 61, 76 f.; Hommelhoff/Riesenhuber (Fn. 42), S. 259, 272 ff.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 153; Riesenhuber NZG 2004, 15, 19 ff.; Veil FS Priester, 2007, S. 799, 805 f. S. ferner auch BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 14 f.; BGH NJW 1989, 2689, 2690; BGH NJW-RR 1990, 350, 351 f.; BGH NJW-RR 1991, 358, 359; Koller S. 142. 80  Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 10; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Edwards S. 103; Lösekrug S. 222; Sonnenberger AG 1971, 76, 78; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 130 ff. 81  Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 10; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Edwards S. 103; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 104; Meyer-Ladewig BB 1970, 1517, 1518; Sonnenberger AG 1971, 76, 78; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 130 f. 82  Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 10; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Edwards S. 103; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 104; Schwarz Rn. 645; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 130 ff.

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waltungsorgan, bei dualistisch strukturierten das Leitungsorgan. Die Zuständigkeit innerhalb der betreffenden Organe bestimmt sich sodann nach nationalem Recht.83 cc)  Form (Art. 91 Abs. 1 GesRRL [ G Art. 5 Abs. 1 FusRL]) 20.32 Aus Beweis- und Kontrollgründen84 verlangt die RL für den Verschmelzungsplan Schriftform85. Die Mitgliedstaaten können allerdings über diesen Mindeststandard86 hinaus eine notarielle Beurkundung verlangen und müssen dies gem. Art. 102 Abs. 1 GesRRL (G Art. 16 Abs. 1 FusRL) unter bestimmten Voraussetzungen sogar (→ 20.88 ff.). dd)  Mindestinhalt (Art. 91 Abs. 2 GesRRL [ G Art. 5 Abs. 2 FusRL]) 20.33 Um sicherzustellen, dass die Aktionäre durch den Verschmelzungsplan tatsächlich alle für eine fundierte Entscheidungsfindung erforderlichen Informationen erhalten, normiert Art. 91 Abs. 2 GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 FusRL) einen Katalog von Mindestangaben. Da es sich ausweislich des eindeutigen Wortlautes lediglich um einen Mindeststandard handelt, kann das nationale Recht auch weitergehende Anforderungen aufstellen.87 Zudem steht es auch den Gesellschaften grundsätzlich frei, weitere Punkte hinzuzufügen. Im Falle bestimmter Konzernverschmelzungen sind die Angaben nach lit. b–d entbehrlich (→ 20.144). Gem. lit. a muss der Verschmelzungsplan zunächst die ganz grundlegenden 20.34 Kenndaten über die an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften enthalten, also Rechtsform, Firma und Sitz (gemeint ist, wie sich aus den anderen Sprachfassungen88 ergibt, der Satzungssitz).

83 Vgl. Grundmann Rn. 889. 84  Vgl. auch Riesenhuber NZG 2004, 15, 19. 85  Da die Vorschrift unionsautonom auszulegen ist, dürfte hier keine Schriftform i.S.d. deutschen Verständnisses (also i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB) erforderlich sein; ausreichend sein dürfte vielmehr das, was in neueren EU-Rechtsakten (vgl. etwa Art. 4 Abs. 1 Nr. 62 MiFID II, Art. 2 Abs. 1 lit. m OGAW-RL, Art. 2 Nr. 10 VRRL) als ein „dauerhafter Datenträger“ bezeichnet wird (d.h. in der üblichen deutschen Terminologie Textform i.S.d. § 126b BGB). Ebenso Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 156. Vgl. zur Parallelproblematik beim Verschmelzungsbericht → 20.47, beim Verschmelzungsprüfungsbericht → 20.58; bei der Spaltung → 21.27, 21.38, 21.46; bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung → 22.37, 22.63, 22.76; i.R.d. EpGRL → 27.35, 27.38; i.R.d. ARRL → 29.83, 29.240. 86  Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 156. 87 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 15; Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 95; dies. NJW 2006, 401, 402; Ganske DB 1981, 1551, 1552; Hommelhoff/Riesenhuber (Fn. 42), S. 259, 273; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 105; Loy RTD eur. 1980, 354, 360; Meyer-Ladewig BB 1970, 1517, 1518; Priester NJW 1983, 1459, 1461; Riesenhuber NZG 2004, 15, 19; Van Ommeslaghe ZHR 132 (1969) 201, 209; ders. FS Sanders, 1972, S. 123, 132. 88  Vgl. englisch: „registered office“, französisch: „siège social“.

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Von ganz grundlegender Bedeutung ist ferner auch das nach lit. b anzugebende Umtauschverhältnis der Aktien sowie ggf. die Höhe der baren Zuzahlung. Im Verschmelzungsplan bedarf es zwar insoweit lediglich der schlichten Angabe. Diese wird jedoch durch die Erläuterung und Begründung im Verschmelzungsbericht (Art. 95 FusRL [G  Art. 9 FusRL], → 20.47 f.) sowie das Testat der Verschmelzungsprüfer (Art. 96 Abs. 2 GesRRL [G Art. 10 Abs. 2 FusRL], → 20.57 f.) komplementiert.89 Um sicherzustellen, dass die Aktionäre der übertragenden Gesellschaften über den Ablauf und die Modalitäten des Anteilstauschs − dessen konkrete Regelung dem nationalen Recht überlassen bleibt90 − informiert sind, gehören zu den Pflichtangaben ferner die Einzelheiten der Übertragung der Aktien der übernehmenden Gesellschaft (lit. c). Mit der Verpflichtung zur Angabe des Zeitpunkts der Gewinnberechtigung (lit. d) und des Verschmelzungsstichtages (lit. e) will die RL vor allem den Bedürfnissen der Praxis Rechnung tragen, für die beides von erheblicher Bedeutung ist.91 Sofern von einer übertragenden Gesellschaft Aktien mit Sonderrechten (z.B. hinsichtlich der Ausübung des Stimmrechts oder der Gewinnberechtigung92) oder andere Wertpapiere als Aktien (z.B. Wandel- oder Gewinnschuldverschreibungen, Genussrechte) ausgegeben wurden, müssen im Verschmelzungsplan gem. lit. f Angaben dazu gemacht werden, welche Rechte die übernehmende Gesellschaft den betreffenden Titelinhabern gewährt oder welche Maßnahmen für diese vorgeschlagenen werden. Lit. g verlangt im Interesse einer umfassenden Transparenz und zwecks Verhinderung von Missbräuchen93 schließlich noch die Angabe sog. Sondervorteile, d.h. jedes besonderen Vorteils, der den Sachverständigen i.S.d. Art. 96 Abs. 1 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 FusRL) (= Verschmelzungsprüfern) sowie den Mitgliedern der Verwaltungs-, Leitungs-, Aufsichts- oder Kontrollorgane der sich verschmelzenden Gesellschaften gewährt wird. Nach der Ratio der Norm gilt dies unabhängig davon, ob es sich insoweit nach nationalem Recht um ein obligatorisches oder fakultatives Organ handelt.94 Kein „Aufsichts- oder Kontrollorgan“ i.d.S. ist aber jedenfalls der Abschlussprüfer.95 „Besonderer Vorteil“ ist jede Art von Vergünstigung, die anlässlich der Verschmelzung gewährt wird und nicht Gegenleistung für eine erbrachte Tätigkeit ist;96 nicht hierunter fallen z.B. die üblichen Sachverständigenhonorare97. 89  Vgl. hierzu bereits FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 10 f. S. ferner auch Riesenhuber NZG 2004, 15, 20. 90  Vgl. Vorentwurf 1968 (Fn. 2), S. 21; Meyer-Ladewig BB 1970, 1517, 1519; Sonnenberger AG 1971, 76, 80; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 143. 91  Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 11. 92  Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 11. 93 Vgl. Grohmann S. 321. 94  Vgl. zur Parallelnorm des Art. 20 Abs. 1 lit. g SE-VO (→ 45.37): Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/Bayer Art. 20 SE-VO Rn. 24 m.w.N. 95  Vgl. Ratsprotokoll, Dok. R/2337/78, S. 1; Grundmann Rn. 890. 96 Vgl. zur Parallelnorm des Art. 20 Abs. 1 lit. g (→ 45.37): Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 20 SE-VO Rn. 24 m.w.N. 97  Vgl. Ratsprotokoll, Dok. R/2337/78, S. 1; BegrRegE z.VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 15; zur Parallelnorm des Art. 20 Abs. 1 lit. g (→ 45.37): Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 20 SE-VO Rn. 24 m.w.N.

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ee)  Umsetzung in Deutschland 20.40 Angesichts des durch den Terminus „Verschmelzungsplan“ eröffneten Spielraums konnte in Deutschland an dem bewährten Modell98, das es der Gesellschaft freistellt, ob der Verschmelzungsvertrag oder lediglich sein Entwurf zur Beschlussfassung vorgelegt wird (d.h. dass der Vertrag sowohl vor als auch nach der Beschlussfassung abgeschlossen werden kann), festgehalten werden (vgl. § 340 Abs. 1 AktG a.F. bzw. seit 1.1.1995: § 4 UmwG)99. Zuständig für den Abschluss ist entsprechend Art. 91 Abs. 1 GesRRL (G Art. 5 Abs. 1 FusRL) gem. § 4 Abs. 1 S. 1 UmwG i.V.m. § 78 Abs. 1 AktG der Vorstand100. In formaler Hinsicht geht das deutsche Recht mit der in § 6 UmwG geforderten 20.41 notariellen Beurkundung im Interesse einer erhöhten Rechtssicherheit und materiellen Richtigkeitsgewähr101 in zulässiger Weise über den Mindeststandard der RL (→ 20.32, 20.88 ff.) hinaus (→ 20.91). 20.42 Die durch Art. 91 Abs. 2 GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 FusRL) gebotene gesetzliche Fixierung des Mindestinhalts des Verschmelzungsplans − zunächst in § 340 AktG a.F., seit 1.1.1995 in § 5 Abs. 1 UmwG − war aus deutscher Sicht ein Novum102, wenngleich die geforderten Angaben im Wesentlichen der bereits vorher geübten Vertragspraxis entsprachen103. § 5 Abs. 1 UmwG geht allerdings nunmehr sogar über den Mindeststandard der RL (→ 20.33) hinaus, denn als zusätzliche Pflichtinhalte werden gefordert: die Vereinbarung der Vermögensübertragung gegen Anteile (Nr. 2), Angaben zu Rechten, die einzelnen Anteilsinhabern gewährt werden (Nr. 7), Sondervorteile für Abschlussprüfer (Nr. 8) und die Angabe der Folgen der Verschmelzung für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen sowie die insoweit vorgesehenen Maßnahmen (Nr. 9).104 b)  Offenlegung des Verschmelzungsplans (Art. 92 GesRRL [ G Art. 6 FusRL]) 20.43 Um zu gewährleisten, dass Aktionäre und Gläubiger – aber auch der allgemeine Rechtsverkehr – rechtzeitig und umfassend informiert werden, ist der Verschmel 98 Nach h.M. konnte der Verschmelzungsvertrag auch unter Geltung des § 340 Abs. 1 AktG1965 erst nach dem Hauptversammlungsbeschluss geschlossen werden, vgl. Godin/ Wilhelmi, AktG, 3. Aufl. 1967, § 340 Anm. 2; Priester NJW 1983, 1459, 1460 m.w.N.   99  Vgl. zur Richtlinienkonformität Begr. zum VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 15; Habersack/Verse § 8 Rn. 22; Lösekrug S. 229; Schwarz Rn. 645. 100 Bei der dualistischen SE das Leitungsorgan, bei der monistischen SE gem. § 22 Abs. 6 SEAG (→ 45.143) der Verwaltungsrat. 101 Vgl. Widmann/Mayer/Heckschen § 6 UmwG Rn. 1; Lutter/Drygala § 6 UmwG Rn. 1; Semler/Stengel/Schröer § 6 Rn. 2. 102 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 95; Lösekrug S. 223; Priester NJW 1983, 1459, 1461. 103 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 95; Lösekrug S. 223; Priester NJW 1983, 1459, 1461. 104 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 95; Lösekrug S. 230; Lutter/Drygala § 5 UmwG Rn. 1; Semler/Stengel/Schröer § 5 UmwG Rn. 2; s. ferner auch schon BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 15.

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zungsplan offenzulegen.105 Die Offenlegung erfolgt gem. Art. 92 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 6 UAbs. 1 FusRL) für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften gesondert und muss spätestens einen Monat vor dem Tag der Hauptversammlung, die über den Verschmelzungsplan zu beschließen hat, erfolgen. Der Offenlegungsmodus wurde durch die RL 2009/109/EG (→ 20.4) erheblich 20.44 modernisiert.106 Grundsätzlich erfolgt die Offenlegung gem. Art. 92 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 6 UAbs. 1 FusRL) zwar auch weiterhin nach den jeweiligen nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.). Als Alternative hierzu kann jede der sich verschmelzenden Gesellschaften den Verschmelzungsplan107 auch über ihre108 Internetseiten publik machen; hierfür muss der Verschmelzungsplan spätestens einen Tag vor der über den Verschmelzungsplan beschließenden Hauptversammlung und bis zum Ende derselben für die Öffentlichkeit kostenlos auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglich sein (Art. 92 UAbs. 2 S. 1 GesRRL [G Art. 6 UAbs. 2 S. 1 FusRL]). Die Mitgliedstaaten dürfen diesbezüglich zwar im Interesse der Sicherheit der Internetseiten und der Echtheit der Dokumente Erfordernisse und Auflagen vorsehen; diese müssen aber erforderlich und angemessen sein (Art. 92 UAbs. 2 S. 2 GesRRL [G Art. 6 UAbs. 2 S. 2 FusRL]). Anstelle einer Veröffentlichung über die Internetseiten der Gesellschaften können die Mitgliedstaaten gem. Art. 92 UAbs. 3 GesRRL (G Art. 6 UAbs. 3 FusRL) auch eine Veröffentlichung über die zentrale elektronische Plattform gem. Art. 16 Abs. 5 GesRRL (G Art. 3 Abs. 5 PubRL, → 18.20) oder andere, von ihnen zu diesem Zweck benannte Internetseiten verlangen. Im letzteren Fall muss allerdings auf der elektronischen Plattform mindestens einen Monat vor der Hauptversammlung ein Verweis, der zu diesen Internetseiten führt, veröffentlicht werden (Art. 92 UAbs. 4 GesRRL [G Art. 6 UAbs. 4 FusRL]). Für die Veröffentlichung auf solchen anderen Internetseiten und den entsprechenden Verweis dürfen von den Gesellschaften keine spezifischen109 Gebühren verlangt werden (vgl. Art. 92 UAbs. 3 S. 3, UAbs. 4 S. 3, UAbs. 5 GesRRL [G Art. 6 UAbs. 3 S. 3 FusRL, UAbs. 4 S. 3, UAbs. 5 FusRL]). Die praktisch wichtige Regelung der Folgen technischer Störungen bleibt gem. Art. 92 UAbs. 6 S. 2 GesRRL (G Art. 6 UAbs. 6 S. 2 FusRL) ausdrücklich den Mitgliedstaaten überlassen.

105 Vgl. Grohmann S. 321, 325; Grundmann Rn. 891; Riesenhuber NZG 2004, 15, 20 f.; Temple Lang (1972) Irish Jurist 306, 315. 106 Dazu auch Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110 f.; zum Entwurf bereits Sandhaus NZG 2009, 41, 44. 107 Der deutsche Text („Verschmelzungspläne“) ist ein Übersetzungsfehler, vgl. die englische und französische Sprachfassung („draft terms of the merger“/„le projet de fusion“). 108 Eine Zugänglichmachung auf fremden Internetseiten ist nicht zulässig; der entsprechende Passus im RL-E (dazu auch Sandhaus NZG 2009, 41, 44) wurde vom EP gestrichen (vgl. EP-PE_TC1-COD(2008)0182). 109 Unberührt bleibt dagegen die Möglichkeit, die Kosten für die zentrale elektronische Plattform allgemein auf die Gesellschaften umzulegen, Art. 92 UAbs. 5 GesRRL (G Art. 6 UAbs. 5 FusRL, → 18.20).

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20.45

Art. 92 UAbs. 6 S. 1 GesRRL (G Art. 6 UAbs. 6 S. 1 FusRL) gestattet den Mitgliedstaaten außerdem, die Veröffentlichung110 im Internet bzw. auf der zentralen elektronischen Plattform auch noch für einen bestimmten Zeitraum nach der Hauptversammlung zu verlangen. Nach Wortlaut und Systematik der Norm kann dies aber nur von den Gesellschaften verlangt werden, die sich für eine Publikation im Internet bzw. über die zentrale elektronische Plattform entschieden haben.111 Aus deutscher Sicht war die obligatorische Registerpublizität des Verschmelzungs20.46 plans bzw. -vertrages vor der Hauptversammlung ein Novum, das einen neuen § 340d Abs. 1 AktG a.F. erforderlich machte.112 Seit 1.1.1995 bestimmt § 61 S. 1 UmwG, dass der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf vor der Einberufung der Hauptversammlung, die über die Verschmelzung beschließen soll, zum Handelsregister einzureichen ist; gem. S. 2 erfolgt dann eine Hinweisbekanntmachung113. Da die Einberufungsfrist für die Hauptversammlung nach § 123 Abs. 1 AktG traditionell einen Monat betrug, war diese Umsetzung ursprünglich auch richtlinienkonform.114 Infolge der durch das UMAG115 erfolgten Verkürzung der Einberufungsfrist auf 30 Tage entspricht § 61 S. 1 UmwG allerdings gegenwärtig nicht mehr den Vorgaben des Art. 92 UAbs. 1 GesRRL (G  Art. 6 UAbs. 1 FusRL); insofern ist eine richtlinienkonforme Auslegung geboten, d.h. in der Praxis sollte in jedem Fall die Monatsfrist gewahrt werden.116 Der deutsche Gesetzgeber hat i.R.d. 3. UmwÄndG (→ 20.9) durch Ausnutzung der Option des Art. 92 UAbs. 3 S. 1 GesRRL (G Art. 6 UAbs. 3 S. 1 FusRL) an der Regelung in § 61 UmwG festgehalten; mit Blick auf das Verbot der Erhebung spezifischer Gebühren wurden allerdings §§ 79, 79a KostO a.F. gestrichen.117

110 Veröffentlichungsgegenstand ist aber auch hier − trotz des missverständlichen Wortlauts der deutschen Sprachfassung („Informationen ... verfügbar zu halten“) − nur der Verschmelzungsplan sowie ggf. der Hinweis nach Art. 92 UAbs. 4 GesRRL (G Art. 6 UAbs. 4 FusRL), nicht dagegen weitergehende Informationen (vgl. die englische und französische Sprachfassung: „maintain the information“/„maintiennent ces informations.“). Vgl. zur Parallelproblematik bei Art. 97 Abs. 4 UAbs. 3 S. 1 GesRRL (G Art. 11 Abs. 4 UAbs. 3 S. 1 FusRL) → 20.73. 111 Vgl. zur Parallelproblematik bei Art. 97 Abs. 4 UAbs. 3 S. 1 GesRRL (G Art. 11 Abs. 4 UAbs. 3 S. 1 FusRL) → 20.73. 112 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 95; Lösekrug S. 223; Priester NJW 1983, 1459, 1463. 113 Art. 16 Abs. 5 UAbs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 3 Abs. 5 UAbs. 1 S. 1 PubRL) lässt eine Hinweisbekanntmachung genügen (→ 18.19), diese Umsetzung ist also richtlinienkonform, vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 102; Lösekrug S. 224. 114 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 22 Fn. 50; Schwarz Fn. 645 Fn. 792; Lösekrug S. 223 f. 115  Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 27.9.2005, BGBl. I, 2802. 116 Ausf. J. Schmidt DB 2006, 375 f. Im Anschluss daran auch Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 962; Habersack/Verse § 8 Rn. 22 Fn. 50; Lutter/Grunewald § 61 UmwG Rn. 3; Hüffer/Koch § 123 AktG Rn. 2; Kallmeyer/Marsch-Barner § 61 UmwG Rn. 2; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 156; Spindler/Stilz/Rieckers § 123 AktG Rn. 5; K. Schmidt/Lutter/ Ziemons § 123 AktG Rn. 14. 117 Vgl. BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 8, 15; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 954; Leitzen DNotZ 2011, 526, 533; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 238.

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3.  Verschmelzungsbericht (Art. 95 GesRRL [ G Art. 9 FusRL]) Zweiter Grundbaustein des Verschmelzungsverfahrens ist der in Art. 95 GesRRL 20.47 (G  Art. 9 FusRL) geregelte Verschmelzungsbericht. Die im Verschmelzungsplan enthaltenen Angaben waren aus Sicht des europäischen Gesetzgebers alleine für eine hinreichende Information der Aktionäre nicht ausreichend.118 Art. 95 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 UAbs. 1 FusRL) sieht daher vor, dass die Verwaltungs- bzw. Leitungsorgane jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften einen ausführlichen schriftlichen119 Bericht erstellen müssen, in dem der Verschmelzungsplan und insbesondere das Umtauschverhältnis der Aktien rechtlich und wirtschaftlich erläutert und begründet werden. Hierbei handelt es sich freilich bereits wesensmäßig nicht um eine objektive und neutrale Darstellung, sondern – und darum geht es letztlich gerade auch – um eine Erläuterung und Begründung aus Sicht der Organe der beteiligten Gesellschaften120 (eine objektive Einschätzung erhalten die Aktionäre durch den Verschmelzungsprüfungsbericht nach Art. 96 GesRRL [G Art. 10 FusRL], → 20.56 ff.). Kenntnis von dem Verschmelzungsbericht erhalten die Aktionäre durch die Vorabinformation gem. Art. 97 GesRRL (G Art. 11 FusRL, → 20.69 ff.). Der Verschmelzungsbericht muss ausführlich und detailliert121 sein, er darf sich 20.48 keinesfalls in der bloßen Wiedergabe des Verschmelzungsplans oder in Pauschalitäten erschöpfen. Vielmehr muss er den Aktionären zumindest eine „Plausibilitätskon­ trolle“ ermöglichen.122 Der Verschmelzungsplan und insbesondere das – für die Aktionäre besonders relevante − Umtauschverhältnis der Aktien müssen sowohl unter rechtlichen als auch unter wirtschaftlichen Aspekten erläutert und begründet werden. Gem. Art. 95 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 UAbs. 2 FusRL) muss der 118 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 11; BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 15; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Grohmann S. 322; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 107; Schwarz Rn. 646; Sonnenberger AG 1971, 76, 78. 119 Da die Vorschrift unionsautonom auszulegen ist, dürfte hier keine Schriftform i.S.d. deutschen Verständnisses (also i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB) erforderlich sein; ausreichend sein dürfte vielmehr das, was in neueren EU-Rechtsakten (vgl. etwa Art. 4 Abs. 1 Nr. 62 MiFID II, Art. 2 Abs. 1 lit. m OGAW-RL, Art. 2 Nr. 10 VRRL) als ein „dauerhafter Datenträger“ bezeichnet wird (d.h. in der üblichen deutschen Terminologie Textform i.S.d. § 126b BGB). Ebenso Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 157. Vgl. zur Parallelproblematik beim Verschmelzungsplan → 20.32, beim Verschmelzungsprüfungsbericht → 20.58; bei der Spaltung → 21.27, 21.38, 21.46; bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung → 22.37, 22.63, 22.76; i.R.d. EpGRL → 27.35, 27.38; i.R.d. ARRL → 29.83, 29.240. Anders als bei Art. 11 Abs. 2 S. 1 ARRL (→ 29.240) handelt es sich hier indes nur um eine Mindestregelung, d.h. die Mitgliedstaaten dürfen auch strengere Anforderungen stellen (z.B. Schriftform i.S.d. § 126 BGB verlangen). 120 Vgl. Grundmann Rn. 892; Riesenhuber NZG 2004, 15, 20. 121 Andere Sprachfassungen betonen eher die Detailliertheit, vgl. englisch „detailed“, französisch „détaillé“, italienisch „dettagliata“. 122 Vgl. Koppensteiner FS Semler, 1993, S. 485, 490; zur deutschen Umsetzung in § 8 Abs. 1 S. 1 UmwG: OLG Düsseldorf AG 2007, 363, 365; OLG Düsseldorf NZG 2004, 429, 430; OLG Frankfurt ZIP 2000, 1928, 1930; OLG Hamm ZIP 1999, 793, 794; Lutter/Drygala § 8 UmwG Rn. 3; Kallmeyer/Marsch-Barner § 8 UmwG Rn. 6; grundlegend zur Vorgängerregelung in § 340a AktG a.F. bereits Bayer AG 1988, 323 ff.

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Bericht außerdem auf besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung (→ 20.58), soweit solche aufgetreten sind, hinweisen. Hier liegt in der Praxis zumeist der neuralgische Punkt, denn Bewertungsfragen zählen i.d.R. zu den umstrittensten Fragen der gesamten Transaktion. Trotz alledem muss die Erläuterung und Begründung aber für den Durchschnittsaktionär verständlich bleiben123, denn nur so kann sie ihre Funktion tatsächlich erfüllen. Dem Sinn und Zweck der Vorschrift (Aktionärsschutz) nach handelt es sich bei Art. 95 Abs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 FusRL) nur um eine Mindestregelung, d.h. die Mitgliedstaaten können den Verschmelzungsbericht strengeren Anforderungen unterwerfen124, was auch tatsächlich in vielen Mitgliedstaaten der Fall ist125. Andererseits ist jedoch davon auszugehen, dass die durch Art. 95 Abs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 FusRL) normierte Berichtspflicht jedenfalls dort ihre Grenze findet, wo die Offenlegung bestimmter Tatsachen im Einzelfall ausnahmsweise zu erheblichen Nachteilen für die Gesellschaft – und damit letztlich auch für die Aktionäre – führen könnte.126 Denn in diesem Fall handelt es sich gerade nicht mehr um eine „angemessene“ Information, wie sie der europäische Gesetzgeber ausweislich von ErwG 50 GesRRL (G ErwG 5 FusRL) vor Augen hat.127 In formaler Hinsicht geht die RL ihrem Wortlaut nach zwar von separaten Berichten für jede der beteiligten Gesellschaften aus; sofern die inhaltlichen Anforderungen gewahrt werden, dürfte der Erstellung eines gemeinsamen Verschmelzungsberichts allerdings nichts entgegenstehen.128 Durch die RL 2009/109/EG (→ 20.4) wurde in Art. 95 Abs. 2 GesRRL (G Art. 9 Abs. 2 FusRL) eine Unterrichtungspflicht im Falle wesentlicher Veränderungen des Aktiv- oder Passivvermögens einer beteiligten Gesellschaft zwischen der Aufstellung des Verschmelzungsplans und dem Tag der über diesen beschließenden Hauptversammlung eingeführt.129 Die Verwaltungs- bzw. Leitungsorgane der jeweiligen Gesellschaft müssen dann deren Hauptversammlung sowie die Verwaltungs- bzw. Leitungsorgane der anderen beteiligten Gesellschaften (die dann wiederum ihre 123 Vgl. Grundmann Rn. 892; Riesenhuber NZG 2004, 15, 20; zum Durchschnittsaktionär als Adressat auch Veil FS Priester 2007, S. 799, 806. 124 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 96; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 157; Lösekrug S. 248; Lutter/Drygala § 8 UmwG Rn. 65. 125 So etwa das deutsche Recht (vgl. § 8 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, S. 2 und S. 3 UmwG, → 20.55) oder das britische Recht (vgl. s. 908 i.V.m. s. 897(2), (3) CA 2006 [bis 5.4.2008: r. 4(a) Sch. 15B i.V.m. s. 426(2) CA 1985]). 126 Ebenso i.E. Habersack/Verse § 8 Rn. 24; Lösekrug S. 250; Rodewald BB 1992, 237, 239; J. Schmidt, SE, S. 186. 127 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 186. 128 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 157; Koppensteiner FS Semler, 1993, S. 485, 490; Lösekrug S. 249 sowie ausf. Harrer, in: Koppensteiner (Hrsg.), Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht, Bd. 1, 1994, S. 307, 318. 129 Die Bestimmungen zur Verschmelzung wurden insoweit an diejeningen zur Spaltung, die seit jeher eine solche Unterrichtungspflicht vorsehen (Art. 7 Abs. 3 SpRL G Art. 141 Abs. 3 GesRRL, → 21.41), angeglichen, vgl. KOM(2008) 576, S. 7; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 955; Marsch-Barner FS Maier-Reimer, 2010, S. 425, 426; Sandhaus NZG 2009, 41, 42; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 111.

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Hauptversammlung informieren müssen) entsprechend unterrichten. So soll sichergestellt werden, dass den Aktionären bei der Beschlussfassung solche wesentlichen Wertschwankungen bekannt sind.130 Als „wesentlich“ ist eine Veränderung mit Blick auf die Ratio der Norm anzusehen, wenn sie bei objektiver Beurteilung Anlass gibt, die frühere Unternehmensbewertung zu überprüfen.131 Irrelevant sind dagegen Veränderungen, die aus der fortwährenden Beteiligung des Rechtsträgers am Marktgeschehen herrühren.132 Bei Konzernverschmelzungen ist der Verschmelzungsbericht unter bestimmten 20.53 Voraussetzungen entbehrlich, → 20.145, 20.152. Mit der durch die RL 2009/109/EG (→ 20.4) eingefügten – als Option zugunsten 20.54 der Mitgliedstaaten ausgestalteten − Regelung des Art. 95 Abs. 3 GesRRL (G Art. 9 Abs. 3 FusRL) wurde zudem ausdrücklich die Zulässigkeit eines Verzichts auf den Bericht (und/oder die etwaige Unterrichtungspflicht) klargestellt;133 der Verzicht muss allerdings durch alle Aktionäre und Inhaber anderer mit Stimmrecht verbundener Wertpapiere aller an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften erfolgen. Für das deutsche Umwandlungsrecht war das Rechtsinstitut des Verschmel- 20.55 zungsberichts ein absolutes Novum.134 Die Umsetzung erfolgte zunächst in § 340a AktG a.F.135, seit 1.1.1995 in § 8 UmwG136. Die im Schrifttum teilweise vorgebrachten Bedenken gegen die Richtlinienkonformität dieser Vorschrift sind unbegründet.137 Die Erweiterung der Berichtspflichten durch § 8 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, S. 2 und S. 3 UmwG ist aufgrund des Mindestnormcharakters der Vorschrift (→ 20.49) zulässig.138 Ferner steht die RL der durch § 8 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 UmwG ermöglichten gemeinsamen Berichterstattung139 ebenso wenig entgegen wie der Einschränkung der Berichtspflicht in § 8 Abs. 2 UmwG140 (→ 20.50 f.). Die Zulässigkeit der in § 8 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 UmwG normierten Verzichtsmöglichkeit wurde durch den Art. 95 Abs. 3 GesRRL (G Art. 9 130 Vgl. zur deutschen Umsetzung der Parallelnorm des Art. 141 Abs. 3 GesRRL (G Art. 7 Abs. 3 SpRL): BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 127. 131 Vgl. Semler/Stengel/Diekmann § 64 UmwG Rn. 11; Marsch-Barner FS Maier-Reimer, 2010, S. 425, 427 f.; s. ferner auch Lutter/Schwab, 4. Aufl. 2009, § 143 UmwG Rn. 14. 132 Vgl. Semler/Stengel/Diekmann § 64 UmwG Rn. 11; s. ferner auch Lutter/Schwab, 4. Aufl. 2009, § 143 UmwG Rn. 14. 133 Vgl. Astaix D. 2009, 2268, 2269; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; Sandhaus NZG 2009, 41, 42; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 112. Nach ganz h.M. war ein Verzicht aber auch schon bislang zulässig, vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 96; Lutter/Drygala § 8 Rn. 54 (jeweils m.w.N., auch zur Gegenansicht). 134 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 96; Ganske DB 1981, 1551, 1553; Lösekrug S. 226; Meyer-Ladewig BB 1970, 1517, 1519; Priester NJW 1983, 1459, 1461. 135 Vgl. dazu BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 15. 136 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 83 f. 137 Vgl. dazu Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 96 sowie ausf. Lösekrug S. 247 ff. m.z.w.N. 138 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 96; Lösekrug S. 248; Lutter/Drygala § 8 Rn. 65. 139 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 96; Lösekrug S. 249. 140 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 96; Habersack/Verse § 8 Rn. 24; Lösekrug S. 250; Rodewald BB 1992, 237, 239; J. Schmidt, SE, S. 186.

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Abs. 3 FusRL) ausdrücklich klargestellt (→ 20.54)141. Die Unterrichtungspflicht gem. Art. 95 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 9 Abs. 2 FusRL) wurde durch das 3. UmwÄndG (→ 20.9) in § 64 Abs. 1 S. 2–4 UmwG n.F. ergänzt.142 4.  Verschmelzungsprüfung (Art. 96 GesRRL [ G Art. 10 FusRL]) 20.56 Dritter Grundbaustein des „europäischen Modells für Strukturmaßnahmen“ (→ 20.3, 20.29) ist die – auf französischem Vorbild beruhende143 − Verschmelzungsprüfung: Zum Schutz der Aktionäre144 ist der Verschmelzungsplan durch unabhängige Sachverständige zu prüfen und ein Verschmelzungsprüfungsbericht zu erstellen, den die Aktionäre dann i.R.d. Vorabinformation gem. Art. 97 GesRRL (G  Art. 11 FusRL, → 20.69 ff.) einsehen können. Prüfungsgegenstand ist der Verschmelzungsplan. Dieser ist auf Vollständigkeit 20.57 und Richtigkeit zu überprüfen.145 Im Zentrum steht dabei die Nachprüfung der Angemessenheit des für die Aktionäre besonders wichtigen Umtauschverhältnisses.146 Nicht Gegenstand der Prüfung ist dagegen die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit der Verschmelzung147; ihre Beurteilung obliegt vielmehr allein den Aktionären148. Ferner gebietet die RL – entgegen einer vereinzelt vertretenen Ansicht149 – auch keine Prüfung des Verschmelzungsberichts.150 Dies lässt sich insbesondere auch nicht aus der Bezugnahme auf den Verschmelzungsplan folgern, denn dieser − im Hinblick auf die 141 Die Regelung war aber nach ganz h.M. auch schon bislang richtlinienkonform, vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 96; Habersack/Verse § 8 Rn. 24; Löse­ krug S. 251 ff.; J. Schmidt, SE, S. 188 (jeweils m.w.N., auch zur Gegenansicht). 142 Vgl. dazu Bericht Rechtsausschuss z. 3. UmwÄndG, BT-Drs. 17/5930, S. 12; Heckschen NJW 2011, 2390, 2393 f.; Neye/Kraft NZG 2011, 681, 683; Leitzen DNotZ 2011, 526, 528 ff.; Simon/Merkelbach DB 2011, 1317, 1318 f. Von der ursprünglich geplanten Ausdehnung auch auf andere Rechtsträger als AG (und SE) (vgl. § 8 Abs. 3 UmwG-E i.d.F.d. RefE und RegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, dazu etwa Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 955) wurde letztlich abgesehen. 143 Vorbild war Art. 377 Loi n°66-537 (Fn. 66), vgl. Loy RTD eur. 1980, 354, 362; Sonnenberger AG 1971, 76, 78. 144 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 11; BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 14; BGH NJW 1989, 2689, 2690; BGH NJW-RR 1990, 350, 351 f.; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 957; Hommelhoff ZGR 1993, 452, 466. 145 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 9; Ganske DB 1981, 1551, 1553; Grohmann S. 323; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 158. 146 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 11; Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 9; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 957; Ganske DB 1981, 1551, 1553; Grundmann Rn. 894; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 158; Riesenhuber NZG 2004, 15, 20; Veil FS Priester, 2007, S. 799, 806; vgl. zur deutschen Umsetzung in § 9 UmwG auch Lutter/Drygala § 9 UmwG Rn. 10 m.z.w.N. 147 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 9; Ganske DB 1981, 1551, 1553; Lösekrug S. 227; Lutter/Drygala § 9 UmwG Rn. 12. 148 Vgl. Bayer AG 1988, 323, 328; Lutter/Drygala § 9 UmwG Rn. 12. 149 So Hommelhoff ZGR 1993, 452, 465. 150 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 158; Koller S. 203; Lösekrug S. 254; Lutter/Drygala § 9 UmwG Rn. 13; Nowotny, in: Koppensteiner (Hrsg.), Österreichisches und europä­

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divergierenden Modelle der nationalen Rechtsordnungen bewusst gewählte − neu­ trale Begriff (→ 20.30) bezieht sich ausschließlich auf das der Hauptversammlung zur Beschlussfassung vorzulegende Grundlagendokument, nicht auf den wirtschaftlichen Gesamtvorgang.151 Den Mitgliedstaaten steht es allerdings frei, im nationalen Recht eine solche Prüfung vorzusehen und so den durch die RL gebotenen Mindestschutz der Aktionäre noch zu verstärken.152 Über das Ergebnis der Prüfung ist ein schriftlicher153 Prüfungsbericht zu er- 20.58 stellen, der den in Art. 96 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 10 Abs. 2 FusRL) spezifizierten Mindestinhalt aufweisen muss. Danach müssen die Sachverständigen in jedem Fall erklären, ob das Umtauschverhältnis ihrer Ansicht nach angemessen ist (sog. Testat). Zudem müssen sie zumindest angeben, nach welcher/n Methode(n) das Umtauschverhältnis bestimmt worden ist, ob diese Methode(n) in casu angemessen ist/sind, welche Werte sich bei jeder Methode ergeben und welche relative Bedeutung den einzelnen Methoden beigemessen wurde. Von der Vorgabe einer oder mehrerer bestimmter Bewertungsmethode(n) (z.B. Ertragswert- oder DCF-Verfahren) wurde dabei angesichts der ständigen Evolution der Lehre und Praxis auf diesem Gebiet bewusst abgesehen.154 Schließlich ist in dem Bericht auch auf etwaige besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung hinzuweisen (z.B. besondere Prognoseschwierigkeiten bei einer Gesellschaft in Sanierung oder einer noch sehr jungen Gesellschaft, Unzugänglichkeit von Informationen für den Prüfer155). Die Prüfung erfolgt grundsätzlich separat für jede einzelne an der Verschmel- 20.59 zung beteiligte Gesellschaft (vgl. Art. 96 Abs. 1 S. 1 GesRRL [ G Art. 10 Abs. 1 S. 1 FusRL]). Art. 96 Abs. 1 S. 2 GesRRL (G  Art. 10 Abs. 1 S. 2 FusRL) gestattet den Mitgliedstaaten jedoch, auch die Möglichkeit einer gemeinsamen Prüfung für alle sich verschmelzenden Gesellschaften vorzusehen.156 A maiore ad minus kann ein Mitisches Wirtschaftsprivatrecht, Bd. 1, 1994, S. 395, 419; Veil FS Priester, 2007, S. 799, 806; implizit auch Koppensteiner FS Semler, 1993, S. 485, 492. 151 Vgl. Lösekrug S. 254; Lutter/Drygala § 9 UmwG Rn. 13. 152 Vgl. Lösekrug S. 254. 153 Da die Vorschrift unionsautonom auszulegen ist, dürfte hier keine Schriftform i.S.d. deutschen Verständnisses (also i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB) erforderlich sein; ausreichend sein dürfte vielmehr das, was in neueren EU-Rechtsakten (vgl. etwa Art. 4 Abs. 1 Nr. 62 MiFID II, Art. 2 Abs. 1 lit. m OGAW-RL, Art. 2 Nr. 10 VRRL) als ein „dauerhafter Datenträger“ bezeichnet wird (d.h. in der üblichen deutschen Terminologie Textform i.S.d. § 126b BGB). Vgl. zur Parallelproblematik beim Verschmelzungsplan → 20.32, beim Verschmelzungsbericht → 20.47; bei der Spaltung → 21.27, 21.38, 21.46; bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung → 22.37, 22.63, 22.76; i.R.d. EpGRL → 27.35, 27.38; i.R.d. ARRL → 29.83, 29.240. Anders als bei Art. 11 Abs. 2 S. 1 ARRL (→ 29.240) handelt es sich hier indes nur um eine Mindestregelung, d.h. die Mitgliedstaaten dürfen auch strengere Anforderungen stellen (z.B. Schriftform i.S.d. § 126 BGB verlangen). 154 Vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1553 Fn. 25; Lösekrug S. 227; näher Dörner BFuP 1981, 520, 521 ff. 155 Vgl. zur deutschen Umsetzung in § 12 Abs. 2 Nr. 3 UmwG: Lutter/Drygala § 12 UmwG Rn. 6. 156 Art. 5 Abs. 2 Vorentwurf 1968 (Fn. 2) und FusRL-E 1970 (Fn. 1) hatten nach romanischem Vorbild noch zwingend eine separate Berichterstattung vorgesehen; die Alternative der gemeinsamen Prüfung und Berichterstattung wurde erst auf Initiative der deut-

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gliedstaat es damit bei Verschmelzungen unter Beteiligung von mehr als zwei Gesellschaften auch gestatten, dass nur für einen Teil der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften eine gemeinsame Prüfung durchgeführt wird. In Bezug auf die Variante der separaten Prüfung haben die Mitgliedstaaten die 20.60 Wahl, ob sie eine Bestellung des/der Prüfer unmittelbar durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde vorsehen, oder ob sie eine Bestellung durch die jeweilige Gesellschaft selbst gestatten (dann muss der Prüfer [bzw. die Prüfer] aber zumindest durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zugelassen sein), Art. 96 Abs. 1 S. 1 GesRRL (G  Art. 10 Abs. 1 S. 1 FusRL). Sofern ein Mitgliedstaat eine gemeinsame Verschmelzungsprüfung gestattet (→ 20.59), sind die Prüfer dagegen in jedem Fall − auf gemeinsamen Antrag der Gesellschaften hin − direkt durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde (nach Wahl des Mitgliedstaats) zu bestellen, Art. 96 Abs. 1 S. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 S. 2 FusRL). Wie bei der Wertprüfung gem. Art. 49 GesRRL (G Art. 10 KapRL, → 19.62 ff.) 20.61 können Sachverständige sowohl natürliche als auch juristische Personen oder Gesellschaften sein, das Nähere überlässt die RL (anders als noch der Vorentwurf 1968157) insoweit in Art. 96 Abs. 1 S. 3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 S. 3 FusRL) dem jeweiligen mitgliedstaatlichen Recht. Ebenso wenig verlangt die RL eine besondere Qualifikation der „Sachverständigen“, auch insofern obliegt die Regelung der Einzelheiten dem nationalen Recht.158 Zwingend vorgeschrieben ist allerdings, dass die Sachverständigen von der Gesellschaft „unabhängig“ sein müssen. Auch dies wird allerdings nicht näher definiert, so dass auch insofern noch Spielraum für die Mitgliedstaaten besteht.159 Obgleich die RL – anders als die Entwürfe160 – nicht mehr ausdrücklich vorsieht, dass auch Personen, die mit der Abschlussprüfung der betreffenden Gesellschaft befasst sind, Verschmelzungsprüfer sein können, dürfte dem nichts entgegen stehen.161

schen und britischen Delegation hin ergänzt, vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 16; Ganske DB 1981, 1551, 1553; Lösekrug S. 226; Priester NJW 1983, 1459, 1461. Kritisch zur Regelung im FusRL-E 1970 bereits Bericht RA, BT-Drs. VI/3071, S. 2; BRat, BR-Drs. 696/71(B), S. 3. Zur Zulässigkeit einer gemeinsamen Prüfung auch Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 158. 157 Dieser hatte noch einen speziellen Anhang enthalten, in dem definiert wurde, welche Personen „unabhängige Sachverständige“ sind, vgl. Vorentwurf 1968 (Fn. 2), S. 55. 158 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 158; Wooldridge (1980) 1 Co Law 75, 77; zur Parallelregelung in Art. 10 KapRL: Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 811; Grundmann Rn. 336; Fankhauser S. 146; Kalss, in: Koppensteiner (Hrsg.), Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht, Bd. 1, 1994, S. 119, 227; → sowie 19.62. 159 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 158; vgl. zur Parallelregelung in Art. 10 Abs. 2 S. 2 KapRL: Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 811. 160 Vgl. Art. 5 Abs. 2 S. 2 FusRL-E 1970 (Fn. 1), Art. 5 Abs. 2 S. 2 RL-E 1973 (Fn. 3); Art. 5 Abs. 2 S. 2 RL-E 1975 (Fn. 5). 161 Ebenso Cordoliani JCP 1979.II.13078; Edwards S. 106; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 108; Werlauff S. 573; Wooldridge (1980) 1 Co Law 75, 77; zur deutschen Umsetzung auch Bericht Rechtsausschuss z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1785, S. 23; Hoffmann-Becking FS Fleck, 1988, S. 105, 121; Lutter/Drygala § 11 UmwG Rn. 4; Kallmeyer/Lanfermann § 11 UmwG Rn. 5; Semler/Stengel/Zeidler § 11 UmwG Rn. 7.

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Damit sie ihre Aufgabe effektiv erfüllen können,162 räumt Art. 96 Abs. 3 GesRRL (G  Art. 10 Abs. 3 FusRL) den Sachverständigen ein umfassendes Auskunfts- und Nachprüfungsrecht ein: Sie haben das Recht, bei den sich verschmelzenden Gesellschaften (also nicht nur derjenigen, für die sie als Prüfer bestellt sind) alle zweckdienlichen Auskünfte und Unterlagen zu erhalten und alle erforderlichen Nachprüfungen vorzunehmen. Zur Haftung der Sachverständigen → 20.112 ff. Bei Konzernverschmelzungen sind Verschmelzungsprüfung und -bericht unter bestimmten Voraussetzungen entbehrlich, → 20.145, 20.152. Die früher umstrittene163 Zulässigkeit eines Verzichts auf Verschmelzungsprüfung und -bericht wurde durch die RL 2007/63/EG (→ 20.4) mit dem neu eingefügten Art. 96 Abs. 4 GesRRL (G  Art. 10 Abs. 4 FusRL)164 ausdrücklich klargestellt; nachdem man in Art. 8 Abs. 4 CBMD (G Art. 125 Abs. 4 GesRRL, → 22.85) bereits explizit eine Verzichtsmöglichkeit vorgesehen hatte, sah der europäische Gesetzgeber insoweit zu Recht keinen Grund für eine unterschiedliche Behandlung.165 Wie beim Verschmelzungsbericht (→ 20.54) muss der Verzicht aber durch alle Aktionäre und Inhaber anderer mit Stimmrecht verbundener Wertpapiere aller an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften erfolgen. Eine ggf. parallel bestehende Pflicht zur Wertprüfung gem. Art. 70 Abs. 2 i.V.m. Art. 49 Abs. 2 und 3 GesRRL (G  Art. 31 Abs. 2 i.V.m. 10 Abs. 2 und 3 KapRL, → 19.192) macht die Verschmelzungsprüfung dagegen nicht automatisch entbehrlich. Allerdings gibt Art. 70 Abs. 3 GesRRL (G Art. 31 Abs. 3 KapRL) den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, in diesem Fall entweder ganz auf das Erfordernis von Sachverständigenprüfung und -bericht gem. Art. 70 Abs. 2 GesRRL (G Art. 31 Abs. 2 KapRL) zu verzichten oder die Erstellung beider Berichte durch den- bzw. dieselben Sachverständigen zu gestatten (→ 19.194; zur Parallelregelung des Art. 49 Abs. 5 GesRRL [G Art. 10 Abs. 5 KapRL] → 19.68, 20.140). Für das deutsche Recht bedeutete die (grundsätzlich) obligatorische Verschmelzungsprüfung eine gravierende Neuerung.166 Die Umsetzung erfolgte zunächst in

162 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 11; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Grundmann Rn. 895; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 108; Riesenhuber NZG 2004, 15, 20. 163 Vgl. nur Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 97; Lösekrug, S. 256 (jeweils m.w.N., auch zur Gegenansicht) sowie die Nachweise in Fn. 171. 164 Anders als bei der Parallelregelung des Art. 95 Abs. 3 FusRL (G Art. 9 Abs. 3 FusRL, → 20.54) handelt es sich hier allerdings nicht lediglich um eine Option zugunsten der Mitgliedstaaten. 165 Vgl. KOM(2007) 91, S. 3; ErwG 3 und 4 RL 2007/63/EG (→ 20.4); Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 457; Cordewener (Fn. 79), S. 105, 159; Nobel Kap. 3 Rn. 129. 166  Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 15; Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 97; Lösekrug S. 227; Lutter EuR 1975, 44, 61; Meyer-Ladewig BB 1970, 1517, 1519; Priester NJW 1983, 1459, 1461; Sonnenberger AG 1971, 76, 78. In der Praxis war eine Prüfung der Bewertungsrelationen durch Sachverständige allerdings auch schon vorher nicht unüblich, vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 15; Priester NJW 1983, 1459, 1461 Fn. 57.

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§ 340b AktG a.F.167, seit 1.1.1995 in §§ 60, 9–12 UmwG168. Hinsichtlich der Richtlinienkonformität dieser Vorschriften bestehen i.E. keine Bedenken.169 Richtlinienkonform sind insbesondere auch die Einschränkung des Berichtsinhalts gem. §§ 12 Abs. 3, 8 Abs. 2 UmwG170 sowie die in §§ 9 Abs. 3, 12 Abs. 3 i.V.m. § 8 Abs. 3 Alt. 1 UmwG normierte Verzichtsmöglichkeit; letzteres wurde durch Art. 96 Abs. 4 GesRRL (G Art. 10 Abs. 4 FusRL, → 20.65) ausdrücklich klargestellt171. Der deutsche Gesetzgeber hat durch das 3. UmwÄndG (→ 20.9) zwar die Zulässigkeit einer Identität der Prüfer ausdrücklich klargestellt (§ 69 Abs. 1 S. 4 UmwG n.F.)172, im Übrigen aber an der bisherigen Regelung in § 69 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 UmwG173 festgehalten, welche die Sacheinlageprüfung in den vier dort normierten Fällen obligatorisch macht174. 5.  Verschmelzungsbeschlüsse 20.68 Vierter Grundbaustein des „europäischen Modells für Strukturmaßnahmen“ (→ 20.3, 20.29) und zugleich ebenfalls zentrales Element des Aktionärsschutzes ist das in Art. 93 GesRRL (G Art. 7 FusRL, → 20.81 ff.) normierte Erfordernis der Zustimmung der Hauptversammlung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften. a)  Vorabinformation (Art. 97 GesRRL [ G Art. 11 FusRL]) 20.69 Um zu gewährleisten, dass die Aktionäre auch tatsächlich eine informierte Entscheidung treffen können175, sieht der auf französischem Vorbild beruhende176 Art. 97 167 Vgl. dazu BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 15 ff. 168 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 84 ff. 169 Ausf. Lösekrug S. 253 ff. m.w.N. 170 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 97; Habersack/Verse § 8 Rn. 24; Lösekrug S. 260 f. 171 Nach ganz h.M. war die Verzichtsregelung aber auch schon zuvor richtlinienkonform, vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 97; Habersack/Verse § 8 Rn. 24; Lösekrug S. 255; Lutter/Drygala § 9 UmwG Rn. 43 (jeweils m.w.N., auch zur Gegenansicht). 172 Vgl. BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 14; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956; Diekmann NZG 2010, 489, 490; Heckschen NZG 2010, 1041, 1046; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 241; Simon/Merkelbach DB 2011, 1317, 1318; Wagner DStR 2010, 1629, 1631. 173 Problematisch ist insoweit, dass § 69 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 UmwG den Dispens – anders als die RL − seinem Wortlaut nach selbst dann vorsieht, wenn im konkreten Fall gar keine Verschmelzungsprüfung erfolgt bzw. kein Verschmelzungsprüfungsbericht erstellt wird; insoweit ist eine richtlinienkonforme Auslegung (Reduktion) geboten, vgl. auch bereits Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 957; zustimmend Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 158. 174 Vgl. BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 14; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 241; kritisch dazu Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956 f. 175 Vgl. BegrRegE z.VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 14 f.; BGH NJW 1989, 2689, 2690; BGH NJW-RR 1990, 350, 351 f.; Grohmann S. 326; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 109; Koppensteiner FS Semler, 1993, S. 485, 493; Loy RTD eur. 1980, 354, 365; Lutter EuR 1975, 44, 60; Riesenhuber NZG 2004, 15, 21. 176 Vgl. Grundmann Rn. 896.

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GesRRL (G Art. 11 FusRL) vor, dass ihnen spätestens einen Monat vor der Hauptversammlung umfangreiche Informationen über das Verschmelzungsprojekt zur Verfügung gestellt werden. Auch insoweit handelt es sich jedoch nur um einen Mindestschutzstandard, d.h. das nationale Recht kann auch weitergehende Informationspflichten vorsehen.177 aa)  Informationsmodi Diese Vorabinformation erfolgt gem. Art. 97 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G  Art. 11 20.70 Abs. 1 UAbs. 1 FusRL) grundsätzlich durch Auslegung der entsprechenden Unterlagen (→ 20.75) am Satzungssitz178 der Gesellschaft. Die Auslegung muss mindestens einen Monat vor dem Tag der Hauptversammlung, die über den Verschmelzungsplan zu beschließen hat, erfolgen und muss bis zum Abschluss der Hauptversammlung andauern (arg. ex Art. 97 Abs. 4 GesRRL [G Art. 11 Abs. 4 FusRL]). Während dieser Zeit hat jeder Aktionär das Recht, von den Unterlagen Kenntnis zu nehmen. Damit dies effektiv geschehen kann, müssen die Auslegungsräume für die Aktionäre zwar nicht rund um die Uhr, aber zumindest zu den üblichen Geschäftszeiten zugänglich sein.179 Durch die RL 2009/109/EG (→ 20.4) hat der europäische Gesetzgeber jedoch 20.71 auch den durch die neuen Informationstechnologien eröffneten Möglichkeiten („Internetzeitalter“) Rechnung getragen180: Art. 97 Abs. 4 UAbs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1 S. 1 FusRL) gestattet den Gesellschaften als Alternative zur physischen Auslegung der Unterlagen auch die Veröffentlichung auf ihren Internetseiten. Die Pflicht zur Auslegung in Papierform entfällt jedoch nur, wenn die Dokumente für die Aktionäre während eines fortlaufenden Zeitraums, der mindestens einen Monat vor der Hauptversammlung, die über die Verschmelzungspläne zu beschließen hat, beginnt und nicht vor dem Abschluss der Versammlung endet, auf den Internetseiten der Gesellschaft zugänglich sind. Die Mitgliedstaaten dürfen für die Alternative der Internetveröffentlichung zwar im Interesse der Sicherheit der Internetseiten und der Echtheit der Dokumente Erfordernisse und Auflagen vorsehen; diese müssen aber erforderlich und angemessen sein (Art. 97 Abs. 4 UAbs. 1 S. 2 GesRRL [G  Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1 S. 2 FusRL]). 177 Vgl. Ratsprotokoll, Dok. R/2337/78, S. 2; Ganske DB 1981, 1551, 1554. 178 Die deutsche Fassung spricht zwar nur von „Sitz“, aus den anderen Sprachfassung ergibt sich jedoch eindeutig, dass hiermit ausschließlich der Satzungssitz gemeint ist (vgl. englisch: „registered office“, spanisch: „domicilio social“), vgl. auch Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 963; Semler/Stengel/Diekmann § 63 UmwG Rn. 9; Henssler/Strohn/Junker § 63 UmwG Rn. 2; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 160; Kallmeyer/Marsch-Barner § 63 UmwG Rn. 2; KK-UmwG/Simon § 63 Rn. 24; abw. jedoch Lutter/Grunewald § 63 UmwG Rn. 3. 179 Vgl. zur deutschen Umsetzung in § 63 UmwG: Semler/Stengel/Diekmann § 63 UmwG Rn. 8; Lutter/Grunewald § 63 UmwG Rn. 3; Kallmeyer/Marsch-Barner § 63 UmwG Rn. 2. 180 Vgl. KOM(2008) 576, S. 5; SEC(2008) 2486, S. 22 f.; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 954; J. Schmidt NZG 2008, 734; Sandhaus NZG 2009, 41, 44 f.; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 112 ff.; Teichmann SR 2008, 363.

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Die Aktionäre haben aber nicht nur ein Recht auf Einsicht, sondern gem. Art. 97 Abs. 3 UAbs. 1 GesRRL (G  Art. 11 Abs. 3 UAbs. 1 FusRL) auf formlosen Antrag hin auch ein Recht auf Erteilung (vollständiger oder auszugsweiser) kostenloser Abschriften. Auch insoweit erfolgte allerdings durch die RL 2009/109/EG (→ 20.4) eine Anpassung an die modernen Informationstechnologien.181 Gem. Art. 97 Abs. 3 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 11 Abs. 3 UAbs. 2 FusRL) können die Informationen dem Aktionär mit seiner Zustimmung auch auf elektronischem Wege bereitgestellt werden. Darüber hinaus befreit Art. 97 Abs. 4 UAbs. 2 S. 1 GesRRL (G Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 S. 1 FusRL) die Gesellschaften sogar vollständig von der Pflicht zur Erteilung von (Papier- oder elektronischen) Kopien, wenn die Dokumente gem. Art. 97 Abs. 4 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1 FusRL) im Internet veröffentlicht werden (→ 20.71) und die Aktionäre dabei während des gesamten Zeitraums die Möglichkeit haben, alle Dokumente herunterzuladen und auszudrucken. Art. 97 Abs. 4 UAbs. 3 S. 1 GesRRL (G Art. 11 Abs. 4 UAbs. 3 S. 1 FusRL) gestattet 20.73 den Mitgliedstaaten außerdem, von den Gesellschaften zu verlangen, die Dokumente182 auch noch für einen bestimmten Zeitraum nach der Hauptversammlung auf ihren Internetseiten verfügbar zu halten. Nach Wortlaut und Systematik der Regelung kann dies aber nur von solchen Gesellschaften verlangt werden, die sich hinsichtlich der eigentlichen Vorabinformation für eine Internetveröffentlichung entschieden haben.183 20.74 Die praktisch wichtige Regelung der Folgen technischer Störungen bleibt auch hier (ebenso wie hinsichtlich der Offenlegung des Verschmelzungsplans, → 20.44) gem. Art. 97 Abs. 4 UAbs. 3 S. 2 GesRRL (G Art. 11 Abs. 4 UAbs. 3 S. 2 FusRL) ausdrücklich den Mitgliedstaaten überlassen. bb)  Gegenstand der Vorabinformation 20.75 Um den Aktionären die Möglichkeit zu geben, sich ein möglichst umfassendes Bild von dem Verschmelzungsprojekt und der Lage der daran beteiligten Gesellschaften zu machen, ist der in Art. 97 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 11 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 FusRL) normierte Katalog der Dokumente, die Gegenstand der Vorabinformation sind, relativ umfangreich.184 Er umfasst:

181 Vgl. die Nachweise in Fn. 180. 182 Veröffentlichungsgegenstand sind aber auch hier − trotz des missverständlichen Wortlauts der deutschen Sprachfassung („Informationen ... verfügbar zu halten“) − nur die in Art. 97 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 11 Abs. 1 UAbs. 1 FusRL) spezifizierten Dokumente, nicht zusätzliche Informationen (vgl. die englische und französische Sprachfassung: „maintain the information“/„maintiennent ces informations.“); vgl. zur Parallelproblematik bei Art. 6 UAbs. 6 S. 1 FusRL → 20.45. 183 Vgl. zur Parallelproblematik bei Art. 92 UAbs. 6 S. 1 GesRRL (G Art. 6 UAbs. 6 S. 1 FusRL) → 20.45. 184 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 11.

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• den Verschmelzungsplan (lit. a); • die Jahresabschlüsse und die Geschäftsberichte der sich verschmelzenden Gesellschaften für die letzten drei Geschäftsjahre (lit. b); • ggf. eine Zwischenbilanz (lit. c, → 20.76); • die Verschmelzungsberichte (bzw. im Falle der gemeinsamen Berichterstattung: den gemeinsamen Verschmelzungsbericht) gem. Art. 95 GesRRL (G Art. 9 FusRL, → 20.47 ff.) für alle an der Verschmelzung beteiligte Gesellschaften (soweit diese nicht ausnahmsweise entbehrlich sind, → 20.53 f.) (lit. d); • die Verschmelzungsprüfungsberichte (bzw. im Falle der gemeinsamen Prüfung: den Verschmelzungsprüfungsbericht) gem. Art. 96 GesRRL (G  Art. 10 FusRL, → 20.56 ff.) für alle an der Verschmelzung beteiligte Gesellschaften (soweit diese nicht ausnahmsweise entbehrlich sind, → 20.64 f.) (lit. e). Eine Zwischenbilanz ist gem. lit. c nur dann erforderlich, wenn der letzte Jahresab- 20.76 schluss sich auf ein mehr als 6 Monate vor der Aufstellung des Verschmelzungsplans abgelaufenes Geschäftsjahr bezieht (und somit kein hinreichend aktuelles Bild mehr vermittelt185). Ihr Stichtag darf nicht vor dem ersten Tag des dritten, der Aufstellung des Verschmelzungsplans vorausgehenden Monats liegen und sie ist gem. Art. 97 Abs. 2 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 11 Abs. 2 UAbs. 1 FusRL) − vorbehaltlich der den Mitgliedstaaten in Abs. 2 ermöglichten Erleichterungen − grundsätzlich nach denselben Methoden und derselben Gliederung zu erstellen wie die letzte Jahresbilanz. Durch die RL 2009/109/EG (→ 20.4) wurden zur Entlastung der Gesellschaften mit Art. 97 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 11 Abs. 1 UAbs. 2 FusRL) allerdings zwei wichtige Erleichterungen eingeführt. Gem. S. 1 können Gesellschaften, die nach Art. 5 TrRL (→ 36.11) ohnehin einen Halbjahresfinanzbericht veröffentlichen, diesen anstelle einer Zwischenbilanz zugänglich machen.186 Zudem gestattet S. 2 den Mitgliedstaaten vom Erfordernis der Erstellung einer Zwischenbilanz abzusehen, wenn alle Aktionäre und Inhaber anderer mit Stimmrecht verbundener Wertpapiere aller an der Verschmelzung beteiligter Gesellschaften dies beschlossen haben.187 cc)  Entbehrlichkeit bei Konzernverschmelzungen Bei Konzernverschmelzungen ist die Vorabinformation in bestimmten Fällen (parti- 20.77 ell) entbehrlich, → 20.145, 20.152. 185 Vgl. schon Vorentwurf 1968 (Fn. 2), S. 16; Ganske DB 1981, 1551, 1554 Fn. 27; Priester NJW 1983, 1459, 1463; Temple Lang (1972) Irish Jurist 306, 316. 186 Vgl. dazu ErwG 8 der RL 2009/109/EG (→ 20.4); SEC(2008) 2486, S. 16 f.; Bayer/ J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 955; Sandhaus NZG 2009, 41, 43; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 112. 187 Die Bestimmungen zu Verschmelzungen wurde insofern mit denjenigen für Spaltungen (wo seit jeher ein Verzicht gestattet ist, vgl. Art. 144 Abs. 2 GesRRL [G Art. 10 Abs. 2 SpRL] → 21.44) harmonisiert, vgl. ErwG 6 RL 2009/109/EG (→ 20.4); Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 955; Sandhaus NZG 2009, 41, 43; Schimka/ Schörghofer WBl. 2010, 110, 112.

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dd)  Umsetzung in Deutschland 20.78 Für das deutsche Recht, das bis dato nur die Auslegung des Verschmelzungsvertrages verlangte (vgl. § 340c Abs. 3 S. 1 AktG 1965), bedeuteten die Vorgaben des Art. 97 GesRRL (G Art. 11 FusRL) eine erhebliche Erweiterung der Vorabinformation,188 die zunächst in § 340d Abs. 2–4 AktG a.F.189, seit 1.1.1995 in § 63 UmwG190 realisiert wird. Die Erleichterungen hinsichtlich der Auslegung der Unterlagen durch die RL 2009/109/EG (→ 20.4) wurden mit dem ARUG191 im neuen Abs. 4 bereits teilweise (vorauseilend192) umgesetzt.193 Durch das 3. UmwÄndG (→ 20.9) wurden dann die Möglichkeit einer Übermittlung der Dokumente in elektronischer Form mit Einwilligung des Aktionärs (§§ 63 Abs. 3 S. 2, 62 Abs. 3 S. 7 UmwG n.F.)194, die Option einer Ersetzung der Zwischenbilanz durch einen Halbjahresfinanzbericht gem. § 37w WpHG (§ 63 Abs. 2 S. 6 u. 7 UmwG n.F.)195 und die Möglichkeit eines Verzichts auf die Zwischenbilanz196 (§ 63 Abs. 2 S. 5 UmwG n.F.)197 ergänzt. 20.79 Problematisch ist zunächst die Auslegungs- bzw. Zugänglichkeitsfrist: Kraft der Verweisung auf § 123 Abs. 1 AktG würde diese – aufgrund der Verkürzung der Einberufungsfrist durch das UMAG – an sich nur 30 Tage betragen; insofern ist – ebenso wie bei der Parallelproblematik bei § 61 S. 1 UmwG (→ 20.46) − eine richtlinienkonforme Auslegung geboten, d.h. in der Praxis sollte in jedem Falle die in Art. 97 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 11 Abs. 1 UAbs. 1 FusRL) vorgesehene Monatsfrist gewahrt werden.198 188 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 98; Priester NJW 1983, 1459, 1463; Lösekrug S. 228. 189 Vgl. BegrRegE z.VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 17 f. 190 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 103. 191 Fn.  27. 192 Speziell zur Problematik der Regelungen vor Erlass der RL: J. Schmidt NZG 2008, 734 ff. 193 Vgl. dazu Arnold Konzern 2009, 88, 90; Drinhausen/Keinath BB 2008, 1238, 1241 f.; Meul AG 2017, 259 ff.; Noack NZG 2008, 441, 442 f.; Paschos/Goslar AG 2008, 605, 608; Seibert/Florstedt ZIP 2008, 2145, 2148; Zetzsche Konzern 2008, 321, 323 f. 194 Vgl. dazu BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 10; Bericht Rechtsausschuss z. 3. UmwÄndG, BT-Drs. 17/5930, S. 12; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 954 f.; Diekmann NZG 2010, 489 f.; Heckschen NJW 2011, 2390, 2394; Leitzen DNotZ 2011, 526, 532 f.; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 239; Neye/Kraft NZG 2011, 681, 683; Simon/Merkelbach DB 2011, 1317. 195 Vgl. dazu BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 13; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 955; Heckschen NJW 2011, 2390, 2393; Leitzen DNotZ 2011, 526, 540; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 239; Simon/Merkelbach DB 2011, 1317, 1318; Wagner DStR 2010, 1629, 1630. 196 Ein Verzicht wurde allerdings im Schrifttum verbreitet schon nach bisheriger Rechtslage für zulässig erachtet, vgl. nur Semler/Stengel/Diekmann, 2. Aufl. 2007, § 63 UmwG Rn. 3. 197 Vgl. dazu BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 13; Heckschen NJW 2011, 2390, 2393; Leitzen DNotZ 2011, 526, 540; Simon/Merkelbach DB 2011, 1317, 1318; Wagner DStR 2010, 1629, 1630; Widder AG 2016, 16 ff. Im RefE war dies noch nicht vorgesehen gewesen, vgl. kritisch dazu Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 955. 198 Ausf. J. Schmidt DB 2006, 375 f. Im Anschluss daran Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 9; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 963; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 160; Lutz BWNotZ 2010, 23, 33.

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Problematisch ist aber auch, dass § 63 Abs. 1 UmwG (ebenso wie bereits zuvor 20.80 § 340d Abs. 2 AktG a.F.) als Auslegungsort den „Geschäftsraum der Gesellschaft“ vorsieht, worunter traditionell199 der Sitz der Hauptverwaltung verstanden wurde. Bis zum MoMiG200 war dies i.E. relativ unproblematisch, da Satzungs- und Hauptverwaltungssitz aufgrund von § 5 Abs. 2 AktG a.F. regelmäßig übereinstimmten. Spätestens mit der Aufgabe dieses Gleichlaufs durch § 5 AktG n.F.201 (→ 7.83) ist nun jedoch eine richtlinienkonforme Auslegung dahingehend geboten, dass die Auslegung am Satzungssitz der Gesellschaft zu erfolgen hat202. b)  Hauptversammlungsbeschlüsse (Art. 93 GesRRL [ G Art. 7 FusRL]) Hinsichtlich der Beschlussfassung selbst beschränkt sich die RL auf die Regelung ei- 20.81 niger Kernaspekte und verweist im Übrigen auf das nationale Recht. Hintergrund ist, dass z.Z. der Verabschiedung der FusRL noch eine allgemeine 5. (Struktur-)RL geplant war, die u.a. auch Regeln zum Ablauf der Hauptversammlung enthalten sollte (→ 9.47 f.).203 Aufgrund der enormen Tragweite der Entscheidung für die Aktionäre204 müssen 20.82 die Mitgliedstaaten für den Verschmelzungsbeschluss gem. Art. 93 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1 FusRL) mindestens eine Zweidrittelmehrheit der bei der Beschlussfassung vertretenen Stimmen oder des vertretenen gezeichneten Kapitals vorsehen. Gem. Art. 93 Abs. 1 UAbs. 2 S. 1 GesRRL (G Art. 7 Abs. 1 UAbs. 2 S. 1 FusRL) können sie allerdings eine einfache Stimmenmehrheit ausreichen lassen, sofern mindestens die Hälfte des gezeichneten Kapitals vertreten ist.205 Wenn die Verschmelzung durch Aufnahme eine Satzungsänderung erfordert (und 20.83 nur dann), müssen gem. Art. 93 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 GesRRL (G Art. 7 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 FusRL) außerdem die jeweiligen nationalen Vorschriften über die Satzungsänderung eingehalten werden.206 Denn der Verschmelzungsbeschluss erstreckt sich dann 199 Vgl. Lutter/Grunewald § 63 UmwG Rn. 3; Widmann/Mayer/Rieger § 63 UmwG Rn. 23. 200 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v. 23.10.2008, BGBl. I, 2026. 201 Vgl. BegrRegE z. MoMiG, BR-Drs. 354/07, S. 65, 118. Zum Ganzen nur Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 746 m.w.N. 202 Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 963. Ebenso i.E. Semler/Stengel/Diekmann § 63 UmwG Rn. 9; Henssler/Strohn/Junker § 63 UmwG Rn. 2; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 160; Kallmeyer/Marsch-Barner § 63 UmwG Rn. 2; KK-UmwG/Simon § 63 Rn. 24. 203 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 11; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Schwarz Rn. 650; s. ferner auch Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 133. 204 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 18; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 159. 205 Damit sollte denjenigen Rechtsordnungen Rechnung getragen werde, die (wie das französische und italienische Recht) ein Quorum bei Hauptversammlungsbeschlüssen vorsahen, vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1554. 206 Nach Art. 4 Vorentwurf 1968 (Fn. 2) und FusRL-E 1970 (Fn. 1) waren die Vorschriften über die Satzungsänderung in jedem Fall einzuhalten. Mit dem auf Anregung des EWSA (ABlEG v. 6.9.1971, C 88/18, 19) hin ergänzten „gegebenenfalls“ sollte deutlich gemacht werden, dass dies nur dann erforderlich ist, wenn die Verschmelzung tatsächlich eine Änderung der Satzung der Gesellschaft notwendig macht. Vgl. Edwards S. 106; Grund-

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gem. Art. 93 Abs. 3 GesRRL (G Art. 7 Abs. 3 FusRL) neben dem Verschmelzungsplan auch auf die zu seiner Durchführung erforderlichen Satzungsänderungen (bei der Verschmelzung durch Neugründung ist die Satzung dagegen gem. Art. 109 Abs. 2 GesRRL [G Art. 23 Abs. 2 FusRL] stets Beschlussgegenstand, → 20.139). Sofern mehrere Aktiengattungen (zum Begriff → 19.180) existieren, ist gem. 20.84 Art. 93 Abs. 2 GesRRL (G Art. 7 Abs. 2 FusRL) ein Sonderbeschluss zumindest jeder Gattung derjenigen Aktionäre erforderlich, deren Rechte durch die Maßnahme beeinträchtigt werden. Der deutsche Gesetzgeber hat i.R.d. Umsetzung dieser Vorgaben (§ 340c AktG 20.85 a.F.207, seit 1.1.1995: §§ 13 Abs. 1, 65 UmwG208) bewusst an dem − über den Mindeststandard der RL hinausgehenden209 − traditionellen Erfordernis einer einfachen Stimmenmehrheit plus einer Dreiviertel-Kapitalmehrheit (§ 133 Abs. 1 AktG i.V.m. § 65 Abs. 1 S. 1 UmwG [bis 31.12.2004: § 340c Abs. 2 S. 1 AktG a.F.])210 festgehalten.211 Das Erfordernis eines etwaigen Sonderbeschlusses der Gattungsaktionäre (Art. 93 Abs. 2 GesRRL [G Art. 7 Abs. 2 FusRL], → 20.84) war aus deutscher Sicht ein Novum212; auch insoweit entschloss man sich zu einem über den Mindeststandard der RL hinausgehenden Aktionärsschutz: § 65 Abs. 2 UmwG macht den Sonderbeschluss (ebenso wie bereits § 340c Abs. 3 AktG a.F.) nicht von dem – als zu unbestimmt empfundenen – Erfordernis der Beeinträchtigung der Gattungsaktionäre abhängig.213 c)  Entbehrlichkeit des Hauptversammlungsbeschlusses in Sonderfällen 20.86 Der auf britischen und niederländischen Wunsch zurückgehende214 Art. 94 GesRRL (G  Art. 8 FusRL) gestattet den Mitgliedstaaten auf das Erfordernis des Hauptversammlungsbeschlusses der übernehmenden Gesellschaft zu verzichten und stattdessen nur einer Aktionärsminderheit (Quorum max. 5 %) ein Recht auf Herbeiführung einer Beschlussfassung einzuräumen (Art. 94 UAbs. 1 lit. c GesRRL [G Art. 8 UAbs. 1 lit. c FusRL]); dies allerdings nur, wenn der Verschmelzungsplan gem. Art. 94 UAbs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 8 UAbs. 1 lit. a FusRL) offengelegt und den Aktionären eine

mann Rn. 897; Hommelhoff/Riesenhuber (Fn. 42), S. 259, 272; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 159; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 106; Lösekrug S. 224, 232. Zumindest missverständlich insofern Habersack/Verse § 8 Rn. 18; Schwarz Rn. 650. 207 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 17. 208 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 103 f. 209 Vgl. auch BegrRegE z.VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 17; Lösekrug S. 233. 210 Gem. § 65 Abs. 1 S. 2 UmwG (bis 31.12.1994: § 340c Abs. 2 S. 2 AktG a.F.) kann die Satzung zudem eine größere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. 211 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 17. 212 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 17; Lösekrug S. 225; Priester NJW 1983, 1459, 1462. 213 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 17; Brause, Stimmrechtslose Vorzugsaktien bei Umwandlungen, 2002, S. 21; Lösekrug S. 234; Priester NJW 1983, 1459, 1462; zur Zulässigkeit auch Nowotny (Fn. 150), S. 395, 413. 214 Vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1554.

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Vorab­information gem. Art. 94 Abs. 1 lit. b GesRRL (G Art. 8 UAbs. 1 lit. b FusRL) ermöglicht wird.215 Deutschland hat von dieser Option keinen Gebrauch gemacht. Bei Konzernverschmelzungen ist der Hauptversammlungsbeschluss in bestimm- 20.87 ten Fällen nicht nur bei übernehmenden, sondern auch bei der/n übertragenden Gesellschaft(en) entbehrlich, → 20.146. 6.  Rechtmäßigkeitskontrolle, Wirksamwerden und Offenlegung a)  Rechtmäßigkeitskontrolle (Art. 102 GesRRL [ G Art. 16 FusRL]) Zu den Kernelementen des Schutzinstrumentariums der RL gehört schließlich das 20.88 Erfordernis einer umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle. Mit Blick auf die diesbezüglich äußerst unterschiedlichen nationalen Traditionen216 lässt Art. 102 GesRRL (G Art. 16 FusRL) den Mitgliedstaaten insofern allerdings die Wahl, ob sie diese mittels einer vorbeugenden gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Kontrolle oder mittels einer öffentlichen Beurkundung realisieren217. Auch eine Kombination beider Erfordernisse ist zulässig.218 Entscheidet sich der Mitgliedstaat für eine vorbeugende gerichtliche oder verwal- 20.89 tungsbehördliche Kontrolle, so muss sich diese auf alle für die Verschmelzung erforderlichen Rechtshandlungen erstrecken (vgl. Art. 102 Abs. 1 S. 1 GesRRL [G Art. 16 Abs. 1 S. 1 FusRL]). Wählt der Mitgliedstaat die Variante der öffentlichen Beurkundung, so sind Beur- 20.90 kundungsgegenstand die Hauptversammlungsniederschriften und ggf. der nach diesen Hauptversammlungen geschlossene Verschmelzungsvertrag (vgl. Art. 102 Abs. 1 S. 1 GesRRL [G Art. 16 Abs. 1 S. 1 FusRL]). Ist ausnahmsweise − nach Art. 111 GesRRL (G Art. 25 FusRL, → 20.146) oder Art. 113 GesRRL (G Art. 27 FusRL, → 20.151) oder weil der Mitgliedstaat von der Option des Art. 94 GesRRL (G Art. 8 FusRL, → 20.86) Gebrauch gemacht hat – keine Billigung durch die Hauptversammlungen aller beteiligten Gesellschaften erforderlich, so ist der Verschmelzungsplan öffentlich zu beurkunden (Art. 102 Abs. 1 S. 2 GesRRL [G Art. 16 Abs. 1 S. 2 FusRL]). Auch im Falle der Beurkundungsvariante gewährleistet Art. 102 Abs. 2 GesRRL (G Art. 16 Abs. 2 FusRL) zudem eine umfassende formelle und materielle Rechtmäßigkeitskontrolle:219 Der Notar bzw. die sonstige zuständige Stelle hat das Vorliegen und die Rechtmäßig215 Vgl. dazu auch Edwards S. 108; Grundmann Rn. 898; Lösekrug S. 225. 216 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 12; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Grundmann Rn. 905. 217 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 12; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Edwards S. 111 f.; Grundmann Rn. 905; Habersack/Verse § 8 Rn. 21; Heenen CDE 1981, 15, 24; Hommelhoff/Riesenhuber (Fn. 42), S. 259, 273; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 161; Werlauff S. 577. 218 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 12; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 99; Habersack/Verse § 8 Rn. 21; Hommelhoff/Riesenhuber (Fn. 42), S. 259, 273 Fn. 69; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 161; Lösekrug S. 276 f. 219 Vgl. Grundmann Rn. 905; s. ferner auch FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 12; Grohmann S. 325; Heenen CDE 1981, 15, 19; Hommelhoff/Riesenhuber (Fn. 42), S. 259, 273.

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keit der Rechtshandlungen und Förmlichkeiten, die der Gesellschaft obliegen, bei der er tätig wird, sowie das Vorliegen und die Rechtmäßigkeit des Verschmelzungsplans zu prüfen und zu bestätigen. Deutschland hat i.R.d. Umsetzung der RL im Interesse eines möglichst umfas20.91 senden Schutzes von Aktionären und Rechtsverkehr in zulässiger Weise220 an der traditionellen Kumulation von notarieller Beurkundung des Verschmelzungsvertrages (§ 6 UmwG, bis 31.12.2004: § 341 Abs. 2 S. 1 AktG a.F.) und registergerichtlicher Kontrolle221 festgehalten. b)  Zeitpunkt des Wirksamwerdens (Art. 103 GesRRL [ G Art. 17 FusRL]) 20.92 Den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmelzung überlässt Art. 103 GesRRL (G Art. 17 FusRL) dem jeweiligen nationalen Recht, verpflichtet die Mitgliedstaaten im Interesse der Rechtssicherheit aber immerhin zu einer eindeutigen Festlegung222. Von einer Harmonisierung in diesem Punkt wurde aufgrund der stark divergierenden Systeme der Mitgliedstaaten bewusst abgesehen.223 Der deutsche Gesetzgeber sah sich i.R.d. Umsetzung der FusRL gezwungen, den 20.93 Zeitpunkt der Wirksamkeit der Verschmelzung neu zu determinieren. Anstelle des früher maßgeblichen Zeitpunkts der Eintragung in das Handelsregister der übertragenden Gesellschaft, der bei der für das deutsche Recht neuen Verschmelzung durch simultane Aufnahme mehrerer Gesellschaften (→ 20.16) zu Problemen geführt hätte, wurde nun der Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister der übernehmenden Gesellschaft für maßgeblich erklärt (§ 346 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1 AktG a.F., seit 1.1.1995: § 20 Abs. 1 UmwG).224 c)  Offenlegung (Art. 104 GesRRL [ G Art. 18 FusRL]) 20.94 Um den Rechtsverkehr über die Verschmelzung zu unterrichten, gebietet Art. 104 Abs. 1 GesRRL (G Art. 18 Abs. 1 FusRL) die Offenlegung der Verschmelzung für jede 220 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 99; Habersack/Verse § 8 Rn. 21; Widmann/Mayer/Heckschen § 6 Rn. 18.1; Lösekrug S. 268, 276 f.; allg. zur Zulässigkeit einer Kumulation auch die Nachweise in Fn. 218. 221 Vgl. dazu Lutter/Decher § 19 UmwG Rn. 2 ff.; Lutter/Grunewald § 20 UmwG Rn. 6; Semler/Stengel/Schwanna § 19 Rn. 3 ff.; Kallmeyer/Zimmermann § 19 UmwG Rn. 2 ff. 222 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 12; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 115; Schwarz Rn. 653. 223 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 12; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 115; Lösekrug S. 268; Meyer-Ladewig BB 1970, 1517, 1519; Schwarz Rn. 653; Tilquin, Traité des fusions et scissions, 1993, n° 41; van Ommeslaghe ZHR 132 (1969) 201, 210. Der Versuch, zumindest drei mögliche Varianten vorzugeben − so Art. 9 RL-E 1973 (Fn. 3) − scheiterte, vgl. Edwards S. 112. 224 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 14, 18; BegrRegE z. UmwG, BTDrs. 12/6699, S. 91 f.; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 92; Ganske DB 1981, 1551, 1552; Lösekrug S. 269; Priester NJW 1983, 1459, 1460.

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der sich verschmelzenden Gesellschaften in Übereinstimmung mit Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.). Als Erleichterung für die Praxis225 gestattet Art. 104 Abs. 2 GesRRL (G Art. 18 Abs. 2 FusRL) dabei, dass die übernehmende Gesellschaft die Offenlegung für die übertragenden Gesellschaften selbst veranlasst. Die von Art. 104 Abs. 1 GesRRL (G Art. 18 Abs. 1 FusRL) geforderte Publizität 20.95 gewährleistete das deutsche Recht bereits vor der FusRL (§ 345 Abs. 1 Akt a.F. i.V.m. § 10 HGB, seit 1.1.1995: §§ 16 Abs. 1 S. 1, 19 Abs. 3 UmwG i.V.m. § 10 HGB).226 Neu eingeführt werden musste allerdings die umfassende Anmeldebefugnis der übernehmenden Gesellschaft (§ 345 Abs. 1 S. 2 AktG a.F., seit 1.1.1995: § 16 Abs. 1 S. 2 UmwG).227

V.  Rechtsfolgen der Verschmelzung (Art. 105 GesRRL [ G Art. 19 FusRL]) Die Rechtsfolgen der Verschmelzung sind in Art. 105 GesRRL (G Art. 19 FusRL) spe- 20.96 zifiziert – eine Harmonisierung erschien dem europäischen Gesetzgeber insoweit (zu Recht) „unumgänglich“228. Die Verschmelzung hat danach ipso iure229 folgende drei zentrale Rechtswirkungen, die letztlich auch das Wesen dieses Rechtsinstituts ausmachen (→ 20.21): (1) Universalsukzession, (2) „Aktientausch“ und (3) Erlöschen der übertragenden Gesellschaft(en). 1.  Universalsukzession (Gesamtrechtsnachfolge) (Art. 105 Abs. 1 lit. a GesRRL [ G Art. 19 Abs. 1 lit. a FusRL]) Gem. Art. 105 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 19 Abs. 1 lit. a FusRL) geht das gesamte 20.97 Aktiv- und Passivvermögen der übertragenden Gesellschaft(en) − automatisch und ohne dass es hierzu besonderer Förmlichkeiten bedarf230 − auf die übernehmende Gesellschaft über. Den Beteiligten ist es auch nicht möglich, einzelne Gegenstände hiervon auszunehmen.231

225 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 18; Ganske DB 1981, 1551, 1556; Grohmann S. 330; Grundmann Rn. 906; Lösekrug S. 271. 226 Vgl. Lösekrug S. 270. 227 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 18; Lösekrug S. 271; Schwarz Rn. 654. 228 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 12. 229 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 13; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Dorresteijn/Monteiro/ Teichmann/Werlauff, European Corporate Law, 2. Aufl., 2009, 3.52; Edwards S. 112; Habersack/Verse § 8 Rn. 14; Loy RTD eur. 1980, 354, 363; Widmann/Mayer/Vossius § 20 UmwG Rn. 26. 230 Vgl. Vorentwurf 1968 (Fn. 2), S. 30; FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 14; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 143. 231 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 13; zu § 20 UmwG: Widmann/Mayer/Vossius § 20 UmwG Rn. 32.

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20.98 Im Hinblick auf Verträge hat der EuGH in seinem Urteil v. 7.4.2016 in der Rs. KA Finanz232 überzeugend klargestellt, dass die Universalsukzession233 bewirkt, dass die übernehmende bzw. neue Gesellschaft in die Vertragsposition der übertragenden Gesellschaft eintritt; das Vertragsstatut (das sich – je nach Zeitpunkt – grds.234 nach dem EVÜ235 bzw. der Rom I-VO236 bestimmt) bleibt davon indes unberührt.237 In der Rs. Modelo Continente Hipermercados hat der EuGH mit Urteil v. 20.99 5.3.2015238 entschieden, dass zu dem im Wege der Universalsukzession übergehenden Passivvermögen auch eine verhängte Geldbuße gehört. Dies überzeugt239, denn zum einen entspricht der Übergang dem Wesen der Verschmelzung240 und zum anderen würde der mit der RL intendierte Schutz der Gläubiger (zu denen nicht nur private, sondern auch öffentliche gehören) unterlaufen, wenn die Verschmelzung ein Mittel bieten würde, um der ordnungswidrigkeitsrechtlichen Haftung zu entgehen241. Die Interessen der Gläubiger und Aktionäre der aufnehmenden Gesellschaften stehen ebenso wenig entgegen: Die Gläubiger müssen gem. Art. 99 Abs. 2 GesRRL (G Art. 13 Abs. 2 FusRL, → 20.127) mindestens einen Anspruch auf Sicherheitsleistung haben;

232 EuGH v. 7.4.2016, KA Finanz, C-483/14, ECLI:EU:C:2016:205. Dazu Arenas García LA LEY Unión Europea nº 39, julio 2016; Arnold/Zollner RIW 2016, 565 ff.; Bayer/ J. Schmidt ZIP 2016, 841 ff.; dies. BB 2016, 1923, 1930; Hübler NZI 2016, 481, 482; Hübner IPRax 2016, 553 ff.; Kessler GWR 2016, 231; Klampfl GesRZ 2016, 231 ff.; Potyka RdW 2016, 296 ff.; Pluskat EWiR 2016, 521 f.; Stiegler EuZW 2016, 342 f.; Teichmann LMK 2016, 380518; Verse/Wiersch EuZW 2016, 330, 333; Wimmer WBl. 2017, 9 ff. 233 Das Urteil bezieht sich zwar konkret auf die Universalsukzession bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen gem. Art. 131 Abs. 1 lit. a GesRRL (G  Art. 14 Abs. 1 lit. a CBMD, → 22.120), dasselbe muss aber konsequenterweise auch für Universalsukzession bei nationalen Verschmelzungen gem. Art. 105 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 19 Abs. 1 lit. a FusRL) gelten, vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2016, 841, 845; Wimmer WBl. 2017, 9, 10 f. 234 Sofern diese grds. anwendbar sind und keine vorrangigen Sonderregeln eingreifen. 235 Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, aufgelegt zur Unterzeichnung am 19.6.1980 in Rom, ABlEG v. 9.10.1980, L 266/1 = BGBl. 1986 II, 810. 236 VO (EG) Nr. 593/2008 des EP und des Rates v. 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABlEU v. 4.7.2008, L 177/6. 237 EuGH v. 7.4.2016, KA Finanz, C-483/14, ECLI:EU:C:2016:205, Rn. 48 ff. 238 EuGH v. 5.3.2015, Modelo Continente Hipermercados, C-343/13, ECLI:EU:C:2015:146. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1739; Haspl EuZW 2015, 351 f.; Kessler GWR 2015, 139; Langheld NZG 2015, 1066 ff.; Lecourt Rev. soc. 2015, 679 ff.; Stiegler EWiR 2015, 369 f.; ders. GmbHR 2016, 406, 408; von Saucken ZWH 2015, 217 f.; Verse/Wiersch EuZW 2016, 330, 332. Die Cour de Cassation hat allerdings mit Urteil v. 25.10.2016 (n° 16-80366, ECLI:FR:CCASS:2016:CR05288) entschieden, dass die aufnehmende Gesellschaft nach französischem Recht keine strafrechtliche Verantwortung für von der übertragenden Gesellschaft begangene Taten treffe, weil dem Art. 121-1 Code Penal entgegenstehe und die FusRL nicht direkt anwendbar sei. 239 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1739; zustimmend auch Stiegler EWiR 2015, 369, 370; kritisch jedoch Haspl EuZW 2013, 351 f.; Langheld NZG 2015, 1066, 1067 f. 240  Vgl. EuGH v. 5.3.2015, Modelo Continente Hipermercados, C-343/13, ECLI:EU:C:2015:146, Rn. 28 f.; Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1739. 241  Vgl. EuGH v. 5.3.2015, Modelo Continente Hipermercados, C-343/13, ECLI:EU:C:2015:146, Rn. 30 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1739.

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außerdem verlangt die RL zum Schutz von Gläubigern und Aktionären die Offenlegung umfassender Informationen und die aufnehmende Gesellschaft kann zudem vor der Verschmelzung eine umfassende Prüfung der übertragenden Gesellschaft vornehmen und sich ggf. (speziell im Interesse ihrer Aktionäre) Garantien geben lassen.242 Wie Art. 105 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 19 Abs. 1 lit. a FusRL) ausdrücklich 20.100 klarstellt, gilt die Gesamtrechtsnachfolge nicht nur im Verhältnis der beteiligten Gesellschaften zueinander, sondern grundsätzlich auch im Verhältnis zu Dritten. In Bezug auf letzteres macht Art. 105 Abs. 3 GesRRL (G  Art. 19 Abs. 3 FusRL) vor dem Hintergrund der mangelnden Harmonisierung des allgemeinen Zivilrechts243 allerdings eine wichtige Einschränkung für den Fall, dass das jeweilige nationale Recht die Wirksamkeit der Übertragung bestimmter Vermögensgegenstände im Verhältnis zu Dritten von besonderen Förmlichkeiten abhängig macht; solche nationalen Regelungen bleiben ausdrücklich unberührt. Obgleich die deutsche Textfassung insofern leider etwas missverständlich ist244, bezieht sich dieser Vorbehalt nicht auf die materielle Berechtigung selbst, sondern ausschließlich auf die Frage, ob diese vor Erfüllung der betreffenden Formalitäten Dritten entgegenhalten werden kann.245 Der europäische Gesetzgeber hatte hier insbesondere spezielle Formalitäten zur Übertragung von Immobilien und Immobiliarrechten wie die publicité foncière246 des französischen Rechts vor Augen.247 Als Erleichterung für die Praxis248 gestattet Art. 105 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 GesRRL (G Art. 19 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 FusRL) der übernehmenden Gesellschaft, solche Förmlichkeiten selbst vorzunehmen. Zudem erlauben die auf britischem und irischem Wunsch beruhenden249 Hs. 2 und 3 den Mitgliedstaaten, auch der/n übertragenden Gesellschaft(en) zu gestatten, diese Förmlichkeiten während eines begrenzten Zeitraums (max. 6 Monat nach Wirksamwerden der Verschmelzung) zu vollziehen.

242  Vgl. EuGH v. 5.3.2015, Modelo Continente Hipermercados, C-343/13, ECLI:EU:C:2015:146, Rn. 33 f.; Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1739. 243 Vgl. Lösekrug S. 277. 244 Klarer insofern die englische und französische Fassung: „... special formalities for the transfer ... to be effective as against third parties“ / „... formalités particulières pour l’opposabilité aux tiers ...“. 245 Vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1556; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 114; Loy RTD eur. 1980, 354, 363; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 143 f.; Widmann/Mayer/Vossius § 20 UmwG Rn. 12 Fn. 2; zur Parallelregelung in Art. 29 Abs. 3 SE-VO: Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 29 SE-VO Rn. 12; J. Schmidt, SE, S. 263; Schwarz, SE, Art. 29 SE-VO Rn. 8 f. S. ferner schon Goldman, Bericht zum Entwurf eines Übereinkommmens über die Internationale Verschmelzung von Aktiengesellschaften, Beil. 13/73 Bull. EG, Rn. 100. 246 Dazu näher (in deutscher Sprache) Spellenberg FS Lorenz, 1991, S. 779, 790 ff.; ausf. Simler/Delebecque, Les sûretes. La publicité foncière, 5e éd. 2009, S. 721 ff. 247 Vgl. Vorentwurf 1968 (Fn. 2), S. 30; Schwarz, SE, Art. 29 SE-VO Rn. 9; Widmann/Mayer/ Vossius § 20 UmwG Rn. 12 Fn. 2; s. ferner auch Goldman (Fn. 245), Rn. 101. 248 Vgl. Grundmann Rn. 906. 249 Vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1556. Beide Staaten haben zunächst von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht, vgl. s. 939(3), (4) CA 2006 (UK) und r. 19(6) SI 137/1987 (Irland); in Irland wurde sie aber nicht in den neuen CA 2014 übernommen.

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2.  „Aktientausch“ (Art. 105 Abs. 1 lit. b GesRRL [ G Art. 19 Abs. 1 lit. b FusRL]) 20.101 Die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft(en) werden Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft (Art. 105 Abs. 1 lit. b GesRRL [G Art. 19 Abs. 1 lit. b FusRL]). Der Anteilserwerb vollzieht sich ipso iure; es bedarf – unabhängig vom sonst für die Übertragung geltenden Recht − weder besonderer Übertragungsakte noch einer Dokumentation. Zugleich gehen die Aktien der übertragenden Gesellschaft(en) mit deren Erlöschen (→ 20.104) unter. Die Regelung der praktischen Einzelheiten des „Aktientauschs“ bleibt den Mitgliedstaaten überlassen (→ 20.36). Das Schicksal etwaiger Rechte Dritter an den Aktien der übertragenden Gesellschaft(en) wird von der RL zwar nicht ausdrücklich geregelt; dem Konzept der Gesamtrechtsnachfolge entsprechend ist jedoch davon auszugehen, dass sich solche Rechte Dritter ipso iure an den Aktien der übernehmenden Gesellschaft fortsetzen250 − zumal gerade vor dem Hintergrund des allgemeinen Fokus der RL auch auf den Schutz der Gläubiger (→ 20.29, 20.124 ff.) kaum angenommen werden kann, dass der europäische Gesetzgeber den Aktionären auf Kosten der Gläubiger ein derartiges „Geschenk“ machen wollte. Art. 105 Abs. 2 GesRRL (G Art. 19 Abs. 2 FusRL) macht allerdings zwei wichtige 20.102 Ausnahmen vom Anteilserwerb, mit denen – quasi als Prolongation der Art. 60–67 GesRRL (G Art. 21–28 KapRL, → 19.123 ff.)251 − die Entstehung eigener Aktien verhindert werden soll252. Ausgeschlossen ist der Anteilserwerb danach bei Aktien, die (a) die übernehmende Gesellschaft oder (b) die übertragende Gesellschaft selbst hält; um Umgehungen zu vermeiden, sind zudem jeweils auch Aktien erfasst, die von einer Person für Rechnung der jeweiligen Gesellschaft gehalten werden253. Darüber hinaus enthält Art. 110 S. 3 GesRRL (G Art. 24 S. 3 FusRL) ein ausdrückliches Verbot der Anwendung des Art. 105 Abs. 1 lit. b GesRRL (G  Art. 19 Abs. 1 lit. b FusRL) für den Fall des upstream-mergers einer 100%igen Tochter (→ 20.144); letztlich handelt es sich dabei allerdings nur um eine – an sich überflüssige − Klarstellung, da sich die Nichtanwendbarkeit bereits aus Art. 105 Abs. 2 lit. a GesRRL (Art. 19 Abs. 2 lit. a FusRL) ergibt254. Darüber hinaus steht die RL auch einem Verzicht von Aktionären auf die Ge20.103 währung von Anteilen und insbesondere auch diesbezüglichen nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegen.255 Die Anteilsgewährung gehört zwar zu den Strukturele250 Abw. Widmann/Mayer/Vossius § 20 UmwG Rn. 11 (nicht durch RL vorgegeben). 251 Vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1556; Habersack/Verse § 8 Rn. 14; Lösekrug S. 270. 252 Vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1556; Edwards S. 114; Koller S. 35; Lösekrug S. 270. 253 Für Rechnung handelnde Personen werden auch i.R.d. Art. 60–67 GesRRL (G Art. 21–28 KapRL) grds. gleichgesetzt, → 19.129, 19.134, 19.141, 19.147, 19.163. 254 Vgl. auch Kalss JBl. 1995, 420, 426. 255 Vgl. Lutter/Grunewald § 68 UmwG Rn. 5; Heckschen DB 2008, 1363, 1364 f.; Huber, Anteilsgewährpflicht im Umwandlungsrecht?, 2005, S. 49; Lösekrug S. 239 f.; Kallmeyer/ Marsch-Barner § 68 UmwG Rn. 16; Widmann/Mayer/Rieger § 68 UmwG Rn. 37.1; s. ferner auch Krieger ZGR 1990, 517, 523; in Bezug auf die CBMD auch Olympus UK Ltd & Ors [2014] EWHC 1350 (Ch) paras. 62 f.; a.A. Widmann/Mayer/Mayer Einf UmwG Rn. 38; Mayer/Weiler MittBayNot 2007, 368, 371; dies. DB 2007, 1235, 1239; Weiler NZG 2008, 527, 528.

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menten der Verschmelzung (→ 20.21, 20.96). Letztlich liegt ihr Sinn und Zweck aber primär darin, die Aktionäre vor Verlust ihrer Beteiligung zu schützen und auf diesen Schutz müssen die Aktionäre – ähnlich wie es die RL im Hinblick auf die Schutzin­ strumente des Verschmelzungsberichts- und der Verschmelzungsprüfung ausdrücklich gestattet (→ 20.54, 20.65) − auch privatautonom verzichten können; für einen „aufgedrängten“ Schutz ist auch insoweit kein vernünftiger Grund ersichtlich.256 Praktische Relevanz kann dies etwa bei der Verschmelzung von Tochtergesellschaften innerhalb eines Konzerns haben.257 3.  Erlöschen der übertragenden Gesellschaft(en) (Art. 105 Abs. 1 lit. c GesRRL [ G Art. 19 Abs. 1 lit. c FusRL]) Die übertragende(n) Gesellschaft(en) erlöschen ipso iure (Art. 105 Abs. 1 lit. c GesR- 20.104 RL [G Art. 19 Abs. 1 lit. c FusRL]), weitere Rechtsakte (z.B. eine besondere Löschung) sind nicht erforderlich. Auch ein Liquidationsverfahren findet nicht statt (→ 20.19 f.), da sämtliche Aktiva und Passiva ja im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft übergehen (→ 20.97). 4.  Umsetzung im deutschen Recht Das deutsche Recht sah die in Art. 105 Abs. 1 GesRRL (G Art. 19 Abs. 1 FusRL) an- 20.105 geordneten Rechtsfolgen bereits zuvor in § 346 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 AktG 1965 vor;258 die Vorschriften mussten allerdings im Hinblick auf den für das deutsche Recht neuen Fall mehrerer übertragender Gesellschaften (sowie im Hinblick auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmelzung, → 20.17, 20.93) angepasst werden (vgl. § 346 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 AktG i.d.F.d. VerschmRiLiG).259 Zudem wurde in § 346 Abs. 4 S. 3 Hs. 2 AktG eine dem Art. 105 Abs. 2 GesRRL (G Art. 19 Abs. 2 FusRL) entsprechende Regelung ergänzt.260 Von der Option des Art. 105 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 GesRRL (G Art. 19 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 FusRL) hat Deutschland keinen Gebrauch gemacht. Die seit 1.1.1995 geltende Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 1–3 UmwG wurde im Wesentlichen lediglich sprachlich vereinfacht und übersichtlicher gegliedert.261 Durch das 2. UmwÄndG262 wurde in § 68 Abs. 1 S. 3 UmwG ein ausdrücklicher Dispens von der Anteilsgewäh256 Vgl. Lutter/Grunewald § 68 UmwG Rn. 5; Heckschen DB 2008, 1363, 1365; Huber (Fn. 255), S. 49; Lösekrug S. 239 f.; Kallmeyer/Marsch-Barner § 68 UmwG Rn. 16; s. ferner auch Krieger ZGR 1990, 517, 523; Widmann/Mayer/Rieger § 68 UmwG Rn. 37.1. 257 Vgl. BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BT-Drs. 548/08, S. 27; Bayer/J. Schmidt NZG 2006, 841, 845. Praktisches Beispiel einer grenzüberschreitenden Verschmelzung von Schwestergesellschaften, bei der der High Court einen Verzicht auf die Gewährung von Anteilen für zulässig erachtete: Olympus UK Ltd & Ors [2014] EWHC 1350 (Ch). 258 Vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1556. 259 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 18. 260 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 18; Lösekrug S. 271. 261 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 91. 262 Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 19.4.2007, BGBl. I, 542.

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rungspflicht für den Fall, dass alle Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers hierauf in notariell beurkundeter Form verzichten, eingeführt.263

VI.  Nichtigkeit und Bestandsschutz (Art. 108 GesRRL [ G Art. 22 FusRL]) 20.106 Angesichts der erheblichen und praktisch kaum lösbaren Probleme, die mit der Rückabwicklung einer Verschmelzung („Entschmelzung“) verbunden wären, erschien dem europäischen Gesetzgeber eine Einschränkung der Fälle der Nichtigkeit einer Verschmelzung unabdingbar.264 Wegen der stark divergierenden nationalen Regelungen hielt man eine vollständige Harmonisierung insoweit jedoch für nicht möglich, zumal man auch der damals noch geplanten 5. (Struktur-)RL (→ 9.47 f.) nicht vorgreifen wollte.265 Art. 108 GesRRL (G Art. 22 FusRL) beschränkt sich daher nach dem Vorbild des Art. 11 GesRRL (G Art. 12 PubRL, → 18.89 ff.)266 darauf, die Nichtigkeit an strenge verfahrensrechtliche Kautelen zu binden (→ 20.109) und einen numerus clausus von Nichtigkeitsgründen (→ 20.108) sowie Regelungen zum Schutz des Rechtsverkehrs (→ 20.110) zu etablieren. Den Mitgliedstaaten steht es allerdings nach Sinn und Zweck der Regelung frei, die Nichtigkeit an noch strengere Voraussetzungen zu binden oder sogar völlig auszuschließen.267 20.107 Die Beschränkungen des Art. 108 GesRRL (G Art. 22 FusRL) gelten allerdings nur für i.S.v. Art. 103 GesRRL (G Art. 17 FusRL, → 20.92) wirksam gewordene Verschmelzungen (vgl. Art. 108 Abs. 1 lit. b GesRRL [G Art. 22 Abs. 1 lit. b FusRL])268; bezüglich der Nichtigerklärung noch nicht vollzogener Verschmelzungen sind die Mitgliedstaaten frei, da sich hier die Rückabwicklungsproblematik nicht in gleicher Weise stellt269. Unberührt bleiben darüber hinaus gemäß der − auf italienischen Vorschlag eingefügten270 und etwas kryptisch formulierten − Regelung des Art. 108 Abs. 3 GesRRL (G Art. 22 Abs. 3 FusRL) Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über eine

263 Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt NZG 2006, 841, 845; Drinhausen/Keinath BB 2006, 2313, 2315; Haritz/von Wolff GmbHR 2006, 340, 344 f.; Heckschen DNotZ 2007, 444, 449 ff.; Kallmeyer GmbHR 2006, 418, 419; KK-UmwG/Simon § 68 Rn. 39 ff.; Kallmeyer/ Marsch-Barner § 68 UmwG Rn. 16; Widmann/Mayer/Mayer Einf UmwG Rn. 34 ff.; Mayer/Weiler MittBayNot 2007, 368, 370 ff.; dies. DB 2007, 1235, 1238 ff.; Widmann/ Mayer/Rieger § 68 Rn. 37 ff.; Roß/Drögemüller DB 2009, 580 ff.; Weiler NZG 2008, 527 ff.; zur Zulässigkeit eines Verzichts → 20.103. 264 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 14. 265 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 14; Cordoliani JCP 1979.II.13078. 266 Vgl. Vorentwurf 1968 (Fn. 2), S. 35 f.; FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 14; Grohmann S. 319; Priester NJW 1983, 1459, 1464 Fn. 116. 267 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 27; Heenen CDE 1981, 15, 24; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 165; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 116; Koller S. 281; Loy RTD eur. 1980, 354, 364; Werlauff S. 579; abw. jedoch Schmid ZGR 1997, 493, 508. 268 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 15. 269 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 15; Heenen CDE 1981, 15, 23; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 165; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 147. 270 Vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1556 f.; Lösekrug S. 281.

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Nichtigerklärung aus „nichtgesellschaftsrechtlichen“ Gründen; gedacht war dabei speziell an kartell- und fusionskontrollrechtliche Entflechtungen271. Zulässige Nichtigkeitsgründe sind gem. Art. 108 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 S. 2 GesRRL 20.108 (G Art. 22 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 S. 2 FusRL) nur das völlige Fehlen einer Rechtmäßigkeitskontrolle nach Art. 102 GesRRL (G Art. 16 FusRL, → 20.88 ff.) oder die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses nach innerstaatlichem Recht272. Die Nichtigerklärung ist allerdings auch in diesen Fällen ausgeschlossen, wenn der Mangel behoben worden ist (Art. 108 Abs. 1 lit. c a.E. GesRRL [G Art. 22 Abs. 1 lit. c a.E. FusRL]273). Um eine solche Heilung zu ermöglichen, muss den Gesellschaften bei behebbaren Mängeln zunächst eine Frist zur Behebung eingeräumt werden, bevor die Nichtigkeit ausgesprochen werden kann (Art. 108 Abs. 1 lit. d, Abs. 2 S. 2 GesRRL [G Art. 22 Abs. 1 lit. d, Abs. 2 S. 2 FusRL])274. Zudem ist die Nichtigerklärung an strenge verfahrensrechtliche Anforderungen 20.109 gebunden. Sie darf nur durch eine gerichtliche oder verwaltungsbehördliche275 Entscheidung ausgesprochen werden; durch eine Verwaltungsbehörde zudem nur, wenn gegen deren Entscheidung ein Rechtsbehelf zu einem Gericht eingelegt werden kann (Art. 108 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 S. 1 GesRRL [G Art. 22 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 S. 1 FusRL]). Zudem kann die Nichtigkeit nur innerhalb von 6 Monaten nach Wirksamwerden der Verschmelzung geltend gemacht werden (Art. 108 Abs. 1 lit. c, Abs. 2 S. 3 GesRRL [G  Art. 22 Abs. 1 lit. c, Abs. 2 S. 3 FusRL]). Die gerichtliche bzw. verwaltungsbehördliche Entscheidung ist nach den nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) offenzulegen (Art. 108 Abs. 1 lit. e, Abs. 2 S. 2 GesRRL [G Art. 22 Abs. 1 lit. e, Abs. 2 S. 2 FusRL]). Lässt das nationale Recht einen Einspruch Dritter dagegen zu, so kann dieser nur binnen einer Frist von 6 Monaten nach dieser Offenlegung erhoben werden (Art. 108 Abs. 1 lit. f, Abs. 2 S. 2 GesRRL [G Art. 22 Abs. 1 lit. f, Abs. 2 S. 2 FusRL]). Sollte es trotz dieser strengen Anforderungen zu einer Nichtigerklärung kommen, 20.110 gewährleistet die RL zudem auch den Schutz des Rechtsverkehrs: Die Wirksamkeit von im Zeitraum zwischen Wirksamwerden der Verschmelzung und Nichtigerklärung begründeten Verpflichtungen zugunsten oder zulasten der übernehmenden Gesellschaft wird durch die Nichtigerklärung nicht berührt (Art. 108 Abs. 1 lit. g, Abs. 2 271 Vgl. Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff 3.52; Ganske DB 1981, 1551, 1556 f.; Lösekrug S. 281; s. ferner auch Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 165. 272 Dieser Nichtigkeitsgrund wurde auf Initiative der französischen Verhandlungsdelegation eingeführt, vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1557. 273 Art. 108 Abs. 2 S. 2 GesRRL (G Art. 22 Abs. 2 S. 2 FusRL) verweist für die Entscheidung durch eine Verwaltungsbehörde zwar nicht auf Art. 108 Abs. 2 lit. c a.E. GesRRL (G Art. 22 Abs. 1 lit. c a.E. FusRL); hierbei handelt es sich jedoch ersichtlich um ein Redaktionsversehen. Ist der Mangel behoben, darf daher – wie sich auch aus Art. 108 Abs. 2 S. 3 GesRRL (G Art. 22 Abs. 2 S. 3 FusRL) ergibt – auch eine Verwaltungsbehörde die Verschmelzung nicht mehr für nichtig erklären. 274 Die Regelung ist an Art. 6 Abs. 2 GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 KapRL, → 19.35) angelehnt, vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 15; Edwards S. 115. 275 Die Alternative einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung beruht auf italienischem Wunsch, vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1556 f.; Lösekrug S. 281.

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S. 2 GesRRL [G Art. 22 Abs. 1 lit. g, Abs. 2 S. 2 FusRL]). Zudem haften die an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften als Gesamtschuldner für solche Verpflichtungen (Art. 108 Abs. 1 lit. h, Abs. 2 S. 2 GesRRL [G Art. 22 Abs. 1 lit. h, Abs. 2 S. 2 FusRL]). Für Deutschland war Art. 108 GesRRL (G Art. 22 FusRL) Anlass für einen fun20.111 damentalen Konzeptionswechsel276. Nach dem bis dato geltenden Recht konnten nämlich Mängel der Verschmelzung auch noch nach deren Eintragung zu einer Rückabwicklung führen.277 Eine solche mit nahezu unlösbaren praktischen Problemen verbundene „Entschmelzung“ wurde mit dem durch das VerschmRiLiG (→ 20.8) neu eingefügten § 352a AktG a.F., der dann materiell unverändert in § 20 Abs. 2 UmwG übernommen wurde278, – jedenfalls nach herrschender279 und einzig richtlinienkonformer280 Auffassung – generell ausgeschlossen; das deutsche Recht geht also insofern weit über den Mindeststandard der RL (→ 20.106) hinaus281.

VII.  Haftungsvorschriften (Art. 106 f. GesRRL [ G Art. 20 f. FusRL]) 20.112 In Ergänzung zum präventiven „Schutz durch Information“ (→ 20.29) gewährleisten Art. 106 f. GesRRL (G Art. 20 f. FusRL) auch einen ex-post-Schutz der Aktionäre282 durch Haftungsregelungen. Die drohende Haftung soll die Organe und sachverständigen Prüfer zudem zu einer gewissenhaften Erfüllung ihrer (Informations- und

276 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 100; Priester NJW 1983, 1459, 1465; s. ferner auch BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 19 f. 277 Vgl. Godin/Wilhelmi, AktG, 3. Aufl. 1967, § 352 Anm. 5; Priester NJW 1983, 1459, 1465. 278 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 91 f. 279 BayObLG AG 2000, 130; OLG Hamburg DNotZ 2009, 227; OLG Frankfurt AG 2003, 641; OLG Frankfurt NZG 2003, 236; OLG Frankfurt AG 2012, 461, 463; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 93; Lutter/Grunewald § 20 UmwG Rn. 77 ff.; Henss­ler/Strohn/Heidinger § 20 UmwG Rn. 63; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 165; Kort AG 2010, 230, 235, 237; Semler/Stengel/Leonhard/Simon § 20 UmwG Rn. 86; Kallmeyer/ Marsch-Barner § 20 UmwG Rn. 47; KK-UmwG/Simon § 20 Rn. 52; Schmitt/Hörtnagl/ Stratz/Stratz § 20 UmwG Rn. 114 ff.; Widmann/Mayer/Vossius § 20 Rn. 375 (jeweils m.w.N.). 280 Die von einem Teil der Lehre (so etwa Kiem, Die Eintragung der angefochtenen Verschmelzung, 1991, S. 153 ff.; Kreuznacht, Wirkungen der Eintragung fehlerhafter Verschmelzungen von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach § 20 Abs. 2 UmwG, 1998, S. 100; Schmid ZGR 1997, 493, 505 ff., 515 ff.; K. Schmidt ZIP 1998, 181, 187) postulierte Möglichkeit einer ex nunc-Entschmelzung wäre unionsrechtlich nur unter den Voraussetzungen des Art. 108 GesRRL (G Art. 22 FusRL) – denen das deutsche Recht aber gerade nicht entspricht − zulässig, vgl. Bayer/Habersack/ Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 93; Habersack/Verse § 8 Rn. 27; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 165; Lösekrug S. 287. 281 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 19 f.; Priester NJW 1983, 1459, 1465; Schwarz Rn. 657. 282 Vgl. Grundmann Rn. 907; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 162; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 145.

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Prüfungs-)Pflichten anhalten und dient somit letztlich auch der Effektivierung des „Schutzes durch Information“.283 Haftungsadressat sind zum einen gem. Art. 106 GesRRL (G  Art. 20 FusRL) 20.113 die Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans der übertragenden Gesellschaft(en), die einer Haftung für die Verletzung ihrer Pflichten bei der Vorbereitung und beim Vollzug der Verschmelzung (z.B. falsche Angaben im Verschmelzungsbericht) unterworfen werden müssen. Den Mitgliedstaaten steht es jedoch frei, über diesen Mindeststandard hinaus auch ein etwaiges Aufsichtsorgan oder die Mitglieder der Organe der übernehmenden Gesellschaft einer Haftung zu unterwerfen. Gem. Art. 107 GesRRL (G Art. 21 FusRL) muss das nationale Recht zum anderen auch eine Haftung der Sachverständigen, die den Verschmelzungsprüfungsbericht erstellen, für schuldhaftes Verhalten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben vorsehen. Die RL verlangt allerdings nur eine Haftung zugunsten der Aktionäre der über- 20.114 tragenden Gesellschaft(en), da diese offenbar als besonders schutzbedürftig angesehen wurden284. Den Mitgliedstaaten steht es jedoch frei, über diesen Mindeststandard hinaus auch entsprechende Haftungsregeln zugunsten der Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft285, zugunsten der übertragenden Gesellschaft(en)286 oder der übernehmenden Gesellschaft287 selbst oder auch zugunsten der Gläubiger288 vorzusehen. Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Haftung im Einzelnen macht die RL 20.115 keine Vorgaben; die noch in Art. 16 des FusRL-Entwurfs 1970 vorgesehenen „Grundsätze“289 wurden nicht in die endgültige Fassung übernommen. Insoweit bleibt den Mitgliedstaaten also ein breiter Spielraum290, z.B. im Hinblick auf die Verjährung291 und Regelungen zur Geltendmachung etwaiger Ansprüche292 sowie insbesondere auch bezüglich der Beweislastverteilung (entgegen manchen Stellungnahmen im Schrifttum lässt sich der Regelung weder entnehmen, dass es sich zwingend um

283 Vgl. Grohmann S. 329; Habersack/Verse § 8 Rn. 19; Hommelhoff/Riesenhuber (Fn. 42), S. 259, 273; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 162; Koller S. 279 f.; Riesenhuber NZG 2004, 15, 21; Veil FS Priester, 2007, S. 799, 807; s. ferner auch schon FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 14. 284 Vgl. Grundmann Rn. 907; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 162. Kritisch dazu Grohmann S. 329. 285 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 20; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 162; Koppensteiner FS Semler, 1993, S. 485, 492; Lösekrug S. 282. 286 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 19; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 162; Koppensteiner FS Semler, 1993, S. 485, 492; Lösekrug S. 282. Zu diesem Zweck kann das nationale Recht insoweit auch eine Fiktion des Fortbestands der jeweiligen übertragenden Gesellschaft(en) anordnen, vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 19; s. ferner auch schon Vorentwurf 1968 (Fn. 2), S. 33. 287 Vgl. Grohmann S. 329; Koppensteiner FS Semler, 1993, S. 485, 492; Lösekrug S. 282; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 146. 288 Vgl. Lösekrug S. 282. 289 Vgl. dazu auch FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 15. 290 Vgl. Edwards S. 114; Habersack/Verse § 8 Rn. 20; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 162; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 116; Koller S. 280. 291 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 20; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 162. 292 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 20; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 162.

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eine Haftung für vermutetes Verschulden handeln muss293 noch, dass zwingend die Aktionäre die Beweislast tragen müssen294)295. Eine gewisse Grenze bildet allerdings der Grundsatz des effet utile, d.h. die Haftung darf nicht so ausgestaltet sein, dass sie faktisch völlig illusorisch ist.296 20.116 Im Hinblick auf die Haftung der Organmitglieder entsprach das deutsche Recht mit §§ 349–351 AktG 1965 nicht nur bereits dem Mindeststandard der RL297, sondern ging sogar in mehrfacher Hinsicht über diesen hinaus (Haftung auch des Aufsichtsrats und der Organe der übernehmenden Gesellschaft sowie auch gegenüber der übertragenden Gesellschaft(en), den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft und den Gläubigern). M.W.v. 1.1.1995 wurde die Regelung inhaltlich im Wesentlichen unverändert in §§ 25–27 UmwG übernommen.298 Gegen die Ausgestaltung der Haftung, speziell die Regelungen zur Verjährung in § 25 Abs. 3 UmwG299 und zur Geltendmachung durch einen besonderen Vertreter (§ 26 UmwG)300, bestehen keine Bedenken. Neu eingeführt werden musste dagegen die Haftung der Verschmelzungsprüfer 20.117 (die Verschmelzungsprüfung war ja aus deutscher Perspektive ohnehin ein Novum, → 20.67). Im Interesse eines Gleichlaufs mit der Haftung der Organmitglieder ging der deutsche Gesetzgeber dabei mit der Regelung der § 340b Abs. 5 i.V.m. § 168 AktG a.F., die dann m.W.v. 1.1.1995 im Wesentlichen unverändert in § 11 Abs. 2 UmwG i.V.m. § 323 HGB übernommen wurde301, ebenfalls bewusst über den Mindeststandard der RL hinaus (Haftung auch gegenüber den beteiligten Gesellschaften und den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft)302. Ungeachtet der teilweise im Schrifttum geltend gemachten Bedenken303 ist auch der Haftungshöchstbetrag gem. § 323 Abs. 2 HGB richtlinienkonform.304

293 So aber offenbar Grundmann/Möslein, European Company Law, 2007, Rn. 960. 294 So aber Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 116. 295 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 162. Die in Art. 16 Abs. 2 lit. b S. 2 FusRL-E 1970 (Fn. 1) vorgesehene Beweislastumkehr war äußerst umstritten und wurde deshalb wieder gestrichen, vgl. Cordoliani JCP 1979.II.13078; Edwards S. 114; Werlauff S. 579. 296 Vgl. auch Habersack/Verse § 8 Rn. 20; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 162; Koller S. 280; Lösekrug S. 284. 297 Vgl. Lösekrug S. 279; durch das VerschmRiLiG (→ 20.8) erfolgten lediglich redaktionelle Änderungen im Hinblick auf die neue Möglichkeit der simultanen Aufnahme mehrerer Gesellschaften, vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 19. 298 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 92 f. 299 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 20; Koller S. 301; Lösekrug S. 284. 300 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 20; Koller S. 301; Lösekrug S. 284 f. 301 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 85. 302 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 17; Lösekrug S. 280; Schwarz Rn. 656. Von einer Haftung auch gegenüber den Gläubigern wurde dagegen bewusst abgesehen. 303 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 20; Koller S. 301; s. ferner auch Grundmann Rn. 916. 304 Ausf. Lösekrug S. 282 f. Für Zulässigkeit eines Haftungshöchstbetrages auch bereits Wooldridge (1980) 1 Co Law 75, 78.

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VIII.  Schutz der (Minderheits-)Aktionäre, Arbeitnehmer und Gläubiger Neben den Interessen der Aktionäre − speziell der Minderheitsaktionäre − berührt 20.118 eine Verschmelzung auch die Interessen der Arbeitnehmer und Gläubiger. Vor dem Hintergrund der insoweit äußerst unterschiedlichen Regelungsansätze und -konzeptionen in den nationalen Rechtsordnungen werden diese Fragen durch die RL allerdings nur partiell harmonisiert. 1.  Schutz der (Minderheits-)Aktionäre Den Schutz der Aktionäre gewährleistet die RL primär mit dem Erfordernis eines 20.119 qualifizierten Hauptversammlungsbeschlusses (Art. 93 GesRRL [G  Art. 7 FusRL], → 20.68, 20.81 ff.), durch das ihnen – wie auch sonst bei allen grundlegenden Entscheidungen305 − ein (formales) Mitentscheidungsrecht eingeräumt wird.306 Zu dessen materialer Absicherung werden den Aktionären aber vor allem auch umfangreiche Informationsrechte eingeräumt (sog. Informationsmodell, → 20.29): Die umfassenden Informationen durch Verschmelzungsplan (Art. 91 GesRRL [G  Art. 5 FusRL], → 20.30 ff.), Verschmelzungsbericht (Art. 95 GesRRL [G Art. 9 FusRL], → 20.47 ff.) und Verschmelzungsprüfungsbericht (Art. 96 GesRRL [G Art. 10 FusRL], → 20.56 ff.), die den Aktionären mittels der Offenlegung gem. Art. 92 GesRRL (G Art. 6 FusRL, → 20.43 ff.) und der Vorabinformation gem. Art. 97 GesRRL (G  Art. 11 FusRL, → 20.69 ff.) spätestens einen Monat vor der Hauptversammlung zur Verfügung stehen, sollen sicherstellen, dass die Aktionäre von ihrem Mitentscheidungsrecht auch effektiv und in Kenntnis aller relevanten Informationen Gebrauch machen können. Ergänzt und abgesichert wird dieser „Schutz durch Information“ durch die Mindestvorgaben bezüglich der Haftung der Organe und Verschmelzungsprüfer in Art. 106 f. GesRRL (G Art. 20 f. FusRL, → 20.112 ff.).307 Weitergehende spezielle Rechte zum Schutz der (Minderheits-)Aktionäre − ins- 20.120 besondere etwa ein Recht zum Austritt gegen Abfindung (Sell-out) wie es noch der Vorentwurf für ein Abkommen über die internationale Fusion von 1967 (→ 22.1) enthalten hatte308 − sieht die RL nicht vor; speziell im Hinblick auf ein Austrittsrecht sah 305 Vgl. Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. a, 68 Abs. 1 u. 2, 72 Abs. 4 u. 5, 73 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 lit. a, 29 Abs. 1 u. 2, 33 Abs. 4 u. 5, 34 KapRL, → 19.127, 19.173, 19.216, 19.227 ff.); Art. 139 Abs. 1 GesRRL (G Art. 5 Abs. 1 SpRL, → 21.59); Art. 126 Abs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 CBMD, → 22.91); Art. 9, 12 Abs. 2 u. 5 TBD (→ 28.85, 28.103, 28.112); Art. 8 Abs. 6, 23 Abs. 1, 32 Abs. 6, 37 Abs. 7, 59, 66 Abs. 6 SE-VO (→ 45.41, 45.54, 45.67, 45.166, 45.172, 45.180); Art. 4 Abs. 8 u. 9, 7 Abs. 6, 27 Abs. 1, 35 Abs. 6, Art. 61 Abs. 4, 76 Abs. 6 SCE-VO (→ 46.25, 46.30, 46.39, 46.104, 46.107, 46.109); Art. 14 Abs. 1, 31 Abs. 1 EWIV-VO (→ 44.24, 44.46). 306 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 16, 18; Riesenhuber NZG 2004, 15, 19; s. ferner auch Grohmann S. 328. 307 Vgl. Grohmann S. 329; Habersack/Verse § 8 Rn. 19 f.; Hommelhoff/Riesenhuber (Fn. 42), S. 259, 273; Riesenhuber NZG 2004, 15, 21. 308 Dazu näher Sonnenberger AG 1969, 381, 384.

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man bei rein nationalen Verschmelzungen mangels Statutenwechsels kein zwingendes Bedürfnis für eine entsprechende europäische Vorgabe309. Anders als später erlassene Regelungen − speziell Art. 139 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 5 Abs. 2 SpRL, → 21.85), Art. 24 Abs. 2 SE-VO (→ 45.47), Art. 28 Abs. 2 SCE-VO (→ 46.28), Art. 121 Abs. 2 S. 2 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD, → 22.141 ff.) − ermächtigt die RL aber auch die Mitgliedstaaten nicht ausdrücklich zum Erlass entsprechender Regelungen. Daraus lässt sich allerdings nicht im Umkehrschluss folgern, dass den Mitgliedstaaten der Erlass derartiger Regelungen untersagt wäre. Die RL überlässt es vielmehr durch ihr Schweigen – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der insoweit stark divergierenden nationalen Schutzkonzepte – bewusst dem jeweiligen Mitgliedstaat, ob und welche weitergehenden Schutzinstrumente er zugunsten der (Minderheits-)Aktionäre in seinem nationalen Recht vorsieht.310 Dies zeigt insbesondere auch Art. 114 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 28 UAbs. 1 FusRL, → 20.152), der sogar gerade voraussetzt, dass die Mitgliedstaaten zur Regelung eines Austrittsrechts gegen Abfindung befugt sind,311 was im Übrigen auch durch eine Protokollerklärung der italienischen Delegation312 ausdrücklich klargestellt wird. Zudem ergibt sich auch aus Art. 61 Abs. 1 lit. d GesRRL (G  Art. 22 Abs. 1 lit. d KapRL, → 19.140), dass der europäische Gesetzgeber solche nationalen Regelungen für zulässig erachtet.313 20.121 Der deutsche Gesetzgeber hat von dem durch die RL eröffneten Freiraum umfassend Gebrauch gemacht. Er nahm die Umsetzung der FusRL zum Anlass, den in der Literatur massiv erhobenen Forderungen nach einer Verbesserung des Minderheitenschutzes314 endlich nachzukommen und führte in § 352c AktG a.F. einen im Spruchstellenverfahren geltend zu machenden Anspruch der Aktionäre des übertragenden Rechtsträgers auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses ein315, der dann in den heutigen § 15 UmwG übernommen wurde (dabei wurde allerdings das kontraproduktive Widerspruchserfordernis der alten Regelung gestrichen)316. Parallel dazu gewährt das deutsche Recht über die Vorgaben der RL hinaus traditionell auch einen Anspruch auf Barabfindung, der sich heute317 in § 29 UmwG findet.318

309 Vgl. Sonnenberger AG 1971, 76, 80. 310 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 102; Grundmann Rn. 901; J. Schmidt (Fn. 11), S. 20; s. ferner auch Adolff ZHR 173 (2009) 67, 76 f.; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 154; Koller S. 240; Nowotny (Fn. 150), S. 395, 423 f.; Widmann/Mayer/ Wälzholz § 29 UmwG Rn. 10. 311 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 102; Grundmann Rn. 901 Fn. 54; Widmann/Mayer/Wälzholz § 29 UmwG Rn. 10. 312 Vgl. Grundmann Rn. 901 Fn. 54; Heenen CDE 1981, 15, 20. 313 Vgl. Semler/Stengel/Kalss § 29 UmwG Rn. 3. 314 Vgl. etwa die Kritik von Günther AG 1968, 104 ff.; Wiedemann ZGR 1978, 488 ff. 315 Vgl. dazu Priester NJW 1983, 1459, 1463; Timm JZ 1982, 403, 410. 316 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 87 f.; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 102; Widmann/Mayer/Heckschen § 15 UmwG Rn. 41. 317 Vorläufer war § 33 Abs. 3 KapErhG i.V.m. § 369 Abs. 4, 375 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 AktG; vgl. auch BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 94. 318 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 102.

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2.  Schutz der Arbeitnehmer (Art. 98 GesRRL [ G Art. 12 FusRL]) Die Problematik des Schutzes der Arbeitnehmer war i.R.d. Verhandlungen über die 20.122 FusRL äußerst umstritten.319 Anfangs war noch ein gesonderter Bericht der Verwaltungsorgane für die Arbeitnehmer der jeweiligen Gesellschaft vorgesehen, in dem speziell die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer und die für diese zu treffenden Maßnahmen erläutert werden sollten.320 Diese Regelung gehörte jedoch zu den umstrittensten überhaupt und wurde im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens mehrfach geändert321. Letztlich entschloss man sich dann, auf spezielle Vorschriften in der FusRL selbst zu verzichten und stattdessen im jetzigen Art. 98 GesRRL (G Art. 12 FusRL) auf die BÜRL (→ 42) zu verweisen.322 Neben bestimmten Informations- und Konsultationspflichten (→ 42.38 ff.) ist darin insbesondere vorgesehen, dass die Rechte und Pflichten aus einem z.Z. eines „Betriebsübergangs“ durch Verschmelzung (→ 42.25) bestehenden Arbeitsvertrags auf den „Erwerber“ übergehen (→ 42.29 ff.) und dass der Übergang als solcher keinen Kündigungsgrund darstellt (→ 42.35 ff.). Den Mitgliedstaaten steht es jedoch frei, über diesen unionsrechtlich vorgegebenen Mindestschutz hinausgehende Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmer zu treffen, insbesondere auch in Form verschmelzungsspezifischer Informations- und sonstiger Schutzrechte. Das deutsche Recht hat die Vorgaben der BÜRL in § 613a BGB umgesetzt 20.123 (→ 42.7), dessen zuvor umstrittene Anwendbarkeit auch im Falle der Verschmelzung durch § 324 UmwG ausdrücklich klargestellt wurde323 (→ 42.7). Zudem wurden durch § 5 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 3 UmwG324 über die Mindestvorgaben der RL hinausgehende verschmelzungsspezifische Informationsregeln zugunsten der Arbeitnehmer eingeführt (→ 20.42). 3.  Schutz der Gläubiger (Art. 99–101 GesRRL [ G Art. 13–15 FusRL]) Im Hinblick auf den Schutz der Gläubiger hat sich der europäische Gesetzgeber an- 20.124 gesichts der stark divergierenden nationalen Schutzkonzepte325 und anders als noch 319 Vgl. Edwards S. 93; Lösekrug S. 211, 264 f.; Lutter EuR 1975, 44, 61; Schwarz Rn. 658. 320 Vgl. Art. 6 FusRL-E 1970 (Fn. 1). Dazu Haesen AWD 1972, 122 f.; Lutter EuR 1975, 44, 61 f.; Meyer-Ladewig BB 1970, 1517, 1519; Sonnenberger AG 1971, 76, 79; Temple Lang (1972) Irish Jurist 306, 317; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 135. 321 Vgl. nur die verschiedenen Fassungen des Art. 6 im RL-E 1973 (Fn. 3), der EP-Entschließung von 1975 (Fn. 4) und RL-E 1975 (Fn. 5). 322 Vgl. Cordoliani JCP 1979.II.13078; Edwards S. 93; Ganske DB 1981, 1551, 1554; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 109; Lösekrug S. 264 f.; Loy RTD eur. 1980, 354, 367 f.; Schwarz Rn. 658. 323 Vgl. Bericht Rechtsausschuss z. UmwG, BT-Drs. 12/7850, S. 145; BegrRegE z. SeemGÄndG, BT-Drs. 14/7760, S. 20; Lutter/Joost § 324 UmwG Rn. 1 ff. m.w.N. 324 Dazu näher BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 82 f.; Lutter/Drygala § 5 UmwG Rn. 84 ff., 143 ff. m.z.w.N. 325 Das Spektrum reichte insoweit von einem Einspruchsrecht mit Sperrwirkung bis hin zu einem bloßen Anspruch auf Befriedigung oder Sicherheitsleistung, vgl. Vorentwurf 1968 (Fn. 2), S. 22; FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 13; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Edwards S. 109;

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im Vorentwurf von 1968 (der noch zwingend einen Anspruch auf Sicherheitsleistung vorgesehen hatte326) speziell auf Drängen der britischen und irischen Delegationen327 darauf beschränkt, nur einige elementare Grundsätze zu regeln. Eine völlige Harmonisierung sei nicht erforderlich, zumal man insbesondere auch nicht in nationale Verfahrensvorschriften eingreifen wollte.328 a)  Forderungsgläubiger (Art. 99 GesRRL [ G Art. 13 FusRL]) 20.125 Art. 99 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 13 Abs. 1 FusRL) verpflichtet die Mitgliedstaaten zunächst einmal ganz grundsätzlich zur Etablierung eines angemessenen Schutzsystems für die Interessen der Gläubiger der sich verschmelzenden Gesellschaften. Geschützt werden müssen329 allerdings nur die Gläubiger, deren Forderungen vor der Bekanntmachung des Verschmelzungsplans entstanden und zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig330 sind. Gläubiger, deren Forderungen später entstanden sind, sind nicht schutzbedürftig, da sie bei Begründung der Forderung entweder Kenntnis von der Verschmelzung hatten oder diese aufgrund der Bekanntmachung zumindest hätten haben müssen.331 Ist der Anspruch bereits fällig, kann also unmittelbar geltend gemacht werden, erscheint ein zusätzlicher Schutz ebenfalls nicht erforderlich. Anders als noch in den FusRL-Entwürfen332 hat sich der Schutz nicht nur auf die 20.126 Gläubiger der übertragenden, sondern auch auf die Gläubiger der übernehmenden Gesellschaft zu erstrecken. Art. 99 Abs. 3 GesRRL (G Art. 13 Abs. 3 FusRL) gestattet den Mitgliedstaaten allerdings, für beide Gruppen unterschiedliche Schutzstandards vorzusehen. Hintergrund ist, dass die Gläubiger der übernehmenden Gesellschaft angesichts der Fortexistenz der übernehmenden Gesellschaft als weniger schutzbedürftig angesehen wurden.333 Meyer-Ladewig BB 1970, 1517, 1519 f.; Schwarz Rn. 659; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 137 f. 326 Vgl. Art. 10 Vorentwurf 1968 (Fn. 2). 327 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 19; Ganske DB 1981, 1551, 1555; Lösekrug S. 265. 328 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 13. 329 Den Mitgliedstaaten steht es aber freilich frei, auch andere Gläubiger zu schützen, vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 13. 330 Die deutsche Fassung spricht zwar von „erloschen“, hierbei handelt es sich jedoch um einen offensichtlichen Übersetzungsfehler (vgl. französisch „échues“, englisch „fallen due“ sowie die zutreffende Übersetzung in der Parallelnorm des Art. 146 Abs. 1 GesRRL [G Art. 12 Abs. 1 SpRL], → 21.91), vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1555; Grundmann Rn. 902; Lösekrug S. 265; Riesenhuber NZG 2004, 15, 22. 331 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 13. 332 Vgl. Art. 11 FusRL-E 1970 (Fn. 1) und RL-E 1973 (Fn. 3). Die Ausdehnung auch auf die Gläubiger der übernehmenden Gesellschaft erfolgte auf Vorschlag Belgiens, vgl. Ganske DB 1981, 1555. S. zur kontroversen Diskussion diesbezüglich auch Edwards S. 110; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 112; Loy RTD eur. 1980, 354, 368; Van Ommeslaghe FS Sanders, 1972, S. 123, 136. 333 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 13; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Edwards S. 110; Werlauff S. 576; Wooldridge (1980) 1 Co Law 75, 78.

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Die Festlegung der genauen Modalitäten des „angemessenen Schutzsystems“ ob- 20.127 liegt – wie der durch die RL 2009/109/EG (→ 20.4) eingefügte Art. 99 Abs. 2 UAbs. 2 S. 1 GesRRL (G  Art. 13 Abs. 2 UAbs. 2 S. 1 FusRL) nun ausdrücklich klarstellt − grundsätzlich den Mitgliedstaaten. Art. 99 Abs. 2 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 13 Abs. 2 UAbs. 1 FusRL) gibt lediglich einen Mindestschutzstandard334 vor: Die Gläubiger müssen zumindest einen Anspruch auf „angemessene Garantien“ haben, wenn die finanzielle Lage der sich verschmelzenden Gesellschaften einen solchen Schutz erforderlich macht335 und die Gläubiger nicht schon derartige Garantien haben. Die geforderten „angemessenen Garantien“ können sowohl in einem ex post als auch in einem ex ante wirkenden Anspruch auf Sicherheitsleistung bestehen.336 Nach dem Ratsprotokoll ist dem Erfordernis aber auch dann Genüge getan, wenn das Gericht nach nationalem Recht einer Verschmelzung, welche die Interessen der Gläubiger beeinträchtigen würde, nicht zustimmen darf; zudem sollen die Worte „angemessene Garantien“ auch Sondervermögen in Konkurs-, Vergleichs- oder ähnlichen Verfahren erfassen.337 Mit dem durch die RL 2009/109/EG (→ 20.4) ebenfalls eingefügten Art. 99 Abs. 2 UAbs. 2 S. 2 GesRRL (G Art. 13 Abs. 2 UAbs. 2 S. 2 FusRL) wurde das Verfahrensrecht allerdings – nach dem Vorbild von Art. 36 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 KapRL (G Art. 75 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 GesRRL, → 19.235) − partiell harmonisiert:338 Die Gläubiger haben nun auch bei einer Verschmelzung das Recht, bei der zuständigen Verwaltungsbehörde oder dem zuständigen Gericht angemessene Sicherheiten zu beantragen, wenn sie glaubhaft machen können, dass die Befriedigung ihrer Forderungen durch die Verschmelzung gefährdet ist und sie von der Gesellschaft keine angemessenen Sicherheiten erhalten haben; die Glaubhaftmachungslast liegt also auch hier bei ihnen339. Um den Vorgaben des Art. 99 GesRRL (G  Art. 13 FusRL) gerecht zu werden, 20.128 musste in Deutschland der bis dato in § 347 Abs. 1 AktG a.F. nur den Gläubigern der übertragenden Gesellschaft gewährte Anspruch auf Sicherheitsleistung grundsätzlich auch auf die Gläubiger der übernehmenden Gesellschaft ausgedehnt werden; da letztere auch dem deutschen Gesetzgeber damals noch weniger schutzwürdig erschienen, gewährte er ihnen den Anspruch auf Sicherheitsleistung unter Ausnutzung der 334 Vgl. BGH NJW 1996, 1539; Barbaso [1984] JBL 176, 181; Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 101 Fn. 339; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Habersack/Verse § 8 Rn. 25; Heenen CDE 1981, 15, 24; Kalss ZGR 2009, 74, 83; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 163; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 110, 112; Loy RTD eur. 1980, 354, 368; Raaijmakers/Olthoff (2008) 5 ECL 305, 306; Riesenhuber NZG 2004, 15, 22; KK-UmwG/ Simon § 22 Rn. 5. 335 Dies soll nach dem Ratsprotokoll (Dok. R/2337/78, S. 2) nicht der Fall sein, wenn die finanzielle Lage der übernehmden Gesellschaft angemessenen, im nationalen Recht festgelegten Merkmalen der Zahlungsfähigkeit genügt. Vgl. auch Ganske DB 1981, 1551, 1555; Kalss ZGR 2009, 74, 83; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 163. 336 Vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1555; Kalss ZGR 2009, 74, 83; Tilquin (Fn. 223), n° 41. 337 Dok. R/2337/78, S. 2; vgl. auch Ganske DB 1981, 1551, 1555; Kalss ZGR 2009, 74, 83; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 110. 338 Vgl. dazu KOM(2008) 576, S. 5 f.; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 962; Sandhaus NZG 2009, 41, 45; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 114. 339 Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 962; vgl. auch Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 114; s. ferner auch Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 163.

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Befugnis aus Art. 99 GesRRL (G Art. 13 Abs. 3 FusRL) aber nur bei Nachweis der Gefährdung der Erfüllung ihrer Forderung durch die Verschmelzung.340 In der Folgezeit setzte sich allerdings die Erkenntnis durch, dass das Gefährdungspotential für die Gläubiger des übernehmenden Rechtsträgers regelmäßig nicht geringer ist, zumal es häufig auch eher von Zufälligkeiten abhängt, welche Gesellschaft übernehmender Rechtsträger ist.341 Mit § 22 UmwG wurden beide Gläubigergruppen daher völlig gleichstellt und die Berechtigung einheitlich nur noch an die Glaubhaftmachung der Gefährdung geknüpft.342 Anders als in der RL fehlt in § 22 UmwG zwar eine ausdrückliche Begrenzung hinsichtlich des Entstehungszeitpunkts der Forderung; nach ganz h.M.343 genügt es jedenfalls, wenn der Anspruch bei Eintragung der Verschmelzung bereits begründet war, d.h. das deutsche Recht geht insoweit in zulässiger Weise über den Mindeststandard der RL (→ 20.125) hinaus.344 Die 6-monatige Ausschlussfrist stellt eine zulässige Konkretisierung der Vorgabe „angemessener Garantien“ dar.345 § 22 Abs. 2 UmwG ist mit Blick auf das Ratsprotokoll ebenfalls richtlinienkonform.346 Da der Anspruch auf Sicherheitsleistung klagbar ist und § 22 Abs. 1 S. 2 UmwG zudem ausdrücklich vorsieht, dass die Gläubiger die Gefährdung der Erfüllung ihrer Forderung glaubhaft machen müssen, waren auch im Hinblick auf die RL 2009/109/ EG (→ 20.4) keine Anpassungen erforderlich347 (vgl. zur Parallelproblematik bei Art. 75 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 GesRRL [Art. 36 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 KapRL] → 19.238). b)  Anleihegläubiger (Art. 100 GesRRL [ G Art. 14 FusRL]) 20.129 Für Anleihegläubiger enthält Art. 100 GesRRL (G Art. 14 FusRL) eine Sonderregelung, die denjenigen nationalen Rechtsordnungen (gedacht war speziell an das französische Recht348) Rechnung trägt, welche die Verschmelzung von der Zustimmung einer 340 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 19; Lösekrug S. 266; Priester NJW 1983, 1459, 1464. 341 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 92; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 101; Lösekrug S. 266 f. 342 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 92; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 101; Lösekrug S. 266 f. 343 Vgl. Lutter/Grunewald § 22 UmwG Rn. 7; KK-UmwG/Simon § 22 Rn. 26; ein Teil des Schrifttums erachtet sogar eine Begründung bis zur Bekanntmachung gem. § 19 Abs. 3 UmwG für ausreichend, so Semler/Stengel/Seulen § 22 UmwG Rn. 10 ff.; Kallmeyer/ Marsch-Barner § 22 UmwG Rn. 3; differenzierend Widmann/Mayer/Vossius § 22 UmwG Rn. 19. 344 Ausf. Lösekrug S. 273 ff. 345 Ausf. Lösekrug S. 275 f.; ferner auch Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 101 Fn. 339; Habersack/Verse § 8 Rn. 25; Koller S. 329. 346 Vgl. Lösekrug S. 267. Vgl. zur Parallelproblematik in Österreich auch Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 114. 347 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 962; ferner (allerdings zurückhaltend) auch Sandhaus NZG 2009, 41, 45. Ebenso i.E. auch BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 8; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 238. S. ferner zur Parallelproblematik in Österreich: Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 114. 348 Vgl. Art. L236-13 C. com.; bis 21.9.2000: Art. 380 Loi n°66-537 (Fn. 66).

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Versammlung der Anleihegläubiger abhängig machen; solche nationalen Regelungen bleiben – wie die einleitende Passage ausdrücklich klarstellt – unberührt.349 Im Übrigen ist aber auch auf Anleihegläubiger Art. 99 GesRRL (G Art. 13 FusRL) anzuwenden, es sei denn, eine Versammlung der Anleihegläubiger – sofern die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine solche Versammlung vorsehen – oder jeder einzelne Anleihegläubiger hat der Verschmelzung zugestimmt. Wer „Anleihegläubiger“ i.S.d. Norm ist, bestimmt ausweislich des Ratsprotokolls das jeweilige nationale Recht.350 Das deutsche Recht, das bei Verschmelzungen kein Zustimmungserfordernis für 20.130 eine Versammlung der Anleihegläubiger kennt, hielt auch i.R.d. Umsetzung der RL an der traditionellen Gleichbehandlung der Anleihegläubiger mit den „normalen“ Gläubigern fest; auch für sie gilt § 22 UmwG351 (bis 31.12.1994: § 347 AktG a.F.). c)  Inhaber von Sonderrechten (Art. 101 GesRRL [ G Art. 15 FusRL]) Art. 101 GesRRL (G  Art. 15 FusRL) normiert einen besonderen Verwässerungs- 20.131 schutz352 für die Inhaber von mit Sonderrechten verbundenen Wertpapieren einer übertragenden Gesellschaft. Sie erschienen besonders schutzbedürftig, da sie einerseits von der Verschmelzung besonders betroffen sind, andererseits aber keinen Einfluss auf die Entscheidung über die Verschmelzung nehmen können.353 aa)  Tatbestandsseite (Anwendungsbereich) Mit der relativ unbestimmten Formulierung „Inhaber anderer Wertpapiere als Ak- 20.132 tien, die mit Sonderrechten verbunden sind“ sollte offenbar der insoweit erheblichen Variationsbreite in den nationalen Rechtsordnungen Rechnung getragen werden. Nach dem Ratsprotokoll354 sind darunter „insbesondere die Inhaber von handel- und übertragbaren Rechten ... zu verstehen, bei denen es sich nicht um Rechte der Gläubiger handelt, auf die bereits in Artikel 13 Bezug genommen wird“. Anhaltspunkte für die Auslegung liefern ferner Art. 13 und 14 FusRL-E 1970355, die als erfasste Wertpapiere noch ausdrücklich „Schuldverschreibungen, bei denen ein Umtausch- oder 349 Vgl. FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 13; Loy RTD eur. 1980, 354, 369; Sonnenberger AG 1971, 76, 81. 350 Dok. R/2337/78, S. 3; vgl. auch Ganske DB 1981, 1551, 1555. 351 Vgl. Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 405; Lösekrug S. 267. 352 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 19; Arnold/Zollner RIW 2016, 565, 567 ff.; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 101; Ganske DB 1981, 1551, 1555; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 152; Riesenhuber NZG 2004, 15, 22; Widmann/Mayer/Vossius § 23 UmwG Rn. 1. Den Charakter des Art. 101 GesRRL (G Art. 15 FusRL) als Schutznorm für die Wertpapierinhaber ausdrücklich betonend auch EuGH v. 7.4.2016, KA Finanz, C-483/14, ECLI:EU:C:2016:205, Rn. 69; dazu noch → 20.135. 353 Vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1555; Priester NJW 1983, 1459, 1464. 354 Vgl. Dok. R/2337/78, S. 3; BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 19; Ganske DB 1981, 1551, 1555. 355 Fn.  1.

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Bezugsrecht auf Aktien, ein Vorzugsrecht auf Zeichnung des Gesellschaftskapitals oder ein Anspruch auf Gewinnbeteiligung eingeräumt wird“ und „sonstige Zeichnungsrechte“ sowie „Anteilsscheine[n], die keinen Bruchteil des Grundkapitals darstellen“ und „Genußaktien oder Genußscheine[n]‘“ genannt hatten.356 Der EuGH hat in seinem Urteil v. 7.4.2016 in der Rs. KA Finanz357 aus diesen Materialien abgeleitet, dass zu den von Art. 101 GesRRL (G  Art. 15 FusRL) erfassten Wertpapieren „u.a. Schuldverschreibungen, bei denen ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien, ein Vorzugsrecht auf Zeichnung des Gesellschaftskapitals oder ein Anspruch auf Gewinnbeteiligung eingeräumt wird“ zählen.358 Hieraus hat der Gerichtshof gefolgert, dass maßgebliches Charakteristikum der von Art. 101 GesRRL (G Art. 15 FusRL) erfassten Wertpapiere ist, dass deren Inhaber mehr Rechte haben als die Ansprüche auf bloße Tilgung der Verbindlichkeiten und Zahlung der vereinbarten Zinsen.359 Zu betonen ist jedoch, dass die vom Gerichtshof speziell genannten Wertpapiertypen lediglich den Charakter von Beispielen haben („u.a.“360); erfasst sind mithin auch andere Wertpapiere, die den vom EuGH aufgestellten Kriterien entsprechen.361 Nicht erfasst sind hingegen nach zutreffender362 (wenngleich bestrittener363) Auffassung stimmrechtslose Vorzugsaktien. Nicht erfasst sind ferner Vorkaufsrechte sowie Vorzugs- und Zustimmungsrechte, die keine Vermögensrechte repräsentieren.364 bb)  Rechtsfolgenseite 20.133 Inhaber solcher Sonderrechte müssen in der übernehmenden Gesellschaft mindestens gleichwertige Rechte erhalten. Der Begriff der Gleichwertigkeit ist dabei nicht formalrechtlich, sondern wirtschaftlich zu verstehen.365 Nicht erforderlich ist z.B., dass den Inhabern von Wandelschuldverschreibungen in der übernehmenden Gesellschaft eine quotenmäßig identische Beteiligung eingeräumt wird.366 Gem. Art. 91 Abs. 2 lit. f GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 lit. f FusRL) müssen die zu gewährenden Rechte bzw. die 356 Vgl. auch Edwards S. 110 f. 357 EuGH v. 7.4.2016, KA Finanz, C-483/14, ECLI:EU:C:2016:205. Literatur → Fn. 232. 358 EuGH v. 7.4.2016, KA Finanz, C-483/14, ECLI:EU:C:2016:205, Rn. 65. 359 EuGH v. 7.4.2016, KA Finanz, C-483/14, ECLI:EU:C:2016:205, Rn. 66. 360 Vgl. auch französisch: „entre autres titres“, englisch: „in addition to other securities“. 361 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2016, 841, 848; Klampfl GesRZ 2016, 231, 232 f. 362 Vgl. Arnold/Zollner RIW 2016, 565, 566; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 24 SE-VO Rn. 18; Bayer/J. Schmidt ZIP 2016, 841, 848 f.; Hüffer FS Lutter, 2000, S. 1227, 1231 ff.; Semler/Stengel/Kalss § 23 UmwG Rn. 11; Habersack/Drinhausen/MarschBarner Art. 24 SE-VO Rn. 13; KK-AktG/Maul Art. 24 SE-VO Rn. 3, 13; KK-UmwG/ Simon § 23 UmwG Rn. 8 ff. 363 Vgl. Lutter/Grunewald § 23 UmwG Rn. 10; MüKoAktG/Schäfer Art. 24 SE-VO Rn. 8; Widmann/Mayer/Vossius § 23 UmwG Rn. 11. 364 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2016, 841, 849; Lutter/Grunewald § 23 UmwG Rn. 2 m.w.N. 365 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 19; Ganske DB 1981, 1551, 1555; Kalss/Kalss § 226 AktG Rn. 35; s. ferner auch Arnold/Zollner RIW 2016, 565, 567; Bayer/J. Schmidt ZIP 2016, 841, 849. 366 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 19; Ganske DB 1981, 1551, 1555.

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vorgeschlagenen Maßnahmen im Verschmelzungsplan angegeben werden (→ 20.38), damit die Betroffenen hierüber rechtzeitig informiert sind. Art. 101 Hs. 2 GesRRL (G  Art. 15 Hs. 2 FusRL) lässt in zwei Fällen Ausnah- 20.134 men von der Gewährung gleichwertiger Rechte zu: Zum einen ist sie – gemäß dem Grundsatz „volenti non fit iniuria“ und parallel zu Art. 101 Hs. 2 GesRRL (G Art. 14 Hs. 2 FusRL, → 20.129) − entbehrlich im Falle einer Zustimmung zur Rechtsänderung durch eine Versammlung der Rechteinhaber (sofern eine solche Versammlung im nationalen Recht vorgesehen ist)367 oder durch jeden einzelnen Rechteinhaber. Zum anderen bedarf es ihrer nicht, wenn die Rechteinhaber einen Anspruch auf Rückkauf ihrer Wertpapiere durch die übernehmende Gesellschaft − und so zumindest die Möglichkeit zum „exit“ − haben. Im Übrigen hat der EuGH in der Rs. KA Finanz aus Wortlaut und Telos des 20.135 Art. 101 GesRRL (G Art. 15 FusRL) überzeugend abgeleitet, dass diese Schutznorm zugunsten der Wertpapierinhaber auch allein diese berechtigt – und nicht die Emittentin.368 Daraus hat er geschlussfolgert, dass eine nationale Regelung (im konkreten Fall die österreichische Vorschrift des § 226 Abs. 3 AktG)369, welche die Emittentin berechtigt, ihr Rechtsverhältnis zum Zeichner einseitig zu beenden und ihn in vollem Umfang abzufinden, keine korrekte Umsetzung von Art. 15 FusRL ist.370 Für das österreichische Recht bedeutet dies, dass § 226 Abs. 3 AktG künftig (wie schon bislang von einer Mindermeinung vertreten371) richtlinienkonform dahin auszulegen ist, dass die Gewährung gleichwertiger Rechte Vorrang hat und nur dann, wenn dies nicht möglich ist, eine Änderung oder notfalls auch Abgeltung der Rechte in Betracht kommt (Subsidiarität der Abfindung)372; dem hat sich inzwischen auch der OGH373 (ausdrücklich für die auf Art. 147 GesRRL [G  Art. 13 SpRL, → 21.104] beruhende Parallelregelung des § 15 Abs. 5 SpaltG, implizit aber auch für § 226 Abs. 3 AktG) angeschlossen.

367 Auch hier war wieder speziell an das französische Recht gedacht, → 20.129. 368 EuGH v. 7.4.2016, KA Finanz, C-483/14, ECLI:EU:C:2016:205, Rn. 69 f. 369 § 226 Abs. 3 AktG wurde von der bislang h.M. in Österreich dahin ausgelegt, dass die Emittentin der Wertpapiere (bzw. die aufnehmende Gesellschaft als Rechtsnachfolgerin) berechtigt ist, nach freiem Ermessen von der Gewährung gleichwertiger Rechte abzusehen und stattdessen ihr Rechtsverhältnis zum Zeichner dieser Wertpapiere einseitig durch Kündigung zu beenden und ihn in vollem Umfang abzufinden (so etwa Kalss ZVglRWiss 110 (2011) 229, 248 f. m.z.w.N.; differenzierend jüngst Zollner/Hartlieb ecolex 2015, 122, 125 ff.; a.A. MüKoAktG/Winner § 221 Rn. 508). Vgl. zum Ganzen auch Bayer/J. Schmidt ZIP 2016, 841, 848 f. 370 EuGH v. 7.4.2016, KA Finanz, C-483/14, ECLI:EU:C:2016:205, Rn. 70. Dazu Bayer/ J. Schmidt ZIP 2016, 841, 848 f.; abw. Verständnis jedoch bei Klampfl GesRZ 2016, 231, 233 f. 371 Vgl. MüKoAktG/Winner § 221 Rn. 508. 372 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2016, 841, 848; ebenso i.E. Potyka RdW 2016/296; Stiegler EuZW 2016, 342, 343; s. ferner auch Hübner IPRax 2016, 553, 557; Wimmer WBl. 2017, 9, 13; abw. jedoch Klampfl GesRZ 2016, 231, 233 f. 373  OGH v. 21.6.2016 − 1 Ob 93/16g, ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00093. 16G.0621.000, 4.6.

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cc)  Umsetzung in Deutschland 20.136 Für das deutsche Recht war der durch Art. 101 GesRRL (G Art. 15 FusRL) vorgegebene Verwässerungsschutz zwar neu374, vom Grundgedanken her aber nicht völlig fremd375. Zur Umsetzung wurde ein neuer § 347a AktG a.F. eingefügt376, wobei sich der Gesetzgeber mit Blick auf die unbestimmte Formulierung in der RL (→ 20.132) entschloss, die im deutschen Recht erfassten Sonderrechte (Wandel- und Gewinnverschreibungen, Genussrechte) – wenn auch nur beispielhaft − ausdrücklich zu nennen.377 Die Regelung wurde dann in § 23 UmwG übernommen.378 Von der Umsetzung der Ausnahmeoptionen des Hs. 2 (→ 20.134) hat der Gesetzgeber bewusst abgesehen.379

IX.  Verschmelzung durch Neugründung (Art. 109 GesRRL [ G Art. 23 FusRL]) 20.137 Wie bereits oben (→ 20.22) dargelegt, gilt das Grundmodell der RL (→ 20.29) grundsätzlich auch für die Verschmelzung durch Neugründung. Der auf dem Vorbild des § 353 AktG a.F. beruhende380 Art. 109 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 23 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 FusRL) erklärt die Art. 91–93 und Art. 95–108 GesRRL (G Art. 5–7 und 9–22 FusRL) ausdrücklich auch für die Verschmelzung durch Neugründung anwendbar, wobei gem. S. 2 unter „sich verschmelzenden Gesellschaften“ oder „übertragender Gesellschaft“ die untergehenden Gesellschaften und unter „übernehmender Gesellschaft“ die neue Gesellschaft zu verstehen ist. Nicht verwiesen wird naturgemäß auf Art. 94 GesRRL (G  Art. 8 FusRL, → 20.86), da es bei der Verschmelzung durch Neugründung keine übernehmende Gesellschaft gibt, deren Zustimmung entbehrlich sein könnte.381 20.138 Im Hinblick auf die Problematik der Nichtigkeit bzw. Vernichtbarkeit der im Wege der Verschmelzung neu gegründeten Gesellschaft stellt Art. 109 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 23 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 FusRL) ausdrücklich klar, dass die diesbezüglichen allgemeinen Regeln in Art. 11 GesRRL (G Art. 12 f. PubRL, → 18.89 ff.) unberührt bleiben. Anders als noch im FusRL-E 1970 vorgesehen382 gilt aber auch bei der Verschmelzung durch Neugründung der besondere verschmelzungsspezifische 374 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 101; Ganske DB 1981, 1551, 1555; Lösekrug S. 267; Priester NJW 1983, 1459, 1464. 375 Vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1555. 376  Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 19; Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 101; Lösekrug S. 267; Priester NJW 1983, 1459, 1464; Schwarz Rn. 660. 377 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 19; Lösekrug S. 267; für eine Aufzählung bereits Ganske DB 1981, 1551, 1555. 378 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 92 f. 379 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 19; Priester NJW 1983, 1459, 1464. 380 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 22. 381 Vgl. Lösekrug S. 290. 382 Vgl. Art. 19 FusRL-E 1970 (Fn. 1) (Begründung dazu auf S. 15).

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Bestandsschutz gem. Art. 108 GesRRL (G Art. 22 FusRL), da man die allgemeinen Regeln insofern letztlich offenbar doch nicht für ausreichend erachtete.383 Art. 109 Abs. 1 UAbs. 2 und Abs. 2 GesRRL (G Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2 und Abs. 2 20.139 FusRL) ergänzen die allgemeine Verweisung auf die Regeln über die Verschmelzung durch Aufnahme um zwei wichtige Sonderregeln: Art 109 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL (G  Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2 FusRL) stellt ausdrücklich klar, dass auch auf die neue Gesellschaft Art. 91 Abs. 2 lit. a GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 lit. a FusRL, → 20.34) anzuwenden ist; denn im Falle der Verschmelzung durch Neugründung ist natürlich nicht nur die Information über Rechtsform, Firma und Sitz der übertragenden Gesellschaften, sondern gerade auch der neuen Gesellschaft essentiell.384 Art. 109 Abs. 2 GesRRL (G Art. 23 Abs. 2 FusRL) erstreckt den Gegenstand der Verschmelzungsbeschlüsse (→ 20.83) zusätzlich auch auf die Satzung der neuen Gesellschaft (bzw. deren Entwurf), da diese schließlich deren „Verfassung“ bildet. Da die übertragenden Gesellschaften im Falle der Verschmelzung durch Neu- 20.140 gründung als „Sacheinlagen“ in die neue Gesellschaft eingebracht werden, sind grund­­sätzlich die Regeln über Sacheinlagen (→ 19.55 ff.) anzuwenden, insbesondere auch das Erfordernis einer Wertprüfung durch Sachverständige (Art. 49 GesRRL [G Art. 10 KapRL], → 19.62 ff.).385 Damit kommt es jedoch letztlich zu einer doppelten Prüfung und Berichterstattung: nach Art. 49 GesRRL (G Art. 10 KapRL) einerseits und Art. 108 i.V.m. Art. 96 GesRRL (G Art. 23 i.V.m. 10 FusRL) anderseits. Schon die ursprüngliche Fassung der FusRL gestattete den Mitgliedstaaten daher im Interesse einer Aufwands- und Kostenreduktion durch Art. 23 Abs. 4 FusRL a.F., auf Prüfung und Bericht nach Art. 10 KapRL zu verzichten. Durch die RL 2009/109/EG (→ 20.4) wurde diese Dispensoption in Art. 10 Abs. 5 KapRL (G Art. 49 Abs. 5 GesRRL) überführt, der nun als zentrale Regelung (auch im Hinblick auf die Parallelproblematik bei der Spaltung und der grenzüberschreitenden Verschmelzung) fungiert (→ 19.68, 21.110, 22.86; zur Parallelregelung in Art. 70 Abs. 3 GesRRL [G Art. 31 Abs. 3 KapRL] → 19.194, 20.66, 21.54, 22.86).386 Die Vorschrift eröffnet den Mitgliedstaaten zudem nun ausdrücklich387 auch die – vorher nur für Spaltungen speziell geregelte (→ 21.110) − Alternative, am Erfordernis einer Wertprüfung nach Art. 49 GesRRL (G Art. 10 KapRL) zwar prinzipiell festzuhalten, aber durch Zulassung einer Identität der jeweiligen Prüfer zumindest eine gewisse Erleichterung zu ermöglichen.388 Da die „Verweisungslösung“ des Art. 109 GesRRL (G  Art. 23 FusRL) auf dem 20.141 deutschen Vorbild des § 353 AktG a.F.389 beruht (→ 20.137), mussten durch das Ver383 Vgl. Lösekrug S. 289; Meyer-Ladewig BB 1970, 1517, 1520. 384 Vgl. auch Lösekrug S. 290. 385 Vgl. Lösekrug S. 290. 386 Vgl. KOM(2008) 576, S. 9; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 956; Sandhaus NZG 2009, 41, 46; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 115. 387 Einer Personenidentität dürfte allerdings auch bislang nichts entgegengestanden haben, vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956, 962. 388 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956; Sandhaus NZG 2009, 41, 46; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 115. 389 Die Verweisungslösung fand sich allerdings bereits in § 247 AktG 1937.

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§ 20 GesRRL III: Die frühere Fusions-RL (FusRL)

schmRiLiG (→ 20.8) nur einige Verweisungen angepasst werden.390 Seit 1.1.1995 finden sich die maßgeblichen Vorschriften in §§ 36–38, 73 ff. UmwG, mit den Generalverweisungsnormen in §§ 36 Abs. 1 S. 1, 73 UmwG.391 Art. 109 Abs. 2 GesRRL (G Art. 23 Abs. 2 FusRL) wurde zunächst durch §§ 353 Abs. 1, 340 Abs. 2 Nr. 1 AktG a.F.392, seit 1.1.1995 durch §§ 36 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 UmwG umgesetzt393; die Vorgaben des Art. 109 Abs. 2 GesRRL (G Art. 23 Abs. 2 FusRL) waren durch § 353 Abs. 3 Akt a.F. bereits gewährleistet394, seit 1.1.1995 regelt dies § 37 UmwG395. Aufgrund der Option des Art. 23 Abs. 4 FusRL a.F. (dann Art. 10 Abs. 5 UAbs. 1 KapRL, jetzt Art. 49 Abs. 5 GesRRL) konnte der Gesetzgeber auch an der Entbehrlichkeit der Gründungsprüfung (§ 353 Abs. 4 S. 1 AktG a.F., seit 1.1.1995: § 75 Abs. 2 UmwG) festhalten396; durch das 3. UmwÄndG (→ 20.9) wurde nun auch die Zulässigkeit einer Identität der Prüfer ausdrücklich klargestellt (vgl. § 75 Abs. 1 S. 2 UmwG n.F.)397, 398.

X.  Konzernverschmelzungen (Art. 110–115 GesRRL [ G Art. 24–31 FusRL]) 20.142 Art. 110–115 GesRRL (G Art. 24–31 FusRL) enthalten Sonderregelungen zur Erleichterung von Konzernverschmelzungen, allerdings nur für die Fälle des sog. upstreammerger einer 100%igen Tochtergesellschaft (Art. 110–112 GesRRL [G  Art. 24–26 FusRL]) oder einer mindestens 90%igen Tochtergesellschaft (Art. 113–115 GesRRL [G Art. 27–29 FusRL]) auf die Mutter. Ratio ist, dass viele verfahrensrechtliche Anforderungen primär dem Schutz außenstehender Aktionäre dienen und daher im Falle der Aufnahme einer 100%igen Tochter keine und im Falle einer mindestens 90%igen Tochter zumindest nur verminderte Bedeutung haben (→ 20.145, 20.150). Daneben wollte man damit aber wohl insbesondere auch den Bedürfnissen der Praxis Rechnung tragen, für die konzerninterne Verschmelzungen – die in der Praxis nach wie vor den Regelfall darstellen399 − enorme Bedeutung haben.400 390 Näher BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 22; Lösekrug S. 290 f. 391 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 96 f., 105; Lösekrug S. 291 f. 392 BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 22; Lösekrug S. 291 f. 393 Vgl. Lösekrug S. 291 f. 394 BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 22; Lösekrug S. 290. 395 Vgl. Lösekrug S. 292. 396 Vgl. Lösekrug S. 293 f. 397 Vgl. BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 14; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956 f.; Heckschen NZG 2010, 1041, 1046; Wagner DStR 2010, 1629, 1631. 398 Problematisch ist jedoch, dass § 75 Abs. 2 UmwG den Dispens – anders als die RL − seinem Wortlaut nach selbst dann vorsieht, wenn im konkreten Fall gar keine Verschmelzungsprüfung erfolgt bzw. kein Verschmelzungsprüfungsbericht erstellt wird; insoweit ist eine richtlinienkonforme Auslegung (Reduktion) geboten, vgl. auch bereits Bayer/ J. Schmidt ZIP 2010, 953, 957; zustimmend Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 158; zum Problem ferner auch Leitzen DNotZ 2011, 526, 541. 399 Vgl. nur Bayer/J. Schmidt/Hoffmann Konzern 2012, 225, 228; KK-UmwG/Simon § 2 Rn. 4; Semler/Stengel/Stengel § 2 UmwG Rn. 20; und s. schon Lutter/Timm NJW 1982, 409, 413; Priester NJW 1983, 1459, 1465. 400 Vgl. auch Lösekrug S. 295; Priester NJW 1983, 1459, 1465; Schwarz Rn. 662, 667.

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1.  Verschmelzung einer 100%igen Tochter (Art. 110–112 GesRRL [ G Art. 24–26 FusRL]) Art. 110 S. 1 GesRRL (G Art. 24 S. 1 FusRL) verpflichtet die Mitgliedstaaten zunächst 20.143 in Ergänzung des allgemeinen Regelungsauftrags des Art. 88 GesRRL (G  Art. 2 FusRL, → 20.16) ausdrücklich, auch den upstream-merger einer 100%igen401 Tochtergesellschaft (oder mehrerer 100%iger Tochtergesellschaften) auf die Mutter zu regeln. Hintergrund ist, dass es in diesem Fall naturgemäß nicht zur – für die Verschmelzung i.S.d. RL jedoch an sich charakteristischen (→ 20.21, 20.96) − Gewährung von Aktien kommt (vgl. auch Art. 105 Abs. 2 lit. a GesRRL [G Art. 19 Abs. 2 lit. a FusRL], → 20.102, 20.144), weshalb einige Verhandlungsdelegationen eine entsprechende ausdrückliche Regelung für erforderlich hielten.402 Gem. Art. 110 S. 2 GesRRL (G Art. 24 S. 2 FusRL) sind auch auf einen solchen 20.144 upstream-merger einer 100%igen Tochter auf die Mutter grundsätzlich die allgemeinen Regeln des Kapitels III, d.h. der Art. 91–108 GesRRL (G Art. 5–22 FusRL), anzuwenden. Gem. Art. 110 S. 3 GesRRL (G  Art. 24 S. 3 FusRL) ausgenommen sind jedoch – da ja gerade kein Aktientausch stattfindet (→ 20.102) − Art. 105 Abs. 1 lit. b GesRRL (G Art. 19 Abs. 1 lit. b FusRL403, → 20.101) sowie die entsprechenden Angaben im Verschmelzungsplan (Art. 91 Abs. 2 lit. b–d GesRRL [G Art. 5 Abs. 2 lit. b–d FusRL], → 20.33).404 Darüber hinaus besteht bei Konzernverschmelzungen i.S.d. Art. 110 S. 1 GesRRL 20.145 (G Art. 24 S. 1 FusRL) aber auch kein Bedürfnis für spezielle Schutzinstrumente zugunsten außenstehender Aktionäre, da solche bei der übertragenden Gesellschaft ja definitionsgemäß gerade nicht existieren.405 Gem. Art. 110 S. 3 GesRRL (G Art. 24 S. 3 FusRL) ist daher auch kein Verschmelzungsbericht (Art. 95 GesRRL [G Art. 9 FusRL], → 20.47 ff.) und keine Verschmelzungsprüfung (Art. 96 GesRRL [G Art. 10 FusRL], → 20.56 ff.) erforderlich; zudem entfällt konsequenterweise auch die entsprechende Vorabinformation (Art. 97 Abs. 1 UAbs. 1 lit. d und e GesRRL [G Art. 11 Abs. 1 UAbs. 1 lit. d und e FusRL], → 20.71 ff.) und diesbezügliche Haftung der Organe und Sachverständigen (Art. 106 f. GesRRL [G Art. 20 f. FusRL], → 20.112 ff.).

401 Erforderlich sind nicht nur 100 % der Aktien, sondern auch aller sonstigen Anteile, die ein Stimmrecht gewähren; damit wurde Besonderheiten des belgischen und luxemburgischen Rechts Rechnung getragen, vgl. Vorentwurf 1968 (Fn. 2), S. 41. 402 Vgl. Vorentwurf 1968 (Fn. 2), S. 40 f.; FusRL-E 1970 (Fn. 1), S. 10, 15; Cordoliani JCP 1979.II.13078; Ganske DB 1981, 1551, 1557; Meyer-Ladewig BB 1970, 1517, 1520; van Ommeslaghe ZHR 132 (1969) 201, 209. 403 Insoweit handelt es sich allerdings letztlich nur um eine – an sich überflüssige − Klarstellung, da sich dessen Nichtanwendbarkeit bereits aus Art. 105 Abs. 2 lit. a GesRRL (G Art. 19 Abs. 2 lit. a FusRL) ergibt, → 20.102; vgl. auch Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 167. 404 Vgl. Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.9; Edwards S. 103; Grundmann Rn. 887; Schwarz Rn. 664. 405 Vgl. schon Vorentwurf 1968 (Fn. 2), S. 40; Habersack/Verse § 8 Rn. 10; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 118; Lösekrug S. 295; Loy RTD eur. 1980, 354, 364.

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20.146

Gem. Art. 111 GesRRL (G Art. 25 FusRL) sind ferner ggf. auch die Hauptversammlungsbeschlüsse (Art. 93 GesRRL [G  Art. 7 FusRL], → 20.68, 20.81ff.) entbehrlich. Bedingung hierfür ist aber, dass (a) die Offenlegung gem. Art. 92 GesRRL (G  Art. 6 FusRL, → 20.43 ff.) für alle beteiligten Gesellschaften mindestens einen Monat vor der Wirksamkeit der Verschmelzung bewirkt wird, (b) die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft mindestens einen Monat vor dem Wirksamwerden der Verschmelzung die Möglichkeit zur Vorabinformation entsprechend Art. 97 GesRRL (G Art. 11 FusRL, → 20.69 ff.) haben, und (c) einer Aktionärsminderheit (Quorum max. 5 %) entsprechend Art. 94 UAbs. 1 lit. c GesRRL (G Art. 8 UAbs. 1 lit. c FusRL, → 20.86) das Recht auf Herbeiführung einer Beschlussfassung eingeräumt wird. Ursprünglich waren diese Dispensregelungen noch lediglich Optionen für die 20.147 Mitgliedstaaten (vgl. Art. 24 S. 2406, 25 FusRL a.F.)407, von denen allerdings sehr wenige (vollständig oder auch nur teilweise) Gebrauch machten.408 Aufgrund des hieraus für die betroffenen Unternehmen resultierenden enormen Aufwands und der erheblichen Kosten409 wurden die Regelungen daher durch die RL 2009/109/EG (→ 20.4) − übrigens trotz des ausdrücklichen Protests der deutschen und österreichischen Delegationen410 − zwingend ausgestaltet.411 Der auf britischen und irischen Wunsch zurückgehende412 Art. 112 GesRRL 20.148 (G Art. 26 FusRL) gestattet413 den Mitgliedstaaten, die Erleichterungen der Art. 110 S. 3, 111 GesRRL (G Art. 24 S. 3, 25 FusRL) auch auf Fälle auszudehnen, in denen die 406 Art. 24 S. 2 FusRL a.F. war insofern etwas unglücklich formuliert, denn optional konnten natürlich nur die Ausnahmen von Art. 9, 10, 11 Abs. 1 lit. d und e, 20 und 21 FusRL sein; Art. 5 Abs. 2 lit. b-d FusRL und Art. 19 Abs. 1 lit. b FusRL laufen dagegen in den Fällen des Art. 24 S. 1 FusRL ohnehin leer (→ 20.144). 407 Vgl. KOM(2008) 576, S. 8; SEC(2008) 2486, S. 33, 67 ff.; Freytag BB 2010, 1611, 1612 f.; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 118; Lösekrug S. 295 ff.; teilweise unzutreffend insofern Habersack/Verse § 8 Rn. 10, die von einem zwingenden Charakter des Art. 24 S. 2 FusRL a.F. ausgehen. 408 Vgl. KOM(2008) 576, S. 5; SEC(2008) 2486, S. 20 (mit Übersicht über die einzelnen Mitgliedstaaten auf S. 67 f.). 409 Nach Schätzungen der Kommission führt die zwingende Ausgestaltung aller bisherigen Optionen (→ 20.153) in den Art. 24 f., 27 f. FusRL EU-weit zu Kosteneinsparungen von ca. 147,21 Mio. €/Jahr, vgl. SEC(2008) 1486, S. 34. 410 Vgl. Dok. 12396/09 ADD 1, S. 8 f.; Neye FS Hopt, 2010, S. 1079, 1086 ff.; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 239. Begründet wurde dies mit der Unvereinbarkeit des Entfallens des Hauptversammlungsbeschlusses der übertragenden Gesellschaft mit der Kompetenzverteilung des deutschen und österreichischen Aktienrechts. 411 Vgl. dazu KOM(2008) 576, S. 5; BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 10; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 958; Freytag BB 2010, 1611, 1613; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 239; Sandhaus NZG 2009, 41, 45; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 115; s. ferner auch Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 167. 412 Vgl. Ganske DB 1981, 1551, 1557. Hintergrund ist, dass Aktien dort sehr häufig durch sog. nominee shareholders (Treuhänder) gehalten werden, vgl. nur Edwards (1998) 19 Co Law 211, 214. 413 I.R.d. Gesetzgebungsverfahrens zur RL 2009/109/EG hatte die Kommission anfänglich vorgeschlagen, auch Art. 26 FusRL zwingend auszugestalten (vgl. KOM(2008) 576, S. 14); das EP wollte aber am optionalen Charakter festhalten und strich die Änderung wieder, nachdem insbesondere auch von deutscher Seite Bedenken geltend gemacht wor-

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Aktien und sonstigen stimmberechtigten Anteile der übertragenden Gesellschaft nicht allein von der übernehmenden Gesellschaft, sondern entweder vollständig oder zumindest teilweise auch durch Personen gehalten werden, die diese Aktien oder Anteile im eigenen Namen, aber für Rechnung der übernehmenden Gesellschaft halten – also auf Fälle einer nur „wirtschaftlichen“ 100%-Beteiligung414. Im deutschen Recht bestanden vor der FusRL sogar zwei verschiedene Wege für 20.149 den upstream-merger einer 100%igen Tochter auf die Mutter: die reguläre Verschmelzung gem. §§ 339 ff. AktG a.F. und die sog. verschmelzende Umwandlung gem. §§ 1, 15 UmwG 1956415.416 Letztere wurde wegen ihrer geringen Anforderungen (erforder­lich war nur ein Beschluss bei der Tochter und die Eintragung in deren Handelsregister) in der Praxis eindeutig bevorzugt417, entsprach aber bei Weitem nicht den Anforderungen der FusRL und wurde deshalb im Zuge des VerschmRiLiG (→ 20.8) – auch um künftig eine Doppelregelung zu vermeiden − ersatzlos gestrichen418. Die Ausnahme vom Anteilstausch wurde in § 346 Abs. 4 S. 3 Hs. 2 AktG a.F.419, die Entbehrlichkeit der Angaben im Verschmelzungsvertrag im neu eingefügten § 352b Abs. 2 AktG a.F. geregelt420. Im Übrigen machte der Gesetzgeber von den – damals noch optionalen (→ 20.147) − Erleichterungen der Art. 24 S. 2, 25 FusRL a.F. allerdings nur partiell Gebrauch: § 352b AktG a.F. machte nur die Verschmelzungsprüfung (nicht aber den Verschmelzungsbericht)421 und den Hauptversammlungsbeschluss der übernehmenden (nicht aber auch der übertragenden) Gesellschaft422 entbehrlich. Im UmwG wurde die Ausnahme vom Anteilstausch in § 20 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 UmwG, die Entbehrlichkeit der Angaben in § 5 Abs. 2 UmwG geregelt. Zudem wurde nicht mehr nur die Verschmelzungsprüfung423, sondern auch der Verschmelzungsbericht424 für entbehrlich erklärt (§§ 8 Abs. 3 S. 1 Alt. 2, 9 Abs. 3 UmwG). § 62 UmwG machte zwar nach wie vor nur den Hauptversammlungsbeschluss der übernehmenden Gesellschaft den waren (vgl. EP-PE_TC1-COD(2008)0182); vgl. auch Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 961 Fn. 137; Neye FS Hopt, 2010, S. 1079, 1088 f.; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 238. 414 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 961 f. 415 Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften v. 12.11.1956, BGBl. I, 844. Neubekanntmachung v. 6.11.1969: BGBl I, 2081. 416 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 24. 417 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 24 f.; Priester NJW 1983, 1459, 1465 f.; Schwarz Rn. 667. 418 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 24 ff.; Bayer/Habersack/Bayer/ J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 93; Lösekrug S. 219; Priester NJW 1983, 1459, 1466; Schwarz Rn. 644, 667. 419 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 18. 420 Vgl. BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 20; Priester NJW 1983, 1459, 1465. 421 Vgl. dazu BegrRegE z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1065, S. 20; Lösekrug S. 296; Priester NJW 1983, 1459, 1465; gegen einen Verzicht auf den Verschmelzungsbericht bereits Ganske DB 1981, 1551, 1557. 422 Auch dies gelangte (auf Anregung des Bundesrates, vgl. BR-Drs. 344/81(B), S. 8) erst durch den Rechtsausschuss ins Gesetz, vgl. Bericht Rechtsausschuss z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1785, S. 24; Priester NJW 1983, 1459, 1465. 423 Vgl. dazu BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 84. 424 Allerdings erst durch den Rechtssauschuss, vgl. dazu Bericht Rechtsausschuss z. UmwG, BT-Drs. 12/7850, S. 142.

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entbehrlich425, brachte aber immerhin endlich eine richtlinienkonforme Umsetzung der in Art. 111 GesRRL (G Art. 25 FusRL) normierten Bedingungen426. Der durch die RL 2009/109/EG (→ 20.4) erfolgten zwingenden Ausgestaltung des Art. 111 GesRRL (G Art. 25 FusRL) wurde mit dem 3. UmwÄndG (→ 20.9) durch Einfügung eines neuen § 62 Abs. 4 UmwG Rechnung getragen.427 Von der Option des Art. 112 GesRRL (G Art. 26 FusRL) wird dagegen – offenbar aus Gründen der Rechtssicherheit428 − auch weiterhin kein Gebrauch gemacht.429 2.  Verschmelzung einer mindestens 90%igen Tochter (Art. 113–115 GesRRL [ G Art. 27–29 FusRL]) 20.150 Da die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Aktionäre und Gläubiger auch bei upstreammergers einer zwar nicht 100%igen, aber mindestens 90%igen Tochtergesellschaft (oder mehrerer mindestens 90%iger Tochtergesellschaften) auf die Mutter geringer sind als bei der Verschmelzung unabhängiger Rechtsträger430, sehen die Art. 113 f. GesRRL (G Art. 27 f. FusRL) auch hierfür Erleichterungen vor, die allerdings nicht ganz so weitgehend sind wie diejenigen für den upstream-merger einer 100%igen Tochter. Art. 115 GesRRL (G  Art. 29 FusRL) gestattet den Mitgliedstaaten in Parallele zu Art. 112 GesRRL (G  Art. 26 FusRL,→  20.148) diese Erleichterungen auch auf Fälle einer nur „wirtschaftlichen“ mindestens 90%igen Beteiligung auszudehnen. Nach Art. 113 GesRRL (G Art. 27 FusRL) ist ggf. kein Hauptversammlungsbe20.151 schluss der übernehmenden Gesellschaft erforderlich. Die Voraussetzungen für den 425 Der RegE hatte dies sogar noch weiter einschränken wollen, der Rechtsausschuss kehrte dann auf Druck der Praxis hin aber doch wieder zur Lösung des § 352b UmwG zurück, vgl. Bericht Rechtsausschuss z. UmwG, BT-Drs. 12/7850, S. 142 f.; Semler/Stengel/Diekmann § 62 UmwG Rn. 3; Lutter/Grunewald § 62 UmwG Rn. 1. 426 Vgl. dazu BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 103; Habersack FS Horn, 2006, S. 337, 340; Lösekrug S. 306 f.; zur Problematik der mangelhaften Umsetzung durch § 352b AktG a.F. ausf. Lehmann DB 1984, 333, 334 ff.; Schmahl NJW 1991, 2610 ff. 427 Vgl. dazu BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 10 f.; Bericht Rechtsausschuss z. 3. UmwÄndG, BT-Drs. 17/5930, S. 11; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 958 f.; Breschendorf/Wallner GWR 2011, 511 f.; Diekmann NZG 2010, 489 f.; Florstedt NZG 2015, 1212 ff.; Freytag BB 2010, 1611, 1612 ff.; ders. BB 2010, 2839, 2840; Freytag/MüllerEtienne BB 2011, 1731, 1732; Heckschen NZG 2010, 1041, 1043 f.; ders. NJW 2011, 2390, 2391; Ising NZG 2010, 1403, 1405 f.; ders. NZG 2011, 1368 ff.; Leitzen DNotZ 2011, 526, 533 ff.; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 239 f.; Simon/Merkelbach DB 2011, 1317, 1319 f.; Wagner DStR 2010, 1629, 1630. 428 Nach h.M. erfassen §§ 8 Abs. 3 S. 1 Alt. 2, 9 Abs. 3, 62 UmwG aus Gründen der Rechtssicherheit nur Fälle des unmittelbaren Beteiligungsbesitzes (vgl. Semler/Stengel/Gehling § 8 UmwG Rn. 74; Habersack FS Horn, 2006, S. 337, 348 f.; Semler/Stengel/Zeidler § 9 UmwG Rn. 49; Semler/Stengel/Diekmann § 62 UmwG Rn. 11; Lutter/Grunewald § 62 UmwG Rn. 4, jeweils m.w.N.); schon von daher wäre es paradox, eine bloß „wirtschaftliche“ Inhaberstellung genügen zu lassen. Ausdrücklich gegen die Erfassung einer solchen i.E. auch Widmann/Mayer/Rieger § 62 UmwG Rn. 11; KK-UmwG/Simon § 62 Rn. 11 f. 429 Dazu auch (zustimmend) Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 962. 430 Vgl. ErwG 10 der RL 2009/109/EG (→ 20.4).

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Dispens entsprechen denjenigen der Parallelregelung des Art. 111 GesRRL (G Art. 25 FusRL, → 20.146), beziehen sich aber – da das Erfordernis des Hauptversammlungsbeschlusses bei der/den übertragenden Gesellschaft(en) hier anders als bei Art. 111 GesRRL (G Art. 25 FusRL) unberührt bleibt − ausschließlich auf die übernehmende Gesellschaft und deren Aktionäre431. Nach Art. 114 GesRRL (G Art. 28 FusRL), der auf dem Vorbild der §§ 12, 13, 15 20.152 UmwG 1956432 beruht433, sind ferner ggf. auch der Verschmelzungsbericht (Art. 95 GesRRL [G  Art. 9 FusRL], → 20.47 ff.), die Verschmelzungsprüfung (Art. 96 GesRRL [G  Art. 10 FusRL], → 20.56 ff.) und die Vorabinformation gem. Art. 97 GesRRL (G  Art. 11 FusRL)434 (→ 20.71 ff.) entbehrlich. Obgleich hier (anders als in Art. 111 S. 3 GesRRL [G  Art. 24 S. 3 FusRL], → 20.144) nicht ausdrücklich genannt, entfällt dann natürlich konsequenterweise auch die Haftung der Sachverständigen (Art. 107 GesRRL [G  Art. 21 FusRL], → 20.112 ff.) sowie der Organe gem. Art. 106 GesRRL (G Art. 20 FusRL) (jedenfalls soweit sich diese an falsche Angaben im Verschmelzungsbericht anknüpft, → 20.113). Bedingung für das Entfallen dieser Anforderungen ist jedoch, dass das nationale Recht ein Sell-out-Recht zugunsten der Minderheitsaktionäre vorsieht, d.h. dass die Minderaktionäre der übertragenden Gesellschaft ihre Aktien zu einem deren Wert entsprechenden Entgelt von der übernehmenden Gesellschaft aufkaufen lassen können (lit. a und b) und dass das Entgelt für den Fall, dass hierüber keine Einigung erzielt wird, durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde festgesetzt werden kann (lit. c). Insofern kommt es also zu einem Wechsel des Schutzkonzepts: An die Stelle des a-priori-Schutzes durch Information tritt ein ex-post-Schutz durch ein Recht zum exit.435 Ebenso wie Art. 24 S. 2, 25 FusRL a.F. (→ 20.147) waren auch Art. 27, 28 FusRL 20.153 (G Art. 113, 114 GesRRL) ursprünglich lediglich Mitgliedstaatenoptionen.436 Im Interesse einer Reduzierung von Aufwand und Kosten für die Unternehmen wurden jedoch auch sie durch die RL 2009/109/EG (→ 20.4) – auch insoweit unter ausdrücklichem Protest der österreichischen und deutschen Delegation437 – zwingend ausge­-

431 Vgl. Lösekrug S. 299. 432 Fn.  415. 433 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 960; Ganske DB 1981, 1551, 1557. 434 Im Gegensatz zu Art. 110 S. 3 GesRRL (G  Art. 24 S. 3 FusRL) referenziert Art. 114 GesRRL (G  Art. 28 FusRL) ausdrücklich den gesamten Art. 97 GesRRL (G  Art. 11 FusRL) (und nicht nur die Angaben nach Art. 97 Abs. 1 UAbs. 1 lit. d und e GesRRL [G Art. 11 Abs. 1 UAbs. 1 lit. d und e FusRL]), vgl. auch Kiefner/Brügel AG 2011, 525, 530. Der Umstand, dass dies i.R.d. der 2009 erfolgten Reform (→ 20.151) auch nicht geändert wurde, spricht dafür, dass es sich insoweit auch nicht um ein Redaktionsversehen, sondern um eine bewusste Entscheidung handelt. Endgültige Klarheit hierüber könnte freilich nur eine Entscheidung des EuGH schaffen. 435 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 959; Kalss JBl. 1995, 420, 427. 436 Vgl. KOM(2008) 576, S. 8; SEC(2008) 2486, S. 33, 67 ff.; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 958; Freytag BB 2010, 1611, 1616; Habersack/Verse § 8 Rn. 11; Keutgen Rev. prat. soc. 1979, 98, 118 f.; Kiefner/Brügel AG 2011, 525, 526; Lösekrug S. 299 ff. 437 Vgl. Dok. 12396/09 ADD 1, S. 8 f.; Neye FS Hopt, 2010, S. 1079, 1088 ff. Begründet wurde dies damit, dass das in Art. 28 FusRL vorgesehene Sell-out-Recht dem deutschen Aktien-

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§ 20 GesRRL III: Die frühere Fusions-RL (FusRL)

staltet.438 Allerdings wurde zugleich in Art. 28 FusRL (G Art. 114 GesRRL) ein neuer UAbs. 2 eingefügt439, der die Mitgliedstaaten von der Anwendung des UAbs. 1 entbindet, wenn die übernehmende Gesellschaft nach nationalem Recht dazu berechtigt ist, ohne ein vorheriges Übernahmeangebot von allen verbleibenden Minderheitsaktionären der übertragenden Gesellschaft(en) zu verlangen, ihr diese Anteile vor der Verschmelzung zu einem angemessenen Preis zu verkaufen, d.h. wenn das nationale Recht der übernehmenden Gesellschaft die Möglichkeit zu einem „pre-merger Squeeze-out“ gibt440. Deutschland hat Art. 27 FusRL (G Art. 113 GesRRL) zunächst durch § 352b Abs. 1 20.154 AktG a.F.441, seit 1.1.1995 durch § 62 UmwG442 umgesetzt. Art. 28 FusRL wurde dagegen zunächst nicht umgesetzt; Grund hierfür war wohl nicht zuletzt auch, dass das deutsche Recht nach der im Zuge des VerschmRiLiG (→ 20.8) erfolgten Abschaffung der verschmelzenden Umwandlung (→ 20.149) ein Austrittsrecht gegen Barabfindung nur noch bei sog. Mischverschmelzungen vorsah, so dass die Voraussetzungen des Art. 28 FusRL für den Dispens schon gar nicht gegeben gewesen wären. Mit Blick auf die durch die Hochstufung des Art. 28 FusRL (nun Art. 114 GesRRL) zur verbindlichen Vorgabe (→ 20.153) notwendig gewordene Anpassung des deutschen Rechts hat sich der Gesetzgeber mit dem 3. UmwÄndG (→ 20.9) zu Recht443 für die Option eines verschmelzungsspezifischen Squeeze-out entschieden, der in einem neuen § 62 Abs. 5 UmwG geregelt und verfahrensmäßig weitgehend an §§ 327a ff. AktG angelehnt ist444. recht bislang unbekannt und die Minderheitsaktionäre anderweitig ausreichend abgesichert seien. 438 Vgl. dazu KOM(2008) 576, S. 5; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 958; Kiefner/Brügel AG 2011, 525, 526; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 240; Sandhaus NZG 2009, 41, 45; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 115; Wagner DStR 2010, 1629, 1633; vgl. aber auch Freytag BB 2010, 1611, 1615 ff. 439 Die Regelung war im ursprünglichen Kommissionsentwurf (KOM(2008) 576) noch nicht vorgesehen, sondern wurde erst durch das EP ergänzt (vgl. EP-PE_TC1-COD(2008)0182, S. 17); vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 959. 440 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 959; s. ferner auch Austmann NZG 2011, 684, 686; Kiefner/Brügel AG 2011, 525, 526. 441 Auch dies gelangte (auf Anregung des Bundesrates) erst durch den Rechtsausschuss ins Gesetz, vgl. Bericht Rechtsausschuss z. VerschmRiLiG, BT-Drs. 9/1785, S. 24. 442 S. dazu Fn. 425. 443 Dazu ausf. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 959 f.; ebenso i.E. auch BDI, Stellungnahme v. 30.4.2010 (abrufbar über www.bdi.eu), S. 4; BDI, Stellungnahme v. 3.11.2010 (abrufbar über www.bdi.eu), S. 5; Freytag BB 2010, 1611, 1617; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2010, 614, 615; Wagner DStR 2010, 1629, 1633. 444 Vgl. dazu BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 11 ff.; Bericht Rechtsausschuss z. 3. UmwÄndG, BT-Drs. 17/5930, S. 11 f.; OLG Hamburg NZG 2012, 944; Arens WM 2014, 682 ff.; Austmann NZG 2011, 684 ff.; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 960 f.; Breschendorf/ Wallner GWR 2011, 511, 512 f.; Bungert/Wettich DB 2010, 2545 ff.; dies. DB 2011, 1500 ff.; Diekmann NZG 2010, 489, 490; Freytag BB 2010, 1611, 1615; ders. BB 2010, 2839, 2841 f.; Freytag/Müller-Etienne BB 2011, 1731 ff.; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2010, 614, 615; Heckschen NZG 2010, 1041, 1044 f.; ders. NJW 2011, 2390, 2391 ff.; Hofmeister NZG 2012, 688 ff.; Kiefner/Brügel AG 2011, 525 ff.; Klie/Wind/Rödter DStR 2011, 1668 ff.; Leitzen DNotZ 2011, 526, 537 ff.; Mayer NZG 2012, 561 ff.; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 240; Neye/Kraft NZG 2011, 681, 682 f.; Packi ZGR 2011, 776 ff.; Rubner CFL 2011, 274 ff.; Schockenhoff/Lumpp ZIP 2013, 749 ff.; Schröder/Wirsch ZGR 2012, 660 ff.; Simon/Merkelbach

§ 20 GesRRL III: Die frühere Fusions-RL (FusRL)

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Von der Option des Art. 115 GesRRL (G Art. 29 FusRL) wird dagegen – ebenso wie bei der Parallelregelung in Art. 112 GesRRL (G Art. 26 FusRL, → 20.148 f.) – auch weiterhin kein Gebrauch gemacht.445

XI.  Fundstellenverzeichnis Grundlage

Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV

Vorschläge

Les fusions internes. Document de travail n° 6. Avant-projet de directive, 10.4.1968, Dok. 11409/2/XIV/C/68 – F



Vorschlag für eine Dritte RL des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter bei Fusionen von Aktiengesellschaften vorgeschrieben sind, 16.6.1970, ABlEG v. 14.7.1970, C 89/20 = BT-Drs. VI/1027



Erster geänderter Vorschlag v. 4.1.1973, KOM(72) 1668



Zweiter geänderter Vorschlag v. 22.12.1975, KOM(75) 671

verabschiedete Fassung

Dritte RL 78/855/EWG des Rates v. 9.10.1978 gemäß Art. 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften, ABlEG v. 20.10.1978, L 295/36

ändernde Rechtsakte

Beitrittsakte von 1979, ABlEG v. 19.11.1979, L 291/17 (Griechenland)



Beitrittsakte von 1985, ABlEG v. 15.11.1985, L 302/23 (Spanien und Portugal)



Beitrittsakte von 1994, ABlEG v. 29.8.1994, C 241/194 (Finnland, Österreich und Schweden)



Beitrittsakte von 2003, ABlEU v. 23.9.2003, L 236/338 (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern)



RL 2006/99/EG des Rates vom 20.11.2006 zur Anpassung bestimmter RL im Bereich Gesellschaftsrecht anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, ABlEU v. 20.12.2006, L 363/137



RL 2007/63/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 13.11.2007 zur Änderung der RL 78/855/EWG und 82/891/ EWG des Rates hinsichtlich des Erfordernisses der Erstellung eines Berichts durch einen unabhängigen Sachverständigen anlässlich der Verschmelzung oder der Spaltung von Aktiengesellschaften, ABlEU v. 17.11.2007, L 300/47 (Kommissionsvorschlag v. 6.3.2007, KOM(2007) 91)



RL 2009/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.9.2009 zur Änderung der RL 77/91/EWG, 78/855/EWG,

DB 2011, 1317, 1320 ff.; Stephanblome AG 2012, 814 ff.; Süßmann AG 2013, 158 ff.; Terlau/ Strese AG 2014, R78 f.; Wagner DStR 2010, 1629, 1633 ff.; Widmann AG 2014, 189 ff. 445 Vgl. dazu (zustimmend) Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 961 f.

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82/891/EWG des Rates sowie der RL 2005/56/EG hinsichtlich der Berichts- und Dokumentationspflicht bei Verschmelzungen und Spaltungen, ABlEU v. 2.10.2009, L 259/14 (Kommissionsvorschlag v. 24.9.2008, KOM(2008) 576)

kodifizierte Fassung

RL 2011/35/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 5.4.2011 über die Verschmelzung von Aktiengesellschaften, ABlEU v. 29.4.2011, L 110/1

Berichtigung

ABlEU v. 18.1.2017, C 14/17 [Art. 1 Abs. 1 FusRL]

ändernde Rechtsakte

RL 2013/24/EU des Rates v. 13.5.2013 zur Anpassung bestimm­ ter RL auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABlEU v. 10.6.2013, L 158/365



RL 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15.4.2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der RL 82/891/EWG des Rates, der RL 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/ EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABlEU v. 12.6.2014, L 173/190 [BRRD]

Kodifizierung in der GesRRL

RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46

Umsetzung in Deutschland ursprüngliche Umsetzung

Gesetz zur Durchführung der Dritten RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Verschmelzungsrichtlinie-Gesetz) v. 25.10.1982, BGBl. I, 1425

seit 1.1.1995

Umwandlungsgesetz (UmwG) v. 28.10.1994, BGBl. I, 3210

RL2006/99/EG

spezielle Umsetzung nicht erforderlich

RL 2007/63/EG

spezielle Umsetzung nicht erforderlich

RL 2009/109/EG

teilweise durch Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v. 30.7.2009, BGBl. I, 2479; Rest durch Drittes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 11.7.2011, BGBl. I, 1338

RL 2013/24/EU

spezielle Umsetzung nicht erforderlich

BRRD

Gesetz zur Umsetzung der RL 2014/59/EU des EP und des Rates v. 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der RL 82/891/EWG des Rates, der RL 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/ EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des EP und des Rates (BRRD-Umsetzungsgesetz) v. 10.12.2014, BGBl. I, 2091



Gesetz zur Neuordnung der Aufgaben der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA-Neuordnungsgesetz – FMSANeuOG) v. 23.12.2016, BGBl. I, 3171

§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL)

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§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL) RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46 Literatur: Barbaso, Fabrizio, The harmonisation of company law with regard to mergers and divisions, [1984] JBL 176; Bayer, Walter/Schmidt, Jessica, Der Referentenentwurf zum 3. UmwÄndG: Vereinfachungen bei Verschmelzungen und Spaltungen und ein neuer verschmelzungsspezifischer Squeeze-out, ZIP 2010, 953; Ços¸tan, Hülya, Subsidiäre solidarische Haftung der an einer Spaltung beteiligten Gesellschaften, RIW 2010, 192; Harrer, Friedrich, Die EG-Gesellschaftsrechtlichen Vorgaben für die Regelung der Verschmelzung und der Spaltung von Aktiengesellschaften, in: Koppensteiner (Hrsg.), Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht, Bd. 1, 1994, S. 307; Heidenhain, Martin, Fehlerhafte Umsetzung der Spaltungs-Richtlinie, EuZW 1995, 327; Heiss, Manuela, Gläubigerschutz bei der Unternehmensspaltung, DZWiR 1993, 12; Lösekrug, Jens, Die Umsetzung der Kapital-, Verschmelzungs- und Spaltungsrichtlinie der EG in das nationale deutsche Recht, 2004; Schimka, Matthias/Schörghöfer, Paul, Neue europäische Vorgaben für die Berichts- und Dokumentationsplicht bei Verschmelzungen und Spaltungen – Zur Änderung der Fusions-RL, der Spaltungs-RL und der EU-VerschmelzungsRL sowie der Kapital-RL, WBl. 2010, 109; Tauchert-Nosko, Martina, Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften in Deutschland und Frankreich, 1999. Rechtsprechung: Nationale Gerichte: OGH v. 21.6.2016 − 1 Ob 93/16g, ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00093.16G.0621.000

I.  Genese und Ratio

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1.  Historie, Inhalt und Grundgedanken im Überblick Als „Spiegelbild“ der Verschmelzung sollte die Spaltung ursprünglich bereits in der 21.1 FusRL (→ 20) geregelt werden: Art. 24 des Vorentwurfs von 19681 und Art. 21 der Entwürfe von 19702, 19733 und 19754 sahen die entsprechende Anwendung der Verschmelzungsvorschriften auf „fusionsähnliche Vorgänge“ vor, worunter insbesondere auch die Spaltung fallen sollte5. Kurz vor Verabschiedung der FusRL entschied der Rat dann jedoch im Juli 1978, dass mit Blick auf die mit einer Spaltung verbundenen besonderen Risiken weiterer Klärungsbedarf bestehe und die Spaltung deshalb 1 Les fusions internes. Document de travail n° 6. Avant-projet de directive, 10.4.1968, Dok. 11409/2/XIV/C/68 – F. 2  Vorschlag für eine Dritte RL des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter bei Fusionen von Aktiengesellschaften vorgeschrieben sind, 16.6.1970, KOM(70) 633 = ABlEG v. 14.7.1970, C 89/20 = BT-Drs. VI/1027. 3  Erster geänderter Vorschlag v. 4.1.1973, KOM(72) 1668. 4  Zweiter geänderter Vorschlag v. 22.12.1975, KOM(75) 671. 5  Vgl. Vorentwurf 1968 (Fn. 1), S. 48 f.

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§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL)

in einer eigenständigen RL geregelt werden sollte.6 Nachdem hierfür bereits im September 1978 ein erster Entwurf7 vorgelegt worden war, wurde die RL schließlich nach weiteren Beratungen − allerdings ohne weitere Beteiligung des EWSA und des EP8 – am 17.12.1982 vom Rat verabschiedet9. Durch das EWR-Abkommen wurde ihr Anwendungsbereich m.W.v. 1.1.1994 bzw. 1.5.199510 auch auf die EWR-Staaten ausgedehnt.11 21.2 Ziel der SpRL war es, den Aktionären12 und Dritten − speziell den Gläubigern13 − bei Spaltungen angesichts der engen Verwandtschaft beider Rechtsinstitute einen gleichwertigen Schutz wie bei Verschmelzungen zu gewähren und so insbesondere auch eine etwaige Umgehung der Standards der FusRL zu verhindern (vgl. ErwG 4 SpRL). Verfahrensregelungen und Schutzinstrumentarien entsprechen daher weitgehend denjenigen der FusRL14, es werden sogar mehrfach Vorschriften derselben für entsprechend anwendbar erklärt15. Das für Verschmelzungen entwickelte „europäische Modell für Strukturmaßnahmen“ (→ 20.3, 20.29) wird also auch auf die eng verwandte Spaltung übertragen.16

  6  Vgl. Dok. R/950/78, S. 32; Barbaso [1984] JBL 176, 177; Edwards S. 91, 99 f.; Lösekrug S. 313; Loy RTD eur. 1980, 354, 359; Hommelhoff/Riesenhuber in: Grundmann (Hrsg.), Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, 2000, S. 259, 266; Riesenhuber NZG 2004, 15, 16.   7  Projet de directive du Conseil tendant à coordonner les garanties qui sont exigées dans les Etats membres des sociétés, au sens de l’article 58 alinéa 2 du traité, pour protéger les intérêts tant des associés que de tiers, en ce qui concerne les scissions de sociétés anonymes, 20.9.1978, R/2294/78.   8  Trotz heftigen Protests des EP sowie der Niederlande, Irlands und des UK, vgl. Edwards S. 93.   9  Sechste RL 82/891/EWG des Rates v. 17.12.1982 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages betreffend die Spaltung von Aktiengesellschaften, ABlEG v. 31.12.1982, L 378/47. 10  Für Island und Norwegen (sowie für Finnland, Österreich, Schweden, die aber inzwischen zur EU gehören) zum 1.1.1994, für Liechtenstein zum 1.5.1995. 11  Vgl. Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum − Anhang XXII, Nr. 5 (ABlEG v. 3.1.1994, L 1/3). 12 Vgl. zum Ziel des Schutzes der Aktionäre auch ErwG 5 und 6; Habersack/Verse  § 8 Rn. 28; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 169; Lösekrug S. 313. 13  Vgl. zum Ziel des Gläubigerschutzes auch ErwG 8; Habersack/Verse § 8 Rn. 28; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 169; Lösekrug S. 313. 14 Vgl. Barbaso [1984] JBL 176, 178; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 105; Edwards S. 102; Grundmann Rn. 909 (mit sehr schöner Übersicht); Lösekrug S. 313; Nobel Kap. 3 Rn. 110; Riesenhuber NZG 2004, 15, 18; J. Schmidt, Cross-border mergers and divisions, transfers of seat: Is there a need to legislate?, PE 559.960, S. 27. 15  Art. 2 Abs. 3 SpRL erläutert diesbezüglich, dass „sich verschmelzende Gesellschaften“ als „die an der Spaltung beteiligten Gesellschaften“, „übertragende Gesellschaft“ als „gespaltene Gesellschaft“, „übernehmende Gesellschaft“ als „begünstigte Gesellschaft“ und „Verschmelzungsplan“ als „Spaltungsplan“ zu lesen ist. 16  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 105; s. ferner auch Habersack/Verse § 8 Rn. 42; Hommelhoff/Riesenhuber (Fn. 6), S. 259, 272; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 169; J. Schmidt (Fn. 14), S. 29; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 264.

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Anders als für Verschmelzungen (→ 20.2., 20.16) hat der europäische Gesetzgeber 21.3 aber keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Regelung des Rechtsinstituts der Spaltung im nationalen Recht etabliert.17 Hintergrund ist neben der geringeren praktischen Bedeutung der Spaltung wohl nicht zuletzt auch die Entstehungsgeschichte der SpRL als Umgehungsschutzinstrument und „spin-off“ der FusRL18 (→ 21.1 f.). Wenn und soweit19 die Mitgliedstaaten die Spaltung von Aktiengesellschaften (→ 21.7) aber zulassen, müssen sie die Vorgaben der RL beachten (vgl. Art. 135 Abs. 1–3 GesR­RL [G Art. 1 Abs. 1–3 SpRL]).20 2.  Änderungen Im Rahmen der allgemeinen Diskussion um eine Vereinfachung des Unternehmens- 21.4 umfelds war von der Kommission im Jahr 2007 – ähnlich wie bei der KapRL und der FusRL − kurzzeitig eine völlige Abschaffung der SpRL erwogen worden (→ 5.52, 19.41, 20.4).21 Hiergegen formierte sich jedoch ebenfalls erheblicher Widerstand22, so dass man sich schließlich auch hier lediglich auf eine punktuelle Modernisierung beschränkte. Durch die RL 2007/63/EG23 wurde die Möglichkeit eines Verzichts auf die Spaltungsprüfung vom Erfordernis der Gestattung durch den jeweiligen Mitgliedstaat entbunden (→ 21.53). Die RL 2009/109/EG24 brachte eine deutliche Moderni17 Vgl. Barbaso [1984] JBL 176, 178; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 8, 103; Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff, European Corporate Law 3.65; Edwards S. 94, 100; Hommelhoff/Riesenhuber (Fn. 6), S. 259, 267; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 169; Lösekrug S. 313; Widmann/Mayer/Mayer Einf UmwG Rn. 104; Nobel Kap. 3 Rn. 110; Werlauff S. 592 f. 18  Vgl. auch Hommelhoff/Riesenhuber (Fn. 6), S. 259, 267. 19  Den Mitgliedstaaten steht es insoweit insbesondere auch frei, nur bestimmte Formen der Spaltung (z.B. nur die Spaltung durch Übernahme oder nur die Spaltung durch Neugründung) zuzulassen, vgl. Art. 135 Abs. 1–3 GesRRL (G Art. 1 Abs. 1–3 SpRL). 20  Vgl. die Nachweise in Fn. 17. 21 Vgl. Mitteilung der Kommission über ein vereinfachtes Unternehmensumfeld in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Rechnungslegung und Abschlussprüfung, KOM(2007) 394, S. 5 f. 22  I.R.d. Konsultation sprach sich eine große Mehrheit gegen eine Aufhebung der RL aus, vgl. den Consultation Report v. Dez. 2007 (), S. 3 ff.; ausdrücklich ablehnend auch das EP, vgl. Entschließung des EP v. 21.5.2008 zu dem vereinfachten Unternehmensumfeld in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Rechnungslegung und Abschlussprüfung, ABlEU v. 19.11.2008, C 279 E/36, Ziff. 3; vgl. ferner auch Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 457 f. 23  RL 2007/63/EG des EP und des Rates v. 13.11.2007 zur Änderung der RL 78/855/EWG und 82/891/EWG des Rates hinsichtlich des Erfordernisses der Erstellung eines Berichts durch einen unabhängigen Sachverständigen anlässlich der Verschmelzung oder der Spaltung von Aktiengesellschaften, ABlEU v. 17.11.2007, L 300/47. 24 RL 2009/109/EG des EP und des Rates v. 16.9.2009 zur Änderung der RL 77/91/ EWG, 78/855/EWG, 82/891/EWG des Rates sowie der RL 2005/56/EG hinsichtlich der Berichts- und Dokumentationspflicht bei Verschmelzungen und Spaltungen, ABlEU v. 2.10.2009, L 259/14.

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sierung der Berichts- und Dokumentationspflichten, eine Harmonisierung mit den Parallelregelungen in der KapRL (→ 19), der FusRL (→ 20) und der CBMD (→ 22) sowie eine zwingende Ausgestaltung einiger bislang nur optionaler Erleichterungen für Konzernspaltungen (→ 21.36, 21.57, 21.95, 21.109 f., 21.112 f.). Durch die BRRD (→ 14.150) wurde eine Bereichsausnahme für Gesellschaften, die Gegenstand einer BRRD-Maßnahme sind, ergänzt (→ 21.9). 3.  Integration in die GesRRL 2017 21.5 Mit Wirkung v. 20.7.2017 wurden die Bestimmungen der SpRL zusammen mit denjenigen der früheren PubRL (→ 18), KapRL (→ 19), FusRL (→ 20), CBMD (→ 22) und ZNRL (→ 26) in der neuen Gesellschaftsrechts-RL (GesRRL)25 kodifziert, → 5.73, 18.8. 4.  Umsetzung in Deutschland 21.6 Für Deutschland, wo das Rechtsinstitut der Spaltung früher unbekannt war, hatte die SpRL zunächst keine praktische Bedeutung.26 Ihre Vorgaben wurden vielmehr erst relevant, als der Gesetzgeber sich nach der Wiedervereinigung entschloss, die Spaltung zunächst für einige spezifische Sonderfälle27 und dann im Zuge der Konsolidierung des gesamten Umwandlungsrechts im UmwG 199428 generell zuzulassen.29 Bei der Umsetzung der RL-Vorgaben im Dritten Buch des UmwG (§§ 123 ff.) hat der deutsche Gesetzgeber den weitgehenden Gleichlauf von FusRL und SpRL (→ 21.2, 21.25) auch regelungstechnisch nachvollzogen: § 125 S. 1 UmwG erklärt die meisten Vorschriften über die Verschmelzung für entsprechend anwendbar.30 Die RL 2007/63/EG (→ 21.4) erforderte ebenfalls keine speziellen Umsetzungsmaßnahmen, da das deutsche Recht einen Verzicht auf die Spaltungsprüfung bereits zuvor zugelassen hatte (→ 21.55). 25  RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46. 26  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 8, 103; Lösekrug S. 314; Widmann/ Mayer/Mayer Einf UmwG Rn. 104; H. Schwarz DStR 1994, 1694, 1697. 27  Durch §§ 1 ff. SpTrUG (Gesetz über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (SpTrUG) v. 5.4.1991, BGBl. I, 854) für Treuhandhandunternehmen in der Rechtsform der AG oder GmbH; durch §§ 4 ff. LAnpG (Gesetz über die strukturelle Anpassung der Landwirtschaft an die soziale und ökologische Marktwirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik, Neubekanntmachung: BGBl. 1991 I, 1418) für landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften; vgl. dazu auch Bayer, Privatisierung und Restrukturierung volkseigener und genossenschaftlicher Unternehmen durch Umwandlung, in: Hommelhoff u.a. (Hrsg.), Gesellschafts- und Umwandlungsrecht in der Bewährung, ZGR-Sonderheft 14 (1998), S. 22 ff. 28  Umwandlungsgesetz (UmwG) v. 28.10.1994, BGBl. I, 3210. 29  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 8, 103; Widmann/Mayer/Mayer Einf UmwG Rn. 104; H. Schwarz DStR 1994, 1694, 1697. 30  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 105; Habersack/Verse § 8 Rn. 30; Widmann/Mayer/H. Schwarz § 123 Rn. 2; Lutter/A. Teichmann § 123 Rn. 5, § 125 Rn. 1 ff.

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Die RL 2009/109/EG (→ 21.4) wurde zunächst partiell durch das ARUG31, der Rest dann (leicht verspätet, → 20.9) durch das 3. UmwÄndG32 umgesetzt (→ 21.45, 21.55, 21.111, 21.114). Zur Umsetzung der BRRD wurde durch das BRRD-UmsG ein neues Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) geschaffen, weitere Anpassungen erfolgten durch das FMSA-NeuOG (→ 14.151).

II.  Anwendungsbereich Der subjektive Anwendungsbereich des Titel II Kapitel III GesRRL (G  SpRL) ist auf die in Anhang I genannten nationalen Aktiengesellschaften beschränkt (Art. 1 Abs. 1–3 SpRL verwiesen insoweit auf die in Art. 1 Abs. 1 FusRL [→ 20.11] genannten Rechtsformen). Zudem sind – parallel zu Titel II Kapitel III GesRRL (G FusRL, → 20.12) − nur nationale Spaltungen, d.h. Spaltungen, bei denen alle daran beteiligten Aktiengesellschaften dem Recht desselben Mitgliedstaats unterliegen (vgl. Art. 135 Abs. 1 GesRRL [G Art. 1 Abs. 1 SpRL]: „ihrem Recht unterliegenden Gesellschaften“) erfasst. Ein spezieller europäischer Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Spaltungen besteht bislang nicht; Gesellschaften bleibt insoweit nur der – allerdings mit erheblicher Rechtsunsicherheit behaftete − Weg, sich unmittelbar auf die Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) zu berufen (vgl. zum Schutz der grenzüberschreitenden Spaltung durch die Niederlassungsfreiheit → 7.105; zum Desiderat einer Regelung und legislatorischen Überlegungen → 7.110 f., 7.114 ff.). Gem. Art. 135 Abs. 4 GesRRL (G Art. 1 Abs. 4 SpRL) finden die Ausnahmeoptionen der Art. 87 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 1 Abs. 2 FusRL) (Genossenschaften, → 20.13) und Art. 87 Abs. 3 GesRRL (G Art. 1 Abs. 3 FusRL) (insolvente Gesellschaften, → 20.13) entsprechende Anwendung. Darüber hinaus gilt gem. Art. 135 Abs. 4 GesRRL (G Art. 1 Abs. 4 SpRL) auch Art. 87 Abs. 4 GesRRL (G Art. 1 Abs. 4 FusRL, → 20.14) entsprechend; auch für die Bestimmungen zur Spaltung gilt somit eine Bereichsausnahme für Gesellschaften, die Gegenstand eines Rückgriffs auf die in Titel IV BRRD (→ 14.150) vorgesehenen Abwicklungsinstrumente, -befugnisse und -mechanismen sind. Dies soll gewährleisten, dass ein rasches Eingreifen der Abwicklungsbehörden nicht durch die Vorgaben der RL torpediert wird.33 Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei der Schaffung des UmwG mit Blick auf die Bedürfnisse der Praxis34 entschieden, die Spaltung über den Anwendungsbereich der RL hinaus nicht nur für Aktiengesellschaften, sondern auch für alle anderen Rechtsträger, die nach deutschem Recht an einer Verschmelzung beteiligt sein können, sowie einige weitere Rechtsträger, zuzulassen (vgl. § 124 Abs. 1 UmwG). Spezielle materiell-

31  Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v. 30.7.2009, BGBl. I, 2479. 32  Drittes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 11. 7. 2011, BGBl. I, 1338. 33  Vgl. ErwG 122 BRRD; COM(2012) 280, 4.4.17. 34  Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 74 f., 116.

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rechtliche Regelungen auch zur grenzüberschreitenden Spaltung sieht das deutsche Recht dagegen bis heute nicht vor (→ 7.106 f.).

III.  Erfasste Spaltungsvorgänge 1.  Spaltung durch Übernahme und Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften 21.11 Die RL differenziert − auch insofern parallel zu den Regelungen zur Verschmelzung (→ 20.18 ff.) − zwischen zwei verschiedenen Arten der Spaltung: Der Spaltung durch Übernahme und der Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften. Gem. Art. 135 GesRRL (G Art. 1 Abs. 3 SpRL) ist auch eine Kombination beider Arten möglich. Spaltung durch Übernahme ist nach der Legaldefinition in Art. 136 Abs. 1 Ges21.12 RRL (G Art. 2 Abs. 1 SpRL) der Vorgang, durch den eine Gesellschaft ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf mehrere Gesellschaften überträgt, und zwar gegen Gewährung von Aktien der Gesellschaften, denen die sich aus der Spaltung ergebenden Einlagen zugute kommen (sog. begünstigte Gesellschaften), an die Aktionäre der gespaltenen Gesellschaft und ggf. Gewährung einer baren Zuzahlung von max. 10 % des Nennbetrages bzw. des rechnerischen Wertes der gewährten Aktien. Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften ist nach der Legaldefinition 21.13 in Art. 155 Abs. 1 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 SpRL) der Vorgang, durch den eine Gesellschaft ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf mehrere neu gegründete Gesellschaften überträgt, und zwar gegen Gewährung von Aktien der begünstigten Gesellschaften an die Aktionäre der gespaltenen Gesellschaft und ggf. Gewährung einer baren Zuzahlung von max. 10 % des Nennbetrages bzw. des rechnerischen Wertes der gewährten Aktien. Die drei übereinstimmenden Charakteristika beider Spaltungsformen sind also:35 21.14 (1) partielle Gesamtrechtsnachfolge, (2) Auflösung der gespaltenen Gesellschaft ohne Liquidation, und (3) Aktientausch sowie ggf. bare Zuzahlung. 21.15 Der maßgebliche Unterschied zwischen beiden ist, dass die begünstigten Gesellschaften bei der Spaltung durch Übernahme bereits vorher existieren, während sie bei der Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften – wie der Name schon sagt – erst im Zuge der Spaltung neu errichtet werden.36 Diese Differenzierung zwischen beiden Varianten ist für die gesamte Systematik der RL – deren Bestimmungen auch insofern Spiegelbild derjeningen zu Verschmelzungen sind (→ 20.22) − von grundlegender Bedeutung. Denn gem. Art. 156 Abs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 22 Abs. 1 S. 1 SpRL) gelten die meisten der in Art. 137–153 GesRRL (G Art. 3–19 SpRL) normierten Vorschriften 35 Vgl. Edwards S. 101; Grundmann Rn. 884; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 172; Nobel Kap. 3 Rn. 110; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 262. 36 Vgl. Edwards S. 101; Habersack/Verse § 8 Rn. 34; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 171.

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über das Verfahren bei der Spaltung durch Übernahme zwar entsprechend auch für die Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften, Art. 156 GesRRL (G Art. 22 SpRL) normiert allerdings eine Reihe von Besonderheiten (→ 21.106 ff.). Mit der Möglichkeit einer baren Zuzahlung trägt die RL – ebenso wie bei Ver- 21.16 schmelzungen (→ 20.23) – dem Umstand Rechnung, dass eine Spaltung ohne diese Option in der Praxis häufig scheitern würde, weil es nur so möglich ist, sog. „Spitzen­ beträge“ auszugleichen.37 Ebenso wie bei Verschmelzungen gilt aber auch hier eine Obergrenze von 10 % des Nennbetrages bzw. des rechnerischen Wertes der Aktien. In Parallele zu Art. 116 GesRRL (G Art. 30 FusRL, → 20.23) stellt Art. 158 GesRRL (G Art. 24 SpRL) es den Mitgliedstaaten allerdings frei, auch Vorgänge zuzulassen, bei denen die bare Zuzahlung 10 % übersteigt; um Umgehungen zu verhindern38, müssen sie auf diese dann jedoch die Abschnitte 2–4 von Titel II Kapitel III GesRRL (G Kapitel I–III SpRL) anwenden. Ähnlich wie Art. 116 GesRRL (G Art. 30 FusRL) eröffnet damit richtiger Ansicht nach auch Art. 158 GesRRL (G Art. 24 SpRL) die Möglichkeit einer vollständigen „Spaltung gegen Geld“.39 2.  Verhältniswahrende und nicht-verhältniswahrende Spaltungen Die Spaltung kann nach der SpRL zum einen als verhältniswahrende Spaltung durch- 21.17 geführt werden, d.h. alle Aktionäre der gespaltenen Gesellschaft erhalten − entsprechend ihrer Beteiligung an dieser − Aktien sämtlicher begünstigter Gesellschaften. Wie sich aus Art. 137 Abs. 2 lit. i GesRRL (G Art. 3 Abs. 2 lit. i SpRL, → 21.32), 21.18 Art. 139 Abs. 2 GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 SpRL, → 21.85 f.) und Art. 151 Abs. 1 lit. b GesRRL (G Art. 17 Abs. 1 lit. b SpRL, → 21.74 ff.) ergibt, müssen die Mitgliedstaaten aber (sofern sie die Spaltung überhaupt zulassen, → 21.3) auch eine sog. nichtverhältniswahrende Spaltung, bei der sich die Beteiligungsquoten verschieben40, gestatten.41 Darunter fällt insbesondere auch eine sog. „Spaltung zu Null“, bei der ein oder mehrere Aktionär(e) der gespaltenen Gesellschaft nur an einer der begünstigten bzw. neuen Gesellschaften beteiligt wird bzw. werden (arg. ex Art. 151 Abs. 1 lit. b

37  Vgl. auch Habersack/Verse § 8 Rn. 33. 38 Vgl. Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff 3.67; Edwards S. 102. 39 Ebenso Grundmann Rn. 885. 40  Maßgeblich ist insoweit bei der Spaltung durch Neugründung ein Vergleich der rechnerischen Beteiligungsquote an der gespaltenen Gesellschaft mit den rechnerischen Beteiligungsquoten an den neuen Gesellschaften; bei der Spaltung durch Übernahme ist Vergleichsmaßstab dagegen die rechnerische Quote an den Aktien, die den Aktionären der gespaltenen Gesellschaft von der aufnehmenden Gesellschaft insgesamt gewährt werden, vgl. zur deutschen Umsetzung: Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 128 UmwG Rn. 2; Kallmeyer/Sickinger § 128 UmwG Rn. 2 f.; Widmann/Mayer/Mayer § 128 UmwG Rn. 27; Lutter/Priester § 128 UmwG Rn. 8 f.; Semler/Stengel/Schröer § 128 UmwG Rn. 5. 41 Vgl. Edwards S. 104; Grundmann Rn. 911; Habersack/Verse § 8 Rn. 37; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 173; Lösekrug S. 323, 331 f.; Widmann/Mayer/Mayer § 128 Rn. 1 f., 17; J. Schmidt (Fn. 14), S. 29; KK-UmwG/Simon § 128 Rn. 3; Wirth AG 1997, 455, 459; s. ferner auch Barbaso [1984] JBL 176, 180.

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GesRRL [G Art. 17 Abs. 1 lit. b SpRL]42, → 21.74).43 Dem mit solchen nicht-verhältniswahrenden Spaltungen verbundenen Eingriff in die Rechte der (Minderheits-)Aktionäre trägt die RL zum einen durch spezielle Transparenzregeln in Form der Angabe des Aufteilungsmaßstabs im Spaltungsplan (Art. 137 Abs. 2 lit. i GesRRL [G Art. 3 Abs. 2 lit. i SpRL], → 21.32) und seiner Erläuterung im Spaltungsbericht (Art. 141 Abs. 1 GesRRL [G Art. 7 Abs. 1 SpRL], → 21.38) Rechnung. Zum anderen ermächtigt Art. 139 Abs. 2 GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 SpRL) die Mitgliedstaaten explizit dazu, den Minderheitsaktionären ein Sell-out-Recht einzuräumen (→ 21.85 f.). Zum Sonderproblem des völligen Verzichts auf die Anteilsgewährung → 21.76. 3.  Sonderfall: Liquidationsgesellschaften (Art. 136 Abs. 2, 155 Abs. 2 GesRRL [ G Art. 2 Abs. 2, 21 Abs. 2 SpRL]) 21.19 Kraft der Verweise in Art. 136 Abs. 2 GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 SpRL) und Art. 155 Abs. 2 GesRRL (G Art. 21 Abs. 2 SpRL) auf Art. 89 Abs. 2 GesRRL (G Art. 3 Abs. 2 FusRL) bzw. Art. 90 Abs. 2 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 FusRL) (→ 20.25) können die Mitgliedstaaten eine Spaltung auch dann zulassen, wenn die gespaltene Gesellschaft sich in Abwicklung befindet (allerdings auch hier nur, wenn noch nicht mit der Verteilung des Vermögens an die Aktionäre begonnen wurde). Nicht zulässig ist hingegen die Beteiligung von Liquidationsgesellschaften als begünstigte oder neu gegründete Gesellschaften (zumal letzteres ohnehin kaum denkbar wäre). 4.  Sonderfall: Spaltung ohne Erlöschen der gespaltenen Gesellschaft (Art. 159 GesRRL [ G Art. 25 SpRL]) 21.20 Sofern die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats auch Vorgänge gestatten, bei denen die gespaltene Gesellschaft nicht erlischt, müssen sie hierauf gem. Art. 159 GesRRL (G Art. 25 SpRL) ebenfalls die Abschnitte 2–4 von Titel II Kapitel III GesRRL (G  Kapitel I–III SpRL)44 anwenden. Hierdurch sollen – ähnlich wie mit der Parallelvorschrift des Art. 117 GesRRL (G  Art. 31 FusRL, → 20.27) – Umgehungen der Schutzvorschriften der RL verhindert werden.45 Entgegen einer teilweise im Schrifttum vertretenen Ansicht46 zielt Art. 159 Ges21.21 RRL (G Art. 25 SpRL) allerdings nur auf solche Vorgänge ab, bei denen das gesamte 42  Die Norm sieht explizit vor, dass die Aktionäre der gespaltenen Gesellschaft „Aktionäre einer oder mehrerer begünstigter Gesellschaften“ werden [Hervorhebung hinzugefügt]. 43 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 37; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 173; Lösekrug S. 331; J. Schmidt (Fn. 14), S. 29; Schwarz Rn. 695. Vgl. zur Zulässigkeit nach deutschem Recht auch OLG München NZG 2013, 951. 44  Art. 151 Abs. 1 lit. c GesRRL (G Art. 17 Abs. 1 lit. c SpRL, → 21.77) ist ausdrücklich ausgenommen, da die gespaltene Gesellschaft fortbesteht; vgl. Lösekrug (Fn. 6), S. 387. 45 Vgl. Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff 3.67; Edwards S. 102; Lösekrug (Fn. 6), S. 389. 46 Vgl. Habersack FS Horn, 2006, S. 337, 352 f.; tendenziell auch (aber zurückhaltend): Grundmann Rn. 885; s. ferner auch die Nachweise in Fn. 51.

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Aktiv- und Passivvermögen der gespaltenen Gesellschaft übertragen wird.47 Dies ergibt sich bereits eindeutig aus dem Wortlaut der Norm48, der ausdrücklich auf „in Artikel 135 vorgesehene Vorgänge“ (in der SpRL: „in Art. 1 vorgesehenen Vorgänge“) Bezug nimmt, zu deren wesensmäßigen Charakteristika gemäß den Legaldefinitionen in Art. 136 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 2 Abs. 1 SpRL) bzw. Art. 155 Abs. 1 GesRRL (G Art. 21 Abs. 1 SpRL) − neben Aktientausch und ggf. barer Zuzahlung sowie Auflösung der gespaltenen Gesellschaft − insbesondere auch die Übertragung des gesamten Aktiv- und Passivvermögens der gespaltenen Gesellschaft gehört (→ 21.14). Art. 159 GesRRL (G Art. 25 SpRL) verzichtet – ähnlich wie die Parallelnorm des Art. 117 GesRRL (G Art. 31 FusRL, → 20.27) − lediglich auf das Erfordernis des Erlöschens der gespaltenen Gesellschaft.49 Nicht von Art. 159 GesRRL (G Art. 25 SpRL) erfasst sind damit insbesondere Vorgänge wie die „Abspaltung“ i.S.d. § 123 Abs. 2 UmwG50, 51 oder die Ausgliederung i.S.d. § 123 Abs. 3 UmwG52. Es steht den Mitgliedstaaten zwar selbstverständlich frei, in ihrem nationalen Recht auch solche oder andere spaltungsähnliche Vorgänge zu gestatten, sie unterliegen dann aber nicht den Bindungen der RL.53

47  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 104; Lösekrug S. 317, 388 ff.; Semler/ Stengel/Seulen § 133 UmwG Rn. 6. 48  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 104 Fn. 348; Lösekrug S. 389; Semler/Stengel/Seulen § 133 UmwG Rn. 6. 49 Vgl. Lösekrug S. 389 f.; BeckOGK/Verse § 123 UmwG Rn. 13.1. 50 BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 115; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 104 Fn. 348; Lösekrug S. 317, 391; Lutter ZGR 1990, 392, 403; Semler/ Stengel/Seulen § 133 UmwG 6; Widmann/Mayer/Mayer Einf UmwG Rn. 104; Lutter/ Schwab § 127 UmwG Rn. 3; J. Schmidt (Fn. 14), S. 27; MünchHdbGesR VIII/J. Schmidt § 20 Rn. 8; BeckOGK/Verse § 123 UmwG Rn. 13. 51  Für eine Erfassung auch der Abspaltung jedoch: OGH v. 21.6.2016 − 1 Ob 93/16g, ECLI: AT:OGH0002:2016:0010OB00093.16G.0621.000, 4.3; Bachner/Kodek ZfRV 2011, 19, 25; Ços¸tan RIW 2010, 192, 194; Semler/Stengel/Gehling § 127 UmwG Rn. 4; Habersack FS Horn, 2006, S. 337, 352 f.; Harrer (Fn. 17), S. 307, 365, 371; Heidenhain EuZW 1995, 327, 328; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl Vor §§ 123–173 UmwG Rn. 16; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 174; Nobel Kap. 3 Rn. 111; Widmann/Mayer/Rieger Vor §§ 141–146 UmwG Rn. 23; Riesenhuber NZG 2004, 15, 18; Rümker WM-Festgabe Hellner, 1994, S. 73, 74; Tauchert-Nosko S. 17; Henssler/Strohn/Wardenbach § 123 UmwG Rn. 3; Wirth AG 1997, 455, 459. 52  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 104 Fn. 348; Semler/Stengel/Gehling § 127 UmwG Rn. 4; Habersack FS Horn, 2006, S. 337, 353; Lösekrug S. 317, 398 f.; Lutter ZGR 1990, 392, 403; Widmann/Mayer/Mayer Einf UmwG Rn. 104; Widmann/ Mayer/Rieger Vor §§ 141–146 UmwG Rn. 23; H. Schmidt ZHR-Beiheft 68 (1999) 10, 14; Schuster ZGR 2010, 325, 353; Lutter/Schwab § 127 UmwG Rn. 3; J. Schmidt (Fn. 14), S. 27; MünchHdbGesR VIII/J. Schmidt § 20 Rn. 8; Tauchert-Nosko S. 17; BeckOGK/ Verse § 123 UmwG Rn. 13; Henssler/Strohn/Wardenbach § 123 UmwG Rn. 3. 53  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 104 Fn. 348; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 174; Lösekrug S. 390 f., 398 f.; BeckOGK/Verse § 123 UmwG Rn. 14; s. ferner auch Habersack/Verse § 8 Rn. 41; Lutter ZGR 1990, 392, 403; Lutter/Schwab § 127 UmwG Rn. 3.

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5.  Umsetzung in Deutschland 21.22 Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem UmwG nicht nur die Spaltung i.S.d. RL – in der deutschen Terminologie: Aufspaltung (§ 123 Abs. 1 UmwG) − eingeführt. Um deutschen Unternehmen umfassende Restrukturierungsmöglichkeiten zu eröffnen54, hat er vielmehr von dem den Mitgliedstaaten zukommenden Spielraum (→ 21.21) Gebrauch gemacht und als weitere Formen der „Spaltung“ i.w.S. die Abspaltung (§ 123 Abs. 2 UmwG) und die Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 UmwG) etabliert und diese dabei mit Blick auf die vergleichbare Interessenlage ungeachtet des Fehlens diesbezüglicher europarechtlicher Vorgaben (→ 21.21) weitgehend denselben Regeln unterworfen wie die Aufspaltung55. Entsprechend der RL sind sämtliche Varianten der „Spaltung“ sowohl durch Übernahme (in der deutschen Terminologie: zur Aufnahme) als auch durch Gründung neuer Gesellschaften (in der deutschen Terminologie: zur Neugründung) sowie in Form einer Kombination aus beidem möglich (vgl. § 123 UmwG). Ebenso wie bei der Verschmelzung (→ 20.25) wurde auch bei der Spaltung von 21.23 der Option der Beteiligung von Liquidationsgesellschaften (→ 21.19) Gebrauch gemacht, vgl. § 124 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 3 UmwG56. 21.24 Bezüglich barer Zuzahlungen hat der Gesetzgeber die 10 %-Grenze des § 68 Abs. 3 UmwG qua Verweisung in § 125 S. 1 UmwG auch auf die Spaltung erstreckt.57 Soweit sich aufgrund eines Nachbesserungsanspruchs gem. §§ 125 S. 1, 15 UmwG (→ 21.87) − für den § 68 Abs. 3 UmwG nicht gilt, vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 UmwG − insgesamt höhere bare Zuzahlungen ergeben, ist dies durch Art. 158 GesRRL (G Art. 24 SpRL) gedeckt.58

IV.  Das Verfahren bei der Spaltung durch Übernahme 1.  Überblick 21.25 Art. 137 ff. GesRRL (G Art. 3 ff. SpRL) enthalten detaillierte Vorgaben für das Verfahren der Spaltung durch Übernahme, die qua Art. 156 Abs. 1 GesRRL (G Art. 22 Abs. 1 SpRL) weitgehend auch für die Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften gelten (→ 21.106 ff.) und auf dem bereits durch die FusRL etablierten „europäischen Modell für Strukturmaßnahmen“ mit seinem Fokus auf „Schutz durch Information“ (sog. Informationsmodell) basieren (→ 21.2). Wesentliche Grundbausteine des Verfahrens sind daher auch bei der Spaltung der publizitätspflichtige Spaltungsplan (Art. 137 f. 54  Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 75. 55  Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 115. 56  Vgl. dazu BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 116; Lösekrug S. 318 f. 57  Vgl. nur Lösekrug S. 318 f., 387; Schwarz Rn. 679; Lutter/A. Teichmann § 125 UmwG Rn. 6, 8. Allerdings gilt § 68 Abs. 3 UmwG nicht für die Ausgliederung zur Aufnahme, da es dort nicht zu einem Aktientausch kommt, vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 117. 58 Vgl. Lösekrug S. 319, 387; Schwarz Rn. 679.

§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL)

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GesRRL [G  Art. 3 f. SpRL], → 21.26 ff.), der Spaltungsbericht (Art. 141 GesRRL [G Art. 7 SpRL], → 21.38), die Spaltungsprüfung (Art. 142 GesRRL [G Art. 8 SpRL], → 21.46 ff.), der Spaltungsbeschluss bzw. die Spaltungsbeschlüsse (Art. 139 f.GesRRL [G Art. 5 f. SpRL], → 21.56 ff.) und die Rechtmäßigkeitskontrolle (Art. 148 GesRRL [G Art. 14 SpRL], → 21.64 f.). 2.  Der Spaltungsplan und seine Offenlegung (Art. 137 f. GesRRL [ G Art. 3 f. SpRL]) a)  Der Spaltungsplan (Art. 137 GesRRL [ G Art. 3 SpRL]) aa)  Allgemeines Grundlage des gesamten Verfahrens ist – analog zur Verschmelzung (→ 20.30) − ein 21.26 Spaltungsplan (auch insoweit wurde bewusst ein neutraler Terminus gewählt), in dem die wesentlichen Bedingungen des Verfahrens festgehalten werden. Zuständig für die Aufstellung sind – ebenso wie bei der Verschmelzung (→ 20.31) − die Verwaltungsoder Leitungsorgane der beteiligten Gesellschaften. bb)  Form Ebenso wie der Verschmelzungsplan (→ 20.32) bedarf auch der Spaltungsplan aus Be- 21.27 weis- und Kontrollgründen der Schriftform59. Die Mitgliedstaaten können allerdings auch hier über diesen Mindeststandard hinaus eine notarielle Beurkundung verlangen und müssen dies gem. Art. 148 GesRRL (G Art. 14 SpRL) unter bestimmten Voraussetzungen sogar (→ 21.64). cc)  Mindestinhalt Um eine hinreichende Information der Aktionäre zu gewährleisten, ist für den Spal- 21.28 tungsplan in Art. 137 Abs. 2 GesRRL (G Art. 3 Abs. 2 SpRL) ebenfalls ein Mindestinhalt vorgeschrieben. Ebenso wie bei Art. 91 GesRRL (G  Art. 5 FusRL, → 20.33) können die Mitgliedstaaten jedoch über diesen Mindeststandard hinausgehende Anforderungen stellen und auch die Gesellschaften können weitere Punkte hinzufügen.

59 Da die Vorschrift unionsautonom auszulegen ist, dürfte hier keine Schriftform i.S.d. deutschen Verständnisses (also i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB) erforderlich sein; ausreichend sein dürfte vielmehr das, was in neueren EU-Rechtsakten (vgl. etwa Art. 4 Abs. 1 Nr. 62 MiFID II, Art. 2 Abs. 1 lit. m OGAW-RL, Art. 2 Nr. 10 VRRL) als ein „dauerhafter Datenträger“ bezeichnet wird (d.h. in der üblichen deutschen Terminologie Textform i.S.d. § 126b BGB). Vgl. zur Parallelproblematik beim Spaltungsbericht → 21.38, beim Spaltungsprüfungsbericht → 21.46; i.R.d. FusRL: → 20.32, 20.47, 20.58; bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung → 22.37, 22.63, 22.76; i.R.d. EpGRL → 27.35, 27.38; i.R.d. ARRL → 29.83, 29.240.

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§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL)

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Inhaltlich ist der vorgegebene Mindestinhalt ebenfalls weitgehend ein Spiegelbild des Mindestinhalts des Verschmelzungsplans:60 Art. 137 Abs. 2 lit. a–g GesRRL (G Art. 3 Abs. 2 lit. a-g SpRL) entsprechen Art. 91 Abs. 2 lit. a–g GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 lit. a–g FusRL, → 20.34 ff.). Zusätzlich stellen Art. 137 Abs. 2 lit. h und i GesRRL (G  Art. 3 Abs. 2 lit. h und i SpRL) zwei besondere, spaltungsspezifische Erfordernisse auf61: Gem. Art. 137 Abs. 2 lit. h GesRRL (G Art. 3 Abs. 2 lit. h SpRL) muss der Spal21.30 tungsplan eine genaue Beschreibung und Aufteilung der zu übertragenden Aktiva und Passiva enthalten. Denn da das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers bei der Spaltung – anders als bei der Verschmelzung – nicht auf einen einzelnen Rechtsträger übergeht, sondern auf mehrere Rechtsträger aufgeteilt wird, muss klar sein, welche Aktiva und Passiva im Wege der partiellen Universalsukzession gem. Art. 151 Abs. 1 lit. a GesRRL (G  Art. 17 Abs. 1 lit. a SpRL, → 21.71 ff.) auf welchen Rechtsträger übergehen.62 Mit Blick auf diese Ratio ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Beschreibung so genau ist, dass ein sachkundiger Dritter in der Lage ist, eine eindeutige Zuordnung vorzunehmen.63 Inhaltliche Vorgaben für die Aufteilung macht die RL allerdings nicht; insoweit genießen die Parteien weitgehende „Aufteilungsfreiheit“ (sog. „Spaltungsfreiheit“).64 Unionsrechtlich begrenzt ist die Aufteilungsfreiheit allerdings bei Arbeitsverhältnissen; für diese sieht Art. 3 Abs. 1 BÜRL einen automatischen Übergang auf den „Erwerber“ vor (→ 21.88, 42.25, 42.29 ff.). Eine immanente Grenze der Aufteilungsfreiheit bilden zudem etwaige, einer Aufteilung bestimmter Gegenstände entgegenstehende Regelungen der lex rei sitae.65 Um eine Zuordnung in jedem Fall zu gewährleisten, flankiert die RL die Angabe21.31 pflicht in Art. 137 Abs. 3 GesRRL (G Art. 3 Abs. 3 SpRL) durch eine Auffangregelung für nicht zugeteilte („vergessene“66) Gegenstände (die allerdings nach ihrem 60 Vgl. Barbaso [1984] JBL 176, 179; Edwards S. 104; Grohmann S. 321 f.; Grundmann Rn. 910; Werlauff S. 589. 61 Vgl. Barbaso [1984] JBL 176, 180; Edwards S. 104; Grohmann S. 322; Grundmann Rn. 910; Werlauff S. 589. 62 Vgl. Barbaso [1984] JBL 176, 180; Dorresteijn/Monteiro/Teichmann/Werlauff 3.66; Habersack/Verse § 8 Rn. 42; zur deutschen Umsetzung in § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG: Widmann/Mayer/Mayer § 126 UmwG Rn. 202; Lutter/Priester § 126 UmwG Rn. 46; Semler/ Stengel/Schröer § 126 UmwG Rn. 55. 63  Vgl. zur deutschen Umsetzung in § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG: Widmann/Mayer/Mayer § 126 UmwG Rn. 202; Lutter/Priester § 126 UmwG Rn. 55; Semler/Stengel/Schröer § 126 UmwG Rn. 61; KK-UmwG/Simon § 126 Rn. 57. 64  Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 118; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 172. 65  So wird z.B. in Deutschland teilweise die Ansicht vertreten, dass das deutsche Recht eine Aufteilung einer Verbindlichkeit auf verschiedene Rechtsträger nicht zulässt (so BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 118; Rieble ZIP 1997, 301, 310); für Zulässigkeit jedoch: Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 131 UmwG Rn. 47; Kallmeyer/Sickinger § 126 UmwG Rn. 31; Widmann/Mayer/Mayer § 126 UmwG Rn. 240 ff.; Lutter/Priester § 126 UmwG Rn. 63; Semler/Stengel/Schröer § 126 UmwG Rn. 69 ff.; Lutter/A. Teichmann § 131 UmwG Rn. 49. 66  Erfasst sind allerdings auch bewusst ausgesparte Gegenstände oder solche, die sich zwischen Planaufstellung und Wirksamwerden der Spaltung verändert haben, vgl. Lutter/ A. Teichmann § 131 UmwG Rn. 104.

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ausdrücklichen Wortlaut nur eingreift, wenn sich eine Zuteilung auch im Wege der Auslegung nicht feststellen lässt): Handelt es sich um einen Gegenstand des Aktivvermögens, so wird dieser (oder sein Gegenwert) auf alle begünstigten Gesellschaften anteilig im Verhältnis zu dem nach dem Spaltungsplan auf sie entfallenden Nettoaktivvermögen übertragen (Art. 137 Abs. 3 UAbs. 1 GesRRL [G Art. 3 Abs. 3 lit. a SpRL]). Für „vergessene“ Passiva haften die begünstigten Gesellschaften gem. Art. 137 Abs. 3 UAbs. 2 S. 1 GesRRL (G  Art. 3 Abs. 3 lit. b S. 1 SpRL) als Gesamtschuldner. Die Mitgliedstaaten können aber nach S. 2 eine Beschränkung der Haftung auf das der jeweiligen Gesellschaft zugeteilte Nettoaktivvermögen vorsehen. Zweites spaltungsspezifisches Erfordernis ist gem. Art. 137 Abs. 2 lit. i GesRRL 21.32 (G Art. 3 Abs. 2 lit. i SpRL) die Angabe der Aufteilung der Aktien der begünstigten Gesellschaften67 auf die Aktionäre der gespaltenen Gesellschaft sowie des Aufteilungsmaßstabs. Ratio ist, dass die RL auch eine nicht verhältniswahrende Spaltung zulässt (→ 21.18) und dementsprechend die Aufteilung der Anteile im Spaltungsplan fixiert werden muss68 − nicht zuletzt auch, um eine hinreichende Information der (Minderheits-)Aktionäre zu gewährleisten. dd)  Umsetzung in Deutschland Der deutsche Gesetzgeber hat sich mit Blick auf den den Mitgliedstaaten insoweit 21.33 zukommenden Spielraum (→ 21.26) entschieden, auch für die Spaltung durch Aufnahme69 das traditionelle deutsche Modell eines Vertrages zu übernehmen.70 Zuständig für den Abschluss dieses sog. Spaltungs- und Übernahmevertrages ist im Einklang mit Art. 137 Abs. 1 GesRRL (G Art. 3 Abs. 1 SpRL) gem. §§ 125 S. 1, 4 Abs. 1 S. 1 UmwG i.V.m. § 78 Abs. 1 AktG der Vorstand71. In formaler Hinsicht ist über den Mindeststandard der RL (→ 21.27, 21.64) hinaus gem. §§ 125 S. 1, 6 UmwG ebenso wie bei der Verschmelzung (→ 20.41) eine notarielle Beurkundung erforderlich72 (→ 21.65). Hinsichtlich des Mindestinhalts des Spaltungs- und Übernahmevertrages ist 21.34 der Gesetzgeber auch bei der Spaltung bewusst über den Mindeststandard der RL (→ 21.28 ff.) hinausgegangen: § 126 Abs. 1 UmwG fordert im Interesse eines Gleich67 Die deutsche Fassung („Aufteilung der begünstigten Gesellschaften“) ist insoweit fehlerhaft übersetzt, vgl. die englischen und französischen Fassungen („the allocations to the shareholders of the company being divided of shares in the recipient companies“/„la répartition aux actionnaires de la société scindée des actions des sociétés bénéficiaires“). S. ferner auch BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 118; Lösekrug S. 321. 68 Vgl. Barbaso [1984] JBL 176, 180; Werlauff S. 590. 69 Für die Spaltung durch Neugründung sieht § 136 UmwG dagegen konsequenterweise nur einen Spaltungsplan vor, → 21.111. 70  Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 118. 71  Bei der dualistischen SE das Leitungsorgan, bei der monistischen SE gem. § 22 Abs. 6 SEAG (→ 45.143) der Verwaltungsrat. 72  Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 119; Lutter/Priester § 126 UmwG Rn. 13; Semler/Stengel/Schröer § 126 UmwG Rn. 10.

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laufs mit der Verschmelzung in Nr. 2, 7, 8 und 11 die gleichen zusätzlichen Angaben wie § 5 Abs. 1 Nr. 2, 7, 8 und 9 UmwG für den Verschmelzungsvertrag (→ 20.42).73 Die Auffangregelung des Art. 137 Abs. 3 UAbs. 1 GesRRL (G  Art. 3 Abs. 3 21.35 lit. a SpRL) für nicht zugeteilte Aktiva wurde in § 131 Abs. 3 UmwG richtlinienkonform umgesetzt.74 Bezüglich der Passiva gibt es zwar keine spezielle Regelung; gem. § 133 Abs. 1 S. 1 UmwG haften die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger aber ge­ nerell als Gesamtschuldner für alle Verbindlichkeit des übertragenden Rechtsträgers (→ 21.101), so dass den Anforderungen des Art. 137 Abs. 3 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 3 Abs. 3 lit. b SpRL) Genüge getan ist.75 b)  Offenlegung des Spaltungsplans (Art. 138 GesRRL [ G Art. 4 SpRL]) 21.36 Um eine rechtzeitige und umfassende Information von Aktionären, Gläubigern und allgemeinem Rechtsverkehr zu gewährleisten, muss der Spaltungsplan mindestens einen Monat vor dem Tag der Hauptversammlung, die über ihn zu beschließen hat, offengelegt werden. Die Regelung der Offenlegungsmodi entspricht – einschließlich der durch die RL 2009/109/EG (→ 21.4) erfolgten Modernisierung − der Parallelvorschrift des Art. 92 GesRRL (G Art. 6 FusRL), so dass auf die diesbezüglichen Erläuterungen (→ 20.43 ff.) verwiesen werden kann. Diesen Gleichlauf hat der deutsche Gesetzgeber dadurch nachvollzogen, dass 21.37 die Offenlegung schlicht durch Verweisung des § 125 S. 1 auf § 61 UmwG geregelt wurde76, 77; damit ergibt sich allerdings auch hier dieselbe Problematik hinsichtlich der Offenlegungsfrist (→ 20.46)78. 3.  Spaltungsbericht (Art. 141 GesRRL [ G Art. 7 SpRL]) 21.38 Zweiter Grundbaustein des Verfahrens ist im Interesse einer umfassenden Information der Aktionäre auch bei der Spaltung ein ausführlicher schriftlicher79 Bericht der 73  Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 117, 119; s. ferner Lösekrug S. 322, 328; Lutter/Priester § 126 UmwG Rn. 17 f.; Schwarz Rn. 682. 74  Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 120 f.; Heidenhain EuZW 1995, 327; Semler/Stengel/Leonhard § 131 UmwG Rn. 69; Lösekrug S. 322; Lutter/A. Teichmann § 131 UmwG Rn. 103, 112. 75 Vgl. Heidenhain EuZW 1995, 327; Lösekrug S. 322, 328; Schwarz Rn. 683; abw. TauchertNosko S. 49 f. 76  Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 126; Kallmeyer/Sickinger, § 125 UmwG Rn. 69; Lösekrug (Fn. 6), S. 322; Priester (Fn. 40), § 128 Rn. 5. 77  Hieran wurde auch im Zuge des 3. UmwÄndG (→ 21.6), festgehalten, → 20.46. 78  Vgl. dazu auch Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 962. 79 Da die Vorschrift unionsautonom auszulegen ist, dürfte hier keine Schriftform i.S.d. deutschen Verständnisses (also i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB) erforderlich sein; ausreichend sein dürfte vielmehr das, was in neueren EU-Rechtsakten (vgl. etwa Art. 4 Abs. 1 Nr. 62 MiFID II, Art. 2 Abs. 1 lit. m OGAW-RL, Art. 2 Nr. 10 VRRL) als ein „dauerhafter Datenträger“ bezeichnet wird (d.h. in der üblichen deutschen Terminologie Textform i.S.d. § 126b BGB). Vgl. zur Parallelproblematik beim Spaltungsplan → 21.27, beim Spaltungs-

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Verwaltungs- oder Leitungsorgane jeder der beteiligten Gesellschaften (sog. Spaltungsbericht), der den Aktionären im Wege der Vorabinformation gem. Art. 143 GesRRL (G Art. 9 SpRL) zur Kenntnis gebracht wird (→ 21.57). Die in Art. 141 GesRRL (G Art. 7 SpRL) normierten Anforderungen an seinen Inhalt, bei denen es sich nach Sinn und Zweck ebenfalls nur um Mindeststandards handelt80, korrespondieren im Wesentlichen mit denjenigen an den Verschmelzungsbericht gem. Art. 95 GesRRL (G  Art. 9 FusRL, → 20.47 ff.). Auch hier sind der Spaltungsplan und insbesondere das Umtauschverhältnis der Aktien rechtlich und wirtschaftlich zu erläutern und zu begründen; außerdem ist auf etwaige besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung hinzuweisen. Hinzu kommen allerdings zwei spaltungsspezifische inhaltliche Anforderungen. Zum einen muss insbesondere auch der gem. Art. 137 Abs. 2 lit. i GesRRL (G Art. 3 Abs. 2 lit. i SpRL) im Spaltungsplan anzugebende (→ 21.32) Maßstab für die Aufteilung der Aktien rechtlich und wirtschaftlich erläutert und begründet werden, was speziell bei der nicht verhältniswahrenden Spaltung (→ 21.18) von Bedeutung ist81. Zum anderen ist ggf. (d.h. soweit diese(r) nicht entbehrlich ist/sind, dazu → 19.67 ff., 19.193 ff., 21.54, 21.110) auf den/die Wertprüfungsbericht(e) für Sacheinlagen für die begünstigten Gesellschaften sowie das/die Register, bei dem/denen diese(r) Bericht(e) zu hinterlegen ist/sind, hinzuweisen82. Grund für diese spezielle − bei Verschmelzungen nicht bestehende − Hinweispflicht ist, dass aufgrund der spaltungsspezifischen Gefahren insoweit eine umfassende Information der Aktionäre gewährleistet sein soll.83 Eine ungeschriebene Grenze findet die Berichtspflicht − ebenso wie beim Ver- 21.39 schmelzungsbericht (→ 20.50) −dort, wo die Offenlegung bestimmter Tatsachen im Einzelfall ausnahmsweise zu erheblichen Nachteilen für die Gesellschaft – und damit letztlich auch für die Aktionäre – führen könnte.84 In formaler Hinsicht geht die RL zwar – ebenso wie bei Verschmelzungen – von 21.40 separaten Berichten für jede der beteiligten Gesellschaften aus; der Erstellung eines gemeinsamen Berichts dürfte jedoch auch hier nichts entgegenstehen (→ 20.51).85 prüfungsbericht → 21.46; i.R.d. FusRL → 20.32, 20.47, 20.58; bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung → 22.37, 22.63, 22.76; i.R.d. EpGRL → 27.35, 27.38; i.R.d. ARRL → 29.83, 29.240. Anders als bei Art. 11 Abs. 2 S. 1 ARRL handelt es sich hier indes nur um eine Mindestregelung, d.h. die Mitgliedstaaten dürfen auch strengere Anforderungen stellen (z.B. Schriftform i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB verlangen). 80  Vgl. zur Parallelnorm des Art. 95 GesRRL (G Art. 9 FusRL) → 20.49. 81  Vgl. zur deutschen Umsetzung in § 127 UmwG: Semler/Stengel/Gehling § 127 UmwG Rn. 27; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 127 UmwG Rn. 6 ff.; Lutter/Schwab § 127 UmwG Rn. 32. 82  In der deutschen Fassung heißt es zwar „erwähnen“; die anderen Sprachfassungen (englisch: „disclose“, französisch „mentionne“) sowie speziell die Ratio der Norm sprechen jedoch dafür, dass ein ausdrücklicher spezieller Hinweis und nicht nur eine versteckte beiläufige Erwähnung erforderlich ist; auch die deutsche Umsetzungsvorschrift in § 142 Abs. 2 UmwG verlangt daher einen „Hinweis“. 83  Vgl. BegrRegE BT-Drs. 12/6699, S. 126. 84  Vgl. zur Parallelnorm des Art. 95 GesRRL (G Art. 9 FusRL) → 20.50. 85 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 43 Fn. 95; Harrer (Fn. 17), S. 307, 367; Widmann/Mayer/ Rieger Vor §§ 141–146 Rn. 19; a.A. Engelmeyer, Die Spaltung von Aktiengesellschaften nach dem neuen Umwandlungsrecht, 1995, S. 19 ff.

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Im Falle wesentlicher Veränderungen des Aktiv- oder Passivvermögens der gespaltenen Gesellschaft zwischen der Aufstellung des Spaltungsplans und dem Tag der Hauptversammlung, die über diesen zu beschließen hat, sieht Art. 141 Abs. 3 GesRRL (G Art. 7 Abs. 3 SpRL) eine Unterrichtungspflicht vor. Anders nach der − erst durch die RL 2009/109/EG (→ 21.4) eingeführten − Parallelregelung bei der Verschmelzung in Art. 95 Abs. 2 GesRRL (G Art. 9 Abs. 2 FusRL, → 20.52) trifft diese Unterrichtungspflicht bei der Spaltung nur die Verwaltungs- oder Leitungsorgane der gespaltenen (und nicht der anderen beteiligten) Gesellschaften, da für das Spaltungsprojekt ausschließlich deren Vermögen relevant ist. Zu unterrichten sind auch hier die Hauptversammlung sowie die Verwaltungs- oder Leitungsorgane der anderen beteiligten Gesellschaften (die dann wiederum ihre jeweilige Hauptversammlung informieren müssen). Zum Kriterium der „Wesentlichkeit“ → 20.52, zur Modifikation bei Konzernspaltungen → 21.113. Anders als der Verschmelzungs- ist der Spaltungsbericht − vorbehaltlich eines Verzichts (→ 21.44) − auch bei Konzernspaltungen stets erforderlich (→ 21.112), weil auch dort zumindest der Aufteilungsmaßstab problematisch bleibt und erläuterungsbedürftig ist.86 Entbehrlich ist der Spaltungsbericht allerdings gem. Art. 156 Abs. 4 GesRRL (G Art. 22 Abs. 5 SpRL) bei der verhältniswahrenden Spaltung durch Neugründung, → 21.109. Gem. Art. 144 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 SpRL) können die Mitgliedstaaten einen Verzicht auf den Spaltungsbericht gestatten; dieser muss allerdings – wie bei der Parallelregelung in Art. 95 Abs. 3 GesRRL (G Art. 9 Abs. 3 FusRL, → 20.54)87 − durch alle Aktionäre und Inhaber anderer mit Stimmrechten verbundener Wertpapiere aller an der Spaltung beteiligten Gesellschaften erfolgen. Die deutsche Umsetzungsvorschrift des § 127 UmwG verweist angesichts der Parallelität der RL-Vorgaben zu Verschmelzungs- und Spaltungsbericht weitgehend auf § 8 UmwG.88 Die Erweiterung der Berichtspflichten durch § 127 S. 1 Hs. 1 UmwG sowie §§ 127 S. 2, 8 Abs. 1 S. 2 und 3 UmwG ist aufgrund des Mindestnormcharakters des Art. 141 GesRRL (G  Art. 7 SpRL) (→ 21.38) richtlinienkonform.89 Mit der RL vereinbar sind auch die durch § 127 S. 1 Hs. 2 UmwG ermöglichte gemeinsame Berichterstattung90 und die Einschränkung der Berichtspflicht qua §§ 127 S. 2, 8 Abs. 2 UmwG91 (→ 21.39 f.). Mit §§ 127 S. 2, 8 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 UmwG hat der Gesetzgeber

86 Vgl. Grundmann Rn. 910; Lösekrug S. 342 f.; s. ferner auch Lutter/Schwab § 127 UmwG Rn. 54. 87  Anders als bei der Verschmelzung, wo die entsprechende Regelung (nach dem Vorbild des Art. 10 SpRL) erst durch die RL 2009/109/EG (→ 21.4) eingeführt wurde (→ 20.54), war die jetzt in Art. 144 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 SpRL) normierte Verzichtsmöglichkeit bei der Spaltung bereits von Anfang an vorgesehen (ursprünglich Art. 10 SpRL). 88  Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 119. 89 Vgl. Lösekrug S. 339 f. 90 Vgl. Lösekrug S. 340 f. 91 Vgl. Lösekrug S. 341; Lutter/Schwab § 127 UmwG Rn. 47; KK-UmwG/Simon § 127 Rn. 33.

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von der Option einer Verzichtsmöglichkeit (→ 21.44) Gebrauch gemacht. Von der Verweisung des § 127 S. 2 UmwG wäre zwar an sich auch § 8 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 UmwG erfasst. Die Norm passt jedoch schon von ihrem Wortlaut her gar nicht auf die – einzig von der RL erfasste (→ 21.21 f.) − Aufspaltung92; im Übrigen wäre angesichts des Fehlens einer Dispensnorm für Konzernspaltungen in der RL (→ 21.42) insofern zumindest eine richtlinienkonforme Reduktion der Verweisung geboten93. Im Kontext des 3. UmwÄndG (→ 21.6) war zwar zunächst geplant gewesen, dieses Redaktionsversehen durch Neufassung des § 8 Abs. 3 UmwG zu beseitigen94; dies ist jedoch letztlich nicht erfolgt95. Die Hinweispflicht gem. Art. 141 Abs. 2 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 7 Abs. 2 UAbs. 2 SpRL) wurde in § 142 Abs. 2 UmwG umgesetzt.96 Die Unterrichtungspflicht gem. Art. 141 Abs. 3 GesRRL (G Art. 7 Abs. 3 SpRL) wurde ursprünglich in § 143 UmwG a.F. umgesetzt,97 nach dem 3. UmwÄndG (→ 21.6) gelten insoweit nun aber § 125 S. 1 i.V.m. § 64 Abs. 1 S. 2–4 n.F. UmwG (→ 20.55)98. 4.  Spaltungsprüfung (Art. 142 GesRRL [ G Art. 8 SpRL]) Als dritter Grundbaustein des „europäischen Modells für Strukturmaßnahmen“ 21.46 (→ 21.2, 21.25) hat auch bei der Spaltung zum Schutz der Aktionäre eine Prüfung durch einen oder mehrere unabhängige Sachverständige zu erfolgen, deren schriftlichen99 Prüfungsbericht die Aktionäre dann i.R.d. Vorabinformation gem. Art. 143 GesRRL (G Art. 9 SpRL, → 21.57) einsehen können.

92  Vgl. Lutter/Schwab § 127 UmwG Rn. 54; KK-UmwG/Simon § 127 Rn. 36; für eine Geltung nur für Abspaltung und Ausgliederung auch Semler/Stengel/Gehling § 127 UmwG Rn. 51; Kallmeyer/Sickinger § 127 UmwG Rn. 16; Lösekrug S. 342; Schmitt/Hörtnagl/ Stratz/Hörtnagl § 127 UmwG Rn. 21; für eine Geltung auch für die Aufspaltung allerdings Widmann/Mayer/Mayer § 127 UmwG Rn. 73. 93 Vgl. Lösekrug S. 342 f.; Lutter/Schwab § 127 UmwG Rn. 54. 94  Vgl. dazu (dies begrüßend) Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956. 95  Der Rechtsausschuss hat die Unterrichtungspflicht gem. Art. 95 Abs. 2 GesRRL (G Art. 9 Abs. 2 FusRL, → 20.52) statt – wie ursprünglich geplant – nicht in § 8 UmwG für alle Rechtsträger, sondern lediglich in § 64 Abs. 1 UmwG n.F. für AG, KGaA und SE umgesetzt (vgl. Bericht Rechtsausschuss z. 3. UmwÄndG, BT-Drs. 17/5930, S. 12); bei der Streichung der geplanten Neufassung des § 8 Abs. 4 UmwG hat er dabei offenbar schlicht übersehen, dass damit auch das Redaktionsversehen beseitigt worden wäre. 96  Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 126. 97  Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 127. 98  Vgl. Bericht Rechtsausschuss z. 3. UmwÄndG, BT-Drs. 17/5930, S. 12; Leitzen DNotZ 2011, 526, 529; Neye/Kraft NZG 2011, 681, 683; Stöber CFL 2011, 266, 272. Anders als früher besteht die Unterrichtungspflicht damit zwingend auch nur noch bei AG, KGaA und SE. 99 Da die Vorschrift unionsautonom auszulegen ist, dürfte hier keine Schriftform i.S.d. deutschen Verständnisses (also i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB) erforderlich sein; ausreichend sein dürfte vielmehr das, was in neueren EU-Rechtsakten (vgl. etwa Art. 4 Abs. 1 Nr. 62 MiFID II, Art. 2 Abs. 1 lit. m OGAW-RL, Art. 2 Nr. 10 VRRL) als ein „dauerhafter Datenträger“ bezeichnet wird (d.h. in der üblichen deutschen Terminologie Textform i.S.d. § 126b BGB). Vgl. zur Parallelproblematik beim Spaltungsplan → 21.27, beim Spaltungs-

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Ebenso wie bei der Verschmelzungsprüfung (→ 20.59) hat die Prüfung grundsätzlich separat für jede einzelne an der Verschmelzung beteiligte Gesellschaft zu erfolgen (Art. 142 Abs. 1 S. 1 GesRRL [G Art. 8 Abs. 1 S. 1 SpRL]); die Mitgliedstaaten können jedoch auch hier eine gemeinsame Prüfung zulassen (Art. 142 Abs. 1 S. 2 GesRRL [G  Art. 8 Abs. 1 S. 2 SpRL]). Die Vorgaben des Art. 142 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 8 Abs. 1 SpRL) hinsichtlich der Bestellung, Qualifikation und Unabhängigkeit der Prüfer entsprechen ebenfalls denjenigen des Art. 96 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 10 Abs. 1 FusRL) für die Verschmelzungsprüfung (→ 20.60 f.). Prüfungsgegenstand ist – parallel zu Verschmelzungsprüfung (→ 20.57) − der Spaltungsplan, wobei auch hier der Fokus auf der Nachprüfung des für die Aktionäre essentiellen Umtauschverhältnisses liegt. Nicht zu prüfen ist dagegen – ebenso wenig wie bei der Verschmelzung − die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit100. Ferner gebietet die RL (auch insofern korrespondierend mit den Vorgaben für Verschmelzungen, → 20.57) keine Prüfung des Spaltungsberichts101; allerdings spricht hier ebenfalls nichts gegen eine nationale Regelung, welche die Prüfung auch hierauf erstreckt und so den Schutz der Aktionäre intensiviert102. In Bezug auf den Mindestinhalt des Prüfungsberichts und das Auskunftsrecht der Sachverständigen erklärt Art. 142 Abs. 2 GesRRL (G Art. 8 Abs. 2 SpRL) die Regelungen für die Verschmelzung in Art. 96 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 und 3 FusRL) für entsprechend anwendbar, so dass auf die Erläuterungen hierzu verwiesen werden kann → 20.58, 20.62. Zur Haftung der Sachverständigen → 21.81. Anders als bei Verschmelzungen sind Spaltungsprüfung und Spaltungsprüfungsbericht (ebenso wie der Spaltungsbericht, → 21.42) – vorbehaltlich eines Verzichts (→ 21.53) − auch bei Konzernspaltungen stets erforderlich (→ 21.112), weil auch dort zumindest der Aufteilungsmaßstab problematisch bleibt und erläuterungsbedürftig ist.103 Nicht erforderlich ist die Spaltungsprüfung allerdings gem. Art. 156 Abs. 4 GesRRL (G Art. 22 Abs. 5 SpRL) bei der verhältniswahrenden Spaltung durch Neugründung, → 21.109. Gem. Art. 144 Abs. 1 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 SpRL) sind Spaltungsprüfung und Spaltungsprüfungsbericht entbehrlich, wenn alle Aktionäre und Inhaber anderer mit einem Stimmrecht verbundener Wertpapiere aller an der Spaltung beteiligten Gesellschaften darauf verzichtet haben. Die ursprünglich als Mitgliedstaatenoption ausgestaltete Regelung (vgl. Art. 10 SpRL a.F.) wurde durch die RL 2007/63/EG (→ 21.4) bericht → 21.38; i.R.d. FusRL → 20.32, 20.47, 20.58; bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung → 22.37, 22.63, 22.76; i.R.d. EpGRL → 27.35, 27.38; i.R.d. ARRL → 29.83, 29.240. Anders als bei Art. 11 Abs. 2 S. 1 ARRL handelt es sich hier indes nur um eine Mindestregelung, d.h. die Mitgliedstaaten dürfen auch strengere Anforderungen stellen (z.B. Schriftform i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB verlangen). 100 Vgl. Lösekrug S. 343. 101 Vgl. Lösekrug S. 343. 102 Vgl. Lösekrug S. 343. 103 Vgl. Grundmann Rn. 910; Lösekrug S. 344 f.

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im Interesse einer Harmonisierung mit Art. 10 Abs. 4 FusRL n.F. (G Art. 96 Abs. 4 GesRRL, → 20.65) und Art. 8 Abs. 4 CBMD (G Art. 125 Abs. 4 GesRRL, → 22.85) zu einer obligatorischen Vorgabe hochgestuft.104 Eine ggf. parallel bestehende Pflicht zur Wertprüfung gem. Art. 70 Abs. 2, 49 21.54 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 31 Abs. 2, 10 Abs. 2 und 3 KapRL, → 19.192 ff.) macht die Spaltungsprüfung dagegen nicht automatisch entbehrlich. Allerdings gibt Art. 70 Abs. 3 GesRRL (G Art. 31 Abs. 3 KapRL) den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, in diesem Fall entweder ganz auf das Erfordernis von Sachverständigenprüfung und -bericht gemäß der Art. 70 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 31 Abs. 2 GesRRL) zu verzichten oder die Erstellung beider Berichte durch den- bzw. dieselben Sachverständigen zu gestatten (→ 19.194, 20.66; zur Parallelregelung in Art. 49 Abs. 5 GesRRL [G Art. 10 Abs. 5 KapRL] → 21.110, 20.140). Aufgrund der Parallelität zur Verschmelzungsprüfung hat der deutsche Gesetz- 21.55 geber die Spaltungsprüfung schlicht durch Verweisung des § 125 S. 1 auf §§ 60, 9–12 UmwG geregelt.105 Ausdrücklich ausgenommen ist allerdings § 9 Abs. 2 UmwG106, d.h. auch bei Konzernspaltungen muss – im Einklang mit der RL (→ 21.51) – stets eine Spaltungsprüfung erfolgen107 (eine Ausnahme würde sich zwar an sich auch aus §§ 125 S. 1, 9 Abs. 3, 8 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 UmwG ergeben; bei der Verweisung des § 9 Abs. 3 UmwG auch auf § 8 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 UmwG handelt es sich jedoch nach ganz h.M.108 um ein Redaktionsversehen109). Mit §§ 125 S. 1, 9 Abs. 3, 8 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 UmwG hat der Gesetzgeber in Umsetzung der Option des Art. 10 SpRL a.F. von Anfang an einen Verzicht auf die Spaltungsprüfung zugelassen; durch die RL 2007/63/ EG (→ 21.4) war daher insoweit keine Änderung veranlasst. Die Einschränkung des Berichtsinhalts gem. §§ 125 S. 1, 12 Abs. 3, 8 Abs. 2 UmwG ist richtlinienkonform.110 Einer Identität der Sacheinlage- und Spaltungsprüfer stand zwar schon zuvor nichts entgegen111, durch das 3. UmwÄndG (→ 21.6) wurde die Zulässigkeit aber explizit

104 Vgl. KOM(2007) 91, S. 2; Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 457. 105 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 119, 126. 106 § 9 Abs. 2 UmwG würde allerdings – ebenso wie § 8 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 UmwG (→ 21.45) − gar nicht auf die (einzig von der RL erfasste, → 21.21 f.) Aufspaltung passen. 107 Die in der BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 117, vertretene Auffassung, wonach es bei Aufspaltung und Abspaltung stets zu einem Anteilstausch kommt, der eine Prüfung durch Sachverständige erforderlich machen kann, trifft allerdings nicht den Kern der Problematik. Entscheidend ist vielmehr (neben den Vorgaben der RL, → 21.51), dass das Vermögen der gespaltenen Gesellschaft bei der Aufspaltung auf mindestens zwei Gesellschaften aufgeteilt wird und deshalb die jeweiligen Vermögensteile in ihrem Wert festgestellt werden müssen, vgl. Lösekrug S. 344; Lutter/A. Teichmann § 125 UmwG Rn. 5 Fn. 2. 108 Vgl. Lutter/Drygala § 9 UmwG Rn. 21; Widmann/Mayer/Mayer § 9 Rn. 39; KK-UmwG/ Simon § 125 Rn. 10; Stratz in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Stratz § 9 Rn. 14. 109 Durch die i.R.d. 3. UmwÄndG (→ 21.6) ursprünglich geplante Neufassung des § 8 Abs. 4 UmwG – von der dann jedoch letztlich doch abgesehen wurde (→ 21.45) − wäre auch dieses Redaktionsversehen beseitigt worden, vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956. 110 Vgl. Lösekrug S. 347. S. ferner zur Parallelproblematik bei der Verschmelzung → 20.55. 111 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956 m.w.N.

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klargestellt (vgl. §§ 125 S. 1, § 69 Abs. 1 S. 4 UmwG n.F.)112. Von der durch Art. 70 Abs. 3 GesRRL (G Art. 31 Abs. 3 KapRL) neu eröffneten Möglichkeit, auf die Sacheinlageprüfung völlig zu verzichten, wenn ein Spaltungsbericht erstellt wird, wurde dagegen kein Gebrauch gemacht, sondern es wurde die Regelung des § 142 Abs. 1 UmwG (wonach eine Gründungsprüfung stets obligatorisch ist) beibehalten.113 5.  Spaltungsbeschlüsse 21.56 Als vierten Grundbaustein des „europäischen Modells für Strukturmaßnahmen“ (→ 21.2, 21.25) und zentrales Element des Aktionärsschutzes bedarf die Spaltung gem. Art. 139 Abs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 5 Abs. 1 S. 1 SpRL) der Zustimmung der Hauptversammlung jeder an der Spaltung beteiligten Gesellschaft (→ 21.59 f.). a)  Vorabinformation (Art. 143 GesRRL [ G Art. 9 SpRL]) 21.57 Um den Aktionären eine informierte Entscheidung zu ermöglichen, müssen ihnen gem. Art. 143 GesRRL (G Art. 9 SpRL) auch bei der Spaltung mindestens einen Monat vor dem Tag der Hauptversammlung, die über den Spaltungsplan zu beschließen hat, umfangreiche Informationen über das Spaltungsprojekt zur Verfügung gestellt werden. Die Vorgaben des Art. 143 GesRRL (G Art. 9 SpRL) bezüglich des Gegenstands dieser Vorabinformation und der Informationsmodi – bei denen es sich ebenfalls nur um Mindeststandards handelt − korrespondieren (einschließlich der durch die RL 2009/109/EG [→ 21.4] erfolgten Modernisierung) mit denjenigen des Art. 97 GesRRL (G Art. 11 FusRL)114, so dass hinsichtlich der Einzelheiten auf die Erläuterungen hierzu (→ 20.69 ff.) verwiesen werden kann. Bei der verhältniswahrenden Spaltung durch Neugründung ist allerdings gem. Art. 156 Abs. 4 GesRRL (G  Art. 22 Abs. 5 SpRL) keine Zwischenbilanz erforderlich, → 21.109. 21.58 Aufgrund dieser Parallelität zur Vorabinformation bei der Verschmelzung hat der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben des Art. 143 GesRRL (G Art. 9 SpRL) ebenfalls schlicht durch den Verweis des § 125 S. 1 auf § 63 UmwG umgesetzt.115 Damit stellen sich allerdings auch in Bezug auf die Spaltung die erörterten Probleme (→ 20.79 f.) bzgl. Auslegungs- und Zugänglichkeitsfrist sowie Auslegungsort.116 112 Vgl. BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 14; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956. 113 Kritisch dazu Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 957. 114 Die Mitgliedstaatenoption hinsichtlich der Möglichkeit eines Verzichts auf die Erstellung einer Zwischenbilanz ist bei der Spaltung allerdings nicht unmittelbar in Art. 143 GesRRL (G Art. 9 SpRL), sondern in Art. 144 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 SpRL) geregelt. Hintergrund ist, dass sie hier von Anfang an (ursprünglich in Art. 10 SpRL a.F.) vorgesehen war, während sie bei der Verschmelzung erst durch die RL 2009/109/EG (→ 21.4) eingeführt wurde, → 20.76 sowie Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; s. ferner auch Sandhaus NZG 2009, 41, 43. 115 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 126; Lösekrug S. 327. 116 Vgl. dazu auch Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 963.

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b)  Hauptversammlungsbeschlüsse (Art. 139 Abs. 1 GesRRL [ G Art. 5 Abs. 1 SpRL]) Die Vorgaben in Bezug auf die Mehrheitserfordernisse für den Hauptversamm- 21.59 lungsbeschluss, seinen Gegenstand117 und die etwaige Erforderlichkeit eines Sonderbeschlusses sind ebenfalls deckungsgleich mit denjenigen für die Verschmelzung: Art. 139 Abs. 1 S. 2 GesRRL (G Art. 5 Abs. 1 S. 2 SpRL) erklärt insoweit explizit die Regelungen in Art. 93 GesRRL (G Art. 7 FusRL, → 20.81 ff.) für anwendbar. Der deutsche Gesetzgeber folgt dieser Regelungstechnik, indem § 125 S. 1 UmwG 21.60 auf § 65 UmwG (→ 20.85) verweist.118 Im Falle einer nicht-verhältniswahrenden Spaltung verlangt § 128 S. 1 UmwG allerdings zum Schutz der Minderheitsaktionäre119 beim übertragenden Rechtsträger (= gespaltene Gesellschaft) einen einstimmigen Beschluss. Dies ist mit den − lediglich einen Mindeststandard etablierenden − Art. 139 Abs. 1 i.V.m. Art. 93 Abs. 1 GesRRL (G Art. 5 Abs. 1 SpRL i.V.m. Art. 7 Abs. 1 FusRL, → 21.81 ff.) vereinbar;120 s. zur Problematik der Richtlinienkonformität des § 128 S. 1 UmwG → 21.87. c)  Entbehrlichkeit des Hauptversammlungsbeschlusses in Sonderfällen In Parallele zu Art. 94 GesRRL (G Art. 8 FusRL, → 20.86) gestattet Art. 140 Ges- 21.61 RRL (G Art. 6 SpRL) den Mitgliedstaaten auf das Erfordernis des Hauptversammlungsbeschlusses einer begünstigten Gesellschaft zu verzichten und stattdessen nur einer Aktionärsminderheit (Quorum: max. 5 %) ein Recht auf Herbeiführung einer Beschlussfassung einzuräumen; dies allerdings ebenfalls nur, wenn der Spaltungsplan gem. lit. a offengelegt und den Aktionären eine Vorabinformation gem. lit. b ermöglicht wird. Deutschland hat von dieser Option durch §§ 125 S. 1, 62 Abs. 1–3 UmwG nur par- 21.62 tiell Gebrauch gemacht, nämlich nur für den Sonderfall der upstream-Spaltung einer Kapitalgesellschaft, deren Anteile sich zu insgesamt mind. 90 % in der Hand bzw. in den Händen der aufnehmenden Gesellschaft(en) befindet bzw. befinden.121 Bei Konzernspaltungen ist der Hauptversammlungsbeschluss in bestimmten Fäl- 21.63 len auch bei der gespaltenen Gesellschaft entbehrlich, → 21.113.

117 Der Begriff „Tragweite“ in der deutschen Fassung ist falsch übersetzt. In der englischen Fassung heißt es „scope“, in der französischen „portée“. Gemeint ist die „Reichweite“ des Beschlusses, also sein Gegenstand. 118 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 127. 119 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 120. 120 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 120; Habersack/Verse § 8 Rn. 37; Lösekrug S. 332; Widmann/Mayer/Rieger Vor §§ 141–146 UmwG Rn. 21; a.A. Heidenhain EuZW 1995, 327, 328. 121 Vgl. Habersack FS Horn, 2006, S. 337, 353 f.; unzutreffend insofern Lösekrug S. 324, 373.

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6.  Rechtmäßigkeitskontrolle, Wirksamwerden und Offenlegung a)  Rechtmäßigkeitskontrolle (Art. 148 GesRRL [ G Art. 14 SpRL]) 21.64 Zu den Kernelementen des Schutzinstrumentariums gehört schließlich auch bei der Spaltung das Erfordernis einer umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle. Art. 148 GesRRL (G Art. 14 SpRL) erklärt diesbezüglich Art. 102 GesRRL (G Art. 16 FusRL, → 20.88 ff.) für entsprechend anwendbar, lässt den Mitgliedstaaten also auch insofern mit Blick auf die unterschiedlichen Traditionen die Wahl, ob sie die Rechtmäßigkeitskontrolle mittels einer vorbeugenden gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Kontrolle, mittels einer öffentlichen Beurkundung oder mittels einer Kombination aus beidem realisieren. Deutschland hat im Interesse eines möglichst umfassenden Schutzes der Aktio21.65 näre und des Rechtsverkehrs die bei der Verschmelzung traditionelle Kumulation von notarieller Beurkundung (§§ 125 S. 1, 6 UmwG) und registergerichtlicher Kontrolle122 in zulässiger Weise123 auch für die Spaltung übernommen. b)  Zeitpunkt des Wirksamwerdens (Art. 149 GesRRL [ G Art. 15 SpRL]) 21.66 Den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Spaltung überlässt Art. 149 GesRRL (G Art. 15 SpRL) – ebenso wie die Parallelregelung in 103 GesRRL (G Art. 17 FusRL, → 20.92) − dem nationalen Recht, verpflichtet die Mitgliedstaaten im Interesse der Rechtssicherheit aber immerhin zu einer eindeutigen Fixierung. 21.67 Der deutsche Gesetzgeber hat sich mit § 131 Abs. 1 UmwG für die Eintragung in das Register des übertragenden Rechtsträgers als Anknüpfungspunkt entschieden, weil sich hierdurch der maßgebliche Zeitpunkt am einfachsten einheitlich festlegen lasse.124 c)  Offenlegung (Art. 150 GesRRL [ G Art. 16 SpRL]) 21.68 Um den Rechtsverkehr über die Spaltung zu informieren, gebietet Art. 150 Abs. 1 GesRRL (G Art. 16 Abs. 1 SpRL) – in Parallele zu Art. 104 Abs. 1 GesRRL (G Art. 18 Abs. 1 FusRL, → 20.94) − die Offenlegung der Spaltung für jede der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften in Übereinstimmung mit Art. 16 GesRRL (G Art. 3 Pub­ RL125, → 18.14 ff.). Als Erleichterung für die Praxis gestattet Art. 150 Abs. 2 GesRRL

122 Vgl. dazu Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 130 UmwG Rn. 10 ff.; Lutter/Priester § 130 UmwG Rn. 5; Semler/Stengel/Schwanna § 130 UmwG Rn. 2 ff.; Kallmeyer/Zimmermann § 130 UmwG Rn. 2 ff. 123 Vgl. Hommelhoff/Riesenhuber (Fn. 6), S. 259, 273 Fn. 69; Lösekrug S. 363. 124 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 120; Priester (Fn. 40), § 130 Rn. 4. 125 Der Verweis in der SpRL auf Art. 3 RL 68/151/EWG ist als Verweis auf Art. 3 der kodifizierten Fassung der PubRL (RL 2009/101/EG) zu lesen, vgl. Art. 16 Abs. 2 PubRL.

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(G Art. 16 Abs. 2 SpRL) dabei (ähnlich wie Art. 104 Abs. 2 GesRRL [G Art. 18 Abs. 2 FusRL], → 20.94), dass jede begünstigte Gesellschaft die Offenlegung für die gespaltene Gesellschaft selbst veranlasst. Aufgrund der Parallelität zu Art. 104 Abs. 2 GesRRL (G Art. 18 FusRL) hat der 21.69 deutsche Gesetzgeber die Vorgaben des Art. 150 GesRRL (G Art. 16 SpRL) schlicht durch Verweisung des § 125 S. 1 auf §§ 16 Abs. 1 S. 1, 19 Abs. 3 UmwG i.V.m. § 10 HGB (ergänzt um eine spaltungsspezifische Sonderregelung zur Eintragungsreihenfolge in § 130 UmwG) umgesetzt.126 Das sich bereits aus §§ 125 S. 1, 16 Abs. 1 S. 2 UmwG ergebende Anmelderecht jedes übernehmenden Rechtsträgers wurde in § 129 UmwG nochmals ausdrücklich klargestellt.127

V.  Rechtsfolgen der Spaltung (Art. 151 GesRRL [ G Art. 17 SpRL]) Die Rechtsfolgen der Spaltung sind in Art. 151 GesRRL (G Art. 17 SpRL) – der weit- 21.70 gehend mit der Parallelregelung in Art. 105 GesRRL (G Art. 19 FusRL, → 20.96 ff.) korrespondiert − geregelt. Die Spaltung hat danach ipso iure folgende drei zentralen Rechtswirkungen, die letztlich auch das Wesen dieses Rechtsinstituts ausmachen (→ 21.14): (1) (Partielle) Universalsukzession (→ 21.71 f.), (2) „Aktientausch“ (→ 21.74 ff.), und (3) Erlöschen der gespaltenen Gesellschaft (→ 21.77). 1.  (Partielle) Universalsukzession (Art. 151 Abs. 1 lit. a GesRRL [ G Art. 17 Abs. 1 lit. a SpRL]) Das gesamte Aktiv- und Passivvermögen der gespaltenen Gesellschaft geht − auto- 21.71 matisch und ohne dass es hierzu besonderer Förmlichkeiten bedarf − anteilig auf die begünstigten Gesellschaften über (sog. partielle Universalsukzession), Art. 151 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 17 Abs. 1 lit. a SpRL). Im Hinblick auf Verträge hat der EuGH in seinem Urteil v. 7.4.2016 der Rs. KA Finanz überzeugend klargestellt, dass die Universalsukzession128 bewirkt, dass die übernehmende bzw. neue Gesellschaft in die Vertragsposition der übertragenden Gesellschaft eintritt; das Vertragsstatut (das sich – je

126 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 120. 127 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 120; Lutter/Priester § 129 UmwG Rn. 2; Semler/Stengel/Schwanna § 129 UmwG Rn. 1; KK-AktG/Simon § 129 UmwG Rn. 2; Kallmeyer/Zimmermann § 129 UmwG Rn. 1. 128 Das Urteil bezieht sich zwar konkret auf die Universalsukzession bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen gem. Art. 131 Abs. 1 lit. a GesRRL (G  Art. 14 Abs. 1 lit. a CBMD, → 22.120), dasselbe muss aber konsequenterweise auch für die Universalsukzession bei Spaltungen gem. Art. 151 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 17 Abs. 1 lit. a SpRL) gelten, vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2016, 841, 846; Wimmer WBl. 2017, 9, 11.

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nach Zeitpunkt – grds.129 nach dem EVÜ130 bzw. der Rom I-VO131 bestimmt) bleibt davon indes unberührt.132 Ebenso wie bei der Verschmelzung (→ 20.99) gehen im Wege der Universalsukzession als Teil des Passivvermögens insbesondere auch verhängte Geldbußen mit über; die diesbezüglich überzeugende Argumentation des EuGH in der Rs. Modelo Continente Hipermercados133 beansprucht gleichermaßen auch bei der partiellen Universalsukzession i.R.d. Spaltung Geltung. Maßgeblich dafür, welche Aktiva und Passiva konkret auf welche begünstigte 21.72 Gesellschaft übergehen, ist insoweit grundsätzlich die im Spaltungsplan vorgesehene Aufteilung (vgl. Art. 137 Abs. 2 lit. h GesRRL [G Art. 3 Abs. 2 lit. h SpRL], → 21.30), subsidiär die sich aus der Auffangregelung des Art. 137 Abs. 3 GesRRL (G  Art. 3 Abs. 3 SpRL, → 21.31) ergebende Aufteilung. Wie Art. 151 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 17 Abs. 1 lit. a SpRL) ausdrücklich klar21.73 stellt, gilt die partielle Gesamtrechtsnachfolge nicht nur im Verhältnis der beteiligten Gesellschaften zueinander, sondern grundsätzlich auch im Verhältnis zu Dritten. Vor dem Hintergrund der mangelnden Harmonisierung des allgemeinen Zivilrechts134 enthält Art. 151 Abs. 3 GesRRL (G  Art. 17 Abs. 3 SpRL) insoweit allerdings einen dem Art. 105 Abs. 3 GesRRL (G Art. 19 Abs. 3 FusRL, → 20.100) entsprechenden Vorbehalt inklusive korrespondierender Erleichterungen bezüglich der Vollziehung entsprechender, im nationalen Recht vorgesehener Förmlichkeiten. 2.  „Aktientausch“ (Art. 151 Abs. 1 lit. b GesRRL [ G Art. 17 Abs. 1 lit. b SpRL]) 21.74 Die Aktionäre der gespaltenen Gesellschaft werden Aktionäre einer oder mehrerer begünstigter Gesellschaften, Art. 151 Abs. 1 lit. b GesRRL (G Art. 17 Abs. 1 lit. b SpRL). Maßgeblich ist auch insoweit die im Spaltungsplan vorgesehene Aufteilung (Art. 137 Abs. 2 lit. h GesRRL [G Art. 3 Abs. 2 lit. i SpRL], → 21.32). Der Anteilserwerb vollzieht sich ipso iure; es bedarf – unabhängig vom sonst für die Übertragung geltenden Recht − weder besonderer Übertragungsakte noch einer Dokumentation. Zugleich gehen die Aktien der gespaltenen Gesellschaft mit deren Erlöschen (→ 21.77) unter. Die Regelung der praktischen Einzelheiten des „Aktientauschs“ bleibt den Mitgliedstaaten überlassen135 (→ 20.101, 21.29). Das Schicksal etwaiger Rechte Dritter an den Aktien der gespaltenen Gesellschaft wird von der RL zwar ebenso wenig ausdrücklich geregelt wie bei der Verschmelzung; wie dort (→ 20.100) ist jedoch − dem Konzept der 129 Sofern diese grds. anwendbar sind und keine vorrangigen Sonderregeln eingreifen. 130 Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht aufgelegt zur Unterzeichnung am 19.6.1980 in Rom, ABlEG v. 9.10.1980, L 266/1 = BGBl. 1986 II, 810. 131 VO (EG) Nr. 593/2008 des EP und des Rates v. 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABlEU v. 4.7.2008, L 177/6. 132 EuGH v. 7.4.2016, KA Finanz, C-483/14, ECLI:EU:C:2016:205. Literatur dazu → 20.98. 133 EuGH v. 5.3.2015, Modelo Continente Hipermercados, C-343/13, ECLI:EU:C:2015:146. Literatur dazu → 20.99. 134 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 36; Schwarz Rn. 694. 135 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 37.

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Gesamtrechtsnachfolge entsprechend − davon auszugehen, dass sich solche Rechte Dritter ipso iure an den Aktien der begünstigten Gesellschaft fortsetzen.136 In Parallele zu Art. 105 Abs. 2 GesRRL (G Art. 19 Abs. 2 FusRL, → 20.102) macht 21.75 Art. 151 Abs. 2 GesRRL (G Art. 17 Abs. 2 SpRL) allerdings zwei wichtige Ausnahmen vom Anteilserwerb, mit denen – quasi als Prolongation der Art. 60–67 GesRRL (G Art. 21–28 KapRL, → 19.123 ff.) − die Entstehung eigener Aktien verhindert werden soll137. Ausgeschlossen ist der Anteilserwerb danach bei Aktien, die (a) die jeweilige begünstigte Gesellschaft oder (b) die gespaltene Gesellschaft selbst hält; um Umgehungen zu vermeiden, sind zudem jeweils auch Aktien erfasst, die von einer Person für Rechnung der jeweiligen Gesellschaft gehalten werden138. Ebenso wie bei der Verschmelzung (→ 20.103) steht die RL darüber hinaus aber 21.76 auch einem Verzicht von Aktionären auf die Gewährung von Anteilen und insbesondere auch diesbezüglichen nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegen.139 Für einen „aufgedrängten“ Schutz ist auch hier kein vernünftiger Grund ersichtlich. Abweichendes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus Art. 139 Abs. 2 GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 SpRL).140 3.  Erlöschen der gespaltenen Gesellschaft (Art. 151 Abs. 1 lit. c GesRRL [ G Art. 17 Abs. 1 lit. c SpRL]) Die gespaltene Gesellschaft erlischt ipso iure (vgl. Art. 151 Abs. 1 lit. c GesRRL 21.77 [G Art. 17 Abs. 1 lit. c SpRL]), weitere Rechtsakte (z.B. eine besondere Löschung) sind nicht erforderlich. Auch ein Liquidationsverfahren findet nicht statt (→ 21.12 ff.), da sämtliche Aktiva und Passiva ja im Wege der partiellen Universalsukzession auf eine oder mehrere begünstigte Gesellschaften übergehen (→ 21.71f.). 4.  Umsetzung im deutschen Recht Der deutsche Gesetzgeber hat die Parallelität der Regelungen in Art. 151 GesRRL 21.78 (G Art. 17 SpRL) und Art. 105 GesRRL (G Art. 19 FusRL) dadurch nachvollzogen, dass er die Rechtsfolgen der Spaltung in § 131 Abs. 1 UmwG korrespondierend mit § 20 UmwG geregelt hat.141 In §§ 131 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, 132 UmwG a.F. wurde allerdings zunächst ein Vorbehalt bezüglich von Übertragbarkeitshindernissen des all-

136 Abw. Widmann/Mayer/Vossius § 131 UmwG Rn. 9 (nicht durch SpRL vorgegeben). 137 Vgl. Edwards S. 114; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 172; Schwarz Rn. 694. 138 Für Rechnung handelnde Personen werden auch i.R.d. Art. 60–67 GesRRL (G Art. 21–28 KapRL) grds. gleichgesetzt, → 19.129, 19.134, 19.141, 19.147, 19.163. 139 Vgl. Heckschen DB 2008, 1363, 1364 f.; Lösekrug S. 333 ff. 140 Ausf. Heckschen DB 2008, 1363, 1364 f.; Lösekrug S. 335; zur Umsetzung in das deutsche Recht auch Lutter/Priester § 128 UmwG Rn. 15. 141 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 120.

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gemeinen Zivilrechts normiert; diese von der Praxis heftig kritisierte142 und auch im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit der SpRL problematische143 „Spaltungsbremse“ wurde jedoch durch das 2. UmwÄndG144 gestrichen145. Zudem wurde in § 68 Abs. 1 S. 3 UmwG ein ausdrücklicher Dispens von der Anteilsgewährungspflicht für den Fall, dass alle Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers hierauf in notariell beurkundeter Form verzichten, eingeführt (→ 20.105); dieser gilt qua § 125 S. 1 UmwG auch bei der Spaltung.146

VI.  Nichtigkeit und Bestandsschutz (Art. 153 GesRRL [ G Art. 19 SpRL]) 21.79 Da mit einer „Entspaltung“ ähnliche Probleme verbunden sind wie mit einer „Entschmelzung“ (→ 20.106), erschien dem europäischen Gesetzgeber eine Einschränkung der Fälle einer Nichtigkeit auch hier zu Recht unabdingbar (vgl. ErwG 73 GesRRL [G  ErwG 11 SpRL]). Mit Blick auf die stark divergierenden nationalen Regelungen beschränkte er sich jedoch auch bei der Spaltung darauf, die Nichtigkeit an strenge verfahrensrechtliche Kautelen zu binden und einen numerus clausus von Nichtigkeitsgründen sowie Regelungen zum Schutz des Rechtsverkehrs zu etablieren. Art. 153 GesRRL (G Art. 19 SpRL) korrespondiert insoweit nahezu vollständig mit Art. 108 GesRRL (G Art. 22 FusRL)147, so dass auf die Ausführungen hierzu verwiesen werden kann, → 20.106 ff. Einzig relevanter Unterschied ist die Haftungsregelung in Art. 153 Abs. 1 lit. h GesRRL (G Art. 19 Abs. 1 lit. h SpRL):148 Für die zwischen Wirksamwerden der Spaltung und Offenlegung des Beschlusses über die Nichtigkeit entstandenen Verbindlichkeiten ist zwar auch hier eine gesamtschuldnerische Haftung der beteiligten Gesellschaften vorgesehen; begünstigte Gesellschaften haften aber nur für Verbindlichkeiten zu ihren Lasten, und die Mitgliedstaaten können darüber hinaus eine Beschränkung der Haftung auf den auf die jeweilige begünstigte Gesellschaft übertragenen Teil des Nettoaktivvermögens vorsehen. Ebenso wie bei Art. 108 GesRRL 142 Vgl. etwa Heidenhain ZIP 1995, 801, 805 („missraten“); Kallmeyer GmbHR 1996, 242, 244 („gesetzestechnisch verunglückt“); Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2000, 802, 806 f. 143 Zur Problematik: Bungert BB 1997, 897, 899; Habersack/Verse § 8 Rn. 36; Heidenhain EuZW 1995, 327, 328 f.; Jesch ZHR-Beiheft 68 (1999) 148, 152 ff.; Lösekrug S. 364 ff.; Mayer GmbHR 1996, 403, 405; Widmann/Mayer/Rieger Vor §§ 141–146 UmwG Rn. 22 f. 144 Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 19.4.2007, BGBl. I, S. 542. 145 Vgl. dazu BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BR-Drs. 548/06, S. 41; Bayer/J. Schmidt NZG 2006, 841, 845; Mayer/Weiler MittBayNot 2007, 368, 372 f.; K. Müller NZG 2006, 491 ff.; Lutter/A. Teichmann § 131 UmwG Rn. 4 f. m.w.N. 146 Vgl. Heckschen DB 2008, 1363, 1364 ff.; Kallmeyer/Sickinger § 125 UmwG Rn. 76; Kallmeyer/Sickinger § 131 UmwG Rn. 25; Mayer/Weiler DB 2007, 1235, 1238; KK-UmwG/ Simon § 126 UmwG Rn. 29; zur Zulässigkeit eines Verzichts o. Rn. 76; kritisch zur RLKonformität: Mayer/Weiler DB 2007, 1235, 1239 (allerdings jeweils nur in Bezug auf die FusRL). 147 Vgl. Grundmann Rn. 913; Lösekrug S. 369, 372. 148 Vgl. auch Edwards S. 116; Grundmann Rn. 913.

§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL)

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(G Art. 22 FusRL) handelt es sich im Übrigen auch bei Art. 153 GesRRL (G Art. 19 SpRL) um einen Mindeststandard, d.h. das nationale Recht kann die Nichtigkeit an noch strengere Voraussetzungen binden oder sogar völlig ausschließen.149 Der deutsche Gesetzgeber ist mit § 131 Abs. 2 UmwG in Parallele zu § 20 Abs. 2 21.80 UmwG150 (→ 20.111) auch bei der Spaltung in zulässiger Weise151 über den Mindeststandard der RL hinausgegangen und hat eine „Entspaltung“ ebenfalls generell ausgeschlossen152.

VII.  Haftungsvorschriften (Art. 152 GesRRL [G Art. 18 SpRL]) Ebenso wie bei der Verschmelzung (→ 20.112 ff.) wird der präventive „Schutz durch 21.81 Information“ (→ 21.25) auch bei der Spaltung mit Art. 152 GesRRL (G Art. 18 SpRL) durch Haftungsregeln ergänzt und effektiviert. Adressaten der Verschuldenshaftung sind hier – spiegelbildlich zu Art. 106 f. GesRRL (G Art. 20 f. FusRL, → 20.113) − zum einen die Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans der gespaltenen Gesellschaft, zum anderen die Sachverständigen, die den Spaltungsbericht für die gespaltene Gesellschaft erstellen. Ebenso wie bei Art. 106 f. GesRRL (G Art. 20 f. FusRL, → 20.114) handelt es sich aber auch bei Art. 152 GesRRL (G Art. 18 SpRL) um einen Mindeststandard, d.h. den Mitgliedstaaten steht es frei, einerseits auch ein etwaiges Aufsichtsorgan oder die Mitglieder der Organe der begünstigten Gesellschaften einer Haftung zu unterwerfen und/oder andererseits auch Haftungsregeln zugunsten der Aktionäre der begünstigten Gesellschaften, der beteiligten Gesellschaften selbst oder der Gläubiger vorzusehen.153 Ferner macht Art. 152 GesRRL (G Art. 18 SpRL) – ebenso wie Art. 106 f. GesRRL (G  Art. 20 f. FusRL, → 20.115) − keine konkreten Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung der Haftung, so dass der insoweit bestehende Spielraum der Mitgliedstaaten154 seine Grenze ebenfalls nur im effet utile findet. Mit Blick auf den Gleichlauf der RL-Vorgaben zur Haftung bei Verschmelzung 21.82 und Spaltung hat der deutsche Gesetzgeber Art. 152 GesRRL (G Art. 18 SpRL) schlicht durch Verweisung des § 125 S. 1 UmwG auf §§ 25–27 UmwG (Organhaftung) und § 11 Abs. 2 UmwG i.V.m. § 323 HGB (Sachverständigenhaftung) umgesetzt.155 Damit ist er auch bei der Spaltung in zulässiger Weise über den Mindeststandard der Vorgaben der RL hinausgegangen156 (→ 20.116 f.). 149 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 51; Lösekrug S. 372 f. 150 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 120. 151 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 51; Lösekrug S. 372 f. 152 Vgl. Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 131 UmwG Rn. 96; Kallmeyer/Sickinger § 131 UmwG Rn. 28; Semler/Stengel/Leonhard § 131 UmwG Rn. 65 ff.; Lutter/A. Teichmann § 131 UmwG Rn. 100 ff.; Kort AG 2010, 230, 235, 237; vgl. ferner auch BAG BB 2009, 329, 331; OLG Stuttgart NZG 2004, 463, 465; a.A. Engelmeyer (Fn. 85), S. 371 f.; Wirth, Spaltungen einer eingetragenen Genossenschaft, 1998, S. 253 ff. 153 Vgl. Grohmann S. 324. 154 Vgl. dazu auch Edwards S. 114. 155 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 122, 126. 156 Vgl. Lösekrug S. 370 ff.; Tauchert-Nosko S. 112.

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VIII.  Schutz der (Minderheits-)Aktionäre, Arbeitnehmer und Gläubiger 21.83 Ähnlich wie die Verschmelzung berührt natürlich auch die Spaltung neben den Interessen der (Minderheits-)Aktionäre in besonderem Maße auch diejenigen der Arbeitnehmer und Gläubiger. Angesichts der insoweit äußerst unterschiedlichen Regelungsansätze und -konzeptionen in den nationalen Rechtsordnungen sind diese Fragen allerdings auch bei der Spaltung (vgl. zur Verschmelzung → 20.118) bewusst nur partiell harmonisiert worden. 1.  Schutz der (Minderheits-)Aktionäre 21.84 Den Schutz der Aktionäre gewährleistet die RL – ebenso wie bei Verschmelzungen (→ 20.119) − primär mit der Einräumung eines (formalen) Mitentscheidungsrechts in Form des obligatorischen Hauptversammlungsbeschlusses (Art. 139 GesRRL [G Art. 5 SpRL], → 21.56 ff.), zu dessen materialer Absicherung den Aktionären aber umfangreiche Informationsrechte eingeräumt werden (sog. Informationsmodell, → 21.25); zudem wird der „Schutz durch Information“ auch hier durch Mindestvorgaben bzgl. der Haftung der Organe und Spaltungsprüfer ergänzt und effektiviert (Art. 152 GesRRL [G Art. 18 SpRL], → 21.81). Anders als bei Verschmelzungen (→ 20.120) enthält die RL für Spaltungen darü21.85 ber hinaus jedoch eine Regelung betreffend einen etwaigen weitergehenden speziellen Schutz der Minderheitsaktionäre, nämlich für den − eine spaltungsspezifische Sonderproblematik darstellenden157 − Fall der nicht-verhältniswahrenden Spaltung (→ 21.18). Um dem hiermit verbundenen besonderen Eingriff in die Rechte der Minderheitsaktionäre Rechnung zu tragen, gestattet Art. 139 Abs. 2 S. 1 GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 S. 1 SpRL) den Mitgliedstaaten explizit, den Minderheitsaktionären in diesem Fall ein Sell out-Recht einzuräumen. Mindeststandard für dessen Ausgestaltung ist aber gem. Art. 139 Abs. 2 S. 2 und 3 GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 S. 2 und 3 SpRL), dass die Minderheitsaktionäre einen Anspruch auf eine dem Wert ihrer Aktien entsprechende Gegenleistung (allerdings nicht notwendig in Form einer Barzahlung158) haben müssen und dass diese, soweit hierüber keine Einigung erzielt wird, durch ein Gericht festgesetzt werden können muss. Aus Art. 139 Abs. 2 S. 1 GesRRL (G  Art. 5 Abs. 2 S. 1 SpRL) lässt sich aller21.86 dings nicht etwa im Umkehrschluss ableiten, dass die Mitgliedstaaten keine anderen spezifischen Schutzinstrumente zugunsten der Minderheitsaktionäre vorsehen könn-

157 Bei der Verschmelzung geht stets das gesamte Aktiv- und Passivvermögen auf eine Gesellschaft über, sodass sich hier keine vergleichbare Problematik ergibt, vgl. auch Grundmann Rn. 911. 158 Das deutsche „Entgelt“ ist insofern etwas ambivalent; aus der englischen sowie der französischen Sprachfassung („consideration“ bzw. „contrepartie“) ergibt sich jedoch klar, dass schlicht eine „Gegenleistung“ gemeint ist. Wie hier i.E. auch Habersack/Verse § 8 Rn. 37; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 173; unzutreffend dagegen insofern Schwarz Rn. 695 Fn. 884.

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ten. Vielmehr steht es ihnen auch bei Spaltungen – ebenso wie bei Verschmelzungen (→ 20.120) − frei, im nationalen Recht weitergehende Schutzvorschriften zugunsten der Minderheitsaktionäre vorzusehen159, z.B. ein Austrittsrecht auch bei verhältniswahrenden Spaltungen oder einen Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses. Art. 139 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 5 Abs. 2 SpRL) stellt lediglich explizit dar, dass das nationale Recht für den Sonderfall der nicht-verhältniswahrenden Spaltung ein Sell-out-Recht etablieren kann und normiert zugleich Mindestanforderungen im Hinblick auf dessen Ausgestaltung. Der Norm kommt aber nicht etwa zugleich auch der Charakter einer Höchstnorm oder gar einer abschließenden Vollharmonisierung des Schutzes der Minderheitsaktionäre zu.160 Dafür spricht nicht zuletzt auch, dass sämtliche nachfolgenden EU-Rechtsakte betreffend Strukturänderungen den Schutz der Minderheitsaktionäre gerade nicht vollständig harmonisieren, sondern es den Mitgliedstaaten ausdrücklich freistellen, spezielle Vorschriften zu erlassen, um einen angemessenen Schutz der Minderheitsaktionäre zu gewährleisten (vgl. Art. 24 Abs. 2 SE-VO (→ 45.47), Art. 28 Abs. 2 SCE-VO (→ 46.28), Art. 121 Abs. 2 S. 2 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD, → 22.139 ff.)). Der deutsche Gesetzgeber hat von dem ihm damit zustehenden Freiraum umfas- 21.87 send Gebrauch gemacht und das für die Verschmelzung etablierte, aus Austrittsrecht gegen Barabfindung (§ 29 UmwG) und Nachbesserungsanspruch (§ 15 UmwG) bestehende Minderheitenschutzinstrumentarium qua § 125 S. 1 UmwG auch auf die Spaltung übertragen.161 Für den Sonderfall der nicht-verhältniswahrenden Spaltung wurde ein Sell-out-Recht allerdings nicht für ausreichend erachtet, weil die Minderheitsaktionäre auch dann noch Gefahr laufen würden, aus der Gesellschaft herausgedrängt zu werden; § 128 S. 1 UmwG verlangt deshalb beim übertragenden Rechtsträger (= gespaltene Gesellschaft) einen einstimmigen Beschluss, räumt den Minderheits­ aktionären also ein Vetorecht ein.162 Da weder Art. 93 Abs. 1 GesRRL (G Art. 7 Abs. 1 FusRL) noch Art. 139 Abs. 2 GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 SpRL) abschließender Charakter zukommt (→ 21.60, 21.86) ist auch diese über den Standard der RL hinausgehende Sonderregelung richtlinienkonform.163 159 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 173; ebenso i.E. implizit auch Grundmann Rn. 912. 160 Vgl. auch Brause, Stimmrechtslose Vorzugsaktien bei Umwandlungen, 2002, S. 94; Habersack/Verse § 8 Rn. 37; Lösekrug S. 332; Tauchert-Nosko S. 89 f. 161 § 125 S. 1 UmwG macht nur für die (von der RL nicht erfasste, → 21.21 f.) Ausgliederung eine Ausnahme, weil die Regelungen hier nicht passen, vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 115, 117; vgl. zur Geltung der §§ 15, 29 UmwG i.Ü. nur Kallmeyer/Sickinger § 125 UmwG Rn. 18, 36. 162 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 120. Der DiskE (Beilage Nr. 214 a z. BAnz Nr. 214 v. 15.11.1988) hatte dagegen in § 147 noch ein Recht zum Austritt gegen Barabfindung vorgesehen. 163 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 120; Brause (Fn. 160), S. 94; Habersack/ Verse § 8 Rn. 37; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 128 UmwG Rn. 1; Lösekrug S. 332; Lutter/Priester § 128 UmwG Rn. 1; Tauchert-Nosko S. 89 f.; tendenziell auch Grundmann Rn. 916 Fn. 78; Widmann/Mayer/Rieger Vor §§ 141–146 UmwG Rn. 21; a.A. Heidenhain EuZW 1995, 327, 328; „erhebliche Zweifel“ auch bei Widmann/Mayer/ Mayer § 128 Rn. 13 ff.

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2.  Schutz der Arbeitnehmer (Art. 145 GesRRL [ G Art. 11 SpRL]) 21.88 Hinsichtlich des Schutzes der Arbeitnehmer verweist Art. 145 GesRRL (G  Art. 11 SpRL) – ebenso wie die Parallelregelung in Art. 98 GesRRL (G  Art. 12 FusRL, → 20.122) − auf die BÜRL (→ 42). Das deutsche Recht hat die Vorgaben der BÜRL in § 613a BGB umgesetzt 21.89 (→ 42.7), dessen zuvor umstrittene Anwendbarkeit auch im Falle der Spaltung durch § 324 UmwG ausdrücklich klargestellt wurde164 (→ 42.7). Zudem wurden in § 126 Abs. 1 Nr. 11, Abs. 3 UmwG165 – in Parallele zu § 5 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 3 UmwG − über die Mindestvorgaben der RL hinausgehende spaltungsspezifische Informationsregeln zugunsten der Arbeitnehmer eingeführt (→ 21.34) und durch § 134 UmwG wurde für die als besonders kritisch empfundenen Fälle der Betriebsaufspaltung eine Haftungsverschärfung für bestimmte Arbeitnehmeransprüche normiert.166 3.  Schutz der Gläubiger (Art. 146 GesRRL [ G Art. 12 f. SpRL]) 21.90 Im Hinblick auf den Schutz der Gläubiger übernehmen Art. 146 f. GesRRL (G Art. 12 f. SpRL) zwar im Grundsatz das Schutzinstrumentarium der Art. 99–101 GesRRL (G Art. 13–15 FusRL) mit seiner Differenzierung zwischen Forderungs- und Anleihegläubigern sowie Inhabern von Sonderrechten (→ 20.124 ff.), ergänzen dieses jedoch noch um spezielle Regeln betreffend die Haftung der begünstigten Gesellschaften für Verbindlichkeiten der gespaltenen Gesellschaft.167 Seine Legitimation findet dieser zusätzliche Schutz in der erhöhten Gefährdungslage für die Gläubiger, die aus der weitgehenden „Spaltungsfreiheit“ (→ 21.30) und der hiermit möglichen „willkürlichen“ Verteilung von Aktiva und Passiva auf die begünstigten Gesellschaften resultiert.168 a)  Forderungsgläubiger (Art. 146 Abs. 1–3, 5–7 GesRRL [ G Art. 12 Abs. 1–3, 5–7 SpRL]) 21.91 In Parallele zu Art. 99 Abs. 1 GesRRL (G Art. 13 Abs. 1 FusRL, → 20.125) verpflichtet Art. 146 Abs. 1 GesRRL (G Art. 12 Abs. 1 SpRL) die Mitgliedstaaten zunächst einmal ganz grundsätzlich zur Etablierung eines angemessenen Schutzsystems für die 164 Vgl. Bericht Rechtsausschuss z. UmwG, BT-Drs. 12/7850, S. 145; BegrRegE z. SeemGÄndG, BT-Drs. 14/7760, S. 20; Lutter/Joost § 324 Rn. 1 ff. m.w.N. 165 Vgl. dazu BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 119; Lutter/Priester § 126 Rn. 15 f., 76 ff. m.z.w.N. 166 Vgl. dazu BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 122 f.; Lutter/Schwab § 134 Rn. 1 ff. m.z.w.N. 167 Vgl. Barbaso [1984] JBL 176, 182; Edwards S. 110 f.; Grundmann Rn. 912; Hommelhoff/ Riesenhuber (Fn. 6), S. 259, 280. 168 Vgl. Grundmann Rn. 912; Habersack/Verse § 8 Rn. 45; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 180; Nobel Kap. 3 Rn. 123; J. Schmidt (Fn. 14), S. 30; Schwarz Rn. 699; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 266.

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Interessen der Gläubiger der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften. Geschützt werden müssen169 allerdings auch hier nur Gläubiger, deren Forderungen vor der Bekanntmachung des Spaltungsplans entstanden und zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig170 sind. Bezüglich der konkreten Ausgestaltung dieses „angemessenen Schutzsystems“ er- 21.92 öffnet Art. 146 GesRRL (G Art. 12 SpRL) den Mitgliedstaaten die Wahl zwischen zwei „Schutzpaketen“171, welche gem. Art. 146 Abs. 7 GesRRL (G  Art. 12 Abs. 7 SpRL) auch miteinander kombiniert werden können (→ 21.94 ff.). Ähnlich wie bei der Verschmelzung (→ 20.126) differenziert der europäische 21.93 Gesetzgeber hinsichtlich des Schutzstandards dabei zwischen den Gläubigern der gespaltenen Gesellschaft einerseits und den Gläubigern der begünstigten Gesellschaften andererseits.172 Erstere erschienen besonders schutzbedürftig, da sie nicht nur ohne ihr Zutun einen neuen Schuldner erhalten, sondern zudem auch den Risiken einer aus der „Spaltungsfreiheit“ resultierenden ggf. willkürlichen Aufteilung der Aktiva und Passiva ausgesetzt sind (→ 21.30, 21.90). Art. 146 Abs. 4 GesRRL (G Art. 12 Abs. 4 SpRL) gestattet den Mitgliedstaaten daher mittels der Verweisung auf Art. 99 Abs. 3 GesRRL (G Art. 13 Abs. 3 FusRL, → 20.126), für die Gläubiger der begünstigten Gesellschaften andere Schutzstandards vorzusehen als für die Gläubiger der gespaltenen Gesellschaft. Darüber hinaus differenziert die RL aber auch selbst zwischen beiden Gläubigergruppen, denn die in beiden „Schutzpaketen“ enthaltenen Haftungstatbestände kommen jeweils nur den Gläubigern der gespaltenen Gesellschaft zugute. aa)  „Schutzpaket 1“: Anspruch auf Sicherheitsleistung und Ausfallhaftung (Art. 146 Abs. 2 und 3 GesRRL [ G Art. 12 Abs. 2 und 3 SpRL]) Das „Schutzpaket 1“ besteht aus einem Anspruch auf Sicherheitsleistung (Art. 146 21.94 Abs. 2 GesRRL [G Art. 12 Abs. 2 SpRL], → 21.95) sowie einer Ausfallhaftung der anderen begünstigten Gesellschaften für den Fall, dass die im Spaltungsplan designierte Schuldnerin (sog. Hauptschuldner) nicht leistet (Art. 146 Abs. 3 GesRRL [G Art. 12 Abs. 3 SpRL], → 21.96) Der in Art. 146 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 12 Abs. 2 SpRL) normierte Mindest- 21.95 standard für den Anspruch auf Sicherheitsleistung korrespondierte schon in der ursprünglichen Fassung der SpRL mit der Parallelregelung für Verschmelzungen (Art. 13 Abs. 2 FusRL [G Art. 99 GesRRL]) und wurde durch die RL 2009/109/EG (→ 21.4) ebenfalls an die Parallelvorschrift für Kapitalherabsetzungen (Art. 75 Abs. 1 169 Den Mitgliedstaaten steht es aber freilich frei, auch andere Gläubiger zu schützen, vgl. RL-E 1970 (Fn. 2), S. 13. 170 Anders als in Art. 99 Abs. 1 GesRRL (G Art. 13 Abs. 1 FusRL, → 20.125) ist das französische „échues“ hier auch richtig mit „fällig“ übersetzt. 171 Vgl. Lutter/Schwab § 133 UmwG Rn. 4 ff.; J. Schmidt (Fn. 14), S. 30; s. ferner auch Ços¸tan RIW 2010, 192, 193 ff.; Engelmeyer (Fn. 85), S. 375; KK-UmwG/Simon § 133 Rn. 9 f.; Tauchert-Nosko S. 185. 172 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 180. Dies übersieht Lutter/Schwab § 133 UmwG Rn. 142.

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UAbs. 2 S. 2 GesRRL [G Art. 36 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 KapRL, → 19.235) angepasst173. Bzgl. der Einzelheiten kann daher auf → 20.127 verwiesen werden; maßgeblich ist hier freilich die finanzielle Lage der gespaltenen Gesellschaft sowie der Gesellschaft, auf die die Verpflichtung nach dem Spaltungsplan übertragen wird. Zweites Element ist die in Art. 146 Abs. 3 S. 1 GesRRL (G Art. 12 Abs. 3 S. 1 SpRL) 21.96 geregelte Ausfallhaftung der anderen begünstigten Gesellschaften: Soweit ein Gläubiger der gespaltenen Gesellschaft von der Gesellschaft, auf welche seine Forderung nach dem Spaltungsplan übertragen wurde, keine Befriedigung erlangt hat, haften die anderen begünstigten Gesellschaften für diese Forderung als Gesamtschuldner. Gem. S. 2 können die Mitgliedstaaten diese Ausfallhaftung allerdings auf das der jeweiligen Gesellschaft zugeteilte Nettoaktivvermögen beschränken. Zudem kann das nationale Recht unter bestimmten Voraussetzungen auf eine Ausfallhaftung verzichten, wenn die Spaltung der Aufsicht eines Gerichts nach Art. 157 GesRRL (G  Art. 23 SpRL) unterliegt (→ 21.115 ff.). bb)  „Schutzpaket 2“: Gesamtschuldnerische Haftung (Art. 146 Abs. 6 GesRRL [ G Art. 12 Abs. 6 SpRL]) 21.97 Das „Schutzpaket 2“ gewährt den Gläubigern dagegen keinen Anspruch auf Sicherheitsleistung. Dafür muss aber eine generelle – nicht vom Ausfall der „eigentlichen“ Schuldnerin abhängige − gesamtschuldnerische Haftung aller begünstigten Gesellschaften für Verpflichtungen der gespaltenen Gesellschaft bestehen, welche die Mitgliedstaaten auch nicht auf das übernommene Nettoaktivvermögen beschränken können (arg. e contrario ex Art. 146 Abs. 3 S. 2 und Abs. 7 GesRRL [G Art. 12 Abs. 3 S. 2 und Abs. 7 SpRL])174. cc)  Möglichkeit einer Kombination (Art. 146 Abs. 7 GesRRL [ G Art. 12 Abs. 7 SpRL]) 21.98 Art. 146 Abs. 7 GesRRL (G Art. 12 Abs. 7 SpRL) gestattet den Mitgliedstaaten zudem ausdrücklich, die beiden Schutzpakete miteinander zu kombinieren, d.h. sowohl einen Anspruch auf Sicherheitsleistung als auch eine generelle (nicht subsidiäre) gesamtschuldnerische Haftung aller begünstigten Gesellschaften vorzusehen. Entscheidet sich ein Mitgliedstaat für eine solche Kombination, kann er die generelle gesamtschuldnerische Haftung (anders als bei isolierter Wahl des „Schutzpakets 2“, → 21.97) auf das der jeweiligen Gesellschaft zugeteilte Nettoaktivvermögen begrenzen.

173 Vgl. dazu KOM(2008) 576, S. 5 f.; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 962; Sandhaus NZG 2009, 41, 45; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 116. 174 Vgl. auch Ços¸ tan RIW 2010, 192, 194; Engelmeyer (Fn. 85), S. 375; Habersack/Verse § 8 Rn. 47.

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dd)  Umsetzung in Deutschland Der deutsche Gesetzgeber hat sich mit Blick auf die mit einer Spaltung für Gläubiger 21.99 verbundenen Risiken für eine Kombination beider „Schutzpakete“ entschieden175: § 133 Abs. 1 UmwG sieht nicht nur eine generelle (nicht subsidiäre) gesamtschuldnerische Haftung aller beteiligten Gesellschaften für die Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers vor (S. 1), sondern zusätzlich auch einen Anspruch auf Sicherheitsleistung (S. 2). Der Anspruch auf Sicherheitsleistung gem. §§ 133 Abs. 1 S. 2, 125 S. 1, 22 21.100 UmwG steht gleichermaßen den Gläubigern des übertragenden und den Gläubigern der übernehmenden Rechtsträger zu176; ebenso wie bei der Verschmelzung (→ 20.128) differenziert das UmwG insoweit nicht zwischen beiden Gruppen. Zudem geht das deutsche Recht auch insofern über den Mindeststandard der RL hinaus, als es ausreicht, dass der Anspruch bei Wirksamwerden der Spaltung bereits begründet war (→ 20.128).177 Die 6-monatige Ausschlussfrist178 und § 22 Abs. 2 UmwG sind richtlinienkonform (→ 20.128). Da die RL nicht vorgibt, von wem die „angemessenen Garantien“ zu leisten sind, ist auch die Regelung in § 133 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 UmwG, dass Anspruchsgegner ausschließlich derjenige Rechtsträger ist, dem die Forderung zugeteilt wurde (sog. Hauptschuldner), richtlinienkonform; sie stellt sich ebenfalls als zulässige Konkretisierung der Vorgabe „angemessener Garantien“ dar.179 Schließlich waren – ebenso wie bei der Verschmelzung (→ 20.128) − auch im Hinblick auf die RL 2009/109/EG (→ 21.4) keine Anpassungen erforderlich.180 Die generelle gesamtschuldnerische Haftung181 gem. § 133 Abs. 1 S. 1 UmwG 21.101 ist der Höhe nach unbeschränkt; der deutsche Gesetzgeber hat von der Option einer

175 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 180; Lutter/Schwab § 133 UmwG Rn. 7; zumindest missverständlich insofern KK-UmwG/Simon § 133 Rn. 11, 16. 176 Vgl. Lutter/Schwab § 133 UmwG Rn. 143. 177 Vgl. Lösekrug S. 357 f. 178 Vgl. Lösekrug S. 351. 179 Vgl. Lösekrug S. 359; Semler/Stengel/Seulen § 133 UmwG Rn. 7; zweifelnd jedoch Habersack/Verse § 8 Rn. 50 Fn. 107. 180 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 962; ferner (allerdings zurückhaltend) auch Sandhaus NZG 2009, 41, 45. Ebenso i.E. auch BegrRegE z. 3. Umw­ ÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 8; KK-UmwG/Simon § 22 Rn. 6. 181 Die dogmatische Qualifikation dieser „gesamtschuldnerischen“ Haftung ist allerdings umstritten. Konsens besteht zwar zumindest insoweit, als die mithaftenden begünstigten Gesellschaften untereinander Gesamtschuldner i.S.d. § 421 ff. BGB sind. Streitig ist allerdings die – von der RL nicht präjudizierte (vgl. Habersack FS Bezzenberger, 2000, S. 93, 103 f.; Semler/Stengel/Seulen § 133 UmwG Rn. 31; Lutter/Schwab § 133 UmwG Rn. 24) − Frage, ob auch im Verhältnis der Mithafter zum Hauptschuldner eine Gesamtschuld i.S.d. §§ 421 ff. BGB vorliegt (so Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 133 UmwG Rn. 2 ff.; Ihrig ZHR-Beiheft 68 (1999) 80, 85 ff.; Semler/Stengel/Seulen § 133 UmwG Rn. 31 ff.) oder ob die Verbindlichkeit des Hauptschuldners und der Mithafter zueinander im Verhältnis der Akzessorietät stehen (so grundlegend Habersack FS Bezzenberger, 2000, S. 93, 96 ff. sowie im Anschluss daran VG Karlsruhe NJOZ 2005, 3275, 3284 f.; Kallmeyer/Sickinger § 133 UmwG Rn. 3; Lutter/Schwab § 133 UmwG

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§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL)

Beschränkung auf das Nettoaktivvermögen (Art. 146 Abs. 7 GesRRL [G Art. 12 Abs. 7 SpRL], → 21.98) keinen Gebrauch gemacht182. Zudem wurde der Kreis der geschützten Gläubiger – ebenso wie beim Anspruch auf Sicherheitsleistung (→ 21.100) − über den Mindeststandard der RL hinaus auf alle Gläubiger des übertragenden Rechtsträgers erstreckt, deren Verbindlichkeiten vor Wirksamwerden der Spaltung begründet worden sind.183 § 133 Abs. 3–5 UmwG sehen allerdings eine zeitliche Beschränkung der Haftung der sog. Mithafter (d.h. derjenigen Gesellschaften, denen die betreffende Verbindlichkeit im Spaltungsplan nicht zugewiesen wurde) auf 5 Jahre184 vor. Vor dem Hintergrund des durch § 133 UmwG im Übrigen generell umfassend gewährleisteten Schutzes dürfte hiergegen jedoch – jedenfalls bei richtlinienkonformer Auslegung der Norm185 − nichts einzuwenden sein.186 b)  Anleihegläubiger (Art. 146 Abs. 5 GesRRL [ G Art. 12 Abs. 5 SpRL]) 21.102 Korrespondierend mit Art. 100 GesRRL (G Art. 14 FusRL) erstreckt Art. 146 Abs. 5 GesRRL (G Art. 12 Abs. 5 SpRL) den Anwendungsbereich der Gläubigerschutzregeln des Art. 146 GesRRL (G Art. 12 SpRL) grundsätzlich auch auf Anleihegläubiger, trägt allerdings zugleich auch denjenigen nationalen Rechtsordnungen, welche die Spaltung von einer Zustimmung einer Versammlung der Anleihegläubiger abhängig machen, Rechnung (vgl. zur Parallelregelung in Art. 100 GesRRL [G Art. 14 FusRL] → 20.129). Das deutsche Recht – dem ein solches Zustimmungserfordernis fremd ist – behan21.103 delt Anleihegläubiger auch bei der Spaltung ebenso wie „normale“ Gläubiger; auch für sie gilt § 133 UmwG.187

Rn. 21 ff.; Schürnbrand, Der Schuldbeitritt zwischen Akzessorietät und Gesamtschuld, 2003, S. 124 f.; Widmann/Mayer/Vossius § 133 UmwG Rn. 25 ff.). 182 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 106; Habersack/Verse § 8 Rn. 48; Lösekrug S. S. 359 f.; KK-UmwG/Simon § 133 Rn. 11. 183 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 106; Habersack/Verse § 8 Rn. 49; Lösekrug S. 357 f. 184  Für Versorgungsverpflichtungen nach dem BetrAVG gilt seit dem 2. UmwÄndG (Fn. 144) eine Frist von 10 Jahren. 185 Dazu näher Lösekrug S. 362 f.; Schwarz Rn. 700. 186 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 106; Lösekrug S. 362 f.; Schwarz Rn. 700. Generell für Richtlinienkonformität: Semler/Stengel/Seulen § 133 UmwG Rn. 7; Lutter/Schwab § 133 UmwG Rn. 8; KK-UmwG/Simon § 133 Rn. 12. Einen Richt­ linienverstoß sehen dagegen Grundmann Rn. 916; Habersack/Verse § 8 Rn. 50; Heidenhain EuZW 1995, 327, 329 f.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 180; Widmann/Mayer/ Rieger Vor §§ 141–146 UmwG Rn. 24; Weller, in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Auflage 2010, Kap. 21 Rn. 53; allg. gegen die Zulässigkeit einer zeitlichen Beschränkung auch Ços¸tan RIW 2010, 192, 197. 187 Vgl. Lösekrug S. 354.

§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL)

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c)  Inhaber von Sonderrechten (Art. 147 GesRRL [ G Art. 13 SpRL]) Für die Inhaber von mit Sonderrechten verbundenen Wertpapieren der gespaltenen 21.104 Gesellschaft normiert Art. 147 GesRRL (G Art. 13 SpRL) einen mit Art. 101 GesRRL (G Art. 15 FusRL) korrespondierenden besonderen Verwässerungsschutz. Die mindestens gleichwertigen Rechte müssen hier aber in den begünstigten Gesellschaften, denen gegenüber sie ihre Rechte nach dem Spaltungsplan geltend machen können (vgl. hierzu die spezielle Angabepflicht in Art. 137 Abs. 2 lit. h GesRRL [G Art. 3 Abs. 2 lit. h SpRL], → 21.30), gewährt werden. Im Übrigen kann hinsichtlich der Einzelheiten auf die Ausführungen zur Parallelnorm des Art. 101 GesRRL (G Art. 15 FusRL) verwiesen werden, → 20.131 ff. Angesichts der parallelen RL-Vorgaben bei Verschmelzung und Spaltung hat der 21.105 deutsche Gesetzgeber Art. 147 GesRRL (G Art. 13 SpRL) grundsätzlich durch Verweisung des § 125 S. 1 auf § 23 UmwG umgesetzt; für die sich hieraus ergebende Verpflichtung des im Spaltungsplan festgelegten (vgl. § 126 Abs. 1 Nr. 7 UmwG) Hauptschuldners zur Gewährung gleichwertiger Rechte haften allerdings gem. § 133 Abs. 2 S. 1 UmwG auch die anderen beteiligten Rechtsträger als Gesamtschuldner188.189

IX.  Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften Im Einklang mit der Regelungstechnik bei Verschmelzungen (→ 20.137) gilt das 21.106 Grundmodell der RL für die Spaltung durch Übernahme grundsätzlich auch für die Spaltung durch Gründung neuer Gesellschaften (→ 21.15). Korrespondierend mit der Parallelnorm des Art. 109 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 23 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 FusRL, → 20.137) erklärt Art. 156 Abs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 22 Abs. 1 S. 1 SpRL) die Art. 137–139, 141–153 GesRRL (G  Art. 3–5, 7–19 SpRL)190 ausdrücklich auch für die Spaltung durch Neugründung für anwendbar, wobei gem. Art. 156 Abs. 1 S. 2 GesRRL (G Art. 22 Abs. 1 S. 2 SpRL) unter „an der Spaltung beteiligte Gesellschaften“ die gespaltene Gesellschaft und unter „begünstigte Gesellschaft“ jede der neuen Gesellschaften zu verstehen ist. Nicht verwiesen wird naturgemäß auf Art. 140 GesRRL

188 Vgl. zum umstrittenen Inhalt dieser „Mithaftung“: Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 133 UmwG Rn. 27 ff.; Semler/Stengel/Seulen § 133 UmwG Rn. 74; Lutter/Schwab § 133 UmwG Rn. 132 ff.; Widmann/Mayer/Vossius § 133 UmwG Rn. 39 ff. 189 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 122; Lösekrug S. 354, 363; Tauchert-Nosko S. 197. 190 Der Verweis nur auf die Absätze 1 und 2 von Art. 142 GesRRL (G Art. 8 SpRL) erklärt sich daraus, dass Art. 8 Abs. 3 SpRL a.F. (der durch die RL 2009/109/EG [→ 21.4] durch Art. 31 Abs. 3 KapRL n.F. [G  Art. 70 Abs. 3 GesRRL] ersetzt wurde, → 21.54) ausgenommen werden musste, da Art. 22 Abs. 4 SpRL a.F. insoweit eine Sonderregelung vorsah (welche wiederum selbst durch die RL 2009/109/EG durch Art. 10 Abs. 5 KapRL [G Art. 49 Abs. 5 GesRRL] ersetzt wurde, → 21.110). Im Rahmen der Kodifizierung in der GesRRL hätte es sich angeboten, diesen legislativtechnischen „Schönheitsfehler“ zu beseitigen; warum dies nicht geschah, ist unklar.

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21.107

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21.109

21.110

§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL)

(G Art. 6 SpRL, → 21.61), da es bei der Spaltung durch Neugründung keine übernehmende Gesellschaft gibt, deren Zustimmung entbehrlich sein könnte. Im Hinblick auf die Problematik der Nichtigkeit bzw. Vernichtbarkeit der im Wege der Spaltung neu gegründeten Gesellschaften stellt Art. 156 Abs. 1 S. 1 GesRRL (G  Art. 22 Abs. 1 S. 1 SpRL) − ebenso wie die Parallelregelung in Art. 109 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 23 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 FusRL, → 20.138) − ausdrücklich klar, dass die diesbezüglichen allgemeinen Regeln in Art. 11 f. GesRRL (G Art. 12 f. PubRL) (→ 18.89 ff.) unberührt bleiben. Art. 156 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 22 Abs. 2 und 3 SpRL) ergänzen die allgemeine Verweisung auf die Regeln über die Spaltung durch Übernahme − in Parallele zu Art. 109 Abs. 1 UAbs. 2, Abs. 2 GesRRL (G Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2, Abs. 2 FusRL, → 20.139) − um zwei wichtige Sonderregeln: Gem. Art. 156 Abs. 2 GesRRL (G Art. 22 Abs. 2 SpRL) ist im Spaltungsplan nicht nur Rechtsform, Firma und Sitz der gespaltenen Gesellschaft (vgl. Art. 137 Abs. 2 lit. a GesRRL [G Art. 3 Abs. 2 lit. a SpRL]), sondern auch der neuen Gesellschaften anzugeben; denn im Falle der Spaltung durch Neugründung sind diese Informationen natürlich gerade auch in Bezug auf die neuen Gesellschaften essentiell.191 Art. 156 Abs. 3 GesRRL (G Art. 22 Abs. 3 SpRL) erstreckt den Gegenstand der Spaltungsbeschlüsse (→ 21.59) zusätzlich auch auf die jeweilige Satzung der neuen Gesellschaften (bzw. deren Entwürfe), da diese schließlich deren „Verfassung“ bilden. Art. 156 Abs. 4 GesRRL (G Art. 22 Abs. 5 SpRL) enthält schließlich eine Sonderregelung für die verhältniswahrende Spaltung durch Neugründung, welche durch die RL 2009/109/EG (→ 21.4) von einer bloßen Mitgliedstaatenoption zu einer verbindlichen Regelung hochgestuft und inhaltlich erweitert192 wurde: Die Mitgliedstaaten dürfen hier weder einen Spaltungsbericht noch eine Spaltungsprüfung oder eine Zwischenbilanz verlangen. Ratio ist, dass der Maßstab für die Anteilsaufteilung hier keiner näheren Erläuterung und Begründung bedarf, da die Anteilsquoten fortgeschrieben werden und somit auch keine Unternehmensbewertungen anfallen.193 Da die Aktiva der gespaltenen Gesellschaften im Falle der Spaltung durch Neugründung als „Sacheinlagen“ in die neuen Gesellschaften eingebracht werden, sind grundsätzlich die Regeln über Sacheinlagen (→ 19.55 ff.) anzuwenden, insbesondere − sofern es sich nicht um eine verhältniswahrende Spaltung handelt (vgl. Art. 156 Abs. 4 GesRRL [G Art. 22 Abs. 5 SpRL], → 21.109) − auch das Erfordernis einer Wertprüfung durch Sachverständige (Art. 49 GesRRL [G Art. 10 KapRL], → 19.62 ff.). Damit kommt es jedoch zu einer „Doppelprüfung“: nach Art. 49 GesRRL (G Art. 10 KapRL) 191 Vgl. auch Lösekrug S. 290. 192 Gem. Art. 22 Abs. 5 SpRL a.F. durften die Mitgliedstaaten die Nichtanwendung von Art. 8 und Art. 9 Abs. 1 lit. e SpRL vorsehen. Nun verbietet Art. 156 Abs. 4 GesRRL (G Art. 22 Abs. 5 SpRL n.F.) die Anwendung von Art. 141, 142 und Art. 143 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c–e GesRRL (G Art. 7, Art. 8 und Art. 9 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c–e SpRL). 193 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 957 f.; Grundmann Rn. 910; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 179; s. ferner allgemeiner auch Diekmann NZG 2010, 489, 491; Semler/Stengel/Gehling § 127 UmwG Rn. 29; Leitzen DNotZ 2011, 526, 541; Lutter/Schwab § 127 UmwG Rn. 30; Wagner DStR 2010, 1629, 1631.

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einerseits und Art. 142 GesRRL (G Art. 8 SpRL) andererseits. Schon die ursprüngliche Fassung der SpRL gestattete den Mitgliedstaaten daher im Interesse einer Aufwandsund Kostenreduktion durch Art. 22 Abs. 4 SpRL a.F., beide Prüfungsberichte durch den- bzw. dieselben Sachverständigen erstellen zu lassen. Durch die RL 2009/109/ EG (→ 21.4) wurde diese Dispensoption in Art. 10 Abs. 5 KapRL (G Art. 49 Abs. 5 GesRRL) überführt, der nun als zentrale Regelung (auch im Hinblick auf die Pa-­ rallelproblematik bei der nationalen und der grenzüberschreitenden Verschmelzung) fungiert (→ 19.68, 20.140, 22.86; zur Parallelregelung in Art. 70 Abs. 3 GesRRL [G Art. 31 Abs. 3 KapRL] → 19.194, 20.66, 21.54, 22.86).194 Die Vorschrift eröffnet den Mitgliedstaaten zudem nun auch die – bis dato nur bei Verschmelzungen vorgesehene (→ 20.140) – Option, auf eine Sacheinlageprüfung nach Art. 49 GesRRL (G Art. 10 KapRL) vollständig zu verzichten, wenn ein Spaltungsprüfungsbericht erstellt wird.195 Der deutsche Gesetzgeber hat die „Verweisungslösung“ der RL in §§ 135–137 21.111 UmwG übernommen.196 Da es bei der Spaltung durch Neugründung naturgemäß nicht möglich ist, einen Spaltungsvertrag zu schließen, tritt an seine Stelle im Einklang mit der RL197 gem. § 136 UmwG ein Spaltungsplan, auf den aber die Vorschriften über den Spaltungsvertrag (mit Ausnahme der nicht passenden §§ 4, 7 UmwG, vgl. § 135 Abs. 1 S. 1 UmwG) entsprechend anzuwenden sind.198 Art. 156 Abs. 2 GesRRL (G Art. 22 Abs. 2 SpRL) wird durch §§ 125 S. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 UmwG Genüge getan, Art. 156 Abs. 3 GesRRL (G Art. 22 Abs. 3 SpRL) wird durch §§ 125 S. 1, 37 UmwG umgesetzt199. Einer Identität der Sacheinlage- und Spaltungsprüfer stand zwar schon zuvor nichts entgegen200, durch das 3. UmwÄndG (→ 21.6) wurde die Zulässigkeit aber explizit klargestellt (vgl. §§ 125 S. 1, 75 Abs. 1 S. 2 UmwG n.F.)201. Von der durch Art. 49 Abs. 5 GesRRL (G Art. 10 Abs. 5 KapRL) eröffneten Möglichkeit, auf die Sacheinlageprüfung völlig zu verzichten, wenn ein Spaltungsbericht erstellt wird, wurde dagegen kein Gebrauch gemacht, sondern die Regelung des § 144 UmwG (wonach eine Gründungsprüfung stets obligatorisch ist) beibehalten.202 Der Umgestaltung des Art. 146 Abs. 4 GesRRL (G Art. 22 Abs. 5 SpRL) in eine zwingende Regelung wurde mit dem 3. UmwÄndG (→ 21.6) durch § 143 UmwG n.F. Rechnung getragen.203 194 Vgl. KOM(2008) 576, S. 9; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 956; Sandhaus NZG 2009, 41, 46; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 116. 195 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 956; Sandhaus NZG 2009, 41, 46; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 116. 196 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 123. 197 Vgl. zur Terminologie sowie zur Differenzierung zwischen Spaltungsvertrag und -plan → 21.26, 21.33. 198 Vgl. BegrRegE z. UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 123; Lösekrug S. 380. 199 Vgl. Lösekrug S. 378. 200 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956; Lösekrug S. 379. 201 Vgl. BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 14; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956; Heckschen NZG 2010, 1041, 1046; Simon/Merkelbach DB 2011, 1317, 1318. 202 Vgl. BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 14; kritisch dazu Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 957. 203 Vgl. BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 15; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 957 f.; Heckschen NJW 2011, 2390, 2395; Leitzen DNotZ 2011, 526, 541; Neye/Jäckel

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§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL)

X.  Konzernspaltung (Art. 154 GesRRL [ G Art. 20 SpRL]) 21.112 Ebenso wie bei Verschmelzungen sah der europäische Gesetzgeber zwar prinzipiell auch bei Spaltungen im Konzern ein Bedürfnis für Erleichterungen. Vor dem Hintergrund der mit einer Spaltung verbundenen besonderen Gefahren für Minderheitsaktionäre wurden die Art. 110 ff. GesRRL (G Art. 24 ff. FusRL, → 20.142 ff.) allerdings offenbar bewusst nicht komplett mutatis mutandis auch für die Spaltung übernommen, sondern der europäische Gesetzgeber beschränkte sich für Spaltungen in Art. 154 GesRRL (G Art. 20 SpRL) auf eine (allerdings auch nur partielle und spaltungsspezifisch modifizierte) „Spiegelung“ des Art. 111 GesRRL (G Art. 25 FusRL, → 20.146 f.).204 Durch die RL 2009/109/EG (→ 21.4) wurde die Vorschrift allerdings – ebenso wie Art. 24 f., 27 f. FusRL (G Art. 110 f., 113 f. GesRRL → 20.147, 20.153) − von einer bloßen Mitgliedstaatenoption zu einer verbindlichen Vorgabe hochgestuft.205 21.113 Art. 154 GesRRL (G  Art. 20 SpRL) macht den Hauptversammlungsbeschluss der gespaltenen Gesellschaft206 bei einer 100 %-upstream-Spaltung (d.h. wenn den begünstigten Gesellschaften insgesamt alle Aktien sowie alle sonstigen ein Stimmrecht gewährenden Anteile der gespaltenen Gesellschaft gehören207) entbehrlich. Bedingung hierfür ist aber, dass (a) die Offenlegung gem. Art. 138 GesRRL (G  Art. 4 SpRL, → 21.36) für alle beteiligten Gesellschaften mindestens einen Monat vor dem Wirksamwerden der Spaltung bewirkt wird, und (b) die Aktionäre der beteiligten Gesellschaften mindestens einen Monat vor dem Wirksamwerden der Spaltung die Möglichkeit zur Vorabinformation entsprechend Art. 143 GesRRL (G Art. 9 SpRL, → 21.57) haben. Zudem modifiziert lit. c aufgrund des Wegfalls des Hauptversammlungsbeschlusses die Unterrichtungspflicht gem. Art. 141 Abs. 3 GesRRL (G Art. 7 Abs. 3 SpRL, → 21.41): Sie greift hier bei allen nach Aufstellung des Spaltungsplans wesentlichen Vermögensveränderungen.208 Entsprechend Art. 111 UAbs. 1 lit. c i.V.m. AG 2010, 237, 241; Neye/Kraft NZG 2011, 681, 683 f.; Simon/Merkelbach DB 2011, 1317, 1323; Stöber CFL 2011, 266, 269; Wagner DStR 2010, 1629, 1631. 204 Vgl. dazu auch Grundmann Rn. 909 ff., der speziell auch auf die enorme Komplexität einer etwaigen „Spiegelung“ der Art. 24 ff. FusRL (G Art. 110 ff. GesRRL) auf die Spaltung hinweist. S. ferner auch Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.14; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 181; J. Schmidt (Fn. 14), S. 31. 205 Vgl. KOM(2008) 576, S. 5; BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 11; Bayer/ J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 959; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 239 f.; Sandhaus NZG 2009, 41, 45; Schimka/Schörghofer WBl. 2010, 110, 117. 206 Anders als Art. 111 GesRRL (G  Art. 25 FusRL, → 20.146) bezieht sich die Regelung nicht auf die begünstigten Gesellschaften (vgl. auch Habersack FS Horn, 2006, S. 337, 353); bzgl. deren Hauptversammlungsbeschlüsse besteht aber auch hier die Mitgliedstaatenoption des Art. 140 GesRRL (G Art. 6 SpRL, → 21.61); vgl. auch Habersack FS Horn, 2006, S. 337, 353. 207 Anders als für Verschmelzungen (Art. 112 GesRRL [G Art. 26 FusRL], → 20.148) sieht die RL für Spaltungen keine Option zur Gleichstellung einer nur „wirtschaftlichen“ Beteiligung vor; vgl. auch Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 181. 208 Art. 111 GesRRL (G Art. 25 FusRL, → 20.146) sieht naturgemäß keine entsprechende Modifikation vor, da in den von der Norm erfassten Fällen gem. Art. 110 S. 3 GesRRL (G Art. 24 S. 3 FusRL, → 20.145) ohnehin keine Unterrichtung erforderlich ist.

§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL)

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Art. 94 UAbs. 1 lit. c GesRRL (G Art. 25 UAbs. 1 lit. c i.V.m. Art. 8 UAbs. 1 lit. c FusRL, → 20.146) war in der ursprünglichen Fassung der SpRL (Art. 20 UAbs. 1 lit. c SpRL) auch ein Minderheitenrecht auf Herbeiführung der Beschlussfassung vorgesehen; dieses wurde jedoch durch die RL 2009/109/EG (→ 21.4) gestrichen, da in den Fällen des Art. 20 SpRL (G Art. 154 GesRRL) ohnehin alle Aktionäre an der Ausarbeitung des Spaltungsplans beteiligt sind209. Der deutsche Gesetzgeber hatte von dieser früher nur optionalen (→ 21.112) Re- 21.114 gelung zunächst keinen Gebrauch gemacht.210 Aufgrund der Hochstufung zur zwingenden Vorgabe wurde jedoch durch das 3. UmwÄndG (→ 21.6) ein neuer § 62 Abs. 4 UmwG eingefügt, der qua § 125 S. 1 UmwG mutatis mutandis auch für die Spaltung211 gilt.212

XI.  Spaltung unter Aufsicht eines Gerichts (Art. 157 GesRRL [ G Art. 23 SpRL]) 1.  Hintergrund der Sonderregelung Art. 157 GesRRL (G Art. 23 SpRL) und Art. 146 Abs. 3 S. 3 GesRRL (G Art. 12 Abs. 3 21.115 S. 3 SpRL) enthalten Sonderregelungen für Spaltungen unter Aufsicht eines Gerichts, die als Zugeständnis an das UK eingeführt wurden.213 Hintergrund ist, dass „Verschmelzung“ und „Spaltung“ dem britischen Recht als eigenständige Rechtsinstitute fremd waren; die Verbindung bzw. Trennung von Unternehmen(steilen) wurde dort vielmehr traditionell im Wege der Übernahme (takeover) oder mittels eines sog. scheme of arrangement (ein allgemeines Rechtsinstrument zur Reorganisation der Rechtsverhältnisse einer Gesellschaft mit ihren Gesellschaftern und/oder Gläubigern, das zu seiner Wirksamkeit der gerichtlichen Genehmigung bedarf214) erreicht215. Die britische Delegation hatte daher vehement darauf gedrängt, für Spaltungen unter Aufsicht eines Gerichts ein umfangreiches System von Ausnahmen von den Vorschriften der SpRL vorzusehen, was jedoch von der Kommission und den meisten anderen 209 Vgl. KOM(2008) 576, S. 8; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 181. 210 Vgl. Habersack FS Horn, 2006, S. 337, 353. 211 Im Einklang mit Art. 154 GesRRL (G Art. 20 SpRL) ist die Verweisung insofern so auszulegen, dass nicht nur die Spaltung durch Aufnahme auf eine 100%ige Mutter, sondern auch auf mehrere Mütter, die gemeinsam sämtliche Anteile an der Tochter halten, erfasst ist (insofern etwas missverständlich BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 11). 212 Vgl. BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 10 f.; Bericht Rechtsausschuss z. 3. UmwÄndG, BT-Drs. 17/5930, S. 8; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 959; Freytag BB 2010, 2839; Leitzen DNotZ 2011, 526, 534; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 239 f.; Simon/ Merkelbach DB 2011, 1317, 1319 f.; Stöber CFL 2011, 266, 271. 213 Vgl. Barbaso [1984] JBL 176, 183; Edwards S. 101; Grundmann Rn. 909; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 182. 214 Heute geregelt in ss. 895 ff. CA 2006, die historischen Wurzeln reichen aber zurück bis zum Joint Stock Companies Arrangement Act 1870; Überblick über die heutige Regelung in Palmer’s Company Law 12.001 ff. 215 Vgl. nur Rickford [2005] EBLR 1393, 1395 f.; s. ferner → 20.17.

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§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL)

Mitgliedstaaten abgelehnt wurde, weil man eine im Ermessen des Gerichts stehende Genehmigung nicht als gleichwertig mit den Schutzinstrumenten der SpRL ansah.216 Als Kompromiss einigte man sich schließlich darauf, in Art. 23 SpRL (G Art. 157 GesRRL) eine − gegenständlich begrenzte − Sonderregelung dahingehend aufzunehmen, dass das Gericht die an der Spaltung beteiligten Gesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen von der Anwendung bestimmter Verfahrensvorschriften befreien kann (→ 21.116 ff.), und in Art. 12 Abs. 3 S. 3 SpRL (G Art. 146 Abs. 3 S. 3 GesRRL) eine spezielle Mitgliedstaatenoption bezüglich des Gläubigerschutzes zu ergänzen, die einen Verzicht auf die Ausfallhaftung ermöglicht (→ 21.96, 21.119).217 2.  Befugnis des Gerichts zur Befreiung von bestimmten verfahrensrechtlichen Anforderungen (Art. 157 GesRRL [ G Art. 23 SpRL]) 21.116 Um zu gewährleisten, dass das Gericht tatsächlich eine effektive Kontrolle des Spaltungsvorgangs ausüben kann, verlangt Art. 157 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 23 Abs. 1 SpRL) zunächst als Grundvoraussetzung, dass das nationale Recht dem Gericht einen Mindeststandard verfahrensrechtlicher Befugnisse einräumt: Es muss nicht nur befugt sein, die Hauptversammlung der Aktionäre und eine Versammlung der Gläubiger jeder beteiligten Gesellschaft einzuberufen, damit diese über die Spaltung beschließen (lit. a und c), sondern es muss auch kontrollieren können, dass die Aktionäre bzw. Gläubiger die für eine informierte Entscheidungsfindung relevanten Unterlagen rechtzeitig vor der Versammlung erhalten haben (lit. b und d); zudem muss das nationale Recht die Spaltung von der Genehmigung des Gerichts abhängig machen (lit. e). Darüber hinaus stehen die Dispensmöglichkeiten auch nicht im Ermessen des Ge21.117 richts, sondern sind durch Art. 157 Abs. 2 GesRRL (G Art. 23 Abs. 2 SpRL) an materielle Voraussetzungen gebunden. Eine Befreiung ist danach generell nur zulässig, wenn das Gericht feststellt, dass die in Art. 157 Abs. 1 lit. b und d GesRRL (G Art. 23 Abs. 1 lit. b und d SpRL) bezeichneten Bedingungen erfüllt sind (die Aktionäre bzw. Gläubiger also rechtzeitig die entsprechenden Informationen erhalten haben) und dass den Aktionären und Gläubigern durch die Spaltung kein Schaden entstehen kann. Schließlich kann das Gericht die beteiligten Gesellschaften nicht generell von den 21.118 verfahrensrechtlichen Anforderungen der RL befreien, sondern ausschließlich von den in Art. 157 Abs. 2 GesRRL (G Art. 23 Abs. 2 SpRL) abschließend aufgezählten Regelungen; es gibt also einen numerus clausus von Dispensmöglichkeiten.218 Befreit werden darf nur: • von der Offenlegung des Spaltungsplans gem. Art. 138 GesRRL (G Art. 4 SpRL, → 21.36) – und dies auch nur dann, wenn das „angemessene Schutzsystem“ für die Gläubiger i.S.d. Art. 146 Abs. 1 GesRRL (G Art. 12 Abs. 1 SpRL, → 21.91 ff.) sich auf alle Forderungen, unabhängig von ihrem Entstehungszeitpunkt, erstreckt; 216 Vgl. Barbaso [1984] JBL 176, 183; Edwards S. 101. 217 Vgl. Barbaso [1984] JBL 176, 183; Edwards S. 101. 218 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 182.

§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL)

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• sofern ein Mitgliedstaat von der Option des Art. 140 GesRRL (G  Art. 6 SpRL, → 21.61) Gebrauch macht: von der Offenlegung und Vorabinformation gem. Art. 140 UAbs. 1 lit. a und b GesRRL (G Art. 6 UAbs. 1 lit. a und b SpRL); • von den Anforderungen des Art. 143 GesRRL (G  Art. 9 SpRL, → 21.57 ff.) im Hinblick auf die Frist und die Modalitäten der Vorabinformation (nicht aber deren Gegenstand). 3.  Spezielle Mitgliedstaatenoption bezüglich des Gläubigerschutzes (Art. 146 Abs. 3 S. 3 GesRRL [ G Art. 12 Abs. 3 S. 3 SpRL]) Wenn die Spaltung einer den Anforderungen des Art. 157 GesRRL (G Art. 23 SpRL) 21.119 entsprechenden Aufsicht eines Gerichts unterliegt, gestattet Art. 146 Abs. 3 S. 3 GesRRL (G Art. 12 Abs. 3 S. 3 SpRL, → 21.96) den Mitgliedstaaten außerdem, im Rahmen des „Schutzpakets 1“ für den Gläubigerschutz (→ 21.94 ff.) einen Verzicht einer qualifizierten Gläubigermehrheit auf die Ausfallhaftung219 zu gestatten. Der Verzicht muss allerdings in einer Gläubigerversammlung i.S.d. Art. 157 Abs. 1 lit. c GesRRL (G Art. 23 Abs. 1 lit. c SpRL, → 21.116) mit einfacher Mehrheit der Gläubiger, die allerdings zugleich mindestens ¾ der Gesamtbetrages sämtlicher Forderungen repräsentieren muss, gefasst werden; existieren mehrere Gläubigergruppen, ist ein Beschluss mit einer solchen „doppelten Mehrheit“ jeder Gruppe erforderlich. 4.  Keine Umsetzung in Deutschland Deutschland hat von den Optionen der Art. 146 Abs. 3 S. 3, Art. 157 GesRRL 21.120 (G  Art. 12 Abs. 3 S. 3, Art. 23 SpRL) erwartungsgemäß keinen Gebrauch gemacht, da das UmwG keine dem britischen System vergleichbare gerichtliche Kontrolle von Restrukturierungsvorgängen kennt.

XII.  Fundstellenverzeichnis Grundlage

Art. 54 Abs. 3 lit. g EWGV [G Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV]

Vorschläge

Les fusions internes. Document de travail n° 6. Avant-projet de directive, 10.4.1968, Dok. 11409/2/XIV/C/68 – F



Vorschlag für eine Dritte RL des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter bei Fusionen von

219 Hintergrund ist, dass Großbritannien eine gesamtschuldnerische Haftung generell ablehnte (vgl. Barbaso [1984] JBL 176, 182). Die Option des Art. 146 Abs. 3 S. 3 GesRRL (G Art. 12 Abs. 3 S. 3 SpRL) ermöglichte es dem britischen Recht, einen Gläubigerschutz ohne eine solche zu erreichen, vgl. die heutige Regelung in s. 940 CA 2006.

726

§ 21 GesRRL IV: Die frühere Spaltungs-RL (SpRL)

Aktiengesellschaften vorgeschrieben sind, 16.6.1970, ABlEG v. 14.7.1970, C 89/20 = BT-Drs. VI/1027

Erster geänderter Vorschlag v. 4.1.1973, KOM(72) 1668



Zweiter geänderter Vorschlag v. 22.12.1975, KOM(75) 671



Projet de directive du Conseil tendant à coordonner les garanties qui sont exigées dans les Etats membres des sociétés, au sens de l’article 58 alinéa 2 du traité, pour protéger les intérêts tant des associés que de tiers, en ce qui concerne les scissions de sociétés anonymes, 20.9.1978, R/2294/78

verabschiedete Fassung

Sechste RL 82/891/EWG des Rates v. 17.12.1982 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages betreffend die Spaltung von Aktiengesellschaften, ABlEG v. 31.12.1982, L 378/47

ändernde Rechtsakte

RL 2007/63/EG des EP und des Rates v. 13.11.2007 zur Änderung der RL 78/855/EWG und 82/891/EWG des Rates hinsichtlich des Erfordernisses der Erstellung eines Berichts durch einen unabhängigen Sachverständigen anlässlich der Verschmelzung oder der Spaltung von Aktiengesellschaften, ABlEU v. 17.11.2007, L 300/47



(Kommissionsvorschlag v. 6.3.2007, KOM(2007) 91)



RL 2009/109/EG des EP und des Rates v. 16.9.2009 zur Änderung der RL 77/91/EWG, 78/855/EWG, 82/891/EWG des Rates sowie der RL 2005/56/EG hinsichtlich der Berichts- und Dokumentationspflicht bei Verschmelzungen und Spaltungen, ABlEU v. 2.10.2009, L 259/14



(Kommissionsvorschlag v. 24.9.2008, KOM(2008) 576)



RL 2014/59/EU des EP und des Rates v. 15.4.2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der RL 82/891/EWG des Rates, der RL 2001/24/EG, 2002/47/ EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des EP und des Rates, ABlEU v. 12.6.2014, L 173/190 [BRRD]

Kodifizierung in der GesRRL

RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46

Umsetzung in Deutschland ursprüngliche Umsetzung

Umwandlungsgesetz (UmwG) v. 28.10.1994, BGBl. I, 3210

RL 2007/63/EG

spezielle Umsetzung nicht erforderlich

RL 2009/109/EG

teilweise durch Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v. 30.7.2009, BGBl. I, 2479; Rest durch Drittes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 11.7. 2011, BGBl. I, 1338

BRRD

Gesetz zur Umsetzung der RL 2014/59/EU des EP und des Rates v. 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der RL 82/891/EWG des Rates,

§ 22 GesRRL V: die frühere Cross Border Mergers Directive (CBMD)

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§ 22 GesRRLder V:RLn 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, die frühere Cross Border Mergers Directive (CBMD)2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des EP und des Rates (BRRD-Umsetzungsgesetz) v. 10.12.2014, BGBl. I, 2091



Gesetz zur Neuordnung der Aufgaben der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA-Neuordnungsgesetz – FMSANeuOG) v. 23.12.2016, BGBl. I, 3171

§ 22 GesRRL V: die frühere Cross Border Mergers Directive (CBMD) RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46 Literatur: Arenas García, Rafael, Contratos internacionales y fusiones transfronterizas, LA LEY Unión Europea nº 39, julio 2016; Bayer, Walter/Hoffmann, Thomas/Schmidt, Jessica, Verschmelzungen nach Inkrafttreten des 2. UmwÄndG, Konzern 2012, 225; Bayer, Walter/Schmidt, Jessica, Der Referentenentwurf zum 3. UmwÄndG: Vereinfachungen bei Verschmelzungen und Spaltungen und ein neuer verschmelzungsspezifischer Squeeze-out, ZIP 2010, 953; dies., Gläubigerschutz bei (grenzüberschreitenden) Verschmelzungen. Das EuGH-Urteil in der Rs KA Finanz, ZIP 2016, 712, und die Folgen, ZIP 2016, 841; dies., Der Regierungsentwurf zur Änderung des Umwandlungsgesetzes. Eine kritische Stellungnahme, NZG 2006, 841; dies., Die neue Richtlinie über die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, NJW 2006, 401; Behrens, Frithjof Olaf, Die grenzüberschreitende Verschmelzung nach der Richtlinie 2005/56/EG (Verschmelzungsrichtlinie), 2007; Beutel, David, Der neue rechtliche Rahmen grenzüberschreitender Verschmelzungen in der EU, 2008; Brocker, Moritz, Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, BB 2010, 971; Drinhausen, Florian/ Keinath, Astrid, Die grenzüberschreitende Verschmelzung inländischer Gesellschaften nach Erlass der Richtlinie zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften in Europa, RIW 2006, 81; dies., Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes – Erleichterung grenzüberschreitender Verschmelzungen für deutsche Kapitalgesellschaften?, BB 2006, 725; Drygala, Tim/Bressendorf, Tobias von, Gegenwart und Zukunft grenzüberschreitender Verschmelzungen und Spaltungen, NZG 2016, 1161; Frenzel, Ralf, Grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, 2008; ders., Grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften − nach Ablauf der Umsetzungsfrist, RIW 2008, 12; Frischhut, Markus, Grenzüberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften – ein Überblick über die Zehnte gesellschaftsrechtliche Richtlinie, EWS 2006, 55; Frotz, Stephan/Kaufmann, Alexander, Grenzüberschreitende Verschmelzungen, 2008; Grunewald, Barbara, Der Gläubigerschutz bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach dem Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des UmwG, Konzern 2007, 106; Haritz, Detlef/Wolff, Bodo von, Internationalisierung des deutschen Umwandlungsrechts, GmbHR 2006, 340; Heckschen, Heribert, Die Reform des Umwandlungsrechts, DNotZ 2007, 444; Herrler, Sebastian, Ermöglichung grenzüberschreitender Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften durch Änderung des Umwandlungsgesetzes – Umsetzung der Verschmelzungsrichtlinie unter Vernachlässigung der primärrechtlichen Rahmenbedingungen, EuZW 2007, 295; Herrler, Sebastian/Schneider, Susanne, Grenzüberschreitende Verschmelzungen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung zwischen Deutschland und Österreich, GmbHR 2011, 795; Heuschmid,

728

§ 22 GesRRL V: die frühere Cross Border Mergers Directive (CBMD)

Johannes, Unternehmensmitbestimmung nach der Richtlinie zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, AuR 2006, 184; Holzborn, Timo/Mayston, Christopher, Grenzüberschreitender „Downstream Merger“ bei Streubesitz und Börsenhandel, ZIP 2012, 2380; Inwinkl, Petra, Das österreichische Recht grenzüberschreitender Verschmelzungen, ZfRV 2008, 69; Inwinkl, Petra/Schneider, Georg, Fusionsverbote nach der Internationalen Verschmelzungsrichtlinie 2005/56/EG und dem österreichischen EU-VerschG, RIW 2008, 4; Kallmeyer, Harald, Der gemeinsame Verschmelzungsplan für grenzüberschreitende Verschmelzungen, AG 2007, 472; Kallmeyer, Harald/Kappes, Stephan, Grenzüberschreitende Verschmelzungen und Spaltungen nach SEVIC Systems und der EU-Verschmelzungsrichtlinie, AG 2006, 224; Kaufmann, Alexander, Die grenzüberschreitende Verschmelzung nach dem EU-Verschmelzungsgesetz, RdW 2008, 123; Kiem, Roger, Die Regelung der grenzüberschreitenden Verschmelzung im deutschen Umwandlungsgesetz, WM 2006, 1091; Klein, Stefan, Grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, RNotZ 2007, 565; Köstler, Roland/Pütz, Lasse, Neueste Fakten zur SE und zur grenzüberschreitenden Verschmelzung – Mitbestimmte Unternehmen sind zufrieden, AG 2013, R180; Krause, Nils/Kulpa, Norman, Grenzüberschreitende Verschmelzungen – Vor dem Hintergrund der „Sevic“-Entscheidung und der Reform des deutschen Umwandlungsrechts −, ZHR 171 (2007) 38; Kurtulan, Gökçe, Minority shareholder protection in cross-border mergers: A must for or an impediment to the European Single Market?, (2017) 18 EBOR 101; Lencou, Dominique/Menjucq, Michel, Les fusions transfrontalières des sociétés de capitaux: enfin une réalité mais des difficultés persistantes!, D. 2009, 886; Leutner, Gerd/Wagner, Thomas, Verabschiedung der EG-Verschmelzungsrichtlinie, GPR 2006, 32; Limmer, Peter, Grenzüberschreitende Umwandlungen nach dem Sevic-Urteil des EuGH und den Neuregelungen des UmwG, ZNotP 2007, 242 u. 282; Louven, Christoph, Umsetzung der Verschmelzungsrichtlinie, ZIP 2006, 2021; Louven, Christoph/Dettmeier, Michael/Pöschke, Moritz, Optionen grenzüberschreitender Verschmelzungen innerhalb der EU – gesellschafts- und steuerrechtliche Grundlagen, Beil. zu BB 13/2006, S. 1; Lutz, Timo, Hinweise für den Vertragsgestalter bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung unter dem besonderen Gesichtspunkt der Hinausverschmelzung, BWNotZ 2010, 23; Maul, Silja/Teichmann, Christoph/Wenz, Martin, Der Richtlinienvorschlag zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, BB 2003, 2633; Menjucq, Michel, La directive 2005/56/CE du Parlement européen et du Conseil du 26 octobre 2005 sur les fusions transfrontalières des sociétés de capitaux, in: Conac, Pierre-Henri (éd.), Fusions transfrontalières de sociétés, 2011, S. 15; Müller, Hans-Friedrich, Der Schutz der Minderheitsgesellschafter bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung, Konzern 2007, 81; ders., Die grenzüberschreitende Verschmelzung nach dem neuen Richtlinienentwurf der EU-Kommission, ZIP 2004, 1790; ders., Die grenzüberschreitende Verschmelzung nach dem Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums, NZG 2006, 286; ders., Internationalisierung des deutschen Umwandlungsrechts: Die Regelung der grenzüberschreitenden Verschmelzung, ZIP 2007, 1081; Nagel, Bernhard, Das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen (MgVG), NZG 2007, 57; ders., Die Richtlinie zur grenzüberschreitenden Verschmelzung, NZG 2006, 97; Neye, Hans-Werner, Die neue Richtlinie zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, ZIP 2005, 1893; Neye, Hans-Werner/Timm, Birte, Die geplante Umsetzung der Richtlinie zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften im Umwandlungsgesetz, DB 2006, 488; dies., Mehr Mobilität für die GmbH in Europa. Das neue Recht der grenzüberschreitenden Verschmelzungen, GmbHR 2007, 561; Oechsler, Jürgen, Die Richtlinie 2005/56/EG über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, NZG 2006, 161; Papadopoulos, Thomas, The Magnitude of EU Fundamental Freedoms: Application of the Freedom of Establishment to the Cross-Border Mergers Directive, EBLR 2012, 517; Passarge, Malte/Stark, Mario, Gläubigerschutz bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, GmbHR 2007, 803; Pluskat, Sorika, Der neue Entwurf für eine europäische Verschmelzungsrichtlinie – Transnationale Fusionen in Europa damit in greifbare Nähe gerückt?, EWS 2004, 1; Ratka, Thomas, Die neue Richtlinie zur grenz-

§ 22 GesRRL V: die frühere Cross Border Mergers Directive (CBMD)

729

überschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, GeS 2006, 52; Rickford, Jonathan, The proposed tenth company law directive on cross border mergers and its impact in the UK, EBLR 2006, 1393; Schmidt, Jessica, Cross-border mergers and divisions, transfers of seat: Is there a need to legislate?, PE 559.960; dies., Europäische Einflüsse auf das deutsche Unternehmensrecht − ausgewählte Konfliktpunkte −, AG 2016, 713; Schubert, Claudia, Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung, RdA 2007, 9; Schwab, Stefan, Das auf den Verschmelzungsplan anwendbare Recht, GesRZ 2012, 103; Seifert, Achim, L’implication des travailleurs dans une fusion transfrontalière, in: Conac, Pierre-Henri (éd.), Fusions transfrontalières de sociétés, 2011, S. 122; Simon, Stefan/Rubner, Daniel, Die Umsetzung der Richtlinie über grenzüberschreitende Verschmelzungen ins deutsche Recht, Konzern 2006, 835; Sonnenberger, Hans-Jürgen, Der Vorentwurf eines Abkommens über die internationale Fusion, AG 1969, 381; Stiegler, Sascha, Zehn Jahre Internationale Verschmelzungsrichtlinie – Erreichtes, Stand und Perspektiven, GmbHR 2016, 406; Teichmann, Christoph, Mitbestimmung und grenzüberschreitende Verschmelzung, Konzern 2007, 89; Thiermann, Christoph, Grenzüberschreitende Verschmelzungen deutscher Gesellschaften, 2010; Ugliano, Arianna, The New Cross-Border Merger Directive: Harmonisation of European Company Law and Free Movement EBLR 2007, 585; Van Eck, Gerco C./Roelofs, Erwin R., Ranking the rules applicable to cross-border mergers, (2011) 8 ECL 17; Van Gerven, Dirk (ed.), CrossBorder Mergers in Europe, 2010; Vetter, Jochen, Die Regelung der grenzüberschreitenden Verschmelzung im UmwG, AG 2006, 613; Weyde, Daniel/Hafemann, Jens, Praxisrelevante gesellschaftsrechtliche und steuerrechtliche Aspekte bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen, in: Herlinghaus, Andreas u.a. (Hrsg.), Festschrift für Wienand Meilicke, 2010, S. 779; Wiesner, Peter M., Die grenzüberschreitende Verschmelzung und der neue Mitbestimmungskompromiss, DB 2005, 91; Wooldridge, Frank, The employee participation provisions of the crossborder mergers directive, (2007) 28 Co Law 118; Wyckaert, Marieke/Geens, Koen, Cross-border mergers and minority protection. An open-ended harmonization, (2008) 4 Utrecht L. Rev. 40. Rechtsprechung: EuGH: EuGH v. 20.6.2013, Kommission ./. Niederlande, C-635/11, ECLI:EU:C:2013:408 EuGH v. 5.3.2015, Modelo Continente Hipermercados, C-343/13, ECLI:EU:C:2015:146 EuGH v. 7.4.2016, KA Finanz, C-483/14, ECLI:EU:C:2016:205 Nationale Gerichte: Re ITAU BBA International Ltd, High Court v. 28.6.2012, [2012] EWHC 1783 Olympus UK Ltd & Ors, High Court v. 1.5.2014, [2014] EWHC 1350 (Ch) LG Bonn v. 7.11.2014 – 6 T 308/14, RNotZ 2015, 368 OGH v. 21.6.2016 −1 Ob 93/16g, ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00093.16G.0621.000 Re Easynet Global Services Ltd., High Court v. 31.10.2016, [2016] EWHC 2681 (Ch).

I.  Genese und Ratio 1.  Historie, Inhalt und Grundgedanken im Überblick

22

Die Schaffung einer speziellen Rechtsgrundlage für grenzüberschreitende Verschmel- 22.1 zungen war schon in Art. 220 Sps. 3 des EWG-Vertrages von 19571 angelegt, der 1  Ebenso dann Art. 293 Sps. 3 EGV; die Regelung wurde jedoch nicht in den AEUV übernommen, → 2.18.

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explizit die Einleitung von Verhandlungen zur Sicherstellung der „Möglichkeit der Verschmelzung von Gesellschaften, die den Rechtsvorschriften verschiedener Mitgliedstaaten unterstehen“, vorsah. Mit Blick darauf beauftragte die Kommission bereits 1965 eine Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Prof. Berthold Goldman mit der Ausarbeitung eines Vertragsentwurfs und legte dann 19672 und 19693 zunächst zwei Vorentwürfe und 1972 einen offiziellen Entwurf für ein „Abkommen über die internationale Fusion“4 vor. Die Verhandlungen hierüber wurden bis ins Jahr 1980 fortgeführt, konnten jedoch (vor allem aufgrund von Kontroversen hinsichtlich der Mitbestimmung) nie erfolgreich beendet werden.5 22.2 Vor diesem Hintergrund und der zwischenzeitlichen Verabschiedung der FusRL (→  20) entschloss man sich Mitte der 1980er Jahre, auch die grenzüberschreitende Verschmelzung mittels einer Richtlinie zu regeln (für die im Gegensatz zu einem zwischenstaatlichen Abkommen eine Mehrheitsentscheidung im Rat genügt6).7 Der von der Kommission 1985 vorgelegte Vorschlag8 blieb jedoch aufgrund des anhaltenden Streits um die Mitbestimmung ebenfalls im Entwurfsstadium stecken.9 Erst das „Wunder von Nizza“10 Ende 2001, mit dem der „gordische Mitbestimmungsknoten“ mit der für die SE gefundenen Verhandlungslösung endlich durchschlagen wurde (→ 45.5), brachte den Stein wieder ins Rollen: Die Kommission zog den Vorschlag aus dem Jahr 1985 offiziell zurück11 und legte Ende 2003 einen neuen und modernisierten Entwurf12 vor. Nach Stellungnahmen von EWSA13 und EP14 wurde die Cross-Border   2  Dok. 16082/IV/67-F. Vgl. zu den wissenschaftlichen Vorarbeiten Beitzke FS Hallstein, 1966, 14, 15 f.   3  Dok. 5873/XIV/69-F. Dazu Sonnenberger AG 1969, 381 ff.   4  Entwurf eines Übereinkommens über die Internationale Verschmelzung von Aktiengesellschaften, Dok. 529/XIV/72 = Beil. 13/73 Bull. EG (mit Bericht Goldman) = RabelsZ 39 (1975) 539 ff. = 2. Aufl., S. 351 ff. Dazu Koppensteiner RabelsZ 39 (1975) 405 ff.  5 Vgl. Ganske DB 1985, 581, 583; Kolvenbach DB 1986, 1973, 1975; Neye ZIP 2005, 1893.   6  Vgl. Art. 54 Abs. 3 EWGV (dann Art. 44 Abs. 1 i.V.m. Art. 251 EGV, nun Art. 50 Abs. 1 i.V.m. Art. 294 AEUV).  7 Vgl. Ganske DB 1985, 581; Pluskat EWS 2004, 1, 2; s. auch 4. Aufl. S. 257 f.   8  Vorschlag einer 10. RL des Rates nach Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe g) des Vertrages über die grenzüberschreitende Verschmelzung von Aktiengesellschaften, KOM(84) 727 = BTDrs. 10/2856 = 4. Aufl. S. 261 ff. Dazu Däubler DB 1988, 1850 ff.; Ganske DB 1985, 581 ff.  9 Vgl. Habersack/Verse § 8 Rn. 52; Maul/Teichmann/Wenz BB 2003, 2633; Pluskat EWS 2004, 1, 2 f.; Nagel NZG 2006, 97; Neye ZIP 2005, 1893; Neye/Timm DB 2006, 488; KKUmwG/Simon/Rubner Vor §§ 122a ff. Rn. 61; Ugliano EBLR 2007, 585, 587; s. auch 4. Aufl. S. 257 f. Ausf. zur Kontroverse um den „Mitbestimmungsvorbehalt“ Kolvenbach DB 1986, 1973, 1975 f. m.w.N. 10 Vgl. Hirte NZG 2002, 1 f. 11  KOM(2001) 763, S. 22. 12  Vorschlag für eine RL des EP und des Rates über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, KOM(2003) 703. 13  Stellungnahme des EWSA v. 28.4.2004 zu dem „Vorschlag für eine RL des EP und des Rates über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten“, ABlEU v. 30.4.2004, C 117/43. 14  Legislative Entschließung des EP v. 10.5.2005 zu dem Vorschlag für eine RL des EP und des Rates über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABlEU v. 20.4.2006, C 92 E/80.

§ 22 GesRRL V: die frühere Cross Border Mergers Directive (CBMD)

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Mergers Directive (CBMD) dann schließlich − mit einigen Änderungen − auch vom Rat angenommen15 und am 26.10.2005 – also nur knapp zwei Monate vor dem SevicUrteil16, mit dem der EuGH ausdrücklich klarstellte, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit erfasst ist (→ 7.31 ff.) − verabschiedet17. Durch Beschluss v. 22.9.2006 wurde ihr Anwendungsbereich auf die EWR-Staaten ausgedehnt.18 Inzwischen wurde die CBMD (wenngleich teils erst mit erheblicher Verspätung19) in allen Mitgliedstaaten umgesetzt.20 Konzeptionell baute die CBMD auf der FusRL und dem dort verankerten „eu- 22.3 ropäischen Modell für Strukturmaßnahmen“ (→  20.3, 20.29) auf und beschränkt sich darauf, ein europaweit uniformes Grundgerüst für grenzüberschreitende Verschmelzungen zu verankern, das durch das subsidiär anwendbare – durch die FusRL zumindest für die Verschmelzung von Aktiengesellschaften harmonisierte – nationale Recht ergänzt wird (→ 22.32 f.).21 Steuerrechtliche Regelungen wurden zwar nicht in die CBMD aufgenommen; die 22.4 europarechtlichen Rahmenbedingungen für eine steuerneutrale Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen wurden jedoch bereits 1990 durch die Fusionssteuer-RL22 gelegt.

15  Dok. 12404/05 ADD 1, S. 10. 16  EuGH v. 13.12.2005, Sevic Systems AG, C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762. 17  RL 2005/56/EG des EP und des Rates v. 26.10.2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABlEU v. 25.11.2005, L 310/1. 18  Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 127/2006 v. 22.9.2006 zur Änderung des Anhangs XXII (Gesellschaftsrecht) des EWR-Abkommens, ABlEU v. 30.11.2006, L 333/59. 19  Die Kommission leitete gegen insgesamt 12 Mitgliedstaaten (BE, EL, ES, FR, IT, LT, LU, LV, NL, PT, SE, SI) Vertragsverletzungsverfahren ein (vgl. IP/08/872), gegen 6 davon erhob sie Klage (BE, EL, ES, LU, PT, SE), 3 davon wurden wegen nicht fristgerechter Umsetzung verurteilt (BE [C-493/08], EL [C-493/08], SE [555/08]); vgl. zum Ganzen auch Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 764 f. Fn. 208. 20  Überblick zur Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten bei Bech-Bruun/Lexidale, Study on the Application of the Cross-border Mergers Directive, 2013 (); Van Gerven, Cross-Border Mergers. 21  Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 6; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 402; Krause/ Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 52; Menjucq in: Conac (éd.), Fusions transfrontalières de sociétés, 2011, S. 15, 22 ff. 22  RL 90/434/EWG des Rates v. 23.7.1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABlEG v. 20.8.1990, L 225/1; jetzt kodifiziert als RL 2009/133/EG des Rates v. 19.10.2009 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes einer Europäischen Gesellschaft oder einer Europäischen Genossenschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat, ABlEU v. 25.11.2009, L 310/34.

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22.5

Unberührt bleibt die Anwendung des Fusionskontrollrechts, und zwar sowohl auf EU-Ebene durch die FKVO23 als auch auf nationaler Ebene (vgl. Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 3 GesRRL und ErwG 62 GesRRL [G  Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 3 und ErwG 9 CBMD]). 22.6 Wesentliche Errungenschaft der CBMD war die Schaffung eines klar strukturierten und verlässlichen Rechtsrahmens für grenzüberschreitende Verschmelzungen, der die für solch komplexe Transaktionen essentielle Rechtssicherheit bietet und zugleich die Transaktionskosten für grenzüberschreitende Verschmelzungen signifikant reduziert hat.24 Seit der Umsetzung der CBMD hat die Zahl der grenzüberschreitenden Verschmelzungen stetig zugenommen: Nach einer von der Kommission in Auftrag gegebenen Studie fanden im EU/EWR-Raum zwischen 2008 und 2012 insgesamt 1227 grenzüberschreitende Verschmelzungen statt, wobei die Zahl von Jahr zu Jahr anstieg (von 132 im Jahr 2008 auf 361 im Jahr 2012).25 Nach Studien des Jenaer Instituts für Rechtstatsachenforschung zum deutschen und europäischen Unternehmensrecht fanden zwischen April 2007 und Ende 2012 insgesamt 381 grenzüberschreitende Verschmelzungen unter Beteiligung deutscher Gesellschaften statt.26 2.  Änderungen 22.7 Die mit der RL 2009/109/EG27 erfolgte allgemeine Modernisierung der Berichtsund Dokumentationspflichten für Verschmelzungen und Spaltungen (→  20.4, 21.4) brachte auch für die CBMD einige Neuerungen, die allerdings lediglich punktueller Natur waren (→ 22.54, 22.134 Fn. 383). 22.8 Die BRIS-RL (→ 18.7) brachte eine Modifikation in Art. 13 CMBD (G Art. 130 GesRRL, → 22.117). 22.9 Durch die BRRD (→  14.150) wurde eine Bereichsausnahme für Gesellschaften, die Gegenstand einer BRRD-Maßnahme sind, ergänzt (→ 22.22). 3.  Integration in die GesRRL 2017 22.10 Mit Wirkung v. 20.7.2017 wurden die Bestimmungen der CBMD zusammen mit denjenigen der früheren PubRL (→ 18), KapRL (→ 19), FusRL (→ 20), SpRL (→ 21) und

23  VO (EG) Nr. 139/2004 des Rates v. 20.1.2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“), ABlEU v. 29.1.2004, L 24/1. 24 Vgl. Bech-Bruun/Lexidale (Fn. 20), Executive Summary 7 f.; J. Schmidt, Cross-border mergers and divisions, transfers of seat: Is there a need to legislate?, PE 559.960, S. 16; Stiegler GmbHR 2016, 406, 409. 25 Vgl. Bech-Bruun/Lexidale (Fn. 20), Executive Summary 6. 26 Vgl. Bayer/Hoffmann/J. Schmidt Konzern 2012, 225 ff.; Köstler/Pütz Ag 2013, R180 f. 27  RL 2009/109/EG des EP und des Rates v. 16.9.2009 zur Änderung der RL 77/91/EWG, 78/855/EWG, 82/891/EWG des Rates sowie der RL 2005/56/EG hinsichtlich der Berichts- und Dokumentationspflicht bei Verschmelzungen und Spaltungen, ABlEU v. 2.10.2009, L 259/14.

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ZNRL (→ 26) in der neuen Gesellschaftsrechts-RL (GesRRL)28 kodifziert, → 5.73, 18.8. 4.  Reformüberlegungen Unabhängig davon gibt es bereits seit einigen Jahren Bestrebungen um eine substantielle 22.11 Reform der Bestimmungen zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen, → 7.114 ff. 5.  Umsetzung in Deutschland Die gesellschaftsrechtlichen Vorgaben der CBMD (G Titel II Kapitel II GesRRL) wur- 22.12 den in Deutschland durch das 2. UmwÄndG29 umgesetzt, das einen neuen 10. Abschnitt (§§ 122a–122l UmwG) über die grenzüberschreitende Verschmelzung in den 2. Teil des 2. Buchs des UmwG einfügte30 und damit zugleich (partiell) auch dem Sevic-Urteil des EuGH31 (→ 7.31 ff.) Rechnung trug (→ 7.99, 7.103). Die Vorgaben des Art. 16 CBMD (G Art. 133 GesRRL) hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer (→ 22.158 ff.) wurden durch das MgVG32 in das deutsche Recht transformiert. Die RL 2009/109/EG (→ 22.7) wurde (leicht verspätet, → 20.9) durch das 3. Umw­ ÄndG33 umgesetzt. Die BRIS-RL (→ 22.8) wurde durch das BRIS-UG34 umgesetzt. Zur Umsetzung der BRRD wurde durch das BRRD-UmsG ein neues Sanierungsund Abwicklungsgesetz (SAG) geschaffen, weitere Anpassungen erfolgten durch das FMSA-NeuOG (→ 14.151).

II.  Anwendungsbereich 1.  Grenzüberschreitende Verschmelzung von EU-/EWR-Kapitalgesellschaften Der Anwendungsbereich des Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD) beschränkt sich 22.13 gem. Art. 118 GesRRL (G Art. 1 CBMD) auf grenzüberschreitende Verschmelzun28  RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46. 29  Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 19.4.2007, BGBl. I, 542. 30  Vgl. zu den Vor- und Nachteilen dieser Regelungstechnik bereits Bayer/J. Schmidt NZG 2006, 841 sowie Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 14 m.z.w.N. 31  Fn. 16. 32 Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG) = Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Regelungen über die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten v. 21.12.2006, BGBl. I, 3332. 33  Drittes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 11.7. 2011, BGBl. I, 1338. 34  Gesetz zur Umsetzung der RL 2012/17/EU in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern in der Europäischen Union v. 22.12.2014, BGBl. I, 2409. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1735; Terbrack DStR 2014, 236 f.

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gen von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen EU-/EWR-Mitgliedstaaten. Nicht erfasst sind dagegen andere grenzüberschreitende Umstrukturierungsvorgänge wie grenzüberschreitende Spaltungen35 (vgl. zu deren Schutz durch die Niederlassungsfreiheit →  7.105) oder grenzüberschreitende Formwechsel (= grenzüberschreitende Satzungssitzverlegung, vgl. zu deren Schutz durch die Niederlassungsfreiheit → 7.48 ff., 7.85 ff.)36. a)  EU-/EWR-„Kapitalgesellschaft“ aa)  Nur EU-/EWR-Gesellschaften 22.14 Im Einklang mit dem Umfang des Schutzbereichs der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 54 Abs. 1 AEUV bzw. Art. 34 Abs. 1 EWRV gilt Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD) nur für grenzüberschreitende Verschmelzungen unter ausschließlicher Beteiligung von Gesellschaften, die nach dem Recht eines EU- oder EWR-Mitgliedstaats gegründet worden sind und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in der Gemeinschaft haben. Nicht vom Regelungsbereich erfasst sind also transnationale Fusionen, an denen eine oder mehrere DrittstaatenGesellschaften beteiligt sind.37 bb)  Kapitalgesellschaften (1)  Allgemeines 22.15 Abweichend vom umfassenden Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit (→ 4.12 f.) gilt Titel II Kapitel II GesRRL (G  CBMD) allerdings nur für Kapitalgesellschaften, nicht auch für Personengesellschaften38 (vgl. zur umfassenden „Verschmelzungsfreiheit“ auch für Personengesellschaften aufgrund des Sevic-Urteils →  7.101). Hintergrund ist, dass man für Personengesellschaften offenbar kein so großes Bedürfnis nach einer speziellen Regelung sah.39 Hinzu kommt, dass eine Erweiterung auch auf Perso35 Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 3; Drinhausen/Keinath RIW 2006, 81, 86; Habersack/Drinhausen/Kiem Vorb. UmwG Rn. 13; Neye/Timm GmbHR 2007, 561, 565; Spahlinger/Wegen NZG 2006, 721, 722. 36  Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 3; Drinhausen/Keinath RIW 2006, 81, 86; Inwinkl/ Schneider RIW 2008, 4, 7; Neye/Timm GmbHR 2007, 561, 565; Spahlinger/Wegen NZG 2006, 721, 722. 37  Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 3; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401; Habersack/ Drinhausen/Kiem Vorb. UmwG Rn. 13; Lencou/Menjucq D. 2009, 886, 889; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 249. 38 Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 3; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401; Inwinkl/ Schneider RIW 2008, 4, 7; Habersack/Drinhausen/Kiem Vorb. UmwG Rn. 13; Neye/ Timm GmbHR 2007, 561, 565; Pluskat EWS 2004, 1, 4; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 249. 39  Vgl. ErwG 1; J. Schmidt (Fn. 24), S. 17.

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nengesellschaften eine ganze Reihe von Sonderproblemen mit sich gebracht hätte, da das gesellschaftsrechtliche Harmonisierungsprogramm − nicht zuletzt auch mit Blick auf die typischerweise sehr enge Verzahnung des Personengesellschaftsrechts mit dem allgemeinen Privatrecht des jeweiligen Mitgliedstaats − von Anfang an auf Kapitalgesellschaften beschränkt war.40 De lege ferenda sollte der EU-Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Verschmelzungen aber auch auf Personengesellschaften ausgedehnt werden (→ 7.111).41 Anders als die ursprünglichen Entwürfe für ein Abkommen und der RL-Entwurf 22.16 von 1985 (→ 22.2) und abweichend von Titel II Kapitel I GesRRL (G FusRL, → 20.11) ist Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD) aber nicht nur auf die Verschmelzung von Aktiengesellschaften beschränkt, sondern erfasst alle Kapitalgesellschaften. Grund für diese Erweiterung ist, dass man mit der CBMD (G Titel II Kapitel II GesRRL) vor allem auch für KMU − für welche der (Um-)Weg über die SE (→ 45) ggf. nicht in Frage kommt bzw. sich zumindest im Einzelfall schwierig gestalten kann42 – die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Kooperation und Reorganisation eröffnen soll.43 Dies ist natürlich nicht nur aus praktischer Perspektive, sondern auch unter dem Aspekt der intendierten Vollendung des Binnenmarkts nachdrücklich zu begrüßen. Regelungsund umsetzungstechnisch ist diese Erweiterung allerdings nicht unproblematisch.44 Denn die auf der subsidiären Anwendung des nationalen Verschmelzungsrechts beruhende Grundkonzeption des Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD, → 22.32) führt bei Beteiligung anderer Kapitalgesellschaften als AG aufgrund der insoweit mangelnden Harmonisierung der nationalen Rechtsordnungen zu erhöhtem Friktionspotential. (2)  Legaldefinition (Art. 119 Nr. 1 GesRRL [ G Art. 2 Nr. 1 CBMD]) „Kapitalgesellschaft“ i.S.d. Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD)45 sind gem. der Le- 22.17 galdefinition in Art. 119 Nr. 1 GesRRL (G Art. 2 Nr. 1 CBMD) über den Verweis in lit. a zunächst alle Gesellschaften i.S.d. Anhangs II (d.h. diejenigen, die früher von der PubRL erfasst wurden, → 18.10 f.). Gem. lit. b ist eine „Kapitalgesellschaft“ darüber hinaus auch jede andere Gesellschaft, die Rechtspersönlichkeit besitzt und über gesondertes Gesellschaftskapital verfügt, das allein für die Verbindlichkeiten 40  Vgl. diesbezüglich auch schon → 18.10; s. ferner auch Ausschuss Internationaler Rechtsverkehr des DAV Stellungnahme 5/2005, S. 6 f.; J. Schmidt (Fn. 24), S. 17. 41 Für eine Ausdehnung auf Personengesellschaften auch Drygala/von Bressendorf NZG 2016, 1161, 1166. 42  Vgl. zur SE als Option für den Mittelstand noch → 45.9, 45.82. 43  Vgl. KOM(2003) 703, S. 3; Louven/Dettmeier/Pöschke Beil. zu BB 13/2006, 1, 13; s. ferner 54. 44  Vgl. auch Frischhut EWS 2006, 55, 57; Koppensteiner GesRZ 2006, 111, 125; Papadopoulos EBLR 2012, 517, 529; Siems (2005) 11 Colum. J. Eur. L. 167, 173. 45  Die Kommission hat am 20.1.2009 eine Übersicht über die erfassten Kapitalgesellschaftsformen sowie die zuständigen Behörden veröffentlicht (), die allerdings leider nur 16 der derzeit insgesamt 31 EU/EWR-Staaten abdeckt.

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der Gesell­schaft haftet, und die nach dem für sie maßgebenden innerstaatlichen Recht Schutzbestimmungen i.S.d. Titels I Kapitel II Abschnitt 2 und des Titels I Kapitel III Abschnitt 1 GesRRL (G  PubRL) im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter einhalten muss. Mit dieser dynamisch ausgestalteten „kleinen Generalklausel“ soll sichergestellt werden, dass sämtliche (nationale oder europäische) Gesellschaftsformen vom Anwendungsbereich erfasst werden, die diese Kriterien bereits erfüllen oder – im Falle neuer Gesellschaftsformen – künftig erfüllen werden (ohne dass es hierfür einer Änderung der RL bedürfte).46 22.18 „Kapitalgesellschaft“ i.S.d. lit. b ist wegen Art. 9 Abs. 1 lit. c Ziff. ii, Art. 10 SE-VO insbesondere auch die SE.47 Sofern es sich um eine Verschmelzung zur Neugründung einer SE handelt, werden Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD) und die nationalen Umsetzungsvorschriften allerdings nach ganz h.M. durch die Art. 2, 17 ff. SE-VO als insoweit abschließende leges speciales verdrängt.48 An einer grenzüberschreitenden Verschmelzung durch Aufnahme kann sich eine SE dagegen grundsätzlich sowohl als übertragender als auch als übernehmender Rechtsträger beteiligen.49 Denn bei der Verschmelzung durch Aufnahme sind die Art. 2, 17 ff. SE-VO nur für den Fall leges speciales, dass der übernehmende Rechtsträger im Zuge der Verschmelzung seine Rechtsform von der AG hin zur SE verändert.50

46  Vgl. Lutter/Bayer § 122b UmwG Rn. 5; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401; Semler/Stengel/Drinhausen § 122b UmwG Rn. 4; Widmann/Mayer/Heckschen § 122b UmwG Rn. 9, 51 ff.; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122b UmwG Rn. 8; Menjucq (Fn. 21), S. 15, 19; Neye ZIP 2005, 1893, 1894. 47 Vgl. Olympus UK Ltd & Ors [2014] EWHC 1350 (Ch), para. 39; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401; Lutter/Bayer § 122b UmwG Rn. 7; Brocker BB 2010, 971, 972; Semler/Stengel/ Drinhausen § 122b UmwG Rn. 4; 56; Widmann/Mayer/Heckschen § 122b UmwG Rn. 59; Anh. 14 Rn. 11; Inwinkl ZfRV 2008, 69, 72, 75, 77; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 185; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122b UmwG Rn. 7; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 54; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122b Rn. 3; Rickford EBLR 2005, 1393, 1411; KK-UmwG/ Simon/Rubner § 122b Rn. 7; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 249; J. Vetter AG 2006, 613, 615; s. ferner auch BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BR-Drs. 548/06, S. 29. 48 Lutter/Bayer § 122b UmwG Rn. 7; Semler/Stengel/Drinhausen § 122b UmwG Rn. 5; Drygala/von Bressendorf NZG 2016, 1161, 1162; Frotz/Kaufmann/Frotz § 3 EU-VerschG Rn. 6; Grambow/Stadler BB 2010, 977, 978; Widmann/Mayer/Heckschen Anh. 14 Rn. 528.2; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 54; Lutz BWNotZ 2010, 23, 26; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 185; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122b UmwG Rn. 3; KKUmwG/Simon/Rubner § 122b Rn. 9; Thiermann, Grenzüberschreitende Verschmelzungen deutscher Gesellschaften, 2010, S. 201 ff., 216, 219. Vgl. ferner auch Inwinkl/Schneider RIW 2008, 4, 11. 49 Lutter/Bayer § 122b UmwG Rn. 7; Semler/Stengel/Drinhausen § 122b UmwG Rn. 5; Grambow/Stadler BB 2010, 977, 978 f.; Widmann/Mayer/Heckschen § 122b Rn. 16, 64 ff., 72; Inwinkl ZfRV 2008, 69, 72 ff.; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122b UmwG Rn. 3; KKUmwG/Simon/Rubner § 122b Rn. 10 ff.; a.A. Louven ZIP 2006, 2021, 2024; Oechsler NZG 2006, 161 f. 50  Vgl. Lutter/Bayer § 122b UmwG Rn. 7; Grambow/Stadler BB 2010, 977, 978 f.; Klein RNotZ 2007, 565, 574; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122b Rn. 10.

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Ob auch Gegenseitigkeitsgesellschaften wie der deutsche VVaG erfasst sind, er- 22.19 scheint dagegen eher zweifelhaft.51 (3)  „Opt out“-Möglichkeit für Genossenschaften (Art. 120 Abs. 2 GesRRL [ G Art. 3 Abs. 2 CBMD]) Sofern sie die Kriterien des Art. 119 Nr. 1 lit. b GesRRL (G Art. 2 Nr. 1 lit. b CBMD) 22.20 erfüllen, sind grundsätzlich auch Genossenschaften einbezogen.52 Art. 120 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 3 Abs. 2 CBMD) eröffnet den Mitgliedstaaten insoweit allerdings ein Opt-out-Recht. Hintergrund ist, dass eine Reihe von Mitgliedstaaten53 wegen der mangelnden Harmonisierung des Genossenschaftsrechts Bedenken geltend gemacht hatten54; zudem sah man angesichts der Möglichkeit der Gründung einer SCE (→ 46) teilweise auch kein praktisches Bedürfnis für eine Beteiligung von Genossenschaften55. (4)  Ausschluss von OGAW Ausdrücklich vom subjektiven Anwendungsbereich ausgenommen sind gem. Art. 120 22.21 Abs. 3 GesRRL (G Art. 3 Abs. 3 CBMD) sog. Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW). Da diese auf Unionsebene Spezialvorschriften (zur OGAWRL → 38.3 ff.) unterliegen, wollte der europäische Gesetzgeber auch die entsprechenden Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung ausschließlich diesem speziellen Rahmen vorbehalten.56

51  Vgl. Lutter/Bayer § 122b UmwG 6; dafür: Frenzel RIW 2008, 12, 14; Lüttringhaus VersR 2008, 1036, 1040 f.; dagegen Semler/Stengel/Drinhausen § 122b UmwG Rn. 6; Widmann/ Mayer/Heckschen § 122b UmwG Rn. 6; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122b UmwG Rn. 10; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122b UmwG Rn. 4. 52 Vgl. Neye ZIP 2005, 1893, 1895; Neye/Timm DB 2006, 488. 53  Die Regelung geht auf Initiative Deutschlands, Österreich, Frankreichs und des UK zurück, die Genossenschaften komplett vom Anwendungsbereich ausnehmen wollten, vgl. Dok. 7068/04, S. 7. Nachdem einige andere Mitgliedstaaten dies jedoch ablehnten, wurde auf italienischen Vorschlag hin eine Opt-out-Regelung nach dem Vorbild des Art. 87 Abs. 2 GesRRL (G Art. 1 Abs. 2 FusRL, → 20.13) aufgenommen, vgl. Dok. 9294/04, S. 7. 54 Vgl. dazu IP/04/1405; Lutter/Bayer § 122b UmwG Rn. 15; Drinhausen/Keinath RIW 2006, 81, 82; Klein RNotZ 2007, 565, 576; Ratka GeS 2006, 52, 54; s. zu Österreich auch Frotz/Kaufmann/Frotz § 3 EU-VerschG Rn. 7. 55 Vgl. Neye ZIP 2005, 1893, 1895. S. ferner auch BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BR-Drs. 548/06, S. 30. 56 Vgl. Lutter/Bayer § 122b UmwG Rn. 16; Drinhausen/Keinath RIW 2006, 81, 82; Frotz/Kaufmann (Fn. 48), § 4 EU-VerschG Rn. 3; Inwinkl/Schneider RIW 2008, 4, 6; H.-F. Müller NZG 2006, 286, 287; Neye ZIP 2005, 1893, 1895.

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(5)  Bereichsausnahme für BRRD-Maßnahmen 22.22 Der durch die BRRD (→  14.150) eingeführte Art. 120 Abs. 4 GesRRL (G  Art. 3 Abs. 4 CBMD) statuiert eine Bereichsausnahme für Gesellschaften, die Gegenstand eines Rückgriffs auf die in Titel IV BRRD vorgesehenen Abwicklungsinstrumente, -befugnisse und -mechanismen sind. Dies soll gewährleisten, dass ein rasches Eingreifen der Abwicklungsbehörden nicht durch die Vorgaben der RL torpediert wird.57 b)  „Grenzüberschreitende Verschmelzung“ aa)  Arten der Verschmelzung 22.23 Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD) differenziert im Einklang mit Titel II Kapitel I GesRRL (G FusRL)58 zwischen der Verschmelzung durch Aufnahme und durch Neugründung. Die jeweiligen Legaldefinitionen in Art. 119 Nr. 2 lit. a GesRRL (G Art. 2 Nr. 2 lit. a CBMD) (Verschmelzung durch Aufnahme) und lit. b (Verschmelzung durch Neugründung) sind zwar sprachlich etwas modernisiert und mit Blick auf den weiteren Anwendungsbereich der Vorschriften über grenzüberschreitende Verschmelzungen (nicht nur AG, sondern alle Kapitalgesellschaften, →  22.16) um die Variante der „sonstigen Anteile“ erweitert, entsprechen aber der Sache nach Art. 89 Abs. 1 GesRRL bzw. Art. 90 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 3 Abs. 1 bzw. Art. 4 Abs. 1 FusRL, → 20.18 ff.). Um den Ausgleich sog. „Spitzenbeträge“ zu ermöglichen59, ist insbesondere auch 22.24 hier eine bare Zuzahlung möglich. Die Legaldefinitionen in Art. 119 Nr. 2 lit. a und b GesRRL (G Art. 2 Nr. 2 lit. a und b CBMD) sehen zwar – im Einklang mit Art. 89 Abs. 1 und Art. 90 Abs. 1 GesRRL (G Art. 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 FusRL, → 20.19 f.) – eine Obergrenze von 10 % des Nennwerts bzw. rechnerischen Werts der Aktien/Anteile vor. Art. 120 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 3 Abs. 1 CBMD) stellt jedoch klar, dass Titel II Kapitel II (G CBMD) auch dann Anwendung findet, wenn eine (oder mehrere oder alle) der beteiligten Rechtsordnungen höhere bare Zuzahlungen (ggf. auch in unterschiedlicher Höhe) zulässt bzw. zulassen60 (vgl. zur diesbezüglichen Option in Art. 116 GesRRL [G Art. 30 FusRL] → 20.23). Hieraus können sich zwar ggf. praktische Probleme ergeben61; nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte62 ist die Regelung jedoch eindeutig63.

57  Vgl. ErwG 122 BRRD; COM(2012) 280, 4.4.17. 58  Vgl. auch Grundmann Rn. 925; Maul/Teichmann/Wenz BB 2003, 2633, 2634; Ugliano EBLR 2007, 585, 600. 59 Vgl. Neye ZIP 2005, 1893, 1894. 60  Vgl. Bericht EP-Rechtsausschuss, A6-0089/2005, S. 16; s. ferner auch Grundmann Rn. 925. 61 Vgl. Lencou/Menjucq D. 2009, 886, 887; Neye ZIP 2005, 1893, 1894; Oechsler NZG 2006, 161, 162. 62 Die deutsche Delegation hatte Bedenken geäußert; eine Reihe anderer Mitgliedstaaten hatte jedoch ausdrücklich dafür plädiert, die Entscheidung über etwaige Höchstwerte für

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Als dritte Variante nennt Art. 119 Nr. 2 lit. c GesRRL (G Art. 2 Nr. 2 lit. c CBMD) 22.25 ausdrücklich den upstream-merger einer 100%igen Tochter auf die Mutter. Damit soll – in Parallele64 zu Art. 110 S. 1 GesRRL (G Art. 24 S. 1 FusRL, → 20.143) und Art. 2 lit. a Ziff. iii Fusionssteuer-RL65 − explizit klargestellt werden, dass auch dieser Spezialfall der Verschmelzung durch Aufnahme66 eine „Verschmelzung“ i.S.d. Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD) darstellt (auch wenn es hier naturgemäß nicht zu einer Anteilsgewährung kommt).67 Im Gegensatz zu der in Titel II Kapitel I GesRRL (G FusRL) etablierten „Verwei- 22.26 sungslösung“ (→ 20.22, 20.137 ff.) folgt Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD) allerdings dem auch der SE-VO zugrunde liegenden (→ 45.36) Modell einer einheitlichen Regelung des Verschmelzungsverfahrens für beide Verschmelzungsarten und differenziert nur in einigen Punkten innerhalb der jeweiligen Regelungen zwischen Verschmelzung durch Aufnahme und Neugründung. 63

bb)  Grenzüberschreitender Charakter „Grenzüberschreitend“ i.S.d. Titel II Kapitel II GesRRL (G  CBMD) ist eine Ver- 22.27 schmelzung – in Abgrenzung zur nationalen Verschmelzung gem. Art. 88 GesRRL (G Art. 2 FusRL, → 20.12)68 − , wenn mindestens zwei der Gesellschaften dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen. Maßgeblich ist also nicht die lokale Verortung der Gesellschaften, sondern das Zusammentreffen von mindestens zwei verschiedenen Gesellschaftsstatuten (Statutendivergenz).69 Angesichts der bislang mangelnden Harmonisierung des Gesellschaftskollisionsrechts (vgl. dazu sowie zu Harmonisierungsplänen → 7.4 ff., 7.112 ff.) ist diese Anknüpfung an die Statutendivergenz zwar nicht unproblematisch, letztlich jedoch die einzig konsequente und in sich konsistente Lösung zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Titel II Kapibare Zuzahlungen aus Gründen der Subsidiarität den Mitgliedstaaten zu überlassen, vgl. Dok. 9294/04, S. 6; s. ferner auch Neye ZIP 2005, 1893, 1894. 63 Vgl. Beutel S. 150; s. ferner auch Rickford EBLR 2005, 1393, 1402; Ugliano EBLR 2007, 585, 601; zumindest missverständlich dagegen Oechsler NZG 2006, 161, 162, der offenbar für ein Primat der Rechtsordnung der übertragenden Gesellschaft plädiert; abw. auch Frotz/Kaufmann/Frotz § 3 EU-VerschG Rn. 24; Inwinkl/Schneider RIW 2008, 4, 11. 64  Vgl. allg. zum Gleichlauf der Definitionen KOM(2003) 703, S. 5. 65  Fn. 22. 66  Zahlreiche Mitgliedstaaten hielten eine Sonderregelung daher nicht für erforderlich, v.a. auf Wunsch Frankreichs und der Kommission wurde die Regelung jedoch beibehalten, vgl. Dok. 11655/04, S. 7. 67  Vgl. dazu auch Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 20; Beutel S. 148; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 186. 68  Vgl. zum Zusammenspiel von Art. 1 CBMD und Art. 2 FusRL auch Grundmann Rn. 923, 926; s. ferner auch ErwG 6 des RL-Vorschlags 1985 (Fn. 8). 69  Vgl. zur CBMD: Frotz/Kaufmann/Frotz § 1 EU-VerschG Rn. 6; Grundmann Rn. 923; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 184; Stiegler GmbHR 2016, 406, 411; EnzEur Bd. 6/ Teichmann § 6 Rn. 249; zur deutschen Umsetzung in § 122a Abs. 1 UmwG: Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 23; Semler/Stengel/Drinhausen § 122a UmwG Rn. 10; Frenzel S. 126; ders. RIW 2008, 12, 13.

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tel II GesRRL (G CBMD) von dem des Titel II Kapitel I GesRRL (G FusRL). Im Übrigen ist die Problematik mit der durch die EuGH-Judikatur für Zuzugsfälle etablierten „europarechtlichen Gründungstheorie“ (→  7.64 ff.) wesentlich „entschärft“: Denn aus ihr folgt, dass die anderen Mitgliedstaaten sog. „Scheinauslandsgesellschaften“ als Gesellschaft nach dem Recht des Heimatstaats (= Registerstaat) anerkennen müssen.70 Eine „grenzüberschreitende“ Verschmelzung liegt damit z.B. auch dann vor, wenn sich eine nach englischem oder irischem Recht gegründete Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland mit einer deutschen GmbH mit Verwaltungssitz in Deutschland verschmelzen möchte.71 Nicht vom Begriff der „grenzüberschreitenden Verschmelzung“ i.S.d. Art. 118 22.28 GesRRL (G Art. 1 CBMD) erfasst sind dagegen – entgegen einer teilweise im Schrifttum vertretenen Auffassung72 − Fälle einer Grenzüberschreitung allein durch die NewCo (d.h. einer Verschmelzung durch Neugründung, bei der die übertragenden Gesellschaften derselben und nur die neu gegründete Gesellschaft einer anderen Rechtsordnung unterliegt).73 Denn Art. 118 GesRRL (G Art. 1 CBMD) stellt – anders als noch der Kommissionsentwurf74 – gerade nicht mehr auf die Statutendivergenz der beteiligten, sondern der sich verschmelzenden Gesellschaften ab.75 Darüber hinaus würde die Einbeziehung der „NewCo-Fälle“ letzten Endes bedeuten, dass der europäische Gesetzgeber damit in verklausulierter Form de facto auch die grenzüberschreitende Satzungssitzverlegung (wenngleich auch nur in Kombination mit einer gleichzeitigen Verschmelzung) zugelassen hätte; dies kann allerdings mit Blick auf den Stand der Diskussion um die Satzungssitzverlegung (→ 7.48 ff., 7.85 ff., 7.110 ff., 30.1 ff.) kaum angenommen werden.76 Etwas anderes lässt sich im Übrigen auch nicht aus dem Vergleich mit der Rechtslage bei der SE ableiten: Dort entspricht es zwar der ganz h.M., dass die NewCo-SE ihren Satzungssitz in einem anderen Mitgliedstaat als die Gründungsgesellschaften haben kann (→ 45.35); Art. 2 Abs. 1 SE-VO (→ 45.32) 70  Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 23; Frotz/Kaufmann/Frotz § 1 EU-VerschG Rn. 6; Grundmann/Möslein, European Company Law, 2007, Rn. 976; s. ferner auch Schmitt/ Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122a UmwG Rn. 8; Klein RNotZ 2007, 565, 575; Papadopoulos (2011) 36 E.L. Rev. 71, 86 f.; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122a Rn. 10 f. 71 Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 23; Semler/Stengel/Drinhausen § 122a UmwG Rn. 10; Widmann/Mayer/Heckschen § 122a UmwG Rn. 87; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/ Hörtnagl § 122a UmwG Rn. 8; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122a UmwG Rn. 4; Lutz BWNotZ 2010, 23, 26; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122a UmwG Rn. 2; KK-UmwG/ Simon/Rubner § 122b Rn. 5. 72 Frotz/Kaufmann/Frotz § 1 EU-VerschG Rn. 6; Habersack/Verse § 8 Rn. 57; Oechsler NZG 2006, 161, 162, 166; ferner wohl auch Frischhut EWS 2006, 55, 56; KK-UmwG/ Simon/Rubner § 122a Rn. 17 f. 73  Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 25; Frenzel RIW 2008, 12, 14; Widmann/Mayer/ Heckschen § 122a Rn. 6, 55; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 184; Klein RNotZ 2007, 565, 573; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122a UmwG Rn. 4; Spahlinger/Wegen NZG 2006, 721, 722; Stiegler GmbHR 2016, 406, 411. 74  Vgl. KOM(2003) 703, S. 11. 75  Der EP-Rechtsausschuss hatte den Wortlaut aus Gründen der Klarstellung bewusst abgeändert, vgl. A6-0089/2005, S. 15, 17; Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 25. 76  Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 25.

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verlangt aber stets, dass die sich verschmelzenden AG dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen, also auch eine „Grenzüberschreitung“ auf der Ebene der sich verschmelzenden Gesellschaften.77 Ebenso wie bei der SE-Gründung (→ 45.34) ist es auch im Kontext der CBMD 22.29 irrelevant, ob die beteiligten Gesellschaften wirtschaftliche Aktivität entfalten oder ob es sich um reine „Beteiligungsvehikel“ (special purpose vehicles) bzw. Vorratsgesellschaften handelt, die speziell zur Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung gegründet wurden.78 Die offenbar gegenteilige Ansicht des High Court in Re Easynet Globald Services Ltd79 findet nicht nur keine Stütze im Wortlaut der RL, sondern ist auch mit derem Ziel, grenzüberschreitende Verschmelzungen zu erleichtern80, unvereinbar. Ebenso wie im Kontext der SE ist es vielmehr auch im Kontext des Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD) zulässig, das durch den EU-Rechtsrahmen zur Verfügung gestellte Instrumentarium kreativ zu nutzen. Denn letztlich dient die RL ja gerade dazu, die grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften im Binnenmarkt zu verbessern. Zulässig ist insofern insbesondere auch der Einsatz von „Verschmelzungsvehikeln“ in Gestalt von eigens zum Zwecke der Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung gegründeten oder erworbenen Kapitalgesellschaften81 (inkl. Vorratsgesellschaften). Mittels einer grenzüberschreitenden Verschmelzung auf der Basis des Titel II Kapitel II GesRRL (G  CBMD) lässt sich somit faktisch auch das wirtschaftliche Ergebnis eines grenzüberschreitenden Formwechsels erreichen: Anstatt sich direkt in eine Rechtsform des Aufnahmemitgliedstaats umzuwandeln, gründet oder erwirbt die Gesellschaft dort eine NewCo und verschmilzt sich dann auf diese.82 Diese an sich unnötig komplizierte und kostenträchtige „Hilfskonstruktion“83 wäre freilich unnötig, wenn endlich ein rechtssicherer EURechtsrahmen für grenzüberschreitende Formwechsel geschaffen würde (→ 7.110 ff., 30.34). 77  Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 25. 78  Vgl. zur Zulässigkeit des Einsatzes von Vorratsgesellschaften bzw. special purpose vehicles: Lutter/Drygala § 1 UmwG Rn. 19; Holzborn/Mayston ZIP 2012, 2380; Lieder/Hoffmann AG 2017, R83, R86; Kallmeyer/Marsch-Barner Vorbem. §§ 122a–122l UmwG Rn. 14. 79  Re Easynet Global Services Ltd. [2016] EWHC 2681 (Ch). Im konkreten Fall sollten insgesamt 22 Konzern-Gesellschaften miteinander verschmolzen werden, 21 UK-Gesellschaften sowie eine nicht werbend tätige niederländische BV. Der High Court entschied, dass es sich tatsächlich gar nicht um eine grenzüberschreitende Verschmelzung handele. 80  Vgl. ErwG 1 CBMD. 81  Re ITAU BBA International Ltd [2012] EWHC 1783 (Ch). 82 Vgl. Holzborn/Mayston ZIP 2012, 2380; J. Schmidt (Fn. 24), S. 32 f. sowie die Nachweise in Fn. 83. Beispiel aus der Praxis: Re ITAU BBA International Ltd [2012] EWHC 1783 (Ch): Eine portugiesische Bank mit Zweigniederlassung im UK wurde auf eine zu diesem Zweck erworbene UK Ltd. verschmolzen; eigentliches Ziel war es, die gesamten Aktivitäten der Bankengruppe künftig von London aus mit einer englischen Banklizenz zu führen. 83 Vgl. Arbeitskreis Europäisches Unternehmensrecht NZG 2011, 98; EAVA 3/2012, S. 27, 31 ff., 37, II-52; Hushahn RNotZ 2014, 137, 139; Reflection Group, Report of the Reflection Group On the Future of EU Company Law, 5.4.2011 (), 2.3.2.; J. Schmidt (Fn. 24), S. 32 f.; Weller/Leuering ZEW 198 (2012), S. 16 f.

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2.  Limitierung der zulässigen Verschmelzungskombinationen (Art. 121 Abs. 1 lit. a GesRRL [ G Art. 4 Abs. 1 lit. a CBMD]) 22.30 Art. 121 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. a CBMD) normiert eine grundlegende Einschränkung im Hinblick auf die möglichen Verschmelzungskombinationen: Die RL ermöglicht grenzüberschreitende Verschmelzungen nur zwischen Gesellschaften solcher Rechtsformen, die sich nach dem innerstaatlichen Recht der jeweiligen Mitgliedstaaten verschmelzen dürfen. Diese auf einen Kompromissvorschlag der niederländischen Ratspräsidentschaft zurückgehende84 Schutzklausel soll verhindern, dass die Mitgliedstaaten bei transnationalen Fusionen Kombinationen zulassen müssten, die ihrem nationalen Recht fremd sind.85 Hintergrund ist, dass die nationalen Verschmelzungsrechte durch Titel II Kapitel I GesRRL (G FusRL) nur bezüglich der Verschmelzung unter ausschließlicher Beteiligung von Aktiengesellschaften harmonisiert sind (→ 20.11); ob und in welchem verfahrensrechtlichen Rahmen sich auch andere Rechtsformen an einer innerstaatlichen Verschmelzung beteiligen können, ist den Mitgliedstaaten völlig freigestellt. Müsste ein Mitgliedstaat nun aber plötzlich einer Rechtsform, die nach nationalem Recht nicht verschmelzungsfähig ist, die Beteiligung an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung gestatten, so ergäben sich ganz erhebliche Probleme: Denn mangels entsprechender Regelungen im nationalen Recht würde die auf der subsidiären Anwendbarkeit des nationalen Verschmelzungsrechts basierende Grundkonzeption des Titel II Kapitel II GesRRL (G  CBMD) (→  22.3, 22.32 f.) in diesen Fällen überhaupt nicht funktionieren bzw. der Mitgliedstaat wäre indirekt gezwungen, erst entsprechende Regelungen zu schaffen. 3.  Umsetzung in Deutschland 22.31 Der deutsche Gesetzgeber hat sich mit den Regelungen in §§ 122a Abs. 1, 122b UmwG zum Anwendungsbereich der §§ 122a ff. UmwG über die grenzüberschreitende Verschmelzung eng an die Vorgaben der RL angelehnt und sich trotz entsprechender Forderungen aus Wissenschaft und Praxis86 gegen eine „überschießende“ Umsetzung der RL-Vorgaben auch für Personengesellschaften entschieden87 (obgleich aufgrund des Sevic-Urteils auch für diese eine Regelung geboten wäre, →  7.31 ff., 7.101 f.). Die Legaldefinition der „grenzüberschreitenden Verschmelzung“ in § 122a Abs. 1 UmwG stellt allerdings abweichend von Art. 118 GesRRL (G Art. 1 CBMD) auf die Statuten84  Vgl. Dok. 14060/04, S. 3. 85  Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 4; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401; s. ferner auch Inwinkl/Schneider RIW 2008, 4, 8 f.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 186; Klein RNotZ 2007, 565, 576; Koppensteiner GesRZ 2006, 111, 115; Neye/Timm DB 2006, 488, 489; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 251. 86 Vgl. Bayer/J. Schmidt NZG 2006, 841; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2006, 737, 740; Kallmeyer/Kappes AG 2006, 224, 237; Kiem WM 2006, 1091, 1094; Louven ZIP 2006, 2021, 2023 f.; J. Vetter AG 2006, 613, 616 f. 87  Kritisch dazu Lutter/Bayer § 122b UmwG Rn. 3; Bayer/J. Schmidt ZHR 173 (2009) 735, 766, 774; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122b UmwG Rn. 2.

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divergenz der „beteiligten“ Gesellschaften ab und erfasst daher – über den Anwendungsbereich des Titels II Kapitel II GesRRL (G CBMD) (→ 22.28) hinaus88 − auch sog. NewCo-Fälle89 (die aber praktisch freilich nur dann möglich sind, wenn auch die anderen beteiligten Rechtsordnungen sie zulassen90). Die Regelung zum subjektiven Anwendungsbereich in § 122b UmwG nimmt in Abs. 1 explizit auf die Legaldefinition des Begriffs „Kapitalgesellschaft“ in Art. 2 Nr. 1 CBMD (G Art. 119 Nr. 1 GesRRL) Bezug, Abs. 2 Nr. 2 nimmt in Umsetzung von Art. 120 Abs. 3 GesRRL (G Art. 3 Abs. 3 CBMD) OGAW vom Anwendungsbereich aus. Mit Abs. 2 Nr. 1 hat der Gesetzgeber vom Opt-out-Recht des Art. 120 Abs. 2 GesRRL (G Art. 3 Abs. 2 CBMD, → 22.20) Gebrauch gemacht91, da er für die Beteiligung von Genossenschaften angesichts der Möglichkeit der Gründung einer SCE (→  46) kein praktisches Bedürfnis sah92. Die sich aus Art. 121 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. a CBMD) ergebende Grundvoraussetzung der Zulässigkeit der jeweiligen Verschmelzungskombination nach allen beteiligten Rechtsordnungen (→ 22.30) ist in §§ 122a ff. UmwG zwar nicht ausdrücklich normiert, vom deutschen Gesetzgeber aber offenbar als selbstverständlich vorausgesetzt.93 Aus deutscher Perspektive bestehen insoweit (abgesehen vom Ausschluss der Genossenschaften) ohnehin keine Beschränkungen: Deutsche Kapitalgesellschaften können gem. § 122a Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 UmwG sowohl als übertragender als auch als übernehmender oder neuer Rechtsträger an einer Verschmelzung mit Kapitalgesellschaften gleicher oder anderer Rechtsform beteiligt sein.94

III.  Grundkonzeption Art. 122 ff. GesRRL (G  Art. 5 ff. CBMD) verankern ein europaweit uniformes 22.32 Grundgerüst für grenzüberschreitende Verschmelzungen95, das auf dem bereits durch 88  Dies ist aufgrund der generellen Intention der RL, grenzüberschreitende Verschmelzungen möglichst zu erleichtern (vgl. ErwG 55 f. GesRRL [G ErwG 1 f. CBMD]) europarechtlich unbedenklich, vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 26; Frenzel RIW 2008, 12, 14. 89 Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 26; Semler/Stengel/Drinhausen § 122a UmwG Rn. 10; Frenzel RIW 2008, 12, 14; Widmann/Mayer/Heckschen § 122a UmwG Rn. 72 f.; Schmitt/ Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122a UmwG Rn. 9; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122a UmwG Rn. 6; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 184; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122a UmwG Rn. 4; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122a Rn. 17 ff.; Stiegler GmbHR 2016, 406, 411; a.A. Klein RNotZ 2007, 565, 573. 90  Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 26; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122a UmwG Rn. 4; Stiegler GmbHR 2016, 406, 411. 91  Kritisch dazu Lutter/Bayer § 122b UmwG Rn. 15; s. ferner auch Habersack/Drinhausen/ Kiem § 122b UmwG Rn. 15; ders. WM 2006, 1091, 1093. 92  Vgl. BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BR-Drs. 548/06, S. 30. 93 Vgl. Lutter/Bayer § 122b UmwG Rn. 12; s. ferner auch Widmann/Mayer/Heckschen § 122b UmwG Rn. 12. 94  Vgl. Lutter/Bayer § 122b UmwG Rn. 13; s. ferner auch H.-F. Müller ZIP 2007, 1081, 1083. 95  Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 6; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401; Klein RNotZ 2007, 565, 571; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 52; zum RL-Entwurf: Maul/C. Teichmann/Wenz BB 2003, 2633 f.

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die FusRL (G Titel II Kapitel I GesRRL) etablierten (→ 20.3, 20.29) − und dann auch in die SpRL (G  Titel II Kapitel III GesRRL, → 21.2, 21.25) sowie in modernisierter Form auch in die SE-VO (→ 45.50) und die SCE-VO (→ 46.22) übernommenen − „europäischen Modell für Strukturmaßnahmen“ mit seinem Fokus auf „Schutz durch Information“ (sog. Informationsmodell) basiert96 (→ 7.29, 18.4, 20.29, 20.119, 21.25, 21.84, 22.140, 28.18; 30.14, 36.1, 45.47). Grundbausteine des Verschmelzungsverfahrens sind demzufolge auch bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung der Verschmelzungsplan und seine Offenlegung (Art. 122, 123 GesRRL [G Art. 5, 6 CBMD] → 22.35 ff.), der Verschmelzungsbericht (Art. 124 GesRRL [G  Art. 7 CBMD], →  22.61 ff.), die Verschmelzungsprüfung (Art. 125 GesRRL [G Art. 8 CBMD], → 22.76 ff.), die Verschmelzungsbeschlüsse (Art. 126 GesRRL [G  Art. 9 CBMD], →  22.87 ff.) und die Rechtmäßigkeitskontrolle (Art. 127, 128 GesRRL [G Art. 10, 11 CBMD], → 22.99 ff.). Die verbleibenden Lücken werden durch das nationale Recht ausgefüllt. Titel II 22.33 Kapitel II GesRRL (G CBMD) beruht – ganz i.S.d. europarechtlichen Subsidiaritätsprinzips (Art. 5 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 3 EUV) und der kollisionsrechtlichen Vereinigungstheorie (→ 7.49, 7.89, 7.104) − auf dem Prinzip der subsidiären Anwendbarkeit des jeweiligen nationalen Rechts:97 Wenn und soweit sich aus der RL nichts anderes ergibt, muss jede der an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften die Vorschriften und Formalitäten des für sie geltenden innerstaatlichen Rechts einhalten bzw. erledigen (Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL [G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD], vgl. auch ErwG 56 GesRRL [G ErwG 3 CBMD]). Der deutsche Gesetzgeber hat diese Grundkonzeption der RL im Rahmen der 22.34 Umsetzung ins deutsche Recht nachvollzogen:98 §§ 122a ff. UmwG enthalten nur ergänzende Sonderregelungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen, im Übrigen sind auf die Beteiligung einer deutschen Kapitalgesellschaft an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung kraft des Generalverweises in § 122a Abs. 2 UmwG die Regeln über nationale Verschmelzungen entsprechend anzuwenden99.

96  Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 6; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401; Drygala/von Bressendorf NZG 2016, 1161, 1162; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 183, 191; s. ferner auch Heckschen DNotZ 2007, 444, 454; Habersack/Drinhausen/Kiem Vorb. UmwG Rn. 2; Klein RNotZ 2007, 565, 571; Oechsler NZG 2006, 161, 163. 97  Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 5; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 402; Grundmann Rn. 804, 926; Habersack/Verse § 8 Rn. 60; Hansen EBLR 2007, 181, 186; Hübner IPRax 2016, 553, 555 f.; Inwinkl/Schneider RIW 2008, 4, 9; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 190; Menjucq (Fn. 21), S. 15, 22; Ratka GeS 2006, 52, 54; Ugliano EBLR 2007, 585, 599; Van Eck/Roelofs (2011) 8 ECL 17, 22; s. ferner bereits zum RL-Entwurf: Maul/Teichmann/Wenz BB 2003, 2633, 2634; H.-F. Müller ZIP 2004, 1790, 1792; Rickford EBLR 2005, 1393, 1402. 98  Vgl. Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 27; Bayer/J. Schmidt NZG 2006, 841; Semler/Stengel/Drinhausen § 122a UmwG Rn. 3; Widmann/Mayer/Heckschen § 122a UmwG Rn. 8; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122a Rn. 21. 99 Ausf. zur Reichweite dieses Generalverweises Lutter/Bayer § 122a UmwG Rn. 27 ff. m.z.w.N.

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IV.  Das Verschmelzungsverfahren im Einzelnen 1.  Der Verschmelzungsplan und seine Offenlegung a)  Verschmelzungsplan (Art. 122 GesRRL [ G Art. 5 CBMD]) aa)  Allgemeines Grundlage des gesamten Verschmelzungsverfahrens ist auch bei der grenzüberschrei- 22.35 tenden Verschmelzung der gemeinsame Verschmelzungsplan, in dem die wesentlichen Bedingungen der Verschmelzung verbindlich festgelegt werden. Verwendet wird hier – wie auch in Titel II Kapitel I GesRRL (G FusRL, → 20.30), Titel II Kapitel III GesRRL (G SpRL, → 21.26), der SE-VO (→ 45.37) und der SCE-VO (→ 46.23) – mit Blick auf die divergierenden nationalen Traditionen der neutrale Terminus „Plan“. Erforderlich ist also (nur) ein Grundlagendokument i.S.e. gesellschaftsrechtlichen Organisationsakts100, kein schuldrechtlicher Vertrag101. Den an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften bleibt es allerdings unbenommen, in den Verschmelzungsplan auch schuldrechtliche Vereinbarungen aufzunehmen102 (zur Zulässigkeit fakultativer Inhalte allg. → 22.49) oder ein separates sog. business combination agreement abzuschließen103. bb)  Zuständigkeit für die Aufstellung Zuständig für die Aufstellung sind gem. Art. 122 S. 1 GesRRL (G Art. 5 S. 1 CBMD) 22.36 die Leitungs- oder Verwaltungsorgane der sich verschmelzenden Gesellschaften. Die Zuständigkeit innerhalb der betreffenden Organe bestimmt sich sodann nach nationalem Recht.

100 Vgl. Althuber/Vavorvsky GeS 2007, 416, 418; Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 3; Semler/ Stengel/Drinhausen § 122c UmwG Rn. 6; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2006, 737, 740; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122c UmwG Rn. 6; Widmann/Mayer/Mayer § 122c UmwG Rn. 15; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122c UmwG Rn. 4; Schwab GesRZ 2012, 103, 104. 101 So aber (zu Unrecht) Forsthoff DStR 2006, 613, 614; Frotz/Kaufmann/Frotz § 5 EUVerschG Rn. 3c; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 56; Limmer ZNotP 2007, 242, 251; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122c Rn. 5 f., 12 f.; J. Vetter AG 2006, 613, 617. 102 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 4; Semler/Stengel/Drinhausen § 122c UmwG Rn. 6; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122c UmwG Rn. 5; Klein RNotZ 2007, 565, 579; Lutz BWNotZ 2010, 23, 27; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122c UmwG Rn. 4; Widmann/ Mayer/Mayer § 122c UmwG Rn. 28, 159; Schwab GesRZ 2012, 103, 104 f. 103 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 4; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122c UmwG Rn. 7; Widmann/Mayer/Mayer § 122c UmwG Rn. 18; Schwab GesRZ 2012, 103, 105; vgl. ferner auch Lutz BWNotZ 2010, 23, 27.

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cc)  Form 22.37 Im Gegensatz zu Art. 91 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 5 Abs. 1 FusRL, →  20.32) und Art. 137 Abs. 1 GesRRL (G Art. 3 Abs. 1 SpRL, → 21.27) fehlt in der deutschen Fassung des Art. 122 GesRRL (G Art. 5 CBMD) zwar das Wort „schriftlich“. Das Erfordernis der Schriftform ergibt sich jedoch bereits aus der Natur eines „Plans“ und ist zudem in der französischen Sprachfassung104 sogar ausdrücklich vorgesehen. Im Rahmen der gebotenen unionsautonomen Auslegung wird man hier aber keine Schriftform i.S.d. deutschen Verständnisses (also i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB) verlangen dürfen; ausreichend sein dürfte vielmehr das, was in neueren EU-Rechtsakten (vgl. etwa Art. 4 Abs. 1 Nr. 62 MiFID II, Art. 2 Abs. 1 lit. m OGAW-RL, Art. 2 Nr. 10 VRRL) als ein „dauerhafter Datenträger“ bezeichnet wird (d.h. in der üblichen deutschen Terminologie Textform i.S.d. § 126b BGB).105 Im Übrigen gilt hinsichtlich etwaiger strengerer Formerfordernisse gem. Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G  Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) das jeweilige nationale Recht der beteiligten Gesellschaften, wobei sich aufgrund der Tatsache, dass es sich bei dem gemeinsamen Verschmelzungsplan um ein einheitliches Dokument handelt, das jeweils strengste Recht durchsetzt.106 dd)  Sprache 22.38 Hinsichtlich der Sprache des Verschmelzungsplans macht die CBMD keine speziellen Vorgaben, über Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G  Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) gilt also das nationale Recht der jeweiligen beteiligten Gesellschaften (soweit dieses hierfür Vorgaben enthält). Verlangen die beteiligten Rechtsordnungen jeweils ein Dokument in der Landessprache, muss der Verschmelzungsplan also zwei- bzw. mehrsprachig abgefasst werden. Für die Praxis ist aber – nicht zuletzt auch mit Blick auf die Informationsfunktion des Plans – ohnehin generell die Herstellung einer multilingualen Fassung empfehlenswert.107 Im Falle etwaiger Divergenzen zwischen den 104 „…établissent par écrit un projet de fusion“ [Hervorhebung hinzugefügt]. Vgl. auch die englische Fassung: „… draw up the common draft terms“. 105 Ebenso Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 193. Vgl. zur Parallelproblematik beim Verschmelzungsbericht →  22.6322.61, beim Verschmelzungsprüfungsbericht →  22.76; bei nationalen Verschmelzungen → 20.32, 20.47, 20.58; bei Spaltungen → 21.27, 21.38, 21.46; i.R.d. EpGRL → 27.35, 27.38; i.R.d. ARRL → 29.83, 29.240. 106 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 7; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 402 f.; Grundmann Rn. 928; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122c UmwG Rn. 15; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 193; Koppensteiner GesRZ 2006, 111, 125; a.A. Frenzel S. 218 f. (Formerfordernis gilt nur für die dem jeweiligen Recht unterliegenden Gesellschaften); Kallmeyer AG 2007, 472, 475 (Recht der übernehmenden bzw. neuen Gesellschaft maßgeblich; i.d.S. auch Krüger FS Gruson, 2009, 265, 275) und Kallmeyer/Kappes AG 2006, 224, 228, 232 (nach RL zwingend nur Schriftform). 107 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 10; Brocker BB 2010, 971, 973; Freundorfer/Festner GmbHR 2010, 195, 197; Frotz/Kaufmann/Frotz § 5 EU-VerschG Rn. 5; Herrler/ Schneider DStR 2009, 2433, 2434; Holzborn/Mayston ZIP 2012, 2380, 2383; Habersack/ Drinhausen/Kiem § 122c UmwG Rn. 19; Klein RNotZ 2007, 565, 588; Krauel/Mense/

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verschiedenen Sprachfassungen wird man indes nicht schlichtweg von der Maßgeblichkeit der Amtssprache der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft ausgehen können108; vielmehr fehlt es in derartigen Fällen an der Grundvoraussetzung eines „gemeinsamen“ Verschmelzungsplans, sodass die Eintragung zu verweigern ist109. Die europäische Sprachenvielfalt ist freilich bei grenzüberschreitenden Ver- 22.39 schmelzungen ein ganz generelles – und keineswegs allein auf den Verschmelzungsplan beschränktes − Problem.110 Eine mögliche Lösung wäre eine EU-Vorgabe, dass sämtliche Kommunikation und Dokumentation im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Verschmelzungen in einer einzigen Sprache zu erfolgen hat, vorzugsweise in Englisch als „lingua franca“ der Wirtschaftswelt (was freilich aufgrund der politischen Sensibilitäten schwer umzusetzen sein dürfte).111 Ein anderer Weg um Kommunikation und Dokumentation deutlich zu erleichtern (und zugleich auch dem Sprachproblem zumindest teilweise abzuhelfen), wäre die Einführung von Standardformularen (möglichst in elektronischer Form)112; im Bereich des EU-Zivilprozessrechts (z.B. Brüssel Ia-VO, EuErbVO, EuInsVO [→  17]) haben sich solche Standardformulare inzwischen als effektives Instrument zur Erleichterung und Standardisierung von Dokumentation und Kommunikation bewährt113. ee)  Mindestinhalt (Art. 122 S. 2 GesRRL [ G Art. 5 S. 2 CBMD]) Um eine hinreichende Information der Gesellschafter zu gewährleisten, ist auch bei 22.40 der grenzüberschreitenden Verschmelzung ein Mindestinhalt für den VerschmelWind Konzern 2010, 541, 544; H.-F. Müller ZIP 2007, 1081, 1083; Weyde/Hafemann FS Meilicke, 2010, S. 779, 808. 108 So aber Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 60; Limmer ZNotP 2007, 242, 252; KKUmwG/Simon/Rubner § 122c Rn. 41. 109 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 10; Freundorfer/Festner GmbHR 2010, 195, 197; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122c UmwG Rn. 19; Klein RNotZ 2007, 565, 588; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 56; Widmann/Mayer/Mayer § 122c UmwG Rn. 24; H.-F. Müller ZIP 2007, 1081, 1083 f. Die Praxis empfiehlt deshalb häufig auch, eine vorrangige Sprachfassung festzulegen (so etwa Freundorfer/Festner GmbHR 2010, 195, 198; Klein RNotZ 2007, 565, 588; Krauel/Mense/Wind Konzern 2010, 541, 544; Widmann/ Mayer/Mayer § 122c UmwG Rn. 24; Weyde/Hafemann FS Meilicke, 2010, S. 779, 808 f.). Dies sollte grundsätzlich auch zulässig sein, denn dann existiert eben der „gleichlautende Verschmelzungsplan“ nur in der vorrangigen Sprache (und die anderen Sprachfassung sind bloße „Hilfsfassungen“); sobald jedoch zwei (oder mehrere) der beteiligten Rechtsordnungen zwingend (auch) eine Fassung in der jeweiligen Amtssprache verlangen, wird diese Lösung nicht funktionieren, vgl. Lutter/Bayer § 122 c UmwG Rn. 10. Vgl. zu möglichen Problemen aufgrund einer solchen „Konfliktklausel“ auch Holzborn/Mayston ZIP 2012, 2380, 2383. 110 Vgl. dazu Bech-Bruun/Lexidale (Fn. 20), Main Findings 57 f.; J. Schmidt (Fn. 24), S. 24. 111 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 24; s. ferner auch den Vorschlag einer Sprachstandardisierung bei Bech-Bruun/Lexidale (Fn. 20), Main Findings 42. 112 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 24. 113 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 24.

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zungsplan vorgeschrieben. Der Katalog des Art. 122 S. 2 GesRRL (G  Art. 5 S. 2 CBMD) lehnt sich dabei eng an die Parallelregelungen in Art. 91 Abs. 2 GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 FusRL, → 20.33 ff.), Art. 20 Abs. 1 S. 2 SE-VO (→ 45.37) und Art. 22 Abs. 1 S. 2 SCE-VO (→ 46.23) an.114 Ohne Vorbild in früheren europäischen Rechtsakten sind allerdings lit. d (→ 22.44) sowie lit. k und l (→ 22.67 f.). Lit. a–c entsprechen Art. 91 Abs. 2 lit. a–c GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 lit. a–c FusRL, 22.41 → 20.34 ff.), lit. e–h entsprechen Art. 91 Abs. 2 lit. d–g GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 lit. d–g FusRL, → 20.37 ff.). Aufgrund des auf alle Kapitalgesellschaften erweiterten Anwendungsbereichs (→  22.16) bezieht sich Art. 122 S. 2 GesRRL (G  Art. 5 S. 2 CBMD) allerdings jeweils nicht nur auf Aktien, sondern auch auf andere Gesellschaftsanteile; zudem bezieht er sich im Einklang mit dem Modell der einheitlichen Regelung des Verfahrens von Verschmelzung durch Aufnahme und Neugründung (→ 22.26) neutral auf die „aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende[n] Gesellschaft“. Von ganz grundlegender Bedeutung ist dabei natürlich auch bei grenzüberschrei22.42 tenden Verschmelzungen das nach Art. 122 S. 2 lit. b GesRRL (G Art. 5 S. 2 lit. b CBMD) anzugebende Umtauschverhältnis der Aktien sowie ggf. die Höhe der baren Zuzahlung. Die hierfür notwendige Ermittlung der Verschmelzungswertrelation setzt logisch zwingend voraus, dass die Unternehmensbewertung für alle beteiligten Gesellschaften nach denselben Maßstäben erfolgt.115 Die nationalen Regelungen und Traditionen divergieren jedoch insofern ganz erheblich.116 Eine gemeinsame Bewertungsbasis zu finden, kann äußerst schwierig und ggf. (kaum) möglich sein.117 So gibt es z.B. in Deutschland zwar keine gesetzlichen Vorgaben, in der Praxis hat sich jedoch – im Einklang mit den IDW S1-Grundsätzen118 − das Ertragswertverfahren durchgesetzt.119 In Frankreich verlangt die AMF hingegen einen approche multicritères (Ansatz mit multiplen Kriterien).120 Vor diesem Hintergrund wird daher häufig empfohlen, auf international gebräuchliche Bewertungsmethoden auszuweichen121 oder auf aussage-

114 Vgl. KOM(2003) 703, S. 6; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 402; Drinhausen/Keinath RIW 2006, 81, 83; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 193; Menjucq (Fn. 21), S. 15, 23; Neye/Timm DB 2006, 488, 489. 115 Vgl. Kalss/Eckert § 5 EU-VerschG Rn. 15; Kiem ZGR 2007, 542, 561; J. Schmidt (Fn. 24), S. 23. 116 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 23; vgl. dazu im Detail die Länderberichte bei Bech-Bruun/ Lexidale (Fn. 20). 117 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 23; näher im Detail zu Adolff ZHR 173 (2009) 67 ff.; Kiem ZGR 2007, 542 ff. 118 WPg Supplement 3/2008, S. 68 ff., FN-IDW 7/2008, S. 271 ff. In Rn. 101 sind das Ertragswertverfahren und das Discounted Cash Flow (DCF)-Verfahren vorgesehen. 119 Vgl. Lutter/Drygala § 5 UmwG Rn. 52; Kiem ZGR 2007, 542, 543, 551; J. Schmidt (Fn. 24), S. 23. 120 Position – recommandation AMF n° 2011-11. Opérations d’apports ou de fusion. 121 Vgl. Habersack/Drinhausen/Kiem § 122c UmwG Rn. 24; ders. ZGR 2007 542, 561 f., 565 ff.

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kräftige Börsenkurse zurückzugreifen122. Wirklich gelöst ist das Problem damit freilich nicht; hierzu bedürfte es vielmehr einer Harmonisierung.123 Im Zusammenhang mit Art. 122 S. 2 lit. f GesRRL (G Art. 5 S. 2 lit. f CBMD) 22.43 kommt es in der Praxis allerdings aufgrund der divergierenden nationalen Vorschriften bzgl. des Verschmelzungsstichtags124 immer wieder zu erheblichen Problemen. De lege ferenda erscheint daher eine diesbezügliche Harmonisierung geboten.125 Ausreichend wäre insofern schon eine EU-Vorgabe, dass die Gesellschaften den Verschmelzungsstichtag frei bestimmen können (wodurch ihnen zugleich die Flexibilität eröffnet würde, den spezifischen Besonderheiten der Verschmelzung Rechnung zu tragen).126 Gem. lit. d sind die voraussichtlichen Auswirkungen der grenzüberschreitenden 22.44 Verschmelzung auf die Beschäftigung anzugeben. Die Regelung geht auf einen – offensichtlich vom Vorbild des deutschen § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG und der ähnlichen Regelung in Art. 6 Abs. 3 lit. i TBD (→  28.63) beeinflussten − Ergänzungswunsch des EP zurück.127 Aus der Gesamtkonzeption des Informationsinstrumentariums des Titels II Kapitel II GesRRL (G  CBMD) ergibt sich, dass Gegenstand der Angabepflicht hier (anders als nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG) nur diejenigen voraussichtlichen Auswirkungen auf die Beschäftigung sind, die für die Gesellschafter selbst relevant sind (z.B. Mitarbeiterzahlen und insofern ggf. zu erwartende Änderungen, Kosten etwaiger Reduktion der Beschäftigtenzahlen, etc.), denn die Arbeitnehmer werden durch den Verschmelzungsbericht (→ 22.61 ff.) speziell informiert.128 Hinsichtlich der Folgen für die Arbeitnehmervertretungen ist lit. j (→ 22.46) lex specialis.129 Gem. lit. i muss der Verschmelzungsplan nach dem Vorbild von Art. 20 Abs. 1 22.45 S. 2 lit. h SE-VO (→ 45.37)130 generell (d.h. anders als bei nationalen Verschmelzungen nicht nur bei der Verschmelzung durch Aufnahme, sondern auch bei der Verschmel-

122 Vgl. Habersack/Drinhausen/Kiem § 122c UmwG Rn. 24; ders. ZGR 2007 542, 552 ff., 565 ff. 123 Vgl. (auch zu möglichen Optionen): J. Schmidt (Fn. 24), S. 23. 124 Nach einigen nationalen Rechtsordnungen darf der Verschmelzungsstichtag vor dem Tag der Wirksamkeit der Verschmelzung liegen, nach anderen müssen beide zusammenfallen und wieder andere lassen beide Alternativen zu, vgl. Bech-Bruun/Lexidale (Fn. 20), Main Findings 42 ff. Nach deutschem Recht kann der Verschmelzungsstichtag frei gewählt werden, wobei sich jedoch eine variable Regelung empfiehlt, vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 22 m.w.N. 125 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 23. 126 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 23. 127 Vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. d RL-E i.d.F.d. EP (Fn. 14); Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 19; Kiem WM 2006, 1091, 1094; Klein RNotZ 2007, 565, 580; Neye ZIP 2005, 1893, 1895. 128 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 19; zu § 122c Abs. 2 Nr. 4 UmwG: Dzida/Schramm NZG 2008, 521, 526; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122c UmwG Rn. 27 f.; Klein RNotZ 2007, 565, 580; Lutz BWNotZ 2010, 23, 29; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122c Rn. 16 f.; a.A. Semler/Stengel/Drinhausen § 122c UmwG Rn. 21; J. Vetter AG 2006, 613, 620; Weyde/Hafemann FS Meilicke, 2010, S. 779, 800. 129 Vgl. zur Parallelproblematik im Hinblick auf § 122c Abs. 2 Nr. 4 und 10 UmwG: Lutter/ Bayer § 122c UmwG Rn. 19 m.w.N. 130 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 25.

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zung durch Neugründung131) die Satzung der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft enthalten. Damit soll gewährleistet werden, dass die Gesellschafter in jedem Fall hinreichend über den Satzungsinhalt informiert werden; im Hinblick darauf, dass die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft im Falle einer transnationalen Fusion einer (zumindest für einen Teil der Gesellschafter) „fremden“ Rechtsordnung unterliegt, ist dies von eminenter Bedeutung.132 22.46 Lit. j verlangt nach dem Vorbild von Art. 20 Abs. 1 S. 2 lit. i SE-VO (→ 45.37) Angaben zum Verfahren der Arbeitnehmerbeteiligung gem. Art. 133 GesRRL (G Art. 16 CBMD), soweit ein solches erforderlich ist („gegebenenfalls“) (→ 22.161 f.). Ratio ist, die Gesellschafter über das konkrete Verfahren zu informieren; trotz des Terminus „Vereinbarung“ ist daher auch eine etwaige Auffanglösung erfasst.133 Im Hinblick auf die umfangreichen Informationen im Verschmelzungsbericht (→  22.34 ff.) und die Fokussierung des Verschmelzungsplans auf die Information der Gesellschafter ist insoweit – ebenso wie bei Art. 20 Abs. 1 S. 2 lit. i SE-VO (→ 45.37) − eine Darstellung der Grundzüge als ausreichend zu erachten.134 Angaben über das Ergebnis etwaiger Verhandlungen sind im Verschmelzungsplan ohnehin praktisch nicht möglich, da das Verfahren der Arbeitnehmerbeteiligung erst nach der Offenlegung des Verschmelzungsplans beginnt.135 22.47 Gem. lit. k, der auf eine französische Initiative zurückgeht136, sind Angaben zur Bewertung des Aktiv- und Passivvermögens, das auf die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft übertragen wird, zu machen. Gemeint sind damit jedoch weder Angaben zum Wert der einzelnen i.R.d. Gesamtrechtsnachfolge (→ 22.119 ff.) übergehenden Gegenstände noch konkretisierende Angaben zum Umtauschverhältnis oder zur Unternehmensbewertung, sondern Informationen darüber, zu welchen handelsrechtlichen Werten das übertragene Vermögen im Rechnungswesen des übernehmenden Rechtsträgers fortgeführt wird, d.h. ob Buchwerte oder Teil- oder Zwischenwerte angesetzt werden.137 Umstritten ist, ob auch die An131 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 25. S. zur Rechtslage bei nationalen Verschmelzungen → 20.34, 20.139. 132 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 25; Semler/Stengel/Drinhausen § 122c UmwG Rn. 30; Limmer ZNotP 2007, 242, 254; J. Vetter AG 2006, 613, 618. 133 Vgl. zu § 122c Abs. 2 Nr. 10 UmwG: Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 26. 134 Vgl. zu § 122c Abs. 2 Nr. 10 UmwG: Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 26; Habersack/ Drinhausen/Kiem § 122c UmwG Rn. 37; Kallmeyer/Willemsen § 122c UmwG Rn. 28; s. ferner auch Dzida/Schramm NZG 2008, 521, 527. 135  Vgl. nur Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 26; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122c UmwG Rn. 37. 136 Vgl. Dok. 9294/04, S. 10; Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 27; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401; Neye ZIP 2005, 1893, 1895. Vorbild war offensichtlich Art. 254 n° 3 Décret n° 67-236 du 23 mars 1967 sur les sociétés commerciales (JORF du 24 mars 1967, 2843) [seit 27.3.2007: Art. R236-1(2) n° 3 C. com.]. 137 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 27; Brocker BB 2010, 971, 973; Frotz/Kaufmann/ Frotz § 5 EU-VerschG Rn. 19a; Kaufmann RdW 2008, 123, 124; Habersack/Drinhausen/ Kiem § 122c UmwG Rn. 38; ders. WM 2006, 1091, 1095; Klein RNotZ 2007, 565, 582; Lutz BWNotZ 2010, 23, 30; Kallmeyer/Lanfermann § 122c UmwG Rn. 31; J. Vetter AG 2006, 613, 618.

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gabe genügt, dass die endgültige Festlegung der Bewertung erst im Zusammenhang mit der Aufstellung des Jahresabschlusses des übernehmenden Rechtsträgers erfolgen wird138; Wortlaut und Entstehungsgeschichte sprechen indes eher gegen die Zulässigkeit einer solchen „Verweisungsklausel“ und auch die Ratio der Norm dürfte eher dahin gehen, bereits im Zeitpunkt der Aufstellung des Verschmelzungsplans endgültig Klarheit über die Ausübung von Bewertungswahlrechten zu schaffen.139 In der Praxis ergeben sich im Zusammenhang mit Art. 122 S. 2 lit. k GesRRL (G  Art. 5 S. 2 lit. k CBMD) überdies häufig Probleme aufgrund der divergierenden Vorschriften der Mitgliedstaaten140: Zur Durchführung einer Verschmelzung ist es logisch zwingend, dass alle beteiligten Gesellschaften dieselben Wertansätze verwenden – was aber kaum möglich ist, wenn ein nationales Recht eine Übertragung zu Buchwerten und das andere eine Übertragung zum Zeitwert verlangt.141 Insofern scheint daher eine Harmonisierung dringend geboten.142 Lit. l, der ebenfalls auf eine französische Initiative zurückgeht143, verlangt schließ- 22.48 lich die Angabe der Stichtage144 der Jahresabschlüsse der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften, die zur Festlegung der Bedingungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung verwendet werden. Ratio ist, dass diese Stichtage wirtschaftlich von erheblicher Bedeutung sind, sind doch die letzten Bilanzen speziell im Falle der Buchwertfortführung für die Bestimmung der vom übernehmenden Rechtsträger anzusetzenden Wertansätze des übernommenen Vermögens maßgeblich.145 Erforderlich ist aber ausschließlich die Angabe der Bilanzstichtage; eine Verpflichtung zur Aufnahme des gesamten Jahresabschlusses, wie sie im Schrifttum vereinzelt postuliert wird146, lässt sich aus der Norm nicht ableiten.147

138 So Hörtnagl (Fn. 47), § 122c Rn. 32; Limmer ZNotP 2007, 242, 255; Lutz BWNotZ 2010, 23, 30 f.; J. Vetter AG 2006, 613, 619. 139 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 28; Semler/Stengel/Drinhausen § 122c UmwG Rn. 36; Frotz/Kaufmann/Frotz § 5 EU-VerschG Rn. 19a; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122c UmwG Rn. 38; Klein RNotZ 2007, 565, 582; Kallmeyer/Lanfermann § 122c UmwG Rn. 34; Simon/Rubner Konzern 2006, 835, 838. 140 Vgl. zu den unterschiedlichen Ansätzen Bech-Bruun/Lexidale (Fn. 20), Main Findings 45. 141 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 23. 142 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 23. 143 Vgl. Dok. 9294/04, S. 10; Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 29; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401; Neye ZIP 2005, 1893, 1895. Vorbild war offensichtlich Art. 254 n° 5 Décret n° 67-236 (Fn. 136) [seit 27.3.2007: Art. R236-1(2) n° 5 C. com.]. 144 Der Singular in der deutschen Textfassung ist ein Übersetzungsfehler (vgl. die französische und englische Textfassung: „les dates“/„dates“). 145 Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 29; ausf. Klein RNotZ 2007, 565, 583; J. Vetter AG 2006, 613, 619. 146 So Haritz/von Wolff GmbHR 2006, 340, 341. 147 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 29; Semler/Stengel/Drinhausen § 122c UmwG Rn. 37; Kalss/Eckert § 5 EU-VerschG Rn. 26; Schmitt/Hörtnal/Stratz/Hörtnagl § 122c UmwG Rn. 34; Klein RNotZ 2007, 565, 583; Kallmeyer/Lanfermann § 122c UmwG Rn. 36; J. Vetter AG 2006, 613, 619.

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ff)  Ergänzung weiterer Mindestinhalte durch nationales Recht? 22.49 Umstritten ist, ob der nationale Gesetzgeber befugt ist, zusätzliche Angaben zu fordern. Die h.M. im deutschsprachigen Schrifttum148 verneint dies. Begründet wird dies mit ErwG 57 GesRRL (G ErwG 4 CBMD)149, dem Vergleich mit der Rechtslage bei der SE150 sowie dem Erfordernis eines einheitlichen supranationalen Standards, der durch etwaige zusätzliche nationale Erfordernisse gefährdet würde151. ErwG 57 GesRRL (G ErwG 4 CBMD) ist insofern jedoch nicht eindeutig, denn auch wenn dort speziell hervorgehoben wird, dass die Gesellschaften weitere Angaben vereinbaren können, heißt dies nicht notwendig, dass die Mitgliedstaaten keine weiteren Angabepflichten vorgeben dürfen; man kann dies ebenso gut lediglich als besondere Akzentuierung der Ergänzungsbefugnis der Gesellschaften verstehen.152 Dass der Katalog in der Parallelvorschrift des Art. 20 Abs. 1 S. 2 SE-VO von der ganz h.M. als abschließend angesehen wird (→ 45.37) ist ebenfalls kein zwingendes Argument, denn anders als bei der SE-VO handelt es sich hier (nur) um eine Richtlinie und zudem ist andererseits bei der Parallelnorm des Art. 91 Abs. 2 GesRRL (G Art. 5 Abs. 2 FusRL) allgemein anerkannt, dass die Mitgliedstaaten weitergehende Anforderungen aufstellen können (→ 20.33).153 Schließlich lässt sich auch aus dem grenzüberschreitenden Charakter der Verschmelzung nicht notwendig und zwingend ableiten, dass die Vorgaben zum Mindestinhalt des Verschmelzungsplans einer Ergänzung durch den nationalen Gesetzgeber von vornherein nicht zugänglich wären. Denn Titel II Kapitel II GesRRL (G  CBMD) beruht schließlich gerade auf dem Prinzip der subsidiären Anwendbarkeit des jeweiligen nationalen Rechts (→ 22.33), eine Kumulierung im Einzelnen ggf. divergierender nationaler Standards ist ihm also von vornherein quasi immanent.154 Abgesehen davon erkennen auch die Proponenten eines abschließenden Charakters ausdrücklich an, dass die Mitgliedstaaten jedenfalls auf der Basis von Art. 121 Abs. 2 S. 2 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD, → 22.140 ff.) zusätzliche Angaben verlangen können155, sodass es letztlich ohnehin keinen homogenen supranationalen Standard gibt. Zudem enthält die RL – anders als Art. 5 Abs. 1 S. 2 RL-E 1985156 − gerade kein ausdrückliches Verbot weitergehender Anforderungen nach nationalem Recht.157 Dies 148 Vgl. Beutel S. 163, 271; Semler/Stengel/Drinhausen § 122c UmwG Rn. 11, § 122i UmwG Rn. 6; Grundmann Rn. 928; Koppensteiner GesRZ 2006, 111, 123 Fn. 127; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 57; Louven/Dettmeier/Pöschke Beil. zu BB 13/2006, 1, 14; Widmann/Mayer/Mayer § 122c UmwG Rn. 143; Schwab GesRZ 2012, 103, 105. 149 Vgl. Semler/Stengel/Drinhausen § 122c UmwG Rn. 11; Drinhausen/Keinath BB 2006, 725, 727. 150 Vgl. Beutel S. 163; Louven ZIP 2006, 2021, 2025. 151 Vgl. Grundmann Rn. 928; Kallmeyer AG 2007, 472, 474; Louven ZIP 2006, 2021, 2025. 152 Vgl. auch Behrens S. 92; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 193. 153 Vgl. Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 402. 154 Vgl. Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 402. 155 Vgl. Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 57. So ferner auch ausdrücklich die Kommission i.R.d. Beratungen im Rat, vgl. Dok. 7068/04, S. 9. 156 Fn.  8. 157 Vgl. auch Behrens S. 92.

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lässt sich auch nicht als schlichtes „Redaktionsversehen“ ansehen, denn die Problematik wurde offensichtlich jedenfalls im Rat ausdrücklich diskutiert158. Vor diesem Hintergrund schienen auch der österreichische und der britische Gesetzgeber von einer Ergänzungsbefugnis auszugehen, denn sie haben in § 5 Abs. 2 Nr. 3 u. 8 EUVerschG159 bzw. r. 7(2)(a)(iii) CBMR160 ausdrücklich weitergehende Angaben verlangt. All dies spricht insgesamt maßgeblich für eine Ergänzungsbefugnis161; abschließend kann dies letztlich freilich nur vom EuGH entschieden werden. gg)  Fakultative Angaben Unstreitig ist jedenfalls, dass die Gesellschaften dem Verschmelzungsplan freiwillig 22.50 weitere Punkte hinzuzufügen dürfen; dies ergibt sich schon eindeutig aus dem Wortlaut der Norm („muss mindestens“) und wird durch ErwG 57 GesRRL (G ErwG 4 CBMD) zudem explizit klargestellt.162 In Betracht kommen hier insbesondere auch schuldrechtliche Vereinbarungen (→ 22.35). hh)  Umsetzung in Deutschland Der deutsche Gesetzgeber hat die Aufstellungskompetenz in § 122c Abs. 1 UmwG 22.51 in Abweichung von der Terminologie der RL dem „Vertretungsorgan“ zugewiesen. Bei AG, KGaA, GmbH und dualistisch verfasster SE ist dies unproblematisch, da hier die Begriffe „Leitungs-“ und „Vertretungsorgan“ i.E. deckungsgleich sind. Bei der monistisch verfassten SE ergeben sich indes Friktionen, denn „Vertretungsorgan“ sind hier gem. § 41 Abs. 1 SEAG die geschäftsführenden Direktoren (→ 45.147). Dieses offenkundige Redaktionsversehen ist im Wege der richtlinienkonformen Auslegung bzw. Rechtsfortbildung dahingehen zu korrigieren, dass die Aufstellungskompetenz bei der monistischen SE im Einklang mit der RL dem Verwaltungsrat als „Verwaltungsorgan“ zukommt.163 158 Vgl. Dok. 7068/04, S. 9. 159 Nr. 3: Gründe für Nichtgewährung von Anteilen; Nr. 8: Sondervorteile für Abschlussprüfer. Zudem verlangt § 5 Abs. 4 EU-VerschG (insoweit aber auch unter ausdrücklicher Berufung auf Art. 4 Abs. 2, vgl. RegBegr., 171 d.B. (XXIII. GP), S. 11) Angaben zu einem ggf. erforderlichen Barabfindungsangebot. 160 Angabe des Rechts, dem die jeweilige sich verschmelzende Gesellschaft unterliegt. 161 Vgl. Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 402; ebenso Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 193; ferner offenbar auch KK-UmwG/Simon/Rubner § 122c Rn. 7 f. 162 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 31; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 402; Semler/Stengel/Drinhausen § 122c UmwG Rn. 38; Grundmann Rn. 928; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122c UmwG Rn. 41; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 193; Kallmeyer/ Marsch-Barner § 122c UmwG Rn. 8; Schwab GesRZ 2012, 103, 106. 163 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 6; Semler/Stengel/Drinhausen § 122c UmwG Rn. 9; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122c UmwG Rn. 10; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122c UmwG Rn. 5; Widmann/Mayer/Mayer § 122c UmwG Rn. 22; ebenso i.E. wohl auch Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122c UmwG Rn. 8.

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22.52

Hinsichtlich des Mindestinhalts des Verschmelzungsplans übernimmt § 122c Abs. 2 UmwG nahezu wortgleich den Katalog der Art. 122 S. 2 lit. a–l GesRRL (G Art. 5 S. 2 lit. a–l CBMD).164 Gem. § 122i Abs. 1 S. 1 UmwG ist zudem ein ggf. erforderliches Barabfindungsangebot (→ 22.151) in den Verschmelzungsplan aufzunehmen. Diese zusätzliche Angabepflicht ist aber jedenfalls durch die spezielle Regelungsermächtigung des Art. 121 Abs. 2 S. 2 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD, → 22.141) gedeckt165, sodass es auf den Streit um die generelle Zulässigkeit weitergehender Angabepflichten nach nationalem Recht (→ 22.49) insoweit nicht ankommt.166 § 122c Abs. 4 UmwG stellt klar167, dass der Verschmelzungsplan bei Beteiligung 22.53 einer deutschen Gesellschaft notariell beurkundet werden muss.168 Hieraus sowie aus der Notwendigkeit der Einreichung beim deutschen Handelsregister (§ 122d UmwG, → 22.60) ergibt sich zugleich, dass der Verschmelzungsplan bei Beteiligung einer deutschen Gesellschaft grundsätzlich zumindest auch in deutscher Sprache abgefasst sein muss (vgl. § 5 BeurkG sowie § 488 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 184 GVG).169 b)  Bekanntmachung des Verschmelzungsplans und weiterer Angaben (Art. 123 GesRRL [ G Art. 6 CBMD]) aa)  Offenlegung des Verschmelzungsplans (Art. 123 Abs. 1 GesRRL [ G Art. 6 Abs. 1 CBMD]) 22.54 Um eine rechtzeitige Information der Aktionäre und Gläubiger – aber auch des allgemeinen Rechtsverkehrs − zu gewährleisten, ist der Verschmelzungsplan auch bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften spätestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung, die über ihn zu beschließen hat, offenzulegen. Art. 123 Abs. 1 GesRRL (G Art. 6 Abs. 1 CBMD) 164 Vgl. BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BR-Drs. 548/06, S. 31; Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 12; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122c UmwG Rn. 2. 165 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 30; Semler/Stengel/Drinhausen § 122i UmwG Rn. 6; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122i UmwG Rn. 7; Klein RNotZ 2007, 565, 583; Lutz BWNotZ 2010, 23, 31; H.-F. Müller ZIP 2007, 1081, 1086; KK-UmwG/Simon/ Rubner § 122i Rn. 8 Fn. 9; a.A. Beutel S. 272. 166 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 30. 167 An sich ergibt sich dies bereits aus Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) i.V.m. §§ 122a Abs. 2, 6 UmwG, vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 7; Bayer/J. Schmidt NZG 2006, 841, 842; Drinhausen/Keinath BB 2006, 725, 727; Heckschen DNotZ 2007, 444, 457; Klein RNotZ 2007, 565, 583 f.; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 58. 168 Näher dazu sowie insbesondere auch zur Problematik der Auslandsbeurkundung sowie der Nachbeurkundung: Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 7 ff. m.w.N. 169 Vgl. Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 10; Brocker BB 2010, 971, 973; Heckschen DNotZ 2007, 444, 458; Krauel/Mense/Wind Konzern 2010, 541, 544; Limmer ZNotP 2007, 242, 251; Lutz BWNotZ 2010, 23, 28; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122c UmwG Rn. 7; Widmann/Mayer/Mayer § 122c UmwG Rn. 24; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122c UmwG Rn. 38; Weyde/Hafemann FS Meilicke, 2010, S. 779, 807; abw. Habersack/Drinhausen/ Kiem § 122c UmwG Rn. 18.

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entspricht insoweit − einschließlich der durch die RL 2009/109/EG (→ 22.7) erfolgten Modernisierung − Art. 92 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 6 Abs. 1 FusRL), sodass auf → 20.43 ff. verwiesen werden kann. bb)  Bekanntmachung weiterer Angaben (Art. 123 Abs. 2 GesRRL [ G Art. 6 Abs. 2 CBMD]) Gem. Art. 123 Abs. 2 GesRRL (G Art. 6 Abs. 2 CBMD), der auf dem Vorbild von Art. 21 SE-VO (→ 45.38) und Art. 24 Abs. 2 SCE-VO (→ 46.23) beruht170, sind darüber hinaus aber auch noch bestimmte weitere Angaben bekannt zu machen und zwar für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften im Amtsblatt (Art. 16 Abs. 5 GesRRL [G Art. 3 Abs. 5 PubRL], → 18.19 ff.) des Mitgliedstaats, dessen Recht sie unterliegt. Aus dem systematischen Zusammenhang mit Abs. 1 und dem Vergleich mit der Parallelregelung in Art. 24 Abs. 2 SCE-VO (→ 46.23) ergibt sich, dass diese Bekanntmachung ebenfalls spätestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung, die über den gemeinsamen Verschmelzungsplan beschließen soll, erfolgen muss. Gem. lit. a sind zunächst Rechtsform, Firma und (Satzungs-)Sitz171 jeder der sich verschmelzenden172 Gesellschaften bekannt zu machen. Durch diese, die sich verschmelzenden Gesellschaften individualisierenden Angaben wird nochmals der transnationale Charakter der Verschmelzung verdeutlicht.173 Die gem. lit. b erforderliche Bekanntmachung des Registers, bei dem entsprechend Art. 16 Abs. 3 GesRRL (G Art. 3 Abs. 3 PubRL, → 18.14 ff.) die Akte der jeweiligen Gesellschaft geführt wird, und der Registernummer erfüllt eine Art „Schlüsselfunktion“, denn sie machen es für den Rechtsverkehr einfacher, weitere Informationen über die an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften zu erhalten.174 Ferner ist gem. lit. c ein Hinweis auf die Modalitäten für die Ausübung der Rechte der Gläubiger und ggf. der Minderheitsgesellschafter der sich verschmelzenden Gesellschaften sowie die Anschrift, unter der vollständige Auskünfte über diese Modalitäten kostenlos eingeholt werden können, bekannt zu machen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Gläubiger und Minderheitsgesellschafter auch tatsäch-

170 Vgl. Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 403; Drinhausen/Keinath RIW 2006, 81, 83; Koppensteiner GesRZ 2006, 111, 123; Neye/Timm DB 2006, 488, 489. 171 Dies ergibt sich klar aus den englischen und französischen Sprachfassungen („registered office“/„siège statutaire“), vgl. Lutter/Bayer § 122d UmwG Rn. 11; Semler/Stengel/ Drinhausen § 122d UmwG Rn. 16; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122d UmwG Rn. 13. 172 Pfeiffer/Heilmeier GmbHR 2009, 1317, 1319 f. verlangen in Analogie zu Art. 21 lit. e SE-VO (→  45.38) auch entsprechende Angaben zu der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft. Dagegen spricht jedoch, dass die entsprechende Passage im KOM-Entwurf vom EP-Rechtsausschuss offenbar ganz bewusst gestrichen wurde, vgl. A6-0089/2005, S. 21. 173 Vgl. Lutter/Bayer § 122d UmwG Rn. 11; Widmann/Mayer/Mayer § 122d UmwG Rn. 11. 174 Vgl. Lutter/Bayer § 122d UmwG Rn. 12; Semler/Stengel/Drinhausen § 122d UmwG Rn. 17; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122d UmwG Rn. 14; Widmann/Mayer/Mayer § 122d UmwG Rn. 12.

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lich Kenntnis von ihren Rechten erhalten.175 Die Hinweispflicht bezieht sich dabei – ebenso wie bei der Parallelregelung in Art. 21 lit. c und d SE-VO (→ 45.38), die allerdings insofern unmissverständlich formuliert ist („betreffenden Gesellschaft“ statt „jeweiligen Gesellschaft“) – entgegen einer vielfach vertretenen Ansicht176 lediglich auf die Rechte der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter derjenigen Gesellschaft, für welche die Bekanntmachung erfolgt.177 Denn Sinn und Zweck der Bekanntmachung ist es ja gerade, die betreffenden Gläubiger bzw. Minderheitsgesellschafter über ihre Rechte (und nicht allgemein über die Bedingungen der Verschmelzung, hierzu dient ja der Verschmelzungsplan) zu informieren.178 „Modalitäten der Ausübung“ bezieht sich auf die jeweiligen speziellen Gläubiger- und Minderheitenschutzrechte auf der Basis von Art. 121 Abs. 2 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 CBMD, → 22.139 ff., 22.151).179 Nicht gemeint sind dagegen etwaige allgemeine Veränderungen hinsichtlich der Durchsetzung von Gläubigerforderungen infolge der Verschmelzung (z.B. neue Identität und Adresse des Schuldners).180, 181 Aus der Formulierung „Modalitäten der Ausübung“ lässt sich ferner ableiten, dass zumindest eine kurze Erläuterung erforderlich ist; die bloße Wiedergabe der einschlägigen Normen des nationalen Rechts genügt nicht.182 Aus dem Erfordernis der Angabe einer Anschrift ergibt sich ferner mittelbar ein Anspruch der jeweiligen Gläubiger bzw. Minderheitsgesellschafter gegen die betreffende Gesellschaft auf kostenlose Erteilung erschöpfender Auskünfte.183 „Anschrift“ ist richtigerweise i.S.e. postalischen Anschrift zu verstehen; eine – im Vergleich dazu eher „flüchtige“ – Internetadresse dürfte demgegenüber nicht genügen184, zumal der europäische Gesetzgeber in den neueren europäischen Rechtsinstrumenten üblicherweise

175 Vgl. Lutter/Bayer § 122d UmwG Rn. 14; Kaufmann GeS 2009, 175, 178; Habersack/ Drinhausen/Kiem § 122d UmwG Rn. 15; Widmann/Mayer/Mayer § 122d UmwG Rn. 13. 176 Vgl. Beutel S. 169 f.; zu § 122d UmwG: Semler/Stengel/Drinhausen § 122d UmwG Rn. 18; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122d UmwG Rn. 17; Kallmeyer/MarschBarner § 122d UmwG Rn. 2; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122d Rn. 11. 177 Vgl. Lutter/Bayer § 122d UmwG Rn. 14; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122d UmwG Rn. 16; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122d UmwG Rn. 16; zu § 8 Abs. 2 Nr. 3 EUVerschG: Kalss/Eckert § 8 EU-VerschG Rn. 12. Zu den aus der abw. Auffassung resultierenden praktischen Problemen anschaulich Klein RNotZ 2007, 565, 589. 178 Vgl. Lutter/Bayer § 122d UmwG Rn. 14; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122d UmwG Rn. 16. 179 Vgl. Lutter/Bayer § 122d UmwG Rn. 15; Semler/Stengel/Drinhausen § 122d UmwG Rn. 19 f.; Kaufmann GeS 2009, 175, 178 f.; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122d UmwG Rn. 18; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122d Rn. 12. 180 So aber Grunewald Konzern 2007, 106, 107 f. 181 Vgl. Lutter/Bayer § 122d UmwG Rn. 15. 182 Vgl. Lutter/Bayer § 122d UmwG Rn. 15; Kaufmann GeS 2009, 175, 178; KK-UmwG/ Simon/Rubner § 122d Rn. 12. 183 Vgl. Lutter/Bayer § 122d UmwG Rn. 16; Widmann/Mayer/Mayer § 122d UmwG Rn. 31. 184 So aber Semler/Stengel/Drinhausen § 122d UmwG Rn. 18; Schmitt/Hörtnagel/Stratz/ Hörtnagl § 122d UmwG Rn. 22; differenzierend Habersack/Drinhausen/Kiem § 122d UmwG Rn. 19.

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explizit auf die Möglichkeit einer Nutzung moderner Informationstechnologien hinweist, sofern eine solche bestehen soll.185 Der Katalog bekanntmachungspflichtiger Angaben ist indes nicht abschließend; 22.59 Art. 123 Abs. 2 GesRRL (G Art. 6 Abs. 2 CBMD) gestattet den Mitgliedstaaten vielmehr explizit, zusätzliche Anforderungen aufzustellen.186 cc)  Umsetzung in Deutschland Art. 123 GesRRL (G Art. 6 CBMD) wurde durch § 122d UmwG umgesetzt; von der 22.60 Befugnis, die Bekanntmachung noch weitergehender Angaben zu verlangen, wurde dabei nicht Gebrauch gemacht. Die Regelung ist allerdings insofern problematisch, als sie lediglich die Einreichung, nicht aber auch die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans und der weiteren Angaben innerhalb eines Monats vor der Gesellschafterversammlung verlangt.187 2.  Verschmelzungsbericht (Art. 124 GesRRL [ G Art. 7 CBMD]) a)  Neufokussierung im Vergleich zu nationalen Verschmelzungen Gem. Art. 124 GesRRL (G Art. 7 CBMD) ist – als zweiter Grundbaustein des „europä- 22.61 ischen Modells für Strukturmaßnahmen“ (→ 22.3, 22.32) − auch bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen ein Verschmelzungsbericht erforderlich. Im RL-E 2003188 fehlte eine entsprechende ausdrückliche Regelung noch; das − in Art. 13 vorausgesetzte − Erfordernis eines Verschmelzungsberichts ergab sich nur mittelbar qua Art. 2 S. 1 RL-E (dem Vorläufer des heutigen Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL [G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD], → 22.33) aus dem durch Art. 9 FusRL (G Art. 95 GesRRL, → 20.47 ff.) harmonisierten nationalen Recht (und damit nur für AG).189 Der heutige Art. 124 GesRRL (G Art. 7 CBMD) wurde erst i.R.d. weiteren Legislativverfahrens in EP und Rat ergänzt, wobei der Fokus des Verschmelzungsberichts gegenüber demjenigen bei nationalen Fusionen (Art. 95 GesRRL [G Art. 9 FusRL], → 20.47 ff.) signifikant modifiziert wurde: Auf Drängen des EP190 wurde der Verschmelzungsbericht bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen nämlich zu einem umfassenden Informati185 Vgl. Lutter/Bayer § 122d UmwG Rn. 16; Kaufmann GeS 2009, 175, 179; Kallmeyer/ Marsch-Barner § 122d UmwG Rn. 2; Widmann/Mayer/Mayer § 122d UmwG Rn. 18.1; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122d Rn. 15. 186 Vgl. Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 403; Ugliano EBLR 2007, 585, 603. 187 Vgl. Lutter/Bayer § 122d UmwG Rn. 7; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 962 (jeweils m.w.N.). 188 Fn.  12. 189 Vgl. Müller ZIP 2004, 1790, 1793. 190 Der JURI-Bericht bezeichnet es als „ein grundlegendes Recht der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter, über die (meistens äußerst komplexen, unsicheren und weitreichenden) Konsequenzen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung unterrichtet zu werden“, vgl. A6-0089/2005, S. 20.

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onsinstrument nicht nur für die Gesellschafter, sondern auch für die Arbeitnehmer ausgebaut.191 Ein Gläubigerschutz ist mit dem Verschmelzungsbericht dagegen trotz der Berichtspflicht hinsichtlich der Auswirkungen auf die Gläubiger (→ 22.65 ff.) allenfalls mittelbar intendiert, denn der Bericht wird ausschließlich den Gesellschaftern und Arbeitnehmern zugänglich gemacht (→ 22.72).192 b)  Separater oder gemeinsamer Verschmelzungsbericht 22.62 Ebenso wie Art. 95 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 9 Abs. 1 FusRL, →  20.51) sieht auch Art. 124 UAbs. 1 GesRRL (G  Art. 7 UAbs. 1 CBMD) grundsätzlich einen separaten Verschmelzungsbericht für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften vor, der vom Leitungs- oder Verwaltungsorgan der jeweiligen Gesellschaft zu erstellen ist. Hinsichtlich der Zulässigkeit eines gemeinsamen Verschmelzungsberichts fehlt eine ausdrückliche Regelung, sodass insoweit gem. Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD, → 22.33) das nationale Recht der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften maßgeblich ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der expliziten Zulassung einer gemeinsamen Verschmelzungsprüfung in Art. 125 Abs. 2 GesRRL (G Art. 8 Abs. 2 CBMD, → 22.80): Hieraus lässt sich weder ein allgemeiner Rechtsgedanke der generellen Zulässigkeit gemeinsamer Berichte193 noch umgekehrt im Wege eines argumentum e contrario die generelle Unzulässigkeit eines gemeinsamen Verschmelzungsberichts194 herleiten.195 Denn auch Titel II Kapitel I GesRRL (G  FusRL, → 20.59) und die SE-VO (→ 45.40) enthalten nur hinsichtlich der gemeinsamen Prüfung, nicht aber hinsichtlich der Erstattung des Verschmelzungsberichts spezielle Regelungen. In beiden Fällen entspricht es indes der h.M. (→ 20.51, 20.55, 45.39), dass die Zulassung einer gemeinsamen Berichterstattung aus Sicht des Unionsrechts zwar nicht zwingend geboten, andererseits aber auch nicht verboten ist. Eine gemeinsame Berichterstattung ist folglich auch bei grenzüberschreitenden Ver-

191 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 1; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 403; dies. NZG 2006, 841, 842; Herrler/Schneider DStR 2009, 2433, 2435; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122e UmwG Rn. 2; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 194; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122e UmwG Rn. 1; Neye ZIP 2005, 1893, 1896; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122e Rn. 3; J. Vetter AG 2006, 613, 620. 192 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 1; i.d.S. wohl auch Grunewald Konzern 2007, 106, 108. Eine Gläubigerschutzfunktion gänzlich verneinend dagegen Semler/Stengel/ Drinhausen § 122e UmwG Rn. 2; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122e UmwG Rn. 2; Limmer ZNotP 2007, 282; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122e Rn. 4; J. Vetter AG 2006, 613, 620; für eine Schutzfunktion zugunsten der Gläubiger zumindest bei der „Hinausverschmelzung“ aber Frotz/Kaufmann/Wenger § 6 EU-VerschG Rn. 8. 193 So aber Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 62; Limmer ZNotP 2007, 282. 194 So aber Louven ZIP 2006, 2021, 2026; vgl. ferner auch Drinhausen/Keinath BB 2006, 725, 728. 195 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 4; Beutel S. 180 f.; Frenzel S. 241; Herrler/Schneider GmbHR 2011, 795, 798.

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schmelzungen grundsätzlich möglich, aber eben nur, wenn und soweit das nationale Recht sämtlicher an der Verschmelzung beteiligter Gesellschaften sie zulässt.196 c)  Form Im Gegensatz zu Art. 95 Abs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 FusRL, → 20.47) fehlt in 22.63 Art. 124 GesRRL (G Art. 7 CBMD) zwar das Wort „schriftlich“. Das Erfordernis der Schriftform ergibt sich jedoch bereits aus der Natur eines „Berichts“ und dem Erfordernis der Zugänglichmachung für Gesellschafter und Arbeitnehmer (→  22.71). Im Rahmen der gebotenen unionsautonomen Auslegung wird man aber auch hier keine Schriftform i.S.d. deutschen Verständnisses (also i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB) verlangen dürfen; ausreichend sein dürfte vielmehr das, was in neueren EU-Rechtsakten (vgl. etwa Art. 4 Abs. 1 Nr. 62 MiFID II, Art. 2 Abs. 1 lit. m OGAW-RL, Art. 2 Nr. 10 VRRL) als ein „dauerhafter Datenträger“ bezeichnet wird (d.h. in der üblichen deutschen Terminologie Textform i.S.d. § 126b BGB).197 d)  Inhalt des Berichts Im Hinblick auf den Berichtsinhalt weicht Art. 124 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 7 UAbs. 1 22.64 CBMD) zunächst insofern vom Wortlaut des Art. 95 Abs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 FusRL, → 20.47 f.) ab, als hier die „rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der grenzüberschreitenden Verschmelzung“ zu erläutern und begründen sind, während Art. 95 Abs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 FusRL) verlangt, dass „der Verschmelzungsplan und insbesondere das Umtauschverhältnis der Aktien rechtlich und wirtschaftlich“ erläutert und begründet werden. Insofern dürfte es sich allerdings – insbesondere auch vor dem Hintergrund der Ratio der Norm und ihrer Entstehungsgeschichte (→  22.61) − lediglich um eine sprachliche Modernisierung handeln, mit der keine materielle Neuausrichtung intendiert ist.198 Gleiches gilt für den Wegfall des expliziten Gebots eines „ausführlichen“ Berichts und des Hinweises auf etwaige besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung. Die zu Art. 95 Abs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 FusRL) entwickelten Auslegungsgrundsätze (→  20.47 f.) können insofern folglich grundsätzlich auch auf Art. 124 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 7 UAbs. 1 CBMD) übertragen werden. 196 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 4; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 402; Frenzel RIW 2008, 12, 17; Herrler EuZW 2007, 295, 296; Herrler/Schneider GmbHR 2011, 795, 798; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122e UmwG Rn. 5; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 194; Lutz BWNotZ 2010, 23, 32; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122e UmwG Rn. 3; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122e Rn. 9; J. Vetter AG 2006, 613, 621. 197 Ebenso Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 194. Vgl. zur Parallelproblematik beim Verschmelzungsplan → 22.37, beim Verschmelzungsprüfungsbericht → 22.76; bei nationalen Verschmelzungen → 20.32, 20.47, 20.58; bei Spaltungen → 21.27, 21.38, 21.46; i.R.d. EpGRL → 27.35, 27.38; i.R.d. ARRL → 29.83, 29.240. 198 Vgl. auch Behrens S. 104 f.; anders jedoch offenbar Koppensteiner GesRZ 2006, 111, 123.

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22.65

Signifikant erweitert wird der Berichtsinhalt im Vergleich zu Art. 95 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 9 Abs. 1 FusRL) allerdings insofern, als gem. Art. 124 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 7 UAbs. 1 CBMD) auch die Auswirkungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf die Gläubiger und Arbeitnehmer199 der jeweiligen Gesellschaft (bzw. im Falle eines gemeinsamen Verschmelzungsberichts aller partizipierenden Gesellschaften200) zu erläutern sind. Zu den zu erläuternden Auswirkungen auf die Gläubiger gehören insbesondere 22.66 der mit der Verschmelzung ggf. verbundene Wechsel des Schuldners sowie dessen (ggf. ausländische) Rechtsform und Haftungsverfassung.201 Weiterhin ergeben sich infolge der Verschmelzung i.d.R. auch Veränderungen hinsichtlich der den Gläubigern zur Verfügung stehenden Haftungsmasse.202 Darüber hinaus dürften aber auch die gem. Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1, Abs. 2 S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1, Abs. 2 S. 1 CBMD) maßgeblichen nationalen Gläubigerschutzvorschriften (→ 22.152) zu erläutern sein.203 Dagegen könnte zwar sprechen, dass eine diesbezügliche Information bereits durch die Bekanntmachung nach Art. 123 Abs. 2 lit. c GesRRL (G Art. 6 Abs. 2 lit. c CBMD, → 22.58) erfolgt und der Verschmelzungsbericht zumindest nicht unmittelbar dem Schutz der Gläubiger dient (→  22.61). Etwaige Sicherheitsleistungen an die Gläubiger können allerdings auch für die Entscheidung der Gesellschafter von erheblicher Bedeutung sein.204 22.67 Die zu erläuternden Auswirkungen auf die Arbeitnehmer umfassen zum einen individualrechtliche Auswirkungen wie insbesondere den etwaigen Arbeitgeberwechsel.205 Erfasst werden aber gleichermaßen auch die kollektivrechtlichen Auswirkungen, speziell Änderungen im Hinblick auf die betriebliche und unternehmerische Mitbestimmung.206 Zu erläutern sind ferner auch sonstige Maßnahmen betreffend die Arbeitnehmer im Zuge der Verschmelzung, z.B. ein geplanter Personalabbau.207 Im Einzelnen dürften hier – vorbehaltlich der stets im Blick zu behaltenden spezifischen Besonderheiten einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem europäischen 199 Die ausdrücklich geforderte Erläuterung der Auswirkungen auf die Gesellschafter ist dagegen keine wirkliche Neuerung, da dies der Sache nach auch nach Art. 95 Abs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 FusRL) erforderlich ist. 200 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 7. 201 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 8. 202 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 8; Frotz/Kaufmann/Wenger § 6 EU-VerschG Rn. 20a; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122e UmwG Rn. 14. 203 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 8; Semler/Stengel/Drinhausen § 122e UmwG Rn. 10; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122e UmwG Rn. 14; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122e UmwG Rn. 8; Widmann/Mayer/Mayer § 122e UmwG Rn. 31 f. 204 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 8. 205 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 9; Semler/Stengel/Drinhausen § 122e UmwG Rn. 11; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122e UmwG Rn. 16; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122e UmwG Rn. 8; J. Vetter AG 2006, 613, 620. 206 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 9; Semler/Stengel/Drinhausen § 122e UmwG Rn. 11; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122e UmwG Rn. 16; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122e UmwG Rn. 8; J. Vetter AG 2006, 613, 620. 207 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 9; Semler/Stengel/Drinhausen § 122e UmwG § 122e Rn. 11; a.A. Habersack/Drinhausen/Kiem § 122e UmwG Rn. 17.

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Charakter der Regelung − im Wesentlichen dieselben Grundsätze gelten wie i.R.d. deutschen § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG208, der hier offensichtlich auch in gewissem Maße Modell stand. Eine weitere Extension des Berichtsinhalts gegenüber Art. 95 GesRRL (G Art. 9 22.68 FusRL) findet sich in Anlehnung an Art. 9 Abs. 5 S. 3 TBD (→ 28.130)209 in Art. 124 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 7 UAbs. 3 CBMD): Danach ist dem Bericht eine Stellungnahme der Vertreter der Arbeitnehmer der Gesellschaft beizufügen, allerdings nur, wenn das nationale Recht eine solche Stellungnahme vorsieht und diese dem Leitungsoder Verwaltungsorgan nach den maßgeblichen Vorschriften des nationalen Rechts rechtzeitig vorliegt.210 Mit Blick auf Systematik und Entstehungsgeschichte handelt es sich bei den Vor- 22.69 gaben des Art. 124 UAbs. 1 GesRRL (G  Art. 7 UAbs. 1 CBMD) zum Berichtsinhalt – ebenso wie bei denjenigen der Parallelnorm des Art. 95 Abs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 FusRL, → 20.49) − allerdings nur um einen Mindeststandard, der durch den nationalen Gesetzgeber noch erweitert werden kann.211 Zudem können selbstverständlich auch die jeweiligen Gesellschaften zusätzliche Informationen aufnehmen.212 Ebenso wie bei Art. 95 GesRRL (G Art. 9 FusRL (→ 20.50) ist im Übrigen auch 22.70 hier davon auszugehen, dass die Berichtspflicht jedenfalls dort ihre Grenze findet, wo die Offenlegung bestimmter Tatsachen im Einzelfall ausnahmsweise zu erheblichen Nachteilen für die Gesellschaft – und damit letztlich auch für die Gesellschafter (und Arbeitnehmer) – führen könnte.213 e)  Keine spezielle Unterrichtungspflicht Eine spezielle Unterrichtungspflicht bei wesentlichen Veränderungen des Aktiv- oder 22.71 Passivvermögens einer beteiligten Gesellschaft ist bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen – anders als bei Spaltungen (Art. 141 Abs. 3 GesRRL [G Art. 7 Abs. 3 SpRL], →  21.41) und seit der RL 2009/109/EG (→  22.7) auch bei nationalen Verschmelzungen (Art. 95 Abs. 2 GesRRL [G Art. 9 Abs. 2 FusRL], → 20.52) − nicht speziell vorgesehen. Allerdings ergibt sich für an der Verschmelzung beteiligte AG eine solche Unterrichtungspflicht bereits aus Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G Art. 4

208 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 9; Limmer ZNotP 2007, 282, 283; Kallmeyer/ Marsch-Barner § 122e UmwG Rn. 8. 209 Vgl. Neye/Timm DB 2006, 488, 489. 210 Vgl. auch Drinhausen/Keinath BB 2006, 725, 728; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 194; Klein RNotZ 2007, 565, 591; Neye ZIP 2005, 1893, 1896. 211 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 9; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 403; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 194. 212 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 194. 213 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 10; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 403; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122e UmwG Rn. 10; s. ferner auch Drinhausen/Keinath BB 2006, 725, 728; Klein RNotZ 2007, 565, 591; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 61.

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Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) i.V.m. den nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 95 Abs. 2 GesRRL (G Art. 9 Abs. 2 FusRL).214 f)  Zugänglichmachung 22.72 Gem. Art. 124 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 7 UAbs. 2 CBMD) ist der Bericht den Gesellschaftern und den Vertretern der Arbeitnehmer oder – wenn es solche Vertreter nicht gibt – den Arbeitnehmern direkt zugänglich zu machen, und zwar spätestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung, die gem. Art. 126 GesRRL (G Art. 9 CBMD, → 22.88 ff.) über den Verschmelzungsplan beschließt. Auf welche Art und Weise diese Zugänglichmachung zu erfolgen hat, spezifiziert die RL nicht; insofern bleibt den Mitgliedstaaten in den Grenzen des Gebots des effet utile grundsätzlich ein breiter Spielraum (z.B. physische Auslegung oder Publikation auf den Internetseiten der Gesellschaft).215 Sofern es sich bei den beteiligten Gesellschaften um AG handelt, gelten jedoch über Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) die nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 97 Abs. 1 UAbs. 1 lit. d, Abs. 3 und Abs. 4 GesRRL (G Art. 11 Abs. 1 UAbs. 1 lit. d, Abs. 3 und 4 FusRL, → 20.69 ff.), d.h. die Zugänglichmachung gegenüber den Gesellschaftern hat durch Auslegung der Unterlagen bzw. Internetpublikation zu erfolgen. g)  Verzicht 22.73 Ein Verzicht der Gesellschafter auf den Verschmelzungsbericht wird wegen dessen Schutz- und Informationsfunktion auch zugunsten der Arbeitnehmer verbreitet generell für unzulässig erachtet.216 Hiervon schien auch der europäische Gesetzgeber i.R.d. RL 2009/109/EG (→ 22.7) auszugehen, denn damit wurde die Zulässigkeit eines Verzichts auf den Verschmelzungsbericht zwar für nationale Verschmelzungen (Art. 95 Abs. 3 GesRRL [G Art. 9 Abs. 3 FusRL], → 20.54) ausdrücklich klargestellt, für grenzüberschreitende Verschmelzungen wurde aber gerade keine entsprechende Regelung aufgenommen.217 Die Schutz- und Informationsfunktion auch zugunsten der Arbeitnehmer kann einem Verzicht allerdings zumindest dann nicht entgegenstehen, wenn dieser entweder mit Zustimmung der Arbeitnehmerseite erfolgt oder wenn die Gesellschaft gar keine Arbeitnehmer hat.218 Zumindest in diesen Fällen wäre daher 214 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 194. 215 Vgl. auch Beutel S. 185 f. 216 Vgl. Drinhausen/Keinath RIW 2006, 81, 83; Heckschen DNotZ 2007, 444, 459; Kallmeyer/Kappes AG 2006, 224, 232; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 62; Lutz BWNotZ 2010, 23, 32; H.-F. Müller NZG 2006, 286, 288. 217 Vgl. auch Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. ZIP 2010, 953, 955. 218 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 13; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 194; Klein RNotZ 2007, 565, 592 f.; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122e UmwG Rn. 11; Widmann/ Mayer/Mayer § 122e UmwG Rn. 38; H.-F. Müller ZIP 2007, 1081, 1084 f.; J. Schmidt (Fn. 24), S. 22; Stiegler GmbHR 2016, 406, 411; J. Vetter AG 2006, 613, 620 f.; für eine teleologische Reduktion nur für den Fall, dass keine Arbeitnehmer vorhanden sind: Herr-

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an eine Analogie zu Art. 95 Abs. 3 GesRRL (G Art. 9 Abs. 3 FusRL) bzw. eine teleologische Reduktion zu denken. De lege ferenda sollte dies explizit so geregelt werden.219 h)  Kein Dispens bei Konzernverschmelzungen Abweichend von Art. 110 S. 3 und Art. 114 GesRRL (G Art. 24 S. 3 und Art. 28 FusRL, 22.74 → 20.145, 20.152 f.) sieht Art. 132 GesRRL (G Art. 15 CBMD, → 22.131 ff.) keinen Dispens vor; der Verschmelzungsbericht ist also auch bei Konzernverschmelzungen stets erforderlich220. Vor dem Hintergrund, dass der Verschmelzungsbericht im RL-E 2003 nicht speziell geregelt war (→  22.61) und auch Art. 132 GesRRL (G  Art. 15 CBMD) im Rat kontrovers diskutiert und mehrfach geändert wurde, könnte es sich insoweit allerdings auch um ein Redaktionsversehen handeln.221 Andererseits könnte das Fehlen einer Dispensregelung aber ebenso auf die Neufokussierung des Verschmelzungsberichts als Schutzinstrument auch zugunsten der Arbeitnehmer (→  22.61) zurückzuführen sein.222 De lege ferenda ist diesbezüglich jedenfalls eine klare Regelung zu wünschen; dabei scheint es nach Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzugswürdig, einen Dispens vorzusehen.223 i)  Umsetzung in Deutschland Im deutschen Recht wird Art. 124 GesRRL (G  Art. 7 CBMD) dadurch umgesetzt, 22.75 dass die über § 122a Abs. 2 UmwG anwendbare allgemeine Regelung des § 8 UmwG für grenzüberschreitende Verschmelzungen durch § 122e UmwG ergänzt und modifiziert wird.224 § 122e S. 1 UmwG normiert die sich aus Art. 124 UAbs. 1 GesRRL (G  Art. 7 UAbs. 1 CBMD) ergebenden zusätzlichen Anforderungen an den Inhalt des Berichts225 (→  22.64 ff.). § 122e S. 2 UmwG regelt die Zugänglichmachung des Verschmelzungsberichts an die Gesellschafter sowie die Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmervertretungen durch eine Bezugnahme auf das bewährte Vorabinformations-

ler/Schneider GmbHR 2011, 795, 798; Simon/Rubner Konzern 2006, 835, 838; Kruse/ Kruse BB 2010, 3035, 3036; für eine generelle Zulässigkeit des Verzichts noch Bayer/ J. Schmidt NJW 2006, 401, 403; Frenzel RIW 2008, 12, 18. 219 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 22. 220 Vgl. BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BR-Drs. 548/06, S. 32; Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 12. 221 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 14; Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.13; Frenzel RIW 2008, 12, 18. 222 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 14; Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.13; Behrens S. 102 f. 223 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 22. 224 Vgl. BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BR-Drs. 548/06, S. 32; Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 1. 225 Vgl. BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BR-Drs. 548/06, S. 32; Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 2 m.w.N.

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verfahren gem. § 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG.226 Ein Recht der Arbeitnehmervertreter zur Stellungnahme ist – anders als etwa im englischen227 und österreichischen228 Recht − nicht vorgesehen.229 § 122e S. 3 UmwG schließt die Anwendung der in § 8 Abs. 3 UmwG normierten Ausnahmen von der Berichtspflicht (Konzernverschmelzungen bzw. Verzicht) mit Blick auf das Fehlen entsprechender Ausnahmetatbestände in der RL (→  22.74) ausdrücklich aus;230 allerdings wäre insoweit zumindest im Hinblick auf die Zulässigkeit eines Verzichts an eine teleologische Reduktion zu denken, wenn die Arbeitnehmerseite dem Verzicht zustimmt oder die Gesellschaft gar keine Arbeitnehmer hat231. Die Erweiterung der Berichtspflichten durch §§ 122a Abs. 2, 8 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, S. 2 und S. 3 UmwG ist aufgrund des Mindestnormcharakters der Vorschrift (→ 22.69) zulässig. Ferner steht die RL der durch §§ 122a Abs. 2, 8 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 UmwG ermöglichten gemeinsamen Berichterstattung232 ebenso wenig entgegen wie der Einschränkung der Berichtspflicht durch §§ 122a Abs. 2, 8 Abs. 2 UmwG233 (→ 22.70). 3.  Verschmelzungsprüfung (Art. 125 GesRRL [ G Art. 8 CBMD]) 22.76 Als dritter Grundbaustein des „europäischen Modells für Strukturmaßnahmen“ (→ 22.3, 22.32) hat auch bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung zum Schutz der Gesellschafter234 eine Prüfung durch einen oder mehrere unabhängige Sachver-

226 Näher dazu Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 15 ff. m.w.N. 227 Vgl. r. 8(6) CBMR. 228 Vgl. § 6 Abs. 1 S. 4 EU-VerschG. Dazu Kalss/Eckert § 5 EU-VerschG Rn. 26 ff. 229 Vgl. auch Drinhausen/Keinath BB 2006, 725, 728; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122e UmwG Rn. 5; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122e Rn. 19. 230 Vgl. BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BR-Drs. 548/06, S. 32; Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 12 f. m.w.N. Ebenso etwa auch das österreichische Recht, vgl. § 6 Abs. 1 S. 3 EUVerschG und dazu RegBegr., 171 d.B. (XXIII. GP), S. 12. 231 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 13; Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.13; Klein RNotZ 2007, 565, 592 f.; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122e UmwG Rn. 23; Krauel/ Mense/Wind Konzern 2010, 541, 546; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122e UmwG Rn. 11; Widmann/Mayer/Mayer § 122e UmwG Rn. 38; H.-F. Müller ZIP 2007, 1081, 1084 f.; Stiegler GmbHR 2016, 406, 411; J. Vetter AG 2006, 613, 620 f.; Weyde/Hafemann FS Meilicke, 2010, S. 779, 814 f.; für eine teleologische Reduktion nur für den Fall, dass keine Arbeitnehmer vorhanden sind: Herrler/Schneider GmbHR 2011, 795, 798; Simon/ Rubner Konzern 2006, 835, 838; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122e Rn. 11 ff.; Kruse/ Kruse BB 2010, 3035, 3036. 232 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 4; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 403; Herrler EuZW 2007, 295, 296; Klein RNotZ 2007, 565, 592; Louven ZIP 2006, 2021, 2026; J. Vetter AG 2006, 613, 621. 233 Vgl. Lutter/Bayer § 122e UmwG Rn. 10; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 403; Drinhausen/Keinath BB 2006, 725, 728; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122e UmwG Rn. 10; Klein RNotZ 2007, 565, 591; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 61; H.-F. Müller Konzern 2007, 81, 82. 234 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 1.

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ständige zu erfolgen, deren schriftlichen235 Bericht die Gesellschafter dann vor der dem Zustimmungsbeschluss einsehen können (→ 22.88). Prüfungsgegenstand ist − wie bei der Parallel- und Vorbildregelung des Art. 96 Abs. 3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 FusRL, → 20.57) − der Verschmelzungsplan (vgl. Art. 125 Abs. 2 GesRRL [G  Art. 8 Abs. 2 CBMD]), der auch hier auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu prüfen ist236. Der Fokus liegt dabei zudem auch hier speziell auf der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses.237 Nicht zu prüfen ist dagegen – wie bei Art. 96 GesRRL (G Art. 10 FusRL) – die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit der Verschmelzung.238 Ferner gebietet Art. 125 GesRRL (G Art. 8 CBMD) − insofern ebenfalls korrespondierend mit Art. 96 GesRRL (G Art. 10 FusRL) − auch keine Prüfung des Verschmelzungsberichts;239 allerdings spricht hier ebenfalls nichts gegen eine nationale Regelung, welche die Prüfung auch hierauf erstreckt und so den Schutz der Aktionäre intensiviert240. Hinsichtlich des Mindestinhalts des Prüfungsberichts verweist Art. 125 Abs. 3 GesRRL (G Art. 8 Abs. 3 CBMD) auf Art. 96 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 FusRL, → 20.58). Ebenso wie bei nationalen Verschmelzungen (→  20.59) erfolgt die Prüfung grundsätzlich separat für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften (vgl. Art. 125 Abs. 1 GesRRL [G Art. 8 Abs. 1 CBMD]). Die Bestellung der Prüfer richtet sich dann gem. Art. 125 Abs. 1 S. 2 GesRRL (G  Art. 8 Abs. 1 S. 2 CBMD) nach nationalem Recht241, das jedoch insofern zumindest für AG durch Art. 96 Abs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 S. 1 FusRL, → 20.59) partiell harmonisiert ist. Art. 125 Abs. 2 GesRRL (G Art. 8 Abs. 2 CBMD) räumt den an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften242 jedoch ein Wahlrecht ein, anstelle von getrennten eine gemeinsame Prüfung durchführen zu lassen. A maiore ad minus dürfte es zudem zulässig sein, bei Verschmelzungen unter Beteiligung von mehr als zwei Gesellschaf235 Da die Vorschrift unionsautonom auszulegen ist, dürfte hier keine Schriftform i.S.d. deutschen Verständnisses (also i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB) erforderlich sein; ausreichend sein dürfte vielmehr das, was in neueren EU-Rechtsakten (vgl. etwa Art. 4 Abs. 1 Nr. 62 MiFID II, Art. 2 Abs. 1 lit. m OGAW-RL, Art. 2 Nr. 10 VRRL) als ein „dauerhafter Datenträger“ bezeichnet wird (d.h. in der üblichen deutschen Terminologie Textform i.S.d. § 126b BGB). Vgl. zur Parallelproblematik beim Verschmelzungsplan →  22.35, beim Verschmelzungsbericht → 22.63; bei nationalen Verschmelzungen → 20.32, 20.47, 20.58; bei Spaltungen → 21.27, 21.38, 21.46; i.R.d. EpGRL → 27.35, 27.38; i.R.d. ARRL → 29.83, 29.240. 236 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 9. 237 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 9; Klein RNotZ 2007, 565, 593. Ausf. zur Ermittlung der Verschmelzungswertrelation bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen: Kiem ZGR 2007, 542 ff.; Reuter AG 2007, 881 ff. (jeweils m.z.w.N.). 238 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 10. 239 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 10; Frenzel S. 267. 240 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 10. 241 Vgl. Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 403. 242 Anders als nach Art. 96 Abs. 1 S. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 S. 2 FusRL, → 20.59 f.) müssen die Mitgliedstaaten bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen also eine gemeinsame Prüfung gestatten.

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ten nur für einen Teil der Gesellschaften eine gemeinsame Prüfung durchführen zu lassen.243 Ein Antrag auf gemeinsame Prüfung kann in jedem Mitgliedstaat, dessen Recht eine der sich verschmelzenden Gesellschaften oder die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt, gestellt werden (vgl. Art. 125 Abs. 2 S. 1 GesRRL [G Art. 8 Abs. 2 S. 1 CBMD]). Das Antrags- und Bestellungsverfahren (speziell auch, ob die Bestellung direkt durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde erfolgt oder ob die Sachverständigen durch die Gesellschaften bestellt und nur gerichtlich bzw. verwaltungsbehördlich244 zugelassen worden sein müssen) richtet sich dann nach dem nationalen Recht des jeweiligen Staats.245 Jedenfalls insofern haben die an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften damit – ebenso wie i.R.d. Art. 22 UAbs. 1 SE-VO (→ 45.40) − unstreitig indirekt auch die Möglichkeit einer Rechtswahl.246 Richtiger Ansicht nach gilt dies darüber hinaus aber auch für Gegenstand und Inhalt der Prüfung: Auch diese bestimmen sich – ebenso wie im Pa­ rallelfall des Art. 22 Abs. 1 SE-VO (→ 45.40) und wie in Art. 8 Abs. 3 des RL-E 1985247 ursprünglich sogar noch ausdrücklich klargestellt worden war248 − ausschließlich nach dem Recht des gewählten Staats.249 Sofern im Schrifttum eine kumulative Anwendung aller beteiligten Rechtsordnungen postuliert wird250, kann dem nicht gefolgt werden: Hiermit würde die von der RL durch die Möglichkeit einer gemeinsamen Prüfung intendierte Vereinfachung konterkariert.251 Durch ihren gemeinsamen Antrag bekunden die an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften vielmehr gerade,

243 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 2; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 195. 244 Bei der deutschen Sprachfassung, nach der nur eine behördliche Zulassung möglich zu sein scheint, handelt es sich – wie sich aus dem Vergleich mit der englischen und französischen Fassung ergibt – um einen Übersetzungsfehler („... appointed ... by a judicial or administrative authority ... or approved by such an authority“/„désignés ... par une autorité judiciaire ou administrative ... ou agréés par une telle autorité“). 245 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 3; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 403; dies. NZG 2006, 841, 842; Holzborn/Mayston ZIP 2012, 2380, 2385; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122f UmwG Rn. 3; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 195. 246 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 3; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 403; dies. NZG 2006, 841, 842; Semler/Stengel/Drinhausen § 122f UmwG Rn. 5; Holzborn/Mayston ZIP 2012, 2380, 2385; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122f UmwG Rn. 3; Kallmeyer/ W. Müller § 122f UmwG Rn. 9 ff. 247 Fn.  8. 248 Vgl. RL-E 1985 (Fn. 8), S. 9 f. 249 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 3; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 403; dies. NZG 2006, 841, 842; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122f UmwG Rn. 4; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 195; Klein RNotZ 2007, 565, 593; Kallmeyer/Lanfermann § 122f UmwG Rn. 10; H.-F. Müller ZIP 2007, 1081, 1085; ferner offenbar auch Frotz/Kaufmann/Wenger § 7 EU-VerschG Rn. 8a; offenlassend Grundmann Rn. 930. 250 So Semler/Stengel/Drinhausen § 122f UmwG Rn. 5; Holzborn/Mayston ZIP 2012, 2380, 2385; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122f UmwG Rn. 3; Widmann/Mayer/Mayer § 122f UmwG Rn. 10. 251 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 3; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122f UmwG Rn. 4. S. ferner für Art. 22 SE-VO: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 22 SE-VO Rn. 6; J. Schmidt, SE, S. 196 f.

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dass sie sich allein dem Recht des gewählten Staats unterwerfen.252 Die im Schrifttum geäußerten Befürchtungen im Hinblick auf angebliche Umgehungsgefahren253 sind unbegründet: Da Gegenstand und Inhalt der Prüfung europaweit harmonisiert sind (→  22.77 f.), ist es nicht möglich, durch Wahl eines bestimmten Prüfungsstaats den europarechtlich etablierten obligatorischen Mindeststandard zu umgehen.254 Ebenso wie Art. 96 GesRRL (G Art. 10 FusRL, → 20.61) verlangt Art. 125 GesRRL (G Art. 8 CBMD) zwar, dass die Sachverständigen „unabhängig“ sein müssen, definiert dies aber nicht näher, sodass den Mitgliedstaaten ein gewisser Spielraum bleibt. Zudem wird auch hier keine besondere Qualifikation der „Sachverständigen“ verlangt, sodass die Regelung der Einzelheiten insoweit – ebenso wie bei nationalen Verschmelzungen (→ 20.61) − dem nationalen Recht obliegt. Korrespondierend mit Art. 96 Abs. 3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 FusRL, → 20.62) gibt Art. 125 Abs. 3 S. 2 GesRRL (G Art. 8 Abs. 3 S. 2 CBMD) den Sachverständigen ein umfassendes Auskunftsrecht: Sie haben das Recht, von jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften alle Auskünfte zu verlangen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe für erforderlich halten. Der von Art. 96 Abs. 3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 FusRL) abweichende Wortlaut ist − ebenso wie bei Art. 22 UAbs. 2 SE-VO (→ 45.40) − lediglich eine modernere Formulierung, eine inhaltliche Einschränkung ist damit nicht verbunden.255 Insbesondere ist der Begriff „Auskunft“ extensiv auszulegen; die Sachverständigen können nicht nur verbale Informationen, sondern auch Unterlagen verlangen und zudem ggf. selbst Nachprüfungen vornehmen.256 Die Haftung der Sachverständigen richtet sich mangels einer speziellen Regelung in der RL qua Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) nach dem nationalen (Prüfungs-)Recht, das aber zumindest bezüglich der Verschmelzung von AG durch Art. 107 GesRRL (G Art. 21 FusRL, → 20.112 ff.) harmonisiert ist. Bei Konzernverschmelzungen sind Verschmelzungsprüfung und Verschmelzungsprüfungsbericht unter bestimmten Voraussetzungen entbehrlich, → 22.133 f. Art. 125 Abs. 4 GesRRL (G  Art. 8 Abs. 4 CBMD) gestattet einen Verzicht auf Verschmelzungsprüfung und/oder Verschmelzungsprüfungsbericht, der allerdings durch alle Gesellschafter aller sich verschmelzenden Gesellschaften erfolgen muss. Diese prozedurale Erleichterung, die u.U. erhebliche Kosten sparen kann,257 wurde 252 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 3. S. ferner für Art. 22 SE-VO: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 22 SE-VO Rn. 6. 253 Vgl. Semler/Stengel/Drinhausen § 122f UmwG Rn. 5; Holzborn/Mayston ZIP 2012, 2380, 2385; Widmann/Mayer/Mayer § 122f UmwG Rn. 11. 254 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 3; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 195; Kallmeyer/ Lanfermann § 122f UmwG Rn. 10. S. ferner für Art. 22 SE-VO: Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/Bayer Art. 22 SE-VO Rn. 6; J. Schmidt, SE, S. 197. 255 Vgl. Louven/Dettmeier/Pöschke Beil. zu BB 13/2006, 1, 14; zu Art. 22 SE-VO: Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 22 SE-VO Rn. 11; J. Schmidt, SE, S. 199 (jeweils m.w.N.). 256 Vgl. zu Art. 22 SE-VO: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 22 SE-VO Rn. 11; J. Schmidt, SE, S. 199 (jeweils m.w.N.). 257 Vgl. nur Neye ZIP 2005, 1893, 1896.

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auf deutsche und österreichische Initiative hin erst im Rat ergänzt258. Sie bildete dann aber bereits wenig später das Vorbild für entsprechende Ergänzungen der FusRL und SpRL durch die RL 2009/109/EG (→ 20.65, 21.53). Die Wahrung einer besonderen Form sieht die RL für den Verzicht nicht vor; insoweit dürfte gem. Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) das jeweilige nationale Recht maßgeblich sein259. Eine ggf. parallel bestehende Pflicht zur Wertprüfung gem. Art. 49 GesRRL 22.86 (G Art. 10 KapRL) bzw. Art. 70 Abs. 2, 49 Abs. 2 und 3 GesRRL (G Art. 31 Abs. 2, 10 Abs. 2 und 3 KapRL) (→ 19.62 ff., 19.192 ff.) macht die Verschmelzungsprüfung dagegen nicht automatisch entbehrlich. Allerdings geben Art. 49 Abs. 5 GesRRL (G Art. 10 Abs. 5 KapRL) (für die Verschmelzung durch Neugründung) und Art. 70 Abs. 3 GesRRL (G Art. 31 Abs. 3 KapRL) (für die Verschmelzung durch Aufnahme) den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, in diesem Fall entweder ganz auf das Erfordernis von Sachverständigenprüfung und -bericht gem. Art. 49 GesRRL (Art. 10 KapRL) bzw. Art. 70 Abs. 2 GesRRL (Art. 31 Abs. 2 KapRL) zu verzichten oder die Erstellung beider Berichte durch den- bzw. dieselben Sachverständigen zu gestatten (→  19.68, 19.194). Der deutsche Gesetzgeber konnte sich i.R.d. Umsetzung des Art. 125 GesRRL 22.87 (G Art. 8 CBMD) aufgrund des weitgehenden Gleichlaufs der Regelung mit Art. 96 GesRRL (G Art. 10 FusRL) darauf beschränken, in § 122f S. 1 Hs. 1 UmwG im Wesentlichen auf die §§ 9–12 UmwG (mit denen Art. 96 GesRRL [G  Art. 10 FusRL] umgesetzt wird, →  20.67) zu verweisen.260 Um den Spezifika der EU-Vorgaben zu grenzübrschreitenden Verschmelzungen Rechnung zu tragen, sieht § 122f UmwG allerdings zwei Sonderregelungen vor. § 122f S. 1 Hs. 2 UmwG schließt die Anwendbarkeit des – andernfalls über § 122a Abs. 2 UmwG geltenden − § 48 UmwG ausdrücklich aus, da Art. 125 GesRRL (G Art. 8 CBMD) auch bei GmbH (vorbehaltlich eines Verzichts) stets zwingend eine Verschmelzungsprüfung vorschreibt.261 § 122f S. 2 UmwG bestimmt in Umsetzung von Art. 125 Abs. 1 S. 1 GesRRL (G Art. 8 Abs. 1 S. 1 CBMD) zudem nochmals ausdrücklich, dass der Verschmelzungsprüfungsbericht spätestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung, die über den Verschmelzungsplan beschließt, vorliegen muss.262 Die Vorgaben des Art. 125 GesRRL (G Art. 8 CBMD) werden damit im Wesentlichen richtlinienkonform umgesetzt. Mit der RL vereinbar ist dabei insbesondere auch die Geheimnisschutzregelung gem. §§ 122f S. 1, 12 Abs. 3,

258 Vgl. Dok. 6344/04 S. 3; Dok. 7068/04, S. 11; eine Reihe von Mitgliedstaaten äußerte zunächst Bedenken, konnte dann aber insbesondere auch unter Mitwirkung der niederländischen Ratspräsidentschaft offensichtlich überzeugt werden, vgl. Dok. 14976/04, S. 13. S. auch Neye ZIP 2005, 1893, 1896. 259 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 17; Klein RNotZ 2007, 565, 594; KK-UmwG/ Simon/Rubner § 122f Rn. 13; vgl. ferner auch H.-F. Müller Konzern 2007, 81, 83. 260 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 1; Drinhausen/Keinath BB 2006, 725, 729; Kallmeyer/Lanfermann § 122f UmwG Rn. 1. 261 Vgl. BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BR-Drs. 548/06, S. 32; Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 18 m.w.N. 262 Vgl. dazu Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 13.

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8 Abs. 2 UmwG263. Gleiches gilt grundsätzlich auch für das sich aus §§ 122f S. 1, 12 Abs. 3, 9 Abs. 3, 8 Abs. 3 S. 2 UmwG ergebende Erfordernis der notariellen Beurkundung eines Verzichts, das jedoch im Wege richtlinienkonformer Auslegung auf die Gesellschafter der beteiligten deutschen Gesellschaften zu beschränken ist264. Die sich aus der Anknüpfung der §§ 122f S. 1, 10 Abs. 2 S. 1 UmwG an den Sitz des übertragenden Rechtsträgers ergebende Regelungslücke für den Fall, dass als übertragende(r) Rechtsträger nur ausländische Gesellschaften beteiligt sind, ist dadurch zu schließen, dass dann eine örtliche Zuständigkeit des LG am Sitz der deutschen übernehmenden Gesellschaft besteht.265 Der deutsche Gesetzgeber hat durch das 3. UmwÄndG (→ 22.12) zwar die Zulässigkeit einer Identität von Sacheinlage- und Verschmelzungsprüfer ausdrücklich klargestellt (§§ 69 Abs. 1 S. 4, 75 Abs. 1 S. 2 UmwG n.F.)266, im Übrigen aber an den bisherigen Regelungen in §§ 69 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, 75 Abs. 2 UmwG267 festgehalten268 (→ 20.67, 20.141). 4.  Verschmelzungsbeschlüsse (Art. 126 GesRRL [ G Art. 9 CBMD]) Als vierter Grundbaustein des „europäischen Modells für Strukturmaßnahmen“ 22.88 (→  22.3, 22.32) und zentrales Element des Gesellschafterschutzes bedarf auch die grenzüberschreitende Verschmelzung gem. Art. 126 Abs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 CBMD) der Zustimmung der Gesellschafterversammlung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften.

263 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 12. 264 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 17; ebenso i.E. auch Brocker BB 2010, 971, 974; Frenzel RIW 2008, 12, 19; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122f UmwG Rn. 8; H.-F. Müller Konzern 2007, 81, 83; Kallmeyer/Lanfermann § 122f UmwG Rn. 4; Widmann/Mayer/Mayer § 122f UmwG Rn. 25; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122f Rn. 13; a.A. Semler/Stengel/Drinhausen § 122f UmwG Rn. 7; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122f UmwG Rn. 7. 265 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 5; Semler/Stengel/Drinhausen § 122f UmwG Rn. 4; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122f UmwG Rn. 3; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122f UmwG Rn. 2; Widmann/Mayer/Mayer § 122f UmwG Rn. 14; Kallmeyer/Lanfermann § 122f UmwG Rn. 8; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122f Rn. 4. 266 Vgl. BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 14; Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956; Diekmann NZG 2010, 489, 490 f.; Heckschen NZG 2010, 1041, 1046; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 241; Simon/Merkelbach DB 2011, 1317, 1318. 267 Problematisch ist insoweit, dass §§ 69 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, 75 Abs. 2 UmwG den Dispens – anders als die RL − ihrem Wortlaut nach selbst dann vorsehen, wenn im konkreten Fall gar keine Verschmelzungsprüfung erfolgt bzw. kein Verschmelzungsprüfungsbericht erstellt wird; insoweit ist eine richtlinienkonforme Auslegung (Reduktion) geboten, vgl. auch bereits Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 957; zum Problem ferner auch Leitzen DNotZ 2011, 526, 541. 268 Vgl. BegrRegE z. 3. UmwÄndG, BR-Drs. 485/10, S. 14; Neye/Jäckel AG 2010, 237, 241; kritisch dazu Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 956 f.

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a)  Vorabinformation 22.89 Anders als für nationale Verschmelzungen (Art. 97 GesRRL [G  Art. 11 FusRL], → 20.69 ff.) und Spaltungen (Art. 143 GesRRL [G Art. 9 SpRL], → 21.57) sind für grenzüberschreitende Verschmelzungen keine speziellen Regelungen über ein umfassendes Vorabinformationssystem der Gesellschafter vorgesehen. Die RL sieht vielmehr lediglich vor, dass die Gesellschafterversammlungen „nach Kenntnisnahme“ der Verschmelzungs- und Verschmelzungsprüfungsberichte über die Zustimmung zu dem gemeinsamen Verschmelzungsplan beschließen (Art. 126 Abs. 1 GesRRL [G Art. 9 Abs. 1 CBMD]) und dass der Verschmelzungsbericht den Gesellschaftern spätestens einen Monat vorher zugänglich zu machen ist (Art. 124 UAbs. 2 GesRRL [G Art. 7 UAbs. 2 CBMD], →  22.72). Aus Art. 125 Abs. 1 i.V.m. Art. 126 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 8 Abs. 1 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 CBMD) lässt sich zudem ableiten, dass auch der Verschmelzungsprüfungsbericht den Gesellschaftern spätestens einen Monat vorher zur Verfügung stehen muss. Nicht vorgesehen ist dagegen eine spezielle Zugänglichmachung des Verschmelzungsplans (dieser ist nur gem. Art. 123 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL [G Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 CBMD] offenzulegen, → 22.54) oder von Jahresabschlüssen bzw. Zwischenbilanzen. Soweit AG an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligt sind, gelten allerdings über Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) die nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 97 GesRRL (G Art. 11 FusRL, → 20.69 ff.)269, d.h. Verschmelzungsplan, Jahresabschlüsse und ggf. Zwischenbilanzen sowie Verschmelzungs- und Verschmelzungsprüfungsberichte sind spätestens einen Monat vor der Versammlung auszulegen bzw. via Internet zugänglich zu machen. Bei anderen Kapitalgesellschaften bleibt es dagegen qua Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) dem nationalen Recht überlassen, die Vorgaben der Art. 124 UAbs. 2, 125 Abs. 1, 126 Abs. 1 GesRRL (G Art. 7 UAbs. 2, 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 CBMD) zu konkretisieren bzw. um weitergehende Informationspflichten zu ergänzen.270 Der deutsche Gesetzgeber hat hinsichtlich der Vorabinformation in Umsetzung 22.90 von Art. 124 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 7 UAbs. 2 CBMD) die Sonderregelung in § 122e S. 2 UmwG (→ 22.75) geschaffen; im Übrigen gelten gem. § 122a Abs. 2 UmwG die Vorschriften über die Vorabinformation bei nationalen Verschmelzungen, d.h. bei der AG, SE271, und KGaA272 § 63 UmwG273 und bei der GmbH §§ 47, 49 Abs. 2 UmwG274. 269 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 6; Grundmann Rn. 931; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 197. 270 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 6. 271 Über Art. 9 Abs. 1 lit. c Ziff. ii SE-VO. 272 Über § 78 S. 1 UmwG. 273 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 7 ff.; Brocker BB 2010, 971, 974 f.; Habersack/ Drinhausen/Kiem § 122g UmwG Rn. 6; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 64; KKUmwG/Simon/Rubner § 122f Rn. 6; Kallmeyer/Zimmermann § 122g UmwG Rn. 8. S. aber zur insoweit gebotenen richtlinienkonformen Auslegung in Bezug auf Frist und Auslegungsort → 20.79 f. 274 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 12 ff.; Brocker BB 2010, 971, 974 f.; Widmann/ Mayer/Heckchen § 122g UmwG Rn. 50; Herrler/Schneider GmbHR 2011, 795, 799;

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Im Detail ergeben sich hier allerdings eine Reihe von Unstimmigkeiten und Redundanzen, die baldmöglichst korrigiert werden sollten.275 b)  Beschlussfassung Während bei nationalen Verschmelzungen und Spaltungen zumindest die Kernas- 22.91 pekte der Beschlussfassung harmonisiert sind, wird bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen das gesamte Beschlussfassungsverfahren (d.h. Einberufung, Abstimmungsverfahren, Mehrheitserfordernisse, etc.) über Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1, Abs. 2 S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1, Abs. 2 S. 1 CBMD) komplett dem jeweiligen nationalen Recht überlassen.276 Für an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligte AG kommen damit allerdings auch die jeweiligen nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 93 GesRRL (G Art. 7 FusRL, → 20.81 ff.)277 sowie (falls sie börsennotiert sind) auch der ARRL (→ 29) zur Anwendung, sodass insofern zumindest eine gewisse Harmonisierung existiert. Für an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligte deutsche Gesell- 22.92 schaften ergibt sich damit Folgendes: Für die Einberufung gelten bei AG, KGaA und SE §§ 121 ff. AktG278, bei einer GmbH §§ 49, 51 GmbHG279. Die Durchführung der Versammlung richtet sich bei AG, KGaA und SE nach §§ 118 ff., 129 ff. AktG, bei einer GmbH nach §§ 47 ff. GmbHG280. Die erforderliche Mehrheit ergibt sich bei AG aus § 133 Abs. 1 AktG i.V.m. §§ 122a Abs. 2, 65 UmwG281, bei der KGaA bedarf der Zustimmungsbeschluss zusätzlich der Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter (§§ 122a Abs. 2, 78 S. 3 UmwG)282, bei der SE bedarf es wegen Art. 59 Abs. 1 SE-VO (→ 45.166) zusätzlich zu der gem. §§ 122a Abs. 2, 65 UmwG erforderlichen Kapitalmehrheit einer Stimmenmehrheit von 2/3283, bei GmbH gelten §§ 122a Abs. 2, Habersack/Drinhausen/Kiem § 122g UmwG Rn. 6; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 64; KK-UmwG Simon/Rubner § 122g Rn. 5; Kallmeyer/Zimmermann § 122g UmwG Rn. 7, 9. 275 Ausf. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 6 ff. m.w.N. 276 Vgl. Andenas/Wooldridge S. 495; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 404; Drinhausen/ Keinath RIW 2006, 81, 84; Grundmann Rn. 921; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 196; Klein RNotZ 2007, 565, 595; Lencou/Menjucq D. 2009, 886, 889; Neye ZIP 2005, 1893, 1896; Ugliano EBLR 2007, 585, 605. 277 Vgl. Andenas/Wooldridge S. 495; Grundmann Rn. 921; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 196; Koppensteiner GesRZ 2006, 111, 123; Ugliano EBLR 2007, 585, 605. 278 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 5; Klein RNotZ 2007, 565, 595. 279 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 5. 280 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 17. 281 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 20; Brocker BB 2010, 971, 974; Schmitt/Hörtnagl/ Stratz/Hörtnagl § 122g UmwG Rn. 5; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122g UmwG Rn. 9; ders. WM 2006, 1091, 1097; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 65; Louven/Dettmeier/Pöschke Beil. zu BB 13/2006, 1, 14; Lutz BWNotZ 2010, 23, 33. 282 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 21. 283 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 22 m.w.N. zur Problematik; ebenso Habersack/ Drinhausen/Kiem § 122g UmwG Rn. 9; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122g UmwG Rn. 9, und wohl auch Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122g UmwG Rn. 5.

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50 Abs. 1 UmwG284. Gem. §§ 122a Abs. 2, 13 Abs. 3 UmwG bedarf der Zustimmungsbeschluss zudem stets der notariellen Beurkundung. c)  Zustimmungsvorbehalt (Art. 126 Abs. 2 GesRRL [ G Art. 9 Abs. 2 CBMD]) 22.93 Art. 126 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 9 Abs. 2 CBMD) ermöglicht es der Gesellschafterversammlung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften, sich das Recht vorzubehalten, ihre Zustimmung zur Verschmelzung von der Genehmigung der Mitbestimmungsmodalitäten abhängig zu machen. Hintergrund dieses Zustimmungs- bzw. Genehmigungsvorbehalts, der auf dem Vorbild in Art. 23 Abs. 2 S. 2 SE-VO (→ 45.41) beruht285, ist, dass für die Verhandlungen über das Mitbestimmungsmodell (sofern solche erforderlich sind, → 22.161 f.) nicht die Gesellschafterversammlung, sondern das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan der Gesellschaft einerseits und das besondere Verhandlungsgremium der Arbeitnehmer andererseits zuständig sind und deren Ausgang im Zeitpunkt des Verschmelzungsbeschlusses häufig noch nicht feststehen wird.286 Die Option eines Zustimmungsvorbehalts erspart den Gesellschaftern das Dilemma, entweder „die Katze im Sack kaufen“ zu müssen oder die Beschlussfassung über die Verschmelzung nicht zeitnah zur Offenlegung des Verschmelzungsplans (mit dem ein ggf. erforderliches Verhandlungsverfahren überhaupt erst offiziell in Gang gesetzt wird) vornehmen zu können.287 Das Mitentscheidungsrecht der Gesellschafter kann so also gesichert werden, ohne den Fortgang des Verschmelzungsverfahrens zu blockieren.288 Wie sich aus der weiten Formulierung („Modalitäten“) und der Ratio der Rege22.94 lung ergibt, erstreckt sich der Genehmigungsvorbehalt auf alle Arten einer zulässigen Mitbestimmungsregelung, d.h. nicht nur auf eine individuelle Vereinbarung, sondern auch auf die Fälle des Eingreifens der Auffangregelung (→ 22.161 f.).289 22.95 Die Erklärung des Vorbehalts wird im Schrifttum teilweise als Teil des Verschmelzungsbeschlusses selbst angesehen, sodass konsequenterweise auch dieselben Mehrheitserfordernisse gelten müssten.290 Dagegen sprechen allerdings die separate 284 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 23; Brocker BB 2010, 971, 974; Herrler/Schneider GmbHR 2011, 795, 800; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 65; Kallmeyer/Zimmermann § 122g UmwG Rn. 10. 285 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 2; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 404; Neye ZIP 2005, 1893, 1896. 286 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 2. 287 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 2; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 196; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122g UmwG Rn. 3; Klein RNotZ 2007, 565, 597. 288 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 27; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 404; Drinhausen/Keinath RIW 2006, 81, 84; Neye ZIP 2005, 1893, 1896; Neye/Timm DB 2006, 488, 489; Ratka GeS 2006, 52, 55. 289 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG § 122g Rn. 28; Oechsler NZG 2006, 161, 163. 290 Vgl. zu § 122g UmwG: Heckschen DNotZ 2007, 444, 463; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122g UmwG Rn. 10; Klein RNotZ 2007, 565, 597; Limmer ZNotP 2007, 282, 285; H.-F. Müller ZIP 2007, 1081, 1085; Simon/Rubner Konzern 2006, 835, 839; für Österreich: Frotz/Kaufmann/Wenger § 9 EU-VerschG Rn. 10c f.

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Regelung in Art. 126 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 9 Abs. 2 CBMD) und der Umstand, dass dem Vorbehalt selbst kein Grundlagencharakter zukommt; zudem streitet auch der mit dem Vorbehalt intendierte Gesellschafterschutz eher für das Genügen einer einfachen Mehrheit.291 Die Erklärung der Genehmigung muss nach dem eindeutigen Wortlaut des 22.96 Art. 126 Abs. 2 GesRRL (G Art. 9 Abs. 2 CBMD) durch ausdrücklichen Beschluss der Gesellschafterversammlung erfolgen, ein konkludentes Handeln oder gar bloße Untätigkeit genügt nicht. Ebenso wie für die Erklärung des Vorbehalts (→  22.95) genügt hierfür jedoch richtigerweise eine einfache Mehrheit, da der Vorbehalt – wie sich im Umkehrschluss aus Art. 122 S. 2 lit. j GesRRL (G  Art. 5 S. 2 lit. j CBMD, → 22.46) ergibt − gerade nicht Teil des Verschmelzungsplans292 ist.293 Eine Delegation der Genehmigung (z.B. auf das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan) ist dagegen nicht zulässig294, denn diese wäre − entgegen einer verbreiteten Ansicht im Schrifttum295 − keineswegs lediglich ein zulässiges Minus, sondern vielmehr ein in der RL gerade nicht vorgesehenes aliud296, zumal eine solche Delegation auch in diametralem Gegensatz zur Ratio des Genehmigungsvorbehalts (durch den die Entscheidung gerade von der Verwaltung wegverlagert werden soll, um so die Eigentümerrechte der Gesellschafter zu sichern, → 22.93) stünde297. Solange das Mitbestimmungsmodell nicht genehmigt wurde, besteht ein Eintragungshindernis, das von der jeweiligen Kontrollstelle von Amts wegen geprüft wird298 (→ 22.100 ff.). Im deutschen Recht wurde der Zustimmungsvorbehalt im Einklang mit Art. 126 22.97 Abs. 2 GesRRL (G Art. 9 Abs. 2 CBMD) in § 122g Abs. 1 UmwG geregelt.299

291 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 30; Semler/Stengel/Drinhausen § 122g UmwG Rn. 10; Stiegler GmbHR 2016, 406, 412. 292 I.d.S. aber (und deshalb für die Geltung desselben Mehrheitserfordernisses): Frenzel RIW 2008, 12, 19 f.; Widmann/Mayer/Heckschen § 122g UmwG Rn. 137; ders. DNotZ 2007, 444, 463; vgl. ferner für § 122g UmwG auch Habersack/Drinhausen/Kiem § 122g UmwG Rn. 11; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122g UmwG Rn. 8; KK-UmwG/Simon/ Rubner § 122g Rn. 19; Stiegler GmbHR 2016, 406, 412; Kallmeyer/Zimmermann § 122g UmwG Rn. 20; für § 9 Abs. 1 EU-VerschG: Kalss/Eckert § 9 EU-VerschG Rn. 18. 293 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 33; Semler/Stengel/Drinhausen § 122g UmwG Rn. 11. 294 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 34; Frenzel RIW 2008, 12, 20; Widmann/Mayer/ Heckschen § 122g UmwG Rn. 132; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122g UmwG Rn. 11; H.-F. Müller ZIP 2007, 1081, 1085; Kallmeyer/Zimmermann § 122g UmwG Rn. 19. 295 Vgl. Limmer ZNotP 2007, 282, 285; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122g Rn. 18. 296 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 34. 297 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 34; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122g UmwG Rn. 11; H.-F. Müller ZIP 2007, 1081, 1085. 298 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 31. 299 Dazu ausf. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 2, 27 ff.

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d)  Entbehrlichkeit in Sonderfällen 22.98 Im Falle eines upstream-mergers einer 100%igen Tochter bedarf es gem. Art. 132 Abs. 1 Sps. 1 GesRRL (G  Art. 15 Abs. 1 Sps. 2 CBMD) keines Verschmelzungsbeschlusses der übertragenden Gesellschaft(en), → 22.133. Zudem gestattet Art. 126 Abs. 3 GesRRL (G  Art. 9 Abs. 3 CBMD), der auf 22.99 Wunsch einiger Mitgliedstaaten erst im Rat ergänzt wurde300, den Mitgliedstaaten auf das Erfordernis des Verschmelzungsbeschlusses der übernehmenden Gesellschaft zu verzichten, wenn die Bedingungen des Art. 94 GesRRL (G Art. 8 FusRL, → 20.86) erfüllt sind; dazu auch noch → 22.135. 5.  Rechtmäßigkeitskontrolle, Wirksamwerden und Offenlegung a)  Rechtsmäßigkeitskontrolle (Art. 127, 128 GesRRL [ G Art. 10, 11 CBMD]) aa)  Die zweistufige Rechtmäßigkeitskontrolle im Überblick 22.100 Als letztes Kernelement des „europäischen Modells für Strukturmaßnahmen“ (→ 22.3, 22.32) sieht schließlich auch die CBMD eine umfassende Rechtmäßigkeitskon­ trolle vor. Anders als bei nationalen Verschmelzungen (→ 20.88 ff.) und Spaltungen (→ 21.64) – aber ebenso wie bei der Gründung einer SE (→ 45.42) oder SCE (→ 46.26) durch Verschmelzung – erfolgt diese gem. Art. 127 und 128 GesRRL (G Art. 10 und 11 CBMD) in zwei Stufen:301 Auf der 1. Stufe (→ 22.102 f.) wird zunächst im Mitgliedstaat jeder an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaft die Einhaltung der diese betreffenden Verfahrensschritte kontrolliert (Art. 127 Abs. 1 GesRRL [G Art. 10 Abs. 1 CBMD]), d.h. derjenigen Erfordernisse, die ausschließlich die Sphäre der jeweiligen Gesellschaft betreffen. Fällt diese Kontrolle positiv aus, so ist unverzüglich eine entsprechende Bescheinigung auszustellen (Art. 127 Abs. 2 GesRRL [G Art. 10 Abs. 2 CBMD], →  22.104). Auf der 2. Stufe (→  22.105 ff.) erfolgt dann im Mitgliedstaat der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft eine Kontrolle im Hinblick auf die eigentliche Durchführung der Verschmelzung sowie ggf. der Gründung der neuen Gesellschaft (Art. 128 Abs. 1 GesRRL [G Art. 11 Abs. 1 CBMD]). Zu diesem Zweck muss jede der sich verschmelzenden Gesellschaften binnen 6 Monaten bei der Kontrollstelle im „Zielland“ den von ihr genehmigten Verschmelzungsplan sowie „ihre“ Bescheinigung, die für die Kontrollstelle im Zielland Bindungswirkung hat (→ 22.110), vorlegen. Erst wenn diese Kontrolle abgeschlossen 300 Vgl. Dok. 13133/04, S. 13; Neye ZIP 2005, 1893, 1896. 301 Vgl. Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 1; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 404; Kalss/ Eckert § 14 EU-VerschG Rn. 32, § 15 EU-VerschG Rn. 25; Kallmeyer/Kappes AG 2006, 224, 233; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 198; Koppensteiner GesRZ 2006, 111, 124; Louven/Dettmeier/Pöschke Beil. zu BB 13/2006, 1, 14 f.; H.-F. Müller ZIP 2007, 1081, 1087; Neye ZIP 2005, 1893, 1896 f.; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 254; Ugliano EBLR 2007, 585, 606.

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ist, kann die Verschmelzung gem. Art. 129 GesRRL (G Art. 12 CBMD) wirksam werden (→ 22.114). Vorteil dieses arbeitsteiligen Modells ist die Parallelität von materiellem Recht 22.101 und Verfahrensrecht302, die dem grenzüberschreitenden Charakter der Verschmelzung und der hieraus resultierenden Verzahnung der verschiedenen Rechtsordnungen Rechnung trägt303. Durch die Einschaltung von Kontrollstellen auf der Ebene der einzelnen beteiligten Gesellschaften wird gewährleistet, dass die Prüfung der Einhaltung des jeweiligen nationalen Rechts mit größerer Sachkunde erfolgt304 und sich die einzelnen nationalen Kontrollstellen nicht mit den Details fremder Rechtsordnungen auseinandersetzen müssen305. Von Seiten der Praxis wird allerdings leider zuweilen beklagt, dass sich manche nationale Kontrollstellen nicht an das dem Zwei-StufenModell immanente Prinzip der Arbeitsteilung halten306; ferner gibt es wohl auch mit der Koordination und Dokumentation zuweilen Probleme307. bb)  1. Stufe (Art. 127 Abs. 1 GesRRL [G Art. 10 Abs. 1 CBMD]) Gem. Art. 127 Abs. 1 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 CBMD) erfolgt zunächst für jede 22.102 der sich verschmelzenden Gesellschaften eine Rechtmäßigkeitskontrolle in demjenigen Mitgliedstaat, dessen Recht sie unterliegt. Die zuständige Kontrollstelle ist vom jeweiligen Mitgliedstaat zu bestimmen, wobei diesem insoweit mit Blick auf die unterschiedlichen Rechtstraditionen freigestellt ist, ob die Kontrolle durch ein Gericht, einen Notar oder eine sonstige Behörde erfolgt.308 Schon mit Blick auf den effet utile muss der jeweilige Mitgliedstaat darüber hinaus natürlich auch den entsprechenden verfahrensrechtlichen Rahmen schaffen. Auf dieser 1. Stufe werden ausschließlich diejenigen Verfahrensabschnitte kon- 22.103 trolliert, welche die jeweilige Gesellschaft betreffen. Die Prüfung erfolgt dabei sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht.309 Zum Prüfungsprogramm gehören insbesondere: Die Verschmelzungsfähigkeit gem. Art. 119 Nr. 1, 120, 121 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 2 Nr. 1, Art. 3, 4 Abs. 1 lit. a CBMD, → 22.14 ff., 22.30), der Verschmelzungsplan gem. Art. 122 GesRRL (G  Art. 5 CBMD, →  22.35 ff.)310, die 302 Vgl. Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 2; Kalss/Eckert § 14 EU-VerschG Rn. 32, § 15 EUVerschG Rn. 25; Grundmann Rn. 935 f.; Widmann/Mayer/Vossius § 122k UmwG Rn. 3. S. ferner zur Parallelregelung bei der SE → 45.42. 303 Vgl. Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 2; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 404. 304 Vgl. Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 2; Heckschen DNotZ 2007, 444, 464. S. ferner zur Parallelregelung bei der SE → 45.42. 305 Vgl. Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 2; Brocker BB 2010, 971, 975; Kalss/Eckert § 14 EUVerschG 32; Heckschen DNotZ 2007, 444, 464; Oechsler NZG 2006, 161, 163; Widmann/ Mayer/Vossius § 122k UmwG Rn. 4. S. ferner zur Parallelregelung bei der SE → 45.42. 306 Vgl. dazu J. Schmidt (Fn. 24), S. 25. S. auch noch das Beispiel in Fn. 334 a.E. 307 Illustrativ dazu Buxbaum GesRZ 2012, 111 ff. 308 Vgl. die von der Kommission veröffentlichte (allerdings nur 16 Mitgliedstaaten erfassende) Liste (Fn. 45). 309 Vgl. Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 18. 310 Zu Unrecht abw. insofern Kallmeyer AG 2007, 472, 474.

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Ordnungsmäßigkeit der Bekanntmachung gem. Art. 123 GesRRL (G Art. 6 CBMD, →  22.54 ff.), der Verschmelzungsbericht gem. Art. 124 GesRRL (G  Art. 7 CBMD, → 22.61 ff.), die Verschmelzungsprüfung gem. Art. 125 GesRRL (G Art. 8 CBMD, → 22.76 ff.), der Verschmelzungsbeschluss gem. Art. 126 Abs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 CBMD, → 22.88, 22.91 ff.) und ggf. die Genehmigung des Mitbestimmungsmodells gem. Art. 126 Abs. 2 GesRRL (G Art. 9 Abs. 2 CBMD, → 22.93 ff.) sowie die Beachtung der relevanten Schutzvorschriften zugunsten von Gläubigern und Minderheitsgesellschaftern gem. Art. 121 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 4 Abs. 2 CBMD, → 22.141 ff., 22.151) (jeweils i.V.m. den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften).311 Nicht zu prüfen ist dagegen die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit der Verschmelzung312, die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses313 oder ein ggf. nach nationalem Recht erforderliches Abfindungsangebot an die Minderheitsgesellschafter (→ 22.141 ff.)314. cc)  Verschmelzungsbescheinigung (Art. 127 Abs. 2 GesRRL [ G Art. 10 Abs. 2 CBMD]) 22.104 Fällt die Kontrolle auf der 1. Stufe positiv aus, so hat die zuständige nationale Kontrollstelle gem. Art. 127 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 CBMD) unverzüglich eine Bescheinigung auszustellen, aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass die der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten ordnungsgemäß vollzogen wurden (sog. Verschmelzungsbescheinigung). Umstritten ist, welche formalen Anforderungen an eine derartige Bescheinigung zu stellen sind. Die englische315 und französische316 Sprachfassung sprechen eher für einen ausführlicheren Text317 und auch die der Bescheinigung zukommende Bindungswirkung (→ 22.110) streitet eher für die Notwendigkeit von Tatbestand und Gründen318. Unabdingbar ist aber jedenfalls ein offizielles Dokument, in dem die beteiligten Gesellschaften spezifiziert werden und aus dem eindeutig und klar hervorgeht, dass die jeweilige Gesellschaft sämtliche nach den jeweiligen nationalen Umsetzungsvorschriften erforderlichen Rechtshandlungen und Formalitäten ordnungsgemäß vollzogen hat. Die Praxis in den Mitgliedstaaten diver311 Vgl. Lutter/Bayer § 122k UmwG 18; Widmann/Mayer/Vossius § 122k UmwG Rn. 44 f. i.V.m. 13 ff. 312 Vgl. Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 19; Widmann/Mayer/Vossius § 122k UmwG Rn. 49. 313 Vgl. Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 19; Widmann/Mayer/Vossius § 122k UmwG Rn. 49. 314 Vgl. Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 19; Widmann/Mayer/Vossius § 122k UmwG Rn. 49. 315 „...un certificat attestant de façon incontestable l’accomplissement correct des actes et des formalités préalables à la fusion“. 316 „...a certificate conclusively attesting to the proper completion of the pre-merger acts and formalities.“ 317 Vgl. Widmann/Mayer/Vossius § 122k UmwG Rn. 54 f.; zu Art. 25 Abs. 2 SE-VO: Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 25 SE-VO Rn. 15 m.w.N. 318 Vgl. Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 21; Bayer/J. Schmidt NZG 2006, 841, 843; Vossius (Fn. 302), § 122k Rn. 55.

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giert indes: So hat die Verschmelzungsbescheinigung z.B. in Irland319 und dem UK320 die Form eines förmlichen Gerichtsbeschlusses (court order), während in Deutschland § 122k Abs. 2 S. 2 UmwG (dessen Richtlinienkonformität allerdings zu bezweifeln ist) bestimmt, dass die Nachricht über die Eintragung der Verschmelzung im Register als Verschmelzungsbescheinigung gilt (→  22.113).321 Die gesamte Problematik ließe sich freilich durch Einführung eines EU-weit einheitlichen Standardformulars für die Bescheinigung relativ einfach lösen (→ allg. zur Einführung von Standardformularen de lege ferenda → 22.39).322 Zur Bindungswirkung der Verschmelzungsbescheinigung → 22.110. dd)  2. Stufe (Art. 128 Abs. 1 GesRRL [ G Art. 11 Abs. 1 CBMD]) (1)  Prüfungsverfahren Nach Abschluss aller Kontrollverfahren 1. Stufe für die sich verschmelzenden Ge- 22.105 sellschaften durch Ausstellung der jeweiligen Verschmelzungsbescheinigungen erfolgt gem. Art. 128 Abs. 1 GesRRL (G Art. 11 Abs. 1 CBMD) die 2. Stufe der Rechtmäßigkeitskontrolle im Mitgliedstaat, dessen Recht die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt bzw. unterliegen soll. Die hierfür zuständige Kontrollstelle, bei der es sich ebenfalls um ein Gericht, einen Notar oder eine sonstige Behörde handeln kann, ist wiederum vom jeweiligen Mitgliedstaat zu bestimmen323, der natürlich außerdem auch insoweit den entsprechenden verfahrensrechtlichen Rahmen für ein effektives Kontrollverfahren schaffen muss (→ 22.102). Zum Zwecke dieser Kontrolle hat jede der sich verschmelzenden Gesellschaften 22.106 den von ihrer Gesellschafterversammlung genehmigten gemeinsamen Verschmelzungsplan sowie „ihre“ Verschmelzungsbescheinigung vorzulegen (Art. 128 Abs. 2 GesRRL [G Art. 11 Abs. 2 CBMD]). Letztere darf im Zeitpunkt der Einreichung nicht älter als 6 Monate sein (Fristbeginn: Erteilung für die jeweilige Gesellschaft).324 Ratio dieser beschränkten Geltungsdauer („Verfallsdatum“) ist es, zu gewährleisten, dass das durch die Bescheinigung bindend dokumentierte Prüfungsergebnis (→ 22.110) hinrei-

319  Vgl. r. 13 European Communities (Cross-Border Mergers) Regulations 2008 (SI 157/2008); Rules of the Superior Courts, Appendix No. 11. 320 Vgl. r. 6 The Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007 (SI 2007/2974); Civil Procedure Rules, Part 49, Practice Direction 49A, r. 23 321 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 25. 322 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 25. 323 Vgl. die von der Kommission veröffentlichte (allerdings nur 16 Mitgliedstaaten erfassende) Liste (Fn. 45). 324 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 7; Frotz/Kaufmann/Kaufmann § 15 EU-VerschG Rn. 13; Heckschen DNotZ 2007, 444, 464; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 198; Widmann/Mayer/Vossius § 122k Rn. 65. Für eine Zulässigkeit der Akzeptanz älterer Bescheinigungen aber offensichtlich Semler/Stengel/Drinhausen § 122k UmwG Rn. 21; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122k UmwG Rn. 15; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122k UmwG Rn. 21; Kallmeyer/Zimmermann § 122k UmwG Rn. 18.

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chend aktuell ist.325 Wie sich mittelbar aus dem in Art. 128 Abs. 1 GesRRL (G Art. 11 Abs. 1 CBMD) vorgegebenen Prüfprogramm (→ 22.107 ff.) ergibt, ist zudem auch eine etwaige Mitbestimmungsvereinbarung gem. Art. 133 GesRRL (G Art. 16 CBMD, → 22.161 f.) einzureichen. Darüber hinaus kann das jeweilige nationale Recht weitere Vorlage- bzw. Einreichungspflichten vorsehen, um die Wahrung der nach dem jeweiligen nationalen Recht einzuhaltenden weiteren Voraussetzungen (z.B. hinsichtlich der Gründung der neuen Gesellschaft bei der Verschmelzung durch Neugründung oder hinsichtlich des Schutzes der Gläubiger und ggf. der Minderheitsgesellschafter) überprüfen zu können; diese dürfen aber freilich nicht prohibitiv wirken. (2)  Prüfungsgegenstände 22.107 Gegenstand dieser 2. Stufe der Prüfung sind (nur) diejenigen Verfahrensabschnitte, welche die Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung betreffen. Handelt es sich um eine Verschmelzung durch Neugründung, so ist zudem zu prüfen, ob die für die Gründung eines Rechtsträgers der jeweiligen Rechtsform geltenden Gründungsvoraussetzungen erfüllt sind.326 Gem. Art. 128 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 GesRRL (G Art. 11 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 CBMD) ist 22.108 insbesondere auch zu prüfen, ob die sich verschmelzenden Gesellschaften einem gemeinsamen gleichlautenden Verschmelzungsplan zugestimmt haben. Nach Wortlaut und Normzweck erfolgt hier allerdings nur noch eine formale Kontrolle, nicht mehr dagegen eine inhaltliche Rechtmäßigkeitskontrolle, denn der Verschmelzungsplan wurde ja für jede sich verschmelzende Gesellschaft bereits i.R.d. Kontrollverfahrens der 1. Stufe auf seine materielle Rechtmäßigkeit hin überprüft (vgl. zur Bindungswirkung der Verschmelzungsbescheinigung → 22.110).327 Nach – dem leider etwas missverständlich formulierten − Art. 128 Abs. 1 S. 2 22.109 Hs. 2 GesRRL (G Art. 11 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 CBMD) ist ferner insbesondere auch zu prüfen, ob ein ggf. erforderliches Verfahren der Arbeitnehmerbeteiligung in einer in Art. 133 GesRRL (G Art. 16 CBMD) vorgesehenen Weise (→ 22.161 ff.) ordnungsgemäß abgeschlossen wurde.328 Darüber hinaus ist auch zu kontrollieren, ob die Satzung im Einklang mit einer etwaigen Mitbestimmungsregelung steht (arg. ex Art. 133 Abs. 3 GesRRL [Art. 16 Abs. 3 CBMD] i.V.m. Art. 12 Abs. 4 SE-VO, → 22.162 f.); ansonsten ist erstere ggf. anzupassen.329 Nicht Prüfungsgegenstand sind dagegen diejenigen Verfahrensabschnitte, die 22.110 ausschließlich die einzelnen sich verschmelzenden Gesellschaften betreffen. Das sich 325 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 7; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 198. 326 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 17. 327 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 14; Oechsler NZG 2006, 161, 163; Kallmeyer/Zimmermann § 122l UmwG Rn. 21; s. ferner auch KK-UmwG/Simon/Rubner § 122l Rn. 13; zu Unrecht abw. insofern Kallmeyer AG 2007, 472, 474 f. 328 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 15; s. ferner auch Habersack/Drinhausen/Kiem § 122l UmwG Rn. 11; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122l Rn. 15 f.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 198. 329 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 15.

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noch in der Sphäre der einzelnen sich verschmelzenden Gesellschaften vollziehende Verschmelzungsverfahren wird ausschließlich auf der 1. Stufe der Rechtsmäßigkeitskontrolle durch die hierfür zuständige nationale Kontrollstelle kontrolliert; das Ergebnis wird in der Verschmelzungsbescheinigung, die gem. Art. 128 Abs. 2 GesRRL (G Art. 11 Abs. 2 CBMD) bei der Kontrollstelle der 2. Stufe einzureichen ist (→ 22.106) dokumentiert. Die für die Prüfung der 2. Stufe zuständige nationale Kontrollstelle ist nicht autorisiert (oder gar verpflichtet), diese Verfahrensschritte einer nochmaligen Kontrolle zu unterziehen.330 Eine erneute Prüfung wäre nicht nur überflüssig331 und ein Widerspruch zu dem der RL zugrunde liegenden Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens332, sondern überdies auch kaum praktikabel, da dann die Beachtung ausländischen Verschmelzungsrechts (bzw. ggf. sogar mehrerer ausländischer Verschmelzungsrechte) kontrolliert werden müsste333. Vielmehr kommt der Verschmelzungsbescheinigung (→ 22.104) in Bezug auf die bereits auf der 1. Stufe zu kontrollierenden Verfahrensabschnitte, die noch die jeweilige Sphäre der einzelnen sich verschmelzenden Gesellschaften betreffen, umfassende Bindungswirkung zu.334 ee)  Umsetzung in Deutschland Der deutsche Gesetzgeber hat die Rechtmäßigkeitsprüfung für deutsche übertragende 22.111 Gesellschaften in § 122k UmwG, für deutsche übernehmende bzw. neue Gesellschaften in § 122l UmwG geregelt. Kontrollstelle ist im Einklang mit dem allgemeinen System des UmwG das Registergericht am (Satzungs-)Sitz der jeweiligen Gesellschaft. Das Modell der §§ 122k, 122l UmwG weicht allerdings insofern von Art. 127 f. 22.112 GesRRL (G Art. 10 f. CBMD) ab, als bei einer deutschen übernehmenden Gesellschaft nur eine einstufige Rechtmäßigkeitsprüfung (nach § 122l UmwG) erfolgt. Allerdings ist zu bedenken, dass ein Insistieren auf einer Verschmelzungsbescheinigung und einer Aufspaltung in zwei separate Verfahren auch bei der übernehmenden Gesellschaft letztlich nur sinnlose Förmelei wäre; zumindest dann, wenn – wie nach der deutschen Umsetzung − für beide Kontrollstufen dieselbe Kontrollstelle zuständig ist, welche die Verschmelzungsbescheinigung dann letztlich nur für sich selbst ausstellen würde.335 Derartiges kann aber auch vom Richtliniengeber kaum so gewollt gewesen 330 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 19; Heckschen DNotZ 2007, 444, 464; Klein RNotZ 2007, 565, 607; Widmann/Mayer/Vossius § 122l UmwG Rn. 30. 331 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 19. 332 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 19. 333 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 19; Heckschen DNotZ 2007, 444, 464. 334 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 19; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 404; dies. NZG 2006, 841, 843; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 198; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122l UmwG Rn. 8; Klein RNotZ 2007, 565, 607; Krauel/Mense/Wind Konzern 2010, 541, 542; Widmann/Mayer/Vossius § 122l UmwG Rn. 30. Zu Unrecht einschränkend jedoch Re Diamond Resorts (Europe) Ltd [2012] EWHC 3576 (Ch), para. 9 per Sales J. (Bedeutung der Verschmelzungsbescheinigung hänge von der Art der ausstellenden ausländischen Kontrollstelle und dem Umfang der von dieser durchgeführten Kontrolle ab). 335 Vgl. Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 6; Brocker BB 2010, 971, 976; Klein RNotZ 2007, 565, 607; H.-F. Müller ZIP 2007, 1081, 1088.

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sein, denn Grundgedanke der arbeitsteiligen Aufteilung der Rechtmäßigkeitskon­ trolle auf zwei Stufen ist es schließlich, dass die nationalen Kontrollstellen sich nicht mit den Details anderer Rechtsordnungen auseinandersetzen müssen sollen, sondern nur mit dem – ihnen vertrauten – eigenen nationalen Recht, wodurch das Verfahren insgesamt erleichtert werden soll (→ 22.101). Ist aber – wie im Falle einer deutschen übernehmenden Gesellschaft − auf beiden Stufen dasselbe nationale Recht anwendbar und dieselbe nationale Kontrollstelle zuständig, so verliert die formale Aufspaltung jeglichen Sinn.336 Die Konzeption der §§ 122k, 122l UmwG widerspricht also zwar dem Wortlaut, nicht aber dem Geist der Art. 127 f. GesRRL (G Art. 10 f. CBMD) und dürfte daher richtlinienkonform sein.337 22.113 Problematisch ist indes, ob § 122k Abs. 2 S. 2 UmwG, wonach die Nachricht über die Eintragung der Verschmelzung im Register als Verschmelzungsbescheinigung gilt, den Vorgaben des Art. 127 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 CBMD, → 22.104) genügt.338 b)  Wirksamwerden (Art. 129 GesRRL [ G Art. 12 CBMD]) 22.114 Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung beschränkt sich die CBMD auf eine kollisionsrechtliche Regelung: Maßgeblich ist gem. Art. 129 S. 1 GesRRL (G  Art. 12 S. 1 CBMD) das Recht des Mitgliedstaats, dem die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt.339 Damit stellt die RL zwar einerseits sicher, dass es in diesem Punkt nicht zu Konflikten zwischen den insoweit stark divergierenden nationalen Rechtsordnungen kommt340, verzichtet aber andererseits – im Einklang mit dem Rechtsrahmen für nationale Verschmelzungen und Spaltungen (→ 20.92, 21.66) − be336 Vgl. Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 6; Brocker BB 2010, 971, 976; Klein RNotZ 2007, 565, 607; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 67. 337 Vgl. Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 6; ebenso i.E. Brocker BB 2010, 971, 976; Drinhausen (Fn. 46), § 122k Rn. 1; Freundorfer/Festner GmbHR 2010, 195, 199; Habersack/ Drinhausen/Kiem § 122k UmwG Rn. 3, § 122l UmwG Rn. 2; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 198; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 67; H.-F. Müller ZIP 2007, 1081, 1088; a.A. Haritz/von Wolff GmbHR 2006, 340, 343; zweifelnd auch Louven ZIP 2006, 2021, 2027 f. 338 Zweifelnd: Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 21; Bayer/J. Schmidt NZG 2006, 841, 843; Brocker BB 2010, 971, 975; Freundorfer/Festner GmbHR 2010, 195, 199; Schmitt/ Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122k UmwG Rn. 16; Klein RNotZ 2007, 565, 604 f.; Limmer ZNotP 2007, 282, 287; J. Schmidt (Fn. 24), S. 25; Stiegler GmbHR 2016, 406, 413; Widmann/Mayer/Vossius § 122k UmwG Rn. 54 ff.; Weyde/Hafemann FS Meilicke, 2010, S. 779, 820. Anschaulich zu den aus § 122k Abs. 2 S. 2 UmwG resultierenden praktischen Problemen: Brocker BB 2010, 971, 975 f.; s. ferner auch Weyde/Hafemann FS Meilicke, 2010, S. 779, 820. Für Richtlinienkonformität jedoch: Habersack/Drinhausen/ Kiem § 122k UmwG Rn. 14; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 68; KK-UmwG/Simon/ Rubner § 122k Rn. 22. 339 Vgl. auch Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 23; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 404; Grundmann Rn. 936. 340 Vgl. auch Koppensteiner GesRZ 2006, 111, 124.

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wusst auf eine materielle Harmonisierung. Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen, stellt Art. 129 S. 2 GesRRL (G Art. 12 S. 2 CBMD) zudem ausdrücklich klar, dass die Wirksamkeit in jedem Fall erst nach (positivem) Abschluss der zweistufigen Rechtmäßigkeitskontrolle eintreten darf. Unterliegt die übernehmende bzw. neue Gesellschaft dem deutschen Recht, so 22.115 wird die Verschmelzung gem. §§ 122a Abs. 2, 20 Abs. 1 UmwG mit der Eintragung in dem für sie zuständigen Register wirksam.341 c)  Eintragung und Offenlegung (Art. 130 GesRRL [ G Art. 13 CBMD]) Um den Rechtsverkehr über die Verschmelzung zu unterrichten, gebietet Art. 130 22.116 UAbs. 1 GesRRL (G  Art. 13 UAbs. 1 CBMD) − in Parallele zu Art. 104 GesRRL (G Art. 18 FusRL, → 20.94) − die Offenlegung der Verschmelzung für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften gem. Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.). Die Einzelheiten bestimmen sich nach dem nationalen Recht des Mitgliedstaats, dem die jeweilige Gesellschaft unterliegt. Art. 130 UAbs. 2 GesRRL (G  Art. 13 UAbs. 2 CBMD), der auf eine Initiative 22.117 der deutschen Delegation zurückgeht342 und offensichtlich auf dem Vorbild der §§ 19 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 UmwG beruht343, normiert im Interesse der Verfahrenskoordination344 eine Meldepflicht des Registers, in dem die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft eingetragen wird, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung (mit der dortigen Eintragung, vgl. Art. 129 GesRRL [G  Art. 12 CBMD], →  22.114) wirksam geworden ist. Die Meldung hat gem. S. 1 unverzüglich nach der Eintragung und gegenüber allen Registern, bei denen die beteiligten Gesellschaften ihre Unterlagen zu hinterlegen hatten, zu erfolgen. Soweit aufgrund der Verschmelzung eine Löschung der Eintragung einer Gesellschaft erforderlich ist, darf diese gem. S. 2 nicht vor Eingang dieser Meldung erfolgen. Durch die BRIS-RL (→ 22.8) wurde ergänzt, dass die Mitteilung seit dessen Inbetriebnahme nur noch über das BRIS (→ 18.17) erfolgen soll.345 Eine darüber hinausgehende Verpflichtung auch zur Übermittlung von Unterlagen zwischen den beteiligten Registern (wie in § 19 Abs. 2 S. 2 UmwG) sieht die RL − angesichts der bei Verabschiedung der CBMD noch nicht erfolgten Koordinierung und Vernetzung der nationalen Register – jedoch nicht vor. Den Mitgliedstaaten steht es aber selbstverständlich frei, im nationalen Recht im Interesse einer noch weiteren Verbesserung der Verfahrenskoordinierung eine solche Verpflichtung ihres jeweiligen nationalen Registers (nicht aber natürlich 341 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 24; Klein RNotZ 2007, 565, 607; Limmer ZNotP 2007, 282, 287. 342 Der Antrag wurde zudem auch von Finnland und Spanien unterstützt, vgl. Dok. 7068/04, S. 13; s. ferner Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 404; Neye ZIP 2005, 1893, 1897. 343 Vgl. Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 404. 344 Vgl. Bayer (Fn. 21), § 122k Rn. 22; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 404; Neye/Timm DB 2006, 488, 490. In der Praxis resultieren jedoch gerade aus der Meldepflicht offenbar jedenfalls derzeit noch Probleme, vgl. Brocker BB 2010, 971, 976. 345 Vgl. dazu J. Schmidt (Fn. 24), S. 24.

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der Register der anderen Mitgliedstaaten) zur Übermittlung der Gesellschaftsunterlagen vorzusehen und/oder neben der Mitteilung über das BRIS auch künftig eine direkte Mitteilung an die betreffenden Register zu verlangen. Im deutschen Recht wurden die Vorgaben des Art. 130 GesRRL (G  Art. 13 22.118 CBMD) wie folgt umgesetzt: Unterliegt die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft dem deutschen Recht, so hat das Registergericht die Verschmelzung bzw. die neue Gesellschaft in das Handelsregister einzutragen (vgl. § 122l Abs. 2 UmwG);346 die Bekanntmachung erfolgt gem. §§ 122a Abs. 2, 19 Abs. 3 UmwG347. Die Meldepflicht gegenüber den Registern der anderen beteiligten Gesellschaften ist in § 122l Abs. 3 UmwG geregelt (wobei hier im Wege der richtlinienkonformen Auslegung ein „unverzüglich“ hineinzulesen ist348). Der durch das BRIS-UG (→ 22.12) eingefügte § 9b Abs. 2 S. 3 Nr. 4 HGB verlangt zudem349 eine Übermittlung der Information über das Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung an das BRIS. Bei deutschen übertragenden Gesellschaften hat deren Registergericht nach Eingang der Mitteilung des Registers der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft (Art. 130 UAbs. 2 GesRRL [G Art. 13 UAbs. 2 CBMD], → 22.117) den Tag des Wirksamwerdens zu vermerken (§ 122k Abs. 4 UmwG) und bekannt zu machen (§§ 122a Abs. 2, 19 Abs. 3 UmwG).350 Zudem verpflichtet § 122k Abs. 4 UmwG das Registergericht – über die Vorgaben der RL hinaus351 − auch zur Übermittlung der bei ihm aufbewahrten elektronischen Dokumente an das Register der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft.352

V.  Rechtsfolgen der Verschmelzung (Art. 131 GesRRL [ G Art. 14 CBMD]) 22.119 Die Rechtsfolgen der grenzüberschreitenden Verschmelzung sind in Art. 131 GesRRL (G Art. 14 CBMD) – der weitgehend353 mit den Parallelregelungen in Art. 105 346 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 21. 347 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 21. 348 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 22; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 201; s. auch schon Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 404. 349 Nach dem sich insoweit klar aus den Materialien ergebenden Willen des Gesetzgebers die neue Mitteilungspflicht gem. § 9b Abs. 2 S. 3 Nr. 4 HGB nicht an die Stelle der Mitteilungspflicht soll gem. § 122l Abs. 3 UmwG treten, sondern diese ergänzen (vgl. BegrRegE z. BRIS-UG, BT-Drs. 18/2137, S. 12 f.). Dies ist jedoch richtlinienkonform, → 22.118. 350 Vgl. dazu näher Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 28. Zur Beweiswirkung LG Bonn RNotZ 2015, 368. 351 Vgl. zur Zulässigkeit derartiger Regelungen bereits o. Rn. 117. 352 Dazu näher Lutter/Bayer § 122k Rn. 29. 353 Da Titel II Kapitel II GesRRL (G  CBMD) die Verschmelzung durch Aufnahme und durch Neugründung ebenso wie die SE-VO einheitlich (und nicht wie Titel II Kapitel I GesRRL [G FusRL] qua Verweisung) regelt (→ 22.23), regelt Art. 131 GesRRL (G Art. 14 CBMD) (ebenso wie Art. 29 SE-VO) auch die Rechtsfolgen für beide Arten der Verschmelzung (Abs. 1 speziell für die Verschmelzung durch Aufnahme, Abs. 2 speziell für die Verschmelzung durch Neugründung). Im Unterschied zu Art. 105 GesRRL (G Art. 19 FusRL) und Art. 29 SE-VO, die nur die Verschmelzung von AG regeln (→ 20.11, 45.30),

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GesRRL (G Art. 19 FusRL, → 20.96 ff.) und Art. 29 SE-VO (→ 45.44) korrespondiert − geregelt. Auch die grenzüberschreitende Verschmelzung hat danach folgende drei wesensmäßige und ipso iure eintretenden Rechtswirkungen: (1) Universalsukzession (→ 22.120 f.), (2) „Anteilstausch“ (→ 22.123 ff.), und (3) Erlöschen der übertragenden Gesellschaft(en) (→ 22.126). 1.  Universalsukzession (Art. 131 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 lit. a GesRRL [ G Art. 14 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 lit. a CBMD]) Das gesamte Aktiv- und Passivvermögen der übertragenden Gesellschaft(en) geht − 22.120 automatisch und ohne dass es hierzu besonderer Förmlichkeiten bedarf – auf die übernehmende bzw. neue Gesellschaft über (Art. 131 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 lit. a GesRRL [G Art. 14 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 lit. a CBMD]). Im Hinblick auf Verträge hat der EuGH in seinem Urteil v. 7.4.2016 der Rs. KA Finanz überzeugend klargestellt, dass die Universalsukzession bewirkt, dass die übernehmende bzw. neue Gesellschaft in die Vertragsposition der übertragenden Gesellschaft eintritt; das Vertragsstatut (das sich – je nach Zeitpunkt – grds.354 nach dem EVÜ355 bzw. der Rom I-VO356 bestimmt) bleibt davon indes unberührt.357 Ebenso wie bei der nationalen Verschmelzung (→ 20.99) gehen im Wege der Universalsukzession als Teil des Passivvermögens insbesondere auch verhängte Geldbußen mit über; die diesbezüglich überzeugende Argumentation des EuGH in der Rs. Modelo Continente Hipermercados358 beansprucht gleichermaßen auch bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung Geltung. Ebenso wie bei nationalen Verschmelzungen (→  20.100) gilt die Gesamtrechts- 22.121 nachfolge nicht nur im Verhältnis der beteiligten Gesellschaften zueinander, sondern grundsätzlich auch im Verhältnis zu Dritten.359 Anders als in Art. 105 Abs. 1 lit. a GesRRL (G  Art. 19 Abs. 1 lit. a FusRL) wird dies zwar – offenbar weil es inzwischen als selbstverständlich angesehen wird − nicht ausdrücklich klargestellt, ergibt sich aber jedenfalls eindeutig aus Art. 131 Abs. 3 GesRRL (G Art. 14 Abs. 3 CBMD). Dieser enthält nämlich einen dem Art. 105 Abs. 3 GesRRL (G Art. 19 Abs. 3 FusRL) entsprechenden Vorbehalt zugunsten etwaiger nationaler Vorschriften, welche die Entgegenhaltbarkeit360 des Rechtsübergangs gegenüber Dritten von der Erfüllung bebezieht sich die RL zudem aufgrund ihres weiteren Anwendungsbereichs (→ 22.16) generell auf „Gesellschafter“ und „Anteile“. 354 Sofern diese grds. anwendbar sind und keine vorrangigen Sonderregeln eingreifen. 355 Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht aufgelegt zur Unterzeichnung am 19.6.1980 in Rom, ABlEG v. 9.10.1980, L 266/1 = BGBl. 1986 II, 810. 356 VO (EG) Nr. 593/2008 des EP und des Rates v. 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABlEU v. 4.7.2008, L 177/6. 357 EuGH v. 7.4.2016, KA Finanz, C-483/14, ECLI:EU:C:2016:205. Literatur dazu → 20.98. 358 EuGH v. 5.3.2015, Modelo Continente Hipermercados, C-343/13, ECLI:EU:C:2015:146. Literatur dazu → 20.99. 359 Vgl. Stiegler GmbHR 2016, 406, 410. 360 Ebenso wie nach den Parallelregelungen in Art. 105 Abs. 3 S. 1 GesRRL (G Art. 19 Abs. 3 S. 1 FusRL) und Art. 29 Abs. 3 SE-VO bezieht sich auch dieser Vorbehalt ausschließlich

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sonderer Formalitäten abhängig macht und bestimmt zugleich – insofern abweichend von Art. 105 Abs. 3 S. 2 GesRRL (G Art. 19 Abs. 3 S. 2 FusRL, → 20.100) und Art. 29 Abs. 3 SE-VO (→ 45.44) −, dass solche Formalitäten von der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft zu erfüllen sind361. Art. 14 Abs. 4 CBMD stellt nach dem Vorbild des Art. 29 Abs. 4 SE-VO 22.122 (→ 45.44)362 klar363, dass die Universalsukzession auch die Rechte und Pflichten der sich verschmelzenden Gesellschaften aus Arbeitsverträgen oder Beschäftigungsverhältnissen erfasst. 2.  „Anteilstausch“ (Art. 131 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 lit. b GesRRL [ G Art. 14 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 lit. b CBMD]) 22.123 Die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft(en) werden Gesellschafter der übernehmenden bzw. neuen Gesellschaft (Art. 131 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 lit. b GesRRL [G Art. 14 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 lit. b CBMD]). Der Anteilserwerb vollzieht sich – wie nach Art. 105 Abs. 1 lit. b GesRRL (G Art. 19 Abs. 1 lit. b FusRL, → 20.101) − ipso iure; es bedarf – unabhängig vom sonst für die Übertragung geltenden Recht − weder besonderer Übertragungsakte noch einer Dokumentation. Zugleich gehen die Anteile der übertragenden Gesellschaft(en) mit deren Erlöschen (→ 22.126) unter. Die praktischen Einzelheiten des „Anteilstauschs“ bestimmen sich gem. Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) nach nationalem Recht. Das Schicksal etwaiger Rechte Dritter an den Anteilen der sich verschmelzenden Gesellschaften wird von der RL für grenzüberschreitende Verschmelzungen zwar ebenso wenig ausdrücklich geregelt wie für nationale Verschmelzungen und Spaltungen; wie dort (→ 20.101, 21.74) ist jedoch dem Konzept der Gesamtrechtsnachfolge entsprechend davon auszugehen, dass sich solche Rechte Dritter ipso iure an den Anteilen der begünstigten Gesellschaft fortsetzen. In Parallele zu Art. 105 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 19 Abs. 2 FusRL, →  20.102) 22.124 macht Art. 131 Abs. 5 GesRRL (G Art. 14 Abs. 5 CBMD) allerdings zwei wichtige Ausnahmen vom Anteilserwerb, mit denen – quasi als Prolongation der Art. 60–67 GesRRL (G Art. 21–28 KapRL, → 19.123 ff.) − die Entstehung eigener Anteile verhindert werden soll.364 Ausgeschlossen ist der Anteilserwerb danach bei Anteilen, die (a) die übernehmende Gesellschaft oder (b) die übertragende Gesellschaft selbst hält; um Umgehungen zu vermeiden, sind zudem jeweils auch Anteile erfasst, die von einer Person für Rechnung der jeweiligen Gesellschaft gehalten werden365. Darüber hinaus auf die Entgegenhaltbarkeit gegenüber Dritten, nicht auf die materielle Berechtigung, → 20.100. 361 Vgl. auch Frischhut EWS 2006, 57, 58. 362 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 25; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 404. 363 Vgl. zum klarstellenden Charakter JURI-Bericht, A6-0089/2005, S. 29; Behrens S. 143; Beutel S. 219. 364 Vgl. Grundmann Rn. 937; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 188. 365 Für Rechnung handelnde Personen werden auch i.R.d. Art. 60–67 GesRRL (G Art. 21–28 KapRL) grds. gleichgesetzt, → 19.129, 19.134, 19.141, 19.147, 19.163.

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enthält Art. 132 Abs. 1 Sps. 1 GesRRL (G Art. 15 Abs. 1 Sps. 1 CBMD) ein ausdrückliches Verbot der Anwendung des Art. 131 Abs. 1 lit. b GesRRL (G Art. 14 Abs. 1 lit. b CBMD) für den Fall des upstream-mergers einer 100%igen Tochter (→ 22.132); letztlich handelt es sich dabei allerdings (ebenso wie bei der Parallelregelung in Art. 110 S. 3 GesRRL [G Art. 24 S. 3 FusRL], → 20.102, 20.144) nur um eine – an sich überflüssige − Klarstellung, da sich die Nichtanwendbarkeit bereits aus Art. 131 Abs. 5 GesRRL (G Art. 14 Abs. 5 lit. a CBMD) ergibt. Ebenso wie nationalen Verschmelzungen (→  20.103) und Spaltungen (→  21.76) 22.125 steht die RL darüber hinaus aber auch bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen einem Verzicht von Gesellschaftern auf die Gewährung von Anteilen und insbesondere auch diesbezüglichen nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegen.366 Für einen „aufgedrängten“ Schutz ist auch hier kein vernünftiger Grund ersichtlich. Praktische Relevanz kann dies etwa bei der Verschmelzung von Tochtergesellschaften innerhalb eines Konzerns haben.367 3.  Erlöschen der übertragenden bzw. sich verschmelzenden Gesellschaft(en) (Art. 131 Abs. 1 lit. c, Abs. 2 lit. c GesRRL [ G Art. 14 Abs. 1 lit. c, Abs. 2 lit. c CBMD]) Die übertragende(n) bzw. sich verschmelzenden Gesellschaft(en) erlöscht bzw. erlö- 22.126 schen ipso iure, weitere Rechtsakte (z.B. eine besondere Löschung) sind nicht erforderlich. Auch ein Liquidationsverfahren findet nicht statt, da sämtliche Aktiva und Passiva ja im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende bzw. neue Gesellschaft übergehen (→ 22.120). 4.  Deutsches Recht Aufgrund des Gleichlaufs von Art. 131 GesRRL (G Art. 14 CBMD) mit Art. 105 Ges- 22.127 RRL (G Art. 19 FusRL) (→ 22.119) erfolgt die Umsetzung schlicht durch Verweis des § 122a Abs. 2 UmwG auf § 20 Abs. 1 UmwG.368

VI.  Bestandsschutz (Art. 134 GesRRL [ G Art. 17 CBMD]) Angesichts der erheblichen und praktisch kaum lösbaren Probleme, die mit einer 22.128 „Entschmelzung“ generell verbunden wären und die im Falle grenzüberschreitender Sachverhalte durch das Zusammentreffen verschiedener Rechtsordnungen noch po366 Vgl. Olympus UK Ltd & Ors [2014] EWHC 1350 (Ch); vgl. ferner auch Lutz BWNotZ 2010, 23, 28; zweifelnd jedoch Herrler/Schneider GmbHR 2011, 795, 800. 367 Praktisches Beispiel einer grenzüberschreitenden Verschmelzung von Schwestergesellschaften, bei der der High Court einen Verzicht auf die Gewährung von Anteilen für zulässig erachtete: Olympus UK Ltd & Ors [2014] EWHC 1350 (Ch). 368 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 25; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2006, 737, 743; Heckschen DNotZ 2007, 444, 464; Simon/Rubner Konzern 2006, 835, 342.

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tenziert werden, hat sich der europäische Gesetzgeber erfreulicherweise entschieden, bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen nicht nur eine Einschränkung der Fälle der Nichtigkeit wie in Art. 108 GesRRL (G Art. 22 FusRL, → 20.106 ff.) und Art. 153 GesRRL (G Art. 19 SpRL, → 22.79) vorzunehmen. Vielmehr wurde – wenngleich auch erst nach einiger Diskussion im Rat369 − in Art. 134 GesRRL (G Art. 17 CBMD) pauschal angeordnet, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung nicht mehr für nichtig erklärt werden kann, wenn sie nach den nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 129 GesRRL (G Art. 12 CBMD, → 22.114) wirksam geworden ist. Mit dieser – im Gegensatz zu Art. 30 SE-VO unmissverständlich formulierten370 − Regelung wird ein absoluter Bestandsschutz gewährleistet: Eine Rückabwicklung (egal ob ex nunc oder ex tunc) ist generell ausgeschlossen.371 Im deutschen Recht bedurfte es insoweit keiner Sonderregelung, da über den 22.129 Generalverweis in § 122a Abs. 2 UmwG die allgemeine Vorschrift des § 20 Abs. 2 UmwG gilt, die eine „Entschmelzung“ nach zutreffender Ansicht generell ausschließt (→ 20.111).372

VII.  Haftung der Organe und Sachverständigen 22.130 Anders als für nationale Verschmelzungen (→ 20.112 ff.) und Spaltungen (→ 21.81) existieren für grenzüberschreitende Verschmelzungen keine speziellen Vorgaben hinsichtlich der Haftung der Gesellschaftsorgane sowie der Sachverständigen. Art. 33 des Entwurfs eines Abkommens von 1972373 und Art. 14 des RL-E 1985374 hatten diesbezüglich noch spezielle Regelungen vorgesehen, die sich allerdings angesichts der divergierenden nationalen Haftungssysteme375 letztlich in einem Verweis auf das nationale Recht der jeweiligen Gesellschaft erschöpften und daher in der endgültigen Fassung 369 Einige Mitgliedstaaten hatten unter Hinweis auf die weniger restriktiven Art. 22 FusRL und Art. 30 SE-VO zunächst einen Vorbehalt eingelegt (vgl. Dok. 7068/04, S. 15; 9294/04, S. 16); zudem wurden im Verlauf der Beratungen immer wieder andere Formulierungen vorgeschlagen (vgl. Dok. 11655/04, S. 15; 13133/04, S. 17; 14060/04 ADD 1, S. 17). Vor allem seitens der Kommission wurde jedoch betont, dass die Regelung insbesondere auch den Schutz der Interessen von KMU bezwecke und die grenzüberschreitende Verschmelzung zudem ohnehin erst wirksam werden kann, wenn die Rechtmäßigkeitskontrolle abgeschlossen ist (vgl. Dok. 9294/04, S. 16). Vgl. zum Ganzen auch Neye ZIP 2005, 1893, 1898. 370 Vgl. zur Kontroverse um die Auslegung des Art. 30 SE-VO → 45.45. 371 Vgl. Lutter/UmwG/Bayer § 122l UmwG Rn. 25; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 404; Grundmann Rn. 940; Stiegler GmbHR 2016, 406, 410; s. ferner auch Drinhausen/ Keinath BB 2006, 725, 730; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 202; Klein RNotZ 2007, 565, 608; zum RL-E: H.-F. Müller ZIP 2004, 1790, 1794; Ugliano EBLR 2007, 585, 606. 372 Vgl. Lutter/Bayer § 122l UmwG Rn. 25; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 404; Drinhausen/Keinath BB 2006, 725, 730; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2006, 737, 743; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 202. 373 Fn.  4. 374 Fn.  8. 375 Vgl. Goldman (Fn. 4), Rn. 120.

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mit Blick auf den subsidiären Generalverweis in Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) (→ 22.33) offenbar für überflüssig erachtet wurden. Bezüglich der Haftung von Organen und Sachverständigen gilt somit gem. Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) das jeweilige nationale Recht376, das aber zumindest für AG durch Art. 106 f. GesRRL (G Art. 20 f. FusRL, → 20.112 ff.) harmonisiert ist.

VIII.  Konzernverschmelzungen (Art. 132 GesRRL [ G 15 CBMD]) Aufgrund der enormen praktischen Bedeutung von Konzernverschmelzungen und 22.131 des Umstands, dass viele verfahrensrechtliche Anforderungen, die primär dem Schutz außenstehender Gesellschafter dienen, hier keine bzw. nur verminderte Bedeutung haben377, enthält Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD) – ebenso wie Titel II Kapitel I GesRRL (G FusRL, → 20.142 ff.) – eine Reihe von Erleichterungen für upstream-merger einer 100%igen (Art. 132 Abs. 1 GesRRL [G Art. 15 Abs. 1 CBMD], → 22.132 f.) oder einer mindestens 90%igen (Art. 132 Abs. 2 GesRRL [G Art. 15 Abs. 2 CBMD], →  22.134) Tochtergesellschaft. Anders als bei nationalen Verschmelzungen ist hier stets die rechtliche Inhaberschaft der jeweiligen Anteile erforderlich; eine Option, die es den Mitgliedstaaten − wie Art. 112 und Art. 115 GesRRL (G Art. 26 und 29 FusRL, → 20.148, 20.150) − gestatten würde, auch eine nur „wirtschaftliche“ Beteiligung genügen zu lassen, fehlt.378 Vor dem Hintergrund der Besonderheiten grenzüberschreitender Verschmelzungen weichen die Erleichterungen zudem auch inhaltlich in einigen Punkten signifikant von Art. 110 ff. GesRRL (G Art. 24 ff. FusRL, → 20.142 ff.) ab. 1.  Verschmelzung einer 100%igen Tochter (Art. 132 Abs. 1 GesRRL [ G Art. 15 Abs. 1 CBMD]) Da im Falle eines upstream-mergers einer 100%igen Tochter naturgemäß kein An- 22.132 teilstausch stattfindet, erklärt Art. 132 Abs. 1 Sps. 1 GesRRL [G Art. 15 Abs. 1 Sps. 1 CBMD] – in Parallele zu Art. 110 S. 3 GesRRL [G Art. 24 S. 3 FusRL (→ 20.144 f.)] − konsequenterweise Art. 131 Abs. 1 lit. b GesRRL (G Art. 14 Abs. 1 lit. b CBMD379, → 22.123) sowie die entsprechenden Angaben im Verschmelzungsplan (Art. 122 S. 2 lit. b, c, e GesRRL [G Art. 5 S. 2 lit. b, c, e CBMD], → 22.41) für unanwendbar. Da in diesen Konstellationen kein Bedürfnis für spezielle Schutzinstrumente zu- 22.133 gunsten außenstehender Aktionäre besteht (solche existieren hier ja definitionsgemäß 376 Vgl. Grundmann Rn. 938; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 199. 377 Vgl. Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 72. 378 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 203. 379 Insoweit handelt es sich allerdings letztlich nur um eine – an sich überflüssige − Klarstellung, da sich dessen Nichtanwendbarkeit bereits aus Art. 131 Abs. 5 lit. a GesRRL (G Art. 14 Abs. 5 lit. a CBMD) ergibt, → 22.114.

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nicht), bestimmt Art. 132 Abs. 1 Sps. 1 GesRRL (G  Art. 15 Abs. 1 Sps. 1 CBMD) zudem – ebenso wie Art. 110 S. 3 GesRRL (G Art. 24 S. 3 FusRL, → 20.145) − dass keine Verschmelzungsprüfung380 erforderlich ist. Für den Verschmelzungsbericht ist dagegen – im Gegensatz zu Art. 110 S. 3 GesRRL (G Art. 24 S. 3 FusRL, → 20.145) − kein Dispens vorgesehen (→ 22.74). Eine signifikante Divergenz zu nationalen Verschmelzungen existiert ferner im Hinblick auf die Erforderlichkeit von Verschmelzungsbeschlüssen: Anders als Art. 111 GesRRL (G Art. 25 FusRL, → 20.146) erklärt Art. 132 Abs. 1 Sps. 2 GesRRL (G Art. 15 Abs. 1 Sps. 2 CBMD) nur den Verschmelzungsbeschluss der übertragenden Gesellschaft(en)381 für entbehrlich, dafür aber generell − d.h. anders als Art. 111 GesRRL (G  Art. 25 FusRL) unabhängig von der Einhaltung bestimmter Bedingungen.382 Hinsichtlich des Beschlusses der Gesellschafterversammlung der übernehmenden Gesellschaft gilt dagegen auch bei Konzernverschmelzungen die allgemeine Regelung des Art. 126 Abs. 3 GesRRL (G Art. 9 Abs. 3 CBMD, → 22.99). 2.  Verschmelzung einer mindestens 90%igen Tochter 22.134 Deutliche Unterschiede zum insoweit sehr komplexen Regelungsgeflecht der Art. 113 und Art. 114 GesRRL (G Art. 27 und 28 FusRL, → 20.150 ff.) zeigen sich auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Erleichterungen für upstream-merger einer mindestens 90%igen Tochter. Art. 132 Abs. 2 GesRRL (G Art. 15 Abs. 2 CBMD) begnügt sich insoweit mit einer kollisionsrechtlichen Regelung: Verschmelzungsprüfung und Verschmelzungsprüfungsbericht sind danach nur insoweit erforderlich, als dies nach den entweder für die übernehmende oder die übertragende Gesellschaft geltenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.383 Ein (bedingter) Dispens vom Verschmelzungsbeschluss der übernehmen22.135 den Gesellschaft(en) ist dagegen – anders als in Art. 113 GesRRL (G Art. 27 FusRL (→ 20.151) − nicht vorgesehen.384 Mit Blick auf die Entstehungsgeschichte der Norm 380 Anders als Art. 110 S. 3 GesRRL (G Art. 24 S. 3 FusRL, → 20.145) fehlt naturgemäß ein spezieller Dispens hinsichtlich der entsprechenden Vorabinformation der Gesellschafter, da diese für grenzüberschreitende Verschmelzungen ohnehin nicht speziell geregelt ist (→  22.89). Maßgeblich ist insoweit gem. Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G  Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) das jeweilige nationale Recht, welches aber im Falle von AG in Umsetzung der Vorgaben von Art. 110 S. 3 GesRRL (G Art. 24 S. 3 FusRL) einen entsprechenden Dispens vorsehen wird. 381 Wie sich aus den Materialien ergibt, handelt es sich insoweit um eine bewusste Entscheidung des europäischen Gesetzgebers, vgl. Dok. 9294/04, S. 16; 11655/04, S. 16; 13133/04, S. 18. 382 Vgl. auch Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 959. 383 Der durch die RL 2009/109/EG (→  22.7) eingefügte Zusatz „gemäß der Richtlinie 78/855/EWG“ – nun: „gemäß Titel II Kapitel I“ −, erklärt sich daraus, dass bei nationalen Verschmelzungen nun nicht (mehr) in allen Fällen zwingend Verschmelzungsprüfung und Verschmelzungsprüfungsbericht verlangt werden (→ 20.53 f., 20.64 f.), vgl. KOM(2008) 576, S. 9. 384 Vgl. Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.15.

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und die Tatsache, dass Art. 132 Abs. 1 Sps. 2 GesRRL (G Art. 15 Abs. 1 Sps. 2 CBMD) die Frage der Erforderlichkeit eines Verschmelzungsbeschlusses der übertragenden Gesellschaft(en) für den Fall eines 100%-upstream-mergers explizit regelt, dürfte es sich dabei kaum um ein bloßes Redaktionsversehen, sondern vielmehr um eine bewusste Entscheidung des europäischen Gesetzgebers handeln. Daraus ließe sich e contrario eigentlich ableiten, dass Dispensvorschriften – insbesondere solche auf der Basis von Art. 113 GesRRL (G Art. 27 FusRL) – gerade nicht über Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) anwendbar sein sollen. Allerdings gestattet Art. 126 Abs. 3 GesRRL (G Art. 9 Abs. 3 CBMD) den Mitgliedstaaten ausdrücklich, auf das Erfordernis des Verschmelzungsbeschlusses der übernehmenden Gesellschaft zu verzichten, wenn die Bedingungen des Art. 94 GesRRL (G Art. 8 FusRL, → 20.86) (der sich als lex generalis zu Art. 113 GesRRL [G Art. 27 FusRL] verstehen lässt385), erfüllt sind. 3.  Deutsches Recht Im deutschen Recht ergibt sich die in Art. 132 Abs. 1 Sps. 1 GesRRL (G Art. 15 Abs. 1 22.136 Sps. 1 CBMD) geregelte Ausnahme vom Anteilstausch im Falle eines 100%igen upstream-mergers aus §§ 122a, 20 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 UmwG, die Entbehrlichkeit der entsprechenden Angaben im Verschmelzungsplan stellt § 122c Abs. 3 UmwG386 klar. Der Dispens von der Verschmelzungsprüfung ergibt sich aus §§ 122f S. 1, 9 Abs. 2 UmwG.387 Mit Blick auf die Nichtexistenz einer Dispensregelung zum Verschmelzungsbericht schließt § 122e S. 3 UmwG die Anwendung des § 8 Abs. 3 UmwG ausdrücklich aus (→ 22.75). Die Entbehrlichkeit des Verschmelzungsbeschlusses bei der/ den übertragenden Gesellschaft(en) ist in § 122g Abs. 2 UmwG geregelt.388 Für den Fall eines upstream-mergers einer mind. 90%igen Tochter existieren im 22.137 deutschen Recht keine Sonderregeln hinsichtlich der Entbehrlichkeit der Verschmelzungsprüfung (vgl. zur Nichtumsetzung des Art. 28 FusRL a.F. bzw. Art. 28 UAbs. 1 FusRL n.F. [G Art. 114 UAbs. 1 GesRRL] → 20.154); auch hier besteht also nur die Möglichkeit eines Verzichts gem. §§ 122f S. 1, 9 Abs. 3, 8 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 UmwG. In Bezug auf den Hauptversammlungsbeschluss einer deutschen übernehmenden Gesellschaft gilt qua § 122a Abs. 2 UmwG die Ausnahmeregelung des § 62 Abs. 1 UmwG.389 385 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 36; Habersack FS Horn, 2006, S. 337, 339; Krauel/ Mense/Wind Konzern 2010, 541, 546. 386 Dazu Lutter/Bayer § 122c UmwG Rn. 32 m.w.N. 387 Vgl. Lutter/Bayer § 122f UmwG Rn. 15 m.w.N. 388 Dazu Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 35. Von der im RefE z. 3. UmwÄndG geplanten Streichung der Vorschrift wurde nach Kritik aus dem Schrifttum (vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2010, 953, 959; Freytag BB 2010, 1611, 1613) Abstand genommen, vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 35. 389 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 36; Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.12; Brocker BB 2010, 971, 975; Semler/Stengel/Drinhausen § 122g UmwG Rn. 15; Schmitt/ Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122g UmwG Rn. 14; Widmann/Mayer/Heckschen § 122g UmwG Rn. 165 f.; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122g UmwG Rn. 18; Kraul/Mense/

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Diese Vorschrift wurde zwar eigentlich auf der Basis von Art. 113 GesRRL (G Art. 27 FusRL) erlassen (→ 20.154), genügt aber auch den Anforderungen der lex generalis des Art. 94 GesRRL (G Art. 8 FusRL), sodass ihre Anwendung aufgrund von Art. 126 Abs. 3 GesRRL (G Art. 9 Abs. 3 CBMD) richtlinienkonform ist (→ 22.135).390

IX.  Schutz der (Minderheits-)Gesellschafter und Gläubiger 22.138 Ebenso wie nationale Verschmelzungen und Spaltungen berührt natürlich auch – oder vielmehr erst recht – eine grenzüberschreitende Verschmelzung in besonderer Weise die Interessen der (Minderheits-)Gesellschafter und Gläubiger. Vor dem Hintergrund der insoweit äußerst unterschiedlichen Regelungsansätze und -konzeptionen in den nationalen Rechtsordnungen einerseits und den spezifischen Problemen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung andererseits hat sich der europäische Gesetzgeber insofern jedoch – letztlich ganz in der (bewährten) Tradition des EU-Rechtsrahmens für nationale Verschmelzungen (→ 20.118 ff.) und Spaltungen (→ 21.83 ff.), der SEVO (→ 45.46 ff.) und der SCE-VO (→ 46.28) − auf eine nur partiell harmonisierende Rahmenregelung beschränkt, die den Mitgliedstaaten weiten Spielraum lässt. 1.  Schutz der (Minderheits-)Gesellschafter (Art. 121 Abs. 2 S. 2 GesRRL [ G Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD]) a)  Überblick 22.139 Hinsichtlich des Schutzes der (Minderheits-)Gesellschafter übernimmt Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD) die Konzeption der SE-VO: Europäisches Informationsmodell (→ 22.32, 22.140) in Kombination mit einer ausdrücklichen Regelungsermächtigung zugunsten der Mitgliedstaaten (→ 22.141 ff.) und einer Sonderregelung bzgl. des Anwendungsbereichs sog. „Spruchverfahren“ (→  22.145 ff.). Minderheitsgesellschafter drohen bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen zwei wesentliche Gefahren: Zum einen die Gefahr, Gesellschafter einer (dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegenden) Gesellschaft zu werden, deren Gesellschafter sie gar nicht sein wollen, ohne die Möglichkeit zu haben, ihre Anteile zu einem angemessenen Preis zu verkaufen; zum anderen ein unangemessenes Umtauschverhältnis.391

Wind Konzern 2010, 541, 546; H.-F. Müller Konzern 2007, 81, 83; Henssler/Strohn/Polley § 122g UmwG Rn. 10; Simon/Rubner Konzern 2006, 835, 839; Winter Konzern 2007, 24, 34; Kallmeyer/Zimmermann § 122g UmwG Rn. 29. 390 Vgl. Lutter/Bayer § 122g UmwG Rn. 36; Widmann/Mayer/Heckschen § 122g UmwG Rn. 165 f. 391 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 20. Ausf. zur Interessenlage der Minderheitsgesellschafter und den spezifischen Gefahren einer grenzüberschreitenden Verschmelzung: Kurtulan (2017) 18 EBOR 101 ff.

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b)  Informationsmodell Ebenso wie bei nationalen Verschmelzungen (→ 20.119) und Spaltungen (→ 21.84) so- 22.140 wie in der SE-VO (→ 45.41, 45.47) und SCE-VO (→ 46.25) wird der Schutz der (Minderheits-)Gesellschafter auch bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen primär mit der Einräumung eines (formalen) Mitentscheidungsrechts in Form des obligatorischen Beschlusses der Gesellschafterversammlung (Art. 126 Abs. 1 GesRRL [G Art. 9 Abs. 1 CBMD], →  22.88, 22.91 f.) gewährleistet, zu dessen materialer Absicherung den Gesellschaftern aber umfangreiche Informationsrechte eingeräumt werden (sog. Informationsmodell, → 22.32).392 Eine ergänzende Effektivierung durch Mindestvorgaben bzgl. der Haftung der Organe und Verschmelzungsprüfer besteht allerdings – anders als bei den vorgenannten Rechtsakten – nur mittelbar und partiell, nämlich insoweit als bei an der Verschmelzung beteiligten AG qua Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) die nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 106 f. GesRRL (G Art. 20 f. FusRL) zur Anwendung kommen (→ 22.130). c)  Regelungsermächtigung gem. Art. 121 Abs. 2 S. 2 GesRRL ( G Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD) Den Mitgliedstaaten steht es jedoch – ebenso wie bei nationalen Verschmelzungen 22.141 (→  20.120) und Spaltungen (→  21.85 f.) sowie nach der SE-VO (→  45.47) und der SCE-VO (→ 46.28) − frei, den unionsrechtlich vorgegebenen „Schutz durch Information“ für die Gesellschafter „ihrer“ Gesellschaften durch weitergehende Schutzinstrumente zu ergänzen und zu verstärken. Art. 121 Abs. 2 S. 2 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD) ermächtigt sie – korrespondierend mit Art. 24 Abs. 2 SE-VO (→ 45.47) und Art. 28 Abs. 2 SCE-VO (→  46.28) − explizit, Vorschriften zu erlassen, um einen angemessenen Schutz der Minderheitsgesellschafter, die die grenzüberschreitende Verschmelzung abgelehnt haben, zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat darf aber nur Schutzvorschriften zugunsten der Minder- 22.142 heitsgesellschafter von Gesellschaften, die seinem nationalen Recht unterliegen, erlassen393 – nicht dagegen zugunsten der Minderheitsgesellschafter „fremder“ Gesellschaften, selbst wenn mit diesen lediglich Ansprüche gegen inländische Gesellschaften begründet würden394. Irrelevant ist dagegen, ob es sich bei den „eigenen“ Gesellschaften um übertragende oder übernehmende Rechtsträger handelt.395 Hinsichtlich der genauen Ausgestaltung des etwaigen zusätzlichen Minderheiten- 22.143 schutzes nach nationalem Recht sind die Mitgliedstaaten grundsätzlich frei. In Be392 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 19. 393 Vgl. zu Art. 24 Abs. 2 SE-VO: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 24 SE-VO Rn. 22 m.w.N. 394 Vgl. zu Art. 24 Abs. 2 SE-VO: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 24 SE-VO Rn. 22 m.w.N. 395 Vgl. zu Art. 24 Abs. 2 SE-VO: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 24 SE-VO Rn. 22 m.w.N.

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tracht kommen etwa besondere Informationsrechte oder spezifische Zustimmungsund Mehrheitserfordernisse sowie – wie sich aus Art. 127 Abs. 3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 CBMD) ergibt − insbesondere auch ein Recht auf Austritt gegen Barabfindung oder ein Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses.396 Der durch das nationale Recht zusätzlich etablierte Schutz muss aber „angemessen“, d.h. verhältnismäßig sein.397 Problematisch wäre insoweit z.B. ein Einstimmigkeitserfordernis.398 22.144 Art. 121 Abs. 2 S. 2 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD) ermächtigt zudem nur zum Erlass von Schutzvorschriften zugunsten von Minderheitsgesellschaftern, die die grenzüberschreitende Verschmelzung „abgelehnt“ haben. Dies bedeutet allerdings richtiger Ansicht nach nicht, dass das nationale Recht nur Regelungen zugunsten von Gesellschaftern, die gegen die Verschmelzung gestimmt oder Widerspruch gegen den Verschmelzungsbeschluss erhoben haben, vorsehen dürfte. Denn damit wären nationale Schutzsysteme, die einen Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses gewähren (und diesen entsprechend der Ratio eines solchen Schutzsystems gerade nicht an einen Widerspruch gegen den Verschmelzungsbeschluss binden399), de facto nicht mehr möglich, obgleich sich aus Art. 127 Abs. 3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 CBMD) unzweifelhaft ergibt, dass der europäische Gesetzgeber bei Art. 121 Abs. 2 S. 2 GesRRL (G  Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD) gerade solche Schutzsysteme vor Augen hatte.400 Die Norm ist daher insoweit – ebenso wie die Parallelregelung in Art. 24 Abs. 2 SE-VO (→  45.47) − teleologisch zu reduzieren:401 Ausreichend ist, dass der betreffende Gesellschafter sich mit dem Umtauschverhältnis als einem zentralen Bestandteil der Verschmelzung nicht einverstanden erklärt hat − also die Verschmelzung jedenfalls mit diesem Umtauschverhältnis „ablehnt“; rechtstechnisch kann dies auch in der Weise erfolgen, dass ein Spruchverfahren eingeleitet oder sich dessen Ergebnis nachträglich zu eigen gemacht wird.402

396 Vgl. Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 405; Herrler/Schneider GmbHR 2011, 795, 804; Wyckaert /Geens (2008) 4 Utrecht L. Rev. 40, 45 ff. 397 Vgl. Adolff ZHR 173 (2009) 67, 80; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 200; zu Art. 24 Abs. 2 SE-VO: Bayer (Fn. 251), Art. 24 SE-VO Rn. 24 m.w.N. 398 Vgl. zu Art. 24 Abs. 2 SE-VO: Bayer (Fn. 251), Art. 24 SE-VO Rn. 24; Kalss ZGR 2003, 593, 596 f.; Schwarz, SE-Kommentar, 2006, Art. 24 Rn. 22. 399 Wäre der Anspruch an ein Widerspruchserfordernis gebunden, so wären Gesellschafter, die zwar die Verschmelzung als solche befürworten, aber mit dem Umtauschverhältnis nicht einverstanden sind, zur Ablehnung einer möglicherweise sinnvollen Umstrukturierung gezwungen, wenn sie die Angemessenheit der ihnen angebotenen Gegenleistung prüfen lassen wollen, vgl. Bayer (Fn. 21), § 122h Rn. 18. 400 Vgl. Bayer (Fn. 21), § 122h Rn. 18. 401 Vgl. Bayer (Fn. 21), § 122h Rn. 18. 402 Vgl. Bayer (Fn. 21), § 122h Rn. 18.

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d)  Sonderregelung für „Spruchverfahren“ in Art. 127 Abs. 3 GesRRL ( G Art. 10 Abs. 3 CBMD) Die auf Initiative der deutschen und österreichischen Delegation aufgenommene403 22.145 Regelung des Art. 127 Abs. 3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 CBMD) enthält nach dem Vorbild des Art. 25 Abs. 3 SE-VO (→ 45.47)404 eine Sonderregelung im Hinblick auf im nationalen Recht auf der Basis von Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD vorgesehene „Spruchverfahren“ (d.h. Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses der Aktien oder sonstigen Anteile oder zur Abfindung von Minderheitsgesellschaftern, die der Eintragung nicht entgegenstehen). Hintergrund ist, dass das im deutschen und österreichischen Recht entwickelte Rechtsinstitut des Spruchverfahrens für andere europäische Rechtsordnungen ein Fremdkörper ist und so ein für alle Seiten akzeptabler Kompromiss gefunden werden musste. Eine uneingeschränkte Zulässigkeit solcher Spruchverfahren auch in Konstellationen, in denen nicht alle beteiligten nationalen Rechtsordnungen ein solches vorsehen, würde nämlich zu einer Ungleichbehandlung der Gesellschafter der sich verschmelzenden Gesellschaften führen: Denn wenn die Gesellschafter einer Gesellschaft, deren nationales Recht ein solches Spruchverfahren vorsieht, auf diesem Wege eine Änderung des Umtauschverhältnisses bzw. eine Erhöhung der Barabfindung zu ihren Gunsten durchsetzen, geht dies letztlich zulasten der Gesellschafter der anderen sich verschmelzenden Gesellschaften, ohne dass diese im Gegenzug selbst von einem solchen Spruchverfahren profitieren könnten.405 Art. 127 Abs. 3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 CBMD) lässt solche Spruchverfahren daher einerseits nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zu (→ 22.146 f.), gewährleistet aber andererseits, dass es in den Fällen, in denen diese Voraussetzungen erfüllt sind, auch sinnvoll durchgeführt werden kann (→ 22.148). Gem. Art. 127 Abs. 3 S. 1 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 S. 1 CBMD) kommen im na- 22.146 tionalen Recht vorgesehene Spruchverfahren zum einen dann zur Anwendung, wenn das Recht aller sich verschmelzender Gesellschaften ein solches Spruchverfahren vorsieht, denn dann besteht „Waffengleichheit“. Ausreichend ist allerdings insofern, dass in allen beteiligten Rechtsordnungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen ein „Spruchverfahren“ (→ 22.145) vorgesehen ist. Eine vollständige Übereinstimmung auch hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Details kann schon im Hinblick auf mangelnde Harmonisierung der nationalen Prozessrechte nicht gefordert werden. Art. 127 Abs. 3 S. 1 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 S. 1 CBMD) verlangt insofern nach Ratio und Wortlaut – ebenso wie Art. 25 Abs. 3 SE-VO (→ 45.47) − keine Deckungsgleichheit, sondern (nur) funktionale Äquivalenz. Ist für grenzüberschreitende Verschmelzungen dagegen nicht in allen beteilig- 22.147 ten Rechtsordnungen ein „Spruchverfahren“ vorgesehen, so kommt das in einer der Rechtsordnungen vorgesehene Spruchverfahren nur dann zur Anwendung, wenn die 403 Vgl. Dok. 6344/04, S. 2 f.; Klein RNotZ 2007, 565, 598; Neye/Timm DB 2006, 488, 489. 404 Vgl. Dok. 6344/04, S. 2 f.; Koppensteiner GesRZ 2006, 111, 124; Neye ZIP 2005, 1893, 1897. 405 Vgl. auch Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 200; Simon/Rubner (Fn. 9), § 122h Rn. 2.

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Gesellschaften, deren Recht ein solches Verfahren nicht vorsieht, bei der Zustimmung zum Verschmelzungsplan gem. Art. 126 Abs. 1 GesRRL (G  Art. 9 Abs. 1 CBMD, → 22.88, 22.91) ausdrücklich akzeptieren, dass ein solches Spruchverfahren durchgeführt werden kann („volenti non fit iniuria“). Nach Wortlaut („bei der Zustimmung zum Verschmelzungsplan“) und Ratio der Norm bedarf diese Zustimmung derselben Mehrheit wie der Verschmelzungsbeschluss (→ 22.91).406 Andererseits muss sie aber nicht zwingend mit der Abstimmung über den Verschmelzungsplan verbunden sein, sondern kann alternativ auch in Form einer (zeitgleichen) isolierten Beschlussfassung erfolgen.407 22.148 Sind diese Anwendungsvoraussetzungen erfüllt, so wird jedoch andererseits auch gewährleistet, dass das Spruchverfahren tatsächlich sinnvoll durchgeführt werden kann. Art. 127 Abs. 3 S. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 S. 2 CBMD) stellt klar, dass die Anhängigkeit eines solchen Spruchverfahrens der Ausstellung der Verschmelzungsbescheinigung gem. Art. 127 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 CBMD, → 22.104) nicht entgegensteht; allerdings muss die Bescheinigung gem. Art. 127 Abs. 3 S. 3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 S. 3 CBMD) in solchen Fällen einen entsprechenden Hinweis enthalten. Von essentieller Bedeutung ist aber vor allem die in Art. 127 Abs. 3 S. 4 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 S. 4 CBMD) angeordnete Rechtskrafterstreckung auf die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft und ihre Gesellschafter; da diese in vielen Fällen einer anderen Rechtsordnung unterliegen wird, war insoweit eine europäische Vorgabe dringend notwendig. Nicht unproblematisch ist allerdings die internationale Zuständigkeit für solche 22.149 „Spruchverfahren“. Zumindest in den Fällen, in denen nicht alle beteiligten Rechtsordnungen ein „Spruchverfahren“ vorsehen und dessen Anwendbarkeit mithin nur aufgrund der Zustimmung der Gesellschaft(en), deren nationales Recht ein solches nicht vorsieht, gegeben ist (→ 22.146 f.), ergibt sich die internationale Zuständigkeit jedoch mittelbar aus der in Art. 27 Abs. 3 S. 4 GesRRL (G Art. 10 Abs. 3 S. 4 CBMD) angeordneten Bindungswirkung; denn die Zustimmung ist in diesen Fällen zugleich auch als Unterwerfung unter die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen nationalem Recht das Spruchverfahren vorgesehen ist, anzusehen.408 Im Übrigen ist auf die allgemeinen Regeln der Brüssel Ia-VO zu rekurrieren409, wobei allerdings umstritten ist, ob insofern Art. 4 Abs. 1, 7 Nr. 1a Brüssel Ia-VO410 406 Vgl. Lutter/Bayer § 122h UmwG Rn. 12; Semler/Stengel/Drinhausen § 122h UmwG Rn. 6; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122h UmwG Rn. 7; Kallmeyer/MarschBarner § 122h UmwG Rn. 3; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122h Rn. 8. 407 Vgl. Lutter/Bayer § 122h UmwG Rn. 11; Semler/Stengel/Drinhausen § 122h UmwG Rn. 6; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122h Rn. 7; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122h UmwG Rn. 3. 408 Vgl. Lutter/Bayer § 122h UmwG Rn. 21; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122h UmwG Rn. 3; vgl. ferner auch Oechsler NZG 2006, 161, 165. 409 Vgl. BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BR-Drs. 548/06, S. 34; Lutter/Bayer § 122h UmwG Rn. 22. 410 So Kalss/Eckert § 11 EU-VerschG Rn. 12 ff.; Widmann/Mayer/Heckschen § 122h UmwG Rn. 62; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122h Rn. 12; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122h UmwG Rn. 9; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122h UmwG Rn. 6; Nießen NZG

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oder Art. 24 Nr. 2 Brüssel Ia-VO411 einschlägig ist. Die Ratio des Art. 24 Nr. 2 Brüssels Ia-VO412 und die funktionale Äquivalenz des Spruchverfahrens mit der Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses413 sprechen allerdings maßgeblich für letzteres. e)  Umsetzung in den Mitgliedstaaten und Reformbedarf Die Mitgliedstaaten haben von der Regelungsermächtigung des Art. 121 Abs. 2 S. 2 22.150 GesRRL (G  Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD) in sehr unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht; das Spektrum reicht vom völligen Verzicht auf spezielle Schutzinstrumente (wie z.B. im UK414) bis hin zu höchst komplexen Schutzssysteme (wie z.B. in Deutschland, →  22.151)415. Dieser durch die Sonderregelung des Art. 127 Abs. 3 GesRRL (G  Art. 10 Abs. 3 CBMD) für „Spruchverfahren“ (→  22.145) noch weiter verkomplizierte „Flickenteppich“ unterschiedlicher nationaler Schutzstandards führt in der Praxis zu erheblichen Problemen.416 De lege ferenda erscheint daher eine weitere Harmonisierung geboten; idealerweise sollten die Minderheitsgesellschafter ein Recht zum Austritt gegen Abfindung sowie einen Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses haben.417 f)  Deutsches Recht Der deutsche Gesetzgeber hat in Ausübung der Ermächtigung des Art. 121 Abs. 2 22.151 S. 2 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD) in den §§ 122h, 122i UmwG ein äußerst komplexes Minderheitsschutzsystem nach dem Vorbild der §§ 6, 7 SEAG (→ 45.47)418 geschaffen, das an die nationalen Regelungen in §§ 14 f., 29 ff. UmwG angelehnt ist419. Eckpfeiler sind ein Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses (§ 122h UmwG) sowie in bestimmten Fällen ein obligatorisches Barabfindungsangebot im Verschmelzungsplan (bei „rechtswechselnden“ Herausverschmelzungen: § 122i UmwG; bei drei- oder mehrseitigen Hereinverschmelzungen, bei denen auch eine 2006, 441, 443 ff.; KK-UmwG/Simon/Rubner § 122g Rn. 9; Weppner RIW 2011, 144 ff.; vgl. ferner auch Garber ÖJZ 2010, 663, 664. 411 So OGH ÖJZ 2010, 661 (für Spruchverfahren nach Squeeze-out); Lutter/Bayer § 122h UmwG Rn. 22; Spindler/Stilz/Drescher § 2 SpruchG Rn. 7; Hüffer/Koch § 2 SpruchG Rn. 3; Meilicke/Lochner AG 2010, 23, 31; Wedemann AG 2011, 282, 294 f. 412 Vgl. OGH ÖJZ 2010, 661, 662; Lutter/Bayer § 122h UmwG Rn. 22; Wedemann AG 2011, 282, 294 f. 413 Vgl. OGH ÖJZ 2010, 661, 662; Lutter/Bayer § 122h UmwG Rn. 22; Hüffer/Koch § 2 SpruchG Rn. 3; Meilicke/Lochner AG 2010, 23, 29 ff.; Wedemann AG 2011, 282, 294 f. 414 Vgl. Bech-Bruun/Lexidale (Fn. 20), UK-10; van Gerven/Snaith, Cross-Border Mergers, Vol. I, 17.35; J. Schmidt (Fn. 24), S. 19; s. ferner auch Palmer’s Company Law 12.4. 415 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 19. 416 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 19 f. sowie bereits → 22.145 ff. 417 Näher J. Schmidt (Fn. 24), S. 19 f. 418 Vgl. Lutter/Bayer § 122h UmwG Rn. 2; Bayer/J. Schmidt NZG 2006, 841, 483. 419 Vgl. Lutter/Bayer § 122h UmwG Rn. 2; Bayer/J. Schmidt NZG 2006, 841, 483.

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deutsche Gesellschaft übertragender Rechtsträger ist: §§ 122a Abs. 2, 29 UmwG420), jeweils verbunden mit dem Ausschluss von Anfechtungsklagen und dem gleichzeitigen Verweis in ein Spruchverfahren.421 Das Fehlen eines Widerspruchserfordernisses in § 122h UmwG ist richtlinienkonform422 (→ 22.144). Das Schutzsystem der §§ 122h, 122i UmwG ist allerdings – ebenso wie das in §§ 6, 7 SEAG (→ 45.47) – insgesamt unpraktikabel sowie in sich widersprüchlich und wird daher in Praxis und Schrifttum zu Recht vielfach kritisiert423; die insoweit dringend gebotene Reform sollte allerdings nicht isoliert, sondern vielmehr am besten im Rahmen einer ohnehin seit Langem geforderten generellen Reform des Minderheitsschutzsystems424 erfolgen. 2.  Schutz der Gläubiger a)  Art. 121 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL ( G Art. 4 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) 22.152 Hinsichtlich des Schutzes der Gläubiger enthält die RL selbst keine speziellen materiellen Vorgaben, sondern bestimmt in Art. 121 Abs. 2 S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 S. 1 CBMD) lediglich, dass zu den gem. Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 1 CBMD) subsidiär anwendbaren Vorschriften des nationalen Rechts (→ 22.33) „angesichts des grenzüberschreitenden Charakters der Verschmelzung“ insbesondere auch die Bestimmungen über den Schutz der Gläubiger und Anleihegläubiger der sich verschmelzenden Gesellschaften gehören. Zu den „Gläubigern“ in diesem Sinne gehören auch die Inhaber von Sonderrechten425.426

420 Ausf. dazu Lutter/Bayer § 122i UmwG Rn. 8; s. ferner Frenzel S. 345 ff.; Habersack/ Drinhausen/Kiem § 122i UmwG Rn. 4. 421 Vgl. Lutter/Bayer § 122h UmwG Rn. 2; Bayer/J. Schmidt NZG 2006, 841, 483. 422 Vgl. Lutter/Bayer § 122h UmwG Rn. 18; s. ferner auch Habersack/Drinhausen/Kiem § 122i UmwG Rn. 5. 423 Vgl. Lutter/Bayer § 122h UmwG Rn. 4; Bayer/J. Schmidt NZG 206, 841, 844; Drygala/ von Bressendorf NZG 2016, 1161, 1163; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2006, 737, 741; Widmann/Mayer/Heckschen § 122h Rn. 49 ff., 52, 56; Habersack/Drinhausen/ Kiem § 122h UmwG Rn. 4 f., § 122i UmwG Rn. 2 f.; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122i UmwG Rn. 2; J. Vetter AG 2006, 613, 622 f.; s. ferner auch schon Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 406. 424 Vgl. Lutter/Bayer § 122h UmwG Rn. 4; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 406; dies. NZG 2006, 841, 844; dies. ZIP 2010, 953, 963. S. ferner insbesondere die Gesetzesvorschläge des Handelsrechtsausschusses des DAV vom Juni 2007 (NZG 2007, 497 ff.) und Juni 2013 (NZG 2013, 694, 698 ff.) sowie grundlegend Bayer ZHR 163 (1999) 505, 548 ff.; ders. VGR 2 (2000), S. 35, 51 ff.; ders. ZHR-Sonderheft 71 (2002) 137, 141 ff.; zust. Reichert ZHR-Sonderheft 71 (2002) 165, 187 f.; J. Vetter ZHR 168 (2004) 8, 33 f.; Winter FS Ulmer, 2003, S. 699, 708 ff. m.w.N. 425 Art. 9 Abs. 3 RL-E 1985 (Fn. 8) enthielt insoweit noch eine spezielle modifizierende Verweisung auf Art. 15 FusRL. 426 EuGH v. 7.4.2016, KA Finanz, C-483/14, ECLI:EU:C:2016:205, Rn. 60 ff.

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Der deutsche427 und der österreichische428 Gesetzgeber sowie Teile des Schrift- 22.153 tums429 haben Art. 4 Abs. 2 S. 1 CBMD (G Art. 121 Abs. 2 S. 1 GesRRL) – ebenso wie das Vorbild in Art. 24 Abs. 1 SE-VO (→ 45.46) − als Ermächtigung an die Mitgliedstaaten zum Erlass spezieller, von den Regelungen für nationale Verschmelzungen abweichender, Gläubigerschutzvorschriften für grenzüberschreitende Verschmelzungen interpretiert. Gestützt wurde dies maßgeblich auf den − erst im Rat eingefügten430 − Zusatz „angesichts des grenzüberschreitenden Charakters der Verschmelzung“431 (der in der deutschen Sprachfassung übrigens evident falsch übersetzt ist − richtig müsste es „unter Berücksichtigung“ statt „angesichts“ heißen432). Dieser Interpretation als Ermächtigungsnorm ist in der Literatur433 − insbesondere 22.154 auch von den Autoren dieses Werks434 – schon seit Langem widersprochen worden. Mit seinem Urteil v. 7.4.2016 in der Rs. KA Finanz435 hat der Gerichtshof erfreulicherweise ausdrücklich klargestellt und bestätigt, dass es sich bei Art. 121 Abs. 2 S. 1 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 Satz 1 CBMD) um eine schlichte Verweisung auf die – für AG durch Art. 99–101 GesRRL (G  Art. 13–15 FusRL, →  20.124 ff.) harmonisierten − nationalen Gläubigerschutzvorschriften für Verschmelzungen handelt.436 Für die Qualifikation als Verweisung (und gerade nicht als Ermächtigung) spricht bereits der klar als kollisionsrechtliche Verweisung formulierte Wortlaut der Regelung, speziell im Vergleich mit dem ausdrücklich als Ermächtigung formulierten und unmittelbar

427 Vgl. die speziellen Gläubigerschutzregelungen in §§ 122j, 122k Abs. 1 S. 3 UmwG (dazu BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BR-Drs. 548/06, S. 36 sowie → 22.148). 428 Vgl. die speziellen Gläubigerschutzregelungen in § 13 EU-VerschG (dazu RegBegr., 171 d.B. (XXIII. GP), S. 15). 429 Vgl. etwa Andenas/Wooldridge S. 497; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122j UmwG Rn. 4; Ugliano EBLR 2007, 585, 607 f.; tendenziell auch Herrler/Schneider GmbHR 2011, 795, 803; s. ferner zur Parallelnorm des Art. 24 Abs. 1 SE-VO: Neye/Teichmann AG 2003, 169, 175. 430 Vgl. Dok. 7068/04, S. 8. 431 Vgl. BegrRegE z. SEEG, BT-Drucks. 15/3405, 33 f.; BegrRegE z. 2. UmwÄndG, BTDrucks. 16/2919, 17. 432 Vgl. die (insoweit in der CBMD und der SE-VO identische) englische und französische Fassung: „taking into account“/„compte tenu“; vgl. Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 405; Habersack/Verse § 8 Rn. 60 Fn. 147. 433 Vgl. etwa Drinhausen/Keinath, BB 2006, 725, 732; Grunewald, Konzern 2007, 106, 107; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 199; Klein, RNotZ 2007, 565, 603; Ratka, GeS 2006, 52, 54; Raaijmakers/Olthoff (2008) 5 ECL 305, 307 f.; Rønfeldt/Werlauff (2006) 3 ECL 125, 128; J. Schmidt, SE, S. 211 f.; Stiegler, GmbHR 2016, 406, 412; Widmann/Mayer/Vossius § 122j UmwG Rn. 7 ff. 434 Vgl. 5. Aufl. § 23 Rn. 141, 143; vgl. ferner bereits Lutter/Bayer § 122j UmwG Rn. 5; Bayer/J. Schmidt, NJW 2006, 401, 405; Bayer/J. Schmidt, NZG 2006, 841, 843. 435 EuGH v. 7.4.2016, KA Finanz, C-483/14, ECLI:EU:C:2016:205. Literatur dazu → 20.98. 436 Ausf. Bayer/J. Schmidt, ZIP 2016, 841, 844, 846 f.; J. Schmidt (Fn. 24), S. 18; dies. AG 2016, 713 f.; s. ferner auch Arenas García LA LEY Unión Europea nº 39, julio 2016, S. 17 f.; Drygala/von Bressendorf NZG 2016, 1161, 1163; Hübner IPRax 2016, 553, 556; Widmann/Mayer/Vossius § 122j UmwG Rn. 4; Wimmer WBl. 2017, 9, 11 f., 14; abw. Interpretation jedoch bei Klampfl GesRZ 2016, 231, 232; zweifelnd auch Stiegler EuZW 2016, 342, 343; Teichmann LMK 2016, 380518.

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nachfolgenden Art. 121 Abs. 2 S. 2 GesRRL (G Art. 4 Abs. 2 S. 2 CBMD).437 Zudem zeigt auch ein Blick auf die Entstehungsgeschichte der Norm, dass hinsichtlich des Gläubigerschutzes keine Ermächtigung für Sonderregelungen erteilt, sondern vielmehr die – für AG durch Art. 99 ff. GesRRL (G Art. 13 ff. FusRL) harmonisierten (→ 20.124 ff.) − mitgliedstaatlichen Vorschriften für innerstaatliche Verschmelzungen zur Anwendung berufen sein sollten.438 Art. 9 des RL-E 1985439 verwies insofern in Abs. 1 ausdrücklich auf Art. 13 f. FusRL und stellte in Abs. 2 unmissverständlich klar, dass Sonderregeln für grenzüberschreitende Verschmelzungen unzulässig sein sollten.440 Diese Klarstellung fand sich dann zwar in Art. 2 S. 2 RL-E 2003441 nicht mehr, der Sache nach sollte sich insofern jedoch offensichtlich nichts ändern.442 Insbesondere wurde auch ein – offenbar vor dem Hintergrund des Streits um die Interpretation von Art. 24 Abs. 1 SE-VO − von der deutschen und österreichischen Delegation unterbreiteter Vorschlag443, auch hinsichtlich des Gläubigerschutzes eine ausdrückliche Ermächtigung der Mitgliedstaaten für spezielle Schutzvorschriften in den RL-Text aufzunehmen, gerade nicht umgesetzt. Mit dem Zusatz „angesichts des grenzüberschreitenden Charakters der Verschmelzung“ sollte – ebenso wie bei Art. 24 Abs. 1 SE-VO (→ 45.46) − lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass i.R.d. Anwendung der nationalen Gläubigerschutzvorschriften für innerstaatliche Verschmelzungen ggf. eine den Spezifika der Grenzüberschreitung Rechnung tragende materielle Anpassung zu erfolgen hat.444 b)  Umsetzung in den Mitgliedstaaten und Reformdarf 22.155 In der Praxis ergeben sich aus der Verweisung auf die nationalen Gläubigerschutzvorschriften für Verschmelzungen – trotz der Harmonisierung durch Art. 99–101 GesRRL (G Art. 13–15 FusRL, → 20.124 ff.) – offenbar häufig erhebliche Probleme: Denn die Art. 99–101 GesRRL (G Art. 13–15 FusRL) etablieren nur Mindeststandards (und überdies nur für AG), so dass die nationalen Schutzinstrumentarien (speziell auch 437 Vgl. Lutter/Bayer § 122j UmwG Rn. 5; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 405; dies. ZIP 2016, 841, 847; Drinhausen/Keinath BB 2006, 725, 732; Haritz/von Wolff GmbHR 2006, 340, 343; Herrler EuZW 2007, 295, 297; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 199; J. Schmidt AG 2016, 713, 714. 438 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2016, 841, 847; J. Schmidt AG 2016, 713, 714. 439 Fn.  8. 440 Vgl. auch die Begründung zu Art. 9: „Wegen dieser bereits erreichten Rechtsangleichung ist es angemessen, die Gläubiger auf die Weise am besten zu schützen, daß sie sich auf dasselbe Schutzsystem berufen können, das bei einer internen Verschmelzung Anwendung findet“ (RL-E 1985 (Fn. 8), S. 10). 441 Fn.  12. 442 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2016, 841, 847; vgl. ferner auch Grundmann Rn. 934. 443 Vgl. Dok. 6344/04, S. 1 f. Im Verlauf der Verhandlungen wurde der Vorschlag dann auch von Spanien und dem UK ausdrücklich unterstützt, vgl. Dok. 13133/04, S. 9. 444 Vgl. Lutter/Bayer § 122j UmwG Rn. 5; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 405; dies. ZIP 2016, 841, 847; Drygala/von Bressendorf NZG 2016, 1161, 1163; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 199; Klein RNotZ 2007, 565, 602 f.; J. Schmidt AG 2016, 713, 714.

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bzgl. der Fristen) nach wie vor erheblich divergieren.445 De lege ferenda ist daher eine weitergehende Harmonisierung des Gläubigerschutzes geboten446; am besten durch die Etablierung eines ex post-Schutzsystems, das den Gläubigern das Recht gibt, von der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft angemessene Garantien zu verlangen447. c)  Deutsches Recht Der deutsche Gesetzgeber hat in § 122j UmwG nach dem Vorbild von § 8 i.V.m. § 13 22.156 SEAG448 (→ 45.46) für den Fall, dass die übernehmende bzw. neue Gesellschaft nicht dem deutschen Recht unterliegt, einen speziellen vorverlagerten Gläubigerschutz für die Gläubiger und Anleihegläubiger einer an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten deutschen übertragenden Gesellschaft geschaffen, der durch das Erfordernis der Abgabe einer entsprechenden Versicherung bei der Anmeldung der Verschmelzung (§ 122k Abs. 1 S. 3 UmwG)449 effektuiert und abgesichert wird450. Der für innerstaatliche Verschmelzungen in Umsetzung von Art. 99, 100 GesRRL (G Art. 13, 14 FusRL, → 20.124 ff.) in § 22 UmwG geregelte nachgelagerte Gläubigerschutz soll dagegen nach dem Willen des Gesetzgebers über § 122a Abs. 2 UmwG nur für diejenigen Fälle gelten, die nicht von § 122j UmwG erfasst sind.451 Aufgrund des EuGH-Urteils in der Rs. KA Finanz (→ 22.154) ist nunmehr452 jedoch klar, dass §§ 122j, 122k Abs. 1 S. 3 UmwG unionsrechtswidrig sind.453 Die Vorschriften sollten 445 Vgl. Aktionsplan 2012, COM(2012) 740, 4.2.; Bech-Bruun/Lexidale (Fn. 20), Main Findings 32; Reflection Group (Fn. 83), 2.6.; J. Schmidt (Fn. 24), S. 18. 446 Vgl. Drygala/von Bressendorf NZG 2016, 1161, 1166 f.; Papadopoulos EBLR 2012, 517, 536; J. Schmidt (Fn. 24), S. 18 f. 447 Näher J. Schmidt (Fn. 24), S. 18 f.; für ein ex-post-Schutzsystem auch Drygala/von Bressendorf NZG 2016, 1161, 1167. 448 Vgl. Lutter/Bayer § 122j UmwG Rn. 1; Bayer/J. Schmidt NZG 206, 841, 843; Kiem WM 2006, 1091, 1098; Neye/Timm DB 2006, 488, 492; Oechsler NZG 2006, 161, 165. 449 Dazu näher Lutter/Bayer § 122k UmwG Rn. 15 m.w.N. 450 Vgl. Lutter/Bayer § 122j UmwG Rn. 2; Klein RNotZ 2007, 565, 602. 451 Vgl. Lutter/Bayer § 122j UmwG Rn. 3; Semler/Stengel/Drinhausen § 122j UmwG Rn. 4; Herrler/Schneider GmbHR 2011, 795, 803; Habersack/Drinhausen/Kiem § 122j UmwG Rn. 6; Klein RNotZ 2007, 565, 601; Limmer ZNotP 2007, 282, 288; Kallmeyer/MarschBarner § 122j UmwG Rn. 4; Passarge/Stark GmbHR 2007, 803, 804. 452 Die Richtlinienkonformität verneined bzw. zumindest stark bezweifelnd bereits 5. Aufl. § 23 Rn. 143 sowie Lutter/Bayer § 122j UmwG Rn. 5; Bayer/J. Schmidt NZG 2006, 841, 843; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 199; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122j UmwG Rn. 3; Widmann/Mayer/Vossius § 122j UmwG Rn. 7; Weber ZvglRWiss 107 (2008) 193, 221. Für Richtlinienkonformität jedoch Habersack/Drinhausen/Kiem § 122j UmwG Rn. 4; Krause/Kulpa ZHR 171 (2007) 38, 75; H.-F. Müller ZIP 2007, 1081, 1087; Neye/ Timm GmbHR 2007, 561, 564; Passarge/Stark GmbHR 2007, 803, 805. 453 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2016, 841, 847; J. Schmidt (Fn. 24), S. 18; dies. AG 2016, 713, 714; s. ferner auch Arnold/Zollner RIW 2016, 565, 566 Fn. 14; Drygala/von Bressendorf NZG 2016, 1161, 1163; Hübner IPRax 2016, 553, 557; Widmann/Mayer/Vossius § 122j UmwG Rn. 4; zweifelnd jedoch Stiegler EuZW 2016, 342, 343; Teichmann LMK 2016, 380518.

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daher sobald wie möglich gestrichen werden.454 Für den Schutz von Inhabern von Sonderrechten gelten §§ 122a, 23 UmwG.455

X.  Einspruchsrecht zum Schutz öffentlicher Interessen (Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 2 GesRRL [ G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 2 CBMD]) 22.157 Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 2 GesRRL (G Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 2 CBMD), der erst auf Initiative des EP-Rechtsausschusses456 eingefügt wurde, trägt den durch eine Verschmelzung u.U. tangierten öffentlichen Interessen Rechnung. Im Gegensatz zur verwandten Regelung des Art. 19 SE-VO (→  45.48) gestattet die Norm den Mitgliedstaaten allerdings nicht, für grenzüberschreitende Verschmelzungen spezielle Einspruchsrechte vorzusehen, sondern erstreckt nur die Reichweite im nationalen Recht für innerstaatliche Verschmelzungen existierender Einspruchsrechte auch auf grenzüberschreitende Verschmelzungen.457 Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 3 GesRRL (G  Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 3 CBMD) stellt allerdings klar, dass das die FKVO insoweit Vorrang genießt (vgl. auch ErwG 62 GesRRL [G ErwG 9 CBMD]).458 Zudem müssen entsprechende nationale Einspruchsrechte natürlich auch im Einklang mit dem sonstigen Europarecht, speziell den Grundfreiheiten, stehen.459 22.158 Im deutschen Recht fallen unter Art. 121 Abs. 1 lit. b S. 2 GesRRL (G  Art. 4 Abs. 1 lit. b S. 2 CBMD) etwa § 14 VAG460 sowie die Regelungen zur Prüfung von Unternehmenserwerben in der AWV (§ 53 AWV a.F. 461 bzw. §§ 55–59 AWV n.F.462).

454 Vgl. Bayer/J. Schmidt ZIP 2016, 841, 847; J. Schmidt AG 2016, 713, 714. 455 Vgl. Lutter/Bayer § 122j UmwG Rn. 21; Semler/Stengel/Drinhausen § 122j UmwG Rn. 4; Forsthoff DStR 2006, 613, 615; Frenzel S. 369 f.; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl § 122j UmwG Rn. 11; Kallmeyer/Marsch-Barner § 122j UmwG Rn. 9; Widmann/ Mayer/Vossius § 122j UmwG Rn. 3. 456 Vgl. Bericht EP-Rechtsausschuss, A6-0089/2005, S. 17. 457 Vgl. Andenas/Wooldridge S. 497; Bayer/J. Schmidt NJW 2006, 401, 405; Drinhausen/ Keinath RIW 2006, 81, 82 f.; Ratka GeS 2006, 52, 54; Rickford EBLR 2005, 1393, 1409 f. 458 Vgl. Neye ZIP 2005, 1893, 1895. 459 Vgl. auch Louven/Dettmeier/Pöschke Beil. zu BB 13/2006, 1, 15. 460 Vgl. Frenzel S. 187 ff.; Lüttringhaus VersR 2008, 1036, 1041. 461 § 53 AWV in der Fassung des Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung v. 18.4.2009, BGBl. I, 770. Vgl. zur Problematik der Vereinbarkeit von § 53 AWV a.F. mit Art. 49, 54, 63 AEUV: Krause BB 2009, 1082, 1083 f.; H. Müller/Hempel NJW 2009, 1638, 1639 f.; Reinhardt/Pelster NZG 2009, 441, 442 ff.; von Rosenberg/Hilf/Kleppe DB 2009, 831, 832 ff.; Theiselmann (2009) 10 GLJ 1495, 1499; s. ferner zum − inhaltlich z.T. noch erheblich abweichenden − RefE: Bayer/Ohler ZG 2008, 12, 26 ff.; Krolop ZRP 2008, 40, 43 f.; Nettesheim ZHR 172 (2008) 729, 740 ff.; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/2008, Rn. 678 ff.; Schäfer/Volhard EWS 2008, 166, 169 ff.; Weller ZIP 2008, 857, 861 ff. 462 Außenwirtschaftsverordnung (AWV) v. 2.8.2013, BGBl. I, 2865. Speziell zu §§ 55–59 AWV n.F.: Hensel/Pohl AG 2013, 849 ff.; Pottmeyer AW-Prax 2016, 271 ff.

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XI.  Beteiligung der Arbeitnehmer (Art. 133 GesRRL [ G Art. 16 CBMD]) Die Problematik der Beteiligung der Arbeitnehmer, welche schon zum Scheitern des 22.159 ursprünglich geplanten Übereinkommens und dann des RL-Entwurfs 1985 geführt hatte (→ 22.1 f.), gehörte auch im Verlauf des Legislativverfahrens 2003–2005 zu den Hauptstreitpunkten. Die schließlich verabschiedete Kompromisslösung463 besteht aus einer Kombination aus Sitzstaatprinzip (→ 22.161) und dem Verhandlungsmodell der SE-VO und SE-RL, welches allerdings in einigen Punkten signifikant modifiziert wird (→ 22.162 f.). 1.  Betriebliche Mitbestimmung Zunächst einmal klammert Titel II Kapitel II GesRRL (G  CBMD) die betriebliche 22.160 Mitbestimmung im Gegensatz zur SE-RL (→ 45.186 ff.) völlig aus dem Verschmelzungsverfahren aus; insoweit sollen vielmehr von vornherein die nationalen Umsetzungsvorschriften zur EBR-RL (→ 43) gelten (vgl. ErwG 65 GesRRL [G ErwG 12 CBMD]464). Damit wird einerseits das Verschmelzungsverfahren deutlich gestrafft und entschlackt465, andererseits aber gleichwohl in systemkonformer Weise ein hinreichender Arbeitnehmerschutz gewährleistet466. 2.  Unternehmerische Mitbestimmung Hinsichtlich der unternehmerischen Mitbestimmung gilt im Ausgangspunkt gem. 22.161 Art. 133 Abs. 1 GesRRL (G Art. 16 Abs. 1 CBMD) grundsätzlich das sog. Sitzstaatprinzip, d.h. für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft gelten die Mitbestimmungsregelungen des Mitgliedstaats, in dem diese ihren (Satzungs-)Sitz467 hat.468 Dieses Grundprinzip gewährleistet nicht nur eine Gleichbehandlung mit den anderen in diesem Mitgliedstaat registrierten Gesellschaf463 Prägnant Wiesner DB 2005, 91, 92: „trägt die typischen Merkmale eines komplexen Brüssler Kompromisses, der in jahrelangen Debatten verändert, ergänzt und erneut angepasst wurde“. 464 Art. 133 Abs. 3 GesRRL (G Art. 16 Abs. 3 CBMD) verweist dementsprechend auch gerade nicht auf die entsprechenden Vorschriften der SE-RL sowie insbesondere auch den Ausschluss der EBR-RL in Art. 13 Abs. 1 SE-RL. 465 Vgl. Teichmann Konzern 2007, 89, 91. 466 Vgl. auch Nagel/Freis/Kleinsorge/Kleinsorge Einf MgVG Rn. 6. 467 S. die englische und französische Fassung („registered office“/„siège statutaire“); vgl. Forsthoff DStR 2006, 613, 615; Habersack ZHR 171 (2007) 613, 619; Nagel/Freis/Kleinsorge/Kleinsorge Einf MgVG Rn. 9; Seifert, L’implication des travailleurs dans une fusion transfrontalière, in: Conac (éd.), Fusions transfrontalières de sociétés, 2011, S. 122, 134. 468 Vgl. Brandes ZIP 2008, 2193, 2195; Habersack ZHR 171 (2007) 613, 619; Hansen EBLR 2007, 181, 188; Herrler/Schneider GmbHR 2011, 795, 805; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 204; Klein RNotZ 2007, 565, 578; Krause/Janko BB 2007, 2194, 2195; Müller-Bonanni/Müntefering NJW 2009, 2347; Seifert (Fn. 467), S. 122, 134; Wiesner DB 2005, 91, 92.

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ten, sondern hat v.a. auch den – speziell für KMU bedeutsamen – großen Vorteil der Einfachheit. Wegen der im Falle einer uneingeschränkten Geltung des Sitzstaatprinzips be22.162 fürchteten Anreize für eine „Flucht aus der Mitbestimmung“ erfährt diese Grundregel allerdings weitreichende Einschränkungen469: Gem. Art. 133 Abs. 3 GesRRL (G Art. 16 Abs. 3 CBMD) gilt nämlich in modifizierter Form das SE-Verhandlungsmodell (→  22.163), wenn einer der in Art. 133 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 16 Abs. 2 CBMD) normierten drei Ausnahmetatbestände eingreift (diese überschneidenden sich zwar partiell470, stehen aber in einem Alternativverhältnis zueinander471)472: • eine der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften beschäftigte in den 6 Monaten vor Offenlegung des Verschmelzungsplans gem. Art. 123 GesRRL (G Art. 6 CBMD, → 22.54) durchschnittlich mehr als 500 Arbeitnehmer und in ihr besteht ein System der Arbeitnehmermitbestimmung i.S.d. Art. 2 lit. k der SE-RL (Art. 133 Abs. 2 Hs. 1 GesRRL [G Art. 16 Abs. 2 Hs. 1 CBMD]); • das für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft maßgebliche nationale Recht sieht nicht mindestens den gleichen Umfang an Mitbestimmung der Arbeitnehmer vor, wie er in den jeweiligen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften bestand (Art. 133 Abs. 2 Hs. 2 lit. a GesRRL [G Art. 16 Abs. 2 Hs. 2 lit. a CBMD]); • dieses Recht gewährt Arbeitnehmern in Betrieben in anderen Mitgliedstaaten nicht den gleichen Anspruch auf Ausübung von Mitbestimmungsrechten wie denjenigen im (Satzungs-)Sitzstaat (Art. 133 Abs. 2 Hs. 2 lit. b GesRRL [G  Art. 16 Abs. 2 Hs. 2 lit. b CBMD]). 22.163 Ist einer dieser Ausnahmetatbestände erfüllt, so erklärt Art. 133 Abs. 3 GesRRL (G Art. 16 Abs. 3 CBMD) weitgehend die Vorschriften des in der SE-VO und SERL normierten Verhandlungsmodells für anwendbar.473 Allerdings wird dieses nicht eins-zu-eins übernommen, sondern erfährt vielmehr durch Art. 133 Abs. 4–7 GesRRL (G Art. 16 Abs. 4–7 CBMD) eine Reihe signifikanter Modifikationen. ErwG 66 S. 2 GesRRL (G ErwG 13 S. 2 CBMD) begründet dies mit dem strukturellen Unterschied, dass aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung − anders als im Falle der SE − keine europäische, sondern eine nationale Rechtsform hervorgeht.474 Bei einigen Bestimmungen dürfte aber auch eine Rolle gespielt haben, dass die Vorgaben der SE-

469 Überspitzt Brandes ZIP 2008, 2193, 2195: „in sein Gegenteil verkehrt“. 470 Vgl. Teichmann Konzern 2007, 89, 91. 471 Vgl. EuGH v. 20.6.2013, Kommission ./. Niederlande, C-635/11, ECLI:EU:C:2013:408, Rn. 31 („drei … Ausnahmen“). Dazu Bayer/J. Schmidt KSzW 2014, 69, 75; dies. BB 2014, 2019, 2031; Forst EWiR 2013, 463 f.; ders. AG 2013, 588 ff.; Stiegler DB 2014, 525, 526; ders. GmbHR 2016, 406, 407 f.; Verse/Wiersch EuZW 2014, 375, 378. 472 Dazu näher Heuschmid AuA 2006, 184, 186 f.; Nagel NZG 2006, 97, 98; Seifert (Fn. 467), S. 122, 134 f.; C. Teichmann Konzern 2007, 89, 91 f.; Wooldridge (2007) 28 Co Law 118. 473 Dazu näher Beutel S. 239 ff.; Nagel/Freis/Kleinsorge/Kleinsorge Einf MgVG Rn. 14. 474 Kritisch dazu Nagel/Freis/Kleinsorge/Kleinsorge Einf MgVG Rn. 15.

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RL teilweise als unpraktikabel kritisiert worden waren (und werden, → 45.197). Die wichtigsten Unterschiede lassen sich wie folgt zusammenfassen: • Schwellenwert für die Auffangregelung: Abweichend von der SE, wo dieser bei 25 % liegt, greift die Auffangregelung erst dann ein, wenn vor der Verschmelzung mindestens einem Drittel der Arbeitnehmer Mitbestimmungsrechte zustanden (Art. 133 Abs. 3 lit. e GesRRL [G Art. 16 Abs. 3 lit. e CBMD]); letztlich handelt es sich hierbei um einen politischen Kompromiss der die Abneigung vieler Mitgliedstaaten gegen einen Zwang zum „Import“ fremder Mitbestimmungsmodelle widerspiegelt475. • Anders als bei der SE können die Organe der beteiligten Gesellschaften sich dafür entscheiden, ohne vorherige Verhandlungen unmittelbar die Auffangregelung anzuwenden (Art. 133 Abs. 4 lit. a GesRRL [G Art. 16 Abs. 4 lit. a CBMD]); mit dieser auf britische Initiative eingefügten476 Option soll der Praxis ein Weg für eine möglichst zügige Durchführung der Fusion eröffnet werden477. • Umgekehrt kann das Besondere Verhandlungsgremium (BVG) mit einer qualifizierten Mehrheit478 die Anwendung des Sitzstaatrechts ohne vorherige Verhandlungen (oder unter Abbruch laufender Verhandlungen) beschließen (Art. 133 Abs. 4 lit. b GesRRL [Art. 16 Abs. 4 lit. b CBMD]). • Im Rahmen der Auffangregelung dürfen die Mitgliedstaaten den Anteil der Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsorgan auf ein Drittel begrenzen (Art. 133 Abs. 4 lit. c GesRRL [G Art. 16 Abs. 4 lit. c CBMD]); mit dieser auf Drängen der skandinavischen Länder (speziell Dänemark) eingeführten479 Sonderregelung soll den spezifischen Problemen, die sich i.R.d. Mitbestimmung im monistischen System aufgrund der hieraus resultierenden Partizipation der Arbeitnehmervertreter an unternehmerischen Entscheidungen ergeben, Rechnung getragen werden480. • Um die Ausübung der sich aufgrund von Art. 133 GesRRL (G Art. 16 CBMD) ergebenden Mitbestimmungsrechte zu ermöglichen, muss die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ggf. eine „mitbestim-

475 Vgl. Nagel/Freis/Kleinsorge/Kleinsorge Einf MgVG Rn. 15, 18; Teichmann Konzern 2007, 89, 92; kritisch Röpke DRdA 2006, 68, 69. 476 Vgl. Heuschmid AuA 2006, 184, 188; Wiesner DB 2005, 91, 92. 477 Vgl. Brandes ZIP 2008, 2193, 2194, 2196; Heuschmid AuA 2006, 184, 188; Kisker RdA 2006, 206, 211; Menjucq (Fn. 21), S. 15, 25; Pannier EBLR 2005, 1424, 1441; Schubert RdA 2007, 9, 14; Seifert (Fn. 467), S. 122, 138, 141; Teichmann Konzern 2007, 89, 92; s. auch Bericht EP-Rechtsausschuss, A6-0089/2005, S. 43: „Dauer von Verhandlungen kann unter bestimmten Bedingungen abschreckend ... sein“ sowie die Erörterungen i.R.d. Gruppe Sozialfragen, vgl. Dok. 10934/04, S. 4. 478 Zwei Drittel seiner mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer vertretenden Mitglieder, wobei diese Arbeitnehmer in mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten vertreten müssen. 479 Vgl. Kisker RdA 2006, 206, 210; Teichmann Konzern 2007, 89, 93; Wiesner DB 2005, 91, 93; s. ferner auch Dok. 10934/04, S. 6 f. 480 Vgl. Habersack. ZHR 171 (2007) 613, 626; Heuschmid AuA 2006, 184, 188; Kisker RdA 2006, 206, 210; Teichmann Konzern 2007, 89, 92 f.; Wiesner DB 2005, 91, 92.

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mungskompatible“ Rechtsform annehmen (Art. 133 Abs. 6 GesRRL [G Art. 16 Abs. 6 CBMD]). • Perpetuierungsklausel: Eine aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft, die einem System der Arbeitnehmermitbestimmung unterliegt, muss Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer im Falle nachfolgender innerstaatlicher Verschmelzungen innerhalb eines Zeitraums von 3 Jahren481 nach Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung durch entsprechende Anwendung des Art. 133 GesRRL (G Art. 16 CBMD) geschützt werden (Art. 133 Abs. 7 GesRRL [G Art. 16 Abs. 7 CBMD]). Damit soll eine – vor allem von deutscher Seite befürchtete482 − „Flucht aus der Mitbestimmung“ verhindert bzw. zumindest erheblich erschwert werden.483 22.164 Die Praxis hat inzwischen gelernt, mit diesem CBMD-Mitbestimmungsmodell zu leben484, nicht zuletzt auch deshalb, weil es doch etwas flexibler ist als das SE-Mitbestimmungsmodell (→  22.163)485. Gleichwohl wird auch das CBMD-Mitbestimmungsmodell verbreitet als zu komplex, beschwerlich, langwierig und kostenintensiv kritisiert.486 Zudem sind viele Detailpunkte nach wie vor unklar und/oder umstritten.487 Mithin besteht ein klares Bedürfnis nach einer gründlichen Überprüfung und anschließenden Reform.488 Es gilt jedoch zu bedenken, dass das CBMD-Mitbestimmungsmodell das Resultat eines äußerst zerbrechlichen Kompromisses ist; dieses fein austarierte legislative Kompromisspaket aufzuschnüren könnte quasi die „Büchse der Pandora“ öffnen und jegliche Reformbestrebungen auf Jahre hinaus blockieren.489 Zudem ist das CBMD-Mitbestimmungsmodell eng mit Parallelregelwerken bei der SE und SCE verflochten, so dass jegliche Reform auch diese tangieren würde.490 Es scheint daher ratsam, eine Revision des CBMD-Mitbestimmungsmodells zunächst aus den aktuellen Reformüberlegungen (→ 22.11) auszuklammern.491 Ungeachtet dessen ist eine gründliche Überprüfung der Mitbestimmungsmodelle sowohl der CBMD als auch bei SE und SCE – jedenfalls mittel- bis langfristig – dringend notwendig und von ganz entscheidender Bedeutung, wenn man verhindern möchte, dass legislative 481 Zeitweise war im Rat sogar eine unbefristete Perpetuierung angedacht worden, vgl. Dok. 10934/04, S. 14; 11655/04, S. 20; Wiesner DB 2005, 91, 93. 482 Vgl. Louven/Dettmeier/Pöschke Beil. zu BB 13/2006, 1, 15; Wiesner DB 2005, 91, 93. 483 Vgl. Louven/Dettmeier/Pöschke Beil. zu BB 13/2006, 1, 15; Wiesner DB 2005, 91, 93. 484 Vgl. Bech-Bruun/Lexidale (Fn. 20), Main Findings 51; J. Schmidt (Fn. 24), S. 21. 485 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 21. 486 Vgl. Bech-Bruun/Lexidale (Fn. 20), Main Findings 52; J. Schmidt (Fn. 24), S. 21; Stiegler GmbHR 2016, 406, 412; Wooldridge (2006) 27 Co Law 309, 310; ders. (2007) 38 Co Law 118. 487 Vgl. Bech-Bruun/Lexidale (Fn. 20), Main Findings 52; J. Schmidt (Fn. 24), S. 21. 488 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 21; s. ferner auch Drygala/von Bressendorf NZG 2016, 1161, 1167. 489 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 21; s. ferner auch Drygala/von Bressendorf NZG 2016, 1161, 1167. 490 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 21. 491 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 21.

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Schlüsselprojekte (wie z.B. die SPE, → 47) auch künftig immer wieder an der Mitbestimmungsproblematik scheitern.492 3.  Deutsches Recht Der deutsche Gesetzgeber hat die mitbestimmungsrechtlichen Vorgaben der RL durch 22.165 das MgVG493 umgesetzt (→ 22.12), das sich in Systematik und Aufbau einerseits an Art. 133 GesRRL (G Art. 16 CBMD), wegen dessen weitgehender Verweisung auf die SE-RL im Übrigen aber maßgeblich am Vorbild des SEBG (→ 45.186 ff.) orientiert494. Die Perpetuierungsklausel des Art. 133 Abs. 7 GesRRL (G  Art. 16 Abs. 7 CBMD, →  22.163) wurde allerdings in § 30 MgVG nicht mittels eines Wiederauflebens der Verhandlungs- und Auffangregelung, sondern durch Anordnung einer automatischen Fortgeltung der bestehenden Regelungen über die Mitbestimmung umgesetzt; ob diese vom Gesetzgeber mit Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität begründete495 Konzeption richtlinienkonform ist, erscheint äußerst zweifelhaft496. Die Frage nach einer Ausübung der Option einer Reduktion der Mitbestimmung auf Drittelparität im monistischen System (Art. 133 Abs. 4 lit. c GesRRL [G Art. 16 Abs. 4 lit. c CBMD], (→ 22.163) stellte sich im Hinblick darauf, dass das deutsche Recht die Mitbestimmung auch bei der GmbH im Aufsichtsrat ansiedelt, von vornherein nicht.497 Die EBR-RL ist im deutschen Recht durch das EBRG umgesetzt (→ 43.8).

XII.  Fundstellenverzeichnis Grundlage

Art. 44 Abs. 2 lit. g EGV [G Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV]

Vorschläge

Entwurf eines Übereinkommmens über die Internationale Verschmelzung von Aktiengesellschaften, Dok. 529/XIV/72 = Beil. 13/73 Bull. EG (mit Bericht Goldman) = RabelsZ 39 (1975) 539 ff. = 2. Aufl., S. 351 ff.



Vorschlag einer 10. RL des Rates nach Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe g) des Vertrages über die grenz-überschreitende Verschmelzung von Aktiengesellschaften, KOM(84) 727 = BT-Drs. 10/2856 = 4. Aufl. S. 261 ff.

492 Vgl. J. Schmidt (Fn. 24), S. 21. 493 Fn.  32. 494 Vgl. BegrRegE BT-Drs. 540/06, S. 35; Habersack ZHR 171 (2007) 613, 617 f.; Nagel/ Freis/Kleinsorge/Kleinsorge Einf MgVG Rn. 31. 495 Vgl. BegrRegE BT-Drs. 540/06, S. 64. 496 Näher Habersack ZHR 171 (2007) 613, 636 ff.; Ulmer/Habersack/Henssler/Habersack § 30 MgVG Rn. 3; Schubert RdA 2007, 9, 15 f.; für Richtlinienkonformität dagegen Nagel/Freis/Kleinsorge/Kleinsorge Einf MgVG Rn. 42, § 30 MgVG Rn. 8 ff.; s. ferner auch Nagel NZG 2007, 57, 59. 497 Vgl. Habersack ZHR 171 (2007) 613, 626; Nagel NZG 2007, 57, 59; Teichmann Konzern 2007, 89, 93.

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Vorschlag für eine RL des EP und des Rates über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, 18.11.2003, KOM(2003) 703

verabschiedete Fassung

RL 2005/56/EG des EP und des Rates v. 26.10.2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABlEU v. 25.11.2005, L 310/1

Berichtigung

ABlEU v. 1.2.2008, L 28/40 [Art. 19 Abs. 1 CBMD]

ändernde Rechtsakte

RL 2009/109/EG des EP und des Rates v. 16.9.2009 zur Änderung der RLn 77/91/EWG, 78/855/EWG, 82/891/EWG des Rates sowie der RL 2005/56/EG hinsichtlich der Berichts- und Dokumentationspflicht bei Verschmelzungen und Spaltungen, ABlEU v. 2.10.2009, L 259/14



(Kommissionsvorschlag v. 24.9.2008, KOM(2008) 576)



RL 2012/17/EU des EP und des Rates vom 13.6.2012 zur Änderung der RL 89/666/EWG des Rates sowie der RL 2005/56/ EG und 2009/101/EG des EP und des Rates in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern, ABlEU v. 16.6.2012, L 156/1 [BRIS-RL]



RL 2014/59/EU des EP und des Rates v. 15.4.2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der RL 82/891/EWG des Rates, der RL 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/ EU und 2013/36/EU sowie der VO (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des EP und des Rates, ABlEU v. 12.6.2014, L 173/190 [BRRD]

Kodifizierung in der GesRRL

RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46

Umsetzung in Deutschland ursprüngliche Umsetzung

Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 19.4.2007, BGBl. I, S. 542; Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG) = Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Regelungen über die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten v. 21.12.2006, BGBl. I, 3332

RL 2009/109/EG

Drittes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 11.7.2011, BGBl. I, 1338

RL 2012/17/EU

Gesetz zur Umsetzung der RL 2012/17/EU in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern in der Europäischen Union v. 22.12.2014, BGBl. I, 2409 [BRIS-UG]

BRRD

Gesetz zur Umsetzung der RL 2014/59/EU des EP und des Rates v. 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der RL 82/891/EWG des Rates, der RL 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG,

§ 23 EU-Bilanz-RL

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2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des EP und des Rates (BRRD-Umsetzungsgesetz) v. 10.12.2014, BGBl. I, 2091 Gesetz zur Neuordnung der Aufgaben der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA-Neuordnungsgesetz – FMSANeuOG) v. 23.12.2016, BGBl. I, 3171

§ 23 EU-Bilanz-RL RL 2013/34/EU des EP und des Rates vom 26.6.2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der RL 2006/43/EG des EP und des Rates und zur Aufhebung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, ABlEU v. 29.6.2013, L 182/19 Literatur: 4. (Bilanz-)RL: Baetge, Jörg/Kirsch, Hans-Jürgen/Thiele, Stefan, Bilanzen, 11. Aufl. 2011; Bartholomew, E.G./Welchman, A.D., The fourth directive: Its effects on the annual accounts of companies in the European Economic Community, 1980; Biener, Herbert, Die Transformation der Mittelstands- und der GmbH & Co.-Richtlinie, WPg 1993, 707; Bird, Peter, What is „a true and fair view“?, JBL 1984, 480; Brönner, Herbert, Die Harmonisierung von Rechnungslegung und Abschlußprüfung in der Europäischen Gemeinschaft (EG) aus der Sicht der Wirtschaftsprüfer, BFuP 1981, 500; Cordoliani, H.F.A., La normalisation communautaire des comptes annuels des sociétés, JCP CI 1979.II.297; Eisele, Wolfgang, Der Jahresabschluß nach dem Bilanzrichtliniegesetz. Strukturmerkmale im Vergleich zur 4. EG-Richtlinie und zum bisher geltenden Recht, BB 1986, 493; Ellrott, Helmut et al. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar, 7. Aufl. 2010; Everling, Ulrich, Zur Unzulässigkeit von Übergangsmaßnahmen für Abschlußprüfer bei der Umsetzung der GmbH & Co KG-Richtlinie, ZGR 1993, 153; Hennrichs, Joachim, Stand und Perspektiven des Europäischen Bilanzrechts, GmbHR 2011, 1065; Jonas, Heinrich H., Die EG-Bilanzrichtlinie: Grundlagen und Anwendung in der Praxis, 1980; Kirchner, Christian/Schwartze, Andreas, Umsetzung der EG-Rechnungslegungsrichtlinien in nationales Recht – Die Ausübung der Wahlrechte durch die Mitgliedstaaten −, WPg 1985, 397; Kirsch, Hans-Jürgen, Vom Bilanzrichtlinien-Gesetz zum Transparenz- und Publizitätsgesetz – die Entwicklung der deutschen Bilanzierungsnormen in den vergangenen 20 Jahren −, WPg 2002, 743; Kloos, Gerhard, Die Transformation der 4. EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie) in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, 1992; Küntzel, Wolfram, Das neue Bilanzrecht: Grundlagen und Ziele sowie ak­ tien- und steuerrechtliche Probleme der EG-Bilanzrichtlinie, 1982; Moxter, Adolf, Grundwertungen in Bilanzrechtsordnungen – ein Vergleich von überkommenem deutschen Bilanzrecht und Jahresabschlußrichtlinie, in: Budde, Wolfgang Dieter/Moxter, Adolf/Offerhaus, Klaus (Hrsg.), Handelsbilanzen und Steuerbilanzen, Festschrift zum 70. Geburtstag von Prof. Dr. h. c. Heinrich Beisse, 1997, S. 347; ders., Zur Interpretation des True-and-fair-view-Gebots der Jahresabschlußrichtlinie, in: Fischer, Thomas R./Hömberg, Reinhold (Hrsg.), Festschrift zum 60. Geburtstag von Jörg Baetge, Jahresabschluß und Jahresabschlußprüfung, 1997, S. 97; Niehus, Rudolf J., Die Vierte Gesellschaftsrechtliche Richtlinie – Harmonisierung des Jahresabschlusses vor internationalem Hintergrund, WPg 1978, 465; ders., Zur Harmonisierung der Rechnungslegung in der EG, WPg 1987, 248; ders., Zur Transformation der 4. EG-(Bilanz-)Richtlinie in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft – Überblick und erste Würdigung −, ZGR 1985, 536; Niessen, Hermann, Zur Angleichung des Bilanzrechts in der Europäischen Gemein-

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schaft, RabelsZ 48 (1984) 81; Nobes, Christopher, The harmonisation of company law relating to the published accounts of companies, (1980) 5 E.L. Rev. 38; Savage, N., Law and Accounting − the Impact of EEC Directives on Company Law (1), (1980) 1 Co Law 24; Schön, Wolfgang, Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, ZGR 2000, 706; Schruff, Wienand, Stand und Perspektiven des Europäischen Bilanzrechts, ZEW 184 (2011) 1; Strobel, Wilhelm, Die Brüsseler Neuerungen der EG-Bilanzpflichten, Stbg 1988, 386; ders., Weiterführung der EG-Bilanzreform mit der Prüfungspflicht der GmbH & Co.KG, DStR 1993, 1641; de Vallois, C., The Fourth Company Law Directive on the Annual Accounts of Limited Liability Companies, (1979) 4 DPIC 405; Van Hulle, Karel, The EEC Accounting Directives in perspective: problems of harmonization, (1981) 18 C.M.L. Rev. 121. 7. (Konzernbilanz-)RL: Albach, Horst/Klein, Günter (Hrsg.), Harmonisierung der Konzernrechnungslegung in Europa, 1990; Biener, Herbert, Die Konzernrechnungslegung nach der Siebten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften über den Konzernabschluss, Beil. zu DB 35/1983; Biener, Herbert/Schatzmann, Jürgen, Konzern-Rechnungslegung. Erläuterungen zur 7. EG-Richtlinie (Konzernbilanzrichtlinie) sowie eine synoptische Darstellung der Entstehung der Richtlinie und weitere Materialien, 1983; Busse von Colbe, Walter/Ordelheide, Dieter/Gebhardt, Günther/Pellens, Bernhard, Konzernabschlüsse, 9. Aufl. 2010; Cooke, T.E., The Seventh Directive – an accountant’s perspective, (1984) 9 E.L. Rev. 143; Küting, Karlheinz/Lam, Siu, Bilanzierungspraxis in Deutschland, DStR 2011, 991; Niehus, Rudolf J., VorBemerkungen zu einer Konzernbilanzrichtlinie, WPg 1984, 285 u. 320; Niessen, Hermann, La proposition de septième directive concernant les comptes du groupe, (1981) 17 CDE 26; ders., Zur Angleichung des Bilanzrechts in der Europäischen Gemeinschaft, RabelsZ 48 (1984) 81; ders., Zur Entstehung eines europäischen Konzernbegriffs für die Rechnungslegung, in: Lanfermann, Josef (Hrsg.), Internationale Rechnungslegung. Festschrift zum 65. Geburts­tag von Prof. Dr. Dr. H. c. Hans Havermann, 1995, S. 581; Nobes, Christopher, The harmonisation of company law relating to the published accounts of companies, (1980) 5 E.L. Rev. 38; Pellens, Bernhard/Fülbier, Rolf Uwe/Gassen, Joachim/Sellhorn, Thorsten, Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl. 2011; Pennington, Robert, Consolidated accounts: the Seventh Directive, (1984) 5 Co Law 63; Petite, Michel, The conditions for consolidation under the 7th Company Law Directive, (1984) C.M.L. Rev. 81; Pevtchin, G. J., La proposition de septième directive sur les comptes du groupe, (1981) 17 CDE 38; Savage, N., Law and Accounting − the Impact of EEC Directives on Company Law (2), (1980) 1 Co Law 91; Schön, Wolfgang, Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, ZGR 2000, 706; Timmermans, C.W.A., Les comptes consolidés dans la CEE, (1977) 55 RIDC 341; Van Hulle, Karel, The EEC Accounting Directives in perspective: problems of harmonization, (1981) 18 C.M.L. Rev. 121; Wooldridge, Frank, The EEC Council Seventh Directive on Consolidated Accounts, (1988) 37 ICLQ 714. EU-Bilanz-RL: Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, Überlegungen zur Umsetzung der EU-Bilanzrichtlinie RL 2013/34/EU vom 26.6.2013 in deutsches Recht, NZG 2014, 892; Beckmann, Hans, The New EU-Directive on Annual and Consolidated Financial Statements and Related Management Reports, (2013) 10 ECL 199; Blöink, Thomas, Auswirkungen geänderter Vorschriften der 4. und 7. EU-Richtlinie auf die handelsrechtliche Rechnungslegung, WPg 2012, 299; ders., Die Reform der EU-Bilanzrichtlinien, KSzW 2013, 318; Haaker, Andreas, Genossenschaften als berichtspflichtige Unternehmen von öffentlichem Interesse („public-interest entities“) im Sinne der neuen Rechnungslegungsrichtlinie?, ZfgG 63 (2013) 291; Hirschberger, Wolfgang/Leuz, Norbert, Der Grundsatz der Wesentlichkeit bei der Jahresabschlusserstellung, DB 2012, 2529; Jessen, Ulf/Haaker, Andreas, Implikationen der neuen Rechnungslegungsrichtlinie für die Fortentwicklung des deutschen Bilanzrechts, DB 2013, 1617; Kreipl, Markus, Neue EU-Bilanzrichtlinie verabschiedet: Was sind die wesentlichen Änderungen?, BC 2013, 399; Lanfermann, Georg, EU-Rechnungslegungsrichtlinie: Zum Handlungsbedarf des deutschen Gesetzgebers, WPg 2013, 849; Luttermann, Claus, Neue Bilanzrichtlinie: Europäisches Bewertungsrecht in prozessualer Praxis, NZG 2013, 1128; ders.,

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Polnisches Bilanzrecht und die Europäische Bilanzrichtlinie (2013/34/EU), RIW 2014, 556; Meyer, Claus, Überarbeitung und Zusammenfassung der Vierten und Siebten EG-Richtlinie, DStR 2012, 315; Mosel, Raoul/Peters, Karoline, Die neue EU-Bilanzrichtlinie: Stärkung des Vertrauens in Jahres- und Konzernabschlüsse?, GWR 2014, 97; Scheffler, Eberhard, Vorschlag für eine neue EU-Bilanzrichtlinie, AG 2011, R425; Søgaard, Gitte, Introduction of a group definition in the new Accounting Directive: the impact on future accounting regulation, (2014) 11 ECL 232; Stute, Andreas, Synoptischer Vergleich der Rechnungslegungsrichtlinie (RL 2013/34/EU) mit geltendem Handelsrecht, StB 2013, 442; 2014, 26; Velte, Patrick, Die neue EU-Bilanzrichtlinie – Wesentliche Änderungen der europäischen Rechnungslegung im Einzelabschluss und Einfluss auf das deutsche Handelsrecht –, GmbHR 2013, 1125; ders., Die Bedeutung des Wesentlichkeitsprinzips in den Rechnungslegungs- und Prüfungsnormen. Eine rechtsvergleichende Bestandsaufnahme vor dem Hintergrund der EU-Rechnungslegungsrichtlinie 2013/34/EU, EWS 2014, 142; ders., Divergenz der Ansatz- und Bewertungskonzeptionen für den derivativen Goodwill in der internationalen Rechnungslegung. Eine Analyse vor dem Hintergrund der neuen europäischen Bilanzrichtlinie 2013/34/EU, RIW 2014, 112; ders., (Un)geprüfte Nachhaltigkeitsinformationen im (Konzern-)Lagebericht nach der modifizierten EU-Rechnungslegungsrichtlinie?, NZG 2014, 1046; Wengerofsky, Timmy, Abweichungen von den Bewertungsgrundsätzen der EU-Bilanzrichtlinie 2013/34/EU − Erfordernis zur Neuinterpretation der „begründeten Ausnahmefälle“ i.S.d. § 252 Abs. 2 HGB? −, DB 2015, 873; ders., Die neue Stetigkeitsforderung des Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der EU-Bilanzrichtlinie 2013/34/EU Implikationen und Konsequenzen für das deutsche Handelsbilanzrecht, StuB 2015, 172; Zülch, Henning/Güth, Simon/Stamm, Andreas, Der Entwurf einer neuen Bilanzrichtlinie – Implikationen für die künftige Ausgestaltung des Europäischen Bilanzrechts, DB 2012, 413; Zwirner, Christian, EU-Bilanzrechtsreform: Änderungen der EU-Richtlinien zur Rechnungslegung. Entwurf zur Zusammenfassung und Überarbeitung der Bilanz- und Konzernbilanzrichtlinie, StuB 2014, 315; ders., Neue Rechnungslegungsvorschriften ab 2016. EU-Rechnungslegungsrichtlinie: Zusammenfassung und Überarbeitung der Bilanz- und Konzernbilanzrichtlinie, DStR 2014, 439. CSR-RL: Ahern, Deirdre, Turning up the heat? EU sustainability goals and the role of reporting under the non-financial reporting directive, ECFR 2016, 599; de Roo, Koen H.M., The role of the EU directive on non-financial disclosure in human rights reporting, (2015) 12 ECL 278; Eufinger, Alexander, Die neue CSR-Richtlinie – Erhöhung der Unternehmenstransparenz in Sozial- und Umweltbelangen; EuZW 2015, 424; Glaser, Andreas, Corporate Social Responsibility (CSR): Erweiterung der (Lage-)Berichterstattung um nicht-finanzielle Informationen zur Erhöhung der Unternehmenstransparenz in Umwelt- und Sozialbelangen, IRZ 2015, 55; Hakelmacher, Sebastian, Die Ent-Zifferung der Rechnungslegung, WPg 2017, 222; Hommelhoff, Peter, Nichtfinanzielle Ziele in Unternehmen von öffentlichem Interesse − Die Revolu­ tion übers Bilanzrecht −, in: Bork, Reinhard/Kayser, Godehard/Kebekus, Frank (Hrsg.), Festschrift für Bruno Kübler zum 70. Geburtstag, 2015, S. 291; Kleinmanns StuB 2014, 891; Lanfermann, Georg, EU-Richtlinie zur Angabe von nichtfinanziellen Informationen, WPg 2015, 322; Meeh-Bunse, Gunther/Hermeling, Anke/Schomaker, Stefan, CSR-Richtlinie: Inhalt und potentielle Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen. Berichterstattung von Unternehmen über nichtfinanzielle Leistungsindikatoren DStR 2016, 2769; Quinn, John/Connolly, Barry, The non-financial information directive: an assessment of its impact on corporate social responsibility, (2017) 14 ECL 15; Rehbinder, Eckard, Unternehmenspublizität im Zeichen sozialer Verantwortung der Unternehmen. Zur CSR-Richtlinie der Europäischen Union, FS Baums, 2017, S. 959; Roth-Mingram, Berrit, Corporate Social Responsibility (CSR) durch eine Ausweitung der nichtfinanziellen Informationen von Unternehmen, NZG 2015, 1341 ff.; Schmidt, Matthias, Wie weit reichen die Berichtspflichten der CSR-Richtlinie? Lageberichterstattung über Nachhaltigkeitsaspekte vor dem Hintergrund der CSR-Richtlinie, AnwBl. 2016, 390; Schön, Wolfgang, Der Zweck der Aktiengesellschaft – geprägt durch europäisches Gesellschaftsrecht?, ZHR 180 (2016) 279; Spießhofer, Birgit, Die neue europäische Richtlinie über die Offenlegung nichtfinanzieller Informationen – Paradigmenwechsel oder Papiertiger?, NZG

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2014, 1281; Szabó, Dániel Gergely/Sørensen, Karsten Engsig, New EU Directive on the disclosure of non-financial information (CSR), ECFR 2015, 307; dies., Non-financial reporting, CSR frameworks and groups of undertakings – application and consequences, N&ECL 16-01. Rechtsprechung: Europäische Gerichte: EuGH v. 27.6.1996, Tomberger, C-234/94, ECLI:EU:C:1996:252 EuGH v. 22.4.1999, Kommission ./. Deutschland, 272/97, ECLI:EU:C:1999:195 EuGH v. 14.9.1999, DE + ES Bauunternehmung, C-275/97, ECLI:EU:C:1999:406 EuGH v. 15.1.2002, Lutz, C-182/00, ECLI:EU:C:2002:19 EuGH v. 7.1.2003, BIAO, C-306/99, ECLI:EU:C:2003:3 EuGH v. 23.9.2004, Axel Springer, C-435/02 u. C-103/03, ECLI:EU:C:2004:552 EuGH v. 3.5.2005, Berlusconi, C-387/02, C-403/02 u. C-391/02, ECLI:EU:C:2005:270 EuGH v. 4.5.2006, Mulliez u.a., C-23/03, C-52/03, C-133/03, C-337/03 u. C-473/03, ECLI:EU:C:2006:285 EuG v. 21.6.2006, Danzer ./. Rat, T-47/02, ECLI:EU:T:2006:167 EuGH v. 26.9.2013, Texdata, C-418/11, ECLI:EU:C:2013:588 EuGH v. 3.10.2013, GIMLE, C-322/12, ECLI:EU:C:2013:632 EuGH v. 6.2.2014, C-528/12, Mömax Logistik, ECLI:EU:C:2014:51 EuGH v. 6.3.2014, C-510/12, Bloomsbury, ECLI:EU:C:2014:154 EuGH v. 18.6.2015, C‑508/13, Estland v. EP und Rat, ECLI:EU:C:2015:403 EuGH v. 15.6.2017, Immo Chiaradia, C-444/16 und C-445/16, ECLI:EU:C:2017:465

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I.  Genese und Ratio 1.  Grundgedanken und Inhalt im Überblick

23.1 Die EU-Bilanz-RL1 harmonisiert die Vorschriften für Jahresabschlüsse und Konzernabschlüsse von Kapitalgesellschaften und Kapitalgesellschaften & Co. Sie löste für ab dem 1.1.2016 beginnende Geschäftsjahre die 4. (Bilanz-)RL (→ 23.4) und die 7. (Konzernbilanz-)RL (→ 23.5) ab und bildet seitdem das neue „Grundgesetz“2 der EU-Rechnungslegung. Die EU-Bilanz-RL statuiert Vorgaben für Struktur und Inhalt von Jahresab23.2 schlüssen (→ 23.27 ff.) sowie von konsolidierten Abschlüssen (→ 23.44 ff.). Zudem regelt sie deren Offenlegung (→ 23.57 f.) und das Erfordernis der Abschlussprüfung (→ 23.53 ff.). Schließlich verpflichtet sie bestimmte Unternehmen des Rohstoffsektors zum Country-by-Country-Reporting (→ 23.60 f.). Die EU-Bilanz-RL wird allerdings partiell durch die IFRS-VO (→ 24) überlagert. 23.3

1  RL 2013/34/EU des EP und des Rates vom 26.6.2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der RL 2006/43/EG des EP und des Rates und zur Aufhebung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, ABlEU v. 29.6.2013, L 182/19. 2 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1224; Zwirner DStR 2014, 439.

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2.  Von der 4. (Bilanz-)RL und 7. (Konzernbilanz-)RL zur EU-Bilanz-RL a)  Die 4. (Bilanz-)RL Die Kommission legte bereits im November 1971 einen Vorschlag für eine 4. RL über 23.4 den Jahresabschluss von Gesellschaften3 vor; 1974 folgte ein geänderter Vorschlag4. Nach ungewöhnlich schwierigen und ständig vom Scheitern bedrohten Verhandlungen konnte die RL schließlich am 25.7.1978 verabschiedet werden5. Durch das EWRAbkommen wurde ihr Anwendungsbereich m.W.v. 1.1.1994 bzw. 1.5.19956 auch auf die EWR-Staaten ausgedehnt.7 b)  Die 7. (Konzernbilanz-)RL Die Kommission hatte ihren ersten Vorschlag für eine RL über den konsolidierten 23.5 Abschluss8 bereits am 4.4.1976 an den Rat übermittelt, legte dann aber aufgrund zahlreicher und teilweise auch sehr kritischer Stellungnahmen am 12.12.1978 einen stark geänderten Vorschlag9 vor. Auch dieser unterlag jedoch heftiger Kritik; bis zur Verab3  Vorschlag einer Vierten RL (EWG) des Rates aufgrund von Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe g zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter hinsichtlich der Gliederung und des Inhalts des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie hinsichtlich der Bewertungsmethoden und der Offenlegung dieser Dokumente vorgeschrieben sind, 16.11.1971, KOM(71) 1232 = BR-Drs. VI/2875. 4  Geänderter Vorschlag einer Vierten RL (EWG) des Rates aufgrund von Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe g zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter hinsichtlich der Gliederung und des Inhalts des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie hinsichtlich der Bewertungsmethoden und der Offenlegung dieser Dokumente vorgeschrieben sind, 21.2.1974, KOM(74) 191. 5  Vierte RL 78/660/EWG des Rates v. 25.7.1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, ABlEG v. 14.8.1978, L 222/11. Dazu Bartholomew/Welchman, The fourth directive: Its effects on the annual accounts of companies in the European Economic Community, 1980; Bird JBL 1984, 480, 484 f.; Eisele DB 1986, 493 ff.; Jonas, Die EG-Bilanzrichtlinie: Grundlagen und Anwendung in der Praxis, 1980; Kirchner/Schwartze Wpg 1985, 397 ff.; Kloos, Die Transformation der 4. EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie) in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, 1992; Ladenburg DB 1978, 1361 ff. u. 1409 ff.; Niehus WPg 1978, 465 ff.; ders. ZGR 1985, 536 ff.; ders. WPg 1987, 249 ff.; Niessen RabelsZ 48 (1984) 81 ff.; Nobes (1980) 5 E.L. Rev. 38 ff.; Savage (1980) 1 Co Law 24 ff.; Schön ZGR 2000, 706, 715 ff.; de Vallois (1979) 4 DPIC 405 ff.; Van Hulle (1981) 18 C.M.L. Rev. 121 ff. 6  Für Island und Norwegen (sowie für Finnland, Österreich, Schweden, die aber inzwischen zur EU gehören) zum 1.1.1994, für Liechtenstein zum 1.5.1995. 7  Vgl. Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum − Anhang XXII, Nr. 4 (ABlEG v. 3.1.1994, L 1/3). 8  Vorschlag einer 7. RL aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des EWG-Vertrages für den Konzernabschluß, 28.4.1976, KOM(76) 170 = BT-Drs. 7/5221. 9 Geänderter Vorschlag einer 7. RL aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des EWG-Vertrages für den Konzernabschluß, 12.12.1978, KOM(78) 703. Vgl. dazu Niessen

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schiedung der 7. (Konzernbilanz-)RL am 13.6.198310 erfolgten noch zahlreiche Änderungen. Durch das EWR-Abkommen wurde der Anwendungsbereich der RL m.W.v. 1.1.1994 bzw. 1.5.199511 auch auf die EWR-Staaten ausgedehnt.12 Die europaweite Einführung des konsolidierten Abschlusses mit Anhang und 23.6 Lagebericht, seiner Prüfung und Publizität war zu ihrer Zeit ein Ereignis – war dieser konsolidierte Abschluss in vielen Mitgliedstaaten (anders als im UK und in Deutschland) doch noch unbekannt. Die RL hat darüber hinaus auch die Gruppe und den Konzern als legale Form der Organisation von Unternehmen (mittelbar) anerkannt; gleichzeitig hat sie akzeptiert, dass die Einzelabschlüsse in der Gruppe zu irrigen finanziellen Betrachtungen führen können und ein zuverlässiger Abschluss mit einem wirklichen true and fair view deshalb nur dann erreicht werden kann, wenn die Gruppe dafür wie ein einziges Unternehmen behandelt wird. c)  Änderungen 23.7 Das Europäische Bilanzrecht war von Anfang an „Bilanzrechtsreform in Permanenz“13. Eine erste Anhebung der Schwellenwerte erfolgte bereits durch die RL 84/569/EWG14. Die nächsten Modifikationen erfolgten i.R.d. ZNRL (→ 26). Die sog. MittelstandsRL 90/604/EWG15 brachte eine Reihe von Erleichterungen für kleine und mittlere Gesellschaften.16 Durch die KapCo-RL 90/605/EWG17 erfolgte die – lange äußerst umstrittene − Einbeziehung der Kapitalgesellschaften & Co. in den Anwendungsbe (1981) 17 CDE 26 ff.; Nobes (1980) 5 E.L. Rev. 38 ff.; Pevtchin (1981) 17 CDE 38 ff.; Savage (1980) 1 Co Law 91 ff.; Timmermans (1977) 55 RIDC 341 ff.; Van Hulle (1981) 18 C.M.L. Rev. 121, 130 ff. 10 Siebente RL 83/349/EWG des Rates v. 13.6.1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluß, ABlEG v. 18.7.1983, L 193/1. Dazu Biener Beil. zu DB 35/1983; Biener/Schatzmann, Konzern-Rechnungslegung, 1983; Cooke (1984) 9 E.L. Rev. 143 ff.; Niehus WPg 1984, 285 ff. u. 320 ff.; Niessen RabelsZ 48 (1984) 81 ff.; ders. FS Havermann, 1995, S. 581 ff.; Pennington (1984) 5 Co Law 63 ff.; Petite (1984) C.M.L. Rev. 81 ff.; Schön ZGR 2000, 706, 719 ff.; Wooldridge (1988) 37 ICLQ 714 ff. 11 Vgl. Fn. 6. 12 Fn. 7. 13 Vgl. J. Schmidt, in: Bayer (Hrsg.), Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in den Beratungen des deutschen Juristentages, 2010, S. 407, 481. 14 RL 84/569/EWG des Rates v. 27.11.1984 zur Änderung der in ECU ausgedrückten Beträge der RL 78/660/EWG, ABlEG v. 4.12.1984, L 314/28. Dazu Brönner BFuP 1981, 500, 502 ff.; Moxter FS Beisse, 1997, S. 347 ff.; ders. FS Baetge, 1997, S. 97 ff. 15 RL 90/604/EWG des Rates v. 8.11.1990 zur Änderung der RL 78/660/EWG über den Jahresabschluß und der RL 83/349/EWG über den konsolidierten Abschluß hinsichtlich der Ausnahme für kleine und mittlere Gesellschaften sowie der Offenlegung von Abschlüssen in Ecu, ABlEG v. 16.11.1990, L 317/57. Vgl. dazu Strobel DStR 1993, 1641 ff.; zum Entwurf (KOM(88) 292): Strobel Stbg 1988, 386 ff. 16 Vgl. dazu näher 4. Aufl. S. 144 f.; s. ferner Biener WPg 1993, 707 ff. 17 RL 90/605/EWG des Rates vom v. 8.11.1990 zur Änderung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG über den Jahresabschluß bzw. den konsolidierten Abschluß hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs, ABlEG v. 16.11.1990, L 317/60.

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reich.18 Die RL 94/8/EG19 und die RL 1999/60/EG20 brachten jeweils weitere Anhebungen der Schwellenwerte. Die sog. Fair Value-RL21 führte für Finanzinstrumente den Wertansatz zum Zeitwert (fair value) ein. Durch die RL 2003/38/EG22 wurden die Schwellenwerte erneut turnusmäßig angehoben. Durch die sog. Modernisierungs-RL 2003/51/EG23 erfolgte eine Annäherung an die internationalen Rechnungslegungsstandards. Zu Änderungen der RL führte ferner auch die neue APRL (→ 25). Signifikante Neuerungen brachte aber auch die RL 2006/46/EG24, mit der vor dem Hintergrund zahlreicher Bilanzskandale das Vertrauen in die Richtigkeit und Vollständigkeit der Rechnungslegung wieder gestärkt werden sollte. Regelungsschwerpunkte waren: Die Etablierung eines Mindestrahmens der Verantwortung und Haftung der Organe für die Rechnungslegung, die Einführung des Corporate Governance-Statements, Pflichten zur Offenlegung von related party transactions, Angabepflichten für bestimmte außerbilanzielle Geschäfte sowie eine weitere Erhöhung der Schwellen­ werte.25 Die Änderung durch die RL 2009/49/EG26 brachte Erleichterungen für mittlere Gesellschaften bei der Offenlegung. Die Micro-RL27 eröffnete den Mitgliedstaaten eine Reihe von Optionen für Erleichterungen zugunsten von sog. microentities

18 Vgl. dazu näher 4. Aufl. S. 143 f.; s. ferner: Biener WPg 1993, 707, 709 ff.; Everling ZGR 1993, 153 ff.; Strobel DStR 1993, 1641 ff. 19 RL 94/8/EG des Rates v. 21.3.1994 zur Änderung der in Ecu ausgedrückten Beträge der RL 78/660/EWG, ABlEG v. 25.3.1994, L 82/33. 20 RL 1999/60/EG des Rates v. 17.6.1999 zur Änderung hinsichtlich der in Ecu ausgedrückten Beträge der RL 78/660/EWG, ABlEG v. 26.6.1999, L 162/65. 21 RL 2001/65/EG des EP und des Rates v. 27.9.2001 zur Änderung der RL 78/660/EWG, 83/349/EWG und 86/635/EWG des Rates im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen und von Banken und anderen Finanzinstituten zulässigen Wertansätze, ABlEG v. 27.10.2001, L 283/28. 22 RL 2003/38/EG des Rates v. 13.5.2003 zur Änderung der RL 78/660/EWG über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich der in Euro ausgedrückten Beträge, ABlEU v. 15.5.2003, L 120/22. 23 RL 2003/51/EG des EP und des Rates v. 18.6.2003 zur Änderung der RL 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen, ABlEU v. 17.7.2003, L 178/16. 24 RL 2006/46/EG des EP und des Rates v. 14.6.2006 zur Änderung der RL des Rates 78/660/ EWG über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, 83/349/ EWG über den konsolidierten Abschluss, 86/635/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen, ABlEU v. 16.8.2006, L 224/1. 25 Vgl. dazu 5. Aufl., § 10 Rn. 13 ff. m.w.N. 26 RL 2009/49/EG des EP und des Rates v. 18.6.2009 zur Änderung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates im Hinblick auf bestimmte Angabepflichten mittlerer Gesellschaften sowie die Pflicht zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses, ABlEU v. 26.6.2009, L 164/42. 27 RL 2012/6/EU des EP und des Rates vom 14. März 2012 zur Änderung der RL 78/660/ EWG des Rates über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich Kleinstbetrieben, ABlEU v. 23.3.2012, L 81/3 [Micro-RL].

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(Kleinstkapitalgesellschaften).28 Ferner waren im Falle des Beitritts neuer Mitgliedstaaten jeweils Anpassungen erfolgt.29 d)  Die Konsolidierung des EU-Rechnungslegungsrechts in der EU-Bilanz-RL 23.8 Nach Anwendungsbeginn der IFRS-VO (→ 24) initiierte die Kommission eine „Generalüberholung“ der 4. (Bilanz-)RL und 7. (Konzernbilanz-)RL, im Rahmen derer diese unter dem Motto „think small first“ vereinfacht werden sollten. Im Februar 2009 wurde gleichzeitig der Entwurf für die − dann 2012 verabschiedete − Micro-RL (→ 23.7) vorgelegt und eine Konsultation für eine umfassendere Reform eingeleitet.30 Auf der Basis weiterer Konsultationen interessierter Kreise31 sowie verschiedener Studien32 legte die Kommission dann am 25.10.2011 einen Vorschlag33 für eine Reform und Ersetzung der 4. (Bilanz-)RL und 7. (Konzernbilanz-)RL durch eine neue einheitliche EU-Bilanz-RL vor. Nach teils durchaus kontroversen Beratungen wurde die neue EU-Bilanz-RL34 schließlich am 26.6.2013 verabschiedet. Durch Beschluss 28 Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 6; Lanfermann BB 2012, 1209 ff.; Scheffler AG 2012, R127; Verse EuZW 2013, 336, 339. 29 Vgl. Fundstellenverzeichnis. 30 Konsultationsseite: . 31 Neben einer öffentlichen Konsultation zu IFRS für KMU (→ 24.19) fanden u.a. Konsultationen mit der EFRAG, dem ARC sowie mehrere Fachsitzungen mit Stakeholdern statt, vgl. KOM(2011) 684, S. 3. 32 EFRAG, Advice on compatibility of the IFRS for SMEs and the EU Accounting Directives, 28.5.2010 (); Centre for Strategy & Evaluation Services, 4th Company Law Directive and IFRS for SME, Final Report October 2010, (); Cna Interpretra s.r.l., Study on Accounting requirements for SMEs, 30.6.2011 (). 33 Vorschlag für eine RL des EP und des Rates über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen, KOM(2011) 684; Begleitdokumente: SEC(2011) 1289; SEC(2011) 1290. KOM(2011) 684. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 5 f.; Blöink WPg 2012, 299 ff.; Hirschberger/Leuz DB 2012, 2529 ff.; Hooijer WPg 24/2011, Editorial; Meyer DStR 2012, 315 ff.; Scheffler AG 2011, R425 f.; Verse EuZW 2013, 336, 339; Zülch/Güth/Stamm DB 2012, 413 ff.; Zwirner StuB 2014, 315 ff. 34 RL 2013/34/EU des EP und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der RL 2006/43/EG des EP und des Rates und zur Aufhebung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, ABlEU v. 29.6.2013, L 182/19. Dazu Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaften NZG 2014, 892 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1223 f.; Beckmann (2013) 10 ECL 199 ff.; Blöink KSzW 2013, 318 ff.; Haaker ZfgG 63 (2013) 291 ff.; Jessen/Haaker DB 2013, 1617 ff.; Kreipl BC 2013, 399 ff.; Lanfermann WPg 2013, 849 ff.; Luttermann NZG 2013, 1128 ff.; Luttermann RIW 2014, 556 ff.; Mosel/Peters GWR 2014, 97 ff.; Søgaard (2014) 11 ECL

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v. 30.10.2015 wurde ihr Anwendungsbereich auf die EWR-Staaten ausgedehnt.35 Die EU-Bilanz-RL gilt für Geschäftsjahre, die am 1.1.2016 oder während des Kalenderjahres 2016 beginnen (vgl. Art. 53 EU-Bilanz-RL). Die EU-Bilanz-RL beschränkte sich nicht nur auf eine Konsolidierung der EU- 23.9 Bilanzvorschriften in einem einheitlichen Rechtsakt, sondern brachte auch eine ganze Reihe von Neuerungen und Modifikationen.36 Kernpunkte waren: die Vollharmonisierung der Größenkriterien (→ 23.23), umfangreiche Vereinfachungen für kleine Unternehmen, die verbindliche Statuierung der allgemeinen Grundsätze der „Wesentlichkeit“ (materiality) und der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ (substance over form) (→ 23.26) sowie die Einführung des Country-by-Country-Reporting für bestimmte Unternehmen des Rohstoffsektors (→ 23.60 f.).37 3.  Änderungen Im Jahr 2014 erfolgte bereits die erste Änderung der EU-Bilanz-RL: Durch die CSR- 23.10 RL38 wurden bestimmte große Unternehmen und Konzerne zur Aufnahme einer Erklärung zur Corporate Social Responsibility (CSR) in den (Konzern-)Lagebericht verpflichtet (→ 23.37 ff., 23.50); durch die RL 2014/102/EU39 wurden die Anhänge an den Beitritt Kroatiens angepasst.

232 ff.; Stute StB 2013, 442 ff.; 2014, 26 ff.; Velte GmbHR 2013, 1125 ff.; ders. EWS 2014, 142 ff.; ders. RIW 2014, 112 ff.; ders. NZG 2014, 1046 ff.; Wengerofsky DB 2015, 873 ff.; ders. StuB 2015, 172 ff.; Zwirner DStR 2014, 439 ff. 35 Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 293/2015 v. 30.10.2015 zur Änderung des Anhangs XXII (Gesellschaftsrecht) des EWR-Abkommens, ABlEU v. 22.6.2017, L 161/87. 36 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1224. 37 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1224. 38 RL 2014/95/EU des EP und des Rates v. 22.10.2014 zur Änderung der RL 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen, ABlEU v. 15.11.2014, L 330/1 [CSR-RL]. Dazu Ahern ECFR 2016, 599 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1736; de Roo (2015) 12 ECL 278 ff.; Eufinger EuZW 2015, 424 ff.; Fink/R. Schmidt DB 2015, 2157, 2161 ff.; Glaser IRZ 2015, 55 ff.; Hachez JDE 2016, 378, 383 f.; Hakelmacher WPg 2017, 222 ff.; Hommelhoff NZG 2015, 1329, 1330 f.; ders. FS Kübler, 2015, S. 291 ff.; Kleinmanns StuB 2014, 891 ff.; Kroker CCZ 2015, 120, 123 ff.; Lanfermann WPg 2015, 322 ff.; Lübke FS Müller-Graff, 2015, S. 266 ff.; Meeh-Bunse/Hermeling/Schomaker DStR 2016, 2769 ff.; Müller/Stawinoga/Velte DB 2015, 2217 ff.; Quinn/Connolly (2017) 14 ECL 15 ff.; Rehbinder FS Baums, 2017, S. 959 ff.; Roth-Mingram NZG 2015, 1341 ff.; dies. RIW 3/2015, I; Scheffler AG 2014, R354 f.; ders. AG 2015, R109; M. Schmidt AnwBl. 2016, 390 ff.; Schön ZHR 180 (2016) 279 ff.; Spießhofer NZG 2014, 1281 ff.; Szabó/Sørensen ECFR 2015, 307 ff.; dies. N&ECL 16-01; dies. N&ECL 16-06; Verse/Wiersch EuZW 2016, 330, 334; Voland BB 2015, 67, 73 ff. 39 RL 2014/102/EU des Rates vom 7.11.2014 zur Änderung der RL 2013/34/EU des EP und des Rates über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABlEU v. 21.11.2014, L 334/86.

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23.11

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Zudem ist bereits eine weitere Änderung geplant: Im April 2016 hat die Kommission zudem einen Vorschlag zur Einführung des sog. Country-by-Country Tax Reporting40 präsentiert: Um die Steuerzahlungen multinationaler Unternehmen transparenter zu machen und Steuervermeidung zu bekämpfen41, soll ein neues Kapitel 10a eingeführt werden, das sehr große multinationale Unternehmensgruppen42 dazu verpflichtet, jährlich einen nach Mitgliedstaaten aufgeschlüsselten Ertragsteuer­ informationsbericht zu erstellen, gemäß den nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) zu veröffentlichen und für 5 Jahre auf ihrer Webseite zugänglich zu machen. 4.  Umsetzung in Deutschland a)  4. (Bilanz-)RL und 7. (Konzernbilanz-)RL

23.12 In Deutschland wurden die 4. (Bilanz-)RL, die 7. (Konzernbilanz-)RL sowie die Änderungs-RL 84/569/EWG (verspätet43) – zusammen mit der 8. RL (→ 25.3) − durch das BiRiLiG v. 19.12.198544 umgesetzt. Es konzentriert die Regeln zum Jahresabschluss (Bilanz, GuV, Anhang) und zum Lagebericht, ihrer Prüfung und Publizität weitestgehend im Dritten Buch des HGB. Zugleich brachte es für das deutsche Recht aber auch beträchtliche Modifikationen in materieller Hinsicht.45 Im deutschen Recht nachvollzogen werden mussten aber selbstverständlich auch 23.13 die inzwischen erfolgten zahlreichen Änderungen der Richtlinien (→ 23.7). Hervor40 Vorschlag für eine RL des EP und des Rates zur Änderung der RL 2013/34/EU im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen, COM(2016) 198. Dazu Bärsch/Engelen/Färber DB 2016, 972 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1925 f. 41 Vgl. COM(2016) 198, S. 2. 42 Erfasst sind multinationale Unternehmensgruppen mit einem konsolidierten Gesamtumsatz von über 750 Mio. Euro, vgl. im Detail Art. 48b EU-Bilanz-RL-E. 43 Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt, Überlagerungen des deutschen Aktienrechts durch das Europäische Unternehmensrecht: Eine Bilanz von 1968 bis zur Gegenwart, in: Bayer/Habersack (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, Bd. 1, 2007, Kap. 18 Rn. 9 Fn. 30. 44 Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten RL des Rates der Europä­ ischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz − BiRiLiG) v. 19.12.1985, BGBl. I, 2355. Dazu Albrecht WPg 1987, 443 ff.; Claussen AG 1986, 145 ff.; Busse von Colbe WPg 1987, 117 ff.; Cronos DB 1987, 105 ff.; Eisele BB 1986, 493 ff.; Emmerich WPg 1986, 698 ff.; Gelhausen AG 1986, 67 ff.; Glade GmbHR 1986, 418 ff.; Goerdeler AnwBl. 1986, 220 ff.; Grewe WPg 1986, 85 ff.; Großfeld NJW 1986, 955 ff.; Helmrich GmbHR 1986, 6 ff.; Hesselmann BB 1987, 1770 ff.; Hommelhoff/ Priester ZGR 1986, 463 ff.; Kropff DB 1986, 364 ff.; Lachnit/Freidank DB 1986, 1081 ff.; Liebs GmbHR 1986, 145 ff.; Lück GmbHR 1987, 42 ff.; Lück/Schönbrunn Stbg 1987, 81 ff.; Mann DB 1986, 2199 ff.; Maulbetsch DB 1986, 953 ff.; Meilicke DB 1986, 2445 ff.; Menger GmbHR 1986, 373 ff.; Ordelheide/Hartle GmbHR 1986, 9 ff., 38 ff.; Schaller RIW 1988, 632 ff.; Scheidle BB 1986, 2065 ff.; Schulze-Osterloh ZHR 150 (1986) 403 ff.; ders. ZHR 150 (1986) 532 ff.; Strobel DB 1987, 237 ff.; Wiesner WM 1986, 217 ff.; Wöhe DStR 1987, 3 ff.; Woltmann DB 1986, 1861 ff. 45 Vgl. Bayer/J. Schmidt (Fn. 43), Rn. 9.

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zuheben46 ist hier zunächst das KapCoRiLiG v. 24.2.200047, mit dem die KapCo-RL (→ 23.7) in das deutsche Recht transformiert wurde (insbesondere: Einfügung der §§ 264a–264c HGB). Das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) v. 4.12.200448 diente nicht nur der Aus- 23.14 führung der IFRS-VO (→ 24.7), sondern darüber hinaus auch der Umsetzung der Fair Value-RL (→ 23.7), der Modernisierungs-RL (→ 23.7), und der RL 2003/38/EG (→ 23.7).49 Es brachte zunächst eine Anhebung der Schwellenwerte der §§ 267, 293 HGB und eine Ausweitung der Berichtspflichten gem. §§ 289, 314 HGB. Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) v. 25.5.200950 mit seinen vielen, 23.15 vielen Änderungen im 3. Buch des HGB diente neben diversen rein nationalen Zielen der Vereinfachung und Erleichterung von Buchführung und Bilanzierung auch der Umsetzung der Änderungs-RL 2006/46/EG (→ 23.7) sowie der weiteren Umsetzung der neuen APRL (→ 25).

46 Vgl. i.Ü. die Zusammenstellung im Fundstellenverzeichnis. 47 Gesetz zur Durchführung der RL des Rates der Europäischen Union zur Änderung der Bilanz- und der Konzernabschlussrichtlinie hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs (90/605/EWG), zur Verbesserung der Offenlegung von Jahresabschlüssen und zur Änderung anderer handelsrechtlicher Bestimmungen v. 24.2.2000 (Kapitalgesellschaften- und Co-RL-Gesetz – KapCoRiLiG), BGBl. I, 154. Dazu etwa Dieckmann GmbHR 2000, 353 ff.; Bihr BB 1999, 1862 ff.; Eisolt/Verdenhalven NZG 2000, 130 ff.; Hahn DStR 2001, 1267 f.; Heni DStR 1999, 912 ff.; Jansen DStR 2000, 596 ff.; Luttermann ZIP 2000, 517 ff.; Pawelzik/Theile DStR 2000, 2145 ff.; Scheffler DStR 2000, 529 ff.; Strobel BB 1999, 1854 ff.; Zimmer/Eckhold NJW 2000, 1361 ff. 48 Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG) v. 4.12.2004, BGBl. I, 3166. Dazu Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft BB 2004, 546 ff.; Böcking Beil. zu BB 20/2005, 5 ff.; Busse von Colbe BB 2004, 2063 ff.; Göhner BB 2005, 207 ff.; Großfeld NZG 2004, 393 ff.; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2004, 412 ff.; Heininger/Bertram DB 2004, 1737 ff.; Hoffmann/Lüdenbach GmbHR 2004, 145 ff.; Hülsmann DStR 2005, 166 ff.; Hüttche DStR 2004, 1189 ff.; Hüttemann BB 2004, 203 ff.; Jakob BB 2005, 2455 ff.; Kaiser DB 2005, 2309 ff.; Kajüter BB 2004, 427 ff.; Lenz BB 2004, 707 ff.; ders. BB 2004, 1951 ff.; Meyer DStR 2005, 41 ff.; ders. DStR 2004, 971 ff.; Peemöller/Oehler BB 2004, 1158 ff.; Pfitzer/Orth/Hettich DStR 2004, 328 ff.; Pfitzer/ Oser/Orth DB 2004, 2593 ff.; Scheffler AG 2004, R82 ff.; Steinmeyer/Freidank BB 2005, 2512 ff.; Wolf DStR 2005, 438 ff.; Wulf/Klein/Azaiz DStR 2005, 260 ff. u. 299 ff. 49 Vgl. BegrRegE z. BilReG, BR-Drs. 15/3419, S. 1. 50 Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz − BilMoG) v. 25.5.2009, BGBl. I, 1102. Aus dem – kaum mehr zu überschauenden – Schrifttum etwa: Petersen/Zwirner, Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, 2009; Ernst/Seidler BB 2009, 766 ff.; Hennrichs FS K. Schmidt, 2009, S. 581 ff.; ders. GmbHR 2010, 17 ff.; Kort ZGR 2010, 440 ff.; Kropff ZIP 2009, 1137 ff.; Kühnberger BB 2011, 1387 ff.; Küting/Seel Beil. zu DStR 26/2009, 37 ff.; Lüdenbach/Freitag BB 2009, 1230 ff.; Melcher/Mattheus Beil. zu DB 23/2009, 77 ff.; Melcher/Schaier Beil. zu DB 23/2009, 4 ff.; Meyer DStR 2009, 762 ff.; Oechsler AG 2010, 105 ff.; Oser/Roß/Wader/Drögemüller WPg 2009, 573 ff.; Wiese/Lukas GmbHR 2009, 561 ff.; Zülch/Hoffmann DB 2009, 745 ff.; Zwirner NZG 2009, 530 ff.; ders. BB 2009, 2302 ff.; Schrifttum speziell zum Prüfungsausschuss und „unabhängigen Finanzexperten“ → 25.59.

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23.16

§ 23 EU-Bilanz-RL

Die durch die Micro-RL eingeführten Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften wurden durch das MicroBilG v. 20.12.201251 umgesetzt. b)  EU-Bilanz-RL

23.17 Die umfangreichen Neuerungen der EU-Bilanz-RL wurden in Deutschland durch das BilRUG v. 26.6.201352 umgesetzt. 51 Gesetz zur Umsetzung der RL 2012/6/EU des EP und des Rates vom 14. März 2012 zur Änderung der RL 78/660/EWG des Rates über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich Kleinstbetrieben (KleinstkapitalgesellschaftenBilanzrechtsänderungsgesetz − MicroBilG) v. 20.12.2012, BGBl. I, 2751. Dazu Bayer/ J. Schmidt BB 2013, 3, 6; Fey/Lewe/Roland BB 2013, 107 ff.; Kolb/Roß WPg 2014, 991 ff.; Küting/Eichenlaub DStR 2012, 2615 ff.; K. Müller/Kreipl DB 2013, 73 ff.; Riepolt DStR 2014, 113 ff.; Scheffler AG 2013, R27; Theile DB 2013, 469 f.; Wader/Stäudle WPg 2013, 249 ff.; Zwirner/Froschhammer BC 2013, 478 ff. 52 Gesetz zur Umsetzung der RL 2013/34/EU des EP und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der RL 2006/43/EG des EP und des Rates und zur Aufhebung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – BilRUG) v. 17.7.2015, BGBl. I, 1245. Dazu Ballwieser DB 29/2015, M5; Behrendt-Geisler/Rimmelspacher DB 2015, Beil. 5, 8 ff.; Deubert DB 2015, Beil. 5, 41 ff.; Deubert/Lewe DB 2015, Beil. 5, 49 ff.; Fink/R. Schmidt DB 2015, 2157, 2158 ff.; Frieden/Zieseniß WPg 2016, 450 ff.; dies. ZfgG 66 (2016) 159 ff.; Haaker DB 2015, 1545 ff.; Hafner/Spitz DStR 2015, 2623 ff.; Havers/Siegel WPg 2016, 341 ff.; Henckel/Rimmelspacher DB 2015, Beil. 5, 37 ff.; Hermesmeier/Heinz DB 2015, Beil. 5, 20 ff.; Jaufmann/Velte NWB 2015, 2492 ff.; Kolb/Roß WPg 2015, 869 ff.; Kreipl/Müller StuB 2016, 167 ff.; Lopatta/Gloger/Kaspereit/Nordbrock DB 2016, 1516 ff.; Lüdenbach StuB 2015, 549; Lüdenbach/Freiberg StuB 2015, 563 ff.; dies. StuB 2015, 619 ff.; Maier-Siegert BC 2017, 197; Meyding-Metzger/Weigel DB 2015, Beil. 5, 61 f.; Müller BB 2015, 1838; Müller BC 2016, 8 f.; Oser/Orth/Wirtz DB 2015, 1729 ff.; Oser/Philippsen/Sultana DB 2017, 1097 ff.; Peun/Rimmelspacher DB 2015, Beil. 5, 12 ff.; Philipps BBK 2015, 1036 ff.; ders. BBK 2015, 1091 ff.; ders. BBK 2016, 12 ff.; Reitmeier/Rimmelspacher DB 2015, Beil. 5, 1 ff.; Rimmelspacher/Meyer DB 2015, 23 ff.; Rimmelspacher/Reitmeier WPg 2015, 1003 ff.; Röser/Roland/Rimmelspacher DB 2015, Beil. 5, 4 ff.; Schäfer/Rimmelspacher DB 2015, Beil. 5, 57 ff.; Schiffers GmbHR 2015, 1018 ff.; S. Schmidt/Eibelshäuser/Bernhardt DB 2015, Beil. 5, 62 ff.; Schmotz/Crasselt WPg 2015, 877 ff.; Theile BBK 2015, 662 ff.; ders. BBK 2015, 702 ff.; Theile/Grzechnik DB 2015, 2835 f.; Zwirner BC 2015, 278 ff.; ders. BC 2015, 338 f.; ders. BC 2015, 444 ff.; ders. BC 2015, 495 ff.; ders. BC 2015, 535 f.; ders. BC 2015, 539 ff.; ders. BC 2016, 23 ff.; ders. BC 2016, 63 ff.; ders. BC 2016, 208 ff.; ders. BC 2016, 263 f.; ders. BC 2016, 264 ff.; ders. BC 2016, 303 ff.; ders. BC 2016, 419 ff.; ders. BC 2017, 10 ff.; ders. BC 2017, 61 ff.; ders. WPg 2017, 184 ff.; Zwirner/Boecker BC 2016, 159 ff.; dies. BB 2016, 363 ff.; Zwirner/Busch Der Konzern 2016, 113 ff.; dies. BC 2016, 413 ff.; dies. BC 2016, 509 ff.; Zwirner/Lindmayr BC 2016, 550 ff.; Zwirner/Petersen WPg 2015, 811 ff.; Zwirner/Vordermeier DB 2016, 965 ff.; dies. BC 2016, 502 ff.; dies. IRZ 2016, 400. Zum RefE: Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft NZG 2014, 892 ff.; Haaker DB 43/2014, M5; Keller/Schmid BB 2014, 2283 ff.; Kolb/Roß WPg 2014, 991 ff.; Lüdenbach/Freiberg BB 2014, 2219 ff.; Müller/Stawinoga BB 2014, 2411 ff.; Oser/ Orth/Wirtz DB 2014, 1877 ff.; Reitmeier/Deutbert BB 2014, 2795 ff.; Scheffler AG 2014, R234 ff.; Schütte DB 2014, 2237 f.; ders. DB 2014, 2481 ff.; Velte/Haaker EWS 2014,

§ 23 EU-Bilanz-RL

819

Die Umsetzung der CSR-RL (→ 23.10) erfolgte durch das CSR-RL-UmsG v. 23.18 11.4.201753 (→ 23.40, 23.43).

II.  Inhalt 1.  Anwendungsbereich und Größenklassen a)  Anwendungsbereich Der Anwendungsbereich der EU-Bilanz-RL ist rechtsformübergreifend ausgestaltet: 23.19 Sie gilt gem. Art. 1 Abs. 1 lit. a zum einen für die in Anhang I genannten Kapitalgesellschaften (in Deutschland: AG, KGaA und GmbH). Art. 1 Abs. 1 lit. b EU-Bilanz-RL erstreckt ihren Anwendungsbereich zudem auf die in Anhang II genannten Personengesellschaften (in Deutschland: oHG und KG), bei denen alle unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschafter des Unternehmens mit ansonsten unbeschränkter Haftung tatsächlich nur beschränkt haftbar sind, weil diese Gesellschafter über eine in Anhang I aufgeführte oder einer solchen vergleichbaren Rechtsform verfügen. Denn solche Kapitalgesellschaften & Co sind de facto komplett haftungsbeschränkt, so dass hier ebenfalls eine Anwendung der bilanzrechtlichen Vorschriften geboten ist.54 204 ff.; Zwirner DB 32/2014, M5; ders. DStR 2014, 1784 ff.; ders. DStR 2014, 1843 ff.; ders. DStR 2014, 1889 ff.; ders. BC 2014, 355 ff.; ders. BC 2014, 363 ff.; Zwirner/Boecker BC 2014, 404 ff.; dies. BC 2014, 460 ff. Zum RegE: Blöink/Knoll-Biermann Konzern 2016, 65 ff.; Bode DB 2015, 861 ff.; Brete GmbHR 2015, R81 f.; Fink/Theile DB 2015, 753 ff.; Glaser/Hachmeister DB 2015, 565 ff.; Haaker DB 2015, 510 ff.; Kirsch IRZ 2015, 99 ff.; ders. BC 2015, 126 ff.; ders. DStR 2015, 664 ff.; Kolb/Roß WPg 2015, 1089 ff.; Lorson DB 2015, 695 f.; Lüdenberg/Freiberg BB 2015, 363 ff.; Müller/Stawinoga BB 2015, 241 f.; Oser/Orth/Wirtz DB 2015, 197 ff.; Richter DB 2015, 385 ff.; Theile GmbHR 2015, 172 ff.; ders. GmbHR 2015, 281 ff.; Zwirner DStR 2015, 375 ff.; ders. BC 2015, 390 ff.; Zwirner/Vodermeier BC 2015, 50 ff. 53 Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten (CSR-Richtline-Umsetzungsgesetz) v. 11.4.2017, BGBl. I, 802. Dazu Blöink/Halbleib Konzern 2017, 182 ff.; Böcking DB 12/2017, M5; Boecker/ Zwirner BB 2017, 2155 ff.; Bürkle VersR 2017, 717 ff.; Haaker StuB 2017, 1; ders. DB 2017, 922; Häfele/Stawinoga DB 31/2017, M5; Holzmeier/Burth/Hachmeister IRZ 2017, 215 ff.; Kajüter IRZ 2017, 137 f.; ders. DB 2017, 617 ff.; Kumpan/Pauschinger EuZW 2017, 327, 330 f.; Meeh-Bunse/Hermeling/Schomaker DStR 2017, 1127 f.; Müller/Scheid BB 2017, 1835 ff.; Richter/Johne/König WPg 2017, 566 ff.; Scheffler AG 2017, R125 f.; Velte IRZ 2017, 325 ff. Zum RefE: Haaker/Gahlen StuB 2015, 662 ff.; Kumm/Woodtli Der Konzern 2016, 218 ff.; Lanfermann BB 2016, 1131 ff.; Lorenz DB 14/2016, M5; Mock ZIP 2017, 1195 ff.; Scheffler AG 2016, R155 f.; M. Schmidt AnwBl. 2016, 390 ff.; Wulf/ Niemöller IRZ 2016, 245 ff.; zum RegE (BR-Drs. 547/16): Arbeitskreis Bilanzrecht NZG 2016, 1337 ff.; Hennrichs/Pöschke NZG 2017, 121 ff.; Kajüter IRZ 2016, 507 ff.; Kreipl/ Müller DB 2016, 2425 ff.; Nietsch NZG 2016, 1330 ff.; Scheffler AG 2016, R317 f.; ders. AG 2016, R318 ff.; Sommer RdA 2016, 291 ff. 54 Vgl. KOM(86) 283 = BR-Drs. 247/86 (Entwurf KapCoRL), Begründung zu Art. 1; s. ferner auch ErwG 5 S. 2 EU-Bilanz-RL.

820

§ 23 EU-Bilanz-RL

b)  Unternehmenskategorien 23.20 Das europäische Bilanzrecht differenziert traditionell zwischen drei Kategorien von Unternehmen („Größenklassen“), für die unterschiedlich strenge Anforderungen gelten: kleine, mittlere und große Unternehmen. Durch die Micro-RL (→ 23.7) wurden 2012 als weitere Kategorie die Kleinstunternehmen (microentities) ergänzt, um für diese weitergehende Erleichterungen zu schaffen.55 Parallel dazu wird auch bei Gruppen zwischen drei Kategorien differenziert: 23.21 kleine, mittlere und große Gruppen (eine Kategorie von „Kleinstgruppen“ existiert hier nicht). „Gruppe“ ist nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 11 EU-Bilanz-RL ein Mutterunternehmen und alle Tochterunternehmen. „Tochterunternehmen“ ist nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 10 EU-Bilanz-RL ein von einem Mutterunternehmen kontrolliertes Unternehmen, einschließlich jedes mittelbar kontrollierten Tochterunternehmens eines Mutterunternehmens. Zum Kontrollbegriff → 23.44 ff. Die Kategorisierung erfolgt dabei anhand von drei Kriterien, die typischerweise 23.22 objektiv Aufschluss über die Größe eines Unternehmens geben56: Bilanzsumme57, Nettoumsatzerlöse58 und Beschäftigte59. Unternehmen bzw. Gruppen dürfen jeweils zwei der drei Schwellenwerte einer Kategorie nicht überschreiten, um in die jeweilige Kategorie eingestuft zu werden.60 Die Schwellenwerte wurden durch die EU-BilanzRL vollharmonisiert und leicht angehoben.61 Derzeit gelten folgende Schwellenwerte (vgl. Art. 3 Abs. 1–4 bzw. Abs. 5–7 EU23.23 Bilanz-RL): Kategorien von Unternehmen Bilanzsumme

Nettoumsatzerlöse

Beschäftigte

≤ 350.000 Euro

≤ 700.000 Euro

≤ 10

Kleinunternehmen

≤ 4.000.000 Euro

≤ 8.000.000 Euro

≤ 50

Mittlere Unternehmen

≤ 20.000.000 Euro

≤ 40.000.000 Euro

≤ 250

Große Unternehmen

> 20.000.000 Euro

> 40.000.000 Euro

> 250

Kleinstunternehmen

55  Der Kommissionsvorschlag der Micro-RL (KOM(2009) 83) hatte sogar vorgesehen, Kleinstunternehmen vollständig vom Anwendungsbereich der RL auszunehmen; dies war jedoch im Rat nicht konsensfähig, vgl. Dok. 13114/09, S. 2; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 389; dies. BB 2012, 3, 5. 56 Vgl. ErwG 12 S. 1 EU-Bilanz-RL. 57 Definiert in Art. 3 Abs. 11 EU-Bilanz-RL. 58 Legaldefinition in Art. 2 Nr. 5 EU-Bilanz-RL. 59 Maßgeblich ist die durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten. 60 Wenn ein Unternehmen die maßgeblichen Schwellenwerte überschreitet bzw. nicht mehr überschreitet, wirkt sich dies nur aus, wenn sie während zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren fortbestanden haben, Art. 3 Abs. 10 EU-Bilanz-RL. 61 Vgl. dazu KOM(2011) 684, S. 11; Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1224; Beckmann (2013) 10 ECL 199, 201 f.; Velte GmbHR 2013, 1125, 1126; Zwirner DStR 2014, 439, 440 f.

821

§ 23 EU-Bilanz-RL

Kategorien von Gruppen Kleine Gruppen

Bilanzsumme

Nettoumsatzerlöse

Beschäftigte

≤ 4.000.000 Euro

≤ 8.000.000 Euro

≤ 50

Mittlere Gruppen

≤ 20.000.000 Euro

≤ 40.000.000 Euro

≤ 250

Große Gruppen

> 20.000.000 Euro

> 40.000.000 Euro

> 250

Durch die EU-Bilanz-RL wurde zudem die spezielle Kategorie der Unternehmen 23.24 von öffentlichem Interesse (public-interest entities – PIE) eingeführt. Dies umfasst nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 1 EU-Bilanz-RL: (a) Unternehmen, die unter das Recht eines Mitgliedstaats fallen und deren übertragbare Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt i.S.v. Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 MiFID I bzw. (ab 3.1.2018) Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 MiFID II (→ 32.36) zugelassen sind, (b) Kreditinstitute i.S.v. Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 CRD IV i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 CRR62, (c) Versicherungsunternehmen i.S.d. Art. 2 Abs. 1 RL 91/674/EWG63, (d) Unternehmen, die von den Mitgliedstaaten als PIE bestimmt werden. Gem. Art. 40 S. 2 EU-Bilanz-RL werden PIE − unabhängig davon, ob sie die maßgeblichen Schwellenwerte (→ 23.23) erfüllen – stets als große Unternehmen behandelt. 2.  Allgemeine Bestimmungen und Grundsätze (Art. 4–8 EU Bilanz-RL) Art. 4 EU-Bilanz-RL normiert zunächst eine Reihe allgemeiner Bestimmungen. 23.25 Dazu gehört etwa, dass der Jahresabschluss klar und übersichtlich aufzustellen ist (Art. 4 Abs. 2 EU-Bilanz-RL) und ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens (true and fair view) vermitteln muss (Art. 4 Abs. 3 S. 1 EU-Bilanz-RL). Art. 6 Abs. 1 EU-Bilanz-RL statuiert allgemeine Grundsätze der Rechnungsle- 23.26 gung. Dazu gehören: • • • • • • •

Fortführungsgrundsatz (lit. a); Stetigkeitsgrundsatz (lit. b); Vorsichtsprinzip (lit. c); Konzept der Periodenabgrenzung (lit. d); Bilanzidentitätsprinzip (lit. e); Einzelbewertungsgrundsatz (lit. f); Verrechnungsverbot (lit. g)64;

62 Der Verweis auf Art. 4 Nr. 1 RL 2006/48/EG ist gem. Art. 163 UAbs. 2 CRD IV seit 1.1.2014 als Verweis auf Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 CRD IV zu lesen. Allg. zu CRD IV und CRR → 14.150. 63 RL 91/674/EWG des Rates v. 19.12.1991 über den Jahresabschluß und den konsolidierten Abschluß von Versicherungsunternehmen, ABlEU v. 31.12.1991, L 374/7. 64 Vgl. jedoch die Mitgliedstaatenoption in Art. 6 Abs. 2 EU-Bilanz-RL.

822

§ 23 EU-Bilanz-RL

• Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (substance over form) (lit. h)65; • Bewertung nach Anschaffungs- oder Herstellungskostenprinzip (lit. i); Art. 7 EUBilanz-RL gestattet jedoch eine Bewertung des Anlagevermögens auf Neubewertungsbasis und Art. 8 EU-Bilanz-RL gestattet eine Bewertung von Finanzinstrumenten und anderen Vermögensgegenständen zum beizulegenden Zeitwert; • Grundsatz der Wesentlichkeit (materiality) (lit. j)66. 3.  Jahresabschluss 23.27 Der Jahresabschluss besteht gem. Art. 4 Abs. 1 UAbs. 1 EU-Bilanz-RL aus Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) (Art. 9–14 EU-Bilanz-RL, → 23.28 ff.) und Anhang (Art. 15–18 EU-Bilanz-RL, → 23.32 f.). Für Unternehmen, die nicht kleine Unternehmen sind, können die Mitgliedstaaten allerdings weitere Bestandteile vorschreiben (Art. 4 Abs. 1 UAbs. 2 EU-Bilanz-RL). Neben den – durch Zahlen geprägten – Jahresabschluss tritt – als verbalisierte Darstellung – der Lagebericht (Art. 19–20 EU-Bilanz-RL, → 23.34 ff.). a)  Bilanz und GuV 23.28 Für die Aufstellung der Bilanz können die Mitgliedstaaten zwischen einer horizontalen Gliederung (Anhang III) und einer vertikalen Gliederung (Anhang IV) wählen oder auch den Unternehmen die Wahl zwischen beiden Alternativen überlassen (Art. 10 EU-Bilanz-RL). Bei der horizontalen Gliederung („Kontoform“) werden Aktiva und Passiva einander gegenübergestellt; bei der vertikalen Gliederung („Staffelform“) werden Aktiva und Passiva in einer skontrierenden Aufstellung geordnet. Das Wahlrecht soll den unterschiedlichen Traditionen in den Mitgliedstaaten Rechnung tragen.67 Der Kommissionvorschlag für die EU-Bilanz-RL hatte im Interesse der besseren Vergleichbarkeit der Abschlüsse68 vorgesehen, die horizontale Gliederung obligatorisch zu machen; dies war jedoch nicht konsensfähig. Für die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) waren früher vier Gliederungs23.29 formen zulässig (vgl. Art. 22–26 der 4. (Bilanz-)RL). Durch die EU-Bilanz-RL wurden diese im Interesse der besseren Vergleichbarkeit aber auf zwei Alternativen beschränkt69: Gliederung nach Eigenart (Anhang V) oder nach Funktion (Anhang VI) 65 Die verbindliche Einführung dieses Grundsatzes gehörte zu den wesentlichen Neuerungen der EU-Bilanz-RL, vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1224; näher dazu Kreipl BC 2013, 399; Velte GmbHR 2013, 1125, 1128; Zwirner DStR 2014, 439, 441. 66 Die verbindliche Einführung dieses Grundsatzes gehörte zu den wesentlichen Neuerungen der EU-Bilanz-RL, vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1224; näher dazu Kreipl BC 2013, 399; Velte GmbHR 2013, 1125, 1128; Zwirner DStR 2014, 439, 441. 67 Vgl. KOM(71) 1232 = BT-Drs. VI/2875, Begründung zu Art. 7; COM(74) 191, Begründung zu Art. 8 und 9. 68 Vgl. KOM(2011) 684, S. 12. 69 Vgl. KOM(2011) 684, S. 13.

§ 23 EU-Bilanz-RL

823

der Aufwendungen (Art. 13 Abs. 1 EU-Bilanz-RL). Der auf die Modernisierungs-RL (→ 23.7) zurückgehende Art. 13 Abs. 2 EU-Bilanz-RL gestattet es den Mitgliedstaaten jedoch – in Anlehnung an die Gesamtergebnisrechnung nach IAS 1.81A − stattdessen eine Ergebnisrechnung („statement of performance“) aufzustellen, sofern der Informationsgehalt dem einer GuV nach den Anhängen V und VI mindestens gleichwertig ist. Art. 14 EU-Bilanz-RL eröffnet Mitgliedstaatenoptionen für Vereinfachungen 23.30 für kleine und mittlere Unternehmen: Kleinen Unternehmen kann eine verkürzte Bilanz (Abs. 1), mittleren Unternehmen zudem auch eine verkürzte GuV gestattet werden (Abs. 2). In Deutschland muss die Bilanz horizontal gegliedert werden (vgl. § 266 HGB), 23.31 § 274a HGB sieht Erleichterungen für kleine Unternehmen vor. Die GuV wird nach der Eigenart der Aufwendungen gegliedert (vgl. § 275 HGB), § 276 HGB statuiert Erleichterungen für kleine und mittelgroße Unternehmen. b)  Anhang Der Anhang hat die Funktion, die in der Bilanz und GuV dargestellten Informationen 23.32 zu erläutern70 und zu ergänzen71. Schlüsselelemente sind dabei die Angaben zu den Rechnungslegungsmethoden72 (vgl. Art. 16 Abs. 1 lit. a–c, Art. 17 Abs. 1 lit. a–c EUBilanz-RL). In den Anhang sind darüber hinaus aber noch eine ganze Reihe weiterer Informationen aufzunehmen; dadurch soll gewährleistet werden, dass der Jahresabschluss insgesamt ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens (true and fair view) vermittelt (vgl. Art. 4 Abs. 3 S. 2 EU-Bilanz-RL). Die EU-Bilanz-RL differenziert dabei nach Unternehmenskategorien: Art. 16 EU-Bilanz-RL statuiert einen Grundstock von Pflichtangaben für alle Unternehmen. Dazu gehören etwa Angaben zu außerbilanziellen finanziellen Verpflichtungen und Sicherheiten (Art. 16 Abs. 1 lit. d EU-Bilanz) oder die durchschnittliche Zahl der Beschäftigten (Art. 16 Abs. 1 lit. h EU-Bilanz-RL). Für mittlere Unternehmen (Art. 17 EU-Bilanz-RL) sowie für große Unternehmen und PIE (Art. 17, 18 EU-Bilanz-RL) gelten aber weitergehende Angabepflichten. So müssen mittlere und große Unternehmen sowie PIE z.B. auch detaillierte Angaben zu den Beschäftigten (Art. 17 Abs. 1 lit. e EU-Bilanz-RL), zu den Gesamtbezügen der Organmitglieder (Art. 17 Abs. 1 lit. d EU-Bilanz-RL)73, zu außerbilanziellen Geschäften (Art. 17 Abs. 1 lit. p EU-Bilanz-RL) und zu related party transactions (Art. 17 Abs. 1 lit. r EU-Bilanz-RL) machen. Große Unternehmen und PIE müssen in den Anhang darüber hinaus auch eine Aufgliederung der Nettoumsatzerlöse nach Tätigkeitsberei70 Vgl. KOM(71) 1232 = BT-Drs. VI/2875, Begründung zu Art. 40, 41 und 42. 71 Vgl. ErwG 23 S. 1 EU-Bilanz-RL. 72 Vgl. ErwG 24 S. 1 EU-Bilanz-RL. 73 Die individuellen Bezüge der Mitglieder der Unternehmensleitung börsennotierter Gesellschaften sind jedoch künftig gem. Art. 9b ARRL im Vergütungsbericht offenzulegen → 29.139 ff.

824

§ 23 EU-Bilanz-RL

chen sowie nach geografisch bestimmten Märkten (Art. 18 Abs. 1 lit. a EU-Bilanz-RL) aufnehmen und die Gesamthonorare für die Abschlussprüfer (Art. 18 Abs. 1 lit. b EU-Bilanz-RL) angeben. In Deutschland ist der Anhang in §§ 284–288 HGB geregelt. 23.33 c)  Lagebericht aa)  Pflichtinhalte für alle Unternehmen 23.34 Der Lagebericht stellt den Geschäftsverlauf, das Geschäftsergebnis und die Lage des Unternehmens so dar, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild entsteht und beschreibt die wesentlichen Risiken und Ungewissheiten, denen es ausgesetzt ist; er besteht in einer ausgewogenen und umfassenden Analyse des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses und der Lage des Unternehmens, die dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit angemessen ist (Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 und 2 EU-Bilanz-RL). Soweit zum Verständnis erforderlich, umfasst die Analyse die wichtigsten finanziellen und – soweit angebracht – nichtfinanziellen Leistungsindikatoren, einschließlich Informationen in Bezug auf Umwelt- und Arbeitnehmerbelange (Art. 19 Abs. 1 UAbs. 3 EU-Bilanz-RL); die Mitgliedstaaten können kleine und mittlere Unternehmen allerdings hiervon befreien, soweit es um nichtfinanzielle Informationen geht (Art. 19 Abs. 4 EU-Bilanz-RL). Art. 19 Abs. 2 EU-Bilanz-RL statuiert weitere Angabepflichten: voraussichtli23.35 che Unternehmensentwicklung, Tätigkeit im Bereich Forschung und Entwicklung, Informationen zum Erwerb eigener Aktien gem. Art. 63 Abs. 2 GesRRL (G Art. 24 Abs. 2 KapRL, → 19.148), Zweigniederlassungen sowie bestimmte Angaben zu Finanzinstrumenten. In Deutschland sind diese Vorgaben in § 289 HGB umgesetzt. 23.36 bb)  Weitere Bestandteile bei bestimmten Unternehmenskategorien (1)  Nichtfinanzielle Erklärung (CSR-Erklärung, Art. 19a EU-Bilanz-RL) 23.37 Mit dem durch die CSR-RL (→ 23.10) ergänzten Art. 19a EU-Bilanz-RL hat die corporate social responsibility Einzug ins EU-Bilanzrecht gehalten. Er verpflichtet große Unternehmen, die PIE sind und mindestens 500 Mitarbeiter beschäftigen, zur Aufnahme einer nichtfinanziellen Erklärung (CSR-Erklärung) in den Lagebericht. Diese neuen CSR-Reporting-Pflichten stellen einen Paradigmenwechsel dar: Das EUBilanz-Recht hat nicht mehr nur die Funktion der Darstellung der Werthaltigkeit des Unternehmens, sondern es geht nun auch um Verhaltenssteuerung.74 Rechtspolitisch wohnt dem durchaus eine erhebliche Brisanz inne.75 74 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1736; Kroker CCZ 2015, 120, 124; Spießhofer NZG 2014, 1281, 1282; s. ferner auch Hommelhoff bei Himmer VGR 20 (2014) 50, 64.

§ 23 EU-Bilanz-RL

825

Die CSR-Erklärung muss Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitneh- 23.38 merbelangen, zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung enthalten; erforderlich ist u.a. insbesondere eine Beschreibung der in Bezug auf diese Belange verfolgten Konzepte und der Ergebnisse dieser Konzepte bzw. eine klare und begründete Erläuterung, weshalb kein solches Konzept existiert (Art. 19a Abs. 1 UAbs. 1 und 2 EU-Bilanz-RL). Art. 19a Abs. 1 UAbs. 4 EU-Bilanz-RL gestattet unter bestimmten Voraussetzungen das Weglassen nachteiliger Angaben. Bei der Angabe der Informationen können sich die Unternehmen gem. Art. 19 Abs. 1 UAbs. 5 EU-Bilanz-RL auf nationale unionsbasierte oder internationale Rahmenwerke stützen (z.B.: EMAS76, UN Global Compact77, OECD Guidelines for Multinational Enterprises78, ISO 2600079)80. Als Orientierungshilfe für die Unternehmen hat die Kommission am 23.6.2017 auf der Basis von Art. 2 CSR-RL Leitlinien zur Methode der Berichterstattung81 erlassen. Art. 19a Abs. 4 EU-Bilanz-RL eröffnet den Mitgliedstaaten die Option vorzu- 23.39 sehen, dass diese Angaben nicht im Lagebericht selbst, sondern in einem separaten Bericht publiziert werden. In Deutschland wurden durch das CSR-RL-UmsG (→ 23.18) zur Umsetzung 23.40 dieser Vorgaben neue §§ 289b–289e HGB eingeführt. 75

(2)  Corporate Governance-Statement (Art. 20 EU-Bilanz-RL) Die ursprünglich durch die RL 2006/46/EG (→ 23.7) eingeführte und nun in 23.41 Art. 20 EU-Bilanz-RL normierte Pflicht kapitalmarktorientierter PIE i.S.d. Art. 2 Nr. 1 lit. a EU-Bilanz-RL, ein Corporate Governance-Statement (Erklärung zur Unternehmensführung) in den Lagebericht aufzunehmen, soll das Vertrauen in die Integrität der Unternehmensführung von Kapitalmarktunternehmen steigern.82 Die Mitgliedstaaten können allerdings gestatten, dass das Corporate Governance-Statement in einem separaten Bericht oder auf der Internetseite des Unternehmens offengelegt wird (Art. 20 Abs. 2 EU-Bilanz-RL).

75 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2015, 1731, 1736; Hommelhoff bei Himmer VGR 20 (2014) 50, 64; ders. FS Kübler, 2015, S. 291 ff.; Schön ZHR 180 (2016) 279, 282 ff.; Spießhofer NZG 2014, 1281, 1287. 76 EU Eco-Management and Audit Scheme (EMAS) (). 77 . 78 . 79 . 80 Vgl. ErwG 9 CSR-RL. 81 Mitteilung der Kommission. Leitlinien für die Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen (Methode zur Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen), C(2017) 4234. 82 Vgl. ErwG 10 RL 2006/46/EG.

826

23.42

§ 23 EU-Bilanz-RL

Mindestinhalt ist gem. Art. 20 Abs. 1 S. 2 EU-Bilanz-RL: • ggf. ein Verweis auf den maßgeblichen Corporate Governance Kodex (lit. a); • ggf. die „comply or explain“-Erklärung (lit. b); • Beschreibung der wichtigsten Merkmale des internen Kontroll- und Risikomanagementsystems in Bezug auf die Rechnungslegung (lit. c); • Angaben gem. Art. 10 Abs. 1 lit. c, d, f, h und i TBD (→ 28.133) (lit. d); • Beschreibung der Durchführung der Hauptversammlung, ihrer wesentlichen Befugnisse und der Aktionärsrechte (lit. e); • Zusammensetzung und Arbeitsweise der Organe und ihrer Ausschüsse (lit. f); • Beschreibung des Diversitätskonzepts in Bezug auf Aspekte wie beispielsweise Alter, Geschlecht, oder Berufungs- und Bildungshintergrund (lit. g, eingeführt durch die CSR-RL [→ 23.10], → 13.57).

23.43 In Deutschland war das Corporate Governance-Statement zunächst in § 289a HGB geregelt; durch das CSR-RL-UmsG (→ 23.18) wurde die Vorschrift zu § 289f HGB. 4.  Konsolidierte Abschlüsse a)  Voraussetzungen der Konsolidierungspflicht 23.44 Die Konsolidierungspflicht knüpft nicht – wie im früher geltenden deutschen Recht – an die Zusammenfassung von zwei oder mehr Unternehmen unter einheitlicher Leitung (Konzerntatbestand) an, sondern – entsprechend den zur Zeit der Verabschiedung der 7. (Konzernbilanz-)RL geltenden britischen Vorschriften – an enumerativ aufgezählte Tatbestände der Beherrschungsmöglichkeit eines Mutterunternehmens über ein oder mehrere Tochterunternehmen; als Kriterien für die Bestimmung der Beherrschungsmöglichkeiten wird dabei abgestellt auf die Kapitalmehrheit, die Stimmenmehrheit, die Möglichkeit der Bestellung der Mehrheit der Organe des Tochterunternehmens und schließlich die Beherrschungsmöglichkeit kraft Vertrages oder Satzung (sog. control-Konzept, Art. 22 Abs. 1 EU-Bilanz-RL).83 23.45 Allerdings können die Mitgliedstaaten für Mutterunternehmen, die ihrem Recht unterliegen, gem. Art. 22 Abs. 2 EU-Bilanz-RL zusätzlich auch eine Konsolidierungspflicht vorsehen, wenn das Mutterunternehmen einen beherrschenden Einfluss auf oder die Kontrolle über das Tochterunternehmen ausüben kann oder tatsächlich ausübt (lit. a) oder das Mutter- und Tochterunternehmen unter einheitlicher Leitung des Mutterunternehmens stehen (lit. b) (sog. Beherrschungskonzept).84 Art. 22 Abs. 7 EU-Bilanz-RL gestattet darüber hinaus auch die Einbeziehung des Gleichordnungskonzerns.85 83 Vgl. näher (zur Vorläuferregelung in der 7. (Konzernbilanz-)RL): Edwards S. 161 ff.; Grundmann Rn. 569 ff. m.w.N. 84 Vgl. zu Art. 1 Abs. 2 der 7. (Konzernbilanz-)RL Grundmann Rn. 571. 85 Vgl. zu Art. 12 Abs. 1 der 7. (Konzernbilanz-)RL: Grundmann Rn. 571; Habersack/Verse § 9 Rn. 44.

§ 23 EU-Bilanz-RL

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Für die Einbeziehung eines Tochterunternehmens in den konsolidierten Abschluss 23.46 kommt es gem. Art. 22 Abs. 6 EU-Bilanz-RL nicht auf die Nationalität des Unternehmens an (sog. Weltabschluss).86 Deutschland hat i.R.d. Umsetzung durch das BiRiLiG (→ 23.12) von der Op- 23.47 tion des Art. 1 Abs. 2 der 7. (Konzernbilanz-)RL (G Art. 22 Abs. 2 EU-Bilanz-RL) Gebrauch gemacht und in § 290 HGB sowohl das control-Konzept (Abs. 2) als auch das Konzept der einheitlichen Leitung (Abs. 1) aufgenommen.87 Mit dem BilMoG (→ 23.15) erfolgte jedoch ein Konzeptwechsel: Das Konzept der einheitlichen Leitung wurde aufgegeben, nun wird nur noch auf das control-Konzept abgestellt (§ 290 Abs. 1 HGB n.F.).88 Das Weltabschlussprinzip ist in Deutschland in § 294 Abs. 1 HGB verankert.89 b)  Ausnahmen von der Konsolidierung Da es für die Verpflichtung zur Aufstellung eines konsolidierten Abschlusses gerade 23.48 nicht auf den Konzerntatbestand ankommt, sondern auf die Kapitalbeteiligung bzw. Beherrschungsmöglichkeit, müssten konsolidierte Abschlüsse an sich auf allen Stufen verbundener Unternehmen erstellt werden (Teilkonzernabschlüsse). Die praktische Folge in Großunternehmen wäre dann die Pflicht zur Aufstellung von 30, 50 oder noch mehr Teilkonzernabschlüssen – dies wäre indes evidenter Unsinn. Daher sehen Art. 23 Abs. 3–8 EU-Bilanz-RL sehr weitgehende Befreiungsmöglichkeiten (sog. befreiende Konzernabschlüsse) vor.90 Der deutsche Gesetzgeber hat in § 291 f. HGB entsprechende Regelungen getroffen. Weiterhin sieht die EU-Bilanz-RL aus Kosten-Nutzen-Erwägungen91 eine Befrei- 23.49 ung von kleinen Gruppen (Art. 23 Abs. 1 EU-Bilanz-RL) und eine Mitgliedstaatenoption für die Befreiung von mittleren Gruppen (Art. 23 Abs. 2 EU-Bilanz-RL) von der Pflicht zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses vor, sofern diese keine PIE sind. Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Option Gebrauch gemacht und die Befreiungen in § 293 HGB geregelt.92 c)  Bestandteile der Konzernrechnungslegung Die Bestandteile der Konzernrechnungslegung sind parallel zu denjenigen der Ein- 23.50 zelrechnungslegung (→ 23.27 ff.) ausgestaltet: Gem. Art. 24 Abs. 1 EU-Bilanz-RL gelten für konsolidierte Abschlüsse die Kapitel 2 und 3 EU-Bilanz-RL entsprechend 86 Vgl. zu Art. 3 EU-Bilanz-RL: Grundmann Rn. 567; Habersack/Verse § 9 Rn. 45. 87 Vgl. Kropf DB 1986, 364 ff.; Küting DStR 1987, 347 ff. 88 Vgl. dazu Bericht Rechtsausschuss z. BilMoG, BT-Drs. 16/12407, S. 89; Lüdenbach/ Freiberg BB 2009, 1230 ff.; Zülch/Hoffmann DB 2009, 745, 746 f. 89 Vgl. nur Beck Bil-Komm/Winkeljohann/Deubert § 294 HGB Rn. 5. 90 Vgl. dazu Edwards S. 174 ff.; Grundmann Rn. 572; Habersack/Verse § 8 Rn. 49. 91 Vgl. ErwG 33 EU-Bilanz-RL. 92 Vgl. auch BegrRegE z. BilRUG, BR-Drs. 23/15, S. 86.

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(allerdings unter Berücksichtigung der Spezifika des Konzernabschlusses). Der Konzernabschluss besteht also gem. Art. 24 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 UAbs. 1 EUBilanz-RL aus konsolidierter Bilanz sowie konsolidierter Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) (Art. 9–14, 24–27 EU-Bilanz-RL) und Anhang (Art. 15–18, 28 EU-Bilanz-RL). Neben den – durch Zahlen geprägten – Jahresabschluss tritt – als verbalisierte Darstellung – der Konzernlagebericht (Art. 19–20, 29, 29a EU-BilanzRL). PIE, die Mutterunternehmen einer großen Gruppe sind und mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen, müssen in den Konzernlagebericht eine konsolidierte nichtfinanzielle Erklärung (CSR-Erklärung) aufnehmen (Art. 29a EU-Bilanz-RL; vgl. zur CSR-Erklärung → 23.37 ff.). Es gilt der Grundsatz der Vollkonsolidierung: Die Gegenstände des Aktiv- und 23.51 Passivvermögens der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen werden vollständig in die konsolidierte Bilanz übernommen (Art. 24 Abs. 2 EU-Bilanz-RL). Bei Gemeinschaftsunternehmen kann aber eine Quotenkonsolidierung vorgesehen werden (Art. 26 EU-Bilanz-RL). Bei assoziierten Unternehmen gilt die Equity-Methode (Art. 27 EU-Bilanz-RL). In Deutschland sind Konzernabschluss und Lagebericht in §§ 290–315a HGB 23.52 geregelt. 5.  Abschlussprüfung 23.53 Gem. Art. 34 Abs. 1 UAbs. 1, Abs. 2 S. 1 EU-Bilanz-RL unterliegen die Jahresabschlüsse von PIE, mittleren und großen Unternehmen sowie konsolidierten Abschlüsse einer obligatorischen Abschlussprüfung durch einen oder mehrere Abschlussprüfer bzw. Prüfungsgesellschaften, die von den Mitgliedstaaten zur Durchführung von Abschlussprüfungen auf der Grundlage der APRL (→ 25) zugelassen worden sind. Für den Jahresabschluss kleiner Unternehmen sieht die EU-Bilanz-RL hingegen keine obligatorische Abschlussprüfung vor, weil damit zum einen ein erheblicher Verwaltungsaufwand für solche Unternehmen verbunden wäre und hier zudem aufgrund der häufig existierenden Identität von Anteilsinhabern und Management ein geringeres Bedürfnis nach einer Abschlussprüfung durch Dritte besteht.93 Den Mitgliedstaaten steht es jedoch frei, auch für kleine Unternehmen eine Abschlussprüfung vorzuschreiben.94 23.54 Im Prüfungsurteil muss festgestellt werden, ob der (konsolidierte) Lagebericht mit dem (konsolidierten) Abschluss in Einklang steht und den geltenden rechtlichen Anforderungen entspricht; zudem ist zu erklären, ob wesentliche fehlerhafte Angaben festgestellt wurden (Art. 34 Abs. 1 UAbs. 2, Abs. 2 S. 2 EU-Bilanz-RL). 23.55 Besonderheiten gelten für die CSR-Erklärung gem. Art. 19a Abs. 1, 29a Abs. 1 bzw. den gesonderten CSR-Bericht gem. Art. 19a Abs. 4, 29a Abs. 4 EU-Bilanz-RL (→ 23.37 ff., 23.50): Hier besteht keine Pflicht zur materiellen Überprüfung der inhalt93 Vgl. ErwG 43 S. 3 EU-Bilanz-RL. 94 Vgl. ErwG 43 S. 4 EU-Bilanz-RL.

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lichen Richtigkeit (vgl. Art. 34 Abs. 3 EU-Bilanz-RL), sondern der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft hat nur formal zu überprüfen, ob die CSR-Erklärung bzw. der gesonderte CSR-Bericht vorgelegt wurde (Art. 19a Abs. 5, 29a Abs. 5 EUBilanz-RL). Grund ist, dass CSR-Informationen typischerweise nur begrenzt objektivierbar sind und eine materielle Prüfungspflicht zudem zu einer signifikanten Aufwands- und Kostensteigerung geführt hätte.95 Die Mitgliedstaaten können allerdings eine materielle Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit durch einen unabhängigen Erbringer von Bestätigungsleistungen vorschreiben (Art. 19a Abs. 6, 29a Abs. 6 EUBilanz-RL). In Deutschland ist die Pflicht zur Abschlussprüfung in § 316 HGB geregelt, Ge- 23.56 genstand und Umfang der Prüfung in § 317 HGB. Von der Option, auch für kleine Gesellschaften eine obligatorische Abschlussprüfung vorzusehen, wurde kein Gebrauch gemacht. Durch das CSR-RL-UmsG (→ 23.18) wurde ergänzt, dass der Abschlussprüfer keine materielle Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der CSR-Erklärung vornimmt (vgl. § 317 Abs. 2 S. 4–6 HGB).96 6.  Offenlegung Gem. Art. 30 Abs. 1 UAbs. 1, Abs. 3 EU-Bilanz-RL sind der ordnungsgemäß ge- 23.57 billigte Jahresabschluss bzw. konsolidierte Abschluss sowie der (konsolidierte) Lagebericht und der Bericht des Abschlussprüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gem. Titel I Kapitel III Abschnitt 1 GesRRL (G Kapitel 2 PubRL) vorgesehenen Verfahren (→ 18.13 ff.) offenzulegen (→ 18.37 ff.). Die Mitgliedstaaten können aber unter bestimmten Voraussetzungen den (konsolidierten) Lagebericht ausnehmen (Art. 30 Abs. 1 UAbs. 2, Abs. 3 UAbs. 1 EU-Bilanz-RL). Zudem können sie bestimmte Erleichterungen für Kapitalgesellschaften & Co (Art. 30 Abs. 2, Abs. 3 UAbs. 2 EU-Bilanz-RL) sowie für kleine und mittlere Unternehmen (Art. 31 EU-Bilanz-RL) vorsehen. In Deutschland mussten früher nur Aktiengesellschaften ihre Jahresabschlüsse 23.58 beim Handelsregister einreichen und bekanntmachen (§§ 177, 178 AktG 1965). Aufgrund der 4. (Bilanz-)RL und der 7. (Konzernbilanz-)RL musste der deutsche Gesetzgeber die Offenlegungspflicht durch das BilRiLiG (→ 23.12) auch auf GmbH, aufgrund der KapCo-RL (→ 23.7) durch das KapCoRiLiG (→ 23.13) auch auf Kapitalgesellschaften & Co erstrecken. Gem. § 325 Abs. 1 S. 1 HGB a.F. mussten die Jahresabschlüsse zum Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft eingereicht werden; dort standen sie jedermann zur Einsicht offen (§ 9 HGB). Aufgrund der Reform der PubRL durch die RL 2003/58/EG (→ 18.5) wurde die Bilanzpublizität durch das EHUG (→ 18.9) m.W.v. 1.1.2007 jedoch umfassend reformiert und von den Registergerichten abgekoppelt: Die Rechnungslegungsunterlagen sind nun in elektronischer Form zentral beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers einzureichen (§ 325 95 Vgl. Müller/Stawinoga/Velte DB 2015, 2217, 2221 ff. 96 Vgl. RegE CSR-RL-UmsG, BR-Drs. 547/16, S. 49, 63 f.; Bericht Rechtsausschuss, BTDrs. 18/11450, S. 51.

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Abs. 1 HGB) und werden dann in das Unternehmensregister eingestellt (§ 8b Abs. 2 Nr. 4 HGB) (→ 18.18, 18.22). Zur Neuregelung der Sanktionen → 18.40. 7.  Befreiungen und Einschränkungen 23.59 Kapitel 9 EU-Bilanz-RL enthält umfangreiche Mitgliedstaatenoptionen für Befreiungen von Kleinstunternehmen (Art. 36 EU-Bilanz-RL), Tochterunternehmen (Art. 37 EU-Bilanz-RL) und Unternehmen, die unbeschränkt haftende Gesellschafter anderer Unternehmen sind (Art. 38 EU-Bilanz-RL), von bestimmten Vorgaben; zudem gestattet Art. 39 EU-Bilanz-RL unter bestimmten Voraussetzungen eine Befreiung von Mutterunternehmen von der GuV. Art. 40 S. 1 EU-Bilanz-RL statuiert aber eine wesentliche Einschränkung: PIE dürfen keine Vereinfachungen und Befreiungen gewährt werden, sofern dies nicht ausdrücklich vorgesehen ist. 8.  Country-by-Country-Reporting 23.60 Ein wesentliches Novum der EU-Bilanz-RL war die Einführung des sog. Countryby-Country-Reporting (Art. 41–48 EU-Bilanz-RL).97 Große Unternehmen und PIE, die in der mineralgewinnenden Industrie98 oder auf dem Gebiet des Holzeinschlags in Primärwäldern99 tätig sind, müssen jährlich einen Bericht über Zahlungen100 an staatliche Stellen101 (aufgeschlüsselt nach Ländern und ggf. auch nach spezifischen Projekten, vgl. Art. 43 Abs. 2 EU-Bilanz-RL) erstellen und veröffentlichen (Art. 42 Abs. 1 EU-Bilanz-LR). Ausgenommen sind Unternehmen, welche die Berichtspflichten eines als gleichwertig anerkannten Drittstaats erfüllen (Art. 46 f. EUBilanz-RL).102 Mit dieser neuen Berichtspflicht soll – entsprechend internationalen Vereinbarungen103 und nach US-amerikanischem Vorbild104− die Rechenschaftspflicht und gute Governance in diesem Bereich gefördert werden.105 In Deutschland wurden zur Umsetzung dieser Vorgaben zum Country-by23.61 Country-Reporting durch das BilRUG (→ 23.17) die §§ 341q–341y HGB eingefügt.   97 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1224.   98 Legaldefinition in Art. 41 Nr. 1 EU-Bilanz-RL.   99 Legaldefinition in Art. 41 Nr. 2 EU-Bilanz-RL. 100 Legaldefinition in Art. 41 Nr. 5 EU-Bilanz-RL. 101 Legaldefinition in Art. 41 Nr. 3 EU-Bilanz-RL. 102 Vgl. dazu Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1910 der Kommission v. 28.10.2016 über die Gleichwertigkeit der Berichtspflichten bestimmter Drittländer im Hinblick auf Zahlungen an staatliche Stellen mit den Anforderungen des Kapitels 10 der RL 2013/34/EU des EP und des Rates, ABlEU v. 29.10.2016, L 295/382. 103 Vgl. die Abschlusserklärung des G8-Gipfeltreffens von Deauville v. 27.5.2011, Ziff. 62 (). 104 Vgl. s. 13(q) Securities and Exchange Act 1934 (ergänzt durch den Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act, P.L. 111-203). 105 Vgl. dazu COM(2011) 684, S. 5 ff., 9, 15 sowie ausf. SEC(2011) 1289/2; Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1224.

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III.  Fundstellenverzeichnis 1.  4. (Bilanz-)RL Grundlage

Art. 54 Abs. 3 lit. g EWGV [G Art. 44 Abs. 2 lit. g EGV G Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV]

Vorschläge

Vorschlag einer Vierten RL (EWG) des Rates aufgrund von Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe g zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter hinsichtlich der Gliederung und des Inhalts des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie hinsichtlich der Bewertungsmethoden und der Offenlegung dieser Dokumente vorgeschrieben sind, 16.11.1971, KOM(71) 1232 = BR-Drs. VI/2875



Geänderter Vorschlag einer Vierten RL (EWG) des Rates aufgrund von Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe g zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter hinsichtlich der Gliederung und des Inhalts des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie hinsichtlich der Bewertungsmethoden und der Offenlegung dieser Dokumente vorgeschrieben sind, 21.2.1974, KOM(74) 191

verabschiedete Fassung

Vierte RL 78/660/EWG des Rates v. 25.7.1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, ABlEG v. 14.8.1978, L 222/11

ändernde Rechtsakte

Beitrittsakte von 1979, ABlEG v. 19.11.1979, L 291/17 (Griechenland)



Siebente RL 83/349/EWG des Rates v. 13.6.1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluß, ABlEG v. 18.7.1983, L 193/1 [7. (Konzernbilanz-)RL]



RL 84/569/EWG des Rates v. 27.11.1984 zur Änderung der in ECU ausgedrückten Beträge der RL 78/660/EWG, ABlEG v. 4.12.1984, L 314/28 Beitrittsakte von 1985, ABlEG v. 15.11.1985, L 302/23 (Spanien und Portugal)



Elfte RL 89/666/EWG des Rates v. 21.12.1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, ABlEG v. 30.12.1989, L 395/36 [ZNRL]



RL 90/604/EWG des Rates v. 8.11.1990 zur Änderung der RL 78/660/EWG über den Jahresabschluß und der RL 83/349/ EWG über den konsolidierten Abschluß hinsichtlich der Ausnahme für kleine und mittlere Gesellschaften sowie der Offenlegung von Abschlüssen in Ecu, ABlEG v. 16.11.1990, L 317/57 [Mittelstands-RL]



RL 90/605/EWG des Rates vom v. 8.11.1990 zur Änderung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG über den Jahresabschluß

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bzw. den konsolidierten Abschluß hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs, ABlEG v. 16.11.1990, L 317/60 [KapCo-RL]

RL 94/8/EG des Rates v. 21.3.1994 zur Änderung der in Ecu ausgedrückten Beträge der RL 78/660/EWG, ABlEG v. 25.3.1994, L 82/33 Beitrittsakte von 1994, ABlEG v. 29.8.1994, C 241/194 (Finnland, Österreich und Schweden)



RL 1999/60/EG des Rates v. 17.6.1999 zur Änderung hinsichtlich der in Ecu ausgedrückten Beträge der RL 78/660/EWG, ABlEG v. 26.6.1999, L 162/65



RL 2001/65/EG des EP und des Rates v. 27.9.2001 zur Änderung der RL 78/660/EWG, 83/349/EWG und 86/635/EWG des Rates im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen und von Banken und anderen Finanzinstituten zulässigen Wertansätze, ABlEG v. 27.10.2001, L 283/28 [Fair Value-RL]



RL 2003/38/EG des Rates v. 13.5.2003 zur Änderung der RL 78/660/EWG über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich der in Euro ausgedrückten Beträge, ABlEU v. 15.5.2003, L 120/22



RL 2003/51/EG des EP und des Rates v. 18.6.2003 zur Änderung der RL 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen, ABlEU v. 17.7.2003, L 178/16 [Modernisierungs-RL] Beitrittsakte von 2003, ABlEU v. 23.9.2003, L 236/338 (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern)





RL 2006/43/EG des EP und des Rates v. 17.5.2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der RL 78/660/EWG und 83/349/ EWG des Rates und zur Aufhebung der RL 84/253/EWG des Rates, ABlEU v. 9.6.2006, L 157/87 [APRL]



RL 2006/46/EG des EP und des Rates v. 14.6.2006 zur Änderung der RL des Rates 78/660/EWG über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, 83/349/EWG über den konsolidierten Abschluss, 86/635/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen, ABlEU v. 16.8.2006, L 224/1



RL 2006/99/EG des Rates v. 20.11.2006 zur Anpassung bestimmter RL im Bereich Gesellschaftsrecht anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, ABlEU v. 20.12.2006, L 363/137



RL 2009/49/EG des EP und des Rates v. 18.6.2009 zur Änderung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates im Hinblick auf bestimmte Angabepflichten mittlerer Gesellschaften

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sowie die Pflicht zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses, ABlEU v. 26.6.2009, L 164/42

RL 2012/6/EU des EP und des Rates vom 14. März 2012 zur Änderung der RL 78/660/EWG des Rates über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich Kleinstbetrieben, ABlEU v. 23.3.2012, L 81/3 [Micro-RL]



RL 2013/24/EU des Rates vom 13.5.2013 zur Anpassung bestimmter RL auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABlEU v. 10.6.2013, L 158/365

Umsetzung in Deutschland ursprüngliche Umsetzung

Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz − BiRiLiG) v. 19.12.1985, BGBl. I, 2355

RL 83/349/EWG

Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz − BiRiLiG) v. 19.12.1985, BGBl. I, 2355

RL 84/569/EWG

BiRiLiG (s.o.)

RL 89/666/EWG (ZNRL) Gesetz zur Durchführung der Elften gesellschaftsrechtlichen RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften und über Gebäudeversicherungsverhältnisse v. 22.7.1993, BGBl. I, 1282 RL 90/604/EG

Gesetz zur Änderung des D-Markbilanzgesetzes und anderer handelsrechtlicher Bestimmungen v. 25.7.1994, BGBl. I, 1682

RL 90/605/EG (KapCo-RL) Gesetz zur Durchführung der RL des Rates der Europäischen Union zur Änderung der Bilanz- und der Konzernabschlussrichtlinie hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs (90/605/ EWG), zur Verbesserung der Offenlegung von Jahresabschlüssen und zur Änderung anderer handelsrechtlicher Bestimmungen v. 24.2.2000 (Kapitalgesellschaften- und Co-RL-Gesetz – KapCoRiLiG), BGBl. I, 154 RL 94/8/EG

DM-BilanzG (s.o.)

RL 1999/60/EG

KapCoRiLiG (s.o.)

RL 2001/65/EG

Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG) v. 4.12.2004, BGBl. I, 3166

RL 2003/38/EG

BilReG (s.o.)

RL 2003/51/EG

BilReG (s.o.)

RL 2006/46/EG

Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz − BilMoG) v. 25.5.2009, BGBl. I, 1102

RL 2006/99/EG

Umsetzung nicht erforderlich

RL 2009/49/EG

BilMoG (s.o.)

RL 2012/6/EU (Micro-RL) Gesetz zur Umsetzung der RL 2012/6/EU des EP und des Rates vom 14. März 2012 zur Änderung der RL 78/660/EWG des

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§ 23 EU-Bilanz-RL

Rates über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich Kleinstbetrieben (Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz − Micro-BilG) v. 20.12.2012, BGBl. I, 2751

2.  7. (Konzernbilanz-)RL Grundlage

Art. 54 Abs. 3 lit. g EWGV [G Art. 44 Abs. 2 lit. g EGV G Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV]

Vorschläge

Vorschlag einer 7. RL aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des EWG-Vertrages für den Konzernabschluß, 28.4.1976, KOM(76) 170 = BT-Drs. 7/5221



Geänderter Vorschlag einer 7. RL aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des EWG-Vertrages für den Konzernabschluß, 12.12.1978, KOM(78) 703

verabschiedete Fassung

Siebente RL 83/349/EWG des Rates v. 13.6.1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluß, ABlEG v. 18.7.1983, L 193/1

ändernde Rechtsakte

Beitrittsakte von 1985, ABlEG v. 15.11.1985, L 302/23 (Spanien und Portugal)



Elfte RL 89/666/EWG des Rates v. 21.12.1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, ABlEG v. 30.12.1989, L 395/36 [ZNRL]



RL 90/604/EWG des Rates v. 8.11.1990 zur Änderung der RL 78/660/EWG über den Jahresabschluß und der RL 83/349/ EWG über den konsolidierten Abschluß hinsichtlich der Ausnahme für kleine und mittlere Gesellschaften sowie der Offenlegung von Abschlüssen in Ecu, ABlEG v. 16.11.1990, L 317/57 [Mittelstands-RL]



RL 90/605/EWG des Rates vom v. 8.11.1990 zur Änderung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG über den Jahresabschluß bzw. den konsolidierten Abschluß hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs, ABlEG v. 16.11.1990, L 317/60 [KapCo-RL]



Beitrittsakte von 1994, ABlEG v. 29.8.1994, C 241/194 (Finnland, Österreich und Schweden)



RL 2001/65/EG des EP und des Rates v. 27.9.2001 zur Änderung der RL 78/660/EWG, 83/349/EWG und 86/635/EWG des Rates im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen und von Banken und anderen Finanzinstituten zulässigen Wertansätze, ABlEG v. 27.10.2001, L 283/28 [Fair Value-RL]



RL 2003/51/EG des EP und des Rates v. 18.6.2003 zur Änderung der RL 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versiche-

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rungsunternehmen, ABlEU v. 17.7.2003, L 178/16 [Modernisierungs-RL]

Beitrittsakte von 2003, ABlEU v. 23.9.2003, L 236/338 (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern)



RL 2006/43/EG des EP und des Rates v. 17.5.2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der RL 78/660/EWG und 83/349/ EWG des Rates und zur Aufhebung der RL 84/253/EWG des Rates, ABlEU v. 9.6.2006, L 157/87



RL 2006/46/EG des EP und des Rates v. 14.6.2006 zur Änderung der RL des Rates 78/660/EWG über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, 83/349/EWG über den konsolidierten Abschluss, 86/635/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen, ABlEU v. 16.8.2006, L 224/1



RL 2006/99/EG des Rates v. 20.11.2006 zur Anpassung bestimmter RL im Bereich Gesellschaftsrecht anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, ABlEU v. 20.12.2006, L 363/137



RL 2009/49/EG des EP und des Rates v. 18.6.2009 zur Änderung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates im Hinblick auf bestimmte Angabepflichten mittlerer Gesellschaften sowie die Pflicht zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses, ABlEU v. 26.6.2009, L 164/42



RL 2013/24/EU des Rates vom 13.5.2013 zur Anpassung bestimmter RL auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABlEU v. 10.6.2013, L 158/365

Umsetzung in Deutschland s. Umsetzung der 4. (Bilanz-)RL

3.  EU-Bilanz-RL Grundlage

Art. 50 Abs. 1 AEUV

Vorschläge

Vorschlag für eine RL des EP und des Rates über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen, KOM(2011) 684

verabschiedete Fassung

RL 2013/34/EU des EP und des Rates vom 26.6.2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der RL 2006/43/EG des EP und des Rates und zur Aufhebung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, ABlEU v. 29.6.2013, L 182/19

ändernde Rechtsakte

RL 2014/95/EU des EP und des Rates v. 22.10.2014 zur Änderung der RL 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nicht-

836

§ 23 EU-Bilanz-RL

finanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen, ABlEU v. 15.11.2014, L 330/1 [CSR-RL]

RL 2014/102/EU des Rates vom 7.11.2014 zur Änderung der RL 2013/34/EU des EP und des Rates über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABlEU v. 21.11.2014, L 334/86

Durchführungsrechtsakte Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1910 der Kommission v. 28.10.2016 über die Gleichwertigkeit der Berichtspflichten bestimmter Drittländer im Hinblick auf Zahlungen an staatliche Stellen mit den Anforderungen des Kapitels 10 der RL 2013/34/ EU des EP und des Rates, ABlEU v. 29.10.2016, L 295/382 Umsetzung in Deutschland ursprüngliche Umsetzung

Gesetz zur Umsetzung der RL 2013/34/EU des EP und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der RL 2006/43/EG des EP und des Rates und zur Aufhebung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – BilRUG) v. 17.7.2015, BGBl. I, 1245

RL 2014/57/EU (CSR-RL) Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten (CSRRichtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 11.4.2017, BGBl. I, 802 [CSRRL-UmsG] RL 2014/102/EU

Umsetzung nicht erforderlich

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

837

RICHTLINIE 2013/34/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION – gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 50 Absatz 1, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschusses(1), gemäß dem fahren(2),

ordentlichen

Gesetzgebungsver­

in Erwägung nachstehender Gründe: (1)  Diese Richtlinie trägt dem Programm der Kommission für eine bessere Rechtsetzung und insbesondere der Mitteilung „Intelligente Regulierung in der Europäischen Union“ vom Oktober 2010 Rechnung, die das Ziel formuliert, Vorschriften zu konzipieren und zu erarbeiten, die den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit entsprechen und die höchstmögliche Qualität aufweisen, und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Verwaltungslasten in angemessenem Verhältnis zum erzielten Nutzen stehen. In der Mitteilung der Kommission „Vorfahrt für KMU in Europa – Der ‚Small Business Act‘ für Europa“, die im Juni 2008 angenommen und im Februar 2011 überarbeitet wurde, wird die zentrale Rolle der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) für die Wirtschaft der Union anerkannt und das Ziel festgelegt, das Gesamtkonzept für das Unternehmertum zu verbessern und das Prinzip „Vorfahrt für KMU“ („think small first“) von der Rechtsetzung bis hin zu den öffentlichen Diensten fest in der Politik zu verankern. Der Europäische Rat begrüßte auf seiner Tagung am 24./25.  März 2011 die Absicht der Kommission, die Binnenmarktakte vorzustellen, deren Maßnahmen Wachstum und Arbeitsplätze schaffen und den Bürgern und Unternehmen greifbare Ergebnisse bringen sollen.

(1) ABl. C 181 vom 21.6.2012, S. 84. (2) Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 12. Juni 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 20. Juni 2013.

In der von der Kommission im April 2011 angenommenen Mitteilung „Binnenmarktakte“ werden eine Vereinfachung der Vierten Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrages über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen(3) und der Siebten Richtlinie 83/349/ EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrages über den konsolidierten Abschluss(4) (die Rechnungslegungsrichtlinien) in Bezug auf die Finanzberichterstattungspflichten und eine Verringerung des Verwaltungsaufwands, insbesondere für KMU, vorgeschlagen. Die Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zielt darauf ab, die Verwaltungslasten zu verringern, das Umfeld für Unternehmen und insbesondere KMU zu verbessern und die Internationalisierung von KMU zu fördern. Der Europäische Rat forderte auf seiner Tagung vom 24. und 25. März 2011 zudem, den Regelungsaufwand insgesamt – insbesondere für KMU – auf Unionsebene und auf einzelstaatlicher Ebene zu verringern, und regte Maßnahmen zur Steigerung der Produktivität an, wie etwa den Abbau übertriebener Bürokratie und die Verbesserung des Regelungsrahmens für KMU.  (2)  Das Europäische Parlament hat am 18. Dezember 2008 eine nichtlegislative Entschließung zu den Rechnungslegungsvorschriften für kleine und mittlere Unternehmen und insbesondere Kleinstbetriebe(5) angenommen und dabei festgestellt, dass die Anforderungen der Rechnungslegungsrichtlinien kleine und mittlere Unternehmen und insbesondere Kleinstbetriebe oft stark belasten, und die Kommission aufgefordert, mit der Überprüfung der beiden Richtlinien fortzufahren.  (3) Der Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften über die Gliederung und den Inhalt des Abschlusses und des Lageberichts, die heranzuziehenden Bewertungsgrundlagen und die Offenlegung dieser Informationen, insbesondere für bestimmte Rechtsformen von Unternehmen mit beschränkter Haftung, kommt im Hinblick auf den

(3) ABl. L 222 vom 14.8.1978, S. 11. (4) ABl. L 193 vom 18.7.1983, S. 1. (5) ABl. C 45 E vom 23.2.2010, S. 58.

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

Schutz von Aktionären, Gesellschaftern und Dritten besondere Bedeutung zu. In den genannten Bereichen ist für die entsprechenden Rechtsformen von Unternehmen eine zeitgleiche Koordinierung erforderlich, da zum einen bestimmte Unternehmen in mehr als einem Mitgliedstaat tätig sind und da sie zum anderen über ihr Nettovermögen hinaus Dritten keinerlei Sicherheiten bieten. (4) Mit Jahresabschlüssen werden verschiedene Ziele verfolgt, und sie bieten nicht lediglich Informationen für Anleger in Kapitalmärkten, sondern enthalten auch Angaben über frühere Geschäfte und unterstützen die gute Unternehmensführung. Bei den Rechnungslegungsvorschriften der Union ist ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den Interessen der Adressaten von Abschlüssen und dem Interesse von Unternehmen daran, nicht über Gebühr mit Berichtspflichten belastet zu werden, zu finden. (5)  Der Anwendungsbereich dieser Richtlinie sollte bestimmte Unternehmen mit beschränkter Haftung einschließen, wie etwa Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Darüber hinaus gibt es eine beträchtliche Anzahl von offenen Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften, bei denen jeweils sämtliche voll haftenden Gesellschafter Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind, und die daher den in dieser Richtlinie vorgesehenen Koordinierungsmaßnahmen unterliegen sollten. Mit dieser Richtlinie sollte außerdem sichergestellt werden, dass Personengesellschaften in ihren Anwendungsbereich fallen, wenn ihre Gesellschafter keine Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind, aber dennoch beschränkt für die Verpflichtungen dieser Personengesellschaft haften, da ihre Haftung durch andere von dieser Richtlinie erfasste Unternehmen beschränkt wird. Die Ausnahme von Einrichtungen ohne Erwerbszweck vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie steht im Einklang mit Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe g des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). (6)  Der Anwendungsbereich dieser Richtlinie sollte auf bestimmten Grundsätzen beruhen und gewährleisten, dass sich ein Unternehmen nicht selbst aus diesem Anwendungsbereich ausnehmen kann, indem es eine vielschichtige Gruppenstruktur schafft, die innerhalb und außerhalb der Union ansässige Unternehmen auf verschiedenen Ebenen umfasst. (7) Die Bestimmungen dieser Richtlinie sollten nur insofern gelten, als sie im Einklang mit oder nicht im Widerspruch zu den Rechnungslegungsvorschriften für Unternehmen bestimmter Rechtsformen oder mit den Bestimmungen über die Verteilung des Gesellschaftsvermögens eines Unternehmens gemäß den geltenden, von einem oder mehreren Organen der Union erlassenen Gesetzgebungsakten stehen. (8)  Außerdem ist es erforderlich, in Bezug auf den Umfang der Finanzinformationen, die von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen zu

veröffentlichen sind, auf Unionsebene gleichwertige rechtliche Mindestanforderungen festzulegen. (9) Der Jahresabschluss sollte unter Beachtung des Vorsichtsprinzips erstellt werden und ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens vermitteln. Es ist in Ausnahmefällen möglich, dass ein Jahresabschluss kein solches, den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt, wenn Bestimmungen dieser Richtlinie zur Anwendung kommen. In diesen Fällen sollte das Unternehmen von diesen Bestimmungen abweichen, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild zu vermitteln. Es sollte den Mitgliedstaaten gestattet sein, solche Ausnahmefälle zu definieren und die einschlägigen Ausnahmeregelungen für derartige Fälle festzulegen. Diese Ausnahmen sollten nur für äußerst ungewöhnliche Geschäfte und ungewöhnliche Umstände gelten und sollten beispielsweise nicht bestimmte Wirtschaftszweige insgesamt betreffen. (10)  Mit dieser Richtlinie sollte dafür gesorgt werden, dass die Anforderungen für kleine Unternehmen innerhalb der Union weitgehend harmonisiert werden. Diese Richtlinie basiert auf dem Prinzip „Vorfahrt für KMU“. Um einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für diese Unternehmen zu vermeiden, sollte es den Mitgliedstaten lediglich gestattet sein, im Wege von Anhangangaben ergänzend zu den in den Anhängen zu den Abschlüssen zwingend vorgeschriebenen Angaben einige wenige Informationen zu verlangen. Im Falle eines einheitlichen Einreichungssystems können die Mitgliedstaaten jedoch in bestimmten Fällen in beschränktem Umfang zusätzliche Angaben verlangen, sofern diese nach dem jeweiligen einzelstaatlichen Steuerrecht ausdrücklich vorgeschrieben und für die Zwecke der Steuererhebung unbedingt erforderlich sind. Es sollte den Mitgliedstaaten möglich sein, über die in dieser Richtlinie vorgesehenen Mindestanforderungen hinausgehende Anforderungen für mittlere und große Unternehmen vorzuschreiben. (11)  Ist es den Mitgliedstaaten nach dieser Richtlinie beispielsweise gestattet, für kleine Unternehmen zusätzliche Anforderungen vorzuschreiben, so bedeutet dies, dass ein Mitgliedstaat von dieser Möglichkeit vollständig oder teilweise Gebrauch machen kann, indem er geringere Anforderungen stellt, als nach dieser Möglichkeit gestattet wäre. Ist es den Mitgliedstaaten nach dieser Richtlinie beispielsweise gestattet, in Bezug auf kleine Unternehmen eine Ausnahmeregelung anzuwenden, so gilt entsprechend, dass der jeweilige Mitgliedstaat diese Unternehmen vollständig oder teilweise ausnehmen kann. (12) Kleine, mittlere und große Unternehmen sollten unter Bezugnahme auf Bilanzsumme, Nettoumsatzerlöse und durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten definiert und voneinander unterschieden werden, da diese Kriterien in der Regel objektiven Aufschluss

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL über die Größe eines Unternehmens geben. Legt jedoch das Mutterunternehmen keinen konsolidierten Abschluss für die Gruppe vor, so sollten die Mitgliedstaaten die von ihnen als erforderlich erachteten Maßnahmen ergreifen dürfen, um vorzuschreiben, dass ein solches Unternehmen als ein größeres Unternehmen eingestuft wird, indem seine Größe und daraus resultierende Kategorie auf konsolidierter oder aggregierter Grundlage bestimmt werden. Wendet ein Mitgliedstaat eine oder mehrere der fakultativen Ausnahmeregelungen für Kleinstunternehmen an, so sollten Kleinstunternehmen auch unter Bezugnahme auf Bilanz­ summe, Nettoumsatzerlöse und durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten definiert werden. Die Mitgliedstaaten sollten nicht verpflichtet sein, in ihren einzelstaatlichen Rechtsvorschriften gesonderte Kategorien für mittlere und große Unternehmen vorzusehen, wenn für mittlere Unternehmen dieselben Anforderungen wie für große Unternehmen gelten. (13) Kleinstunternehmen verfügen nur über begrenzte Mittel, um anspruchsvollen gesetzlichen Anforderungen nachzukommen. Gibt es keine speziellen Vorschriften für Kleinstunternehmen, so finden die für kleine Unternehmen geltenden Vorschriften auch auf Kleinstunternehmen Anwendung. Dadurch sehen sie sich mit einem in Bezug auf ihre Größe unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand konfrontiert, der für die kleinsten Unternehmen im Vergleich zu anderen kleinen Unternehmen belastender ist. Deshalb sollte es den Mitgliedstaaten möglich sein, Kleinstunternehmen von bestimmten für kleine Unternehmen geltenden Pflichten, die ihnen einen übermäßigen Verwaltungsaufwand auferlegen würden, auszunehmen. Allerdings sollten Kleinstunternehmen weiterhin etwaigen einzelstaatlichen Pflichten zur Führung von Aufzeichnungen unterliegen, aus denen ihre Geschäftstätigkeit und ihre finanzielle Lage hervorgehen, unterliegen. Darüber hinaus sollten Investmentunternehmen und Beteiligungsgesellschaften von den Vorteilen der für Kleinstunternehmen geltenden Vereinfachungen ausgenommen werden. (14) Die Mitgliedstaaten sollten die besonderen Gegebenheiten und Bedürfnisse ihres eigenen Marktes berücksichtigen, wenn sie beschließen, ob oder wie eine spezifische Regelung für Kleinstunternehmen im Rahmen dieser Richtlinie angewandt werden soll. (15) Die Offenlegung von Abschlüssen kann für Kleinstunternehmen aufwendig sein. Gleichzeitig müssen die Mitgliedstaaten die Einhaltung dieser Richtlinie sicherstellen. Dementsprechend sollte es Mitgliedstaaten, die von den in dieser Richtlinie enthaltenen Ausnahmeregelungen für Kleinstunternehmen Gebrauch machen, gestattet sein, Kleinstunternehmen von einer allgemeinen Offenlegungspflicht zu befreien, sofern die Informationen aus der Bilanz im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bei mindestens einer benannten zuständigen Behörde ordnungsgemäß

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hinterlegt und an das Unternehmensregister übermittelt werden, so dass auf Antrag eine Abschrift erhältlich ist. In solchen Fällen findet die in dieser Richtlinie festgelegte Pflicht zur Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen gemäß Artikel 3 Absatz 5 der Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten(6), keine Anwendung. (16)  Um zu gewährleisten, dass vergleichbare und gleichwertige Informationen angegeben werden, sollten die bei Ansatz und Bewertung zugrunde gelegten Grundsätze den Aspekt der Unternehmensfortführung, das Vorsichtsprinzip und das Konzept der Periodenabgrenzung einschließen. Eine Verrechnung zwischen Aktiv- und Passivposten sowie zwischen Aufwands- und Ertragsposten sollte nicht zulässig sein, und die Aktiv- und Passivposten sollten einzeln bewertet werden. In besonderen Fällen sollte es den Mitgliedstaaten allerdings gestattet sein, den Unternehmen die Verrechnung zwischen Aktiv- und Passivposten sowie zwischen Aufwands- und Ertragsposten zu erlauben oder vorzuschreiben. Bei der Darstellung der einzelnen Posten im Abschluss sollte der wirtschaftlichen Realität bzw. dem wirtschaftlichen Gehalt des zugrunde liegenden Geschäftsvorfalls oder der zugrunde liegenden Vereinbarung Rechnung getragen werden. Es sollte den Mitgliedstaaten allerdings gestattet sein, Unternehmen von der Anwendung dieses Grundsatzes zu befreien. (17)  Für Ansatz, Bewertung, Darstellung, Offenlegung und Konsolidierung im Abschluss sollte der Grundsatz der Wesentlichkeit gelten. Nach dem Grundsatz der Wesentlichkeit können Angaben, die als unwesentlich betrachtet werden, im Abschluss beispielsweise aggregiert werden. Während ein einzelner Posten möglicherweise als unwesentlich angesehen werden kann, können mehrere unwesentliche gleichartige Posten zusammen jedoch durchaus als wesentlich gelten. Es sollte den Mitgliedstaaten gestattet sein, die verbindliche Anwendung des Grundsatzes der Wesentlichkeit auf Darstellung und Offenlegung zu beschränken. Der Grundsatz der Wesentlichkeit sollte eine etwaige Pflicht nach einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zur Führung vollständiger Aufzeichnungen, aus denen ihre Geschäftstätigkeit und die finanzielle Lage hervorgehen, nicht berühren. (18) Zur Gewährleistung der Zuverlässigkeit der im Abschluss enthaltenen Informationen sollten die im Abschluss angesetzten Posten auf der Basis des Anschaffungs- oder des Herstellungskostenprinzips bewertet werden. Die Mitgliedstaaten

(6) ABl. L 258 vom 1.10.2009, S. 11.

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

sollten jedoch befugt sein, den Unternehmen eine Neubewertung des Anlagevermögens zu erlauben oder vorzuschreiben, damit den Abschlussnutzern aussagekräftigere Informationen zur Verfügung gestellt werden können. (19) Der Bedarf nach einer unionsweiten Vergleichbarkeit der Finanzinformationen macht es erforderlich, die Mitgliedstaaten zu verpflichten, für bestimmte Finanzinstrumente eine Rechnungslegung zum beizulegenden Zeitwert zuzulassen. Im Übrigen stellen Systeme einer Rechnungslegung zum beizulegenden Zeitwert Informationen bereit, die für die Nutzer von Abschlüssen von größerer Relevanz sein können als Informationen, die auf den Anschaffungs- oder den Herstellungskosten basieren. Entsprechend sollten die Mitgliedstaaten die Einführung einer Rechnungslegung zum beizulegenden Zeitwert durch alle Unternehmen bzw. Kategorien von Unternehmen – mit Ausnahme der Kleinstunternehmen, die von der in dieser Richtlinie enthaltenen Ausnahmeregelung Gebrauch machen – gestatten, und zwar sowohl in Bezug auf Jahresabschlüsse und konsolidierte Abschlüsse als auch – je nach Wahl des Mitgliedstaats – nur in Bezug auf konsolidierte Abschlüsse. Darüber hinaus sollte es den Mitgliedstaaten gestattet sein, eine Rechnungslegung zum beizulegenden Zeitwert für Vermögensgegenstände, die keine Finanz­ instrumente sind, zuzulassen oder zu verlangen. (20) Es ist erforderlich, die Anzahl der Gliederungsformen für Bilanzen zu beschränken, um es den Nutzern von Abschlüssen zu ermöglichen, die finanzielle Lage von Unternehmen innerhalb der Union besser zu vergleichen. Die Mitgliedstaaten sollten die Anwendung einer Gliederungsform für die Bilanz vorschreiben, und es sollte ihnen gestattet sein, eine Auswahl von erlaubten Gliederungen anzubieten. Es sollte den Mitgliedstaaten jedoch möglich sein, den Unternehmen zu erlauben oder vorzuschreiben, die Gliederung zu ändern und eine Bilanz vorzulegen, die zwischen kurz- und langfristigen Posten unterscheidet. Es sollte sowohl eine Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung nach Eigenart der Aufwendungen als auch eine Gewinn- und Verlustrechnung nach Funktion der Aufwendungen zulässig sein. Die Mitgliedstaaten sollten die Anwendung einer Gliederungsform für die Gewinn- und Verlustrechnung vorschreiben, und es sollte ihnen gestattet sein, die Auswahl von mehreren erlaubten Gliederungen anzubieten. Die Mitgliedstaaten sollten es Unternehmen ferner gestatten können, anstelle einer Gewinn- und Verlustrechnung, die entsprechend einer der zulässigen Gliederungen erstellt wird, eine Ergebnisrechnung („statement of performance“) vorzulegen. Für kleine und mittlere Unternehmen kann eine vereinfachte Fassung der vorgeschriebenen Gliederungsschemata zur Verfügung gestellt werden. Es sollte den Mitgliedstaaten allerdings gestattet sein, die Gliederungsformen der Bilanz und der Gewinnund Verlustrechung zu beschränken, sofern dies für die elektronische Einreichung von Abschlüssen erforderlich ist.

(21) Im Interesse der Vergleichbarkeit sollte ein gemeinsamer Rahmen für Ansatz, Bewertung und Darstellung unter anderem von Wertberichtigungen, Geschäfts- oder Firmenwert, Rückstellungen, Vorratsvermögen und beweglichen Vermögensgegenständen sowie Ertrags- oder Aufwandsposten in außerordentlicher Größenordnung oder mit außerordentlichem Stellenwert vorgegeben werden. (22) Ansatz und Bewertung einiger Posten des Abschlusses beruhen nicht auf präzisen Darstellungen sondern vielmehr auf Schätzungen, Bewertungen und Modellen. Als Ergebnis der mit Geschäftstätigkeiten verbundenen Ungewissheiten können bestimmte Posten in den Abschlüssen nicht präzise bewertet, sondern nur geschätzt werden. Schätzungen umfassen Bewertungen anhand der jüngsten verfügbaren zuverlässigen Angaben. Schätzungen sind ein wesentlicher Bestandteil der Aufstellung von Abschlüssen. Dies gilt insbesondere im Falle von Rückstellungen, die naturgemäß unsicherer sind, als die meisten anderen Bilanzposten. Die Schätzungen sollten auf einer vorsichtigen Bewertung der Unternehmensleitung beruhen sowie auf einer objektiven Grundlage berechnet werden, ergänzt um Erfahrungen aus ähnlichen Geschäftsvorfällen sowie in einigen Fällen sogar um Berichte von unabhängigen Experten. Die berücksichtigten Nachweise sollten alle zusätzlichen Hinweise umfassen, die sich aufgrund von Ereignissen nach dem Bilanzstichtag ergeben. (23) Die in der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung dargestellten Informationen sollten durch Angaben im Anhang zum Abschluss ergänzt werden. Die Nutzer von Abschlüssen haben üblicherweise lediglich begrenzten Bedarf an zusätzlichen Informationen kleiner Unternehmen, und für kleine Unternehmen kann es kostspielig sein, diese zusätzlichen Informationen zusammenzustellen. Eine spezielle Regelung für kleine Unternehmen, die lediglich eine begrenzte Offenlegungspflicht vorsieht, ist somit gerechtfertigt. Ist ein Kleinstunternehmen oder ein kleines Unternehmen allerdings der Auffassung, dass die Bereitstellung zusätzlicher Informationen der Art, wie sie von mittleren und großen Unternehmen verlangt wird, oder anderer in dieser Richtlinie nicht vorgesehener Informationen nützlich wäre, so sollte es nicht daran gehindert werden. (24) Die Angabe zu den Rechnungslegungsmethoden ist eines der Schlüsselelemente des Anhangs zum Abschluss. Diese Angaben sollten insbesondere die Bewertungsgrundlage für die verschiedenen Posten, eine Angabe zur Übereinstimmung dieser Rechnungslegungsmethoden mit dem Konzept der Unternehmensfortführung und wesentliche Änderungen der Rechnungslegungsmethoden umfassen. (25) Nutzer der von mittleren und großen Unternehmen erstellten Abschlüsse haben in der Regel anspruchsvollere Bedürfnisse. Daher sollte in bestimmten Bereichen die Angabe weiterer Informationen vorgesehen werden. Ausnahmen von

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL bestimmten Berichtspflichten sind gerechtfertigt, wenn bestimmten Personen oder dem Unternehmen aus dieser Angabe ein Nachteil erwachsen würde. (26)  Der Lagebericht und der konsolidierte Lagebericht sind wichtige Elemente der Finanzberichterstattung. Es sollte ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild des Geschäftsverlaufs und des Geschäftsergebnisses vermittelt werden, und zwar in einer Weise, die Umfang und Komplexität der Geschäfte entspricht. Die Informationen sollten sich nicht auf die finanziellen Aspekte der Geschäfte des Unternehmens beschränken, sondern auch die ökologischen und sozialen Aspekte seiner Geschäftstätigkeit, die für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses oder der Lage des Unternehmens erforderlich ist, sollten analysiert werden. In den Fällen, in denen der konsolidierte Lagebericht und der Lagebericht des Mutterunternehmens als ein einziger Bericht vorgelegt werden, kann es angemessen sein, in besonderer Weise auf die Umstände einzugehen, die für die Gesamtheit der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen von Bedeutung sind. Mit Blick auf die potenzielle Belastung für kleine und mittlere Unternehmen ist es jedoch angezeigt, die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten vorzusehen, eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Bereitstellung von Nichtfinanzinformationen im Lagebericht solcher Unternehmen zu gewähren. (27)  Die Mitgliedstaaten sollten über die Möglichkeit verfügen, kleine Unternehmen von der Pflicht zur Erstellung eines Lageberichts zu befreien, sofern diese Unternehmen im Anhang zu ihrem Abschluss im Einklang mit Artikel 24 Absatz 2 der Richtlinie 2012/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten(7), die Daten zum Erwerb eigener Aktien angeben. (28) Da börsennotierte Unternehmen in den Volkswirtschaften, in denen sie operieren, eine herausragende Rolle spielen können, sollten die Bestimmungen dieser Richtlinie, die die Erklärung zur Unternehmensführung betreffen, für Unternehmen gelten, deren übertragbare Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind. (29) Zahlreichen Unternehmen gehören andere Unternehmen; durch die Koordinierung der Rechtsvorschriften über konsolidierte Abschlüsse sollen die Interessen geschützt werden, die gegenüber Kapitalgesellschaften bestehen. Damit

(7) ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 74.

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Finanzinformationen über derartige Unternehmen zur Kenntnis der Gesellschafter und Dritter gebracht werden können, sollte ein konsolidierter Abschluss erstellt werden. Daher wäre eine Koordinierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den konsolidierten Abschluss angebracht, damit Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit der von Unternehmen in der Union zu veröffentlichenden Informationen gewährleistet werden. Aufgrund des Fehlens eines Transaktionspreises zu Marktbedingungen sollte es den Mitgliedstaaten gestattet sein, die Bilanzierung von gruppeninternen Beteiligungsübertragungen – sogenannte Geschäftsvorfälle zwischen Unternehmen unter einheitlicher Leitung – unter Anwendung der Interessenzusammenführungsmethode zuzulassen, bei der der Buchwert von Anteilen an einem in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen lediglich mit dem entsprechenden Anteil am Gesellschaftskapital verrechnet wird. (30) Die Richtlinie 83/349/EWG enthielt eine Vorschrift, wonach ein konsolidierter Abschluss für Gruppen zu erstellen ist, wenn entweder das Mutterunternehmen oder ein oder mehrere Tochterunternehmen eine der in den Anhängen I oder II dieser Richtlinie genannten Rechtsformen hat. Die Mitgliedstaaten hatten die Möglichkeit, Mutterunternehmen von der Anforderung, einen konsolidierten Abschluss zu erstellen, zu befreien, sofern das Mutternunternehmen nicht eine der in den Anhängen I oder II genannten Rechtsformen hatte. Gemäß der vorliegenden Richtlinie sind lediglich Mutterunternehmen einer der in Anhang I oder, unter bestimmten Umständen, der in Anhang II genannten Rechtsform verpflichtet, konsolidierte Abschlüsse zu erstellen; allerdings werden die Mitgliedstaaten nicht daran gehindert, den Anwendungsbereich dieser Richtlinie auszudehnen, so dass er sich auch auf andere Situationen erstreckt. Demnach hat sich die Richtlinie inhaltlich nicht geändert, da es weiterhin den Mitgliedstaaten obliegt, zu entscheiden, ob Unternehmen, die nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, verpflichtet sind, einen konsolidierten Abschluss zu erstellen. (31)  Konsolidierte Abschlüsse sollten die Tätigkeiten eines Mutterunternehmens und seiner Tochterunternehmen als die einer einzigen wirtschaftlichen Einheit (einer Gruppe) darstellen. Vom Mutterunternehmen kontrollierte Unternehmen sollten als Tochterunternehmen betrachtet werden. Die Kontrolle sollte darin bestehen, dass eine Mehrheit der Stimmrechte gehalten wird; eine Kontrolle kann aber auch gegeben sein, wenn entsprechende Vereinbarungen mit anderen Mitaktionären oder Mitgesellschaftern geschlossen wurden. Unter bestimmten Bedingungen kann eine tatsächliche Kontrolle ausgeübt werden, auch wenn das Mutterunternehmen nur eine Minderheitsbeteiligung oder keine Beteiligung am Tochterunternehmen hält. Die Mitgliedstaaten sollten befugt sein vorzuschreiben, dass Unternehmen, die nicht der Kontrolle unterliegen, die aber unter einheitlicher

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

Leitung stehen oder ein gemeinsames Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan haben, in den konsolidierten Abschluss einbezogen werden. (32) Ein Tochterunternehmen, das selbst Mutterunternehmen ist, sollte einen konsolidierten Abschluss erstellen. Nichtsdestoweniger sollten die Mitgliedstaaten befugt sein, ein solches Mutterunternehmen unter bestimmten Umständen von der Pflicht zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses zu befreien, sofern die Gesellschafter des Unternehmens und Dritte hinreichend geschützt sind. (33)  Kleine Gruppen sollten von der Pflicht zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses befreit werden, da die Nutzer der Abschlüsse kleiner Unternehmen keinen spezifischen Informationsbedarf haben und es kostspielig sein kann, zusätzlich zum Jahresabschluss des Mutterunternehmens und des Tochterunternehmens noch einen konsolidierten Abschluss zu erstellen. Die Mitgliedstaaten sollten mittlere Unternehmen aus denselben Kosten-Nutzen-Erwägungen von der Pflicht zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses be­ freien können, es sei denn, bei einem verbundenen Unternehmen handelt es sich um ein Unternehmen von öffentlichem Interesse. (34)  Eine Konsolidierung erfordert die vollständige Berücksichtigung der Aktiva und Passiva sowie der Erträge und Aufwendungen der Unternehmen der Gruppe und die gesonderte Angabe der nicht beherrschenden Anteile in der konsolidierten Bilanz unter „Eigenkapital“ sowie die gesonderte Angabe der nicht beherrschenden Anteile unter „Ergebnis der Gruppe“ in der konsolidierten Gewinn- und Verlustrechnung. Es sollten jedoch die erforderlichen Berichtigungen vorgenommen werden, um die Auswirkungen finanzieller Beziehungen zwischen den konsolidierten Unternehmen zu beseitigen. (35) Die für die Erstellung der Jahresabschlüsse geltenden Grundsätze in Bezug auf Ansatz und Bewertung sollten auch für die Erstellung konsolidierter Abschlüsse gelten. Es sollte den Mitgliedstaaten allerdings gestattet sein zuzulassen, dass die in dieser Richtlinie festgelegten allgemeinen Bestimmungen und Grundsätze bei Jahresabschlüssen anders angewendet werden als bei konsolidierten Abschlüssen. (36) Assoziierte Unternehmen sollten mittels der Equity-Methode in den konsolidierten Abschluss einbezogen werden. Die Bestimmungen zur Bewertung von assoziierten Unternehmen sollten gegenüber denen der Richtlinie 83/349/EWG inhaltlich unverändert bleiben, und die nach jener Richtlinie zulässigen Verfahren können weiterhin angewendet werden. Die Mitgliedstaaten sollten zudem gestatten oder vorschreiben können, dass ein gemeinsam geführtes Unternehmen im Rahmen des konsolidierten Abschlusses anteilig konsolidiert wird.

(37) Konsolidierte Abschlüsse sollten alle Angaben zu der Gesamtheit der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen in der Form von Anhangangaben zum Abschluss enthalten. Name, Sitz und Gruppenbeteiligung am Kapital der Unternehmen sollten auch in Bezug auf Tochterunternehmen, assoziierte Unternehmen, gemeinsam geführte Unternehmen und Beteiligungen angegeben werden. (38) Die Jahresabschlüsse sämtlicher Unternehmen, auf die diese Richtlinie anwendbar ist, sollten gemäß der Richtlinie 2009/101/EG offengelegt werden. Es ist jedoch angebracht, in diesem Bereich gewisse Ausnahmeregelungen für kleine und mittlere Unternehmen vorzusehen. (39) Die Mitgliedstaaten sind dringend aufgefordert, elektronische Systeme zur Offenlegung zu entwickeln, die es Unternehmen ermöglichen, Rechnungslegungsdaten, einschließlich verpflichtender Abschlüsse, lediglich einmal einzureichen, und zwar in einer Form, die es einer Vielzahl von Nutzern ermöglicht, ohne Probleme auf die Daten zuzugreifen und sie zu verwenden. Im Hinblick auf die Berichterstattung über Abschlüsse wird der Kommission empfohlen, die Möglichkeiten für ein harmonisiertes elektronisches Format zu erkunden. Entsprechende Systeme sollten jedoch keine Belastung für kleine und mittlere Unternehmen darstellen. (40) Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane eines Unternehmens sollten der Mindestanforderung genügen, dass sie dem Unternehmen gegenüber gemeinsam für die Erstellung und Veröffentlichung von Jahresabschlüssen und Lageberichten verantwortlich sind. Der gleiche Grundsatz sollte auch für Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane von Unternehmen gelten, die einen konsolidierten Abschluss erstellen. Diese Organe handeln im Rahmen der ihnen durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften übertragenen Zuständigkeiten. Für die Mitgliedstaaten sollte die Möglichkeit bestehen, darüber hinauszugehen und eine unmittelbare Rechenschaftspflicht gegenüber Aktionären, Gesellschaftern oder anderen Beteiligten einzuführen. (41)  Die Haftung für die Erstellung und Veröffentlichung der Jahresabschlüsse und der konsolidierten Abschlüsse sowie der Lageberichte und der konsolidierten Lageberichte unterliegt einzelstaatlichen Rechtsvorschriften. Angemessene Haftungsregelungen, wie sie von jedem Mitgliedstaat nach den jeweiligen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegt werden, sollten für die Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane eines Unternehmens gelten. Den Mitgliedstaaten sollte es gestattet sein, den Haftungsumfang festzulegen. (42) Zur Förderung glaubwürdiger Rechnungslegungsprozesse in der gesamten Union sollten die Mitglieder desjenigen Organs eines Unternehmens, das für die Ausarbeitung des Abschlusses

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL eines Unternehmens verantwortlich ist, sicherstellen, dass die im Jahresabschluss und die im konsolidierten Abschluss einer Gruppe enthaltenen Finanzinformationen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln. (43)  Jahresabschlüsse und konsolidierte Abschlüsse sollten einer Abschlussprüfung unterzogen werden. Die Anforderung, dass in einem Prüfungsurteil festgestellt werden sollte, ob der Jahresabschluss bzw. der konsolidierte Abschluss im Einklang mit den einschlägigen Rechnungslegungsgrundsätzen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt, sollte nicht als Einschränkung der Geltung des Bestätigungsvermerks verstanden werden, sondern als Präzisierung zu dem Kontext, innerhalb dessen er erteilt wird. Für den Jahresabschluss kleiner Unternehmen sollte keine Prüfungspflicht bestehen, da eine solche Prüfung mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand für diese Kategorie von Unternehmen verbunden sein kann, denn in vielen kleinen Unternehmen sind ein und dieselben Personen sowohl Anteilseigner als auch Mitglieder der Unternehmensleitung, weshalb die Notwendigkeit einer Bestätigung ihres Abschlusses durch Dritte begrenzt ist. Allerdings sollte diese Richtlinie die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten und Bedürfnisse kleiner Unternehmen sowie der Nutzer der Abschlüsse solcher Unternehmen, eine Abschlussprüfung für kleine Unternehmen vorzuschreiben. Außerdem ist es angemessener, den Inhalt des Bestätigungsvermerks in Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. May 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen(8) festzulegen. Daher sollte jene Richtlinie entsprechend geändert werden. (44) Im Interesse einer größeren Transparenz hinsichtlich der an staatliche Stellen geleisteten Zahlungen sollten große Unternehmen und Unternehmen von öffentlichem Interesse, die in der mineralgewinnenden Industrie oder im Holzeinschlag in Primärwäldern(9) tätig sind, in einem separaten jährlichen Bericht offenlegen, welche wesentlichen Zahlungen sie an staatliche Stellen in den Ländern geleistet haben, in denen sie ihrer Tätigkeit nachgehen. Solche Unternehmen sind in Ländern tätig, die reich an natürlichen Ressourcen, insbesondere Erdöl, Erdgas und Primärwäldern, sind. In dem Bericht sollten Zahlungen aufgeführt werden, die mit denen vergleichbar sind, die von den an der Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft (EITI) beteiligten Unternehmen offengelegt werden. Diese Initiative ergänzt ferner den Aktionsplan

(8) ABl. L 157 vom 9.6.2006, S. 87. (9) Definiert in Richtlinie 2009/28/EG als „natürlich regenerierte Wälder mit einheimischen Arten, in denen es keine deutlich sichtbaren Anzeichen für menschliche Eingriffe gibt und die ökologischen Prozesse nicht wesentlich gestört sind“.

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„Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor“ der Europäischen Union („Forest Law Enforcement, Governance and Trade“, FLEGT) und die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr.  995/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über die Verpflichtungen von Marktteilnehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen(10), die von Holzhändlern verlangt, alle gebotene Sorgfalt walten zu lassen, um zu verhindern, dass Holz aus illegalem Einschlag auf den Markt der Union gelangt. (45)  Zweck der Berichte sollte es sein, den Regierungen ressourcenreicher Länder dabei zu helfen, die EITI-Grundsätze und -Kriterien umzusetzen und ihren Bürgern Rechenschaft über die Zahlungen abzulegen, die sie von den in ihrem Hoheitsgebiet tätigen Unternehmen der mineralgewinnenden Industrie und der Industrie des Holzeinschlags in Primärwäldern erhalten. Der Bericht sollte Angaben nach Ländern und Projekten enthalten. Der Begriff „Projekt“ sollte definiert werden als die operativen Tätigkeiten, die sich nach einem einzigen Vertrag, einer Lizenz, einem Mietvertrag, einer Konzession oder ähnlichen rechtlichen Vereinbarungen richten und die Grundlage für Zahlungsverpflichtungen gegenüber einer staatlichen Stelle bilden. Falls allerdings mehrere solche Vereinbarungen wesentlich miteinander verbunden sind, sollten diese als Projekte betrachtet werden. „Materiell miteinander verbundene“ rechtliche Vereinbarungen sollte verstanden werden als ein Komplex von mit der staatlichen Stelle geschlossenen, operativ und geografisch verflochtenen Verträgen, Lizenzen, Mitverträgen oder Konzessionen oder damit verbundenen Vereinbarungen mit im Wesentlichen ähnlichen Bedingungen, der bestimmte Zahlungsverpflichtungen begründet. Diese Vereinbarungen können durch einen einzigen Vertrag, eine Vereinbarung über ein gemeinsames Unternehmen, eine Vereinbarung über die gemeinsame Produktion oder andere übergeordnete rechtliche Vereinbarungen geregelt sein. (46) Zahlungen sind unabhängig davon, ob sie als Einmalzahlungen oder als eine Reihe verbundener Zahlungen geleistet werden, nicht in dem Bericht zu berücksichtigen, wenn sie im Laufe des Geschäftsjahres unter 100 000 EUR liegen. Dies bedeutet, dass das Unternehmen im Falle einer bestehenden Vereinbarung über regelmäßige Zahlungen oder Raten (z.B. Mietgebühren) den Gesamtbetrag der verbundenen regelmäßigen Zahlungen oder der Raten der verbundenen Zahlungen berücksichtigt, um festzustellen, ob die Schwelle für diese Reihe von Zahlungen erreicht ist und ob dementsprechend eine Offenlegung erforderlich ist. (47)  Unternehmen, die in der mineralgewinnenden Industrie oder auf dem Gebiet des Holzeinschlags

(10) ABl. L 295 vom 12.11.2010, S. 23.

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in Primärwäldern tätig sind, sollten nicht dazu verpflichtet werden, Zahlungen, die zur Erfüllung von Verpflichtungen auf der Ebene des Unternehmens und nicht auf der Ebene einzelner Projekte vorgenommen werden, nach Projekten aufzuschlüsseln oder einzelnen Projekten zuzuweisen. Falls beispielsweise ein Unternehmen über mehr als ein Projekt in einem Aufnahmeland verfügt und die staatlichen Stellen dieses Landes bei dem Unternehmen Körperschaftsteuern in Bezug auf seine gesamten Erträge in dem Land und nicht in Bezug auf ein bestimmtes Projekt oder einen bestimmten Vorgang innerhalb des Landes erheben, wäre das Unternehmen berechtigt, die entsprechend(en) Körperschaftssteuerzahlung(en) anzugeben, ohne dabei ein mit der betreffenden Zahlung verbundenes bestimmtes Projekt anzugeben. (48) Ein Unternehmen, das in der mineralgewinnenden Industrie oder auf dem Gebiet des Holzeinschlags in Primärwäldern tätig ist, braucht im Allgemeinen die an eine staatliche Stelle als Stammaktionär dieses Unternehmens gezahlten Dividenden nicht offenzulegen, solange die Dividenden unter denselben Bedingungen an die staatliche Stelle wie an die anderen Aktionäre gezahlt werden. Allerdings hat das Unternehmen alle anstelle von Produktionsrechten oder Nutzungsentgelten gezahlten Dividenden offenzulegen. (49) Um einer möglichen Umgehung von Offenlegungsanforderungen entgegenzuwirken, sollte diese Richtlinie präzisieren, dass Zahlungen in Bezug auf den Inhalt der Tätigkeit oder der betreffenden Zahlung offenzulegen sind. So sollte das Unternehmen die Offenlegung beispielsweise nicht dadurch umgehen können, dass es eine Tätigkeit, die sonst durch diese Richtlinie erfasst würde, neu umschreibt. Außerdem sollten Zahlungen oder Tätigkeiten nicht künstlich mit dem Ziel aufgeteilt oder zusammengefasst werden, diese Offenlegungsanforderungen zu umgehen. (50)  Um zu bestimmen, unter welchen Umständen die Unternehmen von den Berichtspflichten nach Kapitel 10 ausgenommen werden sollten, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV delegierte Rechtsakte zur Festlegung der Kriterien zu erlassen, anhand deren bewertet wird, ob.die Berichtspflichten von Drittländern den Anforderungen des genannten Kapitels entsprechen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden. (51) Zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung des Artikels 46 Absatz 1 sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Par-

laments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren(11), ausgeübt werden. (52) Innerhalb von drei Jahren nach Ablauf der Frist für die Umsetzung dieser Richtlinie durch die Mitgliedstaaten sollte die Kommission das Berichterstattungssystem überprüfen und einen Bericht vorlegen. Bei der Überprüfung sollte die Wirksamkeit der Regelung analysiert und internationalen Entwicklungen, einschließlich Fragen der Wettbewerbsfähigkeit und der Energieversorgungssicherheit, Rechnung getragen werden. Bei der Überprüfung sollte auch auf die Frage einer Ausdehnung der Berichtspflichten auf zusätzliche Wirtschaftszweige sowie auf die Frage eingegangen werden, ob der Bericht geprüft werden sollte. Darüber hinaus sollten bei der Überprüfung die Erfahrungen von Erstellern und Nutzern der Zahlungsinformationen berücksichtigt und Überlegungen dazu angestellt werden, ob es sinnvoll wäre, zusätzliche Zahlungsinformationen, etwa zu den effektiven Steuersätzen, und nähere Angaben zum Empfänger, etwa Angaben zu seiner Bankverbindung, mit aufzunehmen. (53)  Im Einklang mit den Schlussfolgerungen des G8-Gipfels in Deauville vom Mai 2011 sollte die Kommission mit Blick auf die Schaffung einheitlicher internationaler Wettbewerbsbedingungen weiterhin bei allen internationalen Partnern darauf hinwirken, dass sie ähnliche Anforderungen betreffend der Berichterstattung über Zahlungen an staatliche Stellen einführen. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Fortführung der Arbeiten am entsprechenden internationalen Rechnungslegungsstandard. (54) Damit sie künftigen Änderungen der für die verschiedene Unternehmenskategorien geltenden Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten und der Union Rechnung tragen kann, sollte der Kommis­ sion die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV delegierte Rechtsakte zur Aktualisierung der Listen der Unternehmenskategorien in den Anhängen I und II zu erlassen. Der Rückgriff auf delegierte Rechtsakte ist auch erforderlich, um die Kriterien für die Bestimmung der Unternehmensgröße anzupassen, da der Realwert eines Unternehmens im Laufe der Zeit aufgrund der Inflation schrumpft. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.

(11) ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL (55) Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Erleichterung grenzüberschreitender Investitionen und die Verbesserung der unionsweiten Vergleichbarkeit und des öffentlichen Vertrauens in Abschlüsse und Berichte durch umfassendere und kohärentere spezifische Angaben auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen dieser Richtlinie besser auf Unionsebene zu verwirklichen sind, kann die Un­ ion im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. (56)  Diese Richtlinie ersetzt die Richtlinien 78/660/ EWG und 83/349/EWG. Daher sollten jene Richtlinien aufgehoben werden. (57) Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. (58) Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission zu erläuternden Dokumenten vom 28. September 2011 haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in dem bzw. denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen einzelstaatlicher Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung von Entsprechungstabellen für gerechtfertigt. HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: KAPITEL 1 ANWENDUNGSBEREICH, BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND RECHTSFORMEN VON UNTERNEHMEN UND GRUPPEN Artikel 1 Anwendungsbereich (1) Die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Koordinierungsmaßnahmen gelten für die Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Rechtsformen von Unternehmen, a) die in Anhang I genannt sind; b) die in Anhang II genannt sind und bei denen alle unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschafter des Unternehmens mit ansonsten unbeschränkter Haftung tatsächlich nur beschränkt haftbar sind, weil diese Gesellschafter

i) über eine in Anhang I aufgeführte Rechtsform verfügen oder ii)  nicht den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegen, aber über eine Rechtsform verfügen, die einer in Anhang I genannten vergleichbar ist. (2) Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission innerhalb einer angemessenen Zeitspanne über Änderungen bei den Rechtsformen von Unternehmen in ihren einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, die die Richtigkeit des Anhangs I oder des Anhangs II beeinträchtigen könnten. In diesem Fall ist die Kommission befugt, die Verzeichnisse der Rechtsformen von Unternehmen in den Anhängen I und II mittels delegierter Rechtsakte im Einklang mit Artikel 49 anzupassen. Artikel 2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck 1.  „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ Unternehmen im Anwendungsbereich des Artikels 1, a) die unter das Recht eines Mitgliedstaats fallen und deren übertragbare Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt eines Mitgliedstaats im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 14 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente(12) zugelassen sind, b) die Kreditinstitute im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.  Juni  2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute(13) – mit Ausnahme der in Artikel 2 jener Richtlinie genannten Kreditinstitute – sind, c) die Versicherungsunternehmen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 der Richtlinie 91/674/EWG des Rates vom 19. Dezember 1991 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen(14) sind oder d) die von den Mitgliedstaaten als Unternehmen von öffentlichem Interesse bestimmt werden, beispielsweise Unternehmen, die aufgrund der Art ihrer Tätigkeit, ihrer Größe oder der Zahl ihrer Beschäftigten von erheblicher öffentlicher Bedeutung sind. 2.  „Beteiligung“ Anteile an anderen Unternehmen, die dazu bestimmt sind, dem eigenen Geschäfts-

(12) ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1. (13) ABl. L 177 vom 30.6.2006, S. 1. (14) ABl. L 374 vom 31.12.1991, S. 7.

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betrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenen Unternehmen zu dienen. Dabei ist es gleichgültig, ob die Anteile in Wertpapieren verbrieft sind oder nicht. Es wird eine Beteiligung an einem anderen Unternehmen vermutet, wenn der Anteil am Gesellschaftskapital über einem prozentualen Schwellenwert liegt, der von den Mitgliedstaaten auf höchstens 20 % festgesetzt werden darf; 3.  „nahestehende Unternehmen und Personen“ Unternehmen und Personen im Sinne der gemäß der Verordnung (EG) Nr.  1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards(15) übernommenen Internationalen Rechnungslegungsstandards; 4.  „Anlagevermögen“ diejenigen Vermögensgegenstände, die dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen; 5.  „Nettoumsatzerlöse“ die Beträge, die sich aus dem Verkauf von Produkten und der Erbringung von Dienstleistungen nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Mehrwertsteuer sowie sonstigen direkt mit dem Umsatz verbundenen Steuern ergeben; 6.  „Anschaffungskosten“ den Einkaufpreis samt Nebenkosten, vermindert um alle zurechenbaren Anschaffungspreisminderungen; 7.  „Herstellungskosten“ die Anschaffungskosten der Rohstoffe, Hilfs- und Betriebsstoffe und die sonstigen dem einzelnen Erzeugnis unmittelbar zurechenbaren Kosten. Die Mitgliedstaaten gestatten oder schreiben vor, dass angemessene Teile dem einzelnen Erzeugnis nur mittelbar zurechenbarer fixer oder variabler Gemeinkosten in dem Maße berücksichtigt werden, wie sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Vertriebskosten sind nicht zu berücksichtigen; 8.  „Wertberichtigung“ alle Wertanpassungen von Vermögensgegenständen, die zur Berücksichtigung am Bilanzstichtag festgestellter, endgültiger oder nicht endgültiger Wertänderungen dienen; 9.  „Mutterunternehmen“ ein Unternehmen, das ein oder mehrere Tochterunternehmen kontrolliert; 10.  „Tochterunternehmen“ ein von einem Mutterunternehmen kontrolliertes Unternehmen, einschließlich jedes mittelbar kontrollierten Tochterunternehmens eines Mutterunternehmens; 11.  „Gruppe“ ein Mutterunternehmen und alle Tochterunternehmen; 12.  „verbundene Unternehmen“ zwei oder meh­ rere Unternehmen innerhalb einer Gruppe; 13.  „assoziiertes Unternehmen“ ein Unternehmen, an dem ein anderes Unternehmen eine Beteiligung hält und dessen Geschäfts- und Finanzpolitik durch

(15) ABl. L 243 vom 11.9.2002, S. 1.

dieses andere Unternehmen maßgeblich beeinflusst wird. Es wird vermutet, dass ein Unternehmen einen maßgeblichen Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausübt, sofern es 20 % oder mehr der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter dieses anderen Unternehmens besitzt; 14.  „Investmentunternehmen“ a) Unternehmen, deren einziger Zweck darin besteht, ihre Mittel in Wertpapieren oder Immobilien verschiedener Art oder in anderen Werten anzulegen mit dem einzigen Ziel, das Risiko der Investitionen zu verteilen und ihre Aktio­näre oder Gesellschafter an dem Gewinn aus der Verwaltung ihres Vermögens zu beteiligen; b) Unternehmen, die mit Investmentunternehmen verbunden sind, die ein festes Kapital haben, sofern der einzige Zweck dieser verbundenen Unternehmen darin besteht, voll eingezahlte Anteile, die von diesen Investmentunternehmen ausgegeben worden sind, zu erwerben, unbeschadet des Artikels 22 Absatz 1 Buchstabe h der Richtlinie 2012/30/EU; 15.  „Beteiligungsgesellschaft“ Unternehmen, deren einziger Zweck darin besteht, Beteiligungen an anderen Unternehmen zu erwerben sowie die Verwaltung und Verwertung dieser Beteiligungen wahrzunehmen, ohne dass sie unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser Unternehmen eingreifen, unbeschadet der Rechte, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Aktionäre oder Gesellschafter zustehen. 16.  „wesentlich“ den Status von Informationen, wenn vernünftigerweise zu erwarten ist, dass ihre Auslassung oder fehlerhafte Angabe Entscheidungen beeinflusst, die Nutzer auf der Grundlage des Abschlusses des Unternehmens treffen. Die Wesentlichkeit einzelner Posten wird im Zusammenhang mit anderen ähnlichen Posten bewertet. Artikel 3 Kategorien von Unternehmen und Gruppen (1) Mitgliedstaaten, die von einer oder mehreren der Möglichkeiten in Artikel 36 Gebrauch machen, definieren Kleinstunternehmen als Unternehmen, die am Bilanzstichtag die Grenzen von mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale nicht überschreiten: a) Bilanzsumme: 350 000 EUR; b) Nettoumsatzerlöse: 700 000 EUR; c) durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten: 10. (2) Kleine Unternehmen sind Unternehmen, die am Bilanzstichtag die Grenzen von mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale nicht überschreiten: a) Bilanzsumme: 4 000 000  EUR;

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL b) Nettoumsatzerlöse: 8 000 000  EUR; c) durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten: 50. Die Mitgliedstaaten können Schwellenwerte festlegen, die über die Schwellenwerte in Unterabsatz 1 Buchstaben a und b hinausgehen. Diese Schwellenwerte dürfen jedoch 6 000 000 EUR für die Bilanzsumme und 12 000 000 EUR für die Nettoumsatzerlöse nicht überschreiten. (3) Mittlere Unternehmen sind Unternehmen, bei denen es sich nicht um Kleinstunternehmen oder kleine Unternehmen handelt und die am Bilanzstichtag die Grenzen von mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale nicht überschreiten: a) Bilanzsumme: 20 000 000  EUR; b) Nettoumsatzerlöse: 40 000 000  EUR; c) durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten: 250. (4) Große Unternehmen sind Unternehmen, die am Bilanzstichtag mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale überschreiten: a) Bilanzsumme: 20 000 000  EUR; b) Nettoumsatzerlöse: 40 000 000  EUR; c) durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten: 250. (5) Kleine Gruppen sind Gruppen, die aus Mutter- und Tochterunternehmen bestehen, welche in eine Konsolidierung einzubeziehen sind, und die auf konsolidierter Basis am Bilanzstichtag des Mutterunternehmens die Grenzen von mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale nicht überschreiten: a) Bilanzsumme: 4 000 000  EUR; b) Nettoumsatzerlöse: 8 000 000  EUR; c) durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten: 50. Die Mitgliedstaaten können Schwellenwerte festlegen, die über die Schwellenwerte in Unterabsatz 1 Buchstaben a und b hinausgehen. Diese Schwellenwerte dürfen jedoch 6 000 000 EUR für die Bilanzsumme und 12 000 000 EUR für die Nettoumsatzerlöse nicht überschreiten. (6)  Mittlere Gruppen sind Gruppen, die keine kleinen Gruppen sind und die aus Mutter- und Tochterunternehmen bestehen, welche in eine Konsolidierung einzubeziehen sind, und die auf konsolidierter Basis am Bilanzstichtag des Mutterunter­nehmens die Grenzen von mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale nicht überschreiten: a) Bilanzsumme: 20 000 000  EUR; b) Nettoumsatzerlöse: 40 000 000  EUR; c) durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten: 250.

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(7) Große Gruppen sind Gruppen, die aus Mutter- und Tochterunternehmen bestehen, welche in eine Konsolidierung einzubeziehen sind, und die auf konsolidierter Basis am Bilanzstichtag des Mutterunternehmens die Grenzen von mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale überschreiten: a) Bilanzsumme: 20 000 000  EUR; b) Nettoumsatzerlöse: 40 000 000  EUR; c) durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten: 250. (8)  Die Mitgliedstaaten gestatten, dass bei der Berechnung der in den Absätzen 5 bis 7 genannten Größenmerkmale weder die Verrechnung nach Artikel 24 Absatz 3 vorgenommen wird noch infolge der Anwendung des Artikels 24 Absatz 7 Posten herausgenommen werden. In diesen Fällen werden die Größenmerkmale in Bezug auf die Bilanzsumme und die Nettoumsatzerlöse um 20  % erhöht. (9) Für jene Mitgliedstaaten, die den Euro nicht eingeführt haben, wird der Betrag in nationaler Währung, der den in den Absätzen 1 bis 7 genannten Beträgen gleichwertig ist, durch die Anwendung des Umrechnungskurses ermittelt, der gemäß der Veröffentlichung im  Amtsblatt der Europäischen Union  am Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie gilt, die diese Beträge festsetzt. Bei der Umrechnung in die nationalen Währungen der Mitgliedstaaten, die den Euro nicht eingeführt haben, dürfen die in den Absätzen 1, 3, 4, 6 und 7 in Euro genannten Beträge um höchstens 5  % erhöht oder vermindert werden, so dass sich abgerundete Beträge in den nationalen Währungen ergeben. (10) Überschreitet ein Unternehmen oder eine Gruppe zum Bilanzstichtag die Grenzen von zwei der drei in den Absätzen 1 bis 7 genannten Größenmerkmale oder überschreitet es diese nicht mehr, so wirken sich diese Umstände auf die Anwendung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen nur dann aus, wenn sie während zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren fortbestanden haben. (11)  Die Bilanzsumme im Sinne der Absätze 1 bis 7 setzt sich bei der Gliederung in Anhang III aus dem Gesamtwert der Posten A bis E unter „Aktiva“ oder bei der Gliederung in Anhang IV aus dem Gesamtwert der Posten A bis E zusammen. (12) Bei der Berechnung der Schwellenwerte in den Absätzen 1 bis 7 können die Mitgliedstaaten für Unternehmen, für die das Konzept der „Nettoumsatzerlöse“ nicht einschlägig ist, die Einbeziehung von Einkommen aus anderen Quellen vorschreiben. Die Mitgliedstaaten können Mutterunternehmen vorschreiben, ihre Schwellenwerte auf konsolidierter statt auf individueller Basis zu berechnen. Die Mitgliedstaaten können zudem verbundenen Unternehmen vorschreiben, ihre

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Schwellenwerte auf konsolidierter oder aggregierter Basis zu berechnen, wenn diese Unternehmen ausschließlich zur Vermeidung der Berichterstattung über bestimmte Informationen gegründet worden sind.

(5)  Die Mitgliedstaaten können Unternehmen, die keine kleinen Unternehmen sind, vorschreiben, dass sie in ihrem Jahresabschluss Angaben zu machen haben, die über die gemäß dieser Richtlinie geforderten hinausgehen.

(13)  Um eine inflationsbedingte Bereinigung vorzunehmen, überprüft die Kommission mindestens alle fünf Jahre die in den Absätzen 1 bis 7 dieses Artikels genannten Schwellenwerte unter Berücksichtigung der im Amtsblatt der Europäischen Union  veröffentlichten Inflationsmaßnahmen und ändert sie gegebenenfalls mittels delegierter Rechtsakte im Einklang mit Artikel 49.

(6)  Abweichend von Absatz 5 können die Mitgliedstaaten vorschreiben, dass kleine Unternehmen Informationen erstellen, im Abschluss angeben und offenlegen, die über die Anforderungen dieser Richtlinie hinausgehen, sofern diese Angaben im Rahmen eines einheitlichen Einreichungssystems erfasst werden und die Angabepflicht im nationalen Steuerrecht ausschließlich für Zwecke der Steuererhebung vorgesehen ist. Die nach diesem Absatz geforderten Angaben werden in den betreffenden Teil des Abschlusses aufgenommen.

KAPITEL 2 ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN UND GRUNDSÄTZE Artikel 4 Allgemeine Bestimmungen (1)  Der Jahresabschluss ist als eine Einheit anzusehen und enthält für Unternehmen zumindest die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung und den Anhang. Die Mitgliedstaaten können Unternehmen, bei denen es sich nicht um kleine Unternehmen handelt, vorschreiben, dass der Jahresabschluss zusätzlich zu den in Unterabsatz 1 genannten Unterlagen weitere Bestandteile umfasst. (2)  Der Jahresabschluss ist klar und übersichtlich aufzustellen; er hat dieser Richtlinie zu entsprechen. (3)  Der Jahresabschluss hat ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu vermitteln. Reicht die Anwendung dieser Richtlinie nicht aus, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanzund Ertragslage des Unternehmens zu vermitteln, so sind im Anhang zum Abschluss alle zusätzlichen Angaben zu machen, die erforderlich sind, um dieser Anforderung nachzukommen. (4) Ist in Ausnahmefällen die Anwendung einer Bestimmung dieser Richtlinie mit der Anforderung nach Absatz 3 unvereinbar, so wird die betreffende Bestimmung nicht angewandt, um sicherzustellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermittelt wird. Die Nichtanwendung einer Bestimmung ist im Anhang anzugeben und zu begründen und ihr Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens darzulegen. Die Mitgliedstaaten können die Ausnahmefälle festlegen und die entsprechenden Ausnahmeregelungen vorgeben, die in diesen Fällen zur Anwendung kommen.

(7)  Bei der Umsetzung dieser Richtlinie und wenn neue Anforderungen im Einklang mit Absatz 6 in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegt werden, unterrichten die Mitgliedstaaten die Kommission über die im Einklang mit Absatz 6 geforderten zusätzlichen Angaben. (8) Mitgliedstaaten, die für die Einreichung und Offenlegung der Jahresabschlüsse elektronische Lösungen nutzen, stellen sicher, dass kleine Unternehmen nicht verpflichtet sind, die zusätzlichen nach Absatz 6 aufgrund des nationalen Steuerrechts geforderten Angaben gemäß Kapitel 7 zu veröffentlichen. Artikel 5 Allgemeine Angaben In dem Dokument, das den Abschluss enthält, sind der Name des Unternehmens und die nach Artikel 5 Buchstaben a und b der Richtlinie 2009/101/EG vorgeschriebenen Informationen anzugeben. Artikel 6 Allgemeine Grundsätze für die Rechnungslegung (1)  Die im Jahresabschluss und im konsolidierten Abschluss ausgewiesenen Posten werden gemäß folgenden allgemeinen Grundsätzen angesetzt und bewertet: a) Es wird eine Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit unterstellt. b) Rechnungslegungsmethoden und Bewertungsgrundlagen sind von einem Geschäftsjahr zum nächsten stetig anzuwenden. c) Bei Ansatz und Bewertung ist der Grundsatz der Vorsicht in jedem Fall zu beachten; das bedeutet insbesondere: i) Nur die am Bilanzstichtag realisierten Gewinne werden ausgewiesen.

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL ii) Es müssen alle Risiken berücksichtigt werden, die im Laufe des betreffenden Geschäftsjahres oder eines früheren Geschäftsjahres entstanden sind, selbst wenn diese Risiken erst zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Aufstellung der Bilanz bekannt geworden sind. iii) Wertminderungen sind unabhängig davon zu berücksichtigen, ob das Geschäftsjahr mit einem Gewinn oder einem Verlust abschließt. d) In der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung angesetzte Beträge werden nach dem Prinzip der Periodenabgrenzung berechnet. e) Die Eröffnungsbilanz eines Geschäftsjahres muss mit der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahres übereinstimmen. f) Die in den Aktiv- und Passivposten enthaltenen Vermögensgegenstände und Schulden sind einzeln zu bewerten. g) Eine Verrechnung zwischen Aktiv- und Passivposten sowie zwischen Aufwands- und Ertragsposten ist unzulässig. h) Posten der Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Bilanz werden unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Gehalts des betreffenden Geschäftsvorfalls oder der betreffenden Vereinbarung bilanziert und dargestellt. i) Posten im Abschluss werden gemäß dem Anschaffungs- oder dem Herstellungskostenprinzip bewertet. j) Die Anforderungen in dieser Richtlinie in Bezug auf Ansatz, Bewertung, Darstellung, Offenlegung und Konsolidierung müssen nicht erfüllt werden, wenn die Wirkung ihrer Einhaltung unwesentlich ist. (2)  Ungeachtet von Absatz 1 Buchstabe g können die Mitgliedstaaten Unternehmen in besonderen Fällen eine Verrechnung zwischen Aktiv- und Passivposten sowie zwischen Aufwands- und Ertragsposten gestatten oder vorschreiben, sofern die verrechneten Beträge im Anhang zum Abschluss als Bruttobeträge angegeben sind. (3)  Die Mitgliedstaaten können Unternehmen von den Anforderungen des Absatzes 1 Buchstabe h ausnehmen. (4)  Die Mitgliedstaaten können den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe j auf Darstellung und Offenlegung begrenzen. (5)  Zusätzlich zu den nach Absatz 1 Buchstabe c Ziffer ii angesetzten Beträgen können die Mitgliedstaaten gestatten oder vorschreiben, dass alle voraussehbaren Verbindlichkeiten und potenziellen Verluste angesetzt werden, die im Laufe des betreffenden Geschäftsjahres oder eines früheren Geschäftsjahres entstanden sind, selbst wenn diese Verbindlichkeiten oder Verluste erst zwi-

schen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Aufstellung der Bilanz bekannt geworden sind. Artikel 7 Alternative Bewertungsgrundlage für Anlagevermögen zu Neubewertungsbeträgen (1)  Abweichend von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe i können die Mitgliedstaaten für alle Unternehmen oder Unternehmenskategorien die Bewertung des Anlagevermögens zu Neubewertungsbeträgen gestatten oder vorschreiben. Sehen die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Bewertung auf Neubewertungsbasis vor, so sind der Inhalt, die Beschränkungen und der Anwendungsbereich festzulegen. (2) Findet Absatz 1 Anwendung, ist der Unterschiedsbetrag zwischen der Bewertung zu den Anschaffungs- oder den Herstellungskosten und der Bewertung auf Neubewertungsbasis der Neubewertungsrücklage in der Bilanz unter „Eigenkapital“ zuzuführen. Die Neubewertungsrücklage kann jederzeit ganz oder teilweise aktiviert werden. Die Neubewertungsrücklage ist zu verringern, soweit die auf diese Rücklage übertragenen Beträge nicht mehr für die Anwendung der Neubewertungsmethode erforderlich sind. Die Mitgliedstaaten können Vorschriften über die Verwendung der Neubewertungsrücklage vorsehen, sofern Übertragungen aus der Neubewertungsrücklage auf die Gewinn- und Verlustrechnung nur insoweit vorgenommen werden dürfen, als die übertragenen Beträge als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht worden sind oder tatsächlich realisierte Wertsteigerungen darstellen. Die Neubewertungsrücklage darf, außer wenn sie einen tatsächlich realisierten Gewinn darstellt, weder unmittelbar noch mittelbar und auch nicht zum Teil ausgeschüttet werden. Vorbehaltlich der Unterabsätze 2 und 3 dieses Absatzes darf die Neubewertungsrücklage nicht verringert werden. (3) Wertberichtigungen sind jedes Jahr auf der Grundlage des neu bewerteten Betrags vorzunehmen. Die Mitgliedstaaten können jedoch in Abweichung von den Artikeln 9 und 13 gestatten oder vorschreiben, dass nur der sich aus den Wertberichtigungen infolge der Bewertung zu den Anschaffungs- oder den Herstellungskosten ergebende Betrag unter den betreffenden Posten in den Gliederungen in den Anhängen V und VI ausgewiesen wird und dass die Differenz, die sich aus der nach diesem Artikel vorgenommenen Neubewertung ergibt, in den Gliederungen gesondert ausgewiesen wird.

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL Artikel 8 Alternative Bewertungsgrundlage des beizulegenden Zeitwerts

(1)  Abweichend von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe i und vorbehaltlich der Bedingungen dieses Artikels a) gestatten oder schreiben die Mitgliedstaaten für alle Unternehmen oder einzelne Unternehmenskategorien die Bewertung von Finanzin­ strumenten, einschließlich derivativer Finanzinstrumente, zum beizulegenden Zeitwert vor und b) können die Mitgliedstaaten gestatten oder vorschreiben, dass alle Unternehmen oder einzelne Unternehmenskategorien bestimmte Arten von Vermögensgegenständen, die keine Finanz­ instrumenten sind, auf der Grundlage des beizulegenden Zeitwerts bewerten. Eine solche Genehmigung oder Vorschrift kann auf konsolidierte Abschlüsse beschränkt werden. (2)  Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten Warenkontrakte, bei denen jede der Vertragsparteien zur Abgeltung in bar oder durch ein anderes Finanzinstrument berechtigt ist, als derivative Finanzinstrumente, es sei denn, diese Kontrakte a) wurden geschlossen, um zum Zeitpunkt ihres Abschlusses und in der Folge den für den Kauf, Verkauf oder die eigene Verwendung erwarteten Bedarf des Unternehmens abzusichern, und dienen weiterhin dazu; b) waren von Anfang an als Warenkontrakte konzipiert und c) gelten mit der Lieferung der Ware als abgegolten. (3)  Absatz 1 Buchstabe a gilt nur für folgende Verbindlichkeiten: a) als Teil eines Handelsbestands gehaltene Verbindlichkeiten und b) derivative Finanzinstrumente. (4) Die Bewertung gemäß Absatz 1 Buchstabe a wird nicht angewandt auf: a) bis zur Fälligkeit gehaltene nicht derivative Finanzinstrumente; b) vom Unternehmen vergebene Darlehen und von ihm begründete Forderungen, die nicht für Handelszwecke gehalten werden, und c) Anteile an Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen, vom Unternehmen ausgegebene Eigenkapitalinstrumente, Verträge über eventuelle Gegenleistungen bei einem Unternehmenszusammenschluss sowie andere Finanzin­ strumente, die solch spezifische Merkmale aufweisen, dass sie nach gängiger Auffassung bilanzmäßig in anderer Form als andere Finanz­ instrumente erfasst werden sollten.

(5)  Abweichend von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe i können die Mitgliedstaaten gestatten, dass Aktivoder Passivposten, die im Rahmen der Bilanzierung zum beizulegenden Zeitwert von Sicherungsgeschäften als gesichertes Grundgeschäft gelten, oder ein bestimmter Anteil an solchen Aktiv- oder Passivposten mit dem nach diesem System vorgeschriebenen spezifischen Wert angesetzt werden. (6) Abweichend von den Absätzen 3 und 4 können die Mitgliedstaaten den Ansatz, die Bewertung und die Offenlegung von Finanzinstrumenten im Einklang mit den gemäß der Verordnung (EG) Nr.  1606/2002 übernommenen internationalen Rechnungslegungsstandards gestatten oder vorschreiben. (7)  Der beizulegende Zeitwert im Sinne dieses Artikels ermittelt sich unter Zugrundelegung eines der folgenden Werte: a) Im Fall von Finanzinstrumenten, für die sich ein verlässlicher Markt ohne weiteres ermitteln lässt, entspricht er dem Marktwert. Lässt sich der Marktwert für das Finanzinstrument als Ganzes nicht ohne weiteres bestimmen, wohl aber für seine einzelnen Bestandteile oder für ein gleichartiges Finanzinstrument, so kann der Marktwert des Instruments aus den jeweiligen Marktwerten seiner Bestandteile oder dem Marktwert des gleichartigen Finanzinstruments abgeleitet werden. b) Im Fall der Finanzinstrumente, für die sich ein verlässlicher Markt nicht ohne weiteres ermitteln lässt, wird der Wert mit Hilfe allgemein anerkannter Bewertungsmodelle und -methoden bestimmt, sofern diese Modelle und Methoden eine angemessene Annäherung an den Marktwert gewährleisten. Finanzinstrumente, die sich nach keiner der unter Unterabsatz 1 Buchstabe a und b beschriebenen Methoden verlässlich bewerten lassen, werden zu den Anschaffungs- oder den Herstellungskosten bewertet, soweit eine Bewertung auf dieser Grundlage möglich ist. (8) Wird ein Finanzinstrument zum beizulegenden Zeitwert bewertet, so ist ungeachtet des Artikels 6 Absatz 1 Buchstabe c eine Wertänderung in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen, ausgenommen in folgenden Fällen, in denen die Wertänderung direkt in einer Zeitwert-Rücklage zu erfassen ist: a) Das Finanzinstrument stellt ein Sicherungsin­ strument dar und wird im Rahmen einer Bilanzierung von Sicherungsgeschäften erfasst, bei der eine Wertänderung nicht oder nur teilweise in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen wird, oder b) die Wertänderung ist auf eine Wechselkursdifferenz zurückzuführen, von der ein monetärer Posten betroffen ist, der Teil der Nettobeteiligung eines Unternehmens an einer wirtschaftlich selbstständigen ausländischen Teileinheit ist.

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

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Die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, dass eine Wertänderung einer zur Veräußerung verfügbaren Finanzanlage, die kein derivatives Finanzinstrument ist, direkt in einer Zeitwert-Rücklage erfasst wird. Die Zeitwert-Rücklage ist anzupassen, wenn die darin ausgewiesenen Beträge nicht mehr für die Anwendung des Unterabsatzes 1 Buchstaben a und b erforderlich sind.

den, wenn sie in Bezug auf die Zielsetzung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu vermitteln einen unwesentlichen Betrag darstellen oder wenn dadurch die Klarheit vergrößert wird; die zusammengefassten Posten müssen jedoch gesondert im Anhang ausgewiesen werden.

(9) Ungeachtet Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c können die Mitgliedstaaten gestatten oder vorschreiben, dass alle Unternehmen oder einzelne Unternehmenskategorien im Fall der Bewertung von Vermögensgegenständen, die keine Finanzinstrumente sind, zum beizulegenden Zeitwert eine Wertänderung in der Gewinn- und Verlustrechnung ausweisen.

(4)  Abweichend von Absatz 2 und 3 dieses Artikels können die Mitgliedstaaten die Möglichkeiten des Unternehmens, von den in den Anhängen III bis VI festgelegten Gliederungen abzuweichen, soweit einschränken, wie dies für eine elektronische Hinterlegung der Abschlüsse erforderlich ist.

KAPITEL 3 BILANZ UND GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG Artikel 9 Allgemeine Vorschriften für die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung (1) Bei der Gliederung aufeinanderfolgender Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen ist Stetigkeit zu wahren. Abweichungen von diesem Grundsatz sind jedoch in Ausnahmefällen zulässig, um sicherzustellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermittelt wird. Diese Abweichungen und die Gründe dafür sind im Anhang anzugeben. (2) In der Bilanz sowie in der Gewinn- und Verlustrechnung sind die in den Anhängen III bis VI genannten Posten, einzeln und in der angegebenen Reihenfolge auszuweisen. Die Mitgliedstaaten gestatten eine weitere Untergliederung dieser Posten, sofern die Gliederung der Schemata beachtet wird. Die Mitgliedstaaten gestatten das Hinzufügen neuer Zwischensummen und neuer Posten, soweit ihr Inhalt nicht von einem der in den Schemata vorgesehenen Posten abgedeckt wird. Die Mitgliedstaaten können eine solche weitere Untergliederung oder die Hinzufügung von Zwischensummen oder neuen Posten vorschreiben. (3) Die Gliederung, Nomenklatur und Terminologie bei mit arabischen Zahlen versehenen Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechung wird angepasst, wenn dies aufgrund der Besonderheit des Unternehmens erforderlich ist. Die Mitgliedstaaten können solche Anpassungen für Unternehmen fordern, die in einem bestimmten Wirtschaftszweig tätig sind. Die Mitgliedstaaten können gestatten oder verlangen, dass die mit arabischen Zahlen versehenen Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung zusammengefasst ausgewiesen wer-

(5) In der Bilanz sowie in der Gewinn- und Verlustrechnung wird zu jedem Posten die Zahl für das Geschäftsjahr, auf das sich die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung beziehen, und die entsprechende Zahl des vorhergehenden Geschäftsjahres angegeben. Die Mitgliedstaaten können vorschreiben, dass die Zahl des vorhergehenden Geschäftsjahres anzupassen ist, wenn diese Zahlen nicht vergleichbar sind. Besteht diese Vergleichbarkeit nicht und werden die Zahlen gegebenenfalls angepasst, so ist dies im Anhang anzugeben und zu erläutern. (6)  Die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, dass die Gliederung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung für den Ausweis der Verwendung der Ergebnisse angepasst werden kann. (7) In Bezug auf die Behandlung von Beteiligungen in Jahresabschlüssen gilt Folgendes: a) Die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, dass Beteiligungen unter Zugrundelegung der Equity-Methode gemäß Artikel 27 bilanziert werden, wobei den wesentlichen Anpassungen Rechnung zu tragen ist, die sich aus den Besonderheiten des Jahresabschlusses im Vergleich zum konsolidierten Abschluss ergeben; b) die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, dass der auf Beteiligungen entfallende Teil des Ergebnisses in der Gewinn- und Verlustrechnung nur ausgewiesen wird, soweit er Dividenden entspricht, die bereits eingegangen sind oder auf deren Zahlung ein Anspruch besteht; und c) übersteigt der auf die Beteiligung entfallende Teil des Ergebnisses in der Gewinn- und Verlustrechnung die Beträge, die als Dividenden bereits eingegangen sind oder auf deren Zahlung ein Anspruch besteht, so ist der Unterschied in eine Rücklage einzustellen, die nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden darf.

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL Artikel 10 Aufstellung der Bilanz

Für die Aufstellung der Bilanz schreiben die Mitgliedstaaten eine oder beide der in den Anhängen III und IV festgelegten Gliederungen vor. Schreibt ein Mitgliedstaat beide Gliederungen vor, so gestattet er es den Unternehmen, sich für eine der beiden Gliederungen zu entscheiden. Artikel 11 Alternative Darstellung der Bilanz Die Mitgliedstaaten können Unternehmen oder bestimmten Unternehmenskategorien gestatten oder vorschreiben, bei der Gliederung anders als in den Anhängen III und IV festgelegt zwischen kurzund langfristigen Posten zu unterscheiden, sofern der vermittelte Informationsgehalt dem nach den Anhängen III und IV abzubildenden mindestens gleichwertig ist. Artikel 12 Besondere Vorschriften zu einzelnen Posten der Bilanz (1)  Fällt ein Vermögensgegenstand auf der Aktivoder Passivseite unter mehrere Posten des Gliederungsschemas, so ist die Mitzugehörigkeit zu den anderen Posten bei dem Posten, unter dem er ausgewiesen wird, oder im Anhang zu vermerken. (2) Eigene Aktien und Anteile sowie Anteile an verbundenen Unternehmen werden nur unter den dafür vorgesehenen Posten ausgewiesen. (3) Für die Zuordnung der Vermögensgegen­ stände zum Anlage- oder Umlaufvermögen ist ihre Zweckbestimmung maßgebend. (4)  Unter dem Posten „Grundstücke und Bauten“ sind Rechte an Grundstücken sowie grundstücksgleiche Rechte auszuweisen, wie sie die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festlegen. (5)  Bei den Gegenständen des Anlagevermögens, deren wirtschaftliche Nutzung zeitlich begrenzt ist, werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder, sofern Artikel 7 Absatz 1 Anwendung findet, der Neubewertungsbetrag um Wertberichtigungen vermindert, die so berechnet sind, dass der Wert des Vermögensgegenstandes während dieser Nutzungszeit planmäßig zur Abschreibung gelangt.

niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Bilanzstichtag beizulegen ist. b) Bei einem Gegenstand des Anlagevermögens sind ohne Rücksicht darauf, ob seine Nutzung zeitlich begrenzt ist, Wertberichtigungen vorzunehmen, um ihn mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihm am Bilanzstichtag beizulegen ist, wenn es sich voraussichtlich um eine dauernde Wertminderung handelt. c) Die unter den Buchstaben a und b genannten Wertberichtigungen sind in der Gewinn- und Verlustrechnung aufzuführen und gesondert im Anhang anzugeben, wenn sie nicht gesondert in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen sind. d) Der niedrigere Wertansatz nach den Buchstaben a und b darf nicht beibehalten werden, wenn die Gründe der Wertberichtigungen nicht mehr bestehen; diese Bestimmung gilt nicht bei Wertberichtigungen in Bezug auf den Geschäfts- oder Firmenwert. (7)  Bei Gegenständen des Umlaufvermögens sind Wertberichtigungen vorzunehmen, um diese Gegenstände mit dem niedrigeren Marktpreis oder in Sonderfällen mit einem anderen niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Bilanzstichtag beizulegen ist. Der niedrigere Wertansatz im Sinne von Unterab­satz 1 darf nicht beibehalten werden, wenn die Gründe der Wertberichtigungen nicht mehr bestehen. (8)  Die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, dass Zinsen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der Herstellung von Gegenständen des Anlage- oder des Umlaufvermögens gebraucht wird, in die Herstellungskosten einbezogen werden, sofern sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Die Anwendung dieser Bestimmung ist im Anhang zu erwähnen. (9)  Die Mitgliedstaaten können zulassen, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichartiger Gegenstände des Vorratsvermögens sowie alle beweglichen Vermögensgegenstände einschließlich der Wertpapiere nach den gewogenen Durchschnittswerten oder aufgrund des „First in — First out (FIFO)“- oder „Last in — First out (LIFO)“Verfahrens oder eines Verfahrens, das allgemein anerkannten bewährten Verfahren entspricht, berechnet werden.

(6)  Für Wertberichtigungen bei Gegenständen des Anlagevermögens müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

(10) Ist der Rückzahlungsbetrag von Verbindlichkeiten höher als der erhaltene Betrag, so können die Mitgliedstaaten gestatten oder vorschreiben, dass der Unterschiedsbetrag aktiviert wird. Er ist gesondert in der Bilanz oder im Anhang auszuweisen. Dieser Betrag ist jährlich mit einem angemessenen Betrag und spätestens bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung der Verbindlichkeiten abzuschreiben.

a) Die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, dass Wertberichtigungen bei Finanzanlagen vorgenommen werden, um sie mit dem

(11) Immaterielle Anlagewerte werden während ihrer Nutzungsdauer des jeweiligen immateriellen Anlagewerts abgeschrieben.

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL In Ausnahmefällen, in denen die Nutzungsdauer des Geschäfts- oder Firmenwerts oder von Entwicklungskosten nicht verlässlich geschätzt werden kann, werden diese Werte innerhalb eines von dem Mitgliedstaat festzusetzenden höchstzulässigen Zeitraums abgeschrieben. Die Dauer dieses höchstzulässigen Zeitraums beträgt nicht weniger als fünf und nicht mehr als zehn Jahre. Im Anhang wird der Zeitraum erläutert, über den der Geschäfts- oder Firmenwert abgeschrieben wird. Soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Aktivierung der Entwicklungskosten gestatten und diese Entwicklungskosten nicht vollständig abgeschrieben sind, schreiben die Mitgliedstaaten vor, dass keine Ausschüttung von Gewinnen stattfindet, es sei denn, dass die dafür verfügbaren Rücklagen und der Gewinnvortrag mindestens so hoch wie der nicht abgeschriebene Teil dieser Aufwendungen sind. Soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Aktivierung der Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens gestatten, müssen sie spätestens nach fünf Jahren abgeschrieben sein. In diesem Fall schreiben die Mitgliedstaaten vor, dass Unterabsatz 3 auf die Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens entsprechend Anwendung findet. Die Mitgliedstaaten können jedoch für Ausnahmefälle Abweichungen von den Unterabsätzen 3 und 4 gestatten. Diese Abweichungen sind im Anhang zu erwähnen und hinreichend zu begründen. (12) Als Rückstellungen werden ihrem Wesen nach genau umschriebene Verbindlichkeiten ausgewiesen, die am Bilanzstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunkts ihres Eintritts unbestimmt sind. Die Mitgliedstaaten können außerdem die Bildung von Rückstellungen für ihrer Eigenart nach genau umschriebene, dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnende Aufwendungen zulassen, die am Bilanzstichtag als wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder dem Zeitpunkt ihres Eintritts unbestimmt sind. Am Bilanzstichtag stellt eine Rückstellung den besten Schätzwert von Aufwendungen dar, die wahrscheinlich eintreten werden, bzw. im Falle einer Verbindlichkeit den Betrag, der zu ihrer Abgeltung erforderlich ist. Rückstellungen dürfen keine Wertberichtigungen zu Aktivposten darstellen. Artikel 13 Aufstellung der Gewinn- und Verlustrechnung (1) Für die Aufstellung der Gewinn- und Verlustrechnung schreiben die Mitgliedstaaten eine oder beide der in den Anhängen V und VI festgelegten Gliederungen vor. Schreibt ein Mitgliedstaat beide Gliederungen vor, so kann er den Unternehmen

die Wahl überlassen, welche der vorgeschriebenen Gliederungen sie nutzen. (2)  Abweichend von Artikel 4 Absatz 1 können die Mitgliedstaaten allen Unternehmen oder einzelnen Unternehmenskategorien gestatten oder vorschreiben, anstelle der Gliederung der Posten der Gewinn- und Verlustrechnung nach den Anhängen V und VI eine Ergebnisrechnung („statement of performance“) aufzustellen, sofern der vermittelte Informationsgehalt dem nach den Anhängen V und VI geforderten mindestens gleichwertig ist. Artikel 14 Vereinfachungen für kleine und mittlere Unternehmen (1)  Die Mitgliedstaaten können kleinen Unternehmen gestatten, eine verkürzte Bilanz aufstellen, in die nur die in den Anhängen III und IV mit Buchstaben und römischen Zahlen versehenen Posten aufgenommen werden, wobei folgende Angaben gesondert zu machen sind: a) die in Anhang III bei dem Posten D.II der Aktiva und dem Posten C der Passiva in Klammern verlangten Angaben, jedoch zusammengefasst für alle betreffenden Posten, oder b) die in Anhang IV bei dem Posten D.II in Klammern verlangten Angaben. (2)  Die Mitgliedstaaten können kleinen und mittleren Unternehmen die Aufstellung einer verkürzten Gewinn- und Verlustrechnung unter Beachtung folgender Beschränkungen gestatten: a) in Anhang V: Zusammenfassung der Posten 1 bis 5 zu einem Posten unter der Bezeichnung „Rohergebnis“; b) in Anhang VI: Zusammenfassung der Posten 1, 2, 3 und 6 zu einem Posten unter der Bezeichnung „Rohergebnis“. KAPITEL 4 ANHANG Artikel 15 Allgemeine Bestimmungen über den Anhang Wird der Anhang zur Bilanz und zur Gewinn- und Verlustrechnung im Sinne dieses Kapitels dargestellt, sind die Anhangangaben in der Reihenfolge der Darstellung der Posten in der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung darzustellen.

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL Artikel 16 Inhalt des für alle Unternehmen geltenden Anhangs

(1)  Die Unternehmen machen im Anhang zusätzlich zu den aufgrund anderer Bestimmungen dieser Richtlinie vorgeschriebenen Angaben folgende Angaben: a) die angewandten Bewertungsmethoden; b) bei Bewertung des Anlagevermögens zu neu bewerteten Beträgen eine Aufstellung, aus der i) die Bewegungen in der Neubewertungsrücklage im Geschäftsjahr hervorgehen, einschließlich einer Erläuterung der steuerlichen Behandlung der dort aufgelisteten Posten, und ii) der Buchwert in der Bilanz hervorgeht, ausgewiesen worden wäre, wenn das Anlagevermögen nicht neu bewertet worden wäre; c) bei Bewertung von Finanzinstrumenten und/ oder anderen Vermögenswerten, die keine Finanzinstrumente sind, zum beizulegenden Zeitwert: i) die zentralen Annahmen, die den Bewertungsmodellen und -methoden bei einer Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts nach Artikel 8 Absatz 7 Buchstabe b zu­ grunde gelegt wurden; ii) für jede Gruppe von Finanzinstrumenten oder anderen Vermögenswerten, die keine Finanzinstrumente sind, der beizulegende Zeitwert selbst, die direkt in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Wertänderungen sowie die in den Zeitwert-Rücklagen erfassten Änderungen; iii) für jede Kategorie derivativer Finanzinstrumente Angaben zum Umfang und zur Art der Instrumente, einschließlich der wesentlichen Bedingungen, die Höhe, Zeitpunkt und Sicherheit künftiger Zahlungsströme beeinflussen können, und iv) eine Übersicht über die Bewegungen innerhalb der Zeitwert-Rücklagen im Verlauf des Geschäftsjahres; d) den Gesamtbetrag etwaiger finanzieller Verpflichtungen, Garantien oder Eventualverbindlichkeiten, die nicht Gegenstand der Bilanz sind, sowie Angaben zur Wesensart und Form jeder gewährten dinglichen Sicherheit; etwaige Verpflichtungen betreffend Altersversorgung und Verpflichtungen gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen sind gesondert zu vermerken; e) die Beträge der den Mitgliedern der Verwaltungs- und Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgane gewährten Vorschüsse und Kredite unter Angabe der Zinsen, der wesentlichen

Bedingungen und der gegebenenfalls zurückgezahlten oder erlassenen Beträge sowie die Garantieverpflichtungen zugunsten dieser Personen. Diese Angaben sind zusammengefasst für jede dieser Personengruppen zu machen; f) den Betrag und die Wesensart der einzelnen Ertrags- oder Aufwandsposten von außerordentlicher Größenordnung oder von außerordentlicher Bedeutung; g) die Höhe der Verbindlichkeiten des Unternehmens mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren sowie die Höhe aller Verbindlichkeiten des Unternehmens, die dinglich gesichert sind, unter Angabe ihrer Art und Form, und h) die durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten. (2)  Die Mitgliedstaaten können im Wege der entsprechenden Anwendung verlangen, dass kleine Unternehmen die in Artikel 17 Absatz 1 Buchstaben a, m, p, q und r verlangten Angaben machen. Bei der Anwendung von Unterabsatz 1 werden die nach Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe p erforderlichen Angaben auf Angaben zu Art und Zweck der unter diesem Buchstaben genannten Geschäfte begrenzt. Bei der Anwendung von Unterabsatz 1 werden die nach Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe r erforderlichen Angaben auf Angaben zu Geschäften mit den genannten Parteien begrenzt, die in Unterabsatz 4 diese Buchstaben genannt sind. (3)  Die Mitgliedstaaten verlangen von kleinen Unternehmen keine Angaben, die über die in diesem Artikel verlangten oder gestatteten Angaben hinausgehen. Artikel 17 Zusätzliche Angaben für mittlere und große Unternehmen und Unternehmen von öffentlichem Interesse
 (1) Mittlere und große Unternehmen sowie Unternehmen von öffentlichem Interesse machen im Anhang folgende Angaben zusätzlich zu den nach Artikel 16 und aufgrund anderer Bestimmungen dieser Richtlinie vorgeschriebenen Angaben: a) für die verschiedenen Posten des Anlagevermögens: i) Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder, falls eine alternative Bewertungsgrundlage gewählt wurde, den beizulegenden Zeitwert oder den Neubewertungsbetrag zu Beginn und Ende des Geschäftsjahrs; ii) Zu- und Abgänge sowie Umbuchungen im Laufe des Geschäftsjahres; iii) akkumulierte Wertberichtigungen zu Beginn und Ende des Geschäftsjahres;

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL iv) im Laufe des Geschäftsjahres berechnete Wertberichtigungen; v) Bewegungen in den akkumulierten Wertberichtigungen im Zusammenhang mit Zu- und Abgängen sowie Umbuchungen im Laufe des Geschäftsjahres und vi) den im Laufe des Geschäftsjahrs aktivierten Betrag, wenn Zinsen gemäß Artikel 12 Absatz 8 aktiviert werden; b) wenn bei einem Gegenstand des Anlage- oder des Umlaufvermögens Wertberichtigungen allein für die Anwendung von Steuervorschriften vorgenommen werden, den Betrag dieser Wertberichtigungen und die Gründe dafür; c) bei Bewertung der Finanzinstrumente zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten: i) für jede Kategorie derivativer Finanzinstrumente: –– den beizulegenden Zeitwert der betreffenden Finanzinstrumente, soweit sich dieser nach einer der Methoden gemäß Artikel 8 Absatz 7 Buchstabe a ermitteln lässt, und –– Angaben über Umfang und Art der Instrumente; ii) für Finanzanlagen, die mit einem höheren Betrag als ihrem beizulegenden Zeitwert ausgewiesen werden: –– den Buchwert und beizulegenden Zeitwert der einzelnen Vermögensgegenstände oder angemessener Gruppierungen dieser einzelnen Vermögensgegenstände und –– die Gründe für die Nichtherabsetzung des Buchwerts einschließlich der Natur der zugrundeliegenden Erkenntnisse, für die Annahme, dass der Buchwert wieder erreicht wird; d) die den Mitgliedern von Verwaltungs-, Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorganen für ihre Tätigkeit im Geschäftsjahr gewährten Bezüge sowie die gegenüber früheren Mitgliedern der genannten Organe entstandene oder eingegangenen Verpflichtungen betreffend Altersversorgung. Diese Angaben sind zusammengefasst für jede Kategorie dieser Organe zu machen. Die Mitgliedstaaten können zulassen, dass diese Angaben nicht gemacht werden, wenn sich anhand der Angaben der finanzielle Status eines bestimmten Mitglieds dieser Organe feststellen ließe; e) die durchschnittliche Zahl der Beschäftigten während des Geschäftsjahres getrennt nach Gruppen, sowie, falls er nicht gesondert in der Gewinn- und Verlustrechnung erscheint, den gesamten in dem Geschäftsjahr entstandenen Personalaufwand, aufgeschlüsselt nach Löhnen und Gehältern, Kosten der sozialen Sicherheit und Kosten der Altersversorgung;

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f) wenn latente Steuerschulden in der Bilanz angesetzt werden, die latenten Steuersalden am Ende des Geschäftsjahres und die in den Bilanzen im Laufe des Geschäftsjahres erfolgten Bewegungen dieser Salden; g) Name und Sitz der Unternehmen, an denen das Unternehmen entweder selbst oder durch eine im eigenen Namen, aber für Rechnung des Unternehmens handelnde Person eine Beteiligung hält, unter Angabe des Anteils am Kapital, der Höhe des Eigenkapitals und des Ergebnisses des letzten Geschäftsjahres, für das das betreffende Unternehmen einen Abschluss festgestellt hat; die Angaben zu Eigenkapital und Ergebnis können unterbleiben, wenn das betreffende Unternehmen seine Bilanz nicht offenlegt und es nicht von dem Unternehmen kontrolliert wird. Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass die Angaben gemäß Unterabsatz 1 dieses Buchstaben in einer Aufstellung gemacht werden, die gemäß Artikel 3 Absätze 1 und 3 der Richtlinie 2009/101/EG eingereicht wird; die Einreichung einer solchen Aufstellung ist im Anhang zu erwähnen. Die Mitgliedstaaten können zudem gestatten, dass auf die Angaben verzichtet werden kann, soweit sie geeignet sind, einem Unternehmen einen erheblichen Nachteil zuzufügen. Die Mitgliedstaaten können dazu die vorherige Zustimmung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichts verlangen. Das Weglassen dieser Angaben wird im Anhang erwähnt; h) Zahl und Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, den rechnerischen Wert der während des Geschäftsjahres im Rahmen des genehmigten Kapitals gezeichneter Aktien, unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 2 Buchstabe e der Richtlinie 2009/101/ EG und des Artikels 2 Buchstaben c und d der Richtlinie 2012/30/EU über den Betrag dieses Kapitals; i) sofern es mehrere Gattungen von Aktien gibt, Zahl und Nennbetrag oder, falls ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, den rechnerischen Wert für jede von ihnen; j) Bestehen von Genussscheinen, Wandelschuldverschreibungen, Optionsscheinen, Optionen oder vergleichbaren Wertpapieren oder Rechten, unter Angabe der Zahl und der Rechte, die sie verbriefen; k) Name, Sitz und Rechtsform der Unternehmen, deren unbeschränkt haftender Gesellschafter das Unternehmen ist; l) Name und Sitz des Unternehmens, das den konsolidierten Abschluss für den größten Kreis von Unternehmen aufstellt, dem das Unternehmen als Tochterunternehmen angehört; m) Name und Sitz des Unternehmens, das den konsolidierten Abschluss für den kleinsten Kreis von Unternehmen aufstellt, der auch in

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

den unter Buchstabe l bezeichneten Kreis von Unternehmen einbezogen ist und dem das Unternehmen als Tochterunternehmen angehört; n) den Ort, wo Kopien des unter den Buchstaben l und m genannten konsolidierten Abschlusses erhältlich sind, es sei denn, dass sie nicht zur Verfügung stehen; o) den Vorschlag zur Verwendung des Ergebnisses oder gegebenenfalls Verwendung des Ergebnisses; p) die Art und Zweck der Geschäfte des Unternehmens, die nicht in der Bilanz enthalten sind und ihre finanziellen Auswirkungen auf das Unternehmen, vorausgesetzt, dass die Risiken und Vorteile, die aus solchen Geschäften entstehen, wesentlich sind, und sofern die Offenlegung derartiger Risiken und Vorteile zum Zwecke der Beurteilung der finanzielle Lage des Unternehmens erforderlich ist; q) die Art und finanzielle Auswirkung wesentlicher Ereignisse nach dem Bilanzstichtag, die weder in der Gewinn- und Verlustrechnung noch in der Bilanz berücksichtigt sind, und r) Geschäfte des Unternehmens mit nahestehenden Unternehmen und Personen, einschließlich Angaben zu deren Wert, zur Art der Beziehung zu den nahestehenden Unternehmen und Personen sowie weitere Angaben zu den Geschäften, die für die Beurteilung der finanzielle Lage des Unternehmens erforderlich sind. Angaben zu Einzelgeschäften können nach Geschäftsarten zusammengefasst werden, sofern keine getrennten Angaben für die Beurteilung der Auswirkungen von Geschäften mit nahestehenden Unternehmen und Personen auf die finanzielle Lage des Unternehmens benötigt werden. Die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, dass nur Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen und Personen, die unter marktunüblichen Bedingungen zustande gekommen sind, angegeben werden. Die Mitgliedstaaten können Geschäfte zwischen zwei oder mehr Mitgliedern derselben Unternehmensgruppe ausnehmen, sofern die an dem Geschäft beteiligten Tochtergesellschaften hundertprozentige Tochtergesellschaften sind. Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass mittlere Unternehmen die Angaben zu Geschäften mit nahestehenden Unternehmen und Personen auf Geschäfte beschränken, die getätigt wurden mit i) Eigentümern, die eine Beteiligung an dem Unternehmen halten, ii) Unternehmen, an denen das Unternehmen selbst eine Beteiligung hält, und iii) Mitgliedern der Verwaltungs-, Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgane eines Unternehmens.

(2)  Die Mitgliedstaaten sind in den folgenden Fällen nicht gehalten, Absatz 1 Buchstabe g auf ein Unternehmen anzuwenden, das ein unter ihre einzelstaatlichen Rechtsvorschriften fallendes Mutterunternehmen ist: a) das Unternehmen, an dem das Mutterunternehmen eine Beteiligung für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe g hält, ist in den vom Mutter­unternehmen erstellten konsolidierten Abschluss oder in den konsolidierten Abschluss eines größeren Kreises von Unternehmen nach Artikel 23 Absatz 4 einbezogen; b) diese Beteiligung  wird entweder im Jahresabschluss des Mutterunternehmens gemäß Artikel 9 Absatz 7 oder in dem konsolidierten Abschluss des Mutterunternehmens nach Artikel 27 Absätze 1 bis 8 behandelt. Artikel 18 Zusätzliche Angaben für große Unternehmen und Unternehmen von öffentlichem Interesse (1)  Große Unternehmen sowie Unternehmen von öffentlichem Interesse machen im Anhang zusätzlich zu den nach den Artikeln 16 und 17 und den anderen Bestimmungen dieser Richtlinie vorgeschriebenen Angaben folgende Angaben: a) die Aufgliederung der Nettoumsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen sowie nach geografisch bestimmten Märkten, soweit sich – unter Berücksichtigung der Organisation des Verkaufs und der Erbringung von Dienstleistungen – die Tätigkeitsbereiche und geografisch bestimmten Märkte untereinander erheblich unterscheiden, und b) die Gesamthonorare für das Geschäftsjahr, die von jedem Abschlussprüfer oder jeder Prüfungsgesellschaft für die Prüfung des Jahresabschlusses berechnet wurden, und die von jedem Abschlussprüfer oder jeder Prüfungsgesellschaft berechneten Gesamthonorar­ summe für andere Bestätigungsleistungen, die Gesamthonorarsumme für Steuerberatungsleistungen und die Gesamthonorarsumme für sonstige Leistungen. (2) Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass die Angaben nach Absatz 1 Buchstabe a nicht gemacht zu werden brauchen, soweit sie geeignet sind, dem Unternehmen einen erheblichen Nachteil zuzufügen. Die Mitgliedstaaten können dazu die vorherige Zustimmung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichts verlangen. Das Unterlassen dieser Angaben ist im Anhang zu erwähnen. (3)  Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass Absatz 1 Buchstabe b nicht auf den Jahresabschluss eines Unternehmens angewandt wird, wenn dieses Unternehmen in den konsolidierten Abschluss einbezogen wird, der gemäß Artikel 22 zu erstellen ist, vorausgesetzt, eine derartige Information ist im Anhang zum konsolidierten Abschluss enthalten.

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL KAPITEL 5 LAGEBERICHT Artikel 19 Inhalt des Lageberichts (1) Der Lagebericht stellt den Geschäftsverlauf, das Geschäftsergebnis und die Lage des Unternehmens so dar, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild entsteht, und beschreibt die wesentlichen Risiken und Ungewissheiten, denen es ausgesetzt ist. Der Lagebericht besteht in einer ausgewogenen und umfassenden Analyse des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses und der Lage des Unternehmens, die dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit angemessen ist. Soweit dies für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses oder der Lage des Unternehmens erforderlich ist, umfasst die Analyse die wichtigsten finanziellen und – soweit angebracht – nichtfinanziellen Leistungsindikatoren, die für die betreffende Geschäftstätigkeit von Bedeutung sind, einschließlich Informationen in Bezug auf Umwelt- und Arbeitnehmerbelange. Im Rahmen der Analyse enthält der Lagebericht – soweit angebracht – auch Hinweise auf im Jahresabschluss ausgewiesene Beträge und zusätzliche Erläuterungen dazu. (2)  Der Lagebericht enthält außerdem Angaben zu Folgendem: a) voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens; b) Tätigkeiten im Bereich Forschung und Entwicklung; c) Informationen nach Artikel 24 Absatz 2 der Richtlinie 2012/30/EU betreffend den Erwerb eigener Aktien; d) bestehende Zweigniederlassungen des Unternehmens und e) in Bezug auf die Verwendung von Finanzin­ strumenten durch das Unternehmen, sofern dies für die Beurteilung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von Belang ist: i) die Risikomanagementziele und -methoden des Unternehmens, einschließlich seiner Methoden zur Absicherung aller wichtigen Arten geplanter Geschäfte, die im Rahmen der Bilanzierung von Sicherungsgeschäften verbucht werden, und ii) die Preisänderungs-, Ausfall-, Liquiditätsund Cashflowrisiken, denen das Unternehmen ausgesetzt ist. (3)  Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass die kleinen Unternehmen nicht zur Erstellung eines Lageberichts verpflichtet sind, sofern sie vorschreiben, dass die Angaben nach Artikel 24 Absatz 2

der Richtlinie 2012/30/EU betreffend den Erwerb eigener Aktien im Anhang zu machen sind. (4)  Die Mitgliedstaaten können kleine und mittlere Unternehmen von der Verpflichtung gemäß Absatz 1 Unterabsatz 3 ausnehmen, soweit sie nichtfinanzielle Informationen betrifft. Artikel 19a Nichtfinanzielle Erklärung (1) Große Unternehmen, die Unternehmen von öffentlichem Interesse sind und an den Bilanzstichtagen das Kriterium erfüllen,  im Durchschnitt des Geschäftsjahres mehr als 500  Mitarbeiter zu beschäftigen, nehmen in den Lagebericht eine nichtfinanzielle Erklärung auf, die diejenigen Angaben enthält, die für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage des Unternehmens sowie der Auswirkungen seiner Tätigkeit erforderlich sind und sich mindestens auf Umwelt-, Sozial-, und Arbeitnehmerbe­ lange, auf die Achtung der Menschenrechte und auf die Bekämpfung von Korruption und Bestechung beziehen, einschließlich a) einer kurzen Beschreibung des Geschäftsmodells des Unternehmens; b) einer Beschreibung der von dem Unternehmen in Bezug auf diese Belange verfolgten Konzepte, einschließlich der angewandten DueDiligence-Prozesse; c) der Ergebnisse dieser Konzepte; d) der wesentlichen Risiken im Zusammenhang mit diesen Belangen, die mit der Geschäftstätigkeit des Unternehmens — einschließlich, wenn dies relevant und verhältnismäßig ist, seiner Geschäftsbeziehungen, seiner Erzeugnisse oder seiner Dienstleistungen  — verknüpft sind und die wahrscheinlich negative Auswirkungen auf diese Bereiche haben werden, sowie der Handhabung dieser Risiken durch das Unternehmen; e) der wichtigsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren, die für die betreffende Geschäftstätigkeit von Bedeutung sind. Verfolgt das Unternehmen in Bezug auf einen oder mehrere dieser Belange kein Konzept, enthält die nichtfinanzielle Erklärung eine klare und begründete Erläuterung, warum dies der Fall ist. Die in Unterabsatz  1 genannte nichtfinanzielle Erklärung enthält — wenn angebracht — auch Hinweise auf im Jahresabschluss ausgewiesene Beträge und zusätzliche Erläuterungen dazu. Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass Informationen über künftige Entwicklungen oder Belange, über die Verhandlungen geführt werden, in Ausnahmefällen weggelassen werden, wenn eine solche Angabe nach der ordnungsgemäß begrün-

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

deten Einschätzung der Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane, die im Rahmen der ihnen durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften übertragenen Zuständigkeiten handeln und gemeinsam für diese Einschätzung zuständig sind, der Geschäftslage des Unternehmens ernsthaft schaden würde, sofern eine solche Nichtaufnahme ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes und ausgewogenes Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage des Unternehmens sowie der Auswirkungen seiner Tätigkeit nicht verhindert. Beim Erlass der Vorschriften zur Angabe der Informationen gemäß Unterabsatz 1 sehen die Mitgliedstaaten vor, dass sich die Unternehmen auf nationale, unionsbasierte oder internationale Rahmenwerke stützen können; wenn sie hiervon Gebrauch machen, haben die Unternehmen anzugeben, auf welche Rahmenwerke sie sich gestützt haben. (2)  Wenn Unternehmen die Pflicht nach Absatz  1 erfüllen, wird davon ausgegangen, dass sie die Pflicht im Zusammenhang mit der Analyse nichtfinanzieller Informationen nach Artikel  19 Absatz  1 Unterabsatz  3 erfüllt haben. (3) Ein Unternehmen, das ein Tochterunternehmen ist, wird von der in Absatz 1 festgelegten Pflicht befreit, wenn dieses Unternehmen und seine Tochterunternehmen in den konsolidierten Lagebericht oder gesonderten Bericht eines anderen Unternehmens einbezogen werden und dieser konsolidierte Lagebericht oder gesonderte Bericht gemäß Artikel 29 und diesem Artikel erstellt wird. (4) Erstellt ein Unternehmen für dasselbe Geschäftsjahr einen gesonderten Bericht, können die Mitgliedstaaten unabhängig davon, ob der Bericht sich auf nationale, unionsbasierte oder internationale Rahmenwerke stützt, und sofern der Bericht die in Absatz 1 vorgeschriebenen Informationen der nichtfinanziellen Erklärung umfasst  dieses Unternehmen von der gemäß Absatz  1 festgelegten Pflicht zur Abgabe der nichtfinanziellen Erklärung befreien, sofern dieser gesonderte Bericht a) zusammen mit dem Lagebericht gemäß Artikel  30 veröffentlicht wird oder b) innerhalb einer angemessenen Frist, die sechs Monate nach dem Bilanzstichtag nicht überschreiten darf, auf der Website des Unternehmens öffentlich zugänglich gemacht wird und der Lagebericht darauf Bezug nimmt. Absatz 2 ist entsprechend auf Unternehmen anzuwenden, die einen gesonderten Bericht gemäß Unterabsatz  1 dieses Absatzes vorbereiten. (5) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft überprüft, ob die nichtfinanzielle Erklärung gemäß Absatz  1 oder der gesonderte Bericht gemäß Absatz  4 vorgelegt wurde.

(6)  Die Mitgliedstaaten können vorschreiben, dass die in der nichtfinanziellen Erklärung gemäß Absatz  1 oder dem gesonderten Bericht gemäß Absatz 4 enthaltenen Informationen von einem unabhängigen Erbringer von Bestätigungsleistungen überprüft werden. Artikel 20 Erklärung zur Unternehmensführung (1)  Ein Unternehmen nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a nimmt eine Erklärung zur Unternehmensführung in seinen Lagebericht auf. Diese Erklärung bildet einen gesonderten Abschnitt im Lagebericht und enthält zumindest die folgenden Angaben: a) soweit zutreffend einen Verweis auf: i) den Unternehmensführungskodex, dem das Unternehmen unterliegt, ii) den Unternehmensführungskodex, den es gegebenenfalls freiwillig anzuwenden beschlossen hat, iii) alle relevanten Angaben zu Unternehmensführungspraktiken, die es über die Anforderungen der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften hinaus anwendet. Wird auf einen Unternehmensführungskodex nach Ziffer i oder ii Bezug genommen, gibt das Unternehmen auch an, wo die entsprechenden Dokumente öffentlich zugänglich sind. Wird auf die Angaben nach Ziffer iii Bezug genommen, macht das Unternehmen Einzelheiten seiner Unternehmensführungspraktiken öffentlich zugänglich; b) soweit ein Unternehmen im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften von einem Unternehmensführungskodex im Sinne des Buchstabens a Ziffer i oder ii abweicht, eine Erklärung, in welchen Punkten und aus welchen Gründen es von dem Kodex abweicht; hat das Unternehmen beschlossen, nicht auf einen Unternehmensführungskodex im Sinne des Buchstabens a Ziffer i oder ii Bezug zu nehmen, so legt es die Gründe hierfür dar; c) eine Beschreibung der wichtigsten Merkmale des internen Kontroll- und des Risikomanagementsystems des Unternehmens im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess; d) die gemäß Artikel 10 Absatz 1 Buchstaben c, d, f, h und i der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote(16) geforderten Angaben, sofern das Unternehmen unter diese Richtlinie fällt;

(16) ABl. L 142 vom 30.04.2004, S. 12.

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL e) eine Beschreibung der Art und Weise der Durchführung der Hauptversammlung und deren wesentliche Befugnisse sowie eine Beschreibung der Aktionärsrechte und der Möglichkeiten ihrer Ausübung, sofern diese Angaben nicht bereits vollständig in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften enthalten sind; f) die Zusammensetzung und Arbeitsweise der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane und ihrer Ausschüsse, und g) eine Beschreibung des Diversitätskonzepts, das im Zusammenhang mit den Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorganen des Unternehmens in Bezug auf Aspekte wie beispielsweise Alter, Geschlecht, oder Bildungs- und Berufshintergrund verfolgt wird, der Ziele dieses Diversitätskonzepts sowie der Art und Weise der Umsetzung dieses Konzepts und der Ergebnisse im Berichtszeitraum. Wird ein derartiges Konzept nicht angewendet, wird in der Erklärung erläutert, warum dies der Fall ist. (2)  Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass die Angaben nach Absatz 1 in a) einem gesonderten Bericht, der gemäß Artikel 30 zusammen mit dem Lagebericht offengelegt wird, oder b) einem auf den Internetseiten des Unternehmens öffentlich zugänglichen Dokument, auf das im Lagebericht Bezug genommen wird, enthalten sind. In dem gesonderten Bericht nach Buchstabe a oder in dem Dokument nach Buchstabe b kann auf den Lagebericht verwiesen werden, sofern die nach Absatz 1 Buchstabe d erforderlichen Angaben in dem Lagebericht enthalten sind. (3)  Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft gibt gemäß Artikel 34 Absatz 1 Unterabsatz 2 ein Urteil hinsichtlich der nach Absatz 1 Buchstaben  c und  d geforderten Angaben ab und überprüft, ob die in Absatz  1 Buchstaben  a, b, e, f und  g genannten Angaben gemacht wurden. (4) Die Mitgliedstaaten können Unternehmen nach Absatz  1, die ausschließlich andere Wertpapiere als zum Handel an einem geregelten Markt im Sinne des Artikels  4 Absatz  1 Nummer  14 der Richtlinie 2004/39/EG zugelassene Aktien emittiert haben, von der Anwendung des Absatzes  1 Buchstaben  a, b, e, f und  g dieses Artikels ausnehmen, es sei denn, dass diese Unternehmen Aktien emittiert haben, die über ein multilaterales Handelssystem im Sinne des Artikels  4 Absatz  1 Nummer  15 der Richtlinie 2004/39/EG gehandelt werden. (5) Ungeachtet des Artikels 40 gilt Absatz 1 Buchstabe g nicht für kleine und mittlere Unternehmen.

KAPITEL 6 KONSOLIDIERTE ABSCHLÜSSE UND BERICHTE Artikel 21 Anwendungsbereich für die konsolidierten Abschlüsse und Berichte Ein Mutterunternehmen und alle seine Tochterunternehmen sind zu konsolidierende Unternehmen im Sinne dieses Kapitels, wenn das Mutterunternehmen ein Unternehmen ist, auf das die Koordinierungsmaßnahmen dieser Richtlinie kraft Artikel 1 Absatz 1 Anwendung finden. Artikel 22 Pflicht zur Aufstellung konsolidierter Abschlüsse (1)  Ein Mitgliedstaat schreibt einem seinem Recht unterliegenden Unternehmen vor, einen konsolidierten Abschluss und einen konsolidierten Lagebericht zu erstellen, wenn dieses Unternehmen (Mutterunternehmen): a) die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens (Tochterunternehmens) hält; b) das Recht hat, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans eines anderen Unternehmens (Tochterunternehmens) zu bestellen oder abzuberufen und gleichzeitig Aktionär oder Gesellschafter dieses Unternehmens ist; c) das Recht hat, auf ein Unternehmen (Tochterunternehmen), dessen Aktionär oder Gesellschafter es ist, einen beherrschenden Einfluss aufgrund eines mit diesem Unternehmen geschlossenen Vertrags oder aufgrund einer Satzungsbestimmung dieses Unternehmens auszuüben, sofern das Recht, dem dieses Tochterunternehmen unterliegt, es zulässt, dass dieses solchen Verträgen oder Satzungsbestimmungen unterworfen wird. Die Mitgliedstaaten brauchen nicht vorzuschreiben, dass das Mutterunternehmen Aktionär oder Gesellschafter des Tochterunternehmens sein muss. Mitgliedstaaten, deren Recht derartige Verträge oder Satzungsbestimmungen nicht vorsieht, sind nicht gehalten, diese Bestimmungen anzuwenden; oder d) Aktionär oder Gesellschafter eines Unternehmens ist und i) allein durch die Ausübung seiner Stimm­ rechte die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans dieses Unternehmens (Tochterunternehmens), die während des Geschäftsjahres sowie

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL des vorhergehenden Geschäftsjahres bis zur Erstellung des konsolidierten Abschlusses im Amt sind, bestellt worden sind, oder

ii) aufgrund einer Vereinbarung mit anderen Aktionären oder Gesellschaftern dieses Unternehmens (Tochterunternehmens) allein über die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter dieses Unternehmens verfügt. Die Mitgliedstaaten können nähere Bestimmungen über Form und Inhalt einer solchen Vereinbarung treffen. Die Mitgliedstaaten schreiben mindestens die unter Ziffer ii angeführte Regelung vor. Sie können die Anwendung von Ziffer i davon abhängig machen, dass die Beteiligungen mindestens 20  % der gesamten Stimmrechte ausmachen. Ziffer i findet jedoch keine Anwendung, wenn ein Dritter gegenüber diesem Unternehmen die Rechte im Sinne der Buchstaben a, b oder c hat. (2) Zusätzlich zu den in Absatz 1 bezeichneten Fällen können die Mitgliedstaaten jedem ihrem Recht unterliegenden Unternehmen die Aufstellung eines konsolidierten Abschlusses und eines konsolidierten Lageberichts vorschreiben, wenn a) dieses Unternehmen (Mutterunternehmen) einen beherrschenden Einfluss auf oder die Kontrolle über ein anderes Unternehmen (Tochterunternehmen) ausüben kann oder tatsächlich ausübt oder b) dieses Unternehmen (Mutterunternehmen) und ein anderes Unternehmen (Tochterunternehmen) unter einheitlicher Leitung des Mutterunternehmens stehen. (3)  Bei der Anwendung von Absatz 1 Buchstaben a, b und d sind den Stimm-, Bestellungs- oder Abberufungsrechten des Mutterunternehmens die Rechte eines anderen Tochterunternehmens oder einer Person, die in eigenem Namen, aber für Rechnung des Mutterunternehmens oder eines anderen Tochterunternehmens handelt, hinzuzurechnen. (4)  Bei der Anwendung von Absatz 1 Buchstaben a, b und d sind von den in Absatz 3 bezeichneten Rechten die Rechte abzuziehen, a) die mit Aktien oder Anteilen verbunden sind, die für Rechnung einer anderen Person als das Mutterunternehmen oder ein Tochterunternehmen dieses Mutterunternehmens gehalten werden, oder b) die mit Aktien oder Anteilen verbunden sind, i) die als Sicherheit gehalten werden, sofern diese Rechte nach erhaltenen Weisungen ausgeübt werden, oder ii) deren Besitz für das haltende Unternehmen ein laufendes Geschäft im Zusammenhang mit der Gewährung von Darlehen darstellt, sofern die Stimmrechte im Interesse des Sicherungsgebers ausgeübt werden.

(5)  Für die Anwendung von Absatz 1 Buchstaben a und d sind von der Gesamtheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter eines Tochterunternehmens die Stimmrechte abzuziehen, die mit Aktien oder Anteilen verbunden sind, die von diesem Unternehmen selbst, von einem seiner Tochterunternehmen oder von einer im eigenen Namen, aber für Rechnung dieser Unternehmen handelnden Person gehalten werden. (6)  Das Mutterunternehmen sowie alle seine Tochterunternehmen sind ohne Rücksicht auf deren Sitz zu konsolidieren; Artikel 23 Absatz 9 bleibt unberührt. (7)  Unbeschadet dieses Artikels sowie der Artikel 21 bis 23 können die Mitgliedstaaten jedem ihrem Recht unterliegenden Unternehmen vorschreiben, einen konsolidierten Abschluss und einen konsolidierten Lagebericht aufzustellen, wenn a) dieses Unternehmen sowie ein oder mehrere andere Unternehmen, die untereinander nicht in der in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichneten Beziehung stehen, aufgrund i)  eines mit diesem Unternehmen geschlossenen Vertrages oder ii)  der Satzungsbestimmungen dieser anderen Unternehmen einer einheitlichen Leitung unterstehen oder b) das Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan dieses Unternehmens sowie dasjenige eines oder mehrerer Unternehmen, die miteinander nicht in der in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichneten Beziehung stehen, sich mehrheitlich aus denselben Personen zusammensetzen, die während des Geschäftsjahres und bis zur Aufstellung des konsolidierten Abschlusses im Amt sind. (8) Nimmt ein Mitgliedstaat die Möglichkeit nach Absatz 7 wahr, sind die in diesem Absatz beschriebenen Unternehmen sowie alle ihre Tochterunternehmen zu konsolidierende Unternehmen, sofern eines oder mehrere dieser Unternehmen eine der in Anhang I oder Anhang II genannten Rechtsformen haben. (9) Absatz 6 des vorliegenden Artikels, Artikel 23 Absätze 1, 2, 9 und 10 sowie die Artikel 25 bis 29 finden auf den konsolidierten Abschluss und den konsolidierten Lagebericht nach Absatz 7 des vorliegenden Artikels mit folgenden Änderungen Anwendung: a) Bezugnahmen auf Mutterunternehmen sind als Bezugnahmen auf alle in Absatz 7 des vorliegenden Artikels bezeichneten Unternehmen zu verstehen, und b) die in den konsolidierten Abschluss einzubeziehenden Posten „Kapital“, „Agio“, „Neubewertungsrücklage“, „Rücklagen“, „Ergebnisvortrag“ und „Jahresergebnis“ sind unbeschadet des Artikels 24 Absatz 3 die addierten Beträge der jeweiligen Posten sämtlicher in Absatz 7 des vorliegenden Artikels bezeichneter Unternehmen.

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL Artikel 23 Ausnahmen von der Konsolidierung (1)  Kleine Gruppen sind von der Verpflichtung zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses und eines konsolidierten Lageberichts ausgenommen, es sei denn, eines der verbundenen Unternehmen ist ein Unternehmen von öffentlichem Interesse. (2) Die Mitgliedstaaten können mittlere Gruppen von der Verpflichtung zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses und eines konsolidierten Lageberichts befreien, es sei denn, eines der verbundenen Unternehmen ist ein Unternehmen von öffentlichem Interesse. (3)  Ungeachtet der Absätze 1 und 2 befreien die Mitgliedstaaten in den folgenden Fällen jedes ihrem Recht unterliegende Mutterunternehmen (befreites Unternehmen), das gleichzeitig Tochterunternehmen ist, einschließlich eines Unternehmens von öffentlichem Interesse, das nicht unter Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a fällt, von der Verpflichtung zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses und eines konsolidierten Lageberichts, sofern dessen Mutterunternehmen dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegt und a) das Mutterunternehmen des befreiten Unternehmens sämtliche Aktien oder Anteile des befreiten Unternehmens besitzt. Die Aktien oder Anteile des befreiten Unternehmens, die aufgrund einer gesetzlichen oder satzungsmäßigen Verpflichtung von Mitgliedern des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans gehalten werden, werden nicht berücksichtigt, oder b) das Mutterunternehmen des befreiten Unternehmens 90  % oder mehr der Aktien oder Anteile des befreiten Unternehmens besitzt und die anderen Aktionäre oder Gesellschafter des befreiten Unternehmens der Befreiung zugestimmt haben. (4) Die Ausnahmen nach Absatz 3 werden nur gewährt, wenn sämtliche nachfolgend genannte Bedingungen erfüllt sind: a) Das befreite Unternehmen sowie alle seine Tochterunternehmen sind unbeschadet Absatz 9 in den konsolidierten Abschluss eines größeren Kreises von Unternehmen einbezogen, dessen Mutterunternehmen dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegt; b) der konsolidierte Abschluss nach Buchstabe a und der konsolidierte Lagebericht des größeren Kreises von Unternehmen sind von dem Mutterunternehmen dieses Kreises von Unternehmen nach dem Recht des Mitgliedstaats, dem das Mutterunternehmen unterliegt, im Einklang mit dieser Richtlinie oder mit gemäß der Verordnung (EG) Nr.  1606/2002 angenommenen internationalen Rechnungslegungsstandards erstellt;

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c) bezüglich des befreiten Unternehmens werden folgende Unterlagen nach dem Recht des Mitgliedstaats, dem das befreite Unternehmen unterliegt, im Einklang mit Artikel 30 veröffentlicht: i) der konsolidierte Abschluss nach Buch­ stabe a und der konsolidierte Lagebericht nach Buchstabe b, ii) der Bestätigungsvermerk und iii) gegebenenfalls die in Artikel 6 bezeichneten Unterlagen. Der betreffende Mitgliedstaat kann vorschreiben, dass die unter den Ziffern i, ii und iii genannten Unterlagen in seiner Amtssprache offengelegt werden und die Übersetzung dieser Unterlagen beglaubigt wird; d) im Anhang zum Jahresabschluss des befreiten Unternehmens werden folgende Angaben gemacht: i) Name und Sitz des Mutterunternehmens, das den konsolidierten Abschluss nach Buchstabe a aufstellt, und ii) Hinweis auf die Befreiung von der Verpflichtung zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses und eines konsolidierten Lageberichts. (5) Die Mitgliedstaaten können in den von Absatz 3 nicht erfassten Fällen unbeschadet der Absätze 1, 2 und 3 jedes ihrem Recht unterliegende Mutterunternehmen (das befreite Unternehmen), das gleichzeitig Tochterunternehmen ist, einschließlich eines Unternehmens von öffentlichem Interesse, das nicht unter Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a fällt, dessen eigenes Mutterunternehmen dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegt, von der Verpflichtung zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses und eines konsolidierten Lageberichts ausnehmen, wenn alle in Absatz 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind und wenn a) die Aktionäre oder Gesellschafter des befreiten Unternehmens, die einen Mindestprozentsatz des gezeichneten Kapitals dieses Unternehmens besitzen, nicht spätestens sechs Monate vor dem Ablauf des Geschäftsjahres die Aufstellung eines konsolidierten Abschlusses verlangt haben; b) der Mindestprozentsatz nach Buchstabe a folgende Grenzen nicht überschreitet: i) 10 % des gezeichneten Kapitals im Falle von Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien und ii) 20 % des gezeichneten Kapitals im Falle von Unternehmen anderer Rechtsformen; c) der Mitgliedstaat die Befreiung nicht davon abhängig macht, dass i) das Mutterunternehmen, das den konsolidierten Abschluss nach Absatz 4 Buchstabe a aufgestellt hat, dem Recht des die Befrei-

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL ung gewährenden Mitgliedstaats unterliegt, oder

ii)  Bedingungen bezüglich der Aufstellung und Prüfung dieses Abschlusses erfüllt werden. (6)  Die Mitgliedstaaten können die Befreiung nach den Absätzen 3 und 5 davon abhängig machen, dass in dem konsolidierten Abschluss nach Absatz 4 Buchstabe a oder in einer als Anhang beigefügten Unterlage zusätzliche Angaben im Einklang mit dieser Richtlinie gemacht werden, sofern diese Angaben auch von den dem Recht dieses Mitgliedstaats unterliegenden Unternehmen, die zur Aufstellung eines konsolidierten Abschlusses verpflichtet sind und sich in derselben Lage befinden, verlangt werden.

angewandten Rechnungslegungsgrundsätze gemäß den Richtlinien 2003/71/EG und 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(17) festgelegt wurden, gleichwertig sind; c) der unter Buchstabe a bezeichnete konsolidierte Abschluss ist von einem oder mehreren Abschlussprüfern oder einer oder mehreren Prüfungsgesellschaften geprüft worden, die aufgrund der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften denen das Unternehmen unterliegt, das diesen Abschluss aufgestellt hat, zur Prüfung von Jahresabschlüssen zugelassen sind. Absatz 4 Buchstaben c und d sowie die Absätze 5, 6 und 7 finden Anwendung.

(7) Die Absätze 3 bis 6 gelten unbeschadet der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Aufstellung eines konsolidierten Abschlusses oder eines konsolidierten Lageberichts, sofern diese Unterlagen

(9) Ein Unternehmen, einschließlich eines Unternehmens von öffentlichem Interesse, braucht nicht in den konsolidierten Abschluss einbezogen werden, wenn zumindest eine der nachfolgend genannten Bedingungen erfüllt ist:

a) zur Unterrichtung der Arbeitnehmer oder ihrer Vertreter verlangt werden oder

a) Es liegt der äußerst seltene Fall vor, dass die für die Aufstellung eines konsolidierten Abschlusses nach dieser Richtlinie erforderlichen Angaben nicht ohne unverhältnismäßig hohe Kosten oder ungebührliche Verzögerungen zu erhalten sind;

b) von einer Verwaltungsbehörde oder einem Gericht für deren Zwecke angefordert werden. (8)  Unbeschadet der Absätze 1, 2, 3 und 5 kann ein Mitgliedstaat, der Befreiungen nach den Absätzen 3 und 5 gewährt, auch jedes seinem Recht unterliegende Mutterunternehmen (das befreite Unternehmen), das gleichzeitig Tochterunternehmen eines nicht dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegenden Mutterunternehmens ist, einschließlich eines Unternehmens von öffentlichem Interesse, das nicht unter Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a fällt, von der Verpflichtung zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses und eines konsolidierten Lageberichts ausnehmen, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: a) Das befreite Unternehmen sowie alle seine Tochterunternehmen werden unbeschadet Absatz 9 in den konsolidierten Abschluss eines größeren Kreises von Unternehmen einbezogen; b) der unter Buchstabe a bezeichnete konsoli­ dierte Abschluss und gegebenenfalls der konsolidierte Lagebericht werden wie folgt erstellt: i) im Einklang mit dieser Richtlinie oder ii) im Einklang mit gemäß der Verordnung (EG) Nr.  1606/2002 angenommen internationalen Rechnungslegungsstandards, iii) derart, dass sie einem nach dieser Richtlinie erstellten konsolidierten Abschluss und konsolidierten Lagebericht gleichwertig sind, iv) derart, dass sie internationalen Rechnungslegungsstandards, die gemäß der Verordnung (EG) Nr.  1569/2007 der Kommission vom 21. Dezember 2007 über die Einrichtung eines Mechanismus zur Festlegung der Gleichwertigkeit der von Drittstaatemittenten

b) die Anteile oder Aktien dieses Unternehmens werden ausschließlich zum Zwecke ihrer Weiterveräußerung gehalten oder c) erhebliche und andauernde Beschränkungen behindern nachhaltig i) die Ausübung der Rechte des Mutterunternehmens in Bezug auf Vermögen oder Geschäftsführung dieses Unternehmens oder ii) die Ausübung der einheitlichen Leitung dieses Unternehmens, wenn es in einer der in Artikel 22 Absatz 7 bezeichneten Beziehungen steht. (10) Unbeschadet des Artikels 6 Absatz 1 Buchstabe b, des Artikels 21 und der Absätze 1 und 2 dieses Artikels wird jedes Mutterunternehmen, einschließlich eines Unternehmens von öffentlichem Interesse, von der Pflicht nach Artikel 22 befreit, wenn a) alle seine Tochterunternehmen sowohl einzeln als auch insgesamt von untergeordneter Bedeutung sind oder b) aufgrund von Absatz 9 dieses Artikels keines seiner Tochterunternehmen in den konsolidierten Abschluss einbezogen zu werden braucht.

(17) ABl. L 340 vom 22.12.2007, S. 66.

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL Artikel 24 Aufstellung des konsolidierten Abschlusses (1) Die Kapitel 2 und 3 gelten für konsolidierte Abschlüsse unter Berücksichtigung der wesentlichen Anpassungen, die sich aus den besonderen Merkmalen eines konsolidierten Abschlusses im Vergleich zum Jahresabschluss zwangsläufig ergeben. (2)  Die Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen werden vollständig in die konsolidierte Bilanz übernommen. (3)  Die Buchwerte der Anteile oder Aktien am Kapital der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen werden mit dem auf sie entfallenden Teil des Eigenkapitals der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen verrechnet, wobei Folgendes zu berücksichtigen ist: a) Mit Ausnahme der Anteile oder Aktien am Kapital des Mutterunternehmens, die entweder sich im Besitz dieses Unternehmens selbst oder eines anderen in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmens befinden und die gemäß Kapitel 3 als eigene Anteile oder Aktien betrachtet werden, erfolgt die Verrechnung auf der Grundlage der Buchwerte zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Unternehmen erstmalig in die Konsolidierung einbezogen werden. Die sich bei der Verrechnung ergebenden Unterschiedsbeträge werden, soweit möglich, unmittelbar unter den Posten der konsolidierten Bilanz verbucht, deren Wert höher oder niedriger ist als ihr Buchwert. b) Die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, dass die Verrechnung auf der Grundlage der Werte der feststellbaren Aktiva und Passiva zum Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile oder Aktien erfolgt oder, beim Erwerb zu verschiedenen Zeitpunkten, zu dem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen Tochterunternehmen geworden ist. c) Ein nach Buchstabe a verbleibender oder nach Buchstabe b entstehender Unterschiedsbetrag ist in der konsolidierten Bilanz unter dem Posten „Geschäfts- oder Firmenwert“ auszuweisen. d) Die Methoden zur Berechnung des Geschäftsoder Firmenwerts und wesentliche Wertänderungen gegenüber dem Vorjahr sind im Anhang zu erläutern. e) Lässt ein Mitgliedstaat eine Verrechnung von positivem mit negativem Geschäfts- oder Firmenwert zu, so hat der Anhang eine Analyse dieses Werts zu enthalten. f) Ein negativer Geschäfts- oder Firmenwert kann auf die konsolidierte Gewinn- und Verlustrechnung übertragen werden, sofern ein solches Vorgehen den Grundsätzen des Kapitels 2 entspricht.

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(4)  Befinden sich Anteile oder Aktien an konsolidierten Tochterunternehmen im Besitz von anderen Personen als diesen Unternehmen, so werden die Beträge, die diesen Anteilen oder Aktien entsprechen, in der konsolidierten Bilanz gesondert als nicht beherrschende Anteile ausgewiesen. (5)  Die Erträge und Aufwendungen der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen werden vollständig in die konsolidierte Gewinn- und Verlustrechnung übernommen. (6)  Die den Aktien oder Anteilen nach Absatz 4 zurechenbaren Gewinn- oder Verlustbeträge, werden in der konsolidierten Gewinn- und Verlustrechnung gesondert als nicht beherrschende Anteile ausgewiesen. (7)  Im konsolidierten Abschluss sind Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen so auszuweisen, als ob sie ein einziges Unternehmen wären. Insbesondere wird Folgendes im konsolidierten Abschluss weggelassen: a) Verbindlichkeiten und Forderungen zwischen den Unternehmen; b) Erträge und Aufwendungen aus Geschäften zwischen den Unternehmen und c) Gewinne und Verluste aus Geschäften zwischen den Unternehmen, die in den Buchwert der Aktiva eingehen. (8) Der konsolidierte Abschluss wird zum selben Stichtag wie der Jahresabschluss des Mutterunternehmens aufgestellt. Jedoch können die Mitgliedstaaten mit Rücksicht auf den Bilanzstichtag der Mehrzahl oder der bedeutendsten der konsolidierten Unternehmen gestatten oder vorschreiben, dass der konsolidierte Abschluss zu einem anderen Zeitpunkt aufgestellt wird, sofern a) dies im Anhang zum konsolidierten Abschluss angegeben und hinreichend begründet wird; b) Vorgänge von besonderer Bedeutung für die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines konsolidierten Unternehmens, die zwischen dem Bilanzstichtag dieses Unternehmens und dem Stichtag des konsolidierten Abschlusses eingetreten sind, berücksichtigt oder angegeben werden und c) der Bilanzstichtag eines Unternehmens um mehr als drei Monate vor oder nach dem Stichtag des konsolidierten Abschlusses liegt und dieses Unternehmen aufgrund eines auf den Stichtag des konsolidierten Abschlusses aufgestellten Zwischenabschlusses konsolidiert wird. (9) Hat sich die Zusammensetzung aller in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen im Laufe des Geschäftsjahres erheblich geändert, so sind in den konsolidierten Abschluss Angaben aufzunehmen, die es ermöglichen, die aufeinanderfolgenden konsolidierten Abschlüsse sinnvoll

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

zu vergleichen. Dieser Verpflichtung kann nachgekommen werden, indem eine geänderte vergleichende Bilanz und eine geänderte vergleichende Gewinn- und Verlustrechnung aufgestellt werden. (10)  In den konsolidierten Abschluss einbezogene Aktiva und Passiva werden einheitlich im Einklang mit Kapitel 2 bewertet. (11) Ein Unternehmen, das einen konsolidierten Abschluss erstellt, wendet die gleichen Bewertungsgrundlagen wie in seinem Jahresabschluss an. Allerdings können die Mitgliedstaaten gestatten oder vorschreiben, dass im konsolidierten Abschluss andere Bewertungsgrundlagen im Einklang mit Kapitel 2 verwendet werden. Wird von diesen Abweichungen Gebrauch gemacht, so sind sie im Anhang des konsolidierten Abschlusses anzugeben und hinreichend zu begründen. (12) Sofern in die Konsolidierung einbezogene Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens von in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen nach Methoden bewertet worden sind, die sich von den zu Zwecken der Konsolidierung angewandten Methoden unterscheiden, sind diese Vermögensgegenstände nach den letzteren Methoden neu zu bewerten. Abweichungen von dieser Vorschrift sind in Ausnahmefällen zulässig. Sie sind im Anhang zum konsolidierten Abschluss anzugeben und hinreichend zu begründen. (13)  Latente Steuersalden werden bei der Konsolidierung ausgewiesen, soweit sich daraus wahrscheinlich für eines der konsolidierten Unternehmen in absehbarer Zukunft ein Aufwand ergibt. (14) Sofern bei einem in die Konsolidierung einbezogenen Gegenstand des Aktivvermögens eine Wertberichtigung allein für die Anwendung steuerlicher Vorschriften vorgenommen worden ist, darf dieser Vermögensgegenstand erst nach Wegfall dieser Berichtigung in den konsolidierten Abschluss übernommen werden. Artikel 25 Unternehmenszusammenschlüsse innerhalb einer Gruppe (1)  Die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, dass die Buchwerte von Aktien oder Anteilen am Kapital eines in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmens lediglich mit dem entsprechenden Anteil am Kapital verrechnet werden, sofern die am Unternehmenszusammenschluss beteiligten Unternehmen letztlich vor und nach dem Unternehmenszusammenschluss von derselben Partei kontrolliert werden und diese Kontrolle nicht vorübergehender Natur ist. (2)  Ein nach Absatz 1 entstehender Unterschiedsbetrag wird je nach Lage des Falles den konsolidierten Rücklagen zugerechnet oder von ihnen abgezogen.

(3) Die Anwendung der Methode nach Absatz 1, die sich daraus ergebenden Veränderungen der Rücklagen sowie der Name und Sitz der betreffenden Unternehmen sind im Anhang zum konsolidierten Abschluss anzugeben. Artikel 26 Quotenkonsolidierung (1) Die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, dass, sofern ein in die Konsolidierung einbezogenes Unternehmen gemeinsam mit einem oder mehreren nicht in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen ein anderes Unternehmen leitet, dieses entsprechend dem Anteil der Rechte, die das in die Konsolidierung einbezogene Unternehmen an seinem Kapital hält, in den konsolidierten Abschluss einbezogen wird. (2) Artikel 23 Absätze 9 und 10 sowie Artikel 24 finden sinngemäß auf die in Absatz 1 bezeichnete Quotenkonsolidierung Anwendung. Artikel 27 Rechnungslegung nach der Equity-Methode für assoziierte Unternehmen (1) Hat ein in die Konsolidierung einbezogenes Unternehmen ein assoziiertes Unternehmen, ist dieses assoziierte Unternehmen in der konsolidierten Bilanz als gesonderter Posten mit entsprechender Bezeichnung auszuweisen. (2)  Bei der erstmaligen Anwendung dieses Artikels auf ein assoziiertes Unternehmen wird das assoziierte Unternehmen in der konsolidierten Bilanz ausgewiesen a) entweder mit dem Buchwert im Einklang mit den Bewertungsregeln nach den Kapiteln 2 und 3. Dabei wird der Unterschiedsbetrag zwischen diesem Wert und dem Betrag, der dem auf diese Beteiligung an dem assoziierten Unternehmen entfallenden Teil des Eigenkapitals entspricht, in der konsolidierten Bilanz oder im Anhang zum konsolidierten Abschluss gesondert ausgewiesen. Dieser Unterschiedsbetrag wird zu dem Zeitpunkt berechnet, zu dem die Methode erstmalig angewendet wird; oder b) mit dem Betrag, der dem auf die Beteiligung an dem assoziierten Unternehmen entfallenden Teil des Eigenkapitals des assoziierten Unternehmens entspricht. Der Unterschiedsbetrag zwischen diesem Wert und dem nach den Bewertungsregeln der Kapitel 2 und 3 ermittelten Buchwert wird in der konsolidierten Bilanz oder im Anhang zum konsolidierten Abschluss gesondert ausgewiesen. Dieser Unterschiedsbetrag wird zu dem Zeitpunkt berechnet, zu dem die Methode erstmalig angewendet wird.

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL Die Mitgliedstaaten können die Anwendung nur einer der in den Buchstaben a und b enthaltenen Möglichkeiten vorschreiben. In einem derartigen Fall ist in der konsolidierten Bilanz oder im Anhang des konsolidierten Abschlusses anzugeben, von welcher der Möglichkeiten Gebrauch gemacht worden ist. Ferner können die Mitgliedstaaten für die Anwendung der Buchstaben a und b gestatten oder vorschreiben, dass die Berechnung des Unterschiedsbetrags zum Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile oder Aktien erfolgt oder, beim Erwerb zu verschiedenen Zeitpunkten, zu dem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen ein assoziiertes Unternehmen geworden ist. (3) Sind Gegenstände des Aktiv- oder Passivvermögens des assoziierten Unternehmens nach Methoden bewertet worden, die sich von den auf die Konsolidierung nach Artikel 24 Absatz 11 angewendeten Methoden unterscheiden, so können diese Vermögenswerte für die Berechnung des Unterschiedsbetrags nach Absatz 2 Buchstabe a oder Buchstabe b nach den für die Konsolidierung angewendeten Methoden neu bewertet werden. Wurde eine solche Neubewertung nicht vorgenommen, so ist dies im Anhang zum konsolidierten Abschluss zu erwähnen. Die Mitgliedstaaten können eine solche Neubewertung vorschreiben. (4)  Der Buchwert nach Absatz 2 Buchstabe a oder der Betrag, der dem auf die Beteiligung entfallenden Teil des Eigenkapitals des assoziierten Unternehmens nach Absatz 2 Buchstabe b entspricht, wird um die während des Geschäftsjahres eingetretene Änderung des auf die Beteiligung entfallenden Teils des Eigenkapitals des assoziierten Unternehmens erhöht oder vermindert; er vermindert sich um den Betrag der auf die Beteiligung entfallenden Dividenden. (5) Kann ein positiver Unterschiedsbetrag nach Absatz 2 Buchstabe a und b nicht einer bestimmten Kategorie von Gegenständen des Aktiv- oder Passivvermögens zugerechnet werden, wird dieser Betrag nach den Vorschriften für den Posten, „Geschäfts- oder Firmenwert“ gemäß Artikel 12 Absatz 6 Buchstabe d, Artikel 12 Absatz 11 Unterabsatz 1, Artikel 24 Absatz 3 Buchstabe c und Anhang III und Anhang IV behandelt. (6) Der auf die Beteiligungen an solchen assoziierten Unternehmen entfallende Teil des Ergebnisses der assoziierten Unternehmen wird unter einem gesonderten Posten mit entsprechender Bezeichnung in der konsolidierten Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen. (7) Die Weglassungen nach Artikel 24 Absatz 7 werden nur insoweit vorgenommen, als die Tatbestände bekannt sind oder bestätigt werden können. (8)  Stellt das assoziierte Unternehmen einen konsolidierten Abschluss auf, so werden die Absätze 1 bis 7 auf das in diesem konsolidierten Abschluss ausgewiesene Eigenkapital angewandt.

(9) Auf die Anwendung dieses Artikels kann verzichtet werden, wenn die Beteiligung am Kapital des assoziierten Unternehmens nur von untergeordneter Bedeutung sind. Artikel 28 Anhang zum konsolidierten Abschluss (1)  Im Anhang zum konsolidierten Abschluss werden die nach den Artikeln 16, 17 und 18 geforderten Informationen dargelegt; dies erfolgt zusätzlich zu den nach anderen Bestimmungen dieser Richtlinie geforderten Informationen in einer Weise, die die Bewertung der finanzielle Lage der Gesamtheit der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen erleichtert, wobei den wesentlichen Berichtigungen Rechnung zu tragen ist, die sich aus den Besonderheiten des konsolidierten Abschlusses im Vergleich zum Jahresabschluss ergeben, einschließlich dem Folgenden: a) Bei der Angabe von Geschäften zwischen in eine Konsolidierung einbezogenen nahestehenden Unternehmen und Personen werden Geschäfte zwischen diesen, die bei der Konsolidierung weggelassen werden, nicht einbezogen, b) bei der Angabe der durchschnittlichen Zahl der Beschäftigten während des Geschäftsjahrs wird die durchschnittliche Zahl der Beschäftigten von Unternehmen, die nach der Quotenkonsolidierung bilanziert werden, gesondert angegeben, und c) bei der Angabe der Höhe der Vergütungen sowie der Vorschüsse und Kredite, die den Mitgliedern des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans gewährt worden sind, ist lediglich die Höhe der Beträge anzugeben, die das Mutterunternehmen und seine Tochterunternehmen den Mitgliedern des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Mutterunternehmens gewährt haben. (2)  Im Anhang zum konsolidierten Abschluss werden zusätzlich zu den nach Absatz 1 geforderten Informationen folgende Informationen veröffentlicht: a) bezüglich der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen: i) Name und Sitz dieser Unternehmen, ii) der Anteil am Kapital dieser Unternehmen – außer dem Mutterunternehmen –, den die in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen oder in eigenem Namen, aber für Rechnung dieser Unternehmen handelnde Personen halten, sowie iii) die Voraussetzungen nach Artikel 22 Absätze 1, 2 und 7 nach der Anwendung von Artikel 22 Absätze 3 bis 5, aufgrund deren die Konsolidierung erfolgt ist. Diese Angabe

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL braucht jedoch nicht gemacht zu werden, wenn die Konsolidierung aufgrund von Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe a erfolgt ist und außerdem Kapitalanteil und Anteil an den Stimmrechten übereinstimmen.

Die gleichen Angaben sind für die Unternehmen zu machen, die nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe j und Artikel 23 Absatz 10 wegen ihrer untergeordneten Bedeutung nicht in die Konsolidierung einbezogen worden sind; der Ausschluss der in Artikel 23 Absatz 9 bezeichneten Unternehmen ist zu begründen; b) Name und Sitz assoziierter Unternehmen, die in die Konsolidierung gemäß Artikel 27 Absatz 1 einbezogen sind, sowie der Anteil an ihrem Kapital, den in die Konsolidierung einbezogene Unternehmen selbst oder in eigenem Namen, aber für Rechnung dieser Unternehmen handelnde Personen halten; c) Name und Sitz der Unternehmen, die Gegenstand einer Quotenkonsolidierung nach Artikel 26 sind, die Tatbestände, aus denen sich die gemeinsame Leitung dieser Unternehmen ergibt, sowie der Anteil am Kapital dieser Unternehmen, den in die Konsolidierung einbezogene Unternehmen selbst oder in eigenem Namen aber für Rechnung dieser Unternehmen handelnde Person halten, und d) bezüglich jedes nicht unter den Buchstaben a, b und c bezeichneten Unternehmens, an dem in die Konsolidierung einbezogene Unternehmen entweder selbst oder in eigenem Namen, aber für Rechnung dieser Unternehmen handelnde Personen eine Beteiligung halten: i) Name und Sitz dieser Unternehmen, ii) der am Kapital gehaltene Anteil, iii) die Höhe des Eigenkapitals und das Ergebnis des letzten Geschäftsjahres des Unternehmens, für das ein Abschluss festgestellt wurde. Eine Angabe des Eigenkapitals und des Ergebnisses kann ebenfalls unterbleiben, wenn das betreffende Unternehmen seine Bilanz nicht offenlegt. (3) Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass die Angaben gemäß Absatz 2 Buchstaben a bis d in einer Aufstellung gemacht werden, die gemäß Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 2009/101/ EG eingereicht wird. Die Einreichung einer solchen Aufstellung wird im Anhang zum konsolidierten Abschluss angegeben. Die Mitgliedstaaten können zudem gestatten, dass auf die Angaben verzichtet werden kann, wenn ihre Angabe einem Unternehmen einen erheblichen Nachteil zufügen würde. Die Mitgliedstaaten können dazu die vorherige Zustimmung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichts verlangen. Das Unterlassen dieser Angaben wird im Anhang zum konsolidierten Abschluss erwähnt.

Artikel 29 Konsolidierter Lagebericht (1) Der konsolidierte Lagebericht enthält zusätzlich zu den nach anderen Bestimmungen dieser Richtlinie geforderten Informationen zumindest die nach den Artikeln 19 und 20 geforderten Informationen, wobei den wesentlichen Anpassungen, die sich aus den Besonderheiten des konsolidierten Lageberichts im Vergleich zu einem Lagebericht ergeben, dergestalt Rechnung zu tragen ist, dass die Bewertung der Lage der insgesamt in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen erleichtert wird. (2)  Es gelten folgende Berichtigungen zu den nach den Artikeln 19 und 20 geforderten Informationen: a) Bei der Berichterstattung über erworbene ei­ gene Anteile oder Aktien sind im Lagebericht die Zahl und der Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, der rechnerische Wert aller Anteile oder Aktien des Mutter­ unternehmens, die entweder von diesem Mutterunternehmen, von Tochterunternehmen dieses Mutterunternehmens oder in eigenem Namen, aber für Rechnung eines dieser Unternehmen handelnden Person gehalten werden, anzugeben. Die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, dass diese Angaben im Anhang zum konsolidierten Abschluss gemacht werden. b) Bei der Berichterstattung über die internen Kontroll- und Risikomanagementsysteme wird in der Erklärung zur Unternehmensführung auf die wesentlichen Merkmale dieser Systeme für die in die gesamte Konsolidierung einbezogenen Unternehmen Bezug genommen. (3) Ist zusätzlich zu einem Lagebericht ein konsolidierter Lagebericht vorgeschrieben, so können diese beiden Berichte in Form eines einheitlichen Berichts vorgelegt werden. Artikel 29a Konsolidierte nichtfinanzielle Erklärung (1) Unternehmen von öffentlichem Interesse, die Mutterunternehmen einer großen Gruppe sind und an den Bilanzstichtagen das Kriterium erfüllen,  im Durchschnitt des Geschäftsjahres auf konsolidierter Basis mehr als 500  Mitarbeiter zu beschäftigen, nehmen in den konsolidierten Lagebericht eine konsolidierte nichtfinanzielle Erklärung auf, die diejenigen Angaben enthält, die für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage der Gruppe sowie der Auswirkungen ihrer Tätigkeit erforderlich sind und sich mindestens auf Umwelt-, Sozial-, und Arbeitnehmerbelange, auf die Achtung der Menschenrechte und auf die Bekämpfung von Korruption und Bestechung beziehen, einschließlich

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL a) einer kurzen Beschreibung des Geschäftsmodells der Gruppe; b) einer Beschreibung der von der Gruppe in Bezug auf diese Belange verfolgten Konzepte, einschließlich der angewandten Due-DiligenceProzesse; c) der Ergebnisse dieser Konzepte; d) der wesentlichen Risiken im Zusammenhang mit diesen Belangen, die mit der Geschäftstätigkeit der Gruppe  – einschließlich, wenn dies relevant und verhältnismäßig ist, ihrer Geschäftsbeziehungen, ihrer Erzeugnisse oder ihrer Dienstleistungen – verknüpft sind und wahrscheinlich negative Auswirkungen auf diese Bereiche haben werden, sowie der Handhabung dieser Risiken durch die Gruppe; e) der wichtigsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren, die für die betreffende Geschäftstätigkeit von Bedeutung sind. Verfolgt die Gruppe in Bezug auf einen oder mehrere dieser Belange kein Konzept, enthält die konsolidierte nichtfinanzielle Erklärung eine klare und begründete Erläuterung, warum dies der Fall ist. Die in Unterabsatz  1 genannte konsolidierte nichtfinanzielle Erklärung enthält – wenn angebracht  – auch Hinweise auf im konsolidierten Abschluss ausgewiesene Beträge und zusätzliche Erläuterungen dazu. Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass Informationen über künftige Entwicklungen oder Belange, über die Verhandlungen geführt werden, in Ausnahmefällen weggelassen werden, wenn nach der ordnungsgemäß begründeten Einschätzung der Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane, die im Rahmen der ihnen durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften übertragenen Zuständigkeiten handeln und die gemeinsam für diese Einschätzung zuständig sind, eine solche Angabe der Geschäftslage der Gruppe ernsthaft schaden würde, sofern eine solche Nichtauf­ nahme ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes und ausgewogenes Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage der Gruppe sowie der Auswirkungen ihrer Tätigkeit nicht verhindert. Beim Erlass der Vorschriften zur Angabe der Informationen gemäß Unterabsatz 1 sehen die Mitgliedstaaten vor, dass sich das Mutterunternehmen auf nationale, unionsbasierte oder internationale Rahmenwerke stützen kann; wenn es hiervon Gebrauch macht, hat das Mutterunternehmen anzugeben, auf welche Rahmenwerke es sich gestützt hat. (2)  Wenn ein Unternehmen die Pflicht nach Absatz 1 erfüllt, wird davon ausgegangen, dass es die Pflicht im Zusammenhang mit der Analyse nichtfinanzieller Informationen nach Artikel  19 Absatz  1 Unterabsatz  3 und Artikel  29 erfüllt hat.

(3) Ein Mutterunternehmen, das auch Tochterunternehmen ist, wird von der in Absatz 1 festgelegten Pflicht befreit, wenn dieses befreite Mutterunternehmen und seine Tochterunternehmen in den konsolidierten Lagebericht oder gesonderten Bericht eines anderen Unternehmens einbezogen werden und dieser konsolidierte Lagebericht oder gesonderte Bericht gemäß Artikel  29 und diesem Artikel erstellt wird. (4) Erstellt ein Mutterunternehmen für dasselbe Geschäftsjahr einen gesonderten Bericht, der sich auf die Gruppe in ihrer Gesamtheit bezieht, können die Mitgliedstaaten unabhängig davon, ob der Bericht sich auf nationale, unionsbasierte oder internationale Rahmenwerke stützt, und sofern der Bericht die in Absatz  1 vorgesehenen vorgeschriebenen Informationen der konsolidierten nichtfinanziellen Erklärung umfasst, dieses Mutterunternehmen von der gemäß Absatz  1 festgelegten Pflicht zur Abgabe der konsolidierten nichtfinanziellen Erklärung befreien, sofern dieser gesonderte Bericht a) zusammen mit dem konsolidierten Lagebericht gemäß Artikel  30 veröffentlicht wird oder b) innerhalb einer angemessenen Frist, die sechs Monate nach dem Bilanzstichtag nicht überschreiten darf, auf der Website des Mutterunternehmens öffentlich zugänglich gemacht wird und der konsolidierte Lagebericht darauf Bezug nimmt. Absatz 2 ist entsprechend auf Unternehmen anzuwenden, die einen gesonderten Bericht gemäß Unterabsatz  1 dieses Absatzes vorbereiten. (5) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft überprüft, ob die konsolidierte nichtfinanzielle Erklärung gemäß Absatz  1 oder der gesonderte Bericht gemäß Absatz  4 vorgelegt wurde. (6)  Die Mitgliedstaaten können vorschreiben, dass die in der konsolidierten nichtfinanziellen Erklärung gemäß Absatz 1 oder dem gesonderten Bericht gemäß Absatz 4 enthaltenen Informationen von einem unabhängigen Erbringer von Bestätigungsleistungen überprüft werden. KAPITEL 7 OFFENLEGUNG Artikel 30 Allgemeine Offenlegungspflicht (1)  Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Unternehmen innerhalb einer angemessenen Frist, die 12 Monate nach dem Bilanzstichtag nicht überschreiten darf, den ordnungsgemäß gebilligten Jahresabschluss und den Lagebericht sowie den Bericht des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft gemäß Artikel 34 dieser Richtlinie nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

Mitgliedstaaten gemäß Kapitel 2 der Richtlinie 2009/101/EG vorgesehenen Verfahren offenlegen.

(2) Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass mittlere Unternehmen Folgendes offenlegen:

Die Mitgliedstaaten können jedoch Unternehmen von der Pflicht zur Offenlegung eines Lageberichts freistellen, wenn es möglich ist, eine vollständige oder teilweise Ausfertigung dieses Berichts einfach auf Antrag zu einem Entgelt zu erhalten, das die Verwaltungskosten nicht übersteigt.

a) einer verkürzten Bilanz, welche nur die in den Anhängen III und IV vorgesehenen mit Buchstaben und römischen Zahlen bezeichneten Posten enthält, wobei entweder in der Bilanz oder im Anhang gesondert anzugeben sind:

(2) Die Mitgliedstaaten können ein in Anhang II genanntes Unternehmen, auf das die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Koordinierungsmaßnahmen aufgrund von Artikel 1 Absatz 1 Buch­ stabe b Anwendung finden, von der Pflicht zur Offenlegung seines Abschlusses gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG freistellen, sofern dieser Abschluss an seinem Sitz erhältlich ist und es sich um folgende Fälle handelt: a) Alle unbeschränkt haftenden Gesellschafter des betreffenden Unternehmens sind Unternehmen nach Anhang I, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaats als dem Mitgliedstaat des betroffenen Unternehmens unterliegen, und keines dieser Unternehmen hat den Abschluss des betreffenden Unternehmens mit seinem eigenen Abschluss veröffentlicht; b) alle unbeschränkt haftenden Gesellschafter des betreffenden Unternehmens sind Unternehmen, welche nicht dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen, deren Rechtsform jedoch den Rechtsformen im Sinne der Richtlinie 2009/101/EG vergleichbar ist. Ausfertigungen des Abschlusses müssen auf Antrag erhältlich sein. Das dafür berechnete Entgelt darf die Verwaltungskosten nicht übersteigen. (3) Absatz 1 gilt für konsolidierte Abschlüsse und konsolidierte Lageberichte. Sofern jedoch das Unternehmen, das den konsolidierten Abschluss aufstellt, in einer der in Anhang II genannten Rechtsformen organisiert ist und in Bezug auf die in Absatz 1 genannten Unterlagen nach dem Recht seines Mitgliedstaats nicht verpflichtet ist, diese in derselben Weise, wie in Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG vorgeschrieben, offenzulegen, muss es diese Unterlagen zumindest an seinem Sitz zur Einsichtnahme für jedermann bereithalten und auf Antrag Ausfertigungen der Unterlagen bereitstellen, wobei das dafür berechnete Entgelt die Verwaltungskosten nicht übersteigen darf. Artikel 31 Vereinfachungen für kleine und mittlere Unternehmen (1) Die Mitgliedstaaten können kleine Unternehmen von der Pflicht zur Offenlegung ihrer Gewinnund Verlustrechnung sowie ihrer Lageberichte ausnehmen.

i) die Posten C. I. 3, C. II. 1, 2, 3 und 4, C. III. 1, 2, 3 und 4, D. II. 2, 3 und 6 und D. III. 1 und 2 unter „Aktiva“ und C.1, 2, 6, 7 und 9 unter „Passiva“ des Anhangs III, ii) die Posten C. I. 3, C.II.1, 2, 3 und 4, C. III. 1, 2, 3 und 4, D. II. 2, 3 und 6, D. III. 1 und 2, F. 1, 2, 6, 7 und 9 sowie I. 1, 2, 6, 7 und 9 des Anhangs IV, iii) die bei den Posten D. II unter „Aktiva“ und C unter „Passiva“ des Anhangs III in Klammern verlangten Angaben, jedoch zusammengefasst für alle betreffenden Posten und gesondert für die Posten D. II. 2 und 3 unter „Aktiva“ sowie C. 1, 2, 6, 7 und 9 unter „Passiva“, iv) die bei dem Posten D. II des Anhangs IV in Klammern verlangten Angaben, jedoch zusammengefasst für alle betreffenden Posten und gesondert für die Posten D. II. 2 und 3; b) einem verkürzten Anhang zum Abschluss ohne die in Artikel 17 Absatz 1 Buchstaben f und j geforderten Angaben. Dieser Absatz berührt nicht die Bestimmungen des Artikels 30 Absatz 1 hinsichtlich der Gewinn- und Verlustrechnung, des Lageberichts sowie des Prüfungsurteils des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft. Artikel 32 Sonstige Offenlegungspflichten (1) Jede vollständige Veröffentlichung des Jahresabschlusses und des Lageberichts wird in der Form und mit dem Wortlaut wiedergegeben, auf deren Grundlage der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft sein bzw. ihr Prüfungsurteil erstellt hat. Der Bestätigungsvermerk wird im vollen Wortlaut beigefügt. (2) Bei nicht vollständiger Veröffentlichung des Jahresabschlusses wird in der verkürzten Fassung dieses Abschlusses, der kein Bestätigungsvermerk beigefügt wird, a) darauf hingewiesen, dass die offengelegte Fassung verkürzt ist; b) auf das Register Bezug genommen, bei dem der Abschluss nach Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG hinterlegt wurde, oder falls der Abschluss noch nicht hinterlegt ist, auf diesen Umstand hingewiesen;

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL c) angegeben, ob der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft einen uneingeschränkten oder einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt oder aber ein negatives Prüfungsurteil abgegeben hat oder ob der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft nicht in der Lage war, ein Prüfungsurteil abzugeben; d) angegeben, ob der Bestätigungsvermerk auf Umstände verweist, auf die der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft in besonderer Weise aufmerksam gemacht hat, ohne den Bestätigungsvermerk einzuschränken. Artikel 33 Pflicht und Haftung hinsichtlich der Aufstellung und der Offenlegung des Abschlusses und des Lageberichts (1)  Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane eines Unternehmens im Rahmen der ihnen durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften übertragenen Zuständigkeiten die gemeinsame Aufgabe haben, sicherzustellen, dass a) der Jahresabschluss, der Lagebericht, die Erklärung zur Unternehmensführung, wenn sie gesondert abgegeben wird, und der Bericht nach Artikel  19a Absatz  4 sowie b) der konsolidierte Abschluss, der konsolidierte Lagebericht, die konsolidierte Erklärung zur Unternehmensführung, wenn sie gesondert abgegeben wird, und der Bericht nach Artikel  29a Absatz 4 entsprechend den Anforderungen dieser Richtlinie und gegebenenfalls entsprechend den internationalen Rechnungslegungsstandards, die gemäß der Verordnung (EG) Nr.  1606/2002 angenommen wurden, erstellt und offengelegt werden. (2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Bestimmungen ihrer Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Haftung auf die Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane der Unternehmen Anwendung finden, zumindest was die Haftung gegenüber dem Unternehmen wegen Verletzung der in Absatz 1 genannten Pflichten betrifft. KAPITEL 8 ABSCHLUSSPRÜFUNG Artikel 34 Allgemeine Anforderungen (1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Abschlüsse von Unternehmen von öffentlichem Interesse, mittleren und großen Unternehmen von einem oder mehreren Abschlussprüfern oder einer oder mehreren Prüfungsgesellschaften geprüft

werden, die von den Mitgliedstaaten zur Durchführung von Abschlussprüfungen auf der Grundlage der Richtlinie 2006/43/EG zugelassen worden sind. Der/die Abschlussprüfer bzw. die gesellschaft(en) hat/haben ferner

Prüfungs­

a) ein Urteil darüber abzugeben, i) ob der Lagebericht mit dem Abschluss des betreffenden Geschäftsjahres in Einklang steht und ii) ob der Lagebericht nach den geltenden rechtlichen Anforderungen aufgestellt wurde und b) zu erklären, ob im Lichte der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse und des gewonnenen Verständnisses über das Unternehmen und sein Umfeld wesentliche fehlerhafte Angaben im Lagebericht festgestellt wurden, wobei auf die Art dieser fehlerhaften Angaben einzugehen ist. (2)  Absatz 1 Unterabsatz 1 findet sinngemäß auf konsolidierte Abschlüsse Anwendung. Absatz 1 Unterabsatz 2 findet sinngemäß auf konsolidierte Abschlüsse und konsolidierte Lageberichte Anwendung. (3)  Dieser Artikel gilt nicht für die nichtfinanzielle Erklärung gemäß Artikel 19a Absatz 1 und die konsolidierte nichtfinanzielle Erklärung gemäß Artikel  29a Absatz  1 oder die gesonderten Berichte gemäß Artikel  19a Absatz  4 und Artikel  29a Absatz  4. Artikel 35 Änderung der Richtlinie 2006/43/EG hinsichtlich des Bestätigungsvermerks Artikel 28 der Richtlinie 2006/43/EG erhält folgende Fassung: „Artikel 28 Bestätigungsvermerk (1)  Der Bestätigungsvermerk umfasst: a) eine Einleitung, die zumindest angibt, welcher Abschluss Gegenstand der gesetzlichen Abschlussprüfung ist und nach welchen Rechnungslegungsgrundsätzen er aufgestellt wurde; b) eine Beschreibung der Art und des Umfangs der gesetzlichen Abschlussprüfung, die zumindest Angaben über die Prüfungsgrundsätze enthält, nach denen die Prüfung durchgeführt wurde; c) ein Prüfungsurteil, das entweder als uneingeschränkter oder als eingeschränkter Bestätigungsvermerk oder als negatives Prüfungsurteil erteilt wird und zweifelsfrei Auskunft darüber gibt, ob nach Auffassung des Abschlussprüfers

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

i) der Jahresabschluss im Einklang mit den jeweils maßgebenden Rechnungslegungsgrundsätzen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt und

VORSCHRIFTEN ÜBER BEFREIUNGEN UND EINSCHRÄNKUNGEN DER BEFREIUNGEN

ii) gegebenenfalls, ob er den gesetzlichen Vorschriften entspricht.

Artikel 36

Ist der Abschlussprüfer nicht in der Lage, ein Prüfungsurteil abzugeben, wird dieses verweigert; d) einen Hinweis auf alle Umstände, auf die der Abschlussprüfer in besonderer Weise aufmerksam macht, ohne den Bestätigungsvermerk einzuschränken; e) das Urteil und die Erklärung nach Artikel 34 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates(18). (2) Der Bestätigungsvermerk ist vom Abschlussprüfer unter Angabe des Datums zu unterzeichnen. Wird eine Abschlussprüfung von einer Prüfungsgesellschaft durchgeführt, so wird der Bestätigungsvermerk zumindest von dem (den) Abschlussprüfer(n), welche(r) die Abschlussprüfung für die Prüfungsgesellschaft durchgeführt hat bzw. haben, unterzeichnet. Unter besonderen Umständen können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass diese Unterschrift(en) nicht öffentlich bekannt gemacht zu werden braucht bzw. brauchen, weil eine solche Offenlegung zu einer absehbaren und ernst zu nehmenden Gefahr für die persönliche Sicherheit einer Person führen würde. In jedem Fall müssen die jeweiligen zuständigen Behörden die Namen der beteiligten Personen kennen. (3) Der Bestätigungsvermerk zum konsolidierten Abschluss hat den Anforderungen der Ab­sätze 1 und 2 zu genügen. Bei der Beurteilung des Einklangs zwischen dem Lagebericht und dem Abschluss nach Absatz 1 Buchstabe e hat der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft den konsolidierten Abschluss und den konsolidierten Lagebericht zu berücksichtigen. Wird der Jahresabschluss des Mutterunternehmens dem konsolidierten Abschluss beigefügt, so können die nach diesem Artikel erforderlichen Bestätigungsver­ merke kombiniert werden.“

KAPITEL 9

Befreiung für Kleinstunternehmen (1) Die Mitgliedstaaten können Kleinstunternehmen von einer oder allen der nachstehend aufgeführten Pflichten befreien: a) Verpflichtung, die Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite und die Rechnungsabgrenzungsposten auf der Passivseite auszuweisen. Macht ein Mitgliedstaat von dieser Möglichkeit Gebrauch, so darf er den betreffenden Unternehmen gestatten, lediglich im Hinblick auf sonstige Aufwendungen gemäß Absatz 2 Buchstabe b Ziffer vi dieses Artikels von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe d hinsichtlich der Berücksichtigung von Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite und Rechnungsabgrenzungsposten auf der Passivseite abzuweichen, sofern dies im Anhang oder gemäß Buchstabe c des vorliegenden Absatzes unter der Bilanz ausgewiesen wird; b) Verpflichtung, einen Anhang zum Abschluss gemäß Artikel 16 zu erstellen, sofern die nach Artikel 16 Absatz 1 Buchstaben d und e der vorliegenden Richtlinie und Artikel 24 Absatz 2 der Richtlinie 2012/30/EU geforderten Angaben unter der Bilanz ausgewiesen werden; c) Verpflichtung, einen Lagebericht gemäß Kapitel 5 zu erstellen, sofern die nach Artikel 24 Absatz 2 der Richtlinie 2012/30/EU geforderten Angaben im Anhang oder gemäß Buchstabe c des vorliegenden Absatzes unter der Bilanz ausgewiesen werden; d) Verpflichtung, Jahresabschlüsse gemäß Kapitel 7 der vorliegenden Richtlinie offenzulegen, sofern die in der Bilanz enthaltenen Informationen im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bei mindestens einer von dem betreffenden Mitgliedstaat benannten zuständigen Behörde ordnungsgemäß hinterlegt werden. Handelt es sich bei der zuständigen Behörde nicht um das zentrale Register oder das Handels- oder Gesellschaftsregister nach Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2009/101/EG, so hat die zuständige Behörde die bei ihr hinterlegten Informationen dem Register zu übermitteln. (2) Die Mitgliedstaaten können Kleinstunternehmen gestatten,

(18) ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19.

a) nur eine verkürzte Bilanz aufzustellen, in der zumindest die in den Anhängen III oder IV mit Buchstaben bezeichneten Posten, soweit einschlägig, gesondert ausgewiesen werden. Bei Anwendung von Absatz 1 Buchstabe a werden die Posten D der „Aktiva“ und E der „Passiva“

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL in Anhang III bzw. die Posten E und K in Anhang IV aus der Bilanz ausgeklammert; b) nur eine verkürzte Gewinn- und Verlustrechnung zu erstellen, in der zumindest folgende Posten, soweit einschlägig, gesondert ausgewiesen werden: i) Nettoumsatzerlös, ii) sonstige Erträge, iii) Materialaufwand, iv) Personalaufwand, v) Wertberichtigungen, vi) sonstige Aufwendungen, vii) Steuern, viii) Ergebnis. (3)  Die Mitgliedstaaten dürfen die Anwendung von Artikel 8 auf Kleinstunternehmen, die Gebrauch von einer Befreiung nach den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels machen, weder gestatten noch vorschreiben. (4) Bei Kleinstunternehmen wird davon ausgegangen, dass der gemäß den Absätzen 1, 2 und 3 dieses Artikels erstellte Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild gemäß Artikel 4 Absatz 3 vermittelt; infolgedessen findet Artikel 4 Absatz 4 auf derartige Jahresabschlüsse keine Anwendung. (5) Findet Absatz 1 Buchstabe a dieses Artikels Anwendung, so setzt sich die in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a bezeichnete Bilanzsumme aus dem Wert der Posten A bis D unter „Aktiva“ in Anhang III oder der Posten A bis D in Anhang IV zusammen. (6) Unbeschadet dieses Artikels stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Kleinstunternehmen im Übrigen als kleine Unternehmen angesehen werden. (7) Die Mitgliedstaaten gewähren die in den Absätzen 1, 2 und 3 dargelegten Ausnahmen weder Investmentgesellschaften noch Beteiligungsgesellschaften. (8) Die Mitgliedstaaten, die zum 19 Juli 2013 Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Einklang mit der Richtlinie 2012/6/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG des Rates über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich Kleinstbetrieben(19) in Kraft gesetzt haben, können bei der Anwendung von Artikel 53 Absatz 1 Satz 1 von den Anforderungen nach Artikel 3 Absatz 9 hinsichtlich der Umrechnung der Höchstbeträge nach Artikel 3 Absatz 1 a in die nationale Währung ausgenommen werden.

( ) ABl. L 81 vom 21.3.2012; S. 3. 19

(9)  Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschuss spätestens bis 20 Juli 2018 einen Bericht über die Lage der Kleinstunternehmen vor und berücksichtigt dabei vor allem die Lage auf nationaler Ebene im Hinblick auf die Anzahl der Unternehmen, die unter die Größenkriterien fallen, und die Verringerung des Verwaltungsaufwands infolge der Befreiung von der Offenlegungspflicht. Artikel 37 Befreiung für Tochterunternehmen Ungeachtet der Richtlinien 2009/101/EG und 2012/30/EU brauchen die Mitgliedstaaten die Bestimmungen der vorliegenden Richtlinie über den Inhalt, die Prüfung und die Offenlegung des Jahresabschlusses sowie den Lagebericht nicht auf Unternehmen anwenden, die ihrem Recht unterliegen und Tochterunternehmen sind, sofern fol­ gende Voraussetzungen erfüllt sind: (1)  das Mutterunternehmen unterliegt dem Recht eines Mitgliedstaats; (2) alle Aktionäre oder Gesellschafter des Tochterunternehmens haben sich in Bezug auf jedes Geschäftsjahr, in dem die Befreiung Anwendung findet, mit der bezeichneten Befreiung einverstanden erklärt; (3)  das Mutterunternehmen hat sich bereit erklärt, für die von dem Tochterunternehmen eingegangenen Verpflichtungen einzustehen; (4) die Erklärungen nach den Nummern 2 und 3 dieses Artikels sind nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten vorgesehenen Verfahren gemäß Kapitel 2 der Richtlinie 2009/101/EWG offenzulegen; (5) das Tochterunternehmen ist in den von dem Mutterunternehmen nach dieser Richtlinie aufgestellten konsolidierten Abschluss einbezogen; (6) die Befreiung wird im Anhang des vom Mutterunternehmen aufgestellten konsolidierten Abschlusses angegeben, und (7) der konsolidierte Abschluss nach Nummer 5 dieses Artikels, der konsolidierte Lagebericht sowie der Bestätigungsvermerk sind für das Tochterunternehmen nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten vorgesehenen Verfahren gemäß Kapitel 2 der Richtlinie 2009/101/ EG offenzulegen. Artikel 38 Unternehmen, die unbeschränkt haftende Gesellschafter anderer Unternehmen sind (1)  Die Mitgliedstaaten können von in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a genannten Unternehmen, die

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

unter ihr Recht fallen und unbeschränkt haftende Gesellschafter eines in Artikel 1 Absatz 1 Buch­ stabe b genannten Unternehmens („betreffendes Unternehmen“) sind, verlangen, den Abschluss des betreffenden Unternehmens zusammen mit dem eigenen Abschluss gemäß dieser Richtlinie aufzustellen, zu prüfen und offenzulegen; in diesem Fall gelten die Anforderungen dieser Richtlinie nicht für das betreffende Unternehmen. (2)  Die Mitgliedstaaten brauchen die Bestimmungen dieser Richtlinie nicht auf das betreffende Unternehmen anzuwenden, sofern a) der Abschluss des betreffenden Unternehmens gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie von einem Unternehmen aufgestellt, geprüft und offengelegt wird, das i) unbeschränkt haftender Gesellschafter des betreffenden Unternehmens ist und ii) dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegt; b) das betreffende Unternehmen in einen konsolidierten Abschluss einbezogen ist, der im Einklang mit dieser Richtlinie aufgestellt, geprüft und offengelegt wird von i) einem unbeschränkt haftenden Gesellschafter oder ii) einem Mutterunternehmen, das dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegt, sofern das betreffende Unternehmen in den konsolidierten Abschluss einer größeren Gesamtheit von Unternehmen einbezogen ist, der im Einklang mit dieser Richtlinie aufgestellt, geprüft und offengelegt wird. Die Befreiung wird im Anhang zum konsolidierten Abschluss angegeben. (3)  In den in Absatz 2 genannten Fällen nennt das betreffende Unternehmen auf Anfrage den Namen des den Abschluss offenlegenden Unternehmens. Artikel 39 Befreiung von der Gewinn- und Verlust­ rechnung für Mutterunternehmen, die einen konsolidierten Abschluss aufstellen Die Mitgliedstaaten brauchen die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Prüfung und Offenlegung der Gewinn- und Verlustrechnung nicht auf Unternehmen anzuwenden, die ihrem Recht unterliegen und Mutterunternehmen sind, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind: 1.  Das Mutterunternehmen stellt einen konsolidierten Abschluss gemäß dieser Richtlinie auf und ist in den konsolidierten Abschluss einbezogen; 2.  die Befreiung wird im Anhang des vom Mutterunternehmen aufgestellten Jahresabschlusses angegeben;

3.  die Befreiung wird im Anhang des vom Mutterunternehmen aufgestellten konsolidierten Abschlusses angegeben, und 4.  das gemäß dieser Richtlinie ermittelte Ergebnis des Geschäftsjahres des Mutterunternehmens wird seiner Bilanz ausgewiesen. Artikel 40 Einschränkung der Befreiungen für Unternehmen von öffentlichem Interesse Sofern in dieser Richtlinie nicht ausdrücklich vorgesehen, gewähren die Mitgliedstaaten Unternehmen von öffentlichem Interesse keine der Vereinfachungen und Befreiungen im Sinne dieser Richtlinie. Ein Unternehmen von öffentlichem Interesse wird unabhängig von seinen Nettoumsatzerlösen, seiner Bilanzsumme oder der durchschnittlichen Zahl der der während des Geschäftsjahrs Beschäftigten als großes Unternehmen behandelt. KAPITEL 10 BERICHT ÜBER ZAHLUNGEN AN STAATLICHE STELLEN Artikel 41 Begriffsbestimmungen in Bezug auf die Berichterstattung über Zahlungen an staatliche Stellen Im Sinne dieses Kapitels bezeichnet der Ausdruck 1.  „Unternehmen der mineralgewinnenden Industrie“ ein Unternehmen, das auf dem Gebiet der Exploration, Prospektion, Entdeckung, Weiterentwicklung und Gewinnung von Mineralien, Erdöl-, Erdgasvorkommen oder anderen Stoffen in den Wirtschaftszweigen tätig ist, die in Abschnitt B Abteilungen 05 bis 08 von Anhang I der Verordnung (EG) Nr.  1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Aufstellung der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige NACE Revision 2(20) aufgeführt sind; 2.  „Unternehmen des Holzeinschlags in Primärwäldern“ ein Unternehmen, das auf den Zweigen, die in Abschnitt A Abteilung 02 Gruppe 02.2 von Anhang I der Verordnung (EG) Nr.  1893/2006 aufgeführt sind, in Primärwäldern tätig ist; 3.  „staatliche Stelle“ nationale, regionale oder lokale Behörden eines Mitgliedstaats oder eines Drittlands. Dazu zählen auch von dieser Behörde kontrollierte Abteilungen oder Agenturen bzw. von ihr kontrollierte Unternehmen im Sinne von Artikel 22 Absätze 1 bis 6 dieser Richtlinie;

(20) ABl. L 393 vom 30.12.2006, S. 1.

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL 4.  „Projekt“ die operativen Tätigkeiten, die sich nach einem einzigen Vertrag, einer Lizenz, einem Mietvertrag, einer Konzession oder ähnlichen rechtlichen Vereinbarungen richten und die Grundlage für Zahlungsverpflichtungen gegenüber einer staatlichen Stelle bilden. Falls allerdings mehrere solche Vereinbarungen materiell miteinander verbunden sind, werden diese als ein Projekt betrachtet. 5.  „Zahlung“ einen als Geld- oder Sachleistung entrichteten Betrag für folgende Arten von Tätigkeiten im Sinne der Nummern 1 und 2: a) Produktionszahlungsansprüche, b) Steuern, die auf die Erträge, die Produktion oder die Gewinne von Unternehmen erhoben werden, ausschließlich Steuern, die auf den Verbrauch erhoben werden, wie etwa Mehrwertsteuern, Einkommensteuern oder Umsatzsteuern, c) Nutzungsentgelte, d) Dividenden, e) Unterzeichnungs-, Entdeckungs- und Produktionsboni, f) Lizenz-, Miet- und Zugangsgebühren sowie sonstige Gegenleistungen für Lizenzen und/ oder Konzessionen und g) Zahlungen für die Verbesserung der Infrastruktur. Artikel 42 Unternehmen, die über Zahlungen an staatliche Stellen zu berichten haben (1) Die Mitgliedstaaten schreiben großen Unternehmen und allen Unternehmen von öffentlichem Interesse, die in der mineralgewinnenden Industrie oder auf dem Gebiet des Holzeinschlags in Primärwäldern tätig sind, vor, jährlich einen Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen zu erstellen und zu veröffentlichen. (2)  Diese Pflicht gilt nicht für ein unter die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats fallendes Unternehmen, das ein Tochter- oder Mutterunternehmen ist, sofern beide nachfolgend genannten Bedingungen erfüllt sind: a) Das Mutterunternehmen unterliegt dem Recht eines Mitgliedstaats, und b) die Zahlungen des Unternehmens an staatliche Stellen sind im konsolidierten Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen enthalten, der von dem Mutterunternehmen gemäß Artikel 44 erstellt wird.

Artikel 43 Inhalt des Berichts (1)  Zahlungen müssen unabhängig davon, ob sie als eine Einmalzahlung oder als eine Reihe verbundener Zahlungen geleistet werden, nicht in dem Bericht berücksichtigt werden, wenn sie im Geschäftsjahrs unter 100 000 EUR liegen. (2) In dem Bericht werden im Zusammenhang mit den Tätigkeiten im Sinne des Artikels 41 Nummern 1 und 2 folgende Angaben zum betreffenden Geschäftsjahr gemacht: a) der Gesamtbetrag der Zahlungen, die an jede staatliche Stelle geleistet wurden; b) der Gesamtbetrag je Art der an jede staatliche Stelle geleisteten Zahlung gemäß Artikel 41 Nummer 5 Buchstaben a bis g; c) wenn diese Zahlungen für ein bestimmtes Projekt getätigt wurden, der Gesamtbetrag je Art der Zahlung gemäß Artikel 41 Nummer 5 Buchstaben a bis g, für jedes Projekt, und der Gesamtbetrag der Zahlungen für jedes Projekt. Zahlungen des Unternehmens zur Erfüllung von Verpflichtungen, die auf Ebene des Unternehmens auferlegt werden, können auf Ebene des Unternehmens statt auf Projektebene angegeben werden. (3)  Werden Zahlungen an eine staatliche Stelle in Sachleistungen getätigt, so werden sie ihrem Wert und gegebenenfalls ihrem Umfang nach gemeldet. Ergänzende Erläuterungen sind beizufügen, um darzulegen, wie ihr Wert festgelegt worden ist. (4) Bei der Angabe der Zahlungen gemäß diesem Artikel wird auf den Inhalt der betreffenden Zahlung oder Tätigkeit, und nicht auf deren Form, Bezug genommen. Zahlungen und Tätigkeiten dürfen nicht künstlich mit dem Ziel aufgeteilt oder zusammengefasst werden, die Anwendung dieser Richtlinie zu umgehen. (5) Für die Mitgliedstaaten, die den Euro nicht eingeführt haben, wird der in Absatz 1 festgelegte Euro-Höchstbetrag in die Landeswährung umgerechnet, indem a) der Umrechnungskurs angewendet wird, der gemäß der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union  am Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie gilt, die diesen Höchstbetrag festsetzt, sowie b) auf die nächste Hunderterstelle auf- oder abgerundet wird. Artikel 44 Konsolidierter Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen (1) Die Mitgliedstaaten schreiben großen Unternehmen und Unternehmen von öffentlichem

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

Interesse, die in der mineralgewinnenden Industrie oder auf dem Gebiet des Holzeinschlags in Primärwäldern tätig sind und unter ihre jeweiligen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften fallen, vor, einen konsolidierten Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen gemäß den Artikeln 42 und 43 zu erstellen, wenn das Mutterunternehmen einen konsolidierten Abschluss nach Artikel 22 Absätze 1 bis 6 zu erstellen hat. Ein Mutterunternehmen wird als in der mineralgewinnenden Industrie oder auf dem Gebiet des Holzeinschlags in Primärwäldern tätig angesehen, wenn eines seiner Tochterunternehmen in der mineralgewinnenden Industrie oder auf dem Gebiet des Holzeinschlags in Primärwäldern tätig ist. Der konsolidierte Bericht erstreckt sich nur auf Zahlungen, die sich aus der Geschäftstätigkeit in der mineralgewinnenden Industrie oder auf dem Gebiet des Holzeinschlags in Primärwäldern ergeben. (2)  Die Pflicht zur Erstellung eines konsolidierten Berichts gemäß Absatz 1 gilt nicht für: a) ein Mutterunternehmen einer kleinen Gruppe im Sinne von Artikel 3 Absatz 5, es sei denn, ein verbundenes Unternehmen ist ein Unternehmen von öffentlichem Interesse; b) ein Mutterunternehmen einer mittleren Gruppe im Sinne von Artikel 3 Absatz 6, es sei denn, ein verbundenes Unternehmen ist ein Unternehmen von öffentlichem Interesse, und c) ein den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegendes Mutterunternehmen, das zugleich ein Tochterunternehmen ist, wenn das eigene Mutterunternehmen dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegt. (3) Ein Unternehmen, einschließlich eines Unternehmen von öffentlichem Interesse, braucht nicht in einen konsolidierten Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen einbezogen werden, wenn zumindest eine der nachfolgend genannten Bedingungen erfüllt ist: a) Erhebliche und andauernde Beschränkungen behindern das Mutterunternehmen nachhaltig an der Ausübung seiner Rechte in Bezug auf Vermögen oder Geschäftsführung dieses Unternehmens; b) es liegt der äußerst seltene Fall vor, dass die für die Aufstellung eines konsolidierten Berichts über Zahlungen an staatliche Stellen nach dieser Richtlinie erforderlichen Angaben nicht ohne unverhältnismäßig hohe Kosten oder ungebührliche Verzögerungen zu erhalten sind; c) die Anteile oder Aktien dieses Unternehmens werden ausschließlich zum Zwecke ihrer Weiterveräußerung gehalten. Die vorgenannten Ausnahmen gelten nur, wenn sie für die Zwecke des konsolidierten Abschlusses angewandt werden.

Artikel 45 Offenlegung (1) Der in Artikel 42 genannte Bericht sowie der konsolidierte Bericht im Sinne von Artikel 44 über Zahlungen an staatliche Stellen werden gemäß den Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaats im Sinne von Kapitel 2 der Richtlinie 2009/101/EG offengelegt. (2)  Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Mitglieder der zuständigen Organe eines Unternehmens im Rahmen der ihnen durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften übertragenen Zuständigkeiten die Verantwortung haben, zu gewährleisten, dass der Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen nach ihrem bestem Wissen und Vermögen entsprechend den Anforderungen dieser Richtlinie erstellt und offengelegt wird. Artikel 46 Gleichwertigkeitsmechanismus (1) Unternehmen nach den Artikeln 42 und 44, die einen Bericht erstellen und offenlegen, der die Berichtspflichten eines Drittlands erfüllt, die gemäß Artikel 47 als mit den Anforderungen dieses Kapitels gleichwertig bewertet wurden, sind von den Anforderungen dieses Kapitels ausgenommen; hiervon ausgenommen ist die Pflicht zur Offenlegung dieses Berichts gemäß den Rechtsvorschriften des jeweiligen Mitgliedstaats im Einklang mit Kapitel 2 der Richtlinie 2009/101/EG. (2)  Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 49 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die Kriterien festzulegen, die bei der Bewertung der Gleichwertigkeit der Berichtspflichten eines Drittlands und der Anforderungen dieses Kapitels für die Zwecke des Absatzes 1 dieses Artikels anzuwenden sind. (3)  Die von der Kommission gemäß Absatz 2 festgelegten Kriterien a) beinhalten Folgendes: i) zu erfassendes Unternehmen, ii) zu erfassende Empfänger von Zahlungen, iii) erfasste Zahlungen, iv) Bestimmung der erfassten Zahlungen, v) Aufschlüsselung der erfassten Zahlungen, vi) Auslöser für eine Berichterstattung auf konsolidierter Basis, vii) Medium der Berichterstattung, viii) Häufigkeit der Berichterstattung und ix) Maßnahmen zur Bekämpfung der Umgehung b) und sind ansonsten auf Kriterien beschränkt, die einen direkten Vergleich der Berichtspflichten

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL eines Drittlands mit den Anforderungen dieses Kapitels erleichtern. Artikel 47 Anwendung von Gleichwertigkeitskriterien Der Kommission wird die Befugnis übertragen, Durchführungsrechtsakte zu erlassen, um die Berichtspflichten eines Drittlands festzulegen, die sie nach Anwendung der gemäß Artikel 46 festgelegten Gleichwertigkeitskriterien als den Anforderungen dieses Kapitels gleichwertig erachtet. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem Prüfverfahren gemäß Artikel 50 Absatz 2 erlassen. Artikel 48 Überprüfung Die Kommission überprüft die Anwendung und Wirksamkeit dieses Kapitels, insbesondere im Hinblick auf den Anwendungsbereich und die Einhaltung der jeweiligen Berichtspflichten sowie der Modalitäten des Berichtsverfahrens auf Projektbasis, und erstattet darüber Bericht. Die Überprüfung trägt internationalen Entwicklungen Rechnung, insbesondere hinsichtlich mehr Transparenz bei Zahlungen an staatliche Stellen, beurteilt die Auswirkungen anderer internationaler Regelungen und berücksichtigt die Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit der Energieversorgung. Die Überprüfung wird spätestens zum 21. Juli 2018 abgeschlossen. Der Bericht wird dem Europäische Parlament und dem Rat, gegebenenfalls zusammen mit einem Gesetzgebungsvorschlag, vorgelegt. Dieser Bericht geht auf die Frage einer Ausdehnung der Berichtspflichten auf zusätzliche Wirtschaftszweige ein sowie auf die Frage, ob der Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen einer Abschlussprüfung unterzogen werden sollte. Der Bericht geht auch auf die Frage der Angabe zusätzlicher Informationen zur durchschnittlichen Zahl der Beschäftigten, zur Einschaltung von Unterauftragnehmern und auf etwaige von einem Land angeordnete Geldbußen ein. In dem Bericht wird unter Berücksichtigung der Entwicklungen in der OECD und der Ergebnisse entsprechender europäischer Initiativen auch die Möglichkeit der Einführung einer Pflicht geprüft, nach der große Unternehmen jährlich einen länderspezifischen Bericht für jeden Mitgliedstaat und jeden Drittstaat, in dem sie tätig sind, mit Angaben mindestens zu den erzielten Gewinnen, den entrichteten Steuern auf die Gewinne und den erhaltenen staatlichen Beihilfen erstellen müssten. Außerdem wird im Bericht untersucht, ob es machbar ist, eine Verpflichtung für alle Emittenten aus der Union einzuführen, wonach beim Abbau von

Mineralien mit der gebotenen Sorgfalt vorzugehen ist, um sicherzustellen, dass die Lieferketten keine Verbindung zu Konfliktparteien haben und die EITI- und OECD-Empfehlungen über verantwortliches Lieferkettenmanagement einhalten. KAPITEL 11 SCHLUSSBESTIMMUNGEN Artikel 49 Ausübung der Befugnisübertragung (1) Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechts­ akte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen. (2) Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechts­ akte gemäß Artikel 1 Absatz 2, Artikel 3 Absatz 13 und Artikel 46 Absatz 2 wird der Kommission auf unbestimmte Zeit ab dem in Artikel 54 genannten Zeitpunkt übertragen. (3)  Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 1 Absatz 2, Artikel 3 Absatz 13 und Artikel 46 Absatz 2 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im  Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt. (4) Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat. (5) Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 1 Absatz 2, Artikel 3 Absatz 13 oder Artikel 46 Absatz 2 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rats wird diese Frist um zwei Monate verlängert. Artikel 50 Ausschussverfahren (1) Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011. (2)  Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL Artikel 51 Sanktionen

Die Mitgliedstaaten legen Sanktionen für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften fest und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Sanktionen durchgesetzt werden. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Artikel 52 Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG

Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die Bestimmungen nach Unterabsatz 1 erstmals auf Abschlüsse für die Geschäftsjahre angewandt werden, die am 1. Januar 2016 oder während des Kalenderjahres 2016 beginnen. Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme. (2)  Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen. Artikel 54

Die Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG werden aufgehoben. Bezugnahmen auf die aufgehobenen Richtlinien gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang VII zu lesen.

Inkrafttreten Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union  in Kraft. Artikel 55

Artikel 53

Adressaten

Umsetzung (1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 20. Juli 2015 nachzukommen. Sie unterrichten die Kommission unverzüglich darüber.

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

ANHANG I RECHTSFORMEN VON UNTERNEHMEN GEMÄSS ARTIKEL 1 ABSATZ 1 BUCHSTABE A

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Belgien:

la société anonyme/de naamloze vennootschap, la société en commandite par actions/de commanditaire vennootschap op aandelen, la société privée à responsabilité limitée/de besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid, la société coopérative à responsabilité limitée/de coöperatieve vennootschap met beperkte aansprakelijkheid; Bulgarien:

акционерно дружество, дружество с ограничена отговорност, командитно дружество с акции; Tschechische Republik:

společnost s ručením omezeným, akciová společnost;

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Dänemark:

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Deutschland:

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Estland:

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Irland:

aktieselskaber, kommanditaktieselskaber, anpartsselskaber; die Aktiengesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung; aktsiaselts, osaühing; public companies limited by shares or by guarantee, private companies limited by shares or by guarantee;

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL ––

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Griechenland:

η ανώνυμη εταιρία, η εταιρία περιορισμένης ευθύνης, η ετερόρρυθμη κατά μετοχές εταιρία; Spanien:

la sociedad anónima, la sociedad comanditaria por acciones, la sociedad de responsabilidad limitada;

dioničko društvo, društvo s ograničenom odgovornošću; Italien:

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Zypern:

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Niederlande:

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Österreich:

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Polen:

in Kroatien

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soċjeta in akkomandita bil-kapital maqsum f‘azzjonijiet –partnership en commandite with the capital divided into shares;

Frankreich:

la société anonyme, la société en commandite par actions, la société à responsabilité limitée, la société par actions simplifiée;

la società per azioni, la società in accomandita per azioni, la società a responsabilità limitata; Δημόσιες εταιρείες περιορισμένης ευθύνης με μετοχές ή με εγγύηση, ιδιωτικές εταιρείες περιορισμένης ευθύνης με μετοχές ή με εγγύηση;

Litauen:

akcinės bendrovės, bendrovės;

uždarosios

akcinės

Ungarn:

részvénytársaság, korlátolt felelősségű társaság; Malta:

kumpanija pubblika –public limited liability company, kumpannija privata –private limited liability company,

die Aktiengesellschaft, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung; spółka akcyjna, spółka z ograniczoną odpowiedzialnością, spółka komandytowoakcyjna; Portugal:

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Rumänien:

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Slowenien:

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Slowakei:

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Finnland:

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Schweden:

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Vereinigtes Königreich:

Luxemburg:

la société anonyme, la société en commandite par actions, la société à responsabilité limitée;

de naamloze vennootschap, de besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid;

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Lettland:

akciju sabiedrība, sabiedrība ar ierobežotu atbildību;

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a sociedade anónima, de responsabilidade limitada, a sociedade em comandita por ações, a sociedade por quotas de responsabilidade limitada; societate pe acțiuni, societate cu răspundere limitată, societate în comandită pe acțiuni. delniška družba, družba z omejeno odgovornostjo, komanditna delniška družba; akciová spoločnosť, spoločnosť s ručením obmedzeným; yksityinen osakeyhtiö/privat aktiebolag, julkinen osakeyhtiö/publikt aktiebolag; aktiebolag;

public companies limited by shares or by guarantee, private companies limited by shares or by guarantee

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL ANHANG II RECHTSFORMEN VON UNTERNEHMEN GEMÄSS ARTIKEL 1 ABSATZ 1 BUCHSTABE B

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Belgien:

la société en nom collectif/de vennootschap onder firma, la société en commandite simple/ de gewone commanditaire vennootschap, la société coopérative à responsabilité illimitée/ de coöperatieve vennootschap met onbeperkte aansprakelijkheid; Bulgarien:

събирателно дружество;

дружество,

Tschechische Republik:

veřejná obchodní společnost;

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Dänemark:

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Deutschland:

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Estland:

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Irland:

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Griechenland:

společnost,

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Luxemburg:

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Ungarn:

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Malta:

командитно

komanditní

interessentskaber, kommanditselskaber; die offene Handelsgesellschaft, die Kommanditgesellschaft; täisühing, usaldusühing; partnerships, limited partnerships, unlimited companies; η ομόρρυθμος εταιρία, η ετερόρρυθμος εταιρία;

la société en nom collectif, la société en commandite simple; közkereseti társaság, betéti társaság, közös vállalat, egyesülés, egyéni cég; soċjeta f’isem kollettiv jew soċjeta in akkomandita, bil-kapital li mhux maqsum f’azzjonijiet meta s-soċji kollha li għandhom responsabbilita’ llimitata huma soċjetajiet in akkomandita bil-kapital maqsum f’azzjonijiet – partnership en nom collectif or partnership en commandite with capital that is not divided into shares, when all the partners with unlimited liability are partnership en commandite with the capital divided into shares;

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Niederlande:

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Österreich:

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Polen:

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Portugal:

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Rumänien:

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Slowenien:

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Slowakei:

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Finnland:

de vennootschap onder firma, de commanditaire vennootschap; die offene Gesellschaft, die Kommanditgesellschaft; spółka jawna, spółka komandytowa; sociedade em nome colectivo, sociedade em comandita simples;

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Spanien:

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Frankreich:

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in Kroatien:

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Italien:

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Zypern:

Ομόρρυθμες και ετερόρρυθμες εταιρείες (συνεταιρισμοί);

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Schweden:

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Lettland:

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Vereinigtes Königreich:

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Litauen:

sociedad colectiva, sociedad en comandita simple; la société en nom collectif, la société en commandite simple; javno trgovačko društvo, komanditno društvo, gospodarsko interesno udruženje; la società in nome collettivo, la società in accomandita semplice;

pilnsabiedrība, komanditsabiedrība; tikrosios ūkinės ūkinės bendrijos;

bendrijos,

komanditinės

societate în nume colectiv, societate în comandită simplă; družba z neomejeno odgovornostjo, komanditna družba; verejná obchodná spoločnosť, komanditná spoločnosť; avoin yhtiö/ öppet bolag, kommandiittiyhtiö/ kommanditbolag; handelsbolag, kommanditbolag; partnerships, limited partnerships, unlimited companies.

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL ANHANG III HORIZONTALE GLIEDERUNG DER BILANZ NACH ARTIKEL 10

Aktiva A.  Ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital davon eingefordert (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis des eingeforderten Kapitals auf der Passivseite unter „Eigenkapital“ vorsehen; in diesem Fall wird derjenige Teil des Kapitals, der eingefordert, aber noch nicht eingezahlt ist, entweder unter dem Posten A oder unter dem Posten D. II. 5 auf der Aktivseite ausgewiesen). B.  Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens wie in den entsprechenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegt und soweit diese eine Aktivierung gestatten. Die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften können ebenfalls vorsehen, dass die Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens als erster Posten unter „Immaterielle Anlagewerte“ ausgewiesen werden. C. Anlagevermögen I.  Immaterielle Anlagewerte 1.  Entwicklungskosten, soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Aktivierung gestatten. 2.  Konzessionen, Patente, Lizenzen, Warenzeichen und ähnliche Rechte und Werte, soweit sie a) entgeltlich erworben wurden und nicht unter dem Posten C. I. 3 auszuweisen sind oder b) von dem Unternehmen selbst geschaffen wurden, soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Aktivierung gestatten. 3.  Geschäfts- oder Firmenwert, sofern er entgeltlich erworben wurde. 4.  Geleistete Anzahlungen. II. Sachanlagen 1.  Grundstücke und Bauten.

4.  Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 5.  Wertpapiere des Anlagevermögens. 6.  Sonstige Ausleihungen. D. Umlaufvermögen I. Vorräte 1.  Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe. 2.  Unfertige Erzeugnisse. 3.  Fertige Erzeugnisse und Waren. 4.  Geleistete Anzahlungen. II. Forderungen (Bei den folgenden Posten ist jeweils gesondert anzugeben, in welcher Höhe Forderungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr enthalten sind.) 1.  Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. 2.  Forderungen gegen verbundene Unternehmen. 3.  Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 4.  Sonstige Forderungen. 5.  Gezeichnetes Kapital, das eingefordert, aber noch nicht eingezahlt ist (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis des eingeforderten Kapitals unter dem Posten A auf der Aktivseite vorsehen). 6.  Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten E auf der Aktivseite vorsehen). III. Wertpapiere 1.  Anteile an verbundenen Unternehmen. 2.  Eigene Aktien oder Anteile (unter Angabe ihres Nennbetrages oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, ihres rechnerischen Wertes), soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Bilanzierung gestatten.

2.  Technische Anlagen und Maschinen.

3.  Sonstige Wertpapiere.

3.  Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung.

IV.  Guthaben bei Kreditinstituten, Postscheckguthaben, Schecks und Kassenbestand.

4.  Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau. III. Finanzanlagen 1.  Anteile an verbundenen Unternehmen. 2.  Forderungen gegen verbundene Unternehmen. 3.  Beteiligungen.

E. Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter den Posten D. II. 6 auf der Aktivseite vorsehen).

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§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL Passiva

C. Verbindlichkeiten

A. Eigenkapital

(Bei den folgenden Posten wird jeweils gesondert und für diese Posten insgesamt angegeben, in welcher Höhe Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr und Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr enthalten sind.)

I.  Gezeichnetes Kapital (sofern nicht einzelstaatliche Rechtsvorschriften den Ausweis des eingeforderten Kapitals unter diesem Posten vorsehen; in diesem Fall werden das gezeichnete und das eingezahlte Kapital gesondert ausgewiesen). II. Agio

1.  Anleihen, davon konvertibel. 2.  Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten. 3.  Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen, soweit diese nicht vom Posten „Vorräte“ gesondert abgesetzt werden.

III. Neubewertungsrücklage IV. Rücklagen 1.  Gesetzliche Rücklage, soweit einzelstaatliche Rechtsvorschriften die Bildung einer derartigen Rücklage vorschreiben. 2.  Rücklage für eigene Aktien oder Anteile, soweit einzelstaatliche Rechtsvorschriften die Bildung einer derartigen Rücklage vorschreiben, unbeschadet des Artikels 22 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 77/91/EWG. 3.  Satzungsmäßige Rücklagen. 4.  Sonstige Rücklagen, einschließlich der Zeitwert-Rücklage. V. Ergebnisvortrag. VI.  Ergebnis des Geschäftsjahres. B. Rückstellungen 1.  Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen. 2.  Steuerrückstellungen. 3.  Sonstige Rückstellungen.

4.  Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. 5.  Verbindlichkeiten aus Wechseln. 6.  Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen. 7.  Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 8.  Sonstige Verbindlichkeiten, einschließlich Verbindlichkeiten gegenüber Steuerbehörden und Sozialversicherungsträgern. 9.  Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten D unter „Rechnungsabgrenzungsposten“ auf der Passivseite vorsehen). D. Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten C. 9 unter „Verbindlichkeiten“ auf der Passivseite vorsehen).

ANHANG IV VERTIKALE GLIEDERUNG DER BILANZ NACH ARTIKEL 10

A.  Ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital davon eingefordert (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis des eingeforderten Kapitals unter dem Posten L vorsehen; in diesem Fall wird derjenige Teil des Kapitals, der eingefordert, aber noch nicht eingezahlt ist, entweder unter dem Posten A oder unter dem Posten D. II. 5 ausgewiesen.) B.  Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens wie in den entsprechenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegt und soweit diese eine Aktivierung gestatten. Die einzelstaatlichen

Rechtsvorschriften können ebenfalls vorsehen, dass die Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens als erster Posten unter „Immaterielle Anlagewerte“ ausgewiesen werden. C. Anlagevermögen I.  Immaterielle Anlagewerte 1.  Entwicklungskosten, soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Aktivierung gestatten. 2.  Konzessionen, Patente, Lizenzen, Warenzeichen und ähnliche Rechte und Werte, soweit sie a) entgeltlich erworben wurden und nicht unter dem Posten C.I.3 auszuweisen sind oder

881

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL b) von dem Unternehmen selbst geschaffen wurden, soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Aktivierung gestatten. 3.  Geschäfts- oder Firmenwert, sofern er entgeltlich erworben wurde. 4.  Geleistete Anzahlungen. II. Sachanlagen 1.  Grundstücke und Bauten. 2.  Technische Anlagen und Maschinen. 3.  Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung. 4.  Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau. III. Finanzanlagen 1.  Anteile an verbundenen Unternehmen. 2.  Forderungen gegen verbundene Unternehmen. 3.  Beteiligungen. 4.  Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 5.  Wertpapiere des Anlagevermögens. 6.  Sonstige Ausleihungen. D. Umlaufvermögen I. Vorräte 1.  Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe. 2.  Unfertige Erzeugnisse. 3.  Fertige Erzeugnisse und Waren. 4.  Geleistete Anzahlungen. II. Forderungen (Bei den folgenden Posten ist jeweils gesondert anzugeben, in welcher Höhe Forderungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr enthalten sind) 1.  Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. 2.  Forderungen gegen verbundene Unternehmen. 3.  Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 4.  Sonstige Forderungen. 5.  Gezeichnetes Kapital, das eingefordert, aber noch nicht eingezahlt ist (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis des eingeforderten Kapitals als Aktiva unter dem Posten A vorsehen). 6.  Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten als Aktiva unter dem Posten E vorsehen). III. Wertpapiere 1.  Anteile an verbundenen Unternehmen.

2.  Eigene Aktien oder Anteile (unter Angabe ihres Nennbetrages oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, ihres rechnerischen Wertes), soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Bilanzierung gestatten. 3.  Sonstige Wertpapiere. IV.  Guthaben bei Kreditinstituten, Postscheckguthaben, Schecks und Kassenbestand. E. Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten D. II. 6 vorsehen.) F.  Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr 1.  Anleihen, davon konvertibel. 2.  Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten. 3.  Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen, soweit diese nicht von dem Posten „Vorräte“ gesondert abgesetzt werden. 4.  Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. 5.  Verbindlichkeiten aus Wechseln. 6.  Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen. 7.  Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 8.  Sonstige Verbindlichkeiten, davon Verbindlichkeiten gegenüber Steuerbehörden und Sozialversicherungsträgern. 9.  Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten K vorsehen). G. Umlaufvermögen (einschließlich der Rechnungsabgrenzungsposten, sofern unter Posten E angegeben und einschließlich der Rechnungsabgrenzungsposten, sofern unter Posten K angegeben). H.  Gesamtbetrag des Vermögens nach Abzug der Verbindlichkeiten I.  Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr. 1.  Anleihen, davon konvertibel. 2.  Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten. 3.  Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen, soweit sie nicht von den Vorräten gesondert abgezogen werden. 4.  Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. 5.  Verbindlichkeiten aus Wechseln. 6.  Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen.

882

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

7.  Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 8.  Sonstige Verbindlichkeiten, davon Verbindlichkeiten gegenüber Steuerbehörden und Sozialversicherungsträgern. 9.  Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten K vorsehen). J. Rückstellungen 1.  Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen. 2.  Steuerrückstellungen. 3.  Sonstige Rückstellungen.

diesem Posten vorsehen; in diesem Fall müssen das gezeichnete und das eingezahlte Kapital gesondert ausgewiesen werden.) II. Agio III. Neubewertungsrücklage IV. Rücklagen 1.  Gesetzliche Rücklage, soweit einzelstaatliche Rechtsvorschriften die Bildung einer derartigen Rücklage vorschreiben. 2.  Rücklage für eigene Aktien oder Anteile, soweit einzelstaatliche Rechtsvorschriften die Bildung einer derartigen Rücklage vorschreiben, unbeschadet des Artikels 24 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2012/30/EU. 3.  Satzungsmäßige Rücklagen.

K. Rechnungsabgrenzungsposten (Sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten F. 9 oder I. 9 oder beiden vorsehen.)

4.  Sonstige Rücklagen, einschließlich der Zeitwert-Rücklage.

L. Eigenkapital

VI.  Ergebnis des Geschäftsjahres

V. Ergebnisvortrag

I.  Gezeichnetes Kapital (Sofern nicht einzelstaatliche Rechtsvorschriften den Ausweis des eingeforderten Kapitals unter

ANHANG V GLIEDERUNG DER GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG – NACH EIGENART DER AUFWENDUNG, NACH ARTIKEL 13

1.  Nettoumsatzerlöse. 2.  Veränderung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen. 3.  Andere aktivierte Eigenleistungen. 4.  Sonstige betriebliche Erträge. 5.  a) Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe. b) Sonstige externe Aufwendungen. 6.  Personalaufwand: a) Löhne und Gehälter. b) Soziale Aufwendungen, davon für Altersversorgung. 7.  a) Wertberichtigungen zu Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens und zu Sachanlagen und immateriellen Anlagewerten. b) Wertberichtigungen von Gegenständen des Umlaufvermögens, soweit diese die in den Un-

ternehmen üblichen Wertberichtigungen überschreiten. 8.  Sonstige betriebliche Aufwendungen. 9.  Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen. 10.  Erträge aus sonstigen Wertpapieren und Forderungen des Anlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen. 11.  Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen. 12.  Wertberichtigungen zu Finanzanlagen und zu Wertpapieren des Umlaufvermögens. 13.  Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen. 14.  Steuern auf das Ergebnis. 15.  Ergebnis nach Steuern. 16.  Sonstige Steuern, soweit nicht unter den Posten 1–15 enthalten. 17.  Ergebnis des Geschäftsjahres.

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

883

ANHANG VI GLIEDERUNG DER GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG – NACH FUNKTION DER AUFWENDUNG, NACH ARTIKEL 13

1.  Nettoumsatzerlöse. 2.  Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen (einschließlich der Wertberichtigungen). 3.  Bruttoergebnis vom Umsatz. 4.  Vertriebskosten (einschließlich der Wertberichtigungen). 5.  Allgemeine Verwaltungskosten (einschließlich der Wertberichtigungen). 6.  Sonstige betriebliche Erträge. 7.  Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen.

9.  Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen. 10.  Wertberichtigungen von Finanzanlagen und Wertpapieren des Umlaufvermögens. 11.  Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen. 12.  Steuern auf das Ergebnis. 13.  Ergebnis nach Steuern. 14.  Sonstige Steuern, soweit nicht unter den Posten 1–13 enthalten. 15.  Ergebnis des Geschäftsjahres.

8.  Erträge aus sonstigen Wertpapieren und Forderungen des Anlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen.

ANHANG VII ENTSPRECHUNGSTABELLE

Richtlinie 78/660/EWG

Richtlinie 83/349/EWG

Vorliegende Richtlinie

Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 1 einleitende Worte



Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 1 erster bis siebenundzwanzigster Gedankenstrich



Anhang I

Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 2



Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstaben a bis aa



Anhang II

Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 3





Artikel 1 Absatz 2





Artikel 2 Absatz 1



Artikel 4 Absatz 1

Artikel 2 Absatz 2



Artikel 4 Absatz 2

Artikel 2 Absatz 3



Artikel 4 Absatz 3

Artikel 2 Absatz 4



Artikel 4 Absatz 3

Artikel 2 Absatz 5



Artikel 4 Absatz 4

Artikel 2 Absatz 6



Artikel 4 Absatz 5

Artikel 3



Artikel 9 Absatz 1

884

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

Richtlinie 78/660/EWG

Richtlinie 83/349/EWG

Vorliegende Richtlinie

Artikel 4 Absatz 1



Artikel 9 Absatz 2

Artikel 4 Absatz 2



Artikel 9 Absatz 3

Artikel 4 Absatz 3



Artikel 9 Absatz 3

Artikel 4 Absatz 4



Artikel 9 Absatz 5

Artikel 4 Absatz 5





Artikel 4 Absatz 6



Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h und Artikel 6 Absatz 3

Artikel 5 Absatz 1





Artikel 5 Absatz 2



Artikel 2 Nummer 14

Artikel 5 Absatz 3

 

Artikel 2 Nummer 15

Artikel 6

 

Artikel 9 Absatz 6

Artikel 7



Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe g

Artikel 8



Artikel 10

Artikel 9 Buchstabe A



Anhang III Posten A

Artikel 9 Buchstabe B



Anhang III Posten B-

Artikel 9 Buchstabe C



Anhang III Posten C

Artikel 9 Buchstabe D



Anhang III Posten D

Artikel 9 Buchstabe E



Anhang III Posten E

Artikel 9 Buchstabe F





Passiva



Passiva

Artikel 9 Buchstabe A

Anhang III Posten A

Artikel 9 Buchstabe B



Anhang III Posten B

Artikel 9 Buchstabe C



Anhang III Posten C

Artikel 9 Buchstabe D



Anhang III Posten D

Artikel 9 Buchstabe E





Artikel 10



Anhang IV

Artikel 10a



Artikel 11

Artikel 11 Unterabsatz 1



Artikel 3 Absatz 2 und Artikel 14 Absatz 1

Artikel 11 Unterabsatz 2





Artikel 11 Unterabsatz 3



Artikel 3 Absatz 9 Unterabsatz 1

Artikel 12 Absatz 1



Artikel 3 Absatz 10

Artikel 12 Absatz 2



Artikel 3 Absatz 9 Unterabsatz 2

Artikel 12 Absatz 3



Artikel 3 Absatz 11

Artikel 13 Absatz 1



Artikel 12 Absatz 1

Artikel 13 Absatz 2



Artikel 12 Absatz 2

Artikel 14



Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe d

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL Richtlinie 78/660/EWG

Richtlinie 83/349/EWG

Vorliegende Richtlinie

Artikel 15 Absatz 1



Artikel 12 Absatz 3

Artikel 15 Absatz 2



Artikel 2 Nummer 4

Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe a



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe b





Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe c



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i

Artikel 15 Absatz 4





Artikel 16



Artikel 12 Absatz 4

Artikel 17



Artikel 2 Absatz 2

Artikel 18





Artikel 19

 

Artikel 2 Absatz 8

Artikel 20 Absatz 1



Artikel 12 Absatz 12 Unterabsatz 1

Artikel 20 Absatz 2



Artikel 12 Absatz 12 Unterabsatz 2

Artikel 20 Absatz 3



Artikel 12 Absatz 12 Unterabsatz 3

Artikel 21





Artikel 22 Unterabsatz 1



Artikel 13 Absatz 1

Artikel 22 Unterabsatz 2



Artikel 13 Absatz 2

Artikel 23 Ziffern 1 bis 15



Anhang V Ziffern 1 bis 15

Artikel 23 Ziffern 16 bis 19





Artikel 23 Ziffern 20 und 21



Anhang V Ziffern 16 und 17

Artikel 24





Artikel 25 Ziffern 1 bis 13



Anhang VI Ziffern 1 bis 13

Artikel 25 Ziffern 14 bis 17





Artikel 25 Ziffern 18 und 19



Anhang VI Ziffern 14 und 15

Artikel 26





Artikel 27 Unterabsatz 1 einleitende Worte



Artikel 3 Absatz 3

Artikel 27 Unterabsatz 1 Buchstaben a und c



Artikel 14 Absatz 2 Buchstaben a und b

Artikel 27 Unterabsatz 1 Buchstaben b und d





Artikel 27 Unterabsatz 2



Artikel 3 Absatz 9 Unterabsatz 1

Artikel 28



Artikel 2 Nummer 5

Artikel 29





Artikel 30





Artikel 31 Absatz 1



Artikel 6 Absatz 1 einleitende Worte und Buchstaben a bis f

Artikel 31 Absatz 1a



Artikel 6 Absatz 5

885

886

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

Richtlinie 78/660/EWG

Richtlinie 83/349/EWG

Vorliegende Richtlinie

Artikel 31 Absatz 2



Artikel 4 Absatz 4

Artikel 32



Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe i

Artikel 33 Absatz 1 einleitende Worte —

Artikel 7 Absatz 1

Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a und b und zweiter und dritter Unterabsatz





Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe c



Artikel 7 Absatz 1

Artikel 33 Absatz 2 Buchstabe a Unterabsatz 1 und Artikel 33 Absatz 2 Buchstaben b, c und d



Artikel 7 Absatz 2

Artikel 33 Absatz 2 Buchstabe a Unterabsatz 2



Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 33 Absatz 3



Artikel 7 Absatz 3

Artikel 33 Absatz 4



Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii

Artikel 33 Absatz 5





Artikel 34



Artikel 12 Absatz 11 Unterabsatz 4

Artikel 35 Absatz 1 Buchstabe a



Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe i

Artikel 35 Absatz 1 Buchstaben b



Artikel 12 Absatz 5

Artikel 35 Absatz 1 Buchstabe c

 

Artikel 12 Absatz 6

Artikel 35 Absatz 1 Buchstabe d

 

Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 35 Absatz 2



Artikel 2 Nummer 6

Artikel 35 Absatz 3



Artikel 2 Nummer 7

Artikel 35 Absatz 4



Artikel 12 Absatz 8 und Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer vi

Artikel 36





Artikel 37 Absatz 1



Artikel 12 Absatz 11 Unterabsätze 1, 3 und 5

Artikel 37 Absatz 2



Artikel 12 Absatz 11 Unterabsätze 1 und 2

Artikel 38





Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe a



Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe i

Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe b



Artikel 2 Absatz 7 Unterabsatz 1

Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe c





Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe d



Artikel 12 Absatz 7 Unterabsatz 2

Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe e



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 39 Absatz 2



Artikel 2 Nummer 6

Artikel 40 Absatz 1



Artikel 12 Absatz 9

Artikel 40 Absatz 2





Artikel 41



Artikel 12 Absatz 10

Artikel 42 Absatz 1



Artikel 12 Absatz 12 Unterabsatz 3

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL Richtlinie 78/660/EWG

Richtlinie 83/349/EWG

Vorliegende Richtlinie

Artikel 42 Absatz 2





Artikel 42a Absatz 1



Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 42a Absatz 2



Artikel 8 Absatz 2

Artikel 42a Absatz 3



Artikel 8 Absatz 3

Artikel 42a Absatz 4



Artikel 8 Absatz 4

Artikel 42a Absatz 5



Artikel 8 Absatz 5

Artikel 42a Absatz 5a



Artikel 8 Absatz 6

Artikel 42b



Artikel 8 Absatz 7

Artikel 42c



Artikel 8 Absatz 8

Artikel 42d



Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe c

Artikel 42e



Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 42f



Artikel 8 Absatz 9

Artikel 43 Absatz 1 einleitende Worte



Artikel 16 Absatz 1 einleitende Worte

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 1



Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 2 Unterabsatz 1



Artikel 17 Buchstabe g Unterabsatz 1

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 2 Unterabsatz 2



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe k

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 3



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe h

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 4



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe i

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 5



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe j

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 6



Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe g

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 7



Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 7a



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe p

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 7b



Artikel 2 Absatz 3 und Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe r

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 8



Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 9



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe f

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 10





Artikel 43 Absatz 1 Nummer 11



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe f

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 12



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe d Unterabsatz 1

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 13



Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 14 Buchstabe a



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 14 Buchstabe b



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer ii

887

888

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

Richtlinie 78/660/EWG

Richtlinie 83/349/EWG

Vorliegende Richtlinie

Artikel 43 Absatz 1 Nummer 15



Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 18 Absatz 3

Artikel 43 Absatz 2





Artikel 43 Absatz 3



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe d Unterabsatz 2

Artikel 44





Artikel 45 Absatz 1



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe g Unterabsatz 2 und Artikel 28 Absatz 3

Artikel 45 Absatz 2



Artikel 18 Absatz 2

Artikel 46



Artikel 19

Artikel 46a



Artikel 20

Artikel 47 Absätze 1 und 1a



Artikel 30 (1) und (2)

Artikel 47 Absatz 2



Artikel 31 Absatz 1

Artikel 47 Absatz 3



Artikel 31 Absatz 2

Artikel 48



Artikel 32 Absatz 1

Artikel 49



Artikel 32 Absatz 2

Artikel 50



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe o

Artikel 50a





Artikel 50b



Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 50c



Artikel 33 Absatz 2

Artikel 51 Absatz 1



Artikel 34 Absatz 1

Artikel 51 Absatz 2





Artikel 51 Absatz 3





Artikel 51a



Artikel 35

Artikel 52





Artikel 53 Absatz 2



Artikel 3 Absatz 13

Artikel 53a



Artikel 40

Artikel 55





Artikel 56 Absatz 1





Artikel 56 Absatz 2



Artikel 17 Absatz 1 Buchstaben l, m und n

Artikel 57



Artikel 37

Artikel 57a



Artikel 38

Artikel 58



Artikel 39

Artikel 59 Absatz 1



Artikel 9 Absatz 7 Buchstabe a

Artikel 59 Absätze 2 bis 6 Buchstabe a



Artikel 9 Absatz 7 Buchstabe a und Artikel 27

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

889

Richtlinie 78/660/EWG

Richtlinie 83/349/EWG

Vorliegende Richtlinie

Artikel 59 Absatz 6 Buchstaben b und c



Artikel 9 Absatz 7 Buchstaben b und c

Artikel 59(7) und (8)



Artikel 9 Absatz 7 Buchstabe a und Artikel 27

Artikel 59 Absatz 9





Artikel 60





Artikel 60a



Artikel 51

Artikel 61



Artikel 17 Absatz 2

Artikel 61a





Artikel 62



Artikel 55



Artikel 1 Absatz 1

Artikel 22 Absatz 1



Artikel 1 Absatz 2

Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe f



Artikel 1 Absatz 2

Artikel 22 Absatz 2



Artikel 2 Absätze 1, 2 und 3

Artikel 23 Absätze 3, 4 und 5



Artikel 3 Absatz 1

Artikel 22 Absatz 6



Artikel 3 Absatz 2

Artikel 2 Nummer 10



Artikel 4 Absatz 1

Artikel 21



Artikel 4 Absatz 2





Artikel 5





Artikel 6 Absatz 1

Artikel 23 Absatz 2



Artikel 6 Absatz 2

Artikel 3 Absatz 8



Artikel 6 (3)

Artikel 3 Absatz 9 Unterabsatz 2 Artikel 3 Absätze 10 und 11



Artikel 6 Absatz 4

Artikel 23 Absatz 2



Artikel 7 Absatz 1

Artikel 23 Absatz 3



Artikel 7 Absatz 2

Artikel 23 Absatz 4

 

Artikel 7 Absatz 3

Artikel 23 Absatz 3 einleitende Worte



Artikel 8

Artikel 23 Absatz 5



Artikel 9 Absatz 1

Artikel 23 Absatz 6



Artikel 9 Absatz 2





Artikel 10

Artikel 23 Absatz 7



Artikel 11

Artikel 23 Absatz 8



Artikel 12 Absatz 1

Artikel 22 Absatz 7



Artikel 12 Absatz 2

Artikel 22 Absatz 8

 

Artikel 12 Absatz 3

Artikel 22 Absatz 9

 

Artikel 13 Absätze 1 und 2

Artikel 2, Nummer 16 und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe j

890

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

Richtlinie 78/660/EWG

Richtlinie 83/349/EWG

Vorliegende Richtlinie

 

Artikel 13 Buchstabe 2a

Artikel 23 Absatz 10



Artikel 13 Absatz 3

Artikel 23 Absatz 9



Artikel 15





Artikel 16

Artikel 4



Artikel 17 Absatz 1

Artikel 24 Absatz 1



Artikel 17 Absatz 2





Artikel 18

Artikel 24 Absatz 2



Artikel 19

Artikel 24 Absatz 3 Buchstaben a bis e



Artikel 20





Artikel 21

Artikel 24 Absatz 4



Artikel 22

Artikel 24 Absatz 5



Artikel 23

Artikel 24 Absatz 6



Artikel 24





Artikel 25 Absatz 1

Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b



Artikel 25 Absatz 2

Artikel 4 Absatz 4



Artikel 26 Absatz 1

Artikel 24 Absatz 7



Artikel 26 Absatz 1





Artikel 26 Absatz 2



 

Artikel 26 Absatz 3

Artikel 6 Absatz Buchstabe j



Artikel 27

Artikel 24 Absatz 8



Artikel 28

Artikel 24 Absatz 9



Artikel 29 Absatz 1

Artikel 24 Absatz 10



Artikel 29 Absatz 2

Artikel 24 Absatz 11



Artikel 29 Absatz 3

Artikel 24 Absatz 12



Artikel 29 Absatz 4

Artikel 24 Absatz 13



Artikel 29 Absatz 5

Artikel 24 Absatz 14



Artikel 30 Absatz 1

Artikel 24 Absatz 3 Buchstabe c

 

Artikel 30 Absatz 2

 



Artikel 31

Artikel 24 Absatz 3 Buchstabe f



Artikel 32 Absätze 1 und 2

Artikel 26

 

Artikel 32 Absatz 3





Artikel 33

Artikel 27

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

891

Richtlinie 78/660/EWG

Richtlinie 83/349/EWG

Vorliegende Richtlinie



Artikel 34 einleitende Worte und Artikel 34 Absatz 1 einleitender Satz

Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 28 Absatz 1



Artikel 34 Absatz 1 Satz 2





Artikel 34 Absatz 2

Artikel 28 Absatz 2 Buchstabe a



Artikel 34 Absatz 3 Buchstabe a

Artikel 28 Absatz 2 Buchstabe b



Artikel 34 Absatz 3 Buchstabe b





Artikel 34 Absatz 4

Artikel 28 Absatz 2 Buchstabe c



Artikel 34 Absatz 5

Artikel 28 Absatz 2 Buchstabe d



Artikel 34 Absatz 6

Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe g und Artikel 28 Absatz 1



Artikel 34 Absatz 7

Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe d und Artikel 28 Absatz 1



Artikel 34 Absatz 7a Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe p



Artikel 34 Absatz 7b Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe r



Artikel 34 Absatz 8

Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a



Artikel 34 Absatz 9 Buchstabe a

Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe e



Artikel 34 Absatz 9 Buchstabe b

Artikel 28 Absatz 1 Buchstabe b



Artikel 34 Absatz 10 —



Artikel 34 Absatz 11 Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe f und Artikel 28 Absatz 1

 

Artikel 24 Absätze 12 und 13



Artikel 34 Absatz 14 Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe c und Artikel 28 Absatz 1



Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe c

Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe c und Artikel 28 Absatz 1



Artikel 34 Absatz 16

Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 28 Absatz 1



Artikel 35 Absatz 1

Artikel 28 Absatz 3



Artikel 35 Absatz 2





Artikel 36 Absatz 1

Artikel 19 Absatz 1 und Artikel 29 Absatz 1



Artikel 36 Absatz 2 Buchstabe a

 

 

Artikel 36 Absatz 2 Artikel 19 Absatz 2 Buchstaben b und c Buchstaben b und c

Artikel Buchstabe c

892

§ 23 Anhang EU-Bilanz-RL

Richtlinie 78/660/EWG

Richtlinie 83/349/EWG

Vorliegende Richtlinie



Artikel 36 Absatz 2 Buchstabe d

Artikel 29 Absatz 2 Buchstabe a



Artikel 36 Absatz 2 Buchstabe e

Artikel 19 Absatz 2 Buchstabe e und Artikel 29 Absatz 1



Artikel 36 Absatz 2 Buchstabe f

Artikel 29 Absatz 2 Buchstabe b



Artikel 36 Absatz 3

Artikel 29 Absatz 3



Artikel 36a

Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe b



Artikel 36b

Artikel 33 Absatz 2



Artikel 37 Absatz 1

Artikel 34 Absätze 1 und 2



Artikel 37 Absatz 2

Artikel 35



Artikel 37 Absatz 4

Artikel 35



Artikel 38 Absatz 1

Artikel 30 Absatz 1 Unterabsatz 1 und Artikel 30 Absatz 3 Unterabsatz 1



Artikel 38 Absatz 2

Artikel 30 Absatz 1 Unterabsatz 2



Artikel 38 Absatz 3





Artikel 38 Absatz 4

Artikel 30 Absatz 3 Unterabsatz 2



Artikel 38 Absätze 5 und 6



 

Artikel 38 Absatz 7

Artikel 40



Artikel 38a





Artikel 39





Artikel 40





Artikel 41 Absatz 1

Artikel 2 Nummer 12



Artikel 41 Absatz 1a Artikel 2 Nummer 3



Artikel 41 Absätze 2 bis 5





Artikel 42





Artikel 43





Artikel 44





Artikel 45





Artikel 46





Artikel 47





Artikel 48

Artikel 51



Artikel 49





Artikel 50





Artikel 50a





Artikel 51

Artikel 55

§ 24 IFRS-VO

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§ 24 IFRS-VO VO (EG) Nr. 1606/2002 des EP und des Rates v. 19.7.2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, ABlEG v. 11.9.2002, L 243/1 Literatur: Ballwieser, Wolfgang, IFRS für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen?, IRZ 2006, 23; Beiersdorf, Kati/Davies, Annette, IASB-Standard for Small and Medium-Sized entities: keine unmittelbare Rechtswirkung in Europa, BB 2006, 987; Böcking, Hans-Joachim, IAS für Konzern- und Einzelabschluss?, WPg 2001, 1433; Buchheim, Regine/Gröner, Susanne/Kühne, Mareike, Übernahme von IAS/IFRS in Europa: Ablauf und Wirkung des Komitologieverfahrens auf die Rechnungslegung, BB 2004, 1783; Brüggemann, Ulf/Hitz, Jörg-Markus/Sellhorn, Thorsten, Ökonomische Konsequenzen der verpflichtenden IFRS-Einführung in der EU, DB 2015, 1789 u. 1849; Busse von Colbe, Walther, Vorschlag der EG-Kommission zur Anpassung der Bilanzrichtlinien an die IAS – Abschied von der Harmonisierung?, BB 2002, 1530; Busse von Colbe, Walther/Ordelheide, Dieter/Gebhardt, Günther/Pellens, Bernhard, Konzernabschlüsse, 9. Aufl. 2010; Dewing, Ian/Russel, Peter O., Financial Integration in the EU: the First Phase of EU Endorsement of International Accounting Standards, (2008) 46 JCMS 243; Eierle, Brigitte/Haller, Axel/Beiersdorf, Kati, IFRS for SMEs – eine „attraktive“ Alternative für nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen in Deutschland?, DB 2011, 1589; Ekkenga, Jens, Neuordnung des Europäischen Bilanzrechts für börsennotierte Unternehmen: Bedenken gegen die Strategie der EG-Kommission, BB 2001, 2362; Ernst, Christoph, Bilanzrecht: quo vadis? – Die kommende Reform des europäischen Bilanzrechts und die möglichen Auswirkungen auf die deutsche Rechnungslegung −, WPg 2001, 1440; ders., EU-Verordnungsentwurf zur Anwendung von IAS: Europäisches Bilanzrecht vor weitreichenden Änderungen, BB 2001, 823; Göthel, Stephan R., Europäisches Bilanzrecht im Umbruch, DB 2001, 2057; Haag, Maximilian, Chancen und Grenzen einer Vereinheitlichung der Rechnungslegung für nichtkapitalmarktorientierte Unternehmen in der EU, DStR 2010, 2320; Heintges, Sebastian, Entwicklung der Rechnungslegung nach internationalen Vorschriften – Konsequenzen für deutsche Unternehmen, DB 2006, 1569; Heintzen, Markus, EU-Verordnungsentwurf zur Anwendung von IAS: Kein Verstoß gegen Unionsverfassungsrecht, BB 2001, 825; Hennrichs, Joachim, Stand und Perspektiven des Europäischen Bilanzrechts, GmbHR 2011, 1065; Hommelhoff, Peter/Sokol, Susanne, Internationales Bilanzrecht für den Mittelstand, in: Teichmann, Chris­ toph (Hrsg.), Europa und der Mittelstand, 2010, S. 129; Inwinkl, Petra/Schüle, Bettina, Internationale Rechnungslegungsstandards im Wandel der EU-Rechtssetzungsverfahren, RIW 2006, 807; Kirsch, Hans-Jürgen, Zur Frage der Umsetzung der Mitgliedstaatenwahlrechte der EU-Verordnung zur Anwendung der IAS/IFRS, WPg 2003, 275; Kirsch, Hans-Jürgen/Wirth, Jörn, Rechnungslegung und Prüfungspraxis der DAX-100-Unternehmen – Bestandsaufnahme und Auswirkungen der EU-Verordnung zur Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards −, WPg 2002, 1217; Kleindiek, Detlef, IFRS für KMU und die Gestaltungsaufgaben im europäischen Bilanzrecht, GmbHR 2010, 1333; Knorr, Liesel/Buchheim, Regine/Schmidt, Martin, Konzernrechnungslegungspflicht und Konsolidierungskreis – Wechselwirkungen und Folgen für die Verpflichtung zur Anwendung der IFRS, BB 2005, 2399; Köhler, Annette G., IFRS-Standardentwurf für den Mittelstand - Ausgangssituation in Europa und Entwicklungsperspektiven, Beil. zu BB 19/2007, 2; Korth, Michael/Kschammer, Matthias, Untersuchung der EU-Kommission zur Anwendung des IFRS for SMEs, DStR 2010, 1687; Kußmaul, Heinz/ Henkes, Jörg, IFRS für den Mittelstand: Anwender- und Adressatenkreis im Kontext der neues­ten Entwicklungen beim SME-Projekt des IASB, BB 2006, 2235; Küting, Karlheinz/Ranker, Daniel, Tendenzen zur Auslegung der endorsed IFRS als sekundäres Gemeinschaftsrecht, BB 2004, 2510; Lanfermann, Georg, Auswirkungen des geänderten IFRS-Endorsement-Prozesses auf die Unternehmen, BB 2008, 826; ders., IFRS Reloaded. Europa kalibriert sein Verhältnis zur internationalen Standardsetzung neu, WPg 2016, 22; Luttermann, Claus, Europäisches

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Bilanzrecht für mittelständische Gesellschaften: IFRS (for SMEs) als Reformkonzept?, RIW 2010, 417; ders., International Accounting Standards in der Europäischen Union, ZIP 2000, 1318; Niehus, Rudolf J., „Auch für Einzelabschlüsse gelten grundsätzlich die IAS“? – Ein Betrag zu den (möglichen) Grenzen einer „Internationalisierung“ der Rechnungslegung im Einzelabschluss −, WPg 2001, 737; ders., EU-Rechnungslegungsstrategie und Gläubigerschutz, WPg 2001, 1209; Oestreicher, Andreas/Sprengel, Christoph, Anwendung von IAS in der EU – Zukunft des Maßgeblichkeitsprinzips und Steuerbelastung, RIW 2001, 889; Oversberg, Thomas, Übernahme der IFRS in Europa: Der Endorsement-Prozess – Status quo und Aussicht, DB 2007, 1597; Pellens, Bernhard/Fülbier, Rolf Uwe/Gassen, Joachim/Sellhorn, Thors­ ten, Internationale Rechnungslegung, 10. Aufl. 2017; Pellens, Bernhard/Gassen, Joachim, EU-Verordnungsentwurf zur IAS-Konzernrechnungslegung – Gestaltungsmöglichkeiten des deutschen Gesetzgebers −, KoR 2001, 137; Schmid, Karin, Befreiender IFRS-Einzelabschluss – die Zeit ist reif!, DB 2017, 377; Schruff, Wienand, Stand und Perspektiven des Europäischen Bilanzrechts, ZEW 184 (2011) 1; Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja, Das europäische Harmonisierungsprogramm zur Rechnungslegung: Endorsement und Enforcement von IFRS, Beil. zu BB 17/2006, 14. Rechtsprechung: Europäische Gerichte: EuG v. 14.7.2006, Endesa ./. Kommission, T-417/05, ECLI:EU:T:2008:570 EuG v. 18.3.2009, Shanghai Excell M&E Enterprise Co. Ltd u. Shanghai Adeptech Precision Co. Ltd ./. Rat, T-299/05, ECLI:EU:T:2009:72

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I.  Genese und Ratio 1.  Historie, Grundgedanken und Inhalt im Überblick

24.1 Als große europäische Unternehmen insbesondere ab Anfang der 1990er Jahre zunehmend an die internationalen – und insbesondere auch die US-amerikanischen − Kapitalmärkte strebten, wurde ein grundlegendes Dilemma offenbar: Von echter Konvergenz in Bezug auf die Rechnungslegungsstandards war man sowohl innerhalb der EU als auch international meilenweit entfernt. Die EG-Bilanz-Richtlinien hatten aufgrund der zahlreichen Wahlrechte und des unterschiedlichen Niveaus im Hinblick auf die Durchsetzung der Rechnungslegungsvorschriften keine substantielle Rechtsangleichung und damit keine Vergleichbarkeit der Abschlüsse innerhalb Europas herbeigeführt.1 Große europäische Unternehmen, die Kapital auf internationalen Kapitalmärkten aufnehmen wollten, waren überdies gezwungen, zusätzlich Jahresabschlüsse nach internationalen Regeln (vornehmlich US-GAAP und IAS) aufzustellen.2 Andererseits zögerten große Investoren (insbesondere aus den USA und dem UK) an kontinentaleuropäischen Kapitalmärkten zu investieren, weil ihnen die europäische konsolidierte Rechnungslegung fremd war und blieb. Die Kommission versuchte zunächst, die Problematik durch ein größeres Enga24.2 gement der EU im internationalen Normsetzungsprozess zu lösen und auf interna1  Vgl. KOM(2000) 359, S. 5; Habersack/Verse § 9 Rn. 57. 2  Vgl. KOM(95) 508, S. 2, 5; Habersack/Verse § 9 Rn. 57.

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tionaler Ebene um Verständnis für die europäische Rechnungslegung zu werben.3 Nachdem diese Strategie sich jedoch als wenig erfolgreich erwiesen hatte, warf die Kommission im Jahr 2000 das Ruder herum: Sie warb auf der Ratstagung in Lissabon am 23./24.3.2000 dafür, europäische kapitalmarktorientierte Unternehmen künftig zu verpflichten, ihre Abschlüsse nach internationalen Standards (IAS/IFRS) zu erstellen. Dies machte sie dann auch zum Gegenstand ihrer Mitteilung v. 13.6.2000 betreffend die Rechnungslegungsstrategie der EU.4 Im Februar 2001 folgte dann der Vorschlag für eine entsprechende Verordnung.5 24.3 Nach Stellungnahmen von EWSA6 und EP7 wurde die IFRS-VO am 19.2.2002 verabschiedet.8 Durch Beschluss v. 14.3.2003 wurde ihr Anwendungsbereich auf den EWRRaum ausgedehnt.9 Gegenstand der IFRS-VO ist ausweislich Art. 1 die Übernahme und Anwendung 24.4 der internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) mit dem Ziel, die von kapitalmarktorientierten Unternehmen vorgelegten Finanzinformationen zu harmonisieren, um einen hohen Grad an Transparenz und Vergleichbarkeit der Abschlüsse und damit eine effiziente Funktionsweise des Kapitalmarkts in der EU sicherzustellen. 2.  Änderungen und Evaluierungen Die Änderungen durch die VO (EG) 297/200810 betrafen lediglich die Durchfüh- 24.5 rungsbefugnisse der Kommission. In ihrem ersten Bericht vom April 2008 zur Anwendung der IFRS-VO resümierte 24.6 die Kommission, dass das erste Jahr der obligatorischen Anwendung der IFRS trotz

  3  Vgl. KOM(95) 508, S. 2, 7 ff.  4 KOM(2000) 359.   5  Vorschlag für eine VO des EP und des Rates betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsgrundsätze, KOM(2001) 80. Dazu Böcking WPg 2001, 1433 ff.; Ekkenga BB 2001, 2362 ff.; Ernst WPg 2001, 1440 ff.; Euler BB 2002, 875 ff.; Göthel DB 2001, 2057 ff.; Heintzen BB 2001, 825 ff.; IDW WPg 2001, 983 ff.; Lüdenbach/Hoffmann DStR 2002, 231 ff.; Niehus WPg 2001, 737, 738 ff.; ders. WPg 2001, 1209 ff.; Oestreicher/Sprengel RIW 2001, 889 ff.; Pellens/Gassen KoR 2001, 137 ff.   6  ABlEG v. 17.9.2001, C 260/86.   7  ABlEU v. 27.2.2003, C 47 E/62.   8  VO (EG) Nr. 1606/2002 des EP und des Rates v. 19.7.2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, ABlEG v. 11.9.2002, L 243/1. Dazu Busse von Colbe BB 2002, 1530 f.; Kirsch WPg 2003, 275 ff.; Schulze-Osterloh ZIP 2003, 93 ff.; Zabel WPg 2002, 919 ff.; speziell zu den Auswirkungen auf die DAX-100-Unternehmen: Kirsch/Wirth WPg 2002, 1217 ff.   9  Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 37/2003 v. 14.3.2003 zur Änderung des Anhangs XXII (Gesellschaftsrecht) des EWR-Abkommens, ABlEU v. 5.6.2003, L 137/44. 10  VO (EG) Nr. 297/2008 des EP und des Rates v. 11.3.2008 zur Änderung der VO (EG) Nr. 1606/2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards im Hinblick auf die der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABlEU v. 9.4.2008, L 97/62. Dazu Lanfermann BB 2008, 826 ff.

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der großen Herausforderungen für die Erstanwender allgemein positiv verlaufen sei.11 Im Rahmen des REFIT-Programms wurde im Juni 2015 – nachdem man nun tatsächlich einige Jahre Erfahrungen hatte sammeln können − ein neuer Evaluierungsbericht vorgelegt, in dem die Kommission zu dem Ergebnis kam, dass die Ziele der IFRS-VO im Wesentlichen erreicht wurden; es bestehe aber durchaus noch punktueller Verbesserungsbedarf.12 3.  Ausführung in Deutschland 24.7 In Deutschland wurden die notwendigen Ausführungsvorschriften durch das BilReG13 (→ 23.14) geschaffen (→ 24.18).

II.  Die IFRS und ihre Übernahme ins Unionsrecht 1.  IFRS 24.8 Die International Financial Reporting Standards (IFRS) (bis 31.3.2001: International Accounting Standards [IAS]) sind internationale Rechnungslegungsstandards, die vom International Accounting Standards Board (IASB) (bis 31.3.2001: International Accounting Standards Committee [IASC]) entwickelt werden.14 Das IASB ist eine unabhängige Standardisierungsorganisation, die von einem geografisch und fachlich breit gefächerten Treuhändergremium der IFRS Foundation beaufsichtigt wird.15 Die aktuellen IFRS sind auf der Webseite des IASB abrufbar.16

11  Bericht der Kommission an den Rat und das EP über die Funktionsweise der VO (EG) Nr. 1606/2002 des EP und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, KOM(2008) 215. 12  Bericht der Kommission an das EP und den Rat. Bewertung der VO (EG) Nr. 1606/2002 vom 19.7.2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, COM(2015) 301. Dazu Lanfermann WPg 2016, 22 ff. Zu den ökonomischen Konsequenzen der verpflichtenden IFRS-Einführung: Brüggemann/Hitz/Sellhorn DB 2015, 1789 ff. 13  Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG) v. 4.12.2004, BGBl. I, 3166. Literatur → 23.14. 14  Anschaulich zum institutionellen Rahmen der IFRS: Beck’sches IFRS-Handbuch/Driesch, 5. Aufl. 2016, § 1; Pellens/Fülbier/Gassen/Sellhorn, Internationale Rechnungslegung, 10. Aufl. 2017, S. 61 ff. 15 . 16 .

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2.  Verfahren der Übernahme und Anwendung der IFRS Die IFRS werden allerdings nicht schlicht im Sinne einer „dynamischen Verweisung“ 24.9 ins Unionsrecht integriert, sondern die IFRS-VO normiert einen speziellen Anerkennungsmechanismus. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Integration der einzelnen IFRS in das Unionsrecht überwacht wird und die jeweiligen IFRS eine geeignete Grundlage für die Rechnungslegung von börsennotierten EU-/EWR-Unternehmen darstellen.17 Welche IFRS im Einzelnen übernommen werden, wird von der Kommission im Verfahren nach Art. 3 und 6 IFRS-VO festgelegt. Gem. Art. 3 Abs. 1 S. 2 und Art. 6 IFRS-VO kommt das Komitologieverfahren nach der Komitologie-VO (→ 3.76) zur Anwendung (sog. Endorsement-Verfahren)18. Die Kommission wird dabei von einem Regelungsausschuss für Rechnungslegung (Accounting Regulatory Committee – ARC) unterstützt (Art. 6 Abs. 1 IFRS-VO). Zudem wird sie von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG)19 beraten. Das Endorsement-Verfahren läuft folgendermaßen ab20: (i) Auf Ersuchen der Kommission prüft die EFRAG die potenziellen Auswirkungen und gibt Empfehlungen zu deren Übernahme ab; (ii) Nach Erhalt dieser Empfehlungen entscheidet die Kommission, ob die Standards für die EU übernommen werden; (iii) Entscheidet sie sich für die Übernahme, so erstellt die Kommission den Entwurf einer Durchführungsmaßnahme; (iv) Dieser wird dem ARC zur Stellungnahme vorgelegt; (v) Fällt die Stellungnahme des ARC positiv aus, legt die Kommission den Entwurf einer Durchführungsmaßnahme dem EP und dem Rat für einen Zeitraum von drei Monaten zur Kontrolle vor. (vi) Schließlich nimmt die Kommission eine Verordnung zur Übernahme der Standards an, die im ABlEU veröffentlicht wird. IFRS dürfen nur übernommen werden, wenn sie den Anforderungen des Art. 3 24.10 Abs. 2 IFRS-VO genügen. Voraussetzung ist also, dass sie: • dem Prinzip des Art. 4 Abs. 3 EU-Bilanz-RL21 (Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens/„true and fair view“) nicht zuwiderlaufen, • dem europäischen öffentlichen Interesse entsprechen, und • den Kriterien der Verständlichkeit, Erheblichkeit, Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit genügen, die Finanzinformationen erfüllen müssen, um wirtschaftliche 17  Vgl. KOM(2000) 359, S. 2; KOM(2001) 80, S. 5; ErwG 9 IFRS-VO. 18  Vgl. dazu Buchheim/Gröner/Kühne BB 2004, 1783 ff.; Busse von Colbe BB 2002, 1530 f.; Inwinkl/Schüle RIW 2006, 807 ff.; Oversberg DB 2007, 1597 ff.; Wüstemann/Kierzek Beil. zu BB 17/2006, 14 ff.; speziell auch zu praktischen Erfahrungen und Problemen: Dewing/ Russel (2008) 46 JCMS 243 ff.; speziell zur Auslegung der übernommenen IFRS: Küting/ Ranker BB 2004, 2510 ff. 19  Weitere Informationen auf der Homepage: . 20 Vgl. SWD(2015) 120, S. 13 sowie . 21  Der Verweis auf Art. 2 Abs. 3 der 4. (Bilanz-)RL (RL 78/660/EWG) und Art. 16 Abs. 3 der 7. (Konzernbilanz-)RL (RL 83/349/EWG) ist als Verweis auf Art. 4 Abs. 3 EU-Bilanz-RL zu lesen, vgl. Art. 52 UAbs. 2 EU-Bilanz-RL.

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Entscheidungen und die Bewertung der Leistung einer Unternehmensleitung zu ermöglichen. 24.11 Die Übernahme erfolgt gem. Art. 3 Abs. 4 IFRS-VO in Form einer vollständig in allen Amtssprachen im ABlEU zu veröffentlichenden Kommissions-VO. Auf diesem Wege ist bereits ein riesiges Regelwerk entstanden. Eine aktuelle Übersicht der übernommenen IFRS ist auf der Webseite der Kommission abrufbar.22

III.  Reichweite der Pflicht zur Bilanzierung nach IFRS 1.  Differenzierung zwischen kapitalmarktorientierten und nicht kapitalmarktorientierten Gesellschaften 24.12 Hinsichtlich der Verpflichtung zur Bilanzierung nach IFRS differenziert die IFRSVO zwischen kapitalmarktorientierten und nicht kapitalmarktorientierten Gesellschaften sowie zwischen Jahres- und konsolidiertem Abschluss. Kapitalmarktorientierte Gesellschaften sind dabei EU-/EWR-Gesellschaften, deren Wertpapiere am jeweiligen Bilanzstichtag in einem beliebigen Mitgliedstaat zum Handel an einem geregelten Markt i.S.v. Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 MiFID I bzw. (ab 3.1.2018) Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 MiFID II23 (→ 32.36) zugelassen sind. a)  Kapitalmarkorientierte Gesellschaften 24.13 Kapitalmarktorientierte Gesellschaften (→ 24.12) müssen gem. Art. 4 IFRS-VO ihren konsolidierten Abschluss für das am oder nach dem 1.1.200524 beginnende Geschäftsjahr und alle nachfolgenden Geschäftsjahre nach den ins Unionsrecht integrierten IFRS (→ 24.9 ff.) aufstellen. 24.14 Art. 5 lit. a IFRS-VO eröffnet den Mitgliedstaaten zudem die Option, zu gestatten oder vorzuschreiben, dass kapitalmarktorientierte Gesellschaften auch ihre Jahresabschlüsse nach den ins Unionsrecht integrierten IFRS (→ 24.9 ff.) aufstellen. Die Mitgliedstaaten haben von diesen Optionen sehr unterschiedlich Gebrauch gemacht.25

22 . 23  Die Bezugnahme auf die RL 93/22/EWG (ISD) ist als Verweis auf die MiFID I (vgl. Art. 69 MiFID) bzw. ab 3.1.2018 auf die MiFID II (vgl. Art. 94 UAbs. 2 MiFID II) zu lesen (vgl. zum Weg von ISD über MiFID I zu MiFID II → 32.1 ff.). 24  S. aber die Übergangsbestimmungen in Art. 9 IFRS-VO. 25 Tabellarische Übersicht des ARC (Stand Dez. 2013): .

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b)  Nicht kapitalmarktorientierte Gesellschaften Nicht kapitalmarktorientierte Gesellschaften (→ 24.12) trifft hingegen keine uni- 24.15 onsrechtliche Pflicht zur Bilanzierung nach den ins Unionsrecht integrierten IFRS (→ 24.9 ff.). Es steht ihnen aber selbstverständlich frei, (zusätzlich) eine (konsolidierte) Bilanz nach IFRS zu erstellen. Art. 5 lit. b IFRS-VO eröffnet den Mitgliedstaaten jedoch die Option, zu ge- 24.16 statten oder vorzuschreiben, dass auch nicht kapitalmarktorientierte Gesellschaften (→ 24.12) ihre konsolidierten Abschlüsse und/oder Jahresabschlüsse nach den ins Unionsrecht integrierten IFRS (→ 24.9 ff.) aufstellen. Von diesen Optionen haben die Mitgliedstaaten ebenfalls sehr unterschiedlich Gebrauch gemacht.26 2.  Interrelation mit der EU-Bilanz-RL Art. 4 f. IFRS-VO beziehen sich ausschließlich auf die Erstellung des Jahresab- 24.17 schlusses bzw. konsolidierten Abschlusses nach IFRS statt nach den nationalen Umsetzungsvorschriften zur EU-Bilanz-RL. Im Übrigen bleibt die EU-Bilanz-RL vollumfänglich anwendbar. Unternehmen, die ihren Jahresabschluss bzw. konsolidierten Abschluss nach IFRS erstellen, müssen also daneben auch einen (konsolidierten) Lagebericht (Art. 19, 29 EU-Bilanz-RL, → 23.34 ff., 23.50), sowie ggf. auch eine CSR-Erklärung (Art. 19a, 29a EU-Bilanz-RL, → 23.37 ff., 23.50), ein Corporate Governance-Statement (Art. 20 EU-Bilanz-RL, → 23.41 f.) und einen Country-byCountry-Report (Art. 41–48 EU-Bilanz-RL, → 23.60) erstellen.27 Darüber hinaus gelten aber auch alle weiteren Vorgaben der EU-Bilanz-RL, die sich nicht unmittelbar auf die Erstellung von Jahresabschluss bzw. konsolidiertem Abschluss beziehen, d.h. insbesondere auch die Vorgaben zur Abschlussprüfung (Art. 34 EU-BilanzRL, → 23.53 ff.) und Offenlegung (Art. 30 ff. EU-Bilanz-RL, → 23.57).28 3.  Umsetzung in Deutschland Deutschland hat zur Ausführung der Art. 4 f. IFRS-VO mit dem BilReG (→ 24.7) 24.18 § 315a HGB als neuen 10. Titel des Unterabschnitts über die Konzernrechnungslegung eingeführt.29 § 315a Abs. 1 HGB ergänzt Art. 4 IFRS-VO, indem er bestimmt, welche Vorschriften des HGB ergänzend neben den IFRS zur Anwendung gelangen, wenn ein Mutterunternehmen durch Art. 4 IFRS-VO verpflichtet ist.30 Von den Op26  S. Fn. 25. 27 Vgl. die von der Kommission erstellte Übersicht über die anwendbaren Vorschriften: . 28 Vgl. die von der Kommission erstellte Übersicht über die anwendbaren Vorschriften (Fn. 27). 29  Rechtstatsachen bei Zwirner IRZ 2017, 239, 240 ff. 30  Vgl. BegrRegE z. BilReG, BT-Drs. 15/3419, S. 34; Beck Bil-Komm/Grottel § 315a HGB Rn. 9.

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tionen des Art. 5 IFRS-VO hat Deutschland nur partiell Gebrauch gemacht. § 315a Abs. 3 HGB gestattet – entsprechend Art. 5 lit. b Alt. 1 IFRS-VO − auch nicht kapitalmarktorientierten Gesellschaften, ihren Konzernabschluss nach IFRS zu erstellen.31 Für den Jahresabschluss (Einzelabschluss) verbleibt es dagegen in Deutschland für alle Gesellschaften bei der Pflicht zur Erstellung nach HGB.32 Nur für die Veröffentlichung darf (zusätzlich) ein Jahresabschluss nach IFRS erstellt werden: § 325 Abs. 2a und 2b HGB gestatten es, statt eines Jahresabschlusses nach HGB einen Einzelabschluss nach IFRS zu veröffentlichen (und sich so besonders nachdrücklich als Unternehmen mit internationaler Rechnungslegung zu präsentieren).33, 34

IV.  Exkurs: IFRS für KMU? 24.19 Nachdem das IASB im Juli 2009 spezielle IFRS für KMU, die sog. „IFRS for SME“35, präsentiert hat, stellt sich auf europäischer Ebene die Frage, ob und ggf. wie diese ebenfalls übernommen werden sollen. Die Kommission führte hierzu 2009/10 eine Konsultation36 durch; zudem gab die EFRAG im Mai 2010 eine Empfehlung ab37 und im Oktober 2010 wurde eine externe Studie38 zur Kompatibilität der „IFRS for SME“ mit den EU-Rechnungslegungsrichtlinien veröffentlicht. Die Kommission entschied sich dann jedoch im Kontext der Vorlage des Vorschlags für die neue EU-Bilanz-RL (→ 23) bewusst gegen die Übernahme der „IFRS for SME“: Zum einen wäre ihre Einführung den Zielen der Vereinfachung und der Reduzierung des Verwaltungsauf-

31  Vgl. dazu BegrRegE z. BilReG, BT-Drs. 15/3419, S. 35, 45. 32 Kritisch dazu und für einen befreienden IFRS-Einzelabschluss plädierend Schmid DB 2017, 377 ff. 33 Vgl. dazu BegrRegE z. BilReG, BT-Drs. 15/3419, S. 45 f.; Staub/Kersting § 325 HGB Rn. 51; KKRM/Morck § 325 HGB Rn. 5 ff. 34  Nach § 325 HGB i.d.F.d. BilRegG (Fn. 13) bestand diese Option zunächst nur für große Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 3 HGB), da Abs. 2 (an den Abs. 2a und 2b anknüpfen) nur für diese galt; seit der Neufassung des Abs. 2 durch das EHUG (Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) v. 10.11.2006, BGBl. I, 2553, → 18.9) gelten Abs. 2a und 2b dagegen – ebenso wie dieser – für alle Kapitalgesellschaften, vgl. auch Staub/Kersting § 325 Rn. 51. 35  Nach (kostenloser) Registrierung abrufbar über die Webseite des IASB: http://eifrs.iasb. org/eifrs/sme/en/IFRSforSMEs2009.pdf. Zur überarbeiteten Fassung etwa Eierle/Ketterer/Ther DB 2016, 601 ff. 36 Konsultationsseite: . Dazu Korth/Kschammer DStR 2010, 1687 ff. 37  EFRAG, Advice on compatibility of the IFRS for SMEs and the EU Accounting Directives, 28.5.2010 (). 38  Centre for Strategy & Evaluation Services, 4th Company Law Directive and IFRS for SME, Final Report October 2010, .

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wands nicht dienlich; zum anderen handele es sich um einen relativ neuen Standard, mit dessen Umsetzung es weltweit noch an Erfahrungen fehle.39

V.  Fundstellenverzeichnis Grundlage

Art. 95 Abs. 1 EGV [G Art. 114 Abs. 1 AEUV]

Vorschläge

Vorschlag für eine VO des EP und des Rates betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsgrundsätze, 13.2.2001, KOM(2001) 80

verabschiedete Fassung

VO (EG) Nr. 1606/2002 des EP und des Rates v. 19.7.2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, ABlEG v. 11.9.2002, L 243/1

ändernde Rechtsakte

VO (EG) Nr. 297/2008 des EP und des Rates vom 11.3.2008 zur Änderung der VO (EG) Nr. 1606/2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards im Hinblick auf die der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABlEU v. 9.4.2008, L 97/62

Ausführung in Deutschland

Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG) v. 4.12.2004, BGBl. I, 3166

39  Vgl. KOM(2011) 684, S. 9; Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1224.

902

§ 24 Anhang IFRS-VO

VERORDNUNG (EG) Nr. 1606/2002 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards

§ 24 Anhang IFRS-VO

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION — gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95 Absatz 1, auf Vorschlag der Kommission(1), nach Stellungnahme Sozialausschusses(2),

des

Wirtschafts-

und

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(3), in Erwägung nachstehender Gründe: (1) Auf der Tagung des Europäischen Rates vom 23./24. März 2000 in Lissabon wurde die Notwendigkeit einer schnelleren Vollendung des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen hervorgehoben, das Jahr 2005 als Frist für die Umsetzung des Aktionsplans der Kommission für Finanzdienstleistungen gesetzt und darauf gedrängt, dass Schritte unternommen werden, um die Vergleichbarkeit der Abschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen zu verbessern. (2)  Um zu einer Verbesserung der Funktionsweise des Binnenmarkts beizutragen, müssen kapitalmarktorientierte Unternehmen dazu verpflichtet werden, bei der Aufstellung ihrer konsolidierten Abschlüsse ein einheitliches Regelwerk internationaler Rechnungslegungsstandards von hoher Qualität anzuwenden. Überdies ist es von großer Bedeutung, dass an den Finanzmärkten teilnehmende Unternehmen der Gemeinschaft Rechnungslegungsstandards anwenden, die international anerkannt sind und wirkliche Weltstandards darstellen. Dazu bedarf es einer zunehmenden Konvergenz der derzeitig international angewandten Rechnungslegungsstandards, mit dem Ziel, letztlich zu einem einheitlichen Regelwerk weltweiter Rechnungslegungsstandards zu gelangen. (3) Die Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25.  Juli 1978 über den Jahresabschluss von Ge-

(1) ABl. C 154 E vom 29.5.2001, S. 285. (2) ABl. C 260 vom 17.9.2001, S. 86. (3) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 12. März 2002 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 7. Juni 2002.

sellschaften bestimmter Rechtsformen(4), die Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 über den konsolidierten Abschluss(5), die Richtlinie 86/635/EWG des Rates vom 8. Dezember 1986 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten(6) und die Richtlinie 91/674/EWG des Rates vom 19. Dezember 1991 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen(7) richten sich auch an kapitalmarktorientierte Gesellschaften in der Gemeinschaft. Die in diesen Richtlinien niedergelegten Rechnungslegungsvorschriften können den hohen Grad an Transparenz und Vergleichbarkeit der Rechnungslegung aller kapitalmarkt­ orientierten Gesellschaften in der Gemeinschaft als unabdingbare Voraussetzung für den Aufbau eines integrierten Kapitalmarkts, der wirksam, reibungslos und effizient funktioniert, nicht gewährleisten. Daher ist es erforderlich, den für kapitalmarktorientierte Gesellschaften geltenden Rechtsrahmen zu ergänzen. (4) Diese Verordnung zielt darauf ab, einen Beitrag zur effizienten und kostengünstigen Funktionsweise des Kapitalmarkts zu leisten. Der Schutz der Anleger und der Erhalt des Vertrauens in die Finanzmärkte sind auch ein wichtiger Aspekt der Vollendung des Binnenmarkts in diesem Bereich. Mit dieser Verordnung wird der freie Kapitalverkehr im Binnenmarkt gestärkt und ein Beitrag dazu geleistet, dass die Unternehmen in der Gemeinschaft in die Lage versetzt werden, auf den gemeinschaftlichen Kapitalmärkten und auf den Weltkapitalmärkten unter gleichen Wettbewerbsbedingungen um Finanzmittel zu konkurrieren. (5) Für die Wettbewerbsfähigkeit der gemeinschaftlichen Kapitalmärkte ist es von großer Be-

(4) ABl. L 222 vom 14.8.1978, S. 11. Richtlinie zuletzt geändert durch Richtlinie 2001/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 283 vom 27.10.2001, S. 28). (5) ABl. L 193 vom 18.7.1983, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch Richtlinie 2001/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates. (6) ABl. L 372 vom 31.12.1986, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch Richtlinie 2001/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates. (7) ABl. L 374 vom 31.12.1991, S. 7.

§ 24 Anhang IFRS-VO deutung, dass eine Konvergenz der in Europa auf die Aufstellung von Abschlüssen angewendeten Normen mit internationalen Rechnungslegungsstandards erreicht wird, die weltweit für grenzübergreifende Geschäfte oder für die Zulassung an allen Börsen der Welt genutzt werden können. (6)  Am 13. Juni 2000 hat die Kommission ihre Mitteilung mit dem Titel „Rechnungslegungsstrategie der EU: Künftiges Vorgehen“ veröffentlicht, in der vorgeschlagen wird, dass alle kapitalmarktorientierten Gesellschaften in der Gemeinschaft ihre konsolidierten Abschlüsse spätestens ab dem Jahr 2005 nach einheitlichen Rechnungslegungsstandards, den „International Accounting Standards“ (IAS), aufstellen. (7)  Die „International Accounting Standards“ (IAS) werden vom „International Accounting Standards Committee“ (IASC) entwickelt, dessen Zweck darin besteht, ein einheitliches Regelwerk weltweiter Rechnungslegungsstandards aufzubauen. Im Anschluss an die Umstrukturierung des IASC hat der neue Board als eine seiner ersten Entscheidungen am 1. April 2001 das IASC in „International Accounting Standards Board“ (IASB) und die IAS mit Blick auf künftige internationale Rechnungslegungsstandards in „International Financial Reporting Standards“ (IFRS) umbenannt. Die Anwendung dieser Standards sollte, so weit wie irgend möglich und sofern sie einen hohen Grad an Transparenz und Vergleichbarkeit der Rechnungslegung in der Gemeinschaft gewährleisten, für alle kapitalmarktorientierten Gesellschaften in der Gemeinschaft zur Pflicht gemacht werden. (8) Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28.  Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(8) erlassen werden; beim Erlass dieser Maßnahmen sollte die Erklärung zur Umsetzung der Rechtsvorschriften im Bereich der Finanzdienstleistungen, die die Kommission am 5. Februar 2002 vor dem Europäischen Parlament abgegeben hat, gebührend berücksichtigt werden. (9) Die Übernahme eines internationalen Rechnungslegungsstandards zur Anwendung in der Gemeinschaft setzt voraus, dass er erstens die Grundanforderung der genannten Richtlinien des Rates erfüllt, d.  h. dass seine Anwendung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens vermittelt — ein Prinzip, das im Lichte der genannten Richtlinien des Rates zu verstehen ist, ohne dass damit eine strenge Einhaltung jeder einzelnen Bestimmung dieser Richt­ linien erforderlich wäre; zweitens, dass er gemäß den Schlussfolgerungen des Rates vom 17. Juli 2000 dem europäischen öffentlichen Inter-

(8) ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.

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esse entspricht und drittens, dass er grundlegende Kriterien hinsichtlich der Informationsqualität erfüllt, die gegeben sein muss, damit die Abschlüsse für die Adressaten von Nutzen sind. (10)  Ein Technischer Ausschuss für Rechnungslegung wird die Kommission bei der Bewertung internationaler Rechnungslegungsstandards unterstützen und beraten. (11) Der Anerkennungsmechanismus sollte sich der vorgeschlagenen internationalen Rechnungslegungsstandards unverzüglich annehmen und auch die Möglichkeit bieten, über internationale Rechnungslegungsstandards im Kreise der Hauptbetroffenen, insbesondere der nationalen standardsetzenden Gremien für Rechnungslegung, der Aufsichtsbehörden in den Bereichen Wertpapiere, Banken und Versicherungen, der Zentralbanken einschließlich der EZB, der mit der Rechnungslegung befassten Berufsstände sowie der Adressaten und der Aufsteller von Abschlüssen, zu beraten, nachzudenken und Informationen dazu auszutauschen. Der Mechanismus sollte ein Mittel sein, das gemeinsame Verständnis übernommener internationaler Rechnungslegungsstandards in der Gemeinschaft zu fördern. (12)  Entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsprinzip sind die in dieser Verordnung getroffenen Maßnahmen, welche die Anwendung eines einheitlichen Regelwerks von internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen für alle kapitalmarktorientierten Gesellschaften vorsehen, notwendig, um das Ziel einer wirksamen und kostengünstigen Funktionsweise der Kapitalmärkte der Gemeinschaft und damit die Vollendung des Binnenmarktes zu erreichen. (13) Nach demselben Grundsatz ist es erforderlich, dass den Mitgliedstaaten im Hinblick auf Jahresabschlüsse die Wahl gelassen wird, kapitalmarktorientierten Gesellschaften die Aufstellung nach den internationalen Rechnungslegungsstandards, die nach dem Verfahren dieser Verordnung angenommen wurden, zu gestatten oder vorzuschreiben. Die Mitgliedstaaten können diese Möglichkeit bzw. diese Vorschrift auch auf die konsolidierten Abschlüsse und/oder Jahresabschlüsse anderer Gesellschaften ausdehnen. (14) Damit ein Gedankenaustausch erleichtert wird und die Mitgliedstaaten ihre Standpunkte koordinieren können, sollte die Kommission den Regelungsausschuss für Rechnungslegung regelmäßig über laufende Vorhaben, Thesenpapiere, spezielle Recherchen und Exposure Drafts, die vom IASB veröffentlicht werden, sowie über die anschließenden fachlichen Arbeiten des Technischen Ausschusses unterrichten. Ferner ist es wichtig, dass der Regelungsausschuss für Rechnungslegung frühzeitig unterrichtet wird, wenn die Kommission die Übernahme eines internationalen Rechnungslegungsstandards nicht vorschlagen will. (15)  Bei der Erörterung der vom IASB im Rahmen der Entwicklung von internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS und SIC/IFRIC) veröffent-

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lichten Dokumente und Papiere und bei der Ausarbeitung diesbezüglicher Standpunkte sollte die Kommission der Notwendigkeit Rechnung tragen, Wettbewerbsnachteile für die auf dem Weltmarkt tätigen europäischen Unternehmen zu vermeiden; ferner sollte sie, so weit wie irgend möglich die von den Delegationen im Regelungsausschuss für Rechnungslegung zum Ausdruck gebrachten Ansichten berücksichtigen. Die Kommission wird in den Organen des IASB vertreten sein. (16) Angemessene und strenge Durchsetzungsregelungen sind von zentraler Bedeutung, um das Vertrauen der Anleger in die Finanzmärkte zu stärken. Die Mitgliedstaaten müssen aufgrund von Artikel 10 des Vertrags alle geeigneten Maßnahmen zur Gewährleistung der Einhaltung internationaler Rechnungslegungsstandards treffen. Die Kommission beabsichtigt, sich mit den Mitgliedstaaten insbesondere über den Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (CESR) ins Benehmen zu setzen, um ein gemeinsames Konzept für die Durchsetzung zu entwickeln. (17) Ferner muss den Mitgliedstaaten gestattet werden, die Anwendung bestimmter Vorschriften bis 2007 zu verschieben, und zwar für alle Gemeinschaftsunternehmen, deren Wertpapiere sowohl in der Gemeinschaft als auch in einem Drittland zum Handel in einem geregelten Markt zugelassen sind und die ihren konsolidierten Abschlüssen bereits primär andere international anerkannte Rechnungslegungsgrundsätze zugrunde­ legen, sowie für Gesellschaften, von denen ausschließlich Schuldtitel zum Handel in einem geregelten Markt zugelassen sind. Es ist jedoch unverzichtbar, dass bis spätestens 2007 die IAS als einheitliches Regelwerk globaler internationaler Rechnungslegungsstandards für alle Gemeinschaftsunternehmen gelten, deren Wertpapiere zum Handel in einem geregelten Gemeinschaftsmarkt zugelassen sind. (18) Um den Mitgliedstaaten und Gesellschaften die zur Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards erforderlichen Anpassungen zu ermöglichen, ist es erforderlich, dass bestimmte Vorschriften erst im Jahr 2005 Anwendung finden. Für die erstmalige Anwendung der IAS durch die Gesellschaften infolge des Inkrafttretens dieser Verordnung sollten geeignete Vorschriften erlassen werden. Diese Vorschriften sollten auf internationaler Ebene ausgearbeitet werden, damit die internationale Anerkennung der festgelegten Lösungen sichergestellt ist — HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN: Artikel 1 Ziel Gegenstand dieser Verordnung ist die Übernahme und Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards in der Gemeinschaft, mit dem

Ziel, die von Gesellschaften im Sinne des Artikels 4 vorgelegten Finanzinformationen zu harmonisieren, um einen hohen Grad an Transparenz und Vergleichbarkeit der Abschlüsse und damit eine effiziente Funktionsweise des Kapitalmarkts in der Gemeinschaft und im Binnenmarkt sicherzustellen. Artikel 2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieser Verordnung bezeichnen „internationale Rechnungslegungsstandards“ die „International Accounting Standards“ (IAS), die „International Financial Reporting Standards“ (IFRS) und damit verbundene Auslegungen (SIC/IFRICInterpretationen), spätere Änderungen dieser Standards und damit verbundene Auslegungen sowie künftige Standards und damit verbundene Auslegungen, die vom International Accounting Standards Board (IASB) herausgegeben oder angenommen wurden. Artikel 3 Übernahme und Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (1)  Die Kommission beschließt über die Anwendbarkeit von internationalen Rechnungslegungsstandards in der Gemeinschaft. Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung durch Ergänzung werden nach dem in Artikel 6 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen. (2) Die internationalen Rechnungslegungsstandards können nur übernommen werden, wenn sie ––

dem Prinzip des Artikels 2 Absatz 3 der Richtlinie 78/660/EWG und des Artikels 16 Absatz 3 der Richtlinie 83/349/EWG nicht zuwiderlaufen sowie dem europäischen öffentlichen Interesse entsprechen und

––

den Kriterien der Verständlichkeit, Erheblichkeit, Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit genügen, die Finanzinformationen erfüllen müssen, um wirtschaftliche Entscheidungen und die Bewertung der Leistung einer Unternehmensleitung zu ermöglichen.

(3)  Bis zum 31. Dezember 2002 entscheidet die Kommission nach dem Verfahren des Artikels 6 Absatz 2 über die Anwendbarkeit der bei Inkrafttreten dieser Verordnung vorliegenden internationalen Rechnungslegungsstandards in der Gemeinschaft. (4)  Übernommene internationale Rechnungslegungsstandards werden als Kommissionsverordnung vollständig in allen Amtssprachen der Gemeinschaft im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht.

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§ 24 Anhang IFRS-VO Artikel 4 Konsolidierte Abschlüsse von kapitalmarkt­ orientierten Gesellschaften Für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2005 beginnen, stellen Gesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedstaates unterliegen, ihre konsolidierten Abschlüsse nach den internationalen Rechnungslegungsstandards auf, die nach dem Verfahren des Artikels 6 Absatz 2 übernommen wurden, wenn am jeweiligen Bilanzstichtag ihre Wertpapiere in einem beliebigen Mitgliedstaat zum Handel in einem geregelten Markt im Sinne des Artikels 1 Absatz 13 der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen(9) zugelassen sind.

des IASB und über die vom IASB veröffentlichten Dokumente ins Benehmen, um die Standpunkte zu koordinieren und um Erörterungen über die Übernahme von gegebenenfalls aus diesen Vorhaben und Dokumenten hervorgehenden Standards zu erleichtern. (2)  Die Kommission erstattet dem Ausschuss gebührend und frühzeitig Bericht, wenn sie die Übernahme eines Standards nicht vorschlagen will. Artikel 8 Mitteilungspflicht Ergreifen die Mitgliedstaaten Maßnahmen nach Artikel 5, so teilen sie diese der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten unverzüglich mit.

Artikel 5 Wahlrecht in Bezug auf Jahresabschlüsse und hinsichtlich nicht kapitalmarktorientierter Gesellschaften Die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, dass a) Gesellschaften im Sinne des Artikels 4 ihre Jahresabschlüsse, b) Gesellschaften, die nicht solche im Sinne des Artikels 4 sind, ihre konsolidierten Abschlüsse und/oder ihre Jahresabschlüsse nach den internationalen Rechnungslegungsstandards aufstellen, die nach dem Verfahren des Artikels 6 Absatz 2 angenommen wurden. Artikel 6 Ausschussverfahren (1)  Die Kommission wird durch einen Regelungsausschuss für Rechnungslegung (im Folgenden „Ausschuss“ genannt) unterstützt. (2)  Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1 bis und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8. Artikel 7

Artikel 9 Übergangsbestimmungen In Abweichung von Artikel 4 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass jener Artikel 4 für Gesellschaften, a) von denen lediglich Schuldtitel zum Handel in einem geregelten Markt eines Mitgliedstaats im Sinne von Artikel 1 Absatz 13 der Richtlinie 93/22/EWG zugelassen sind oder b) deren Wertpapiere zum öffentlichen Handel in einem Nichtmitgliedstaat zugelassen sind und die zu diesem Zweck seit einem Geschäftsjahr, das vor der Veröffentlichung dieser Verordnung im  Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften begann, international anerkannte Standards anwenden, erst für die Geschäftsjahre Anwendung finden, die am oder nach dem 1. Januar 2007 beginnen. Artikel 10 Unterrichtung und Überprüfung Die Kommission überprüft die Funktionsweise dieser Verordnung und erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 1. Juli 2007 darüber Bericht.

Berichterstattung und Koordinierung

Artikel 11

(1)  Die Kommission setzt sich mit dem Ausschuss regelmäßig über den Stand laufender Vorhaben

Inkrafttreten

(9) ABl. L 141 vom 11.6.1993, S. 27. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2000/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 290 vom 17.11.2000, S. 27).

Diese Verordnung tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

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§ 25 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO)

§ 25 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO) RL 2006/43/EG des EP und des Rates v. 17.5.2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der RL 78/660/ EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der RL 84/253/EWG des Rates, ABlEU v. 9.6.2006, L 157/87 VO (EU) Nr. 537/2014 des EP und des Rates vom 16.4.2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission, ABlEU v. 27.5.2014, L 158/77 Literatur: 8. RL: Brönner, Herbert, Die Harmonisierung von Rechnungslegung und Abschlußprüfung in der Europäischen Gemeinschaft (EG) aus der Sicht der Wirtschaftsprüfer, BFuP 1981, 500; Feuillet, Pierre, La huitème directive du Conseil des Communautés Européennes et le commissariat aux comptes, Rev. soc. 1984, 709; Lück, Wolfgang, Zur Harmonisierung nationaler Rechtsvorschriften bei der Zulassung als Abschlußprüfer in der EG – Analyse des Vorschlags einer 8. EG-RL –, DB 1979, 317; Nordemann, Hermann H. J., Der Europäische Wirtschaftsprüfer – Mythos oder Realität?, WPg 1989, 671; Schatzmann, Jürgen, Die Auswirkungen der Achten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie auf die Bestellung zum Abschlußprüfer, RIW 1984, 614; Van Hulle, Karel, The EEC Accounting Directives in Perspective: Problems of Harmonization, (1981) 18 C.M.L. Rev. 121. APRL: Anand, Anita/Moloney, Niamh, Reform of the audit process and the role of shareholder voice: transatlantic perspectives, (2004) 5 EBOR 223; Arbeitskreis Externe und Interne Überwachung der Unternehmung, Zur künftigen Entwicklung der Abschlussprüfung, DB 2007, 2129; Arruñada, Benito, Audit failure and the crisis of auditing, (2004) 5 EBOR 635; Baums, Theodor, Aktuelle Entwicklungen im Europäischen Gesellschaftsrecht, AG 2007, 57; Ebke, Werner F., Die Europäische Union und die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers: Eine unendliche Geschichte, in: Aderhold, Lutz/Grunewald, Barbara/Klingberg, Dietgard/ Paefgen, Walter G. (Hrsg.), Festschrift für Harm Peter Westermann zum 70. Geburtstag, 2008, S. 873; Heininger, Klaus, Die Abschlussprüferrichtlinie und ihre Folgen – Berufsaufsicht quo vadis?, WPg 2008, 535; Inwinkl, Petra/Kortebusch, Dennis/Schneider, Georg, Die Abschlussprüferrichtlinie: Rechtliche Umsetzung in deutsches Recht, Konzern 2008, 215; Klein, KlausGünter/Klaas, Helmut, Entwicklung der neuen Abschlussprüferrichtlinie in den Beratungen von Kommission, Ministerrat und Europäischem Parlament, WPg 2006, 885; Klein, KlausGünter/Tielmann, Sandra, Die Modernisierung der Abschlussprüferrichtlinie – Vorschlag der EU-Kommission zur Überarbeitung der 8. EU-Richtlinie −, WPg 2004, 501; Lanfermann, Georg, Vorschlag der EU-Kommission zur Modernisierung der EU-Prüferrichtlinie, DB 2004, 609; ders., Modernisierte EU-Richtlinie zur gesetzlichen Abschlussprüfung, DB 2005, 2645; Lanfermann,Georg/Maul, Silja, EU-Prüferrichtlinie: Neue Pflichtanforderungen für Audit Committees, DB 2006, 1505; Moll, Martin/Niedermeier, Elvira, Die neuen regulatorischen Anforderungen aus Brüssel. Zu den Auswirkungen der Neufassung der 8. Richtlinie auf die Ausgestaltung des Internen Kontrollsystems von Versicherungsunternehmen, VW 2006, 2001; Naumann, Klaus-Peter/Feld, Klaus-Peter, Die Transformation der neuen Abschlussprüferrichtlinie – Erwartungen des Berufsstands der Wirtschaftsprüfer an den deutschen Gesetzgeber, WPg 2006, 873; Nonnenmacher, Rolf/Pohle, Klaus/von Werder, Axel, Aktuelle Anforderungen an Prüfungsausschüsse – Leitfaden für Prüfungsausschüsse (Audit Committees) unter Berücksichtigung der 8. EU-Richtlinie, DB 2007, 2412; Schmidt, Manfred, Die 8. EURichtlinie: Anlass für eine verstärkte Regulierung der Berufsausübung des Wirtschaftsprüfers?,

§ 25 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO)

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WPg 2005, 203; Tiedje, Jürgen, Die neue EU-Richtlinie zur Abschlussprüfung, WPg 2006, 593; Weber, Martin, Die Entwicklung des Kapitalmarktrechts im Jahre 2006, NJW 2006, 3685. RL 2014/56/EU und APVO: AKEU, Fortentwicklung des Abschlussprüfer-Bestätigungsvermerks, BB 2017, 107; Ballwieser, Wolfang/Wadhera, Arvind/Heininger, Klaus/Maijoor, Steven/Oetker, Roland/Winkeljohann, Norbert, Vorschläge der EU-Kommission zur Weiterentwicklung der Abschlussprüfung − Proposals of the European Commission to enhance the audit of financial statements, WPg 2012, 33; Bayer, Walter/Schmidt, Jessica, BB-Gesetzgebungsund Rechtsprechungsreport zum Europäischen Unternehmensrecht 2010/2011, BB 2012, 3; dies., BB-Gesetzgebungs- und Rechtsprechungsreport Europäisches Unternehmensrecht 2013/14, BB 2014, 1219; Beul, Carsten René, EU-Reform der Abschlussprüfung: Wer rotiert um wen? Oder: Grundrechtsverletzung durch Rotation und Beratungsverbot?, DB 2015, 1173; Bode, Christoph, Überwachung und Billigung von Nichtprüfungsleistungen im PIE-Konzern, BB 2017, 491; ders., Verfahren zur Auswahl des Abschlussprüfers nach Art. 16 EU-VO – ausgewählte Fragen, BB 2016, 1707; Bremer, Jan, Neuere Entwicklungen aus Brüssel, NZG 2012, 17; Bury, Claire, The EU Commission’s objectives and expectations with regard to the audit of financial statements − Zielsetzungen und Erwartungen der EU-Kommission an die Abschluss­ prüfung, WPg 2012, 13; Erfkamp, Marc/Janke, Madeleine, Mögliche Auswirkungen der EURegulierungsentwürfe zur Abschlussprüfung auf deutsche Unternehmen – eine empirische Analyse, WPg 2013, 264; Geberth, Silvia, Intensiv diskutierte Reform der Abschlussprüfung verabschiedet, AG 2014, R127; Gundel, Astrid/Hommelhoff, Peter/Lanfermann, Georg, Der einheitliche Abschlussprüfer in konzernierten Unternehmen von öffentlichem Interesse, DB 2017, 171; Hakelmacher, Sebastian, Der rotierende Wirtschaftsprüfer, WPg 2015, 159; Hennrichs, Joachim, Abschlussprüferreform im Unionsrecht, ZGR 2015, 248; Hennrichs, Joachim/ Bode, Christoph, Zweifelsfragen zur Bedeutung und Reichweite des Verbots bestimmter Nichtprüfungsleistungen durch den Abschlussprüfer gem. Art. 5 AP-VO, NZG 2016, 1281; Hennrichs, Joachim/Brown, Andrew/Lehne, Klaus-Heiner/Prangenberg, Arno/Wehling, Axel, Erwartungen an die Abschlussprüfung – Stakeholders’ expectations in the audit of financial statements, WPg 2012, 18; Heß, Benjamin/Stefani, Ulrike, Ökonomische Konsequenzen der Einschränkung von „Prüfung und Beratung aus einer Hand“, WPg 2012, 1177; Hoffmann, Jens, Europarechtliche Umsetzungsdefizite bei der fakultativen Ausgestaltung des Prüfungsausschusses nach § 107 III 2 AktG, NZG 2016, 441; Hoffmann, Wolf-Dieter, Die Abschlussprüfung als Bürokratiemotor, StuB 2014, 589; ders., Der künftige Bestätigungsvermerk für „Nicht-PIEs“, StuB 2014, 629; ders., Künftig zwei Bestätigungsvermerke?, StuB 2014, 669; ders., Das Risiko der Abschlussprüfung im Bestätigungsvermerk, StuB 2014, 709; ders., Die künftige Berichterstattung über die Abschlussprüfung, StuB 2015, 361; ders., Key Audit Matters (KAM), StuB 2015, 849; ders., Die Berichterstattung des Abschlussprüfers von „PIEs“, StuB 2016, 125; Hommelhoff, Peter, Der Zusatzbericht des Abschlussprüfers und dessen Rolle im EU-Reformprozess zur Corporate Governance, DB 2012, 389, 445; ders., Aktuelle Impulse aus dem europäischen Unternehmensrecht: Eine Herausforderung für Deutschland, NZG 2015, 1329; Hopt, Klaus J., Abschlussprüfung in Deutschland und Europa nach der europäischen Reform von 2014, ZGR 2015, 186; IDW, IDW-Positionspapier zu Inhalten und Zweifelsfragen der EU-Verordnung der Abschlussprüferrichtlinie, 11.4.2016; Kelm, Daniela/Naumann, Klaus-Peter, Neue (?) Anforderungen an den Prüfungsausschuss nach der EU-Abschlussprüfungsreform, WPg 2016, 653; Kelm, Daniela/Schmitz-Herkendell, Anja, IDW-Positionspapier zu Inhalten und Zweifelsfragen der EU-Verordnung und der Abschlussprüferrichtlinie, DB 2016, 2365; Klaas, Helmut, Steuerberatung gegenüber Prüfungsmandaten – Eine nach wie vor zulässige Dienstleistung auch bei Unternehmen von öffentlichem Interesse?, WPg 2014, 763; Kleinmanns, Hermann, EU-Abschlussprüferreform: Auswirkungen auf nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen. Darstellung wesentlicher Änderungen, StuB 2014, 524; Köhler, Annette, Pflichtrotation auf dem deutschen Prüfungsmarkt – eine Szenarioanalyse, WPg 2012, 477; dies., Künftige Anforderungen an den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers aus europäischer und internationaler Sicht, WPg 2015, 109; Köhler, Annette/Bruckner,

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§ 25 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO)

Andrea/de Buck, Philippe/Johnson, Philip/Karim, Sajjad/Naumann, Klaus-Peter, Alternativen zur Weiterentwicklung der Abschlussprüfung und flankierende Maßnahmen – Alternative approaches to enhance the audit of financial statements and accompanying measures, WPg 2012, 58; Köhler, Anette/Gehring, Kirsten, Externe Pflichtrotation des Abschlussprüfers – Implikationen für die Qualität der Abschlussprüfung, BB 2015, 235; Lanfermann, Georg, Zur Zulässigkeit von Nicht-Prüfungsleistungen nach der EU-Abschlussprüferverordnung, BB 2014, 1771; ders., Prüferauswahl nach der EU-Abschlussprüferreform, BB 2014, 2348; ders., Billigungspflicht für Nicht-Prüfungsleistungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, BB 2016, 1834; Lanfermann, Georg/Maul, Silja, Audit Committees im Fokus des EU-Verordnungsvorschlags zur Abschlussprüfung, BB 2012, 627; Lehne, Klaus-Heiner, Die Zukunft der Abschlussprüfung: Es liegt noch viel Arbeit vor uns – The Future of the Audit: A lot of work ahead of us, WPg 2012, 3; Marsch-Barner, Reinhard, Zur Rolle des Prüfungsausschusses nach der EU-Reform zur Abschlussprüfung, in: Baldus, Christian/Kainer, Friedemann/Stumpf, Cordula (Hrsg.), Festschrift für Peter-Christian Müller-Graff zum 70. Geburtstag, Privatrecht, Wirtschaftsrecht, Verfassungsrecht. Privatinitiative und Gemeinwohlhorizonte in der europäischen Integration, 2015, S. 282; Merkt, Hanno, Die Zusammenarbeit von Aufsichtsrat und Abschlussprüfer nach der EU-Reform: Mut zur Erwartungslücke?, ZHR 179 (2015) 601; Naumann, Klaus-Peter, Europaweite Regulierung für die Abschlussprüfung – die Kommission hat ihre Chance vertan, IRZ 2012, 5; ders., Die Zukunft der Abschlussprüfung. The Future of the Audit, WPg 2012, 1; Naumann, Klaus-Peter/Herkendell, Anja, Regulierung der Abschlussprüfung – Aktueller Stand der Diskussion in Brüssel, WPg 2013, 1181; Nonnenmacher, Rolf, Neue gemeinschaftsrechtliche Vorgaben für den Prüfungsausschuss, in: Blumenberg, Jens/ Crezelius, Georg/Gosch, Dietmar/Schüppen, Matthias, (Hrsg.), Festschrift für Wilhelm Haarmann, 2015, S. 143; Plath, Rainer, Möglichkeiten und Grenzen der Abschlussprüfung – Possibilities and limitations of an audit, WPg 2012, 7; Quick, Reiner, Der neue Bestätigungsvermerk – Entscheidungsnützlichkeit oder Informationsüberflutung?, IRZ 2016, 231; RatzingerSakel, Nicole V. S., Welche Veränderungen erfährt die Berichterstattung des Abschlussprüfers? WPg 2016, 1217; Ruhnke, Klaus, Abschlussprüfung – nutzloses Ritual oder unabdingbare Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der Märkte?, DB 2014, 2483; Scheffler, Eberhard, EU-Vorschriften zur Abschlussprüfung, AG 2012, R7; ders., Neue Europäische Vorschriften für die Abschlussprüfung, AG 2014, R196; ders., Neue Aufgaben des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit der Abschlussprüfung, AG 2014, R304; Schilha, Ralph, Neues Anforderungsprofil, mehr Aufgaben und erweiterte Haftung für den Aufsichtsrat nach Inkrafttreten der Abschlussprüfungsreform, ZIP 2016, 1316; Schüppen, Matthias, Die europäische Abschlussprüfungsreform und ihre Implementierung in Deutschland – Vom Löwen zum Bettvorleger?, NZG 2016, 247; Schürnbrand, Jan, Rechtsfolgen von Verstößen gegen die EU-Verordnung zur Abschlussprüfung, AG 2016, 70; ders., Rechtsfolgen von Verstößen gegen die EU-Verordnung zur Abschlussprüfung, AG 2016, 70; Sipple, Benedikt/Glemser, Matthias, Die Rotation der Abschlussprüfer im europäischen Vergleich, WPg 2012, 875; Van der Elst, Christoph, Audit committees of Public Interest Entities in Europe, ECGI Law WP n° 276/2014; ders., The European Legislative Framework for Audit Committees, (2015) 12 ECL 26; Velte, Patrick, Die Zukunft der europäischen Abschlussprüfung nach dem EU-Verordnungsentwurf vom 30.11.2011, EWS 2012, 220; ders., Stärkung der Qualität der Abschlussprüfung durch die exter­ne­­Rotationspflicht? – Eine Reflexion der empirischen Prüfungsforschung vor dem Hintergrund des Verordnungsentwurfs der EU-Kommission vom 30.11.2011, WPg 2012, 317; ders., EU-Prüfungsbericht „ante portas“. Erweiterte Berichterstattung nach dem EU-Verordnungsentwurf vom 30.11.2011, NZG 2012, 535; ders., Zwingender Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats für Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers?!, NZG 2013, 1332; ders., Reform der Abschlussprüfung nach der Richtlinie 2014/56/EU und der Verordnung (EU) Nr. 537/2014. Unabhängigkeit und Berichterstattung des Abschlussprüfers sowie Tätigkeit von Prüfungsausschüssen, DStR 2014, 1688; Velte, Patrick/Freidank, Carl-Christian, The link between in- and external rotation of the auditor and the quality of financial accounting and external audit, (2015) 40 Eur J Law Econ 225; Velte, Patrick/Stiglbauer, Markus, Führt eine

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Trennung von Prüfungs- und Nichtprüfungsleistungen zur Steigerung der Rechnungslegungsqualität?, EWS 2013, 213. Rechtsprechung: Europäische Gerichte: EuGH v. 25.2.2010, Kommission ./. Spanien, C-295/09, ECLI:EU:C:2010:99 EuGH v. 25.2.2010, Kommission ./. Österreich, C-330/09, ECLI:EU:C:2010:100 EuGH v. 15.4.2010, Kommission ./. Irland, C-294/09, ECLI:EU:C:2010:200 EuGH v. 20.5.1992, Ramrath, C-106/91, ECLI:EU:C:1992:230 EuGH v. 17.11.1992, Kommission ./. Niederlande, C-157/91, ECLI:EU:C:1992:442 EuGH v. 7.10.2004, Markopoulos, C-255/01, ECLI:EU:C:2004:590 EuG v. 16.7.2014, Isotis ./. Kommission, T-59/11, ECLI:EU:T:2014:679 EuG v. 23.11.2015, Beul, T-640/14, ECLI:EU:T:2015:907 EuGH v. 24.1.2017, Beul, C-53/16 P, ECLI:EU:C:2017:66

I.  Genese und Ratio 1.  Grundgedanken und Inhalt im Überblick Die Abschlussprüfer-RL (APRL)1 dient der Harmonisierung der Anforderungen an 25.1 die Abschlussprüfung auf hohem Niveau2. Regelungsgegenstände sind die Zulassung, kontinuierliche Fortbildung und gegenseitige Anerkennung (→ 25.14 ff.), Registrierung (→ 25.21), Berufsgrundsätze (→ 25.22 ff.), Prüfungsstandards und Bestätigungsvermerk (→ 25.43 ff.), Bestellung und Abberufung der Abschlussprüfer bzw. Prüfungsgesellschaften (→ 25.49 ff.), der Prüfungsausschuss bei PIE (→ 25.55 ff.), externe Qualitätssicherung (→ 25.60), Untersuchungen und Sanktionen (→ 25.62 ff.), öffentliche Aufsicht (→ 25.66 ff.) sowie internationale Aspekte (→ 25.69 ff.). Die Abschlussprüfer-VO (APVO)3 normiert spezielle Regelungen für die Ab- 25.2 schlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (public-interest entities − PIE); Ziel ist es, die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer bzw. Prüfungsgesellschaften zu fördern4 und durch eine Erhöhung der Integrität und Wirksamkeit der Abschlussprüfung zum Funktionieren der Märkte beizutragen5.

1  RL 2006/43/EG des EP und des Rates v. 17.5.2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der RL 84/253/EWG des Rates, ABlEU v. 9.6.2006, L 157/87. 2  Vgl. ErwG 5 APRL. 3  VO (EU) Nr. 537/2014 des EP und des Rates vom 16.4.2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission, ABlEU v. 27.5.2014, L 158/77. 4  Vgl. Art. 1 APVO. 5  Vgl. ErwG 1 APVO.

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2.  Von 8. RL zur APRL und APVO a)  Die 8. RL 25.3 Die 1978 verabschiedete 4. (Bilanz-)RL (→ 23.4) und die 1983 verabschiedete 7. (Konzernbilanz-)RL (→ 23.5) verlangten zwar von Anfang an die Prüfung des Jahresabschlusses bzw. konsolidierten Abschlusses (Art. 51 der 4. (Bilanz-)RL und Art. 37 der 7. (Konzernbilanz-)RL, heute: Art. 34 EU-Bilanz-RL, → 23.53 ff.), schwiegen aber zu einem überaus wichtigen Punkt: dem der Qualifikationserfordernisse für die Abschlussprüfer. Um diese Lücke zumindest partiell zu füllen, legte die Kommission am 24.4.1978 einen Vorschlag für eine 8. (Abschlussprüfer-)RL6 vor, 1979 folgte ein im Hinblick auf Wünsche des EP geringfügig geänderter Vorschlag7. Die 8. (Abschlussprüfer-)RL8 wurde schließlich am 10.4.1984 verabschiedet, durch das EWR-Abkommen9 wurde ihr Anwendungsbereich auch auf die EWR-Staaten ausgedehnt10. b)  Die APRL 25.4 Es wurde allerdings schnell deutlich, dass der durch die 8. RL erreichte Grad von Harmonisierung nicht ausreichte. Die Kommission legte daher 1996 ein Grünbuch zur Rolle, Stellung und Haftung des Abschlussprüfers in der EU11 vor. Die Reaktionen darauf belegten ein klares Bedürfnis für weitere Maßnahmen auf EU-Ebene12 und flossen in die 1998 veröffentlichte Mitteilung der Kommission zum künftigen Vorgehen betreffend die Abschlussprüfung13 ein. Auf der Basis von Vorarbeiten des zeitgleich eingesetzten EU-Ausschusses für Fragen der Abschlussprüfung wurde 2000   6  Vorschlag einer Achten RL nach Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des EWG-Vertrages über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften beauftragten Personen, 24.4.1978, KOM(78) 168 = BT-Drs. 8/2013. Dazu Lück DB 1979, 317 ff.   7  Geänderter Vorschlag einer Achten RL nach Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des EWGVertrages über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften beauftragten Personen, 5.2.1979, KOM(79) 679. Dazu Brönner BFuP 1981, 500, 506 ff.; Van Hulle (1981) 18 C.M.L. Rev. 121, 135 ff.   8  Achte RL 84/253/EWG des Rates v. 10.4.1984 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen beauftragten Personen, ABlEG v. 12.5.1984, L 126/20. Abgedruckt in 4. Aufl. S. 232 ff. (mit Erläuterungen S. 229 ff.). Dazu Feuillet Rev. soc. 1984, 709 ff.; Nordemann WPg 1989, 671, 674 ff.; Schatzmann RIW 1984, 614 ff.   9  Vgl. Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum − Anhang XXII, Nr. 7 (ABlEG v. 3.1.1994, L 1/3). 10  Für Island und Norwegen (sowie für Finnland, Österreich, Schweden, die aber inzwischen zur EU gehören) zum 1.1.1994, für Liechtenstein zum 1.5.1995. 11  Grünbuch. Rolle, Stellung und Haftung des Abschlußprüfers in der Europäischen Union, ABlEG v. 28.10.1996, C 321/1. 12  Vgl. KOM(2003) 286, S. 3; KOM(2004) 177, S. 3. 13  Mitteilung der Kommission betreffend die Abschlußprüfung in der Europäischen Union: künftiges Vorgehen, ABlEG v. 8.5.1998, C 143/12.

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eine Empfehlung zu Mindestanforderungen an Qualitätssicherungssysteme für die Abschlussprüfung14 und 2002 eine Empfehlung zur Unabhängigkeit des Abschlussprüfers15 verabschiedet. Der Zusammenbruch von Enron und weitere Bilanzskandale (z.B. WorldCom)16 25.5 ließen indes schon bald den Ruf nach weiteren EU-Maßnahmen laut werden. Die Kommission legte daher am 21.5.2003 einen Aktionsplan Abschlussprüfung17 vor, auf den am 16.3.2004 ein offizieller Entwurf18 für eine neue und erheblich erweiterte Abschlussprüfer-RL folgte. Nach Stellungnahme des EWSA19, Zustimmung des EP20 und Einigung im Rat21 wurde die APRL schließlich am 17.5.2006 verabschiedet.22 Durch die Änderungs-RL 2008/30/EG23 erfolgten lediglich technische Anpas- 25.6 sungen betreffend das Komitologieverfahren (→ 3.72 ff.), die keiner Umsetzung in nationales Recht bedurften24. Die EU-Bilanz-RL (→ 23) harmonisierte im Wege einer Neufassung des Art. 28 APRL den Inhalt des Bestätigungsvermerks (→ 25.45). c)  Die Reform der APRL 2014 und die APVO Die globale Finanzkrise veranlasste die Kommission dann aber bereits 2010 dazu, in 25.7 einem Grünbuch zu „Lehren aus der Krise“ 25 die Frage aufzuwerfen, wie die Ab14  Empfehlung 2001/256/EG der Kommission v. 15.11.2000, Mindestanforderungen an Qualitätssicherungssysteme für die Abschlussprüfung in der EU, ABlEG v. 31.3.2001, L 91/91. 15  Empfehlung 2002/590/EG der Kommission v. 16.5.2002. Unabhängigkeit des Abschlussprüfers in der EU – Grundprinzipien, ABlEG v. 19.7.2002, L 191/22. 16  Vgl. dazu etwa Schwarz/Holland ZIP 2002, 1661 f. 17  Mitteilung der Kommission an den Rat und das EP. Stärkung der Abschlussprüfung in der EU, 21.5.2003, KOM(2003) 286. Dazu Peemöller BB 25/2003, I; van Hulle/Lanfermann BB 2003, 1323 ff.; Wiesner ZIP 2003, 1186 ff. 18  Vorschlag für eine RL des EP und des Rates über die Prüfung des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses und zur Änderung der RL 78/660/EWG und 83/349/ EWG des Rates, 16.3.2004, KOM(2004) 177. Vgl. dazu Anand/Moloney (2004) 5 EBOR 223, 284 ff.; Arruñada, (2004) 5 EBOR 635 ff.; Klein/Tielmann WPg 2004, 501 ff.; Lanfermann DB 2004, 609 ff.; M. Schmidt WPg 2005, 203 ff. 19  ABlEU v. 28.6.2005, C 157/115. 20  ABlEU v. 21.9.2006, C 227 E/432. 21  Vgl. Dok. 13165/05. Dazu Lanfermann DB 2005, 2645 ff.; Weber AG 2005, 877 ff. 22 Dazu AKEIÜ DB 2007, 2129 ff.; Baums AG 2007, 57, 59; Ebke, FS Westermann, 2008, S. 873, 881 ff.; Heininger WPg 2008, 535 ff.; Inwinkl/Kortebusch/Schneider Konzern 2008, 215 ff.; Klein/Klaas WPg 2006, 885 ff.; Lanfermann DB 2005, 2645 ff.; Lanfermann/ Maul DB 2006, 1505 ff.; Moll/Niedermeier VW 2006, 2001 ff.; Naumann/Feld WPg 2006, 873 ff.; Nonnenmacher/Pohle/von Werder DB 2007, 2412 ff.; Tiedje WPg 2006, 593 ff.; ders. Finanzplatz 3/2008, S. 26 f.; Weber NJW 2006, 3685, 3589; Weber ZfRV 2008, 426 ff. 23  RL 2008/30/EG des EP und des Rates v. 11.3.2008 zur Änderung der RL 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen im Hinblick auf die der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABlEU v. 20.3.2008, L 81/53. 24  Vgl. ErwG 8 RL 2008/30/EG. 25  Grünbuch. Weiteres Vorgehen im Bereich der Abschlussprüfung: Lehren aus der Krise, 13.10.2010, KOM(2010) 561.

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schlussprüfung verbessert werden kann, um zu erhöhter Finanzstabilität beizutragen26. Dies stieß in Wissenschaft und Praxis auf breite – und teils äußerst kritische – Resonanz.27 Am 30.11.2011 wurde dann ein Legislativpaket, bestehend aus einem Vorschlag für eine Änderungs-RL28 und für eine neue Abschlussprüfer-VO29 präsentiert.30 Nach Stellungnahmen von EDSB31, EWSA32, EP33 und einem Trilog-Kompromiss34 wurden die Änderungs-RL 2014/56/EU35 und die neue APVO schließlich am 16.4.2014 verabschiedet.36 Damit erfolgte zum einen eine legislativtechnische Neuausrichtung: Die 26  Vgl. KOM(2010) 561, S. 3. 27  Die insgesamt 688 (!) Stellungnahmen sowie eine Zusammenfassung sind auf der Konsultationsseite () abrufbar. S. ferner insbes. auch die Entschließung des EP v. 13.11.2011 zu dem weiteren Vorgehen im Bereich der Abschlussprüfung: Lehren aus der Krise, P7_ TA(2011)0359. Vgl. weiter etwa Arbeitskreis Bilanzrecht Hochschullehrer Rechtswissenschaft NZG 2011, 176 f.; Barthel DB 2011, 2273 ff.; Eisenhardt/Wader DStR 2010, 2532 ff.; Hakelmacher WPg 2011, 201 ff.; Kämpfer/Kayser/S. Schmidt DB 2010, 2457 ff.; Köhler/ Ruhnke/M. Schmidt DB 2011, 773 ff.; Lanfermann BB 2011, 489 f.; ders. BB 2011, 937 ff.; Max-Planck-Arbeitsgruppe zur Unabhängigkeit der Abschlussprüfer ZIP 2011, 459 f.; Niemann DStR 2010, 2368 ff.; Winkeljohann DB 45/2010, M1. 28  Vorschlag für eine RL des EP und des Rates zur Änderung der RL 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, KOM(2011) 778. S. dazu auch SEC(2011) 1384, SEC(2011) 1385. 29  Vorschlag für eine VO des EP und des Rates über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, KOM(2011) 779. S. dazu auch SEC(2011) 1384, SEC(2011) 1385. 30 Vgl. zum Ganzen Ballwieser/Wadhera/Heininger/Maijoor/Oetker/Winkeljohann WPg 2012, S33 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 6; Bremer NZG 2012, 17 f.; Bury WPg 2012, S13 ff.; Erfkamp/Janke WPg 2013, 264 ff.; Hennrichs/Brown/Lehne/Prangenberg/Wehling WPg 2012, S18 ff.; Heß/Stefani WPg 2012, 1177 ff.; Hommelhoff DB 2012, 389 ff., 445 ff.; Köhler WPg 2012, 477 ff.; Köhler/Bruckner/de Buck/Johnson/Karim/Naumann WPg 2012, S58 ff.; Lanfermann/S. Maul BB 2012, 627 ff.; Lehne WPg 2012, S3 ff.; Naumann IRZ 2012, 5 f.; ders. WPg 2012, S1 f.; Naumann/Herkendell WPg 2013, 1181 ff.; Plath WPg 2012, S7 ff.; Scheffler AG 2012, R7 ff.; Schürnbrand AG 2016, 70 ff.; Sipple/ Glemser WPg 2012, 875 ff.; Van der Elst (2015) 12 ECL 26 ff.; Velte EWS 2012, 220 ff.; ders. WPg 2012, 317 ff.; ders. NZG 2012, 535 ff.; ders. NZG 2013, 1332 ff.; Velte/Freidank (2015) 40 Eur J Law Econ 225 ff.; Velte/Stiglbauer EWS 2013, 213 ff.; Verse EuZW 2013, 336, 339. 31  ABlEU v. 6.11.2012, C 336/4. 32  ABlEU v. 29.6.2012, C 191/61. 33 P7_TA(2014)0283. 34  Dok. 17628/1/13 REV 1. 35  RL 2014/56/EU des EP und des Rates v. 16.4.2014 zur Änderung der RL 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, ABlEU v. 27.5.2014, L158/196. 36  Vgl. zum Legislativpaket insgesamt: Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1224 f.; Beul DB 2015, 1173 ff.; Bode BB 2016, 1707 ff.; Geberth AG 2014, R127 f.; Hakelmacher WPg 2015, 159 ff.; Hennrichs ZGR 2015, 248 ff.; Hennrichs/Bode NZG 2016, 1281 ff.; Hoffmann StuB 2014, 589 f.; ders. StuB 2014, 629 f.; ders. StuB 2014, 669 f.; ders. StuB 2014, 709 f.; ders. StuB 2015, 361 ff.; ders. StuB 2015, 849 f.; ders. StuB 2016, 125 f.; Hommelhoff NZG 2015, 1329, 1331 ff.; Hopt ZGR 2015, 186 ff.; IDW, IDW-Positionspapier zu Inhalten und Zweifelsfragen der EU-VO der Abschlussprüferrichtlinie, 11.4.2016; Kelm/Naumann WPg 2016, 653 ff.; Kelm/Schmitz-Herkendell DB 2016, 2365; Klaas WPg 2014, 763 ff.;

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APRL fungiert nun als allgemeine Basisregelung, die speziellen Regelungen für PIE sind (weitgehend) in die APVO ausgelagert, um insoweit einen höheren Harmonisierungsgrad und mehr Rechtssicherheit zu erreichen.37 Zum anderen wurden aber auch die materiellen Vorgaben deutlich ausgebaut und verschärft. Inhaltliche Kernpunkte der Reform waren: die Herausarbeitung einer klaren gesellschaftlichen Rolle des Abschlussprüfers durch höhere Prüfungsqualität, gesteigerte Transparenz und höhere Verantwortlichkeit; die Etablierung strenger Regeln zur Unabhängigkeit; und die Schaffung eines dynamischeren und besser überwachten Abschlussprüfungsmarkts in der EU.38 Der Versuch eines deutschen Wirtschaftsprüfers, die APVO vom EuG bzw. EuGH für nichtig erklären zu lassen, scheiterte; das Gericht wies seine Klage mit Beschluss v. 23.11.201539 als unzulässig ab, da der Kläger mangels individueller Betroffenheit schon nicht klagebefugt sei und der EuGH bestätigte dies mit Beschluss v. 24.1.201740. 3.  Umsetzung in Deutschland a)  8. RL In Deutschland wurde die 8. RL – zusammen mit der 4. (Bilanz-)RL (→ 23.4) und der 25.8 7. (Konzernbilanz-)RL (→ 23.4) − durch das BiRiLiG v. 19.12.198541 (→ 23.12) umgesetzt. Wesentliche Änderungen des deutschen Rechts waren insoweit allerdings nicht veranlasst. Der deutsche Gesetzgeber entschied sich im Rahmen der Neuregelung der §§ 131 ff. WPO für ein „reines“ Wirtschaftsprüferprinzip. Zur Wahrung der Besitzstände wurde allerdings der (1961 durch die WPO abgeschaffte) Beruf des vereidigten Buchprüfers „wiederbelebt“.42

Kleinmanns StuB 2014, 524 ff.; Köhler WPg 2015, 109 ff.; Köhler/Gehring BB 2015, 235 ff.; Lanfermann BB 2014, 1771 ff.; ders. BB 2016, 1834 ff.; ders. BB 2014, 2348 ff.; MarschBarner FS Müller-Graff, 2015, S. 282 ff.; Merkt ZHR 179 (2015) 601 ff.; Nonnenmacher FS Haarmann, 2015, S. 143 ff.; Quick IRZ 2016, 231, 233 f.; Ruhnke DB 2014, 2483 ff.; Scheffler AG 2014, R196 ff.; ders. AG 2014, R304 f.; Schilha ZIP 2016, 1316 ff.; Schüppen NZG 2016, 247 ff.; Schürnbrand AG 2016, 70 ff.; Skirk WPg 2017, 57; Van der Elst ECGI Law WP n° 276/2014; Velte DStR 2014, 1688 ff. 37  Vgl. KOM(2011) 779, S. 5; SEC(2011) 1384, S. 190 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2012, 3, 6. 38 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1224 f. m.w.N. 39  EuGH v. 23.11.2015, Beul ./. EP und Rat, T 640/14, ECLI:EU:T:2015:907. Dazu Bayer/ J. Schmidt BB 2016, 1923, 1930. 40  EuGH v. 24.1.2017, Beul, C-53/16 P, ECLI:EU:C:2017:66. 41  Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (BilanzrichtlinienGesetz − BiRiLiG) v. 19.12.1985, BGBl. I, 2355. Literatur → 23.12. 42  Vgl. dazu Bericht Rechtsausschuss, BT-Drs. 10/4268, S. 92 ff.; Großfeld NJW 1986, 955, 961 f.

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§ 25 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO)

b)  APRL 25.9 Die Vorgaben der APRL hatte der deutsche Gesetzgeber bereits in erheblichem Umfang durch das BilReG v. 4.12.200443 und das APAG v. 27.12.200444 antizipiert. Die APRL selbst erforderte dann nur noch kleinere Neujustierungen45, die mittels des BARefG v. 3.9.200746 und des BilMoG vom 25.5.200947 erfolgten. c)  RL 2014/56/EU und APVO 25.10 Die zur Umsetzung der RL 2014/56/EU (→ 25.7) und zur Ausführung der APVO erforderlichen Regelungen wurden auf zwei Gesetze verteilt: Die Implementierung der prüfungsbezogenen Regelungen erfolgte durch das Abschlussprüferreformgesetz (AReG) v. 10.5.201648; Leitmotiv war dabei eine 1:1-Umsetzung und eine weitgehende Ausübung von Mitgliedstaatenwahlrechten49. Die Implementierung der aufsichts- und

43  Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG) v. 4.12.2004, BGBl. I, 3166. Literatur → 23.14. 44  Gesetz zur Fortentwicklung der Berufsaufsicht über Abschlussprüfer in der Wirtschaftsprüferordnung (Abschlussprüferaufsichtsgesetz – APAG) v. 27.12.2004, BGBl. I, 3846. Vgl. dazu Heininger WPg 2008, 535 ff. 45  Vgl. auch BegrRegE z. BilMoG, BR-Drs. 344/08, S. 83 f. 46 Gesetz zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufsrechtlicher Regelungen in der Wirtschaftsprüferordnung (Berufsaufsichtsreformgesetz – BARefG) v. 3.9.2007, BGBl. I, 2178. Vgl. dazu Heininger WPg 2008, 535 ff.; Marten/Köhler/Paulitschek Beil. zu BB 17/2006, 23 ff.; Naumann/Feld WPg 2006, 873, 875 ff. 47  Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz − BilMoG) v. 25.5.2009, BGBl. I, 1102. Literatur → 23.15. 48  Gesetz zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der RL 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüfungsreformgesetz – AReG) v. 10.5.2016, BGBl. I, 1142. Dazu AKEIÜ DB 2017, 47 ff.; Behme/Zickgraf AG 2016, R132 ff.; Boecker/Zwirner DStR 2016, 90 ff.; Buhleier/Niehues/Splinter DB 2016, 1885 ff.; Bürkle VersR 2016, 1145 ff.; Frieden/Zieseniß WPg 2017, 618 ff.; Hersch VersR 2017, 257 ff.; Lanfermann BB 2016, 1834 ff.; Lenz DB 2016, 2555 ff.; Meyer/Mattheus DB 2016, 695 ff.; Müller-Gugenberger ZWH 2016, 181 ff.; Nodoushani AG 2016, 381 ff.; Quick DB 2016, 1205 ff.; Scheffler AG 2016, R200 ff.; Schilha ZIP 2016, 1316 ff.; M. Schmidt DB 2016, 1945 ff.; Staake NZG 2016, 853 ff.; Schüppen NZG 2016, 247 ff.; Velte DStR 2016, 1944 ff.; Velte/Stawinoga StuB 2016, 297 ff. Zum RefE: Blöink/ Kumm BB 2015, 1067 ff.; Hoffmann DB 21/2015, M5; ders. StuB 2015, 849 f.; Lanfermann BB 2015, 2027 ff.; Lücke/Stöbener/Giesler BB 2015, 1578 ff.; Naumann DStR-Beihefter 9/2016, 26, 30 f.; Scheffler AG 2015, R109; Velte DB 15/2015, M5; Velte WPg 2015, 482 ff.; Weis WPg 2016, 4 ff. Zum RegE: Blöink/Woodtli Konzern 2016, 75 ff.; Brinkmeier GmbHR-StB 2016, 93 f.; Fromholzer/Hauser DB 2016, 401 ff.; Hoffmann DB 2/2016, M5; ders. NZG 2016, 441 ff.; ders. StuB 2016, 125 f.; Lanfermann/Maul BB 2016, 363 ff.; Petersen/Zwirner/Boecker DStR 2016, 984 ff.; Quick IRZ 2016, 231, 234; Velte WPg 2016, 125 ff.; Velte/Stawinoga DB 5/2016, M5. 49  Vgl. BegrRegE z. AReG, BR-Drs. 635/15, S. 2 f.

§ 25 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO)

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berufsrechtlichen Regelungen erfolgte durch das Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz (APAReG) v. 31.3.2016.50

II.  Anwendungsbereich 1.  APRL Die APRL regelt die Abschlussprüfung des Jahresabschlusses und des konsolidier- 25.11 ten Abschlusses, die entweder nach Unionsrecht (speziell Art. 34 EU-Bilanz-RL, → 23.53 ff.) oder nationalen Vorschriften in Bezug auf kleine Unternehmen vorgeschrieben ist oder auf freiwilliger Basis von kleinen Unternehmen durchgeführt wird und gleichwertige nationalrechtliche Anforderungen erfüllt (Art. 1 UAbs. 1 i.V.m. Art. 2 Nr. 1 APRL). 2.  APVO Die APVO gilt für PIE sowie für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften, die bei 25.12 diesen die Abschlussprüfung durchführen (Art. 2 Abs. 1 APVO). Der in Art. 2 Nr. 13 APRL legaldefinierte Begriff der PIE entspricht demjenigen i.S.d. EU-Bilanz-RL (→ 23.24). Art. 2 Abs. 3 APVO gestattet es den Mitgliedstaaten jedoch, Genossenschaften51, 25.13 Sparkassen und ähnliche Unternehmen i.S.v. Art. 45 der RL 86/635/EG52 sowie deren Tochterunternehmen und Rechtsnachfolger ganz oder teilweise von der Geltung der APVO auszunehmen, sofern die in der APRL niedergelegten Grundsätze der Unabhängigkeit eingehalten werden. Hintergrund ist, dass hier in vielen Mitgliedstaaten (u.a. auch Deutschland) eine Pflichtprüfung durch einen Prüfungsverband vorgesehen ist und damit regelmäßig keine Gefährdung der Unabhängigkeit besteht.53

50  Gesetz zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der RL 2014/56/ EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz − APAReG) v. 31.3.2016, BGBl. I, 518. Dazu Farr WPg 2016, 188 ff.; ders. WPg 2017, 115 ff.; ders. WPg 2017, 299 ff.; Farr/Niemann DStR 2016, 1231 ff.; Kelm/Schneiß/Schmitz-Herkendell WPg 2016, 60 ff.; Schüppen NZG 2016, 247 ff.; Tebben StuB 2016, 93 ff. Empirische Befunde zur APAK: Loy/Roestel WPg 2016, 487 ff. Zum RegE: Blöink/Wolter BB 2016, 107 ff.; Lanfermann BB 2015, 2027 ff.; Naumann DStR-Beihefter 9/2016, 26, 30 f.; Scheffler AG 2016, R28 f.; Tebben StuB 2015, 738 ff.; Weis WPg 2016, 4 ff. 51  Legaldefinition in Art. 2 Nr. 14 APRL. 52  RL 86/635/EWG des Rates v. 8.12.1986 über den Jahresabschluß und den konsolidierten Abschluß von Banken und anderen Finanzinstituten, ABlEG v. 31.12.1986, L 372/1. 53  Vgl. ErwG 6 APVO.

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§ 25 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO)

III.  Inhalt 1.  Zulassung, kontinuierliche Fortbildung und gegenseitige Anerkennung a)  Zulassung 25.14 Um zu gewährleisten, dass die Abschlussprüfer über die erforderlichen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten sowie über einen guten Leumund verfügen54, etabliert die APRL ein Zulassungserfordernis (vgl. Art. 3 Abs. 1 APRL). 25.15 Natürliche Personen dürfen nur dann zugelassen werden, wenn sie einen guten Leumund haben (Art. 4 APRL) und die weiteren in Art. 6–10 APRL normierten Voraussetzungen erfüllen (Art. 3 Abs. 3 APRL). Gefordert wird eine theoretische sowie eine praktische Ausbildung und die erfolgreiche Teilnahme an einer Eignungsprüfung (Art. 6, 7 APRL). Gegenstand der theoretischen Prüfung sind neben Kernmaterien der Abschlussprüfung (u.a. Rechnungslegung, Finanzanalyse, IFRS55, internationale Prüfungsstandards (→ 25.43), vgl. Art. 3 Abs. 1 APRL) auch Kenntnisse in Bereichen wie dem Gesellschafts-, Steuer-, Insolvenz- und Sozialrecht, soweit sie für die Abschlussprüfung relevant sind (Art. 8 Abs. 2 APRL). Die praktische Ausbildung muss mindestens 3 Jahre dauern und zu mindestens 2/3 bei einem zugelassenen Abschlussprüfer oder einer zugelassenen Prüfungsgesellschaft absolviert werden (Art. 10 Abs. 1 APRL). Art. 11 f. APRL erlauben jedoch unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Zulassung aufgrund langjähriger praktischer Erfahrung. Prüfungsgesellschaften dürfen nur zugelassen werden, wenn die natürlichen Per25.16 sonen, die für sie Abschlussprüfungen durchführen, die Voraussetzungen der Art. 4, 6–10 APRL (→ 25.15) erfüllen und in dem betreffenden Mitgliedstaat als Abschlussprüfer zugelassen sind (Art. 3 Abs. 4 lit. a APRL). Weiterhin bestehen Anforderungen an die Beteiligungs- und Leitungsstruktur: Die Mehrheit der Stimmrechte und die Mehrheit56 der Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans müssen aus in einem Mitgliedstaat zugelassenen Prüfungsgesellschaften oder aus natürlichen Personen, die die Voraussetzungen der Art. 4, 6–10 APRL (→ 25.15) erfüllen, bestehen (Art. 3 Abs. 4 lit. b, c APRL).57 Zudem muss die Gesellschaft einen guten Leumund haben (Art. 3 Abs. 4 lit. d, Art. 4 APRL). 25.17 In Deutschland sind die Zulassungsvoraussetzungen für Abschlussprüfer in §§ 8 ff. WPO geregelt, für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in § 28 WPO.

54  Vgl. bereits ErwG 3, 4 der 8. RL. 55  Näher zu den IFRS → 24.8. 56  Die Mitgliedstaaten dürfen hier allerdings höchstens eine 75%-Mehrheit verlangen; bei zwei Organmitgliedern genügt es, wenn eines die Voraussetzungen erfüllt. 57  Die diesbezüglichen Anforderungen wurden erst durch die APRL (vgl. dazu KOM(2004) 177, S. 5; Tiedje WPg 2006, 593, 595) und dann erneut durch die RL 2014/56/EU (vgl. dazu KOM(2011) 778, S. 7) deutlich liberalisiert.

§ 25 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO)

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b)  Kontinuierliche Fortbildung Um zu gewährleisten, dass Abschlussprüfer ihre theoretischen Kenntnisse, ihr be- 25.18 rufliches Können und ihre beruflichen Wertmaßstäbe fortwährend auf einem ausreichend hohen Stand halten, verlangt Art. 13 APRL eine kontinuierliche Fortbildung im Rahmen angemessener Programme.58 Im deutschen Recht ist die Fortbildungspflicht in § 43 Abs. 2 S. 4 WPO statuiert. c)  Gegenseitige Anerkennung Art. 14 APRL regelt die Zulassung von Abschlussprüfern aus anderen Mitglied- 25.19 staaten. Die Mitgliedstaaten dürfen dafür höchstens einen maximal 3-jährigen Anpassungslehrgang oder eine Eignungsprüfung verlangen. Das deutsche Recht verlangt eine Eignungsprüfung; die Einzelheiten sind in §§ 131g ff. WPO geregelt. Durch die RL 2014/56/EU (→ 25.7) wurde in Art. 3a APRL erstmals auch die An- 25.20 erkennung von Prüfungsgesellschaften geregelt (sog. Europäischer Pass).59 Art. 3a Abs. 1 APRL gestattet es einer in einem Mitgliedstaat zugelassenen Prüfungsgesellschaft, Abschlussprüfungen auch in einem anderen Mitgliedstaat durchzuführen, wenn der verantwortliche Prüfungspartner die Zulassungsvoraussetzungen für Abschlussprüfer im Aufnahmemitgliedstaat erfüllt. Erforderlich ist allerdings eine Registrierung bei der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats (Art. 3a Abs. 2, 3 APRL). In Deutschland wurde zur Umsetzung dieser neuen Regelungen durch das APAReG (→ 25.10) ein neuer Achter Teil (§§ 131–131b WPO) eingeführt.60 2.  Registrierung Zur Schaffung von Transparenz und zum Schutz Dritter61 müssen Abschlussprüfer 25.21 und Prüfungsgesellschaften in ein elektronisch geführtes und der Öffentlichkeit zugängliches Register eingetragen sein (Art. 15 Abs. 1, 2 APRL); die Details sind in Art. 15–20 APRL geregelt. In Deutschland wird das Berufsregister (§§ 37–40a WPO) von der Wirtschaftsprüferkammer geführt und ist online zugänglich62.

58 Die ausdrückliche Fortbildungspflicht war eine wesentliche Neuerung der APRL, vgl. dazu Lanfermann DB 2005, 2645; Tiedje WPg 2006, 593, 594. 59  Vgl. dazu Kleinmanns StuB 2014, 524, 526. 60  Vgl. dazu BR-Drs. 366/15, S. 129 ff.; Tebben StuB 2015, 738, 741. 61  Vgl. ErwG 8 APRL; KOM(2004) 177, S. 5; KOM(78) 168, Begründung zu Art. 12. 62 .

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§ 25 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO)

3.  Berufsgrundsätze a)  Allgemeine Berufsgrundsätze 25.22 Art. 21 Abs. 1 APRL verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass alle Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften an Berufsgrundsätze gebunden sind, die zumindest ihre Funktion für das öffentliche Interesse, ihre Integrität und Unparteilichkeit (→ 25.22 ff.) sowie die Fachkompetenz und Sorgfalt zum Gegenstand haben. Der durch die RL 2014/56/EU (→ 25.7) eingeführte Art. 21 Abs. 2 APRL betont zudem nachdrücklich das Erfordernis einer kritischen Grundhaltung (professional scepticism)63, deren Fehlen als eine der Hauptursachen von Fehlern bei der Abschlussprüfung gilt64. In Deutschland sind die allgemeinen Berufspflichten in § 43 Abs. 1, 2 WPO gere25.23 gelt. Das Erfordernis der kritischen Grundhaltung galt zwar schon bislang als ungeschriebener Berufsgrundsatz und war auch in den IDW-Prüfungsstandards65 enthalten, wurde nun aber durch das APAReG (→ 25.10) ausdrücklich in § 43 Abs. 4 WPO verankert.66 b)  Unabhängigkeit 25.24 Ein ganz zentrales und wesentliches Element ist die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer.67 Die Harmonisierung der Unabhängigkeitsanforderungen war einer der Kernpunkte der APRL 2006, die insoweit weitgehend auf der Empfehlung 2002/590/EU68 aufbaute.69 Durch die RL 2014/56/EU (→ 25.7) wurden die Anforderungen aber noch wesentlich erhöht, zudem wurden durch die APVO noch deutlich schärfere Anforderungen für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften von PIE eingeführt. aa)  Anforderungen für alle Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften 25.25 Gem. Art. 22 Abs. 1 UAbs. 1 APRL müssen Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sowie alle natürlichen Personen, die in der Lage sind, das Ergebnis der Abschlussprüfung direkt oder indirekt zu beeinflussen, bei der Durchführung einer Abschlussprüfung von dem geprüften Unternehmen unabhängig und nicht in dessen 63  Vgl. dazu Hennrichs ZGR 2015, 248, 264; Kleinmanns StuB 2014, 524, 526; Scheffler AG 2014, R196; s. ferner auch Hakelmacher WPg 2016, 159. 64 Vgl. Loy/Roestel WPg 2016, 487, 492; Poll ZGR 2015, 234, 240. 65  IDW PS 210 Rn. 14. 66  Vgl. dazu BegrRegE z. APAReg, BR-Drs. 366/15, S. 87; Kelm/Schneiß/Herkendell WPg 2016, 60, 66 f.; Schüppen NZG 2016, 247, 249. 67  Vgl. ErwG 6 S. 1 RL 2014/56/EU. 68  Fn. 15. 69  Vgl. BegrRegE z. BilMoG, BR-Drs. 344/08, S. 83; Klein/Klaas WPg 2006, 885, 889; Lanfermann DB 2005, 2645, 2646; Tiedje WPg 2006, 593, 595 ff.

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Entscheidungsprozesse eingebunden sein. Es müssen angemessene Maßnahmen ergriffen werden, dass die Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt wird, auch nicht durch andere Mitglieder eines ggf. bestehenden Netzwerks70 (Art. 22 Abs. 1 UAbs. 3 APRL). Die Abschlussprüfung darf insbesondere nicht ausgeführt werden, wenn eine Gefahr der Selbstüberprüfung, des Eigeninteresses, der Interessenvertretung, der Vertrautheit oder der Einschüchterung besteht (Art. 22 Abs. 1 UAbs. 4 APRL). Eine unmittelbare oder mittelbare finanzielle Beteiligung am geprüften Unternehmen ist − abgesehen von bestimmten Ausnahmefällen − grundsätzlich verboten (vgl. Art. 22 Abs. 2, 4 APRL). Art. 22 Abs. 5 APRL statuiert ein Geschenkverbot, Art. 22 Abs. 6 APRL adressiert die Problematik von M&A-Transaktionen beim geprüften Unternehmen. Art. 22a APRL normiert eine Cooling-Off-Periode für den Wechsel in bestimmte Positionen bei dem geprüften Unternehmen (zentrale Führungsposition, Prüfungsausschussmitglied, nicht geschäftsführendes Mitglied des Verwaltungsorgans oder Mitglied des Aufsichtsorgans); sie beträgt für Abschlussprüfer und verantwortliche Prüfungspartner von PIE 2 Jahre, für andere Abschlussprüfer, Mitarbeiter und Partner 1 Jahr. Art. 22b APRL verpflichtet Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften vor Annahme bzw. Fortsetzung eines Mandats zur Prüfung und Dokumentation der Unabhängigkeitserfordernisse. Art. 24 APRL verlangt Schutzvorkehrungen gegen die Unabhängigkeit gefährdende Eingriffe der Anteilseigner und Organmitglieder in die Abschlussprüfung. Art. 25 APRL normiert Grundsätze für Prüfungshonorare, da auch deren Höhe und/oder Zusammensetzung die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer gefährden kann71. Die Mitgliedstaaten müssen durch angemessene Regelungen gewährleisten, dass die Prüfungshonorare nicht von der Erbringung zusätzlicher Leistungen abhängig und an keinerlei Bedingungen geknüpft sind. In Deutschland gehört die Unabhängigkeit zu den allgemeinen Berufspflichten von Wirtschaftsprüfern (vgl. § 43 Abs. 1 S. 1 WPO). Die Unabhängigkeitsvorschriften waren zudem bereits auf der Basis der Empfehlung 2002/590/EG72 und des Entwurfs für die APRL73 durch das BilReG (→ 25.9) umfassend reformiert worden (vgl. §§ 319, 319a HGB i.d.F.d. BilReG). Die Neuerungen durch die RL 2014/56/EU (→ 25.7) wurden durch das APAReG (→ 25.10) umgesetzt. Es brachte u.a. weitere Modifikationen in §§ 319, 319a HGB; die Einführung der durch Art. 22a APRL geforderten CoolingOff-Periode für den Wechsel zum geprüften Unternehmen in § 43 Abs. 3 WPO74 sowie der durch Art. 22b APRL geforderten Dokumentationspflichten in § 51b Abs. 5 S. 2 und 3 WPO75. Die Vergütung ist in §§ 55, 55a WPO geregelt.

70  Legaldefinition in Art. 2 Nr. 7 APRL. 71  Vgl. ErwG 11 S. 5 APRL. 72  Fn. 15. 73  Fn. 18. 74  Vgl. dazu BegrRegE z. APAReG, BR-Drs. 366/15, S. 86. 75  Vgl. dazu BegrRegE z. APAReG, BR-Drs. 366/15, S. 90.

25.26

25.27

25.28 25.29

25.30

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bb)  Spezielle Anforderungen für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften von PIE 25.31 Für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften von PIE normiert die APVO weitergehende Anforderungen in Bezug auf Aspekte, die als besonders gefährlich für die Unabhängigkeit erscheinen.76 (1)  Prüfungshonorare 25.32 Eine Gefahr für die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer bzw. Prüfungsgesellschaften kann sich insbesondere aus der Höhe bzw. Zusammensetzung der Prüfungshonorare ergeben.77 Art. 4 Abs. 1 UAbs. 1 APVO statuiert deshalb ein Verbot ergebnisabhängiger Honorare. Art. 4 Abs. 2 APVO normiert ein Cap für Nichtprüfungsleistungen: Die Gesamthonorare für erlaubte Nichtprüfungsleistungen (→ 25.33 ff.) werden auf maximal 70 % der durchschnittlichen Prüfungshonorare der vergangenen 3 Jahre begrenzt.78 Art. 4 Abs. 3 APVO adressiert die Gefahr einer übermäßigen Abhängigkeit von einem bestimmten Mandat79: Wenn die von einer PIE gezahlten Honorare über einen Zeitraum von 3 Jahren mehr als 15 % der Gesamthonorare eines Abschlussprüfers bzw. einer Prüfungsgesellschaft ausmachen, muss der Prüfungsausschuss in Kenntnis gesetzt und mit ihm über Gefahren und Schutzmaßnahmen beraten werden.80 (2)  Nichtprüfungsleistungen 25.33 Die Gefahr einer Beeinträchtigung der Unabhängigkeit durch Nichtprüfungsleistungen81 wird durch Art. 5 APVO adressiert.82 Art. 5 Abs. 1 APVO normiert eine blacklist von Nichtprüfungsleistungen, deren Erbringung innerhalb des Zeitraums zwi76  Vgl. ErwG 7 S. 1, 8 S. 1, 10 S. 1, 21 S. 1 APVO. 77  Vgl. ErwG 7 S. 1 APVO; s. auch bereits → 25.29. 78  Vgl. dazu Buhleier/Niehues/Splinter DB 2016, 1885, 1892; Kelm/Schmitz-Herkendell DB 2016, 2365, 2372 f.; Lanfermann/Maul BB 2015, 1003, 1005; Lenz DB 2016, 2555, 2556 ff.; Merkt ZHR 179 (2015) 601, 622; Probst/Szondy WPg 2017, 176, 180; Schilha ZIP 2016, 1316, 1326; Velte DStR 2014, 1688, 1692; s. ferner auch Simon-Heckrodt/Lüdders WPg 2017, 248 ff. 79  Vgl. dazu auch ErwG 7 S. 2–4 APVO. 80  Vgl. dazu Lenz DB 2016, 2555, 2556 ff.; Merkt ZHR 179 (2015) 601, 622, 625; Schilha ZIP 2016, 1316, 1326; Van der Elst (2015) 12 ECL 26, 32; Velte DStR 2014, 1688, 1692. 81  Vgl. ErwG 8 S. 1 APVO. 82  Vgl. dazu näher Beul DB 2015, 1173, 1178 f.; Buhleier/Niehues/Splinter DB 2016, 1885, 1886, 1890 f.; Bürkle VersR 2016, 1145, 1149 f.; Hakelmacher WPg 2015, 159, 161; Hennrichs ZGR 2015, 248, 261 ff.; Hennrichs/Bode NZG 2016, 1281 ff.; Hopt ZGR 2015, 186, 189 f.; Kelm/Naumann WPg 2016, 653, 657 f.; Kelm/Schmitz-Herkendell DB 2016, 2365, 2369 ff.; Klaas WPg 2016, 763 ff.; Lanfermann BB 2014, 1771 ff.; Lanfermann/Maul BB 2015, 1003, 1004; Lenz DB 2016, 2555, 2557; Merkt ZHR 179 (2015) 601, 620 ff.; Quick DB 2016, 1205, 1208 f.; M. Schmidt DB 2016, 1945, 1946; Schüppen NZG 2016, 247, 252; Schürnbrand AG 2016, 70, 73 ff.; Van der Elst (2015) 12 ECL 26, 32 f.; Velte DStR 2014,

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schen dem Beginn des Prüfungszeitraums und der Abgabe des Bestätigungsvermerks83 generell verboten ist. Dazu gehören gem. Art. 5 Abs. 1 UAbs. 2 APVO u.a.: bestimmte Steuerberatungsleistungen (lit. a); Leistungen, mit denen eine Teilnahme an der Führung oder an Entscheidungen des geprüften Unternehmens verbunden ist (lit. b) (z.B. Working Capital Management, Cash Management, Verrechnungspreisgestaltung, Effizienzoptimierung bei Lieferketten)84; Bewertungsleistungen (lit. f); Leistungen im Zusammenhang mit der Finanzierung, der Kapitalstruktur und -ausstattung sowie der Anlagestrategie (lit. i, es gelten aber Ausnahmen); bestimmte Personaldienstleistungen (lit. k). Die Mitgliedstaaten können allerdings noch weitere Nichtprüfungsleistungen verbieten (Art. 5 Abs. 2 APVO). Umgekehrt können sie unter den Art. 5 Abs. 3 APVO normierten Voraussetzungen bestimmte Nichtprüfungsleistungen doch zulassen. Alle anderen Nichtprüfungsleistungen bedürfen der Billigung durch den Prü- 25.34 fungsausschuss (Art. 5 Abs. 4 APVO).85 Zudem gilt das Honorarcap des Art. 4 Abs. 2 APVO (→ 25.32). Deutschland hat durch das AReG (→ 25.10) von der Option des Art. 5 Abs. 3 25.35 APVO Gebrauch gemacht und durch § 319a HGB in beschränktem Umfang Steuerund Beratungsleistungen zugelassen.86 (3)  Rotation Um der Gefahr eines Verlusts der Unabhängigkeit durch eine zu große Vertrautheit 25.36 des Prüfers mit dem Unternehmer entgegenzuwirken87, war für PIE bereits mit der APRL eine Pflicht zur internen Rotation (d.h. des Wechsels des verantwortlichen Prüfungspartners) nach 7 Jahren eingeführt worden (Art. 42 Abs. 2 APRL 2006).88 Art. 17 APVO geht nun noch deutlich weiter und verlangt neben der internen auch

1688, 1691 f. Zu Vor- und Nachteilen der Trennung von Prüfung und Beratung: Heß/ Stefani WPg 2012, 1177 ff.; Velte EWS 2012, 220 ff. 83  Vgl. Art. 5 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a APVO. Nichtprüfungsleistungen gem. Art. 5 Abs. 1 UAbs. 2 lit. e APVO sind zudem auch während des vorausgehenden Geschäftsjahres verboten. 84  Vgl. ErwG 8 S. 3 APVO. 85  Vgl. dazu Bode BB 2017, 491 f.; Lanfermann BB 2016, 1834 ff.; Schilha ZIP 2016, 1316, 1325 f. 86  Vgl. dazu BegrRegE z. AReG, BR-Drs. 635/15, S. 46 f.; Bericht Rechtsausschuss z. AReG, BT-Drs. 18/7902, S. 54; Bode BB 2017, 491, 492 ff.; Blöink/Kumm BB 2015, 1067, 1068 f.; dies. BB 2016, 107 f.; dies. Konzern 2016, 75, 80; Buhleier/Niehues/Splinter DB 2016, 1885, 1890; Bürkle VersR 2016, 1145, 1150; Hennrichs/Bode NZG 2016, 1281, 1282; Hoffmann DB 2/2016, M5; Kelm/Naumann WPg 2016, 653, 658; Kelm/Schmitz-Herkendell DB 2016, 2365, 2369 ff.; Quick DB 2016, 1205, 1208 f.; Schilha ZIP 2016, 1316, 1325; M. Schmidt DB 2016, 1945, 1946; Schüppen NZG 2016, 247, 252; Velte WPg 2016, 125, 127 f.; Velte/Stawinoga StuB 2016, 297, 299. 87  Vgl. ErwG 26 S. 1 APRL; ErwG 21 S. 1 APVO. Vgl. ferner auch Böcking/Gros ZGR 2015, 305, 313. 88  Vgl. dazu Habersack NZG 2007, 207, 208, 211; Klein/Klaas Wpg 2006, 885, 891; Lanfermann DB 2005, 2645, 2648; Tiedje WPg 2006, 593, 601; Weber AG 2005, 877 ff.

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eine externe Rotation.89 Rechtspolitisch war dies von Anfang an ein höchst kontroverses Thema. Denn die Pflichtrotation bedeutet einen Eingriff in den Markt und die Entscheidungsfreiheit der Unternehmen.90 Zudem kann sich eine langjährige und umfassende Kenntnis des geprüften Unternehmens gerade auch positiv auf die Qualität der Prüfung auswirken.91 Ein Prüferwechsel bringt hingegen erheblichen Aufwand und Kosten mit sich, der neue Prüfer muss sich zudem erst einarbeiten.92 25.37 Externe Rotation: Art. 17 Abs. 1 UAbs. 2 APVO normiert für das Mandat eines Abschlussprüfers bzw. einer Prüfungsgesellschaft eine grundsätzliche Höchstlaufzeit von 10 Jahren; anschließend gilt gem. Art. 17 Abs. 3 APVO eine 4-jährige CoolingOff-Periode. Die Mitgliedstaaten können allerdings auch eine geringere Höchstlaufzeit vorsehen (Art. 17 Abs. 2 lit. b APVO). Anderseits eröffnet Art. 17 Abs. 4 APVO den Mitgliedstaaten aber auch die Option, die Höchstlaufzeit im Falle einer öffentlichen Ausschreibung auf 20 Jahre (lit. a) und im Falle von joint audits93 sogar auf 24 Jahre (lit. b) zu verlängern. In Ausnahmefällen kann das Mandat zudem durch eine Entscheidung der zuständigen Behörde um max. 2 weitere Jahre verlängert werden (Art. 17 Abs. 6 APVO). Interne Rotation: Der verantwortliche Prüfungspartner muss spätestens nach 25.38 7 Jahren wechseln, anschließend gilt eine 3-jährige Cooling-Off-Periode (Art. 17 Abs. 7 UAbs. 1 APVO). Die Mitgliedstaaten können allerdings auch hier eine kürzere Rotationsfrist vorsehen (Art. 17 Abs. 7 UAbs. 2 APVO). Außerdem muss ein angemessenes graduelles Rotationssystem für das an der Abschlussprüfung beteiligte Führungspersonal eingeführt werden (Art. 17 Abs. 7 UAbs. 3 APVO). Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem AReG (→ 25.10) zwar im Grundsatz von 25.39 der Option Gebrauch gemacht, die Höchstlaufzeit von Mandaten auf 20 Jahre bzw. bei joint audits sogar auf 24 Jahre zu erhöhen (§ 318 Abs. 1a HGB); Grund war die Erwägung, dass jede externe Rotation die Gefahr eines erheblichen Verlustes an Informationen über das geprüfte Unternehmen birgt, der sich negativ auf die Prüfungsqualität auswirken kann.94 Für Kreditinstitute und Versicherungen hat er es aber aufgrund 89 Vgl. dazu Baumüller/Nguyen IRZ 2017, 273 ff.; Hakelmacher WPg 2015, 159, 161 f.; Hennrichs ZGR 2015, 248, 253 ff.; Hopt ZGR 2015, 186, 190 ff.; Kelm/Schmitz-Herkendell DB 2016, 2365, 2366 ff.; Lanfermann BB 2014, 2348, 2349 f.; Merkt ZHR 179 (2015) 601, 622 ff.; Quick DB 2016, 1205 ff.; M. Schmidt DB 2016, 1945 f.; Schüppen NZG 2016, 247, 250 f.; Velte DStR 2014, 1688, 1689 f. 90 Vgl. Beul DB 2015, 1173 ff.; Hennrichs ZGR 2015, 248, 254; Köthner BB 8/2014, I. 91 Vgl. Beul DB 2015, 1173, 1177; Böcking/Gros ZGR 2015, 305, 313; Hakelmacher WPg 2015, 159, 162; Hennrichs ZGR 2015, 248, 255; Hopt ZGR 2015, 186, 192 f. 92 Vgl. Merkt ZHR 179 (2015) 601, 623 f. Zu den empirischen Auswirkungen einer Prüferrotation: Köhler/Gehring BB 2015, 235 ff.; s. ferner auch Velte WPg 2012, 317 ff.; ders. DStR 2016, 1944, 1945 f.; Velte/Freidank (2015) 40 Eur J Law Econ 225 ff.; speziell zu den Folgen für den deutschen Prüfungsmarkt: Weber/Velte/Stock WPg 2016, 660 ff. 93  Mehr als ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft werden gleichzeitig beauftragt und legen einen gemeinsamen Bestätigungsvermerk vor. Zu Vor- und Nachteilen solcher joint audits Quick/F. Schmidt/Simons WPg 2016, 11 ff.; dies. WPg 2016, 195 ff.; Ratzinger/Sakel DB 2015, 2524 ff.; Velte DStR 2016, 1944, 1948 f.; ders. WPg 2016, 125, 127. 94  Vgl. BegrRegE z. AReG, BR-Drs. 635/15, S. 31, 36, 42. Vgl. dazu auch Blöink/Kumm BB 2015, 1067, 1069; dies. BB 2016, 107, 108; dies. Konzern 2016, 75, 82; Buhleier/Niehues/

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ihrer besonderen Bedeutung für den Finanzmarkt bei der Regelfrist von 10 Jahren für die externe Rotation belassen (§§ 340k Abs. 1 S. 1 Hs. 2, 341k Abs. 1 S. 2 HGB).95 Sparkassen und Genossenschaften wurden hingegen wegen des gesetzlichen Dauermandats zur Prüfung auf der Basis der Mitgliedstaatenoption des Art. 2 Abs. 3 APVO (→ 25.13) von der externen Rotationspflicht ausgenommen (§ 340k Abs. 4 S. 1 HGB, § 53 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 GenG).96 (4)  Spezielle Dokumentations- und Transparenzpflichten Der Wahrung der Unabhängigkeit dienen schließlich auch gesteigerte Dokumenta- 25.40 tions- und Transparenzpflichten.97 Gem. Art. 6 Abs. 1 APVO müssen Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften von PIE vor Annahme oder Fortsetzung eines Mandats über die Vorgaben des Art. 22b APRL (→ 25.27) hinaus auch beurteilen und dokumentieren, ob den Vorgaben der Art. 4, 5 und 17 APVO (→ 25.32 ff.) entsprochen wurde und die Integrität der Organmitglieder der PIE gewahrt ist. Außerdem müssen sie gem. Art. 6 Abs. 2 APVO jährlich gegenüber dem Prüfungsausschuss der PIE ihre Unabhängigkeit erklären (lit. a) und mit ihm Gefahren für die Unabhängigkeit und etwaige Schutzmaßnahmen erörtern (lit. b). Art. 7 APVO verpflichtet sie ferner dazu, die PIE auf etwaige Unregelmäßigkeiten hinzuweisen und zur Ergreifung angemessener Maßnahmen aufzufordern. c)  Verschwiegenheitspflicht Art. 23 APRL bindet Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften an strenge Regeln 25.41 über die Verschwiegenheit und das Berufsgeheimnis.98 Im deutschen Recht gehört die Verschwiegenheitspflicht gem. § 43 Abs. 1 S. 1 WPO zu den allgemeinen Berufspflichten des Wirtschaftsprüfers. d)  Interne Organisation und Arbeitsorganisation Die durch die RL 2014/56/EG (→ 25.7) eingeführten Art. 24a und 24b APRL normie- 25.42 ren strenge Anforderungen an die interne Organisation und Arbeitsorganisation von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften (sog. internes QualitätssicherungsSplinter DB 2016, 1885, 1886; Schüppen NZG 2016, 247, 250 f.; Velte WPg 2016, 125, 126; Velte/Stawinoga StuB 2016, 297, 298. 95  Vgl. BegrRegE z. AReG, BR-Drs. 635/15, S. 31, 36, 42 f.; Blöink/Kumm BB 2016, 107, 108; dies. Konzern 2016, 75, 82; Buhleier/Niehues/Splinter DB 2016, 1885, 1886; Bürkle VersR 2016, 1145, 1152; Schüppen NZG 2016, 247, 250 f.; Velte WPg 2016, 125, 127; Velte/ Stawinoga StuB 2016, 297, 298. 96  Vgl. BegrRegE z. AReG, BR-Drs. 635/15, S. 31, 36 f., 58, 71. Vgl. dazu sowie allg. zu Ausnahmen für Sparkassen und Genossenschaften Quick DB 2016, 1205, 1212 f. 97  Vgl. ErwG 10 S. 1 APVO. 98  Vgl. auch ErwG 10 APRL.

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system). Der deutsche Gesetzgeber hat dies im Rahmen des APAReG (→ 25.10) durch die Neufassung des § 55b WPO sowie Neuerungen in §§ 43 Abs. 5, 6, 51b Abs. 5, 51c WPO umgesetzt.99 4.  Prüfungsstandards und Bestätigungsvermerk a)  Prüfungsstandards 25.43 Um eine gleich bleibend hohe Qualität zu gewährleisten, gestatten Art. 26 APRL und Art. 39 APVO es der Kommission, internationale Prüfungsstandards zum Zwecke ihrer Anwendung innerhalb der Union anzunehmen.100 Konkret bezieht sich dies auf die International Standards on Auditing (ISA)101, den International Standard on Quality Control 1 und andere damit zusammenhänge Standards, die vom Internationalen Wirtschaftsprüferverband (IFAC) über das International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB)102 herausgegeben wurden, soweit sie für die Abschlussprüfung relevant sind (vgl. Art. 26 Abs. 2 APRL). Die Annahme solcher ISA erfolgt durch einen delegierten Rechtsakt der Kommission gem. Art. 48a APRL bzw. Art. 39 APVO und darf nur erfolgen, wenn die in Art. 26 Abs. 3 UAbs. 2 APRL statuierten Voraussetzungen erfüllt sind. Bislang hat die Kommission jedoch keine ISA angenommen. Solange und soweit sie dies nicht tut, können die Mitgliedstaaten weiterhin nationale Prüfungsstandards, Prüfverfahren oder Prüfungsanforderungen anwenden (Art. 26 Abs. 1 UAbs. 2 APRL).103 In Deutschland gelten die IDW-Prüfungsstandards104, in die wesentliche Neure25.44 gelungen der ISA aber schon seit Längerem eingearbeitet werden105. b)  Bestätigungsvermerk 25.45 Gem. Art. 28 Abs. 1 S. 1 APRL müssen der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft die Ergebnisse der Abschlussprüfung in einem Bestätigungsvermerk darlegen.106 Sein Inhalt wurde erstmals durch die EU-Bilanz-RL (→ 23) harmonisiert, durch die RL 2014/56/EU (→ 25.7) wurde die Vorschrift dann aber nochmals neu   99 Vgl. dazu BegrRegE z. APAReG, BR-Drs. 366/15, S. 93 ff.; Farr WPg 2017, 299 ff.; Farr/ Niemann DStR 2016, 1231 ff.; Kelm/Schneiß/Schmitz-Herkendell WPg 2016, 60, 62 ff. 100 Vgl. dazu Beul DB 2015, 1173, 1179 ff.; Inwinkl/Kortenbusch/Schneider Konzern 2008, 215 ff. 101 Zur Bedeutung der ISA für die Abschlussprüfung in Europa und Deutschland: Merkt ZGR 2015, 215 ff. 102 Näher zur Arbeit des IAASB: Köhler ZGR 2015, 204 ff. 103  Vgl. auch EuG v. 16.7.2014, Isotis ./. Kommission, T-59/11, ECLI:EU:T:2014:679, Rn. 187 f. 104 Aktuelle Liste: . 105 Vgl. Merkt ZGR 2015, 215, 221. 106 Vgl. dazu auch Hakelmacher WPg 2015, 159, 166; Hoffmann StUB 2014, 629 ff.; ders. StuB 2015, 849, 850; Köhler WPg 2015, 109 ff.

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gefasst. Art. 28 Abs. 2 UAbs. 1 APRL107 normiert aber nur einen Mindestinhalt, die Mitgliedstaaten können zusätzliche Anforderungen festlegen (Art. 28 Abs. 2 UAbs. 2 APRL). Kern des Bestätigungsvermerks ist das Prüfungsurteil (Art. 28 Abs. 2 UAbs. 1 lit. c APRL), das zweifelsfrei darüber Auskunft gibt, ob der Jahresabschluss bzw. konsolidierte Abschluss im Einklang mit den jeweils maßgebenden Rechnungslegungsgrundsätzen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild (true and fair view) vermittelt und ob (soweit einschlägig) der Jahresabschluss den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Zulässig sind nur vier Varianten: (1) uneingeschränktes Testat, (2) eingeschränktes Testat, (3) negatives Testat, (4) Angabe, dass der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft nicht in der Lage ist, ein Prüfungsurteil abzugeben. Im deutschen Recht ist der Bestätigungsvermerk in § 322 HGB geregelt. Für PIE schreibt Art. 10 Abs. 2 APVO für den Bestätigungsvermerk eine ganze 25.46 Reihe zusätzlicher Angaben vor, insbesondere auch eine Beschreibung der bedeutsamsten beurteilten Risiken wesentlicher falscher Darstellungen (lit. c, vergleichbar mit den key audit matters [KAM] nach ISA 701).108 Außerdem muss hier zusätzlich (nach deutschem Vorbild, vgl. § 321 HGB) ein Bericht an den Prüfungsausschuss nach Maßgabe des Art. 11 APVO erfolgen.109 5.  Verstärkte Transparenz bei PIE Um das Vertrauen in Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften von PIE zu erhöhen 25.47 und deren Haftung zu verstärken110, müssen diese jährlich einen Transparenzbericht mit dem in Art. 13 APVO spezifizierten Inhalt veröffentlichen. Dazu gehören neben Informationen zur Rechts- und Eigentümerstruktur, zu einem etwaigen Netzwerk, zur Leitungsstruktur, zum internen Qualitätssicherungssystem, zu den geprüften PIE, zur Unabhängigkeit und zur Fortbildung auch Angaben zur Vergütung der Partner, zur Rotation sowie näher aufgeschlüsselte Angaben zum Gesamtumsatz. Art. 12 APVO verpflichtet die Abschlussprüfer bzw. Prüfungsgesellschaften von 25.48 PIE zudem – in Parallele zu Art. 73, 77 MiFID II (→ 32.80), Art. 32 MAR (→ 35.84), Art. 106 OGAW-RL (→ 38.87), Art. 65 CSDR (→ 39.27), − zum „whistle-blowing“ gegenüber den Behörden.111

107 Vgl. dazu Velte DStR 2014, 1688, 1693 f. 108 Vgl. dazu AKEU BB 2017, 107 ff.; Hoffmann StuB 2014, 669 ff.; ders. StuB 2014, 709 ff.; ders. StuB 2016, 125, 126; Köhler WPg 2015, 109 ff.; Ratzinger-Sakel WPg 2016, 1217, 1219 f.; Skirk WPg 2017, 57; Velte DStR 2014, 1688, 1693 f.; Quick DB 2016, 1205, 1210; Schüppen NZG 2016, 247, 250; Velte DStR 2014, 1688, 1693 f. 109 Vgl. dazu Hakelmacher WPg 2015, 159, 164 f.; Hennrichs ZGR 2015, 248, 265; Hoffmann DB 21/2015, M5; Marsch-Barner FS Müller-Graff, 2015, S. 282, 288; RatzingerSakel WPg 2016, 1217, 1220 ff.; Velte DStR 2014, 1688, 1692 f.; ders. WPg 2016, 125, 130; Velte/Stawinoga StuB 2016, 297, 301; bereits zum Entwurf: Hommelhoff DB 2012, 389 ff., 445 ff. 110 Vgl. ErwG 17 S. 1 APVO. 111 Vgl. dazu ErwG 17 RL 2014/56/EU.

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6.  Bestellung und Abberufung a)  Bestellung 25.49 Um die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft vom Management zu gewährleisten112, bestimmt Art. 37 Abs. 1 APRL, dass für die Bestellung grundsätzlich die Mitglieder- bzw. Gesellschafterversammlung zuständig ist. Die Mitgliedstaaten können aber alternative Systeme oder Modalitäten zulassen, sofern diese darauf ausgerichtet sind, diese Unabhängigkeit zu gewährleisten (Art. 37 Abs. 2 APRL). Bei PIE muss der Prüfungsausschuss nach Maßgabe des Art. 16 Abs. 2 APVO 25.50 eine begründete Empfehlung für die Bestellung vorlegen, der (außer im Falle der Erneuerung eines Mandats und in den Fällen des Art. 16 Abs. 4 APVO) ein Auswahlverfahren vorauszugehen hat (Art. 16 Abs. 3 APVO).113 Der an die Gesellschafter- oder Hauptversammlung gerichtete Vorschlag für die Bestellung muss diese Empfehlung enthalten bzw. begründen, weshalb hiervon abgewichen wird (Art. 16 Abs. 5 APVO). Um die Marktdiversität zu fördern114 und die Entscheidungsfreiheit der Haupt25.51 bzw. Gesellschafterversammlung zu gewährleisten115, erklären Art. 37 Abs. 3 APRL und Art. 16 Abs. 6 APVO sämtliche Vertragsklauseln, die die Auswahlmöglichkeit auf bestimmte Kategorien oder Listen beschränken (d.h. insbesondere sog. „Big Four“Klauseln), für nichtig. In Deutschland wird der Abschlussprüfer von den Gesellschaftern gewählt (§ 318 25.52 Abs. 1 S. 1 HGB), bei GmbH und Kapitalgesellschaften & Co lässt § 318 Abs. 1 S. 2 HGB (in Umsetzung der Option des Art. 37 Abs. 2 APRL) aber eine abweichende Regelung in der Satzung zu. Das Klauselverbot des Art. 37 Abs. 3 APRL wurde durch das APAReG (→ 25.10) in § 318 Abs. 1b HGB normiert.116 b)  Abberufung 25.53 Um die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers zu schützen117, ist eine Abberufung nur bei Vorliegen triftiger Gründe zulässig (Art. 38 Abs. 1 S. 1 APRL); Art. 38 Abs. 1 S. 2 APRL stellt klar, dass Meinungsverschiedenheiten über Bilanzierungsmethoden 112 Vgl. Art. 37 Abs. 2 APRL. 113 Vgl. dazu Bode BB 2016, 1707 ff.; Buhleier/Niehues/Splinter DB 2016, 1885, 1888 ff.; Bürkle VersR 2016, 1145, 1151 f.; Gundel/Hommelhoff/Lanfermann DB 2017, 171 ff.; Kelm/Naumann WPg 2016, 653, 656 f.; Kelm/Schmitz-Herkendell DB 2016, 2365, 2373; Lanfermfann BB 2014, 2348, 2350 f.; Lanfermann/Maul BB 2015, 1003, 1006 f.; MarschBarner FS Müller-Graff, 2015, S. 282, 286 f.; Merkt ZHR 179 (2015) 601, 629 ff.; Meyer/ Mattheus DB 2016, 695, 697; Nonnenmacher FS Haarmann, 2015, S. 143, 156 ff.; Schilha ZIP 2016, 1316, 1326 f.; Schüppen NZG 2016, 247, 251 f.; Schürnbrand AG 2016, 70, 76 f. 114 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1225. 115 Vgl. ErwG 19 APVO. 116 Vgl. BegrRegE z. AReG, BR-Drs. 635/15, S. 43. 117 Vgl. ErwG 22 APRL.

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oder Prüfverfahren keinen solchen wichtigen Grund darstellen. Bei PIE müssen eine 5%-Anteilseignerminderheit, andere Stellen des geprüften Unternehmens (sofern durch nationales Recht festgelegt) und die zuständigen Behörden die Abberufung bei einem Gericht beantragen können (Art. 38 Abs. 3 APRL). In Deutschland ist dies in § 318 Abs. 3 HGB – der durch das APAReG (→ 25.10) 25.54 novelliert wurde118 − umgesetzt. 7.  Prüfungsausschuss Die Regelungen zum Prüfungsausschuss in Art. 39 APRL (G Art. 41 APRL a.F.) die- 25.55 nen der Verbesserung der Corporate Governance von PIE mit dem Ziel, die interne Leistungsfähigkeit auf dem Gebiet der Rechnungslegung und deren Qualität zu steigern.119 Die APRL stufte damit letztlich zumindest einen Ausschnitt der Empfehlungen zum Prüfungsausschuss in der Empfehlung 2005/162/EG (→ 13.63 ff.) zu verbindlichen RL-Vorgaben hoch. Art. 39 Abs. 1 S. 1 APRL statuiert die Grundregel, dass alle PIE einen Prüfungs- 25.56 ausschuss (audit committee) einrichten müssen. Von dieser Grundregel gibt es allerdings zahlreiche Ausnahmen. Art. 39 Abs. 2 APRL normiert zwei Fallgruppen, in denen die Mitgliedstaaten vorsehen können, dass die Aufgaben des Prüfungsausschusses vom Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan als Ganzem wahrgenommen werden: Zum einen bei Unternehmen i.S.v. Art. 2 Abs. 1 lit. f und t Prospekt-RL (G  Art. 2 lit. f ProspVO120 [→ 34]), also KMU und Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung (UAbs. 1); zum anderen dann, wenn der Prüfungsausschuss Teil des Verwaltungsoder Aufsichtsorgans ist. Art. 39 Abs. 3 APRL gestattet den Mitgliedstaaten zudem, bestimmte Unternehmen vollständig von der Pflicht zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses zu befreien. Gem. Art. 39 Abs. 4 APRL können die Mitgliedstaaten PIE außerdem dann von der Pflicht zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses befreien, wenn die PIE über ein oder mehrere Gremien verfügt, die einem Prüfungsausschuss obliegende Aufgaben wahrnehmen und nach dem nationalen Recht des Registermitgliedstaats gebildet wurden und tätig sind. Die APRL macht zudem Vorgaben für die Zusammensetzung des Prüfungsaus- 25.57 schusses. Art. 41 Abs. 1 UAbs. 1 S. 3 APRL a.F. hatte insoweit nur verlangt, dass mindestens ein Mitglied unabhängig sein und über Sachverstand in Rechnungslegung und/oder Abschlussprüfung verfügen muss (sog. unabhängiger Finanzexperte). Durch die RL 2014/56/EU (→ 25.7) wurden die Anforderungen jedoch deutlich erhöht, um die Unabhängigkeit und fachliche Kompetenz des Prüfungsausschusses zu stärken.121

118 Vgl. BegrRegE z. AReG, BR-Drs. 635/15, S. 44. 119 Vgl. auch ErwG 24 S. 1 APRL; KOM(2004) 177, S. 8 f. 120 Art. 2 Abs. 1 lit. f ProspRL G Art. 2 lit. f Ziff. i ProspVO; Art. 2 Abs. 1 lit. t ProspRL entspricht im Wesentlichen Art. 2 lit. f Ziff. ii ProspVO i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Nr. 13 MiFID II, allerdings wurde die Schwelle auf 200 Mio. Euro (statt 100 Mio. Euro) heraufgesetzt. 121 Vgl. ErwG 24 S. 2 APRL; s. ferner auch Merkt ZHR 179 (2015) 601, 617.

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Erforderlich ist nunmehr erstens weiterhin, dass ein Mitglied122 über Sachverstand im Bereich Rechnungslegung und/oder Abschlussprüfung verfügen muss123 (sog. Finanzexperte, Art. 39 Abs. 1 UAbs. 2 APRL). Zweitens müssen die Ausschussmitglieder in ihrer Gesamtheit mit dem Sektor, in dem das geprüfte Unternehmen tätig ist, vertraut sein (sog. Sektorkenntnis, Art. 39 Abs. 1 UAbs. 3 APRL).124 Drittens müssen die Mehrheit der Ausschussmitglieder und der Vorsitzende unabhängig sein (Art. 39 Abs. 1 UAbs. 4 S. 1, 2 APRL).125 Zur Interpretation des Begriffs der „Unabhängigkeit“ können die in Ziff. 13.1 und Anh. II 2005/162/EG (→ 13.52) normierten Zielvorgaben und Leitlinien herangezogen werden.126 25.58 Art. 39 Abs. 6 APRL enthält einen nicht abschließenden127 Katalog von Aufgaben des Prüfungsausschusses: Unterrichtung des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans über das Ergebnis der Abschlussprüfung (lit. a); Überwachung des Rechnungslegungsprozesses (lit. b), des internen Kontroll- und Risikomanagementsystems (lit. c), der Abschlussprüfung (lit. d) und der Unabhängigkeit der Abschlussprüfer (lit. e); Durchführung des Verfahrens zur Auswahl des/der Abschlussprüfer(s) bzw. Prüfungsgesellschaft(en) (→ 25.50).128 In Deutschland wurden zur Umsetzung des Art. 41 APRL a.F. durch das BilMoG 25.59 (→ 25.9) neue §§ 100 Abs. 5, 107 Abs. 4 AktG129 sowie (als Auffangnorm130) § 324

122 Der Kommissionsentwurf der APVO hatte noch zwei „Finanzexperten“ vorgesehen, vgl. KOM(2011) 779, S. 9, 58 (Art. 31 Abs. 1 UAbs. 2 APVO-E); vgl. dazu Lanfermann/Maul BB 2012, 627, 628. 123 Anders als nach Art. 41 Abs. 1 UAbs. 1 S. 3 APRL a.F. muss dieser Finanzexperte aber nicht mehr zwingend unabhängig sein. 124 Vgl. dazu Van der Elst (2015) 12 ECL 26, 28 f. 125 Vgl. dazu Van der Elst (2015) 12 ECL 26, 29; Velte/Stawinoga StuB 2016, 297, 300. 126 Vgl. AKEIÜ DB 2007, 2129, 2130 f.; Habersack FS Goette, 2011, S. 121, 126 f.; Lanfermann/Maul DB 2005, 1505, 1508; Velte WPg 2015, 482, 488; s. ferner auch BegrRegE z. BilMoG, BR-Drs. 344/08, S. 223 f. 127 Arg. ex „unter anderem“. 128 Vgl. dazu Merkt ZHR 179 (2015) 601, 613 ff.; Nonnenmacher FS Haarmann, 2015, S. 143, 149 ff.; Van der Elst (2015) 12 ECL 26, 29 ff.; Velte DStR 2014, 1688, 1692; ders. WPg 2015, 482, 487 f. 129 Vgl. dazu näher OLG München ZIP 2010, 1082 m. Anm. Mense EWiR 2010, 591 f.; Bürgers/Schiha AG 2010, 221, 227 ff.; Diekmann/Bidmon NZG 2009, 1087 ff.; Erchinger/ Melcher DB 2008, Beil. 1, 56, 59 f.; dies., DB 2009, Beil. 5, 91, 95 ff.; Ernst/Seidler ZGR 2008, 631, 662 ff.; v. Falkenhausen/Kocher ZIP 2009, 1601 ff.; Gesell ZGR 2011, 361 ff.; Habersack FS Goette, 2011, S. 121, 125 ff.; Kropff FS K. Schmidt, 2009, S. 1023 ff.; Lieder (2010) 11 GLJ 115, 140 f.; Lüer FS Maier-Reimer, 2010, S. 385 ff.; Lutter EuZW 2009, 799, 802; Nonnenmacher/Pohle/v. Werder DB 2009, 1447 ff.; J. Schmidt, Die Evolution des deutschen Konzernrechts − 42. DJT (1957) und 59. DJT (1992), in: Bayer (Hrsg.), Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in den Beratungen des Deutschen Juristentages, 2010, S. 407, 471; dies. Der Aufsichtsrat in der Diskussion − 28. DJT (1906) −, in: Bayer (Hrsg.), Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in den Beratungen des Deutschen Juristentages, 2010, S. 159, 183 f.; Staake ZIP 2010, 1013 ff.; E. Vetter ZGR 2010, 751 ff.; ders. FS MaierReimer, 2010, S. 795 ff.; Weber-Rey AG 2008, 345, 347 ff.; Widmann BB 2009, 2602 ff. 130 Vgl. Baumbach/Hopt/Hopt/Merkt § 324 Rn. 1; Habersack AG 2008, 98, 101 ff.; s. ferner auch BegrRegE z. BilMoG, BR-Drs. 344/08, S. 202.

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HGB und eine Reihe weiterer Sonderregelungen131 eingeführt; zudem wurde auch Ziff. 5.3.2 DCGK angepasst132. Die Anpassungen an die neuen Vorgaben aufgrund der RL 2014/56/EU (→ 25.7) erfolgten durch das AReG (→ 25.10). Geändert werden musste insbesondere § 100 Abs. 5 AktG (Streichung des Erfordernisses der Unabhängigkeit des Finanzexperten133; Ergänzung, dass der Aufsichtsrat in seiner Gesamtheit mit dem Sektor, in dem das Unternehmen tätig ist, vertraut sein muss).134 Problematisch ist allerdings, ob die fakultative Ausgestaltung des Prüfungsausschusses in § 107 Abs. 3 S. 2 AktG mit den EU-Vorgaben vereinbar ist.135 Im Februar 2017 wurde auch der DCGK an die neuen Vorgaben aufgrund der RL 2014/56/EU (→ 25.7) angepasst (vgl. Ziff. 5.3.2 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 3 DCGK n.F.).136 8.  Externe Qualitätssicherung Um eine gleich bleibend hohe Prüfungsqualität zu gewährleisten137, sieht Art. 29 25.60 APRL vor, dass alle Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften einem externen Qualitätssicherungssystem unterliegen müssen, das die dort normierten Kriterien erfüllt. Die Einführung solcher Systeme war bereits in der Empfehlung 2001/256/ EG138 enthalten und war auf dieser Basis auch in allen Mitgliedstaaten erfolgt.139 Durch Art. 29 APRL wurden die Anforderungen an solche Systeme aber nicht nur verbindlich vorgeschrieben, sondern auch deutlich verschärft.140 Durch die RL 2014/56/EU (→ 25.7) wurden sie dann nochmals weiter konturiert. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Vorgaben in § 57a WPO umgesetzt; die Qualitätskontrolle wird durch bei der Wirtschaftsprüferkammer registrierte Prüfer für Qualitätskontrolle durchgeführt.141 131 §§ 340k Abs. 5, 341k Abs. 4 HGB n.F.; §§ 124 Abs. 3 S. 2, 171 Abs. 1 S. 3 AktG n.F.; § 52 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F.; §§ 36 Abs. 4, 38 Abs. 1a GenG; § 19 Abs. 1 S. 3, Abs. 4 SCEAG; §§ 27 Abs. 1 S. 4, 34 Abs. 4 S. 4 u. 5 SEAG. 132 Näher zu Ziff. 5.3.2 DCGK K/B/K/W/Kremer Rn. 1286 ff. 133 Kritisch dazu Nodoushani AG 2016, 381 ff.; von Werder/Bartz DB 2017, 769, 776; s. ferner auch bereits Nodoushani NZG 2015, 1186 ff. 134 Vgl. dazu BegrRegE z. AReG, BR-Drs. 635/15, S. 52; Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1926; Behme/Zickgraf AG 2016, R132 ff.; Blöink/Kumm BB 2015, 1067, 1070 f.; dies. BB 2016, 107, 108 f.; Bürkle VersR 2016, 1145, 1147 f.; Fromholzer/Hauser DB 2016, 401 f.; Hersch VersR 2017, 257, 261 ff.; Kelm/Naumann WPg 2016, 653, 654; Meyer/Mattheus DB 2016, 695; Nodoushani AG 2016, 381, 383 ff.; Pikó WPg 2016, 1383, 1384; Quick DB 2016, 1205, 1212; Redenius-Hövermann WPg 2017, 349, 350 f.; Schilha ZIP 2016, 1316, 1317 ff.; Schüppen NZG 2016, 247, 254 f.; Velte WPg 2016, 125, 129; Velte/Stawinoga StuB 2016, 297, 300. 135 Verneinend Hoffmann NZG 2016, 441 ff. 136 Vgl. dazu Mense/Klie AG 2017, 771, 775; Scheffler AG 2017, R88, R89; Wilsing/von der Linden DStR 2017, 1046, 1048. 137 Vgl. ErwG 17 S. 1, 2 APRL. 138 Fn.  14. 139 Vgl. KOM(2004) 177, S. 7; Tiedje WPg 2006, 593, 599. 140 Vgl. Lanfermann DB 2005, 2645, 2647; Tiedje WPg 2006, 593, 599. 141 Vgl. dazu BegrRegE z. APAReG, BR-Drs. 366/15, S. 97 ff.; Boecker/Zwirner DStR 2016, 90, 91 f.; Farr WPg 2016, 188 ff.; Tebben StuB 2015, 738, 740 f.

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25.61

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Bei PIE wird Art. 29 APRL durch Art. 26 APVO überlagert. Gem. Art. 26 Abs. 2 APVO erfolgen bei Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften von PIE Qualitätssicherungsprüfungen – sog. Inspektionen – durch von den zuständigen Behörden beauftragte Inspektoren (bei kapitalmarktorientierten PIE mindestens alle 3 Jahre, bei anderen mindestens alle 6 Jahre). Ablauf und Inhalte der Inspektionen werden durch Art. 26 Abs. 3–9 APVO detailliert geregelt. In Deutschland wurde hierzu durch das APAReG (→ 25.10) die Ausführungsvorschrift des § 62b WPO geschaffen142; zuständig für die Inspektionen ist die neu geschaffene APAS (→ 25.68). 9.  Untersuchungen, Sanktionen, Haftung a)  Untersuchungen und Sanktionen

25.62 Im Einklang mit den im Gefolge der Finanzkrise eingeführten neuen Standards143 (→ 14.31) wurde das Sanktionsregime durch die RL 2014/56/EU (→ 25.7) wesentlich erweitert und präzisiert. Grundregel ist, dass die Mitgliedstaaten für wirksame Untersuchungen und Sanktionen sorgen müssen, um eine unzureichende Durchführung von Abschlussprüfungen aufzudecken, zu berichtigen und zu verhindern (Art. 30 Abs. 1 APRL); die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein (Art. 30 Abs. 2 UAbs. 1 APRL). Art. 30b APRL normiert einen Mindestkatalog von – durchaus drastischen − Verwaltungsmaßnahmen und verwaltungsrechtlichen Sanktionen. Den Mitgliedstaaten steht es aber frei, weitere verwaltungsrechtliche (vgl. Art. 30a Abs. 2 APRL) und/oder sogar strafrechtliche Sanktionen vorzusehen (vgl. Art. 30 Abs. 2 UAbs. 2 APRL). Art. 30b APRL verlangt bei der Bestimmung von Art und Höhe der Sanktionen die Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände (S. 1) und konkretisiert dies durch eine nicht abschließende („dazu zählen gegebenenfalls“) Liste maßgeblicher Kriterien. Art. 30c APRL verlangt zudem grundsätzlich die Bekanntmachung aller rechtskräftig gewordenen verwaltungsrechtlichen Sanktionen („naming and shaming“); eine Anonymisierung ist nur in den Ausnahmefällen des UAbs. 2 zulässig.144 In Deutschland mussten aufgrund dieser neuen EU-Vorgaben durch das APAReG 25.63 (→ 25.10) größere Anpassungen im Fünften Teil der WPO vorgenommen werden.145 Ein wesentliches Novum war insbesondere das nun in § 69 WPO geregelte „naming

142 Vgl. dazu BegrRegE z. APAReg, BR-Drs. 366/15, S. 108 f. 143 Vgl. ErwG 15 RL 2014/56/EU. 144 Vgl. dazu Blöink/Kumm BB 2013, 1963, 1965; Guggenberger RWZ 2014, 151, 154; Nartowska/Walla AG 2014, 891, 898; Parmentier AG 2014, 15, 23; Seibt/Wollenschläger ZIP 2015, 545, 553. Allgemein zum „Pranger“ als Regulierungsinstrument: Schmieszek/Langner WM 2014, 1893 ff. 145 Vgl. dazu BegrReG z. APAReG, BR-Drs. 366/15, S. 66 f.

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and shaming“.146 Zudem gab es zahlreiche weitere Änderungen im Sanktionensystem.147 b)  Haftung Die zivilrechtliche Haftung der Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften wird 25.64 durch die APRL nicht harmonisiert; Art. 30 Abs. 2 UAbs. 1 APRL bestimmt vielmehr ausdrücklich, dass die zivilrechtlichen Haftungsvorschriften der Mitgliedstaaten unberührt bleiben. Die Kommission hat allerdings auf der Basis des ihr durch Art. 31 APRL a.F. erteilten Mandats eine Studie zur zivilrechtlichen Haftung erstellen lassen, anschließend eine Konsultation durchgeführt und dann am 5.6.2008 die Empfehlung 2008/473/EG zur Beschränkung der zivilrechtlichen Haftung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften148 verabschiedet. Darin wird zunächst allgemein empfohlen, dass die Haftung − außer bei vorsätzlich pflichtwidrigem Handeln − beschränkt sein sollte (Ziff. 2) und dass diese Haftungsbegrenzung sowohl gegenüber dem geprüften Unternehmen als auch gegenüber Dritten gelten sollte (Ziff. 3). Anschließend werden drei alternative Methoden der Haftungsbeschränkung149 empfohlen (Ziff. 5): (a) finanzieller Höchstbetrag („cap“) (oder Formel für dessen Berechnung), (b) Proportionalhaftungsregelung, (c) Zulassung einer Haftungsbeschränkungsvereinbarung. Das deutsche Recht verbietet zwar eine vertragliche Haftungsbeschränkung (§ 323 25.65 Abs. 4 HGB), sieht aber in § 323 Abs. 2 HGB für die Haftung gegenüber der zu prüfenden Gesellschaft bei fahrlässigem Handeln eine Haftungsobergrenze von 1 Mio. Euro bzw. bei Prüfung einer AG, deren Aktien zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, von 4 Mio. Euro vor. Ob diese Haftungsobergrenze auch für die Dritthaftung gilt, ist streitig.150 10.  Öffentliche Aufsicht und gegenseitige Anerkennung der mitgliedstaatlichen Regelungen Anders als die 8. RL harmonisierten Art. 32–36 APRL 2006 auch die öffentliche Auf- 25.66 sicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften; durch die RL 2014/56/EU 146 Vgl. dazu Schilha ZIP 2016, 1316, 1329. 147 Vgl. dazu Müller-Gugenberger ZWH 2016, 181, 186 ff.; Schilha ZIP 2016, 1316, 1327 f.; Schüppen NZG 2016, 247, 254; Velte WPg 2016, 125, 129 f.; Velte/Stawinoga StuB 2016, 297, 300 f. 148 Empfehlung 2008/473/EG der Kommission v. 5.6.2008 zur Beschränkung der zivilrechtlichen Haftung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften, ABlEU v. 21.6.2008, L 162/39. Dazu Ferran FS Westermann, 2010, S. 645, 646 ff.; Schattka GPR 2008, 193 ff. 149 Rechtsvergleichend zur Abschlussprüferhaftung Doralt ZGR 2015, 266 ff.; Kolding Foged-Ladefoged (2014) 11 ECL 271 ff. 150 Dafür BGH NJW 1998, 1948, 1951; Schmölz VersR 2009, 1433, 1436; dagegen Beck BilKomm/S. Schmidt/Feldmüller § 323 Rn. 9; Staub/Habersack/Schürnbrand § 323 Rn. 61; Kindler/Otto BB 2006, 1443, 1444; differenzierend Baumbach/Hopt/Merkt § 323 Rn. 9.

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(→ 25.7) wurden diese Regelungen nochmals modifiziert. Insbesondere muss nun im Interesse der Transparenz und Effizienz der Aufsicht151 gem. Art. 32 Abs. 1 APRL n.F. eine öffentliche Behörde für die Aufsicht zuständig sein (nach der APRL 2006 konnte die Aufsicht auch durch Berufsverbände wahrgenommen werden). Art. 32 APRL formuliert eine Reihe von Grundprinzipien für die Aufsicht.152 Nach Art. 34 APRL gilt für die Aufsicht das Herkunftslandprinzip.153 Art. 33 APRL verpflichtet die Mitgliedstaaten allgemein dazu sicherzustellen, dass eine effektive Kooperation der nationalen Aufsichtsstellen möglich ist; Art. 35 APRL regelt speziell die Zusammenarbeit in Bezug auf Zulassung, Registrierung, Qualitätssicherung und Berufsaufsicht.154 Die APVO enthält spezielle Regelungen zu den zuständigen Behörden. Als solche 25.67 dürfen nur die in Art. 20 APVO genannten Stellen benannt werden; zudem müssen sie die in Art. 21 APVO statuierten Unabhängigkeitsanforderungen erfüllen. Art. 23 Abs. 3 APVO normiert einen Mindestkatalog von Befugnissen, Art. 24 APVO lässt – allerdings nur in beschränktem Umfang – eine Delegation von Aufgaben zu. Die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Aufsichtsstellen wurde im Rahmen eines neuen Ausschusses der europäischen Aufsichtsstellen für Abschlussprüfer (European Auditing Oversight Bodies − CEAOB) organisiert (vgl. Art. 30 APVO).155 In Deutschland war die Aufsicht über die Wirtschaftsprüferkammern bereits 25.68 m.W.v. 1.1.2005 durch das APAG (→ 25.9) auf die damals neu geschaffene berufsstandsunabhängige Abschlussprüferaufsichtskommission (APAK) übertragen worden (vgl. § 66a WPO a.F.). Die übrigen zur Umsetzung der APRL erforderlichen Anpassungen erfolgten durch das BARefG (→ 25.9), das insbesondere eine erhebliche Erweiterung der Befugnisse der APAK brachte156.157 Aufgrund der neuen Vorgaben der RL 2014/56/EU (→ 25.7) erfolgte durch das APAReG (→ 25.10) eine komplette Neustrukturierung der Abschlussprüferaufsicht, insbesondere durch die Übertragung der Aufgaben der bisher zuständigen APAK158 auf die bei der BAFA neu eingerichtete Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS)159 (§ 66a WPO).160

151 Vgl. ErwG 18 S. 2 APRL, KOM(2011) 778, S. 9. 152 Vgl. zur APRL 2006: Heininger WPg 2008, 535 f.; Lanfermann DB 2005, 2645, 2649; Tiedje WPg 2006, 593, 600. 153 Vgl. zur APRL 2006: Heininger WPg 2008, 535, 536; Tiedje WPg 2006, 593, 600. 154 Vgl. zur APRL 2006: Lanfermann DB 2005, 2645, 2649 f. 155 Vgl. dazu Hopt ZGR 2015, 186, 196 f. 156 Vgl. dazu Heininger WPg 2008, 535, 537 ff.; Marten/Köhler/Paulitschek Beil. zu BB 17/2006, 23, 28 ff.; Naumann/Feld WPg 2006, 873, 878 ff. 157 Überblick über die Kontrolle gem. §§ 57a–57h WPO nach damaliger Rechtslage: Kuhner ZGR 2010, 980, 1003 ff. 158 Empirische Befunde zur APAK bei Loy/Roestel WPg 2016, 487 ff. 159 VO zur Einführung einer VO über Gebühren der Abschlussprüferaufsichtsstelle beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle und zur Änderung der Wirtschaftsprüferprüfungsverordnung v. 6.7.2016, BGBl. I, 1615. 160 Vgl. dazu BegrRegE z. APAReG, BR-Drs. 366/15, S. 110 ff.; Boecker/Zwirner DStR 2016, 90, 91 f.; Kelm/Schneiß/Schmitz-Herkendell WPg 2016, 60 ff.; Lanfermann BB 2015, 2027, 2028; Lücke/Stöbener/Giesler BB 2015, 1578, 1579 f.; Tebben StuB 2015, 738, 739; ders. StuB 2016, 93 ff.

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11.  Internationale Aspekte/Drittstaaten Im Gegensatz zur 8. RL adressiert die APRL in Kapitel XI auch internationale As- 25.69 pekte und Drittstaaten. Die Zulassung von Prüfern aus Drittstaaten darf gem. Art. 44 APRL auf der Grundlage der Gegenseitigkeit erfolgen, wenn die Prüfer nachweisen können, dass sie Voraussetzungen erfüllen, die denjenigen nach Art. 4, 6–13 APRL gleichwertig sind.161 Art. 45 f. APRL regeln die Registrierung und Aufsicht von Prüfern und Prü- 25.70 fungsunternehmen aus Drittstaaten, die für den Jahresabschluss bzw. konsolidierten Abschluss eines außerhalb der Gemeinschaft eingetragenen Unternehmens, dessen übertragbare Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt in einem Mitgliedstaat zugelassen sind, einen Bestätigungsvermerk erteilen. Die Registrierung von Prüfungsunternehmen aus Drittstaaten, die Voraussetzung für die rechtliche Wirksamkeit des Bestätigungsvermerks ist (vgl. Art. 45 Abs. 4 APRL), darf gem. Art. 45 Abs. 5 APRL nur erfolgen, wenn diese in Bezug auf die dort spezifizierten Punkte Qualitätsstandards erfüllen, die den Anforderungen der APRL gleichwertig sind. Nach Art. 46 Abs. 1 APRL können Prüfer und Prüfungsgesellschaften aus Drittstaaten, die gleichwertige unabhängige Aufsichtssysteme haben, von der Registrierung und Aufsicht ausgenommen werden; die Kommission kann gem. Art. 46 Abs. 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 2 APRL im Komitologieverfahren nach der Komitologie-VO (→ 3.76 ff.) über die Gleichwertigkeit entscheiden. Nachdem die Kommission zunächst mit der Entscheidung 2008/627/ EG162 eine Übergangsregelung getroffen hatte, hat sie durch den Beschluss 2011/30/ EU v. 19.1.2011163 für 10 Drittstaaten die Gleichwertigkeit anerkannt164 und in Bezug auf 20 weitere Drittstaaten165 eine weitere Übergangsregelung vorgesehen. 2013166 und 161 Vgl. dazu Inwinkl/Kortebusch/Schneider Konzern 2008, 215, 220. 162 Entscheidung 2008/627/EG der Kommission v. 29.7.2008 betreffend eine Übergangsfrist für Abschlussprüfungstätigkeiten bestimmter Drittlandabschlussprüfer und -abschlussprüfungsgesellschaften, ABlEU v. 31.7.2008, L 202/70. 163  Beschluss 2011/30/EU der Kommission v. 19.1.2011 über die Gleichwertigkeit bestimmter drittstaatlicher Aufsichts-, Qualitätssicherungs-, Untersuchungs- und Sanktionssysteme für Abschlussprüfer und Abschlussprüfungsgesellschaften und über eine Übergangsfrist für Prüfungstätigkeiten bestimmter drittstaatlicher Abschlussprüfer und Abschlussprüfungsgesellschaften in der Europäischen Union, ABlEU v. 20.1.2011, L 15/12. Vgl. dazu Böhm GmbHR 2011, R58. 164 Australien, China, Japan, Kanada, Kroatien, Singapur, Südafrika, Südkorea, Schweiz, USA. 165 Abu Dhabi, Ägypten, Bermuda, Brasilien, Dubai International Financial Centre, Guernsey, Hongkong, Indien, Indonesien, Insel Man, Israel, Jersey, Kaimaninseln, Malaysia, Mauritius, Neuseeland, Russland, Taiwan, Thailand, Türkei. 166 Durchführungsbeschluss 2013/281/EU der Kommission v. 11.6.2013 über die Gleichwertigkeit des öffentlichen Aufsichts-, Qualitätssicherungs-, Untersuchungs- und Sanktionssystems für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften der Vereinigten Staaten von Amerika gemäß der RL 2006/43/EG des EP und des Rates, ABlEU v. 13.6.2013, S. 8 (USA); Durchführungsbeschluss der Kommission v. 13.6.2013 zur Änderung des Beschlusses 2011/30/EU über die Gleichwertigkeit bestimmter drittstaatlicher Aufsichts-, Qualitätssicherungs-, Untersuchungs- und Sanktionssysteme für Abschlussprüfer und Abschlussprüfungsgesellschaften und über eine Übergangsfrist für Prüfungstätigkeiten bestimmter

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§ 25 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO)

2016167 erfolgten weitere Beschlüsse über die Gleichwertigkeit. In Deutschland wurde zur Umsetzung der Art. 45 f. APRL durch das BARefG (→ 25.9) ein neuer § 134 WPO eingeführt168, der durch das APAReG (→ 25.10) novelliert wurde169. Art. 47 APRL regelt die Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen in Drittstaa25.71 ten, speziell den Austausch von Arbeitspapieren und anderen Dokumenten.170 Voraussetzung hierfür ist insbesondere die Angemessenheit171 der zuständigen Stelle des Drittstaates (vgl. Art. 47 Abs. 1 lit. c APRL), über die die Kommission im Komitologieverfahren (→ 3.72 ff.) entscheidet (Art. 47 Abs. 3 APRL). Hierzu erfolgte bereits eine ganze Reihe von Beschlüssen: Beschluss 2010/64/EU (Kanada, Japan, Schweiz)172; Beschluss 2010/485/EU (Australien, USA)173; Durchführungsbeschluss 2013/280/EU (USA)174; Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1010 (Brasilien, Dubai International Financial Centre, Guernsey, Indonesien, Insel Man, Jersey, Malaysia, Südafrika, Südkorea, Taiwan, Thailand)175; Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1156 (USA)176. drittstaatlicher Abschlussprüfer und Abschlussprüfungsgesellschaften in der Europäischen Union, ABlEU v. 15.6.2016, L 163/26 (Abu Dhabi, Brasilien, Dubai International Financial Centre, Guernsey, Indonesien, Insel Man, Jersey, Malaysia, Taiwan, Thailand). 167 Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1155 der Kommission v. 14.7.2016 über die Gleichwertigkeit der öffentlichen Aufsichts-, Qualitätssicherungs-, Untersuchungs- und Sanktionssysteme für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften der Vereinigten Staaten von Amerika gemäß der RL 2006/43/EG des EP und des Rates, ABlEU v. 15.7.2016, L 190/80 (USA); Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1223 der Kommission v. 25.7.2016 zur Änderung des Beschlusses 2011/30/EU über die Gleichwertigkeit bestimmter drittstaatlicher Aufsichts-, Qualitätssicherungs-, Untersuchungs- und Sanktionssysteme für Abschlussprüfer und Abschlussprüfungsgesellschaften und über eine Übergangsfrist für Prüfungstätigkeiten bestimmter drittstaatlicher Abschlussprüfer und Abschlussprüfungsgesellschaften in der Europäischen Union, ABlEU v. 27.7.2016, L 201/23 (Bermuda, Kaimaninseln, Ägypten, Russland). 168 Vgl. BegrRegE z. BARefG, BT-Drs. 16/2858, S. 43 f. 169 Vgl. dazu BegrRegE z. APAReg, BR-Drs. 366/15, S. 131 f. 170 Vgl. dazu Lanfermann DB 2005, 2645, 2650; Tiedje WPg 2006, 593, 603. 171 Die deutsche Terminologie ist insofern etwas misslich; es geht eigentlich nicht um die „Angemessenheit der zuständigen Stelle“, sondern darum, dass die zuständige Stelle des Drittstaates die Anforderungen erfüllt, die nach Art. 47 Abs. 3 für angemessen erklärt wurden (vgl. Art. 47 Abs. 1 lit. c). 172 Beschluss 2010/64/EU der Kommission v. 5.2.2010 über die Angemessenheit der zuständigen Stellen bestimmter Drittländer gemäß der RL 2006/43/EG des EP und des Rates, ABlEU v. 6.2.2010, L 35/15. 173 Beschluss 2010/485/EU der Kommission v. 1.9.2010 über die Angemessenheit der zuständigen Stellen Australiens und der Vereinigten Staaten von Amerika gemäß der RL 2006/43/EG des EP und des Rates, ABlEU v. 11.9.2010, L 240/6. 174 Durchführungsbeschluss 2013/280/EU der Kommission v. 11.6.2013 über die Angemessenheit der zuständigen Stellen der Vereinigten Staaten von Amerika gemäß der RL 2006/43/EG des EP und des Rates, ABlEU v. 13.6.2013, L 161/4. 175 Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1010 der Kommission v. 21.6.2016 über die Angemessenheit der zuständigen Stellen bestimmter Drittländer und Gebiete gemäß der RL 2006/43/EG des EP und des Rates, ABlEU v. 23.6.2016, L 165/17. 176 Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1156 der Kommission v. 14.7.2016 über die Angemessenheit der zuständigen Stellen der Vereinigten Staaten von Amerika gemäß der RL 2006/43/EG des EP und des Rates, ABlEU v. 15.7.2016, L 190/83.

§ 25 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO)

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IV.  Fundstellenverzeichnis 1.  8. RL Grundlage

Art. 54 Abs. 3 lit. g EWGV [G Art. 44 Abs. 2 lit. g EGV G Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV]

Vorschläge

Vorschlag einer Achten RL nach Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des EWG-Vertrages über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften beauftragten Personen, 24.4.1978, KOM(78) 168 = BT-Drs. 8/2013



Geänderter Vorschlag einer Achten RL nach Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des EWG-Vertrages über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften beauftragten Personen, 5.2.1979, KOM(79) 679

verabschiedete Fassung

Achte RL 84/253/EWG des Rates v. 10.4.1984 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen beauftragten Personen, ABlEG v. 12.5.1984, L 126/20

Umsetzung in Deutschland Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz − BiRiLiG) v. 19.12.1985, BGBl. I, 2355 [BiRiLiG]

2.  APRL Grundlage

Art. 44 Abs. 2 lit. g EGV [G Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV]

Vorschläge

Vorschlag für eine RL des EP und des Rates über die Prüfung des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses und zur Änderung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, 16.3.2004, KOM(2004) 177

verabschiedete Fassung

RL 2006/43/EG des EP und des Rates v. 17.5.2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der RL 78/660/EWG und 83/349/ EWG des Rates und zur Aufhebung der RL 84/253/EWG des Rates, ABlEU v. 9.6.2006, L 157/87

ändernde Rechtsakte

RL 2008/30/EG des EP und des Rates v. 11.3.2008 zur Änderung der RL 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen im Hinblick auf die der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABlEU v. 20.3.2008, L 81/53



RL 2013/34/EU des EP und des Rates vom 26.6.2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der RL 2006/43/EG des EP und des Rates

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§ 25 Abschlussprüfer-RL (APRL) und Abschlussprüfer-VO (APVO)

und zur Aufhebung der RL 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, ABlEU v. 29.6.2013, L 182/19 [EU-Bilanz-RL]

RL 2014/56/EU des EP und des Rates v. 16.4.2014 zur Änderung der RL 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, ABlEU v. 27.5.2014, L158/196

Umsetzung in Deutschland ursprüngliche Umsetzung

Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG) v. 4.12.2004, BGBl. I, 3166



Gesetz zur Fortentwicklung der Berufsaufsicht über Abschlussprüfer in der Wirtschaftsprüferordnung (Abschlussprüferaufsichtsgesetz – APAG) v. 27.12.2004, BGBl. I, 3846



Gesetz zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufsrechtlicher Regelungen in der Wirtschaftsprüferordnung (Berufsaufsichtsreformgesetz – BARefG) v. 3.9.2007, BGBl. I, 2178



Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz − BilMoG) v. 25.5.2009, BGBl. I, 1102

RL 2008/30/EG

spezielle Umsetzung nicht erforderlich

RL 2014/56/EU

Gesetz zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der RL 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz − APAReG) v. 31.3.2016, BGBl. I, 518



Gesetz zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der RL 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüfungsreformgesetz – AReG) v. 10.5.2016, BGBl. I, 1142

3.  APVO Grundlage

Art. 114 AEUV

Vorschläge

Vorschlag für eine VO des EP und des Rates über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, KOM(2011) 779

verabschiedete Fassung

VO (EU) Nr. 537/2014 des EP und des Rates vom 16.4.2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission, ABlEU v. 27.5.2014, L 158/77

Berichtigung

ABlEU v. 11.6.2014, L 170/66 [Art. 5 Abs. 1 lit. b APVO]

Ausführung in Deutschland

AReG und APAReG (s.o.).

§ 25 Anhang APRL und APVO

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RICHTLINIE 2006/43/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates (Text von Bedeutung für den EWR)

§ 25 Anhang APRL und APVO DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

DER

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 44 Absatz 2 Buchstabe g, auf Vorschlag der Kommission, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1), nach dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(2), in Erwägung nachstehender Gründe: (1) Nach der Vierten Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen(3), der Siebenten Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 über den konsolidierten Abschluss(4), der Richtlinie 86/635/EWG des Rates vom 8. Dezember 1986 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten(5) und der Richtlinie 91/674/EWG des Rates vom 19. Dezember 1991 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen(6) müssen der Jahresabschluss und der konsolidierte Abschluss von Personen geprüft werden, die zur Durchführung derartiger Prüfungen berechtigt sind. (2)  In der Achten Richtlinie 84/253/EWG des Rates vom 10. April 1984 über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen beauftragten Personen(7) wurden die Bedingungen für die Zulassung dieser Personen festgelegt.

(1) ABl. C 157 vom 28.6.2005, S. 115. (2) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 28.  September 2005 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 25. April 2006. 3 ( ) ABl. L 222 vom 14.8.1978, S. 11. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 178 vom 17.7.2003, S. 16). (4) ABl. L 193 vom 18.7.1983, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/51/EG. (5) ABl. L 372 vom 31.12.1986, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/51/EG. (6) ABl. L 374 vom 31.12.1991, S. 7. Geändert durch die Richtlinie 2003/51/EG. (7) ABl. L 126 vom 12.5.1984, S. 20.

(3) Die fehlende Harmonisierung im Bereich der Abschlussprüfung war der Grund dafür, dass die Kommission 1998 in ihrer Mitteilung „Abschlussprüfung in der Europäischen Union: künftiges Vorgehen“(8) die Einsetzung eines Ausschusses für Fragen der Abschlussprüfung vorschlug, der durch enge Zusammenarbeit mit dem Berufsstand der Abschlussprüfer und den Mitgliedstaaten weitere Maßnahmen ausarbeiten sollte. (4) Auf der Grundlage der Arbeiten jenes Ausschusses veröffentlichte die Kommission am 15.  November 2000 die Empfehlung „Mindestanforderungen an Qualitätssicherungssysteme für die Abschlussprüfung in der EU“(9) und am 16. Mai 2002 die Empfehlung „Unabhängigkeit des Abschlussprüfers in der EU: Grundprinzipien“(10). (5) Zweck der vorliegenden Richtlinie ist eine Harmonisierung der Anforderungen an die Abschlussprüfung auf hohem Niveau, wenn auch eine vollständige Harmonisierung nicht angestrebt wird. Der Mitgliedstaat, der eine Abschlussprüfung vorschreibt, kann strengere Anforderungen aufstellen, sofern in dieser Richtlinie nichts anderes vorgesehen ist. (6)  Alle Befähigungsnachweise, die auf der Grundlage dieser Richtlinie von Abschlussprüfern erworben werden und zur Durchführung von Abschlussprüfungen berechtigen, sollten als gleichwertig betrachtet werden. Die Mitgliedstaaten sollten folglich nicht länger verlangen können, dass die Mehrheit der Stimmrechte an einer Prüfungsgesellschaft von Abschlussprüfern mit Zulassung in diesem Mitgliedstaat gehalten werden oder die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans einer Prüfungsgesellschaft in diesem Mitgliedstaat zugelassen sein muss. (7) Die Abschlussprüfung erfordert angemessene Kenntnisse in Bereichen wie dem Gesellschaftsrecht, dem Steuerrecht und dem Sozialrecht. Diese Kenntnisse sollten vor Zulassung eines Abschlussprüfers aus einem anderen Mitgliedstaat geprüft werden.

(8) ABl. C 143 vom 8.5.1998, S. 12. (9) ABl. L 91 vom 31.3.2001, S. 91. (10) ABl. L 191 vom 19.7.2002, S. 22.

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§ 25 Anhang APRL und APVO

(8) Alle zugelassenen Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sollten zum Schutz Dritter in ein Register eingetragen werden, das öffentlich zugänglich ist und grundlegende Informationen über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften enthält. (9) Abschlussprüfer sollten höchsten ethischen Normen verpflichtet sein. Aus diesem Grund sollten sie Berufsgrundsätzen unterliegen, die sich zumindest auf die Funktion der Abschlussprüfer für das öffentliche Interesse, ihre Integrität und Unparteilichkeit sowie ihre fachliche Eignung und die gebotene Sorgfalt beziehen sollten. Die Funktion eines Abschlussprüfers für das öffentliche Interesse erwächst aus der Tatsache, dass ein breiter Kreis von Personen und Einrichtungen sich auf die Qualität seiner Arbeit verlässt. Eine gute Prüfungsqualität trägt zum ordnungsgemäßen Funktionieren der Märkte bei, indem die Integrität und Effizienz der Abschlüsse erhöht wird. Die Kommission kann Durchführungsmaßnahmen zu Berufsgrundsätzen als Mindeststandard beschließen. Dabei könnten die Grundsätze des Ethik-Kodexes der International Federation of Accountants (IFAC) berücksichtigt werden. (10) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften müssen über die Angelegenheiten ihrer Mandanten Stillschweigen bewahren. Sie sollten deshalb an strenge Regeln über die Verschwiegenheit und das Berufsgeheimnis gebunden sein, ohne dass dies der ordnungsgemäßen Durchsetzung dieser Richtlinie im Wege steht. Diese Regeln über die Verschwiegenheit gelten auch für Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften, die an einem bestimmten Prüfungsauftrag nicht mehr beteiligt sind. (11) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sollten bei der Durchführung von Abschlussprüfungen unabhängig sein. Sie können das geprüfte Unternehmen über bei der Abschlussprüfung gewonnene Erkenntnisse informieren, sollten jedoch an den internen Entscheidungsprozessen des geprüften Unternehmens nicht mitwirken. Sollten sie in eine Situation kommen, in der die Gefahr für ihre Unabhängigkeit trotz der Schutzmaßnahmen, die zur Eindämmung dieser Gefahr ergriffen wurden, zu groß ist, sollten sie zurücktreten oder das Mandat ablehnen. Die Beurteilung, ob eine Beziehung besteht, die die Unabhängigkeit des Prüfers in Frage stellt, kann anders ausfallen für die Beziehung zwischen dem Prüfer und dem geprüften Unternehmen als für diejenige hinsichtlich dem Netzwerk und dem geprüften Unternehmen. Wenn eine Genossenschaft gemäß Artikel 2 Nummer 14 oder eine ähnliche Einrichtung im Sinne von Artikel 45 der Richtlinie 86/635/EWG nach nationalen Regelungen ein Mitglied einer Prüfungsorganisation ohne Gewinnerzielungsabsicht sein muss oder kann, kann ein objektiver, sachverständiger und informierter Dritter nicht zu dem Schluss gelangen, dass die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft durch die Mitgliedschaft bei der Durchführung einer Abschlussprü-

fung bei einem der Mitglieder gefährdet sein kann, vorausgesetzt, dass die Grundsätze der Unabhängigkeit auf die Abschlussprüfer, die die Abschlussprüfung durchführen, sowie auf die Personen, die gegebenenfalls in der Lage sind, Einfluss auf die Abschlussprüfung zu nehmen, angewandt werden. Beispiele für die Gefahr für die Unabhängigkeit eines Abschlussprüfers oder einer Prüfungsgesellschaft sind eine mittelbare oder unmittelbare finanzielle Beteiligung an dem geprüften Unternehmen und die Erbringung von zusätzlichen prüfungsfremden Leistungen. Ferner kann auch die Höhe des von einem geprüften Unternehmen gezahlten Prüfungshonorars und/oder die Zusammensetzung der Honorare die Unabhängigkeit eines Abschlussprüfers oder einer Prüfungsgesellschaft gefährden. Schutzmaßnahmen zur Eindämmung oder Beseitigung derartiger Risiken umfassen Verbote, Einschränkungen, sonstige Maßnahmen und Verfahren sowie Offenlegungspflichten. Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sollten die Erbringung zusätzlicher prüfungsfremder Leistungen, die ihre Unabhängigkeit in Frage stellen, ablehnen. Die Kommission kann als Mindeststandard Durchführungsmaßnahmen zur Unabhängigkeit beschließen. Hierbei könnte die Kommission die Grundsätze berücksichtigen, die sich in der genannten Empfehlung vom 16. Mai 2002 finden. Um die Unabhängigkeit von Abschlussprüfern zu bestimmen, muss der Begriff „Netzwerk“, innerhalb dessen die Abschlussprüfer tätig sind, klargestellt werden. Hierbei sind verschiedene Umstände in Betracht zu ziehen; beispielsweise kann eine Struktur als Netzwerk bezeichnet werden, wenn sie auf Gewinn- oder Kostenteilung ausgerichtet ist. Die Kriterien, die belegen, dass es sich um ein Netzwerk handelt, beispielsweise ob es gewöhnlich gemeinsame Prüfungsmandanten gibt, sollten auf der Grundlage aller zur Verfügung stehenden tatsächlichen Umstände beurteilt und bewertet werden. (12) In Fällen der Selbstprüfung oder des Eigeninteresses sollte die Entscheidung, ob ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft zurücktreten oder einen Prüfungsauftrag in Bezug auf ihre bzw. seine Prüfungsmandanten ablehnen sollte, wenn dies zum Schutz der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft zweckmäßig ist, von dem Mitgliedstaat, und nicht von dem Abschlussprüfer oder der Prüfungsgesellschaft, getroffen werden. Allerdings sollte dies nicht zu der Situation führen, dass die Mitgliedstaaten eine allgemeine Pflicht trifft, Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften daran zu hindern, für ihre Mandanten prüfungsfremde Leistungen zu erbringen. Für die Entscheidung, ob es in Fällen von Eigeninteresse oder der Selbstprüfung zweckmäßig ist, dass ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft keine Abschlussprüfungen durchführen sollte, um die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft zu schützen, sollte die Frage mitberücksichtigt werden, ob das geprüfte Unternehmen von öffent-

§ 25 Anhang APRL und APVO lichem Interesse Wertpapiere ausgegeben hat, die zum Handel auf einem geregelten Markt im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 14 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.  April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente(11) zugelassen sind. (13) Für alle nach Gemeinschaftsrecht vorgeschriebenen Abschlussprüfungen sollte eine gleich bleibend hohe Qualität gewährleistet werden. Alle Abschlussprüfungen sollten deshalb nach internationalen Prüfungsstandards durchgeführt werden. Die Maßnahmen zur Umsetzung dieser Grundsätze in der Gemeinschaft sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28.  Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(12) erlassen werden. Ein Fachausschuss oder eine technische Fachgruppe für Abschlussprüfungen sollte die Kommission bei der Bewertung der fachlichen Fundierung aller internationalen Prüfungsstandards unterstützen, wobei auch das System öffentlicher Aufsichtsgremien der Mitgliedstaaten eingebunden werden sollte. Um ein Höchstmaß an Harmonisierung zu verwirklichen, sollten die Mitgliedstaaten zusätzliche nationale Prüfverfahren vorschreiben oder Anforderungen nur aufstellen dürfen, wenn diese sich aus speziellen, durch den Umfang der Abschlussprüfung von Jahresabschlüssen oder konsolidierten Abschlüssen bedingten nationalen rechtlichen Anforderungen ergeben, d. h., wenn diese Anforderungen durch die bisher angenommenen internationalen Prüfungsstandards nicht abgedeckt werden. Die Mitgliedstaaten sollten diese zusätzlichen Prüfverfahren beibehalten können, bis die Prüfverfahren oder Anforderungen durch nachfolgend angenommene internationale Prüfungsstandards erfasst werden. Schließen die angenommenen internationalen Prüfungsstandards jedoch Prüfverfahren ein, deren Ausführung mit dem nationalen Recht auf Grund spezieller, durch den Umfang der Abschlussprüfung bedingter nationaler Anforderungen in Widerspruch stehen würde, so brauchen die Mitgliedstaaten den in Widerspruch stehenden Teil des internationalen Prüfungsstandards nicht anzuwenden, solange diese Widersprüche bestehen, vorausgesetzt die in Artikel 26 Absatz 3 genannten Maßnahmen werden angewandt. Jeder Zusatz oder jede Nichtanwendung durch einen Mitgliedstaat sollte einen Beitrag zu einem hohen Niveau der Glaubwürdigkeit der Jahresabschlüsse von Unternehmen leisten und dem Gemeinwohl dienen. Dies bedeutet, dass die Mitgliedstaaten beispielsweise einen zusätzlichen Prüfbericht für den Aufsichtsrat oder andere Berichts- und Prüfungsanforderungen vorschreiben können, die auf nationalen Regeln für die Unternehmensleitung beruhen.

(11) ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1. (12) ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.

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(14) Die Einführung eines internationalen Prüfungsstandards in der Gemeinschaft durch die Kommission setzt voraus, dass er international allgemein anerkannt ist und unter vollständiger Einbeziehung aller interessierten Kreise in einem offenen und transparenten Verfahren erstellt wurde, dass er die Glaubwürdigkeit des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses erhöht und dass er dem europäischen Gemeinwohl dient. Die Notwendigkeit der Annahme einer Stellungnahme (International Auditing Practice Statement) als Teil eines Standards sollte von Fall zu Fall gemäß dem Beschluss 1999/468/EG geprüft werden. Die Kommission sollte sicherstellen, dass vor Beginn des Verfahrens zur Annahme eine Prüfung durchgeführt wird, um festzustellen, ob diesen Anforderungen genügt wurde, und erstattet den Mitgliedern des mit dieser Richtlinie eingesetzten Ausschusses über das Ergebnis dieser Prüfung Bericht. (15) Bei einem konsolidierten Abschluss ist es wichtig, die Verantwortlichkeiten der Abschlussprüfer der einzelnen Konzernteile klar voneinander abzugrenzen. Dazu sollte der Konzernabschlussprüfer die volle Verantwortung für den Bestätigungsvermerk tragen. (16) Um die Vergleichbarkeit von Unternehmen, die die gleichen Rechnungslegungsstandards anwenden, zu erhöhen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Abschlussprüfung zu stärken, kann die Kommission für die Prüfung eines nach angenommenen internationalen Rechnungslegungsstandards erstellten Jahresabschlusses oder konsolidierten Abschlusses einen einheitlichen Bestätigungsvermerk festlegen, außer wenn ein angemessener Standard für einen solchen Vermerk auf Gemeinschaftsebene festgelegt wurde. (17) Ein gutes Mittel zur Erreichung einer gleich bleibend hohen Prüfungsqualität sind regelmäßige Kontrollen. Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sollten deshalb einem von den überprüften Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften unabhängigen Qualitätssicherungssystem unterliegen. Für die Anwendung des Artikels 29 über die Qualitätssicherungssysteme können die Mitgliedstaaten fordern, dass lediglich die Anforderungen an Prüfungsgesellschaften berücksichtigt werden müssen, wenn einzelne Prüfer eine gemeinsame Qualitätssicherungsmethode verfolgen. Die Mitgliedstaaten können das Qualitätssicherungssystem dergestalt organisieren, dass jeder einzelne Prüfer alle sechs Jahre einer Qualitätssicherungskontrolle unterzogen wird. In dieser Hinsicht sollte die Finanzierung des Qualitätssicherungssystems frei von ungebührlicher Einflussnahme sein. Die Kommission sollte ermächtigt werden, in Fällen, in denen das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Qualitätssicherungssystem schwer erschüttert ist, Durchführungsmaßnahmen in Bereichen, die für die Organisation von Qualitätssicherungssystemen und hinsichtlich ihrer Finanzierung bedeutsam sind, zu erlassen. Die öffentlichen Aufsichts-

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§ 25 Anhang APRL und APVO

systeme der Mitgliedstaaten sollten ermutigt werden, einen koordinierten Ansatz für die Überprüfung von Qualitätssicherungssystemen zu finden, um den beteiligten Parteien unnötige Belastungen zu ersparen. (18)  Untersuchungen und angemessene Sanktionen tragen dazu bei, die unzulängliche Durchführung einer Abschlussprüfung zu verhindern und zu berichtigen. (19)  Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sind dafür verantwortlich, dass sie ihre Arbeit mit Sorgfalt durchführen, und sollten daher für die finanziellen Schäden, die darauf zurückzuführen sind, dass sie nicht die erforderliche Sorgfalt aufgewendet haben, zur Verantwortung gezogen werden. Die Fähigkeit der Abschlussprüfer und der Prüfungsgesellschaften, eine Berufshaftpflichtversicherung zu erwerben, kann davon abhängig sein, ob sie einer unbeschränkten finanziellen Haftung unterliegen. Diese Fragen beabsichtigt die Kommission unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich die Haftungssysteme der Mitgliedstaaten erheblich unterscheiden können, zu prüfen. (20)  Die Mitgliedstaaten sollten ein wirksames öffentliches Aufsichtssystem für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften schaffen, bei dem die Aufsicht dem Herkunftsmitgliedstaat übertragen wird. Die Regelungen für öffentliche Aufsichtssysteme sollten eine wirksame Zusammenarbeit hinsichtlich der Aufsichtstätigkeiten der Mitgliedstaaten auf Gemeinschaftsebene ermöglichen. Das öffentliche Aufsichtssystem sollte in der Hand Nichtberufsausübender liegen, die in den für Pflichtprüfungen relevanten Bereichen über entsprechende Kenntnisse verfügen. Bei den Nichtberufsausübenden kann es sich um Experten von außerhalb der Wirtschaftsprüferbranche oder um ehemalige Wirtschaftsprüfer handeln, die ihren Beruf nicht mehr ausüben. Die Mitgliedstaaten können jedoch gestatten, dass eine Minderheit praktizierender Abschlussprüfer führende Positionen im öffentlichen Aufsichtssystem bekleidet. Die zuständigen Aufsichtsstellen sollten zusammenarbeiten, wann immer ihre Aufsichtspflichten gegenüber den von ihnen zugelassenen Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften dies erfordern. Eine solche Zusammenarbeit kann wesentlich dazu beitragen, eine gleich bleibend hohe Qualität der Abschlussprüfung in der Gemeinschaft zu gewährleisten. Da es notwendig ist, auf europäischer Ebene eine wirksame Zusammenarbeit und Koordinierung der von den Mitgliedstaaten benannten zuständigen Behörden sicherzustellen, sollte die Benennung einer für die Durchführung der Zusammenarbeit verantwortlichen Stelle einer unmittelbaren Zusammenarbeit jeder einzelnen Behörde mit anderen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nicht entgegenstehen. (21) Um zu gewährleisten, dass Artikel 32 Absatz 3 über Grundsätze der öffentlichen Aufsicht beachtet wird, wird bei einem Nichtberufsausübenden davon ausgegangen, dass er in den für

die Abschlussprüfung relevanten Bereichen über entsprechende Kenntnisse verfügt, entweder weil er in der Vergangenheit entsprechende fachliche Qualifikationen erworben hat, oder weil er in mindestens einem der in Artikel 8 aufgeführten Bereiche Kenntnisse besitzt. (22)  Der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft sollte von der Gesellschafter- oder Mitgliederversammlung des geprüften Unternehmens bestellt werden. Um die Unabhängigkeit des Prüfers zu schützen, darf eine Abberufung nur möglich sein, wenn triftige Gründe vorliegen und diese der oder den für die öffentliche Aufsicht zuständigen Stelle(n) mitgeteilt werden. (23) Da Unternehmen von öffentlichem Interesse stärker im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen und wirtschaftlich von großer Bedeutung sind, sollten für die Abschlussprüfung ihres Jahresabschlusses oder konsolidierten Abschlusses strengere Anforderungen gelten. (24) Prüfungsausschüsse und ein wirksames internes Kontrollsystem tragen dazu bei, finanzielle und betriebliche Risiken sowie das Risiko von Vorschriftenverstößen auf ein Mindestmaß zu begrenzen und die Qualität der Rechnungslegung zu verbessern. Die Mitgliedstaten können sich auf die Empfehlung der Kommission vom 15. Februar 2005 zu den Aufgaben von nicht geschäftsführenden Direktoren oder Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften sowie zu den Ausschüssen des Verwaltungs- oder Aufsichtsrats(13) berufen, die regelt, wie Prüfungsausschüsse gebildet werden und arbeiten sollten. Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass die dem Prüfungsausschuss zugewiesenen Funktionen durch den Verwaltungs- oder Aufsichtsrat als Ganzes ausgeübt werden können. Bezüglich der Pflichten des Prüfungsausschusses nach Artikel 41 sollten der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaften in keiner Weise dem Ausschuss untergeordnet sein. (25) Die Mitgliedstaaten können ferner beschließen, auch Unternehmen von öffentlichem Interesse, die Organismen für gemeinsame Anlagen sind, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, von der Anforderung eines Prüfungsausschusses zu befreien. Diese Möglichkeit berücksichtigt, dass in den Fällen, in denen die Funktionen von Organismen für gemeinsame Anlagen ausschließlich darin bestehen, die Vermögenswerte zusammenzulegen, die Einsetzung eines Prüfungsausschusses nicht immer angebracht ist. Die Abschlüsse und verbundenen Risiken sind nicht mit denen anderer Unternehmen von öffentlichem Interesse vergleichbar. Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) und ihre Verwaltungsunternehmen operieren außerdem in einem fest definierten Regulierungsumfeld und unterliegen besonderen Führungs-

(13) ABl. L 52 vom 25.2.2005, S. 51.

§ 25 Anhang APRL und APVO mechanismen, wie den durch ihre Verwahrstelle durchgeführten Kontrollen. Für die Organismen für gemeinsame Anlagen, die nicht gemäß der Richtlinie 85/611/EWG(14) harmonisiert sind, jedoch entsprechenden Schutzmaßnahmen gemäß jener Richtlinie unterliegen, sollte es den Mitgliedstaaten in diesem besonderen Fall gestattet sein, diese gleich zu behandeln wie gemeinschaftsweit harmonisierte Organismen für gemeinsame Anlagen. (26)  Zur Stärkung der Unabhängigkeit von Prüfern von Unternehmen von öffentlichem Interesse sollten der oder die für die Prüfung dieser Unternehmen verantwortlichen Prüfungspartner rotieren. Um eine solche Rotation zu organisieren, sollten die Mitgliedstaaten einen Wechsel des oder der für das geprüfte Unternehmen verantwortlichen Prüfungspartner verlangen, während es der Prüfungsgesellschaft, der der oder die verantwortlichen Prüfungspartner angehören, weiterhin gestattet wird, als Abschlussprüfer eines solchen Unternehmens tätig zu sein. Falls es aus Sicht eines Mitgliedstaates zur Erreichung der festgelegten Ziele angebracht ist, kann dieser Mitgliedstaat alternativ unabhängig von Artikel 42 Absatz 2 einen Wechsel der Prüfungsgesellschaft fordern. (27)  Aufgrund der Verflechtung der Kapitalmärkte muss auch bei Prüfern aus Drittländern, wenn deren Arbeit den Kapitalmarkt der Gemeinschaft betrifft, eine hohe Qualität sichergestellt werden. Die betroffenen Prüfer sollten registriert sein, damit sie Qualitätssicherungsprüfungen unterliegen und die vorgesehenen Untersuchungen und Sanktionen auf sie angewendet werden können. Bei gegenseitiger Anerkennung sollte es möglich sein, von dieser Auflage abzusehen, wenn die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die Gleichwertigkeit der betreffenden Regelungen prüft. In jedem Fall sollte ein Unternehmen, das übertragbare Wertpapiere ausgegeben hat, die zum Handel auf einem geregelten Markt im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 14 der Richtlinie 2004/39/EG zugelassen sind, immer von einem Abschlussprüfer geprüft werden, der entweder in einem Mitgliedstaat registriert ist oder der Aufsicht der zuständigen Stellen des Drittlandes, aus dem er stammt, unterliegt, sofern diesem Drittland von der Kommission oder einem Mitgliedstaat beschieden worden ist, dass es bezüglich der Grundsätze der öffentlichen Aufsicht, der Qualitätssicherungssysteme sowie der Untersuchungssysteme und Sanktionen Anforderungen erfüllt, die denen der Gemeinschaft gleichwertig sind, und sofern diese Vereinbarung auf Gegenseitigkeit beruht. Auch wenn ein Mitgliedstaat das Qualitätssicherungssystem

(14) Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 375 vom 31.12.1985, S. 3). Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2005/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 79 vom 24.3.2005, S. 9).

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eines Drittlandes als gleichwertig ansehen kann, sollten andere Mitgliedstaaten diese nationale Beurteilung nicht anerkennen müssen, und der Feststellung durch die Kommission sollte dadurch nicht vorgegriffen werden. (28)  Die Komplexität von Prüfungen internationaler Konzerne erfordert eine gute Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten und der betroffenen Drittländer. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb sicherstellen, dass die zuständigen nationalen Stellen den zuständigen Stellen von Drittländern den Zugang zu Arbeitspapieren und anderen Unterlagen ermöglichen. Um die Rechte der beteiligten Parteien zu schützen und gleichzeitig den Zugang zu diesen Unterlagen und Papieren zu erleichtern, sollten die Mitgliedstaaten den zuständigen Stellen von Drittländern direkten Zugang gewähren dürfen, wenn die zuständige nationale Stelle dagegen keine Einwände erhebt. Eines der einschlägigen Kriterien für die Gewährung des Zugangs ist, ob die zuständigen Behörden in Drittländern Kriterien erfüllen, die von der Kommission als angemessen betrachtet werden. Bis zu einer solchen Entscheidung durch die Kommission können die Mitgliedstaaten, unbeschadet dieser Entscheidung, bewerten, ob diese Kriterien angemessen sind. (29)  Die in den Artikeln 36 und 47 erwähnte Weitergabe von Informationen sollte den Regeln für die Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer gemäß der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr(15) entsprechen. (30)  Die zur Umsetzung dieser Richtlinie notwendigen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG und unter angemessener Berücksichtigung der Erklärung, die die Kommission am 5. Februar 2002 vor dem Europäischen Parlament zur Umsetzung der Rechtsvorschriften im Bereich der Finanzdienstleistungen abgegeben hat, erlassen werden. (31)  Dem Europäischen Parlament sollte ein Zeitraum von drei Monaten nach der ersten Übermittlung eines Entwurfs von Änderungen und Umsetzungsmaßnahmen eingeräumt werden, um ihm die Prüfung und Abgabe einer Stellungnahme zu ermöglichen. In dringenden oder ausreichend begründeten Fällen sollte es möglich sein, diesen Zeitraum zu verkürzen. Wenn innerhalb dieses Zeitraums vom Europäischen Parlament eine Entschließung verabschiedet wird, sollte die Kommission den Entwurf der Änderungen oder Maßnahmen erneut prüfen.

(15) ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

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§ 25 Anhang APRL und APVO

(32) Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die verbindliche Vorgabe eines Satzes internationaler Prüfungsstandards, die Aktualisierung der Ausbildungsvoraussetzungen, die Festlegung von Berufsgrundsätzen und die Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und zwischen diesen und den zuständigen Behörden von Drittländern für die Verbesserung und Harmonisierung der Qualität der Abschlussprüfung in der Gemeinschaft und der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern und der Stärkung des Vertrauens in die Abschlussprüfung, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen dieser Richtlinie besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. (33) Um das Verhältnis zwischen Abschlussprüfer bzw. Prüfungsgesellschaft und geprüftem Unternehmen transparenter zu gestalten, sollten die Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG so geändert werden, dass das Prüfungshonorar sowie die Honorare für Nichtprüfungsleistungen künftig im Anhang zum Jahresabschluss und konsolidierten Abschluss offen gelegt werden müssen. (34) Die Richtlinie 84/253/EWG sollte aufgehoben werden, da sie kein ausreichendes Mittel zur Gewährleistung einer angemessenen Prüfungsinfrastruktur — bestehend aus öffentlicher Aufsicht, Disziplinarregelungen und Qualitätssicherungssystemen — liefert und keine speziellen Bestimmungen zur Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen von Mitgliedstaaten und Drittländern enthält. Um Rechtssicherheit zu gewährleisten, besteht ein klares Bedürfnis danach, Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften, die nach der Richtlinie 84/253/EWG zugelassen wurden, auch im Rahmen dieser Richtlinie als zugelassen anzusehen — HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: KAPITEL I GEGENSTAND UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN Artikel 1

Artikel 29 dieser Richtlinie findet auf Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen von Unternehmen von öffentlichem Interesse keine Anwendung, sofern in der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates(16) nichts anderes festgelegt ist. Artikel 2 Begriffsbestimmungen Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen: 1. „Abschlussprüfung“ ist eine Prüfung des Jahresabschlusses oder des konsolidierten Abschlusses, die a) nach Unionsrecht vorgeschrieben ist; b) nach nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf kleine Unternehmen vorgeschrieben ist; c) auf freiwilliger Basis von kleinen Unternehmen durchgeführt wird und nationale rechtliche Anforderungen erfüllt, die den für eine Prüfung gemäß Buchstabe b geltenden Anforderungen gleichwertig sind, wenn diese Prüfungen in den nationalen Rechtsvorschriften als gesetzliche Abschlussprüfungen definiert sind. 2. „Abschlussprüfer“ ist eine natürliche Person, die von den zuständigen Stellen eines Mitgliedstaates nach dieser Richtlinie für die Durchführung von Abschlussprüfungen zugelassen wurde. 3.  „Prüfungsgesellschaft“ ist eine juristische Person oder eine sonstige Einrichtung gleich welcher Rechtsform, die von den zuständigen Stellen eines Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie für die Durchführung von Abschlussprüfungen zugelassen wurde. 4.  „Prüfungsunternehmen aus einem Drittland“ ist ein Unternehmen gleich welcher Rechtsform, das Prüfungen des Jahresabschlusses oder des konsolidierten Abschlusses von in einem Drittland eingetragenen Gesellschaften durchführt, und das nicht in einem Mitgliedstaat als Prüfungsgesellschaft infolge einer Zulassung gemäß Artikel 3 registriert ist. 5.  „Prüfer aus einem Drittland“ ist eine natürliche Person, die Prüfungen des Jahresabschlusses oder des konsolidierten Abschlusses von in einem Drittland eingetragenen Gesellschaften durchführt, und die nicht in einem Mitgliedstaat als Abschlussprüfer infolge einer Zulassung gemäß den Artikeln 3 und 44 registriert ist.

Gegenstand Diese Richtlinie regelt die Abschlussprüfung des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses.

(16) Verordnung (EU) Nr. 537/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 77).

§ 25 Anhang APRL und APVO 6.  „Konzernabschlussprüfer“ ist/sind der/die Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft(en), der bzw. die die Abschlussprüfung konsolidierter Abschlüsse durchführt/durchführen. 7. „Netzwerk“ ist die breitere Struktur, ––

die auf Kooperation ausgerichtet ist und der ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft angehört und

––

die eindeutig auf Gewinn- oder Kostenteilung abzielt oder durch gemeinsames Eigentum, gemeinsame Kontrolle oder gemeinsame Geschäftsführung, gemeinsame Qualitätssicherungsmaßnahmen und -verfahren, eine gemeinsame Geschäftsstrategie, die Verwendung einer gemeinsamen Marke oder durch einen wesentlichen Teil gemeinsamer fachlicher Ressourcen miteinander verbunden ist.

8. „Verbundenes Unternehmen einer Prüfungsgesellschaft“ ist ein Unternehmen gleich welcher Rechtsform, das mit einer Prüfungsgesellschaft durch gemeinsames Eigentum, gemeinsame Kontrolle oder gemeinsame Geschäftsführung verbunden ist. 9. „Bestätigungsvermerk“ ist der in Artikel 51a der Richtlinie 78/660/EWG und Artikel 37 der Richtlinie 83/349/EWG genannte Vermerk des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft. 10. „Zuständige Behörde“ ist eine durch Gesetz bestimmte Behörde, die für die Regulierung und/oder Aufsicht von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften oder spezifischen Aspekten davon verantwortlich ist. Wird in einem Artikel auf die „zuständige Behörde“ Bezug genommen, gilt dies als Bezugnahme auf die Behörde, die für die in dem betreffenden Artikel erwähnten Aufgaben zuständig ist. 12.  „Internationale Rechnungslegungsstandards“ sind die International Accounting Standards (IAS), die International Financial Reporting Standards (IFRS) und die dazugehörigen Interpretationen (SIC/IFRIC), die nachfolgenden Änderungen dieser Standards und der dazugehörigen Interpretationen sowie die vom International Accounting Standards Board (IASB) in Zukunft veröffentlichten oder verabschiedeten Standards und dazugehörigen Interpretationen. 13. „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ sind a) Unternehmen, die unter das Recht eines Mitgliedstaats fallen und deren übertragbare Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt eines Mitgliedstaats im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 14 der Richtlinie 2004/39/ EG zugelassen sind; b) Kreditinstitute im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(17) – mit

(17) Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tä-

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Ausnahme der in Artikel 2 jener Richtlinie genannten Kreditinstitute; c) Versicherungsunternehmen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 der Richtlinie 91/674/EWG oder d) Unternehmen, die von den Mitgliedstaaten als Unternehmen von öffentlichem Interesse bestimmt werden, beispielsweise Unternehmen, die aufgrund der Art ihrer Tätigkeit, ihrer Größe oder der Zahl ihrer Mitarbeiter von erheblicher öffentlicher Bedeutung sind. 14.  „Genossenschaft“ ist die Europäische Genossenschaft im Sinne von Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE)(18) oder jede andere Genossenschaft, für die nach Gemeinschaftsrecht eine Abschlussprüfung vorgeschrieben ist, wie etwa Kreditinstitute im Sinne von Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie 2000/12/ EG sowie Versicherungsunternehmen im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 91/674/EWG. 15.  „Nichtberufsausübender“ ist eine natürliche Person, die während ihrer Beauftragung mit der öffentlichen Aufsicht und während der drei Jahre unmittelbar vor dieser Beauftragung keine Abschlussprüfungen durchgeführt hat, keine Stimmrechte in einer Prüfungsgesellschaft gehalten hat, weder Mitglied eines Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans einer Prüfungsgesellschaft noch bei einer Prüfungsgesellschaft angestellt war noch in sonstiger Weise mit einer Prüfungsgesellschaft verbunden war. 16. „Verantwortlicher Prüfungspartner“ ist/sind a) der/die Abschlussprüfer, der/die von einer Prüfungsgesellschaft für ein bestimmtes Prüfungsmandat als für die Durchführung der Abschlussprüfung im Auftrag der Prüfungsgesellschaft vorrangig verantwortlich bestimmt ist/sind; oder b) im Fall einer Konzernabschlussprüfung mindestens der/die Abschlussprüfer, der/die von einer Prüfungsgesellschaft als für die Durchführung der Abschlussprüfung auf Konzernebene vorrangig verantwortlich bestimmt ist/sind, und der/ die Abschlussprüfer, der/die als auf der Ebene bedeutender Tochtergesellschaften vorrangig verantwortlich bestimmt ist/sind, oder c) der/die Abschlussprüfer, der/die den Bestätigungsvermerk unterzeichnet/unterzeichnen. 17. „Mittlere Unternehmen“ sind Unternehmen gemäß Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 3 Absatz 3 der

tigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338). 18 ( )  ABl. L 207 vom 18.8.2003, S. 1.

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Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(19). 18.  „Kleine Unternehmen“ sind Unternehmen gemäß Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2013/34/EU. 19.  „Herkunftsmitgliedstaat“ ist ein Mitgliedstaat, in dem ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft gemäß Artikel 3 Absatz 1 zugelassen ist. 20.  „Aufnahmemitgliedstaat“ ist ein Mitgliedstaat, in dem ein Abschlussprüfer mit Zulassung im Herkunftsmitgliedstaat ebenfalls eine Zulassung gemäß Artikel 14 beantragt, oder ein Mitgliedstaat, in dem eine Prüfungsgesellschaft mit Zulassung im Herkunftsmitgliedstaat gemäß Artikel 3a die Registrierung beantragt hat oder registriert ist. KAPITEL II ZULASSUNG, KONTINUIERLICHE FORTBILDUNG UND GEGENSEITIGE ANERKENNUNG Artikel 3 Zulassung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften (1) Eine Abschlussprüfung wird ausschließlich von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften durchgeführt, die von dem Mitgliedstaat, der die Abschlussprüfung vorschreibt, zugelassen wurden. (2) Jeder Mitgliedstaat benennt die zuständige Behörde als für die Zulassung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften verantwortliche Behörde.  (3) Unbeschadet des Artikels 11 lassen die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten nur natürliche Personen zu, die mindestens die in den Artikeln 4 und 6 bis 10 genannten Voraussetzungen erfüllen. (4) Die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten lassen als Prüfungsgesellschaften nur Einrichtungen zu, die die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a) Die natürlichen Personen, die für eine Prüfungsgesellschaft Abschlussprüfungen durchführen, müssen zumindest die Voraussetzungen der Artikel 4 und 6 bis 12 erfüllen und in dem betroffenen Mitgliedstaat als Abschlussprüfer zugelassen sein.

(19) Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).

b) Eine Mehrheit der Stimmrechte in einer Einrichtung muss von Prüfungsgesellschaften, die in einem Mitgliedstaat zugelassen sind, oder von natürlichen Personen, die zumindest die Voraussetzungen der Artikel 4 und 6 bis 12 erfüllen, gehalten werden. Die Mitgliedstaaten können bestimmen, dass solche natürliche Personen auch in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen sein müssen. Für die Zwecke der Abschlussprüfung von Genossenschaften, Sparkassen und ähnlichen Einrichtungen gemäß Artikel 45 der Richtlinie 86/635/EWG oder von Tochterunternehmen oder Rechtsnachfolgern einer Genossenschaft, einer Sparkasse oder einer ähnlichen Einrichtung gemäß Artikel 45 der Richtlinie 86/635/EWG können die Mitgliedstaaten andere spezifische Bestimmungen im Zusammenhang mit Stimmrechten erlassen. c) Das Verwaltungs- oder Leitungsorgan der Einrichtung muss sich mit einer Mehrheit von bis zu 75 % aus Prüfungsgesellschaften mit Zulassung in einem Mitgliedstaat oder natürlichen Personen zusammensetzen, die zumindest die Voraussetzungen der Artikel 4 und 6 bis 12 erfüllen. Die Mitgliedstaaten können bestimmen, dass solche natürlichen Personen auch in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen sein müssen. Zählt ein solches Organ nur zwei Mitglieder, so muss eines von ihnen zumindest die Voraussetzungen dieses Buchstabens erfüllen. d) Die Gesellschaft erfüllt die Voraussetzungen des Artikels 4. Die Mitgliedstaaten dürfen nur im Zusammenhang mit Buchstabe c zusätzliche Bedingungen aufstellen. Diese Bedingungen müssen zu den verfolgten Zielen verhältnismäßig sein und dürfen nicht über das hinausgehen, was unbedingt erforderlich ist. Artikel 3a Anerkennung von Prüfungsgesellschaften (1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 ist eine Prüfungsgesellschaft mit Zulassung in einem Mitgliedstaat berechtigt, Abschlussprüfungen in einem anderen Mitgliedstaat durchzuführen, wenn der verantwortliche Prüfungspartner, der die Abschlussprüfung im Namen der Prüfungsgesellschaft durchführt, die Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 4 Buchstabe a im Aufnahmemitgliedstaat erfüllt. (2) Eine Prüfungsgesellschaft, die Abschlussprüfungen in einem anderen als ihrem Herkunftsmitgliedstaat durchführen möchte, muss sich gemäß den Artikeln 15 und 17 bei der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats registrieren lassen. (3) Die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats registriert die Prüfungsgesellschaft, wenn sie sich vergewissert hat, dass die Prü-

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§ 25 Anhang APRL und APVO fungsgesellschaft bei der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats registriert ist. Beabsichtigt der Aufnahmemitgliedstaat, sich auf eine Bescheinigung über die Registrierung der Prüfungsgesellschaft im Herkunftsmitgliedstaat zu verlassen, kann die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats verlangen, dass die von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats ausgestellte Bescheinigung nicht älter als drei Monate ist. Die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats informiert die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats über die Registrierung der Prüfungsgesellschaft. Artikel 4 Guter Leumund Die zuständigen Stellen eines Mitgliedstaats dürfen die Zulassung nur natürlichen oder juristischen Personen mit gutem Leumund erteilen.

chenden Ausbildungsstufe eine theoretische und eine praktische Ausbildung absolviert und sich mit Erfolg einer staatlichen oder staatlich anerkannten beruflichen Eignungsprüfung auf dem Niveau eines Hochschulabschlusses oder eines entsprechenden Niveaus in dem betreffenden Mitgliedstaat unterzogen hat. Die in Artikel 32 genannten zuständigen Behörden arbeiten im Hinblick auf eine Angleichung der in diesem Artikel genannten Anforderungen zusammen. Bei der Aufnahme dieser Zusammenarbeit tragen diese zuständigen Behörden den Entwicklungen im Prüfungswesen und im Berufsstand der Prüfer und insbesondere der Angleichung Rechnung, die bereits in dem Berufsstand erreicht wurde. Sie arbeiten mit dem Ausschuss der Europäischen Aufsichtsstellen für Abschlussprüfer (im Folgenden „Ausschuss der Aufsichtsstellen“) und den in Artikel 20 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 genannten zuständigen Behörden zusammen, sofern es bei dieser Angleichung um die Abschlussprüfung von Unternehmen von öffentlichem Interesse geht.

Artikel 5 Entzug der Zulassung (1) Die Zulassung wird entzogen, wenn der Ruf eines Abschlussprüfers oder einer Prüfungsgesellschaft ernsthaft beschädigt ist. Allerdings können die Mitgliedstaaten einen angemessenen Zeitraum einräumen, innerhalb dessen die Gesellschaft die Anforderungen an einen guten Leumund erfüllen kann. (2)  Einer Prüfungsgesellschaft wird die Zulassung entzogen, sobald eine der in Artikel 3 Absatz 4 Buchstaben b und c genannten Anforderungen nicht mehr erfüllt ist. Allerdings können die Mitgliedstaaten einen angemessenen Zeitraum einräumen, innerhalb dessen die Gesellschaft diese Anforderungen erfüllen kann. (3) Wird einem Abschlussprüfer oder einer Prüfungsgesellschaft aus irgendeinem Grund die Zulassung entzogen, teilt die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats, in dem die Zulassung entzogen wird, diesen Umstand und die Gründe für den Entzug den entsprechenden zuständigen Behörden der Aufnahmemitgliedstaaten mit, in denen der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft gemäß Artikel 3a, Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe c und Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe i auch registriert ist. Artikel 6 Ausbildung Unbeschadet des Artikels 11 kann eine natürliche Person nur zur Durchführung von Abschlussprüfungen zugelassen werden, wenn sie nach Erlangung der Hochschulreife oder einer entspre-

Artikel 7 Prüfung der beruflichen Eignung Die in Artikel 6 genannte Eignungsprüfung garantiert die erforderlichen theoretischen Kenntnisse auf den für die Abschlussprüfung maßgebenden Sachgebieten sowie die Fähigkeit, diese Kenntnisse praktisch anzuwenden. Diese Prüfung muss zumindest teilweise schriftlich erfolgen. Artikel 8 Theoretische Prüfung (1)  Die im Rahmen der Eignungsprüfung durchgeführte theoretische Prüfung umfasst insbesondere die folgenden Sachgebiete: a) Theorie und Grundsätze des allgemeinen Rechnungswesens, b) gesetzliche Vorschriften und Grundsätze für die Aufstellung des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses, c) internationale Rechnungslegungsstandards, d) Finanzanalyse, e) Kostenrechnung und betriebliches Rechnungswesen, f) Risikomanagement und interne Kontrolle, g) Prüfungswesen und berufsspezifische Fertigkeiten, h) gesetzliche und standesrechtliche Vorschriften für Abschlussprüfung und Abschlussprüfer, i) internationale Prüfungsstandards gemäß Artikel 26,

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§ 25 Anhang APRL und APVO

j) Berufsgrundsätze und Unabhängigkeit. (2)  Diese Prüfung umfasst zumindest auch die folgenden Sachgebiete, soweit sie für die Abschlussprüfung relevant sind: a) Gesellschaftsrecht und Corporate Governance, b) Rechtsvorschriften über Insolvenz und ähnliche Verfahren, c) Steuerrecht, d) bürgerliches Recht und Handelsrecht, e) Sozialversicherungs- und Arbeitsrecht, f) IT- und Computersysteme, g) Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft und Finanzwissenschaft, h) Mathematik und Statistik, i) Grundzüge des betrieblichen Finanzwesens. Artikel 9 Ausnahmen (1) Abweichend von den Artikeln 7 und 8 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Personen, die auf einem oder mehreren der in Artikel 8 genannten Sachgebiete eine Hochschul- oder gleichwer­ tige Prüfung bestanden oder einen Hochschuloder gleichwertigen Abschluss erworben haben, von der theoretischen Prüfung in diesen Sachgebieten befreit werden. (2) Abweichend von Artikel 7 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Personen, die auf einem oder mehreren der in Artikel 8 genannten Sachgebiete einen Hochschul- oder gleichwertigen Abschluss besitzen, von der Prüfung ihrer Fähigkeit, die theoretischen Kenntnisse auf diesen Sachgebieten praktisch anzuwenden, befreit werden, wenn sie auf den betreffenden Gebieten eine praktische Ausbildung absolviert haben, die mit einer staatlich anerkannten Prüfung oder einem staatlich anerkannten Zeugnis abgeschlossen wurde. Artikel 10 Praktische Ausbildung (1) Um die Fähigkeit zur praktischen Anwendung der in der Eignungsprüfung getesteten theoretischen Kenntnisse zu gewährleisten, wird eine mindestens dreijährige praktische Ausbildung durchgeführt, die unter anderem die Prüfung von Jahresabschlüssen, konsolidierten Abschlüssen oder ähnlichen Abschlüssen zum Gegenstand hat. Diese praktische Ausbildung wird zu mindestens zwei Dritteln bei einem in einem Mitgliedstaat zugelassenen Abschlussprüfer oder einer in einem Mitgliedstaat zugelassenen Prüfungsgesellschaft absolviert.

(2)  Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die gesamte praktische Ausbildung bei Personen stattfindet, die ausreichende Garantien für ihre Fähigkeit, eine praktische Ausbildung zu gewähren, bieten. Artikel 11 Zulassung aufgrund langjähriger praktischer Erfahrung Ein Mitgliedstaat kann Personen, die die in Artikel 6 festgelegten Voraussetzungen nicht erfüllen, als Abschlussprüfer zulassen, wenn diese nachweisen können, dass sie a) entweder 15 Jahre lang einer beruflichen Tätigkeit nachgegangen sind, die es ihnen ermöglicht hat, auf den Gebieten des Finanzwesens, des Rechts und der Rechnungslegung ausreichende Erfahrungen zu sammeln, und die in Artikel 7 genannte berufliche Eignungsprüfung bestanden haben, b) oder sieben Jahre lang einer beruflichen Tätigkeit auf den genannten Gebieten nachgegangen sind sowie die in Artikel 10 genannte praktische Ausbildung absolviert und die in Artikel 7 genannte berufliche Eignungsprüfung bestanden haben. Artikel 12 Kombination von praktischer und theoretischer Ausbildung (1) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass Zeiten, in denen eine theoretische Ausbildung auf den in Artikel 8 genannten Sachgebieten absolviert wurde, auf die in Artikel 11 genannten Berufsjahre angerechnet werden, wenn diese Ausbildung mit einer staatlich anerkannten Prüfung abgeschlossen wurde. Diese Ausbildung muss mindestens ein Jahr dauern und darf höchstens mit vier Jahren auf die berufliche Tätigkeit angerechnet werden. (2)  Berufstätigkeit und praktische Ausbildung dürfen nicht kürzer sein als die theoretische Ausbildung zusammen mit der in Artikel 10 vorgeschriebenen praktischen Ausbildung. Artikel 13 Kontinuierliche Fortbildung Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Abschlussprüfer sich im Rahmen angemessener Programme kontinuierlich fortbilden müssen, um ihre theoretischen Kenntnisse und ihr berufliches Können und ihre beruflichen Wertmaßstäbe auf einem ausreichend hohen Stand zu halten, und dass ein Missachten dieser Anforderung angemessene Sanktionen gemäß Artikel 30 nach sich zieht.

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§ 25 Anhang APRL und APVO Artikel 14 Zulassung von Abschlussprüfern aus anderen Mitgliedstaaten (1) Die zuständigen Behörden legen Verfahren für die Zulassung von Abschlussprüfern, die in anderen Mitgliedstaaten zugelassen sind, fest. Im Rahmen dieser Verfahren darf dem Abschlussprüfer höchstens ein Anpassungslehrgang im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe g der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(20) oder eine Eignungsprüfung im Sinne von Buchstabe h der genannten Bestimmung auferlegt werden. (2)  Der Aufnahmemitgliedstaat beschließt, ob dem Antragsteller für die Zulassung ein Anpassungslehrgang gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe g der Richtlinie 2005/36/EG oder eine Eignungsprüfung gemäß Buchstabe h der genannten Bestimmung auferlegt wird. Der Anpassungslehrgang darf nicht länger als drei Jahre dauern und der Antragsteller wird einer Bewertung unterworfen. Die Eignungsprüfung erfolgt in einer nach der in dem betreffenden Aufnahmemitgliedstaat geltenden Sprachenregelung zugelassenen Sprache. Sie erstreckt sich ausschließlich darauf, ob der Abschlussprüfer über angemessene Kenntnisse der Rechtsvorschriften des betreffenden Aufnahmemitgliedstaats verfügt, soweit diese Kenntnisse für Abschlussprüfungen relevant sind. (3)  Die zuständigen Behörden arbeiten im Rahmen des Ausschusses der Aufsichtsstellen im Hinblick auf eine Angleichung der Anforderungen in Bezug auf den Anpassungslehrgang und die Eignungsprüfung zusammen. Sie sorgen für transparentere und vorhersehbarere Anforderungen. Sie arbeiten mit dem Ausschuss der Aufsichtsstellen und den in Artikel 20 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 genannten zuständigen Behörden zusammen, sofern diese Angleichung Abschlussprüfungen von Unternehmen von öffentlichem Interesse betrifft. KAPITEL III REGISTRIERUNG Artikel 15 Öffentliches Register (1) Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, dass Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften gemäß den Artikeln 16 und 17 in ein öffentliches Register

(20) Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22).

eingetragen sind. Unter besonderen Umständen können die Mitgliedstaaten von den Anforderungen dieses Artikels und des Artikels 16 hinsichtlich der Offenlegung abweichen; dies ist aber nur in dem Ausmaß möglich, das notwendig ist, um eine absehbare und ernst zu nehmende Gefahr für die persönliche Sicherheit einer Person zu verringern. (2)  Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften in diesem öffentlichen Register unter einer individuellen Nummer geführt werden. Datenspeicherungen des Registers erfolgen elektronisch; die Öffentlichkeit kann auf elektronischem Wege auf das Register zugreifen. (3)  Das öffentliche Register enthält ferner Namen und Anschrift der Stellen, die für die Zulassung nach Artikel 3, die Qualitätssicherung nach Artikel 29, die Untersuchungen und Sanktionen gegen Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften nach Artikel 30 und die öffentliche Aufsicht nach Artikel 32 verantwortlich sind. (4)  Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das öffentliche Register spätestens am 29. Juni 2009 in vollem Umfang einsatzfähig ist. Artikel 16 Registrierung von Abschlussprüfern (1) Für Abschlussprüfer werden im öffentlichen Register zumindest die folgenden Angaben geführt: a) Name, Anschrift und Registrierungsnummer; b) gegebenenfalls Name, Anschrift, InternetAdresse und Registrierungsnummer der Prüfungsgesellschaft(en), bei der/denen der Abschlussprüfer angestellt ist oder der/denen er als Partner angehört oder in ähnlicher Form verbunden ist; c) andere Registrierung(en) als Abschlussprüfer bei den zuständigen Stellen anderer Mitgliedstaaten und als Prüfer in Drittländern, einschließlich des/der Namen(s) der Zulassungsbehörde(n) und gegebenenfalls der Registrierungsnummer(n). (2) Prüfer aus Drittländern, die gemäß Artikel 45 registriert sind, werden im Register eindeutig als solche, und nicht als Abschlussprüfer, geführt. Artikel 17 Registrierung von Prüfungsgesellschaften (1) Für Prüfungsgesellschaften werden im öffentlichen Register zumindest die folgenden Angaben geführt: a) Name, Anschrift und Registrierungsnummer; b) Rechtsform;

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§ 25 Anhang APRL und APVO

c) Kontaktmöglichkeiten, Hauptansprechpartner und gegebenenfalls Internetadresse;

menbedingungen für elektronische Signaturen(21) geschehen.

d) Anschrift jedes Büros in dem Mitgliedstaat; e) Name und Registrierungsnummer aller Abschlussprüfer, die bei der Prüfungsgesellschaft angestellt sind oder als Partner angehören oder in ähnlicher Form mit ihr verbunden sind; f) Namen und Geschäftsadressen aller Eigentümer und Anteilseigner; g) Namen und Geschäftsadressen aller Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans; h) gegebenenfalls ein Hinweis auf Mitgliedschaft in einem Netzwerk sowie eine Liste mit Namen und Anschriften der Mitgliedsgesellschaften und ihrer verbundenen Unternehmen oder ein Hinweis darauf, wo diese Informationen öffentlich zugänglich sind; i) andere Registrierung(en) als Prüfungsgesellschaft bei den zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten und als Prüfungsunternehmen in Drittländern, einschließlich des/der Namen(s) der Zulassungsbehörde(n) und gegebenenfalls der Registrierungsnummer(n); j) gegebenenfalls, ob die Prüfungsgesellschaft gemäß Artikel 3a Absatz 3 registriert ist. (2) Prüfungsunternehmen aus Drittländern, die gemäß Artikel 45 registriert sind, werden im Register eindeutig als solche, und nicht als Prüfungsgesellschaften, geführt. Artikel 18 Aktualisierung des Registers Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften den für das öffentliche Register zuständigen Stellen jede Änderung der darin geführten Informationen unverzüglich mitteilen. Das Register wird nach einer solchen Mitteilung unverzüglich aktualisiert. Artikel 19 Verantwortlichkeit für die Registrierungsangaben Die nach den Artikeln 16, 17 und 18 den entsprechenden zuständigen Stellen gelieferten Informationen werden vom Abschlussprüfer oder der Prüfungsgesellschaft unterzeichnet. Dies kann, wenn die zuständige Stelle die Übermittlung der Informationen auf elektronischem Weg zulässt, beispielsweise durch eine elektronische Signatur im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie 1999/93/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 über gemeinschaftliche Rah-

Artikel 20 Sprache (1)  Die Informationen werden in einer nach der in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Sprachenregelung zugelassenen Sprache in das öffentliche Register eingegeben. (2)  Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass die Informationen zusätzlich dazu in einer oder mehreren anderen Amtssprachen der Gemeinschaft in das öffentliche Register eingegeben werden. Die Mitgliedstaaten können zu diesem Zweck eine beglaubigte Übersetzung vorschreiben. Die betroffenen Mitgliedstaaten stellen in allen Fällen sicher, dass aus dem Register hervorgeht, ob es sich um eine beglaubigte Übersetzung handelt oder nicht. KAPITEL IV BERUFSGRUNDSÄTZE, UNABHÄNGIGKEIT, UNPARTEILICHKEIT, VERSCHWIEGENHEIT UND BERUFSGEHEIMNIS Artikel 21 Berufsgrundsätze und kritische Grundhaltung (1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften an Berufsgrundsätze gebunden sind. Diese Berufsgrundsätze haben zumindest ihre Funktion für das öffentliche Interesse, ihre Integrität und Unparteilichkeit sowie ihre Fachkompetenz und Sorgfalt zum Gegenstand. (2) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften bei der Durchführung einer Abschlussprüfung während der gesamten Prüfung ihre kritische Grundhaltung beibehalten und ungeachtet ihrer bisherigen Erfahrungen mit der Aufrichtigkeit und Integrität des Managements des geprüften Unternehmens und der mit der Unternehmensführung betrauten Personen die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass es aufgrund von Sachverhalten oder Verhaltensweisen, die auf Unregelmäßigkeiten wie Betrug oder Irrtümer hindeuten, zu einer wesentlichen falschen Darstellung gekommen sein könnte. Ihre kritische Grundhaltung behalten die Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften insbesondere bei der prüferischen Beurteilung der Schätzungen des Managements in Bezug auf Zeitwertangaben, die

(21) ABl. L 13 vom 19.1.2000, S. 12.

§ 25 Anhang APRL und APVO Wertminderung von Vermögenswerten, Rückstellungen und künftige Cashflows, die für die Beurteilung der Fähigkeit des Unternehmens zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit von Bedeutung sind, bei. Für die Zwecke dieses Artikels bedeutet „kritische Grundhaltung“ die grundsätzliche Einstellung, Dinge kritisch zu hinterfragen, auf Gegebenheiten zu achten, die auf eine mögliche, durch Betrug oder Irrtümer bedingte wesentliche falsche Darstellung hindeuten können, und die Prüfungsnachweise kritisch zu beurteilen. Artikel 22 Unabhängigkeit und Unparteilichkeit (1)  Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft sowie jede natürliche Person, die in der Lage ist, das Ergebnis der Abschlussprüfung direkt oder indirekt zu beeinflussen, bei der Durchführung einer Abschlussprüfung von dem geprüften Unternehmen unabhängig und nicht in dessen Entscheidungsprozesse eingebunden ist. Diese Unabhängigkeit ist zumindest sowohl für den Zeitraum erforderlich, auf den sich die zu prüfenden Abschlüsse beziehen, als auch für die Dauer der Abschlussprüfung. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft alle angemessenen Maßnahmen ergreift, um zu gewährleisten, dass seine bzw. ihre Unabhängigkeit bei der Durchführung einer Abschlussprüfung nicht durch tatsächliche oder potenzielle Interessenkonflikte oder Geschäfts- oder sonstige direkte oder indirekte Beziehungen des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft, der bzw. die die Abschlussprüfung durchführt, sowie gegebenenfalls seines bzw. ihres Netzwerks, der Geschäftsleitung, der Prüfer, der Mitarbeiter, beliebiger anderer natürlicher Personen, deren Leistungen der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft in Anspruch nehmen oder die er bzw. sie kontrollieren kann, oder jeder anderen Person, die über ein Kontrollverhältnis direkt oder indirekt mit dem Abschlussprüfer bzw. der Prüfungsgesellschaft verbunden ist, beeinträchtigt wird. Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft darf die Abschlussprüfung nicht ausführen, wenn eine Gefahr der Selbstüberprüfung, des Eigeninteresses, der Interessenvertretung, der Vertrautheit oder der Einschüchterung aufgrund einer Beziehung finanzieller, persönlicher oder geschäftlicher Art, eines Beschäftigungsverhältnisses oder anderer Beziehungen zwischen ––

dem Abschlussprüfer, der Prüfungsgesellschaft, deren Netzwerk sowie jeder natürlichen Person, die in der Lage ist, das Ergebnis der Abschlussprüfung zu beeinflussen, und

––

dem geprüften Unternehmen

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besteht, wodurch eine unabhängige, vernünftige und sachkundige dritte Partei unter Beachtung der angewandten Schutzmaßnahmen zu dem Schluss käme, dass die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft gefährdet ist. (2) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Abschlussprüfer, Prüfungsgesellschaften, ihre verantwortlichen Prüfungspartner und Mitarbeiter sowie alle anderen natürlichen Personen, deren Leistungen der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft in Anspruch nehmen oder kontrollieren kann, und die unmittelbar an den Prüfungsarbeiten beteiligt sind, sowie Personen, die im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 2004/72/EG der Kommission(22) in enger Beziehung zu ihnen stehen, kein wesentliches und direktes wirtschaftliches Eigentum an Finanzinstrumenten halten oder haben oder von der Beteiligung an Geschäften mit Finanzinstrumenten absehen, die von einem geprüften Unternehmen, das in den Kreis ihrer Prüfungstätigkeiten fällt, ausgegeben, garantiert oder in anderer Weise abgesichert werden, es sei denn, es handelt sich um in indirektem Eigentum befindliche Beteiligungen durch diversifizierte Organismen für gemeinsame Anlagen, einschließlich gemanagter Fonds, wie Pensionsfonds und Lebensversicherungen. (3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften in ihren Arbeitspapieren alle bedeutsamen Risiken für ihre Unabhängigkeit und die Schutzmaßnahmen, die zur Minderung dieser Risiken ergriffen wurden, dokumentieren. (4) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in Absatz 2 genannten Personen oder Gesellschaften nicht an der Prüfung eines bestimmten Unternehmens teilnehmen bzw. das Ergebnis einer Abschlussprüfung nicht in anderer Weise beeinflussen, wenn sie a) Finanzinstrumente des geprüften Unternehmens besitzen, bei denen es sich nicht um indirekt gehaltene Beteiligungen durch diversifizierte Organismen für gemeinsame Anlagen handelt, b) Finanzinstrumente eines mit dem geprüften Unternehmen verbundenen Unternehmens besitzen, bei denen es sich nicht um indirekt gehaltene Beteiligungen durch diversifizierte Organismen für gemeinsame Anlagen handelt, und der Besitz dieser Instrumente einen Interessenkonflikt verursachen kann oder nach allgemeiner Auffassung einen solchen verursacht,

(22) Richtlinie 2004/72/EG der Kommission vom 29. April 2004 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates — Zulässige Marktpraktiken, Definition von Insider-Informationen in Bezug auf Warenderivate, Erstellung von Insider-Verzeichnissen, Meldung von Eigengeschäften und Meldung verdächtiger Transaktionen (ABl. L 162 vom 30.4.2004, S. 70).

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§ 25 Anhang APRL und APVO

c) während des in Absatz 1 genannten Zeitraums eine Beschäftigungs-, Geschäfts- oder sonstige Beziehung zu diesem geprüften Unternehmen unterhalten haben, das einen Interessenkonflikt verursachen kann oder nach allgemeiner Auffassung einen solchen verursacht.

b) gegebenenfalls bei dem geprüften Unternehmen nicht Mitglied des Prüfungsausschusses wird bzw. — sollte es keinen solchen Ausschuss geben — nicht Mitglied des Gremiums wird, das die Funktionen des Prüfungsausschusses ausübt,

(5) Die in Absatz 2 genannten Personen oder Gesellschaften nehmen von dem geprüften Unternehmen oder von einem mit dem geprüften Unternehmen verbundenen Unternehmen keine Geld- oder Sachgeschenke oder Gefälligkeiten an und bemühen sich nicht um solche, es sein denn, ein objektiver, verständiger und informierter Dritter würde deren Wert als geringfügig oder unbedeutend betrachten.

c) nicht geschäftsführendes Mitglied des Verwaltungsorgans oder Mitglied des Aufsichtsorgans des geprüften Unternehmens wird.

(6) Wenn ein geprüftes Unternehmen während des durch die Abschlüsse abgedeckten Zeitraums von einem anderen Unternehmen erworben wird, sich mit diesem zusammenschließt oder ein solches Unternehmen erwirbt, ermittelt und beurteilt der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft alle gegenwärtigen oder kürzlich erfolgten Beteiligungen oder Beziehungen zu diesem Unternehmen, einschließlich aller diesem Unternehmen erbrachten Nichtprüfungsleistungen, die unter Berücksichtigung verfügbarer Schutzmaßnahmen die Unabhängigkeit und die Fähigkeit des Prüfers, die Abschlussprüfung nach dem Datum des Wirksamwerdens der Fusion oder Übernahme fortzusetzen, in Frage stellen könnten. So schnell wie möglich, in jedem Fall aber innerhalb von drei Monaten, leitet der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft alle Schritte ein, die sich als notwendig erweisen könnten, um gegenwärtige Beteiligungen oder Beziehungen, die seine bzw. ihre Unabhängigkeit in Frage stellen würden, zu beenden, und ergreift wenn möglich Schutzmaßnahmen, um jede Gefahr für seine bzw. ihre Unabhängigkeit, die sich aus früheren und gegenwärtigen Beteiligungen und Beziehungen ergeben, zu minimieren.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Mitarbeiter und Partner – mit Ausnahme der verantwortlichen Prüfungspartner – eines Abschlussprüfers oder einer Prüfungsgesellschaft, der bzw. die eine Abschlussprüfung durchführt, sowie alle anderen natürlichen Personen, deren Leistungen dieser Abschlussprüfer bzw. diese Prüfungsgesellschaft in Anspruch nehmen oder kontrollieren kann, für den Fall, dass sie selbst zugelassene Abschlussprüfer sind, mindestens ein Jahr nach ihrer unmittelbaren Beteiligung an dem Prüfungsauftrag keine der in Absatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Aufgaben übernehmen. Artikel 22b Vorbereitung auf die Abschlussprüfung und Beurteilung der Gefährdungen für die Unabhängigkeit Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass ein Abschlussprüfer bzw. eine Prüfungsgesellschaft, bevor er bzw. sie einen Auftrag für eine Abschlussprüfung annimmt oder fortsetzt, Folgendes beurteilt und dokumentiert: ––

ob er bzw. sie die Anforderungen des Artikels 22 dieser Richtlinie erfüllt;

––

ob seine bzw. ihre Unabhängigkeit gefährdet ist, sowie die Schutzmaßnahmen, die zur Verminderung dieser Gefahren ergriffen wurden;

––

ob er bzw. sie über die kompetenten Mitarbeiter, die Zeit und die Ressourcen verfügt, die zur angemessenen Durchführung der Abschlussprüfung erforderlich sind;

––

ob – im Falle einer Prüfungsgesellschaft – der verantwortliche Prüfungspartner in dem Mitgliedstaat, der die Abschlussprüfung vorschreibt, als Abschlussprüfer zugelassen ist.

Artikel 22a Einstellung von früheren Abschlussprüfern oder Mitarbeitern von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften bei geprüften Unternehmen (1)  Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass ein Abschlussprüfer oder ein verantwortlicher Prüfungspartner, der eine Abschlussprüfung im Auftrag einer Prüfungsgesellschaft durchführt, vor Ablauf von mindestens einem Jahr bzw. bei Abschlussprüfungen von Unternehmen von öffentlichem Interesse vor Ablauf von mindestens zwei Jahren, nachdem er die Tätigkeit als Abschlussprüfer oder verantwortlicher Prüfungspartner im Zusammenhang mit dem Prüfungsauftrag eingestellt hat, a) keine zentrale Führungsposition in dem geprüften Unternehmen übernimmt,

Die Mitgliedstaaten können vereinfachte Anforderungen für die Prüfungen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben b und c vorsehen. Artikel 23 Verschwiegenheitspflicht und Berufsgeheimnis (1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften in

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§ 25 Anhang APRL und APVO Bezug auf alle Informationen und Unterlagen, zu denen sie bei der Durchführung einer Abschlussprüfung Zugang erhalten, entsprechenden Vorschriften zur Verschwiegenheitspflicht und zum Berufsgeheimnis unterliegen. (2)  Die Vorschriften zur Verschwiegenheitspflicht und zum Berufsgeheimnis von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften dürfen die Durchsetzung der Bestimmungen dieser Richtlinie oder der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 nicht erschweren. (3)  Wird ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft durch einen anderen Abschlussprüfer oder eine andere Prüfungsgesellschaft ersetzt, gewährt der frühere Abschlussprüfer bzw. die frühere Prüfungsgesellschaft dem neuen Abschlussprüfer bzw. der neuen Prüfungsgesellschaft Zugang zu allen relevanten Informationen über das geprüfte Unternehmen und über die zuletzt durchgeführte Abschlussprüfung dieses Unternehmens. (4) Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften, die in einem bestimmten Prüfungsmandat nicht mehr tätig sind, und Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften eines früheren Abschlusses unterliegen hinsichtlich dieses Prüfungsmandats weiterhin den Bestimmungen der Absätze 1 und 2. (5)  Wenn ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft bei einem Unternehmen, das zu einem Konzern gehört, dessen Muttergesellschaft ihren Sitz in einem Drittland hat, die Abschlussprüfung durchführt, hindern die in Absatz 1 festgelegten Bestimmungen zur Verschwiegenheitspflicht und zum Berufsgeheimnis den Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft nicht daran, relevante Prüfungsunterlagen an den Konzernabschlussprüfer in einem Drittland weiterzugeben, wenn diese für die Durchführung der Prüfung des konsolidierten Abschlusses der Muttergesellschaft benötigt werden. Wenn ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft bei einem Unternehmen, das in einem Drittland Wertpapiere ausgegeben hat oder zu einem Konzern gehört, der den gesetzlich vorgeschriebenen konsolidierten Abschluss in einem Drittland vorlegt, die Abschlussprüfung durchführt, kann er bzw. sie die in seinem bzw. ihrem Besitz befindlichen Arbeitspapiere oder anderen Unterlagen, die die Abschlussprüfung bei diesem Unternehmen betreffen, nur unter den in Artikel 47 festgelegten Bedingungen an die zuständigen Drittlandsbehörden weiterleiten. Die Weitergabe von Informationen an den Konzernabschlussprüfer mit Sitz in einem Drittland muss mit Kapitel IV der Richtlinie 95/46/EG sowie den geltenden nationalen Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten in Einklang stehen.

Artikel 24 Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Abschlussprüfern, die für eine Prüfungsgesellschaft eine Abschlussprüfung durchführen Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass weder die Eigentümer noch die Anteilseigner einer Prüfungsgesellschaft noch die Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane dieser oder einer verbundenen Gesellschaft in einer Weise in eine Abschlussprüfung eingreifen, die die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Abschlussprüfers, der die Abschlussprüfung für die Prüfungsgesellschaft durchführt, gefährdet. Artikel 24a Interne Organisation von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften (1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften die folgenden organisatorischen Anforderungen erfüllen: a) Prüfungsgesellschaften legen angemessene Grundsätze und Verfahren fest, um zu gewährleisten, dass weder die Eigentümer oder Anteilseigner noch die Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane der Gesellschaft oder einer verbundenen Gesellschaft in einer Weise in eine Abschlussprüfung eingreifen, die die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Abschlussprüfers, der die Abschlussprüfung im Auftrag der Prüfungsgesellschaft durchführt, gefährdet. b) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften verfügen über solide Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren, interne Qualitätssicherungsmechanismen, wirksame Verfahren zur Risikobewertung sowie wirksame Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen für Datenverarbeitungssysteme. Diese internen Qualitätssicherungsmechanismen sind darauf ausgelegt, die Einhaltung von Entscheidungen und Verfahren auf allen Ebenen einer Prüfungsgesellschaft oder der Arbeitsorganisation eines Abschlussprüfers sicherzustellen. c) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften legen angemessene Grundsätze und Verfahren fest, um zu gewährleisten, dass ihre Mitarbeiter sowie jede andere natürliche Person, deren Leistungen sie in Anspruch nehmen oder die sie kontrollieren können und die unmittelbar an den Prüfungstätigkeiten beteiligt ist, über angemessene Kenntnisse und Erfahrungen für die ihnen zugewiesenen Aufgaben verfügen. d) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften legen angemessene Grundsätze und Verfahren fest, um zu gewährleisten, dass bei einer

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§ 25 Anhang APRL und APVO

Auslagerung wichtiger Prüfungstätigkeiten weder die Qualität der internen Qualitätssicherung des Abschlussprüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft noch die Fähigkeit der zuständigen Behörden, die Aufsicht über die Einhaltung der in dieser Richtlinie und gegebenenfalls in der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 festgelegten Pflichten durch den Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft zu führen, beeinträchtigt wird. e) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften treffen angemessene und wirksame organisatorische und administrative Vorkehrungen, um allen in den Artikeln 22, 22a und 22b genannten Gefahren für ihre Unabhängigkeit vorzubeugen, solche Gefahren zu ermitteln, zu beseitigen oder ihnen zu begegnen und sie offenzulegen. f) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften legen angemessene Grundsätze und Verfahren für die Abschlussprüfung, für Mitarbeiter-Coaching und die Beaufsichtigung und Prüfung der Tätigkeiten von Mitarbeitern sowie für die Strukturierung der in Artikel 24b Absatz 5 genannten Prüfungsakte fest. g) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften richten ein internes Qualitätssicherungssystem ein, um die Qualität der Abschlussprüfung sicherzustellen. Das Qualitätssicherungssystem erfasst zumindest die unter Buchstabe f beschriebenen Grundsätze und Verfahren. Bei Prüfungsgesellschaften liegt die Verantwortung für das interne Qualitätssicherungssystem bei einer als Abschlussprüfer qualifizierten Person. h) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften setzen angemessene Systeme, Ressourcen und Verfahren ein, um bei der Ausübung ihrer Prüfungstätigkeiten Kontinuität und Regelmäßigkeit zu gewährleisten. i) Darüber hinaus treffen Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften angemessene und wirksame organisatorische und administrative Vorkehrungen für den Umgang mit und die Aufzeichnung von Vorfällen, die die Integrität ihrer Prüfungstätigkeiten schwer beeinträchtigen oder beeinträchtigen können. j) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften verfügen über angemessene Vergütungsgrundsätze, einschließlich Maßnahmen der Gewinnbeteiligung, die ausreichende Leistungsanreize bieten, um die Qualität der Abschlussprüfung sicherzustellen. Insbesondere dürfen die Einnahmen, die der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft aus der Erbringung von Nichtprüfungsleistungen an das geprüfte Unternehmen erzielt, kein Teil der Leistungsbewertung und der Vergütung von Personen sein, die an der Abschlussprüfung beteiligt oder in der Lage sind, das Ergebnis der Abschlussprüfung zu beeinflussen.

k) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften beobachten und bewerten die Angemessenheit und Wirksamkeit ihrer gemäß dieser Richtlinie und gegebenenfalls der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 geschaffenen Systeme, internen Qualitätssicherungsmechanismen und -vorkehrungen und ergreifen die zur Behebung etwaiger Mängel erforderlichen Maßnahmen. Insbesondere das unter Buchstabe g genannte interne Qualitätssicherungssystem unterziehen die Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften einmal jährlich einer Bewertung. Die Ergebnisse dieser Bewertung samt aller zur Änderung des internen Qualitätssicherungssystems vorgeschlagenen Änderungen werden von den Abschlussprüfern bzw. Prüfungsgesellschaften aufgezeichnet. Die in Unterabsatz 1 genannten Grundsätze und Verfahren werden dokumentiert und den Mitarbeitern des Abschlussprüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft zur Kenntnis gebracht. Die Mitgliedstaaten können vereinfachte Anforderungen für die Prüfungen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben b und c vorsehen. Die Verantwortung des Abschlussprüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft gegenüber dem geprüften Unternehmen bleibt von einer Auslagerung von Prüfungstätigkeiten gemäß Buchstabe d dieses Absatzes unberührt. (2) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften tragen bei der Einhaltung dieser Anforderungen gemäß Absatz 1 dem Umfang und der Komplexität ihrer Tätigkeiten Rechnung. Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften müssen der zuständigen Behörde gegenüber darlegen können, dass die Grundsätze und Verfahren angesichts des Umfangs und der Komplexität ihrer Tätigkeiten angemessen sind, um die Anforderungen zu erfüllen. Artikel 24b Arbeitsorganisation (1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass eine Prüfungsgesellschaft, die die Abschlussprüfung durchführt, zumindest einen verantwortlichen Prüfungspartner benennt. Die Prüfungsgesellschaft stellt dem verantwortlichen Prüfungspartner oder den verantwortlichen Prüfungspartnern die zur angemessenen Wahrnehmung seiner bzw. ihrer Aufgaben notwendigen Mittel und Personal mit der notwendigen Kompetenz und den notwendigen Fähigkeiten zur Verfügung. Die Hauptkriterien, nach denen die Prüfungsgesellschaft den oder die zu benennenden verantwortlichen Prüfungspartner bestimmt, sind Sicherstellung der Prüfungsqualität, Unabhängigkeit und Kompetenz.

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§ 25 Anhang APRL und APVO Der verantwortliche oder die verantwortlichen Prüfungspartner ist bzw. sind aktiv an der Durchführung der Abschlussprüfung beteiligt. (2)  Der Abschlussprüfer wendet bei der Durchführung der Abschlussprüfung ausreichend Zeit für das Prüfungsmandat auf und sieht die zur angemessenen Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlichen Ressourcen vor. (3)  Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft Aufzeichnungen über alle Verstöße gegen die Bestimmungen dieser Richtlinie und gegebenenfalls der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 führt. Die Mitgliedstaaten können Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften bezüglich geringfügiger Verstöße von dieser Verpflichtung befreien. Der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft zeichnet ebenfalls alle aus Verstößen erwachsenden Konsequenzen auf, einschließlich der zur Behebung dieser Verstöße und zur Änderung seines bzw. ihres internen Qualitätssicherungssystems getroffenen Maßnahmen. Der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft erstellt jährlich einen Bericht über alle getroffenen Maßnahmen und leitet diesen intern weiter. Holt der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft den Rat externer Sachverständiger ein, dokumentiert er bzw. sie sowohl die Anfrage als auch die erhaltene Antwort. (4) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften führen eine Mandantendatei. Diese Datei enthält für jeden Mandanten die folgenden Angaben: a) Name, Anschrift und Ort der Niederlassung, b) bei einer Prüfungsgesellschaft den/die Namen des verantwortlichen Prüfungspartners bzw. der verantwortlichen Prüfungspartner, c) für jedes Geschäftsjahr die für die Abschlussprüfung und für andere Leistungen in Rechnung gestellten Honorare. (5) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften legen für jede Abschlussprüfung eine Prüfungsakte an. Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft dokumentiert zumindest die gemäß Artikel 22b Absatz 1 dieser Richtlinie und gegebenenfalls gemäß den Artikeln 6 bis 8 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 aufgezeichneten Daten. Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft bewahrt alle anderen Daten und Unterlagen, die zur Begründung des in Artikel 28 dieser Richtlinie und gegebenenfalls in den Artikeln 10 und 11 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 genannten Vermerks bzw. Berichts und zur Beobachtung der Einhaltung dieser Richtlinie und anderer geltender rechtlicher Anforderungen von Bedeutung sind, auf. Die Prüfungsakte wird spätestens 60 Tage nach Unterzeichnung des in Artikel 28 dieser Richtlinie und gegebenenfalls in Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 genannten Bestätigungsvermerks geschlossen.

(6) Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft bewahrt alle etwaigen schriftlichen Beschwerden über die Durchführung der Abschlussprüfungen auf. (7)  Die Mitgliedstaaten können vereinfachte Anforderungen hinsichtlich der Absätze 3 und 6 für die Prüfungen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben b und c vorsehen. Artikel 25 Prüfungshonorare Die Mitgliedstaaten sorgen für eine angemessene Regelung, die gewährleistet, dass die Honorare für Abschlussprüfungen a) nicht von der Erbringung zusätzlicher Leistungen für das geprüfte Unternehmen beeinflusst oder bestimmt werden; b) an keinerlei Bedingungen geknüpft werden dürfen. Artikel 25a Umfang der Abschlussprüfung Unbeschadet der in Artikel 28 dieser Richtlinie und gegebenenfalls in den Artikeln 10 und 11 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 genannten Berichtspflichten umfasst eine Abschlussprüfung keine Zusicherung über den künftigen Fortbestand des geprüften Unternehmens oder die Effizienz oder Wirksamkeit, mit der das Leitungs- oder Verwaltungsorgan des Unternehmens dessen Geschäfte bisher geführt hat oder zukünftig führen wird. KAPITEL V PRÜFUNGSSTANDARDS UND BESTÄTIGUNGSVERMERK Artikel 26 Prüfungsstandards (1)  Die Mitgliedstaaten verpflichten die Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften, Abschlussprüfungen unter Beachtung der von der Kommission nach Absatz 3 angenommenen internationalen Prüfungsstandards durchzuführen. Die Mitgliedstaaten können nationale Prüfungsstandards, Prüfverfahren oder Prüfungsanforderungen so lange anwenden, wie die Kommission keine internationalen Prüfungsstandards, die für denselben Bereich gelten, angenommen hat. (2) Für die Zwecke von Absatz 1 bezeichnet der Ausdruck „internationale Prüfungsstandards“ die International Standards on Auditing (ISA), den International Standard on Quality Control 1 und

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§ 25 Anhang APRL und APVO

andere damit zusammenhängende Standards, die vom Internationalen Wirtschaftsprüferverband (IFAC) über das International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB) herausgegeben wurden, soweit sie für die Abschlussprüfung relevant sind. (3)  Der Kommission wird die Befugnis übertragen, im Wege delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 48a die in Absatz 1 genannten internationalen Prüfungsstandards in den Bereichen Prüfungsverfahren, Unabhängigkeit und interne Qualitätssicherung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften zum Zwecke der Anwendung jener Standards innerhalb der Union anzunehmen. Die Kommission darf die internationalen Prüfungsstandards nur annehmen, wenn sie a) in einem einwandfreien Verfahren mit angemessener öffentlicher Aufsicht und Transparenz erstellt wurden und international allgemein anerkannt sind; b) beim Jahresabschluss oder konsolidierten Abschluss entsprechend den in Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2013/34/EU festgelegten Grundsätzen zu einem hohen Maß an Glaubwürdigkeit und Qualität beitragen; c) dem Gemeinwohl in der Union dienen und d) keine Änderungen oder Ergänzungen der Anforderungen dieser Richtlinie mit Ausnahme der in Kapitel IV und in den Artikeln 27 und 28 festgelegten Anforderungen enthalten. (4) Unbeschadet Absatz 1 Unterabsatz 2 dürfen die Mitgliedstaaten neben den von der Kommission­ angenommenen internationalen Prüfungsstandards zusätzliche Prüfverfahren oder Prüfungsanforderungen, a) nur dann vorschreiben, wenn diese Prüfverfahren und Prüfungsanforderungen erforderlich sind, um den nationalen rechtlichen Anforderungen in Bezug auf den Umfang der Abschlussprüfungen Wirkung zu verleihen, oder b) nur in dem Maße vorschreiben, wie dies erforderlich ist, um die Glaubwürdigkeit und Qualität von Abschlüssen erhöhen. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die Prüfverfahren oder Prüfungsanforderungen spätestens drei Monate vor deren Inkrafttreten oder – im Falle von Anforderungen, die zum Zeitpunkt der Annahme internationaler Prüfungsstandards bereits bestehen – spätestens binnen drei Monaten nach Annahme der einschlägigen internationalen Prüfungsstandards mit. (5) Verlangt ein Mitgliedstaat die Abschlussprüfung kleiner Unternehmen, so kann er vorsehen, dass die Anwendung der in Absatz 1 genannten Prüfungsstandards dem Umfang und der Komplexität der Tätigkeiten dieser Unternehmen angemessen sein muss. Die Mitgliedstaaten können Maßnahmen ergreifen, um die verhältnismäßige

Anwendung der Prüfungsstandards auf Abschlussprüfungen von kleinen Unternehmen sicherzustellen. Artikel 27 Abschlussprüfungen von konsolidierten Abschlüssen (1)  Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei der Abschlussprüfung der konsolidierten Abschlüsse eines Konzerns a) der Konzernabschlussprüfer in Bezug auf die konsolidierten Abschlüsse die volle Verantwortung für den Bestätigungsvermerk gemäß Artikel 28 dieser Richtlinie und gegebenenfalls Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 sowie gegebenenfalls für den zusätzlichen Bericht an den Prüfungsausschuss gemäß Artikel 11 jener Verordnung trägt; b) der Konzernabschlussprüfer die von Prüfern aus einem Drittland oder Abschlussprüfern und Prüfungsunternehmen aus einem Drittland oder Prüfungsgesellschaften für die Zwecke der Konzernabschlussprüfung ausgeführten Prüfungsarbeiten bewertet und die Natur, den Zeitplan und das Ausmaß der von diesen Prüfern durchgeführten Arbeit dokumentiert, wozu gegebenenfalls auch die Durchsicht von relevanten Teilen der Prüfungsunterlagen dieser Prüfer durch den Konzernabschlussprüfer zählt; c) der Konzernabschlussprüfer die von Prüfern aus einem Drittland oder Abschlussprüfern und Prüfungsunternehmen aus einem Drittland oder Prüfungsgesellschaften für die Zwecke der Konzernabschlussprüfung durchgeführten Prüfungstätigkeiten überprüft und dokumentiert. Die von dem Konzernabschlussprüfer aufbewahrten Unterlagen müssen so beschaffen sein, dass die entsprechende zuständige Behörde die Arbeit des Konzernabschlussprüfers überprüfen kann. Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe c dieses Absatzes verlangt der Konzernabschlussprüfer als Voraussetzung dafür, dass er sich auf die Arbeit von Prüfern aus einem Drittland, Abschlussprüfern, Prüfungsunternehmen aus einem Drittland oder Prüfungsgesellschaften stützen kann, dass die betreffenden Prüfer aus einem Drittland, Abschlussprüfer, Prüfungsunternehmen aus einem Drittland oder Prüfungsgesellschaften in die Weitergabe relevanter Unterlagen während der Prüfung des konsolidierten Abschlusses einwilligen. (2)  Ist es dem Konzernabschlussprüfer nicht möglich, die Bestimmungen in Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c zu erfüllen, ergreift er geeignete Maßnahmen und unterrichtet die jeweils zuständige Behörde entsprechend. Solche Maßnahmen umfassen gegebenenfalls zusätzliche Prüfungstätigkeiten bei der betreffen-

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§ 25 Anhang APRL und APVO den Tochtergesellschaft, die entweder direkt oder im Wege einer Auslagerung durchgeführt werden. (3) Wird der Konzernabschlussprüfer in Bezug auf die Prüfung des konsolidierten Abschlusses eines Konzerns einer Qualitätssicherungsprüfung oder Untersuchung unterzogen, so stellt er der zuständigen Behörde auf Verlangen die relevanten ihm vorliegenden Unterlagen zur Verfügung, die die von den betreffenden Prüfern aus einem Drittland, Abschlussprüfern, Prüfungsunternehmen aus einem Drittland oder Prüfungsgesellschaft für die Zwecke der Konzernabschlussprüfung durchgeführten Prüfungstätigkeiten betreffen, wozu auch sämtliche für die Konzernabschlussprüfung relevanten Arbeitspapiere zählen. Die zuständige Behörde kann verlangen, dass die jeweils zuständigen Behörden gemäß Artikel 36 zusätzliche Unterlagen zu den von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften für die Zwecke der Konzernabschlussprüfung durchgeführten Prüfungsarbeiten zur Verfügung stellen. Wird ein Mutter- oder Tochterunternehmen eines Konzerns von einem oder mehreren Prüfern oder Prüfungsunternehmen aus einem Drittland geprüft, so kann die zuständige Behörde verlangen, dass die jeweils zuständigen Drittlandsbehörden im Rahmen der in Artikel 47 genannten Vereinbarungen zur Zusammenarbeit zusätzliche Unterlagen zu den von Prüfern oder Prüfungsunternehmen aus einem Drittland durchgeführten Prüfungsarbeiten zur Verfügung stellen. Abweichend von Unterabsatz 3 trägt der Konzernabschlussprüfer für den Fall, dass ein Mutter- oder Tochterunternehmen eines Konzerns von einem oder mehreren Prüfern oder Prüfungsunternehmen aus einem Drittland geprüft wird, das nicht über eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit gemäß Artikel 47 verfügt, zudem dafür Sorge, dass – sollte dies verlangt werden – die zusätzlichen Unterlagen zu den von diesem Prüfer oder Prüfungsunternehmen bzw. von diesen Prüfern oder Prüfungsunternehmen aus einem Drittland durchgeführten Prüfungsarbeiten samt der für die Konzernabschlussprüfung relevanten Arbeitspapiere ordnungsgemäß ausgehändigt werden. Zur Sicherstellung dieser Aushändigung bewahrt der Konzernabschlussprüfer eine Kopie dieser Unterlagen auf oder vereinbart andernfalls mit dem Prüfer oder Prüfungsunternehmen bzw. den Prüfern oder Prüfungsunternehmen aus einem Drittland, dass auf Antrag unbeschränkter Zugang gestattet wird, oder er trifft sonstige geeignete Maßnahmen. Verhindern rechtliche oder andere Hindernisse, dass die die Prüfung betreffenden Arbeitspapiere aus einem Drittland an den Konzernabschlussprüfer weitergegeben werden können, müssen die vom Konzernabschlussprüfer aufbewahrten Unterlagen Nachweise dafür enthalten, dass er die geeigneten Verfahren durchgeführt hat, um Zugang zu den Prüfungsunterlagen zu erhalten, und, im Fall anderer als durch die Rechtsvorschriften des betroffenen Drittlandes entstandener rechtlicher Hinder-

nisse, Nachweise für das Vorhandensein eines solchen Hindernisses. Artikel 28 Bestätigungsvermerk (1)  Der oder die Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft oder -gesellschaften legt bzw. legen die Ergebnisse der Abschlussprüfung in einem Bestätigungsvermerk dar. Der Bestätigungsvermerk wird entsprechend den Anforderungen der von der Union oder dem betroffenen Mitgliedstaat gemäß Artikel 26 angenommenen Prüfungsstandards erstellt. (2) Der Bestätigungsvermerk wird in schriftlicher Form verfasst und a) nennt das Unternehmen, dessen Jahres- oder konsolidierter Abschluss Gegenstand der Abschlussprüfung sind; gibt an, ob es sich um einen Jahres- oder einen konsolidierten Abschluss handelt, und nennt Abschlussstichtag und Abschlusszeitraum; und gibt die Rechnungslegungsgrundsätze an, nach denen der Abschluss aufgestellt wurde; b) enthält eine Beschreibung des Umfangs der Abschlussprüfung, die zumindest Angaben über die Prüfungsgrundsätze enthält, nach denen die Abschlussprüfung durchgeführt wurde; c) umfasst ein Prüfungsurteil, das als entweder uneingeschränkt, eingeschränkt oder negativ erteilt wird und zweifelsfrei Auskunft darüber gibt, ob nach Auffassung des Abschlussprüfers oder der Abschlussprüfer bzw. der Prüfungsgesellschaft oder -gesellschaften i) der Jahresabschluss im Einklang mit den jeweils maßgebenden Rechnungslegungsgrundsätzen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt und ii) soweit einschlägig — der Jahresabschluss den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Ist der bzw. sind die Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft oder -gesellschaften nicht in der Lage, ein Prüfungsurteil abzugeben, so wird dies im Vermerk angegeben; d) verweist auf alle anderen Umstände, auf die der bzw. die Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft bzw. die Prüfungsgesellschaften in besonderer Weise aufmerksam gemacht haben, ohne das Prüfungsurteil einzuschränken; e) enthält ein Prüfungsurteil und eine Erklärung, die jeweils auf den gemäß Artikel 34 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2013/34/EU im Laufe der Prüfung durchgeführten Arbeiten basieren; f) enthält eine Erklärung zu etwaigen wesentlichen Unsicherheiten in Verbindung mit Ereignissen oder Gegebenheiten, die erhebliche

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Zweifel an der Fähigkeit des Unternehmens zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufwerfen können; g) gibt den Ort der Niederlassung des Abschlussprüfers bzw. der Abschlussprüfer oder der Prüfungsgesellschaft bzw. -gesellschaften an. Die Mitgliedstaaten können zusätzliche Anforderungen hinsichtlich des Inhalts des Bestätigungsvermerks festlegen. (3) Wurde die Abschlussprüfung von mehr als einem Abschlussprüfer oder einer Prüfungsgesellschaft durchgeführt, so einigen sich diese auf die Ergebnisse der Abschlussprüfung und erteilen sie einen gemeinsamen Vermerk und ein gemeinsames Urteil. Bei Uneinigkeit gibt jeder Abschlussprüfer bzw. jede Prüfungsgesellschaft ein eigenes Urteil das in einem gesonderten Absatz des Bestätigungsvermerks ab und legt die Gründe für die Uneinigkeit dar. (4) Der Bestätigungsvermerk ist vom Abschlussprüfer unter Angabe des Datums zu unterzeichnen. Wird eine Abschlussprüfung von einer Prüfungsgesellschaft durchgeführt, so wird der Bestätigungsvermerk zumindest von dem Abschlussprüfer oder den Abschlussprüfern, der bzw. die die Abschlussprüfung für die Prüfungsgesellschaft durchgeführt hat bzw. haben, unterzeichnet. Sind mehr als ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft gleichzeitig beauftragt worden, so wird der Bestätigungsvermerk von allen Abschlussprüfern oder zumindest von den Abschlussprüfern unterzeichnet, welche die Abschlussprüfung für jede Prüfungsgesellschaft durchgeführt haben. Unter besonderen Umständen können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass diese Unterschrift bzw. Unterschriften nicht öffentlich bekannt gemacht zu werden braucht bzw. brauchen, weil eine solche Offenlegung zu einer absehbaren und ernst zu nehmenden Gefahr für die persönliche Sicherheit einer Person führen würde. In jedem Fall müssen die jeweils zuständigen Behörden die Namen der beteiligten Personen kennen. (5) Der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft zum konsolidierten Abschluss hat den Anforderungen nach den Absätzen 1 bis 4 zu genügen. Bei der Beurteilung des Einklangs zwischen dem Lagebericht und dem Abschluss nach Absatz 2 Buchstabe e hat der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft den konsolidierten Abschluss und den konsolidierten Lagebericht zu berücksichtigen. Wird der Jahresabschluss des Mutterunternehmens dem konsolidierten Abschluss beigefügt, so können die nach diesem Artikel erforderlichen Bestätigungsvermerke der Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften kombiniert werden.

KAPITEL VI QUALITÄTSSICHERUNG Artikel 29 Qualitätssicherungssysteme (1)  Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, dass alle Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften einem Qualitätssicherungssystem unterliegen, das mindestens die folgenden Kriterien erfüllt: a) das Qualitätssicherungssystem muss so organisiert sein, dass es von den überprüften Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften unabhängig ist und der öffentlichen Aufsicht unterliegt; b) die Finanzierung des Qualitätssicherungssystems muss gesichert sein und darf Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften keine Möglichkeit zur ungebührlichen Einflussnahme geben; c) das Qualitätssicherungssystem muss über angemessene Ressourcen verfügen; d) die Personen, die die Qualitätssicherungsprüfungen durchführen, müssen über eine angemessene fachliche Ausbildung und einschlägige Erfahrungen auf den Gebieten der Abschlussprüfung und Rechnungslegung verfügen und darüber hinaus eine spezielle Ausbildung für Qualitätssicherungsprüfungen absolviert haben; e) die Personen, die mit Qualitätssicherungsprüfungen betraut werden, sind nach einem objektiven Verfahren auszuwählen, das darauf ausgelegt ist, Interessenkonflikte zwischen den Qualitätssicherungsprüfern und dem überprüften Abschlussprüfer oder der überprüften Prüfungsgesellschaft auszuschließen; f) die Qualitätssicherungsprüfung muss auf der Grundlage angemessener Überprüfungen von ausgewählten Prüfungsunterlagen eine Beurteilung der Einhaltung einschlägiger Prüfungsstandards und Unabhängigkeitsanforderungen, der Quantität und der Qualität von eingesetzten Ressourcen sowie der berechneten Prüfungshonorare und des internen Qualitätssicherungssystems der Prüfungsgesellschaft umfassen; g) über die Qualitätssicherungsprüfung ist ein Bericht zu erstellen, der die wichtigsten Schlussfolgerungen dieser Prüfung wiedergibt; h) Qualitätssicherungsprüfungen müssen auf der Grundlage einer Risikoanalyse und im Fall von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a durchführen, mindestens alle sechs Jahre stattfinden; i) die Gesamtergebnisse des Qualitätssicherungssystems sind jährlich zu veröffentlichen;

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§ 25 Anhang APRL und APVO j) die im Rahmen von Qualitätsprüfungen ausgesprochenen Empfehlungen müssen von dem Abschlussprüfer oder der Prüfungsgesellschaft innerhalb einer angemessenen Frist umgesetzt werden; k) die Qualitätssicherungsprüfungen müssen im Hinblick auf den Umfang und die Komplexität der Tätigkeit des überprüften Abschlussprüfers bzw. der überprüften Prüfungsgesellschaft geeignet und angemessen sein. Wenn die unter Buchstabe j genannten Empfehlungen nicht umgesetzt werden, so werden gegebenenfalls gegen den Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft die in Artikel 30 genannten Disziplinarmaßnahmen oder Sanktionen verhängt. (2) Für die Zwecke des Absatzes 1 Buchstabe e gelten mindestens die folgenden Kriterien für die Auswahl der Qualitätssicherungsprüfer: a) Die Qualitätssicherungsprüfer verfügen über eine angemessene fachliche Ausbildung und einschlägige Erfahrungen auf den Gebieten der Abschlussprüfung und Rechnungslegung und haben eine spezielle Ausbildung in Qualitätssicherungsprüfungen absolviert. b) Personen, die Teilhaber oder Mitarbeiter eines Abschlussprüfers oder einer Prüfungsgesellschaft oder in sonstiger Weise mit diesem Abschlussprüfer bzw. dieser Prüfungsgesellschaft verbunden waren, dürfen frühestens drei Jahre nach Beendigung dieser Tätigkeit oder Verbindung als Qualitätssicherungsprüfer eine Qualitätssicherungsprüfung dieses Abschlussprüfers bzw. dieser Prüfungsgesellschaft vornehmen. c) Die Qualitätssicherungsprüfer erklären, dass zwischen ihnen und dem zu überprüfenden Abschlussprüfer bzw. der zu überprüfenden Prüfungsgesellschaft keine Interessenkonflikte bestehen. (3) Für die Zwecke des Absatzes 1 Buchstabe k verlangen die Mitgliedstaaten von den zuständigen Behörden, dass sie bei der Durchführung von Qualitätssicherungsprüfungen der Abschlussprüfung von Jahres- oder konsolidierten Abschlüssen von mittleren und kleinen Unternehmen die Tatsache berücksichtigen, dass die gemäß Artikel 26 anzunehmenden Prüfungsstandards in einer Weise angewandt werden sollen, die dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit des geprüften Unternehmens angemessen ist.

KAPITEL VII UNTERSUCHUNGEN UND SANKTIONEN Artikel 30 Untersuchungen und Sanktionen (1) Die Mitgliedstaaten sorgen für wirksame Unter­suchungen und Sanktionen, um eine unzu­ reichende Durchführung von Abschlussprüfungen aufzudecken, zu berichtigen und zu verhindern. (2) Unbeschadet der zivilrechtlichen Haftungsvorschriften der Mitgliedstaaten sehen die Mitgliedstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften vor, die sich bei der Durchführung von Abschlussprüfungen nicht an die Vorschriften halten, die zur Umsetzung dieser Richtlinie und gegebenenfalls der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 angenommen wurden. Die Mitgliedstaaten können beschließen, für Verstöße, die bereits dem einzelstaatlichen Strafrecht unterliegen, keine Vorschriften für verwaltungsrechtliche Sanktionen festzulegen. In diesem Fall teilen sie der Kommission die einschlägigen strafrechtlichen Vorschriften mit. (3)  Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass Maßnahmen und Sanktionen gegen Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften in angemessener Weise öffentlich bekanntgemacht werden. Zu den Sanktionen sollte auch die Möglichkeit des Entzugs der Zulassung zählen. Die Mitgliedstaaten können bestimmen, dass diese Bekanntmachungen keine personenbezogenen Daten im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a der Richtlinie 95/46/EG beinhalten. (4) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die in Absatz 2 genannten Vorschriften bis zum 17. Juni 2016 mit. Sie melden der Kommission unverzüglich jede nachfolgende Änderung dieser Vorschriften. Artikel 30a Sanktionsbefugnisse (1)  Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass die zuständigen Behörden befugt sind, bei Verstößen gegen die Bestimmungen dieser Richtlinie und gegebenenfalls der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 zumindest folgende verwaltungsrechtlichen Sanktionen und Maßnahmen zu ergreifen und/oder zu verhängen: a) eine Mitteilung, wonach die für den Verstoß verantwortliche natürliche oder juristische Person die Verhaltensweise einzustellen und von einer Wiederholung abzusehen hat; b) eine öffentliche Erklärung, in der die verantwortliche Person und die Art des Verstoßes genannt werden und die auf der Website der zuständigen Behörden veröffentlicht wird;

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c) ein dem Abschlussprüfer, der Prüfungsgesellschaft oder dem verantwortlichen Prüfungspartner auferlegtes vorübergehendes Verbot der Durchführung von Abschlussprüfungen und/ oder der Unterzeichnung von Bestätigungsvermerken von bis zu drei Jahren; d) eine Erklärung, dass der Bestätigungsvermerk nicht die Anforderungen des Artikels 28 der Richtlinie oder gegebenenfalls des Artikels 10 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 erfüllt; e) ein vorübergehendes Verbot der Wahrnehmung von Aufgaben bei Prüfungsgesellschaften oder Unternehmen von öffentlichem Interesse für die Dauer von bis zu drei Jahren, das gegen Mitglieder einer Prüfungsgesellschaft oder eines Verwaltungs- oder Leitungsorgans eines Unternehmens von öffentlichem Interesse ausgesprochen wird; f) Verhängung von verwaltungsrechtlichen finanziellen Sanktionen gegen natürliche oder juristische Personen. (2)  Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden ihre Sanktionsbefugnisse im Einklang mit dieser Richtlinie und den nationalen Rechtsvorschriften sowie auf einem der folgenden Wege ausüben: a) unmittelbar; b) in Zusammenarbeit mit anderen Behörden; c) durch Antrag bei den zuständigen Justizbehörden. (3)  Die Mitgliedstaaten können den zuständigen Behörden zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Befugnissen weitere Sanktionsbefugnisse übertragen. (4)  Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten den Behörden, die über Unternehmen von öffentlichem Interesse die Aufsicht führen – wenn sie nicht als zuständige Behörde gemäß Artikel 20 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 benannt sind –, die Befugnis übertragen, Sanktionen bei Verstößen gegen die in jener Verordnung vorgesehenen Berichtspflichten zu verhängen. Artikel 30b Wirksame Anwendung von Sanktionen Bei der Festsetzung von Vorschriften nach Artikel 30 verlangen die Mitgliedstaaten, dass die zuständigen Behörden bei der Festlegung der Art und der Höhe der verwaltungsrechtlichen Sanktionen und Maßnahmen allen relevanten Umständen Rechnung tragen, einschließlich gegebenenfalls a) der Schwere und der Dauer des Verstoßes; b) des Grads an Verantwortung der verantwortlichen Person; c) der Finanzkraft der verantwortlichen Person, wie sie sich beispielsweise aus dem Gesamt-

umsatz des verantwortlichen Unternehmens oder den Jahreseinkünften der verantwortlichen natürlichen Person ablesen lässt; d) der Höhe der von der verantwortlichen Person erzielten Mehrerlöse oder verhinderten Ver­ luste, sofern diese sich beziffern lassen; e) der Grad der Bereitwilligkeit der verantwortlichen Person, mit der zuständigen Behörde zusammenzuarbeiten; f) früherer Verstöße der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person. Die zuständigen Behörden können ergänzende Faktoren berücksichtigen, wenn solche Faktoren im nationalen Recht vorgesehen sind. Artikel 30c Bekanntmachung von Sanktionen und Maßnahmen (1)  Die zuständigen Behörden veröffentlichen auf ihrer offiziellen Website mindestens alle verwaltungsrechtlichen Sanktionen, die wegen Verstößen gegen die Bestimmungen dieser Richtlinie oder der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 verhängt wurden, bei denen alle Rechtsmittel ausgeschöpft oder die entsprechenden Rechtsmittelfristen abgelaufen sind, so bald wie praktisch möglich unmittelbar nachdem die belangte Person über diese Entscheidung informiert wurde, einschließlich von Angaben zur Art des Verstoßes und zur Identität der natürlichen oder juristischen Person, gegen die die Sanktion verhängt wurde. Wenn ein Mitgliedstaat die öffentliche Bekanntmachung anfechtbarer Sanktionen zulässt, veröffentlichen die zuständigen Behörden auf ihrer offiziellen Website auch so bald wie praktisch möglich Informationen über den Stand der jeweiligen Rechtsmittel und deren Ergebnisse. (2)  Die zuständigen Behörden machen die Sanktionen in anonymisierter Form in einer Weise bekannt, die ihrem nationalen Recht entspricht, wenn einer der folgenden Umstände vorliegt: a) bei Verhängung der Sanktion gegen eine natürliche Person ergibt eine vorgeschriebene vorherige Bewertung der Verhältnismäßigkeit der öffentlichen Bekanntmachung, dass die öffentliche Bekanntmachung der personenbezogenen Daten unverhältnismäßig wäre; b) die öffentliche Bekanntmachung würde die Stabilität der Finanzmärkte oder laufende strafrechtliche Ermittlungen gefährden; c) die öffentliche Bekanntmachung würde den beteiligten Institutionen oder Personen einen unverhältnismäßigen Schaden zufügen. (3)  Die zuständigen Behörden sorgen dafür, dass jede öffentliche Bekanntmachung gemäß Absatz 1 von verhältnismäßiger Dauer ist und mindestens

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§ 25 Anhang APRL und APVO fünf Jahre, nachdem alle Rechtsmittel erschöpft oder abgelaufen sind, auf ihrer offiziellen Website zugänglich bleibt. Bei der Bekanntgabe der Sanktionen und Maßnahmen sowie bei allen öffentlichen Erklärungen ist den in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgelegten Grundrechten Rechnung zu tragen, insbesondere dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und dem Recht auf den Schutz personenbezogener Daten. Die Mitgliedstaaten können bestimmen, dass diese Bekanntmachungen oder öffentlichen Erklärungen keine personenbezogenen Daten im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a der Richtlinie 95/46/EG beinhalten.

Artikel 30f Informationsaustausch (1) Die zuständigen Behörden übermitteln dem Ausschuss der Aufsichtsstellen jährlich aggregierte Informationen über alle gemäß diesem Kapitel verhängten verwaltungsrechtlichen Maßnahmen und Sanktionen. Der Ausschuss der Aufsichtsstellen veröffentlicht diese Informationen in einem Jahresbericht. (2) Die zuständigen Behörden unterrichten den Ausschuss der Aufsichtsstellen unverzüglich über alle vorübergehenden Verbote gemäß Artikel 30a Absatz 1 Buchstaben c und e.

Artikel 30d

KAPITEL VIII

Rechtsmittel

ÖFFENTLICHE AUFSICHT UND GEGENSEITIGE ANERKENNUNG DER MITGLIEDSTAATLICHEN REGELUNGEN

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass gegen die von den zuständigen Behörden gemäß dieser Richtlinie und der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 getroffenen Entscheidungen Rechtsmittel eingelegt werden können. Artikel 30e Meldung von Verstößen (1)  Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass wirksame Mechanismen geschaffen werden, um die Meldung von Verstößen gegen diese Richtlinie oder die Verordnung (EU) Nr. 537/2014 an die zuständigen Behörden zu fördern. (2)  Die in Absatz 1 genannten Mechanismen umfassen zumindest Folgendes: a) spezielle Verfahren für die Entgegennahme der Meldung von Verstößen und entsprechende Folgemaßnahmen; b) Schutz personenbezogener Daten sowohl der Person, die vermutete oder tatsächliche Ver­ stöße meldet, als auch der Person, die verdächtigt wird, einen Verstoß zu begehen, oder die mutmaßlich einen Verstoß begangen hat, gemäß den in der Richtlinie 95/46/EG niedergelegten Grundsätzen; c) geeignete Verfahren zur Gewährleistung des Rechts der beschuldigten Person auf Verteidigung und Anhörung vor einer sie betreffenden Entscheidung und des Rechts, gegen eine sie betreffende Entscheidung bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. (3) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Prüfungsgesellschaften geeignete Verfahren schaffen, damit ihre Mitarbeiter potenzielle oder tatsächliche Verstöße gegen diese Richtlinie oder die Verordnung (EU) Nr. 537/2014 intern über eigens dafür geschaffene Informationswege melden können.

Artikel 32 Grundsätze der öffentlichen Aufsicht (1) Die Mitgliedstaaten organisieren nach den in den Absätzen 2 bis 7 festgelegten Grundsätzen eine wirksame öffentliche Aufsicht für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften und benennen eine zuständige Behörde, die für diese Aufsicht verantwortlich ist. (2)  Alle Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften müssen der öffentlichen Aufsicht unterliegen. (3)  Die zuständige Behörde wird von Nichtberufsausübenden geleitet, die in den für Abschlussprüfungen relevanten Bereichen über entsprechende Kenntnisse verfügen. Diese Personen werden in einem unabhängigen und transparenten Verfahren ausgewählt. Die zuständige Behörde kann als Abschlussprüfer tätige Personen beauftragen, spezielle Aufgaben zu übernehmen, und kann sich von Sachverständigen unterstützen lassen, wenn dies für die ordnungsgemäße Durchführung ihrer Aufsichtsaufgaben notwendig ist. In diesen Fällen werden jedoch weder als Abschlussprüfer tätige Personen noch Sachverständige in die Beschlussfassungspro­ zesse der zuständigen Behörde eingebunden. (4)  Die zuständige Behörde muss die Letztverantwortung dafür haben, a) die Zulassung und Registrierung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften zu beaufsichtigen; b) die Annahme von Berufsgrundsätzen, von Standards für die interne Qualitätssicherung von Prüfungsgesellschaften sowie von Prüfungsstandards zu beaufsichtigen, es sei denn, diese Standards werden von anderen mitgliedstaatlichen Behörden angenommen oder genehmigt;

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c) die kontinuierliche Fortbildung zu beaufsichtigen; d) Qualitätssicherungssysteme zu beaufsichtigen; e) Untersuchungs- und Verwaltungs-Disziplinarsysteme zu beaufsichtigen. (4a)  Die Mitgliedstaaten benennen eine oder mehrere für die in dieser Richtlinie vorgesehenen Aufgaben verantwortliche zuständige Behörden. Die Mitgliedstaaten benennen lediglich eine zuständige Behörde, bei der die Letztverantwortung für die in diesem Artikel genannten Aufgaben liegt, außer für die Zwecke der Abschlussprüfung von Genossenschaften, Sparkassen und ähnlichen Einrichtungen gemäß Artikel 45 der Richtlinie 86/635/EWG oder von Tochterunternehmen oder Rechtsnachfolgern einer Genossenschaft, einer Sparkasse oder einer ähnlichen Einrichtung gemäß Artikel 45 der Richtlinie 86/635/EWG. Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission von dieser Benennung. Die zuständigen Behörden müssen so organisiert sein, dass Interessenkonflikte vermieden werden. (4b) Die Mitgliedstaaten können jede der Aufgaben der zuständigen Behörde auf andere Behörden oder Stellen übertragen, die zur Wahrnehmung dieser Aufgaben benannt oder anderweitig gesetzlich hierzu ermächtigt sind, oder die zuständige Behörde ermächtigen, jede ihrer Aufgaben auf solche Behörden oder Stellen zu übertragen. Bei der Aufgabenübertragung sind die übertragenen Aufgaben und die Bedingungen für ihre Ausführung anzugeben. Die Behörden oder Stellen müssen so organisiert sein, dass Interessenkonflikte vermieden werden. Überträgt die zuständige Behörde Aufgaben auf andere Behörden oder Stellen, so kann sie diese übertragenen Befugnisse im Einzelfall wieder an sich ziehen. (5)  Die zuständige Behörde muss das Recht haben, bei Bedarf Untersuchungen zu Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften zu veranlassen und geeignete Maßnahmen einzuleiten. Lässt eine zuständige Behörde Aufträge von Sachverständigen ausführen, so stellt sie sicher, dass zwischen diesen Sachverständigen und dem betreffenden Abschlussprüfer/der betreffenden Prüfungsgesellschaft keine Interessenkonflikte bestehen. Diese Sachverständigen müssen denselben Anforderungen wie in Artikel 29 Absatz 2 Buchstabe a niedergelegt genügen. Die zuständigen Behörden werden mit den Befugnissen ausgestattet, die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Zuständigkeiten gemäß dieser Richtlinie notwendig sind. (6) Die zuständige Behörde muss transparent sein. Dazu zählt auch die Veröffentlichung jährlicher Arbeitsprogramme und Tätigkeitsberichte.

(7) Das öffentliche Aufsichtssystem verfügt über angemessene finanzielle Mittel und Ressourcen, um die in Absatz 5 genannten Untersuchungen einzuleiten und durchzuführen. Die Finanzierung des Systems muss gesichert und frei von ungebührlicher Einflussnahme durch Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften sein. Artikel 33 Zusammenarbeit zwischen den für die öffentliche Aufsicht zuständigen Stellen auf Gemeinschaftsebene Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Regelungen für öffentliche Aufsichtssysteme auf Gemeinschaftsebene eine wirksame Zusammenarbeit bei den Aufsichtstätigkeiten der Mitgliedstaaten ermöglichen. Zu diesem Zweck überträgt jeder Mitgliedstaat einer Einrichtung speziell die Verantwortung für diese Zusammenarbeit. Artikel 34 Gegenseitige Anerkennung der mitgliedstaatlichen Regelungen (1) Die Regelungen der Mitgliedstaaten folgen dem Herkunftslandprinzip, das heißt, es gelten die Rechtsvorschriften und Aufsichtsregeln des Mitgliedstaats, in dem der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft zugelassen ist und das geprüfte Unternehmen seinen eingetragenen Sitz hat. Unbeschadet Unterabsatz 1 unterliegen Prüfungsgesellschaften mit Zulassung in einem Mitgliedstaat, die gemäß Artikel 3a Prüfungsleistungen in einem anderen Mitgliedstaat erbringen, der Qualitätssicherungsprüfung im Herkunftsmitgliedstaat und der Aufsicht im Aufnahmemitgliedstaat in Bezug auf sämtliche dortigen Prüfungen. (2)  Bei der Prüfung konsolidierter Abschlüsse darf der Mitgliedstaat, der diese Abschlussprüfung vorschreibt, dem Abschlussprüfer oder der Prüfungsgesellschaft, der bzw. die die Abschlussprüfung einer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Tochtergesellschaft durchführt, für diese Abschlussprüfung in Bezug auf Registrierung, Qualitätssicherungsprüfung, Prüfungsstandards, Berufsgrundsätze und Unabhängigkeit keine zusätzlichen Anforderungen auferlegen. (3)  Werden die Wertpapiere eines Unternehmens auf einem geregelten Markt eines anderen Mitgliedstaats als dem seines eingetragenen Sitzes gehandelt, so darf der Mitgliedstaat, in dem die Wertpapiere gehandelt werden, dem Abschlussprüfer oder der Prüfungsgesellschaft, der/die die Prüfung des Jahresabschlusses oder des konsolidierten Abschlusses jenes Unternehmens durchführt, in Bezug auf Registrierung, Qualitätssicherungsprüfung, Prüfungsstandards, Berufs-

§ 25 Anhang APRL und APVO grundsätze und Unabhängigkeit keine zusätzlichen Anforderungen auferlegen. (4) Ist ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft infolge einer Zulassung gemäß den Artikeln 3 oder 44 in einem Mitgliedstaat registriert und erteilt dieser Abschlussprüfer oder diese Prüfungsgesellschaft Bestätigungsvermerke in Bezug auf Jahresabschlüsse oder konsolidierte Abschlüsse gemäß Artikel 45 Absatz 1, so unterstellt der Mitgliedstaat, in dem der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft registriert ist, diesen Abschlussprüfer oder diese Prüfungsgesellschaft seiner Aufsicht und seinen Systemen für Qualitätssicherung sowie für Untersuchungen und Sanktionen. Artikel 36 Berufsgeheimnisse und Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Regelungsorganen der Mitgliedstaaten (1)  Die für die Zulassung, Registrierung, Qualitätssicherung, Inspektionen und Berufsaufsicht verantwortlichen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die nach Artikel 20 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 benannten zuständigen Behörden und die einschlägigen Europäischen Aufsichtsbehörden arbeiten zusammen, wann immer dies für die Wahrnehmung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten und Aufgaben nach dieser Richtlinie und der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 erforderlich ist. Die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats leisten den zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten und den einschlägigen Europäischen Aufsichtsbehörden Amtshilfe. Insbesondere tauschen die zuständigen Behörden Informationen aus und arbeiten bei Untersuchungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Abschlussprüfungen zusammen. (2)  Die Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses gilt für alle Personen, die von zuständigen Stellen beschäftigt werden oder wurden. Informationen, die unter das Berufsgeheimnis fallen, dürfen keiner anderen Person oder Stelle offenbart werden, es sei denn, dies ist durch Gesetze, Verordnungen oder Verwaltungsverfahren eines Mitgliedstaates geregelt. (3) Absatz 2 steht dem Austausch von vertraulichen Informationen zwischen den zuständigen Behörden nicht entgegen. So ausgetauschte Informationen unterliegen der Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses, der Personen unterliegen, die von zuständigen Behörden beschäftigt sind oder waren. Der Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses unterliegt auch jegliche Person, der die zuständigen Behörden Aufgaben in Zusammenhang mit den in dieser Richtlinie niedergelegten Zwecken übertragen haben. (4) Die zuständigen Stellen liefern auf Anfrage unverzüglich alle Informationen, die für die in Ab-

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satz  1 genannten Zwecke erforderlich sind. Falls notwendig, leiten die zuständigen Stellen, die eine solche Anfrage erhalten, unverzüglich die zur Sammlung der gewünschten Informationen notwendigen Maßnahmen ein. Die auf diesem Wege gelieferten Informationen fallen unter das Berufsgeheimnis, dem die bei der Empfängerstelle zu diesem oder einem früheren Zeitpunkt angestellten Personen unterliegen. Kann die zuständige Stelle die gewünschten Informationen nicht unverzüglich liefern, teilt sie dies der anderen zuständigen Stelle unter Angabe von Gründen mit. Die zuständigen Stellen können sich weigern, einem solchen Auskunftsverlangen zu entsprechen, wenn a) eine Weitergabe der Information die Souveränität, die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des ersuchten Mitgliedstaates beeinträchtigen oder nationale Sicherheitsregeln verletzen könnte, b) gegen dieselben Personen aufgrund derselben Handlungen bereits ein Gerichtsverfahren vor den Behörden des ersuchten Mitgliedstaats eingeleitet worden ist oder; c) gegen dieselben Personen aufgrund derselben Handlungen bereits ein endgültiges Urteil der zuständigen Behörden des ersuchten Mitgliedstaats ergangen ist. Unbeschadet ihrer Pflichten in Gerichtsverfahren dürfen die zuständige Behörden oder die Europäischen Aufsichtsbehörden, die nach Absatz 1 Informationen erhalten, diese nur zur Wahrnehmung ihrer in dieser Richtlinie oder in der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 festgelegten Aufgaben sowie bei Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren, die speziell die Wahrnehmung dieser Aufgaben betreffen, verwenden. (4a)  Die Mitgliedstaaten können den zuständigen Behörden gestatten, den für die Beaufsichtigung von Unternehmen von öffentlichem Interesse zuständigen Behörden, den Zentralbanken, dem Europäischen System der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank in ihrer Eigenschaft als Währungsbehörden sowie dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken zur Erfüllung ihrer Aufgaben vertrauliche Informationen übermitteln. Diese Behörden oder Stellen dürfen den zuständigen Behörden die Informationen übermitteln, die die zuständigen Behörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 benötigen. (5)  Kommt eine zuständige Stelle zu der Überzeugung, dass im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats gegen die Bestimmungen dieser Richtlinie verstoßen wird oder wurde, so teilt sie dies der zuständigen Stelle des anderen Mitgliedstaats so genau wie möglich mit. Die zuständige Stelle des anderen Mitgliedstaats trifft geeignete Maßnahmen. Sie informiert erstere über das Endergebnis und

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so weit wie möglich über wesentliche Zwischener­gebnisse. (6) Die zuständige Stelle eines Mitgliedstaats kann ebenfalls verlangen, dass die zuständige Stelle eines anderen Mitgliedstaats auf dessen Gebiet eine Untersuchung durchführt. Sie kann darüber hinaus verlangen, dass einige ihrer Mitarbeiter die Erlaubnis erhalten, die Mitarbeiter der zuständigen Stelle des anderen Mitgliedstaates im Laufe der Untersuchung zu begleiten. Die Untersuchung unterliegt durchgehend der umfassenden Aufsicht des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie stattfindet. Die zuständigen Stellen können sich weigern, einer nach Unterabsatz 1 ergangenen Aufforderung zur Durchführung einer Untersuchung oder einer nach Unterabsatz 2 ergangenen Aufforderung, die eigenen Mitarbeiter von Mitarbeitern der zuständigen Stelle eines anderen Mitgliedstaates begleiten zu lassen, nachzukommen, wenn a) eine solche Untersuchung die Souveränität, die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des ersuchten Mitgliedstaats beeinträchtigen oder nationale Sicherheitsregeln verletzen könnte oder, b) aufgrund derselben Handlungen und gegen dieselben Personen bereits ein Gerichtsverfahren vor den Stellen des ersuchten Mitgliedstaats anhängig ist oder, c) gegen die betreffenden Personen aufgrund derselben Handlungen bereits ein rechtskräftiges Urteil der zuständigen Stellen des ersuchten Mitgliedstaats ergangen ist. KAPITEL IX BESTELLUNG UND ABBERUFUNG Artikel 37 Bestellung von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften (1)  Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft wird von der Mitglieder- oder Gesellschafterversammlung des geprüften Unternehmens bestellt. (2) Die Mitgliedstaaten können alternative Systeme oder Modalitäten für die Bestellung des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft unter der Voraussetzung zulassen, dass diese Systeme oder Modalitäten darauf ausgerichtet sind, die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft von den an der Geschäftsführung beteiligten Mitgliedern des Verwaltungsorgans oder vom Leitungsorgan des geprüften Unternehmens zu gewährleisten. (3)  Jegliche Vertragsklausel, die die Auswahlmöglichkeiten der Gesellschafterversammlung oder der Aktionärshauptversammlung des geprüften Unter-

nehmens gemäß Absatz 1 in Bezug auf Ernennung eines Abschlussprüfers oder einer Prüfungsgesellschaft zur Durchführung der Abschlussprüfung bei diesem Unternehmen auf bestimmte Kategorien oder Listen von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften beschränkt, ist untersagt. Jede bestehende Klausel dieser Art ist nichtig. Artikel 38 Abberufung und Rücktritt von Abschluss­ prüfern oder Prüfungsgesellschaften (1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften nur bei Vorliegen triftiger Gründe abberufen werden können. Meinungsverschiedenheiten über Bilanzierungsmethoden oder Prüfverfahren sind kein triftiger Grund für eine Abberufung. (2)  Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das geprüfte Unternehmen und der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft die für die öffentliche Aufsicht zuständige oder zuständigen Stellen über die Abberufung oder den Rücktritt des Abschlussprüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft während der Laufzeit des Auftrags in Kenntnis setzen und eine ausreichende Begründung liefern. (3)  Im Fall der Abschlussprüfung eines Unternehmens von öffentlichem Interesse stellen die Mitgliedstaat sicher, dass a) Anteilseigner, die mindestens 5 % der Stimmrechte oder des Grundkapitals halten, b) andere Stellen des geprüften Unternehmens – sofern durch nationale Rechtsvorschriften festgelegt, c) die in Artikel 32 dieser Richtlinie genannten bzw. nach Artikel 20 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr.  537/2014 benannten zuständigen Behörden oder – sofern nach nationalem Recht vorgesehen – die zuständigen Behörden nach Artikel 20 Absatz 2 der genannten Verordnung vor einem nationalen Gericht die Abberufung des Abschlussprüfers bzw. der Abschlussprüfer oder der Prüfungsgesellschaft bzw. -gesellschaften beantragen können, sofern triftige Gründe vorliegen. KAPITEL X PRÜFUNGSAUSSCHUSS Artikel 39 Prüfungsausschuss (1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jedes Unternehmen von öffentlichem Interesse einen Prüfungsausschuss hat. Der Prüfungsausschuss

§ 25 Anhang APRL und APVO ist entweder ein eigenständiger Ausschuss oder ein Ausschuss des Verwaltungsorgans oder des Aufsichtsorgans des geprüften Unternehmens. Der Prüfungsausschuss setzt sich aus nicht an der Geschäftsführung beteiligten Mitgliedern des Verwaltungsorgans und/oder Mitgliedern des Aufsichtsorgans des geprüften Unternehmens und/oder Mitgliedern, die von der Gesellschafterversammlung oder Aktionärshauptversammlung des geprüften Unternehmens bzw. bei Unternehmen ohne Gesellschafter oder Aktionäre von einem gleichwertigen Organ bestellt werden, zusammen. Mindestens ein Mitglied des Prüfungsausschusses muss über Sachverstand im Bereich Rechnungslegung und/oder Abschlussprüfung verfügen. Die Ausschussmitglieder zusammen müssen mit dem Sektor, in dem das geprüfte Unternehmen tätig ist, vertraut sein. Die Mehrheit der Mitglieder des Prüfungsausschusses ist von dem geprüften Unternehmen unabhängig. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses wird von den Ausschussmitgliedern oder dem Aufsichtsorgan des geprüften Unternehmens benannt und ist von dem geprüften Unternehmen unabhängig. Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses alljährlich von der Gesellschaftsversammlung oder Aktionärshauptversammlung des geprüften Unternehmens gewählt wird. (2)  Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten beschließen, dass im Falle von Unternehmen von öffentlichem Interesse, die die Kriterien von Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben f und t der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(23) erfüllen, die dem Prüfungsausschuss übertragenen Aufgaben vom Verwaltungsoder Aufsichtsorgan als Ganzem wahrgenommen werden, wobei der Vorsitzende eines solchen Gremiums, sofern er ein geschäftsführendes Mitglied ist, nicht als Vorsitzender handelt, solange dieses Gremium die Aufgaben des Prüfungsausschusses wahrnimmt. Ist der Prüfungsausschuss im Einklang mit Ab­ satz 1 Teil des Verwaltungsorgans oder des Aufsichtsorgans des geprüften Unternehmens, so können die Mitgliedstaaten zulassen oder verlangen, dass das Verwaltungsorgan bzw. das Aufsichtsorgan für die Zwecke der Verpflichtungen gemäß dieser Richtlinie und der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 die Aufgaben des Prüfungsausschusses wahrnimmt.

(23) Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 345 vom 31.12.2003, S. 64).

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(3)  Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten bestimmen, dass die folgenden Unternehmen von öffentlichem Interesse nicht verpflichtet sind, einen Prüfungsausschuss einzusetzen: a) Unternehmen von öffentlichem Interesse, die Tochterunternehmen im Sinne von Artikel 2 Nummer 10 der Richtlinie 2013/34/EU sind und die Anforderungen der Absätze 1, 2 und 5 des vorliegenden Artikels, des Artikels 11 Absätze 1 und 2 und des Artikels 16 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 auf Konzernebene erfüllen; b) Unternehmen von öffentlichem Interesse, die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(24) oder alternative Investmentfonds (AIF) im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(25) sind; c) Unternehmen von öffentlichem Interesse, deren Tätigkeit ausschließlich darin besteht, als Emittent von durch Forderungen unterlegte Wertpapiere im Sinne von Artikel 2 Nummer 5 der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission(26) aufzutreten; d) Kreditinstitute im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2013/36/EU, deren Anteile in keinem Mitgliedstaat zum Handel an einem geregelten Markt im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 14 der Richtlinie 2004/39/ EG zugelassen sind und die dauernd oder wiederholt ausschließlich Schuldtitel ausgegeben haben, die zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, vorausgesetzt der Gesamtnominalwert aller derartigen Schuldtitel liegt unter 100 000 000 EUR und sie haben keinen Prospekt gemäß der Richtlinie 2003/71/EG veröffentlicht. Die Unternehmen von öffentlichem Interesse nach Buchstabe c legen öffentlich die Gründe dar, weshalb sie es nicht für angebracht halten, einen Prüfungsausschuss einzurichten oder ihr Verwaltungs-

(24) Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32). (25) Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010 (ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 1). (26) Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Verweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte sowie die Verbreitung von Werbung (ABl. L 149 vom 30.4.2004, S. 1).

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§ 25 Anhang APRL und APVO

oder Aufsichtsorgan mit den Aufgaben eines Prüfungsausschusses zu betrauen. (4)  Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten verlangen oder zulassen, dass ein Unternehmen von öffentlichem Interesse keinen Prüfungsausschuss einsetzt, sofern es über ein oder mehrere Gremien verfügt, die einem Prüfungsausschuss obliegende Aufgaben wahrnehmen, und die im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das zu prüfende Unternehmen eingetragen ist, gebildet wurden und tätig sind. In einem solchen Fall gibt das Unternehmen an, welches Gremium diese Aufgaben wahrnimmt und wie es zusammengesetzt ist. (5)  Sind alle Mitglieder des Prüfungsausschusses Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans des geprüften Unternehmens, so kann der Mitgliedstaat vorsehen, dass der Prüfungsausschuss von den Unabhängigkeitsanforderungen nach Absatz 1 Unterabsatz 4 befreit wird. (6)  Unbeschadet der Verantwortung der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans oder anderer Mitglieder, die von der Gesellschafterversammlung oder Aktionärshauptversammlung des geprüften Unternehmens bestellt werden, besteht die Aufgabe des Prüfungsausschusses unter anderem darin, a) das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan des geprüften Unternehmens über das Ergebnis der Abschlussprüfung zu unterrichten und darzulegen, wie die Abschlussprüfung zur Integrität der Rechnungslegung beigetragen hat, und welche Rolle er in diesem Prozess gespielt hat; b) den Rechnungslegungsprozess zu beobachten und Empfehlungen oder Vorschläge zur Gewährleistung von dessen Integrität zu unterbreiten; c) die Wirksamkeit des internen Kontrollsystems und des Risikomanagementsystems sowie gegebenenfalls der internen Revision des Unternehmens, die die Rechnungslegung des geprüften Unternehmens berühren, zu beobachten, ohne dass seine Unabhängigkeit verletzt wird; d) die Abschlussprüfung des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses zu beobachten, insbesondere deren Leistung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse und Schlussfolgerungen der zuständigen Behörde nach Artikel 26 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014; e) die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften gemäß den Artikeln 22, 22a, 22b, 24a und 24b dieser Richtlinie sowie Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und insbesondere die Angemessenheit der für das geprüfte Unternehmen erbrachten Nichtprüfungsleistungen gemäß Artikel 5 jener Verordnung zu überprüfen und zu beobachten; f) das Verfahren für die Auswahl des (der) Abschlussprüfer(s) oder der Prüfungs­ gesell­

schaft(en) durchzuführen und zu empfehlen, dass (der) die Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft(en) gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 bestellt werden, es sei denn, Artikel 16 Absatz 8 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 findet Anwendung. KAPITEL XI INTERNATIONALE ASPEKTE Artikel 44 Zulassung von Prüfern aus Drittländern (1)  Auf der Grundlage der Gegenseitigkeit können die zuständigen Stellen eines Mitgliedstaates Prüfer aus Drittländern als Abschlussprüfer zulassen, sofern sie nachweisen können, dass sie Voraussetzungen erfüllen, die denjenigen der Artikel 4 und 6 bis 13 gleichwertig sind. (2) Die zuständige Stelle eines Mitgliedstaats wendet die Anforderungen nach Artikel 14 an, bevor sie Prüfern aus einem Drittland, die die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllen, die Zulassung gewährt. Artikel 45 Registrierung und Aufsicht von Prüfern und Prüfungsunternehmen aus Drittländern (1)  Die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats registrieren gemäß den Artikeln 15, 16 und 17 alle Prüfer und Prüfungsunternehmen aus Drittländern, wenn diese Prüfer oder Prüfungsunternehmen aus Drittländern einen Bestätigungsvermerk zu dem Jahresabschluss oder konsolidierten Abschluss eines Unternehmens mit Sitz außerhalb der Un­ion erteilen, dessen übertragbare Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt dieses Mitgliedstaats im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 14 der Richtlinie 2004/39/EG zugelassen sind, es sei denn, das Unternehmen gibt ausschließlich Schuldtitel aus, die eines der folgenden Merkmale aufweisen: a) Sie wurden vor dem 31. Dezember 2010 zum Handel an einem geregelten Markt in einem Mitgliedstaat im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(27) mit einer Mindeststückelung von 50 000 EUR

(27) Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 390 vom 31.12.2004, S. 38).

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§ 25 Anhang APRL und APVO oder, wenn es sich um Schuldtitel handelt, die auf eine andere Währung als Euro lauten, mit einer Mindeststückelung, deren Wert am Ausgabetag mindestens 50 000 EUR entspricht, zugelassen.

e) es auf seiner Website einen jährlichen Transparenzbericht veröffentlicht, der die in Artikel 13 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 genannten Informationen enthält, oder gleichwertige Anforderungen an die Offenlegung erfüllt.

b) Sie wurden ab dem 31. Dezember 2010 zum Handel an einem geregelten Markt in einem Mitgliedstaat im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates mit einer Mindeststückelung von 100 000 EUR am Ausgabetag oder, wenn es sich um Schuldtitel handelt, die auf eine andere Währung als Euro lauten, mit einer Mindeststückelung, deren Wert am Ausgabetag mindestens 100 000 EUR entspricht, zugelassen.

(5a)  Ein Mitgliedstaat darf einen Prüfer aus einem Drittland nur registrieren, wenn er die Anforderungen nach Absatz 5 Buchstaben c, d und e erfüllt.

(2)  Artikel 18 und 19 finden Anwendung. (3)  Die Mitgliedstaaten unterwerfen die registrierten Prüfer und Prüfungsunternehmen aus Drittländern ihrem Aufsichtssystem, ihrem Qualitätssicherungssystem sowie ihren Untersuchungen und Sanktionen. Ein Mitgliedstaat kann einen registrierten Prüfer oder ein registriertes Prüfungsunternehmen aus Drittländern von der Unterwerfung unter sein Qualitätssicherungssystem ausnehmen, wenn das Qualitätssicherungssystem eines anderen Mitgliedstaats oder eines Drittlands, das als gleichwertig nach Artikel 46 bewertet wurde, bereits während der vorausgegangenen drei Jahre eine Qualitätsprüfung des betreffenden Prüfers bzw. des betreffenden Prüfungsunternehmens des Drittlands durchgeführt hat. (4)  Unbeschadet des Artikels 46 haben die in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Bestätigungsvermerke zum Jahresabschluss bzw. konsolidierten Abschluss, die von in dem Mitgliedstaat nicht registrierten Prüfern oder Prüfungsunternehmen aus Drittländern erteilt werden, in diesem Mitgliedstaat keinerlei Rechtswirkung. (5) Ein Mitgliedstaat kann ein Prüfungsunternehmen aus einem Drittland nur registrieren, wenn b) die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsbzw. Leitungsorgans des Prüfungsunternehmens aus einem Drittland Voraussetzungen erfüllt, die den Vorgaben der Artikel 4 bis 10 gleichwertig sind; c) der Prüfer aus einem Drittland, der die Prüfung im Auftrag des Prüfungsunternehmens aus einem Drittland durchführt, Voraussetzungen erfüllt, die den Vorgaben der Artikel 4 bis 10 gleichwertig sind; d) die Prüfungen des Jahresabschlusses bzw. konsolidierten Abschlusses nach Absatz 1 in Übereinstimmung mit den internationalen Prüfungsstandards gemäß Artikel 26 und den in den Artikeln 22, 22b und 25 niedergelegten Anforderungen oder gleichwertigen Standards und Anforderungen durchgeführt werden;

(6)  Zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung von Absatz 5 Buchstabe d wird die Kommission ermächtigt, über die darin erwähnte Gleichwertigkeit im Wege von Durchführungsrechtsakten zu entscheiden. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 48 Absatz 2 genannten Prüfungsverfahren erlassen. Bis zu einer solchen Entscheidung der Kommission können die Mitgliedstaaten die Gleichwertigkeit im Sinne des Absatzes 5 Buchstabe d selbst beurteilen. Die Kommission wird zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 48a ermächtigt, um allgemeine Kriterien für die Beurteilung der Gleichwertigkeit festzulegen, die bei der Beurteilung der Frage heranzuziehen sind, ob die in Absatz 1 genannten Abschlussprüfungen in Einklang mit den in Artikel 26 genannten internationalen Rechnungslegungsstandards und den in den Artikeln 22, 24 und 25 niedergelegten Anforderungen durchgeführt wurden. Die Mitgliedstaaten ziehen bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit auf nationaler Ebene diese für alle Drittländer geltenden Kriterien heran. Artikel 46 Ausnahmen bei Gleichwertigkeit (1)  Die Mitgliedstaaten können auf der Grundlage der Gegenseitigkeit von den Anforderungen des Artikels 45 Absätze 1 und 3 nur dann absehen oder abweichen, wenn diese Prüfer bzw. Prüfungsunternehmen aus einem Drittland in dem Drittland einer öffentlichen Aufsicht, einem Qualitätssicherungssystem sowie Untersuchungen und Sanktionen unterliegen, die Anforderungen genügen, die denen der Artikel 29, 30 und 32 gleichwertig sind. (2)  Zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung von Absatz 1 wird die Kommission ermächtigt, über die darin erwähnte Gleichwertigkeit im Wege von Durchführungsrechtsakten zu entscheiden. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 48 Absatz 2 genannten Prüfungsverfahren erlassen. Sobald die Kommission die in Absatz 1 erwähnte Gleichwertigkeit festgestellt hat, können sich die Mitgliedstaaten entscheiden, sich ganz oder teilweise auf diese Gleichwertigkeit zu verlassen und dementsprechend von den Anforderungen gemäß Artikel 45 Absätze 1 und 3 ganz oder teilweise abzusehen oder abzuweichen. Die Mitgliedstaaten können die in Absatz 1 erwähnte Gleichwertigkeit selbst beurteilen oder sich die durch einen anderen Mitgliedstaat durchgeführte Beurteilung zu eigen machen, bis die Kommission

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§ 25 Anhang APRL und APVO

eine Entscheidung trifft. Entscheidet die Kommission, dass die Anforderung der Gleichwertigkeit im Sinne von Absatz 1 nicht erfüllt ist, so kann sie zulassen, dass die betroffenen Prüfer und Prüfungsunternehmen aus einem Drittland ihre Prüfungstätigkeit in Einklang mit den Anforderungen des betreffenden Mitgliedstaats während einer angemessenen Übergangsfrist weiterführen. Die Kommission wird zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 48a ermächtigt, um für die Beurteilung der Gleichwertigkeit allgemeine Kriterien auf der Grundlage der in den Artikeln 29, 30 und 32 niedergelegten Anforderungen zu erlassen, die bei der Beurteilung der Frage heranzuziehen sind, ob öffentliche Aufsicht, Qualitätssicherung sowie Untersuchungen und Sanktionen eines Drittlands den einschlägigen Systemen der Union gleichwertig sind. Hat die Kommission in Bezug auf das betreffende Drittland keine Entscheidung getroffen, so ziehen die Mitgliedstaaten bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit auf nationaler Ebene diese für alle Drittländer geltenden Kriterien heran. (3)  Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission Folgendes mit: a) ihre Beurteilung der Gleichwertigkeit im Sinne von Absatz 2 und b) die Hauptpunkte ihrer Kooperationsvereinbarungen mit öffentlichen Aufsichtssystemen, Qualitätssicherungssystemen sowie Untersuchungen und Sanktionen in Drittländern auf der Grundlage von Absatz 1. Artikel 47 Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen in Drittländern (1) Die Mitgliedstaaten können die Weitergabe von Arbeitspapieren und anderen Dokumenten, die sich im Besitz von von ihnen zugelassenen Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften befinden, und von Untersuchungs- oder Inspektionsberichten im Zusammenhang mit den jeweiligen Prüfungen an die zuständigen Behörden von Drittländern erlauben, sofern a) diese Arbeitspapiere oder anderen Dokumente sich auf Prüfungen von Unternehmen beziehen, die Wertpapiere in diesem Drittland ausgegeben haben oder die Teile eines Konzerns sind, der in diesem Drittland einen gesetzlich vorgeschriebenen konsolidierten Abschluss vorlegt; b) die Weitergabe über die zuständige Stelle des Mitgliedstaats an die zuständige Stelle dieses Drittlands auf deren Anforderung erfolgt; c) die zuständige Stelle des betroffenen Drittlands die Anforderungen erfüllt, die nach Absatz 3 als angemessen erklärt wurden; d) auf Grundlage der Gegenseitigkeit Vereinbarungen zur Zusammenarbeit zwischen den

betroffenen zuständigen Stellen getroffen wurden; e) die Übermittlung von personenbezogenen Daten in Drittländer in Übereinstimmung mit Kapitel IV der Richtlinie 95/46/EG steht. (2) Die in Absatz 1 Buchstabe d genannten Vereinbarungen zur Zusammenarbeit stellen sicher, dass a) eine Glaubhaftmachung des Zweckes der Anfrage für Arbeitspapiere und sonstige Dokumente durch die zuständigen Stellen erfolgt; b) Personen, die durch die zuständigen Stellen des Drittlands beschäftigt werden oder wurden, zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verpflichtet sind; ba) der Schutz der wirtschaftlichen Interessen des geprüften Unternehmens, einschließlich seiner Rechte an gewerblichem und geistigem Eigentum, nicht beeinträchtigt wird; c) die zuständigen Stellen des Drittlands die Arbeitspapiere oder sonstigen Dokumente nur für Zwecke der Ausübung ihrer Aufsichtstätigkeit, Qualitätssicherung und Untersuchungen nutzen, die Anforderungen genügen, die denen der Artikel 29, 30 und 32 gleichwertig sind; d) die Anfrage von zuständigen Stelle für Arbeitspapiere oder sonstige Dokumente verweigert werden kann, falls –– die Bereitstellung dieser Arbeitspapiere oder Dokumente die Souveränität, die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung der Gemeinschaft oder des ersuchten Mitgliedstaates beeinträchtigen würde oder, –– gegen dieselben Personen aufgrund derselben Handlungen bereits ein Gerichtsverfahren vor den Behörden des ersuchten Mitgliedstaats anhängig ist; oder –– gegen dieselben Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften aufgrund derselben Handlungen bereits ein endgültiges Urteil der zuständigen Behörden des ersuchten Mitgliedstaats ergangen ist. (3) Zur Erleichterung der Zusammenarbeit wird die Kommission ermächtigt, im Wege von Durchführungsrechtsakten über die in Absatz 1 Buch­ stabe c genannte Angemessenheit zu entscheiden. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 48 Absatz 2 genannten Prüfungsverfahren erlassen. Die Mitgliedstaaten ergreifen die zur Einhaltung der Entscheidung der Kommission gebotenen Maßnahmen. Die Kommission wird zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 48a ermächtigt, um allgemeine Kriterien für die Beurteilung der Angemessenheit festzulegen, anhand derer die Kommission beurteilt, ob die zuständigen Behörden von Drittländern für die Zwecke der Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten

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§ 25 Anhang APRL und APVO beim Austausch von Arbeitspapieren oder anderen Dokumenten, die sich im Besitz der Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften befinden, als angemessen angesehen werden können. Die allgemeinen Kriterien für die Beurteilung der Angemessenheit beruhen auf den Anforderungen von Artikel 36 oder im Wesentlichen gleichwertigen funktionalen Ergebnissen für einen direkten Austausch von Arbeitspapieren und anderen Dokumenten im Besitz der Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften. (4)  In außergewöhnlichen Fällen können Mitgliedstaaten in Abweichung von Absatz 1 erlauben, dass von ihnen zugelassene Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften direkt Arbeitspapiere und sonstige Dokumente an die zuständigen Stellen eines Drittlandes weitergeben, vorausgesetzt, dass a) Untersuchungen von den zuständigen Stellen in diesem Drittland eingeleitet wurden; b) die Weitergabe nicht in Widerspruch zu den Verpflichtungen steht, die Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften im Hinblick auf die Weitergabe von Arbeitspapieren und sonstigen Dokumenten an die zuständige Stelle des Mitgliedstaates zu beachten haben; c) Vereinbarungen zur Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen dieses Drittlands bestehen, die den zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten gegenseitigen direkten Zugang zu Arbeitspapieren und sonstigen Dokumenten von Prüfungsgesellschaften dieses Drittlands erlauben; d) die anfragende zuständige Stelle des Drittlands vorab die zuständige Stelle des Mitgliedstaats von jeder direkten Anfrage von Informationen unter Angabe von Gründen in Kenntnis setzt; e) die in Absatz 2 genannten Bedingungen eingehalten werden. (6)  Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die in den Absätzen 1 und 4 genannten Vereinbarungen zur Zusammenarbeit mit. KAPITEL XII ÜBERGANGS- UND SCHLUSS­ BESTIMMUNGEN Artikel 48 Ausschussverfahren (1) Die Kommission wird von einem Ausschuss (nachstehend „Ausschuss“) unterstützt. Dabei handelt es sich um einen Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(28).

(28) Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach

(2)  Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011. (2a)  Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8. (3)  Bis 31. Dezember 2010 und danach mindestens alle drei Jahre überprüft die Kommission die Vorschriften für ihre Durchführungsbefugnisse und legt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über das Funktionieren dieser Befugnisse vor. In dem Bericht wird insbesondere geprüft, ob die Kommission Änderungen zu dieser Richtlinie vorschlagen muss, um den angemessenen Umfang der ihr übertragenen Durchführungsbefugnisse zu gewährleisten. Die Schlussfolgerung, ob eine Änderung erforderlich ist oder nicht, muss eine detaillierte Begründung enthalten. Erforderlichenfalls wird dem Bericht ein Legislativvorschlag zur Änderung der Vorschriften für die Übertragung der Durchführungsbefugnisse an die Kommission beigefügt. Artikel 48a Ausübung der Befugnisübertragung (1) Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechts­ akte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen. (2)  Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 26 Absatz 3, Artikel 45 Absatz 6, Artikel 46 Absatz 2 und Artikel 47 Absatz 3 wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem 16. Juni 2014 übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums. (3) Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 26 Absatz 3, Artikel 45 Absatz 6, Artikel 46 Absatz 2 und Artikel 47 Absatz 3 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Ein Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der darin genannten Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem in dem Beschluss angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird davon nicht berührt.

denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

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§ 25 Anhang APRL und APVO

(4) Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat. (5) Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 26 Absatz 3, Artikel 45 Absatz 6, Artikel 46 Absatz 2 und Artikel 47 Absatz 3 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von vier Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Diese Frist wird auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates um zwei Monate verlängert. Artikel 50 Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG Die Richtlinie 84/253/EWG wird mit Wirkung vom 29. Juni 2006 aufgehoben. Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Bezugnahmen auf diese Richtlinie. Artikel 51 Übergangsbestimmung Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften, denen die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie 84/253/EWG vor Inkrafttreten der in Artikel 53 Absatz 1 genannten Bestimmungen die Zulassung erteilt haben, gelten als gemäß dieser Richtlinie zugelassen.

nicht anders vorgeschrieben, strengere Anforderungen aufstellen. Artikel 53 Umsetzung (1) Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen bis zum 29. Juni 2008 die Rechtsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. (2) Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme. (3)  Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen. Artikel 54 Inkrafttreten Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Artikel 55 Adressaten Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Artikel 52 Mindestharmonisierung Die Mitgliedstaaten, die eine Abschlussprüfung vorschreiben, können, wenn in dieser Richtlinie

§ 25 Anhang APRL und APVO

969

VERORDNUNG (EU) Nr. 537/2014 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 16. April 2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission (Text von Bedeutung für den EWR)

§ 25 Anhang APRL und APVO DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

DER

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1), gemäß dem fahren(2),

ordentlichen

Gesetzgebungsver­

in Erwägung nachstehender Gründe: (1)  Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sind gesetzlich mit der Durchführung der Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse betraut, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Jahresabschlüsse und konsolidierten Abschlüsse dieser Unternehmen zu stärken. Die Funktion der Abschlussprüfung für das öffentliche Interesse erwächst aus der Tatsache, dass sich ein breiter Kreis von Personen und Einrichtungen auf die Qualität der Arbeit des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft verlässt. Eine gute Prüfungsqualität trägt zum ordnungsgemäßen Funktionieren der Märkte bei, indem die Integrität und Wirksamkeit der Abschlüsse erhöht wird. Abschlussprüfer erfüllen damit eine besonders wich­ tige gesellschaftliche Funktion. (2) Nach Unionsrecht, nämlich Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 86/635/EWG des Rates(3), Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 91/674/EWG des Rates(4), Artikel 4 Absatz 4 der Richtlinie 2004/109/EG des

(1) ABl. C 191 vom 29.6.2012, S. 61. (2) Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 3. April 2014 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 14. April 2014. (3) Richtlinie 86/635/EWG des Rates vom 8. Dezember 1986 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten (ABl. L 372 vom 31.12.1986, S. 1). (4) Richtlinie 91/674/EWG des Rates vom 19.  Dezember 1991 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen (ABl. L 374 vom 31.12.1991, S. 7).

Europäischen Parlaments und des Rates(5), Artikel 15 Absatz 2 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(6), Artikel 73 der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(7), Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2009/110/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(8) und Artikel 22 Absatz 3 der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(9) müssen die Abschlüsse, d. h. Jahresabschlüsse und konsolidierte Abschlüsse, von Kreditinstituten, Versicherungsgesellschaften, Emittenten von Wertpapieren, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, Zahlungsinstituten, Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), E-GeldInstituten, alternativen Investmentfonds von einer oder mehrerer nach Unionsrecht zur Durchführung solcher Prüfungen berechtigten Personen geprüft werden. Darüber hinaus verlangt Artikel 4 Absatz 1 Nummer l der Richtlinie 2004/39/EG des Europä­

(5) Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.  Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 390 vom 31.12.2004, S. 38). (6) Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. L 319 vom 5.12.2007, S. 1). 7 ( ) Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.  Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32). (8) Richtlinie 2009/110/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.  September 2009 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten, zur Änderung der Richtlinien 2005/60/ EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2000/46/EG (ABl. L 267 vom 10.10.2009, S. 7). 9 ( ) Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010 (ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 1).

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§ 25 Anhang APRL und APVO

ischen Parlaments und des Rates(10) eine Prüfung der Jahresabschlüsse von Wertpapierfirmen für den Fall, dass die Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(11) nicht anwendbar ist. (3)  Die Voraussetzungen für die Zulassung der für die Abschlussprüfung zuständigen Personen sowie die Mindestanforderungen an die Durchführung dieser Prüfungen sind in der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(12) festgelegt. (4)  Am 13.  Oktober 2010 legte die Kommission das Grünbuch „Weiteres Vorgehen im Bereich der Abschlussprüfung: Lehren aus der Krise“ vor, mit dem im allgemeinen Zusammenhang mit der Finanzmarktregulierungsreform eine breite öffentliche Konsultation eingeleitet wurde, bei der es um Funktion und Umfang der Abschlussprüfung sowie um die Frage ging, wie Abschlussprüfungen gestärkt werden können, um zu erhöhter Finanzstabilität beitragen zu können. Diese Konsulta­tion ergab, dass die Bestimmungen der Richtlinie 2006/43/EG zur gesetzlichen Prüfung der Jahresabschlüsse und konsolidierten Abschlüsse von Unternehmen von öffentlichem Interesse verbessert werden könnten. Das Europäische Parlament hat am 13.  September 2011 einen Initiativbericht zu dem Grünbuch vorgelegt. Auch der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss nahm am 16. Juni 2011 einen Bericht zu diesem Grünbuch an. (5)  Es ist wichtig, detaillierte Vorschriften festzulegen, um zu gewährleisten, dass Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse die erforderliche Qualität aufweisen und die mit diesen Prüfungen betrauten Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften strengen Anforderungen unterliegen. Ein gemeinsamer rechtlicher Ansatz dürfte die Integrität, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Verantwortung, Transparenz und Verlässlichkeit von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem

(10)  Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1). 11 ( )  Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19). 12 ( )  Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.  Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/ EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/ EWG des Rates (ABl. L 157 vom 9.6.2006, S. 87).

Interesse prüfen, stärken und so zur Qualität der Abschlussprüfung in der Europäischen Union und damit auch zu einem reibungslos funktionierenden Binnenmarkt im Sinne eines hohen Maßes an Verbraucher- und Anlegerschutz beitragen. Die Erarbeitung eines gesonderten Rechtsakts für Unternehmen von öffentlichem Interesse sollte darüber hinaus eine einheitliche Harmonisierung und einheitliche Anwendung der Vorschriften gewährleisten und damit die Funktionsweise des Binnenmarkts verbessern helfen. Diese strengen Anforderungen sollten nur insofern auf Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften anwendbar sein, als sie Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse durchführen. (6) Die Abschlussprüfung bei Genossenschaften und Sparkassen ist in manchen Mitgliedstaaten durch ein System gekennzeichnet, wonach diese ihren Abschlussprüfer oder ihre Prüfungsgesellschaft nicht frei wählen dürfen. Der Prüfungsverband, dem die Genossenschaft oder Sparkasse als Mitglied angehört, ist gesetzlich zur Durchführung der Abschlussprüfung verpflichtet. Diese Prüfungsverbände sind ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig und verfolgen keine wirtschaftlichen Interessen, was sich aus ihrer Rechtsnatur ergibt. Außerdem verfolgen die Organisationseinheiten dieser Verbände kein gemeinsames wirtschaftliches Interesse in der Weise, dass ihre Unabhängigkeit beeinträchtigt sein könnte. Deshalb sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, Genossenschaften im Sinne des Artikels 2 Nummer 14 der Richtlinie 2006/43/EG, Sparkassen oder ähnliche Unternehmen nach Artikel 45 der Richtlinie 86/635/ EWG oder ihre Tochterunternehmen oder Rechtsnachfolger aus dem Geltungsbereich dieser Verordnung auszunehmen, sofern die Grundsätze der Unabhängigkeit gemäß der Richtlinie 2006/43/EG eingehalten werden. (7)  Die Höhe der von einem geprüften Unternehmen gezahlten Prüfungshonorare und deren Zusammensetzung kann die Unabhängigkeit eines Abschlussprüfers oder einer Prüfungsgesellschaft gefährden. Aus diesem Grund ist es wichtig sicherzustellen, dass Prüfungshonorare in keiner Weise ergebnisabhängig sind und dass für den Fall, dass die von einem Mandanten einschließlich seiner Tochterunternehmen gezahlten Prüfungshonorare sehr hoch sind, ein spezielles Verfahren zur Gewährleistung der Prüfungsqualität eingerichtet wird, an dem der Prüfungsausschuss beteiligt wird. Wird ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft übermäßig abhängig von einem Mandanten, so sollte der Prüfungsausschuss anhand triftiger Gründe entscheiden, ob der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft die Abschlussprüfung weiterhin durchführen kann. Bei dieser Entscheidung sollte der Prüfungsausschuss unter anderem die Gefährdung der Unabhängigkeit und die Folgen seiner Entscheidung berücksichtigen. (8) Wenn Abschlussprüfer, Prüfungsgesellschaften oder Mitglieder ihrer Netzwerke für geprüfte

§ 25 Anhang APRL und APVO Unternehmen bestimmte andere Leistungen als Prüfungsleistungen (Nichtprüfungsleistungen) erbringen, kann dies ihre Unabhängigkeit beeinträchtigen. Deshalb ist es angemessen, die Erbringung bestimmter Nichtprüfungsleistungen wie etwa spezielle Steuerberatungs- und Beratungsdienstleistungen für das geprüfte Unternehmen, dessen Muttergesellschaft und die von ihm beherrschten Unternehmen innerhalb der Union zu verbieten. Zu den Leistungen, mit denen eine Beteiligung an der Führung oder an Entscheidungen des geprüften Unternehmens verbunden ist, könnten die Verwaltung des Umlaufvermögens (Working Capital Management), die Bereitstellung von Finanzinformationen, die Optimierung von Geschäftsabläufen, die Finanzmittelverwaltung (Cash Management), die Verrechnungspreisgestaltung, die Herbeiführung von Effizienzgewinnen bei Lieferketten und Ähnliches gehören. Leistungen im Zusammenhang mit der Finanzierung, der Kapitalstruktur und -allokation sowie der Anlagestrategie des geprüften Unternehmens sollten verboten sein, mit Aus­ nahme der Erbringung von Leistungen wie Sorgfaltsprüfungen (Due-Diligence-Prüfungen), Erstellung von Prüfbescheinigungen (Comfort Letters) im Zusammenhang mit vom geprüften Unternehmen herausgegebenen Prospekten und sonstigen Bestätigungsleistungen. (9)  Den Mitgliedstaaten sollte es möglich sein zu beschließen, dass die Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften bestimmte Steuerberatungsund Bewertungsleistungen erbringen dürfen, wenn diese unwesentlich sind oder sie allein oder kumuliert keine direkten Auswirkungen auf die geprüften Abschlüsse haben. Wenn diese Leistungen aggressive Steuerplanung beinhalten, sollten sie nicht als unwesentlich angesehen werden. Daher sollte ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft dem geprüften Unternehmen keine derartigen Leistungen erbringen. Ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft sollte Nichtprüfungsleistungen, die nicht nach der vorliegenden Verordnung unzulässig sind, erbringen können, wenn der Prüfungsausschuss die Erbringung derartiger Leistungen zuvor genehmigt hat und der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft sich vergewissert hat, dass seine bzw. ihre Unabhängigkeit infolge der Erbringung derartiger Leistungen keiner Gefahr ausgesetzt wird, die sich nicht durch die Anwendung von Schutzmaßnahmen auf ein annehmbares Niveau senken ließe. (10)  Zur Vermeidung von Interessenkonflikten ist es wichtig, dass Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften vor Annahme oder Fortsetzung eines Prüfungsmandats bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse beurteilen, ob die Anforderungen an ihre Unabhängigkeit erfüllt sind, und insbesondere überprüfen, ob sich aus der Beziehung zu diesem Unternehmen Gefahren für ihre Unabhängigkeit ergeben. Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sollten gegenüber dem Prüfungsausschuss des geprüften Unternehmens jährlich ihre Unabhängigkeit bestätigen und jede Gefährdung

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ihrer Unabhängigkeit wie auch die zur Verminderung dieser Gefährdung eingeleiteten Maßnahmen mit dem Prüfungsausschuss erörtern. (11) Die Verarbeitung personenbezogener Daten, die in den Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit dieser Verordnung erfolgt, sollte der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(13) und der Aufsicht der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, insbesondere der von den Mitgliedstaaten benannten unabhängigen öffentlichen Stellen, unterliegen. Jeder Austausch und jede Weiterleitung von Informationen durch die zuständigen Behörden sollte den Bestimmungen der Richtlinie 95/46/EG zur Übermittlung personenbezogener Daten entsprechen. (12) Eine solide auftragsbegleitende Qualitätssicherungsprüfung der im Rahmen der einzelnen Prüfungsmandate ausgeführten Arbeiten dürfte zu einer hohen Prüfungsqualität beitragen. Aus diesem Grund sollte der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft den Bestätigungsvermerk nicht vor Abschluss dieser auftragsbegleitenden Qualitätssicherungsprüfung erteilen. (13) Die Ergebnisse der Abschlussprüfung bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse sollten den Abschlussadressaten im Bestätigungsvermerk dargelegt werden. Um deren Vertrauen in die Abschlüsse des geprüften Unternehmens zu erhöhen, ist es besonders wichtig, dass der Bestätigungsvermerk fundiert und stichhaltig begründet ist. Zusätzlich zu den nach Artikel  28 der Richtlinie 2006/43/EG erforderlichen Angaben sollte der Bestätigungsvermerk insbesondere ausreichende Informationen über die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft sowie darüber enthalten, ob die Abschlussprüfung geeignet war, Unregelmäßigkeiten einschließlich Betrug aufzudecken. (14)  Für das geprüfte Unternehmen würde die Abschlussprüfung erheblich an Wert gewinnen, wenn die Kommunikation zwischen dem Abschlussprüfer oder der Prüfungsgesellschaft auf der einen und dem Prüfungsausschuss auf der anderen Seite verstärkt würde. Neben dem regelmäßigen Dialog bei der Durchführung der Abschlussprüfung ist es wichtig, dass der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft dem Prüfungsausschuss einen zusätzlichen detaillierteren Bericht über die Ergebnisse der Abschlussprüfung vorlegt. Dieser zusätzliche Bericht sollte dem Prüfungsausschuss nicht später als der Bestätigungsvermerk vorgelegt werden. Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft sollte auf Verlangen zentrale Fragen, die in dem zusätzlichen Bericht genannt sind, mit dem Prüfungsausschuss erörtern. Darüber hinaus

(13) Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.  Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31). 

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sollte es möglich sein, dass dieser zusätzliche detaillierte Bericht auf Anfrage den für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften zuständigen Aufsichtsbehörden sowie Dritten — falls dies im einzelstaatlichen Recht vorgesehen ist — zur Verfügung gestellt wird. (15) Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften liefern den für Unternehmen von öffentlichem Interesse zuständigen Aufsichtsbehörden schon heute Informationen über Sachverhalte oder Entscheidungen, die einen Verstoß gegen die für das geprüfte Unternehmen geltenden Vorschriften darstellen oder die Fortführung der Unternehmenstätigkeit beeinträchtigen könnten. Es würde jedoch die Aufsichtsaufgaben erleichtern, wenn die Aufsichtsbehörden von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen und ihre Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften zu einem wirksamen Dialog untereinander verpflichtet wären. (16)  Mit der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(14) wurde der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) errichtet. Die Rolle des ESRB ist es, die Entstehung von Systemrisiken in der Union zu beobachten. Da die Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften von systemrelevanten Finanzinstituten Zugang zu einschlägigen Informationen haben, könnte ihre Erfahrung die Arbeit des ESRB unterstützen. Daher sollte ein jährliches Forum für den Dialog zwischen Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften einerseits und dem ESRB andererseits auf sektorbezogener, anonymisierter Basis durch diese Verordnung erleichtert werden. (17) Um das Vertrauen in Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem Interesse prüfen, zu erhöhen und deren Haftung zu verstärken, sollte die Transparenzberichterstattung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften verstärkt werden. Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sollten deshalb dazu verpflichtet werden, Finanzinformationen, insbesondere ihren Gesamtumsatz offenzulegen, aufgeschlüsselt nach Prüfungshonoraren, die von Unternehmen von öffentlichem Interesse gezahlt wurden, Prüfungshonoraren, die sie von anderen Unternehmen erhalten haben, und Honoraren für andere Dienstleistungen. Auch für das Netzwerk, dem sie angehören, sollten sie Finanzinformationen offenlegen. Zusätzlich dazu sollten Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften den zuständigen Behörden ergänzende Informationen zu den Prüfungshonoraren zur Verfügung stellen, um ihnen die Aufsichtstätigkeit zu erleichtern. (18) Es ist wichtig, die Rolle des Prüfungsausschusses bei der Auswahl eines neuen Abschluss-

(14) Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Finanzaufsicht der Europäischen Union auf Makroebene und zur Errichtung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 1).

prüfers oder einer neuen Prüfungsgesellschaft zu stärken, damit die Aktionärshauptversammlung oder Gesellschafterversammlung des geprüften Unternehmens eine fundiertere Entscheidung treffen kann. Deshalb sollte das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan, wenn es der Versammlung einen Vorschlag unterbreitet, mitteilen, ob es damit der Präferenz des Prüfungsausschusses folgt, und wenn nicht, die Gründe für die Abweichung darlegen. Damit eine echte Wahlmöglichkeit besteht, sollte die Empfehlung des Prüfungsausschusses mindestens zwei Möglichkeiten für die Erteilung des Prüfungsmandats sowie eine gebührend begründete Präferenz für eine der Möglichkeiten enthalten. Für eine faire und angemessene Begründung seiner Empfehlung sollte der Prüfungsausschuss sich auf die Ergebnisse eines unter seiner Verantwortung durchgeführten und durch das geprüfte Unternehmen organisierten verpflichtenden Auswahlverfahrens stützen. Bei einem solchen Auswahlverfahren sollte das geprüfte Unternehmen Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften mit geringem Marktanteil nicht an der Abgabe von Angeboten hindern. Die Ausschreibungsunterlagen sollten transparente, diskriminierungsfreie Auswahlkriterien enthalten, die für die Bewertung der Bewerbungen heranzuziehen sind. Da ein solches Auswahlverfahren für Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung oder kleinere und mittlere Unternehmen von öffentlichem Interesse gemessen an ihrer Größe unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen könnte, sollten diese Unternehmen von der Pflicht befreit werden, ein Verfahren für die Auswahl eines neuen Abschlussprüfers oder einer neuen Prüfungsgesellschaft durchzuführen. (19) Das Recht der Aktionärshauptversammlung bzw. der Gesellschafterversammlung des geprüften Unternehmens auf Wahl des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft wäre wertlos, wenn das geprüfte Unternehmen mit einem Dritten einen Vertrag schlösse, der diese Auswahl einschränken würde. Aus diesem Grund sollte jede mit einem Dritten vereinbarte vertragliche Klausel nichtig sein, die das geprüfte Unternehmen im Hinblick auf die Wahl eines bestimmten Abschlussprüfers oder einer bestimmten Prüfungsgesellschaft oder die Auswahlentscheidung auf bestimmte Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften beschränkt. (20)  Würden Unternehmen von öffentlichem Interesse mehr als einen Abschlussprüfer oder mehr als eine Prüfungsgesellschaft bestellen, so würde dies die kritische Grundhaltung verstärken und zu einer Erhöhung der Prüfungsqualität beitragen. Eine solche Maßnahme kombiniert mit der Präsenz kleinerer Prüfungsgesellschaften auf dem Prüfungsmarkt würde diesen den Kapazitätsaufbau erleichtern und so dazu beitragen, dass für Unternehmen von öffentlichem Interesse eine größere Auswahl von Abschlussprüfern zur Verfügung steht. Letztere sollten deshalb durch Anreize dazu ermutigt werden, für die Durchführung der Abschlussprüfung mehr als einen Abschlussprüfer oder mehr als eine Prüfungsgesellschaft zu bestellen.

§ 25 Anhang APRL und APVO (21)  Um der Gefahr der zu großen Vertrautheit des Prüfers mit dem Unternehmen entgegen zu wirken und so die Unabhängigkeit von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften zu stärken, sollte das Prüfungsmandat eines Abschlussprüfers oder einer Prüfungsgesellschaft bei einem bestimmten Unternehmen nicht über eine bestimmte Dauer hinausgehen dürfen. Außerdem sieht diese Verordnung zur Stärkung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft, zur Verstärkung der kritischen Grundhaltung und zur Verbesserung der Prüfungsqualität folgende Alternativen für die Verlängerung der Höchstlaufzeit vor: regelmäßige und offene obligatorische Neuausschreibung der Abschlussprüfung oder die Bestellung von mehr als einem Abschlussprüfer oder mehr als einer Prüfungsgesellschaft durch Unternehmen von öffentlichem Interesse. Ferner würde die Beteiligung kleinerer Prüfungsgesellschaften daran diesen den Kapazitätsaufbau erleichtern und so dazu beitragen, dass für Unternehmen von öffentlichem Interesse eine größere Auswahl von Abschlussprüfern zur Verfügung steht. Ferner sollte für die verantwortlichen Prüfungspartner, die im Auftrag der Prüfungsgesellschaft die Abschlussprüfung durchführen, ein angemessenes graduelles Rotationssystem eingeführt werden. Auch sollte ein angemessener Zeitraum festgelegt werden, während dessen dieser Abschlussprüfer bzw. diese Prüfungsgesellschaft bei demselben Unternehmen keine Abschlussprüfung mehr durchführen darf. Zur Gewährleistung eines reibungslosen Übergangs sollte der frühere Abschlussprüfer dem neuen Abschlussprüfer eine Übergabeakte zur Verfügung stellen. (22) Um durch Vermeidung von Interessenkonflikten ein hohes Maß an Anleger- und Verbrauchervertrauen im Binnenmarkt zu gewährleisten, sollten Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften einer angemessenen behördlichen Aufsicht unterliegen, wobei die zuständigen Behörden vom Berufsstand der Prüfer unabhängig sein und über angemessene Kapazitäten, Fachkenntnisse und Ressourcen verfügen müssen. Den Mitgliedstaaten sollte es möglich sein, jede Aufgabe der zuständigen Behörden außer den Aufgaben, die im Zusammenhang mit dem Qualitätssicherungs-, dem Untersuchungs- und dem Disziplinarsystem stehen, an andere Behörden oder Stellen zu delegieren oder die zuständigen Behörden zu ermächtigen, sie zu delegieren. Die Mitgliedstaaten sollten jedoch beschließen können, Aufgaben, die im Zusammenhang mit dem Disziplinarsystem stehen, an andere Behörden und Stellen zu delegieren, sofern die Mehrheit der Personen, die an der Leitung der betreffenden Behörde oder Stelle beteiligt sind, vom Berufsstand der Prüfer unabhängig sind. Die zuständigen nationalen Behörden sollten über die zur Wahrnehmung ihrer Aufsichtsaufgaben notwendigen Befugnisse verfügen und in diesem Zusammenhang u. a. auf Daten zugreifen, Auskünfte erlangen und Inspektionen durchführen können. Sie sollten sich auf die Finanzmarktaufsicht, die

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Erfüllung von Finanzberichterstattungspflichten oder die Beaufsichtigung der Abschlussprüfung spezialisieren. Ob Unternehmen im öffentlichen Interesse die für sie geltenden Pflichten erfüllen, sollte jedoch auch von den für die Beaufsichtigung dieser Unternehmen zuständigen Behörden überwacht werden können. Die Finanzierung der zuständigen Behörden sollte frei von ungebührlicher Einflussnahme durch Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften sein. (23)  Bei einer wirksamen Zusammenarbeit der auf nationaler Ebene für die verschiedenen Aufgaben zuständigen Behörden sollte sich die Qualität der Aufsicht verbessern. Aus diesem Grund sollten die zuständigen Behörden, die überwachen, ob bei der Prüfung von Unternehmen von öffentlichem Interesse alle geltenden Pflichten eingehalten werden, mit den für die Aufgaben gemäß der Richtlinie 2006/43/EG zuständigen Behörden, mit den für die Beaufsichtigung von Unternehmen von öffentlichem Interesse und mit den in der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(15) genannten zentralen Meldestellen zusammenarbeiten. (24)  Eine externe Qualitätssicherung bei der Abschlussprüfung ist für eine hohe Prüfungsqualität von elementarer Bedeutung. Durch sie wird die Glaubwürdigkeit veröffentlichter Finanzinformationen erhöht und der Schutz von Anteilseignern, Anlegern, Gläubigern und anderen interessierten Parteien erhöht. Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sollten deshalb unter der Verantwortung der zuständigen Behörden einem Qualitätssicherungssystem unterliegen, das Objektivität und Unabhängigkeit vom Berufsstand der Prüfer gewährleistet. Qualitätssicherungsprüfungen sollten so organisiert sein, dass alle Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem Interesse prüfen, einer auf eine Risikoanalyse gestützten Qualitätssicherungsprüfung unterzogen werden. Falls sie Abschlussprüfungen bei anderen Unternehmen von öffentlichem Interesse als den Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummern 17 und 18 der Richtlinie 2006/43/EG durchführen, sollte eine solche Qualitätssicherungsprüfung mindestens alle drei Jahre vorgenommen werden, und in anderen Fällen mindestens alle sechs Jahre. Wie diese Prüfungen durchgeführt werden sollten, ist in der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2008 zur externen Qualitätssicherung bei Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem Interesse prüfen(16), dargelegt. Qualitätssicherungsprüfungen sollten im Hinblick auf den Umfang und die Komplexität der Geschäftstä-

(15)  Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.  Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (ABl. L 309 vom 25.11.2005, S. 15). 16 ( )  ABl. L 120 vom 7.5.2008, S. 20.

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tigkeit des überprüften Abschlussprüfers oder der überprüften Prüfungsgesellschaft geeignet und angemessen sein. (25) Der Markt für Prüfungsdienstleistungen für Unternehmen von öffentlichem Interesse entwickelt sich weiter. Die zuständigen Behörden müssen deshalb die Marktentwicklungen — insbesondere in Bezug auf die aus einer hohen Marktkonzentration resultierenden Risiken, unter anderem in spezifischen Sektoren — sowie die Tätigkeitsergebnisse der Prüfungsausschüsse verfolgen. (26) Wenn die zuständigen Behörden ihre Arbeiten transparent gestalten, dürfte dies dazu beitragen, das Vertrauen von Anlegern und Verbrauchern in den Binnenmarkt zu stärken. Aus diesem Grund sollten die zuständigen Behörden dazu verpflichtet werden, regelmäßig über ihre Tätigkeiten Bericht zu erstatten und Informationen über die Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus den Inspektionen zu veröffentlichen, und zwar in aggregierter Form oder — falls dies in den Mitgliedstaaten vorgesehen ist — in individueller Form. (27) Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten kann erheblich dazu beitragen, in der Europäischen Union eine anhaltend hohe Qualität der Abschlussprüfung zu gewährleisten. Aus diesem Grund sollten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, wenn sich dies für die Wahrnehmung ihrer Aufsichtspflichten bei Abschlussprüfungen als notwendig erweist. Sie sollten dem Herkunftslandprinzip folgen, d. h. es gelten die Rechtsvorschriften und Aufsichtsregeln des Mitgliedstaats, in dem der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft zugelassen ist und das geprüfte Unternehmen seinen eingetragenen Sitz hat. Die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden sollte im Rahmen eines Ausschusses der Europäischen Aufsichtsstellen für Abschlussprüfer (im Folgenden „Ausschuss der Aufsichtsstellen“) organisiert werden, der sich aus hochrangigen Vertretern der zuständigen Behörden zusammensetzen sollte. Zur Förderung einer einheitlichen Anwendung dieser Verordnung kann der Ausschuss der Aufsichtsstellen unverbindliche Leitlinien oder Stellungnahmen annehmen. Außerdem sollte er den Informationsaustausch erleichtern, die Kommission beraten und Beiträge zu fachlichen Bewertungen und Prüfungen leisten. Für die Durchführung der fachlichen Bewertung der öffentlichen Aufsichtssysteme von Drittländern und der internationalen Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern in diesem Bereich sollte der Ausschuss der Aufsichtsstellen eine Untergruppe unter dem Vorsitz des von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA)(17) benannten

(17)  Durch die Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.  November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbe-

Mitglieds einsetzen und die ESMA, die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA)(18) oder die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung („EIOPA“ für „European Insurance and Occupational Pensions Authority“)(19) um Unterstützung ersuchen, insoweit dieses Ersuchen mit der internationalen Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern im Bereich der Abschlussprüfung von Unternehmen von öffentlichem Interesse, über die diese Europäischen Aufsichtsbehörden die Aufsicht führen, im Zusammenhang steht. Die Sekretariatsgeschäfte des Ausschusses der Aufsichtsstellen sollten von der Kommission wahrgenommen werden, und die Kommission sollte damit verbundene Ausgaben auf der Grundlage des vom Ausschuss der Aufsichtsstellen vereinbarten Arbeitsprogramms in ihre Voranschläge für das kommende Jahr einbeziehen. (28) Umfassen sollte die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die Zusammenarbeit bei Qualitätssicherungsprüfungen und die Unterstützung bei Untersuchungen über die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse — auch in Fällen, in denen die untersuchte Verhaltens­weise keinen Verstoß gegen eine in dem betreffenden Mitgliedstaat geltende Rechtsvorschrift darstellt. Im Rahmen ihrer Zusammenarbeit können die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Kollegien einrichten und einander Aufgaben übertragen. Bei dieser Zusammenarbeit sollte das Konzept eines Netzwerks, in dem Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften tätig sind, berücksichtigt werden. Die zuständigen Behörden sollten angemessene Regeln über die Verschwiegenheit und das Berufsgeheimnis einhalten. (29)  Angesichts der Verflechtung der Kapitalmärkte ist es erforderlich, die zuständigen Behörden zu ermächtigen, bei Informationsaustausch oder Qualitätssicherungsprüfungen mit Aufsichtsbehörden und -stellen aus Drittländern zusammenzuar-

hörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/ EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84) errichtete Europäische Aufsichtsbehörde. 18 ( ) Durch die Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.  November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S.  12) errichtete Europäische Aufsichtsbehörde. 19 ( )  Durch die Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.  November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 48) errichtete Europäische Aufsichtsbehörde.

§ 25 Anhang APRL und APVO beiten. Betrifft die Zusammenarbeit mit Drittlandsbehörden allerdings Arbeitspapiere oder andere im Besitz von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften befindliche Unterlagen, so sollten die Verfahren der Richtlinie 2006/43/EG gelten. (30) Zur Gewährleistung reibungslos funktionierender Kapitalmärkte bedarf es nachhaltiger Prüfungskapazitäten und eines wettbewerbsfähigen Markts für Abschlussprüfungsleistungen mit einer ausreichenden Anzahl an Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften, die zur Durchführung der Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse in der Lage sind. Über die strukturellen Veränderungen, die diese Verordnung auf dem Prüfungsmarkt mit sich bringen wird, sollten die zuständigen Behörden und das Europäische Wettbewerbsnetz („ECN“ für „European Competition Network“) Bericht erstatten. (31)  Die Anpassung der Verfahren zum Erlass von delegierten Rechtsakten durch die Kommission an den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere an die Artikel 290 und 291, sollte auf Einzelfallbasis erfolgen. Der Kommission sollte die Befugnis zum Erlass von Rechtsakten gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union übertragen werden, um den Entwicklungen im Prüfungswesen und im Berufsstand der Prüfer Rechnung zu tragen. Insbesondere müssen delegierte Rechtsakte für die Annahme der internationalen Prüfungsstandards in den Bereichen Durchführung von Prüfungen, Unabhängigkeit und interne Qualitätssicherungssysteme von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften erlassen werden. Die angenommenen internationalen Prüfungsstandards sollten die Anforderungen dieser Verordnung nicht ändern oder irgendeine dieser Anforderungen ergänzen; es sei denn, dies ist ausdrücklich festgelegt. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeiten angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden. (32) Um Rechtssicherheit und die reibungslose Umstellung auf die durch diese Verordnung geschaffene Regelung zu gewährleisten, sollte im Hinblick auf das Inkrafttreten der Pflicht zur Rotation des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft und der Pflicht zur Durchführung eines Verfahrens zur Auswahl eines Abschlussprüfers oder einer Prüfungsgesellschaft ein Übergangszeitraum gelten. (33)  Bezugnahmen auf Bestimmungen der Richtlinie 2006/43/EG sollten als Bezugnahmen auf die nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Bestimmungen der Richtlinie 2006/43/EG gelten. Der

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in dieser Verordnung und der Richtlinie 2014/56/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(20) festgelegte neue europäische Prüfungsregelungsrahmen tritt an die Stelle der vorhandenen in der Richtlinie 2006/43/EG festgelegten Anforderungen und sollte ohne Bezugnahme auf vorangegangene Instrumente wie etwa im früheren Rahmen angenommene Empfehlungen der Kommission ausgelegt werden. (34)  Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Funktion der Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse klarzustellen und genauer zu definieren, die Informationen, die der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft dem geprüften Unternehmen, den Anlegern und anderen Interessengruppen zur Verfügung stellt, zu verbessern, die Kommunikationskanäle zwischen den Prüfern von Unternehmen von öffentlichem Interesse und den für diese zuständigen Aufsichtsbehörden zu verbessern, die aus Nichtprüfungsleistungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse erwachsenden Interessenkonflikte zu vermeiden, das Risiko potenzieller Interessenkonflikte, die aus dem derzeitigen System, bei dem das geprüfte Unternehmen den Abschlussprüfer auswählt und bezahlt, oder aus der Vertrautheit des Prüfers mit dem Unternehmen erwachsen, zu vermindern, Unternehmen von öffentlichem Interesse die Auswahl und den Wechsel des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft zu erleichtern, die Auswahl der für Unternehmen von öffentlichem Interesse zur Verfügung stehenden Abschlussprüfer zu erweitern und die Wirksamkeit, Unabhängigkeit und Konsistenz der Regulierung und Beaufsichtigung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften, die bei Unternehmen von öffentlichem Interesse die Abschlussprüfung durchführen, auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit auf EU-Ebene zu verbessern, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher wegen ihres Umfangs besser auf Unionsebene zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. (35)  Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und beachtet die Grundsätze, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden, namentlich dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, dem Recht auf den Schutz personenbezogener Daten und der unternehmerischen

(20) Richtlinie 2014/56/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen (siehe Seite 196 dieses Amtsblatts).

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§ 25 Anhang APRL und APVO

Freiheit, und ist unter Wahrung dieser Rechte und Grundsätze anzuwenden.

(2) Die Richtlinie 2006/43/EG bleibt von dieser Verordnung unberührt.

(36)  Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates(21) angehört und hat am 23. April 2012 eine Stellungnahme abgegeben(22).

(3)  Wenn eine Genossenschaft im Sinne des Artikels 2 Nummer 14 der Richtlinie 2006/43/EG, eine Sparkasse oder ein ähnliches Unternehmen im Sinne von Artikel 45 der Richtlinie 86/635/EWG oder ein Tochterunternehmen oder ein Rechtsnachfolger einer Genossenschaft, einer Sparkasse oder eines ähnlichen Unternehmens im Sinne von Artikel 45 der Richtlinie 86/635/EWG nach einzelstaatlichen Regelungen Mitglied einer Prüfungsorganisation ohne Gewinnerzielungsabsicht sein muss oder sein kann, kann der Mitgliedstaat beschließen, dass die Abschlussprüfung bei solchen Unternehmen vom Geltungsbereich dieser Verordnung oder bestimmter Bestimmungen dieser Verordnung ausgenommen ist, sofern der Abschlussprüfer, der die Abschlussprüfung bei einem ihrer Mitglieder durchführt, und Personen, die möglicherweise in der Lage sind, Einfluss auf die Abschlussprüfung zu nehmen, die in der Richtlinie 2006/43/EG niedergelegten Grundsätze der Unabhängigkeit einhalten.

(37)  Ein neuer rechtlicher Rahmen für Abschlussprüfungen und Jahres- und konsolidierte Abschlüsse sollte durch die vorliegende Verordnung und die Richtlinie 2014/56/EU geschaffen und der Beschluss 2005/909/EG der Kommission(23) daher aufgehoben werden – HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN: TITEL I GEGENSTAND, ANWENDUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN Artikel 1 Gegenstand Diese Verordnung enthält Anforderungen an die Prüfung von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, Vorschriften für die Organisation von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften und für deren Auswahl durch Unternehmen von öffentlichem Interesse mit dem Ziel, deren Unabhängigkeit und die Vermeidung von Interessenkonflikten zu fördern, sowie Vorschriften für die Überwachung der Einhaltung dieser Anforderungen durch Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften. Artikel 2 Anwendungsbereich (1)  Diese Verordnung gilt für a) Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften, die bei Unternehmen von öffentlichem Interesse die Abschlussprüfung durchführen; b) Unternehmen von öffentlichem Interesse.

(21)  Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1). (22)  ABl. C 336 vom 6.11.2012, S. 4. (23)  Beschluss 2005/909/EG der Kommission vom 14.  Dezember 2005 zur Einsetzung einer Expertengruppe, die die Kommission beraten und die Zusammenarbeit zwischen den öffentlichen Aufsichtssystemen für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften erleichtern soll (ABl. L 329 vom 16.12.2005, S. 38).

(4)  Wenn eine Genossenschaft im Sinne des Artikels 2 Nummer 14 der Richtlinie 2006/43/EG, eine Sparkasse oder ein ähnliches Unternehmen im Sinne von Artikel 45 der Richtlinie 86/635/EWG oder ein Tochterunternehmen oder ein Rechtsnachfolger einer Genossenschaft, einer Sparkasse oder eines ähnlichen Unternehmens im Sinne von Artikel 45 der Richtlinie 86/635/EWG nach einzelstaatlichen Regelungen Mitglied einer Prüfungsorganisation ohne Gewinnerzielungsabsicht sein muss oder kann, kann ein objektiver, sachverständiger und informierter Dritter nicht zu dem Schluss gelangen, dass die Beziehung, die aufgrund der Mitgliedschaft besteht, die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers beeinträchtigen könnte, sofern ein solches Prüfungsunternehmen bei der Durchführung der Abschlussprüfung bei einem ihrer Mitglieder die Grundsätze der Unabhängigkeit auf die Abschlussprüfer, die die Abschlussprüfung durchführen, sowie auf die Personen, die gegebenenfalls in der Lage sind, Einfluss auf die Abschlussprüfung zu nehmen, anwendet. (5) Der Mitgliedstaat setzt die Kommission und den in Artikel 30 genannten Ausschuss der Europäischen Aufsichtsstellen für Abschlussprüfer (, im Folgenden „Ausschuss der Aufsichtsstellen“) über außergewöhnliche Fälle der Nichtanwendung dieser Verordnung oder bestimmter ihrer Bestimmungen in Kenntnis. Er übermittelt der Kommission und dem Ausschuss der Aufsichtsstellen eine Aufstellung der Bestimmungen dieser Verordnung, die bei der Abschlussprüfung bei den in Absatz 3 des vorliegenden Artikels genannten Unternehmen nicht angewendet werden, und legt die Gründe für die Nichtanwendung dar.

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§ 25 Anhang APRL und APVO Artikel 3 Begriffsbestimmungen Für die Zwecke dieser Verordnung gelten mit Ausnahme der Begriffsbestimmung für „zuständige Stelle“ gemäß Artikel 20 der vorliegenden Verordnung die Begriffsbestimmungen in Artikel 2 der Richtlinie 2006/43/EG.

TITEL II BEDINGUNGEN FÜR DIE DURCHFÜHRUNG VON ABSCHLUSSPRÜFUNGEN BEI UNTERNEHMEN VON ÖFFENTLICHEM INTERESSE Artikel 4 Prüfungshonorare (1)  Honorare für die Durchführung von Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse dürfen nicht ergebnisabhängig sein. Unbeschadet des Artikels 25 der Richtlinie 2006/43/EG ist für die Zwecke des Unterabsatzes 1 ein Honorar für ein Prüfungsmandat ergebnisabhängig, wenn es im Hinblick auf den Ausgang oder das Ergebnis einer Transaktion oder das Ergebnis der ausgeführten Arbeiten auf einer vorab festgelegten Basis berechnet wird. Honorare, die von einem Gericht oder einer zuständigen Behörde festgesetzt werden, sind nicht als ergebnisabhängig zu betrachten. (2)  Wenn ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft für einen Zeitraum von drei oder mehr aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren für ein geprüftes Unternehmen, dessen Muttergesellschaft oder die von diesem beherrschten Unternehmen andere als die in Artikel 5 Absatz 1 dieser Verordnung genannten Nichtprüfungsleistungen erbringt, werden die Gesamthonorare für diese Leistungen auf maximal 70 % des Durchschnitts der in den letzten drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren für die Abschlussprüfung(en) des geprüften Unternehmens und gegebenenfalls seines Mutterunternehmens, der von ihm beherrschten Unternehmen und der konsolidierten Abschlüsse der betreffenden Unternehmensgruppe durchschnittlich gezahlten Honorare begrenzt. Für die Zwecke der in Unterabsatz 1 genannten Beschränkungen werden andere als die in Artikel 5 Absatz 1 genannten Nichtprüfungsleistungen, die nach Unionsrecht oder nationalem Recht erforderlich sind, ausgenommen. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass eine zuständige Behörde auf Ersuchen des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft ausnahmsweise gestatten darf, dass der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft in Bezug auf ein geprüftes Unternehmen für einen Zeitraum von

höchstens zwei Geschäftsjahren von den Anforderungen nach Unterabsatz 1 ausgenommen wird. (3)  Wenn die von einem Unternehmen von öffentlichem Interesse insgesamt gezahlten Honorare in jedem der letzten drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahre über 15 % der von dem Abschlussprüfer oder der Prüfungsgesellschaft oder gegebenenfalls dem Konzernabschlussprüfer, der bzw. die die Abschlussprüfung in jedem dieser Geschäftsjahre durchgeführt hat, insgesamt vereinnahmten Honorare hinausgehen, setzt der betreffende Abschlussprüfer bzw. die betreffende Prüfungsgesellschaft bzw. gegebenenfalls der Konzernabschlussprüfer den Prüfungsausschuss darüber in Kenntnis und berät mit ihm über die Gefahren für seine bzw. ihre Unabhängigkeit wie auch über die zur Verminderung dieser Gefahren eingeleiteten Schutzmaßnahmen. Der Prüfungsausschuss erwägt, ob das Prüfungsmandat vor Erteilung des Bestätigungsvermerks einer auftragsbegleitenden Qualitätssicherungsprüfung durch einen anderen Abschlussprüfer oder eine andere Prüfungsgesellschaft unterzogen werden sollte. Wenn die von einem solchen Unternehmen von öffentlichem Interesse gezahlten Honorare weiterhin über 15 % der insgesamt von dem Abschlussprüfer oder der Prüfungsgesellschaft oder gegebenenfalls dem Konzernabschlussprüfer vereinnahmten Honorare hinausgehen, entscheidet der Prüfungsausschuss anhand objektiver Gründe darüber, ob der Abschlussprüfer, die Prüfungsgesellschaft oder der Konzernabschlussprüfer bei diesem Unternehmen oder dieser Unternehmensgruppe die Abschlussprüfung für einen weiteren Zeitraum, der in jedem Fall zwei Jahre nicht überschreiten darf, durchführen darf. (4) Die Mitgliedstaaten können strengere Anforderungen als die in diesem Artikel vorgesehenen anwenden. Artikel 5 Verbot der Erbringung von Nichtprüfungsleistungen (1) Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft eines Unternehmens von öffentlichem Interesse und jedes Mitglied eines Netzwerks, dem der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft angehört, darf weder direkt noch indirekt für das geprüfte Unternehmen, dessen Mutterunternehmen oder die von ihm beherrschten Unternehmen in der Union verbotene Nichtprüfungsleistungen innerhalb folgender Zeiträume erbringen: a) innerhalb des Zeitraums zwischen dem Beginn des Prüfungszeitraums und der Abgabe des Bestätigungsvermerks und b) innerhalb des Geschäftsjahrs, das dem in Buchstabe a genannten Zeitraum unmittelbar vorausgeht, in Bezug auf die in Unterabsatz 2 Buchstabe e genannten Leistungen.

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§ 25 Anhang APRL und APVO

Für die Zwecke dieses Artikels bezeichnet der Ausdruck „verbotene Nichtprüfungsleistungen“: a) die Erbringung von Steuerberatungsleistungen im Zusammenhang mit Folgendem: i) Erstellung von Steuererklärungen; ii) Lohnsteuer; iii) Zöllen; iv) Ermittlung von staatlichen Beihilfen und steuerlichen Anreizen, es sei denn, die Unterstützung durch den Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft bei solchen Leistungen ist gesetzlich vorgeschrieben; v) Unterstützung hinsichtlich Steuerprüfungen durch die Steuerbehörden, es sei denn, die Unterstützung durch den Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft bei diesen Prüfungen ist gesetzlich vorgeschrieben; vi) Berechnung der direkten und indirekten Steuern sowie latenter Steuern; vii) Erbringung von Steuerberatungsleistungen; b) Leistungen, mit denen eine Teilnahme an der Führung oder an Entscheidungen des geprüften Unternehmens verbunden ist; c) Buchhaltung und Erstellung von Unterlagen der Rechnungslegung und von Abschlüssen; d) Lohn und Gehaltsabrechnung; e) Gestaltung und Umsetzung interner Kontrolloder Risikomanagementverfahren, die bei der Erstellung und/oder Kontrolle von Finanzinformationen oder Finanzinformationstechnologiesystemen zum Einsatz kommen; f) Bewertungsleistungen, einschließlich Bewertungsleistungen in Zusammenhang mit Leistungen im Bereich der Versicherungsmathematik und der Unterstützung bei Rechtsstreitigkeiten; g) juristische Leistungen im Zusammenhang mit i) allgemeiner Beratung, ii) Verhandlungen im Namen des geprüften Unternehmens und iii) Vermittlungstätigkeiten in Bezug auf die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten; h) Leistungen im Zusammenhang mit der internen Revision des geprüften Unternehmens; i) Leistungen im Zusammenhang mit der Finanzierung, der Kapitalstruktur und -ausstattung sowie der Anlagestrategie des geprüften Unternehmens, ausgenommen die Erbringung von Bestätigungsleistungen im Zusammenhang mit Abschlüssen, einschließlich der Ausstellung von Prüfbescheinigungen (Comfort Letters) im Zusammenhang mit vom geprüften Unternehmen herausgegebenen Prospekten; j) Werbung für, Handel mit oder Zeichnung von Aktien des geprüften Unternehmens;

k) Personaldienstleistungen in Bezug auf i) Mitglieder der Unternehmensleitung, die in der Position sind, erheblichen Einfluss auf die Vorbereitung der Rechnungslegungsunterlagen oder der Abschlüsse, die Gegenstand der Abschlussprüfung sind, auszuüben, wenn zu diesen Dienstleistungen Folgendes gehört: ––

Suche nach oder Auswahl von Kandidaten für solche Positionen oder

––

Überprüfung der Referenzen von Kandidaten für diese Positionen;

ii) Aufbau der Organisationsstruktur und iii) Kostenkontrolle. (2) Die Mitgliedstaaten können andere als die in Absatz 1 aufgeführten Leistungen verbieten, wenn diese ihrer Ansicht nach eine Gefährdung der Unabhängigkeit darstellen könnten. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission alle Ergänzungen der Liste nach Absatz 1 mit. (3) Abweichend von Absatz 1 Unterabsatz 2 können die Mitgliedstaaten die Erbringung der unter Buchstabe a Ziffern i und iv bis vii und Buchstabe f genannten Leistungen zulassen, sofern die folgenden Anforderungen erfüllt werden: a) die Leistungen haben allein oder kumuliert keine direkten oder haben nur unwesentliche Auswirkungen auf die geprüften Abschlüsse; b) die Einschätzung der Auswirkung auf die geprüften Abschlüsse ist in dem zusätzlichen Bericht an den Prüfungsausschuss gemäß Artikel 11 umfassend dokumentiert und erläutert; und c) der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft erfüllt die Grundsätze der Unabhängigkeit gemäß der Richtlinie 2006/43/EG. (4) Ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft, der bzw. die eine Abschlussprüfung bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse durchführt, und — sofern der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft einem Netzwerk angehört — jedes Mitglied dieses Netzwerks darf für das geprüfte Unternehmen, dessen Muttergesellschaft oder die von diesem beherrschten Unternehmen andere als die verbotenen Nichtprüfungsleistungen nach den Absätzen 1 und 2 erbringen, wenn der Prüfungsausschuss dies nach gebührender Beurteilung der Gefährdung der Unabhängigkeit und der angewendeten Schutzmaßnahmen gemäß Artikel 22b der Richtlinie 2006/43/EG billigt. Der Prüfungsausschuss erstellt gegebenenfalls Leitlinien in Bezug auf die in Absatz 3 genannten Leistungen. Die Mitgliedstaaten können strengere Vorschriften für die Voraussetzungen festlegen, unter denen ein Abschlussprüfer, eine Prüfungsgesellschaft oder ein Mitglied eines Netzwerks, dem der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft an-

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§ 25 Anhang APRL und APVO gehört, für das geprüfte Unternehmen, dessen Muttergesellschaft oder die von diesem beherrschten Unternehmen andere als die verbotenen prüfungsfremden Leistungen nach Absatz 1 erbrin gen darf. (5) Wenn ein Mitglied des Netzwerks, dem der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft, der bzw. die die Abschlussprüfung bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse durchführt, angehört, für ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittland, das von dem geprüften Unternehmen von öffentlichem Interesse beherrscht wird, Nichtprüfungsleistungen nach den Absätzen 1 und 2 erbringt, beurteilt der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft, ob dies seine bzw. ihre Unabhängigkeit beeinträchtigt. Wird seine bzw. ihre Unabhängigkeit beeinträchtigt, so wendet der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft gegebenenfalls Schutzmaßnahmen zur Verminderung der durch diese Leistungserbringung in einem Drittland hervorgerufenen Gefahren an. Der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft darf die Abschlussprüfung bei dem Unternehmen von öffentlichem Interesse nur dann fortsetzen, wenn er/sie gemäß Artikel 6 der vorliegenden Verordnung und Artikel 22b der Richtlinie 2006/43/EG begründen kann, dass die Erbringung dieser Leistungen weder seine/ihre fachliche Einschätzung noch den Bestätigungsvermerk beeinträchtigt. Für die Zwecke dieses Absatzes wird a) eine Teilnahme an den Entscheidungsprozessen des geprüften Unternehmens und die Erbringung der in Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstaben b, c und e genannten Leistungen auf jeden Fall als Gefährdung der Unabhängigkeit angesehen und die nicht durch Schutzmaßnahmen vermindert werden kann, b) bei Erbringung der in Absatz 1 Unterabsatz 2 unter den anderen Buchstaben als den Buchstaben b, c und e genannten Leistungen eine Gefährdung der Unabhängigkeit und deshalb die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen zur Verminderung der dadurch hervorgerufenen Gefahren angenommen. Artikel 6 Vorbereitung auf die Abschlussprüfung und Beurteilung der Gefährdungen für die Unabhängigkeit (1) Bevor ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft ein Mandat zur Prüfung des Abschlusses eines Unternehmens von öffentlichem Interesse annimmt oder fortsetzt, beurteilt und dokumentiert er bzw. sie zusätzlich zu den Bestimmungen des Artikels 22b der Richtlinie 2006/43/EG Folgendes:

a) ob er bzw. sie die Anforderungen der Artikel  4 und 5 dieser Verordnung erfüllt; b) ob die in Artikel 17 der vorliegenden Verordnung festgelegten Bedingungen erfüllt sind; c) unbeschadet der Richtlinie 2005/60/EG die Integrität der Mitglieder der Aufsichts-, Verwaltungs- und Unternehmensleitungsorgane des Unternehmens von öffentlichem Interesse. (2)  Ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft a) erklärt gegenüber dem Prüfungsausschuss jährlich schriftlich, dass der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft, Prüfungspartner und Mitglieder der höheren Führungsebene und das Leitungspersonal, die die Abschlussprüfung durchführen, unabhängig vom geprüften Unternehmen sind, b) erörtert mit dem Prüfungsausschuss die Gefahren für seine bzw. ihre Unabhängigkeit sowie die von ihm bzw. ihr gemäß Absatz  1 dokumentierten zur Verminderung dieser Gefahren angewendeten Schutzmaßnahmen. Artikel 7 Unregelmäßigkeiten Hat ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft, der bzw. die bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse die Abschlussprüfung durchführt, die Vermutung oder einen berechtigten Grund zu der Vermutung, dass Unregelmäßigkeiten, wie Betrug im Zusammenhang mit dem Abschluss des geprüften Unternehmens, möglicherweise eintreten oder eingetreten sind, so teilt er bzw. sie dies unbeschadet des Artikels  12 der vorliegenden Verordnung und unbeschadet der Richtlinie 2005/60/EG dem geprüften Unternehmen mit und fordert dieses auf, die Angelegenheit zu untersuchen sowie angemessene Maßnahmen zu treffen, um derartige Unregelmäßigkeiten aufzugreifen und einer Wiederholung dieser Unregelmäßigkeiten in der Zukunft vorzubeugen. Untersucht das geprüfte Unternehmen die Angelegenheit nicht, so informiert der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft die von den Mitgliedstaaten benannten Behörden, die für die Untersuchung solcher Unregelmäßigkeiten verantwortlich sind. Macht ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft diesen Behörden in gutem Glauben Mitteilung über eine Unregelmäßigkeit im Sinne des Unterabsatzes 1, so gilt dies nicht als Verletzung einer vertraglichen oder gesetzlichen Offenlegungsbeschränkung.

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§ 25 Anhang APRL und APVO Artikel 8

Auftragsbegleitende Qualitätssicherungs­ prüfung (1) Vor der Vorlage des in den Artikeln 10 und 11 genannten Vermerks bzw. Berichts findet eine auftragsbegleitende Qualitätssicherungsprüfung statt, anhand deren beurteilt werden soll, ob der Abschlussprüfer oder der verantwortliche Prüfungspartner nach vernünftigem Ermessen zu dem in dem Entwurf dieses Vermerks bzw. Berichts enthaltenen Prüfungsurteil und den darin enthaltenen Schlussfolgerungen gelangen konnte. (2) Die auftragsbegleitende Qualitätssicherungsprüfung wird von einem Qualitätssicherungsprüfer vorgenommen. Dabei handelt es sich um einen Abschlussprüfer, der nicht an der Durchführung der Abschlussprüfung, auf die sich die auftragsbegleitende Qualitätssicherungsprüfung bezieht, beteiligt ist. (3) Wird die Abschlussprüfung durch eine Prüfungsgesellschaft vorgenommen, bei der alle ihr angehörenden Abschlussprüfer an der Durchführung dieser Abschlussprüfung beteiligt waren, oder wird die Abschlussprüfung durch einen Abschlussprüfer vorgenommen, der nicht Partner oder Beschäftigter einer Prüfungsgesellschaft ist, so sorgt sie bzw. er abweichend von Absatz 2 dafür, dass ein anderer Abschlussprüfer die auftragsbegleitende Qualitätssicherungsprüfung vornimmt. Die Offenlegung von Unterlagen oder Informationen gegenüber dem unabhängigen Qualitätssicherungsprüfer für die Zwecke dieses Artikels gilt nicht als Verletzung des Berufsgeheimnisses. Die gegenüber dem betreffenden Qualitätssicherungsprüfer für die Zwecke dieses Artikels offengelegten Unterlagen oder Informationen unterliegen dem Berufsgeheimnis. (4) Bei der Durchführung der auftragsbegleitenden Qualitätssicherungsprüfung hält der Qualitätssicherungsprüfer zumindest Folgendes fest: a) die mündlichen und schriftlichen Informationen, die er auf sein Verlangen oder unaufgefordert vom Abschlussprüfer oder verantwortlichen Prüfungspartner zur Untermauerung der wesentlichen Beurteilungen und der wichtigsten Feststellungen der durchgeführten Prüfungshandlungen und der aus diesen Feststellungen gezogenen Schlüsse erhalten hat, b) das Urteil des Abschlussprüfers oder verantwortlichen Prüfungspartners, wie es aus dem Entwurf der in den Artikeln 10 und 11 genannten Berichte hervorgeht. (5) Bei der auftragsbegleitenden Qualitätssicherungsprüfung wird zumindest Folgendes beurteilt: a) die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft von dem geprüften Unternehmen;

b) die bedeutsamen Risiken, die für die Abschluss­ prüfung relevant sind und die der Abschlussprüfer oder verantwortliche Prüfungspartner bei Durchführung der Abschlussprüfung festgestellt hat, und die Maßnahmen, die er zur ange­ messenen Steuerung dieser Risiken getroffen hat; c) die Argumentation des Abschlussprüfers oder verantwortlichen Prüfungspartners, insbesondere im Hinblick auf den Grad der Wesentlichkeit und die unter Buchstabe b genannten bedeutsamen Risiken; d) jedes Ersuchen um Beratung gegenüber externen Sachverständigen und die Nutzung dieser Beratung; e) Art und Umfang der korrigierten und nicht korrigierten falschen Darstellungen im Abschluss, die bei Durchführung der Prüfung festgestellt wurden; f) die mit dem Prüfungsausschuss und der Unternehmensleitung und/oder dem Aufsichtsorgan des geprüften Unternehmens erörterten Themen; g) die mit den zuständigen Behörden und gegebenenfalls mit anderen Dritten erörterten Themen; h) ob die vom betreffenden Qualitätssicherungsprüfer aus der Akte ausgewählten Unterlagen und Informationen das vom Abschlussprüfer oder verantwortlichen Prüfungspartner im Entwurf des in den Artikeln 10 und 11 genannten Vermerks bzw. Berichts abgegebene Urteil untermauern. (6)  Der betreffende Qualitätssicherungsprüfer erörtert die Ergebnisse der auftragsbegleitenden Qualitätssicherungsprüfung mit dem Abschlussprüfer oder dem verantwortlichen Prüfungspartner. Die Prüfungsgesellschaft legt Verfahren über die Modalitäten für die Beilegung von Unstimmigkeiten zwischen dem verantwortlichen Prüfungspartner und dem betreffenden Qualitätssicherungsprüfer fest. (7)  Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft und der betreffende Qualitätssicherungsprüfer bewahren die Ergebnisse der auftragsbegleitenden Qualitätssicherungsprüfung sowie die diesen Ergebnissen zugrunde liegenden Erwägungen auf. Artikel 9 Internationale Prüfungsstandards Der Kommission wird die Befugnis übertragen, im Wege delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 39 die in Artikel 26 der Richtlinie 2006/43/EG genannten internationalen Prüfungsstandards in den Bereichen Prüfungsverfahren, Unabhängigkeit und interne Qualitätssicherungssysteme von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften zum

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§ 25 Anhang APRL und APVO Zwecke ihrer Anwendung innerhalb der Union anzunehmen, sofern die Standards die Anforderungen von Artikel 26 Absatz 3 Buchstaben a, b und c der Richtlinie 2006/43/EG erfüllen und keine Anforderungen dieser Verordnung ändern und keine Anforderungen dieser Verordnung mit Ausnahme der in den Artikeln 7, 8 und 18 dieser Verordnung angeführten ergänzen. Artikel 10 Bestätigungsvermerk (1)  Der oder die Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft(en) legen die Ergebnisse der Abschlussprüfung des Unternehmens von öffentlichem Interesse in einem Bestätigungsvermerk dar. (2) Der Bestätigungsvermerk wird gemäß Artikel 28 der Richtlinie 2006/43/EG erstellt und enthält darüber hinaus zumindest Folgendes: a) die Angabe, von wem oder von welchem Organ der oder die Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft(en) bestellt wurden; b) die Angabe des Datums der Bestellung der Abschlussprüfer bzw. der Prüfungsgesellschaften und der gesamten ununterbrochenen Mandatsdauer, einschließlich bereits erfolgter Verlängerungen und erneuter Bestellungen; c) eine Darlegung des Folgenden zur Untermauerung des Prüfungsurteils: i) eine Beschreibung der bedeutsamsten beurteilten Risiken wesentlicher falscher Darstellungen, einschließlich der beurteilten Risiken wesentlicher falscher Darstellungen aufgrund von Betrug, ii) eine Zusammenfassung der Reaktion des Prüfers auf diese Risiken und iii) gegebenenfalls wichtige Feststellungen, die sich in Bezug auf diese Risiken ergeben. Wenn es für die oben genannte im Bestätigungsvermerk enthaltene Information zu den einzelnen bedeutsamen beurteilten Risiken wesentlicher falscher Darstellungen relevant ist, ist in dem Bestätigungsvermerk deutlich auf die entsprechenden Angaben in den Abschlüssen hinzuweisen; d) eine Darlegung darüber, in welchem Maße die Abschlussprüfung als dazu geeignet angesehen wurde, Unregelmäßigkeiten, einschließlich Betrug, aufzudecken; e) die Bestätigung, dass das Prüfungsurteil mit dem in Artikel 11 genannten zusätzlichen Bericht an den Prüfungsausschuss im Einklang steht; f) die Erklärung, dass keine verbotenen Nichtprüfungsleistungen nach Artikel 5 Absatz 1 erbracht wurden und der oder die Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft(en) bei

der Durchführung der Abschlussprüfung ihre Unabhängigkeit von dem geprüften Unternehmen gewahrt haben; g) die Angabe der Leistungen, die vom Abschlussprüfer oder der Prüfungsgesellschaft oder für das geprüfte Unternehmen oder das bzw. die von diesem beherrschte(n) Unternehmen zusätzlich zur Abschlussprüfung erbracht wurden und die im Lagebericht oder in den Abschlüssen nicht angegeben wurden. Die Mitgliedstaaten können zusätzliche Anforderungen hinsichtlich des Inhalts des Bestätigungsvermerks festlegen. (3) Der Bestätigungsvermerk enthält außer dem in Absatz 2 Buchstabe e vorgeschriebenen Verweis keinerlei Querverweise auf den in Artikel 11 genannten zusätzlichen Bericht an den Prüfungsausschuss. Der Bestätigungsvermerk ist in einer klaren und eindeutigen Sprache verfasst. (4) Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft verwendet den Namen einer zuständigen Behörde nicht in einer Weise, die darauf hindeuten oder nahelegen würde, dass diese Behörde den Bestätigungsvermerk übernimmt oder billigt. Artikel 11 Zusätzlicher Bericht an den Prüfungsausschuss (1) Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften, die bei Unternehmen von öffentlichem Interesse eine Abschlussprüfung durchführen, legen dem Prüfungsausschuss des geprüften Unternehmens einen zusätzlichen Bericht nicht später als den in Artikel 10 genannten Bestätigungsvermerk vor. Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus verlangen, dass dieser zusätzliche Bericht dem Verwaltungsoder Aufsichtsorgan des geprüften Unternehmens vorgelegt wird. Verfügt das geprüfte Unternehmen nicht über einen Prüfungsausschuss, wird der zusätzliche Bericht dem Gremium vorgelegt, das bei dem geprüften Unternehmen vergleichbare Funktionen hat. Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass der Prüfungsausschuss diesen Bericht gemäß ihrem nationalem Recht bestimmten Dritten gegenüber offenlegt. (2) Der zusätzliche Bericht an den Prüfungsausschuss wird in schriftlicher Form verfasst. Er enthält eine Erläuterung der Ergebnisse der durchgeführten Abschlussprüfung und ferner zumindest Folgendes: a) die Erklärung über die Unabhängigkeit nach Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a; b) die Angabe jedes an der Prüfung beteiligten verantwortlichen Prüfungspartners, falls die Abschlussprüfung von einer Prüfungsgesellschaft durchgeführt wurde;

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§ 25 Anhang APRL und APVO

c) gegebenenfalls der Hinweis darauf, dass der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft Vorkehrungen getroffen hat, dass bestimmte seiner bzw. ihrer Tätigkeiten von einem anderen Abschlussprüfer bzw. einer anderen Prüfungsgesellschaft, der bzw. die nicht demselben Netzwerk angehört, durchgeführt werden, oder dass auf die Arbeit externer Sachverständiger zurückgegriffen wird, sowie die Bestätigung, dass der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft seitens des anderen Abschlussprüfers oder der anderen Prüfungsgesellschaft und/oder des externen Sachverständigen eine Bestätigung hinsichtlich ihrer Unabhängigkeit erhalten hat; d) eine Beschreibung der Art, der Häufigkeit und des Umfangs der Kommunikation mit dem Prüfungsausschuss oder dem Gremium, das bei dem geprüften Unternehmen vergleichbare Funktionen hat, dem Unternehmensleitungsorgan und dem Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan des geprüften Unternehmens, einschließlich der Zeitpunkte der Zusammenkünfte mit diesen Organen; e) eine Beschreibung des Umfangs und des Zeitplans der Prüfung; f) die Beschreibung der Aufgabenverteilung zwischen den Abschlussprüfern und/oder den Prüfungsgesellschaften, sofern zwei oder mehr Prüfer oder Prüfungsgesellschaften bestellt wurden; g) eine Beschreibung der verwendeten Methode, u. a. dahingehend, welche Kategorien der Bilanz direkt überprüft wurden und welche Kategorien dabei System- und Zuverlässigkeitsprüfungen unterzogen wurden, einschließlich einer Erläuterung wesentlicher Veränderungen bei der Gewichtung von System- und Zuverlässigkeitsprüfungen gegenüber dem Vorjahr, selbst wenn die Abschlussprüfung im Vorjahr von anderen Abschlussprüfern oder anderen Prüfungsgesellschaften durchgeführt wurde; h) die Darlegung der quantitativen Wesentlichkeitsgrenze, die bei der Durchführung der Abschlussprüfung für den Abschluss als Ganzes zugrunde gelegt wurde, und gegebenenfalls der Wesentlichkeitsgrenzen für bestimmte Arten von Geschäftsvorfällen, Kontensalden oder Darlegungen zugrunde gelegt wurde, sowie Darlegung der qualitativen Faktoren, die bei der Festlegung der Wesentlichkeitsgrenze berücksichtigt wurden; i) die Angabe und Erläuterung von Einschätzungen zu bestimmten im Laufe der Prüfung festgestellten Ereignissen oder Gegebenheiten, die erhebliche Zweifel an der Fähigkeit des Unternehmens zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufwerfen können, sowie die Angabe und Erläuterung von Einschätzungen dazu, ob diese Ereignisse oder Gegebenheiten eine wesentliche Unsicherheit darstellen;

ferner eine Zusammenfassung aller Garantien, Prüfbescheinigungen (Comfort Letters), Hilfszusagen der öffentlichen Hand und anderer unterstützender Maßnahmen, die bei der Beurteilung der Fähigkeit des Unternehmens zur Fortführung seiner Tätigkeit berücksichtigt wurden; j) die Angabe bedeutsamer Mängel im internen Finanzkontrollsystem des geprüften Unter­ nehmens oder — im Falle konsolidierter Abschlüsse — der Muttergesellschaft oder im Rechnungslegungssystem. Im zusätzlichen Bericht wird hinsichtlich jeder dieser bedeutsamen Mängel festgestellt, ob sie vom Management beseitigt wurde oder nicht; k) die Angabe von im Laufe der Prüfung festgestellten bedeutsamen Sachverhalten im Zusammenhang mit der tatsächlichen oder vermuteten Nichteinhaltung von Rechtsvorschriften oder des Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung der Gesellschaft, soweit sie für die Fähigkeit des Prüfungsausschusses, seine Aufgaben wahrzunehmen, als relevant betrachtet werden; l) die Angabe und Beurteilung der bei den verschiedenen Posten des Jahres- oder konsolidierten Abschlusses angewandten Bewertungsmethoden einschließlich etwaiger Auswirkungen von Änderungen an diesen Methoden; m) im Fall der Prüfung eines konsolidierten Abschlusses die Erläuterung des Umfangs der Konsolidierung und der vom geprüften Unternehmen auf etwaige nicht konsolidierte Unternehmen angewandten Ausschlusskriterien sowie die Angabe, ob die angewandten Kriterien im Einklang mit den Rechnungslegungsregelungen stehen; n) gegebenenfalls die Angabe, welche Prüfungsarbeiten von Prüfern aus einem Drittland, von Abschlussprüfern, von Prüfungsunternehmen aus einem Drittland oder von Prüfungsgesellschaft(en), bei denen es sich nicht um Mitglieder desselben Netzwerks wie das des Prüfers des konsolidierten Abschlusses handelt, im Zusammenhang mit der Abschlussprüfung eines konsolidierten Abschlusses ausgeführt wurden; o) die Angabe, ob das geprüfte Unternehmen alle verlangten Erläuterungen und Unterlagen geliefert hat; p) Angaben über: i) etwaige bedeutsame Schwierigkeiten, die während der Abschlussprüfung aufgetreten sind, ii) etwaige sich aus der Abschlussprüfung ergebende bedeutsame Sachverhalte, die besprochen wurden oder Gegenstand des Schriftverkehrs mit dem Management waren, und

§ 25 Anhang APRL und APVO iii) etwaige sonstige sich aus der Abschlussprüfung ergebende Sachverhalte, die nach dem fachkundigen Urteil des Prüfers für die Aufsicht über den Rechnungslegungsprozess bedeutsam sind. Die Mitgliedstaaten können zusätzliche Anforderungen hinsichtlich des Inhalts des zusätzlichen Berichts an den Prüfungsausschuss festlegen. Auf Verlangen eines Abschlussprüfers, einer Prüfungsgesellschaft oder des Prüfungsausschusses beraten der oder die Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft(en) mit dem Prüfungsausschuss, dem Verwaltungsorgan oder gegebenenfalls dem Aufsichtsorgan des geprüften Unternehmens über die im zusätzlichen Bericht an den Prüfungsausschuss — insbesondere unter Unterabsatz 1 Buchstabe j — genannten wichtigsten sich aus der Abschlussprüfung ergebenden Sachverhalte. (3)  Sind mehr als ein Abschlussprüfer bzw. eine Prüfungsgesellschaft gleichzeitig beauftragt worden und herrscht zwischen ihnen Uneinigkeit über Prüfungshandlungen, Rechnungslegungsvorschriften oder andere die Durchführung der Abschlussprüfung betreffende Themen, so werden im zusätzlichen Bericht an den Prüfungsausschuss die Gründe für diese Uneinigkeit dargelegt. (4) Der zusätzliche Bericht an den Prüfungsausschuss wird unterschrieben und datiert. Wird die Abschlussprüfung von einer Prüfungsgesellschaft durchgeführt, so wird der zusätzliche Bericht an den Prüfungsausschuss von den Abschlussprüfern, die die Abschlussprüfung im Auftrag der Prüfungsgesellschaft durchgeführt haben, unterzeichnet. (5) Die Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaften stellen den zuständigen Behörden im Sinne des Artikels 20 Absatz 1 den zusätzlichen Bericht auf Verlangen und im Einklang mit dem nationalen Recht zur Verfügung. Artikel 12 Bericht an die für die Beaufsichtigung von Unternehmen von öffentlichem Interesse zuständigen Behörden (1) Unbeschadet des Artikels 55 der Richtlinie 2004/39/EG, des Artikels 63 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(24), des Artikels 15 Absatz 4 der Richt-

(24) Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

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linie 2007/64/EG, des Artikels 106 der Richtlinie 2009/65/EG, des Artikels 3 Absatz 1 der Richtlinie 2009/110/EG und des Artikels 72 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(25) sind Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften, die bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse die Abschlussprüfung durchführen, dazu verpflichtet, die für die Beaufsichtigung des Unternehmens von öffentlichem Interesse zuständigen Behörden oder — soweit dies von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgesehen ist — die für die Beaufsichtigung des Abschlussprüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft zuständige Behörde umgehend über jede Information zu unterrichten, von der sie bei Durchführung der Abschlussprüfung Kenntnis erhalten und die eine der folgenden Konsequenzen haben kann: a) einen wesentlichen Verstoß gegen die Rechtsoder Verwaltungsvorschriften, die — sofern relevant — die Zulassungsvoraussetzungen enthalten oder speziell die Ausübung der Tätigkeiten solcher Unternehmen von öffentlichem Interesse regeln, b) eine wesentliche Gefährdung oder wesentliche Bedenken hinsichtlich der Fortführung der Tätigkeit des Unternehmens von öffentlichem Interesse, c) eine Verweigerung der Abgabe eines Prüfungsurteils über die Abschlüsse oder die Abgabe eines versagenden oder eingeschränkten Prüfungsurteils. Die Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaften sind ferner zur Meldung der in Unterabsatz 1 Buchstaben a, b oder c genannten Informationen verpflichtet, wenn sie von diesen bei Durchführung einer Abschlussprüfung bei Unternehmen Kenntnis erhalten, die zu dem Unternehmen von öffentlichem Interesse, bei dem sie ebenfalls die Abschlussprüfung durchführen, eine enge Verbindung haben. Für die Zwecke dieses Artikels ist der Begriff „enge Verbindung“ im Sinne von Artikels 4 Absatz 1 Nummer 38 der Verordnung (EU) Nr.  575/2013 der Europäischen Parlaments und des Rates(26) zu verstehen. Die Mitgliedstaaten können vom Abschlussprüfer oder von der Prüfungsgesellschaft zusätzliche Informationen verlangen, sofern dies für eine wirksame Finanzmarktaufsicht gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften erforderlich ist.

(25) Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.  November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1). 26 ( ) Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.  Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).

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§ 25 Anhang APRL und APVO

(2) Zwischen den für die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen zuständigen Behörden einerseits und dem bzw. den Abschlussprüfer(n) und der bzw. den Prüfungsgesellschaft(en), der bzw. die bei diesen Instituten und Unternehmen die Abschlussprüfung durchführt bzw. durchführen, andererseits wird ein wirksamer Dialog eingerichtet. Die Verantwortung für die Einhaltung dieser Anforderung tragen beide Parteien des Dialogs. Mindestens einmal jährlich organisieren der Europäische Ausschuss für Systemrisiken („ESRB“ für „European Systemic Risk Board“) und der Ausschuss der Aufsichtsstellen ein Treffen unter Beteiligung der Abschlussprüfer und der Prüfungsgesellschaften oder Netzwerke, die Abschlussprüfungen aller in der Union zugelassener Institute durchführen, die international als global systemrelevante Finanzinstitute anerkannt sind, um den ESRB über branchenspezifische oder bedeutsame Entwicklungen in diesen systemrelevanten Finanzinstituten zu informieren. Um die Wahrnehmung der in Unterabsatz 1 genannten Aufgaben zu erleichtern, geben die Europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde — EBA) und die Europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung — EIOPA) gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 bzw. Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 unter Berücksichtigung derzeitiger Aufsichtspraktiken Leitlinien an die für die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen zuständigen Behörden heraus. (3) Teilen Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften oder gegebenenfalls Netzwerke den zuständigen Behörden oder dem ESRB und dem Ausschuss der Aufsichtsstellen in gutem Glauben Informationen im Sinne des Absatzes 1 oder sich im Zuge des Dialogs nach Absatz 2 ergebende Informationen mit, so stellt dies keinen Verstoß gegen eine etwaige vertragliche oder rechtliche Beschränkung der Informationsweitergabe dar. Artikel 13 Transparenzbericht (1)  Ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft, der bzw. die bei Unternehmen von öffentlichem Interesse Abschlussprüfungen durchführt, veröffentlicht alljährlich spätestens vier Monate nach Abschluss jedes Geschäftsjahres einen Transparenzbericht. Dieser Transparenzbericht wird auf der Website des Abschlussprüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft veröffentlicht und bleibt dort ab dem Tag der Veröffentlichung auf der Website mindestens fünf Jahre lang verfügbar. Ist der Abschlussprüfer bei einer Prüfungsgesellschaft beschäftigt, so obliegen dieser Prüfungsgesell-

schaft die in diesem Artikel vorgesehenen Pflichten. Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften dürfen einen bereits veröffentlichten jährlichen Transparenzbericht aktualisieren. In einem solchen Fall weist der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft darauf hin, dass es sich um eine aktuali­ sierte Fassung des Berichts handelt, wobei auch die ursprüngliche Fassung weiterhin auf der Website verfügbar bleibt. Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften teilen den zuständigen Behörden mit, dass der Transparenzbericht auf der Website des Abschlussprüfers/der Prüfungsgesellschaft veröffentlicht wurde oder — gegebenenfalls — dass er aktualisiert wurde. 2.  Der jährliche Transparenzbericht umfasst zumindest Folgendes: a) eine Beschreibung der Rechts- und Eigentümerstruktur der Prüfungsgesellschaft; b) für den Fall, dass der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft Mitglied eines Netzwerks ist, i) eine Beschreibung dieses Netzwerks sowie seiner rechtlichen und organisatorischen Struktur; ii) den Namen jedes Abschlussprüfers, der als Prüfer in Einzelpraxis tätig ist, oder jeder Prüfungsgesellschaft, die Mitglied des Netzwerks ist; iii) das Land oder die Länder, in denen jeder Abschlussprüfer, der als Prüfer in Einzelpraxis tätig ist, oder jede Prüfungsgesellschaft, die Mitglied des Netzwerks ist, die Tätigkeit als Abschlussprüfer ausüben darf oder seinen bzw. ihren eingetragenen Sitz, seine bzw. ihre Hauptverwaltung oder seine bzw. ihre Hauptniederlassung hat; iv) den Gesamtumsatz, den die Abschlussprüfer, die als Prüfer in Einzelpraxis tätig sind, und die Prüfungsgesellschaften, die Mitglieder des Netzwerks sind, mit der Prüfung von Jahres- und konsolidierten Abschlüssen erzielt haben; c) eine Beschreibung der Leitungsstruktur der Prüfungsgesellschaft; d) eine Beschreibung des internen Qualitätssicherungssystems des Abschlussprüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft und eine Erklärung des Verwaltungs- oder Leitungsorgans zu dessen Wirksamkeit; e) das Datum der letzten Qualitätssicherungsprüfung gemäß Artikel 26; f) eine Liste der Unternehmen von öffentlichem Interesse, bei denen der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft im vorangegangenen Geschäftsjahr Abschlussprüfungen durchgeführt hat;

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§ 25 Anhang APRL und APVO g) eine Erklärung darüber, mit welchen Maßnahmen der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft seine bzw. ihre Unabhängigkeit zu wahren sucht, in der auch bestätigt wird, dass eine interne Überprüfung der Einhaltung von Unabhängigkeitsanforderungen stattgefunden hat; h) eine Erklärung dazu, wie der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft in Bezug auf die in Artikel 13 der Richtlinie 2006/43/EG genannte kontinuierliche Fortbildung von Abschlussprüfern verfährt; i) Angaben darüber, wonach sich bei Prüfungsgesellschaften die Vergütung der Partner bemisst; j) eine Beschreibung der vom Abschlussprüfer bzw. von der Prüfungsgesellschaft verfolgten Grundsätze, nach denen bei der Rotation der verantwortlichen Prüfungspartner und Mitarbeiter gemäß Artikel 17 Absatz 7 verfahren wird; k) sofern sich diese Angaben nicht in seinen bzw. ihren Abschlüssen nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2013/34/EU finden, Angaben zum Gesamtumsatz des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft, und zwar aufgeschlüsselt in i) Einnahmen aus der Abschlussprüfung des Jahresabschlusses und konsolidierten Abschlusses von Unternehmen von öffentlichem Interesse und von Unternehmen einer Unternehmensgruppe, deren Muttergesellschaft ein Unternehmen von öffentlichem Interesse ist; ii) Einnahmen aus der Abschlussprüfung des Jahresabschlusses und konsolidierten Abschlusses anderer Unternehmen; iii) Einnahmen aus zulässigen Nichtprüfungsleistungen für Unternehmen, die vom Abschlussprüfer oder von der Prüfungsgesellschaft geprüft werden; iv) Einnahmen aus Nichtprüfungsleistungen für andere Unternehmen. Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft kann unter außergewöhnlichen Umständen beschließen, von den in Unterabsatz 1 Buchstabe f verlangten Angaben abzusehen, soweit dies zur Verringerung einer unmittelbaren und erheblichen Gefährdung der persönlichen Sicherheit einer Person erforderlich ist. Der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft muss in der Lage sein, der zuständigen Behörde gegenüber darzulegen, dass eine solche Gefährdung tatsächlich besteht. (3) Der Transparenzbericht wird von dem Abschlussprüfer oder der Prüfungsgesellschaft unterzeichnet.

Artikel 14 Informationspflicht gegenüber den zuständigen Behörden Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften legen der für sie zuständigen Behörde jährlich eine Liste der geprüften Unternehmen von öffentlichem Interesse vor, die nach den von diesen Unternehmen bezogenen Einnahmen aufgeschlüsselt ist, die in Folgendes unterteilt ist: a) Einnahmen aus der Abschlussprüfung; b) Einnahmen aus anderen Nichtprüfungsleistungen als solchen nach Artikel 5 Absatz 1, die aufgrund von Unionsrecht oder nationalem Recht erforderlich sind; c) Einnahmen aus anderen Nichtprüfungsleistungen als solchen nach Artikel 5 Absatz 1, die nicht aufgrund von Unionsrecht oder nationalem Recht erforderlich sind. Artikel 15 Aufbewahrungspflichten Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften bewahren die in Artikel 4 Absatz 3, Artikel 6, Artikel 7, Artikel 8 Absätze 4 bis 7, Artikel 10 und 11, Artikel 12 Absätze 1 und 2, Artikel 14, Artikel 16 Absätze 2, 3 und 5 dieser Verordnung sowie die in den Artikeln 22b, 24a, 24b, 27 und 28 der Richtlinie 2006/43/EG genannten Unterlagen und Informationen nach deren Erstellung mindestens fünf Jahre lang auf. Die Mitgliedstaaten können Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften nach Maßgabe ihrer Datenschutzvorschriften und Verwaltungs- und Gerichtsverfahrensregelungen dazu verpflichten, die in Unterabsatz 1 genannten Unterlagen und Informationen für einen längeren Zeitraum aufzubewahren. TITEL III BESTELLUNG VON ABSCHLUSSPRÜFERN ODER PRÜFUNGSGESELLSCHAFTEN DURCH UNTERNEHMEN VON ÖFFENTLICHEM INTERESSE Artikel 16 Bestellung von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften (1)  Für die Zwecke der Anwendung von Artikel 37 Absatz 1 der Richtlinie 2006/43/EG gelten für die Bestellung von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften durch Unternehmen von öffentlichem Interesse die in den Absätzen 2 bis 5 beschriebe-

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nen Bedingungen, gegebenenfalls unter Anwendung von Absatz 7. Gilt Artikel 37 Absatz 2 der Richtlinie 2006/43/ EG, so unterrichtet das Unternehmen von öffentlichem Interesse die zuständige Behörde über die Verwendung der dort genannten alternativen Systeme oder Modalitäten. In diesem Fall finden die Absätze 2 bis 5 des vorliegenden Artikels keine Anwendung. (2)  Der Prüfungsausschuss legt dem Verwaltungsoder Aufsichtsorgan des geprüften Unternehmens eine Empfehlung für die Bestellung von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften vor. Abgesehen vom Fall der Erneuerung eines Prüfungsmandats gemäß Artikel 17 Absätze 1 und 2 muss die Empfehlung begründet werden und mindestens zwei Vorschläge für das Prüfungsmandat enthalten, und der Prüfungsausschuss teilt unter Angabe der Gründe seine Präferenz für einen der beiden Vorschläge mit. Der Prüfungsausschuss erklärt in seiner Empfehlung, dass diese frei von ungebührlicher Einflussnahme durch Dritte ist und ihm keine Klausel der in Absatz 6 genannten Art auferlegt wurde. (3)  Außer im Fall der Erneuerung eines Prüfungsmandats gemäß Artikel 17 Absätze 1 und 2 wird die in Absatz 2 des vorliegenden Artikels genannte Empfehlung des Prüfungsausschusses im Anschluss an ein Auswahlverfahren erstellt, das das geprüfte Unternehmen unter Berücksichtigung folgender Kriterien durchführt: a) Dem geprüften Unternehmen steht es frei, beliebige Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften zur Unterbreitung von Vorschlägen für die Erbringung von Abschlussprüfungsleistungen aufzufordern, sofern die Bedingungen des Artikels 17 Absatz 3 erfüllt sind und die Teilnahme von Unternehmen, die im vorausgegangenen Kalenderjahr in dem betreffenden Mitgliedstaat weniger als 15 % der von Unternehmen von öffentlichem Interesse gezahlten Gesamthonorare erhalten haben, an dem Ausschreibungsverfahren in keiner Weise ausgeschlossen wird. b) Das geprüfte Unternehmen erstellt für den aufgeforderten Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaften Ausschreibungsunterlagen. Diese Ausschreibungsunterlagen müssen es ermöglichen, die Geschäftstätigkeit des geprüften Unternehmens und die Art der durchzuführenden Abschlussprüfung zu erfassen. Die Ausschreibungsunterlagen enthalten transparente, diskriminierungsfreie Auswahlkriterien für die Bewertung der Vorschläge der Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften durch das geprüfte Unternehmen. c) Das geprüfte Unternehmen kann das Auswahlverfahren frei gestalten und im Laufe des Verfahrens direkte Verhandlungen mit interessierten Bietern führen.

d) Falls die in Artikel 20 genannten zuständigen Behörden im Einklang mit Unionsrecht oder nationalem Recht von den Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften die Erfüllung bestimmter Qualitätsstandards verlangen, so sind diese Standards in die Ausschreibungsunterlagen aufzunehmen. e) Das geprüfte Unternehmen beurteilt die Vorschläge der Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften anhand der in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Auswahlkriterien. Das geprüfte Unternehmen erstellt einen Bericht über die im Auswahlverfahren gezogenen Schlussfolgerungen, der vom Prüfungsausschuss validiert wird. Das geprüfte Unternehmen und der Prüfungsausschuss berücksichtigen alle Erkenntnisse oder Schlussfolgerungen der in Artikel 26 Absatz 8 genannten und von der zuständigen Behörde gemäß Artikel 28 Buchstabe d veröffentlichten Kontrollberichte über bietende Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften. f) Das geprüfte Unternehmen muss auf Verlangen in der Lage sein, gegenüber der in Artikel 20 genannten zuständigen Behörde darzulegen, dass das Auswahlverfahren auf faire Weise durchgeführt wurde. Für das in Unterabsatz 1 genannte Auswahlverfahren ist der Prüfungsausschuss zuständig. Die in Artikel 20 Absatz 1 genannte zuständige Behörde veröffentlicht für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe a eine jährlich zu aktualisierende Liste der betreffenden Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften. Die zuständige Behörde nutzt bei den einschlägigen Berechnungen die gemäß Artikel 14 gemachten Angaben der Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften. (4) Unternehmen von öffentlichem Interesse, die die Kriterien nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben f und t der Richtlinie 2003/71/EG(27) erfüllen, sind nicht zur Durchführung des in Absatz 3 genannten Auswahlverfahrens verpflichtet. (5) Der an die Gesellschafterversammlung oder Aktionärshauptversammlung des geprüften Unternehmens gerichtete Vorschlag für die Bestellung von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften enthält die Empfehlung und Präferenz gemäß Absatz 2, die der Prüfungsausschuss oder das Gremium mit vergleichbarer Funktion ausgesprochen bzw. angegeben hat. Falls der Vorschlag von der Präferenz des Prüfungsausschusses abweicht, sind im Vorschlag die Gründe zu nennen, weshalb der Empfehlung nicht

(27) Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 345 vom 31.12.2003, S. 64). 

§ 25 Anhang APRL und APVO gefolgt wird. Der oder die vom Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan empfohlenen Prüfer oder Prüfungsgesellschaften müssen jedoch an dem in Absatz 3 beschriebenen Auswahlverfahren teilgenommen haben. Dieser Unterabsatz findet keine Anwendung, wenn das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan die Funktionen des Prüfungsausschusses wahrnimmt. (6) Jede Klausel in einem zwischen einem Unternehmen von öffentlichem Interesse und Dritten geschlossenen Vertrag, die die Auswahlmöglichkeiten der Gesellschafterversammlung oder Aktionärshauptversammlung des betreffenden Unternehmens gemäß Artikel 37 der Richtlinie 2006/43/ EG im Hinblick auf die Auswahl eines bestimmten Abschlussprüfers oder einer bestimmten Prüfungsgesellschaft für die Durchführung der Abschlussprüfung bei diesem Unternehmen auf bestimmte Kategorien oder Listen von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften beschränkt, ist nichtig. Das Unternehmen von öffentlichem Interesse unterrichtet die in Artikel 20 genannten zuständigen Behörden unmittelbar und unverzüglich über jeden Versuch von Dritten, eine solche Vertragsklausel durchzusetzen oder die Entscheidung der Gesellschafterversammlung oder Aktionärshauptversammlung über die Bestellung eines Abschlussprüfers oder einer Prüfungsgesellschaft anderweitig ungebührlich zu beeinflussen. (7)  Die Mitgliedstaaten können beschließen, dass Unternehmen von öffentlichem Interesse unter bestimmten Umständen eine bestimmte Mindestanzahl von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften bestellen, und die Modalitäten für die Beziehungen zwischen den bestellten Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften festlegen. Wenn ein Mitgliedstaat eine solche Verpflichtung festlegt, teilt er dies der Kommission und der einschlägigen Europäischen Aufsichtsbehörde mit. (8)  Hat das geprüfte Unternehmen einen Nominierungsausschuss, in dem die Gesellschafter oder Aktionäre über erheblichen Einfluss verfügen und dessen Aufgabe es ist, Empfehlungen für die Auswahl von Prüfern abzugeben, so kann ein Mitgliedstaat gestatten, dass der Nominierungsausschuss die in diesem Artikel festgelegten Funktionen des Prüfungsausschusses wahrnimmt, und ihn verpflichten, der Gesellschafterversammlung oder der Aktionärshauptversammlung die in Absatz 2 genannte Empfehlung zu unterbreiten. Artikel 17 Laufzeit des Prüfungsmandats (1) Unternehmen von öffentlichem Interesse bestellen einen Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft für ein erstes Mandat, dessen Laufzeit mindestens ein Jahr beträgt. Das Mandat kann verlängert werden.

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Weder das erste Mandat eines bestimmten Abschlussprüfers oder einer bestimmten Prüfungsgesellschaft noch dieses Mandat in Kombination mit erneuerten Mandaten darf die Höchstlaufzeit von zehn Jahren überschreiten. (2)  Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten a) verlangen, dass das in Absatz 1 genannte erste Mandat eine Laufzeit von mehr als einem Jahr hat, b) eine Höchstlaufzeit von weniger als zehn Jahren für die Mandate gemäß Absatz 1 Unterabsatz 2 vorsehen. (3)  Weder der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft noch gegebenenfalls Mitglieder seiner bzw. ihrer Netzwerke innerhalb der Union führen nach Ablauf der Höchstlaufzeiten der Mandate gemäß Absatz 1 Unterabsatz 2 oder Absatz 2 Buchstabe b oder nach Ablauf der Höchstlaufzeiten der gemäß Absatz 4 oder Absatz 6 verlängerten Mandate innerhalb des folgenden Vierjahreszeitraums die Abschlussprüfung bei demselben Unternehmen von öffentlichem Interesse durch. (4)  Abweichend von Absatz 1 und Absatz 2 Buchstabe b können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die in Absatz 1 Unterabsatz 2 und in Absatz 2 Buchstabe b genannten Höchstlaufzeiten auf die folgenden Höchstlaufzeiten verlängert werden können: a) auf 20 Jahre, wenn ein öffentliches Ausschreibungsverfahren für die Abschlussprüfung im Einklang mit Artikel 16 Absätze 2 bis 5 durchgeführt wird und nach Ablauf der in Absatz 1 Unterabsatz 2 und in Absatz 2 Buchstabe b genannten Höchstlaufzeiten wirksam wird, oder b) auf 24 Jahre, wenn nach Ablauf der in Absatz 1 Unterabsatz 2 und in Absatz 2 Buchstabe b genannten Höchstlaufzeiten, bei dem die einschlägige Höchstlaufzeit erreicht worden ist, mehr als ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft gleichzeitig beauftragt wurden, sofern die Abschlussprüfung zur Vorlage des gemeinsamen Bestätigungsvermerks gemäß Artikel 28 der Richtlinie 2006/43/EG führt. (5) Die jeweilige Höchstlaufzeit gemäß Absatz 1 Unterabsatz 2 und gemäß Absatz 2 Buchstabe b wird nur verlängert, wenn das Verwaltungs- oder das Aufsichtsorgan auf Empfehlung des Prüfungsausschusses der Gesellschafterversammlung oder Aktionärshauptversammlung im Einklang mit dem nationalen Recht vorschlägt, das Mandat zu verlängern, und wenn dieser Vorschlag angenommen wird. (6) Nach Ablauf der Höchstlaufzeit gemäß Absatz  1 Unterabsatz  2 bzw. Absatz  2 Buchstabe  b oder Absatz 4 kann das Unternehmen von öffentlichem Interesse in Ausnahmefällen beantragen, dass die in Artikel 20 Absatz 1 genannte zuständige Behörde eine Verlängerung dahingehend gewährt,

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dass der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft für ein weiteres Mandat bestellt wird, sofern die Voraussetzungen in Absatz 4 Buchstabe a oder b erfüllt sind. Die Dauer dieses zusätzlichen Mandats darf zwei Jahre nicht überschreiten. (7)  Die für die Durchführung einer Abschlussprüfung verantwortlichen Prüfungspartner beenden ihre Teilnahme an der Abschlussprüfung des geprüften Unternehmens spätestens sieben Jahre nach dem Datum ihrer Bestellung. Sie können frühestens drei Jahre nach dieser Beendigung ihrer Teilnahme wieder an der Abschlussprüfung des geprüften Unternehmens mitwirken. Abweichend davon können die Mitgliedstaaten vorschreiben, dass die für die Durchführung einer Abschlussprüfung verantwortlichen Prüfungspartner ihre Teilnahme an der Abschlussprüfung des geprüften Unternehmens früher als sieben Jahre nach dem Datum ihrer Bestellung beenden. Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft führt ein angemessenes graduelles Rotationssystem für das an der Abschlussprüfung beteiligte Führungspersonal ein, das zumindest die als Abschlussprüfer geführten Personen erfasst. Diese graduelle Rotation erfolgt gestaffelt und betrifft einzelne Personen und nicht das gesamte Prüfungsteam. Sie steht in einem angemessenen Verhältnis zu Umfang und Komplexität der Tätigkeiten des Abschlussprüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft. Der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft muss in der Lage sein, der zuständigen Behörde gegenüber darzulegen, dass dieses System wirksam angewandt wird und dem Umfang und der Komplexität seiner bzw. ihrer Tätigkeiten angemessen ist. (8)  Für die Zwecke dieses Artikels wird die Dauer des Prüfungsmandats vom ersten Geschäftsjahr an berechnet, das in dem Auftragsschreiben erfasst ist, in dem der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft erstmals für die Durchführung von aufeinanderfolgenden Abschlussprüfungen bei demselben Unternehmen von öffentlichem Interesse bestellt wurde. Für die Zwecke dieses Artikels umfasst die Prüfungsgesellschaft andere Gesellschaften, die von ihr erworben wurden oder sich mit ihr zusammengeschlossen haben. Wenn hinsichtlich des Zeitpunkts, von dem an der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft mit der Durchführung von aufeinanderfolgenden Abschlussprüfungen bei dem Unternehmen von öffentlichem Interesse begonnen hat, Ungewissheiten beispielsweise aufgrund des Zusammenschlusses oder des Erwerbs von Gesellschaften oder von Änderungen in der Eigentümerstruktur bestehen, meldet der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft diese Ungewissheiten sofort an die zuständige Behörde, die letztlich den relevanten Zeitpunkt für die Zwecke von Unterabsatz 1 bestimmen wird.

Artikel 18 Übergabeakte Wird ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft durch einen anderen Abschlussprüfer oder eine andere Prüfungsgesellschaft ersetzt, so muss dieser Abschlussprüfer bzw. diese Prüfungsgesellschaft die Anforderungen gemäß Artikel 23 Absatz 3 der Richtlinie 2006/43/EG erfüllen. Vorbehaltlich des Artikels 15 gewährt der frühere Abschlussprüfer oder die frühere Prüfungsgesellschaft dem neuen Abschlussprüfer oder der neuen Prüfungsgesellschaft ferner Zugang zu den in Artikel 11 genannten zusätzlichen Berichten hinsichtlich früherer Jahre sowie zu jeglichen Informationen, die den zuständigen Behörden gemäß den Artikeln 12 und 13 übermittelt werden. Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft des früheren Abschlusses muss in der Lage sein, der zuständigen Behörde gegenüber darzulegen, dass diese Informationen dem neuen Abschlussprüfer bzw. der neuen Prüfungsgesellschaft zur Verfügung gestellt wurden. Artikel 19 Abberufung und Rücktritt von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften Unbeschadet des Artikels 38 Absatz 1 der Richtlinie 2006/43/EG leiten von einem Mitgliedstaat gemäß Artikel 20 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung benannte zuständige Behörden die Informationen über die Abberufung oder den Rücktritt des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft während der Laufzeit des Mandats sowie eine angemessene Begründung hierfür an die in Artikel 20 Absatz 1 genannte zuständige Behörde weiter. TITEL IV BEAUFSICHTIGUNG DER TÄTIGKEIT VON ABSCHLUSSPRÜFERN UND PRÜFUNGSGESELLSCHAFTEN BEI DER DURCHFÜHRUNG EINER ABSCHLUSS­ PRÜFUNG BEI UNTERNEHMEN VON ÖFFENTLICHEM INTERESSE KAPITEL I Zuständige Behörden Artikel 20 Benennung der zuständigen Behörden (1) Als zuständige Behörden, die mit der Wahrnehmung der in dieser Verordnung beschriebenen Aufgaben betraut sind und die Anwendung der

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§ 25 Anhang APRL und APVO Bestimmungen dieser Verordnung gewährleisten, können die folgenden Behörden benannt werden: a) die in Artikel 24 Absatz 1 der Richtlinie 2004/109/EG genannte zuständige Behörde,

Mitglied des Leitungsorgans oder verantwortlich für die Entscheidungsfindung dieser Behörden darf keine Person sein, die während ihrer Beteiligung oder im Laufe der drei vorausgegangenen Jahre a) Abschlussprüfungen durchgeführt hat,

b) die in Artikel 24 Absatz 4 Buchstabe h der Richtlinie 2004/109/EG genannte zuständige Behörde,

b) Stimmrechte an einer Prüfungsgesellschaft gehalten hat,

c) die in Artikel 32 der Richtlinie 2006/43/EG genannte zuständige Stelle.

c) Mitglied des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans einer Prüfungsgesellschaft war,

(2)  Abweichend von Absatz 1 können Mitgliedstaaten beschließen, dass die Verantwortung für die Sicherstellung der Anwendung der Gesamtheit oder eines Teils der Bestimmungen von Titel III dieser Verordnung soweit sachdienlich den an folgenden Stellen genannten zuständigen Behörden übertragen wird:

d) ein Partner oder Angestellter einer Prüfungsgesellschaft oder anderweitig von ihr beauftragt war.

a) Artikel 48 der Richtlinie 2004/39/EG; b) Artikel 24 Absatz 1 der Richtlinie 2004/109/EG; c) Artikel 24 Absatz 4 Buchstabe h der Richtlinie 2004/109/EG; d) Artikel 20 der Richtlinie 2007/64/EG; e) Artikel 30 der Richtlinie 2009/138/EG; f) Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2013/36/EU; oder anderen nach dem nationalen Recht benannten Behörden. (3)  Wurde gemäß den Absätzen 1 und 2 mehr als eine zuständige Behörde benannt, so werden diese Behörden so organisiert, dass eine eindeutige Zuweisung ihrer Aufgaben gegeben ist. (4) Die Absätze 1, 2 und 3 berühren nicht das Recht eines Mitgliedstaats, für überseeische europäische Gebiete, die mit ihm besondere Beziehungen unterhalten, gesonderte Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen. (5) Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommis­ sion über die Benennung zuständiger Behörden für die Zwecke dieser Verordnung. Die Kommission konsolidiert und veröffentlicht diese Informationen. Artikel 21 Unabhängigkeitsanforderungen Die zuständigen Behörden müssen von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften unabhängig sein. Die zuständigen Behörden können Sachverstän­ dige im Sinne des Artikels 26 Absatz 1 Buchstabe c für die Zwecke der Ausführung bestimmter Aufgaben konsultieren und sich von Sachverständigen unterstützen lassen, wenn dies für die ordnungsgemäße Ausübung ihrer Aufgaben wesentlich ist. In diesen Fällen werden Sachverständige nicht in die Entscheidungsprozesse eingebunden.

Die Finanzierung dieser Behörden muss gesichert und frei von ungebührlicher Einflussnahme durch Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften sein. Artikel 22 Wahrung des Berufsgeheimnisses in Bezug auf die zuständigen Behörden Alle Personen, die bei zuständigen Behörden oder sonstigen Behörden oder Stellen, denen gemäß Artikel 24 dieser Verordnung Aufgaben übertragen wurden, angestellt sind oder waren oder von diesen unabhängig beauftragt oder an deren Leitung beteiligt sind oder waren, sind zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verpflichtet. Informationen, die unter das Berufsgeheimnis fallen, dürfen keiner anderen Person oder Behörde offenbart werden, es sei denn, dies ist durch Verpflichtungen aufgrund dieser Verordnung oder durch Gesetze, Vorschriften oder Verwaltungsverfahren eines Mitgliedstaats geregelt. Artikel 23 Befugnisse der zuständigen Behörden (1) Unbeschadet des Artikels 26 nehmen weder die zuständigen Behörden noch andere Behörden eines Mitgliedstaats bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäß dieser Verordnung Einfluss auf den Inhalt von Bestätigungsvermerken. (2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden mit allen Aufsichts- und Ermittlungsbefugnissen ausgestattet sind, die sie zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäß dieser Verordnung im Einklang mit Kapitel VII der Richtlinie 2006/43/EG benötigen. (3) Zu den in Absatz 2 genannten Befugnissen müssen mindestens die Befugnisse gehören, a) auf Daten im Zusammenhang mit der Abschlussprüfung zuzugreifen oder andere im Besitz von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften befindliche Unterlagen aller Art einzusehen, die für die Wahrnehmung ihrer

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Aufgaben relevant sind, und von diesen Kopien zu erhalten oder zu machen; b) von jeder Person Informationen mit Bezug zu der Abschlussprüfung zu erhalten; c) Inspektionen vor Ort bei Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften durchzuführen; d) Angelegenheiten zur Strafverfolgung zu übermitteln; e) Überprüfungen oder Untersuchungen durch Sachverständige vornehmen zu lassen; f) die in Artikel 30a der Richtlinie 2006/43/EG genannten Verwaltungsmaßnahmen zu ergreifen und die dort genannten Sanktionen zu verhängen. Die zuständigen Behörden dürfen die in Unterabsatz 1 genannten Befugnisse nur ausüben gegenüber a) Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse durchführen; b) Personen, die an der Tätigkeit von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse durchführen, beteiligt sind; c) geprüften Unternehmen von öffentlichem Interesse, ihren Tochtergesellschaften und verbundenen Dritten; d) Dritten, an die Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse durchführen, bestimmte Aufgaben oder Tätigkeiten ausgelagert haben, und e) Personen, die anderweitig in einer Beziehung oder Verbindung zu Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse durchführen, stehen. (4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden ihre Aufsichts- und Ermittlungsbefugnisse auf einem der folgenden Wege ausüben können: a) unmittelbar; b) in Zusammenarbeit mit anderen Behörden; c) durch Antrag bei den zuständigen Justizbehörden. (5) Die Aufsichts- und Ermittlungsbefugnisse der zuständigen Behörden werden in vollständiger Übereinstimmung mit den nationalen Rechtsvorschriften, insbesondere den Grundsätzen der Achtung des Rechts auf Privatleben und der Verteidigungsrechte, ausgeübt. (6)  Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im Zuge der in diesem Artikel gewährten Aufsichts- und Ermittlungsbefugnisse hat in Übereinstimmung mit der Richtlinie 95/46/EG zu erfolgen.

Artikel 24 Übertragung von Aufgaben (1)  Die Mitgliedstaaten können jede der nach dieser Verordnung wahrzunehmenden Aufgaben auf andere Behörden oder Stellen, die zur Wahrnehmung dieser Aufgaben benannt oder anderweitig gesetzlich hierzu ermächtigt sind, übertragen oder die zuständigen Behörden nach Artikel 20 Absatz 1 ermächtigen, solche Aufgaben auf solche andere Behörden oder Stellen zu übertragen, jedoch mit Ausnahme der Aufgaben in Bezug auf a) das Qualitätssicherungssystem nach Artikel 26; b) Untersuchungen nach Artikel 23 dieser Verordnung und Artikel 32 der Richtlinie 2006/43/EG, die sich aus dem Qualitätssicherungssystem oder aus einer Verweisung durch eine andere Behörde ergeben, und c) Sanktionen und Maßnahmen, nach Kapitel VII der Richtlinie 2006/43/EG im Zusammenhang mit Qualitätssicherungsprüfungen oder Untersuchungen von Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse. (2) Jegliche Ausführung von Aufgaben durch andere Behörden oder Stellen bedarf einer ausdrücklichen Übertragung dieser Aufgaben durch die zuständige Behörde. Bei der Übertragung sind die übertragenen Aufgaben und die Bedingungen, unter denen sie auszuführen sind, anzugeben. Überträgt die zuständige Behörde Aufgaben auf andere Behörden oder Stellen, so kann sie diese Befugnisse im Einzelfall wieder an sich ziehen. (3)  Die Behörden oder Stellen müssen so organisiert sein, dass keine Interessenkonflikte entstehen. Die Letztverantwortung für die Überwachung der Einhaltung dieser Verordnung und der aufgrund der Verordnung erlassenen Durchführungsmaßnahmen liegt bei der übertragenden zuständigen Behörde. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten über etwaige Vorkehrungen, die sie im Hinblick auf die Übertragung von Aufgaben getroffen hat, einschließlich der genauen Bedingungen für die Festlegung dieser Aufgabenübertragung. (4)  Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten beschließen, die in Absatz 1 Buchstabe c genannten Aufgaben auf andere Behörden oder Stellen, die zur Wahrnehmung dieser Aufgaben benannt oder anderweitig gesetzlich hierzu ermächtigt sind, zu übertragen, wenn die Mehrheit der an der Leitung der betreffenden Behörde oder Stelle beteiligten Personen vom Berufsstand der Prüfer unabhängig ist.

§ 25 Anhang APRL und APVO Artikel 25 Zusammenarbeit mit anderen zuständigen Behörden auf nationaler Ebene Die gemäß Artikel 20 Absatz 1 benannte zuständige Behörde und gegebenenfalls andere Behörden, an die diese zuständige Behörde Aufgaben übertragen hat, arbeiten auf nationaler Ebene zusammen mit a) den in Artikel 32 Absatz 4 der Richtlinie 2006/43/ EG genannten zuständigen Behörden, b) den in Artikel 20 Absatz 2 genannten Behörden, und zwar unabhängig davon, ob diese für die Zwecke dieser Verordnung als zuständige Behörden benannt wurden oder nicht, c) den in den Artikeln 21 und 37 der Richtlinie 2005/60/EG genannten zentralen Meldestellen und zuständigen Behörden. Für die Zwecke dieser Zusammenarbeit gelten die Verpflichtungen des Berufsgeheimnisses nach Artikel 22 dieser Verordnung. KAPITEL II Qualitätssicherung, Marktüberwachung und Transparenz der zuständigen Behörden Artikel 26 Qualitätssicherung (1)  Für die Zwecke dieses Artikels bezeichnet der Ausdruck a) „Inspektionen“ Qualitätssicherungsprüfungen bei Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften, die von einem Inspektor geleitet werden und keine Untersuchung im Sinne des Artikels 32 Absatz 5 der Richtlinie 2006/43/EG darstellen, b) „Inspektor“ einen Prüfer, der die Voraussetzungen von Absatz 5 Unterabsatz 1 Buchstabe a erfüllt und bei einer zuständigen Behörde angestellt oder anderweitig von ihr beauftragt ist, c) „Sachverständiger“ eine natürliche Person, die besondere Fachkenntnisse auf den Gebieten Finanzmärkte, Rechnungslegung und Abschlussprüfung oder auf anderen für Inspektionen relevanten Gebieten besitzt, einschließlich als Abschlussprüfer tätiger Personen. (2)  Die nach Artikel 20 Absatz 1 benannten zuständigen Behörden schaffen ein wirksames Qualitätssicherungssystem für Abschlussprüfungen. Sie unterwerfen Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse durchführen, Qualitätssicherungsprüfungen auf der Grundlage einer Risikoanalyse und

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a) im Fall von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen bei solchen anderen Unternehmen von öffentlichem Interesse, die nicht unter Artikel 2 Nummern 17 und 18 der Richtlinie 2006/43/EG fallen, durchführen, mindestens alle drei Jahre und b) in anderen als den unter Buchstabe a genannten Fällen mindestens alle sechs Jahre. (3) Die zuständige Behörde trägt die Verantwortung für folgende Tätigkeiten: a) Genehmigung und Änderung der Inspektionsmethodik, einschließlich Handbüchern für Inspektionen und Folgemaßnahmen, Berichtsverfahren und Programmen für regelmäßige Inspektionen; b) Genehmigung und Änderung von Inspektionsberichten und Berichten über Folgemaßnahmen; c) Genehmigung und Bestimmung der Inspektoren für jede Inspektion. Die zuständige Behörde stellt ausreichende Ressourcen für das Qualitätssicherungssystem zur Verfügung. (4)  Die zuständige Behörde organisiert das Qualitätssicherungssystem unabhängig von den geprüften Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften. Die zuständige Behörde stellt sicher, dass in Bezug auf die Unabhängigkeit und Objektivität des Personals, einschließlich der Inspektoren, sowie die Verwaltung des Qualitätssicherungssystems angemessene Grundsätze und Verfahren geschaffen werden. (5) Die zuständige Behörde bestellt Inspektoren gemäß folgenden Kriterien: a) Die Inspektoren verfügen über eine angemessene fachliche Ausbildung und einschlägige Erfahrungen auf den Gebieten der Abschlussprüfung und Rechnungslegung und haben eine spezielle Ausbildung zu Qualitätssicherungsprüfungen absolviert. b) Personen, die den Beruf des Abschlussprüfers ausüben oder bei einem Abschlussprüfer oder einer Prüfungsgesellschaft angestellt sind oder anderweitige Verbindungen mit ihnen haben, dürfen nicht als Inspektoren tätig sein. c) Personen, die Teilhaber oder Angestellte eines Abschlussprüfers oder einer Prüfungsgesellschaft oder anderweitig mit einem Abschlussprüfer oder einer Prüfungsgesellschaft verbunden waren, dürfen frühestens drei Jahre nach Beendigung dieser Tätigkeit oder Verbindung als Inspektoren eine Inspektion dieses Abschlussprüfers bzw. dieser Prüfungsgesellschaft vornehmen. d) Die Inspektoren erklären, dass zwischen ihnen und dem zu inspizierenden Abschlussprüfer

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bzw. der zu inspizierenden Prüfungsgesellschaft keine Interessenkonflikte bestehen. Abweichend von Absatz 1 Buchstabe b kann die zuständige Behörde Sachverständige mit der Durchführung spezifischer Inspektionen beauftragen, wenn die Anzahl der Inspektoren in der Behörde nicht ausreichend ist. Die zuständige Behörde kann sich auch von Sachverständigen unterstützen lassen, wenn dies für eine ordnungsgemäße Durchführung der Inspektion erforderlich ist. In solchen Fällen halten die zuständigen Behörden und die Sachverständigen die Anforderungen dieses Absatzes ein. Die Sachverständigen dürfen nicht an der Leitung von Berufsverbänden und -einrichtungen beteiligt, bei ihnen angestellt oder anderweitig von diesen beauftragt sein, aber sie dürfen Mitglieder dieser Verbände oder Einrichtungen sein. (6) Die Inspektionen erstrecken sich mindestens auf a) eine Bewertung des Aufbaus des internen Qualitätssicherungssystems des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft, b) eine angemessene Prüfung der Einhaltung der Qualitätssicherungsmaßnahmen in den Verfahren und eine Überprüfung der Prüfungsunterlagen von Unternehmen von öffentlichem Interesse zur Ermittlung der Wirksamkeit des internen Qualitätssicherungssystems, c) eine unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Inspektion gemäß den Buchstaben a und b dieses Absatzes vorgenommene Bewertung des Inhalts des aktuellsten von einem Abschlussprüfer oder einer Prüfungsgesellschaft gemäß Artikel 13 veröffentlichten jährlichen Transparenzberichts. (7) Überprüft werden mindestens die folgenden Grundsätze und Verfahren des Abschlussprüfers/ der Prüfungsgesellschaft für die interne Qualitätssicherung: a) Einhaltung der geltenden Prüfungs- und Qualitätssicherungsstandards sowie der Berufsgrundsätze und Unabhängigkeitsanforderungen (einschließlich der in Kapitel IV der Richtlinie 2006/43/EG und den Artikeln 4 und 5 dieser Verordnung genannten Anforderungen) und der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats durch den Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft; b) Quantität und Qualität der eingesetzten Ressourcen, einschließlich der Einhaltung der Anforderungen bezüglich der kontinuierlichen Fortbildung gemäß Artikel 13 der Richtlinie 2006/43/EG; c) Einhaltung der Anforderungen gemäß Artikel 4 dieser Verordnung hinsichtlich der in Rechnung gestellten Prüfungshonorare.

Für die Zwecke der Überprüfung der Einhaltung von Anforderungen und Standards werden die Prüfungsakten anhand einer Analyse des Risikos einer unzureichenden Durchführung der Abschlussprüfung ausgewählt. Die zuständigen Behörden überprüfen ferner regelmäßig die von den Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften angewandte Methodik für die Durchführung der Abschlussprüfung. Zusätzlich zu der Inspektion gemäß Unterabsatz 1 sind die zuständigen Behörden zur Durchführung weiterer Inspektionen befugt. (8)  Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus Inspektionen, auf deren Grundlage Empfehlungen ausgesprochen werden, einschließlich Erkenntnissen und Schlussfolgerungen aus Transparenzberichten, werden dem inspizierten Abschlussprüfer oder der inspizierten Prüfungsgesellschaft vor Fertigstellung des Inspektionsberichts mitgeteilt und mit diesen erörtert. Die im Rahmen von Inspektionen ausgesprochenen Empfehlungen werden von dem inspizierten Abschlussprüfer bzw. der inspizierten Prüfungsgesellschaft innerhalb einer von der zuständigen Behörde festgelegten angemessenen Frist umgesetzt. Bei Empfehlungen zum internen Qualitätssicherungssystem des Abschlussprüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft beträgt die Dauer dieser Frist höchstens 12 Monate. (9)  Die Inspektion ist Gegenstand eines Berichts, der die wichtigsten Schlussfolgerungen und Empfehlungen der Qualitätssicherungsprüfung enthält. Artikel 27 Überwachung der Qualität und des Wettbewerbs auf dem Markt (1)  Die gemäß Artikel 20 Absatz 1 benannten zuständigen Behörden und gegebenenfalls das Europäische Wettbewerbsnetz (ECN) überwachen regelmäßig die Entwicklungen auf dem Markt für die Bereitstellung von Abschlussprüfungsleistungen für Unternehmen von öffentlichem Interesse und bewerten dabei insbesondere a) die Risiken, dass es aufgrund des häufigen Auftretens von Qualitätsmängeln bei einem Abschlussprüfer oder einer Prüfungsgesellschaft — einschließlich systemischer Mängel im Rahmen eines Netzwerks von Prüfungsgesellschaften — zum Wegfall von Prüfungsgesellschaften, zu Störungen bei der Bereitstellung von Abschlussprüfungsleistungen in einem spezifischen Sektor oder sektorenübergreifend und zu einem weiteren Anwachsen der Risiken von Prüfungsmängeln und der Auswirkungen auf die Gesamtstabilität des Finanzsektors kommen kann; b) den Grad der Marktkonzentration, auch in bestimmten Sektoren;

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§ 25 Anhang APRL und APVO c) die Tätigkeitsergebnisse schüsse;

der

Prüfungsaus-

d) die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Verminderung der in Buchstabe a genannten Risiken. (2)  Jede zuständige Behörde und das ECN erstellen bis zum 17. Juni 2016 und danach mindestens alle drei Jahre einen Bericht über Entwicklungen auf dem Markt der Abschlussprüfungsleistungen für Unternehmen von öffentlichem Interesse und unterbreiten diesen dem Ausschuss der Aufsichtsstellen, der ESMA, der EBA, der EIOPA und der Kommission. Die Kommission erstellt nach Anhörung des Ausschusses der Aufsichtsstellen, der ESMA, der EBA und der EIOPA auf der Grundlage dieser Berichte einen gemeinsamen Bericht über diese Entwicklungen auf Unionsebene. Dieser gemeinsame Bericht wird dem Rat, der Europäischen Zentralbank und dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken sowie gegebenenfalls dem Europäischen Parlament vorgelegt. Artikel 28 Transparenz der zuständigen Behörden Die zuständigen Behörden sind transparent und veröffentlichen zumindest Folgendes: a) jährliche Tätigkeitsberichte über ihre Aufgaben gemäß dieser Verordnung; b) jährliche Arbeitsprogramme über ihre Aufgaben gemäß dieser Verordnung; c) jährliche Berichte über die Gesamtergebnisse des Qualitätssicherungssystems. Diese Berichte ­ enthalten Angaben zu erteilten Empfehlungen, zu Folgemaßnahmen aufgrund der Empfehlungen, zu ergriffenen Aufsichtsmaßnahmen und zu verhängten Sanktionen. Sie enthalten ferner quantitative Angaben und Angaben zu anderen zentralen Leistungsindikatoren zu Finanzressourcen und Personalausstattung sowie zu Effizienz und Effektivität des Qualitätssicherungssystems; d) aggregierte Informationen über die in Artikel 26 Absatz 8 Unterabsatz 1 genannten Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus Inspektionen. Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass diese Erkenntnisse und Schlussfolgerungen in Bezug auf Einzelinspektionen veröffentlicht werden.

KAPITEL III Zusammenarbeit zwischen zuständigen Behörden und Beziehungen zu den Europäischen Aufsichtsbehörden Artikel 29 Pflicht zur Zusammenarbeit Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, wenn dies für die Zwecke dieser Verordnung erforderlich ist; dies gilt auch für Fälle, in denen das untersuchte Verhalten keinen Verstoß gegen geltende Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats darstellt. Artikel 30 Einsetzung des Ausschusses der Aufsichtsstellen (1) Unbeschadet der Gestaltung der nationalen Aufsicht über die Abschlussprüfung wird die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden im Rahmen eines Ausschusses der Europäischen Aufsichtsstellen für Abschlussprüfer (Ausschuss der Aufsichtsstellen) organisiert. (2) Der Ausschuss der Aufsichtsstellen setzt sich aus einem Mitglied je Mitgliedstaat, bei dem es sich um einen hochrangigen Vertreter der zuständigen Behörden gemäß Artikel 32 Absatz 1 der Richtlinie 2006/43/EG handelt, und aus einem von der ESMA benannten Mitglied (im Folgenden „Mitglieder“) zusammen. (3) Die EBA und die EIOPA werden zu den Sitzungen des Ausschusses der Aufsichtsstellen als Beobachter eingeladen. (4) Der Ausschuss der Aufsichtsstellen tritt in regelmäßigen Abständen zusammen sowie erforderlichenfalls auf Ersuchen der Kommission oder eines Mitgliedstaats. (5)  Jedes Mitglied des Ausschusses der Aufsichtsstellen hat eine Stimme, mit Ausnahme des von der ESMA benannten Mitglieds, das kein Stimmrecht erhält. Sofern nichts anderes bestimmt ist, trifft der Ausschuss der Aufsichtsstellen seine Entscheidungen mit der einfachen Mehrheit seiner Mitglieder. (6) Der Vorsitz des Ausschusses der Aufsichtsstellen wird aus einer Liste von Bewerbern, die die zuständigen Behörden gemäß Artikel 32 Absatz 1 der Richtlinie 2006/43/EG vertreten, mit Zweidrittelmehrheit seiner Mitglieder gewählt bzw. abberufen. Der Vorsitz wird für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt. Der Vorsitz darf in dieser Position nicht länger als eine Amtszeit tätig sein, kann aber nach einer Auszeit von vier Jahren erneut gewählt werden. Der stellvertretende Vorsitz wird von der Kommis­ sion ernannt bzw. abberufen.

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§ 25 Anhang APRL und APVO

Der Vorsitz und der stellvertretende Vorsitz erhalten kein Stimmrecht. In dem Fall, dass der Vorsitz vor dem Ende seiner Amtszeit ausscheidet oder abberufen wird, nimmt der stellvertretende Vorsitz die Amtsgeschäfte des Vorsitzes bis zur nächsten Sitzung des Ausschusses der Aufsichtsstellen wahr, der einen Vorsitz für die noch verbleibende Amtszeit wählt. (7) Dem Ausschuss der Aufsichtsstellen obliegt Folgendes: a) Er erleichtert den Austausch von Informationen, Fachwissen und bewährten Verfahren im Hinblick auf die Umsetzung dieser Verordnung und der Richtlinie 2006/43/EG. b) Er erteilt der Kommission sowie den zuständigen Behörden auf deren Verlangen fachkundige Beratung zu Fragen im Zusammenhang mit der Umsetzung dieser Verordnung und der Richtlinie 2006/43/EG. c) Er trägt zur fachlichen Beurteilung der öffentlichen Aufsichtssysteme von Drittländern sowie zur internationalen Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern in diesem Bereich gemäß Artikel 46 Absatz 2 und Artikel 47 Absatz 3 der Richtlinie 2006/43/EG bei. d) Er trägt zur fachlichen Prüfung der internationalen Prüfungsstandards, einschließlich der Verfahren zu ihrer Erstellung, im Hinblick auf ihre Annahme auf Unionsebene bei. e) Er trägt zur Verbesserung der Mechanismen der Zusammenarbeit hinsichtlich der Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse durchführen, oder der Netzwerke, denen sie angehören, bei. f) Er nimmt Koordinierungsaufgaben in den in dieser Verordnung oder der Richtlinie 2006/43/EG vorgesehenen Fällen wahr. (8)  Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Absatz 7 Buchstabe c ersucht der Ausschuss der Aufsichtsstellen die ESMA, die EBA oder die EIOPA um Unterstützung, insoweit sein Ersuchen mit der internationalen Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern im Bereich der Abschlussprüfung von Unternehmen von öffentlichem Interesse, über die diese Europäischen Aufsichtsbehörden die Aufsicht führen, im Zusammenhang steht. Wird um diese Unterstützung nachgesucht, so leisten die ESMA, die EBA oder die EIOPA dem Ausschuss der Aufsichtsstellen Unterstützung bei der betreffenden Aufgabe. (9)  Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben kann der Ausschuss der Aufsichtsstellen unverbindliche Leitlinien oder Stellungnahmen verabschieden. Die Kommission veröffentlicht die vom Ausschuss der Aufsichtsstellen verabschiedeten Leitlinien und Stellungnahmen.

(10) Der Ausschuss der Aufsichtsstellen nimmt, soweit relevant, alle bestehenden und laufenden Aufgaben der mit dem Beschluss 2005/909/EG der Kommission gegründeten Europäischen Gruppe aus Vertretern der Aufsichtsgremien für Abschlussprüfer („EGAOB“ für „European Group of Audit Oversight Bodies“) wahr. (11)  Der Ausschuss der Aufsichtsstellen kann Untergruppen auf ständiger oder Ad-hoc-Basis zur Prüfung bestimmter Fragen auf der Grundlage eines von ihm festgelegten Auftrags einsetzen. Die Teilnahme an den Beratungen der Untergruppen kann auf zuständige Behörden aus den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) im Bereich der Aufsicht über die Abschlussprüfung oder im Einzelfall nach Einladung auf zuständige Behörden aus Nicht-EU/EWR-Ländern vorbehaltlich der Zustimmung der Mitglieder des Ausschusses der Aufsichtsstellen ausgedehnt werden. Die Teilnahme von zuständigen Behörden aus Nicht-EU/ EWR-Ländern kann zeitlich begrenzt werden. (12)  Der Ausschuss der Aufsichtsstellen setzt eine Untergruppe zur Wahrnehmung der in Absatz 7 Buchstabe  c genannten Aufgaben ein. In dieser Untergruppe führt das von der ESMA gemäß Absatz 2 benannte Mitglied den Vorsitz. (13) Soweit dies als zweckmäßig und/oder notwendig erachtet wird, kann der Vorsitz des Ausschusses der Aufsichtsstellen auf Verlangen von mindestens drei Mitgliedern oder von sich aus Sachverständige, einschließlich von als Abschlussprüfer tätigen Personen, mit besonderer Fachkompetenz in einem Themenbereich der Tagesordnung dazu einladen, als Beobachter an den Beratungen des Ausschusses der Aufsichtsstellen oder seiner Untergruppen teilzunehmen. Der Ausschuss der Aufsichtsstellen kann Vertreter zuständiger Behörden aus Drittländern, die im Bereich der Aufsicht über Abschlussprüfungen zuständig sind, dazu einladen, als Beobachter an den Beratungen des Ausschusses der Aufsichtsstellen oder seiner Untergruppen teilzunehmen. (14) Die Sekretariatsgeschäfte des Ausschusses der Aufsichtsstellen werden von der Kommission wahrgenommen. Die Ausgaben des Ausschusses der Aufsichtsstellen werden in die Voranschläge der Kommission einbezogen. (15)  Der Vorsitz stellt die vorläufige Tagesordnung für jede Sitzung des Ausschusses der Aufsichtsstellen auf, wobei er schriftliche Beiträge der Mitglieder gebührend berücksichtigt. (16)  Der Vorsitz oder — in seiner Abwesenheit — der stellvertretende Vorsitz teilen die Ansichten oder Standpunkte des Ausschusses der Aufsichtsstellen nur nach Zustimmung der Mitglieder mit. (17) Die Beratungen des Ausschusses der Aufsichtsstellen sind nicht öffentlich. (18)  Der Ausschuss der Aufsichtsstellen gibt sich eine Geschäftsordnung.

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§ 25 Anhang APRL und APVO Artikel 31 Zusammenarbeit bei Qualitätssicherungs­ prüfungen, Untersuchungen und Inspektionen vor Ort (1) Die zuständigen Behörden sorgen bei Qualitätssicherungsprüfungen für eine wirksame Zusammenarbeit auf Unionsebene. (2) Die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats kann die Amtshilfe der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats beantragen, wenn sie Qualitätssicherungsprüfungen bei Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften vornimmt, die einem Netzwerk angehören, das in dem ersuchten Mitgliedstaat wesentliche Tätigkeiten ausübt. (3)  Geht bei einer zuständigen Behörde ein Antrag einer zuständigen Behörde aus einem anderen Mitgliedstaat auf Mitwirkung bei der Qualitätssicherungsprüfung bei einem Abschlussprüfer oder einer Prüfungsgesellschaft ein, der bzw. die einem Netzwerk angehört, das in dem betreffenden Mitgliedstaat wesentliche Tätigkeiten ausübt, so erlaubt sie der beantragenden zuständigen Behörde die Mitwirkung bei der Qualitätssicherungsprüfung. Die beantragende zuständige Behörde hat nicht das Recht auf Zugang zu Informationen, wenn dies nationale Sicherheitsregeln verletzen oder die Souveränität, die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des ersuchten Mitgliedstaats beeinträchtigen könnte. (4)  Gelangt eine zuständige Behörde zu der Überzeugung, dass im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats gegen die Bestimmungen dieser Verordnung verstoßen wird oder verstoßen wurde, so teilt sie dies der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaats so genau wie möglich mit. Die zuständige Behörde des anderen Mitgliedstaats ergreift geeignete Maßnahmen. Sie informiert die mitteilende zuständige Behörde über das Endergebnis und soweit möglich über wesentliche Zwischenergebnisse. (5) Die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats kann die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats ersuchen, in dessen Hoheitsgebiet eine Untersuchung durchzuführen. Sie kann darüber hinaus darum ersuchen, dass einige ihrer Mitarbeiter die Erlaubnis erhalten, die Mitarbeiter der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaats im Laufe der Untersuchung, einschließlich bei Inspektionen vor Ort, zu begleiten.

deren Mitgliedstaats begleiten zu lassen, nachzukommen, wenn a) eine solche Untersuchung oder Inspektion vor Ort nationale Sicherheitsregeln verletzen oder die Souveränität, die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des ersuchten Mitgliedstaats beeinträchtigen könnte; b) gegen dieselben Personen aufgrund derselben Handlungen in dem ersuchten Mitgliedstaat bereits ein Justizverfahren anhängig ist; c) gegen dieselben Personen aufgrund derselben Handlungen in dem ersuchten Mitgliedstaat bereits ein endgültiges Urteil der Behörden des ersuchten Mitgliedstaats ergangen ist. (7) Bei einer Qualitätssicherungsprüfung oder einer Untersuchung mit grenzüberschreitender Wirkung können die zuständigen Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten an den Ausschuss der Aufsichtsstellen ein gemeinsames Ersuchen um Koordinierung der jeweiligen Prüfung oder Untersuchung richten. Artikel 32 Kollegien zuständiger Behörden (1) Um die Wahrnehmung der in Artikel 26 und Artikel 31 Absätze 4 bis 6 dieser Verordnung und Artikel 30 der Richtlinie 2006/43/EG genannten Aufgaben im Hinblick auf einzelne Abschlussprüfer, Prüfungsgesellschaften oder ihre Netzwerke zu vereinfachen, können mit Beteiligung der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats und jeder anderen zuständigen Behörde Kollegien geschaffen werden, sofern a) der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft für Unternehmen von öffentlichem Interesse im Hoheitsgebiet der betreffenden Mitgliedstaaten Dienstleistungen für Abschlussprüfungen erbringt oder b) eine Zweigniederlassung, die Teil der Prüfungsgesellschaft ist, im Hoheitsgebiet der betreffenden Mitgliedstaaten niedergelassen ist. (2) Im Fall einzelner Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften fungiert die zuständige Be­ hörde des Herkunftsmitgliedstaats als Moderator.

Die Untersuchung oder Inspektion unterliegt durchgehend der Gesamtaufsicht des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sie durchgeführt wird.

(3) Im Hinblick auf einzelne Netzwerke können zuständige Behörden der Mitgliedstaaten, in denen das Netzwerk im großen Umfang tätig ist, den Ausschuss der Aufsichtsstellen um Einsetzung eines Kollegiums mit Beteiligung der ersuchenden zuständigen Behörden ersuchen.

(6) Die ersuchte zuständige Behörde kann sich weigern, einem nach Absatz 5 Unterabsatz 1 ergangenen Ersuchen um Durchführung einer Untersuchung oder einem nach Absatz 5 Unterabsatz 2 ergangenen Ersuchen, die eigenen Mitarbeiter von Mitarbeitern der zuständigen Behörde eines an-

(4) Die Mitglieder des Kollegiums zuständiger Behörden für einzelne Netzwerke wählen innerhalb von 15 Arbeitstagen nach Einsetzung des Kollegiums einen Moderator. Wird keine Einigung erzielt, so ernennt der Ausschuss der Aufsichtsstellen aus dem Kreis der Mitglieder des Kollegiums einen Moderator.

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§ 25 Anhang APRL und APVO

Die Mitglieder des Kollegiums überprüfen die Auswahl des Moderators mindestens alle fünf Jahre, um sicherzustellen, dass der ausgewählte Moderator weiterhin die am besten geeignete Person für diese Aufgabe ist. (5)  Der Moderator führt den Vorsitz in den Sitzungen des Kollegiums, koordiniert dessen Arbeiten und gewährleistet einen effizienten Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern des Kollegiums. (6) Der Moderator erstellt innerhalb von zehn Arbeitstagen nach seiner Wahl schriftliche Koordinierungsvereinbarungen für das Kollegium im Hinblick auf folgende Angelegenheiten: a) Informationen, die zwischen den zuständigen Behörden ausgetauscht werden können; b) Fälle, in denen sich die zuständigen Behörden zu konsultieren haben; c) Fälle, in denen die zuständigen Behörden Aufsichtsaufgaben gemäß Artikel 33 delegieren können. (7) Bei Uneinigkeit über die schriftlichen Koordinierungsvereinbarungen nach Absatz 6 kann jedes Mitglied des Kollegiums den Ausschuss der Aufsichtsstellen mit der Angelegenheit befassen. Der Moderator berücksichtigt vor Festlegung des endgültigen Wortlauts der schriftlichen Koordinierungsvereinbarungen in gebührendem Maße einschlägige Empfehlungen des Ausschusses der Aufsichtsstellen. Die schriftlichen Koordinierungsvereinbarungen sind in einem Dokument zusammengefasst, das eine umfassende Begründung aller wesentlichen Abweichungen von der Empfehlung des Ausschusses der Aufsichtsstellen enthält. Der Moderator leitet die schriftlichen Koordinierungsvereinbarungen an die Mitglieder des Kollegiums und den Ausschuss der Aufsichtsstellen weiter. Artikel 33 Übertragung von Aufgaben Die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats kann der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats jede ihrer Aufgaben übertragen, sofern diese Behörde damit einverstanden ist. Die Übertragung von Aufgaben berührt nicht die Verantwortlichkeit der zuständigen Behörde, die die Aufgaben überträgt. Artikel 34 Vertraulichkeit und Berufsgeheimnis in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen zuständigen Behörden (1) Alle Personen, die bei Stellen tätig sind oder tätig waren, die in den in Artikel 30 genannten Rah-

men der Zusammenarbeit zwischen zuständigen Behörden eingebunden sind, sind zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verpflichtet. Die unter das Berufsgeheimnis fallenden Informationen werden keiner anderen Person oder Behörde bekanntgegeben, es sei denn, die Offenlegung ist für gerichtliche Ermittlungen erforderlich oder nach Unionsrecht oder nationalem Recht vorgeschrieben. (2) Artikel 22 steht dem Austausch vertraulicher Informationen zwischen den Stellen, die in den in Artikel 30 genannten Rahmen der Zusammenarbeit zwischen zuständigen Behörden eingebunden sind, und den zuständigen Behörden nicht entgegen. So ausgetauschte Informationen werden von der Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses erfasst, der Personen unterliegen, die von zuständigen Behörden beschäftigt sind oder waren. (3) Alle zwischen den Stellen, die in den in Artikel 30 genannten Rahmen der Zusammenarbeit zwischen zuständigen Behörden eingebunden sind, und den zuständigen Behörden oder anderen Behörden oder Stellen ausgetauschten Informationen werden als vertraulich behandelt, außer wenn ihre Offenlegung nach Unionsrecht oder nationalem Recht vorgeschrieben ist. Artikel 35 Schutz personenbezogener Daten (1)  Die Mitgliedstaaten wenden bei der Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß dieser Verordnung in den Mitgliedstaaten die Bestimmungen der Richtlinie 95/46/EG an. (2)  Die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen dieser Verordnung und der Richtlinie 2006/43/ EG durch den Ausschuss der Aufsichtsstellen, die ESMA, die EBA und die EIOPA.

KAPITEL IV Zusammenarbeit mit Behörden aus Drittländern und mit internationalen Organisationen und Stellen Artikel 36 Vereinbarung über Informationsaustausch (1) Die zuständigen Behörden können mit den zuständigen Behörden von Drittländern Kooperationsvereinbarungen, die den Austausch von Informationen vorsehen, nur insoweit treffen, als der Schutz des Berufsgeheimnisses hinsichtlich der mitgeteilten Informationen in den betreffenden Drittländern mindestens ebenso gut gewährleistet ist wie nach den Artikeln 22 und 34 gefordert. Die zuständigen Behörden unterrichten den Aus-

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§ 25 Anhang APRL und APVO schuss der Aufsichtsstellen und die Kommission unverzüglich über diese Vereinbarungen. Ein Informationsaustausch im Rahmen dieses Artikels findet nur statt, wenn er für die Wahrnehmung der Aufgaben der zuständigen Behörden im Rahmen dieser Verordnung erforderlich ist. Umfasst ein solcher Informationsaustausch die Übermittlung personenbezogener Daten in ein Drittland, so wenden die Mitgliedstaaten die Richtlinie 95/46/EG und der Ausschuss der Aufsichtsstellen die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 an. (2) Die zuständigen Behörden arbeiten bei Qualitätssicherungsprüfungen und Untersuchungen von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften mit den zuständigen Behörden oder anderen relevanten Stellen von Drittländern zusammen. Auf Verlangen einer zuständigen Behörde trägt der Ausschuss der Aufsichtsstellen zu dieser Zusammenarbeit und zur Konvergenz der Aufsichtspraktiken mit Drittländern bei. (3)  Betreffen die Zusammenarbeit oder der Informationsaustausch Prüfungsarbeitspapiere oder andere im Besitz von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften befindliche Unterlagen, so gilt Artikel 47 der Richtlinie 2006/43/EG. (4) Der Ausschuss der Aufsichtsstellen erstellt Leitlinien über den Inhalt der Kooperationsvereinbarungen und des Informationsaustauschs gemäß dem vorliegenden Artikel. Artikel 37 Offenlegung von Informationen aus Drittländern Die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats darf die von der zuständigen Behörde eines Drittlandes erhaltenen vertraulichen Informationen, soweit dies in einer Kooperationsvereinbarung vorgesehen ist, nur mit ausdrücklicher Zustimmung der zuständigen Behörde, die die Informationen übermittelt hat, und gegebenenfalls nur für die Zwecke, für die diese zuständige Behörde ihre Zustimmung erteilt hat, oder dann bekanntgeben, wenn die Bekanntgabe nach Unionsrecht oder nationalem Recht vorgeschrieben ist. Artikel 38 Offenlegung von Informationen gegenüber Drittländern Die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats verlangt, dass vertrauliche Informationen, die sie einer zuständigen Behörde eines Drittlands übermittelt hat, von dieser zuständigen Behörde nur mit ausdrücklicher vorheriger Zustimmung der zuständigen Behörde, die die Informationen übermittelt hat, im Einklang mit dem geltenden nationalen Recht

und nur für die Zwecke, für die die zuständige Behörde des Mitgliedstaats ihre Zustimmung erteilt hat, oder dann bekanntgegeben werden dürfen, wenn die Bekanntgabe nach Unionsrecht oder nationalem Recht vorgeschrieben ist oder für ein gerichtliches Verfahren in dem betreffenden Drittland erforderlich ist. Artikel 39 Ausübung der Befugnisübertragung (1) Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechts­ akte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen. (2) Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 9 wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem 16. Juni 2014 übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums. (3) Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 9 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt. (4) Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat. (5)  Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 9 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert. Artikel 40 Überprüfung und Berichterstattung (1) Die Kommission überprüft die Tätigkeit und die Wirksamkeit des Systems der Zusammenarbeit zwischen zuständigen Behörden im Rahmen

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§ 25 Anhang APRL und APVO

des Ausschusses der Aufsichtsstellen gemäß Artikel 30, insbesondere im Hinblick auf die Wahrnehmung der Aufgaben des Ausschusses der Aufsichtsstellen gemäß Artikel 30 Absatz 7, und erstattet Bericht darüber. (2) Bei der Überprüfung werden internationale Entwicklungen berücksichtigt, wobei insbeson­ dere die Verstärkung der Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden von Drittländern und der Beitrag zur Verbesserung der Mechanismen der Zusammenarbeit hinsichtlich der Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften von Unternehmen von öffentlichem Interesse, die zu internationalen Prüfungsnetzwerken gehören, gebührend zu berücksichtigen sind. Die Kommission schließt ihre Überprüfung bis zum 17. Juni 2019 ab. (3)  Der Bericht wird dem Europäischen Parlament und dem Rat gegebenenfalls zusammen mit einem Gesetzgebungsvorschlag unterbreitet. Dieser Bericht beleuchtet die Fortschritte im Bereich der Zusammenarbeit zwischen zuständigen Behörden im Rahmen des Ausschusses der Aufsichtsstellen ab dem Beginn der Anwendung dieses Rahmens und schlägt weitere Maßnahmen zur Förderung der Wirksamkeit der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten vor. (4)  Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 17. Juni 2028 einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung vor. Artikel 41 Übergangsbestimmungen (1)  Ab dem 17. Juni 2020 erteilt oder erneuert ein Unternehmen von öffentlichem Interesse kein Prüfungsmandat mit einem bestimmten Abschlussprüfer oder einer bestimmten Prüfungsgesellschaft, wenn dieser Abschlussprüfer oder diese Prüfungsgesellschaft diesem Unternehmen von öffentlichem Interesse zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung während 20 und mehr aufeinanderfolgenden Jahren Prüfungsleistungen erbracht hat. (2)  Ab dem 17. Juni 2023 erteilt oder erneuert ein Unternehmen von öffentlichem Interesse kein Prüfungsmandat mit einem bestimmten Ab-

schlussprüfer oder einer bestimmten Prüfungsgesellschaft, wenn dieser Abschlussprüfer oder diese Prüfungsgesellschaft diesem Unternehmen von öffentlichem Interesse zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung während elf und mehr, aber weniger als 20 aufeinanderfolgenden Jahren Prüfungsleistungen erbracht hat. (3)  Unbeschadet der Absätze 1 und 2 können die Prüfungsmandate, die vor dem 16. Juni 2014 erteilt wurden und die zum 17. Juni 2016 noch bestehen, bis zum Ablauf der in Artikel 17 Absatz 1 Unterabsatz 2 oder in Artikel 17 Absatz 2 Buch­ stabe b genannten Höchstlaufzeit wahrgenommen werden. Artikel 17 Absatz 4 findet Anwendung. (4) Artikel 16 Absatz 3 gilt für Prüfungsmandate nur nach Ablauf des Zeitraums gemäß Artikel 17 Absatz 1 Unterabsatz 2. Artikel 42 Einzelstaatliche Vorkehrungen Die Mitgliedstaaten treffen alle geeigneten Vorkehrungen, um die wirksame Anwendung dieser Verordnung zu gewährleisten. Artikel 43 Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG Der Beschluss 2005/909EG wird aufgehoben. Artikel 44 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Sie gilt ab dem 17. Juni 2016. Artikel  16 Absatz  6 gilt jedoch ab dem 17. Juni 2017. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

§ 26 GesRRL VI: Die frühere Zweigniederlassungs-RL (ZNRL)

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§ 26 GesRRL VI: Die frühere Zweigniederlassungs-RL (ZNRL) RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46 Literatur: Bönner, Maximilian, Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften in der notariellen Praxis, RNotZ 2015, 253; Eidenmüller, Horst/Rehberg, Markus, Rechnungslegung von Auslandsgesellschaften, ZVglRWiss 105 (2006) 427; García, Rafael Arenas, Rechnungslegungspflichten der Zweigniederlassungen von ausländischen Gesellschaften, RIW 2000, 590; Hahnefeld, Ute, Neue Regelungen zur Offenlegung bei Zweigniederlassungen – Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Elften gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinie –, DStR 1993, 1596; Heidinger, Andreas, Der „ständige Vertreter“ der Zweigniederlassung einer ausländischen Kapitalgesellschaft, MittBayNot 1998, 72; Heinze, Stefan, Einreichungs- und Nachweispflichten bei nachträglichen Handelsregisteranmeldungen betreffend Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften, RNotZ 2009, 586; Henselmann, Klaus/Kaya, Devrimi/ Meichelbeck, Hugo, Vermeidung der Jahresabschlusspublizität durch Auslandsgesellschaften. Das Zweigniederlassungsmodell als strategischer Handlungsansatz, ZCG 2010, 100; Kettler, Joachim, Die Offenlegungspflichten für Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen, 2002; Kindler, Peter, Neue Offenlegungspflichten für Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften – Zur Umsetzung der Elften gesellschaftsrechtlichen Richtlinie der EG in deutsches Recht, NJW 1993, 3301; Plesse, Frank, Neuregelung des Rechts der Offenlegung von Zweigniederlassungen. Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Elften gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinie in deutsches Recht, DStR 1993, 133; Schmidt, Jessica, Innovation durch „Innoventif“? Die EuGH-Entscheidung „Innoventif“ und die Eintragung der Zweigniederlassung einer englischen Limited ins deutsche Handelsregister, NZG 2006, 899; Seibert, Ulrich, Die Umsetzung der Zweigniederlassungs-Richtlinie der EG in deutsches Recht, GmbHR 1992, 738; ders., Neuordnung des Rechts der Zweigniederlassung im HGB, DB 1993, 1705; Voigt, Eurydice, Das Handelsrecht der Zweigniederlassung, 2010. Rechtsprechung: EuGH: EuGH v. 22.11.1978, Somafer SA ./. Saar-Ferngas AG, 33/78, ECLI:EU:C:1978:205 EuGH v. 10.7.1986, Segers ./. Bestuur van de Bedrijfsvereniging voor Bank- en Verzekeringswezen, Groothandel en Vrije Beroepen, 79/85, ECLI:EU:C:1986:308 EuGH v. 9.3.1999, Centros, C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126 EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512 EuGH v. 1.6.2006, Innoventif Limited, C-453/04, ECLI:EU:C:2006:361 EuGH v. 26.9.2013, Texdata, C-418/11, ECLI:EU:C:2013:588 Nationale Gerichte: LG Gießen v. 22.11.2004 – 6 T 23/04, DB 2005, 2808 BGH v. 14.3.2005 − II ZR 5/03, NJW 2005, 1648 OLG Hamm v. 28.6.2005 − 15 W 159/05, NZG 2005, 930 ThürOLG v. 9.9.2005 − 6 W 302/05, DNotZ 2006, 153 OLG Frankfurt v. 29.12.2005 − 20 W 315/05, ZIP 2006, 333 OLG Düsseldorf v. 21.2.2006 − I 3 Wx 210/05, NZG 2006, 317 LG Chemnitz v. 8.3.2006 − 2 HK T 431/05, NZG 2006, 517 ThürOLG v. 9.3.2006 − 6 W 639/05, ZIP 2006, 708, 711

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§ 26 GesRRL VI: Die frühere Zweigniederlassungs-RL (ZNRL)

OLG München v. 4.5.2006 – 31 Wx 023/06, NZG 2006, 512 OLG Celle v. 1.12.2006 − 9 W 91/06, ZIP 2007, 71 BGH v. 7.5.2007 − II ZB 7/06, NJW 2007, 2328, 2330 OLG Schleswig v. 9.1.2008 − 2 W 278/07, GmbHR 2008, 1042 OLG München v. 14.2.2008 − 31 Wx 67/07, NZG 2008, 342 OLG Düsseldorf v. 26.10.2009 – 3 Wx 142/09, NZG 2009, 1355 LG Bonn BeckRS v. 29.08.2013 – 12 T 309/13, BeckRS 2013, 17332

I.  Genese und Ratio 26

1.  Historie, Inhalt und Grundgedanken im Überblick

26.1 Die RL-Vorgaben für Zweigniederlassungen, die ursprünglich in der 11. (Zweigniederlassungs-)RL (ZNRL) enthalten waren und nun in die GesRRL integriert wurden, komplettieren das durch die Art. 13 ff. GesRRL (G Art. 1 ff. PubRL, → 18), die Art. 3 f. GesRRL (G Art. 2 f. KapRL, → 19.18) und die EU-Bilanz-RL (→ 23) begründete europäische Publizitätssystem durch Etablierung harmonisierter Offenlegungsstandards auch für Zweigniederlassungen.1 Damit trägt der europäische Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass die Gesellschaften ihre sekundäre Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) nicht nur durch die Gründung von Tochtergesellschaften, sondern auch von Zweigniederlassungen ausüben dürfen (→ 4.15), diese jedoch − anders als Tochtergesellschaften, die selbst Gesellschaften i.S.d. Anhang II GesRRL (G Art. 1 PubRL) sowie der EU-Bilanz-RL sind − von den durch diese Richtlinien etablierten Publizitätspflichten nicht erfasst werden.2 26.2 Der erste RL-Entwurf wurde von der Kommission bereits am 23.7.1986 präsentiert3. Aufgrund einer Reihe von Änderungswünschen seitens des EWSA4 und des EP5 legte

1 Vgl. Habersack/Verse § 5 Rn. 47; Schwarz Rn. 370. 2  Vgl. ErwG 14–16 GesRRL (G 3–6 ZNRL); KOM(86) 397, S. 3; Habersack/Verse § 5 Rn. 47; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 232; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 138. 3  Vorschlag für eine elfte RL des Rates aufgrund von Art. 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen gegründet werden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, 23.7.1986, KOM(86) 397 = BT-Drs. 10/6066. 4  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses v. 24.9.1987 zu „Vorschlag für eine 11. RL des Rates aufgrund von Art. 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen gegründet werden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen“, ABlEG v. 30.11.1987, C 319/61. 5  Legislative Entschließung mit der Stellungnahme des EP v. 18.11.1987 gemäß Artikel 149 Absatz 2 Buchstabe a) EWG-Vertrag zu dem Vorschlag der Kommission an den Rat für eine Elfte RL aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages ueber die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechstformen gegruendet werden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, ABlEG v. 21.12.1987, C 345/76.

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die Kommission am 28.3.1988 einen geänderten6 und am 16.11.1989 einen nochmals überprüften7 RL-Entwurf vor, auf Basis dessen der Rat die RL dann − gemeinsam mit der EpGRL (→ 27) − am 21.12.1989 verabschiedete8. Durch das EWR-Abkommen wurde ihr Anwendungsbereich m.W.v. 1.1.1994 bzw. 1.5.19959 auch auf die EWRStaaten ausgedehnt.10 Durch die Harmonisierung der Offenlegungspflichten für Zweigniederlassungen 26.3 verfolgen die RL-Bestimmungen zu Zweigniederlassungen ein doppeltes Schutzziel:11 Einerseits soll hiermit die Ausübung der Niederlassungsfreiheit mittels der Einrichtung von Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten erleichtert werden, da Unternehmen nun europaweit vergleichbare Standards erwarten können.12 Andererseits soll aber auch gewährleistet werden, dass Dritte, die nicht mit einer Tochtergesellschaft, sondern über eine Zweigniederlassung mit einer ausländischen Gesellschaft in Kontakt treten, ebenfalls einen hinreichenden Schutz durch Publizität genießen.13 2.  Änderungen Durch die BRIS-RL14 erfolgten Modifikationen (→ 26.75, 26.95) zur Integration der 26.4 Zweigniederlassungspublizität in das neue Business Registers Interconnection System   6  Geänderter Vorschlag für eine elfte RL des Rates aufgrund von Art. 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen gegründet werden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, 28.3.1988, KOM(88) 153.   7  Überprüfter Vorschlag für eine Elfte RL des Rates aufgrund von Art. 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen gegründet werden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, 16.11.1989, KOM(89) 528 = ABlEG v. 8.12.1989, C 309/9.   8  Elfte RL 89/666/EWG des Rates vom 21.12.1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, ABlEG v. 30.12.1989, L 395/36.    9  Für Island und Norwegen (sowie für Finnland, Österreich, Schweden, die aber inzwischen zur EU gehören) zum 1.1.1994, für Liechtenstein zum 1.5.1995. 10  Vgl. Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum − Anhang XXII, Nr. 8 (ABlEG v. 3.1.1994, L 1/3). 11  Vgl. OLG Düsseldorf NZG 2009, 1355, 1356; Cordewener in: Schön (Hrsg.), Rechnungslegung und Wettbewerbsschutz im deutschen und europäischen Recht, 2008, S. 105, 154; Grundmann Rn. 816; Habersack/Verse § 5 Rn. 48; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 232; Leible/Hoffmann EuZW 2003, 677, 678. 12  Vgl. ErwG 15 GesRRL (G ErwG 5 ZNRL); KOM(86) 397, S. 4; s. zudem auch EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512, Rn. 68; s. ferner die Nachweise in Fn. 11. 13  Vgl. ErwG 16 GesRRL (G ErwG 6 ZNRL); KOM(86) 397, S. 4; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 137; s. ferner die Nachweise in Fn. 12. 14  RL 2012/17/EU des EP und des Rates vom 13.6.2012 zur Änderung der RL 89/666/EWG des Rates sowie der RL 2005/56/EG und 2009/101/EG des EP und des Rates in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern, ABlEU v. 16.6.2012,

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(BRIS) (→ 18.7, 18.17). Dadurch soll gewährleistet werden, dass eine klare Verbindung zwischen dem Register einer Gesellschaft und den Registern ihrer Zweigniederlassungen besteht, um so Diskrepanzen zwischen diesen Registern und hieraus resultierende Rechtsunsicherheit zu verhindern.15 Hintergrund ist, dass es in der Praxis häufig vorkam, dass die Auflösung, Löschung oder Insolvenz der Gesellschaft dem Register der Zweigniederlassung nicht mitgeteilt wurde; Erhebungen zufolge stand hinter rund 15 % der Zweigniederlassungen keine existierende Gesellschaft.16 3.  Integration in die GesRRL 26.5 Mit Wirkung v. 20.7.2017 wurden die Bestimmungen der ZNRL zusammen mit denjenigen der früheren PubRL (→ 18), KapRL (→ 19), FusRL (→ 20), SpRL (→ 21) und CBMD (→ 22) in der neuen Gesellschaftsrechts-RL (GesRRL)17 kodifziert, → 5.73, 18.8. 4.  Umsetzung in Deutschland 26.6 In Deutschland wurde die ZNRL m.W.v. 1.11.1993 − und damit verspätet (die Umsetzung hätte bis spätestens 1.1.1993 erfolgen müssen, vgl. Art. 16 Abs. 2 ZNRL) − durch das ZNRL-Gesetz v. 23.7.199318 umgesetzt, wobei die Gelegenheit genutzt wurde, die bis dato über mehrere Gesetze verstreuten19 Vorschriften über Zweigniederlassungen in den §§ 13 ff. HGB zu konsolidieren.20 Die Vorgaben der RL erforderten aber auch auf materieller Ebene erhebliche Änderungen: Speziell der Rechtsrahmen für inländische Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften wurde durch die damals geschaffenen §§ 13d–13g, 325a, 335 S. 1 Nr. 7 (heute: Abs. 1 S. 1 Nr. 2) HGB, § 80 Abs. 4 AktG, § 35a Abs. 4 GmbHG komplett neu gestaltet.21 Die damals neu eingeführten Vorschriften wurden inzwischen jedoch bereits vielfach – wenngleich jeweils nur punktuell − novelliert; zuletzt insbesondere durch das EHUG22 (→ 18.9, 26.41, L 156/1. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 5; Kilian, FGPrax 2012, 185 ff.; Ries ZIP 2013, 866 ff. 15  Vgl. ErwG 15 BRIS-RL. 16  Vgl. KOM(2011) 79, S. 5 f. 17  RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46. 18  Gesetz zur Durchführung der Elften gesellschaftsrechtlichen RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften und über Gebäudeversicherungsverhältnisse v. 22.7.1993, BGBl. I, 1282. 19  §§ 13–13c HGB a.F., §§ 42–44 AktG a.F., § 12 GmbHG a.F. 20  Vgl. BegrRegE z. ZNRL-Gesetz, BT-Drs. 12/3908; Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 107; Kindler NJW 1993, 3301, 3302; Seibert GmbHR 1992, 738, 739; Voigt S. 32. 21  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 107. 22  Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) v. 10.11.2006, BGBl. I, S. 2553.

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26.50, 26.77, 26.79, 26.98), das MoMiG23 (→ 26.21, 26.29, 26.36, 26.46), das HGBÄnderungsgesetz 201324 und das TrRLÄndUG (→ 36.45). An der Grundsystematik25 hat sich jedoch nichts geändert: Die Grundnorm des § 13d HGB enthält allgemeine Vorschriften für alle Zweigniederlassungen eines Rechtsträgers mit Sitz im Ausland (geht also insoweit über den Anwendungsbereich der RL [→ 26.7 ff.] hinaus). Diese werden in § 13e HGB durch Sonderregelungen „erster Ebene“ für Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften ergänzt. §§ 13f, 13g HGB normieren dann auf einer zweiten Ebene Sonderbestimmungen für Zweigniederlassungen von AG, KGaA26 und SE27 (§ 13f HGB) bzw. von GmbH (§ 13g HGB). Nicht in die §§ 13d–13g HGB, sondern systematisch stimmig in den jeweiligen Regelungskontext integriert sind allerdings die Sondervorschriften betreffend die Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen (§§ 325a, 335–335b HGB) und die Angaben auf Geschäftskorrespondenz (§§ 80 Abs. 4 AktG, 35a Abs. 4 GmbHG). Die BRIS-RL (→ 26.4) wurde durch das BRIS-UG (→ 18.9) umgesetzt.

II.  Anwendungsbereich 1.  Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften im EU/EWR-Gebiet (Art. 29 Abs. 1, Art. 36 Abs. 1 GesRRL [ G Art. 1 Abs. 1, 7 Abs. 1 ZNRL]) Im Einklang mit dem Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49, 54 26.7 AEUV gelten die RL-Vorgaben für Zweigniederlassungen ausschließlich für Zweigniederlassungen im Gebiet eines EU- bzw. EWR-Mitgliedstaats (vgl. Art. 29 Abs. 1, 36 Abs. 1 GesRRL [G Art. 1 Abs. 1, 7 Abs. 1 ZNRL]); nicht erfasst sind dagegen – mangels Binnenmarktrelevanz und Regelungskompetenz − solche im Gebiet von Drittstaaten. Entsprechend Art. 49, 54 AEUV erfassen die RL-Vorgaben zudem nur Zweig- 26.8 niederlassungen einer ausländischen Gesellschaft, d.h. einer Gesellschaft, die dem Recht eines anderen Staats unterliegt, als dem, in dem sich die Zweigniederlassung befindet (vgl. Art. 29 Abs. 1, 36 Abs. 1 GesRRL [G Art. 1 Abs. 1, 7 Abs. 1 ZNRL]). Die Regelung etwaiger Offenlegungspflichten von Zweigniederlassungen inländischer Gesellschaften bleibt dagegen den Mitgliedstaaten überlassen, weil man insoweit kein wirkliches Bedürfnis für eine Harmonisierung sah.28 Allerdings erfasst die

23  Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v. 23.10.2008, BGBl. I, 2026. 24  Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuchs v. 4.10.2013, BGBl. 2013, 3746. 25  Vgl. dazu auch BegrRegE z. ZNRL-Gesetz, BT-Drs. 12/3908, S. 15 ff.; Bönner RNotZ 2015, 253, 254 f.; GroßkommHGB/Koch § 13d Rn. 3; MüKoAktG/Pentz Anh § 45 AktG § 13d HGB Rn. 6; Seibert GmbHR 1992, 738, 740. 26  Vgl. § 13f Abs. 7 HGB. 27  Qua Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO (→ 45.25). 28  Vgl. KOM(86) 397, S. 3; Habersack/Verse § 5 Rn. 52, 54.

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RL zwecks Vermeidung von Diskriminierungen29 nicht nur Zweigniederlassungen von EU/EWR-Gesellschaften (Titel I Kapitel III Abschnitt 2 = Art. 29–35 GesRRL [G Art. 1–6 ZNRL], → 26.13 ff., 26.73 ff.), sondern auch solche von Gesellschaften aus Drittstaaten. Da letztere jedoch nicht den Harmonisierungsmaßnahmen des Unionsrechts unterliegen, gelten für sie Sonderregeln (Titel I Kapitel III Abschnitt 3 = Art. 36–39 GesRRL [G Art. 7–10 ZNRL], → 26.51, 26.73).30 Korrelierend mit dem Anwendungsbereich der Art. 13 ff. GesRRL [G Art. 1 ff. 26.9 PubRL, →18.10 f.) und der EU-Bilanz-RL (→ 23) beschränkt sich der Geltungsbereich der Art. 29–43 GesRRL (G  ZNRL) darüber hinaus auf Zweigniederlassungen von EU-/EWR-Gesellschaften i.S.d. Anhang II (G Anwendungsbereich der PubRL, →  18.10 f.) sowie damit vergleichbare Rechtsformen aus Drittstaaten (vgl. Art. 29 Abs. 1, 36 Abs. 1 GesRRL [G Art. 1 Abs. 1, 7 Abs. 1 ZNRL]) − sie gilt also nur für Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften. Im Hinblick auf Kapitalgesellschaften aus Drittstaaten hat der europäische Gesetzgeber aus Gründen der Praktikabilität bewusst von der Aufnahme einer Liste nach dem Vorbild des Anhang II (G  Art. 1 PubRL,→ 18.11) abgesehen (die Erstellung einer solchen wäre nicht nur äußerst aufwendig gewesen, sondern die Liste hätte auch ständig angepasst werden müssen) und stattdessen schlicht auf das Kriterium der „Vergleichbarkeit“ mit den Rechtsformen i.S.d. Anhang II (G Art. 1 PubRL, →18.10 f.) abgestellt.31 Maßgeblich dürfte insoweit – analog Art. 119 Nr. 1 lit. b GesRRL (G Art. 2 Nr. 1 lit. b CBMD, → 22.17 ff.) − sein, dass die Drittstaatengesellschaft Rechtspersönlichkeit besitzt und über ein gesondertes Gesellschaftskapital verfügt, das allein für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet. Anders als i.R.d. Art. 119 Nr. 1 lit. b GesRRL (G Art. 2 Nr. 1 lit. b CBMD) wird man allerdings hier nicht verlangen dürfen, dass die Gesellschaft nach dem für sie maßgeblichen Recht Schutzbestimmungen i.S.d. Titels I Kapitel III Abschnitt 1 (G PubRL) einhalten muss, denn Art. 37 lit. d GesRRL (G Art. 8 lit. d ZNRL, → 26.56) und Art. 38 Abs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 ZNRL, → 26.59) gehen ganz offensichtlich davon aus, dass dies ggf. nicht der Fall ist. Vor allem aber stünde es auch in eklatantem Widerspruch zur Ratio der RL, gerade solche Gesellschaften vom Anwendungsbereich auszunehmen, die auch nach ihrem Heimatrecht keinen (bzw. keinen dem EUStandard äquivalenten) Publizitätspflichten unterliegen; vielmehr muss die RL für diese erst recht gelten. Vergleichbar sind damit z.B. die japanische kabushiki kaisa32 oder die US-amerikanischen Rechtsformen der limited liability company (LLC)33 und der public corporation (Inc.)34 nach dem jeweiligen bundesstaatlichen Recht.

29  Vgl. ErwG 21 S. 1 GesRRL (G ErwG 11 S. 1 ZNRL); KOM(86) 397, S. 5. 30  Vgl. ErwG 21 S. 2 GesRRL (G ErwG 11 S. 2 ZNRL); KOM(86) 397, S. 5 f. 31  Vgl. KOM(86) 397, S. 11. 32  Seit 2006 differenziert das japanische Recht nicht mehr zwischen AG und GmbH, sondern kennt nur noch die AG (kabushiki kaisha) als reine Kapitalgesellschaft, vgl. Lutter/ Hommelhoff/Bayer Anh zu § 4a GmbHG Rn. 9 m.w.N. 33  Vgl. zu § 13e HGB: Lutter/Hommelhoff/Bayer Anh zu § 4a GmbHG Rn. 9 m.w.N. 34  Vgl. zu § 13e HGB: GroßkommHGB/Koch § 13e Rn. 11; MüKoHGB/Krafka § 13e Rn. 6.

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Der zentrale Begriff der Zweigniederlassung wird in der RL zwar nicht definiert. 26.10 Die Begründung zum ersten ZNRL-Entwurf hebt jedoch zum einen hervor, dass die Zweigniederlassung im Gegensatz zur Tochtergesellschaft keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt35 und nimmt im Übrigen explizit Bezug auf die Judikatur des EuGH36. Dieser hat in der grundlegenden Somafer-Entscheidung ausgeführt, dass mit dem Begriff der Zweigniederlassung „ein Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gemeint [ist], der auf Dauer als Außenstelle eines Stammhauses hervortritt, eine Geschäftsführung hat und sachlich so ausgestattet ist, dass er in der Weise Geschäfte mit Dritten betreiben kann, dass diese, obgleich sie wissen, dass möglicherweise ein Rechtsverhältnis mit dem im Ausland ansässigen Stammhaus begründet wird, sich nicht unmittelbar an dieses zu wenden brauchen“37. In den Rs. Segers, Centros (→ 7.19 ff.) und Inspire Art (→ 7.27 ff.) hat der Gerichtshof zudem klargestellt, dass eine Zweigniederlassung i.S.d. Art. 49, 54 AEUV bzw. der RL auch dann vorliegt, wenn die Gesellschaft ihre Tätigkeit hauptsächlich oder ausschließlich von dort aus ausübt, es sich also faktisch um die Hauptniederlassung handelt.38 2.  Beschränkung auf registerrechtliche Offenlegungspflichten Der Regelungsbereich der Art. 29–43 GesRRL (G  ZNRL) beschränkt sich − korre- 26.11 lierend mit Art. 14 ff. GesRRL (G Art. 2 ff. PubRL, → 18.13 ff.), Art. 3 f. GesRRL (G  Art. 2 f. KapRL, → 19.18 ff.), Art. 30 ff. EU-Bilanz-RL (→ 23.57 ff.) (zur „Ergänzungsfunktion“ der RL-Vorgaben zu Zweigniederlassungen → 26.1) − auf registerrechtliche Offenlegungspflichten zum Zwecke der Schaffung von Transparenz über gesellschaftsrechtliche Verhältnisse. ErwG 22 GesRRL (G ErwG 12 ZBRL) stellt explizit klar, dass Informationspflichten, denen die Zweigniederlassungen aufgrund anderer Vorschriften unterliegen, unberührt bleiben und nennt insoweit beispielhaft sozialrechtliche, steuerrechtliche und statistische Informationspflichten.39

35  Vgl. KOM(86) 397, S. 2. 36  Vgl. KOM(86) 397, S. 1. 37 Grundlegend: EuGH v. 22.11.1978, Somafer SA ./. Saar-Ferngas AG, 33/78, ECLI:EU:C:1978:205, Rn. 12; s. ferner EuGH v. 18.3.1981, Blanckaert & Willems ./. Trost, 139/80, ECLI:EU:C:1981:70, Rn. 9 ff.; EuGH v. 6.4.1995, Lloyd’s Register of Shipping ./. Campenon Bernard, C-439/93, ECLI:EU:C:1995:104, Rn. 18 f.; EuGH v. 19.7.2012, Mahamdia, C-154/11, ECLI:EU:C:2012:491, Rn. 48. 38  EuGH v. 10.7.1986, Segers ./. Bestuur van de Bedrijfsvereniging voor Bank- en Verzekeringswezen, Groothandel en Vrije Beroepen, 79/85, ECLI:EU:C:1986:308, Rn. 16; EuGH v. 9.3.1999, Centros, C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126, Rn. 29; EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512, Rn. 96. 39 Vgl. auch EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512, Rn. 69; Grundmann Rn. 829 Fn. 26.

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III.  Offenlegungspflichten 1.  Regelungskonzeption 26.12 Wie bereits oben (→ 26.8) ausgeführt, differenziert die RL hinsichtlich der Offenlegungspflichten zwischen Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus EU/EWRMitgliedstaaten (Titel I Kapitel III Abschnitt 2 = Art. 29–35 GesRRL [G  Art. 1–6 ZNRL], → 26.13 ff.) und solchen aus Drittstaaten (Titel I Kapitel III Abschnitt 3 = Art. 36–39 GesRRL [G Art. 7–10 ZNRL], → 26.51 ff.). Grund ist, dass die RL hinsichtlich ersterer weitgehend auf der Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften durch die Art. 14 ff. GesRRL (G Art. 2 ff. PubRL, → 18), die Art. 3 f. GesRRL (G Art. 2 f. KapRL, → 19.18) und die EU-Bilanz-RL (→ 23) aufbauen konnte, was bei letzteren naturgemäß nicht möglich war.40 Inhaltlich und konzeptionell laufen die Offenlegungsregelungen für Zweigniederlassungen aus EU/EWR-Mitgliedstaaten und solchen aus Drittstaaten allerdings weitgehend parallel: Im Hinblick auf die Publizitätsinstrumente, das Sprachenregime und die Publizitätswirkungen sind die Regelungen nahezu identisch und können daher gemeinsam dargestellt werden (→ 26.72 ff.); lediglich bezüglich der Publizitätsobjekte bestehen in einigen Punkten signifikante Abweichungen.41 2.  Publizitätsobjekte a)  Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus EU/EWR-Mitgliedstaaten (Art. 30 GesRRL [ G Art. 2 ZNRL]) aa)  Abschließender Katalog von Publizitätsobjekten 26.13 In Bezug auf Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus EU/EWR-Mitgliedstaaten differenziert Art. 30 GesRRL (G  Art. 2 ZNRL) hinsichtlich der Publizitätsobjekte zwischen solchen, die obligatorisch offengelegt werden müssen (Art. 30 Abs. 1 GesRRL [G Art. 2 Abs. 1 ZNRL], → 26.15 ff.) und solchen, hinsichtlich derer es dem Mitgliedstaat, in dem sich die jeweilige Zweigniederlassung befindet, freisteht, ob er eine Offenlegung verlangt (Art. 30 Abs. 2 GesRRL [G Art. 2 Abs. 2 ZNRL], → 26.39 ff.). Wie der EuGH in der Rs. Inspire Art ausdrücklich klargestellt hat, ist der durch Art. 30 GesRRL (G Art. 2 ZNRL) etablierte Katalog abschließend.42 Dies war nicht nur be-

40  Vgl. ErwG 21 S. 2 GesRRL (G ErwG 11 S. 2 ZNRL); KOM(86) 397, S. 5 f. 41  Vgl. auch Grundmann Rn. 826, 832. 42  EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512, Rn. 67 ff.; vgl. weiter OLG Hamm NZG 2005, 930, 931; OLG Frankfurt ZIP 2006, 333, 334; Bönner RNotZ 2015, 253, 254; Edwards S. 214; Eidenmüller/Rehberg ZVglRWiss 105 (2006) 427, 431, 436; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 238; Kettler, Die Offenlegungspflichten für Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen, 2002, S. 40; Leible/Hoffmann EuZW 2003, 677, 680; K. Schmidt, in: Lutter (Hrsg.), Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland,

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reits in der Begründung zum ersten ZNRL-Entwurf ausdrücklich betont worden43, sondern ergibt sich auch eindeutig aus Wortlaut und Systematik der Norm. Denn zum einen ist Art. 30 GesRRL (G  Art. 2 ZNRL) – anders als die Parallelvorschrift des Art. 37 GesRRL (G Art. 8 ZNRL, → 26.51) − gerade nicht als Mindestregelung formuliert44. Zum anderen würde die explizite Differenzierung zwischen obligatorischen (Abs. 1) und optionalen Publizitätsgegenständen (Abs. 2) keinen Sinn ergeben, wenn es den Mitgliedstaaten freistünde, darüber hinaus noch die Offenlegung weitergehender Angaben zu fordern.45 Im Übrigen gebietet insbesondere auch die Ratio der Norm − die Erleichterung der Ausübung der Niederlassungsfreiheit mittels der Einrichtung von Zweigniederlassungen durch Etablierung einheitlicher Offenlegungsstandards (→ 26.3) − die Annahme einer erschöpfenden Regelung.46 Abschließend ist der Katalog andererseits aber nach Wortlaut, Systematik, Genese 26.14 und Ratio nur im Hinblick auf Angaben, deren Offenlegung den Zweigniederlassungen von dem jeweiligen Mitgliedstaat vorgeschrieben werden muss (Art. 30 Abs. 1 GesRRL [G Art. 2 Abs. 1 ZNRL]) bzw. darf (Art. 30 Abs. 2 GesRRL [G Art. 2 Abs. 2 ZNRL]). Weitergehenden nationalen Regelungen, die es einer Zweigniederlassung lediglich gestatten, im eigenen Interesse und/oder im Interesse der Gläubiger freiwillig weitere Angaben offenzulegen, steht die ZNRL dagegen nicht entgegen.47 bb)  Obligatorische Publizitätsobjekte (Art. 30 Abs. 1 GesRRL [ G Art. 2 Abs. 1 ZNRL]) Bei den obligatorischen Publizitätsobjekten lassen sich zwei Kategorien unter­ 26.15 scheiden:48 (1) diejenigen, die die Gesellschaft selbst betreffen (→ 26.16 ff.) und (2) diejenigen, die die Zweigniederlassung betreffen (→ 26.28). (1)  Betreffend die Gesellschaft selbst Die die Gesellschaft selbst betreffenden obligatorischen Publizitätsobjekte beschrän- 26.16 ken sich auf die zentralen Grunddaten und Unterlagen. Denn da eine umfassende Publizität insoweit bereits durch Art. 14 ff. GesRRL (G Art. 2 ff. PubRL, → 18.13 ff.) − ergänzt durch Art. 30 ff. EU-BilanzRL (→ 23.57 ff.) sowie für AG durch Art. 3 f. GesRRL (G Art. 2 f. KapRL, → 19.18 ff.) − gewährleistet ist, konnte die RL insoweit hierauf aufbauen: Bei der Zweigniederlassung ist daher nicht mehr eine (nochmalige) 2005, S. 15, 22; Schmidt-Kessel/Leutner/Müther/Schmidt-Kessel Einl. Rn. 35; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 141. 43  Vgl. KOM(86) 397, S. 9. 44 Vgl. Edwards S. 214; Leible/Hoffmann EuZW 2003, 677, 680. 45  Vgl. EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512, Rn. 70. 46  Vgl. KOM(86) 397, S. 9; EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512, Rn. 69. 47  Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 238. 48  Vgl. KOM(86) 397, S. 7 ff.; Grundmann Rn. 829.

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komplette Offenlegung sämtlicher nach den genannten Unionsrechtsakten publizitätspflichtiger Angaben, sondern nur noch der wesentlichen Grund- und Eckdaten erforderlich.49 (a)  Firma und Rechtsform (Art. 30 Abs. 1 lit. d Hs. 1 GesRRL [G Art. 2 Abs. 1 lit. d Hs. 1 ZRNL]); Register- und Registernummer (Art. 30 Abs. 1 lit. c GesRRL [ G Art. 2 Abs. 1 lit. c ZNRL]) 26.17 Um überhaupt eine Identifikation der Gesellschaft zu ermöglichen, ist als Grundinformation gem. Art. 30 Abs. 1 lit. d Hs. 1 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. d Hs. 1 ZNRL) zunächst die Angabe von Firma und Rechtsform erforderlich. Anknüpfend an die Titel I Kapitel III Abschnitt 1 GesRRL (G Art. 2 ff. PubRL) muss zudem das Register, bei dem die in Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL) bezeichnete Akte (→ 18.14 ff.) für die Gesellschaft angelegt worden ist, und die entsprechende Registernummer offengelegt werden (Art. 30 Abs. 1 lit. c GesRRL [G Art. 2 Abs. 1 lit. c ZNRL]). Anhand dieser zentralen „Schlüsselinformationen“ kann sich der mit der Zweigniederlassung in Kontakt Tretende dann ggf. über das Register weitere Informationen über die Gesellschaft verschaffen.50 26.18 Im deutschen Recht sind diese Vorgaben heute in § 13f Abs. 3 HGB (AG, KGaA, SE) bzw. § 13g Abs. 3 HGB (GmbH) i.V.m. § 13e Abs. 2 S. 5 Nr. 1 (Register und Registernummer) u. Nr. 2 (Rechtsform) HGB sowie § 13f Abs. 3 HGB i.V.m. § 39 Abs. 1 S. 1 AktG (Firma AG, KGaA, SE) und § 13g Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 S. 1 GmbHG (Firma GmbH) umgesetzt. (b)  Angaben zu Vertretungsorganen (Art. 30 Abs. 1 lit. e Sps. 1 GesRRL [ G Art. 2 Abs. 1 lit. e Sps. 1 ZNRL]) 26.19 Offenzulegen sind nach Art. 30 Abs. 1 lit. e Sps. 1 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. e Sps. 1 ZNRL) weiterhin die Bestellung, das Ausscheiden und die Personalien (→ 18.33, 18.36) derjenigen, die als gesetzlich vorgeschriebenes Organ oder als Mitglied eines solchen Organs zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der Gesellschaft befugt sind. Da die Offenlegung „gemäß der Offenlegung ... nach [Art. 14 lit. d GesRRL/ Art. 2 lit. d PubRL]“ zu erfolgen hat, ist auch anzugeben, ob Einzel- oder Gesamtvertretungsbefugnis besteht.51 Diese Informationen werden zwar gem. Art. 14 lit. d GesRRL (G Art. 2 lit. d PubRL, → 18.33 ff.) ohnehin für die Gesellschaft über deren Register offengelegt; da die Kenntnis der vertretungsberechtigten Personen jedoch speziell auch für Dritte, die über die Zweigniederlassung mit der Gesellschaft in Kontakt treten, von eminenter Bedeutung ist, erschien dem europäischen Gesetzgeber hier 49  Vgl. ErwG 18 GesRRL (G ErwG 8 ZNRL); KOM(86) 397, S. 8 f. 50  Vgl. auch Grundmann Rn. 829. Ein ähnliches Konzept liegt etwa auch Art. 26 GesRRL (G Art. 5 PubRL) zugrunde, → 18.25 f. 51 Vgl. Edwards S. 215 Fn. 31.

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eine (nochmalige) spezielle Offenlegung auch über das Register der Zweigniederlassung angebracht.52 Nicht nochmals offenzulegen sind hier allerdings die nach Art. 14 lit. d Ziff. ii GesRRL (G Art. 2 lit. d Ziff. ii PubRL) erforderlichen Informationen bzgl. der Organe, die „an der Verwaltung, Beaufsichtigung oder Kontrolle der Gesellschaft“ teilnehmen; insoweit erschien die Zugänglichkeit über das Register der Gesellschaft ausreichend. Im Übrigen kann hinsichtlich der Einzelheiten auf die Ausführungen zu Art. 14 lit. d GesRRL (G Art. 2 lit. d PubRL, → 18.33 ff.) verwiesen werden. Das deutsche Recht setzt diese Vorgaben heute in § 13f Abs. 3 u. 5 HGB i.V.m. 26.20 §§ 39 Abs. 1, 81 Abs. 1 u. 2 AktG (AG, KGaA, SE) und § 13g Abs. 3 u. 5 HGB i.V.m. §§ 10 Abs. 1, 39 Abs. 1 u. 2 GmbHG (GmbH) um. Die durch das MoMiG53 neu gefassten § 13f Abs. 2 S. 2, Abs. 5 HGB i.V.m. §§ 37 26.21 Abs. 2, 81 Abs. 3 AktG (AG, KGaA, SE) bzw. § 13g Abs. 2 S. 2, Abs. 5 HGB i.V.m. §§ 8 Abs. 3, 39 Abs. 3 GmbHG verlangen zudem zusätzlich die Abgabe einer Versicherung hinsichtlich des Nichtvorliegens von Bestellungshindernissen i.S.v. § 76 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 u. 3 sowie S. 3 AktG bzw. § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 u. 3 sowie S. 3 GmbHG in der Person der Vertretungsorgane. Denn der zugleich neu eingeführte § 13e Abs. 3 S. 2 HGB erstreckt diese Bestellungshindernisse – freilich nur in Bezug auf eine inländische Zweigniederlassung − auch auf die gesetzlichen Vertreter ausländischer Gesellschaften. Damit soll – im Anschluss an ein Grundsatzurteil des BGH54 − verhindert werden, dass sie durch die Gründung sog. „Scheinauslandsgesellschaften“ unterlaufen werden55. Entgegen der im Schrifttum teilweise geltend gemachten Bedenken56 liegt hierin kein Verstoß gegen die RL57, denn der abschließende Charakter des Art. 30 GesRRL (G Art. 2 ZNRL, → 26.13) beschränkt sich – im Einklang mit dem allgemeinen Regelungsbereich der RL-Vorgaben für Zweigniederlassungen (→ 26.11) − auf registerrechtliche Offenlegungspflichten zum Zwecke der Schaffung von Transparenz über gesellschaftsrechtliche Verhältnisse. Die Versicherungspflicht bezweckt aber nicht die Schaffung von Transparenz für den Rechtsverkehr, sondern stellt lediglich eine Annex- und Durchsetzungsregelung zu den durch § 13e Abs. 3 S. 2 HGB n.F. etablierten persönlichen Anforderungen an die gesetzlichen Vertreter der ausländischen Gesellschaft für die Errichtung einer inländischen Zweigniederlassung dar und steht damit außerhalb des Regelungsbereichs der Abschnitte 2 und 3 des Titels I Kapitel III GesRRL (G ZNRL)58. Die eigentliche europarechtliche Problematik liegt vielmehr in der Frage der Vereinbarkeit der damit errichteten Zugangshindernisse mit der Niederlas-

52  Vgl. KOM(86) 397, S. 8. 53  Fn. 23. 54  BGH NJW 2007, 2328. Dazu Bayer/J. Schmidt WuB II Q. § 6 GmbHG 1.07. 55  Vgl. BegrRegE z. MoMiG, BR-Drs. 354/07, S. 113. 56 Vgl. Bauer/Großerichter NZG 2008, 253, 256 f.; Mödl RNotZ 2008, 1, 6; Wachter GmbHR 2006, 796, 798. 57  Ebenso i.e. Belgorodski/Friske WM 2011, 251, 253; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 142; Voigt S. 197 f. 58  Vgl. auch BegrRegE z. MoMiG, BR-Drs. 354/07, S. 114; ThürOLG ZIP 2006, 708, 711; Belgorodski/Friske WM 2011, 251, 253; Schmidt-Kessel/Leutner/Müther/Schmidt-Kessel § 13e HGB Rn. 22.

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sungsfreiheit gem. Art. 49, 54 AEUV.59 Insoweit liegt jedoch ebenso wenig ein Verstoß vor, denn obgleich in der Regelung unzweifelhaft eine Beschränkung liegt, ist diese doch durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses60 – nämlich den Schutz (potentieller) Gläubiger61, indem der Betrieb von Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit ungeeigneten gesetzlichen Vertretern verhindert wird − gerechtfertigt.62 (c)  Angaben im Falle von Liquidation bzw. Insolvenz etc. (Art. 30 Abs. 1 lit. f GesRRL [ G Art. 2 Abs. 1 lit. f ZNRL]) 26.22 Da auch eine etwaige Liquidation der Gesellschaft für Dritte, die mit dieser über die Zweigniederlassung in Kontakt treten, von erheblicher Bedeutung ist, gebietet der auf Vorschlag des EWSA63 ergänzte Art. 30 Abs. 1 lit. f Sps. 1 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. f Sps. 1 ZNRL) auch insoweit die nochmalige Offenlegung der gem. Art. 14 lit. h, j und k GesRRL (G Art. 2 lit. h, j und k PubRL) über das Register der Gesellschaft selbst offenzulegenden Angaben (→ 18.42) über das Register der Zweigniederlassung. Zudem ist nach dem erst in der letzten Phase des Legislativverfahrens im Rat er26.23 gänzten Art. 30 Abs. 1 lit. f Sps. 2 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. f Sps. 2 ZNRL) auch die Eröffnung eines Konkurs-, Vergleichs- oder ähnlichen Verfahrens über die Gesellschaften offenzulegen. Hierzu enthält Art. 14 GesRRL (G Art. 2 PubRL) zwar keine Komplementärregelung; eine etwaige Insolvenz erschien jedoch gleichwohl als so bedeutendes Datum, dass auch insoweit – nicht zuletzt auch mit Blick auf die Vergleichbarkeit mit einer Liquidation − eine Offenlegung geboten erschien. Zudem waren bereits damals die heutigen Regelungen des Art. 21 EuInsVO a.F. (G Art. 28 EuInsVO 2015) über die Bekanntmachung und Registereintragung einer Insolvenzeröffnung (→ 17.67) in Vorbereitung64, als deren Ergänzung die Vorschrift zu verstehen ist. Art. 30 Abs. 1 lit. f Sps. 1 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. f Sps. 1 ZNRL) wird im 26.24 deutschen Recht durch § 13f Abs. 5 HGB i.V.m. §§ 263 S. 1, 266 Abs. 1 und 2, 273 Abs. 1 S. 1 AktG (AG, KGaA, SE) und § 13g Abs. 5 HGB i.V.m. §§ 65 Abs. 1 S. 1,

59  Einen Verstoß bejahend Belgorodski/Friske WM 2011, 251, 253 ff.; Wachter GmbHR 2006, 796, 798 f.; kritisch auch MüKoHGB/Krafka § 13e Rn. 11; Oetker/Preuß § 13e HGB Rn. 61, § 13f HGB Rn. 11. 60 Zur Rechtfertigung von Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses (sog. Gebhard-Formel) → 4.40 ff. 61 Ausdrücklich vom EuGH als zwingender Grund des Allgemeininteresses anerkannt, → 4.41. 62  Vgl. auch BegrRegE z. MoMiG, BR-Drs. 354/07, S. 115; Baumbach/Hopt/Hopt § 13e HGB Rn. 3; KKRM/Roth § 13e HGB Rn. 3; Schmidt-Kessel/Leutner/Müther/SchmidtKessel § 13e HGB Rn. 70; Voigt S. 197; s. ferner auch Seibert ZIP 2006, 1157, 1168 sowie bereits BGH NJW 2007, 2328, 2330; ThürOLG ZIP 2006, 708, 711; Bayer/J. Schmidt WuB II Q. § 6 GmbHG 1.07; Eidenmüller/Rehberg NJW 2008, 28, 30 f.; Melchior AnwBl. 2011, 20, 21; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 142. 63  Vgl. EWSA, ABlEG v. 30.11.1987, C 319/61, Ziff. 7.2. 64  Damals noch als Art. 13 f. des Entwurfs eines EG-Konkursabkommens, abgedruckt in ZIP 1992, 1197 (dazu auch bereits § 16 Rn. 1).

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67 Abs. 1 und 2, 74 Abs. 1 S. 1 GmbHG (GmbH) umgesetzt; die Offenlegungspflicht bzgl. einer etwaigen Insolvenz ergibt sich aus § 13e Abs. 4 HGB. (d)  Rechnungslegungsunterlagen (Art. 30 Abs. 1 lit. g i.V.m. Art. 31 GesRRL [ G Art. 2 Abs. 1 lit. g i.V.m. Art. 3 ZNRL]) (aa)  Allgemeines Von wesentlicher Bedeutung für Dritte, die über die Zweigniederlassung mit der 26.25 Gesellschaft in Kontakt treten, sind schließlich deren Rechnungslegungsunterlagen. Gem. Art. 30 Abs. 1 lit. g GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. g ZNRL) sind daher auch diese (nochmals) bei der Zweigniederlassung offenzulegen, allerdings gem. Art. 31 GesRRL (G Art. 3 ZNRL) nur wenn und insoweit sie nach dem Recht des Mitgliedstaats, dem die Gesellschaft unterliegt, im Einklang mit der EU-Bilanz-RL (→ 23) und der APRL (→ 25) geprüft und offengelegt worden sind. Die RL fährt damit eine angemessene und systemkonforme Kompromisslinie zwischen den vor ihrer Verabschiedung sehr unterschiedlichen nationalen Rechtsordnungen65: Sie gewährleistet einerseits die Zugänglichkeit einer dem EU-Standard entsprechenden Bilanzpublizität auch unmittelbar über die Zweigniederlassung, verlangt aber andererseits – im Gegensatz zu einigen nationalen Rechtsordnungen vor ihrer Verabschiedung − nicht die Erstellung spezieller „Zweigniederlassungsbilanzen“.66 (bb)  Sonderregeln für Kredit- und Finanzinstitute sowie Versicherungsgesellschaften (Art. 42 GesRRL [ G Art. 14 ZNRL]) Explizit ausgenommen von der Offenlegungspflicht gem. Art. 30 Abs. 1 lit. g i.V.m. 26.26 Art. 31 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. g i.V.m. Art. 3 ZNRL) sind allerdings gem. Art. 42 GesRRL (G Art. 14 ZNRL) Zweigniederlassungen von Kredit- und Finanzinstituten sowie Versicherungsgesellschaften. Für sie gelten − im Einklang mit dem generellen Regelungskonzept des europäischen Bilanzrechts − ausschließlich67 die einschlägigen

65  Vgl. dazu KOM(86) 397, S. 9 f. 66  Vgl. KOM(86) 397, S. 9 f.; s. ferner Cordewener (Fn. 11), S. 105, 155; Grundmann Rn. 830; Habersack/Verse § 5 Rn. 60; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 239; Schumann ZIP 2007, 1189, 1191. 67  Die Formulierung des Art. 42 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 14 Abs. 2 ZNRL) als Mitgliedstaatenoption erklärt sich daraus, dass die Versicherungsbilanz-RL (Fn. 70) bei Erlass der ZNRL noch nicht verabschiedet war.

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Offenlegungsvorschriften der Bankbilanz-RL68 und der ZweigniederlassungsbilanzRL69 bzw. der Versicherungsbilanz-RL70.71 (cc)  Deutsches Recht 26.27 Für das deutsche Recht war die Bilanzpublizität auch über das Register der Zweigniederlassung eine wesentliche Neuerung72; zur Umsetzung der Vorgaben der RL wurde ein neuer § 325a Abs. 1 HGB (→ 26.6, 26.60, 26.77, 26.79, 26.89) eingefügt73. Offenbar vor dem Hintergrund der damals noch generell ganz herrschenden Sitztheorie (vgl. zur diesbezüglichen Rechtsentwicklung → 7.5, 7.65 ff.;) stellt die Norm allerdings abweichend von der RL nicht auf die „Gesellschaft“, sondern auf die „Hauptniederlassung“ ab.74 Dies ist im Wege der richtlinienkonformen Auslegung zu korrigieren75, d.h. offenzulegen sind die nach dem Gesellschaftsstatut erstellten Rechnungslegungsunterlagen der Gesellschaft (wobei sich das Gesellschaftsstatut nach den allgemeinen Grundsätzen des deutschen IPR bestimmt76, → 7.65 ff.). § 325a Abs. 2 HGB nimmt Zweigniederlassungen von Kreditinstituten i.S.d. § 340 HGB sowie von Versicherungsunternehmen i.S.d. § 341 HGB ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Norm aus; für diese gelten die Sonderregelungen der § 340l Abs. 2 HGB bzw. §§ 341 Abs. 2, 341l HGB77, welche die Vorgaben der einschlägigen europäischen Spezial-RL (→ 26.26) umsetzen78.

68  RL 86/635/EWG des Rates v. 8.12.1986 über den Jahresabschluß und den konsolidierten Abschluß von Banken und anderen Finanzinstituten, ABlEG v. 31.12.1986, L 372/1. 69  RL 89/117/EWG des Rates vom 13.2.1989 über die Pflichten der in einem Mitgliedstaat eingerichteten Zweigniederlassungen von Kreditinstituten und Finanzinstituten mit Sitz außerhalb dieses Mitgliedstaats zur Offenlegung von Jahresabschlußunterlagen, ABlEG v. 16.2.1989, L 44/40. 70  RL 91/674/EWG des Rates v. 19.12.1991 über den Jahresabschluß und den konsolidierten Abschluß von Versicherungsunternehmen, ABlEG v. 31.12.1991, L 374/7. 71  Vgl. auch KOM(86) 397, S. 14; Edwards S. 214; Grundmann Rn. 824. 72  Bis dato war eine spezielle Bilanzpublizität nur für bestimmte Zweigniederlassungen ausländischer Kreditinstitute (§ 340l Abs. 2 S. 2 HGB a.F.) und Versicherungsunternehmen (§§ 106 Abs. 2, 110a Abs. 2 S. 2 und 3 VAG a.F.) verlangt worden, vgl. auch BegrRegE z. ZNRL-Gesetz, BT-Drs. 12/3908, S. 19. 73  Vgl. BegrRegE z. ZNRL-Gesetz, BT-Drs. 12/3908, S. 19. 74  Vgl. zu dieser Diskrepanz bereits García RIW 2000, 590, 596; s. ferner auch Eidenmüller/ Rehberg ZVglRWiss 105 (2006) 427, 436. 75  Vgl. auch LG Bonn BeckRS 2013, 17332; Eidenmüller/Rehberg ZVglRWiss 105 (2006) 427, 436; Schön FS Heldrich, 2005, S. 391, 394; Schumann ZIP 2007, 1189, 1191; s. ferner auch MüKoBilanzR/Drinhausen § 325a HGB Rn. 7; MüKoHGB/Fehrenbacher § 325a Rn. 11; Beck Bil-Komm/Grottel § 325a HGB Rn. 13; Baetge/Kirsch/Thiele/S. Müller § 325a HGB Rn. 7. 76  Vgl. auch Zimmer in: Ulmer (Hrsg.), HGB-Bilanzrecht, 2. Aufl. 2002, § 325a Rn. 6 ff. 77  Vgl. MüKoHGB/Fehrenbacher § 325a Rn. 25 m.w.N. 78  Vgl. BegrRegE z. BankbilanzRLG, BR-Drs. 616/89, S. 25; BegrRegE z. VersRiLiG, BRDrs. 359/93, S. 88 f. (dort § 341k HGB-E).

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(2)  Bezüglich der Zweigniederlassung (a)  Anschrift (Art. 30 Abs. 1 lit. a GesRRL [ G Art. 2 Abs. 1 lit. a ZNRL]) und ggf. Firma (Art. 30 Abs. 1 lit. d Hs. 2 GesRRL [ G Art. 2 Abs. 1 lit. d Hs. 2 ZNRL]) In Bezug auf die Zweigniederlassung ist gem. Art. 30 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 2 26.28 Abs. 1 lit. a ZNRL) zunächst als Grunddatum die Anschrift offenzulegen. Ergänzend ist zudem gem. Art. 30 Abs. 1 lit. d Hs. 2 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. d Hs. 2 ZNRL) auch die Firma der Zweigniederlassung79 offenzulegen, sofern diese nicht mit der − gem. Art. 30 Abs. 1 lit. d Hs. 1 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. d Hs. 1 ZNRL, → 26.17) offenzulegenden − Firma der Gesellschaft übereinstimmt. Das Erfordernis der mangelnden Übereinstimmung ist im Interesse eines umfassenden Schutzes durch Information weit zu verstehen; es ist insbesondere auch schon dann erfüllt, wenn die Zweigniederlassung zwar die Firma der Gesellschaft benutzt, ihr aber einen auf die Zweigniederlassung hinweisenden Zusatz beifügt80. Das deutsche Recht hat diese Vorgaben durch §§ 13d Abs. 2, 13e Abs. 2 S. 3 Alt. 1 26.29 HGB umgesetzt. § 13d Abs. 2 HGB a.F. verlangte zwar nur die Eintragung des Ortes der Zweigniederlassung, da die vollständige Anschrift jedoch nach § 13e Abs. 2 S. 3 HGB a.F. bei der Anmeldung anzugeben war und somit in der Akte hinterlegt wurde, war den Anforderungen der RL − für die Eintragung und Hinterlegung in der Akte gleichwertige Alternativen sind (→ 26.73) − genügt.81 Seit der Neufassung durch das MoMiG82 ist nun allerdings sowohl die Anmeldung83 als auch die Eintragung der „inländischen Geschäftsanschrift“ erforderlich; damit soll i.V.m. §§ 13e Abs. 3a S. 1, 15a HGB, 185 Nr. 2 ZPO n.F. im Interesse der Gläubiger die Zustellung erleichtert werden84. Entgegen teilweise geäußerter Bedenken85 ist auch dies mit der RL vereinbar86, denn Eintragung und Hinterlegung in der Akte sind eben gleichwertige Alternativen und die „Anschrift“ i.S.d. Art. 30 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. a ZNRL) ist zwingend inländisch87 (jeder Mitgliedstaat setzt die RL ja nur für die Zweignieder-

79  Das für die Firmenbildung der Zweigniederlassung maßgebliche Recht richtet sich nach den allgemeinen Regeln des IPR, die insoweit nicht harmonisiert sind. Nach deutschem Recht ist insoweit nach ganz h.M. nicht das Gesellschaftsstatut, sondern das deutsche Recht als Marktrecht maßgeblich, das allerdings im Hinblick auf Art. 49, 54 AEUV unionsrechtskonform auszulegen ist; näher Lutter/Hommelhoff/Bayer Anh zu § 4a Rn. 23 m.z.w.N. 80  Vgl. KOM(86) 397, S. 7. 81  Vgl. BegrRegE z. ZNRL-Gesetz, BT-Drs. 12/3908, S. 16. 82  Fn. 23. 83  Das „eine“ in § 13e Abs. 2 S. 3 HGB ist insoweit in richtlinienkonformer Auslegung auf „die“ (so richtig in § 13d Abs. 2 HGB) inländische Geschäftsanschrift der Zweigniederlassung zu beziehen. 84  Vgl. BegrRegE z. MoMiG, BR-Drs. 354/07, S. 112. 85 Vgl. Schwab DStR 2010, 333, 334. 86  Vgl. auch BegrRegE z. MoMiG, BR-Drs. 354/07, S. 112; Voigt S. 201; Wachter GmbHR 2006, 793, 800. 87  Vgl. auch Oetker/Preuß § 13e HGB Rn. 30; Wachter GmbHR 2006, 793, 800.

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lassungen in seinem Territorium um). Auch die EuZVO88 steht nicht entgegen, denn deren Anwendungsbereich ist auf grenzüberschreitende Zustellungen begrenzt (vgl. Art. 1 Abs. 1 S. 1 EuZVO).89 (b)  Tätigkeit der Zweigniederlassung (Art. 30 Abs. 1 lit. b GesRRL [ G Art. 2 Abs. 1 lit. b ZNRL]) 26.30 Gem. Art. 30 Abs. 1 lit. b GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. b ZNRL), der erst im zweiten ZNRL-Entwurf90 auf Wunsch des EP91 ergänzt wurde, ist weiterhin die Tätigkeit der Zweigniederlassung offenzulegen. Denn für Dritte, die über die Zweigniederlassung mit der Gesellschaft in Kontakt treten, sind auch Informationen hierüber von wesentlicher Bedeutung. Die „Tätigkeit der Zweigniederlassung“ i.S.d. konkreten geschäftlichen Aktivitäten der jeweiligen Zweigniederlassung ist insoweit streng vom „Gegenstand des Unternehmens“ (der Gesellschaft) zu trennen: Sie kann zwar mit diesem identisch sein, muss dies aber nicht (denn dann wäre das spezielle Angabeerfordernis ja auch überflüssig) und wird im Regelfall auch nur einen (kleineren oder größeren) Ausschnitt desselben bilden.92 Der Gegenstand des Unternehmens der Gesellschaft ist dagegen bei der Zweigniederlassung nur dann (nochmals) offenzulegen, wenn der jeweilige Mitgliedstaat von der Option des Art. 30 Abs. 2 lit. b GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 lit. b ZNRL, → 26.42) Gebrauch gemacht hat; ansonsten ist er zwingend nur über das Register der Gesellschaft selbst offenzulegen (als Bestandteil der Satzung gem. Art. 14 lit. a–c GesRRL [G Art. 2 lit. a–c PubRL, → 18.31] bzw. bei AG gem. Art. 3 lit. b GesRRL [G Art. 2 lit. b KapRL, → 19.22] auch separat). Im deutschen Recht wird Art. 30 Abs.1 lit. b GesRRL (G  Art. 2 Abs. 1 lit. b 26.31 ZNRL) heute durch § 13f Abs. 3 HGB (AG, KGaA, SE) und § 13g Abs. 3 HGB (GmbH), jeweils i.V.m. § 13e Abs. 2 S. 3 Alt. 2 HGB umgesetzt. (c)  Ggf. Angaben zu ständigen Vertretern der Zweigniederlassung (Art. 30 Abs. 1 lit. e Sps. 2 GesRRL [ G Art. 2 Abs. 1 lit. e Sps. 2 ZNRL]) 26.32 Art. 30 Abs. 1 lit. e Sps. 2 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. e Sps. 2 ZNRL) schreibt ferner die Offenlegung bestimmter Angaben zu ständigen Vertretern der Zweigniederlassung 88  VO (EG) Nr. 1393/2007 des EP und des Rates v. 13.11.2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten („Zustellung von Schriftstücken“) und zur Aufhebung der VO (EG) Nr. 1348/2000 des Rates, ABlEU v. 10.12.2007, L 324/79. 89  Vgl. zur Vorgängerregelung (VO (EG) 1348/2000) auch BegrRegE z. MoMiG, BR-Drs. 354/07, S. 112. S. ferner auch Hirte/Burmeister FS G. H. Roth, 2011, S. 257, 262 f. 90  Fn. 6. 91  Vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. aa EP-Entschließung (Fn. 5). 92  Vgl. OLG Schleswig GmbHR 2008, 1041; OLG Frankfurt ZIP 2006, 333, 334 f.; OLG Düsseldorf NZG 2006, 317, 318; OLG Hamm NZG 2005, 930, 391; ThürOLG DNotZ 2006, 153, 154 f.; Mankowski EWiR 2006, 145, 146; MüKoAktG/Pentz Anh. § 45 AktG § 13e HGB Rn. 26; J. Schmidt NZG 2006, 899 f.; Süß DNotZ 2005, 180, 182.

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vor. Gemeint sind – in Abgrenzung zu Art. 30 Abs. 1 lit. e Sps. 1 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. e Sps. 1 ZNRL) − Personen, die für den Bereich der Zweigniederlassung aufgrund rechtsgeschäftlich erteilter Vertretungsmacht93 zur aktiven und/oder passiven94 Vertretung der Gesellschaft befugt sind und zwar „ständig“, d.h. nicht nur für eine einmalige Handlung oder vorübergehend, sondern für eine gewisse Dauer95. Das Vertretungsstatut bestimmt sich insoweit nach den – bislang nicht harmonisierten96 – allgemeinen Regeln des IPR. Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht97 muss die Vollmacht nicht notwendig umfassend (i.S.v. grundsätzlich unbeschränkt) sein98; denn für solche „ständigen Vertreter“ existiert gerade keine dem Art. 9 GesRRL (G Art. 10 PubRL,  → 18.73 ff.) entsprechende Vorgabe. Nach dem insoweit wohl eindeutigen Wortlaut bezieht sich die Norm indes nur auf solche Bevollmächtigte, die sowohl zur gerichtlichen als auch zur außergerichtlichen Vertretung befugt sind.99 Die Regelung darf allerdings nicht dahin missverstanden werden, dass die Bestel- 26.33 lung eines „ständigen Vertreters“ i.d.S. zwingend erforderlich wäre. Sie gebietet vielmehr nur eine Offenlegung, wenn und soweit ein oder mehrere solche „ständigen Vertreter“ bestellt sind.100 Denn für Dritte, die über die Zweigniederlassung mit der Gesellschaft in Kontakt treten, besteht dann in ähnlicher Weise ein Interesse an einer entsprechenden Information wie in Bezug auf die nach Art. 30 Abs. 1 lit. e Sps. 1 GesRRL (G  Art. 2 Abs. 1 lit. e Sps. 1 ZNRL) offenzulegenden Vertretungsorgane (→ 26.19). Offenzulegen sind auch hier zunächst die Bestellung, das Ausscheiden und die 26.34 Personalien (→ 18.33, 18.36) des/der „ständigen Vertreter“. Anzugeben sind darüber hinaus aber auch ihre „Befugnisse“, d.h. der Umfang ihrer Vertretungsmacht101 und

  93 Vgl. Heidinger MittBayNot 1998, 72, 73, 75; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 239; Schwarz Rn. 377 Fn. 175; Seibert GmbHR 1992, 738, 740; zu § 13e HGB: GroßkommHGB/Koch § 13e Rn. 30; MüKoAktG/Pentz Anh. § 45 AktG § 13e HGB Rn. 31; Schäfer ZNotP 2007, 450, 451; Voigt S. 203 f.   94 Vgl. Schwarz Rn. 377 Fn. 175.  95 Vgl. Heidinger MittBayNot 1998, 72, 74; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 239; Voigt S. 204; zu § 13e HGB: MüKoAktG/Pentz Anh. § 45 AktG § 13e HGB Rn. 31.   96 Art. 1 Abs. 2 lit. g Rom I-VO schließt die Frage, ob ein Vertreter die Person, für deren Rechnung er zu handeln vorgibt, Dritten gegenüber verpflichten kann, ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Rom I-VO aus.  97 So Schwarz Rn. 377 Fn. 175.  98 Ebenso Grundmann Rn. 829 Fn. 28; Habersack/Verse § 5 Rn. 59; Heidinger MittBayNot 1998, 72, 74; Werlauff S. 221.  99 Vgl. Heidinger MittBayNot 1998, 72, 74; Seibert GmbHR 1992, 738, 740; Voigt S. 204; Werlauff S. 221. 100 Vgl. OLG München NZG 2008, 342; Heidinger MittBayNot 1998, 72, 73; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 239; zu § 13e HGB: MüKoAktG/Pentz Anh. § 45 AktG § 13e HGB Rn. 31; Hoger NZG 2015, 1219, 1222; Schäfer ZNotP 2007, 450, 451; Süß DNotZ 2005, 180, 186. 101 Vgl. OLG München NZG 2006, 512; Heidinger MittBayNot 1998, 72, 75; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 239; zu § 13e HGB: MüKoAktG/Pentz Anh. § 45 AktG § 13e HGB Rn. 31.

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insbesondere auch, ob sie die Gesellschaft allein oder gemeinschaftlich vertreten können102. Im deutschen Recht wird Art. 30 Abs. 1 lit. e Sps. 2 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. e 26.35 Sps. 2 ZNRL) heute durch § 13f Abs. 3 HGB (AG, KGaA, SE) und § 13g Abs. 3 HGB (GmbH), jeweils i.V.m. § 13e Abs. 2 S. 5 Nr. 3 HGB umgesetzt. Strikt von dieser Regelung zu ständigen Vertretern zu trennen ist übrigens die 26.36 durch das MoMiG103 geschaffene Möglichkeit, einen zusätzlichen Empfangsvertreter für Willenserklärungen und Zustellungen an die Gesellschaft eintragen zu lassen (§ 13e Abs. 2 S. 4 HGB n.F.); hierdurch soll – ebenso wie durch § 13e Abs. 2 S. 3 HGB n.F. (→ 26.29) − i.V.m. §§ 13e Abs. 3a S. 2, 15a HGB, 185 Nr. 2 ZPO n.F. im Interesse der Gläubiger die Zustellung erleichtert werden104. Da es sich dabei lediglich um eine Option zugunsten der Gesellschaft handelt, ist dies mit der RL – die nur bezüglich obligatorischer Offenlegungspflichten abschließend ist (→ 26.13f.) − vereinbar.105 Zudem steht auch hier die EuZVO106 nicht entgegen, denn deren Anwendungsbereich ist auf grenzüberschreitende Zustellungen begrenzt (vgl. Art. 1 Abs. 1 S. 1 EuZVO).107 (d)  Aufhebung der Zweigniederlassung (Art. 30 Abs. 1 lit. h GesRRL [ G Art. 2 Abs. 1 lit. h ZNRL]) 26.37 Gem. Art. 30 Abs. 1 lit. h GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. h ZNRL) ist schließlich als weiteres grundlegendes Datum die Aufhebung der Zweigniederlassung offenzulegen. 26.38 Das deutsche Recht setzt dies in § 13f Abs. 6 HGB (AG, KGaA, SE) und § 13g Abs. 6 HGB (GmbH) um. cc)  Mitgliedstaatenoptionen bzgl. weiterer Publizitätsobjekte (Art. 30 Abs. 2 GesRRL [ G Art. 2 Abs. 2 ZNRL]) 26.39 Die Mitgliedstaatenoptionen des Art. 30 Abs. 2 GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 ZNRL) bzgl. weiterer Publizitätsobjekte, die größtenteils erst in der letzten Phase des Legislativverfahrens im Rat ergänzt wurden108, sind vor dem Hintergrund der vor Verabschiedung der ZNRL sehr unterschiedlichen Offenlegungsanforderungen (→ 26.1, 26.3) zu sehen; sie sollen es den Mitgliedstaaten ermöglichen, mit Blick auf bestimmte nationale Besonderheiten und im Interesse eines zusätzlichen Schutzes Dritter zumindest in 102 Vgl. KOM(86) 397, S. 8; BegrRegE z. 11.-RL-Gesetz, BT-Drs. 12/3908, S. 16; Heidinger MittBayNot 1998, 72, 73; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 239; zu § 13e HGB: MüKoAktG/Pentz Anh. § 45 AktG § 13e HGB Rn. 31; Voigt S. 209. 103 Fn.  23. 104 Vgl. BegrRegE z. MoMiG, BR-Drs. 354/07, S. 112. 105 Kritisch jedoch Schmidt-Kessel/Leutner/Müther/Schmidt-Kessel § 13e HGB Rn. 46. 106 Fn.  88. 107 Vgl. zur Vorgängerregelung (VO (EG) 1348/2000) auch BegrRegE z. MoMiG, BR-Drs. 354/07, S. 112. S. ferner auch Baumbach/Hopt/Hopt § 13e HGB Rn. 3. 108 Die drei Kommissionsentwürfe (Fn. 3, 6 f.) sahen in Abs. 2 jeweils nur die heute in lit. a geregelte Option vor.

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begrenztem Umfang weitergehende Offenlegungspflichten zu etablieren. Auch inso­ weit ist wiederum zwischen Publizitätsobjekten bezüglich der Gesellschaft selbst (→ 26.40 ff.) und bezüglich der Zweigniederlassung (→ 26.49 f.) zu differenzieren. (1)  Bezüglich der Gesellschaft (a)  Unterschrift der Vertretungsorgane und/oder Liquidatoren (Art. 30 Abs. 2 lit. a GesRRL [ G Art. 2 Abs. 2 lit. a ZNRL]) Art. 30 Abs. 2 lit. a GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 lit. a ZNRL) gestattet es dem Mitgliedstaat 26.40 der Zweigniederlassung zunächst, die Offenlegung der Unterschrift der Vertretungsorgane bzw. Liquidatoren zu verlangen, um dem Publikum so eine sichere Grundlage für die Überprüfung der Echtheit eines Namenszugs zu verschaffen. Da das deutsche Recht traditionell ein solches Erfordernis einer Unterschrifts- 26.41 probe vorsah (vgl. § 13 Abs. 2 HGB a.F.), behielt der Gesetzgeber dieses auch i.R.d. Umsetzung der ZNRL zunächst bei (vgl. § 13f Abs. 2 S. 2 HGB a.F. i.V.m. § 37 Abs. 5 AktG a.F., § 13g Abs. 2 S. 2 HGB a.F. i.V.m. § 8 Abs. 5 GmbHG a.F.). Im Zuge der Umstellung auf die elektronische Registerführung durch das EHUG109 (→ 18.9, 18.18) wurde das Erfordernis einer Unterschriftsprobe dann jedoch generell aufgegeben, weil es nicht zur elektronischen Registerführung passte, man bei einem Scan Missbräuche befürchtete und die Bedeutung der Unterschrift im heute oftmals elektronischen Rechtsverkehr ohnehin tendenziell abnimmt.110 (b)  Errichtungsakt/Satzung und etwaige Änderungen (Art. 30 Abs. 2 lit. b GesRRL [ G Art. 2 Abs. 2 lit. b ZNRL]) Gem. Art. 30 Abs. 2 lit. b GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 lit. b ZNRL) darf der Mitglied- 26.42 staat der Zweigniederlassung entsprechend111 Art. 14 lit. a–c GesRRL (G Art. 2 lit. a–c PubRL, → 18.31) die Offenlegung des Errichtungsaktes und (soweit separat112) der Satzung sowie Änderungen dieser Unterlagen verlangen. Aus der Verweisung auf Art. 14 lit. a–c GesRRL (G Art. 2 lit. a–c PubRL) ergibt sich insbesondere auch, dass nach jeder Änderung die Offenlegung des vollständigen Wortlauts der Neufassung verlangt werden kann (lit. c).113 Damit können die Mitgliedstaaten es dem Rechtsverkehr ermöglichen, sich auch über das Register der Zweigniederlassung unmittelbar Kenntnis von dem/den Grunddokument(en) der Gesellschaft zu verschaffen. Wie der 109 Fn.  22. 110 Vgl. BegrRegE z. EHUG, BT-Drs. 16/960, S. 46 f. 111 Die deutsche Fassung ist mit dem Einschub des Verweises nach „Aktes“ leider etwas unglücklich formuliert, die englische und französische Fassung sind hier sprachlich deutlich klarer. 112 Vgl. zu den insoweit unterschiedlichen Regelungskonzeptionen der nationalen Rechtsordnungen → 18.31. 113 Unberechtigt daher die diesbezüglichen Zweifel bei Heinze RNotZ 2009, 586, 588.

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EuGH in der Rs. Innoventif ausdrücklich klargestellt hat, sind die Mitgliedstaaten a fortiori aber auch berechtigt, anstelle der Offenlegung des vollständigen Errichtungsaktes bzw. der vollständigen Satzung auch nur die Offenlegung bestimmter einzelner Inhalte (z.B. wie in der Rs. Innoventif des Unternehmensgegenstandes) zu verlangen.114 26.43 Da das deutsche Recht traditionell entsprechende weitergehende Offenlegungspflichten vorsah (vgl. § 13b Abs. 3 HGB a.F. i.V.m. § 8 Abs. 1 GmbHG a.F., § 44 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 AktG a.F.), hat der Gesetzgeber hieran unter Ausübung der Option des Art. 30 Abs. 2 lit. b GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 lit. b ZNRL) bei Umsetzung der RL festgehalten. Gem. § 13f Abs. 2 S. 1 HGB (AG, KGaA, SE) und § 13g Abs. 2 S. 1 HGB (GmbH) ist bei der Errichtung die vollständige Satzung anzumelden, nach dem jeweiligen Abs. 4 außerdem jede etwaige Änderung. Die Satzung wird allerdings nur in der Akte hinterlegt (vgl. zur Gleichwertigkeit → 26.29, 26.73). Eingetragen werden gem. § 13f Abs. 3 HGB i.V.m. § 39 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 AktG (AG, KGaA, SE) bzw. § 13g Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 GmbHG (GmbH) nur die wichtigsten Daten aus der Satzung: Der (Satzungs-)Sitz, der Unternehmensgegenstand115, die Höhe des Grund- bzw. Stammkapitals, der Tag der Feststellung der Satzung bzw. des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages sowie ggf. etwaige Bestimmungen über die Zeitdauer der Gesellschaft und ein etwaiges genehmigtes Kapital. Darüber hinaus müssen gem. § 13f Abs. 2 S. 3 HGB (AG, KGaA, SE) und § 13g Abs. 2 S. 3 HGB (GmbH) in der Anmeldung aber noch eine Reihe anderer wesentlicher Angaben116, die i.d.R. in der Satzung enthalten sind, separat angegeben werden; diese Angabepflichten stehen allerdings unter dem Vorbehalt, dass das ausländische Recht nicht eine Abweichung erforderlich macht. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn das ausländische Recht eine entsprechende Satzungsregelung überhaupt nicht zulässt, sondern auch dann, wenn eine solche dort nur fakultativ ist und die Gesellschaft von der entsprechenden Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat.117 Da somit kein Anpassungszwang besteht, sondern nur tatsächliche Satzungsinhalte anmeldepflichtig sind, ist die Regelung von der Option des Art. 30 Abs. 2 lit. b GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 lit. b ZNRL) gedeckt.118

114 Vgl. EuGH v. 1.6.2006, Innoventif Limited, C-53/04, ECLI:EU:C:2006:361, Rn. 33 ff.; J. Schmidt NZG 2006, 899, 900 f.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 240; Oetker/Preuß § 13e HGB Rn. 34. 115 Die Eintragung (und speziell die daraus folgende Bekanntmachungspflicht) des Unternehmensgegenstandes war der Streitpunkt in Innoventif, wo der EuGH die deutsche Regelung billigte (EuGH v. 1.6.2006, Innoventif Limited, C-453/04, ECLI:EU:C:2006:361). Näher dazu J. Schmidt NZG 2006, 899 ff. 116 Näher dazu MüKoAktG/Pentz Anh. § 45 AktG § 13f HGB Rn. 9 ff.; GroßkommHGB/ Koch § 13f Rn. 13 f., § 13g Rn. 6. 117 Vgl. BayObLG WM 1986, 1557, 1559; Röhricht/Westphalen/Haas/Ries § 13f Rn. 5, § 13g Rn. 5; MüKoHGB/Krafka § 13f HGB Rn. 4; MüKoAktG/Pentz Anh. § 45 AktG § 13f HGB Rn. 12; Heinze RNotZ 2009, 586, 587. 118 Vgl. MüKoAktG/Pentz Anh. § 45 AktG § 13f HGB Rn. 12.

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(c)  Registerbescheinigung über das Bestehen der Gesellschaft (Art. 30 Abs. 2 lit. c GesRRL [ G Art. 2 Abs. 2 lit. c ZNRL]) Art. 30 Abs. 2 lit. c GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 lit. c ZNRL) gestattet es dem Mitgliedstaat 26.44 der Zweigniederlassung, eine Bescheinigung des Registers der Gesellschaft in Bezug auf deren Bestehen zu verlangen. Anhand dieser kann sich der Zweigniederlassungsstaat relativ einfach von der Existenz der Gesellschaft überzeugen (vor Vernetzung der nationalen Register119 wäre sonst u.U. erst eine aufwendige Recherche notwendig gewesen) − und so „hinkende“ Zweigniederlassungseintragungen vermeiden. Trotz des missverständlichen deutschen Wortlauts der Norm („aus“) darf der Zweigniederlassungsstaat allerdings nicht zwingend einen Registerauszug bzw. eine Kopie des Registerinhalts selbst verlangen; aus der englischen120 und französischen121 Sprachfassung ergibt sich vielmehr klar, dass lediglich die Vorlage einer vom Register der Gesellschaft erteilten, gleichwie gestalteten Existenzbescheinigung gefordert werden kann. Der deutsche Gesetzgeber hat i.R.d. Umsetzung der RL durch § 13e Abs. 2 S. 2 26.45 HGB von dieser Option Gebrauch gemacht. Die Norm fordert allerdings nur allgemein, dass das „Bestehen der Gesellschaft als solcher nachzuweisen“ ist. Hintergrund ist, dass sie auch für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten (wo u.U. kein Register existiert) gilt. Gleichwohl ist aber allgemein anerkannt, dass der Nachweis primär durch eine Registerbescheinigung zu führen ist122 (z.B. bei einer britischen Limited durch ein certificate of incorporation123 oder ein certificate of good standing124). Soweit die Registergerichte daneben auch bei EU-/EWR-Gesellschaften andere Formen des Nachweises akzeptieren (z.B. bei einer britischen Limited die Bescheinigung eines britischen Notars125) liegt hierin kein Verstoß gegen die RL, da der Gesellschaft hierdurch nur eine zusätzliche Möglichkeit des Nachweises eröffnet wird. Das Erfordernis der Vorlage einer ggf. erforderlichen staatlichen Genehmigung 26.46 (§ 13e Abs. 2 S. 2 Alt. 2 HGB a.F.) wurde im Zuge der generellen Entkoppelung von Handelsregistereintragungen von solchen Genehmigungsvorlagen durch das MoMiG126 gestrichen; damit haben sich auch die Kontroversen um den maßgeblichen

119 Zur Vernetzung durch das BRIS → 18.7, 18.17, 26.4, 26.75, 26.95. 120 „an attestation from the register … relating to the existence of the company“. 121 „une attestation du registre … concernant l’existence de la société“. 122 Vgl. Hüffer/Koch Anh. § 45 AktG § 13e HGB Rn. 4; GroßkommHGB/Koch § 13d Rn. 67; MüKoAktG/Pentz Anh. § 45 AktG § 13e HGB Rn. 23; Voigt S. 214. Näher zu den verschiedenen Nachweismöglichkeiten aus der notariellen Praxis Bönner RNotZ 2015, 253, 264 ff. 123 Vgl. OLG Hamm GmbHR 2008, 545, 547; OLG Hamm ZIP 2006, 1947, 1949 f.; KG NZG 2005, 578; Lutter/Hommelhoff/Bayer Anh zu § 4a GmbHG Rn. 31 m.w.N. 124 Vgl. LG Berlin NZG 2004, 1014, 1015; Lutter/Hommelhoff/Bayer Anh zu § 4a GmbHG Rn. 31 m.w.N. 125  Vgl. LG Wiesbaden GmbHR 2005, 1134; Lutter/Hommelhoff/Bayer Anh zu § 4a GmbHG Rn. 31 m.w.N. 126 Fn.  23.

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§ 26 GesRRL VI: Die frühere Zweigniederlassungs-RL (ZNRL)

Bezugspunkt (Gegenstand der Zweigniederlassung127 oder des Unternehmens128) und um die Richtlinienkonformität dieser Regelung129 erledigt. (d)  Bestimmte Angaben über Sicherheiten (Art. 30 Abs. 2 lit. d GesRRL [ G Art. 2 Abs. 2 lit. d ZNRL]) 26.47 Gem. Art. 30 Abs. 2 lit. d GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 lit. d ZNRL) darf der Mitgliedstaat der Zweigniederlassung Angaben über Sicherheiten, bei denen Vermögenswerte belastet werden, die sich in seinem Territorium befinden, verlangen; allerdings nur, sofern sich diese Offenlegung auf die Gültigkeit solcher Sicherheiten bezieht. Diese Option ist den Besonderheiten des britischen Rechts geschuldet130, das die Wirksamkeit bestimmter Sicherungsrechte gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft davon abhängig macht, dass diese im register of charges beim Companies House eingetragen werden131. Da das deutsche Recht etwas Derartiges nicht kennt, hat der deutsche Gesetzge26.48 ber − anders als erwartungsgemäß der britische132 − von der Option des Art. 30 Abs. 2 lit. d GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 lit. d ZNRL) keinen Gebrauch gemacht. (2)  Bezüglich der Zweigniederlassung 26.49 Bezüglich der Zweigniederlassung enthält Art. 30 Abs. 2 GesRRL (G Abs. 2 Abs. 2 ZNRL) nur eine Mitgliedstaatenoption: Nach lit. a kann zusätzlich oder alternativ zu einer Unterschriftsprobe der Vertretungsorgane (→ 26.40) auch eine solche etwaiger ständiger Vertreter der Zweigniederlassung (→ 26.32 ff.) verlangt werden, um dem Rechtsverkehr auch insoweit eine sichere Grundlage für die Überprüfung der Echtheit des Namenszugs zu verschaffen. Obwohl der deutsche Gesetzgeber i.R.d. Umsetzung der RL für die ständigen 26.50 Vertreter – anders als für die Vertretungsorgane (→ 26.41) – nicht ausdrücklich von der Option des Art. 2 Abs. 2 lit. a ZNRL (G Art. 30 Abs. 2 lit. a GesRRL) Gebrauch gemacht hatte, wurde im Schrifttum gleichwohl teilweise eine Unterschriftsprobe für

127 So OLG Celle ZIP 2007, 71; OLG Frankfurt NZG 2006, 515, 516; ThürOLG GmbHR 1999, 822; LG Kassel GmbHR 2005, 1057, 1058; Kadel MittBayNot 2006, 102, 109; Kögel GmbHR 2006, 237, 239; Mödl RNotZ 2008, 1, 8. 128 So LG Hechingen Rpfleger 2005, 318. 129 Richtlinienwidrigkeit wurde angenommen von LG Chemnitz NZG 2006, 517, 518; Rehberg in: Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004, § 5 Rn. 85; Wachter GmbHR 2007, 205; Werner GmbHR 2005, 288, 291; zweifelnd auch LG Gießen DB 2005, 2808, 2809; ausdrücklich für Richtlinienkonformität dagegen OLG Celle ZIP 2007, 71. 130 Vgl. Grundmann Rn. 829. 131 Geregelt in Ch. 25 CA 2006. Ausf. dazu Palmer’s Company Law 13.301 ff. 132 Heute: Part 3 of The Overseas Companies (Execution of Documents and Registration of Charges) Regulations 2009, SI 2009/1917 (bis 30.9.2009: ss. 390 ff. CA 1985).

§ 26 GesRRL VI: Die frühere Zweigniederlassungs-RL (ZNRL)

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erforderlich gehalten133. Spätestens mit der generellen Abschaffung des Erfordernisses einer Unterschriftsprobe durch das EHUG (→ 26.41) lässt sich diese – schon zuvor zweifelhafte − Auffassung aber nicht mehr aufrechterhalten. b)  Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten aa)  Beschränkung auf Etablierung eines Mindeststandards Anders als bei den Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus EU/EWR-Staaten 26.51 beschränkt sich die RL für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten auf die Etablierung eines Mindeststandards: Der Katalog des Art. 37 GesRRL (G Art. 8 ZNRL) ist nach Wortlaut („mindestens“) und Systematik der Norm (keine Differenzierung zwischen obligatorischen und optionalen Publizitätsobjekten) sowie dem in den Materialien klar geäußerten Willen des europäischen Gesetzgebers134 – anders als derjenige des Art. 30 GesRRL (G  Art. 2 ZNRL,→ 26.13) − gerade nicht abschließend, d.h. den Mitgliedstaaten steht es frei, weitergehende Angabepflichten vorzusehen.135 Hintergrund ist, dass das mit der RL verfolgte Schutzziel der Etablierung einheitlicher Offenlegungsstandards, auf dem der abschließende Charakter des Art. 30 GesRRL (G Art. 2 ZNRL) beruht (→ 26.13), im Kontext der Gewährleistung der unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit steht (→ 26.1, 26.3), welche jedoch für Gesellschaften aus Drittstaaten gerade nicht gilt. bb)  Der Katalog der Mindestangaben des Art. 37 GesRRL (G Art. 8 ZNRL) im Einzelnen Inhaltlich korrespondieren die in Art. 37 GesRRL (G Art. 8 ZNRL) normierten Publi- 26.52 zitätsobjekte jedoch weitgehend mit dem Katalog des Art. 30 Abs. 1 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 ZNRL)136, denn das zweite Schutzziel der RL – der Schutz Dritter – beansprucht auch (wenn nicht sogar erst recht) bei Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten Geltung. Vor dem Hintergrund, dass Gesellschaften aus Drittstaaten nicht den Harmonisierungsmaßnahmen des Unionsrechts unterliegen, übernimmt Art. 37 GesRRL (G Art. 8 ZNRL) einige Anforderungen jedoch nur in modifizierter Form und normiert darüber hinaus auch eine Reihe zusätzlicher Publizitätsobjekte.137

133 Vgl. Heidinger MittBayNot 1998, 72, 76; MüKoHGB/Krafka, 2. Aufl. 2005, § 13e Rn. 9. 134 Vgl. KOM(86) 397, S. 12 („handelt es sich nur um Mindestvorgaben“). 135 Vgl. Edwards S. 216; Eidenmüller/Rehberg ZVglRWiss 105 (2006) 427, 448; Grundmann Rn. 832; Habersack/Verse § 5 Rn. 51, 61; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 241; SchmidtKessel/Leutner/Müther/Schmidt-Kessel Einl. Rn. 35. 136 Vgl. Grundmann Rn. 832 f. 137 Vgl. auch Edwards S. 216; Grundmann Rn. 832 f.

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(1)  Mit Art. 30 Abs. 1 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 ZNRL) korrespondierende Publizitätsobjekte 26.53 Deckungsgleichheit besteht zwischen Art. 30 Abs. 1 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 ZNRL) und Art. 37 GesRRL (G Art. 8 ZNRL) im Hinblick auf folgende wesentliche Grundangaben: • Anschrift der Zweigniederlassung: Art. 37 lit. a GesRRL (G Art. 8 lit. a ZNRL) entspricht Art. 30 Abs. 1 lit. a GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. a ZNRL, → 26.28 f.); • Tätigkeit der Zweigniederlassung: Art. 37 lit. b GesRRL (G Art. 8 lit. b ZNRL) entspricht Art. 30 Abs. 1 lit. b GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. b ZNRL, → 26.30 f.); • Firma der Gesellschaft sowie ggf. Firma der Zweigniederlassung: Art. 37 lit. g GesRRL (G Art. 8 lit. g ZNRL) entspricht insoweit Art. 30 Abs. 1 lit. d GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. d ZNRL, → 26.17 f., 26.28 f.); • Aufhebung der Zweigniederlassung: Art. 37 lit. k GesRRL (G Art. 8 lit. k ZNRL) entspricht Art. 30 Abs. 1 lit. h GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. h ZNRL, → 26.37 f.). Hinsichtlich der Umsetzung in Deutschland kann dementsprechend ebenfalls auf die genannten Randnummern verwiesen werden. (2)  Modifizierte Anforderungen bei Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten (a)  Rein regelungstechnische Abweichungen 26.54 Der Sache nach übereinstimmend mit den Anforderungen für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus EU/EWR-Staaten sind auch die Erfordernisse der Offenlegung • bestimmter Angaben zu den Vertretungsorganen: Art. 37 lit. h Sps. 1 GesRRL (G Art. 8 lit. h Sps. 1 ZNRL) entspricht Art. 30 Abs. 1 lit. e Sps. 1 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. e Sps. 1 ZNRL, → 26.19 f.); • bestimmter Angaben zu etwaigen ständigen Vertretern der Zweigniederlassung: Art. 37 lit. h Sps. 2 GesRRL (G Art. 8 lit. h Sps. 2 ZNRL) entspricht Art. 30 Abs. 1 lit. e Sps. 2 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. e Sps. 2 ZNRL, → 26.32 ff.); • bestimmter Angaben im Falle von Liquidation bzw. Insolvenz: Art. 37 lit. i GesRRL (G Art. 8 lit. i ZNRL) entspricht Art. 30 Abs. 1 lit. f GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. f ZNRL, → 26.22 ff.). Die textlichen Abweichungen sind hier jeweils nur regelungstechnischer Natur. Denn da für Gesellschaften aus Drittstaaten die nun in die GesRRL integrierten Bestimmungen der früheren PubRL (→ 18) nicht gelten, konnte nicht auf diese verwiesen werden, sondern es musste z.B. bei Art. 37 lit. h GesRRL (G Art. 8 lit. h ZNRL) ausdrücklich geregelt werden, dass auch der Umfang der Vertretungsmacht und ob Einzel- oder Gesamtvertretungsbefugnis besteht, offenzulegen ist. Hinsichtlich der Umsetzung in

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Deutschland kann daher auch insoweit auf die genannten Randnummern verwiesen werden. (b)  Substantiell modifizierte Anforderungen (aa)  Register und Registernummer (Art. 37 lit. d GesRRL [ G Art. 8 lit. d ZNRL]) Auch substantiell modifiziert ist dagegen die Offenlegungspflicht bezüglich Register 26.55 und Registernummer der Gesellschaft: Weil Drittstaatengesellschaften nicht den nun in die GesRRL integrierten Vorgaben der früheren PubRL (→ 18) unterliegen und daher nicht unbedingt in einem Register eingetragen sein müssen, stellt Art. 37 lit. d GesRRL (G  Art. 8 lit. d ZNRL) die Verpflichtung zu Offenlegung von Register und Registernummer der Gesellschaft abweichend von Art. 30 Abs. 1 lit. c GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 lit. c ZNRL, → 26.17 f.) unter den Vorbehalt der Existenz einer entsprechenden Registereintragung. Die deutsche Umsetzungsvorschrift findet sich heute in § 13e Abs. 2 S. 5 Nr. 1 26.56 HGB. (bb)  Rechtsform (Art. 37 lit. f GesRRL [ G Art. 8 lit. f ZNRL]) Abweichend geregelt ist ferner die Offenlegung der Rechtsform: Da bei Zweignieder- 26.57 lassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten die Offenlegung von Satzung/Errichtungsakt zwingend ist (→ 26.64), muss die Rechtsform nur dann gesondert offengelegt werden, wenn sie sich nicht bereits hieraus ergibt. Das deutsche Recht verlangt in § 13e Abs. 2 S. 5 Nr. 2 HGB zwar stets die Offen- 26.58 legung der Rechtsform, da es sich bei Art. 37 GesRRL (G Art. 8 ZNRL) aber nur um einen Mindeststandard handelt (→ 26.51) ist dies richtlinienkonform. (cc)  Rechnungslegungsunterlagen (Art. 37 lit. j i.V.m. Art. 38 GesRRL [ G Art. 8 lit. j i.V.m. Art. 9 ZNRL]) Inhaltlich abweichend von Art. 30 Abs. 1 lit. g i.V.m. Art. 31 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 26.59 lit. g i.V.m. Art. 3 ZNRL, → 26.25) sind aber v.a. auch die Vorgaben zur Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen in Art. 37 lit. j i.V.m. Art. 38 GesRRL (G  Art. 8 lit. j i.V.m. Art. 9 ZNRL), deren genaue Bedeutung zudem äußerst unterschiedlich interpretiert wird. Teilweise wird die Regelung unter Berufung auf ErwG 19 GesRRL (G ErwG 9 ZNRL) so verstanden, dass die Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen der Gesellschaft in Drittstaatenfällen nur als Alternative zu einer ansonsten einzureichenden Zweigniederlassungsbilanz vorgesehen ist; ein Mitgliedstaat, der keine spezielle Zweigniederlassungsbilanz verlangt bzw. vor Verabschiedung der ZNRL verlangte, müsse demzufolge auch keine Offenlegung der Rechnungslegungsunterla-

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gen der Gesellschaft verlangen.138 Diese Auslegung ist jedoch schon mit dem Wortlaut von Art. 38 Abs. 1 i.V.m. Art. 37 lit. j GesRRL (G  Art. 9 Abs. 1 i.V.m. Art. 8 lit. j ZNRL), die – übrigens auch in anderen Sprachfassungen139 − unmissverständlich von einer Pflicht zur Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen der Gesellschaft sprechen, kaum vereinbar. Vor allem aber steht sie in eklatantem Widerspruch zum Schutzziel der RL, die gerade auch bei Drittstaatengesellschaften einen Schutz durch Publizität – speziell auch im Hinblick auf die Rechnungslegung – gewährleisten will (→ 26.3, 26.25). Sie beruht ganz offensichtlich auf einem Missverständnis des ErwG 19 GesRRL (G  ErwG 9 ZNRL), der richtigerweise lediglich betonen soll, dass von EU/EWR-Gesellschaften wegen der durch das EU-Bilanz- und Abschlussprüfungsrecht gewährleisteten Gleichwertigkeit der nationalen Bilanzstandards keine spezielle Zweigniederlassungsbilanz verlangt werden darf, sondern lediglich die Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen der Gesellschaft (→ 26.25). Da diese Gleichwertigkeit jedoch bei Drittstaatengesellschaften gerade nicht notwendig gegeben ist, wurde für deren Zweigniederlassungen die Sonderregelung des Art. 38 Abs. 1 GesR­RL (G  Art. 9 Abs. 1 ZNRL) geschaffen. Danach müssen richtiger Ansicht nach zwar auch Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten grundsätzlich nur die Rechnungslegungsunterlagen offenlegen, die nach dem Recht des Staats, dem die Gesellschaft unterliegt, erstellt, geprüft und offengelegt worden sind (S. 1). Sofern nach dem Heimatrecht keine EU/EWR-äquivalente Rechnungslegung erfolgt, gestattet S. 2 den Mitgliedstaaten jedoch (zusätzlich) eine spezielle Zweigniederlassungsbilanz zu verlangen.140 I.R.d. Gesetzgebungsverfahrens zur Umsetzung der ZNRL war Art. 9 Abs. 1 26.60 i.V.m. Art. 8 lit. j ZNRL (G Art. 38 Abs. 1 i.V.m. Art. 37 lit. j GesRRL) offenbar zunächst auch zutreffend in diesem Sinne verstanden worden. § 325a Abs. 1 HGB i.d.F.d. RegE verlangte die Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen unterschiedslos von sämtlichen Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften.141 Im Rechtsausschuss setzte sich dann jedoch die abweichende Ansicht durch142, der Anwendungsbereich des § 325a Abs. 1 HGB wurde auf Zweigniederlassungen von EU/EWR-Gesellschaften beschränkt. Die Regelung steht somit jedenfalls ihrem Wortlaut nach in klarem Widerspruch zur zutreffenden Auslegung der RL.143 Vor dem Hintergrund, 138 So Bericht Rechtsausschuss z. 11.-RL-Gesetz, BT-Drs. 12/5170, S. 15; Hahnefeld DStR 1993, 1596, 1597; Seibert DB 1993, 1705, 1706. 139 Vgl. englisch: „The compulsory disclosure provided for by Article 8(1)(j) ...“; französisch: „ L’obligation de publicité visée à l’article 8 point j ) ...“. 140 Wie hier Edwards S. 217; Eidenmüller/Rehberg ZVglRWiss 105 (2006) 427, 448 f.; Grundmann Rn. 833; Habersack/Verse § 5 Rn. 61; Henselmann/Kaya/Meichelbeck ZCG 2010, 100, 101; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 241; Werlauff S. 219; vgl. auch Drouven/ Mödl NZG 2007, 7, 12; García RIW 2000, 590, 596 f. 141 Vgl. dazu auch BegrRegE z. ZNRL-Gesetz, BT-Drs. 12/3908, S. 19. 142 Vgl. Bericht Rechtsausschuss z. ZNRL-Gesetz, BT-Drs. 12/5170, S. 15. 143 Vgl. Drouven/Mödl NZG 2007, 7, 12; Eidenmüller/Rehberg ZVglRWiss 105 (2006) 427, 448; Beck Bil-Komm/Grottel § 325a HGB Rn. 1; García RIW 2000, 590, 596 f.; Henselmann/Kaya/Meichelbeck ZCG 2010, 100, 101; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 241; Baetge/Kirsch/Thiele/S. Müller § 325a HGB Rn. 6; zweifelnd auch Lanzius, Anwend­

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dass der Gesetzgeber jedoch ersichtlich eine richtlinienkonforme Regelung schaffen wollte und lediglich die Vorgaben der RL falsch interpretiert hat, dürfte hier jedoch nach den i.R.d. „Quelle“-Judikatur etablierten Grundsätzen (→ 3.54 ff.) trotz des auf EU/EWR-Gesellschaften beschränkten Wortlauts eine richtlinienkonforme Auslegung dahingehend, dass sich die Offenlegungspflicht auch auf Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten erstreckt, nicht nur möglich, sondern auch geboten sein.144 Eine zusätzliche spezielle Zweigniederlassungsbilanz kann hingegen nicht verlangt werden145, denn hierfür wäre eine eindeutige gesetzgeberische Entscheidung zugunsten einer Ausnutzung der Option des Art. 38 Abs. 1 S. 2 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 S. 2 ZNRL) notwendig; sowohl der RegE146 als auch der Bericht des Rechtsausschusses147 hielten dies indes gerade nicht für erforderlich. (3)  Zusätzliche Anforderungen bei Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten Schließlich verlangt die RL für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Dritt- 26.61 staaten aber auch die Offenlegung einer Reihe von zusätzlichen Angaben, die sich bei Gesellschaften aus EU/EWR-Staaten aufgrund von Art. 14 GesRRL (G  Art. 2 PubLR, → 18.29 ff.) bereits aus dem Register der Gesellschaft ergeben und deshalb dort ohnehin zugänglich sind; auf diese Weise soll auch bei Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten eine vergleichbare Publizität gewährleistet werden.148 Im Einzelnen handelt es sich um folgende Angaben: (a)  Gesellschaftsstatut (Art. 37 lit. c GesRRL [ G Art. 8 lit. c ZNRL]) Speziell offenzulegen ist zunächst das Recht, dem die Gesellschaft unterliegt (Gesell- 26.62 schaftsstatut), da dies natürlich von grundlegender Bedeutung ist (bei EU/EWR-Gesellschaften lässt sich dies i.d.R. bereits aus der Registrierung ableiten). Im deutschen Recht ist diese Vorgabe in § 13e Abs. 2 S. 5 Nr. 4 HGB umgesetzt. 26.63

bares Recht und Sonderanknüpfungen unter der Gründungstheorie, 2005, S. 196 f.; Zimmer (Fn. 76), § 325a Rn. 5. 144  Für eine richtlinienkonforme Auslegung (allerdings ohne näheres Eingehen auf die „Quelle“-Problematik) auch Drouven/Mödl NZG 2007, 7, 12 f.; García RIW 2000, 590, 597; dagegen jedoch (wegen entgegenstehender Wortlautgrenze) Eidenmüller/Rehberg ZVglRWiss 105 (2006) 427, 449; Lanzius (Fn. 143), S. 196 f. 145 So aber Drouven/Mödl NZG 2007, 7, 12 f. 146 BegrRegE z. ZNRL-Gesetz, BT-Drs. 12/3908, S. 19. 147 Bericht Rechtsausschuss z. ZNRL-Gesetz, BT-Drs. 12/5170, S. 15. 148 Vgl. KOM(86) 397, S. 12; Edwards S. 216.

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(b)  Satzung/Errichtungsakt und jede Änderung derselben (Art. 37 lit. e GesRRL [ G Art. 8 lit. e ZNRL]) 26.64 Zwingend offenzulegen (nicht lediglich eine Mitgliedstaatenoption wie nach Art. 30 Abs. 2 lit. b GesRRL [G Art. 2 Abs. 2 lit. b ZNRL], → 26.42) ist ferner gem. Art. 37 lit. e GesRRL (G Art. 8 lit. e ZNRL) der Errichtungsakt und, falls sie Gegenstand eines gesonderten Aktes ist, die Satzung sowie jede Änderung dieser Unterlagen. Grund ist, dass bei Drittstaatengesellschaften (anders als bei EU/EWR-Gesellschaften gem. Art. 14 lit. a–c GesRRL [G Art. 2 lit. a–c PubRL], → 18.31) nicht sichergestellt ist, dass diese Unterlagen über das Register der Gesellschaft (sofern ein solches überhaupt existiert) zugänglich sind. Obgleich insoweit eine ausdrückliche Regelung fehlt, wird man auch hier analog Art. 14 lit. c GesRRL (G Art. 2 lit. c PubRL, → 18.31) nach jeder Änderung eine Offenlegung des vollständigen Wortlauts von Satzung/Errichtungsakt verlangen müssen. 26.65 Im deutschen Recht sind diese Vorgaben durch § 13f Abs. 2 S. 1, Abs. 4 HGB (AG, KGaA, SE) und § 13g Abs. 2 S. 1, Abs. 4 HGB (GmbH) umgesetzt, die in Ausnutzung der Option des Art. 30 Abs. 2 lit. b GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 lit. b ZNRL) gleichermaßen für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus EU/EWR- und aus Drittstaaten gelten (→ 26.43). (c)  Ggf. Sitz der Gesellschaft (Art. 37 lit. f GesRRL [ G Art. 8 lit. f ZNRL]) 26.66 Zudem ist gem. Art. 37 lit. f GesRRL (G Art. 8 lit. f ZNRL) der Sitz der Gesellschaft offenzulegen. Fraglich ist, ob damit der Satzungs- oder der Hauptverwaltungssitz gemeint ist. Die deutsche („Sitz“) und französische Fassung („siège“) sind insofern ambivalent, während die englische („principal place of business“) auf letzteres hindeutet. Mit Blick auf den systematischen Zusammenhang mit den publizitätsrechtlichen RLVorgaben − in Art. 14 lit. g GesRRL (G Art. 2 lit. g PubRL, → 18.41) wird ebenso wie in Art. 4 lit. a GesRRL (Art. 3 lit. a KapRL, → 19.29) explizit auf den Satzungssitz abgestellt − dürfte mit Art. 37 lit. f GesRRL (G Art. 8 lit. f ZNRL) allerdings gleichwohl der Satzungssitz gemeint sein. Dafür spricht insbesondere auch, dass der „Sitz“ nur dann gesondert offenzulegen ist, wenn er sich nicht bereits aus der Offenlegung von Satzung/Errichtungsakt gem. Art. 37 lit. e GesRRL (G Art. 8 lit. e ZNRL, → 26.64) ergibt. 26.67 Die Pflicht zur Offenlegung des Satzungssitzes ergibt sich im deutschen Recht aus § 13f Abs. 3 HGB i.V.m. § 39 Abs. 1 S. 1 AktG (AG, KGaA, SE) bzw. § 13g Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 S. 1 GmbHG (GmbH), die in Ausnutzung der Option des Art. 30 Abs. 2 lit. b GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 lit. b ZNRL) gleichermaßen für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus EU/EWR- und aus Drittstaaten gelten (→ 26.43). Danach ist die Offenlegung zwar stets erforderlich, da es sich bei Art. 37 GesRRL (G Art. 8 ZNRL) aber nur um einen Mindeststandard handelt (→ 26.51), ist dies richtlinienkonform.

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(d)  Ggf. Gegenstand der Gesellschaft (Art. 37 lit. f GesRRL [ G Art. 8 lit. f ZNRL]) Offenzulegen ist ferner gem. Art. 37 lit. f GesRRL (G Art. 8 lit. f ZNRL) der Gegen- 26.68 stand der Gesellschaft, allerdings ebenfalls nur dann, wenn er sich nicht bereits aus der Offenlegung von Satzung/Errichtungsakt gem. Art. 37 lit. e GesRRL (G  Art. 8 lit. e ZNRL, → 26.64) ergibt (bei EU/EWR-Gesellschaft ergibt sich dies bereits aus der Offenlegung von Satzung/Errichtungsakt gem. Art. 14 lit. a–c GesRRL [G Art. 2 lit. a–c PubRL], → 18.31). Im deutschen Recht ist auch die Offenlegung des Gegenstands der Gesellschaft in 26.69 § 13f Abs. 3 HGB i.V.m. § 39 Abs. 1 S. 1 AktG (AG, KGaA, SE) bzw. § 13g Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 S. 1 GmbHG (GmbH) umgesetzt. (e)  Ggf. gezeichnetes Kapital (Art. 37 lit. f GesRRL [ G Art. 8 lit. f ZNRL]) Erforderlich ist schließlich gem. Art. 37 lit. f GesRRL (G Art. 8 lit. f ZNRL) mindes- 26.70 tens jährlich die Offenlegung des Betrags des gezeichneten Kapitals, soweit sich dieser nicht bereits aus der obligatorischen Offenlegung von Satzung/Errichtungsakt gem. Art. 37 lit. e GesRRL (G Art. 8 lit. e ZNRL, → 26.64) ergibt. Die deutsche Umsetzung hierfür ist ebenfalls § 13f Abs. 3 HGB i.V.m. § 39 Abs. 1 26.71 S. 1 AktG (AG, KGaA, SE) bzw. § 13g Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 S. 1 GmbHG (GmbH). Danach ist allerdings nur bei der Ersteintragung auch das gezeichnete Kapital gesondert einzutragen, es fehlt eine Regelung hinsichtlich einer jährlichen Offenlegung für den Fall, dass sich das gezeichnete Kapital nicht bereits aus der Offenlegung von Satzung/Errichtungsakt ergibt. Dies ist daher im Wege der richtlinienkonformen Auslegung zu ergänzen. 3.  Publizitätsinstrumente Hinsichtlich der Publizitätsinstrumente bauen die RL-Vorgaben für Zweignieder- 26.72 lassungen auf dem bewährten System der Art. 16 ff. GesRRL (G Art. 3 ff. Pub­RL, → 18.14 ff.) auf: Auch bei Zweigniederlassungen wird die Publizität primär durch das Register und die Bekanntmachung (→ 26.73 ff.) und zusätzlich auf sekundärer Ebene durch ein Recht auf Erteilung von „Abschriften“ und die Pflicht zu bestimmten Angaben auf der Geschäftskorrespondenz (→ 26.83 ff.) gewährleistet149.

149 Vgl. Grundmann Rn. 880 f.; s. ferner auch Cordewener (Fn. 11), S. 105, 154; Habersack/ Verse § 5 Rn. 57.

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a)  Primäre Publizitätsinstrumente aa)  Register 26.73 Gem. Art. 29 Abs. 1 bzw. Art. 36 Abs. 1 (G Art. 1 Abs. 1 bzw. Art. 7 Abs. 1 ZNRL) i.V.m. Art. 16 Abs. 1 und Abs. 3 GesRRL (G Art. 3 Abs. 1 u. 3 PubRL, → 18.15 ff.) ist für jede Zweigniederlassung eine Registerakte anzulegen. Sämtliche offenzulegende Unterlagen und Angaben sind − seit 1.1.2007 zwingend in elektronischer Form − in der Akte zu hinterlegen oder in das Register einzutragen; Hinterlegung und Registereintragung sind damit auch bei der Zweigniederlassung gleichwertige Alternativen. Eine separate Registerakte für jede Zweigniederlassung mit sämtlichen relevan26.74 ten Informationen ist im Interesse umfassender Transparenz grundsätzlich auch dann erforderlich, wenn eine Gesellschaft mehrere Zweigniederlassungen in demselben Mitgliedstaat hat. Im Hinblick darauf, dass dies für die Gesellschaft in Staaten mit dezentraler Registerführung150 einen nicht unerheblichen administrativen Aufwand bedeuten kann, räumt Art. 33 GesRRL (G Art. 5 ZNRL) − der gem. Art. 38 Abs. 2 GesRRL (G Art. 9 Abs. 2 ZNRL) auch für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten gilt − ihr jedoch die Option ein, ein „Hauptregister“ für alle Zweigniederlassungen in einem Mitgliedstaat zu bestimmen und die Rechnungslegungsunterlagen (→ 26.25 ff., 26.59 f.) sowie Satzung/Errichtungsakt einschließlich etwaiger Änderungen (bzw. einzelne Bestandteile derselben)151 – also die umfangreichsten Dokumente − nur noch bei diesem „Hauptregister“ offenzulegen. Im Gegenzug muss dann jedoch bei dem/den „Nebenregister(n)“ – neben sämtlichen sonstigen offenlegungspflichtigen Angaben und Unterlagen − auch das Register und die entsprechende Registernummer der „Hauptzweigniederlassung“ offengelegt werden, damit der Rechtsverkehr weiß, wo er die entsprechenden Unterlagen beziehen kann. Sofern der Mitgliedstaat der Zweigniederlassung die Registerführung (ganz oder teilweise) zentralisiert hat, passt Art. 33 GesRRL (G  Art. 5 ZNRL) zwar eigentlich nicht.152 Nach der Ratio der Norm kann indes auch hier von einer Gesellschaft mit mehreren Zweigniederlassungen nur die einmalige Einreichung der genannten Unterlagen verlangt werden. Art. 33 GEsRRL (G Art. 5 ZNRL) − ggf. i.V.m. Art. 38 Abs. 2 GesR­RL (Art. 9 Abs. 2 ZNRL) − ist daher dahingehend auszulegen, dass die Gesellschaft auch hier eine „Hauptzweigniederlassung“ designieren kann, für welche die Unterlagen eingereicht und offengelegt werden; bei der/den „Nebenzweigniederlassung(en)“ muss dann nur noch ein entsprechender Hinweis − dann auch nur auf die andere(n) Registernummer(n) − offengelegt werden.

150 Vgl. zum Wahlrecht zwischen zentraler und dezentraler Registerführung → 18.14 f. 151 Bei EU/EWR-Gesellschaften wird dies − anders als bei Gesellschaften aus Drittstaaten, wo die Offenlegung insoweit obligatorisch ist (→ 26.64) − freilich nur dann relevant, wenn der jeweilige Mitgliedstaat von der Option des Art. 30 Abs. 2 lit. b GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 lit. b ZNRL) Gebrauch gemacht hat (→ 26.42). 152 Vgl. zur Zielrichtung des Art. 33 GesRRL (G Art. 5 ZNRL) auf Staaten mit dezentraler Registerführung auch Edwards S. 216; Werlauff S. 218.

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Die durch die BRIS-RL (→ 26.4) eingefügten Art. 29 Abs. 3 und 4 GesRRL 26.75 (G  Art. 1 Abs. 3 und Abs. 4 ZNRL) integrieren (gemeinsam mit Art. 20 Abs. 1–3, Art. 34 Abs. 2–3 GesRRL [G Art. 5a ZNRL], → 26.95) die Zweigniederlassungspublizität in das neue BRIS (→ 18.7, 18.17, 18.30, 18.44, 26.4): Gem. Art. 29 Abs. 3 GesRRL (G Art. 1 Abs. 3 ZNRL) müssen die Angaben gem. Art. 30 Abs. 1 GesRRL (G Art. 2 Abs. 1 ZNRL) über das BRIS zugänglich gemacht werden. Zudem erhält auch jede Zweigniederlassung (ebenso wie jede Gesellschaft, → 18.17) gem. Art. 29 Abs. 4 GesRRL (G  Art. 1 Abs. 4 ZNRL) eine einheitliche Kennung, die sog. EUID (European Unique Identifier, → 18.17). Beides gilt nur für Zweigniederlassungen von EU-/EWR-Gesellschaften; Art. 36 Abs. 2 GesRRL (G Art. 7 Abs. 2 ZNRL) verweist für Drittstaatengesellschaften (weiterhin) nur auf Art. 29 Abs. 2 GesRRL (G  Art. 1 Abs. 2 ZNRL). Denn Ratio der Einbeziehung von Zweigniederlassungen von EU-/ EWR-Gesellschaften in das BRIS ist ja gerade eine klare Verbindung zwischen der Gesellschaft und ihren Zweigniederlassungen herzustellen (→ 26.4) und dies ist bei Drittstaatengesellschaften von vornherein nicht möglich. bb)  Bekanntmachung Gem. Art. 29 Abs. 1 bzw. Art. 36 Abs. 1 GesRRL (G Art. Art. 1 Abs. 1 bzw. Art. 7 26.76 Abs. 1 ZNRL) i.V.m. Art. 16 Abs. 5 GesRRL (G Art. 3 Abs. 5 PubRL, → 18.19 ff.) ist ferner eine Bekanntmachung der offenlegungspflichtigen Urkunden und Angaben im Amtsblatt bzw. durch eine andere „ebenso wirksame Form der Veröffentlichung“ erforderlich. cc)  Deutsches Recht Der deutsche Gesetzgeber hat bei der Umsetzung der RL in den §§ 13d–13g, 325a 26.77 HGB auf den allgemeinen Vorschriften zum Handelsregister (§§ 8 ff. HGB) aufgebaut; damit gilt insbesondere auch bzgl. der Bekanntmachung grds. die allgemeine Regelung des § 10 HGB. Im Zuge der generellen Reform der Bilanzpublizität durch das EHUG153 (→ 18.18, 18.40 23.58) wurde allerdings auch die Zweigniederlassungspublizität insoweit angepasst: Die Unterlagen sind nur noch zentral beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers einzureichen (§§ 325a Abs. 1 S. 1, 325 Abs. 1 S. 2 HGB); die Offenlegung erfolgt durch Einstellung in das Unternehmensregister und Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger (§§ 325a Abs. 1 S. 1, 325 Abs. 2, 8b Abs. 2 Nr. 4 HGB). Das Optionsrecht des Art. 33 GesRRL (G Art. 5 ZNRL) ist für die Satzung und 26.78 deren Änderungen in § 13e Abs. 5 HGB154 geregelt. Ihrem Wortlaut nach gilt die Regelung zwar nur für die „Satzung oder de[n] Gesellschaftsvertrag sowie deren Än153 Fn.  22. 154 Dazu näher GroßkommHGB/Koch § 13e Rn. 45 f.; MüKoAktG/Pentz Anh. § 45 AktG § 13e HGB Rn. 45 ff. (jeweils m.w.N.).

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derungen“; im Wege der richtlinienkonformen Auslegung ist sie jedoch auch auf die anderen auf der Option des Art. 30 Abs. 2 lit. b GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 lit. b ZNRL) beruhenden Offenlegungspflichten (→ 26.42) zu erstrecken. Hinsichtlich der Rechnungslegungsunterlagen war Art. 33 GesRRL (G  Art. 5 26.79 ZNRL) ursprünglich in § 325a Abs. 1 S. 2 HGB a.F., der auf § 13e Abs. 5 HGB verwies, umgesetzt.155 Im Rahmen der generellen Reform der Bilanzpublizität durch das EHUG156 (→ 26.77) wurde diese Vorschrift jedoch gestrichen, da die Rechnungslegungsunterlagen nun ohnehin nur noch zentral beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers einzureichen sind (→ 26.77). Dies steht zwar in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Wortlaut des Art. 33 GesRRL (G Art. 5 ZNRL), der von einer Einreichung beim Register ausgeht. Das neue Konzept ist jedoch gleichwohl grundsätzlich richtlinienkonform, denn es gewährleistet unzweifelhaft die von der Norm intendierte Entlastung der Gesellschaften durch eine Limitierung auf eine einzige Einreichung, zumal wegen der Übermittlungspflicht des Betreibers des elektronischen Bundesanzeigers gem. § 8b Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB zumindest mittelbar auch eine Einreichung beim Register erfolgt. Mit dem Wegfall des Verweises auf § 13e Abs. 5 HGB in § 325a Abs. 1 S. 2 HGB a.F. fehlt nun allerdings auch eine ausdrückliche Regelung zur Umsetzung des nach Art. 33 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 5 UAbs. 2 ZNRL) erforderlichen Hinweises. §§ 325a Abs. 1 S. 1, 325 Abs. 2, 8b Abs. 2 Nr. 4 HGB sind daher richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Rechnungslegungsunterlagen zwar nur bei einer Zweigniederlassung in das Unternehmensregister eingestellt und auch nur für eine Zweigniederlassung bekanntgemacht werden müssen – welche dies ist, entscheidet analog § 13e Abs. 5 HGB die Gesellschaft −, bei den übrigen Zweigniederlassung aber ein entsprechender Hinweis in das Unternehmensregister eingestellt und im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht werden muss. Die Praxis verfährt bereits so.157 Die Umsetzung von Art. 29 Abs. 3 und Abs. 4 GesRRL (G  Art. 1 Abs. 3 und 26.80 Abs. 4 ZNRL) erfolgte durch das BRIS-UG (→ 26.9) in § 9b HGB: § 9b Abs. 1 S. 1 HGB regelt die Zugänglichmachung der Informationen über das BRIS, § 9b Abs. 2 S. 2 HGB die Zuordnung der EUID.158 Der deutsche Gesetzgeber hat sich dabei dafür entschieden, neben der EUID weiterhin auch die deutsche Registernummer beizubehalten.159

155 Vgl. BegrRegE z. ZNRL-Gesetz, BT-Drs. 12/3908, S. 19. 156 Fn.  22. 157 Vgl. etwa die Rechnungslegungspublizität bei den verschiedenen deutschen Zweigniederlassungen von Deere & Company für die Geschäftsjahre 2006/07 und 2007/08. Bei John Deere Vertrieb, Zweigniederlassung der Deere & Company (AG Mannheim HRB 232255) und John Deere Werke Bruchsal Zweigniederlassung der Deere & Company (AG Mannheim HRB 230655) wurde jeweils auf die Bekanntmachung bei Deere & Company European Office (AG Mannheim HRB 1653) verwiesen. 158 Vgl. BegrRegE z. BRIS-UG, BT-Drs. 18/2137, S. 11 f. 159 Vgl. BegrRegE z. BRIS-UG, BT-Drs. 18/2137, S. 12.

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b)  Sekundäre Publizitätsinstrumente aa)  Recht auf „Abschriften“ Gem. Art. 29 Abs. 1 bzw. Art. 36 Art. 1 GesRRL (G Abs. 1 bzw. Art. 7 Abs. 1 ZNRL) 26.81 i.V.m. Art. 16 Abs. 4 GesRRL (G Art. 3 Abs. 4 PubRL, → 18.23) kann jeder auf Antrag eine (vollständige oder teilweise, beglaubigte oder unbeglaubigte) Kopie in Papieroder elektronischer Form verlangen. Das deutsche Recht sieht in § 9 HGB weitergehend sogar ein Recht auf unmittel- 26.82 bare Einsichtnahme vor (→ 18.24). bb)  Angaben auf Geschäftskorrespondenz Als zweites sekundäres Publizitätsinstrument sind schließlich – in Parallele zu Art. 26 26.83 GesRRL (G Art. 5 PubRL, → 18.25 ff.) − auch bei Zweigniederlassungen bestimmte Angaben auf der Geschäftskorrespondenz erforderlich. In diesem Punkt weichen die Vorgaben für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus EU-/EWR-Mitgliedstaaten und solchen aus Drittstaaten allerdings voneinander ab. (1)  Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus EU/EWR-Mitgliedstaaten Bei Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus EU-/EWR-Mitgliedstaaten müssen 26.84 gem. Art. 35 GesRRL (G Art. 6 ZNRL) auf den Geschäftsbriefen und Bestellscheinen die von Art. 26 GesRRL (G Art. 5 PubRL) für Geschäftskorrespondenz der Gesellschaft selbst geforderten Angaben (→ 18.26) gemacht werden; zusätzlich müssen aber auch noch Register und Registernummer der Zweigniederlassung angegeben werden. Die Form der Geschäftskorrespondenz (Papier, Fax, E-Mail, Internet, usw.) ist auch hier irrelevant. Anders als in Art. 26 GesRRL (G Art. 5 PubRL) wurde hier zwar kein entsprechender, klarstellender Zusatz ergänzt; der Begriff der „Geschäftsbriefe160 und Bestellscheine“ ist aber gleichwohl auch hier extensiv auszulegen, denn der europäische Gesetzgeber wollte von Anfang an einen Gleichlauf bezüglich der Publizitätsinstrumente. Dementsprechend wird man die Angabepflicht analog Art. 26 UAbs. 3 GesRRL (G Art. 5 UAbs. 3 PubRL) auch auf eine etwaige eigene Webseite der Zweigniederlassung ausdehnen müssen.

160 Die sprachliche Abweichung der deutschen Textfassung von Art. 26 GesRRL (G Art. 5 PubRL) („Geschäftsbriefe“ statt „Briefe“) bedeutet keinen inhaltlichen Unterschied; vgl. auch die englischen und französischen Texte, die jeweils übereinstimmend von „letters and order forms“ bzw. „lettres et notes de commande“ sprechen.

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(2)  Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten 26.85 Auch Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten müssen zwar gem. Art. 39 GesRRL (G Art. 10 ZNRL) bestimmte Angaben auf ihrer Geschäftskorres­ pondenz – der Begriff der „Geschäftsbriefe und Bestellscheine“ ist hier ebenso auszulegen wie in Art. 35 GesRRL (G  Art. 6 ZNRL, → 26.84) − machen. Da hier jedoch nicht unmittelbar an Art. 26 GesRRL (G Art. 5 PubRL, → 18.25 ff.) angeknüpft werden konnte161, gelten inhaltlich andere Anforderungen. Zwingend anzugeben sind grundsätzlich nur Register und Registernummer der Zweigniederlassung. Sofern das Gesellschaftsstatut auch eine Registereintragung vorsieht, sind darüber hinaus auch Register und Registernummer der Gesellschaft anzugeben. Eine Verpflichtung auch zur Angabe von Rechtsform, Satzungssitz und etwaiger Liquidation normiert die ZNRL dagegen – anders als Art. 35 i.V.m. Art. 26 GesRRL (G Art. 6 ZNRL i.V.m. Art. 5 PubRL) für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus EU/EWR-Staaten (→ 26.84) − nicht. Allerdings handelt es sich bei Art. 39 GesRRL (G Art. 10 ZNRL) – ebenso wie bei den anderen Regelungen für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten (→ 26.51) – lediglich um einen Mindeststandard, d.h. die Mitgliedstaaten können auch hier weitergehende Angabepflichten vorsehen und insbesondere auch die Angabepflichten für sämtliche Zweigniederlassungen synchronisieren. (3)  Deutsches Recht 26.86 Aus deutscher Sicht waren diese Angabepflichten – ebenso wie zuvor schon die Parallelregelung in Art. 26 GesRRL (G Art. 5 PubRL, → 18.28) − ein Novum; zu ihrer Umsetzung mussten ein neuer § 80 Abs. 4 AktG und ein neuer § 35a Abs. 4 GmbHG eingefügt werden162. Das deutsche Recht differenziert grundsätzlich nicht zwischen Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus EU/EWR-Staaten und solchen aus Drittstaaten; § 80 Abs. 4 S. 1 Hs. 2 AktG und § 35a Abs. 4 S. 1 Hs. 2 GmbHG stellen die Angabepflichten allerdings unter den Vorbehalt, dass das ausländische Recht keine Abweichungen erforderlich macht, und tragen so den ggf. speziell bei Drittstaatengesellschaften existierenden Besonderheiten Rechnung. 4.  Sprachenregime 26.87 Die Vorschriften für Zweigniederlassungen enthalten – im Gegensatz zu Art. 21 GesRRL (G Art. 4 PubRL, → 18.43) − keine ausdrückliche allgemeine Regelung bezüglich der Sprache der Offenlegung. Aus der Gesamtsystematik und dem intendierten Gleichlauf mit Art. 14 ff. GesRRL (G Art. 2 ff. PubRL) lässt sich jedoch ableiten, dass auch den Abschnitten 2 und 3 des Titels I Kapitel III GesRRL (G ZNRL) – wie ursprünglich der PubRL (→ 18.44) − das Prinzip zugrunde liegt, dass sich die Sprache 161 Vgl. KOM(86) 397, S. 13. 162 Vgl. BegrRegE z. ZNRL-Gesetz, BT-Drs. 12/3908, S. 59 f., 61 f.

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der Dokumente und Angaben grundsätzlich nach den Sprachregelungen des registerführenden Mitgliedstaats richtet.163 Eine Besonderheit gilt allerdings gem. Art. 32 GesRRL (G Art. 4 ZNRL) − der 26.88 gem. Art. 38 Abs. 2 GesRRL (G Art. 9 Abs. 2 ZNRL) auch für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten gilt − hinsichtlich der Rechnungslegungsunterlagen und – soweit der Mitgliedstaat von der Option des Art. 30 Abs. 2 lit. b GesRRL (G Art. 2 Abs. 2 lit. b ZNRL, → 26.42) Gebrauch gemacht hat − des Errichtungsakts/ der Satzung sowie etwaiger Änderungen derselben: Diese Unterlagen sind grundsätzlich in der „Ursprungssprache“ offenzulegen; der Mitgliedstaat ist jedoch berechtigt zu verlangen, dass sie in einer anderen EU-Amtssprache (speziell auch seiner eigenen164) offengelegt werden und die Übersetzung beglaubigt wird. In Deutschland ist die Registersprache auch bei Zweigniederlassungen deutsch 26.89 (§ 184 GVG); § 11 Abs. 1 HGB n.F. ermöglicht aber eine zusätzliche freiwillige Offenlegung in einer anderen EU-/EWR-Amtssprache (→ 18.45).165 Um auch bezüglich der Satzung eine Offenlegung in deutscher Sprache zu gewährleisten, hat der deutsche Gesetzgeber von der Option des Art. 32 GesRRL (G Art. 4 ZNRL) Gebrauch gemacht. Gem. § 13f Abs. 2 S. 1 HGB (AG, KGaA, SE) bzw. § 13g Abs. 2 S. 1 HGB (GmbH) ist im Falle einer Satzung bzw. eines Gesellschaftsvertrags in fremder Sprache eine beglaubigte Übersetzung in deutscher Sprache erforderlich; Entsprechendes gilt auch im Falle etwaiger Satzungsänderungen166. Hinsichtlich der Rechnungslegungsunterlagen ist § 325a Abs. 1 HGB dagegen aufgrund des Aufwands, der hier mit Übersetzungen verbunden wäre167, großzügiger: Sie sind zwar ebenfalls grundsätzlich in deutscher Sprache einzureichen (S. 2). Sofern Deutsch nicht Amtssprache am Sitz der Hauptniederlassung ist, kann die Einreichung aber auch in englischer Sprache (S. 3 Nr. 1)168, in einer vom Hauptniederlassungsregister beglaubigten Abschrift in der Ursprungssprache (S. 3 Nr. 2, wobei hier gem. Hs. 2 zusätzlich eine beglaubigte Übersetzung der Beglaubigung in deutscher Sprache einzureichen ist)169 oder – sofern eine dem Register vergleichbare Einrichtung nicht existiert oder diese nicht zur Beglaubigung befugt ist – in einer von einem Wirtschaftsprüfer bescheinigten Abschrift (S. 3 Nr. 3) erfolgen. Als Minus zu dem von Art. 32 GesRRL (G Art. 4 ZNRL) Gestatteten ist auch dies richtlinienkonform.170 163 Vgl. auch SEC(2011) 222, S. 18; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 235. 164 Vgl. auch Grundmann Rn. 831. 165 Vgl. GroßkommHGB/Koch § 13d Rn. 53, § 13f Rn. 5; Voigt S. 148. 166 Vgl. GroßkommHGB/Koch § 13f Rn. 21; MüKoAktG/Pentz Anh. § 45 AktG § 13f HGB Rn. 22. 167 Vgl. Bericht Rechtsausschuss z. ZNRL-Gesetz, BT-Drs. 12/5170, S. 15. 168 Diese Option wurde allerdings erst durch das EuroBilG v. 10.12.2001 (BGBl. I, 3414) eingeführt, vgl. dazu BegrRegE BR-Drs. 340/01, S. 18 f. und Bericht Rechtsausschuss, BT-Drs. 14/7081, S. 14. 169 § 325a Abs. 1 S. 3 Nr. 3 HGB ist nur bei Drittstaaten-Gesellschaften einschlägig, da bei EU/EWR-Gesellschaften aufgrund von Art. 16 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 PubRL) immer ein Register existiert und dieses wegen Art. 32 GesRRL (G Art. 4 ZNRL) auch zur Beglaubigung befugt sein muss. 170 A.A. Rehberg (Fn. 129), § 5 Rn. 100.

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5.  Publizitätswirkungen 26.90 Hinsichtlich der Publizitätswirkungen gelten qua Verweisung in Art. 29 Abs. 1 bzw. Art. 36 Abs. 1 GesRRL (G Art. 1 Abs. 1 bzw. Art. 7 Abs. 1 ZNRL) grundsätzlich die Basisregelungen der Art. 16 Abs. 6 und Abs. 7 GesRRL (G Art. 3 Abs. 6 und Abs. 7 PubRL) über die positive und negative Publizität;171 insoweit kann auf → 18.47 ff. verwiesen werden. Art. 29 Abs. 2 GesRRL (G Art. 1 Abs. 2 ZNRL) − der gem. Art. 36 Abs. 2 Ges26.91 RRL (G Art. 7 Abs. 2 ZNRL) auch für Zweigniederlassungen für Gesellschaften aus Drittstaaten gilt − trifft allerdings eine Sonderregelung für den – von Art. 16 Abs. 6 und Abs. 7 GesRRL (G Art. 3 Abs. 6 und Abs. 7 PubRL) naturgemäß nicht erfassten − Sonderfall einer etwaigen Divergenz zwischen der Offenlegung bei der Zweigniederlassung und derjenigen bei der Gesellschaft172: Da der über eine Zweigniederlassung mit der Gesellschaft in Kontakt tretende Dritte i.d.R. auf die Offenlegung bei dieser vertraut, wird auch diese für maßgeblich erklärt173. Mit der Verknüpfung von Gesellschafts- und Zweigniederlassungsregisterdaten (→ 26.4, 26.75, 26.95) wird sich die Wahrscheinlichkeit solcher Divergenzen allerdings künftig (hoffentlich) deutlich reduzieren. Das deutsche Recht entsprach dem bereits: § 15 HGB war schon durch das Ko26.92 ordG v. 15.8.1969 an die Vorgaben der PubRL angepasst worden (→ 18.9, 18.49 f., 18.57) und der damit zu Abs. 4 gewordene ursprüngliche Abs. 3 hatte seit jeher einen Vorrang der Offenlegung bei der Zweigniederlassung vorgesehen174. 6.  Publizitätsverpflichtete 26.93 Parallel zur Art. 27 GesRRL (G Art. 6 PubRL, → 18.43) geregelt ist auch die Frage, welche Personen (Gesellschaftsorgane, sonstige Vertreter, etc.) die Formalitäten der Offenlegung im Einzelnen erfüllen müssen: Art. 13 ZNRL überlässt dies – ebenso wie Art. 27 GesRRL (G Art. 6 PubRL, → 18.43) – dem jeweiligen Mitgliedstaat. 26.94 Das deutsche Recht erlegt Anmeldepflichten teilweise den Vertretungsorganen der Gesellschaft (z.B. § 13e Abs. 2 S. 1 HGB), teilweise aber auch etwaigen ständigen Vertretern der Zweigniederlassung (z.B. § 13e Abs. 3 S. 1 HGB) auf.

171 Vgl. Grundmann Rn. 828; Schmidt-Kessel/Leutner/Müther/Schmidt-Kessel Einl. Rn. 40 f. 172 Vgl. auch Grundmann Rn. 828; Schmidt-Kessel/Leutner/Müther/Schmidt-Kessel/Kopp § 15 HGB Rn. 77; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 144. 173 Vgl. auch EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 144. 174 Die ursprünglich für sämtliche Zweigniederlassungen geltende Regelung wurde allerdings i.R.d. generellen Reform des Zweigniederlassungsrechts durch das EHUG (Fn. 22) auf Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften begrenzt, vgl. dazu BegrRegE z. EHUG, BT-Drs. 16/960, S. 47.

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7.  Informationsaustausch über das BRIS Durch die BRIS-RL (→ 26.4) wurden zwecks Gewährleistung der Kohärenz der 26.95 Register Regelungen zum Informationsaustausch zwischen dem Register der Gesellschaft und den Registern der Zweigniederlassungen über das BRIS eingefügt. Im Falle der Eröffnung und Beendigung eines Abwicklungs- oder Insolvenzverfahren sowie im Falle der Löschung der Gesellschaft muss das Register der Gesellschaft – sofern die genannten Ereignisse im Mitgliedstaat des Registers Rechtsfolgen auslösen − über das BRIS unverzüglich Informationen diesbezüglich zur Verfügung stellen (Art. 20 Abs. 1 GesRRL [G  Art. 5a Abs. 1 ZNRL]). Im Gegenzug muss das Register jeder Zweigniederlassung den unverzüglichen Empfang der genannten Informationen über das BRIS gewährleisten (Art. 20 Abs. 2 GesRRL [G Art. 5a Abs. 2 ZNRL]).175 Dieser Informationsaustausch ist für die Register kostenlos (Art. 20 Abs. 3 GesRRL [G Art. 5a Abs. 3 ZNRL]). Die Regelung des Verfahrens beim Eingang der betreffenden Informationen wird zwar grds. den Mitgliedstaaten überantwortet (Art. 34 Abs. 2 S. 1 GesRRL [G Art. 5a Abs. 4 S. 1 ZNRL]). Diese müssen aber auf jeden Fall sicherstellen, dass im Falle der Auflösung oder Löschung der Gesellschaft aus dem Register auch ihre Zweigniederlassung ohne unangemessene Verzögerung aus dem Register gelöscht wird (Art. 34 Abs. 2 S. 2 GesRRL [G  Art. 5a Abs. 4 S. 2 ZNRL]). Eine Ausnahme hiervon gilt aber natürlich wenn die Löschung der Gesellschaft infolge einer Änderung ihrer Rechtsform (Formwechsel), einer Verschmelzung oder Spaltung oder einer grenzüberschreitenden Verlegung ihres Sitzes (gemeint: grenzüberschreitender Formwechsel) erfolgt ist (Art. 34 Abs. 3 GesRRL [G Art. 5a Abs. 5 ZNRL]); denn dann existiert die Gesellschaft ja fort bzw. hat einen Rechtsnachfolger176. Im Falle grenzüberschreitender Verschmelzungen regelt Art. 130 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 13 UAbs. 2 CMBD, → 22.117) den Informationsaustausch zwischen Registern der beteiligten Gesellschaften, sodass gewährleistet ist, dass über das BRIS auch die Information verfügbar ist, welche Gesellschaft Rechtsnachfolgerin ist. Bei nationalen Verschmelzungen und Spaltungen ist die Offenlegung der Rechtsnachfolge über das Register jedenfalls für AG durch Art. 104 GesRRL (G Art. 18 FusRL, → 20.94) bzw. Art. 150 GesRRL (G Art. 16 SpRL,→ 21.68) gewährleistet; bei nationalen Formwechseln bleibt die Gesellschaft als solche ohnehin bestehen. Bei grenzüberschreitenden Formwechseln wird man wohl – solange es noch keinen speziellen EU-Rechtsakt gibt – Art. 130 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 13 UAbs 2 CBMD) entsprechend anwenden müssen. In Deutschland wurden die Vorgaben der Art. 20, 34 GesRRL (G Art. 5a ZNRL) 26.96 durch die durch das BRIS-UG (→ 26.6) eingefügten § 9b Abs. 2 HGB (Informationsübermittlung an das BRIS) und § 13e Abs. 6 HGB (Weiterleitung der über das BRIS empfangenen Informationen an das zuständige Registergericht) umgesetzt.177 Zur 175 Die deutsche Sprachfassung ist hier etwas missglückt; die englische ist deutlich klarer: „The register of the branch shall, through the system of interconnection of registers, ensure the receipt, without delay, of the information referred to in paragraph 1“. 176 Vgl. dazu auch ErwG 15 S. 3 BRIS-RL. 177 Vgl. BegrRegE z. BRIS-UG, BT-Drs. 18/2137, S. 12 f., 14.

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§ 26 GesRRL VI: Die frühere Zweigniederlassungs-RL (ZNRL)

Umsetzung von Art. 130 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 13 UAbs. 2 CBMD) → 22.118, von Art. 104 GesRRL (G Art. 18 FusRL) → 20.95, von Art. 150 GesRRL (G Art. 16 SpRL) → 21.69.

IV.  Sanktionen 26.97 Spezielle Sanktionsregelungen sind nicht vorgesehen. Art. 40 GesRRL (G Art. 12 ZNRL) verpflichtet die Mitgliedstaaten aber, im nationalen Recht für den Fall des Unterbleibens der Offenlegung „geeignete Maßregeln“ vorzusehen. Ebenso wie nach Art. 28 GesRRL (G Art. 7 PubRL, → 18.27, 18.40)178 obliegt die Wahl des konkreten Sanktionsinstrumentariums damit zwar den Mitgliedstaaten; die Sanktion muss aber jedenfalls „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein“.179 Wie der EuGH in seinem Urteil v. 26.9.2014 in der Rs. Texdata180 ausgeführt hat, bedarf es insoweit einer Abwägung zwischen der Schwere der Sanktion und den Interessen und finanziellen Risiken, denen Geschäftspartner wie Interessenten ausgesetzt sein können, wenn die Offenlegung nicht erfolgt.181 Im konkreten Fall erachtete der Gerichtshof die österreichische Sanktionsregelung für Verstöße gegen die Bilanzpublizität in § 283 Abs. 2, 3 UGB182 für unionsrechtskonform.183 26.98 Nach deutschem Recht kann zur Erzwingung der erforderlichen Anmeldungen zum Handelsregister gem. § 14 HGB i.V.m. §§ 388 ff. FamFG ein Zwangsgeld (max. 5.000 Euro) festgesetzt werden. Da dem Registergericht jedoch häufig schon die not178 Vgl. zur Parallelität: KOM(86) 397, S. 13; Edwards S. 217. 179 Vgl. EuGH v. 30.9.2003, Inspire Art, C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512, Rn. 62; EuGH v. 26.9.2013, Texdata, C-418/11, ECLI:EU:C:2013:588, Rn. 50; vgl. weiter BGH NJW 2005, 1648, 1649; Cordewener (Fn. 11), S. 105, 126 f.; Eidenmüller/Rehberg ZVglRWiss 105 (2006) 427, 434 f.; Paefgen GmbHR 2005, 957, 960; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 145. 180 EuGH v. 26.9.2013, Texdata Software GmbH, C-418/11, ECLI:EU:C:2013:588. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1230 f.; dies. KSzW 2014, 69, 73 f.; de Weerth IStR 2013, 921 f.; Haar GPR 2015, 238, 242; Kleinmanns BB 2014, 112; Kuntze-Kaufhold GmbHR 2013, R369 f.; Schwetlik GmbH-StB 2013, 366 f.; Stiegler DB 2014, 525 f. 181 EuGH v. 26.9.2013, Texdata Software GmbH, C-418/11, ECLI:EU:C:2013:588, Rn. 57. 182 Gem. § 283 Abs. 2 S. 1 UGB hat das Firmenbuchgericht gegen die Gesellschaft durch Zwangsstrafverfügung ohne vorherige Aufforderung und ohne die Möglichkeit einer Anhörung eine Mindestgeldstrafe von 700 Euro zu verhängen, wenn die Offenlegung nicht fristgerecht (d.h. innerhalb von 9 Monaten ab dem Bilanzstichtag, § 277 Abs. 1 UGB) geschieht. Die Gesellschaft kann hiergegen binnen 14 Tagen Einspruch erheben (§ 283 Abs. 2 S. 4 UGB). Wenn der Einspruch nicht begründet ist, kann durch Beschluss eine Zwangsstrafe von 700 bis 3.600 Euro verhängt werden (§ 283 Abs. 3 UGB). Durch das RÄG 2014 wurden allerdings zwischenzeitlich Sonderregelungen mit auf die Hälfte reduzierten Beträgen für Kleinstkapitalgesellschaften ergänzt (Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Aktiengesetz, das GmbH-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz, das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, das SE-Gesetz, das Vereinsgesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 – RÄG 2014), BGBl. I Nr. 22/2015). 183 Näher dazu Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1230 f.; dies. KSzW 2014, 69, 73 f.

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wendige Kenntnis von der Existenz eines anmeldepflichtigen Tatbestands fehlen wird, wird dieser Sanktionsmechanismus verbreitet als „stumpfes Schwert“ kritisiert184. Teile des Schrifttums185 und einige Gerichte186 woll(t)en die Nichteintragung daher zusätzlich mit einer Handelndenhaftung analog §§ 41 Abs. 1 S. 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG sanktionieren; eine derartige analoge Anwendung würde jedoch einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit darstellen und wurde daher vom BGH zu Recht verworfen187. Die Einhaltung der Angabepflichten auf Geschäftsbriefen kann ebenfalls durch Festsetzung eines Zwangsgelds erzwungen werden (§§ 407 Abs. 1 AktG, § 79 Abs. 1 GmbHG); ferner droht hier zudem ggf. eine zivilrechtliche Haftung (→ 18.28). Im Interesse einer effektiven Durchsetzung zumindest der Bilanzpublizitätspflichten wurde durch das EHUG188 ein Amtsverfahren eingeführt (§§ 329, 335 HGB); 2013 wurde das Ordnungsgeldverfahren modernisiert (§§ 335–335b HGB n.F.)189; durch das TrRLÄndUG (→ 36.45) wurden die Sanktionen für kapitalmarktorientierte Unternehmen deutlich verschärft (§ 335 Abs. 1a–1d HGB n.F.) (→ 18.40). Das Problem ist allerdings, dass auch dieses System zumindest bei den Zweigniederlassungen, die sich der Registrierungspflicht vollständig entziehen, versagt, weil der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers nur auf der Basis der Registerdaten prüft (vgl. § 329 Abs. 1 S. 2 HGB). Insofern verbleiben somit zumindest gewisse Zweifel an der Vereinbarkeit der deutschen Sanktionsmechanismen mit dem Gebot des effet utile.190

184 Vgl. GroßkommHGB/Koch § 13d Rn. 59 ff.; MünchKommZPO/Krafka § 388 FamFG Rn. 2; Leible/Hoffmann RIW 2005, 544, 545 f.; Lutter in: Lutter (Hrsg.), Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, 2005, S. 1, 9; Mankowski ZVI 2006, 45, 48; Wachter GmbHR 2005, 1131, 1133. S. ferner die Stellungnahme des Bundesrates zum RegE des MoMiG (BR-Drs. 354/07(B), S. 22). Vgl. speziell zur geringen Zahl der Limiteds, die ihrer Eintragungspflicht tatsächlich nachkommen Kornblum GmbHR 2007, 25, 33 f.; Westhoff GmbHR 2007, 474, 476. 185 Vgl. MünchKommBGB/Kindler IntHGesR Rn. 944 ff.; Leible/Hoffmann RIW 2005, 544 ff.; Paefgen GmbHR 2005, 957 ff. 186 OLG Hamburg NJW 1986, 2199; OLG Oldenburg NJW 1990, 1422, 1423; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 1124; LG Stuttgart NJW-RR 2002, 463, 466 f. 187 BGH NJW 2005, 1648; zustimmend Lutter/Hommelhoff/Bayer, 18. Aufl. 2012, Anh II zu § 4a Rn. 36; Eidenmüller NJW 2005, 1618, 1619; Eidenmüller/Rehberg ZVglRWiss 105 (2006) 427, 435; Goette ZIP 2006, 541, 544; Lehmann NZG 2005, 580, 581 f.; Lieder DZWiR 2005, 399, 404; Rehberg JZ 2005, 849, 850 ff.; gegen eine Analogie auch schon Lutter (Fn. 184), S. 1, 13. 188 Fn.  22. 189 Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuchs v. 4.10.2013, BGBl. 2013, 3746. Literatur → 18.40. 190 Vgl. auch EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 145; kritisch im Hinblick auf die vergleichsweise geringe Höhe des Zwangsgelds auch Schmidt-Kessel/Leutner/Müther/SchmidtKessel Einl. Rn. 42. I.R.d. Gesetzgebungsverfahrens zum MoMiG hatte die Bundesregierung zwar auf Anregung des Bundesrates (BR-Drs. 354/07(B), S. 22) zugesagt, die Schaffung weiterer Sanktionen zu prüfen (BT-Drs. 16/6140, S. 78), entschied sich dann jedoch gegen eine Ergänzung.

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V.  Fundstellenverzeichnis Grundlage

Art. 54 Abs. 3 lit. g EWGV [G Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV]

Vorschläge

Vorschlag für eine Elfte RL des Rates aufgrund von Art. 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen gegründet werden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, 23.7.1986, KOM(86) 397 = BT-Drs. 10/6066



Geänderter Vorschlag für eine Elfte RL des Rates aufgrund von Art. 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen gegründet werden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, 28.3.1988, KOM(88) 153 = ABlEG v. 21.4.1988, C 105/6



Überprüfter Vorschlag für eine Elfte RL des Rates aufgrund von Art. 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen gegründet werden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, 16.11.1989, KOM(89) 528 = ABlEG v. 8.12.1989, C 309/9

verabschiedete Fassung

Elfte RL 89/666/EWG des Rates v. 21.12.1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, ABlEG v. 30.12.1989, L 395/36

Berichtigung

ABlEU v. 1.2.2008, L 28/40 [Art. 19 Abs. 1 CBMD]

ändernde Rechtsakte

RL 2012/17/EU des EP und des Rates vom 13.6.2012 zur Änderung der RL 89/666/EWG des Rates sowie der RL 2005/56/ EG und 2009/101/EG des EP und des Rates in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern, ABlEU v. 16.6.2012, L 156/1) [BRIS-RL]



RL 2014/59/EU des EP und des Rates v. 15.4.2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der RL 82/891/EWG des Rates, der RL 2001/24/EG, 2002/47/ EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des EP und des Rates, ABlEU v. 12.6.2014, L 173/190 [BRRD]

Kodifizierung in der GesRRL

RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Kodifizierter Text), ABlEU v. 30.6.2017, L 169/46

Umsetzung in Deutschland ursprüngliche Umsetzung

Gesetz zur Durchführung der Elften gesellschaftsrechtlichen RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften und über Gebäudeversicherungs-verhältnisse v. 22.7.1993, BGBl. I, 1282

§ 27 Die Einpersonengesellschafts-RL (EpGRL)

RL 2012/17/EU

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Gesetz zur Umsetzung der RL 2012/17/EU in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern in der Europäischen Union v. 22.12.2014, BGBl. I, 2409 [BRIS-UG]

§ 27 Die Einpersonengesellschafts-RL (EpGRL) § 27 Die Einpersonengesellschafts-RL (EpGRL) RL 2009/102/EG des EP und des Rates v. 16.9.2009 auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, ABlEU v. 1.10.2009, L 258/20 Literatur: Brändel, Oliver C., Die Auswirkungen der 12. gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinie auf die Einmann-AG, in: Goerdeler, Reinhard u.a. (Hrsg.), Festschrift für Alfred Kellermann zum 70. Geburtstag am 29. November 1990, 1991, S. 15; Driesen, Werner G., Neues Recht für die Einpersonen-GmbH, MDR 1992, 324; Drygala, Tim, Konzernhaftung und Einmann-Richtlinie, ZIP 1992, 1528; Dunn, Edwina, Single-Member Private Limited Liability Companies: 12th Company Law Directive, EBLR 1990, 6; Eckert, Hans-Werner, Die Harmonisierung des Rechts der Einpersonen-GmbH, EuZW 1990, 54; Edwards, Vanessa, The EU Twelfth Company Law Directive, (1998) 19 Co Law 211; Freudling, Martin, Die Umsetzung der zwölften Richtlinie des Rates der Europäischen Union auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts in den Rechtsordnungen Deutschlands und Italiens, 2001; Hirte, Heribert, Die Zwölfte EG-Richtlinie als Baustein eines Europäischen Konzernrechts?, ZIP 1992, 1122; Kalss, Susanne, Die Bedeutung der Publizitäts-, Kapital-, Zweigniederlassungs- und Einpersonengesellschaftsrichtlinie der Europäischen Union für das österreichische Gesellschaftsrecht (AG und GmbH), in: Koppensteiner, Hans-Georg (Hrsg.), Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht, Teil 1: Gesellschaftsrecht, 1994, S. 119; Kindler, Peter, Gemeinschaftsrechtliche Grenzen der Konzernhaftung in der Einmann-GmbH, ZHR 157 (1993) 1; Lutter, Marcus, Mißglückte Rechtsangleichung: das Chaos der Ein-Personen-Gesellschaft in Europa, in: Pfeiffer, Gerd (Hrsg.), Festschrift für Hans Erich Brandner zum 70. Geburtstag, 1996, S. 81; Mousoulas, Spilios, La société unipersonnelle à responsabilité limitée communautaire – appréciation de la XIIe directive du Conseil en matière de sociétés, Rev. Soc. 1990, 395; Power, Vincent J. G., Twelfth EEC company law directive, (1990) 1 ICCLR C44; Roth, Wulf-Henning, „Video“Nachlese oder das (immer noch) vergessene Gemeinschaftsrecht, ZIP 1992, 1054; Schimmelpfennig, Hans-Christoph/Hauschka, Christoph E., Die Zulassung der Ein-Personen-GmbH in Europa und die Änderungen des deutschen GmbH-Rechts, NJW 1992, 942; Schüppen, Mat­ thias, Haftung im qualifiziert faktischen GmbH-Konzern und 12. EG-Richtlinie, DB 1993, 969; Schwarz, Hans-Detlev, Das Gesetz zur Durchführung der Zwölften gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinie – Neuerungen für die Einpersonen-GmbH, DStR 1992, 221; Wilhelm, Ulrich B., Haftung im qualifiziert-faktischen Konzern und Europarecht, EuZW 1993, 729; Wooldridge, Frank, The draft Twelfth Directive on Single-Member Companies, JBL 1989, 86. Rechtsprechung: Nationale Gerichte: BGH v. 29.3.1993 − II ZR 265/91, BGHZ 122, 123 = NJW 1993, 1200 („TBB“)

27

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§ 27 Die Einpersonengesellschafts-RL (EpGRL)

I.  Genese und Ratio 1.  Grundgedanken und Inhalt im Überblick 27.1 Die 12. (Einpersonengesellschafts-)RL (EpGRL) ist letztlich ein Instrument der Mittelstandsförderung:1 Zur Förderung der Gründung und Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die sich die Kommission in ihrem Aktionsprogramm für KMU aus dem Jahr 19862 ausdrücklich auf die Fahnen geschrieben hatte, zielt die EpGRL darauf ab, den Zugang zur Kapitalgesellschaft europaweit auch für Einzelunternehmen zu öffnen.3 Die Gründung von Einpersonengesellschaften war nämlich bis in die 1980er Jahre nur in wenigen Mitgliedstaaten4 zulässig. Speziell die romanischen Rechtsordnungen erachteten die Idee einer Einpersonengesellschaft lange als per se unvereinbar mit dem theoretischen Konzept der Gesellschaft als Vertrag zwischen den Gesellschaftern5.6 Zudem bestanden erhebliche Unterschiede bei den Rechtsfolgen im Falle der nachträglichen Vereinigung sämtlicher Gesellschaftsanteile in einer Hand; einige Rechtsordnungen sanktionierten dies mit der persönlichen Haftung des einzigen Gesellschafters7, andere gar mit der Zwangsliquidation8.9 Durch die EpGRL wurde gewährleistet, dass sich Einzelunternehmer nicht nur in ihrem Heimatstaat, sondern – in Ausübung ihrer Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49, 54 AEUV10 − auch in allen anderen EU- und EWR-Staaten des rechtlichen Instruments einer Gesellschaft mit Haftungsbeschränkung bedienen können. Nachdem einige der im ursprünglichen RL-Entwurf vom 18.5.198811 enthaltenen 27.2 Regelungen (insbesondere das sog. „Enkelverbot“, → 27.18) auf heftige Kritik gesto 1 Vgl. Habersack/Verse § 10 Rn. 3; Power (1990) 1 ICCLR C44.   2  Entwurf einer Entscheidung des Rates über das Aktionsprogramm für die KMU, 26.8.1986, KOM(86) 445; vgl. auch Entschließung des Rates vom 3.11.1986 zum Aktionsprogramm für die kleinen und mittleren Unternehmen, ABlEG v. 14.11.1986, C 287/1.   3  Vgl. ErwG 4; KOM(88) 101, S. 3.   4  In Dänemark seit 1973, in Deutschland seit 1980 (→ 27.6), in Frankreich seit 1985 (→ Fn. 60), in den Niederlanden seit 1986 und in Belgien seit 1987 (→ Fn. 61), vgl. KOM(88) 101, S. 3.   5  Vgl. nur Art. 1832(1) C. civ.: „La société est instituée par deux ou plusieurs personnes qui conviennent par un contrat d’affecter à une entreprise commune des biens ou leur industrie en vue de partager le bénéfice ou de profiter de l’économie qui pourra en résulter.“  6 Näher Edwards S. 220 f.; dies. (1998) 19 Co Law 211 f.; Lutter FS Brandner, 1996, S. 81, 82 f.; speziell zur – insoweit paradigmatischen − Entwicklung in Frankreich Guyon ZGR 1988, 240, 257 f. und ausf. Daigre (1990) 42 RIDC 665 ff.   7  So etwa das italienische Recht (Art. 2362 Codice civile a.F., vgl. dazu Laule RIW 1979, 29 ff.), das englische Recht (s. 24 CA 1985, so auch schon s. 48 CA 1862) und das irische Recht (s. 36 CA 1963), vgl. dazu auch Lutter FS Brandner, 1996, S. 81, 84 f.   8  So etwa das französische Recht (→ Fn. 60), das englische Recht (s. 122(1)(e) IA 1986) oder das irische Recht (s. 213(d) CA 1963), vgl. dazu auch Lutter FS Brandner, 1996, S. 81, 83 ff.   9  Vgl. KOM(88) 101, S. 3. 10  Vgl. speziell zur Bedeutung der EpGRL unter dem Aspekt der Niederlassungsfreiheit auch Grundmann Rn. 293 f.; Habersack/Verse § 10 Rn. 3; Lutter FS Brandner, 1996, S. 81, 86. 11  Vorschlag für die 12. Gesellschaftsrechtliche RL des Rates betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, 18.5.1988, KOM(88) 101 = BTDrs. 11/2766.

§ 27 Die Einpersonengesellschafts-RL (EpGRL)

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ßen waren, präsentierte die Kommission am 24.5.1989 einen geänderten Entwurf12. Nach weiterer Diskussion im EP und im Rat13, legte sie dann am 4.12.1989 einen nochmals geänderten Entwurf14 vor, auf Basis dessen der Rat die EpGRL dann am 21.12.198915 − gemeinsam mit der (inzwischen in die GesRRL integrierten) ZNRL (→ 26) − verabschiedete. Durch das EWR-Abkommen wurde ihr Anwendungsbereich m.W.v. 1.1.1994 bzw. 27.3 1.5.199516 auch auf die EWR-Staaten ausgedehnt.17 Der Beitritt neuer Mitgliedstaaten zur EU machte darüber hinaus jeweils entsprechende Ergänzungen des Katalogs der erfassten Rechtsformen in Art. 1 EpGRL (→ 27.7) erforderlich.18 2.  Änderungen und Kodifizierung Im Rahmen des allgemeinen Projekts zur Kodifizierung des Acquis communautaire19 27.4 erfolgte m.W.v. 21.10.2009 die Kodifizierung als RL 2009/102/EG20, wodurch sich

12  Geänderter Vorschlag für die 12. Gesellschaftsrechtliche RL des Rates betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, 24.5.1989, KOM(89) 193 = ABlEG v. 20.6.1989, C 152/10. 13  Vgl. Beschluss v. 11.10.1989 betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf die Annahme einer zwölften RL auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, ABlEG v. 20.11.1989, C 291/53. 14  Nochmals geprüfter Vorschlag für die 12. Gesellschaftsrechtliche RL des Rates betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, 29.11.1989, KOM(89) 591 = ABlEG v. 8.2.1990, C 30/91. 15  Zwölfte RL 89/667/EWG des Rates v. 21.12.1989 auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, ABlEG v. 30.12.1989, L 395/40. 16  Für Island und Norwegen (sowie für Finnland, Österreich, Schweden, die aber inzwischen zur EU gehören) zum 1.1.1994, für Liechtenstein zum 1.5.1995. Zur Ausdehnung der kodifizierten Fassung → Fn. 20. 17  Vgl. Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum − Anhang XXII, Nr. 9 (ABlEG v. 3.1.1994, L 1/3). 18  Beitrittsakte von 1994, Anh. I Kap. XI Abschnitt A, ABlEG v. 29.8.1994, C 241/194 (Beitritt Finnland, Österreich und Schweden); Beitrittsakte von 2003, Anh. II Kap. 4 Abschnitt A, ABlEU v. 23.9.2003, L 236/338 (Beitritt Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern); RL 2006/99/EG des Rates v. 20.11.2006 zur Anpassung bestimmter RL im Bereich Gesellschaftsrecht anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, ABlEU v. 20.12.2006, L 363/137. 19  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat. Kodifizierung des Acquis communautaire, KOM(2001) 645; dazu Heydt EuZW 2002, 34. 20  RL 2009/102/EG des EP und des Rates v. 16.9.2009 auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, ABlEU v. 1.10.2009, L 258/20. Ausdehnung auf die EWR-Staaten durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 56/2010 v. 30.4.2010 zur Änderung von Anhang XXII (Gesellschaftsrecht) des EWR-Abkommens, ABlEU v. 15.7.2010, L 181/24.

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teilweise die Nummerierung der Artikel änderte21. Die Änderungs-RL 2013/24/EU22 passte Anhang I an den Beitritt Kroatiens an. Am 9.4.2014 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Neufassung der Ep27.5 GRL23 vor, der in Teil 1 (weitgehend) die bisherigen Vorschriften übernimmt, in Teil 2 aber die Schaffung einer Societas Unius Personae (SUP) regelt. Zu diesem sog. SUPRLE wurde zwar 2015 eine allgemeine Ausrichtung des Rates beschlossen (SUPRLE-Rat)24, inzwischen liegt er jedoch bereits seit Längerem im EP „auf Eis“; ob und wann es überhaupt jemals realisiert wird, ist unklar.25 Näher → 47.1, 47.91 ff. 3.  Umsetzung in Deutschland 27.6 Da das deutsche Recht die Einpersonengründung26 für die GmbH bereits seit der Neufassung des § 1 GmbHG durch die GmbH-Novelle von 198027 zuließ, erforderte die Umsetzung der EpGRL für die GmbH nur einige kleinere Korrekturen, die durch Gesetz v. 18.12.1991 (12.-RL-Gesetz)28 erfolgten. Die notwendigen Anpassungen für die AG erfolgten dagegen erst durch das Gesetz für kleine AG v. 2.8.199429 (→ 27.11).

II.  Anwendungsbereich 27.7 Zwingend galten die Bestimmungen der EpGRL – im Einklang mit ihrer Funktion als Instrument der Förderung von KMU (→ 27.1) − gem. Art. 1 EpGRL ursprünglich nur für die in Anh. I abschließend aufgezählten30 nationalen Formen der GmbH. 21 Im Folgenden werden die Artikelbezeichnungen der kodifizierten Fassung verwendet; hinsichtlich der entsprechenden Artikel der ursprünglichen Fassung wird auf die Entsprechungstabelle in Anh. III der kodifizierten Fassung verwiesen. 22  RL 2013/24/EU des Rates vom 13.5.2013 zur Anpassung bestimmter RL auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABlEU v. 10.6.2013, L 158/365. 23  Vorschlag für eine RL des EP und des Rates über Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, COM(2014) 212. 24  Dok. 9011/15. Zum zugrundeliegenden (nahezu identischen) Kompromissvorschlag der Ratspräsidentschaft in Dok. 8811/15: Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1731, 1733 ff. 25 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2016, 1923, 1924. 26  Die nachträgliche Anteilsvereinigung in einer Hand war sogar schon lange vorher anerkannt, vgl. bereits RGZ 85, 380, 382; 98, 289, 291; RGZ 129, 50, 53; BGHZ 21, 378, 381. 27  Gesetz zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften v. 4.7.1980, BGBl. I, 836. 28  Gesetz zur Durchführung der Zwölften RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter v. 18.12.1991, BGBl. I, 2206. Dazu Driesen MDR 1992, 324 f.; Schimmelpfennig/Hauschka NJW 1992, 942 ff.; H.-D. Schwarz DStR 1992, 221 f. 29  Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts v. 2.8.1994, BGBl. I, 1961. 30  Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 464.

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Für diese müssen die Mitgliedstaaten entweder die Einpersonengesellschaft zulassen (Art. 2 Abs. 1 EpGRL, → 27.12 ff.) oder zumindest die Gründung von EinpersonenUnternehmen mit beschränkter Haftung ermöglichen (Art. 7 EpGRL, → 27.17). Durch Art. 3 Abs. 2 SE-VO (→ 45.71 ff.) wurde der zwingende Anwendungsbe- 27.8 reich darüber hinaus auch auf die SE erstreckt. Hier müssen die Mitgliedstaaten die sekundäre Gründung einer 100%igen Tochter-SE zulassen (Art. 3 Abs. 2 S. 2 SE-VO); für diese gelten dann sinngemäß die jeweiligen nationalen Umsetzungsvorschriften zur EpGRL (Art. 3 Abs. 2 S. 3 SE-VO).31 Hinsichtlich der nationalen AG bleibt es dagegen grundsätzlich weiterhin den 27.9 Mitgliedstaaten überlassen, ob sie die Einpersonengesellschaft zulassen. Sofern sie dies tun, gelten die Vorschriften der EpGRL gem. Art. 6 EpGRL aber auch für die Einpersonen-AG, d.h. auch hier muss der jeweilige Mitgliedstaat die Vorgaben der Art. 3–5 EpGRL (→ 27.28 ff.) und der Art. 8–11 EpGRL beachten.32 Damit wird gewährleistet, dass auch bei der Einpersonen-AG im Interesse der Gesellschafter und Dritter dieselben Schutzstandards gelten33 und die durch die EpGRL etablierten Schutzvorschriften nicht durch ein Ausweichen auf die Rechtsform der AG umgangen werden können.34 Die „bedingte“ Anwendungspflicht wird deshalb richtiger Ansicht nach bereits dann ausgelöst, wenn ein Mitgliedstaat entweder die Einpersonengründung oder die nachträgliche Entstehung einer Einpersonen-AG durch Vereinigung sämtlicher Gesellschaftsanteile in einer einzigen Hand zulässt.35 Denn auch wenn ein Mitgliedstaat nur eine dieser beiden Alternativen gestattet, besteht ein Bedürfnis nach Umgehungsschutz. Die teilweise im Schrifttum36 und auch vom deutschen Gesetzgeber in der Begründung zum 12.-RL-Gesetz 37 vertretene Gegenansicht, welche die Anwendungspflicht erst bei einem kumulativen Vorliegen beider Tatbestände eingreifen lassen will, beruht offenbar auf einem Missverständnis der Bezugnahme auf Art. 2 Abs. 1 EpGRL (→ 27.12 ff.). Rechtsvergleichend ist jedenfalls zu konstatieren, dass im Laufe der Zeit immer mehr Mitgliedstaaten die Einpersonen-AG zugelassen haben (und damit in-

31  Vgl. dazu auch Grundmann Rn. 305 sowie Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 SE-VO Rn. 9 m.w.N. 32  Aus Ratio und Systematik ergibt sich, dass nur die Art. 3–5, 8–11 EpGRL gemeint sind (vgl. auch Edwards S. 223; dies. (1998) 19 Co Law 211, 212; Grundmann Rn. 301). Denn die Art. 1, 2 Abs. 1 und 7 EpGRL betreffen gerade den Regelungsauftrag zur Zulassung der Einpersonen-GmbH (bzw. die Alternativoption eines Einpersonen-Unternehmens mit beschränkter Haftung, → 27.17). Auch Art. 2 Abs. 2 EpGRL kann nicht gemeint sein, denn wenn es den Mitgliedstaaten im Grundsatz freisteht, ob sie die Einpersonengesellschaft für AG überhaupt zulassen, so muss es ihnen erst recht auch gestattet sein, den Zugang zur Einpersonen-AG nach Belieben einzuschränken. 33  Vgl. KOM(88) 101, S. 9. 34  Vgl. auch Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 464; Mousoulas Rev. soc. 1990, 395, 400 f. 35 Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 109; GroßkommAktG/Brändel § 1 Rn. 150; Grohmann S. 303; Grundmann Rn. 295 Fn. 20; Habersack/Verse § 10 Rn. 4 Fn. 14. 36 Vgl. Eckert EuZW 1990, 54, 55 f.; Kalss in: Koppensteiner (Hrsg.), Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht, Bd. 1, 1994, S. 119, 293. 37  Vgl. BR-Drs. 184/91, S. 7.

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soweit auch an die Vorgaben der EpGRL gebunden sind), so u.a. die Niederlande38, Polen39, Schweden (seit 1995)40, Luxemburg (seit 2006)41 oder das UK (seit 2009)42. Das französische Recht verlangt dagegen auch heute noch mindestens zwei Gründer, bei Gesellschaften, deren Aktien zum Handel an einem geregelten Markt oder MTF zugelassen sind, sogar mindestens sieben.43 27.10 Im SUP-RLE (→ 27.5) wird die „bedingte Anwendungspflicht“ auf sämtliche Rechtsformen44 erstreckt, für die ein Mitgliedstaat entweder die Einpersonengründung oder die nachträgliche Entstehung einer Einpersonen-AG durch Vereinigung sämtlicher Gesellschaftsanteile in einer einzigen Hand zulässt (Art. 1 Abs. 3 SUPRLE). Damit soll offenbar gewährleistet werden, dass für alle Einpersonengesellschaften (egal ob GmbH, AG oder sonstige) dieselben Schutzstandards gelten und diese nicht durch ein Ausweichen auf andere Rechtsformen als AG und GmbH unterlaufen werden können. Im deutschen Recht wurde die originäre Einpersonengründung einer AG erst 27.11 durch die Neufassung des § 2 AktG durch das Gesetz für kleine AG v. 2.8.199445, mit dem auch die Vorgaben der EpGRL umgesetzt wurden (→ 27.6), gesetzlich zugelassen. Die nachträgliche Entstehung einer Einpersonen-AG war jedoch bereits lange zuvor anerkannt46, so dass die EpGRL zumindest insoweit bereits mit dem Ablauf ihrer Umsetzungsfrist am 1.1.199247 umzusetzen gewesen wäre48.

III.  Reichweite des Gebots der Zulassung der Einpersonengesellschaft 1.  Originäre und „nachträgliche“ Einpersonengesellschaft (Art. 2 Abs. 1 EpGRL) 27.12 Gem. Art. 2 Abs. 1 EpGRL müssen die Mitgliedstaaten sowohl die Gründung einer Einpersonen-GmbH (originäre Einpersonengesellschaft) als auch die Fortexistenz der Kapitalgesellschaft als solcher im Falle der nachträglichen Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in der Hand einer einzigen Person („nachträgliche“ Einpersonengesellschaft) zulassen bzw. anerkennen. 38  Art. 2:64(2) Burgerlijk Wetboek. 39  Art. 301 § 1 KSH (Kodeks spółek handlowych, Dz.U. 2000 Nr. 94 poz. 1037 [Gesetz über Handelsgesellschaften]). 40  Kap. 2 § 1 Aktiebolagslag. 41  Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 Loi du 10 août 1915 concernant les sociétés commerciales (geändert durch loi du 25 août 2006; vorher: mind. 2). 42  S. 7(1) CA 2006. Zuvor waren gem. s. 1(1) CA 1985 mindestens zwei Aktionäre erforderlich. Vgl. zum Ganzen Palmer’s Company Law 2.110, 2.127. 43  Art. L225-1 C. com. 44  Im SUP-RLE wird schlicht allgemein auf „andere … Rechtsformen“ Bezug genommen, im SUP-RLE-Rat heißt es „andere … Rechtsformen …, insbesondere Aktiengesellschaften“. 45  Fn. 29. 46  Vgl. bereits Schlegelberger/Quassowski, AktG, 1. Aufl. 1937, § 2 Rn. 14. 47  Vgl. Art. 8 Abs. 1 der ursprünglichen RL-Fassung (Fn. 15). 48  Vgl. Bayer/Habersack/Bayer/J. Schmidt I Kap. 18 Rn. 109; Habersack/Verse § 10 Rn. 5.

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Hinsichtlich des Verfahrens der Einpersonengründung macht die EpGRL allerdings keinerlei Vorgaben. Dessen Ausgestaltung bleibt vielmehr – vorbehaltlich der Regeln der GesRRL zur Offenlegung (Art. 16 ff. GesRRL [G  Art. 3 ff. Pub­RL],  → 18.14 ff.) und zur Handelndenhaftung (Art. 7 GesRRL [G  Art. 8 PubRL], 18.62 ff.) − grundsätzlich dem jeweiligen Mitgliedstaat überlassen49. Nach ErwG 5 S. 5 EpGRL steht es den Mitgliedstaaten insbesondere auch frei, Regeln aufzustellen, um den aus der Existenz nur eines einzigen Gesellschafters resultierenden spezifischen Gefahren zu begegnen und insbesondere um die Einzahlung des gezeichneten Kapitals sicherzustellen (→ 27.24). Zu beachten ist dabei aber natürlich stets der Grundsatz des effet utile, d.h. die Ausgestaltung der Regeln für die Einpersonengründung darf keinen prohibitiven Charakter haben. Sofern ein Mitgliedstaat auch die Gründung einer Einpersonen-AG zulässt (→ 27.9), gelten zudem selbstverständlich die Vorgaben der Art. 3 ff. GesRRL (G Art. 2 ff. KapRL, → 19.18 ff.). Im Falle der „nachträglichen“ Entstehung einer Einpersonen-GmbH muss zunächst einmal die Fortexistenz der Gesellschaft als Kapitalgesellschaft anerkannt werden; Art. 2 Abs. 1 EpGRL ist insoweit lex specialis zu Art. 11 UAbs. 1 lit. b Ziff. vi GesRRL (G Art. 12 UAbs. 1 lit. b Ziff. vi PubRL, → 18.92)50. Aus Genese (→ 27.1), Systematik und Ratio der EpGRL sowie speziell ErwG 5 S. 1–4 EpGRL ergibt sich darüber hinaus aber auch, dass die Mitgliedstaaten diesen Sachverhalt als solchen – außer in den in Art. 2 Abs. 2 EpGRL explizit geregelten Sonderfällen (→ 27.18 ff.) − auch nicht mit spezifischen Sanktionen wie z.B. einer (unbeschränkten) persönlichen Haftung des Alleingesellschafters oder einem Liquidationszwang belegen dürfen.51 Zur sog. „Strohmann“-Gründung (d.h. der Einschaltung einer weiteren Person, die zwar formal Gesellschafter wird, ihre Anteile aber auf Rechnung des wirtschaftlichen Alleingesellschafters hält) − wie sie vor Zulassung der Einpersonengründung in vielen Mitgliedstaaten gängige Praxis war und vielfach auch heute noch ist − verhält sich die EpGRL dagegen weder im positiven noch im negativen Sinne. Die Einschaltung eines „Strohmanns“ (oder einer „Strohfrau“) wird durch sie weder verboten noch wird den Mitgliedstaaten die Zulassung solcher Konstruktionen geboten.52 Da das deutsche Recht sowohl die „originäre“ (vgl. § 1 GmbHG) als auch die „nachträgliche“ Einpersonen-GmbH schon vor der EpGRL zugelassen hatte (→ 27.6), war der Regelungsauftrag des Art. 2 Abs. 1 EpGRL bereits erfüllt. Daneben ist aber auch die „Strohmann“-Gründung möglich.53

49 Vgl. Habersack/Verse § 10 Rn. 6; Schwarz Rn. 514. 50 Vgl. Dunn EBLR 1990, 6 Fn. 4; Edwards S. 224; Habersack/Verse § 10 Rn. 2; Dauses/ Kalss/Klampfl E.III. Rn. 464; Mousoulas Rev. soc. 1990, 395, 402; Wooldridge JBL 1989, 86, 87. 51  Vgl. auch Habersack/Verse § 10 Rn. 6; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 465. 52  Vgl. auch Habersack/Verse § 10 Rn. 8 f.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 465; s. ferner auch Lutter FS Brandner, 1996, S. 81, 95. 53  Vgl. nur Lutter/Hommelhoff/Bayer § 1 GmbHG Rn. 24; Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich § 1 GmbHG Rn. 41 m.w.N.

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2.  Alternative: Einpersonen-Unternehmen mit beschränkter Haftung (Art. 7 EpGRL) 27.17 Um den in vielen Mitgliedstaaten bestehenden Vorbehalten gegenüber dem theoretischen Konstrukt einer Gesellschaft mit nur einem Gesellschafter (→ 27.1) Rechnung zu tragen54, dispensiert der mit Blick auf die Rechtslage in Portugal55 eingefügte56 Art. 7 EpGRL die Mitgliedstaaten von der Verpflichtung zur Zulassung der Einpersonenkapitalgesellschaft57, wenn ihr nationales Recht Einzelunternehmern zumindest ein „Einpersonen-Unternehmen mit beschränkter Haftung“ ermöglicht. Voraus­setzung ist insofern aber nicht nur, dass die Haftung des Unternehmens auf ein Vermögen beschränkt ist, das für eine bestimmte Tätigkeit eingesetzt wird. Darüber hinaus müssen in Bezug auf dieses Unternehmen auch Schutzbestimmungen vorgesehen sein, die denjenigen der EpGRL sowie den sonstigen Vorschriften des Unionsrechts, die für Gesellschaften i.S.d. Art. 1 EpGRL gelten − speziell der Art. 7 ff., 14 ff. GesRRL (G  Art. 2 ff. PubRL, → 18) und der EU-Bilanz-RL58 −, gleichwertig sind. Es muss sich also letztlich um ein mit Blick auf die Ziele der EpGRL „gleichwertiges aliud“ handeln.59 3.  Zulässige Einschränkungen a)  Die Mitgliedstaatenoptionen des Art. 2 Abs. 2 EpGRL 27.18 Die EpGRL ermöglicht es mit Art. 2 Abs. 2 aber auch denjenigen Mitgliedstaaten, die nicht von der Alternativoption des Art. 7 EpGRL Gebrauch machen, in bestimm54  Vgl. KOM(88) 101, S. 9; Dunn EBLR 1990, 6, 7. 55  Durch das DL n.º 248/86, de 25 de Agosto, Estabelecimento mercantil individual de responsabilidade limitada, wurde die spezielle Rechtsform der „Estabelecimento mercantil individual de responsabilidade limitada (EIRL)“, ein Einzelhandelsunternehmen mit beschränkter Haftung, eingeführt; vgl. dazu Driesen GmbHR 1991, 49, 50; Eckert EuZW 1990, 54, 56; Edwards S. 223. Seit 1.1.2011 (Loi n° 2010-658 du 15 juin 2010 relative à l’entrepreneur individuel à responsabilité limitée, JORF du 16 juin 2010, p. 10984) gibt es allerdings mit dem in Art. L526-6 ff. C. com. geregelten „l’entrepreneur individuel à responsabilité limitée“ (EIRL) auch in Frankreich für Einzelunternehmer die Möglichkeit, mit beschränkter Haftung tätig zu werden; diese neue Option tritt dort aber nur neben die weiterhin bestehende Möglichkeit der Gründung einer Einpersonengesellschaft. Dazu etwa Gladel D. 2010, 560; Marmoz D. 2010, 1570 ff.; Peifer GmbHR 2010, 972 ff.; Wedemann RabelsZ 75 (2011) 541, 545. 56 Vgl. Edwards S. 223; dies. (1998) 19 Co Law 211, 213; Habersack/Verse § 10 Rn. 10; Kalss (Fn. 36), S. 119, 292; EnzEur Bd. 6/Teichmann § 6 Rn. 202; Wooldridge JBL 1989, 86, 89. 57  Aus Wortlaut, Systematik, Genese und Ratio des Art. 7 EpGRL ergibt sich klar, dass der Mitgliedstaat dann weder die Einpersonengründung noch die nachträgliche Entstehung einer Einpersonengesellschaft zulassen muss; unzutreffend insoweit Dunn EBLR 1990, 6, 7, die den Dispens auf die Einpersonengründung beschränken will. 58  Vgl. KOM(88) 101, S. 9. 59  Vgl. auch Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 467. Kritisch zu den mit der Determination der Äquivalenz verbundenen Problemen Mousoulas Rev. soc. 1990, 395, 401.

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ten Fällen einschränkende Sonderregeln für Einpersonengesellschaften vorzusehen. Hintergrund ist, dass einige Mitgliedstaaten − wie insbesondere Frankreich60 und Belgien61 − die Einpersonengesellschaft schon vor Erlass der EpGRL zwar im Grundsatz anerkannt, sie aber besonderen Restriktionen oder Sanktionen unterworfen hatten. Der auf französischem Vorbild62 beruhende Art. 2 Abs. 2 des ersten RL-Entwurfs63 hatte demgemäß vorgesehen, dass eine Einpersonengesellschaft, deren Alleingesellschafter eine juristische Person ist, nicht selbst Alleingesellschafterin einer anderen Gesellschaft sein durfte (sog. „Enkelverbot“). Damit sollte die Bildung von „undurchsichtigen Gesellschaftsketten“ verhindert werden.64 Darüber hinaus war in Art. 2 Abs. 3 für den Fall einer juristischen Person als Alleingesellschafterin eine Durchgriffshaftung (wenngleich auch mit gewissen Ausnahmen und Einschränkungen)65 vorgesehen. Beide Vorschriften stießen indes − vor allem auf deutscher Seite66, aber etwa auch im UK67 − auf heftige Kritik; speziell das „Enkelverbot“ hätte viele Konzerne dazu gezwungen, ihre derart errichteten Tochtergesellschaften unter erheblichen Kosten und steuerlichen Nachteilen aufzulösen. Im geänderten Entwurf v. 28.5.198968 wurden sie daher wieder gestrichen. Um jedoch gleichwohl zumindest in bestimmten Fällen eine Berücksichtigung nationaler Besonderheiten zu ermöglichen69, wurde den Mitgliedstaaten in Art. 2 Abs. 2 EpGRL zumindest gestattet, Einpersonenge-

60  Vgl. Art. 36-2 Loi n° 66-537 du 24 juillet 1966 sur les sociétés commerciales (JORF du 26 juillet 1966, p. 6402) i.d.F.d. Loi n° 85-697 du 11 juillet 1985 (JORF du 12 juillet 1985, 7862). Danach durfte eine natürliche Person nicht einziger Gesellschafter von mehr als einer Gesellschaft sein und der einzige Gesellschafter einer Gesellschaft durfte nicht selbst eine Einpersonengesellschaft sein; bei Verstoß hiergegen drohte die Auflösung. Die erste Restriktion wurde 1994 abgeschafft (Loi n° 94-126 du 11 février 1994 relative à l‘initiative et à l’entreprise individuelle (JORF n°37 du 13 février 1994, 2493), die zweite (später geregelt in Art. L223-5 C. com.) 2014 (Art. 3 Ordonnance n° 2014-863 du 31 juillet 2014 relative au droit des sociétés, prise en application de l’article 3 de la loi n° 2014-1 du 2 janvier 2014 habilitant le Gouvernement à simplifier et sécuriser la vie des entreprises, JORF n° 0177 du 2 août 2014, 12820). 61 Vgl. Art. 123bis des belgischen Gesetzes über die Handelsgesellschaften v. 30.11.1935 i.d.F.d. Art. 8 des Gesetzes über die Einmann-GmbH v. 14.7.1987 (Bulletin Usuel des Lois et Arretés 1987, S. 953, lfd. Nr. 772). Danach durfte eine natürliche Person nicht einziger Gesellschafter von mehr als einer Gesellschaft sein; andernfalls haftete er wie ein Bürge für die Verbindlichkeit der weiteren Gesellschaften. Vgl. zum heutigen Recht → 27.26. 62  Vgl. Fn. 60. 63  Fn. 11. 64  Vgl. KOM(88) 101, S. 5. 65  Näher dazu Edwards S. 224 f.; Wooldridge JBL 1989, 86, 88. 66  Vgl. Stellungnahme Bundesrat, BR-Drs. 303/88(B), S. 2 f.; Bericht Rechtsausschuss, BTDrs. 11/4346, S. 3 f.; Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt GmbHR 1988, 311; DStV StB 1988, 267; Hahn GmbHR 1988, R57. 67 Vgl. Wooldridge JBL 1989, 86, 87 ff. m.w.N. 68  Fn. 12. 69  Vgl. ErwG 5 EpGRL.

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sellschaften in zwei Sonderkonstellationen70 besonderen Bestimmungen und/oder71 Sanktionen zu unterwerfen. Dadurch wird freilich der Rechtsangleichungserfolg der EpGRL erheblich relativiert72 − bildlich gesprochen muss der Rechtsanwender bei Einpersonengesellschaften auch weiterhin aufpassen, ob nicht doch irgendwo „nationale Tretminen“ lauern73. Art. 2 Abs. 2 lit. a EpGRL, der ersichtlich speziell auf die historische Besonder27.19 heiten des französischen74 und belgischen75 Rechts abzielt, gestattet den Erlass von Sonderregelungen für den Fall, dass eine natürliche Person Alleingesellschafter mehrerer Gesellschaften ist („Mehrfach-Alleingesellschafter“). Hintergrund ist die Befürchtung, dass das Instrument der Einpersonengesellschaft von natürlichen Personen dazu missbraucht werden könnte, ihr Vermögen zum Nachteil der Gläubiger und des Rechtsverkehrs in betrügerischer Weise künstlich aufzuspalten.76 Art. 2 Abs. 2 lit. b EpGRL, der ebenfalls ersichtlich auf historische Spezifika des 27.20 französischen Rechts77 abzielt, erlaubt Sonderregelungen für den Fall, dass der Alleingesellschafter ebenfalls eine Einpersonengesellschaft oder eine andere juristische Person ist (sog. „Gesellschaftsketten“). Damit soll es den Mitgliedstaaten ermöglicht werden, „undurchsichtige Gesellschaftsketten“ zu verhindern bzw. diese besonderen Kautelen zu unterwerfen.78 Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der besonderen Bestimmungen 27.21 und/oder Sanktionen macht Art. 2 Abs. 2 EpGRL keine speziellen Vorgaben. Dies bleibt also grundsätzlich dem jeweiligen Mitgliedstaat überlassen.79 Insbesondere muss es sich auch nicht notwendig um gesetztes Recht handeln; auch Richterrecht ist erfasst.80 Aus ErwG 5 S. 4 EpGRL ergibt sich allerdings, dass der europäische Gesetzgeber – entsprechend den Vorbildern im historischen französischen81 und

70  Trotz des „oder“ stehen die beiden Optionstatbestände nicht in einem strengen Alternativverhältnis, sondern ein Mitgliedstaat kann auch für beide Konstellationen Sonderregelungen vorsehen. 71  Das „oder“ ist hier nicht i.S.e. zwingenden Alternativität zu verstehen; „besondere Bestimmungen“ und „Sanktionen“ können auch kumuliert werden (zumal die Abgrenzung sich ohnehin häufig schwierig gestalten würde). 72 Vgl. Habersack/Verse § 10 Rn. 11; Mousoulas Rev. soc. 1990, 395, 403; ausf. Lutter FS Brandner, 1996, S. 81, 89 ff. mit Länderberichten. 73 Vgl. Lutter FS Brandner, 1996, S. 81, 95. 74  Vgl. Fn. 60. 75  Vgl. Fn. 61. 76 Vgl. Daigre (1990) 42 RIDC 665, 674. 77  Vgl. Fn. 60. 78  Vgl. KOM(88) 101, S. 5 zum (obligatorischen) „Enkelverbot“ im ersten RL-Entwurf. 79  Vgl. Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.22; vgl. auch Mousoulas Rev. soc. 1990, 395, 403. 80  Vgl. BGH NJW 1993, 1200, 1204 („TBB“); Habersack/Verse § 10 Rn. 12 f.; Kindler ZHR 157 (1993) 1, 8 f.; Neye in: Verhandlungen des 59. Deutschen Juristentages, Bd. II, 1992, R 124 f.; Wilhelm EuZW 1993, 729, 734; a.A. Meilicke DB 1992, 1867, 1870; W.-H. Roth ZIP 1992, 1054, 1055 f.; Schüppen DB 1993, 969, 970 f.; zweifelnd auch Hirte ZIP 1992, 1122, 1123; Knobbe-Keuk DB 1992, 1461, 1465. 81  Vgl. Fn. 60.

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belgischen82 Recht − primär Regelungen betreffend Einschränkungen beim Zugang zur Einpersonengesellschaft oder eine unbeschränkte Haftung des einzigen Gesellschafters vor Augen hatte.83 Obgleich die Optionstatbestände des Art. 2 Abs. 2 EpGRL ursprünglich speziell 27.22 den historischen Besonderheiten des französischen und belgischen Rechts Rechnung tragen sollten (→ 27.19 f.), stehen sie nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung, der keinerlei Einschränkungen enthält, allen Mitgliedstaaten offen84 – und zwar insbesondere auch unabhängig davon, ob diese vor Erlass der EpGRL bereits Sonderregelungen für die bezeichneten Sonderkonstellationen vorsahen85.86 b)  Zulässigkeit sonstiger Einschränkungen Äußerst umstritten ist, ob und inwieweit die Mitgliedstaatenoptionen des Art. 2 27.23 Abs. 2 EpGRL abschließenden Charakter haben. Problematisch ist insoweit insbesondere, welche Bedeutung dem einleitenden Passus „bis zur Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften für das Konzernrecht“ − der sich ebenso auch in ErwG 5 S. 2 EpGRL findet − zukommt. Teilweise wird dies als generelle Bereichsausnahme für das Konzernrecht interpretiert87, was jedoch schon mit dem Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 EpGRL schwer vereinbar scheint88. Zudem spricht auch die Zielsetzung der EpGRL, europaweit den Zugang zur Einmanngesellschaft zu öffnen (→ 27.1), dafür, dass die in Art. 2 Abs. 2 EpGRL vorgesehenen Ausnahmeoptionen abschließenden Charakter – auch gegenüber etwaigen konzernrechtsspezifischen Regelungen − haben sollten.89 Mit der einleitenden Passage sollte vielmehr nur klargestellt werden, dass die Problematik im Rahmen einer etwaigen Harmonisierung des Konzernrechts (vgl. zu den ursprünglichen Plänen für eine 9. (Konzernrechts-)RL → 12.1 ff., zur weiteren Entwicklung → 12.4 ff.) nochmals überdacht und dann ggf. einer anderweitigen Regelung zugeführt werden sollte.90 Die Einpersonengesellschaft als solche darf

82  Vgl. Fn. 61. 83  Vgl. Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.22. 84  Für eine Beschränkung auf Frankreich und Belgien aber offenbar Knobbe-Keuk DB 1992, 1461, 1465; vgl. ferner auch Hirte ZIP 1992, 1122, 1123. 85  Für eine Interpretation als stand still-Regelung jedoch Grundmann Rn. 304 ff.; Kindler ZHR 157 (1993) 1, 11. 86 Ebenso Habersack/Verse § 10 Rn. 11; vgl. ferner auch Lutter FS Brandner, 1996, S. 81, 89; Neye (Fn. 80), R 125 f. 87 Vgl. Freudling, Die Umsetzung der zwölften RL des Rates der Europäischen Union auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts in den Rechtsordnungen Deutschlands und Italiens, 2001, S. 62 f.; H.-D. Schwarz IStR 1993, 23, 26 f.; Wilhelm EuZW 1993, 729, 731 ff.; i.d.S. offenbar auch Werlauff S. 114 f. 88  Vgl. auch Grundmann Rn. 311; W.-H. Roth ZIP 1992, 1054, 1055 f. 89  Vgl. auch Hirte ZIP 1992, 1122, 1123; Kindler ZHR 157 (1993) 1, 11 f.; ders. NJW 1993, 3120, 3121; Meilicke DB 1992, 1867 ff.; s. ferner auch W.-H. Roth ZIP 1992, 1054, 1055 f. 90  Vgl. dazu auch KOM(89) 193, S. 2 f.; s. ferner auch Grundmann Rn. 311.

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nach alledem nur in den in Art. 2 Abs. 2 EpGRL abschließend genannten Fällen besonderen Bestimmungen und/oder Sanktionen – auch solchen konzernrechtlicher Natur − unterworfen werden.91 Andererseits kommt dem Art. 2 Abs. 2 EpGRL aber eben auch nur insoweit 27.24 abschließender Charakter zu, als es um Sonderregelungen geht, die an die Einpersonengründung bzw. die „nachträgliche“ Entstehung einer Einpersonengesellschaft als solcher anknüpfen. Unberührt bleibt dagegen die Befugnis der Mitgliedstaaten zum Erlass von (ggf. auch konzernrechtlichen) Sonderregeln, die im Einzelfall Sanktionen an ein bestimmtes Verhalten des Alleingesellschafters oder der Einpersonengesellschaft knüpfen (vgl. auch ErwG 4 und 5 S. 5 EpGRL)92, z.B. eine Durchgriffshaftung bei Vermögensvermischung93 oder auch die allgemeine Geschäftsführerhaftung94. c)  Deutsches Recht und Umsetzung in anderen Mitgliedstaaten 27.25 Der deutsche Gesetzgeber hat von den Mitgliedstaatenoptionen des Art. 2 Abs. 2 EpGRL keinen Gebrauch gemacht. Anfang der 1990er Jahre entzündete sich allerdings eine heftige Kontroverse um die Vereinbarkeit der Rechtsprechung zur Haftung im qualifiziert faktischen GmbH-Konzern95 mit den Vorgaben des Art. 2 EpGRL96, die allerdings aufgrund der zwischenzeitlichen Aufgabe dieser Judikatur aus heutiger Sicht nur noch rechtshistorische Bedeutung hat.

91  Vgl. Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.23; Grundmann Rn. 302, 310 f.; Habersack/Verse § 10 Rn. 12; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 466; Kindler ZHR 157 (1993) 1, 11 f.; ders. in: Verhandlungen des 59. Deutschen Juristentages, Bd. II, 1992, R 127; Meilicke DB 1992, 1867 ff.; s. ferner auch W.-H. Roth ZIP 1992, 1054, 1055 f. 92  Vgl. Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.23; Grundmann Rn. 307; Habersack/Verse § 10 Rn. 12 f.; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 466; Knobbe-Keuk DB 1992, 1461, 1465; Meilicke DB 1992, 1867, 1868. 93 Vgl. Drygala ZIP 1992, 1528, 1531; Grundmann Rn. 307; Werlauff S. 115. 94 Vgl. Drygala ZIP 1992, 1528, 1531. 95  Grundlegend: BGHZ 95, 330 („Autokran“); BGHZ 107, 7 („Tiefbau“); BGHZ 115, 187 („Video“); BGH NJW 1993, 1200 („TBB“). Näher zur Entwicklung dieser Judikatur und ihrer Aufgabe: J. Schmidt, Die Evolution des deutschen Konzernrechts − 42. DJT (1957) und 59. DJT (1992) −, in: Bayer (Hrsg.), Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in den Beratungen des Deutschen Juristentages, 2010, S. 407, 444 ff., 462 ff. m.z.w.N. 96  Für Vereinbarkeit: BGH NJW 1993, 1200, 1204 („TBB“); Habersack/Verse § 10 Rn. 14; Neye DWiR 1992, 452 ff.; ders. (Fn. 80), R124 ff.; Schwarz IStR 1993, 23 ff.; Stodolkowitz ZIP 1992, 1517, 1527 f.; Werlauff S. 114 f.; dagegen Hirte ZIP 1992, 1122, 1123 f.; Kindler ZHR 157 (1993), 1, 20; Knobbe-Keuk DB 1992, 1461, 1465; Meilicke DB 1992, 1867 ff.; W.-H. Roth ZIP 1992, 1054 ff.; sehr kritisch auch Schüppen DB 1993, 969 ff.

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Andere Mitgliedstaaten haben dagegen durchaus von den Optionen Gebrauch ge- 27.26 macht, insbesondere natürlich Belgien97 und Frankreich98 als Initiatoren der Regelung, aber etwa auch Italien99 und Polen100. d)  Streichung? Im SUP-RLE (→ 27.5, 47.1, 47.91 ff.) ist keine dem Art. 2 Abs. 2 EpGRL entsprechende 27.27 Vorschrift mehr vorgesehen.101 Eine nähere Begründung wird hierfür zwar nicht gegeben. Die Kommission wollte aber offenbar die auf Art. 2 Abs. 2 EpGRL gestützten „nationalen Tretminen“102 für Einpersonengesellschaften nun doch endgültig beseitigen. In ErwG 11 UAbs. 2 S. 2 SUP-RLE-Rat heißt es dann allerdings doch wieder, dass die Mitgliedstaaten außerhalb des SUP-Rahmens weiterhin berechtigt sein sollten, die Kette von Unternehmen einzuschränken, indem sie Gesellschaften mit einem einzigen Gesellschafter nicht gestatten, einziger Gesellschafter anderer Gesellschaften zu sein.103 Sollte es bei dieser Reduktion auf einen bloßen unverbindlichen Erwägungsgrund bleiben, würde das die Rechtslage freilich noch misslicher als bisher machen.

IV.  Spezielle Schutznormen Zum Schutz Dritter104 etabliert die EpGRL in Art. 3–5 eine Reihe spezieller Schutz- 27.28 normen.105 Damit soll den mit einer Einpersonengesellschaft verbundenen spezifi  97 Gem. Art. 212 Code des sociétés haftet eine natürliche Person, die Alleingesellschafter einer SPRL ist, als Bürge für die Verbindlichkeiten jeder weiteren SPRL, deren Alleingesellschafter sie wird. Gem. Art. 213(2) haftet eine juristische Person, die allein eine SPRL gründet, persönlich; eine juristische Person, die nachträglich Alleingesellschafter einer SPRL wird, haftet wie ein Bürge für die Verbindlichkeiten der SPRL, sofern nicht binnen 1 Jahres ein weiterer Gesellschafter eintritt. Art. 212bis und Art. 213(3) enthalten Sonderregelungen für die SPRL-S (→ 7.72).   98 Nach dem 2014 abgeschafften Art. L223-5 C. com. konnte eine S.à.r.l. aufgelöst werden, wenn einziger Gesellschafter eine andere Einpersonen- S.à.r.l. ist (→ Fn. 60).   99 Gem. Art. 2462(2) Codice civile haftet der Alleingesellschafter im Falle der Zahlungsunfähigkeit einer Srl persönlich, wenn die Einlagen nicht wie in Art. 2464 vorgesehen geleistet wurden oder die in Art. 2470 vorgeschriebene öffentliche Bekanntmachung (betreffend die Entstehung einer Einpersonengesellschaft bzw. Wechsel des Alleingesellschafters) nicht vorgenommen wurde. 100 Gem. Art. 151 § 2 KSH (Fn. 39) kann eine Sp. z o.o. nicht durch eine andere Einpersonen-Sp. z o.o. gegründet werden. 101 Vgl. auch Holding-Hdb./Bayer/J. Schmidt 19.24; Jung GmbHR 2014, 579, 580; Malberti ECFR 2015, 238, 256 f.; ausdrücklich begrüßend: DNotV, Stellungnahme v. 30.4.2014, S. 3; Teichmann, in: Lutter/Koch (Hrsg.), Societas Unius Personae (SUP), 2015, S. 37, 39; kritisch hingegen Handelsrechtausschuss des DAV, Stellungnahme 58/2014, S. 7. 102 Vgl. Lutter FS Brandner, 1996, S. 81, 95. 103 Vgl. dazu auch Jung ECFR 2015, 645, 648. 104 Vgl. KOM(88) 101, S. 4; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 497; Schwarz Rn. 520. 105 Der erste und zweite RL-Entwurf (Fn. 12, 14) hatten in Art. 2 Abs. 1 S. 2 zusätzlich noch zwingend eine nominative Ausgestaltung der Kapitalbeteiligung gefordert, um Transpa-

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schen Gefahren Rechnung getragen werden, die aus dem Fehlen einer internen wechselseitigen Kontrolle von Alleingesellschafter und Gesellschaftsorganen einerseits und dem Risiko einer Vermischung des Vermögens der Gesellschaft mit dem des Alleingesellschafters andererseits resultieren.106 Bei den Vorgaben der Art. 3–5 EpGRL handelt es sich allerdings nur um den uni27.29 onsrechtlichen Mindeststandard;107 ErwG 5 S. 5 EpGRL stellt es den Mitgliedstaaten explizit frei, weitergehende Schutzregelungen vorzusehen, um den mit der Einpersonengesellschaft verbundenen spezifischen Gefahren zu begegnen. 1.  Publizität der „nachträglichen“ Einpersonengesellschaft (Art. 3 EpGRL) 27.30 Im Falle der originären Einpersonengründung ist durch das Erfordernis der Offenlegung der Satzung bzw. des Errichtungsaktes gem. Art. 14 lit.a i.V.m. Art. 16 GesR-RL (G Art. 2 lit. a i.V.m. Art. 3 PubRL, → 18.14 ff., 18.31) sichergestellt, dass der Rechtsverkehr über diese Tatsache informiert wird. Um eine entsprechende Publizität auch bei einer nachträglichen Entstehung einer Einpersonengesellschaft durch Vereinigung aller Anteile in einer Hand zu gewährleisten108, gebietet Art. 3 EpGRL in diesem Fall die Offenlegung dieser Tatsache sowie der Identität des einzigen Gesellschafters. Um eine eindeutige Identifizierung zu ermöglichen, dürfte insoweit zumindest die Angabe von Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort (natürliche Personen) bzw. Firma, Sitz und Registernummer (juristische Personen) erforderlich sein.109 27.31 Hinsichtlich des Offenlegungsmodus haben die Mitgliedstaaten allerdings die Wahl zwischen einer Eintragung in das Register i.S.d. Art. 16 Abs. 1 und Abs. 3 GesRRL (G  Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 PubRL, → 18.14 ff.) (eine Bekanntmachung gem. Art. 16 Abs. 5 GesRRL [G Art. 3 Abs. 5 PubRL, → 18.19 ff.] ist jedoch nicht erforderlich110) und einem Vermerk in einem bei der Gesellschaft geführten und der Öffentlichkeit zugänglichen Register. Die im ursprünglichen Vorschlag noch nicht vorgesehene zweite Alternative soll den Spezifika einiger nationaler Rechtsordnungen Rechnung tragen.111 Eine Verpflichtung auch zur Angabe auf der Geschäftskorrespondenz gem. Art. 26 GesRRL (G Art. 5 PubRL, → 18.25 ff.) besteht dagegen nicht; eine in Art. 2a renz hinsichtlich der Identität des Alleingesellschafters zu gewährleisten (vgl. KOM(88) 101, S. 5). Da sich diese aber bereits aus der Satzung bzw. der nach Art. 3 vorgeschriebenen Offenlegung ergibt (→ 27.30), wurde die Regelung im dritten RL-Entwurf als überflüssig gestrichen, vgl. KOM(89) 591, S. 3; Edwards S. 224. 106 Vgl. Grohmann S. 304; Grundmann Rn. 296. 107 Vgl. auch Habersack/Verse § 10 Rn. 2, 15, 21; Grundmann Rn. 296, 300; Kalss (Fn. 36), S. 119, 300; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 469; Nobel Kap. 3 Rn. 74; Schimmelpfennig/ Hauschka NJW 1992, 942, 943; Werlauff S. 111. 108 Vgl. KOM(88) 101, S. 7; Dunn EBLR 1990, 6 f.; Eckert EuZW 1990, 54, 55; Edwards S. 226; dies. (1998) 19 Co Law 211, 214; Grundmann Rn. 297; Habersack/Verse § 10 Rn. 15; Kalss (Fn. 36), S. 119, 298. 109 Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 470. 110 So auch explizit KOM(88) 101, S. 7. 111 Vgl. KOM(89) 193, S. 3. Kritisch dazu Edwards S. 224; dies. (1998) 19 Co Law 211, 214; Grohmann S. 305; Kalss (Fn. 36), S. 119, 298; Mousoulas Rev. soc. 1990, 395, 404.

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des geänderten RL-Entwurfs112 auf Wunsch des EP113 ergänzte entsprechende Regelung wurde im dritten RL-Entwurf114 wieder gestrichen, nachdem der Rat eingewandt hatte, dass ein solches Erfordernis zu bürokratisch und teuer sei und damit im Widerspruch zum Ziel der Mittelstandsförderung stehe sowie darüber hinaus keinerlei Schutz für die Gläubiger biete.115 Die Sanktionierung eines etwaigen Verstoßes gegen die Offenlegungspflicht bleibt 27.32 in Ermangelung einer speziellen Vorgabe in der EpGRL dem jeweiligen Mitgliedstaat überlassen116, der hierbei indes den Grundsatz des effet utile beachten muss117. Art. 3 EpGRL erforderte im deutschen Recht einige Anpassungen, da eine Offen- 27.33 legung der nachträglichen Entstehung einer Einpersonengesellschaft bei der AG gar nicht, bei der GmbH gesondert nur innerhalb der ersten drei Jahre nach Gründung (§ 19 Abs. 4 GmbHG a.F.) und dann nur noch i.R.d. damals nur einmal pro Jahr obligatorischen Einreichung der Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG a.F.) vorgesehen war. Für die GmbH wurde durch das 12.-RL-Gesetz (→ 27.6) ein neuer § 40 Abs. 2 GmbHG ergänzt, der im Falle der nachträglichen Entstehung einer Einpersonengesellschaft eine unverzügliche Einreichung der Gesellschafterliste verlangte; der damit gegenstandslose § 19 Abs. 4 S. 2 GmbHG a.F. wurde aufgehoben.118 Aufgrund der durch das HRefG119 m.W.v. 1.1.1999 erfolgten Ausweitung der Pflicht zur unverzüglichen Einreichung der Gesellschafterliste auf jegliche Änderung im Gesellschafterkreis ist die Vorgabe des Art. 3 EpGRL seitdem in § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG mitgeregelt.120 Zugleich wurde in § 40 Abs. 2 GmbHG a.F. (seit 1.11.2009: § 40 Abs. 3 GmbHG121) eine spezielle Haftungsregelung eingeführt; zusammen mit der Möglichkeit einer Erzwingung durch Verhängung eines Zwangsgelds (§ 14 HGB i.V.m. §§ 388 ff. FamFG122) dürfte damit dem Grundsatz des effet utile Genüge getan sein123. Für die AG wurde dagegen erst124 durch das Gesetz für kleine AG v. 2.8.1994125 der heutige § 42 AktG eingeführt, der eine unverzügliche Mitteilung über die Entstehung der Ein112 Fn.  12. 113 Vgl. Legislative Entschließung mit der Stellungnahme des EP v. 15.3.1989 zu dem Vorschlag der Kommission an den Rat für die 12. gesellschaftsrechtliche RL betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, ABlEG v. 17.4.1989, C 96/90 (Art. 3 S. 2). 114 Fn.  14. 115 Vgl. KOM(89) 591, S. 3. 116 Vgl. Grohmann S. 307; Habersack/Verse § 10 Rn. 16. 117 Vgl. Grohmann S. 307; Habersack/Verse § 10 Rn. 16. 118 Vgl. dazu BegrRegE z. 12.-RL-Gesetz, BR-Drs. 184/91, S. 8, 12. 119 Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handelsrechtlicher Vorschriften (Handelsrechtsreformgesetz – HRefG) v. 22.6.1998, BGBl. I, 1474. 120 Vgl. Habersack/Verse § 10 Rn. 16; Schwarz Rn. 521. 121 Geändert durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v. 23.10.2008, BGBl. I, 2026. 122 Bis 31.8.2009: §§ 132 ff. FGG. 123 Vgl. auch Habersack/Verse § 10 Rn. 16. 124 Zur Problematik der verspäteten Umsetzung → 27.11. 125 Fn.  29.

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personengesellschaft an das Handelsregister verlangt.126 Als spezielle Sanktion ist hier zwar nur die Erzwingung durch Zwangsgeld (§ 14 HGB i.V.m. §§ 388 ff. FamFG) vorgesehen127; daneben kommt aber ggf. eine Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB in Betracht128, sodass das deutsche Recht auch insoweit dem Gebot des effet utile gerecht werden dürfte. 2.  Beschlussfassung in der Einpersonengesellschaft (Art. 4 EpGRL) a)  Alleingesellschafter als „Gesellschafterversammlung“ (Art. 4 Abs. 1 EpGRL) 27.34 Art. 4 Abs. 1 EpGRL bestimmt, dass der einzige Gesellschafter die Befugnisse der Gesellschafterversammlung ausübt. Die Regelung ist vor dem Hintergrund der in einigen nationalen Rechtsordnungen bestehenden theoretisch-dogmatischen Schwierigkeiten mit dem Konzept der Einpersonengesellschaft (→ 27.1) zu sehen; sie soll klarstellen, dass auch bei der Einpersonengesellschaft im Grundsatz eine Funktionentrennung von Verwaltungsorgan (Geschäftsführer) einerseits und Willensbildungsorgan (Gesellschafterversammlung) andererseits besteht129. Die Determination der Befugnisse der Gesellschafterversammlung, speziell auch in Abgrenzung zu denjenigen der Geschäftsführung, bleibt allerdings mangels Harmonisierung den Mitgliedstaaten überlassen.130 Der erste RL-Entwurf131 hatte nach französischem Vorbild132 noch ein Delegationsverbot vorgesehen; dieses wurde jedoch vom EP als unnötiges Hindernis kritisiert und daher im geänderten RL-Entwurf wieder gestrichen.133 b)  Textliche Fixierung (Art. 4 Abs. 2 EpGRL) 27.35 Nach Art. 4 Abs. 2 EpGRL, der ersichtlich auf dem Vorbild des § 48 Abs. 3 GmbHG beruht, müssen die von dem Alleingesellschafter gefassten Gesellschafterbeschlüsse in eine Niederschrift (gemeint ist ein Versammlungsprotokoll134) aufgenommen135 oder schriftlich abgefasst werden. Ausreichend ist insofern eine schriftliche Fixierung im Sinne dessen, was in neueren EU-Rechtsakten (vgl. etwa Art. 4 Abs. 1 Nr. 62 MiFID 126 Vgl. dazu BegrRegE z. 12.-RL-Gesetz, BT-Drs. 12/6721, S. 8. 127 Vgl. Hüffer/Koch § 42 AktG Rn. 6; K. Schmidt/Lutter/Kleindiek § 42 AktG Rn. 7; MüKoAktG/Pentz § 42 Rn. 28; Lutter AG 1994, 429, 435. 128 Vgl. Lutter AG 1994, 429, 435; MüKoAktG/Pentz § 42 Rn. 17. 129 Vgl. Habersack/Verse § 10 Rn. 17; Kalss (Fn. 36), S. 119, 299; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 471; Schwarz Rn. 522. 130 Vgl. KOM(88) 101, S. 4. 131 Fn.  11. 132 Vgl. Kalss (Fn. 36), S. 119, 299. 133 Vgl. KOM(89) 193, S. 4. 134 Vgl. die englische und französische Fassung („minutes“/„procès-verbal“). 135 Die im ersten RL-Entwurf noch nicht vorgesehene Alternative der Aufnahme einer Niederschrift soll die Berücksichtigung der Spezifika einiger nationaler Rechtsordnung ermöglichen, vgl. KOM(89) 193, S. 4.

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II, Art. 2 Abs. 1 lit. m OGAW-RL, Art. 2 Nr. 10 VRRL) als ein „dauerhafter Datenträger“ bezeichnet wird (d.h. in der üblichen deutschen Terminologie Textform i.S.d. § 126b BGB)136.137 Mit dem Erfordernis einer textlichen Fixierung soll mit Blick auf die fehlende verbandsinterne Kontrolle Rechtssicherheit bezüglich der Beschlusslage geschaffen und nachträglichen Manipulationen vorgebeugt werden.138 Art. 4 Abs. 2 S. 3 SUP-RLE-Rat (→ 47.92) gestattet den Mitgliedstaaten zudem vorzusehen, dass die Beschlüsse länger als fünf Jahre aufbewahrt werden müssen. Die Auswirkungen der Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Form werden 27.36 durch die EpGRL nicht harmonisiert. Die Sanktionierung bleibt vielmehr grundsätzlich dem jeweiligen Mitgliedstaat überlassen139, der hierbei aber natürlich an das Gebot des effet utile gebunden ist140. Das deutsche Recht entsprach den Vorgaben des Art. 4 Abs. 2 EpGRL bereits: Der 27.37 offenbar als Vorbild für die EpGRL dienende § 48 Abs. 3 GmbHG verpflichtete schon seit der GmbH-Novelle 1980141 zur Aufnahme einer unterschriebenen Niederschrift. Diese ist zwar kein Wirksamkeitserfordernis142, die Protokollierungspflicht wird aber dadurch effektiviert, dass der Alleingesellschafter sich gegenüber gesellschaftsfremden Dritten zum Beweis seiner Beschlüsse grundsätzlich nur auf die Niederschrift (nicht aber auf sonstige Beweismittel) berufen kann143. Für die AG schreibt § 130 AktG für Hauptversammlungsbeschlüsse sogar generell eine (im Regelfall sogar notariell beurkundete) Niederschrift vor; Verstöße gegen § 130 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 und Abs. 4 führen hier überdies sogar zur Nichtigkeit (§ 241 Nr. 2 AktG). Damit ist dem Grundsatz des effet utile Genüge getan.144 3.  Insichgeschäfte (Art. 5 EpGRL) Art. 5 EpGRL enthält eine spezielle Schutzregelung für Insichgeschäfte zwischen dem 27.38 Alleingesellschafter und der von ihm vertretenen Gesellschaft, da hier bei der Einper136 Vgl. auch Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 471. Zur Parallelproblematik in anderen RL → 20.32, 20.47, 20.58, 21.27, 21.38, 21.46, 22.37, 22.63, 22.76, 29.83, 29.240. 137 In Art. 4 Abs. 2 S. 2 SUP-RLE heißt es: „Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass es ausreicht, wenn die Beschlüsse von der Gesellschaft in einem gesicherten und zugänglichen Format, das den Verlust der Integrität der Beschlüsse verhindert, elektronisch aufbewahrt werden“. 138 Vgl. KOM(88) 101, S. 8; Grohmann S. 305, 307; Grundmann Rn. 298; Habersack/Verse § 10 Rn. 18; Kalss (Fn. 36), S. 119, 200; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 471; Mousoulas Rev. soc. 1990, 395, 404; Nobel Kap. 3 Rn. 76. 139 Vgl. KOM(88) 101, S. 8; Dunn EBLR 1990, 6, 7; Edwards S. 226; dies. (1998) 19 Co Law 211, 214; Habersack/Verse § 10 Rn. 18; Kalss (Fn. 36), S. 119, 300; Mousoulas Rev. soc. 1990, 395, 404. 140 Vgl. Habersack/Verse § 10 Rn. 18. 141 Fn.  27. 142 OLG Brandenburg NZG 2002, 969, 970; OLG Köln GmbHR 1993, 734, 737; Lutter/ Hommelhoff/Bayer § 48 GmbHG Rn. 36 m.w.N. 143 Vgl. OLG Hamm NZG 2006, 430, 432; OLG Köln GmbHR 1993, 734, 737; Lutter/ Hommelhoff/Bayer § 48 GmbHG Rn. 37 m.w.N. 144 Vgl. auch Habersack/Verse § 10 Rn. 18.

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§ 27 Die Einpersonengesellschafts-RL (EpGRL)

sonengesellschaft in besonderem Maße die Gefahr von Interessenkonflikten besteht145. Die EpGRL untersagt diese allerdings gleichwohl weder generell noch macht sie sie – wie noch in den RL-Entwürfen (→ 27.2) vorgesehen146 − von einer Genehmigung in der Satzung bzw. dem Errichtungsakt abhängig. Um jedoch zumindest ein Mindestmaß an Transparenz zu gewährleisten147, verlangt Art. 5 Abs. 1 EpGRL grundsätzlich entweder die Aufnahme in eine Niederschrift148 oder eine schriftliche Abfassung.149 Ausreichend ist auch hier eine schriftliche Fixierung im Sinne dessen, was in neueren EU-Rechtsakten (vgl. etwa Art. 4 Abs. 1 Nr. 62 MiFID II, Art. 2 Abs. 1 lit. m OGAWRL, Art. 2 Nr. 10 VRRL) als ein „dauerhafter Datenträger“ bezeichnet wird (d.h. in der üblichen deutschen Terminologie Textform i.S.d. § 126b BGB)150. Im Hinblick darauf, dass die EpGRL − mit Blick auf die Ratio der Norm zu Recht – keine Einschränkung enthält, gilt das Erfordernis der schriftlichen Fixierung nicht nur dann, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer oder zumindest einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist, sondern auch dann, wenn er den Vertrag im Wege der Gesamtvertretung zusammen mit einem Fremdgeschäftsführer abschließt151 oder wenn er die Gesellschaft in seiner Funktion als Gesellschafter vertritt152. Art. 5 Abs. 2 EpGRL gestattet den Mitgliedstaaten allerdings, unter normalen 27.39 Bedingungen abgeschlossene laufende Geschäfte vom Formzwang des Abs. 1 auszunehmen, um die Gesellschaft bei Alltagsgeschäften wegen des hier typischerweise geringen Gefährdungspotentials von den Förmlichkeiten zu entlasten153. Da der Begriff der „laufenden Geschäfte“ allerdings weder in der EpGRL selbst noch in den Materialien näher konturiert wird154, stellt sich auch hier – wie bei Art. 52 Abs. 2 GesRRL (G Art. 13 Abs. 2 KapRL, → 19.80) − die Frage, ob damit lediglich alltägliche Geschäfte erfasst sein sollen (wofür jedenfalls die Ratio der Norm sprechen würde) oder (entsprechend §§ 116, 164 HGB) alle Geschäfte, die mit einem bestimmten Unternehmenstyp verbunden sind155. Mit dem Erfordernis des Abschlusses „unter nor-

145 Vgl. KOM(88) 101, S. 8; Edwards S. 227; dies. (1998) 19 Co Law 211, 214; Langenbucher/ Engert § 5 Rn. 47; Habersack/Verse § 10 Rn. 19; Kalss (Fn. 36), S. 119, 302; Dauses/Kalss/ Klampfl E.III. Rn. 472. 146 Kritisch dazu Stellungnahme Bundesrat, BR-Drs. 303/88(B), S. 3. 147 Vgl. KOM(88) 101, S. 8; Habersack/Verse § 10 Rn. 20. 148 Siehe dazu Fn. 135. 149 In Art. 5 Abs. 1 SUP-RLE heißt es nur noch „schriftlich niederzulegen“; dies dürfte aber schlicht ein Oberbegriff für die beiden bisherigen Varianten sein. 150 Vgl. auch Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 471. Zur Parallelproblematik in anderen RL → 20.32, 20.47, 20.58, 21.27, 21.38, 21.46, 22.37, 22.63, 22.76, 29.83, 29.240. 151 Vgl. BegrRegE z. 12.-RL-Gesetz, BR-Drs. 184/91, S. 9; Kalss (Fn. 36), S. 119, 302; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 472. Die deutsche Umsetzungsvorschrift des § 35 Abs. 3 S. 2 GmbHG (→ 27.42) stellt dies explizit klar. 152 Vgl. BegrRegE z. 12.-RL-Gesetz, BR-Drs. 184/91, S. 9; Grohmann S. 306; Kalss (Fn. 36), S. 119, 302; Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 472. 153 Vgl. auch Grohmann S. 305; Kalss (Fn. 36), S. 119, 303. 154 Kritisch dazu Dunn EBLR 1990, 6, 7. 155 I.d.S.  offenbar Brändel FS Kellermann, 1991, S. 15, 21; Grundmann Rn. 299 Fn. 24; Kalss (Fn. 36), S. 119, 303.

§ 27 Die Einpersonengesellschafts-RL (EpGRL)

1057

malen Bedingungen“ dürfte mit Blick auf die Ratio der Norm gemeint sein, dass das Geschäft einem Drittvergleich standhalten muss („at arm’s length“).156 Der SUP-RLE-Rat (→ 47.92) übernimmt Art. 5 EpGRL zwar im Grundsatz, 27.40 sieht aber Modifikationen vor.157 Erstens wird die Pflicht zur textlichen Fixierung158 auf alle Verträge zwischen Alleingesellschafter und Gesellschaft ausgedehnt – unabhängig davon, ob er die Gesellschaft dabei vertritt oder nicht (Art. 5 Abs. 1 S. 1 SUPRLE-Rat). Zweitens sollen die Mitgliedstaaten vorsehen können, dass die Verträge länger als fünf Jahre aufbewahrt werden müssen (Art. 5 Abs. 1 S. 3 SUP-RLE-Rat). Die Sanktionierung etwaiger Verstöße gegen die Vorgaben des Art. 5 EpGRL 27.41 überlässt die EpGRL – ebenso wie bei Art. 4 Abs. 2 EpGRL (→ 27.36) − dem jeweiligen nationalen Recht159, das aber freilich auch insoweit dem Gebot des effet utile genügen muss160. Der deutsche Gesetzgeber ergänzte zur Umsetzung der Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 27.42 EpGRL die Regelung des § 35 Abs. 4 S. 2 GmbHG a.F. (seit 1.11.2008: § 35 Abs. 3 S. 2 GmbHG), die tatbestandsmäßig sogar über den Mindeststandard der EpGRL (→ 27.29) hinausgeht.161 Denn das dort normierte Erfordernis der Niederschrift gilt nicht nur für Verträge, sondern auch für einseitige Rechtsgeschäfte;162 zudem muss die Aufnahme der Niederschrift unverzüglich erfolgen163. Von der Option des Art. 5 Abs. 2 EpGRL wurde nicht Gebrauch gemacht, weil man wegen der unbestimmten Rechtsbegriffe eine zu große Rechtsunsicherheit befürchtete.164 Zudem hat der Gesetzgeber auch von einer speziellen Sanktionsregelung bewusst abgesehen165 und die Dokumentation insbesondere auch nicht als Wirksamkeitserfordernis ausgestaltet166. Ihr Fehlen kann jedoch – ebenso wie bei § 48 Abs. 3 GmbHG (→ 27.37) − Beweislast156 Vgl. Grundmann Rn. 299; s. ferner auch Nobel Kap. 3 Rn. 77. 157 Vgl. dazu auch Dauses/Kalss/Klampfl E.III. Rn. 473. 158 In Art. 5 Abs. 1 S. 2 SUP-RLE-Rat heißt es: „Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass es ausreicht, wenn die Verträge von der Gesellschaft in einem gesicherten und zugänglichen Format, das den Verlust der Integrität der Verträge verhindert, elektronisch aufbewahrt werden“. 159 Vgl. Brändel FS Kellermann, 1991, S. 15, 22; Edwards S. 227; dies. (1998) 19 Co Law 211, 214; Grohmann S. 307; Kalss (Fn. 36), S. 119, 302; Werlauff S. 112. 160 Vgl. Grohmann S. 307; Habersack/Verse § 10 Rn. 21. 161 Vgl. auch BegrRegE z. 12.-RL-Gesetz, BR-Drs. 184/91, S. 9 f.; Roth/Altmeppen/Roth § 35 GmbHG Rn. 107; Habersack/Verse § 10 Rn. 21; Schimmelpfennig/Hauschka NJW 1992, 942, 944. 162 Vgl. BegrRegE z. 12.-RL-Gesetz, BR-Drs. 184/91, S. 9; Roth/Altmeppen/Roth § 35 GmbHG Rn. 107; Habersack/Verse § 10 Rn. 21; Schimmelpfennig/Hauschka NJW 1992, 942, 944. 163 Vgl. BegrRegE z. 12.-RL-Gesetz, BR-Drs. 184/91, S. 10; Roth/Altmeppen/Roth § 35 GmbHG Rn. 107; Habersack/Verse § 10 Rn. 21; Schimmelpfennig/Hauschka NJW 1992, 942, 944. 164 Vgl. BegrRegE z. 12.-RL-Gesetz, BR-Drs. 184/91, S. 10 f. 165 Vgl. BegrRegE z. 12.-RL-Gesetz, BR-Drs. 184/91, S. 11 f. 166 Vgl. BegrRegE z. 12.-RL-Gesetz, BR-Drs. 184/91, S. 11; Bayer/Illhardt GmbHR 2011, 751, 752; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek § 35 GmbHG Rn. 57; Scholz/U. H. Schneider/ Sven H. Schneider/Hohenstatt § 35 GmbHG Rn. 186; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack § 35 Rn. 144.

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§ 27 Die Einpersonengesellschafts-RL (EpGRL)

nachteile für den Geschäftsführer haben167 und darüber hinaus auch Schadensersatzansprüche begründen (gem. § 43 Abs. 2 GmbHG168 oder ggf. auch i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB169). Dem Gebot des effet utile dürfte somit Genüge getan sein.170 Für die AG war eine Umsetzung nicht erforderlich, da Insichgeschäfte von Vorstandsmitgliedern wegen § 112 i.V.m. § 105 AktG von vornherein nicht möglich sind.171

V.  Fundstellenverzeichnis Grundlage

Art. 44 Abs. 2 lit. g EGV [G Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV]

Vorschläge

Vorschlag für die 12. Gesellschaftsrechtliche RL des Rates betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, 18.5.1988, KOM(88) 101 = BT-Drs. 11/2766



Geänderter Vorschlag für die 12. Gesellschaftsrechtliche RL des Rates betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, 24.5.1989, KOM(89) 193 = ABlEG v. 20.6.1989, C 152/10



Nochmals geprüfter Vorschlag für die 12. Gesellschaftsrechtliche RL des Rates betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, 29.11.1989, KOM(89) 591 = ABlEG v. 8.2.1990, C 30/91

verabschiedete Fassung

Zwölfte RL 89/667/EWG des Rates v. 21.12.1989 auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, ABlEG v. 30.12.1989, L 395/40

ändernde Rechtsakte

Beitrittsakte von 1994, Anhang I Kapital XI Abschnitt A, ABlEG v. 29.8.1994, C 241/194 (Finnland, Österreich und Schweden)



Beitrittsakte von 2003, Anhang II Kapitel 4 Abschnitt A, ABlEU v. 23.9.2003, L 236/338 (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern)



RL 2006/99/EG des Rates v. 20.11.2006 zur Anpassung bestimmter RL im Bereich Gesellschaftsrecht anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, ABlEU v. 20.12.2006, L 363/137

167 Vgl. OLG Celle NotBZ 2008, 32; FG Hamburg EFG 2007, 1654, 1656; Roth/Altmeppen/Roth § 35 GmbHG Rn. 109; Scholz/U. H. Schneider/Sven H. Schneider/Hohenstatt § 35 GmbHG Rn. 186; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack § 35 Rn. 144. 168 Vgl. BegrRegE z. 12.-RL-Gesetz, BR-Drs. 184/91, S. 11; H.-D. Schwarz DStR 1992, 221, 222. 169 Vgl. Habersack/Verse § 10 Rn. 21; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack § 35 Rn. 144; offenlassend Scholz/U. H. Schneider/Sven H. Schneider/Hohenstatt § 35 GmbHG Rn. 186. 170 Vgl. auch Habersack/Verse § 10 Rn. 21; H.-D. Schwarz DStR 1992, 221, 222. 171 Vgl. BegrRegE z. Gesetz für kleine AG, BT-Drs. 12/6721, S. 8; Habersack/Verse § 10 Rn. 5 Fn. 16; Lutter AG 1994, 429, 435.

§ 27 Die Einpersonengesellschafts-RL (EpGRL)

1059

kodifizierte Fassung

RL 2009/102/EG des EP und des Rates v. 16.9.2009 auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, ABlEU v. 1.10.2009, L 258/20

ändernde Rechtsakte

RL 2013/24/EU des Rates vom 13.5.2013 zur Anpassung bestimmter RL auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABlEU v. 10.6.2013, L 158/365

Umsetzung in Deutschland ursprüngliche Umsetzung

Gesetz zur Durchführung der Zwölften RL des Rates der Europäischen Gemeinschaften auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter v. 18.12.1991, BGBl. I, 2206



Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts v. 2.8.1994, BGBl. I, 1961

ändernde Rechtsakte

spezielle Umsetzung nicht erforderlich

1060

§ 27 Anhang EpGRL

RICHTLINIE 2009/102/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 16. September 2009 auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter (kodifizierte Fassung)

§ 27 Anhang EpGRL

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION — gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 44, auf Vorschlag der Kommission, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1), gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(2), in Erwägung nachstehender Gründe: (1) Die zwölfte Richtlinie 89/667/EWG des Rates vom 21.  Dezember 1989 auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter(3) wurde mehrfach und erheblich geändert(4). Aus Gründen der Klarheit und der Übersichtlichkeit empfiehlt es sich, die genannte Richtlinie zu kodifizieren. (2)  Es erweist sich als notwendig, einige der Garantien, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne von Artikel 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, zu koordinieren, um in der ganzen Gemeinschaft eine Äquivalenz herzustellen. (3) Auf diesem Gebiet gelten die Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9.  März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten(5), die Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25.  Juli 1978 aufgrund von Arti­ kel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrags über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen(6) sowie die Siebente Richtlinie

(1) ABl. C 77 vom 31.3.2009, S. 42. (2) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 18.  November 2008 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 13. Juli 2009. (3) ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 40. (4) Siehe Anhang II Teil A. (5) ABl. L 65 vom 14.3.1968, S. 8. (6) ABl. L 222 vom 14.8.1978, S. 11.

83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrags über den konsolidierten Abschluss(7) in Bezug auf die Offenlegung, die Gültigkeit von Verbindlichkeiten bzw. die Nichtigkeit der Gesellschaft sowie den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss für sämtliche Kapitalgesellschaften. Die Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten(8), die Dritte Richtlinie 78/855/EWG des Rates vom 9. Oktober 1978 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrags betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften(9) sowie die Sechste Richtlinie 82/891/EWG des Rates vom 17.  Dezember 1982 gemäß Artikel 54 Absatz  3 Buchstabe g des Vertrags betreffend die Spaltung von Aktiengesellschaften(10) in Bezug auf die Errichtung bzw. das Kapital sowie Fusionen und Spaltungen haben dagegen nur für Aktiengesellschaften Gültigkeit. (4) Es ist notwendig, den Einzelunternehmern in der gesamten Gemeinschaft das rechtliche Instrument einer Gesellschaft mit Haftungsbeschränkung zu bieten, unbeschadet der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die diesem Einzelunternehmer in Ausnahmefällen eine Haftung für die Verpflichtungen des Unternehmens auferlegen. (5) Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann bei ihrer Gründung mit einem einzigen Gesellschafter errichtet werden oder entstehen, wenn alle Geschäftsanteile in einer einzigen Hand vereinigt werden. Bis zu einer Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften für das Konzernrecht können die Mitgliedstaaten besondere Bestimmungen oder Sanktionen vorsehen, sofern eine natürliche Person einziger Gesellschafter mehrerer Gesellschaften oder eine Einpersonengesell-

(7) (8) (9) (10)

ABl. L 193 vom 18.7.1983, S. 1. ABl. L 26 vom 31.1.1977, S. 1. ABl. L 295 vom 20.10.1978, S. 36. ABl. L 378 vom 31.12.1982, S. 47.

1061

§ 27 Anhang EpGRL schaft oder eine andere juristische Person einziger Gesellschafter einer Gesellschaft ist. Das einzige Ziel dieser Möglichkeit ist die Berücksichtigung von Besonderheiten, die in bestimmten nationalen Rechtsvorschriften bestehen. Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten in spezifischen Fällen Einschränkungen beim Zugang zur Einpersonengesellschaft oder eine unbeschränkte Haftung des einzigen Gesellschafters vorsehen. Es steht den Mitgliedstaaten frei, Regeln aufzustellen, um den möglichen Gefahren aus der Tatsache, dass es bei Einpersonengesellschaften lediglich einen einzigen Gesellschafter gibt, zu begegnen, und insbesondere um die Einzahlung des gezeichneten Kapitals sicherzustellen. (6) Die Vereinigung aller Anteile in einer Hand sowie die Identität des Gesellschafters sollten Gegenstand der Offenlegung in einem für jedermann zugänglichen Register sein. (7)  Es ist notwendig, die Beschlüsse des einzigen Gesellschafters in seiner Eigenschaft als Gesellschafterversammlung schriftlich niederzulegen. (8)  Die schriftliche Festlegung sollte ebenfalls für vertragliche Vereinbarungen zwischen dem einzigen Gesellschafter und der von ihm vertretenen Gesellschaft vorgeschrieben werden, sofern diese vertraglichen Vereinbarungen nicht die unter normalen Bedingungen abgeschlossenen laufenden Geschäfte betreffen. (9)  Diese Richtlinie sollte die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang II Teil B genannten Fristen für die Umsetzung der dort genannten Richtlinien in innerstaatliches Recht und für die Anwendung dieser Richtlinien unberührt lassen — HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: Artikel 1 Die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Koordinierungsmaßnahmen gelten für die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die in Anhang I genannten Rechtsformen von Gesellschaften. Artikel 2 (1)  Die Gesellschaft kann bei ihrer Errichtung sowie infolge der Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer einzigen Hand einen einzigen Gesellschafter haben (Einpersonengesellschaft). (2) Bis zur Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften für das Konzernrecht können die Gesetze der Mitgliedstaaten besondere Bestimmungen oder Sanktionen vorsehen, sofern a) eine natürliche Person einziger Gesellschafter von mehreren Gesellschaften ist oder b) eine Einpersonengesellschaft oder eine andere juristische Person einziger Gesellschafter einer Gesellschaft ist.

Artikel 3 Wird die Gesellschaft durch die Vereinigung aller Anteile in einer Hand zur Einpersonengesellschaft, so muss diese Tatsache sowie die Identität des einzigen Gesellschafters entweder in der Akte hinterlegt beziehungsweise in das in Artikel 3 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 68/151/EWG genannte Register eingetragen oder in einem Register vermerkt werden, das bei der Gesellschaft geführt wird und der Öffentlichkeit zugänglich ist. Artikel 4 (1)  Der einzige Gesellschafter übt die Befugnisse der Gesellschafterversammlung aus. (2)  Die Beschlüsse, die von dem einzigen Gesellschafter im Rahmen von Absatz 1 gefasst werden, sind in eine Niederschrift aufzunehmen oder schriftlich abzufassen. Artikel 5 (1) Verträge, die zwischen dem einzigen Gesellschafter und der von ihm vertretenen Gesellschaft abgeschlossen werden, sind in eine Niederschrift aufzunehmen oder schriftlich abzufassen. (2)  Die Mitgliedstaaten brauchen Absatz 1 auf die unter normalen Bedingungen abgeschlossenen laufenden Geschäfte nicht anzuwenden. Artikel 6 Lässt ein Mitgliedstaat die Einpersonengesellschaft im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 auch für Aktiengesellschaften zu, so gilt diese Richtlinie. Artikel 7 Ein Mitgliedstaat braucht die Einpersonengesellschaft nicht zu gestatten, wenn sein innerstaatliches Recht dem Einzelunternehmer die Errichtung eines Unternehmens ermöglicht, dessen Haftung auf ein Vermögen beschränkt ist, das für eine bestimmte Tätigkeit eingesetzt wird, sofern in Bezug auf diese Unternehmen Schutzbestimmungen vorgesehen sind, die denjenigen der vorliegenden Richtlinie sowie den übrigen auf die in Artikel 1 bezeichneten Gesellschaften anwendbaren Gemeinschaftsvorschriften gleichwertig sind. Artikel 8 Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen. Artikel 9 Die Richtlinie 89/667/EWG, in der Fassung der in Anhang II Teil A aufgeführten Rechtsakte, wird unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang II Teil B genannten Fristen für die Umsetzung der dort genannten Richtli-

1062

§ 27 Anhang EpGRL

nien in innerstaatliches Recht und für die Anwendung dieser Richtlinien aufgehoben.

Artikel 11

Verweisungen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Verweisungen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang III zu lesen.

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Artikel 10 Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

ANHANG I Rechtsformen von Gesellschaften gemäß Artikel 1

––

Belgien:

––

Bulgarien:

Société privée à responsabilité limitée/Besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid; дружество с ограничена акционерно дружество;

––

Tschechische Republik:

––

Dänemark:

––

Deutschland:

––

Estland:

––

отговорност,

Společnost s ručením omezeným; Anpartsselskaber; Gesellschaft mit beschränkter Haftung;

––

Zypern:

ιδιωτική εταιρεία περιορισμένης ευθύνης με μετοχές ή με εγγύηση;

––

Lettland:

––

Litauen:

––

Luxemburg:

––

Ungarn:

Sabiedrība ar ierobežotu atbildību; Uždaroji akcinė bendrovė; Société à responsabilité limitée; Korlátolt felelősségű társaság, részvénytársaság;

––

Malta:

Irland:

––

Niederlande:

––

Griechenland:

––

Österreich:

––

Spanien:

––

Polen:

––

Frankreich:

––

Portugal:

––

Kroatien:

––

Rumänien:

––

Italien:

––

Slowenien:

Aktsiaselts, osaühing; Private company limited by shares or by guarantee; Εταιρεία περιορισμένης ευθύνης; Sociedad de responsabilidad limitada; Société à responsabilité limitée; društvo s ograničenom dioničko društvo;

odgovornošću,

Società a responsabilità limitata;

Kumpannija privata/Private limited liability company; Besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid; Aktiengesellschaft, Gesellschaft schränkter Haftung;

mit

Spółka z ograniczoną odpowiedzialnością; Sociedade por quotas; societate cu răspundere limitată; Družba z omejeno odgovornostjo;

be-

1063

§ 27 Anhang EpGRL ––

Slowakei:

––

Schweden:

––

Finnland:

––

Vereinigtes Königreich:

Spoločnost’ s ručením obmedzeným; osakeyhtiö/aktiebolag;

aktiebolag;

Private company limited by shares or by guarantee.

ANHANG II TEIL A Aufgehobene Richtlinie mit ihren nachfolgenden Änderungen (gemäß Artikel 9)

Richtlinie 89/667/EWG des Rates

 

(ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 40) Beitrittsakte von 1994, Anhang I Kapitel XI Abschnitt A

 

(ABl. C 241 vom 29.8.1994, S. 194) Beitrittsakte von 2003, Anhang II Kapitel 4 Abschnitt A

 

(ABl. L 236 vom 23.9.2003, S. 338) Richtlinie 2006/99/EG des Rates

Nur Abschnitt A Nummer 4 des Anhangs

(ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 137)

TEIL B Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht und für die Anwendung (gemäß Artikel 9)

Richtlinie

Frist für die Umsetzung Datum der Anwendung

89/667/EWG

31. Dezember 1991

Für Gesellschaften, die am 1. Januar 1992 bereits bestehen: spätestens 1. Januar 1993

2006/99/EG

1. Januar 2007

 

1064

§ 27 Anhang EpGRL ANHANG III ENTSPRECHUNGSTABELLE

Richtlinie 89/667/EWG

Vorliegende Richtlinie

Artikel 1 Eingangssatz

Artikel 1

Artikel 1 erster bis siebenund­ zwanzigster Gedankenstrich

Anhang I

Artikel 2 bis 7

Artikel 2 bis 7

Artikel 8 Absatz 1



Artikel 8 Absatz 2



Artikel 8 Absatz 3

Artikel 8



Artikel 9



Artikel 10

Artikel 9

Artikel 11



Anhang I



Anhang II



Anhang III



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§ 28 Die Übernahme-RL − Takeover Bids Directive (TBD) RL 2004/25/EG des EP und des Rates v. 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABlEU v. 30.4.2004, L 142/12 Literatur: Andenas, Mads, European Takeover Directive and the City, (1997) 18 Co Law 101; ders., European Takeover Regulation and the City Code, (1996) 17 Co Law 150; ders., Future of the Take-Over Directive, (1993) 14 Co Law 113; Assmann, Heinz-Dieter/Basaldua, Nathalie/ Bozenhardt, Friedrich/Peltzer, Martin (Hrsg.), Übernahmeangebote, 1990; Bartman, Steef M., Analysis and consequences of the EC Directive on takeover bids, (2004) 1 ECL 5; Baums, Theodor, Low Balling, Creeping in und deutsches Übernahmerecht, ZIP 2010, 2374; ders., Übernahmeregeln in der Europäischen Gemeinschaft, ZIP 1989, 1376; Behrens, Peter, Rechtspolitische Grundsatzfragen einer Europäischen Regelung für Übernahmeangebote, ZGR 1975, 433; Berger, Klaus Peter, Unternehmensübernahmen in Europa, ZIP 1991, 1644; Bernitz, Ulf, The attack on the Nordic multiple voting rights model: the legal limits under EU law, EBLR 2004, 1423; Bess, Jürgen, Eine europäische Regelung für Übernahmeangebote, AG 1976, 169 und 206; Bittner, Claudia, Die EG-Übernahmerichtlinie aus englischer Sicht, RIW 1992, 182; Clarke, Blanaid, Articles 9 and 11 of the Takeover Directive (2004/25) and the market for corporate control, JBL 2006, 355; dies., EU Takeover Regulation as a means of safeguarding the interests of employees. Re-opening Pandora’s Box, FS Baums, 2017, S. 215; dies., Reinforcing the market for corporate control, EBLR 2011, 517; dies., Takeover regulation through the regulatory looking glass, (2007) 8 GLJ 381; Clausen, Nils Jul/Sørensen, Karsten Engsig, The 2003 proposal for a directive on takeover bids – impact on the regulation in Scandinavia, (2003) 45 Scan. Stud. 89; Dauner-Lieb, Barbara/Lamandini, Marco, Der neue Kommissionsvorschlag einer EU-Übernahmerichtlinie – Stellungnahme der Gutachter des EU-Parlaments, BB 2003, 265; Davies, Paul/Schuster, Edmund-Philipp/van de Walle de Ghelcke, Emilie, The Takeover Directive as a protectionist tool?, ECGI Working Paper n° 141/2010; De Wulf, Hans, European Union: Markets – Takeovers, (2004) 15 ICCLR N83; Dieckmann, Hans, Änderungen im Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz anlässlich der Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie in das deutsche Recht, NJW 2007, 17; Dine, Janet, The new Thirteenth Directive: subsidiarity, Datafin and the DTI, (1996) 17 Co Law 248; Donath, Roland, On the way to US-style hostile tender offers in Germany? – The European attempt to harmonize the takeover law and its impact on German company law, (1994) 1 Ann. Surv. Int’l & Comp. L. 91; ECLE, Cambridge Legal Studies Research Paper 5/2014; Edwards, Vanessa, The directive on takeover bids – not worth the paper it’s written on?, ECFR 2004, 416; Elofson, John, Lie back and think of Europe: American reflections on the EU takeover directive, (2004) 22 Wis. Int’l L. J. 523; Enriques, Luca, European takeover law: the case for a neutral approach, in: Grundmann, Stefan u.a. (Hrsg.), Festschrift für Klaus J. Hopt zum 70. Geburtstag am 24. August 2010, 2010, S. 1789; ders., The mandatory bid rule in the Takeover Directive: harmonization without foundation?, ECFR 2004, 440; Ferrarini, Guido/Miller, Geoffrey P., A simple theory of takeover regulation in the United States and Europe, (2009) 42 Cornell Int’l L. J. 301; Gatti, Matteo, Optionality arrangements and reciprocity in the European Takeover Directive, (2005) 6 EBOR 553; Gerner-Beuerle, Carsten/Kershaw, David/Solinas, Matteo, Is the board neutrality rule trivial? Amnesia about corporate law in European takeover regulation, EBLR 2011, 559; Ghetti, Riccardo, Acting in Concert in EU Company Law: How Safe Harbours can Reduce Interference with the Exercise of Shareholder Rights, ECFR 2014, 594; Glade, Achim/Haak, Andreas M./Hellich, Peter, Die Umsetzung der Übernahmerichtlinie in das deutsche Recht, Konzern 2004, 455 u. 515; Grundmann, Stefan, Die rechtliche Verfassung des Marktes für Unternehmenskontrolle nach Verabschiedung der Übernahme-Richtlinie, NZG 2005, 122; Grunewald, Barbara, Der geänderte Vorschlag einer 13. EG-Richtlinie betreffend Übernahmeangebote, WM 1991, 1361; dies., Die Vereinbarkeit der Angemessenheitsvermutung von § 39a III 3

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WpÜG mit höherrangigem Recht, NZG 2009, 332; dies., Europäisierung des Übernahmerechts, AG 2001, 288; dies., Was bringt der Vorschlag einer 13. EG-Richtlinie über Übernahmeangebote für das deutsche Recht?, WM 1989, 1233; Habersack, Mathias, Verhinderungsverbot und Pflichtangebotsregel – Eckpfeiler des europäischen Übernahmerechts?, ZHR 181 (2017) 603; Habersack, Mathias/Mayer, Christian, Der neue Vorschlag 1997 einer TakeoverRichtlinie – Überlegungen zur Umsetzung in das nationale Recht, ZIP 1997, 2141; Hansen, Jesper Lau, The directive on takeover bids: unwanted harmonisation of corporate governance, N&ECL 10-18; ders., The mandatory bid rule. The rise to prominence of a misconception, (2004) 45 Scan. Stud. 173; ders., When less would be more: The EU takeover directive in its latest apparition, (2003) 9 Colum. J. Eur. L. 275; Harbarth, Stephan, Europäische Durchbrechungsregel im deutschen Übernahmerecht, ZGR 2007, 37; Harle, Alex/Harvey, Neil, The Takeover Directive – a current perspective, (2000) 11 ICCLR 240; Harris, Julian, Common position adopted on takeover directive, (2001) 22 Co Law 88; Hasselbach, Kai, Das Andienungsrecht von Minderheitsaktionären nach der EU-Übernahmerichtlinie, ZGR 2005, 387; Heidel, Thomas/Lochner, Daniel, Der übernahmerechtliche Squeeze- und Sell-out gem. § 39a ff. WpÜG, Konzern 2006, 653; dies., Verfassungswidrigkeit der Squeeze-out-Regelungen der umzusetzenden EU-Übernahmerichtlinie, DB 2005, 2564; Hein, Jan von, Grundfragen des europäischen Übernahmekollisionsrechts, AG 2001, 213; ders., Zur Kodifikation des europäischen Übernahmekollisionsrechts, ZGR 2005, 528; Hertig, Gerard/McCahery, Joseph A., Company and takeover law reforms in Europe: misguided harmonization efforts or regulatory competition?, (2003) 4 EBOR 179; Hilmer, Karsten, Die Übernahmerichtlinie und ihre Umsetzung in das deutsche Recht, 2007; Hirte, Heribert, The Takeover Directive – a Mini-Directive on the structure of the corporation: Is it a Trojan horse?, ECFR 2005, 1; Hommelhoff, Peter, Konzerneingangs-Schutz durch Takeover-Recht? Eine Betrachtung zur europäischen Rechtspolitik, in: Bierich, Marcus/Hommelhoff, Peter/Kropff, Bruno (Hrsg.), Festschrift für Johannes Semler zum 70. Geburtstag am 28. April 1993, 1993, S. 455; Hommelhoff, Peter/ Kleindiek, Detlef, Takeover-Richtlinie und europäisches Konzernrecht, AG 1990, 106; Hopt, Klaus J., Auf dem Weg zum deutschen Übernahmegesetz, in: Lieb, Manfred u.a. (Hrsg.), Festschrift für Wolfgang Zöllner zum 70. Geburtstag, 1998, S. 253; ders., Europäisches Übernahmerecht, EuZW 1997, 481; ders., Europäisches Übernahmerecht. Eine rechtsvergleichende, rechtsdogmatische und rechtpolitische Untersuchung, 2013; ders., Europäisches und deutsches Übernahmerecht, ZHR 161 (1997) 368; ders., European Takeover Reform of 2012/2013 – time to re-examine the mandatory Bid, (2014) 15 EBOR 143; ders., Obstacles to corporate restructuring: observations from a European and German perspective, in: Tison, Michael (ed.), Perspectives in company law and financial regulation: essays in honours of Eddy Wymeersch, 2009, S. 373; ders., Takeover defences in Europe: a comparative, theo-retical and political analyses, (2014) Colum. J. Eur. L. 249; ders., Takeover regulation in Europe – the battle for the 13th directive on takeovers, (2002) 15 AJCL 1; ders., Übernahmeangebote im europäischen Recht, in: Löwisch, Manfred/Schmidt-Leithoff, Christian/Schmiedel, Burkhard (Hrsg.), Beiträge zum Handels- und Wirtschaftsrecht, Festschrift für Fritz Rittner zum 70. Geburtstag, München 1991, S. 187; ders., Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen − Zur aktien- und übernahmerechtlichen Rechtslage in Deutschland und Europa −, in: Schneider, Uwe H. u.a. (Hrsg.), Festschrift für Marcus Lutter zum 70. Geburtstag, 2000, S. 1361; Hopt, Klaus J./Mülbert, Peter O./Kumpan, Christoph, Reformbedarf im Übernahmerecht, AG 2005, 109; Ipekel, Ferna, Defensive measures under the Directive on Takeover Bids and their effect on UK and French takeover regimes, EBLR 2005, 341; Johnston, Andrew, The European takeover directive: ruined by protectionism or respecting diversity?, (2004) 25 Co Law 270; Josenhans, Michael, Das neue Übernahmekollisionsrecht, ZBB 2006, 269; Kainer, Friedemann, Binnenmarktrechtliche Grenzen des Übernahmerechts, ZHR 168 (2004), 542; Kaisanlahti, Timo, When is a tender price fair in a Squeeze Out?, (2007) 8 EBOR 497; Kall­ meyer, Harald, Pflichtangebote nach dem Übernahmekodex und dem neuen Vorschlag 1997 für eine Takeover-Richtlinie, ZIP 1997, 2147; Keim, Daniel M., The European Community’s proposed directive on takeover bids and its impact on shareholders’ rights, (1990) 16 Brook.

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J. Int’l L. 561; Kemperink, Guus/Stuyck, Jules, The thirteenth com­pany law directive and competing bids, (2008) 45 C.M.L. Rev. 93; Kersting, Christian, Die Reziprozitätsregel im europäischen Übernahmerecht und ihre Anwendung auf Gesellschaften aus Drittstaaten, EuZW 2007, 528; Kindler, Peter/Horstmann, Hendrik, Die EU-Übernahmerichtlinie – Ein „europäischer“ Kompromiss, DStR 2004, 866; Kirchner, Christian/Painter, Richard W., Takeover defenses under Delaware law, the proposed thirteenth EU directive and the new German take­ over law: comparison and recommendations for reform, (2002) 50 Am. J. Comp. L. 451; Knapp, Vanessa, Proposed Takeover Directive: will the break-through proposal work?, (2002) 23 Co Law 134; Knott, Hermann J., Freiheit, die ich meine: Abwehr von Übernahmeangeboten nach Umsetzung der EU-Richtlinie, NZG 2006, 849; Krause, Hartmut, Der Kommissionsvorschlag für die Revitalisierung der Übernahmerichtlinie, BB 2002, 2341; ders., Der revidierte Vorschlag einer Takeover-Richtlinie (1996), AG 1996, 209; ders., Die EU-Übernahmerichtlinie – Anpassungsbedarf im Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BB 2004, 113; ders., Die geplante Takeover-Richtlinie der Europäischen Union mit Ausblick auf das geplante deutsche Übernahmegesetz, NZG 2000, 905; ders., Pericopus and clear criteria in European public takeover legislation, ECFR 2010, 70; Kronke, Herbert, The Takeover Directive and the „commercial approach“ to harmonisation of private law, in: Berger, Klaus-Peter (Hrsg.), Zivil- und Wirtschaftsrecht im europäischen und globalen Kontext: Festschrift für Norbert Horn zum 70. Geburtstag, 2006, S. 445; Kunzelmann, Maximilian P., Reform der Übernahmerichtlinie – Befreiungen vom Pflichtangebot und der Schutz der Minderheiten, BLJ 2013, 52; Lanfermann, Georg/Maul, Silja, EU-Übernahmerichtlinie: Aufstellung und Prüfung des Lageberichts, BB 2004, 1517; Liekefett, Kai Haakon, Die EU-Übernahmerichtlinie aus ökonomischer Perspektive, RIW 2004, 824; Loritz, Karl-Georg/Wagner, Klaus-R., Das „Zwangsübernahmeangebot“ der EG-Takeover-Richtlinie aus verfassungsrechtlicher Sicht, WM 1991, 709; Mattig, Daniel, Acting in concert, BLJ 2012, 65; Maul, Silja, Die EU-Übernahmerichtlinie − ausgewählte Fragen, NZG 2005, 151; Maul, Silja/Kouloridas, Athanasios, The takeover bids directive, (2004) 5 GLJ 355; Maul, Silja/Muffat-Jeandet, Danièle, Die EU-Übernahmerichtlinie – Inhalt und Umsetzung in nationales Recht, AG 2004, 221 und 306; Maul, Silja/Muffat-Jeandet, Danièle/ Simon, Joëlle (eds.), Takeover bids in Europe, 2008; McCahery, Joseph A./Vermeulen, Erik P. M., Does the takeover bids directive need revision?, in: Grundmann, Stefan u.a. (Hrsg.), Festschrift für Klaus J. Hopt zum 70. Geburtstag am 24. August 2010, 2010, S. 2189; Menjucq, Michel, The European Regime on Takeovers ECFR 2006, 222; Merkt, Hanno, „Creeping in“ aus internationaler Sicht, NZG 2011, 561; Merkt, Hanno/Binder Jens-Hinrich, Änderungen im Übernahmerecht nach Umsetzung der EG-Übernahmerichtlinie: Das deutsche Umsetzungsgesetz und verbleibende Problemfelder, BB 2006, 1285; Mertens, Hans-Joachim, Förderung von, Schutz vor, Zwang zu Übernahmeangeboten?, AG 1990, 252; Meyer, Andreas, Änderungen im WpÜG durch die Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie, WM 2006, 1135; Mosca, Chiara, The takeover bids directive: An opportunity for Europe or simply a compromise?, (2009) 28 YEL 308; Mucciarelli, Federico M., White knights and black knights – Does the search for competetive bids always benefit the shareholders of “target” companies? −, ECFR 2006, 408; Mukwiri, Jonathan, Free movement of capital and takeovers: a case-study of the tension between primary and secondary EU legislation, (2013) 38 E.L. Rev. 829; ders., Reforming EU takeover law remains on hold, (2015) 12 ECL 186; ders., Takeovers and incidental protection of minority shareholders, ECFR 2013, 432; ders., Takeovers and the European Legal Framework, 2009; Mülbert, Peter, Umsetzungsfragen der Übernahmerichtlinie − erheblicher Änderungsbedarf bei den heutigen Vorschriften des WpÜG, NZG 2004, 633; Mülbert, Peter/ Kiem, Roger/Wittig, Arne (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011; Nelle, Andreas, Stimmrechtszurechnung und Pflichtangebot nach Umsetzung der Übernahmerichtlinie, ZIP 2006, 2057; Neye, Hans-Werner, Der gemeinsame Standpunkt des Rates zur 13. Richtlinie – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einem europäischen Übernahmerecht, AG 2000, 289; ders., Der neue Vorschlag der Kommission für eine dreizehnte Richtlinie über Übernahmeangebote, DB 1996, 1121; ders., Der Vorschlag 2002 einer Takeover-Richtlinie, NZG 2002, 1144; ders., Die EUÜbernahmerichtlinie auf der Zielgeraden, ZIP 2001, 1120; Paefgen, Walter G., Zum Zwangs-

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ausschluss im neuen Übernahmerecht, WM 2007, 765; Papadopoulos, Thomas, EU Law and the Harmonization of Takeovers in the Internal Market, 2010; Peltzer, Martin, Der Kommissionsentwurf für eine 13. Richtlinie über Übernahmeangebote vom 7.2.1996, AG 1997, 145; Pennington, Robert R., The City Code on Takeovers and Mergers, in: Pawlowski, H.-M./ Wiese, Günther/Wüst, Günther (Hrsg.), Festschrift für Konrad Duden zum 70. Geburtstag, 1977, S. 379; Pettet, Ben, Private versus public regulation in the field of takeovers: the future under the directive, EBLR 2000, 381; Pluskat, Sorika, Das Scheitern der europäischen Übernahmerichtlinie, WM 2001, 1937; Pohlmann, Petra, Rechtsschutz der Aktionäre der Zielgesellschaft im Wertpapiererwerbs- und Übernahmeverfahren, ZGR 2007, 1; Posdziech, Chris­tin, Zur Rechtsnatur der Angemessenheitsvermutung beim übernahmerechtlichen Squeeze-Out, WM 2010, 787; Pötzsch, Thorsten/Möller, Andreas, Das künftige Übernahmerecht – Der Diskussionsentwurf des Bundesministeriums für Finanzen zu einem Gesetz zur Regelung von Unternehmensübernahmen und der Gemeinsame Standpunkt des Rates zur europäischen Übernahmerichtlinie, WM-Sonderbeilage 2/2000; Psaroudakis, Georgios, The mandatory bid and company law in Europe, ECFR 2010, 550; Rickford, Jonathan, The emerging European takeover law from a British perspective, EBLR 2004, 1379; Rühland, Hans-Philipp, Das „Level Playing Field“ im europäischen Übernahmerecht – eine ökonomische Analyse der Durchbruchsregel (Art. 11 TBD-E), NZG 2003, 1150; ders., Der übernahmerechtliche Squeeze-out im Regierungsentwurf des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes, NZG 2006, 401; Ryngaert, Cedric, Cross-Border Takeover Regulation: a Transatlantic Perspective, ECFR 2007, 434; Santelmann, Matthias, Keine Unternehmensbewertung bei übernahmerechtlichem Squeeze out bei Eingreifen der Angemessenheitsvermutung, BB 2009, 1356; Schanz, Kay-Michael, Verteidigungsmechanismen gegen feindliche Übernahmen nach Umsetzung der Übernahmerichtlinie im deutschen Recht, NZG 2007, 927; Schüppen, Matthias, WpÜG-Reform: Alles Europa, oder was?, BB 2006, 165; Seibt, Christoph H., Reform der EU-Übernahmerichtlinie und des deutschen Übernahmerechts. Ergebnisse einer Experten-Umfrage, ZIP 2012, 1; Seibt, Christoph H./ Heiser, Kristian J., Analyse der EU-Übernahmerichtlinie und Hinweise für eine Reform des deutschen Übernahmerechts, ZGR 2005, 200; dies., Analyse des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes (Regierungsentwurf), AG 2006, 301; dies., Der neue Vorschlag einer EU-Übernahmerichtlinie und das deutsche Übernahmerecht, ZIP 2002, 2193; Siems, Mathias M., The rules on conflict of laws in the European takeover directive, ECFR 2004, 458; Simon, Joëlle, Adoption of the European Directive on takeover bids: an on-again, off-again story, in: Tison, Michael (ed.), Perspectives in company law and financial regulation: essays in honours of Eddy Wymeersch, 2009, S. 345; Simon, Stefan, Entwicklungen im WpÜG, Konzern 2006, 12; Sjåfjell, Beate, The core of corporate governance: implications of the takeover directive for corporate governance in Europe, EBLR 2011, 641; dies., The Golden Mean or a Dead End? The Takeover Directive in a Shareholder versus Stakeholder Perspective, in: Bartman, Steef M. (ed.), European Company Law in Accelerated Progress, 2006, S. 107; Skøg, Rolf, The Takeover Direc­ tive − an endless saga?, EBLR 2002, 301; ders., The Takeover Directive, the „breakthrough“ rule and the Swedish system of dual class common stock, EBLR 2004, 1439; Sørensen, Karsten Ensig, Disclosing barriers to takeovers, N&ECL 10-14; Van Alstine, Michael P., Die EG-Übernahme-Richtlinie im Lichte der Erfahrungen in den USA, EWS 1993, 8; Van Kann, Jürgen/ Just, Clemens, Der Regierungsentwurf zur Umsetzung der europäischen Übernahmerichtlinie, DStR 2006, 328; Ventozurro, Marco, Europe’s thirteenth directive and U.S. takeover regulation: regulatory means and political and economics ends, (2006) 41 Tex. Int’ L. J. 171; Verse, Dirk, Acting in Concert in German Cornpany and Takeover Law, in: Fleischer, Holger/Hansen, Jasper Lau/Ringe, Wolf-Georg, German and Nordic Perspectives on Company and Capital Markets Law, 2015, S. 215; Weber, Martin, Der Geänderte Vorschlag der Kommission für eine Takeover-Richtlinie vom 10.11.1997, EuZW 1998, 464; Werdmüller, Peter, Compatibility of the EU takeover bid directive reciprocity rule with the EU free movement rules, BLR 2006, 64; Wiesner, Peter M., Die neue Übernahmerichtlinie und die Folgen, ZIP 2004, 343; Winner, Martin, Active shareholders and European Takeover Regulation, ECFR 2014, 364; Winter, Jaap, We all want to go to heaven but nobody wants to die, (2004) 1 ECL 4; Wolf, Martin,

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Konzerneingangsschutz bei Übernahmeangeboten. Neuere Entwicklungen zu Verteidigungsmaßnahmen im Spannungsfeld zum EU-Richtlinienvorschlag, AG 1998, 212; Wooldridge, Frank, The Implementation of the Takeovers Directive in Germany, EBLR 2008, 811; ders., The recent directive on takeover bids, EBLR 2004, 147; Wymeersch, Eddy, A New look at the Debate about the Takeover Directive, in: Erle (Hrsg.), Festschrift für Peter Hommelhoff zum 70. Geburtstag, 2012, S. 1375; Zimmer, Daniel, Aufsicht bei grenzüberschreitenden Übernahmen, ZGR 2002, 731; Zwecker, Andrew, The EU Takeover Directive: Eight years later, implementation but still no harmonization among Member States on acceptable takeover defences, (2012) 21 Tul. J. Int’l & Comp. L. 233. Rechtsprechung: EuGH: EuGH v. 15.10.2009, Audiolux, C-101/08, ECLI:EU:C:2009:626 EuGH v. 20.7.2017, Marco Tronchetti Provera, C-206/16, ECLI:EU:C:2017:572 EFTA-Gerichtshof: EFTA-Gerichtshof v. 10.12.2010, Periscopus AS ./. Oslo Børs ASA and Erika Must AS, E-1/10, [2009-2010] EFTA Ct. Rep. 198 Nationale Gerichte: LG Frankfurt v. 5.8.2008 − 3–5 O 15/08, NZG 2008, 665 OLG Frankfurt v. 9.12.2008 − WpÜG 2/08, ZIP 2009, 74 LG Frankfurt v. 13.3.2009 – 3–5 O 328/08, ZIP 2009, 1422 OLG Stuttgart v. 5.5.2009 − 20 W 13/08, ZIP 2009, 1059 OLG Celle v. 25.3.2010 − 9 W 17/10, ZIP 2010, 830 LG Frankfurt v. 15.11.2011 – 3–5 O 53/11, ZIP 2011, 2469 BVerfG v. 16.5.2012 – 1 BvR 96/09, 1 BvR 117/09, 1 BvR 118/09, 1 BvR 128/09, NZG 2012, 907 („Deutsche Hypothekenbank“) BGH v. 18.12.2012 – II ZR 198/11, NZG 2013, 223 LG Frankfurt v. 19.2.2013 – 3–05 O 116/12, NZG 2013, 422 BGH v. 11.6.2013 – II ZR 80/12, NZG 2013, 939 („BKN“) OLG Frankfurt v. 28.1.2014 – WpÜG 3/13, NZG 2014, 543 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12, BGHZ 202, 180 („Effecten-Spiegel/Deutsche Bank“)

I.  Genese und Ratio 1.  Historie, Grundgedanken und Inhalt im Überblick

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Die Überlegungen zur Harmonisierung der Regeln für Übernahmeangebote reichen 28.1 bis Anfang der 1970er Jahre zurück. Nachdem das UK in Form des City Code on Takeovers and Mergers (Takeover Code) bereits 1968 eine Regelung geschaffen hatte1 und Übernahmeangebote auch in anderen Mitgliedstaaten zunehmende Bedeutung erlangt hatten2, beauftragte die Kommission den britischen Gesellschaftsrechtsexperten 1 Ausf. zur Entstehung: Johnston (2007) 66 CLJ 422 ff.; Roßkopf, Selbstregulierung von Übernahmeangeboten in Großbritannien, 2000, S. 86 ff. (jeweils m.z.w.N.). 2 Vgl. Behrens ZGR 1975, 433, 434 f. (mit Überblick über die Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre aufkommenden ersten nationalen Regelungen); Beß AG 1976, 169, 170 (mit Nachweisen zu Übernahmefällen in Deutschland).

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§ 28 Die Übernahme-RL − Takeover Bids Directive (TBD)

Robert R. Pennington mit der Erstellung eines Berichts, den dieser 1974 zusammen mit einem ersten RL-Entwurf vorlegte3. Dieser RL-Entwurf wurde allerdings von vielen Mitgliedstaaten als zu detailliert und zu sehr vom City Code geprägt kritisiert; zudem sahen viele auch generell kein Bedürfnis für eine Rechtsangleichung, sodass die Beratungen Anfang 1978 ergebnislos eingestellt wurden.4 Die Desiderate der Schaffung von Transparenz und eines Pflichtangebots wurden aber immerhin in Ziff. 17 der – freilich nicht bindenden − Kommissionsempfehlung v. 25.7.1977 betreffend europäische Wohlverhaltensregeln für Wertpapiertransaktionen5 aufgenommen. 1985 kündigte die Kommission dann jedoch in ihrem Weißbuch „Vollendung 28.2 des Binnenmarktes“ an, das Projekt wieder aufgreifen zu wollen.6 Sie legte 1987 einen Vorentwurf7 und 1989 einen offiziellen Vorschlag8 vor, auf den nach Kritik von EWSA9 und EP10 1990 ein geänderter Vorschlag11 folgte.12 Auch dieser stieß jedoch auf massiven Widerstand: So fürchtete man speziell im UK um den Fortbestand des eigenen bewährten und sehr flexiblen Systems13, während in Deutschland nicht nur das generelle Regelungsbedürfnis verbreitet in Frage gestellt wurde14, sondern sich vor

  3  Report on Takeover and Other Bids by Prof. Robert R. Pennington, Dok. XI/56/74 – E. Dazu Behrens ZGR 1975, 433 ff.; Bess AG 1976, 169 ff., 206 ff.  4 Vgl. Basaldua, in: Assmann/Basaldua/Bozenhardt/Peltzer, Übernahmeangebote, 1990, S. 157, 158; Roßkopf (Fn. 1), S. 267.   5  Empfehlung 77/534/EWG der Kommission v. 25.7.1977 betreffend europäische Wohlverhaltensregeln für Wertpapiertransaktionen, ABlEG v. 20.8.1977, L 212/37.  6 Vollendung des Binnenmarktes. Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat, 28./29.6.1985, KOM(85) 310, Ziff. 139.  7 Dok. XV/63/87.   8  Vorschlag für eine dreizehnte RL des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote, 16.2.1989, KOM(88) 823 = ABlEG v. 14.3.1989, C 64/8 = BT-Drs. 11/4338 = BR-Drs. 136/89. Die Aktualität der Thematik wurde übrigens prompt durch die zwei spektakulären Fälle Société Générale de Belgique (dazu Assmann/Bozenhardt in: Assmann/Basaldua/Bozenhardt/Peltzer, Übernahmeangebote, 1990, S. 1, 3; Hirte ZIP 1989, 1233 ff.; Hommelhoff/Witt RIW 2001, 561 f.; sowie das Urteil des CA Bruxelles ZIP 1989, 1290 ff.) und Nestlé/Jacobs-Suchard/Rowntree (dazu Assmann/Bozenhardt a.a.O.) belegt.   9  ABlEG v. 27.11.1989, C 298/56. 10  ABlEG v. 19.2.1990, C 38/49. 11  Geänderter Vorschlag für eine dreizehnte RL des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote, 10.9.1990, KOM(90) 416 = ABlEG v. 26.9.1990, C 240/7. 12  Schrifttum zu den Entwürfen 1989/90: Assmann/Basaldua/Bozenhardt/Peltzer (Hrsg.), Übernahmeangebote, 1990; Baums ZIP 1989, 1376 ff.; Berger ZIP 1991, 1644 ff.; Bittner RIW 1992, 182 ff.; Donath (1994) 1 Ann. Surv. Int’l & Comp. L. 91 ff.; Grunewald WM 1989, 1233 ff.; dies. WM 1991, 1361 ff.; Hommelhoff FS Semler, 1993, S. 455 ff.; Hommelhoff/Kleindiek AG 1990, 106 ff.; Hopt FS Rittner, 1991, 187, 195 ff.; Keim (1990) 16 Brook. J. Int’l L. 561 ff.; Mertens AG 1990, 252, 256 ff.; Munscheck RIW 1995, 388, 391 ff.; Röhrich RIW 1993, 93 ff.; Van Alstine EWS 1993, 8 ff. 13  Vgl. speziell Calcutt (1990) 11 Co Law 203, 207 (damaliger Chairman des Takeover Panel); s. ferner Bittner RIW 1992, 182, 187 ff.; Dine (1996) 17 Co Law 248; Edwards ECFR 2004, 416, 420. 14  Vgl. Stellungnahme Bundesrat, BR-Drs. 136/89(B), S. 1; Bericht Rechtsausschuss, BT-Drs. 11/6612, S. 4; Hauschka/Roth AG 1988, 181, 184.

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allem auch am Institut des Pflichtangebots heftige Kritik entzündete15. Die Beratungen wurden daher Mitte 1991 zunächst ausgesetzt.16 Nach ausführlichen Konsultationen mit den Mitgliedstaaten17 präsentierte die 28.3 Kommission dann 1996 einen grundlegend überarbeiteten und nun explizit als „Rahmen-Richtlinie“ konzipierten neuen Vorschlag18, der 1997 mit Blick auf Änderungswünsche von EWSA19 und EP20 nochmals in revidierter Fassung21 vorgelegt wurde.22 Nach intensiven Beratungen gelang es zwar 1999 unter deutscher Ratspräsidentschaft im Rat eine politische Einigung zu erzielen23; aufgrund eines politischen Vorbehalts Spaniens24 konnte allerdings erst am 19.6.2000 ein Gemeinsamer Standpunkt des Rates25 verabschiedet werden. Unter dem Eindruck der Übernahmeschlacht Mannesmann/Vodafone rückte dann allerdings die Tragweite der RL und speziell der Neutralitätspflicht (→ 28.78 ff.) für die Abwehrchancen deutscher Emittenten, denen

15  Vgl. Stellungnahme Bundesrat, BR-Drs. 136/89(B), S. 2; Bericht Rechtsausschuss, BT-Drs. 11/6612, S. 4 f.; Assmann/Bozenhardt (Fn. 8), S. 1, 37 f.; Baums ZIP 1989, 1376, 1380 f.; Grunewald WM 1989, 1233, 1238; Hommelhoff FS Semler, 1993, S. 455, 459 ff.; Hommelhoff/Kleindiek AG 1990, 106, 108 ff.; Mertens AG 1990, 252, 256 ff.; Peltzer AG 1997, 145, 150 f.; vgl. zur Kritik in Deutschland ferner auch Hopt FS Rittner, 1991, 187, 199 ff.; Kallmeyer ZIP 1997, 2147; Neye DB 1996, 1121. 16  Vgl. KOM(95) 655, Ziff. 2; Roos WM 1996, 2177. 17  Vgl. KOM(95) 655, Ziff. 3. 18  Vorschlag für eine dreizehnte RL des EP und des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote, 7.2.1996, KOM(95) 655 = ABlEG v. 6.6.1996, C 162/5 = BR-Drs. 162/96 = AG 1996, 217 ff. 19  ABlEG v. 7.10.1996, C 295/1. 20  ABlEG v. 21.7.1997, C 222/20. 21  Geänderter Vorschlag für eine dreizehnte RL des EP und des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote, 10.11.1997, KOM(97) 565 = ABlEG v. 13.12.1997, C 378/10 = ZIP 1997, 2173 ff. 22  Schrifttum zu den Entwürfen 1996/97: Andenas (1996) 17 Co Law 150 ff.; ders. (1997) 18 Co Law 101 ff.; Dine (1996) 17 Co Law 248 ff.; Habersack/Mayer ZIP 1997, 2141 ff.; Hopt ZHR 161 (1997) 368 ff.; ders. FS Zöllner, 1999, S. 253, 255 ff.; Krause AG 1996, 209 ff.; Mülbert IStR 1999, 83 ff.; Neye DB 1996, 1121 ff.; Peltzer AG 1997, 145 ff.; Roos WM 1996, 2177 ff.; Schuster EuZW 1997, 237 ff.; Than FS Claussen, 1997, S. 405 ff.; Weber EuZW 1998, 464 ff.; Witt EWS 1998, 318 ff.; Wolf AG 1998, 212, 219 ff. 23 Dok. 9482/99. Dazu Harle/Harvey (2000) 11 ICCLR 240 ff.; Hopt FS Lutter, 2000, S. 1361, 1364 ff.; Horn ZIP 2000, 473, 481; Pettet EBLR 2000, 381, 385 f. 24  Hintergrund war die Aufsichtszuständigkeit für Gesellschaften in Gibraltar; Spanien gab seinen Vorbehalt erst auf, nachdem es sich mit dem UK insoweit bilateral auf eine „Postbox-Lösung“ verständigt hatte, vgl. Harle/Harvey (2000) 11 ICCLR 240; Neye AG 2000, 289, 290; Pötzsch/Möller WM-Sonderbeilage 2/2000, S. 5; Simon FS Wymeersch, 2009, S. 345, 347. 25  Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 1/2001 vom Rat festgelegt am 19.6.2000 im Hinblick auf den Erlass der RL 2000/.../EG des EP und des Rates vom ... auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Übernahmeangebote, ABlEG v. 24.1.2001, C 23/1. Dazu Dimke/ Heiser NZG 2001, 241, 257 ff.; Grunewald AG 2001, 288, 289 ff.; Harris (2001) 22 Co Law 88 ff.; Kirchner WM 2000, 1821, 1827 ff.; Kirchner/Painter (2002) 50 Am. J. Comp. L. 451, 455 ff.; Krause NZG 2000, 905 ff.; Merkt ZHR 165 (2001) 224, 230 ff.; Neye AG 2000, 289 ff.; Pötzsch/Möller WM-Sonderbeilage 2/2000; Skøg EBLR 2002, 301, 304 ff.

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Höchst- und Mehrstimmrechte durch das KonTraG26 verboten worden waren, gegen feindliche Übernahmen erstmals wirklich ins Bewusstsein der deutschen (Fach-)Öffentlichkeit, was die Bundesregierung, die den Gemeinsamen Standpunkt zunächst mitgetragen hatte, schließlich zu einem Kurswechsel veranlasste27. Im Juni 2001 gelang es zwar zunächst trotzdem im Vermittlungsausschuss einen Kompromiss28 zu erzielen, dieser wurde dann jedoch in einer inzwischen als „historisch“ geltenden29 Abstimmung im EP im Anschluss an ein negatives Votum des Rechtsausschusses30 (in dem nun der deutsche MEP Lehne Berichterstatter war) mit 273:273:22 Stimmen abgelehnt31. Die Kommission wollte das Projekt jedoch nicht verloren geben und setzte bereits 28.4 im September 2001 eine High Level Group of Company Law Experts unter dem Vorsitz von Jaap Winter ein (→ 5.41, 13.3). Diese empfahl in ihrem Bericht vom Januar 200232 u.a. die Ergänzung der sog. Durchbrechungsregel (→ 28.87 ff.). Auf dieser Basis präsentierte die Kommission dann im Oktober 2002 einen neuen Vorschlag33, der sich jedoch zunächst ebenfalls nicht als konsensfähig erwies34. Erst nachdem Por26  Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) v. 27.4.1998, BGBl. I, 786. 27 Vgl. Krause FAZ v. 9.5.2001, S. 15: „Der Herr im eigenen Hause“; FAZ v. 15.5.2001, S. 17: „Deutsche Manager nicht entwaffnen“; FAZ v. 31.5.2001, S. 17: „Übernahmerichtlinie droht zu scheitern“; s. ferner Bayer BB 2004, 1 f.; Dauner-Lieb DStR 2003, 555; sehr kritisch zu diesem „Sinneswandel“ etwa Altmeppen ZIP 2001, 1073, 1074; vgl. ferner auch Krause ZGR 2002, 500, 507 („riesiger PR-Misserfolg“); aus ausländischer Perspektive zum Ganzen etwa Cioffi (2002) 24 Law & Pol’y 355, 380 ff.; Edwards ECFR 2004, 416, 426; Elofson (2004) 22 Wis. Int’l L. J. 529 f.; Simon FS Wymeersch, 2009, S. 345, 347 f.; Skøg EBLR 2002, 301, 308 f. 28  Gemeinsamer Text gebilligt vom Vermittlungsausschuss i.S.d. Art. 251 Abs. 4 des EGVertrags, PE-CONS 3629/01 = ZIP 2001, 1123 ff. Dazu Neye ZIP 2001, 1120 ff. 29 Vgl. Wiesner ZIP 2004, 343, 344 mit Hinweis auf Legenden um in Fahrstühlen stecken gebliebene britische MEP und auf Bahren in den Plenarsaal getragene deutsche MEP; s. ferner auch Pluskat WM 2001, 1937 f. 30 A5-0237/2001. 31  ABlEG v. 14.3.2002, C 65 E/112. 32  Bericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über die Abwicklung von Übernahmeangeboten, 10.1.2002 (). 33  Vorschlag für eine RL des EP und des Rates betreffend Übernahmeangebote, 2.10.2002, KOM(2002) 534. Vgl. dazu insbesondere die im Auftrag des EP erstellte Studie von Dauner-Lieb/Lamandini (; Zusammenfassung in BB 2003, 265 ff.) sowie Arnold BB 2003, 267 ff.; Clausen/Sørensen (2003) 45 Scan. Stud. 89 ff.; Dauner-Lieb DStR 2003, 555 ff.; Elofson (2004) 22 Wis. Int’l L. J. 523 ff.; Gatti (2005) 6 EBOR 553 ff.; Grundmann NZG 2005, 122 ff.; Hansen (2003) 9 Colum. J. Eur. L. 275 ff.; Hertig/McCahery (2003) 4 EBOR 179, 195 ff.; Hopt (2002) 15 AJCL 1, 14 ff.; Kindler/ Horstmann DStR 2004, 866 ff.; Krause BB 2002, 2341 ff.; Rühland NZG 2003, 1150 ff.; Seibt/Heiser ZIP 2002, 2193 ff.; Sjåfjell in: Bartman, Steef M. (ed.), European Company Law in Accelerated Progress, 2006, S. 107 ff.; Skøg EBLR 2004, 1439 ff.; Zinser ZRP 2003, 78 ff. 34 Näher Maul/Muffat-Jeandet AG 2004, 221, 224 f. Auch der EWSA verlangte eine ganze Reihe von Änderungen, vgl. Stellungnahme des EWSA v. 14.5.2003 zu dem „Vorschlag

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tugal im Juni 2003 die Lösung eines Optionsmodells (→ 28.100 ff.) vorgeschlagen hatte35, konnte im Rat im November 2003 eine allgemeine politische Ausrichtung36 und nach Stellungnahme des EP37 im Dezember 2003 dann auch eine politische Einigung38 erzielt werden, so dass die Takeover Bids Directive (TBD) (Übernahme-RL)39 schließlich am 21.4.2004 endgültig verabschiedet werden konnte. M.W.v. 30.4.2005 wurde ihr Anwendungsbereich auch auf die EWR-Staaten ausgedehnt.40 Gegenstand der TBD − die konzeptionell auf der Schnittstelle zwischen Kapi- 28.5 talmarkt- und Gesellschaftsrecht liegt und deshalb eine gewisse Janusköpfigkeit aufweist41 − sind im Wesentlichen folgende fünf Regelungskomplexe: Aufsichtsstelle und anwendbares Recht (Art. 4 TBD, → 28.20 ff.); Pflichtangebot (Art. 5 TBD, → 28.31 ff.); Verfahrens- und Transparenzvorschriften (Art. 6-8, 10, 13, 14 TBD → 28.58 ff.); Zulässigkeitsrahmen für Abwehrmaßnahmen in Form eines sog. Optionsmodells (Art. 9, 11, 12 TBD → 28.76 ff.); • Squeeze-out und Sell-out (Art. 15, 16 TBD, → 28.137 ff.). • • • •

2.  Änderungen/Reform Durch die VO (EG) Nr. 219/200942 erfolgte eine Erweiterung der Befugnisse der 28.6 Kommission i.R.d. Komitologieverfahrens (→ 28.62, allg. zum Komitologieverfahren → 3.72 ff.).

für eine RL des EP und des Rates betreffend Übernahmeangebote“, ABlEU v. 3.9.2003, C 208/55. 35  Vgl. Dok. 10023/03. 36  Vgl. Dok. 15476/03. 37  ABlEU v.15.4.2004, C 91 E/109. 38  Vgl. Dok. 16140/03, S. XVII f. 39 RL 2004/25/EG des EP und des Rates v. 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABlEU v. 30.4.2004, L 142/12. Schrifttum: Bartman (2004) 1 ECL 5 ff.; Clarke JBL 2006, 355 ff.; dies. (2007) 8 GLJ 381 ff.; De Wulf (2004) 15 ICCLR N83 f.; Edwards ECFR 2004, 416 ff.; Enriques ECFR 2004, 440 ff.; Hasselbach ZGR 2005, 387 ff.; Hilmer, Die Übernahmerichtlinie und ihre Umsetzung in das deutsche Recht, 2007; Hirte ECFR 2005, 1 ff.; Hopt/Mülbert/Kumpan AG 2005, 109 ff.; Ipekel EBLR 2005, 341 ff.; Johnston (2004) 25 Co Law 270 ff.; Kaisanlahti (2007) 8 EBOR 497 ff.; Kemperink/Stuyck (2008) 45 C.M.L. Rev. 93 ff.; Krause BB 2004, 113 ff.; Lanfermann/Maul BB 2004, 1517 ff.; Liekefett RIW 2004, 824 ff.; Maul NZG 2005, 151 ff.; Maul/Muffat-Jeandet AG 2004, 221 ff., 306 ff.; Menjucq ECFR 2006, 222 ff.; Mülbert NZG 2004, 633 ff.; Seibt/Heiser ZGR 2005, 200 ff.; Siems ECFR 2004, 458 ff.; Ventoruzzo (2006) 41 Tex. Int’ L. J. 171, 203 ff.; Werdmüller BLR 2006, 64 ff.; Wiesner ZIP 2004, 343 ff.; Wooldridge EBLR 2004, 147 ff. 40  Beschluss des Gemeinsamen Ausschusses Nr. 70/2005 v. 29.4.2005 zur Änderung des Anhangs XXII (Gesellschaftsrecht) des EWR-Abkommens, ABlEU v. 15.9.2005, L 239/61. 41 Vgl. Habersack/Verse § 1 Rn. 6, § 11 Rn. 5; s. ferner auch Möslein, Grenzen, S. 315: „hybride[r] Charakter“. 42  VO (EG) Nr. 219/2009 des EP und des Rates v. 11.3.2009 zur Anpassung einiger Rechtsakte, für die das Verfahren des Artikels 251 des Vertrags gilt, an den Beschluss 1999/468/

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28.7

Durch die BRRD (→ 14.150) wurde in Art. 4 Abs. 5 UAbs. 3 TBD eine Ausnahme für Gesellschaften, die Gegenstand einer BRRD-Maßnahme sind, vom Pflichtangebot ergänzt (→ 28.48). 28.8 Die Kommission legte bereits im Februar 2007 einen ersten Bericht über die Umsetzung der TBD in den Mitgliedstaaten vor43, in dem sie konstatierte, dass eine unerwartet große Zahl von Mitgliedstaaten die RL in scheinbar protektionistischer Weise umgesetzt habe und ankündigte, die weitere Entwicklung genau zu überwachen. 28.9 Obgleich eigentlich bereits für 2011 eine Überprüfung der TBD vorgesehen war (vgl. Art. 20 TBD), gab die Kommission jedoch erst Anfang 2011 eine Studie in Auftrag, die 2012 vorgelegt wurde44. Aufbauend hierauf präsentierte die Kommission im Juni 2012 einen Bericht zur Anwendung der TBD45. Darin konstatierte sie, dass die TBD zwar „im Allgemeinen zufriedenstellend funktionier[e]“, in einigen Punkten jedoch gleichwohl Bedarf für Verbesserungen bzw. zumindest eine eingehendere Analyse bestehe (→ 28.38, 28.45, 28.46, 28.75, 28.127). Trotz sowohl von Seiten der Wissenschaft46 als auch der Praxis47 immer wieder laut werdender Forderungen nach einer Reform hat die Kommission jedoch bislang – wohl auch aus politischen Gründen − keinen Entwurf für eine Änderungs-RL vorgelegt. 3.  Umsetzung in Deutschland 28.10 Für Deutschland bedeutete die TBD die Notwendigkeit einer grundlegenden Reform des erst am 1.1.2002 in Kraft getretenen WpÜG48 (und der ergänzenden WpÜGAV49), die – leicht verspätet50 − durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz v. EG des Rates in Bezug auf das Regelungsverfahren mit Kontrolle. Anpassung an das Regelungsverfahren mit Kontrolle – Zweiter Teil, ABlEU v. 31.3.2009, L 87/109. 43  Commission of the European Communities, Report on the implementation of the Directive on Takeover Bids, SEC(2007) 268. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454, 455. 44 Marccus Partners/CEPS, The Takeover Bids Directive Assessment Report . 45  Bericht der Kommission an das EP, den Rat, den EWSA und den AdR, Anwendung der RL 2004/25/EG betreffend Übernahmeangebote, 28.6.2012, COM(2012) 347. Dazu Bayer/ J. Schmidt BB 2013, 3, 7; Hopt, Europ. ÜbernahmeR, S. 16 ff.; Mukwiri (2015) 12 ECL 186 f. S. ferner auch die Antwort der ECLE, Cambridge Legal Studies Research Paper 5/2014. 46 Vgl. etwa Enriques/Gilson/Paccess (2014) Harv. Bus. L. Rev. 85, 120 ff.; Ghetti ECFR 2014, 594, 627 ff.; Hopt, Europ. ÜbernahmeR; ders. in: Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 42 ff.; ders. EuZW 2014, 401, 402; ders. (2014) 15 EBOR 143 ff.; ders. (2015) 12 NYU J. Law & Bus. 139, 198; Kunzelmann BLJ 2014, 52 ff.; Mattig BLJ 2012, 65, 68 ff.; Wymeersch FS Hommelhoff, 2012, S. 1375 ff. Vgl. ferner auch Mukwiri (2013) 38 E.L. Rev. 829, der sich dafür ausspricht, gegen protektionisches Maßnahmen von Mitgliedsstaaten im Wege des Vertragsverletzungsverfahrens vorzugehen. 47  Vgl. etwa Seibt ZIP 2012, 1 ff. 48  Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) v. 20.12.2001, BGBl. I, 3822. 49  VO über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots (WpÜG-Angebotsverordnung) v. 27.12.2001, BGBl. I, 4263. 50  Die Umsetzungsfrist lief gem. Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 TBD am 20.5.2006 ab.

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8.7.200651 (ÜbUG) erfolgte. Zur Umsetzung der BRRD wurde durch das BRRDUmsG ein neues Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) geschaffen (→ 14.151).

II.  Anwendungsbereich (Art. 1 TBD) Die Definition des Anwendungsbereichs der TBD in Art. 1 Abs. 1 TBD spiegelt 28.11 ihre kapitalmarktrechtliche Komponente (→ 28.5) wider: Angeknüpft wird nicht an die Rechtsform52, sondern an die Zulassung der Wertpapiere der Zielgesellschaft (→ 28.11), die dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen muss, zum Handel auf einem geregelten Markt (→ 28.12) in einem oder mehreren Mitgliedstaaten. Rechtsform, Nationalität und etwaige Handelszulassung des Bieters sind irrelevant.53 „Wertpapiere“ sind dabei nach der Legaldefinition in Art. 2 Abs. 1 lit. e TBD nur 28.12 übertragbare Wertpapiere, die ein Stimmrecht verleihen.54 Da es sich insoweit jedoch nur um einen Mindeststandard handelt, steht es den Mitgliedstaaten frei, die entsprechenden Regeln ganz oder teilweise auch auf stimmrechtslose Wertpapiere auszudehnen.55 Zielgesellschaft ist gem. Art. 2 Abs. 1 lit. b TBD eine Gesellschaft, deren Wertpapiere Gegenstand eines Angebots sind. Hinsichtlich der Definition des „geregelten Marktes“ wird zwecks systematischer Kohärenz auf Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 MiFID I bzw. (ab 3.1.2018) auf Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 MiFID II (→ 32.36) verwiesen.56 „Übernahmeangebot“ i.S.d. TBD ist nach der Legaldefinition in Art. 2 Abs. 1 28.13 lit. a TBD ein öffentliches Pflicht- oder freiwilliges Angebot zum Erwerb eines Teils oder aller Wertpapiere der Zielgesellschaft, das sich an den Erwerb der Kontrolle der Zielgesellschaft i.S.d. einzelstaatlichen Rechts anschließt oder diesen Erwerb zum Ziel hat. Erfasst werden also grundsätzlich sowohl Pflicht- als auch freiwillige und sowohl Voll- als auch Teilangebote, wobei das Pflichtangebot nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 TBD jedoch stets Vollangebot sein muss (→ 28.49); die Fixierung der Kontrollschwelle überlässt Art. 5 Abs. 3 TBD den Mitgliedstaaten (→ 28.34).

51  Gesetz zur Umsetzung der RL 2004/25/EG des EP und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 8.7.2006, BGBl. I, 1426. Dazu Dieckmann NJW 2007, 17 ff.; Harbarth ZGR 2007, 37 ff.; Merkt/ Binder BB 2006, 1285 ff.; Nelle ZIP 2006, 2057 ff.; Ott WM 2008, 384 ff.; Paefgen WM 2007, 765 ff.; Rabenhorst WPg 2008, 139 ff.; Schüppen BB 2006, 165 ff.; Seibt/Heiser AG 2006, 301 ff.; Simon Konzern 2006, 12 ff.; Wooldridge EBLR 2008, 811 ff. 52  Anders noch Art. 1 RL-E 1989 (Fn. 8). Der Impuls für den Konzeptwechsel in Art. 1 RL-E 1990 (Fn. 11) kam vom EP, vgl. KOM(90) 416, S. 3. 53  Vgl. nur Maul/Muffat-Jeandet AG 2004, 221, 226. 54  Die im Art. 2 RL-E 1996 (Fn. 18) vorgesehene Erstreckung auch auf Wertpapiere, die zum Erwerb übertragbarer Wertpapiere mit Stimmrechten berechtigten, wurde nach Kritik des EWSA (vgl. Fn. 9) im RL-E 1997 (Fn. 21) gestrichen, vgl. KOM(97) 565, S. 4. 55  Vgl. ErwG 11; KOM(2002) 534, S. 5. 56  Die Bezugnahme auf die RL 93/22/EWG (ISD) ist als Verweis auf die MiFID I (vgl. Art. 69 MiFID) bzw. ab 3.1.2018 auf die MiFID II (vgl. Art. 94 UAbs. 2 MiFID II) zu lesen (vgl. zum Weg von ISD über MiFID I zu MiFID II → 32.1).

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§ 28 Die Übernahme-RL − Takeover Bids Directive (TBD)

28.14

Ausdrücklich ausgenommen sind Übernahmeangebote, bei denen die Zielgesellschaft ein OGAW ist (Art. 1 Abs. 2 TBD; hier gewährleistet bereits die OGAW-RL (→ 38.3 ff.) einen spezifischen Schutz57) oder eine Zentralbank eines Mitgliedstaats (Art. 1 Abs. 3 TBD; hier sind Übernahmeangebote angesichts ihres öffentlichen Zwecks nicht vorstellbar58). Das deutsche Recht erstreckt den Anwendungsbereich des WpÜG deutlich über 28.15 den Mindeststandard der TBD hinaus: Erfasst sind zum einen auch „einfache“ Angebote, d.h. solche, die nicht auf einen Kontrollerwerb gerichtet sind bzw. sich an einen solchen anschließen (§ 2 Abs. 1 WpÜG)59, zum anderen auch stimmrechtslose Wertpapiere und (ähnlich wie noch im RL-E 199660) Optionsscheine, die zum Bezug von Aktien berechtigten (§ 2 Abs. 2 WpÜG)61.

III.  Allgemeine Grundsätze (Art. 3 TBD) 28.16 Art. 3 TBD stellt den eigentlichen materiellrechtlichen Vorgaben einen Katalog allgemeiner Grundsätze voran, die als Leitlinien für die Interpretation der einzelnen Vorschriften und deren Umsetzung durch die Mitgliedstaaten dienen sollen.62 28.17 Zentrale Bedeutung hat dabei speziell der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft, die der gleichen Gattung angehören (Art. 3 Abs. 1 lit. a Hs. 1 TBD).63 Konkrete legislatorische Ausprägungen findet er u.a. im Erfordernis eines Pflichtvollangebots (Art. 5 Abs. 1 S. 2 TBD, → 28.49)64, den Preisvorschriften des Art. 5 Abs. 4 TBD (→ 28.53)65 und dem Sell-out-Recht

57  Vgl. Gemeinsamer Standpunkt des Rates (Fn. 25), Begr. zu Art. 1. 58  Vgl. ErwG 4 TBD. Die Ausnahme erfolgte auf Wunsch Belgiens (vgl. Dok. 14338/02, S. 2; Dok. 8648/03); die Aktien der Banque Nationale de Belgique sind – wie die Aktien der Zentralbanken einiger anderer Mitgliedstaaten − aus historischen Gründen börsennotiert; vgl. Maul/Muffat-Jeandet in: Maul/Muffat-Jeandet/Simon (eds.), Takeover bids in Europe, 2008, Rn. 56; dies. AG 2004, 221, 226. 59 Vgl. Hilmer S. 35 f.; Merkt/Binder BB 2006, 1285, 1287; Assmann/Pötzsch/Schneider/ Pötzsch/Favoccia § 2 WpÜG Rn. 9; KK-WpÜG/Versteegen § 1 Rn. 20. 60  Vgl. Fn. 54. 61  Vgl. Angerer/Geibel/Süßmann/Angerer § 1 WpÜG Rn. 42; Hilmer S. 33 f.; Assmann/ Pötzsch/Schneider/Pötzsch/Favoccia § 2 Rn. 75; FK-WpÜG/Schüppen § 2 Rn. 27 f.; MüKoAktG/Wackerbarth § 2 WpÜG Rn. 44. 62  Vgl. ErwG 6; KOM(2002) 534, S. 5; Clausen/Sørensen (2003) 45 Scan. Stud. 89, 91; Grundmann Rn. 956 f.; Habersack/Verse § 11 Rn. 11; Dauses/Kalss/Klampfl E. III. Rn. 508; Skøg EBLR 2002, 301, 306. 63  Vgl. Dauses/Kalss/Klampfl E. III. Rn. 508. Näher: Maul/Muffat-Jeandet (Fn. 58), Rn. 67; dies. AG 2004, 221, 226; Mukwiri ECFR 2013, 432, 445 ff.; zur Umsetzung in § 3 Abs. 1 WpÜG: KK-WpÜG/Versteegen § 3 Rn. 11 ff. m.w.N. 64 Vgl. Habersack/Tröger NZG 2010, 1, 5; Dauses/Kalss/Klampfl E. III. Rn. 508; Maul/Kouloridas (2004) 5 GLJ 355, 361 f.; Maul/Muffat-Jeandet AG 2004, 221, 226, 229; McCahery/ Vermeulen FS Hopt, 2010, S. 2189, 2195; Menjucq ECFR 2006, 222, 226. 65 Vgl. Grundmann Rn. 969; Dauses/Kalss/Klampfl E. III. Rn. 508; Menjucq ECFR 2006, 222, 226.

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des Art. 16 TBD (→ 28.140, 28.163 ff.)66. Wie der EuGH in der Rs. Audiolux67 ent­ schieden hat, ist er allerdings nicht etwa Ausfluss eines primärrechtlichen allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Unionsrechts, sondern – ebenso wie die verwandten Gleichbehandlungsgebote in Art. 85 GesRRL (G Art. 46 KapRL, → 19.258 ff.), Art. 4 ARRL (→ 29.22) und Art. 17 Abs. 1 TrRL (→ 36.29) − lediglich ein auf einen konkreten, spezifischen Bereich (hier: den Anwendungsbereich der TBD) beschränkter sekundärrechtlicher Grundsatz, aus dem – auch in Zusammenschau mit den genannten verwandten anderen sekundärrechtlichen Grundsätzen – nicht die Existenz eines allgemeinen primärrechtlichen Rechtsgrundsatzes der Gleichbehandlung aller Aktionäre hergeleitet werden kann. In diesem Kontext ist im Übrigen zu betonen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 lit. a Hs. 1 TBD sich schon in seiner Stoßrichtung wesentlich von Art. 85 GesRRL (G Art. 46 KapRL), Art. 4 ARRL und Art. 17 Abs. 1 TrRL unterscheidet: Denn dort geht es um die Gleichbehandlung aller Aktionäre durch die Gesellschaft, hier um die Gleichbehandlung der Minderheitsaktionäre durch den Bieter.68 Außerdem umfasst der Katalog des Art. 3 Abs. 1 TBD folgende allgemeine Grund- 28.18 sätze: • Schutz der Minderheitsgesellschafter im Falle eines Kontrollerwerbs (Art. 3 Abs. 1 lit. a Hs. 2 TBD, vgl. auch ErwG 9 TBD); konkrete Ausprägung z.B.: Pflichtangebotserfordernis und Preisvorschriften (Art. 5 Abs. 1 u. 4 TBD, → 28.31 ff., 28.52 ff.); Sell-out-Recht (Art. 16 TBD, → 28.140, 28.163 ff.); • Gewährleistung einer informierten Entscheidung für die Angebotsadressaten (Art. 3 Abs. 1 lit. b TBD)69; auch i.R.d. TBD wird also das europäische „Informationsmodell“ (→ 7.29, 18.4, 20.29, 20.119, 21.25, 21.84, 22.32, 22.139 f., 30.14, 36.1, 45.47) fruchtbar gemacht70; konkrete Ausprägungen sind die Verfahrens- und Transparenzregeln in Art. 6-8, 10, 13 f. TBD (→ 28.58 ff.)71; • Gesellschaftsinteresse als Handlungsmaxime für die Organe der Zielgesellschaft (Art. 3 Abs. 1 lit. c TBD), welche den Gesellschaftern insbesondere auch nicht die Möglichkeit einer eigenen (informierten, vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. b TBD) Entschei66 Vgl. Habersack/Tröger NZG 2010, 1, 5; Dauses/Kalss/Klampfl E. III. Rn. 508. 67 EuGH v. 15.10.2009, Audiolux, C-101/08, Slg. 2009, I-9823. Dazu Basedow FS Hopt, 2010, S. 27 ff.; Bayer/J. Schmidt BB 2010, 387, 393; Bengoetxea (2010) 47 C.M.L. Rev. 1173 ff. ; Buck-Heeb WuB II Q. Art. 1 RL 2004/25/EG 1.10; Grundmann Rn. 325; ders. RabelsZ 75 (2011), 882, 916 ff.; Habersack/Tröger NZG 2010, 1 ff.; Klöhn LMK 2009, 294692; Mucciarelli ECFR 2010, 158 ff.; Schön FS Hopt, 2010, 1343, 1344 ff.; Slagter (2010) 7 ECL 88 f. ; Thurnher/Meusburger-Hammerer ELR 2009, 393 ff.; Van Bekkum (2010) 7 ECL 161 ff.; Wilsing/Paul EWiR 2009, 755 f. 68  Vgl. auch Habersack/Tröger NZG 2010, 1, 6; Mucciarelli ECFR 2010, 158, 162 ff.; Psaroudakis ECFR 2010, 550, 557; Thurnher/Meusburger-Hammerer ELR 2009, 393, 396 f.; Wilsing/Paul EWiR 2009, 755, 756. 69 Näher Maul/Muffat-Jeandet (Fn. 58), Rn. 69; dies. AG 2004, 221, 226 f.; zur Umsetzung in § 3 Abs. 2 WpÜG: KK-WpÜG/Versteegen § 3 Rn. 27 ff. m.w.N. 70 Vgl. Grundmann Rn. 957; Dauses/Kalss/Klampfl E. III. Rn. 508. 71 Vgl. Maul/Muffat-Jeandet (Fn. 58), Rn. 69; zur Umsetzung in § 3 Abs. 2 WpÜG: KKWpÜG/Versteegen § 3 Rn. 35 ff. m.w.N.

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dung vorenthalten dürfen;72 konkrete Ausprägung: Neutralitätspflicht gem. Art. 9 TBD (→ 28.78 ff.); • Vermeidung von Marktverzerrungen (Art. 3 Abs. 1 lit. d TBD);73 konkrete Ausprägung z.B. in der Bekanntmachungspflicht gem. Art. 6 Abs. 1 TBD (→ 28.59); • Sicherstellung der tatsächlichen Leistung der Gegenleistung (Art. 3 Abs. 1 lit. e TBD) im Interesse des Schutzes der Zielgesellschaft, ihrer Aktionäre und des Marktes vor „Luftgeboten“;74 konkrete Ausprägung: Art. 6 Abs. 3 lit. l TBD (→ 28.63); • Zügige Durchführung des Angebotsverfahrens, um die Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft nicht unangemessen zu beeinträchtigen (Art. 3 Abs. 1 lit. f TBD)75; konkrete Ausprägung z.B. in Art. 7 Abs. 1 TBD (→ 28.68).

IV.  Prinzipielle Mindest-, aber partielle Maximalharmonisierung 28.19 Die TBD etabliert zwar grundsätzlich nur Mindeststandards für die Abwicklung von Über­nahmeangeboten und die Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes von Wertpapierinha­bern (vgl. Art. 3 Abs. 2 lit. a und ErwG 25 TBD) und gestattet den Mitgliedstaaten in Art. 3 Abs. 2 lit. b TBD explizit, für Angebote zusätzliche Bedingungen und strengere Bestimmun­gen festzulegen. An einigen Stellen etabliert sie allerdings im Interesse eines funktionierenden Marktes für Unternehmenskontrolle auch Maximalstandards, so u.a. in Art. 6 Abs. 2 UAbs. 2 TBD (→ 28.66) und Art. 15 Abs. 2 S. 3 TBD (→ 28.142).76

V.  Aufsichtsstelle und anwendbares Recht (Art. 4 TBD) 1.  Aufsichtsstelle 28.20 Die TBD etabliert keine zentrale europäische Aufsicht77, sondern verpflichtet jeden Mitgliedstaat, die für die Überwachung der Einhaltung der Vorgaben der TBD und der jeweiligen nationalen Umsetzungsvorschriften zuständige Stelle zu benennen und 72 Näher Clarke (2007) 8 GLJ 381, 392 f.; Maul/Muffat-Jeandet (Fn. 58), Rn. 71; dies. AG 2004, 221, 226; Sjåfjell EBLR 2011, 641, 645 ff.; zur Umsetzung in § 3 Abs. 3 WpÜG: KKWpÜG/Versteegen § 3 Rn. 35 ff. m.w.N. 73 Näher Maul/Muffat-Jeandet (Fn. 58), Rn. 73; dies. AG 2004, 221, 227; zur Umsetzung in § 3 Abs. 5 WpÜG: KK-WpÜG/Versteegen § 3 Rn. 49 ff. m.w.N. 74 Vgl. Maul/Muffat-Jeandet (Fn. 58), Rn. 75; dies. AG 2004, 221, 227. 75 Näher Maul/Muffat-Jeandet (Fn. 58), Rn. 76; dies. AG 2004, 221, 227; zur Umsetzung in § 3 Abs. 4 WpÜG: KK-WpÜG/Versteegen § 3 Rn. 45 ff. m.w.N. 76 Vgl. Habersack/Verse § 11 Rn. 8; Hilmer S. 21; Dauses/Kalss/Klampfl E. III. Rn. 504; Mülbert NZG 2004, 633, 636. 77  Für eine „European Securities Commission“ aber etwa Keim (1990) 16 Brook. J. Int’l L. 561, 581 f.; Thieffry (1999) 28 (9) Int’l Fin. L. Rev. 14 ff.; vgl. zur Diskussion ferner die Nachweise bei von Hein AG 2001, 213, 231.

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der Kommission mitzuteilen (Art. 4 Abs. 1 S. 1 u. 3 TBD).78 Die Aufsichtsstelle kann entweder eine Behörde oder eine Vereinigung oder private Einrichtung sein, die nach nationalem Recht oder von den dazu nach nationalem Recht befugten Behörden anerkannt ist (Art. 4 Abs. 1 S. 2 TBD); damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Aufsicht in einigen Mitgliedstaaten (Paradebeispiel: Takeover Panel im UK) traditionell einer privaten Einrichtung obliegt79. Die Mitgliedstaaten müssen aber in jedem Fall sicherstellen, dass die Aufsichtsstelle ihre Aufgaben unparteiisch und unabhängig von den Angebotsparteien erfüllt (Art. 4 Abs. 1 S. 4 TBD) und dass das Berufsgeheimnis gewahrt wird (Art. 4 Abs. 3 TBD). Art. 4 Abs. 4 TBD verpflichtet die mitgliedstaatlichen Aufsichtsstellen zur Ko- 28.21 operation und gegenseitiger Auskunftserteilung sowohl untereinander als auch mit anderen Stellen zur Beaufsichtigung der Kapitalmärkte, insbesondere den Aufsichtsstellen nach der MiFID I/II (→ 32.78), der CARD (→ 33.14), der ProspRL/ProspVO (→ 34.39), der MAR und MAD II (→ 35.77).80 Um Kooperation und Meinungsaustausch unter den Aufsichtsstellen zu fördern, wurde im Mai 2007 unter den Auspizien des CESR (jetzt ESMA, → 14.118, 31) ein Takeover Bids Network (TBN) errichtet, im Rahmen dessen sich Vertreter der Aufsichtsstellen der Mitgliedstaaten mehrmals jährlich zur Erörterung verschiedener Fragen treffen.81 Inzwischen ist das TBN als Arbeitsgruppe des Corporate Finance Standing Committee (CFSC) der ESMA organisiert.82 Damit die Aufsichtsstellen effektiv arbeiten können, müssen die Mitgliedstaaten 28.22 dafür sorgen, dass sie über alle zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Befugnisse verfügen (Art. 4 Abs. 5 UAbs. 1 TBD). Art. 4 Abs. 5 UAbs. 2 TBD gestattet den Mitgliedstaaten daneben explizit den Er- 28.23 lass von den Vorgaben der TBD abweichender Regelungen, indem sie entweder unmittelbar in den nationalen Rechtsvorschriften Ausnahmen für bestimmte Fälle festlegen (lit. i)83 und/oder ihre Aufsichtsstelle zum Erlass von Ausnahmen ermächtigen (lit. ii). Dies bedeutet indessen keineswegs einen generellen „Freibrief“84, sondern soll vielmehr (nur) hinreichende Flexibilität für die Behandlung außergewöhnlicher und

78  Übersicht über die nationalen Aufssichtsstellen: ESMA/2014/677, S. 8 ff. 79 Vgl. Habersack/Verse § 11 Rn. 15; Papadopoulos S. 140 f.; Pötzsch/Möller WM-Sonderbeilage 2/2000, S. 10. Vgl. ferner auch schon Pennington-Report (Fn. 3), Ziff. 74 f. sowie Edwards ECFR 2004, 416, 432. Ähnlich aber auch in Schweden, vgl. Clausen/Sørensen (2003) 45 Scan. Stud. 89, 92. 80 Näher Maul/Muffat-Jeandet (Fn. 58), Rn. 97; dies. AG 2004, 221, 229. 81  Vgl. dazu CESR Annual Report 2007, S. 69; CESR Annual Report 2008, S. 29, 49; CESR Annual Report 2009, S. 31, 50; CESR Annual Report 2010, S. 38, 69. 82  Vgl. ESMA/2016/211, S. 2. 83  Diese Möglichkeit auch unmittelbarer gesetzlicher Ausnahmeregelungen beruht auf einer Initiative Italiens (Dok. 8524/03, S. 1 f.); dazu auch Maul/Muffat-Jeandet AG 2004, 221, 229 ff. 84 Vgl. Mülbert NZG 2004, 633, 635 f.; s. ferner auch Hilmer S. 20; KK-WpÜG/Versteegen § 37 Rn. 7.

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neuartiger Situationen gewährleisten85. Ausnahmen sind daher auch nur zulässig, sofern die in Art. 3 Abs. 1 TBD festgelegten allgemeinen Grundsätze (→ 28.16 ff.) eingehalten werden. Zudem müssen die nationalen Regelungen bestimmte „Fälle“ festlegen und Ausnahmen durch die Aufsichtsstelle in nicht speziell benannten Fällen bedürfen einer mit Gründen versehene Entscheidung.86 Neben der „Generalausnahmeklausel“ des Art. 4 Abs. 5 UAbs. 2 TBD enthält die TBD noch eine ganze Reihe weiterer (bezüglich der jeweiligen Voraussetzungen vorrangige) Spezialausnahmeklauseln (so speziell in Art. 5 Abs. 4 UAbs. 2 TBD [→ 28.54] und Art. 7 Abs. 2 TBD [→ 28.68], und sonstige Wahl- und Abweichungsrechte (allen voran das Optionsmodell des Art. 12 TBD, → 28.100 ff.). Speziell zu Ausnahmen vom Pflichtangebotserfordernis → 28.46. Art. 4 Abs. 6 TBD stellt klar, dass der gesamte Komplex eines etwaigen behörd28.24 lichen oder gerichtlichen Rechtsschutzes im Zusammenhang mit dem Angebotsverfahren, einschließlich einer etwaigen Haftung der Aufsichtsstelle und etwaiger Rechtsstreitigkeiten zwischen den Angebotsparteien87, in der Regelungskompetenz der Mitgliedstaaten verbleibt.88 Von entsprechenden Vorgaben wurde vor dem Hintergrund der divergierenden nationalen Traditionen und der speziell im UK gefürchteten potentiellen Blockade des Angebotsverfahrens durch „tactical litigation“89 bewusst abgesehen. ErwG 8 S. 1 TBD bezeichnet die gerichtliche Überprüfbarkeit der Entscheidungen der Aufsichtsstelle jedoch unter Hinweis auf die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts ausdrücklich als Desiderat. Zumindest ein völliger Ausschluss jeglichen Rechtsschutzes dürfte jedenfalls mit Art. 47 EUGRCh unvereinbar sein.90 28.25 Deutschland hat sich für eine behördliche Aufsicht entschieden91, die gem. § 4 Abs. 1 WpÜG durch die BaFin ausgeübt wird. §§ 7, 8 WpÜG regeln ihre Zusammenarbeit mit anderen Aufsichtsstellen im In- und Ausland, § 9 WpÜG die Verschwiegenheitspflicht.92 Gegen Entscheidungen der BaFin besteht gem. §§ 48 ff. WpÜG die Möglichkeit verwaltungsrechtlichen Rechtsschutzes;93 §§ 62 ff. WpÜG regeln den

85  Vgl. ErwG 6; KOM(2002) 534, S. 6. Für eine Abweichungsbefugnis hatte sich speziell der EWSA eingesetzt, vgl. EWSA, ABlEG v. 18.4.1991, C 102/49. 86  Näher zum Ganzen Mülbert NZG 2004, 633, 635 f.; KK-WpÜG/Versteegen § 37 Rn. 6 ff. 87  Legaldefinition in Art. 2 Abs. 1 lit. f TBD. 88 Näher Pohlmann ZGR 2007, 1, 5 ff.; Möslein, Grenzen, S. 320 f., 364 ff. 89  Vgl. KOM(2002) 534, S. 6; Dine (1996) 17 Co Law 248, 250; Edwards ECFR 2004, 416, 421 f.; Harle/Harvey (2000) 11 ICCLR 240, 244 ff.; Mukwiri, Takeovers and the European Legal Framework, 2009, S. 10 f., 33 ff.; Pettet EBLR 2000, 384 ff.; aus deutscher Sicht Neye AG 2000, 289, 292. 90  Vgl. auch Möslein, Grenzen, S. 321 f., 364 ff.; s. ferner (allerdings i.E. zu weitgehend) Meilicke/Meilicke ZIP 2010, 558, 564 f. 91  Vgl. BegrRegE z. WpÜG, BT-Drs. 14/7034, S. 31 in Bezug auf die ursprüngliche Zuständigkeitszuweisung an das BAWe. 92  Näher etwa die Kommentierung bei KK-WpÜG/Versteegen § 7 Rn. 1 ff. m.z.w.N. 93 Zur Unionsrechtskonformität des deutschen Rechtsschutzsystems näher KK-WpÜG/ Versteegen § 48 Rn. 6 ff., 70 m.z.w.N. Speziell zur Problematik des Rechtsschutzes zugunsten der Aktionäre ausf. Baum FS Wymeersch, 2009, S. 397 ff.; Pohlmann ZGR 2007, 1 ff.

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Rechtsschutz im Ordnungswidrigkeitsverfahren, § 66 WpÜG die Zuständigkeit für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem WpÜG. Zu Befreiungen gem. § 37 WpÜG → 28.47. 2.  Zuständigkeitsverteilung und anwendbares Recht (Art. 4 Abs. 2 TBD) Die hochkomplexen Regelungen zu Zuständigkeitsverteilung und anwendbarem 28.26 Recht in Art. 4 Abs. 2 TBD, die lange Zeit sehr kontrovers diskutiert wurden, sind letztlich der Versuch eines Kompromisses zum Ausgleich der im Falle einer Übernahme aufeinander prallenden Interessen von Markt- und Sitzstaat und den vor diesem Hintergrund traditionell unterschiedlichen nationalen Regelungsansätzen94.95 Unproblematisch ist der Fall der Koinzidenz von Markt- und Satzungssitz- 28.27 staat96: Sind die Wertpapiere der Zielgesellschaft zum Handel (auch97) auf einem geregelten Markt in dem Mitgliedstaat zugelassen, in dem sie ihren Satzungssitz hat, so ist gem. Art. 4 Abs. 2 lit. a TBD die Aufsichtsstelle dieses Mitgliedstaats für die Beaufsichtigung des Angebots zuständig und es gilt das Recht dieses Mitgliedstaats. Letzteres ist zwar nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber nach ganz h.M.98 aus Ratio und Systematik des Art. 4 Abs. 2 TBD, der in lit. e explizit das Gleichlaufprinzip verankert. Kompliziert wird es dagegen im Falle eines Auseinanderfallens von Markt- und 28.28 Satzungssitzstaat, denn dann kommt es zu einer Zuständigkeits- und Statutsspaltung (dépeçage), in der erneut der janusköpfige Charakter des Übernahmerechts (→ 28.5)

94  Näher zu den theoretisch denkbaren und rechtstatsächlich genutzten Anknüpfungskriterien: von Hein AG 2001, 213, 223 ff.; Siems ECFR 2004, 458, 461 ff.; Zimmer ZGR 2002, 731 ff. 95 Vgl. Maul NZG 2005, 151, 157 f.; Maul/Muffat-Jeandet AG 2004, 221, 227; Neye AG 2000, 289, 291; Siems ECFR 2004, 458, 474. 96 Der Begriff „Sitz“ wird zwar in der TBD nicht definiert; aus dem Vergleich mit der englischen Fassung („registered office“) sowie Ratio und Gesamtsystematik der TBD – speziell auch mit Blick auf die neuere Judikatur des EuGH zur Niederlassungsfreiheit (→ 7.13 ff.) − ergibt sich jedoch, dass auf den Satzungssitz abzustellen ist, vgl. Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2006, 217; Hansen (2003) 9 Colum. J. Eur. L. 275, 283; von Hein ZGR 2005, 528, 545 ff.; Hopt/Mülbert/Kumpan AG 2005, 109; Dauses/Kalss/ Klampfl E. III. Rn. 507, 510; Maul NZG 2005, 151, 158; Mülbert NZG 2004, 633, 638; Seibt/Heiser ZGR 2005, 200, 208 ff.; zum RL-E 2002 (Fn. 33): Clausen/Sørensen (2003) 45 Scan. Stud. 89, 96; a.A. MüKoAktG/Wackerbarth § 1 WpÜG Rn. 18; offenlassend: Ekkenga/Kuntz WM 2004, 2427, 2436. 97 Ob die Wertpapiere zuvor auch in (einem) anderen Mitgliedstaat(en) zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen waren bzw. werden, ist irrelevant, arg. e contrario ex Art. 4 Abs. 2 lit. b UAbs. 2 TBD, vgl. von Hein ZGR 2005, 528, 537; Josenhans ZBB 2006, 269, 271. 98 Vgl. von Hein ZGR 2005, 528, 537; Kindler/Horstmann DStR 2004, 866, 867; Maul/Muffat-Jeandet AG 2004, 221, 228; Pötzsch/Möller WM-Sonderbeilage 2/2000, S. 11; Seibt/ Heiser ZGR 2005, 200, 205; Simon FS Wymeersch, 2009, S. 345, 359.

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zum Ausdruck kommt:99 Für die − wesensmäßig kapitalmarktrechtlichen − Fragen betreffend die Gegenleistung (insbesondere den Preis) und das Angebotsverfahren (insbesondere: Bieterentscheidung, Inhalt der Angebotsunterlage und Bekanntmachung des Angebots) gilt das Recht und die Aufsicht des Marktstaats (Art. 4 Abs. 2 lit. e S. 1 TBD). Für Fragen betreffend die Unterrichtung der Arbeitnehmer der Zielgesellschaft und gesellschaftsrechtliche Fragen (insbesondere betreffend Kontrollschwelle, Abweichungen von der Angebotspflicht und zulässige Abwehrmaßnahmen) gilt dagegen das Recht und die Aufsicht des Satzungssitzstaats (vgl. Art. 4 Abs. 2 lit. e S. 2 TBD). Welche Fragen im Einzelnen welchem Bereich zuzuordnen sind, ist nach der Ratio der Norm unionsautonom zu qualifizieren.100 Trotz der in der TBD genannten Regelbeispiele verbleiben insoweit eine ganze Reihe offener Fragen.101 So dürften etwa Squeeze-out und Sell-out (Art. 15 f. TBD, → 28.137 ff.) gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren sein102, die Stellungnahme der Organe der Zielgesellschaft gegenüber den Aktionären i.S.d. Art. 9 Abs. 5 TBD (→ 28.128 ff.) dagegen kapitalmarktrechtlich103. Sind die Wertpapiere der Zielgesellschaft in mehreren Mitgliedstaaten (außer dem 28.29 Satzungssitzstaat) zum Handel zugelassen, so differenziert die TBD hinsichtlich der Bestimmung des Marktorts: Bei sukzessiver Mehrfachzulassung gilt das Prioritätsprinzip (d.h. es gilt Recht und Aufsicht des Mitgliedstaats der Erstzulassung, Art. 4 Abs. 2 lit. b UAbs. 2 TBD). Bei simultaner Mehrfachzulassung nach Ablauf der Umsetzungsfrist der TBD (20.5.2006) hat die Zielgesellschaft ein Wahlrecht zwischen den Marktstaaten104, das am ersten Handelstag durch Mitteilung gegenüber den betroffenen Märkten und Aufsichtsstellen auszuüben ist (Art. 4 Abs. 2 lit. c UAbs. 1 TBD).105 Für „Altfälle“ steht das Bestimmungsrecht primär den Aufsichtsstellen gemeinsam zu; die Zielgesellschaft entscheidet nur subsidiär, falls innerhalb von 4 Wochen keine Festlegung erfolgt ist (Art. 4 Abs. 2 lit. c UAbs. 2 TBD).106 28.30 Diese Vorgaben machten im WpÜG wesentliche Anpassungen erforderlich: Durch das ÜbUG107 wurde § 1 WpÜG komplett neu gefasst, § 2 Abs. 1a WpÜG ergänzt und § 2 Abs. 3 WpÜG neu gefasst;108 in § 68 Abs. 2 und 3 WpÜG wurden Regelungen

 99  Vgl. zu den zugrundeliegenden Interessenwertungen anschaulich Hilmer S. 38 ff.; Ryngaert ECFR 2007, 434, 457 f. 100 Vgl. von Hein ZGR 2005, 528, 555. 101 Näher von Hein ZGR 2005, 528, 555 ff. 102 Ebenso Habersack/Verse § 11 Rn. 16; von Hein ZGR 2005, 528, 555 f.; Mülbert NZG 2004, 633, 638. 103 Vgl. von Hein ZGR 2005, 528, 556 ff.; davon geht auch der deutsche Gesetzgeber aus (vgl. § 1 Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 1 WpÜGAV); a.A. Mülbert NZG 2004, 633, 638. 104 Nicht wählbar sind dagegen Aufsicht und Recht des Sitzstaats, vgl. von Hein ZGR 2005, 528, 539. 105 Näher von Hein ZGR 2005, 528, 539. 106 Näher von Hein ZGR 2005, 528, 539 f.; Josenhans ZBB 2006, 269, 272; Maul/MuffatJeandet AG 2004, 221, 228 f. 107 Fn.  51. 108 Vgl. dazu BegrRegE z. ÜbUG, BT-Drs. 16/1003, S. 15 ff. und Bericht Finanzausschuss, BT-Drs. 16/1541, S. 4; Dieckmann NJW 2007, 17, 18 f.; Hilmer S. 50 ff.; Josenhans ZBB 2006, 269, 272 ff.; Meyer WM 2006, 1135, 1136 ff.; Seibt/Heiser AG 2006, 301, 303 ff.

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für „Altfälle“ ergänzt109. Zur näheren Konkretisierung von § 1 Abs. 2 und 3 WpÜG wurde zudem die WpÜGAV110 erlassen.

VI.  Pflichtangebot (Art. 5 TBD) 1.  Ratio Das Pflichtangebot als Kernelement der TBD war von Anfang an Gegenstand hef- 28.31 tiger Kontroversen, seine konkrete Ausgestaltung variierte denn auch im Verlaufe der langen Historie der TBD (→ 28.1 ff.) ganz erheblich111. Hintergrund ist, dass die grundsätzliche rechtspolitische und -ökonomische Sinnhaftigkeit eines Pflichtangebots bis heute stark umstritten ist.112 Haupteinwand ist neben der Einschränkung der unternehmerischen Handlungsfreiheit113 insbesondere, dass ein Pflichtangebot Übernahmen erheblich verteuere und dadurch effizienzsteigernde und damit ökonomisch sinnvolle Übernahmen erschwere oder gar ganz verhindere114. In Deutschland dominierte zudem lange die Auffassung, dass die differenzierten Regeln des deutschen Konzernrechts bereits einen hinreichenden Schutz gewährten und das Rechtsinstitut des Pflichtangebots insoweit einen (überflüssigen) Fremdkörper darstelle.115 Um den

109 § 68 Abs. 3 WpÜG i.d.F.d. ÜbUG wurde – da inzwischen gegenstandslos − durch das RisikobegrenzungsG (Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) v. 12.8.2008, BGBl. I, S. 1666) durch eine andere Regelung ersetzt; vgl. zum Ganzen KK-WpÜG/von Bülow § 68 WpÜG Rn. 4, 9. 110 VO über die Anwendbarkeit von Vorschriften betreffend Angebote im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung) v. 17.7.2006, BGBl. I, 1698. 111 Überblick bei MüKoAktG/Schlitt/Ries § 35 WpÜG Rn. 11 ff. m.w.N. 112 Anschauliche Zusammenfassung der Pro- und Contra-Argumente bei Wymeersch ZGR 2002, 520, 539 ff. 113 Vgl. Altmeppen ZIP 2001, 1073, 1083; Loritz/Wagner WM 1991, 709, 722; Mertens AG 1990, 252, 257; Pluskat WM 2001, 1937, 1940 f. 114 Vgl. Assmann AG 1995, 563, 570; Dimke/Heiser NZG 2001, 241, 257; Enriques FS Hopt, 2010, S. 1789, 1796; Grunewald WM 1989, 1233, 1238; Hansen (2003) 9 Colum. J. Eur. L. 275, 293 f.; Kallmeyer ZIP 1997, 2147; McCahery/Vermeulen FS Hopt, 2010, S. 2189, 2195 ff.; McCahery/Renneboog/Ritter/Haller in: Ferrarini/Hopt/Winter/Wymeersch (eds.), Reforming Company and Takeover Law in Europe, 2004, S. 575, 621; Mosca (2009) 28 YEL 308, 335; Peltzer AG 1997, 145, 150 f.; s. ferner auch Baums ZIP 1989, 1376, 1381; Möller/Pötzsch ZIP 2001, 1256, 1260. Vgl. andererseits aber auch Schuster (2013) 76 MLR 529 ff. zu Effizienzvorteilen des Pflichtangebots. Differenzierend Habersack ZHR 181 (2017) 603, 629 ff. 115 Vgl. Altmeppen ZIP 2001, 1073, 1082 f.; Assmann AG 1995, 563, 571; Grunewald WM 1991, 1361, 1362 f.; Hommelhoff FS Semler, 1993, S. 455, 459 ff.; Hommelhoff/Kleindiek AG 1990, 106, 108 ff.; Kallmeyer ZIP 1997, 2147; Roos WM 1996, 2177, 2184; kritisch zur Angebotspflicht unter diesem Aspekt auch Baums ZIP 1989, 1376, 1380 f.; Mertens AG 1990, 252, 257; Pietzke FS Fikentscher, 1998, S. 601, 616 f., 620; Sandberger DZWiR 1993, 319, 325 f.

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deutschen Widerstand zu überwinden116, wurde den Mitgliedstaaten in Art. 3 Abs. 1 RL-E 1996117 und 1997118 sogar die Option eingeräumt, statt eines Pflichtangebots „andere geeignete und mindestens gleichwertige Vorkehrungen zum Schutz der Minderheitsaktionäre“ vorzusehen. Dies stieß jedoch wiederum bei fast allen anderen Mitgliedstaaten auf Kritik und Unverständnis119. Deutschland gab seine Forderung nach einem solchen „Sonderweg“ daher schließlich unter seiner Ratspräsidentschaft 1999 auf (nicht zuletzt auch mit Blick auf wachsende Zweifel an der tatsächlichen Gleichwertigkeit des deutschen Konzernrechts120 und das übergeordnete Ziel eines Gesamtkonsenses über die TBD),121 bestand aber zugleich auf der heute in Art. 5 Abs. 6 TBD enthaltenen und insbesondere auch122 auf die deutschen konzernrechtlichen Regelungen abzielende123 Klarstellung124, dass die Mitgliedstaaten zusätzliche Schutzinstrumente zugunsten der Minderheitsaktionäre vorsehen können, sofern diese den normalen Gang eines Angebots nicht behindern. Tatsächlich sprechen gewichtige Argumente für ein Pflichtangebot: Dem Minder28.32 heitsaktionär, der sich nach einer Kontrollerlangung mit einem neuen kontrollierenden Aktionär (mit einer für ihn potentiell nachteiligen Unternehmenspolitik) konfrontiert sieht, wird so die Möglichkeit eröffnet, gegen einen angemessenen Preis für seine Anteile aus der Gesellschaft auszuscheiden (exit).125 Durch das Erfordernis eines angemessenen Preises wird zugleich auch die Gleichbehandlung von Minderheitsund institutionellen Investoren im Hinblick auf die Partizipation an der Kontrollprä-

116 Vgl. Hopt ZHR 161 (1997) 368, 384; Neye AG 2000, 289, 291; Pötzsch/Möller WM-Sonderbeilage 2/2000, S. 8; Roos WM 1996, 2177, 2184; Schwarz Rn. 795; Weber EuZW 1998, 464, 468; Wolf AG 1998, 212, 219; s. ferner die ersichtlich auf das deutsche Konzernrecht gemünzte Begründung: KOM(95) 655, S. 5. 117 Fn.  18. 118 Fn.  21. 119 Vgl. Neye AG 2000, 289, 291; Pötzsch/Möller WM-Sonderbeilage 2/2000, S. 8; aus britischer Sicht etwa Dine (1996) 17 Co Law 248, 249 f. 120 Vgl. Benner-Heinacher DB 1997, 2521; Habersack/Mayer ZIP 1997, 2141, 2143 ff.; Hopt ZHR 161 (1997) 368, 387 f.; ders. FS Zöllner, 1999, S. 253, 257; Kleindiek ZGR 2002, 546, 561; Krause WM 1996, 209, 211 f.; ders. AG 1996, 209, 212; Schuster EuZW 1997, 237, 239; Weber EuZW 1998, 464, 468; Wolf AG 1998, 212, 219 f. 121 Vgl. Kleindiek ZGR 2002, 546, 556; Neye AG 2000, 289, 291; Mülbert ZIP 2001, 1221, 1226; Pötzsch/Möller WM-Sonderbeilage 2/2000, S. 8. 122 ErwG 9 S. 3 TBD nennt als weitere Beispiele die Verpflichtung, ein Teilangebot zu unterbreiten, wenn der Bieter nicht die Kontrolle erwirbt, oder zugleich mit dem Erwerb der Kontrolle ein Angebot zu unterbreiten. 123 Vgl. Maul/Muffat-Jeandet (Fn. 58), Rn. 128; Neye AG 2000, 289, 291; Pötzsch/Möller WM-Sonderbeilage 2/2000, S. 8. 124 Vgl. Neye AG 2000, 289, 290. 125 Vgl. ErwG 9 TBD; SEC(2007) 268, S. 9; Pennington-Report (Fn. 3), Ziff. 86; BegrRegE z. WpÜG, BT-Drs. 14/7034, S. 16; Hopt, Europ. ÜbernahmeR, S. 36 f.; ders. (2014) 15 EBOR 143, 169 f.; Dauses/Kalss/Klampfll E. III. Rn. 511; ECLE, Cambridge Legal Studies Research Paper 5/2014, S. 2; Maul/Muffat-Jeandet (Fn. 58), Rn. 112; Mosca (2009) 28 YEL 308, 324; Mukwiri ECFR 2013, 432, 442; Nobel Kap. 2 Rn. 117; Psaroudakis ECFR 2010, 550, 558, 583 f.; Seibt/Heiser ZGR 2005, 200, 215.

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mie gewährleistet126 (→ 28.17). Das Pflichtangebot ist also ein bedeutsames Schutzinstrument zugunsten der Minderheitsaktionäre.127 Zudem fördert die Existenz einer Pflichtangebotsregel die Investitionsbereitschaft der Anleger und steigert damit auch die Attraktivität des Kapitalmarktes insgesamt.128 2.  Auslösungstatbestand: Kontrollerlangung Ausgelöst wird die Angebotspflicht gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 TBD, wenn eine natürli- 28.33 che oder juristische Person Wertpapiere einer von der TBD erfassten Zielgesellschaft (→ 28.11) erwirbt, die ihr bei Hinzuzählung zu einer etwaigen bereits bestehenden Beteiligung einen die Kontrolle begründenden Anteil an den Stimmrechten der Zielgesellschaft verschaffen. a)  Kontrollschwelle (Art. 5 Abs. 3 TBD) Angesichts der insoweit äußerst divergierenden Positionen der Mitgliedstaaten129 legt 28.34 die TBD die Kontrollschwelle – anders als die ersten Entwürfe130 − nicht selbst fest, sondern bestimmt in Art. 5 Abs. 3 TBD, dass sich der Anteil der Stimmrechte, der Kontrolle begründet und die Art seiner Berechnung nach den Vorschriften des Mitgliedstaats richtet, in dem die Gesellschaft ihren (Satzungs-)Sitz131 hat.132 Die Mitgliedstaaten haben von der ihnen damit zukommenden Determinations- 28.35 befugnis äußerst unterschiedlich Gebrauch gemacht. Das Spektrum133 reicht von ei-

126 Vgl. SEC(2007) 268, S. 9; Pennington-Report (Fn. 3), Ziff. 86; Berger ZIP 1991, 1644, 1652; ECLE, Cambridge Legal Studies Research Paper 5/2014, S. 2; Maul/MuffatJeandet (Fn. 58), Rn. 112; McCahery/Vermeulen FS Hopt, 2010, S. 2189, 2195; Mukwiri ECFR 2013, 432, 442. 127 Vgl. ErwG 9; SEC(2007) 268, S. 9; Dauses/Kalss/Klampfl E. III. Rn. 511; Hopt EuZW 2014, 401, 402; Kemperink/Stuyck (2008) 45 C.M.L. Rev. 93, 106; Maul/Muffat-Jeandet (Fn. 58), Rn. 112; Mukwiri (Fn. 89), S. 16 f.; Psaroudakis ECFR 2010, 550, 558, 583 f.; Simon FS Wymeersch, 2009, S. 345, 360; Wooldridge EBLR 2004, 147, 151. 128 Vgl. Assmann/Pötzsch/Schneider/Krause/Pötzsch § 35 WpÜG Rn. 35; Maul/MuffatJeandet AG 2004, 221, 230; Psaroudakis ECFR 2010, 550, 559 ff. 129 Vgl. KOM(95) 655, S. 6. 130 Art. 7 Abs. 1 Pennington-Report (Fn. 3): 40 % insgesamt oder Erwerb von 20 % innerhalb der letzten 12 Monate oder Kontrollerwerb; Art. 4 Abs. 1 RL-E 1989/90 (Fn. 8, 11): 33,3 %. 131 Vgl. englisch: „registered office“. Zur Problematik des Sitzbegriffs i.R.d. TBD → Fn. 96. 132 Kritisch dazu etwa Edwards ECFR 2004, 416, 434, 439; Kirchner/Painter (2000) 1 EBOR 353, 388; Mukwiri (Fn. 89), S. 16 f., 68, 127; Papadopoulos S. 117; Simon FS Wymeersch, 2009, S. 345, 360; positiv dagegen etwa Ventoruzzo (2006) 41 Tex. Int’ L. J. 171, 207 („sound approach“). 133 Übersicht mit Stand 2014 (teilweise allerdings inzwischen überholt): ESMA/2014/677, S. 11 ff.

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ner Kontrollschwelle von 25 % (Kroatien134) bis zu 50 % + 1 (Estland135, Malta136); eine gewisse Konvergenz ist aber immerhin insoweit ersichtlich, als die zahlenmäßig meisten Mitgliedstaaten − darunter auch Deutschland (§ 29 Abs. 2 WpÜG) − die Kontrollschwelle bei 30 % fixieren (z.B. Belgien137, Dänemark138, Frankreich139, Irland140, Österreich141, Spanien142, UK143) und einige weitere bei 33,3 % (z.B. Luxemburg144, Portugal145, Slowenien146). Die Ansiedlung der Schwelle deutlich unterhalb der einfachen Stimmenmehrheit (50 % +1) rechtfertigt sich dadurch, dass eine Hauptversammlungsmehrheit mit Blick auf die tatsächliche Aktionärspräsenz i.d.R. bereits ab 30 % besteht.147 Eine ganze Reihe von Mitgliedstaaten sieht allerdings zusätzlich noch weitere Kontrollschwellen bzw. Auslösungstatbestände vor.148 Unter dem Aspekt des creeping in (Anschleichen) bei einigen spektakulären Übernahmefällen wurde die Einführung entsprechender Regelungen vor einiger Zeit auch in Deutschland diskutiert149, entsprechende Gesetzesvorschläge der SPD150 und des Landes NRW151 sind jedoch gescheitert.

134 Art. 9 Abs. 1 Zakon o preuzimanju dioničkih društava (NN, br. 109/07). 135 § 166 i.V.m. § 10(1) Väärtpaberituru seadus. 136 R. 11.3, 11.8 MFSA Listing Rules. 137 Art. 5 Abs. 1 Loi du 1er avril 2007 relative aux offres publiques d’acquisition, Moniteur belge du 26 avril 2007. 138 § 31(2) lov om værdipapirhandel. 139 Art. L433-3 Code monétaire et financier (nach Änderung durch Loi 2010-1249, vorher: 33, 3 %). 140 Art. 1 Abs. 1 Irish Takeover Panel Act 1997. 141 § 22 Abs. 2 ÜbG. 142 Art. 4 Abs. 1 lit. a Real Decreto 1066/2007, BOE, 28 de julio 2007. 143 R. 9.1 Takeover Code. 144 Art. 5(3) Loi du 19 mai 2006 portant transposition de la directive 2004/25/CE du Parlement européen et du Conseil du 21 avril 2004 concernant les offres publiques d’acquisition. 145 Art. 187(1) Código dos Valores Mobiliários. 146 Art. 7(2) Zakon o prevzemih (ZPre-1). 147 Vgl. nur BegrRegE z. WpÜG, BT-Drs. 14/7034, S. 53; Habersack/Verse § 11 Rn. 18; Dauses/Kalss/Klampfl E. III. Rn. 507. 148 So Frankreich (Art. 433-3 Code monétaire et financier), Österreich (§ 22 Abs. 4 ÜbG), UK (r. 9.1 Takeover Code); s. ferner (teilweise allerdings durch Reformen überholt) ESMA/2014/677, S. 11 ff., sowie rechtsvergleichend Baums ZIP 2010, 2374, 2378 ff.; Merkt NZI 2011, 561, 563 ff. 149 Vgl. Baums ZIP 2010, 2374 ff.; von Bülow in: Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 9, 38 ff.; Cascante/Tyrolt AG 2012, 97, 104 ff.; von Falkenhausen ZHR 174 (2010) 293, 298 ff.; Hirte Konzern 2010, 599 ff.; Hitzer/Düchting ZIP 2011, 1084, 1085 ff.; Merkt NZG 2011, 561 ff. 150 BT-Drs. 17/3481: Ausdehnung der Angebotspflicht auf denjenigen, der über eine Kontrollmehrheit zwischen 30 und 50 % verfügt und innerhalb von 12 Monaten mind. 2 % der Stimmrechte hinzuerwirbt (§ 35 Abs. 4 S. 1 WpÜG-E). Auf Empfehlung des Finanzausschusses (BT-Drs. 14/4710, S. 4 f.) vom Bundestag in 1. und 2. Lesung abgelehnt (vgl. BT-PlPr. 17/10293). 151 BR-Drs. 584/2/10; vom BR abgelehnt (vgl. BR-PlPr. 876, S. 418).

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b)  Normadressat aa)  Überblick Die Angebotspflicht trifft jede natürliche oder juristische Person152 (einschließlich 28.36 eines Staats153), die die Kontrolle entweder allein oder durch gemeinsam mit ihr handelnde Personen (sog. acting in concert, → 28.37 ff.) erwirbt. ErwG 10 TBD stellt ausdrücklich klar, dass die Angebotspflicht nicht für „Altfälle“, d.h. bei Inkrafttreten der nationalen Umsetzungsvorschriften bereits existierende Kontrollbeteiligungen gilt.154 Wie der EuGH in der Rs. Audiolux155 (→ 28.17) entschieden hat, lässt sich eine Angebotspflicht für solche Altfälle auch nicht aus einem allgemeinen Rechtsgrundsatz des Primärrechts herleiten. bb)  Acting in concert Mit der Einbeziehung des acting in concert sollen Umgehungen verhindert werden.156 28.37 Nach der Legaldefinition in Art. 2 Abs. 1 lit. d TBD sind „gemeinsam handelnde Personen ... natürliche und juristische Personen, die mit dem Bieter ... auf der Grundlage einer ausdrücklichen oder stillschweigenden, mündlich oder schriftlich getroffenen Vereinbarung zusammenarbeiten, um die Kontrolle über die Zielgesellschaft zu erhalten“. Gem. Art. 2 Abs. 2 TBD gelten die von einer anderen Person kontrollierten Personen i.S.v. Art. 2 Abs. 1 lit. f TrRL157 (→ 36) als Personen, die gemeinsam miteinander und mit der sie kontrollierenden Person handeln. Ungeachtet dieser Legaldefinition entbrannte jedoch schon bald eine äußerst kon- 28.38 troverse Diskussion um die genauen Konturen und Details des (unionsautonom zu interpretierenden158) Konzepts des acting in concert.159 Dies lag nicht zuletzt daran, dass die TBD auch insoweit nur einen Mindeststandard etabliert (arg. ex Art. 5 Abs. 6 TBD, → 28.31)160, d.h. die Mitgliedstaaten auch in Fällen eines irgendwie gearteten 152 Im Rahmen einer unionsautonomen Auslegung fallen darunter auch Personengesellschaften i.S.d. deutschen Verständnisses. 153 Vgl. COM(2012) 280, 4.4.17. 154 Vgl. dazu Gemeinsamer Standpunkt des Rates (Fn. 25), Begr. zu ErwG 6. 155 Fn.  67. 156 Vgl. Ghetti ECFR 2014, 594, 608; Mattig BLJ 2012, 65, 67; Ventoruzzo (2006) 41 Tex. Int’ L. J. 171, 206 Fn. 150; Winner ECFR 2014, 364, 367; zu § 30 Abs. 2 WpÜG: KK-WpÜG/ von Bülow § 30 WpÜG Rn. 203. 157 Der Verweis auf Art. 87 CARD (→ 33) ist gem. Art. 32 TrRL als Verweis auf Art. 2 Abs. 1 lit. f TrRL zu lesen. 158 So implizit auch Mülbert NZG 2004, 633, 637 f.; Schmidtbleicher AG 2008, 73, 75; Raloff, Acting in Concert, 2007, S. 135 f.; abw. Psaroudakis, Acting in Concert in börsennotierten Gesellschaften, 2009, S. 216 ff., 519 f. (Konkretisierung anhand der Machtverteilung innerhalb der Gesellschaft nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Gesellschaftsrechts). 159 Vgl. COM(2012) 347, S. 6 f. 160 Vgl. Berger/Filgut AG 2004, 592, 596; Mülbert NZG 2004, 633, 637; Schmidtbleicher AG 2008, 73, 75; Verse, Acting in Concert in German Company and Takeover Law, in:

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„Zusammenwirkens“, das kein acting in concert i.S.d. TBD darstellen würde, ein Pflichtangebot verlangen können. Es mag daher kaum verwundern, dass das Verständnis des acting in concert in den einzelnen Mitgliedstaaten tatsächlich teilweise ganz erheblich divergiert.161 Noch weiter verkompliziert wird die Problematik dadurch, dass Art. 10 lit. a TrRL (→ 36.20) eine sprachlich abweichende Definition enthält und die nationalen Umsetzungsvorschriften auch insoweit teils erheblich voneinander abweichen.162 Angesichts dieser erheblichen Rechtsunsicherheit konstatierte die Kommission 2012 in ihrem Bericht zur Anwendung der TBD (→ 28.9) Verbesserungsbedarf und kündigte dann im Aktionsplan 2012 (→ 5.68, 13.14) den Erlass von Leitlinien an163. In Anknüpfung daran veröffentlichte die ESMA am 12.11.2013 ein Statement mit 28.39 Leitlinien zum acting in concert164, ein erstes Update erfolgte bereits am 20.6.2014165.166 Das Statement enthält eine sog. white list mit Verhaltensweisen, die per se noch kein acting in concert darstellen (Ziff. 4.1): (a) Diskussionen unter Aktionären über Themen, die gegenüber der Unternehmensleitung zur Sprache gebracht werden könnten; (b) Äußerungen gegenüber der Unternehmensleitung betreffend die Unternehmenspolitik und -praktiken und bestimmte Maßnahmen, die die Gesellschaft ergreifen könnte; (c) die Ausübung von bestimmten Aktionärsrechten, soweit sie nicht auf die Bestellung von Mitgliedern der Gesellschaftsorgane gerichtet ist; (d) Vereinbarungen, bei einem Beschluss in derselben Weise abzustimmen, sofern der Beschluss nicht auf die Bestellung eines Mitglieds der Gesellschaftsorgane gerichtet ist. Die Kooperation in Bezug auf die Bestellung von Mitgliedern der Gesellschaftsorgane wurde mit Blick auf die divergierenden Leitungssysteme in den einzelnen Mitgliedstaaten bewusst aus-

Fleischer/Hansen/Ringe, German and Nordic Perspectives on Company and Capital Markets Law, 2015, S. 215, 217; Winner ECFR 2014, 364, 368. 161 Vgl. COM(2012) 347, S. 7. Näher rechtsvergleichend: Ghetti ECFR 2014, 594, 612 ff.; Hopt, Europ. ÜbernahmeR, S. 61 ff.; ders. (2014) 15 EBOR 143, 185 ff.; Psaroudakis (Fn. 158), S. 221 ff.; Raloff (Fn. 158), S. 61 ff.; vgl. weiter die Länderberichte bei Maul/ Muffat-Jeandet/Simon (eds.), Takeover bids in Europe, 2008, Rn. 445 (Kalss), 665 ff. (Wymeersch), 870 ff. (Cˇech), 1044 (Christensen), 1257 ff. (Airaksinen), 1438 ff. (Simon), 1661 ff. (Cloidt-Stotz), 1971 ff. (Koulouridas), 2255 (Picardi), 2454 (Rammeloo), 2670 (Bobrzyn´ki/Oplustil/Spyra), 2851 (Durate/Salema), 3036 (Muñoz Paredes), 3240 (Skøg), 3455 ff. (Burbidge). 162 Vgl. COM(2012) 347, S. 7; näher dazu ESME, Preliminary views on The definition of “acting in concert” between the Transparency Directive and the Takeover Bids Directive (); Ghetti ECFR 2014, 594, 600 ff.; s. ferner etwa KK-WpÜG/von Bülow § 30 Rn. 204. 163 Vgl. COM(2012) 740, 3.4. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 13 m.w. N. 164  ESMA, Information on shareholder cooperation and acting in concert under the Take­ over Bids Directive, ESMA/2013/1642. 165  ESMA, Information on shareholder cooperation and acting in concert under the Take­ over Bids Directive – 1st update, ESMA/2014/677. 166 Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1225; Ghetti ECFR 2014, 594, 630 ff.; J. Schmidt VGR 20 (2014) 25, 45; Verse (Fn. 160), S. 215, 218, 223 f., 226 ff.; Winner ECFR 2014, 364, 367 ff.

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geklammert.167 Das Statement enthält aber immerhin eine nicht abschließende Liste von Faktoren, die bei der Entscheidung darüber, ob ein konkretes Handeln in diesem Kontext acting in concert darstellt, berücksichtigt werden sollten (Ziff. 5.3). Trotz ihrer rechtlichen Unverbindlichkeit168 kommt diesem Statement eine ganz erhebliche faktische Bedeutung zu.169 Die BaFin hat sie ausdrücklich als „wichtige Orientierungshilfe“ begrüßt170 und auch die anderen nationalen Aufsichtsbehörden werden ihr aller Wahrscheinlichkeit nach folgen171. Bedauerlich ist allerdings, dass durch die Leitlinien nicht die ganze Bandbreite von Verhaltensweisen, die potentiell als acting in concert angesehen werden könnten, abgedeckt wird; es bleiben daher noch viele Fragen offen.172 Zudem bezieht sich das Statement explizit nur auf den Begriff des acting in concert i. S. d. TBD, blendet also das acting in concert im Rahmen der Beteiligungstransparenz (vgl. Art. 10 lit. a TrRL, → 36.20) und die insoweit teils existierenden Divergenzen (→ 28.38) völlig aus173 (wobei freilich auch einiges dafür sprechen mag, das Konzept des acting in concert im jeweiligen Kontext bewusst unterschiedlich zu interpretieren174). So äußern sich die Leitlinien etwa auch nicht ausdrücklich zu der Frage, ob die Ko- 28.40 ordination rechtsgeschäftlicher Natur sein muss.175 Mit Blick auf den Telos der Norm kann es jedoch keinen Unterschied machen, ob es sich um eine rechtlich verbindliche Vereinbarung, ein bloßes „gentlemen’s agreement“ oder eine sonstige faktische Kooperation handelt; alles andere wäre geradezu eine Einladung zur Umgehung. Die Koordination muss daher nicht rechtsgeschäftlicher Natur sein.176 Davon scheint im Übrigen implizit auch die ESMA auszugehen.177 Nicht von den Leitlinien erfasst ist ferner die höchst umstrittene Frage, ob ein 28.41 abgestimmter Parallelerwerb ein acting in concert begründet. Speziell im deutschen Schrifttum wird dies verbreitet verneint178, u.a. mit dem Argument, dass die Präzisierung des Kontrollbegriffs und die Berechnung der Kontrollschwelle nach Art. 5

167 Vgl. ESMA/2014/677, 5.1; Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1225. 168 Kritisch dazu Ghetti ECFR 2014, 594, 630. 169 Vgl. Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219, 1225. 170 PM der BaFin v. 13.11.2013 ( 50 %, Art. 32 Abs. 2 S. 3 Hs. 2, S. 4 SE-VO) und einen Gründungsbericht (Art. 32 Abs. 2 S. 2 SE-VO) enthalten muss. Der Gründungsbericht ist hier also – anders als bei der Verschmelzung (→ 45.39) und Umwandlung (→ 45.65) – kein separates Dokument, sondern Bestandteil des Gründungsplans; zudem muss er nicht nur eine ausführliche Erläuterung und Begründung der Gründung aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht enthalten, sondern darüber hinaus auch – ähnlich wie der Bericht bei der SE-Gründung durch Umwandlung (→ 45.65) und nach Titel II Kapitel II GesRRL (G CBMD, → 22.61, 22.64 ff.) – auch eine Darstellung der Auswirkungen des Wechsels in die SE für Aktionäre und Arbeitnehmer. Bezüglich der Form des Gründungsplans können sich über das sich aus der SE-VO ergebende Erfordernis einer textlichen Fixierung („Plan“) qua Art. 18 SE-VO analog aus dem nationalen Recht der

202 Vgl. nur Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 1 m.w.N. 203 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 4 ff.; Spindler/Stilz/Casper Art. 32 SE-VO Rn. 4; KK-AktG/Paefgen Art. 32 SE-VO Rn. 9; MüKoAktG/Schäfer Art. 32 SE-VO Rn. 2; Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 32 Rn. 9; J. Schmidt, SE, S. 270 f. 204 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 7 ff.; Spindler/Stilz/Casper Art. 32 SE-VO Rn. 4; KK-AktG/Paefgen Art. 32 SE-VO Rn. 10; J. Schmidt, SE, S. 271 ff.; Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 32 Rn. 12; abw. Teichmann ZGR 2002, 383, 434; ders. ZGR 2003, 367, 388 ff., 392 (allg. Grundsätze der FusRL und SpRL); Stöber AG 2013, 110, 113 f. (über Art. 15 Abs. 1 SE-VO). 205 Ausf. zum Gründungsplan: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 21 ff.; Spindler/Stilz/Casper Art. 32 SE-VO Rn. 8 ff.; KK-AktG/Paefgen Art. 32 SE-VO Rn. 30 ff.; MüKoAktG/Schäfer Art. 32 SE-VO Rn. 9 ff.; Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 32 Rn. 35 ff.; J. Schmidt, SE, S. 274 ff. m.w.N.

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jeweiligen Gründungsgesellschaft strengere Formanforderungen ergeben206 (bei deutschen: notarielle Beurkundung, § 6 UmwG207). Gem. Art. 32 Abs. 3 SE-VO ist der Gründungsplan mindestens einen Monat vor 45.52 der über die Gründung beschließenden Versammlung (→ 45.54) nach den mit Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) in Einklang stehenden nationalen Vorschriften offenzulegen.208 Die gem. Art. 32 Abs. 4, 5 SE-VO erforderliche Prüfung des Gründungsplans 45.53 durch Sachverständige kann nach Wahl der Gründungsgesellschaften für jede separat oder gemeinsam erfolgen. Hinsichtlich des Mindestinhalts des Prüfungsberichts orientiert sich Art. 32 Abs. 5 SE-VO an Art. 96 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 FusRL, →  20.58);209 Prüferbestellung210 und -qualifikation211 sowie Auskunftsrecht der Prüfer212 richten sich nach den nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 96 Abs. 1 bzw. Abs. 3 GesRRL (G Art. 10 Abs. 1 bzw. 3 FusRL, → 20.60 ff.). Aufgrund des massiven Eingriffs in die Rechtsstellung der Gesellschafter bedarf 45.54 die Holding-SE-Gründung gem. Art. 32 Abs. 6 S. 1 SE-VO der Zustimmung der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung jeder Gründungsgesellschaft.213 Wie bei der Verschmelzung (→  45.41) ist auch hier ein Zustimmungsvorbehalt zu den Mitbestimmungsmodalitäten214 möglich (Art. 32 Abs. 6 S. 3 SE-VO).215 Vorbereitung und Durchführung der Versammlung richten sich analog Art. 18 SE-VO nach dem nationalen Recht der jeweiligen Gründungsgesellschaft216, wodurch richtiger Ansicht nach 206 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 22; Spindler/Stilz/Casper Art. 32 SE-VO Rn. 16; MüKoAktG/Schäfer Art. 32 SE-VO Rn. 23; Schwarz, SE, Art. 32 Rn. 37; J. Schmidt, SE, S. 284 f. 207 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 22; MüKoAktG/Schäfer Art. 32 SE-VO Rn. 23; J. Schmidt, SE, S. 284; i.E. auch Spindler/Stilz/Casper Art. 32 SE-VO Rn. 16; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 32 Rn. 95. 208 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 47 ff.; Spindler/Stilz/Casper Art. 32 SE-VO Rn. 17; KK-AktG/Paefgen Art. 32 SE-VO Rn. 82 ff.; MüKoAktG/Schäfer Art. 32 SE-VO Rn. 24 ff.; Schwarz, SE, Art. 32 Rn. 38 ff.; J. Schmidt, SE, S. 285 ff. m.w.N. 209 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 57; KK-AktG/Paefgen Art. 32 SE-VO Rn. 96; MüKoAktG/Schäfer Art. 32 SE-VO Rn. 29; Schwarz, SE, Art. 32 Rn. 52 ff.; J. Schmidt, SE, S. 291. 210 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 53; KK-AktG/Paefgen Art. 32 SE-VO Rn. 89; Schwarz, SE, Art. 32 Rn. 49 f.; J. Schmidt, SE, S. 288 f. 211 Vgl. KK-AktG/Paefgen Art. 32 SE-VO Rn. 103; Schwarz, SE, Art. 32 Rn. 51; J. Schmidt, SE, S. 289. 212 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 58; KK-AktG/Paefgen Art. 32 SE-VO Rn. 102; J. Schmidt, SE, S. 291; vgl. ferner auch Schwarz, SE, Art. 32 Rn. 56 f. 213 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 59; Manz/Mayer/Schröder/ Schröder Art. 32 Rn. 81; J. Schmidt, SE, S. 292. 214 Allg. zur Arbeitnehmerbeteiligung → 45.186 ff. 215 Dazu Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 71; MüKoAktG/Schäfer Art. 32 SE-VO Rn. 35; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 32 Rn. 85 ff. 216 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 60 ff.; Spindler/Stilz/Casper Art. 32 SE-VO Rn. 20; KK-AktG/Paefgen Art. 32 SE-VO Rn. 110; Schwarz, SE, Art. 32 Rn. 60; J. Schmidt, SE, S. 292 f.

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nicht nur bei AG, sondern auch bei GmbH insbesondere auch die nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 93, 97 GesRRL (G Art. 7, 11 FusRL) (Mehrheitserfordernis, Vorabinformation, →  20.71 f, 20.69 ff.) zur Anwendung kommen217. Bei deutschen Gesellschaften gelten also §§ 118 ff. AktG (AG) bzw. §§ 49 ff. GmbHG (GmbH)218 sowie §§ 63 ff. UmwG (richtiger Ansicht nach auch für GmbH)219; das in § 10 Abs. 1 SEAG speziell normierte Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit ist daher letztlich nur deklaratorisch220. Der anschließende Anteilstausch erfolgt in zwei Phasen:221 Die Anteilsinhaber je45.55 der Gründungsgesellschaft haben gem. Art. 33 Abs. 1 SE-VO zunächst 3 Monate Zeit, um „ihrer“ Gesellschaft mitzuteilen, ob sie beabsichtigen, ihre Anteile bei der Gründung der SE einzubringen; gem. Art. 33 Abs. 2 SE-VO ist die SE nur dann gegründet, wenn innerhalb dieser „Mindestquoten-Phase“ die für jede Gründungsgesellschaft im Gründungsplan fixierte Mindestquote (→ 45.51) erreicht wird.222 Ist dies der Fall, so ist dies gem. Art. 33 Abs. 3 UAbs. 1 offenzulegen223 und diejenigen Anteilsinhaber, die in Phase 1 keine Mitteilung gemacht haben, erhalten dann eine Nachfrist von einem weiteren Monat, um dies nachzuholen (sog. „Zaunkönigphase“, Art. 33 Abs. 3 UAbs. 2 SE-VO).224 45.56 Da die Holdinggründung somit wesensmäßig Sachgründung ist225, bedarf es gem. Art. 15 Abs. 1 SE-VO i.V.m. den nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 49–51 GesRRL (G  Art. 10–12 KapRL, →  19.61 ff.) grundsätzlich einer Sachgründungs217 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 61, 67; Schwarz, SE, Art. 32 Rn. 61 f.; J. Schmidt, SE, S. 292 f., 296 f. 218 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 68; KK-AktG/Paefgen Art. 32 SE-VO Rn. 118; Schwarz, SE, Art. 32 Rn. 65; J. Schmidt, SE, S. 297; abw. Spindler/ Stilz/Casper Art. 32 SE-VO Rn. 21; im Hinblick auf GmbH ist die Regelung allerdings nicht ganz unproblematisch, vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 69; J. Schmidt, SE, S. 297 f. 219 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 61 f., 67; Schwarz, SE, Art. 32 Rn. 61 ff.; J. Schmidt, SE, S. 293 ff. 220 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 68; KK-AktG/Paefgen Art. 32 SE-VO Rn. 118; Schwarz, SE, Art. 32 Rn. 65; J. Schmidt, SE, S. 297; abw. Spindler/ Stilz/Casper Art. 32 SE-VO Rn. 21; im Hinblick auf GmbH ist die Regelung allerdings nicht ganz unproblematisch, vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 69; J. Schmidt, SE, S. 297 f. 221 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 33 Rn. 2; KK-AktG/Paefgen Art. 33 SE-VO Rn. 2; MüKoAktG/Schäfer Art. 33 SE-VO Rn. 1; J. Schmidt, SE, S. 299 f.; Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 33 Rn. 2. 222 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 33 Rn. 7 ff.; Spindler/Stilz/Casper Art. 33 SE-VO Rn. 3 ff.; KK-AktG/Paefgen Art. 33 SE-VO Rn. 20 ff.; J. Schmidt, SE, S. 301 ff. 223 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 33 Rn. 24 ff.; Spindler/Stilz/Casper Art. 33 SE-VO Rn. 11; KK-AktG/Paefgen Art. 33 SE-VO Rn. 40 ff.; J. Schmidt, SE, S. 308 f. 224 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 33 Rn. 30 ff.; Spindler/Stilz/Casper Art. 33 SE-VO Rn. 12 ff.; KK-AktG/Paefgen Art. 33 SE-VO Rn. 53 ff.; J. Schmidt, SE, S. 309. 225 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 1, Art. 33 Rn. 38; Schwarz Vorb. Art. 32–34 Rn. 18; J. Schmidt, SE, S. 309.

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prüfung226, die sich bei einer Holding-SE mit (künftigem) Sitz in Deutschland nach §§ 32 ff. AktG richtet227. Die abschließende Rechtmäßigkeitskontrolle ist gem. Art. 33 Abs. 5 SE-VO – 45.57 anders als bei der Verschmelzung (→  45.42) – nur einstufig ausgestaltet; sie erfolgt durch die zuständige Kontrollstelle im künftigen Sitzstaat der SE.228 Fällt sie positiv aus, erfolgt die konstitutive Eintragung der SE (Art. 12 Abs. 1, 16 Abs. 1 SE-VO, → 45.18) und die Offenlegung gem. Art. 13, 15 Abs. 2 SE-VO (→ 45.19) und Art. 14 SE-VO (→ 45.20). Die Folgen einer fehlerhaften Holdinggründung richten sich mangels einer speziellen Bestandschutzregelung qua Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO nach dem Recht des Sitzstaats229, bei einer „deutschen“ Holding-SE also nach §§ 275 f. AktG, 397 FamFG und §§ 262 Abs. 1 Nr. 5 AktG, 399 FamFG230. Diffizile praktische Probleme können sich bei der Holding-SE-Gründung u.U. 45.58 aus dem Konkurrenzverhältnis mit dem jeweils anwendbaren Übernahmerecht ergeben.231 bb)  Schutz von Gläubigern, Minderheitsgesellschaftern und Arbeitnehmern Art. 34 SE-VO enthält eine ausdrückliche Ermächtigung an die Mitgliedstaaten zum 45.59 Erlass von Schutzvorschriften zugunsten der die Holdinggründung ablehnenden Minderheitsgesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmer.232 Der deutsche Gesetzgeber hat mit §§ 9, 11 SEAG in Anlehnung an §§ 6, 7 SEAG ein komplexes (und ebenfalls verbreitet kritisiertes) Schutzsystem zugunsten der Minderheitsgesellschafter – bestehend aus Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses sowie unter bestimmten Voraussetzungen eines Barabfindungsangebots im Gründungsplan, jeweils verbunden

226 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 33 Rn. 38; MüKoAktG/Schäfer Art. 32 SE-VO Rn. 2; Schwarz Vorb. Art. 32–34 Rn. 18; J. Schmidt, SE, S. 309 f. 227 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 33 Rn. 39 ff.; KK-AktG/Paefgen Art. 33 SE-VO Rn. 81 ff.; Schwarz Vorb. Art. 32–34 Rn. 27 ff.; J. Schmidt, SE, S. 310 ff.; Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 32 Rn. 38 ff. 228 Ausf. dazu Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 33 Rn. 43 ff.; KK-AktG/Paefgen Art. 33 SE-VO Rn. 100 ff.; MüKoAktG/Schäfer Art. 33 SE-VO Rn. 25 ff.; J. Schmidt, SE, S. 332 ff. m.w.N. 229 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 33 Rn. 58; KK-AktG/Paefgen Art. 33 SE-VO Rn. 118; J. Schmidt, SE, S. 342 f.; i.E. auch Spindler/Stilz/Casper Art. 33 SE-VO Rn. 19. 230 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 33 Rn. 58; KK-AktG/Paefgen Art. 33 SE-VO Rn. 118; J. Schmidt, SE, S. 343. 231 Ausf. zum Verhältnis von Holding-SE-Gründung und Übernahmerecht (speziell auch WpÜG): Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 32 Rn. 18 ff.; Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 32 Rn. 22 ff.; J. Schmidt, SE, S. 326 ff.; Stöber AG 2013, 110, 119 f. (jeweils m.z.w.N.). 232 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 34 Rn. 1 ff.; MüKoAktG/Schäfer Art. 34 SE-VO Rn. 1 ff.; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 34 Rn. 1 ff.; J. Schmidt, SE, S. 317 f.

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mit einem Klageausschluss und Verweis ins Spruchverfahren – geschaffen.233 Für spezielle Schutzvorschriften zugunsten von Gläubigern234 und Arbeitnehmern235 sah er dagegen kein Bedürfnis. c)  Gemeinsame Tochter-SE (Art. 35 f. SE-VO) 45.60 Gegenstück zur Gründung einer Holding-SE ist die Gründung einer gemeinsamen Tochter-SE: Hier schaffen sich die Gründungsgesellschaften keine gemeinsame Mutter, sondern eine gemeinsame Tochter.236 Die nähere Ausgestaltung des Gründungsverfahrens überantwortet die SE-VO dabei – anders als noch in den früheren Entwürfen237 – mittels der Verweisungsnormen der Art. 36 und 15 Abs. 1 SE-VO vollständig dem nationalen Recht;238 angesichts dieser bewussten Entscheidung ist eine analoge Anwendung der Verschmelzungs- und Holdinggründungsvorschriften – wie sie im Schrifttum teilweise erwogen wird239 – abzulehnen240. Für die vorgelagerten Verfahrensschritte in den einzelnen Gründungsgesell45.61 schaften gilt gem. Art. 36 SE-VO das nationale Recht, dem die betreffende Gesellschaft unterliegt, und zwar diejenigen Regeln und Vorschriften, die für die Gründung einer nationalen AG gelten würden.241 Bei einer deutschen AG oder GmbH sind somit etwa insbesondere auch die „Holzmüller/Gelatine“-Grundsätze242 zu beachten.243

233 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 34 Rn. 13 ff.; KK-AktG/Paefgen Art. 34 SE-VO Rn. 9 ff.; Schwarz, SE, Art. 34 Rn. 7 ff.; J. Schmidt, SE, S. 319 ff.; Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 34 Rn. 4 ff. 234 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 34 Rn. 4; KK-AktG/Paefgen Art. 34 SE-VO Rn. 7; J. Schmidt, SE, S. 318; Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 34 Rn. 2. 235 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 34 Rn. 6; KK-AktG/Paefgen Art. 34 SE-VO Rn. 8; J. Schmidt, SE, S. 318 f.; Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 34 Rn. 2. 236 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 35 Rn. 2; KK-AktG/Paefgen Art. 35 SE-VO Rn. 4; Schwarz, SE, Art. 35 Rn. 2; Scheifele (Fn. 117), S. 385. 237 Art. 35–37 SE-VOE 1970 und 1975 (Fn. 11 f.) und Art. 34 f. SE-VOE 1989 (Fn. 15) sahen dagegen noch eigenständige Verfahrensregelungen vor; ausf. zur Normentwicklung Schwarz, SE, Art. 36 Rn. 3. 238 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 36 Rn. 1; Spindler/Stilz/Casper Art. 35, 36 SE-VO Rn. 2; KK-AktG/Paefgen Art. 36 SE-VO Rn. 2; Manz/Mayer/Schröder/ Schröder Art. 36 Rn. 1 f.; J. Schmidt, SE, S. 345. 239 Vgl. Hommelhoff/Teichmann SZW 2002, 1, 9; Teichmann ZGR 2002, 383, 438; MüKoAktG/Schäfer Art. 36 SE-VO Rn. 4. 240 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 36 Rn. 7; ders. (Fn. 191), S. 25, 59; Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 36 Rn. 38; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 35 Rn. 7; J. Schmidt, SE, S. 346. 241 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 36 Rn. 9; Spindler/Stilz/Casper Art. 35, 36 SE-VO Rn. 2; KK-AktG/Paefgen Art. 36 SE-VO Rn. 1, 6; Habersack/Drinhausen/ Scholz Art. 36 Rn. 1; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 36 Rn. 2; Schwarz, SE, Art. 36 Rn. 5; J. Schmidt, SE, S. 346; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 51. 242 BGHZ 83, 122 („Holzmüller“); BGH NZG 2004, 571 („Gelatine I“); BGH NZG 2004, 575 („Gelatine II“). 243 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 36 Rn. 11 f.; Spindler/Stilz/Casper

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Für das eigentliche Gründungsverfahren, d.h. diejenigen Verfahrensschritte, die 45.62 bereits die Sphäre der künftigen SE betreffen, gilt dagegen gem. Art. 15 Abs. 1 SE-VO das nationale Aktienrecht des künftigen Sitzstaats der Tochter-SE.244 Hat diese ihren Sitz in Deutschland, gelten also die allgemeinen Gründungsvorschriften des deutschen Aktienrechts (§§ 23 ff. AktG);245 eine Errichtung im Wege der Spaltung durch Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG) ist allerdings nicht möglich246. d)  Umwandlung (Art. 37 SE-VO) Bei der Gründung einer SE durch Umwandlung handelt es sich dogmatisch um einen 45.63 identitätswahrenden Formwechsel (vgl. Art. 37 Abs. 2 SE-VO)247, der aufgrund der verbreiteten Furcht vor einem Missbrauch zur „Flucht aus der Mitbestimmung“ erst spät Eingang in die SE-VO fand248 und dies auch nur um den Preis spezieller Schutzmechanismen (→ 45.70)249. Die in Art. 37 SE-VO in einem einzigen Artikel kondensierten verfahrensrechtlichen Vorgaben folgen aber im Übrigen weitgehend dem – in der FusRL ursprünglich für Verschmelzungen entwickelten (→ 20.3) – „europäischen Modell für Strukturmaßnahmen“ (→  20.3, 20.29, 21.2, 21.15, 22.3, 22.32, 45.36, 45.50, 46.22).250 Ergänzend gelten die Formwechselvorschriften des Mitgliedstaats, dessen Recht die sich formwechselnde AG unterliegt und in dem wegen Art. 37 Abs. 3 SE-VO (→ 45.70) auch die künftige SE ihren Sitz haben muss; dogmatische Grundlage sind insoweit Art. 18, 36 SE-VO analog (für die Verfahrensschritte, die noch die



Art. 35, 36 SE-VO Rn. 4; KK-AktG/Paefgen Art. 36 SE-VO Rn. 7, 12; Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 36 Rn. 7; J. Schmidt, SE, S. 348 f. m.w.N. 244 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 36 Rn. 15; Spindler/Stilz/Casper Art. 35, 36 SE-VO Rn. 2; KK-AktG/Paefgen Art. 36 SE-VO Rn. 1, 16; MüKoAktG/ Schäfer Art. 36 SE-VO Rn. 3; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 36 Rn. 1; Habersack/ Drinhausen/Scholz Art. 36 Rn. 2; Schwarz, SE, Art. 36 Rn. 5; J. Schmidt, SE, S. 346, 351. 245 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 36 Rn. 16 ff.; KK-AktG/Paefgen Art. 36 SE-VO Rn. 17 ff.; J. Schmidt, SE, S. 351 ff. m.w.N. 246 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 36 Rn. 17; Spindler/Stilz/Casper Art. 35, 36 SE-VO Rn. 3; MüKoAktG/Schäfer Art. 36 SE-VO Rn. 4; Schwarz, SE, Art. 36 Rn. 22 f.; J. Schmidt, SE, S. 353 m.w.N. 247 Vgl. LG München I, AG 2011, 801, 803; Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 37 Rn. 3; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 5; J. Schmidt, SE, S. 360 m.w.N. 248 Sie war auf Drängen des EWSA und EP erstmals in Art. 37a SE-VOE 1991 (Fn. 16) aufgenommen worden und zwischenzeitlich in den luxemburgischen und britischen Kompromissvorschlägen von 1997/98 (Fn. 20 f.) sogar erneut ausgespart worden, vgl. KKAktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 17; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 3; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 2; J. Schmidt, SE, S. 359 Fn. 1469; Herfs-Röttgen NZA 2001, 424, 426; Teichmann ZIP 2014, 1049, 1053 f. 249 Vgl. Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 37 Rn. 2; MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 1; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 2 f.; J. Schmidt, SE, S. 359; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 3. 250 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 3; zur Anlehnung an die Verschmelzungsgründung auch Bayer (Fn. 191), S. 25, 59; KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 5; Scheifele (Fn. 117), S. 399; J. Schmidt, SE, S. 360 m.w.N.

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Sphäre der AG betreffen) und Art. 15 Abs. 1 SE-VO (für die bereits die Sphäre der künftigen SE betreffenden Verfahrensschritte).251 aa)  Überblick über das Gründungsverfahren 45.64 Grundlage des Verfahrens ist ein Umwandlungsplan (Art. 37 Abs. 4 SE-VO), für dessen Inhalt die SE-VO allerdings keine Vorgaben macht. Im Schrifttum wird daher verbreitet für eine Analogie zu Art. 20 Abs. 1 S. 2 SE-VO252, Art. 32 Abs. 2 S. 3 SEVO253 oder Art. 8 Abs. 2 S. 2 SE-VO254 plädiert. Dagegen spricht jedoch – abgesehen davon, dass diese Vorschriften für den Formwechsel nicht richtig passen255 –, dass kaum anzunehmen ist, dass der Verordnungsgeber – die Art. 8 Abs. 2 S. 2, 20 Abs. 1 S. 2 und 32 Abs. 2 S. 3 SE-VO vor Augen – infolge eines bloßen Versehens auf Regelungen zum Inhalt des Umwandlungsplans verzichtet hat; ihr Fehlen spricht vielmehr gerade dafür, dass insofern bewusst das nationale Recht zur Anwendung berufen sein sollte256. Der Inhalt des Umwandlungsplans richtet sich somit analog Art. 18, 36 SEVO nach dem Gesellschaftsstatut der sich umwandelnden AG,257 bei einer deutschen AG gelten also §§ 194 Abs. 1, 243 UmwG258. In formaler Hinsicht können sich über das sich aus der SE-VO ergebende Erfordernis textlicher Fixierung („Plan“)259 hinaus qua Art. 18, 36 SE-VO analog aus dem nationalen Recht strengere Anforderungen

251 Vgl. Bayer (Fn. 191), S. 25, 60; KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 13 ff.; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 6 ff.; J. Schmidt, SE, S. 360 f.; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 10; s. ferner auch Scheifele (Fn. 117), S. 403; ebenso i.E. auch: Manz/ Mayer/Schröder/Schröder Art. 37 Rn. 4 f. (Art. 15 Abs. 1 SE-VO und Gesellschaftsstatut); Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 4 (dogmatische Grundlage offen lassend). 252  So etwa Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 37 Rn. 23; KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 28 ff.; Scheifele (Fn. 117), S. 406 ff.; Seibt/Reinhard Konzern 2005, 407, 414; partiell auch Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 37 Rn. 20 ff.; „vorsorglich“ auch Kowalski DB 2007, 2243, 2245. 253 Vgl. MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 10 (Analogie zu Art. 20 Abs. 1 S. 2, 32 Abs. 2 S. 3 SE-VO). 254 So etwa Kalss ZGR 2003, 593, 613. 255 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 9; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ J. Schmidt Art. 37 Rn. 14; J. Schmidt, SE, S. 363. 256 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 9; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ J. Schmidt Art. 37 Rn. 14; J. Schmidt, SE, S. 363 f. 257 Vgl. Bayer (Fn. 191), S. 25, 61; J. Schmidt, SE, S. 364; für dessen Anwendung i.E. auch Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 9; Lind, Europäische Aktiengesellschaft, 2004, S. 123; Neun in: Theisen/Wenz, Europäische Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 2005, S. 57, 174 f.; Schindler/Teichmann in: Theisen/Wenz, Europäische Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 2005, S. 739, 764; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 45 Fn. 120. 258 Vgl. Bayer (Fn. 191), S. 25, 61; Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 9; DNotI-Report 2010, 39, 40; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 14; J. Schmidt, SE, S. 364; Neun (Fn. 257), S. 57, 174 f.; Schindler/Teichmann (Fn. 257), S. 739, 764; i.E. auch Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 37 Rn. 75 ff. (allerdings insofern im Widerspruch zu Rn. 20 ff.). 259 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 20 m.w.N.

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ergeben260 (bei einer deutschen AG: notarielle Beurkundung, § 6 UmwG analog261). Gem. Art. 37 Abs. 5 SE-VO ist der Umwandlungsplan mindestens einen Monat vor der über die Umwandlung beschließenden Hauptversammlung (→  45.67) nach den mit Art. 16 GesRRL (G Art. 3 PubRL, → 18.14 ff.) in Einklang stehenden nationalen Vorschriften offenzulegen.262 Erforderlich ist gem. Art. 37 Abs. 4 SE-VO weiterhin ein Umwandlungsbericht 45.65 durch das Verwaltungs- bzw. Leitungsorgan. Inhaltlich ist auch hier – korrespondierend mit dem Bericht bei der Verschmelzung nach Art. 95 Abs. 1 GesRRL (G Art. 9 Abs. 1 FusRL, → 20.47), Art. 124 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 7 UAbs. 1 CBMD, → 22.64) und der Verschmelzungs- und Holdinggründung (→  45.39, 45.51) – eine ausführliche263 Erläuterung und Begründung der rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der Umwandlung gefordert.264 Darüber hinaus müssen aber – ähnlich wie bei der HoldingGründung (→ 45.51) und nach Art. 124 UAbs. 1 GesRRL (G Art. 7 Abs. 1 CBMD, →  22.64 ff.) – auch die Auswirkungen des Formwechsels in die SE für Aktionäre und Arbeitnehmer dargelegt werden.265 Anders als nach Art. 124 UAbs. 2 GesRRL (G Art. 7 UAbs. 2 CBMD, → 22.72) ist jedoch keine Zugänglichmachung speziell an die Arbeitnehmer – oder auch nur eine allgemeine Offenlegung266 – vorgesehen, was dafür spricht, dass direkter Schutzadressat letztlich gleichwohl nur die Aktionäre sind267

260 Vgl. Bayer (Fn. 191), S. 25, 60 f.; Scheifele (Fn. 117), S. 408; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 21; J. Schmidt, SE, S. 365; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 29. 261 Vgl. Bayer (Fn. 191), S. 25, 61; Scheifele (Fn. 117), S. 408; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 21; J. Schmidt, SE, S. 365; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 29; DNotI-Report 2010, 39, 40; abw. (nur Umwandlungsbeschluss) auch Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 10; MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 14. 262 Dazu näher KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 66 ff.; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 36; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 33; J. Schmidt, SE, S. 366 f. m.w.N. 263 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 27; J. Schmidt, SE, S. 366; Schwarz SE, Art. 37 Rn. 34. 264 Dazu näher KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 49 ff.; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 37 Rn. 83 f.; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 32; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ J. Schmidt Art. 37 Rn. 27; J. Schmidt, SE, S. 366. 265 Dazu näher Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 37 Rn. 27 ff.; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 27; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 33. 266 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 37 Rn. 33 f.; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 28, 30; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 36; Louven/Ernst BB 2014, 323, 328 f. Soweit im Schrifttum teils eine Offenlegungspflicht angenommen wird (so etwa Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 12; KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Art. 37 Rn. 67; MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 15, 19) vermag dies nicht zu überzeugen, denn Art. 37 Abs. 5 SE-VO (→ 45.64) bezieht sich eindeutig nur auf den Umwandlungsplan und anders als bei der Holdinggründung (→ 45.51) handelt es sich um zwei separate Dokumente. 267 Vgl. Bayer (Fn. 191), S. 25, 61; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 28; J. Schmidt, SE, S. 366. Arbeitnehmer sind also – ähnlich wie die Gläubiger bei Art. 124 GesRRL (G Art. 7 CBMD, → 22.61) – nur mittelbar geschützt, nämlich dadurch, dass die Aktionäre über die Auswirkungen für sie informiert werden; a.A. Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 11.

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und demgemäß auch ein Verzicht durch diese (bei deutschen AG nach § 192 Abs. 2 UmwG) möglich ist268. Der Fokus der gem. Art. 37 Abs. 6 SE-VO erforderlichen Umwandlungsprü45.66 fung liegt anders als bei Verschmelzungs- und Holdinggründung (→ 45.40, 45.53) naturgemäß nicht auf dem Umtauschverhältnis. Vielmehr ist von externen Sachverständigen zu prüfen, ob die formwechselnde AG über Nettovermögenswerte mindestens in Höhe des Grundkapitals der SE269 zuzüglich nicht ausschüttungsfähiger gesetzlicher oder statutarischer Rücklagen verfügt.270 Für die hierüber auszustellende Bescheinigung gilt Art. 49 Abs. 2 GesRRL (G Art. 10 Abs. 2 KapRL, → 19.63) entsprechend.271 Qualifikation und Bestellung der Sachverständigen richten sich nach den nationalen Durchführungsbestimmungen zu Art. 96 GesRRL (G Art. 10 FusRL, → 20.60 f.)272, bei einer deutschen AG also §§ 60, 10 f. UmwG i.V.m. §§ 319–319b HGB273. Neben der Umwandlungsprüfung wird teilweise zusätzlich auch eine Gründungsprüfung gem. Art. 15 Abs. 1 SE-VO i.V.m. den nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 54 GesRRL (G Art. 15 KapRL, → 19.91 f.) – bei einer deutschen AG: §§ 197, 33 ff. AktG – für erforderlich gehalten274. Die wohl h.M. verneint dies jedoch, da die ordnungsgemäße Kapitalaufbringung bereits i.R.d. Werthaltigkeitsprüfung nach Art. 37 Abs. 6 SE-VO kontrolliert wird.275 Die Hauptversammlung der formwechselnden AG muss dem Umwandlungs45.67 plan zustimmen und die Satzung der SE genehmigen, Art. 37 Abs. 7 S. 1 SE-VO. Hinsichtlich der Beschlussfassung erklärt S. 2 die nationalen Durchführungsbestim268 Vgl. Bayer (Fn. 191), S. 25, 61; Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 37 Rn. 45; MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 17; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 28; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 35; Scheifele (Fn. 117), S. 410; a.A. Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 11; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 46. 269 Bezugspunkt ist nach der Ratio der Norm nicht etwa die formwechselnde AG (so aber etwa Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 41; Scheifele (Fn. 117), S. 412, 415), sondern die SE, vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 13; KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 70; Schäfer (Fn. 55), Art. 37 Rn. 22; J. Schmidt, SE, S. 368. 270 Näher Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 13; KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 70 ff.; MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 22 f.; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 37 ff. 271 Näher KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 78 f.; MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 25; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 44; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 46. 272 Vgl. Bayer (Fn. 191), S. 25, 62; KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 76; MüKoAktG/ Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 24; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 36; J. Schmidt, SE, S. 368. 273 Vgl. Bayer (Fn. 191), S. 25, 62; Louven/Ernst BB 2014, 323, 329; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 36; J. Schmidt, SE, S. 368; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 42. 274 So Bayer (Fn. 191), S. 25, 64; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 15 Rn. 47; Koke, Die Finanzverfassung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) mit Sitz in Deutschland, 2005, S. 77 ff. 275 Vgl. Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 37 Rn. 47; Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 13; KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 102; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ J. Schmidt Art. 37 Rn. 46; J. Schmidt, SE, S. 371; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 74; Kiem ZHR 173 (2009) 156, 162 f.; Drinhausen (Fn. 137), S. 30, 40 f.; Kowalski DB 2007, 2243, 2249.

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mungen zu Art. 93 GesRRL (G Art. 7 FusRL, → 20.81 ff.) für anwendbar; bei einer deutschen AG gilt also § 65 UmwG276. Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung richten sich analog Art. 18, 36 SE-VO nach dem jeweiligen nationalen Recht277, bei einer deutschen AG gelten also §§ 121 ff. AktG, 238, 230 Abs. 2 UmwG sowie §§ 129 ff. AktG, 239 UmwG278. Die Rechtmäßigkeitskontrolle richtet sich gem. Art. 15 Abs. 1 SE-VO nach nati- 45.68 onalem Recht279, bei einer „deutschen“ SE gelten also §§ 246 Abs. 1, 198 f. UmwG280. Fällt sie positiv aus, erfolgt die konstitutive Eintragung der SE (Art. 12 Abs. 1, 16 Abs. 1 SE-VO, →  45.18) und die Offenlegung gem. Art. 13, 15 Abs. 2 SE-VO (→  45.19) und Art. 14 SE-VO (→  45.20). Die Folgen einer fehlerhaften Gründung richten sich mangels einer speziellen Bestandschutzregelung qua Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO nach dem Recht des Sitzstaats281; bei einer „deutschen“ SE gilt somit § 202 Abs. 3 UmwG282. bb)  Schutz von Gläubigern und Minderheitsaktionären Für die Gläubiger und Minderheitsaktionäre ist bei der Umwandlungsgründung kein 45.69 spezieller Schutz vorgesehen; Art. 37 SE-VO enthält diesbezüglich weder eine Ermächtigung an die Mitgliedstaaten noch einen Verweis auf nationale Vorschriften. Mit Blick darauf, dass das mit der Umwandlungsgründung verbundene Gefährdungspotential aufgrund des identitätswahrenden Charakters (→ 45.63), des Sitzverlegungsverbotes (→  45.70) und der subsidiären Fortgeltung des nationalen Rechts (Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO) demjenigen bei Verschmelzungs- und Holdinggründung in 276 Vgl. Bayer (Fn. 191), S. 25, 63; Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 15; KK-AktG/ Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 89 f.; MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 28; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 54; J. Schmidt, SE, S. 370 f. 277 Vgl. KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 85 ff.; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 50, 54; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 48, 50; J. Schmidt, SE, S. 369 f.; i.E. (zur Dogmatik → 45.63) auch Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 14; MüKoAktG/ Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 27. 278 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 14; KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 85 ff.; MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 27 ff.; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 49, 51; J. Schmidt, SE, S. 369 f.; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 50 ff. 279 Vgl. Bayer (Fn. 191), S. 25, 64; KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 113; MüKoAktG/ Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 33; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 65; J. Schmidt, SE, S. 372 f. 280 Vgl. MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 33; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 79 ff.; MüKoAktG/Schäfer Art. 37 Rn. 33; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 66 ff.; J. Schmidt, SE, S. 373. 281 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 74; J. Schmidt, SE, S. 376; i.E. auch Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 17; MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 34. 282 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 17; KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 122; MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 34; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ J. Schmidt Art. 37 Rn. 75; J. Schmidt, SE, S. 376.

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keinster Weise vergleichbar ist283, erscheint diese – ganz offensichtlich bewusste284 – Entscheidung des Verordnungsgebers konsequent und sachgerecht285. Damit verbietet sich auch jeglicher Rekurs auf nationale Schutzregelungen (z.B. §§ 204286, 207 UmwG oder § 196 UmwG287) mittels Art. 15 Abs. 1 SE-VO oder Art. 18, 36 SE-VO analog.288 cc)  Spezifische Mechanismen zur Verhinderung einer „Flucht aus der Mitbestimmung“ 45.70 Wie bereits dargelegt (→ 45.63), etablieren SE-VO und SE-RL vor dem Hintergrund der verbreiteten Furcht vor einem Missbrauch der Umwandlungsgründung zu einer „Flucht aus der Mitbestimmung“289 eine Reihe spezieller Schutzmechanismen.290 Hierzu gehört zunächst das in Art. 37 Abs. 3 SE-VO normierte Verbot einer grenzüberschreitenden Sitzverlegung „anlässlich“ der Umwandlung.291 Zudem wurde speziell auf Drängen der deutschen Delegation in Art. 37 Abs. 8 SE-VO eine Ermächtigung an die Mitgliedstaaten zur Schaffung eines Vetorechts für das „Mitbestimmungsorgan“ der formwechselnden Gesellschaft eingeführt (von dem der deutsche

283 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 81, 85; J. Schmidt, SE, S. 376 f.; s. ferner auch Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 37 Rn. 67, 96; Spindler/Stilz/ Casper Art. 37 SE-VO Rn. 20 f.; Kalss ZGR 2003, 593, 614; Teichmann ZGR 2003, 367, 395; differenzierend MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 37 ff. 284 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 81 f., 85; J. Schmidt, SE, S. 376; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 64; Kalss ZGR 2003, 593, 614. 285 Vgl. Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 64, 66; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 81, 85; J. Schmidt, SE, S. 376 f. 286 Für eine Anwendung von § 204 UmwG jedoch Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 37 Rn. 92, 101; Seibt/Reinhard Konzern 2005, 407, 420. 287 Für eine Anwendung von § 196 UmwG jedoch KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 95; MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 38; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 37 Rn. 98; allg. für die Anwendung nationalen Rechts auch Montfort/Deau (2006) 17 ICCLR 271, 275. 288 Vgl. Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 37 Rn. 67 f., 96; Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 20 f.; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 64 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ J. Schmidt Art. 37 Rn. 82 ff.; J. Schmidt, SE, S. 377; Kalss ZGR 2003, 593, 614; Teichmann ZGR 2003, 367, 395; gegen eine Anwendung von § 207 UmwG auch Kowalski DB 2007, 2243, 2245. 289 Vgl. dazu Heinze AG 1997, 289, 291; Herfs-Röttgen NZA 2001, 424, 426; Kolvenbach NZA 1998, 1323, 1325 f. Der Davignon-Bericht (Fn. 19) und der luxemburgische und britische Kompromissvorschlag (Fn. 20 f.) hatten die Umwandlungsgründung deshalb sogar vollständig ausgespart. 290 Vgl. MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 1; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ J. Schmidt Art. 37 Rn. 1 ff.; J. Schmidt, SE, S. 359; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 3. 291 Dazu näher Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 6; MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 3; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 37 Rn. 9 ff.; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 9 ff.; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 9. Nach der CartesioEntscheidung des EuGH (→ 7.36 ff.) wurde teilweise bezweifelt, ob diese Schranke überhaupt mit Art. 49, 54 AEUV vereinbar ist, vgl. SEC(2010) 1391, S. 10.

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Gesetzgeber dann übrigens gar nicht Gebrauch machte).292 Ferner wurde in Art. 37 Abs. 9 SE-VO ausdrücklich die Fortgeltung aller arbeitsrechtlichen Rechtsbeziehungen normiert, was aufgrund des identitätswahrenden Charakters des Formwechsels (→ 45.63) letztlich freilich ein rein deklaratorischer Programmsatz ist.293 Eminente Bedeutung hat aber vor allem der besondere mitbestimmungsrechtliche Bestandsschutz gem. Art. 3 Abs. 6 UAbs. 3, 4 Abs. 4, 7 Abs. 2 lit. a und Anhang Teil 3 lit. a SE-RL (→ 45.189, 45.191). e)  Sekundäre-SE-Gründung (Art. 3 Abs. 2 SE-VO) Mit Art. 3 Abs. 2 SE-VO gewährt die SE-VO einer bereits bestehenden SE das Ex- 45.71 klusivrecht auf unilaterale Gründung einer 100%igen Tochter-SE294, deren Sitz (→ 45.14 ff.) im selben Mitgliedstaat wie derjenige der Mutter-SE liegen kann, aber nicht muss295 (zum Fehlen eines speziellen Mehrstaatlichkeitserfordernisses → 45.32). Dieses Recht besteht insbesondere auch dann, wenn die Mutter-SE selbst auf diese Weise gegründet wurde – Art. 3 Abs. 2 SE-VO ermöglicht somit sogar den Aufbau einer ganzen „Kette“ mehrerer hintereinander geschalteter SE.296 Zudem ist die definitionsgemäß als Einpersonengründung ausgestaltete sekun- 45.72 däre SE-Gründung gem. Art. 3 Abs. 2 S. 2 SE-VO (→ 27.8) selbst dann zulässig, wenn das Recht des (künftigen) Sitzstaats der Tochter-SE Einpersonen-AG an sich nicht zulässt (zur insoweit bestehenden Regelungsfreiheit der Mitgliedstaaten → 27.9); in diesem Fall gelten dann für die Tochter-SE sinngemäß die Umsetzungsvorschriften zur (an sich nur für GmbH zwingenden, → 27.7 ff.) EpGRL (soweit der Mitgliedstaat die Einpersonen-AG zulässt und daher die Art. 3–5 EpGRL anwenden muss [→ 27.9], gelten die entsprechenden Umsetzungsvorschriften für die Tochter-SE ohnehin gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO).297

292 Dazu näher Spindler/Stilz/Casper Art. 37 SE-VO Rn. 18; KK-AktG/Paefgen Art. 37 SE-VO Rn. 6; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 77 f.; J. Schmidt, SE, S. 372 m.w.N. 293 Vgl. Bayer (Fn. 191), S. 25, 65; MüKoAktG/Schäfer Art. 37 SE-VO Rn. 36; Schwarz, SE, Art. 37 Rn. 87 f.; J. Schmidt, SE, S. 375; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 37 Rn. 79 m.w.N. 294 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 Rn. 7; Schwarz, SE, Art. 3 Rn. 20; J. Schmidt, SE, S. 378. 295 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 18; Kalss/Hügel/Kalss Vor § 17 SEG – Gründung der SE Rn. 36; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 3 SE-VO Rn. 5; J. Schmidt, SE, S. 378. 296 Vgl. Schwarz, SE, Art. 3 Rn. 24; J. Schmidt, SE, S. 378; Waclawik DB 2006, 1827, 1832. Das in Art. 3 Abs. 3 S. 2 SE-VOE 1989 (Fn. 15) aus Angst vor einem „Schneeballeffekt“ (vgl. Begr. KOM z. SE-VOE 1989, BT-Drs. 11/5427, S. 4) normierte Verbot einer „Kettengründung“ wurde im SE-VOE 1991 (Fn. 16) als ungerechtfertigt aufgegeben (vgl. Begr. KOM z. SE-VOE 1991, BT-Drs. 12/1004, S. 2). 297 Vgl. zum Ganzen auch Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 Rn. 7, 9; Spindler/ Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 19; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 3 SE-VO Rn. 6a; Scheifele (Fn. 117), S. 439; J. Schmidt, SE, S. 379 m.w.N.

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45.73

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Im Hinblick auf das Gründungsverfahren gilt – entgegen vereinzelten Äußerungen im Schrifttum298 – auch bei der sekundären SE-Gründung der Grundsatz der Sphärentrennung299. Für diejenigen Verfahrensschritte, die noch der Sphäre der Mutter-SE zuzurechnen sind, gilt gem. Art. 36 SE-VO deren „nationales“ Recht, womit freilich das sich – kraft der Verweisungen der SE-VO – aus dem Zusammenspiel von SE-Recht und dem nationalen Recht des Sitzstaats ergebende „Rechtsgemisch“ gemeint ist300 (bei einer „deutschen“ Mutter-SE also SE-VO, SEEG und deutsches Aktienrecht301, wobei insbesondere auch die „Holzmüller/Gelatine“-Grundsätze zu beachten sind302). Für das eigentliche Gründungsverfahren, d.h. diejenigen Verfahrensschritte, die bereits die Sphäre der künftigen Tochter-SE betreffen, gilt gem. Art. 15 Abs. 1 SE-VO das Recht des geplanten Sitzstaats der Tochter-SE.303 Soll die Tochter-SE ihren Sitz in Deutschland haben, gelten also die allgemeinen Regeln über die Gründung von AG.304 Möglich ist dabei richtiger Ansicht nach nicht nur eine Baroder Sachgründung (§§ 23 ff. AktG), sondern – anders als bei der primären Gründung einer gemeinsamen Tochter-SE – auch eine Gründung im Wege der Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG)305.

298 Vgl. zum SE-VOE 1991 etwa Wenz (Fn. 17), S. 62; Hemmelrath in: Schwappach, EURechtshandbuch für die Wirtschaft, 2. Aufl. 1996, § 35 Rn. 70; zumindest missverständlich zur SE-VO etwa auch Heckschen DNotZ 2003, 251, 264; Jannott/Frodermann/Jannott § 3 Rn. 275; abw. Konzeption auch bei Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 3 Rn. 20 ff. 299 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 Rn. 11; Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 18; Schwarz, SE, Art. 3 Rn. 25; Scheifele (Fn. 117), S. 440; J. Schmidt, SE, S. 379 f. 300 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 Rn. 12; KK-AktG/Paefgen Art. 36 SE-VO Rn. 33; J. Schmidt, SE, S. 380; Hommelhoff/C. Teichmann SZW 2002, 1, 10 Fn. 53; Kloster EuZW 2003, 295, 296; ebenso i.E., aber über Art. 9 Abs. 1 lit. c Ziff. ii SEVO: Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 18; Schwarz, SE, Art. 3 Rn. 25; Scheifele (Fn. 117), S. 440 f.; über Art. 3 Abs. 1: Kalss/Hügel/Kalss Vor § 17 SEG – Gründung der SE Rn. 37. 301 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 Rn. 14; J. Schmidt, SE, S. 381. 302 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 Rn. 14; Schwarz, SE, Art. 3 Rn. 31; Scheifele (Fn. 117), S. 444; J. Schmidt, SE, S. 381; allg. zur Geltung der „Holzmüller/ Gelatine“-Grundsätze bei der SE u. Rn. 155. 303 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 Rn. 13; Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 18; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 3 SE-VO Rn. 5; KK-AktG/Paefgen Art. 36 SE-VO Rn. 33; Scheifele (Fn. 117), S. 441; J. Schmidt, SE, S. 380 f. 304 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 Rn. 15; J. Schmidt, SE, S. 382. 305 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 Rn. 16; Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 18; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 36 Rn. 17; J. Schmidt, SE, S. 382; abw. offenbar MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 3 SE-VO Rn. 6a.

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3.  Haftung und Rechtsnatur im Gründungsstadium a)  Handelndenhaftung, Art. 16 Abs. 2 SE-VO Art. 16 Abs. 2 SE-VO normiert nach dem Vorbild von Art. 8 PubRL306 (G  Art. 7 45.74 Abs. 2 GesRRL, → 18.62 ff.) eine unbegrenzte und gesamtschuldnerische Haftung derjenigen, die vor Eintragung im Namen der SE handeln. Auch hier wird nicht nur rechtsgeschäftliches, sondern auch rechtsgeschäftsähnliches (nicht aber deliktisches) Handeln307 – egal ob im Namen „der X-SE“, der „X-SE in Gründung“ oder der „X-Vor-SE“308 – erfasst. Der subjektive Anwendungsbereich, in den sowohl natürliche als auch juristische Personen und Gesellschaften fallen, ist nicht auf die Organe einer etwaigen Vor-SE (→ 45.77 ff.) beschränkt309; nicht unter den Handelndenbegriff fallen indes die Anteilsinhaber der Gründungsgesellschaften als solche310. Negatives Tatbestandsmerkmal der Haftung ist korrespondierend mit Art. 7 45.75 GesRRL (G Art. 8 PubRL, → 18.64) die fehlende „Übernahme“ der sich aus diesen Rechtshandlungen ergebenden Verpflichtungen durch die SE, wobei für eine „Übernahme“ auch hier nur erforderlich ist, dass die SE dem jeweiligen Gläubiger i.E. – egal ob kraft gesetzlicher Anordnung oder kraft rechtsgeschäftlicher Übernahme – mit ihrem Vermögen haftet.311 „Ob“ und „Wie“ der Übernahme – die dogmatisch als auflösende Bedingung der Haftung zu qualifizieren ist312 – richten sich gem. Art. 15 Abs. 1 SE-VO grundsätzlich313 nach dem nationalen Recht des künftigen Sitzstaats der SE.314 Bei der Gründung einer „deutschen“ SE kommt es daher wegen des ipso 306 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 2; Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 13; J. Schmidt, SE, S. 395. 307 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 24; Habersack/Drinhausen/ Diekmann Art. 16 Rn. 11; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 16 Rn. 20; J. Schmidt, SE, S. 399; s. ferner auch Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 14; MüKoAktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 18. 308 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 25; Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 14; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 16 Rn. 21; Schwarz, SE, Art. 16 Rn. 29; J. Schmidt, SE, S. 399 f. 309 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 21; Manz/Mayer/Schröder/ Schröder Art. 16 Rn. 23 ff.; J. Schmidt, SE, 396 f.; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 16; vgl. ferner auch Kalss/Hügel/Hügel Vor § 17 SEG Art. 16 SE-VO Rn. 5; Fuchs, Die Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft durch Verschmelzung und das nationale Recht, 2004, S. 197 ff.; abw. Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 15; MüKoAktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 19. 310 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 23; Habersack/Drinhausen/ Diekmann Art. 16 Rn. 15; Schwarz, SE, Art. 16 Rn. 25 f.; J. Schmidt, SE, S. 398 f. 311 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 26; J. Schmidt, SE, S. 402 f.; ähnlich auch MüKoAktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 21; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 16 Rn. 38 ff.; Schwarz, SE, Art. 16 Rn. 30 ff. 312 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 16; MüKoAktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 21; J. Schmidt, SE, S. 402; abw. Schwarz, SE, Art. 16 Rn. 34 (Haftungsausschluss). 313 S. zu Sonderfällen: J. Schmidt, SE, S. 403 m.w.N. 314 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 27 f.; Manz/Mayer/Schröder/ Schröder Art. 16 Rn. 39; J. Schmidt, SE, S. 403.

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iure-Übergangs sämtlicher Verpflichtungen von der Vor-SE auf die SE (→ 45.79) stets zu einer „Übernahme“, soweit eine Vor-SE besteht (→ 45.78) und der Handelnde mit Vertretungsmacht für diese gehandelt hat.315 Ein Ausschluss der Haftung ist jedenfalls durch Individualvereinbarung 45.76 möglich;316 eine Abbedingung durch AGB317 oder die Satzung318 dürfte hingegen unzulässig sein. b)  Rechtsnatur im Gründungsstadium 45.77 Entgegen Behauptungen im Schrifttum trifft Art. 16 SE-VO keine Aussage zu der Frage, ob im Stadium vor Eintragung der SE bereits eine Art Rechtsgebilde, insbesondere eine „Vor-SE“ existiert319 – weder im positiven320 noch im negativen Sinne321. Ob ein solches Rechtsgebilde existiert und wie dieses konkret ausgestaltet ist, bestimmt sich vielmehr gem. Art. 15 Abs. 1 SE-VO allein nach dem Recht des künftigen Sitzstaats der SE.322 Im Falle der Gründung einer SE in Deutschland ist i.R.d. gem. Art. 15 Abs. 1 45.78 SE-VO anwendbaren Rechts der Vor-AG – entsprechend den zur Gründung einer AG durch Umwandlung entwickelten Grundsätzen – zwischen den einzelnen Gründungsvarianten der SE zu unterscheiden:323 Im Falle der Gründung einer SE durch Verschmelzung durch Aufnahme sowie durch formwechselnde Umwandlung existiert keine Vor-SE, da hier kein neuer Rechtsträger entsteht.324 Bei den übrigen Gründungsvarianten existiert dagegen eine Vor-SE, hinsichtlich ihres Entstehungs315 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 403 f.; s. ferner auch Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 27; Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 16; MüKoAktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 21; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 16 Rn. 60 f. 316 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 29; Manz/Mayer/Schröder/ Schröder Art. 16 Rn. 42; Schwarz, SE, Art. 16 Rn. 36; J. Schmidt, SE, S. 406; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 16. 317 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 29; J. Schmidt, SE, S. 406. 318 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 29; Manz/Mayer/Schröder/ Schröder Art. 16 Rn. 42; Schwarz, SE, Art. 16 Rn. 36. 319 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 4; Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 5 ff.; MüKoAktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 4; Manz/Mayer/Schröder/ Schröder Art. 16 Rn. 2 ff.; J. Schmidt, SE, S. 384 f.; Stöber AG 2013, 110, 114. 320 So aber Kersting, Die Vorgesellschaft im europäischen Gesellschaftsrecht, S. 198 f.; ders. DB 2001, 2079, 2081; Schwarz, SE, Art. 16 Rn. 8.; ferner wohl auch Kalss/Hügel/Greda § 2 SEG Rn. 16. 321 So aber Hirte NZG 2001, 1, 4; ders. DStR 2005, 653, 656; Vossius ZIP 2005, 741, 742. 322 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 4; Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 9; Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 16 Rn. 26; Kalss/Hügel/Hügel Vor § 17 SEG Art. 16 SE-VO Rn. 2; MüKoAktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 4; J. Schmidt, SE, S. 385; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 16 Rn. 10; Stöber AG 2013, 110, 114 f.; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 15. 323 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 12 ff.; Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 10 f.; J. Schmidt, SE, S. 386 ff. 324 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 12; Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 10; MüKoAktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 6; Manz/Mayer/Schrö-

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zeitpunktes ist allerdings zu differenzieren: Bei der Verschmelzung durch Neugründung entsteht sie, sobald alle Zustimmungsbeschlüsse gefasst sind325; gleiches gilt bei der Holdinggründung326 (die Einbringung der Mindestquote [→ 45.51, 45.55] ist nicht erforderlich327); bei der Gründung einer gemeinsamen Tochter-SE und der sekundären SE-Gründung ist maßgeblicher Zeitpunkt dagegen die Feststellung der Satzung und die Übernahme sämtlicher Aktien328. Die „deutsche“ Vor-SE ist als Rechtsträger sui generis zu qualifizieren.329 Sie ist 45.79 rechtsfähig330 und unterliegt bereits allen Regeln der SE mit Ausnahme derjenigen Vorschriften, welche ihre Eintragung voraussetzen331. Ihre Vertretung im Außenverhältnis obliegt dem Leitungsorgan bzw. den geschäftsführenden Direktoren (allg. zur Vertretung der SE →  45.116, 45.124, 45.132, 45.147)332; deren Vertretungsmacht ist allerdings nach zutreffender Ansicht durch den Zweck der Vorgesellschaft begrenzt333. Mit der Registereintragung (Art. 12 SE-VO, → 45.18) wandelt sich die Vor-SE ipso iure mit allen Aktiva und Passiva in die SE um.334 In Betracht kommt jedoch eine Under/Schröder Art. 16 Rn. 53; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt, Art. 37 Rn. 5; J. Schmidt, SE, S. 387. 325 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 14; Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 11; Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 16 Rn. 31; Kalss/Hügel/ Hügel Vor § 17 SEG Art. 16 SE-VO Rn. 2; MüKoAktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 7; J. Schmidt, SE, S. 387 f. 326 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 15; Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 11; Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 16 Rn. 32; MüKoAktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 7; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 16 Rn. 54; J. Schmidt, SE, S. 388. 327 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 15; Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 11; ders. Konzern 2007, 245, 249; Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 16 Rn. 32; MüKoAktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 7; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 16 Rn. 54; J. Schmidt, SE, S. 388 f.; a.A. Kalss/Hügel/Hügel Vor § 17 SEG Art. 16 SE-VO Rn. 2; Stöber AG 2013, 110, 115. 328 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 15; Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 11; ders. Konzern 2007, 245, 249; Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 16 Rn. 30; Kalss/Hügel/Hügel Vor § 17 SEG Art. 16 SE-VO Rn. 2; MüKoAktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 7; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 16 Rn. 54; J. Schmidt, SE, S. 388 f.; i.E. auch Schwarz, SE, Art. 16 Rn. 10. 329 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 7; Manz/Mayer/Schröder/ Schröder Art. 16 Rn. 52, 55; Casper Konzern 2007, 244, 249; Stöber AG 2013, 110, 115 f.; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 15. 330 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 7; Manz/Mayer/Schröder/ Schröder Art. 16 Rn. 52; J. Schmidt, SE, S. 391. 331 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 9; J. Schmidt, SE, S. 390. 332 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 10; Manz/Mayer/Schröder/ Schröder Art. 16 Rn. 57; J. Schmidt, SE, S. 390 f. 333 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 10; Habersack/Drinhausen/ Diekmann Art. 16 Rn. 35; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 16 Rn. 57 f.; J. Schmidt, SE, S. 391. Ebenso für die AG (und m.w.N. zum dortigen Streitstand): Hüffer/Koch § 41 Rn. 11. 334 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 7, 16; Casper Konzern 2007, 244, 249; Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 16 Rn. 33; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 16 Rn. 61; J. Schmidt, SE, S. 389.

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terbilanzhaftung der Gründer335.336 Scheitert die Eintragung, so kann die Gründer eine Verlustdeckungshaftung treffen.337

V.  Finanzverfassung 1.  Grundlagen und Grundkonzeption 45.80 Im Gegensatz zu den detaillierten Regelungen in den früheren Entwürfen338 enthält die endgültige Fassung der SE-VO nur noch relativ wenige Regelungen betreffend die Finanzverfassung. Vor dem Hintergrund der weitgehenden Harmonisierung dieses Bereichs durch die – inzwischen in die GesRRL integrierte − KapRL (→ 19) sah der europäische Gesetzgeber für umfangreiche eigenständige Regelungen in der SE-VO kein Bedürfnis (vgl. auch ErwG 9 SE-VO),339 zumal wesentliche Abweichungen von der Grundkonzeption der KapRL ohnehin kaum zu rechtfertigen gewesen wären. Die SE-VO beschränkt sich daher auf die Normierung des grundlegenden Erfordernisses eines in Aktien zerlegten Grundkapitals (Art. 1 Abs. 1 S. 1 SE-VO, → 45.10) sowie Regelungen betreffend dessen Währung (Art. 4 Abs. 1, Art. 67 SE-VO, →  45.81) und Mindestbetrag (Art. 4 Abs. 2, 3 SE-VO, → 45.82 f.) und verweist im Übrigens mittels der partiellen Generalverweisungen der Art. 5 und Art. 15 Abs. 1 SE-VO (zur Abgrenzung →  45.84) auf das – durch Titel I Kapitel IV GesRRL (G  KapRL, →  19) harmonisierte – nationale Recht des Sitzstaats. Titel I Kapitel IV GesRRL­ (G KapRL) ist damit quasi Fundament und Grundgerüst der Finanzverfassung der SE-VO340 – auch für die SE gilt damit das dort etablierte (→ 19.3, 19.37) System des festen Grundkapitals341. 335 Gründer sind bei allen Varianten der SE-Gründung die Gründungsgesellschaften, vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 17; Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 12; ders. Konzern 2007, 244, 250; J. Schmidt, SE, S. 392. 336 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 11, 16; Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 12; MüKoAktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 5; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 16 Rn. 67; J. Schmidt, SE, S. 392 f.; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 15. 337 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 16 Rn. 11, 16; Spindler/Stilz/Casper Art. 16 SE-VO Rn. 12; MüKoAktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 5; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 16 Rn. 68; J. Schmidt, SE, S. 392 f.; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 15. 338 In Titel III der SE-VOE 1970, 1975, 1989 und 1991 (Fn. 11 f., 15 f.) waren umfangreiche eigenständige Regelungen über Kapitalmaßnahmen, Aktien, Schuldverschreibungen etc. enthalten. 339 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Fleischer Art. 5 Rn. 1; Manz/Mayer/Schröder/ Mayer Art. 5 Rn. 1; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 5 SE-VO Rn. 1. 340 Vgl. zur Relation von SE-VO und KapRL allg.: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Fleischer Art. 5 Rn. 1; ders. in: Lutter/Hommelhoff (Hrsg.), Die Europäische Gesellschaft, 2005, S. 172 ff.; Manz/Mayer/Schröder/Mayer Art. 5 Rn. 1, 11, 16 ff.; J. Schmidt, SE, S. 415; Schwarz, SE, Art. 5 Rn. 1. 341 Vgl. auch Spindler/Stilz/Casper Art. 4 SE-VO Rn. 2; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Fleischer Art. 4 Rn. 2.

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2.  Mindestbetrag und Währung des Grundkapitals a)  Währung des Grundkapitals (Art. 4 Abs. 1, 67 SE-VO) Das Grundkapital der SE muss gem. Art. 4 Abs. 1 SE-VO grundsätzlich auf Euro lau- 45.81 ten. Da allerdings nicht alle EU- und EWR-Staaten auch zum „Euroraum“ gehören, gestattet Art. 67 Abs. 1 SE-VO denjenigen Mitgliedstaaten, für die die 3. Stufe der WWU nicht gilt – also den „Nicht-Euro-Staaten“ –, auf SE mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet dieselben Bestimmungen anzuwenden wie auf nationale AG (S. 1); eine SE kann ihr Grundkapital jedoch auf jeden Fall auch (d.h. zusätzlich) in Euro342 angeben (S. 2).343 Für Deutschland als „Eurostaat“ spielt dies zwar keine Rolle, wohl aber z.B. für das UK, das auch von der Option Gebrauch gemacht hat344. b)  Mindestgrundkapital (Art. 4 Abs. 2 SE-VO) Das in Art. 4 Abs. 2 SE-VO normierte Mindestgrundkapital von 120.000 Euro, das 45.82 ErwG 13 mit der Gewährleistung einer sinnvollen Unternehmensgröße und ausreichenden Vermögensgrundlage begründet (das aber wohl nicht zuletzt auch Befürchtungen einer zu starken Konkurrenz für die nationalen Rechtsformen geschuldet ist345), ist zwar deutlich niedriger als in früheren Entwürfen346, aber noch immer fast 5-mal so hoch wie das für nationale AG geforderte (nach Art. 45 Abs. 1 GesRRL [G Art. 6 Abs. 1 KapRL] 25.000 Euro, → 19.42). Wie die relativ große Zahl von KMU, die sich inzwischen für die Rechtsform der SE entschieden haben, zeigt, hat es sich allerdings entgegen vielfach geäußerter Befürchtungen347 rechtstatsächlich nicht als prohibitive Hürde für KMU erwiesen.348 Gem. Art. 4 Abs. 3 SE-VO gelten jedoch etwaige nationale Vorschriften, die für 45.83 Gesellschaften, die bestimmte Tätigkeiten ausüben, ein höheres Mindestkapital vorse342 Umrechnungsstichtag ist dann gem. Art. 67 Abs. 1 S. 3 SE-VO der letzte Tag des Monats vor Gründung der SE. 343 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Langhein, SE, Art. 67 Rn. 1 f.; Schwarz, SE, Art. 67 Rn. 1 ff. 344 Vgl. r. 67 SI 2004/2326; dazu näher J. Schmidt, SE, S. 413 f. 345 So noch explizit Sanders-Vorentwurf (Fn. 10), Tz. 12. Vgl. ferner MüKoAktG/Oechsler/ Mihaylova Art. 4 SE-VO Rn. 2; Schwarz, SE, Art. 4 Rn. 8. 346 Art. I-3 Abs. 2 Sanders-Vorentwurf (Fn. 10): 1 Mio. RE für Verschmelzung und HoldingSE; Art. 4 SE-VOE 1970 (Fn. 11): 100.000–500.000 RE (je nach Gründungsform); Art. 4 SE-VOE 1975 (Fn. 12): 100.000–250.000 RE (je nach Gründungsform); Art. 4 SE-VOE 1989 und 1991 (Fn. 15 f.): 100.000 ECU. Mit der Absenkung sollte die SE in verstärktem Umfang auch KMU zugänglich gemacht werden, vgl. Begr. KOM z. SE-VOE 1989, BTDrs. 11/5427, S. 4. 347 Vgl. kritisch etwa Heckschen DNotZ 2003, 251, 252; Hirte DStR 2005, 653, 656; Hommelhoff/Teichmann SZW 2002, 1, 3; Lange EuZW 2003, 301; Teichmann ZGR 2002, 383, 388. Kritisch nun auch Bericht Reflection Group (Fn. 38), S. 30. 348 Vgl. Bayer/Hoffmann/J. Schmidt AG 2009, R480, R482; Bayer/J. Schmidt AnwBl. 2008, 327, 330; s. ferner auch Heckschen FS Westermann, 2008, S. 999, 1003.

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hen, auch für SE mit Sitz in dem betreffenden Mitgliedstaat. Vgl. zu derartigen Sondervorschriften im deutschen Recht → 19.44. 3.  Die Generalverweisungen in Art. 5 SE-VO und Art. 15 Abs. 1 SE-VO und die sich daraus ergebende Finanzverfassung der SE im Übrigen a)  Abgrenzung der Regelungsbereiche der Art. 5 SE-VO und Art. 15 Abs. 1 SE-VO 45.84 Nach der partiellen Generalverweisung des Art. 5 SE-VO349 gilt für das Kapital der SE, dessen Erhaltung und Änderungen sowie die Aktien, Schuldverschreibungen und sonstigen vergleichbaren Wertpapiere der SE das nationale Aktienrecht des Sitzstaats der SE. Nicht von Art. 5 SE-VO erfasst ist allerdings – entgegen manchen Äußerungen im Schrifttum350 – der Bereich der Kapitalaufbringung i.R.d. Gründung der SE; insofern ist vielmehr Art. 15 Abs. 1 SE-VO lex specialis.351 b)  Einzelne Materien 45.85 Gem. Art. 5 SE-VO gilt das nationale Aktienrecht des Sitzstaats zunächst für die Aktien der SE. Dies betrifft insbesondere die Aktienarten352 (Art. 47 Abs. 1 GesRRL [G Art. 8 Abs. 1 KapRL] lässt den Mitgliedstaaten insofern die Wahl zwischen Nennbetrags- und/oder Stückaktien; § 8 Abs. 1 AktG lässt beides zu [→ 19.46 f.]), die Ausgestaltung als Inhaber- oder Namensaktien353 (das europäische Recht macht insofern keine Vorgaben354, § 10 Abs. 1 AktG lässt der Gesellschaft die Wahl), die zulässigen Aktiengattungen355 (auch insofern macht das europäische Recht keine Vorgaben356) 349 Es handelt sich um eine Sachnormverweisung, vgl. nur Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Fleischer Art. 5 Rn. 2 m.w.N.; s. allg. → 45.27. 350 So etwa Bungert/Beier EWS 2002, 1, 5; Hirte NZG 2002, 1, 9; Hommelhoff AG 2001, 279, 284; Pluskat DStR 2001, 1483, 1485; Teichmann ZGR 2002, 383, 387. 351 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 4 SE-VO Rn. 3, Art. 5 Rn. 1; Habersack/Drinhausen/ Diekmann Art. 5 Rn. 4; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Fleischer Art. 5 Rn. 3, 5; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 5 SE-VO Rn. 7; Schwarz, SE, Art. 5 Rn. 5; J. Schmidt, SE, S. 415; Koke (Fn. 274), S. 24. 352 Vgl. Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 5 Rn. 23; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Fleischer Art. 5 Rn. 10; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 5 SE-VO Rn. 36; Schwarz, SE, Art. 5 Rn. 46; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ziemons Anh I Art. 5 Rn. 10; J. Schmidt, SE, S. 417; Lutter/ Kollmorgen/Feldhaus BB 2005, 2473, 2475. 353 Vgl. Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 5 Rn. 23; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Fleischer Art. 5 Rn. 10; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 5 SE-VO Rn. 36; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Ziemons Anh I Art. 5 Rn. 10. 354 Arg. ex Art. 4 lit. f, 72 Abs. 3 S. 2 GesRRL (G Art. 3 lit. f, 33 Abs. 3 S. 2 KapRL, → 19.29, 19.212), Art. 7 Abs. 3 ARRL (→ 29.90). 355 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Fleischer Art. 5 Rn. 10; MüKoAktG/Oechsler/ Mihaylova Art. 5 SE-VO Rn. 36; Schwarz, SE, Art. 5 Rn. 47; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ziemons Anh I Art. 5 Rn. 10. 356 Im Aktionsplan 2003 waren zwar etwaige Maßnahmen in Bezug auf den Grundsatz „one share, one vote“ angedacht worden; hiervon wurde jedoch letztlich abgesehen → 13.97.

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und die Übertragbarkeit und Vinkulierung von Aktien357 (insofern bestehen ebenfalls keine europarechtlichen Vorgaben).358 Bezüglich der Schuldverschreibungen und vergleichbaren Wertpapiere (z.B. Genuss- oder Zwischenscheine) bezieht sich Art. 5 SE-VO insbesondere auf die Fragen nach ihrer grundsätzlichen Zulässigkeit, den möglichen Varianten und den Voraussetzungen und dem gesellschaftsinternen Verfahren für ihre Ausgabe.359 Die nationalen Aktienrechte sind insoweit – abgesehen von punktuellen Sonderregelungen in Art. 68 Abs. 4, 72 Abs. 6 GesRRL (G Art. 29 Abs. 4, 33 Abs. 6 KapRL, → 19.187, 19.206) – nicht harmonisiert.360 Die Kapitalaufbringung i.R.d. Gründung richtet sich gem. Art. 15 Abs. 1 SE-VO (nicht Art. 5 SE-VO, → 45.84), die Kapitalaufbringung i.R.e. späteren Kapitalerhöhung gem. Art. 5 SE-VO nach dem nationalen Recht des (künftigen) Sitzstaats der SE. Insoweit sind die nationalen Rechtsordnungen allerdings durch Art. 46 ff. bzw. Art. 69 f. GesRRL (G Art. 7 ff. bzw. Art. 30 f. KapRL, → 19.52 ff., 19.189 ff.) weitgehend harmonisiert.361 Die Verweisung des Art. 5 SE-VO umfasst weiterhin explizit die Kapitalerhaltung und damit insbesondere auch die durch die Titel I Kapitel IV GesRRL (G Kap­RL) in zentralen Punkten harmonisierten Bereiche Ausschüttungen an Aktionäre (Art. 56 f. GesRRL [G Art. 17 f. KapRL], → 19.95 ff.), Verlustanzeigepflicht (Art. 58 GesRRL [G Art. 19 KapRL], → 19.112 ff.) und eigene Aktien inkl. financial assistance (Art. 59 ff. GesRRL [G Art. 20 ff. KapRL], → 19.116 ff.).362 Schließlich verweist Art. 5 SE-VO auch bezüglich der Kapitalmaßnahmen, d.h. Kapitalerhöhung und -herabsetzung, ausdrücklich auf das nationale Recht des Sitzstaats der SE, das insoweit durch Art. 68 ff. bzw. Art. 73 ff. GesRRL (G Art. 29 ff. bzw. Art. 34 ff. KapRL, → 19.172 ff., 19.227 ff.) harmonisiert ist; hinsichtlich der jeweils

357 Vgl. Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 5 Rn. 23; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Fleischer Art. 5 Rn. 10; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 5 SE-VO Rn. 36; Schwarz, SE, Art. 5 Rn. 56. 358 Näher zu den Aktien einer „deutschen“ SE: Schwarz, SE, Art. 5 Rn. 45 ff.; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Ziemons Anh I Art. 5 Rn. 15 ff.; Koke (Fn. 274), S. 83 ff.; J. Schmidt, SE, S. 417 ff. 359 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Fleischer Art. 5 Rn. 10; MüKoAktG/Oechsler/ Mihaylova Art. 5 SE-VO Rn. 37 f.; Schwarz, SE, Art. 5 Rn. 68 f.; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/Merkt Anh II Art. 5 Rn. 4; Koke (Fn. 274), S. 207 f. 360 Näher zu Schuldverschreibungen und vergleichbaren Wertpapieren bei einer „deutschen“ SE: Manz/Mayer/Schröder/Mayer Art. 5 Rn. 103 ff.; Schwarz, SE, Art. 5 Rn. 68 ff.; Koke (Fn. 274), S. 209 ff. 361 Näher zur Kapitalaufbringung bei der „deutschen“ SE: Manz/Mayer/Schröder/Mayer Art. 5 Rn. 29 ff.; Koke (Fn. 274), S. 31 ff. 362 Näher zur Kapitalerhaltung bei der „deutschen“ SE: Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 5 Rn. 5 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Fleischer Art. 5 Rn. 6 f.; Manz/Mayer/ Schröder/Mayer Art. 5 Rn. 55 ff.; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 5 SE-VO Rn. 9 ff.; J. Schmidt, SE, S. 444 ff.

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erforderlichen Beschlussmehrheit in der Hauptversammlung sind allerdings die Sonderregeln der Art. 57, 59 SE-VO (→ 45.165 f.) zu beachten363.364 4.  Exkurs: Die börsennotierte SE 45.90 Als Aktiengesellschaft ist die SE grundsätzlich börsenfähig (vgl. auch ErwG 12 SEVO).365 Hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen gilt insoweit gem. Art. 5 SE-VO (Aktien, Wertpapiere etc.; zum Anwendungsbereich → 45.84 ff.) bzw. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO (insbesondere bezüglich nationaler Sonderregeln für börsennotierte Gesellschaften, z.B. § 123 Abs. 4, 5 AktG) das nationale Recht des Sitzstaats der SE.366 Die maßgeblichen kapitalmarktrechtlichen Vorschriften und Regeln (z.B. Börsenzulassung, Wertpapierhandelsrecht etc.) bestimmen sich dagegen – entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung367 – mangels Zugehörigkeit des Kapitalmarktrechts zum Regelungsbereich der SE-VO368 nicht nach Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO (zumal dies zu absurden Ergebnissen führen würde369), sondern nach den allgemeinen Vorschriften des IPR370, die teilweise auch harmonisiert sind (vgl. z.B. Art. 4 Abs. 2 TBD [→ 28.26 ff.], Art. 2 Abs. 4 MAR [allg. zur MAR → 35]).

363 Vgl. auch MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 5 SE-VO Rn. 29; Schwarz, SE, Art. 5 Rn. 9, 24, 30, 35, 39 f., 43; J. Schmidt, SE, S. 431, 439 f. 364  Näher zu Kapitalmaßnahmen bei der „deutschen“ SE: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Fleischer Art. 5 Rn. 8 f.; Manz/Mayer/Schröder/Mayer Art. 5 Rn. 60 ff.; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 5 SE-VO Rn. 28 ff.; Schwarz, SE, Art. 5 Rn. 7 ff.; Koke (Fn. 274), S. 117 ff., 217 ff.; J. Schmidt, SE, S. 429 ff. 365 Vgl. Marsch-Barner/Schäfer/Marsch-Barner, Hdb. börsennotierte AG, § 3 Rn. 5; Merkt in: Lutter/Hommelhoff (Hrsg.), Die Europäische Gesellschaft, 2005, S. 179, 185; Thiergart/Olbertz BB 2010, 1547, 1548; J. Schmidt (2010) 1 (2) AJLE article 4, 8; Van Gerven (Fn. 132), S. 25, 30. Vgl. zum tatsächlichen Anteil börsennotierter SE: Bayer/Hoffmann/ J. Schmidt AG 2008, R127 f.; Ernst & Young-Studie (Fn. 34), S. 200. 366 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 5 SE-VO Rn. 6; Marsch-Barner/Schäfer/Marsch-Barner, Hdb. börsennotierte AG, § 3 Rn. 11 f.; Merkt (Fn. 365), S. 179, 187 f. 367 Für Anwendbarkeit des Art. 9 Abs. 1 lit. c Ziff. ii SE-VO etwa Merkt (Fn. 365), S. 179, 188 ff. (allerdings wegen der Bezugnahme auf allgemeines IPR auf S. 189 in sich widersprüchlich). 368 Vgl. dazu auch Spindler/Stilz/Casper Art. 9 SE-VO Rn. 14; ders. FS Ulmer, 2003, S. 51, 66; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Hommelhoff/Teichmann Art. 9 Rn. 24; MüKoAktG/Schäfer Art. 9 SE-VO Rn. 4. 369 So würden etwa für eine „deutsche“ SE selbst dann nur die deutschen Börsenzulassungsvorschriften gelten, wenn sie ausschließlich in London börsennotiert ist bzw. dort eine Zulassung beantragen will. 370 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 5 SE-VO Rn. 6, Art. 9 Rn. 14. Ausf. zum deutschen (und europäischen) Internationalen Finanzmarktrecht: MüKoBGB/Lehmann, IntFinanzmarktR.

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VI.  Organisationsverfassung 1.  Grundstruktur Die Grundstruktur der Organisationsverfassung der SE ist in Art. 38 SE-VO nieder- 45.91 gelegt: Danach verfügt eine SE über eine Hauptversammlung der Aktionäre (lit. a) und – nach Wahl der Satzung (→ 45.95) – entweder über ein Aufsichts- und ein Leitungsorgan (dualistisches System) oder ein Verwaltungsorgan (monistisches System). Zudem können die Mitgliedstaaten in beiden Systemen einen oder mehrere Ge- 45.92 schäftsführer für die Führung der laufenden Geschäfte vorsehen, allerdings nur, wenn und insoweit sie dies für das jeweilige System der Leitungsverfassung auch im nationalen Recht vorsehen (Art. 39 Abs. 1 S. 2 SE-VO bzw. Art. 43 Abs. 1 S. 2 SE-VO)371 oder – wenn ihr nationales Recht eines der beiden Leitungssysteme gar nicht kennt – auf der Basis von Art. 39 Abs. 5 SE-VO bzw. Art. 43 Abs. 4 SE-VO (→ 45.117, 45.133). Die SE-VO steht allerdings auch der Etablierung weiterer Organe prinzipiell nicht 45.93 entgegen.372 Diese dürfen jedoch die in der SE-VO festgelegte Kompetenzverteilung nicht verändern.373 Zudem ist ihre Einrichtung wegen Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO nur in den Grenzen des Sitzstaatsrechts zulässig.374 Bei einer „deutschen“ SE kann also z.B. ein Beirat eingerichtet werden.375 2.  Leitungsverfassung a)  Das Wahlrecht zwischen monistischem und dualistischem System Das den Unternehmen durch Art. 38 SE-VO eröffnete Wahlrecht hinsichtlich der 45.94 Leitungsverfassung376 war für viele Mitgliedstaaten – und speziell auch aus deutscher

371 Näher zu diesen auf Wunsch Schwedens eingeführten Optionen: Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 30 ff.; Art. 43 Rn. 36 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 24; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 Rn. 26 ff. (jeweils m.z.w.N.). 372 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 38 SE-VO Rn. 8; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 38 Rn. 17; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 38 SE-VO Rn. 27; Habersack/ Drinhausen/Scholz Art. 38 Rn. 12; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 38 Rn. 44. 373 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 38 SE-VO Rn. 8; KK-AktG/Paefgen Art. 38 SE-VO Rn. 38; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 38 SE-VO Rn. 28; Schwarz, SE, Art. 38 Rn. 6; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 38 Rn. 44. 374 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 38 SE-VO Rn. 8; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 38 Rn. 18; Schwarz, SE, Art. 38 Rn. 5; s. ferner auch KK-AktG/Paefgen Art. 38 SE-VO Rn. 38. 375 Vgl. KK-AktG/Paefgen Art. 38 SE-VO Rn. 38; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 38 SE-VO Rn. 28; Schwarz, SE, Art. 38 Rn. 6. 376 Die SE-VOE 1970/75 (Fn. 11 f.) hatten noch zwingend das dualistische System vorgesehen; ausf. zur Normgenese Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 38 Rn. 4 ff. m.w.N.

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Perspektive – geradezu „revolutionär“377 und wird zu Recht als einer der wichtigsten Vorteile der SE gesehen378. Denn einerseits setzt sich im Gefolge neuerer empirischer Studien zunehmend die Erkenntnis durch, dass keines der beiden Systeme generell überlegen ist379, andererseits aber kann für eine bestimmte Gesellschaft aufgrund der individuellen Umstände durchaus eines der beiden Systeme klar vorzugswürdig sein380 (→ 13.28 ff.; dort auch zu den Bestrebungen, ein solches Wahlrecht auch für nationale Gesellschaftsformen europarechtlich vorzuschreiben oder zu empfehlen). Das Wahlrecht steht ausschließlich der einzelnen Gesellschaft – und nicht etwa 45.95 dem Sitzstaat – zu.381 Seine Ausübung erfolgt durch Regelung in der Satzung.382 Eine SE kann daher auch jederzeit durch eine entsprechende Satzungsänderung zum jeweils anderen System (und ggf. wieder zurück) wechseln383, was jedoch angesichts der damit verbundenen Kosten und der ggf. erforderlichen Anpassung der Mitbestimmungsregelung gut überlegt sein will384. Effektiviert wird das Wahlrecht durch Art. 39 Abs. 5 SE-VO und Art. 43 Abs. 4 45.96 SE-VO, welche diejenigen Mitgliedstaaten, deren nationales Recht nur eines der beiden Systeme vorsieht, dazu ermächtigen – trotz der Formulierung „kann“ nach h.M. aber auch verpflichten385,386 – für die SE entsprechende Vorschriften für das im na377 Vgl. Hommelhoff AG 2001, 279, 282; Hirte DStR 2005, 653, 657. 378 Vgl. nur Kommission (Fn. 91), S. 7; aus dem Schrifttum etwa Bayer/J. Schmidt AnwBl. 2008, 327, 329; J. Schmidt (Fn. 45), S. 51, 75; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Lutter Einl. Rn. 34 m.w.N. 379 Vgl. Baums, Bericht der Regierungskommission „Corporate Governance“, BT-Drs. 14/7515, Rn. 18; Fleischer AcP 204 (2004) 502, 527; Jungmann ECFR 2006, 426, 473; Leyens RabelsZ 67 (2003) 57, 96; Schiessl ZHR 167 (2003) 235, 250; Teichmann ZGR 2001, 645, 675. 380 Vgl. J. Schmidt (2006) 27 Co Law 99, 103; dies. (2010) 1 (2) AJLE article 4, 6 f. 381 Anders noch Art. 61 SE-VOE 1991 (Fn. 16). Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 38 SE-VO Rn. 2, 5; J. Schmidt, SE, S. 471. 382 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 38 SE-VO Rn. 7; Kalss/Hügel/Kalss/Greda Vor § 34 SEG Rn. 3; KK-AktG/Paefgen Art. 38 SE-VO Rn. 10; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Teichmann Art. 38 Rn. 35; J. Schmidt, SE, S. 471 f. 383 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 38 SE-VO Rn. 7; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 38 Rn. 15; KK-AktG/Paefgen Art. 38 SE-VO Rn. 15; J. Schmidt, SE, S. 472; Hommelhoff AG 2001, 279, 283; Nagel NZG 2004, 833, 835. 384 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 472; J. Schmidt (2010) 1 (2) AJLE article 4, 6; Hommelhoff AG 2001, 279, 283; Lange EuZW 2003, 301, 304; s. ferner auch Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 38 SE-VO Rn. 7. 385 Vgl. Kalss/Hügel/Kalss/Greda Vor § 34 SEG Rn. 2; KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 57 f.; Habersack/Drinhausen/Seibt Art. 39 Rn. 45; Habersack/Drinhausen/Verse Art. 43 Rn. 37; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 Rn. 58; Rickford in: Rickford (ed.), The European Company, 2003, S. 3, 23; Winter (2004) 31 LIEI 97, 100; J. Schmidt, SE, S. 473 f.; Hommelhoff AG 2001, 279, 284; Leyens FS Hopt, 2010, S. 3135, 3146; Lutter BB 2002, 1, 4; s. ferner auch KK-AktG/Paefgen Art. 38 SE-VO Rn. 96; Schwarz, SE, Art. 38 Rn. 11, Art. 39 Rn. 81 f., Art. 43 Rn. 123 f.; a.A. Manz/Mayer/ Schröder/Manz Art. 38 Rn. 10. 386 Adressat der Regelungsaufträge der Art. 39 Abs. 5, 43 Abs. 4 SE-VO sind aber nur diejenigen Mitgliedstaaten, deren nationales Recht eines der beiden Systeme gar nicht kennt. Ist eine Rechtsordnung dagegen – trotz faktischer Dominanz eines Modells – für beide

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tionalen Recht nicht vorgesehene System zu schaffen. Denn die auch im Bereich der Leitungsverfassung weitgehend fragmentarischen Rahmenregeln der SE-VO sind konzeptionell darauf angelegt, durch nationales Recht ausgefüllt zu werden; ohne eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, solche tatsächlich vorzuhalten, könnten diese das Wahlrecht de facto quasi illusorisch machen.387 Da das deutsche Aktienrecht de lege lata388 zwingend eine dualistische Leitungsverfassung vorsieht, war der deutsche Gesetzgeber somit gem. Art. 43 Abs. 4 SE-VO verpflichtet, den für die SE erforderlichen monistischen „Unterbau“ komplett neu zu schaffen.389 Diesem Regelungsauftrag ist er durch §§ 20–49 SEAG nachgekommen, die neben dem als „Verwaltungsrat“ bezeichneten Verwaltungsorgan zwingend auch einen oder mehrere sog. geschäftsführende Direktoren vorsehen (→ 45.141 ff.). b)  Gemeinsame Bestimmungen für beide Systeme (Art. 46–51 SE-VO) Art. 46–51 SE-VO enthalten einen quasi hinter die Klammer gezogenen „Allgemei- 45.97 nen Teil“ der Leitungsverfassung390 mit Vorschriften, die für beide Leitungssysteme gelten. „Organe“ i.S.d. Art. 46–51 SE-VO sind nicht nur Leitungs-, Aufsichts- und Verwaltungsorgan, sondern diese Vorschriften gelten vielmehr richtiger Ansicht nach (zumindest analog) auch für die Geschäftsführer i.S.d. Art. 39 Abs. 1 S. 2, Abs. 5 SEVO und Art. 43 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 SE-VO391 (→ 45.92, 45.117, 45.133), mithin auch für die geschäftsführenden Direktoren einer „deutschen“ monistischen SE392. aa)  Voraussetzungen der Organmitgliedschaft (Art. 47 SE-VO) Gem. Art. 47 Abs. 1 SE-VO kann in der Satzung vorgesehen werden, dass auch Ge- 45.98 sellschaften oder andere juristische Personen Organmitglieder sein können, allerModelle regelungsoffen (wie z.B. – trotz der faktisch traditionell monistischen Verfassung von plc – das britische Recht), so beanspruchen Art. 39 Abs. 5, 43 Abs. 4 SE-VO a priori keine Geltung, vgl. näher J. Schmidt, SE, S. 481 f. m.w.N. 387 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 Rn. 58; J. Schmidt, SE, S. 473 f. 388 Speziell vor dem Hintergrund des nun bei der SE bestehenden Wahlrechts mehren sich jedoch die Stimmen, die die Einführung eines solchen auch für die deutsche AG fordern, → 13.30. 389 Vgl. Schwarz, SE, Art. 38 Rn. 11; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 Rn. 58; J. Schmidt, SE, S. 476. 390 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 490. 391 Vgl. Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 52 f., Art. 43 Rn. 40; a.A. KK-AktG/Siems Vorbem. Art. 46 SE-VO Rn. 3. 392 Vgl. Schwarz Anh Art. 43 Rn. 265; J. Schmidt, SE, S. 604 m.w.N.; a.A. KK-AktG/Siems Vorbem. Art. 46 SE-VO Rn. 3; differenzierend jedoch Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Teichmann Vor Art. 46 Rn. 3 sowie Art. 46 Rn. 8, Art. 49 Rn. 3, Art. 50 Rn. 4 (Entscheidung von Fall zu Fall); ausdrücklich gegen eine Geltung der Art. 46, 50 SE-VO etwa auch Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 46 SE-VO Rn. 1, Art. 50 Rn. 3, gegen eine Geltung des Art. 49 und 51 SE-VO etwa auch MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 49 SE-VO Rn. 1, Art. 51 SE-VO Rn. 8.

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dings nur, wenn und soweit das Recht des Sitzstaats dies auch bei nationalen AG zulässt; zur Wahrnehmung ihrer Befugnisse muss die Gesellschaft/juristische Person dann eine natürliche Person als Vertreter bestellen.393 Bei einer „deutschen“ SE besteht diese Möglichkeit allerdings nicht394: Denn nach deutschem Recht müssen die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder natürliche Personen sein (vgl. §§ 76 Abs. 3 S. 1, 100 Abs. 1 S. 1 AktG); mit §§ 27 Abs. 3, 40 Abs. 1 S. 4 SEAG hat der Gesetzgeber zudem explizit klargestellt, dass Gleiches auch für Mitglieder des Verwaltungsrats und geschäftsführende Direktoren einer monistischen SE gilt395 – und damit zugleich anlässlich der Einführung der SE erhobenen Forderungen nach Zulassung einer Organmitgliedschaft juristischer Personen396 eine Absage erteilt397. Art. 47 Abs. 2 SE-VO bestimmt, dass Personen, die nach dem nationalen Recht 45.99 des Sitzstaats (lit. a) oder einer in irgendeinem398 Mitgliedstaat ergangenen Gerichtsoder Verwaltungsentscheidung (lit. b) nicht Mitglied eines Leitungs-, Aufsichts- oder Verwaltungsorgans sein können, auch nicht Organmitglied einer SE sein können. Richtiger Ansicht nach sind dabei – wie sich aus anderen Sprachversionen sowie Systematik und Ratio der Norm ergibt – jeweils nur persönliche Voraussetzungen und Bestellungshindernisse für das entsprechende Organ gemeint (d.h. ein spezifischer Ausschlussgrund für ein Aufsichtsorganmitglied gilt nicht für Leitungs- oder Verwaltungsorganmitglieder einer SE).399 Soweit das nationale Recht eines der beiden Systeme nicht kennt, ist der jeweilige Mitgliedstaat gem. Art. 39 Abs. 5 bzw. Art. 43

393 Näher Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 47 Rn. 3 f.; Schwarz, SE, Art. 47 Rn. 7 ff.; a.A. KK-AktG/Siems Art. 47 SE-VO Rn. 4 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 47 Rn. 2 f. 394 Vgl. Schwarz, SE, Art. 47 Rn. 14; KK-AktG/Siems Art. 47 SE-VO Rn. 9; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 47 Rn. 2; J. Schmidt, SE, S. 491 m.w.N. 395 Vgl. BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 38. 396 So etwa Brandes NZG 2004, 642, 649; Minuth, Führungssysteme der Europäischen Aktiengesellschaft (SE), 2005, S. 141 f.; zumindest für eine Überprüfung der Rechtslage auch Hommelhoff AG 2001, 279, 283; Teichmann ZGR 2002, 383, 455; J. Schmidt, SE, S. 492 f.; ausdrücklich dagegen jedoch etwa Fleischer AcP 204 (2004) 502, 533; Handelsrechtausschuss des DAV NZG 2004, 75, 80 f.; Hoffmann-Becking ZGR 2004, 355, 366; Kübler ZHR 167 (2003) 222, 223. 397 Vgl. allg. zu Vor- und Nachteilen einer Organmitgliedschaft juristischer Personen etwa Fleischer AcP 204 (2004) 502, 530 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 47 Rn. 3; J. Schmidt, SE, S. 492 f. (jeweils m.w.N.). 398 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 47 SE-VO Rn. 7; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 47 SE-VO Rn. 2; KK-AktG/Siems Art. 47 SE-VO Rn. 15; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/Teichmann Art. 47 Rn. 5; J. Schmidt, SE, S. 508. 399 Vgl. Habersack/Drinhausen/Drinhausen Art. 47 Rn. 12; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 47 SE-VO Rn. 3, 7; Schwarz, SE, Art. 47 Rn. 22 f., 25; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 47 Rn. 8 f.; J. Schmidt, SE, S. 506 f. m.w.N.; a.A. Manz/Mayer/ Schröder/Manz Art. 47 Rn. 5; differenzierend MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 47 SE-VO Rn. 20, 26 f., 35; KK-AktG/Siems Art. 47 SE-VO 18 f.

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Abs. 4 SE-VO befugt, entsprechende Regelungen zu schaffen.400 Bei einer dualistischen „deutschen“ SE gelten somit § 76 Abs. 3 AktG (Leitungsorgan) und § 100 AktG (Aufsichtsorgan);401 für monistische SE hat der Gesetzgeber gestützt auf Art. 43 Abs. 4 SE-VO mit § 27 SEAG (Verwaltungsrat) und § 40 Abs. 1 S. 4 SEAG (geschäftsführende Direktoren) daran eng angelehnte Regelungen geschaffen, die aber im Detail mit einer ganzen Reihe von Auslegungsproblemen behaftet sind.402 Über Art. 47 Abs. 2 lit. b SE-VO kann sich ein Bestellungshindernis aber zudem auch aus einer Gerichtsoder Verwaltungsentscheidung in irgendeinem anderen Mitgliedstaat ergeben. Art. 47 Abs. 3 SE-VO gestattet ferner explizit die Festlegung statutarischer per- 45.100 sönlicher Voraussetzungen und Bestellungshindernisse für Aktionärsvertreter, allerdings nur wenn und soweit dies nach dem nationalen Recht des Sitzstaats zulässig ist.403 Bei dualistischen „deutschen“ SE gelten somit die Grundsätze über statutarische Bestellungshindernisse für Mitglieder des Vorstands404 bzw. Aufsichtsrats405 entsprechend für diejenigen des Leitungs- bzw. Aufsichtsorgans;406 bei monistischen „deutschen“ SE gelten nach h.M.407 für Verwaltungsratsmitglieder die Grundsätze für Aufsichtsrats-, für die geschäftsführenden Direktoren diejenigen für Vorstandsmitglieder entsprechend. Art. 47 Abs. 4 SE-VO betrifft Entsenderechte, → 45.127, 45.135, 45.145. 45.101 bb)  Amtszeit der Organmitglieder (Art. 46 SE-VO) Hinsichtlich der Amtszeit der Organmitglieder normiert Art. 46 Abs. 1 SE-VO einen 45.102 obligatorischen Regelungsauftrag an den Satzungsgeber, verbunden mit einer Höchstdauer von 6 Jahren; gem. Art. 46 Abs. 2 SE-VO ist – vorbehaltlich einer abweichen-

400 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 47 SE-VO Rn. 3; Schwarz, SE, Art. 47 Rn. 12, 24; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 47 Rn. 9, 12; J. Schmidt, SE, S. 591; differenzierend KK-AktG/Siems Art. 47 SE-VO Art. 47 Rn. 19. 401 Näher zu Einzelfragen i.R.d. Anwendung bei der dualistischen SE: Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 47 SE-VO Rn. 4 f.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 47 SE-VO Rn. 5 ff., 11 ff.; Schwarz, SE, Art. 47 Rn. 27 ff.; KK-AktG/Siems Art. 47 SE-VO Rn. 21 f.; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 47 Rn. 10 f.; J. Schmidt, SE, S. 555. 402 Näher Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 47 SE-VO Rn. 6; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 47 SE-VO Rn. 25 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 47 Rn. 13 ff.; J. Schmidt, SE, S. 591 f. 403 Näher Habersack/Drinhausen/Drinhausen Art. 47 Rn. 25 ff.; Schwarz, SE, Art. 47 Rn. 40 ff.; KK-AktG/Siems Art. 47 SE-VO Rn. 27 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Teichmann Art. 47 Rn. 17. 404 Dazu näher K. Schmidt/Lutter/Seibt § 76 Rn. 40 f. m.w.N. 405 Dazu näher K. Schmidt/Lutter/Drygala § 100 Rn. 36 m.w.N. 406 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 47 SE-VO Rn. 8; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 47 SE-VO Rn. 9 f., 23; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 47 Rn. 18 f.; J. Schmidt, SE, S. 510, 557. 407 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 47 SE-VO Rn. 8; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 43 SE-VO Rn. 110, Art. 47 SE-VO Rn. 37; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 47 Rn. 20 f.; J. Schmidt, SE, S. 592, 610.

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den statutarischen Regelung – auch eine ein- oder mehrmalige Wiederbestellung zulässig.408 cc)  Verschwiegenheitspflicht (Art. 49 SE-VO) 45.103 Art. 49 SE-VO verbietet es sämtlichen Organmitgliedern nicht nur während ihrer Amtszeit, sondern auch nach ihrem Ausscheiden, Informationen über die SE, die im Falle ihrer Verbreitung deren Interessen schaden könnten, an Außenstehende weiterzugeben;409 Hs. 2 entbindet sie allerdings von dieser Verschwiegenheitspflicht, soweit das nationale Recht die Informationsweitergabe vorschreibt oder zulässt (im deutschen Recht z.B. § 131 AktG oder § 320 Abs. 2 HGB410) oder diese im öffentlichen Interesse liegt411. dd)  Haftung der Organe (Art. 51 SE-VO) 45.104 Im Gegensatz zu früheren Entwürfen verzichtet die endgültige Fassung der SE-VO auf eine europäisch-autonome Regelung der Organhaftung.412 Sie beschränkt sich vielmehr darauf, in Art. 51 SE-VO bezüglich der Binnenhaftung413 der Organe gegenüber der SE für Schäden, welche der SE durch eine Verletzung der ihnen bei der Ausübung ihres Amtes obliegenden gesetzlichen, satzungsmäßigen oder sonstigen Pflichten entstehen, auf das nationale Aktienrecht des Sitzstaats zu verweisen – wodurch aber zugleich zumindest klargestellt wird, dass jedenfalls ein Minimum an (Bin-

408 Näher speziell auch zu zulässigen Gestaltungsoptionen: Habersack/Drinhausen/Drinhausen Art. 46 Rn. 1 ff.; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 46 SE-VO Rn. 1 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 46 SE-VO Rn. 1 ff.; KK-AktG/Siems Art. 46 SE-VO Rn. 7 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 46 Rn. 3 ff.; Drinhausen/ Nohlen ZIP 2009, 1890 ff. 409 Näher zur inhaltlichen und zeitlichen Reichweite: Habersack/Drinhausen/Drinhausen Art. 49 Rn. 3 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 49 SE-VO Rn. 5 ff.; Schwarz, SE, Art. 49 Rn. 4 ff.; KK-AktG/Siems Art. 49 SE-VO Rn. 5 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 49 Rn. 4 ff. 410 Vgl. mit weiteren Beispielen: MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 49 SE-VO Rn. 10 f.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 49 Rn. 9 f.; J. Schmidt, SE, S. 496. 411 Im Einzelnen ist insofern vieles umstritten, vgl. näher Habersack/Drinhausen/Drinhausen Art. 49 Rn. 12 ff.; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 49 SE-VO Rn. 2; MüKoAktG/ Reichert/Brandes Art. 49 SE-VO Rn. 9 ff.; KK-AktG/Siems Art. 49 SE-VO Rn. 13 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 49 Rn. 8 ff. 412 Vgl. zur Normgenese und den Gründen für die letztlich gewählte Verweisungslösung näher Schwarz, SE, Art. 51 Rn. 2; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 51 Rn. 2 ff. 413 Vgl. zur Beschränkung des Anwendungsbereichs auf die Binnenhaftung: Spindler/Stilz/ Eberspächer Art. 51 SE-VO Rn. 1; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 51 Rn. 11 f.; KK-AktG/Siems Art. 51 SE-VO Rn. 1; J. Schmidt, SE, S. 530 m.w.N.

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nen-)Haftung gewährleistet sein muss414. Bei einer dualistischen „deutschen“ SE gilt also für das Leitungsorgan § 93 AktG415, für das Aufsichtsorgan §§ 116, 93 AktG416. Für die Mitglieder des Verwaltungsrats und die geschäftsführenden Direktoren hat der Gesetzgeber im Interesse eines Gleichlaufs § 93 AktG durch § 39 SEAG417 bzw. § 40 Abs. 8 SEAG418 für entsprechend anwendbar erklärt. Ob und in welchem Umfang die Organmitglieder auch eine (gesellschaftsrechtli- 45.105 che) Außenhaftung trifft, bestimmt sich zwar ebenfalls nach dem nationalen Aktienrecht des Sitzstaats, maßgebliche Verweisungsnorm ist aber insofern Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO419 (so dass die Mitgliedstaaten völlig frei sind, ob sie überhaupt eine solche Haftung vorsehen420). Daneben kann die Organmitglieder aber ggf. auch eine allgemeine zivil- oder deliktsrechtliche Haftung nach dem gemäß den allgemeinen Regeln des IPR anwendbaren Recht treffen; soweit deutsches Recht anwendbar ist also z.B. nach §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 826 BGB. ee)  Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung der Organe (Art. 50 SE-VO) Art. 50 SE-VO etabliert gemeinsame Grundregeln für die Beschlussfähigkeit und 45.106 Beschlussfassung der Organe. Nicht geregelt sind dagegen die Beschlussmodalitäten421, ein etwaiger Stimmrechtsausschluss422, sowie die Rechtsfolgen von Beschluss-

414 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 51 SE-VO Rn. 1; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 51 SE-VO Rn. 6, 10; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 51 Rn. 6; Merkt ZGR 2003, 650, 674. 415 Vgl. Habersack/Drinhausen/Drinhausen Art. 51 Rn. 7; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 51 SE-VO Rn. 2; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 51 SE-VO Rn. 6, 10; Schwarz, SE, Art. 51 Rn. 6; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 51 Rn. 13; J. Schmidt, SE, S. 530 m.w.N. 416 Vgl. Habersack/Drinhausen/Drinhausen Art. 51 Rn. 7; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 51 SE-VO Rn. 2; Schwarz, SE, Art. 51 Rn. 6; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Teichmann Art. 51 Rn. 13; J. Schmidt, SE, S. 577 m.w.N. 417 Dazu näher (speziell auch zur erforderlichen Anpassung des Pflichtenmaßstabs): Bücker (Fn. 54), S. 2013, 216 ff.; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 51 SE-VO Rn. 2, 5 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 51 SE-VO Rn. 11 ff.; Schwarz Anh Art. 43 Rn. 257 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Anh. Art. 43 SE-VO (§ 39 SEAG) Rn. 1 ff.; Art. 51 Rn. 20; J. Schmidt, SE, S. 602 f. m.w.N. 418 Dazu näher (speziell auch zur erforderlichen Anpassung des Pflichtenmaßstabs): Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 51 SE-VO Rn. 2, 9 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 43 SE-VO Rn. 166 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Anh. Art. 43 SE-VO (§ 40 SEAG) Rn. 63 ff.; Art. 51 Rn. 20; J. Schmidt, SE, S. 613 f. m.w.N. 419 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 51 Rn. 9; Schwarz, SE, Art. 51 Rn. 25; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 51 Rn. 12; J. Schmidt, SE, S. 530 m.w.N. 420 Vgl. die Nachweise in → Fn. 414. 421 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 50 Rn. 18. 422 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 50 SE-VO Rn. 2; Schwarz, SE, Art. 50 Rn. 13; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 50 Rn. 19.

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mängeln423; insoweit gilt gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO das nationale Recht des Sitzstaats. Die Organe der SE sind gem. Art. 50 Abs. 1 lit. a SE-VO beschlussfähig, wenn 45.107 mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend oder vertreten424 ist. Die Beschlussfassung erfolgt gem. Art. 50 Abs. 1 lit. b SE-VO mit der einfachen Mehrheit der anwesenden oder vertretenen Mitglieder. Diese Grundregeln stehen allerdings ausdrücklich unter dem Vorbehalt einer abweichenden Regelung durch die SE-VO (solche finden sich in Art. 54 Abs. 2 SE-VO [→ 45.158], Art. 56 S. 2 SE-VO [→ 45.160] und Art. 63 Hs. 2 SE-VO [→ 45.183]) oder die Satzung der SE. In Ausübung der damit eröffneten Satzungsautonomie getroffene statutarische Regelungen425 haben gem. Art. 9 Abs. 1 lit. a, b SE-VO insbesondere auch Vorrang vor dem nationalen Recht des Sitzstaats.426 Art. 50 Abs. 2 S. 1 SE-VO gewährt dem Vorsitzenden im Falle von Stimmen45.108 gleichheit ein – ebenfalls grundsätzlich satzungsdispositives – Stichentscheidungsrecht, wodurch i.V.m. Art. 42 S. 2, 45 S. 2 SE-VO (→ 45.130, 45.138) insbesondere auch das Letztentscheidungsrecht der Aktionärsvertreter gesichert wird427. Unzulässig ist eine abweichende statutarische Regelung jedoch gem. S. 2 beim paritätisch mitbestimmten Aufsichtsorgan (nicht aber nach dem insoweit eindeutigen – und der im Schrifttum verbreitet vertretenen Analogie428 entgegenstehenden – Wortlaut beim Verwaltungsorgan429; beim Verwaltungsrat einer „deutschen“ monistischen SE wird der Gefahr einer Überparität der Arbeitnehmerseite allerdings durch § 35 Abs. 3 SEBG begegnet, → 45.146). Die Mitgliedstaatenoption des Art. 50 Abs. 3 SE-VO ermächtigt die Mitglied45.109 staaten allerdings, für das Aufsichtsorgan (nicht aber für das Verwaltungsorgan, insofern verbietet sich auch hier eine Analogie430) von den Beschlussfassungsregeln der 423 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 50 SE-VO Rn. 12; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 50 Rn. 21; Schwarz, SE, Art. 50 Rn. 29; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 50 Rn. 20; vgl. ferner auch MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 50 SE-VO Rn. 55. 424 Näher zu den Begriffen „anwesend“ und „vertreten“: Habersack/Drinhausen/Drinhausen Art. 50 Rn. 10 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 50 SE-VO Rn. 6 f.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 50 SE-VO Rn. 19 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Teichmann Art. 50 Rn. 12 ff. m.w.N. 425 Näher zu möglichen Gestaltungsoptionen: Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 50 SE-VO 9 ff.; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 50 Rn. 9 f.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 50 SE-VO Rn. 5, 20 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 50 SE-VO Rn. 13 ff. 426 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 50 Rn. 10, 13; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 50 Rn. 10; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 50 SE-VO Rn. 4; J. Schmidt, SE, S. 525 m.w.N. 427 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 50 SE-VO Rn. 7; Schwarz, SE, Art. 50 Rn. 41; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 50 Rn. 26; J. Schmidt, SE, S. 572 m.w.N. 428 Dafür etwa Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 50 SE-VO Rn. 7; MüKoAktG/Reichert/ Brandes SE-VO Art. 50 Rn. 3; Schwarz, SE, Art. 50 Rn. 42; KK-AktG/Siems Art. 50 SE-VO Rn. 27. 429 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 50 Rn. 27; J. Schmidt, SE, S. 598; Lutter/Kollmorgen/Feldhaus BB 2005, 2473, 2479; Van Gerven (Fn. 132), S. 25, 62; Roth ZfA 2004, 431, 441 f. 430 Zutreffend Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 50 Rn. 31; für eine Analogie jedoch etwa Schwarz, SE, Art. 50 Rn. 48.

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Art. 50 Abs. 1 und 2 SE-VO abzuweichen, wenn für die SE eine Mitbestimmung gem. der SE-RL431 vorgesehen ist. Der deutsche Gesetzgeber hat hiervon keinen Gebrauch gemacht.432 ff)  Zustimmungs-/beschlussbedürftige Geschäfte (Art. 48 SE-VO) Art. 48 Abs. 1 UAbs. 1 SE-VO enthält einen obligatorischen Regelungsauftrag433 45.110 an den Satzungsgeber zur Festlegung derjenigen Arten von Geschäften, für die im dualistischen System die Zustimmung des Aufsichtsorgans und im monistischen System ein ausdrücklicher Beschluss des Verwaltungsorgans erforderlich ist. Die Mitgliedstaatenoption des Art. 48 Abs. 1 UAbs. 2 SE-VO gestattet es den Mitgliedstaaten allerdings, im dualistischen System auch das Aufsichtsorgan selbst zur Festlegung zustimmungsbedürftiger Geschäfte zu ermächtigen434, wovon der deutsche Gesetzgeber mit § 19 SEAG Gebrauch gemacht hat435. Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung436 ist hiermit allerdings kein Dispens des Satzungsgebers von seiner eigenen Regelungsverpflichtung verbunden.437 Hinsichtlich der Frage, welche Arten von Geschäften im Einzelnen zustim- 45.111 mungs- bzw. beschlussbedürftig sind, besteht aber grundsätzlich Satzungsautonomie.438 Zudem ermächtigt Art. 48 Abs. 2 SE-VO die Mitgliedstaaten zur Festlegung eines Mindestkatalogs zustimmungs- bzw. beschlussbedürftiger Geschäfte439, wovon der deutsche Gesetzgeber jedoch nicht Gebrauch gemacht hat440.

431 Allg. zur Arbeitnehmerbeteiligung → 45.186 ff. 432 Vgl. dazu Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 50 Rn. 28. 433 Vgl. zur Regelungspflicht: Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 48 SE-VO Rn. 2; Schwarz, SE, Art. 48 Rn. 9; KK-AktG/Siems Art. 48 SE-VO Rn. 2; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Teichmann Art. 48 Rn. 5; J. Schmidt, SE, S. 545 m.w.N.; a.A. MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 48 SE-VO Rn. 2. 434  Dazu näher Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 48 Rn. 6 ff.; Schwarz, SE, Art. 48 Rn. 30 ff.; KK-AktG/Siems Art. 48 SE-VO Rn. 21 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Teichmann Art. 48 Rn. 16 ff. 435 Vgl. dazu BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 36; J. Schmidt, SE, S. 546 m.w.N. 436 So etwa Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2004, 75, 81; Hoffmann-Becking ZGR 2004, 355, 365; Seibt in: Lutter/Hommelhoff (Hrsg.), Die Europäische Gesellschaft, 2005, S. 67, 79. 437 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 48 Rn. 7; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 48 SE-VO Rn. 4; KK-AktG/Siems Art. 48 SE-VO Rn. 24; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Teichmann Art. 48 Rn. 17; J. Schmidt, SE, S. 546. 438 Zu Regelungsoptionen und Grenzen näher: Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 48 SE-VO Rn. 5; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 48 Rn. 4 f., 13 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 48 SE-VO Rn. 8 ff.; KK-AktG/Siems Art. 48 SE-VO Rn. 5 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 48 Rn. 7 f. 439 Dazu näher Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 48 Rn. 25; Schwarz, SE, Art. 48 Rn. 36 ff.; KK-AktG/Siems Art. 48 SE-VO Rn. 19 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 48 Rn. 19 ff. 440 Vgl. dazu Teichmann ZGR 2002, 383, 454; J. Schmidt, SE, S. 545 m.w.N.

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45.112

§ 45 Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE)

Das Fehlen der Zustimmung bzw. eines ausdrücklichen Beschlusses lässt die Vertretungsmacht der handelnden Gesellschaftsorgane gem. den nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 9 GesRRL (G Art. 10 PubRL, → 18.73 ff.) unberührt, wirkt sich also nur im Innenverhältnis aus (z.B. Schadensersatzansprüche der SE gegen das handelnde Organ).441 Eine Ersetzung durch Hauptversammlungsbeschluss ist nicht vorgesehen; ob insoweit qua Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO auf nationales Recht (bei „deutschen“ SE: § 111 Abs. 4 S. 3–5 AktG) rekurriert werden kann, ist streitig442. c)  Dualistisches System aa)  Personelle und funktionelle Trennung von Leitungs- und Aufsichtsorgan

45.113 Charakteristisch für das dualistische System ist die strikte personelle und funktionelle Trennung von Leitungs- und Aufsichtsorgan. Die funktionelle Separation ergibt sich aus der Aufgabenzuweisungen in Art. 39 Abs. 1 bzw. Art. 40 Abs. 1 SE-VO: Die Geschäftsführung der SE ist allein dem Leitungsorgan (und ggf. Geschäftsführern, → 45.92, 45.117) zugewiesen; das Aufsichtsorgan hat dagegen ausschließlich überwachende Funktion. Die personelle Trennung wird durch das in Art. 39 Abs. 3 S. 1 SE-VO normierte 45.114 Verbot der gleichzeitigen Mitgliedschaft in Leitungs- und Aufsichtsorgan realisiert. Eine Ausnahme von dieser prinzipiellen Inkompatibilität lässt die SE-VO nur bei einer (temporären) Vakanz im Leitungsorgan zu: Das Aufsichtsorgan kann dann eines seiner Mitglieder in das Leitungsorgan abordnen, was jedoch zwingend mit dem gleichzeitigen Ruhen des Aufsichtsorganamtes verbunden ist und zudem von den Mitgliedstaaten zeitlich begrenzt werden kann (Art. 39 Abs. 3 S. 2–4 SE-VO).443 Der deutsche Gesetzgeber hat insoweit in § 15 SEAG in Anlehnung an § 105 Abs. 2 AktG eine Obergrenze von 1 Jahr festgelegt.444

441 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 48 Rn. 22; Schwarz, SE, Art. 48 Rn. 26 ff.; Habersack/Drinhausen/Seibt Art. 48 Rn. 18; KK-AktG/Siems Art. 48 SE-VO Rn. 3; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 48 Rn. 11; J. Schmidt, SE, S. 546. 442 Dafür Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 48 Rn. 24; Habersack/Drinhausen/Seibt Art. 48 Rn. 19; Schwarz, SE, Art. 48 Rn. 29, Art. 52 Rn. 26; dagegen Brandt (Fn. 113), S. 151 f.; MüKoAktG/Kubis Art. 52 SE-VO Rn. 20; J. Schmidt, SE, S. 546; Spindler in: Lutter/Hommelhoff (Hrsg.), Die Europäische Gesellschaft, 2005, S. 223, 235; KK-AktG/ Siems Art. 48 SE-VO Rn. 20; differenzierend Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 48 SE-VO Rn. 8; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 48 SE-VO Rn. 16 f.; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/Teichmann Art. 48 Rn. 14 f. (nur im dualistischen System). 443 Näher zu Art. 39 Abs. 3: KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 54 ff.; Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 65 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 46 ff. 444 Vgl. BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 35; s. ferner J. Schmidt, SE, S. 498 m.w.N.

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bb)  Leitungsorgan (1)  Aufgaben und Stellung Zentrale Aufgabe des Leitungsorgans ist gem. Art. 39 Abs. 1 S. 1 SE-VO die Führung 45.115 der Geschäfte „in eigener Verantwortung“. Die genaue Bedeutung dieses – in anderen Sprachfassungen fehlenden445 – Zusatzes ist umstritten.446 Im Ergebnis besteht jedoch Einigkeit, dass das Leitungsorgan – wie sich bereits aus Art. 40 Abs. 1, 52 S. 1 lit. a SE-VO (→ 45.123, 45.153) ergibt – bei der Geschäftsführung weder den Weisungen des Aufsichtsorgans noch der Hauptversammlung unterworfen ist.447 Für die interne Willensbildung im Leitungsorgan gilt Art. 50 SE-VO (→ 45.106 ff.). Hinsichtlich der eigentlichen Geschäftsführung wird von der h.M. angenommen, dass Art. 39 Abs. 1 S. 1 SE-VO zwingend das Prinzip der Gesamtgeschäftsführung vorgibt, sich gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO aus dem nationalen Recht aber eine abweichende Geschäftsverteilung ergeben kann448; nach a.A. richtet sich die Ausgestaltung dagegen qua Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO generell nach nationalem Recht449. Zumindest bei „deutschen“ SE ist dies freilich i.E. ohne Bedeutung, denn hier gelangt man so oder so zum Grundsatz der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis, von dem jedoch gem. § 77 AktG durch die Satzung oder die Geschäftsordnung des Leitungsorgans abgewichen werden kann.450 Weiterhin obliegt dem Leitungsorgan auch die Vertretung der SE nach außen451. 45.116 Anders als in früheren Entwürfen452 und z.B. in Art. 37 Abs. 1 S. 1 SCE-VO (→ 46.66) ist dies zwar nicht mehr ausdrücklich geregelt, kann i.E. jedoch nicht zweifelhaft sein, denn das Leitungsorgan ist auch nach europäischem Verständnis – wie es in Art. 37 445 Vgl. englisch: „The management organ shall be responsible for managing the SE“, französisch: „L’organe de direction est responsable de la gestion de la SE“. 446 Vgl. dazu etwa Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 9; KKAktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 22; Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 23 ff.; J. Schmidt, SE, S. 498 (jeweils m.w.N.). 447 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 10; Manz/Mayer/ Schröder/Manz Art. 39 Rn. 5 f.; KK-AktG/Paefgen Art. 39 Rn. 23 f.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 39 SE-VO Rn. 9, 12; Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 27 f.; J. Schmidt, SE, S. 499; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 56. 448 I.d.S.  Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 6 f.; Manz/Mayer/ Schröder/Manz Art. 39 Rn. 6, 59; KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 25 ff.; Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 16 ff.; Habersack/Drinhausen/Seibt Art. 39 Rn. 7 f.; abw. jedoch MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 39 SE-VO Rn. 4 (nationales Recht durch Art. 50 Abs. 1 SE-VO verdrängt). 449 I.d.S. etwa Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 39 SE-VORn. 5; Jannott/Frodermann/Frodermann § 5 Rn. 75; J. Schmidt, SE, S. 500. 450 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 39 Rn. 58; KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 25 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 18; J. Schmidt, SE, S. 500; einschränkend Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 21 f. (abw. Geschäftsverteilung nur bzgl. Geschäftsführung, nicht Leitung). 451 Gegenüber dem Leitungsorgan selbst wird die SE durch das Aufsichtsorgan vertreten, → 45.124. 452 Zur Normgenese näher Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 5, 87 f.; vgl. auch Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 2, 16.

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Abs. 1 S. 1 SCE-VO, Art. 67 Abs. 1 SE-VOE 1970453 und Art. 65 Abs. 1 SE-VOE 1975454 zum Ausdruck kommt – „geborenes Vertretungsorgan“455. Die nähere Ausgestaltung der Vertretung bestimmt sich jedoch gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO nach dem – insoweit durch Art. 9 GesRRL (G Art. 10 PubRL, → 18.73 ff.) harmonisierten – nationalen Recht des Sitzstaats456 (bei der „deutschen“ SE also § 78 AktG457). Die auf Wunsch Schwedens458 eingeführte Option des Art. 39 Abs. 1 S. 2 SE-VO 45.117 gestattet es den Mitgliedstaaten, für die Führung der laufenden Geschäfte einen oder mehrere Geschäftsführer vorzusehen, allerdings nur, wenn dies für das dualistische System auch im nationalen Aktienrecht vorgesehen ist und zu den gleichen Bedingungen459. Auf der Basis von Art. 39 Abs. 5 SE-VO (→ 45.92, 45.96) können allerdings auch Mitgliedstaaten, deren nationales Recht das dualistische System gar nicht kennt, i.R.d. Schaffung entsprechender Regeln für die SE solche Geschäftsführer vorsehen.460 Da das deutsche Aktienrecht ein dualistisches System, aber keine solchen Geschäftsführer vorsieht, bestand diese Option für den deutschen Gesetzgeber indes von vornherein nicht.461 (2)  Zusammensetzung 45.118 Die Zahl der Mitglieder des Leitungsorgans oder die Regeln für ihre Festlegung werden gem. Art. 39 Abs. 4 S. 1 SE-VO grundsätzlich durch die Satzung bestimmt.462 Art. 39 Abs. 4 S. 2 SE-VO ermächtigt die Mitgliedstaaten aber zur Festsetzung einer

453 Fn.  11. 454 Fn.  12. 455 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 501; Rickford ECFR 2005, 63, 76; Van Gerven (Fn. 132), S. 25, 62. 456 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 39 Rn. 17 f.; KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 36; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 17; J. Schmidt, SE, S. 501. 457 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 39 SE-VO Rn. 5; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 39 Rn. 60 ff.; KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 36; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 9; J. Schmidt, SE, S. 501 m.w.N. 458 Hintergrund waren schwedische Befürchtungen, dass das dortige System der Unternehmensleitung (Bestellung eines geschäftsführenden Direktors, der nicht dem Verwaltungsrat angehören muss, zur Geschäftsführung und Vertretung hinsichtlich der laufenden Geschäfte, vgl. heute Kap. 8 §§ 27, 29, 50 Aktiebolagslag (2005:551)) andernfalls bei der SE nicht zulässig gewesen wäre, vgl. Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 32; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 24. Näher zum nordischen „Hybridsystem“: Lekvall (ed.), The Nordic Corporate Governance Model, 2014, S. 22 ff. 459 Näher KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 89 ff.; Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 30 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 24 f. (jeweils m.z.w.N.). 460 Vgl. KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 93; Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 85; zur Parallelregelung in Art. 43 Abs. 4 SE-VO → 45.92, 45.96, 45.133. 461 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 39 SE-VO Rn. 1; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 24. 462 Vgl. zu möglichen Gestaltungsoptionen: KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 75 f.; Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 71; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 50.

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Mindest- und/oder Höchstzahl.463 Der deutsche Gesetzgeber hat zwar keine Höchstzahl, in § 16 S. 1 SEAG in Anlehnung an § 76 Abs. 2 S. 2 AktG aber für SE mit einem Grundkapital von mehr als 3 Mio. Euro eine – allerdings satzungsdispositive – Mindestzahl von 2 Personen festgelegt; für kraft Gesetzes mitbestimmte SE sehen §§ 16 S. 2 SEAG, 38 Abs. 2 SEBG sogar eine zwingende Mindestzahl von 2 Mitgliedern vor, von denen eines für den Bereich Arbeit und Soziales zuständig sein muss.464 In der damit erfolgten Übertragung des deutschen Rechtsinstituts des Arbeitsdirektors auf die SE wird allerdings verbreitet ein Verstoß gegen Art. 13 Abs. 2 SE-RL gesehen.465 Gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c Ziff. ii SE-VO i.V.m. § 111 Abs. 5 AktG (eingeführt durch das FührposGleichberG466) müssen bei SE, die börsennotiert oder mitbestimmt sind, durch das Aufsichtsorgan Zielgrößen für den Frauenanteil im Leitungsorgan festgelegt werden.467 Zu persönlichen Voraussetzungen und Bestellungshindernisse → 45.98 ff. (3)  Bestellung, Abberufung, Anstellungsverhältnis Die Bestellung der Mitglieder des Leitungsorgans einer bestehenden SE468 erfolgt 45.119 gem. Art. 39 Abs. 2 UAbs. 1 SE-VO grundsätzlich durch das Aufsichtsorgan; UAbs. 2 gestattet den Mitgliedstaaten jedoch eine Zuständigkeitsverlagerung auf die Hauptversammlung, allerdings nur im Gleichlauf mit dem nationalen Aktienrecht (und damit nicht dem deutschen Gesetzgeber).469 In dringenden Fällen ist ggf. gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO i.V.m. nationalem Aktienrecht („deutsche SE“: § 85 AktG) auch eine gerichtliche Notbestellung möglich.470 463 Näher: Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 72. 464 Vgl. zu § 16 SEAG: BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 35, 55; KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 75 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 51 f.; J. Schmidt, SE, S. 511 f. m.w.N. 465  So etwa KK-AktG/Feuerborn § 38 SEBG Rn. 12; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 51; Grobys NZA 2004, 779, 780; ders. NZA 2005, 84, 90; Henssler RdA 2005, 330, 336; kritisch auch: KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 77; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 50 SE-VO Rn. 32; J. Schmidt, SE, S. 512; für Unionsrechtskonformität dagegen: MüKoAktG/Jacobs § 38 SEBG Rn. 4; Nagel/Freis/Kleinsorge/Nagel § 38 SEBG Rn. 5 Fn. 4; Scheibe, Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der SE unter besonderer Berücksichtigung des monistischen Systems, 2007, S. 236 f.; Krause BB 2005, 1221, 1228; ohne eindeutige Position: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Oetker § 38 SEBG Rn. 9. 466 Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst v. 24.4.2015, BGBl. I, 642. 467 Vgl. dazu Bericht RA z. FührposGleichberG, BT-Drs. 18/4227, S. 23; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 40 Rn. 17 ff. 468 Die Bestellung des ersten Leitungsorgans richtet sich gem. Art. 15 Abs. 1 SE-VO nach dem nationalen Recht des künftigen Sitzstaats, bei der deutschen SE gilt also § 30 Abs. 4 AktG, vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 33 f. m.w.N. 469 Näher Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 39 Rn. 19 ff., 35 ff.; KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 38 ff.; Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 55 f. 470 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 39 SE-VO Rn. 7; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 39 SE-VO Rn. 17; Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 57; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 28.

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Die Zuständigkeit für die Abberufung weist Art. 39 Abs. 2 SE-VO ebenfalls – vorbehaltlich einer mit dem nationalen Recht gleichlaufenden Zuständigkeitsverlagerung auf die Hauptversammlung (die dem deutschen Gesetzgeber somit ebenfalls nicht offenstand) – dem Aufsichtsorgan zu; nähere Voraussetzungen werden allerdings nicht geregelt. Daraus ergibt sich indes nicht etwa eine zwingende freie Abberufbarkeit.471 Maßgeblich ist insoweit vielmehr nach zutreffender h.M.472 gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO das Recht des Sitzstaats, bei „deutschen“ SE gilt also § 84 Abs. 3 AktG473. Sonstige Beendigungsgründe (z.B. Amtsniederlegung, Tod) richten sich gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO ebenfalls nach dem Recht des Sitzstaats.474 45.121 Bestellung und Abberufung betreffen freilich nur die Organstellung, die auch bei der SE strikt zu trennen ist vom Anstellungsverhältnis. Das Statut des Anstellungsvertrags bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln des IPR.475 Die gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen für den Anstellungsvertrag fallen dagegen in den Anwendungsbereich der SE-VO; für sie gilt gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO das Recht des Sitzstaats.476 Bei der „deutschen“ SE gilt somit insbesondere § 84 Abs. 1 S. 5477, Abs. 3 S. 5478 AktG und § 87 AktG479.

471 So aber Lange EuZW 2003, 301, 305 f.; Schindler (Fn. 104), S. 68 f.; Theisen/Hölz in: Theisen/Wenz, Europäische Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 2005, S. 269, 288. 472 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 39 SE-VO Rn. 9; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 39 Rn. 29 ff.; KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 69 f.; J. Schmidt, SE, S. 515 m.w.N. 473 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 39 SE-VO Rn. 9; KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 70; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 39 Rn. 33; Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 63; J. Schmidt, SE, S. 515 m.w.N. 474 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 39; KK-AktG/ Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 72; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 39 SE-VO Rn. 36 f.; J. Schmidt, SE, S. 516 f. (jeweils auch speziell zur „deutschen“ SE). 475 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 39 Rn. 42; KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 87; J. Schmidt, SE, S. 518. Zur Problematik, ob Organmitglieder einer Gesellschaft „Arbeitnehmer“ i.S.v. Art. 8 Rom I-VO sind, näher MüKoBGB/Martiny Art. 8 Rom I Rn. 20 ff.; Mankowski RIW 2004, 167, 168 ff. (jeweils m.w.N.). Zum unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff i.S.d. Mutterschutz-RL: EuGH v. 11.11.2010, Danosa, C-232/09, ECLI:EU:C:2010:674, Rn. 39 ff. (dazu Fischer NJW 2011, 2329 ff.; Junker NZA 2011, 950 f.; Krebber GPR 2011, 138, 139; Wank EWiR 2011, 27 f.); i.S.d. MassenentlassungsRL: EuGH v. 9.7.2015, Balkaya, C-229/14, ECLI:EU:C:2015:455, Rn. 36 ff. (dazu etwa Arnold NJW 2015, 2484; Brötzmann GmbHR 2015, 984 f.; Forst EuZW 2015, 664 ff.; Lelley BB 2015, 2559 f.; Lindemann EWiR 2015, 553 f.; Lingemann/Otte DB 2015, 1965 ff.; Lunk NZA 2015, 917 ff.; Stenslik DStR 2015, 2334 ff.). 476 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 518; s. ferner auch Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 36; KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 84. 477 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 36; Manz/Mayer/ Schröder/Manz Art. 39 Rn. 79; KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 86. 478 Vgl. KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 85; J. Schmidt, SE, S. 517. 479 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 39 SE-VO Rn. 3; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 39 Rn. 81; J. Schmidt, SE, S. 518.

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(4)  Binnenorganisation Für die Beschlussfassung im Leitungsorgan gilt Art. 50 SE-VO (→ 45.106 ff.). I.Ü. 45.122 richtet sich die Binnenorganisation mangels Regelung in der SE-VO gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO nach dem nationalen Recht des Sitzstaats; so etwa insbesondere auch Existenz, Bestellung und Aufgaben eines Vorsitzenden480 („deutsche“ SE: § 84 Abs. 2 AktG481) sowie Erlass und Inhalt einer Geschäftsordnung482 („deutsche“ SE: § 77 Abs. 2 AktG483). cc)  Aufsichtsorgan (1)  Aufgaben, Rechte und Stellung Zentrale Aufgabe des Aufsichtsorgans ist gem. Art. 40 Abs. 1 S. 1 SE-VO die Über- 45.123 wachung der Geschäftsführung durch das Leitungsorgan.484 Es ist jedoch weder berechtigt, die Geschäfte der SE selbst zu führen (Art. 40 Abs. 1 S. 2 SE-VO), noch dem Leitungsorgan Weisungen zu erteilen (→ 45.115). Ferner gehört zu seinen Aufgaben auch die Vertretung der SE gegenüber dem 45.124 Leitungsorgan.485 Dies ist zwar – anders als in früheren Entwürfen486 oder Art. 39 Abs. 1 S. 4 SCE-VO (→ 46.66, 46.73) – nicht explizit geregelt, ergibt sich jedoch bereits aus der Grundkonzeption des dualistischen Systems;487 die nähere Ausgestaltung richtet sich gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO nach dem nationalen Recht des Sitzstaats488 („deutsche“ SE: § 112 AktG489). Als Instrumente zur Ausübung seiner Überwachungsaufgabe gibt die SE-VO dem 45.125 Aufsichtsorgan neben seinen Kompetenzen zur Bestellung und Abberufung der Mit480 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 39 Rn. 56; KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 30; Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 92; J. Schmidt, SE, S. 522 m.w.N. 481 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 20; Manz/Mayer/ Schröder/Manz Art. 39 Rn. 107; KK-AktG/Paefgen Art. 39 SE-VO Rn. 30; Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 92; J. Schmidt, SE, S. 522. 482 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 39 Rn. 56; Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 95; J. Schmidt, SE, S. 528 f. 483 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 39 SE-VO Rn. 19; Spindler/Stilz/ Eberspächer Art. 39 SE-VO Rn. 3; Schwarz, SE, Art. 39 Rn. 95; J. Schmidt, SE, S. 529. 484  Näher zur Überwachungsaufgabe: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 40 SE-VO Rn. 2 ff.; KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 10 ff.; MüKoAktG/Reichert/ Brandes Art. 40 SE-VO Rn. 13 ff.; J. Schmidt, SE, S. 544; Habersack/Drinhausen/Seibt Art. 40 Rn. 6 ff. 485 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 40 SE-VO Rn. 2; J. Schmidt, SE, S. 547; i.E. wohl auch Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 86. 486 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 547 f. 487 Zur Normgenese näher Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 3. 488 Vgl. Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 86; J. Schmidt, SE, S. 548; s. ferner auch Spindler/Stilz/ Eberspächer Art. 40 SE-VO Rn. 2; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 40 Rn. 22. 489 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 40 Rn. 22; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 86; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 40 SE-VO Rn. 2; J. Schmidt, SE, S. 548.

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glieder des Leitungsorgans (sog. Personalkompetenz, →  45.119) und den Zustimmungsvorbehalten gem. Art. 48 SE-VO (→ 45.110 ff.) in Art. 41 SE-VO insbesondere auch Informationsrechte an die Hand490. Deren Basis sind Berichtspflichten des Leitungsorgans: Neben der mindestens quartalsmäßigen Berichterstattung über den Gang der Geschäfte der SE und deren voraussichtliche Entwicklung (Art. 41 Abs. 1 SE-VO)491 muss es dem Aufsichtsorgan generell rechtzeitig alle Informationen über Ereignisse mitteilen, die sich auf die Lage der SE spürbar auswirken können (Art. 41 Abs. 2 SE-VO)492. Mittels der ihm durch Art. 41 Abs. 3 und 4 SE-VO eingeräumten Auskunfts- und Überprüfungsrechte493 kann das Aufsichtsorgan sich aber auch selbst aktiv Informationen verschaffen. Beide Rechte stehen dem Aufsichtsorgan zwar grundsätzlich nur als Kollegialorgan zu494; Art. 41 Abs. 3 S. 2 SE-VO eröffnet den Mitgliedstaaten aber die Option, das Auskunftsrecht auch als Individualrecht jedes Mitglieds auszugestalten495, wovon der deutsche Gesetzgeber mit § 18 SEAG (der aber in Anlehnung an § 90 Abs. 3 S. 2 AktG nur zum Verlangen einer Auskunft an das Aufsichtsorgan als Kollegialorgan berechtigt) Gebrauch gemacht hat496. Um für alle Aufsichtsratsmitglieder den gleichen Wissensstand zu gewährleisten, gibt Art. 41 Abs. 5 SE-VO jedem Mitglied das Recht, von allen Informationen, die dem Gesamtorgan übermittelt werden, Kenntnis zu nehmen.497

490 Insoweit handelt es sich um eine abschließende Regelung, die einen Rekurs auf nationales Recht qua Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO ausschließt, vgl. Drinhausen in: Van Hulle/S. Maul/ Drinhausen (Hrsg.), Handbuch zur Europäischen Gesellschaft (SE), 2007, § 2 Rn. 29; Schwarz, SE, Art. 41 Rn. 33; a.A. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 41 SE-VO Rn. 5; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 41 Rn. 2; KK-AktG/Paefgen Art. 41 SE-VO Rn. 6; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 41 Rn. 3 f.; i.E. offenlassend Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/Sailer-Coceani Art. 41 Rn. 3. 491 Dazu näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Sailer-Coceani Art. 41 Rn. 4 ff.; KK-AktG/ Paefgen Art. 41 SE-VO Rn. 8 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 41 SE-VO Rn. 4 ff. 492  Dazu näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Sailer-Coceani Art. 41 Rn. 11 ff.; KKAktG/Paefgen Art. 41 SE-VO Rn. 20 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 41 SE-VO Rn. 7 f. 493 Dazu näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Sailer-Coceani Art. 41 Rn. 17 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 41 Rn. 9 ff.; Schwarz, SE, Art. 41 Rn. 24 ff. 494 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Sailer-Coceani Art. 41 Rn. 21, 29; KK-AktG/ Paefgen Art. 41 SE-VO Rn. 28, 53; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 41 SE-VO Rn. 13, 20; J. Schmidt, SE, S. 553. 495 Dazu näher Schwarz, SE, Art. 41 Rn. 25. 496 Vgl. dazu BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 36; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Sailer-Coceani Art. 41 Rn. 23; KK-AktG/Paefgen Art. 41 SE-VO Rn. 36 f.; MüKoAktG/ Reichert/Brandes Art. 41 SE-VO Rn. 14 f.; J. Schmidt, SE, S. 553 f. 497  Dazu näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Sailer-Coceani Art. 41 Rn. 30 ff.; KKAktG/Paefgen Art. 41 SE-VO Rn. 45 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 41 SE-VO Rn. 25 ff.

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(2)  Zusammensetzung Die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans oder die Regeln für ihre Festlegung wer- 45.126 den – ebenso wie beim Leitungsorgan (→ 45.118) – gem. Art. 40 Abs. 3 S. 1 SE-VO grundsätzlich durch die Satzung bestimmt.498 Art. 40 Abs. 3 S. 2 SE-VO ermächtigt die Mitgliedstaaten jedoch auch hier zur Festsetzung einer bestimmten Zahl oder einer Mindest- oder Höchstzahl.499 Der deutsche Gesetzgeber hat in § 17 Abs. 1 SEAG für die „deutsche“ SE in Anlehnung an § 95 S. 1–4 AktG eine Mindestzahl von 3 Mitgliedern und eine nach der Höhe des Grundkapitals gestaffelte Höchstzahl vorgesehen; zudem muss die Gesamtzahl durch 3 teilbar sein.500 All dies steht jedoch gem. § 17 Abs. 2 SEAG unter dem Vorbehalt einer anderweitigen mitbestimmungsrechtlichen Regelung501, was insbesondere bedeutet, dass bei paritätischer Mitbestimmung kraft Gesetzes zwingend eine gerade Zahl von Mitgliedern erforderlich ist502. Äußerst umstritten ist indes, ob in einer Mitbestimmungsvereinbarung wirksam eine absolute (insbesondere auch vom Dreiteilbarkeitsgrundsatz abweichende) Zahl503 oder lediglich der Anteil der Arbeitnehmervertreter504 festgelegt werden kann. § 38 Abs. 3 SEBG (dessen Vereinbarkeit mit den europäischen Vorgaben allerdings zweifelhaft ist505) verlangt auch bei der SE die Wahl eines „weiteren Mitglieds“, wenn eine Gründungsgesellschaft montanmitbestimmt war. Durch das FührposGleichberG506 wurde für paritätisch mitbestimmte börsennotierte SE eine Geschlechterquote von 30 % ein-

498 Vgl. zu möglichen Gestaltungsoptionen: KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 96; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 71. 499 Näher Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 73 ff. 500 Vgl. dazu BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 35 f.; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 80 ff.; J. Schmidt, SE, S. 558. 501 Allg. zur Arbeitnehmerbeteiligung → 45.186 ff. 502 Vgl. Habersack ZHR 171 (2007) 613, 633; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 40 SE-VO Rn. 70; J. Schmidt, SE, S. 559 m.w.N. 503 Dafür LG Nürnberg-Fürth ZIP 2010, 372 („GfK SE“); Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Drygala Art. 40 Rn. 32 ff.; Kiefner/Friebel NZG 2010, 537, 539; Seibt ZIP 2010, 1057, 1059 ff.; Teichmann BB 2010, 1114, 1115; Vossius NotBZ 2010, 146; vgl. ferner auch Teichmann AG 2008, 797 ff; implizit auch AAK ZIP 2010, 2221, 2226 f.; differenzierend (indirekte Festlegung zulässig): Oetker ZIP 2006, 1113, 1115 ff. 504 So Spindler/Stilz/Casper Art. 12 SE-VO Rn. 21; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 40 SE-VO Rn. 10; Forst AG 2010, 350, 355 ff.; Götze/Winzer/Arnold ZIP 2009, 245, 251; Habersack ZHR 171 (2007) 613, 633; Jacobs FS K. Schmidt, 2009, S. 795, 804; Kiem ZHR 173 (2009) 156, 175 ff.; KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 102 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 40 SE-VO Rn. 70; Windbichler FS Canaris, 2007, S. 1423, 1429 f. 505 Vgl. KK-AktG/Feuerborn § 38 SEBG Rn. 16; Grobys NZA 2004, 779, 780; ders. NZA 2005, 84, 90; Henssler RdA 2005, 330, 336; Krause BB 2005, 1221, 1228; Lambach RIW 2005, 161, 167; Niklas NZA 2004, 1200, 1204; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 38 SEBG Rn. 14 Fn. 18; J. Schmidt, SE, S. 559; Wisskirchen/Prinz DB 2004, 2638, 2642; für Unionsrechtskonformität jedoch Nagel/Freis/Kleinsorge/Nagel § 38 SEBG Rn. 7 Fn. 5; Scheibe (Fn. 465), S. 242 f. 506 Fn.  466.

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geführt (§ 17 Abs. 2 SEAG).507 Zu persönlichen Voraussetzungen und Bestellungshindernissen → 45.98 ff. (3)  Bestellung und Abberufung; etwaiger Anstellungsvertrag 45.127 Die Bestellung der Mitglieder des Aufsichtsorgans erfolgt grundsätzlich durch die Hauptversammlung (Art. 40 Abs. 2 S. 1 SE-VO);508 die Mitglieder des ersten Aufsichtsorgans können allerdings auch durch die Satzung bestellt werden (Art. 40 Abs. 2 S. 2 SE-VO)509. Sofern die SE der Mitbestimmung unterliegt510, richtet sich die Bestellung der Arbeitnehmervertreter primär nach der Mitbestimmungsvereinbarung (Art. 40 Abs. 2 S. 3 Alt. 2 SE-VO i.V.m. Art. 4 Abs. 2 lit. g SE-RL [„deutsche“ SE: § 21 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 SEBG]);511 subsidiär nach den nationalen Umsetzungsvorschriften zu Anhang Teil 3 SE-RL („deutsche“ SE: Wahl durch Hauptversammlung unter Bindung an Vorschläge der Arbeitnehmerseite, § 36 Abs. 2–4 SEBG)512. Gem. Art. 40 Abs. 2 S. 3, 47 Abs. 4 SE-VO sind nach Maßgabe des nationalen Rechts auch Entsenderechte513 („deutsche“ SE: § 101 Abs. 2 AktG514) oder eine gerichtliche oder behördliche Ersatzbestellung515 („deutsche“ SE: § 104 AktG516) zulässig. 507 Vgl. dazu BegrRegE z. FührposGleichberG, BT-Drs. 18/3784, S. 134; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 40 Rn. 8 ff.; Junker/Schmidt-Pfitzner NZG 2015, 929, 933 f.; Oetker ZHR 179 (2015) 707, 738 ff.; Sagan RdA 2015, 255 ff.; Seibt ZIP 2015, 1193, 1202; Teichmann/Rüb BB 2015, 259, 263 ff.; Wasmann/Rothenburg DB 2015, 291, 293; Weller/Harms/Rentsch ZGR 2015, 361 ff. 508  Näher dazu Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 40 SE-VO Rn. 6; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/Drygala Art. 40 SE-VO Rn. 6; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 40 Rn. 6 f.; KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 37 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 40 Rn. 26, 29. 509  Näher zur Bestellung des ersten Aufsichtsorgans: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Drygala Art. 40 SE-VO Rn. 26 ff.; KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 66 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 40 SE-VO Rn. 43 ff.; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 51 ff. 510 Allg. zur Arbeitnehmerbeteiligung → 45.186 ff. 511 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 40 SE-VO Rn. 7; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Drygala Art. 40 SE-VO Rn. 20; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 40 SE-VO Rn. 26; J. Schmidt, SE, S. 561; abw. KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 44 ff. 512 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 40 SE-VO Rn. 21; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 40 SE-VO Rn. 27, 30; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 46; näher speziell zu § 36 Abs. 2–4 SEBG: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 36 SEBG Rn. 10 ff. m.w.N. 513 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 40 SE-VO Rn. 6; KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 40; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 40 SE-VO Rn. 35; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 43, Art. 47 Rn. 48 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 47 Rn. 23 f.; J. Schmidt, SE, S. 561 f. 514 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 40 SE-VO Rn. 6; Art. 47 Rn. 9; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 40 SE-VO Rn. 35; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 43, Art. 47 Rn. 57; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 47 Rn. 25; J. Schmidt, SE, S. 562. 515 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 40 SE-VO Rn. 6, Art. 47 Rn. 9; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 40 SE-VO Rn. 39; J. Schmidt, SE, S. 561 f. 516 Vgl. MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 40 SE-VO Rn. 39; J. Schmidt, SE, S. 562; für eine Geltung des § 104 AktG i.E. (allerdings über Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO) auch: KK-AktG/

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Die Abberufung517 sowie sonstige Gründe für die Beendigung der Organstellung518 45.128 richten sich mangels Regelung in der SE-VO gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO nach dem nationalen Recht des Sitzstaats; bei „deutschen“ SE gelten also §§ 103 AktG, 37 Abs. 1 SEBG519 sowie die sonstigen Beendigungsgründe des deutschen Aktienrechts520. Ebenso ist das nationale Recht des Sitzstaats gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO maß- 45.129 geblich für die gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen betreffend die Vergütung etc.521 sowie etwaige Anstellungsverträge der Aufsichtsorganmitglieder522 (das Vertragsstatut bestimmt sich dagegen nach den allgemeinen Regeln des IPR523). Bei „deutschen“ SE gelten somit §§ 113, 114 AktG524. (4)  Binnenorganisation Anders als das Leitungsorgan (→ 45.122) muss das Aufsichtsorgan gem. Art. 42 SE- 45.130 VO zwingend aus seiner Mitte einen Vorsitzenden525 wählen, der im Falle paritätischer Mitbestimmung dem Kreis der Aktionärsvertreter angehören muss, wodurch i.V.m. dem Stichentscheid gem. Art. 50 Abs. 2 SE-VO das Letztentscheidungsrecht der Aktionärsvertreter gesichert wird (→ 45.108). Für die Beschlussfassung im Aufsichtsorgan gilt Art. 50 SE-VO (→ 45.106 ff.). I.Ü. richtet sich die Binnenorganisation mangels Regelung in der SE-VO gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO nach dem nationalen Recht des Sitzstaats; so etwa insbesondere die Bildung und Organisation von Ausschüssen526

Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 49; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 57 f.; sowie (ohne Bezug auf eine spezielle Verweisung): Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 40 SE-VO Rn. 22. 517 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 40 SE-VO Rn. 23 ff.; Spindler/Stilz/ Eberspächer Art. 40 SE-VO Rn. 9; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 40 SE-VO Rn. 59; J. Schmidt, SE, S. 563 f. m.w.N.; a.A. (vorzeitige Abberufung unzulässig): Hirte NZG 2002, 1, 5; Hommelhoff AG 2001, 279, 283. 518 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 566; s. ferner auch Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 40 Rn. 15; KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 91. 519 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 40 SE-VO Rn. 23ff.; Manz/Mayer/ Schröder/Manz Art. 40 Rn. 27; KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 79 ff.; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 40 SE-VO Rn. 57 ff.; J. Schmidt, SE, S. 564 f. 520 Vgl. KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 91 ff.; J. Schmidt, SE, S. 566; s. ferner auch Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 40 Rn. 28; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 40 SE-VO Rn. 64. 521 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 40 Rn. 19; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 88 f.; J. Schmidt, SE, S. 566. 522 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 566. 523 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 566 Fn. 2551. 524 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 40 SE-VO Rn. 2; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 40 Rn. 36 ff.; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 88 f.; J. Schmidt, SE, S. 567. 525  Näher zum Vorsitzenden: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Drygala Art. 42 SE-VO Rn. 2 ff.; KK-AktG/Paefgen Art. 42 SE-VO Rn. 5 ff.; Schwarz, SE, Art. 42 Rn. 4 ff.; J. Schmidt, SE, S. 570 f. 526 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 40 SE-VO Rn. 2; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 40 Rn. 19; KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 117; J. Schmidt, SE, S. 573.

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(„deutsche“ SE: § 107 Abs. 3, 4 AktG527), Erlass und Inhalt einer Geschäftsordnung528 („deutsche“ SE: vgl. § 82 Abs. 2 AktG und Ziff. 5.1.3 DCGK529), Sitzungseinberufung, -frequenz und -teilnahme530 („deutsche“ SE: §§ 109, 110 AktG531) und Sitzungsprotokoll532 („deutsche“ SE: § 107 Abs. 2 AktG533). d)  Monistisches System aa)  Das monistische System nach der SE-VO (1)  Stellung und Aufgaben des Verwaltungsorgans 45.131 Zentrale Aufgabe des Verwaltungsorgans, das zugleich Leitungs- und Kontrollorgan ist534, ist die Führung der Geschäfte der SE (Art. 43 Abs. 1 S. 1 SE-VO)535. Es ist – entgegen anderslautender Äußerungen im Schrifttum, die insoweit das nationale Recht für maßgeblich erachten536 – nicht weisungsabhängig gegenüber der Hauptversammlung.537 Für die Willensbildung im Verwaltungsorgan gilt Art. 50 SE-VO (→ 45.106 ff.). Hinsichtlich der eigentlichen Geschäftsführung wird auch hier538 von der wohl h.M. angenommen, dass Art. 43 Abs. 1 S. 1 SE-VO zwingend das Prinzip der Gesamtgeschäftsführung vorgibt, sich gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO aus dem nationalen Recht aber eine abweichende Geschäftsverteilung ergeben kann539; nach a.A. richtet sich die Ausgestaltung dagegen qua Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO generell nach nationalem Recht540. 527 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 40 SE-VO Rn. 2; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 40 Rn. 46; KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 117; J. Schmidt, SE, S. 573. 528 Vgl. KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 118; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 87; J. Schmidt, SE, S. 576. 529 Vgl. KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 118; J. Schmidt, SE, S. 576. Näher zur Geschäftsordnung: MüKoAktG/Habersack § 107 Rn. 171 ff. m.w.N. 530 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 40 SE-VO Rn. 2; KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 118; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 25; J. Schmidt, SE, S. 576. 531 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 40 SE-VO Rn. 2; KK-AktG/Paefgen Art. 40 SE-VO Rn. 118; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 25; J. Schmidt, SE, S. 576. 532 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 40 SE-VO Rn. 2; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 27; J. Schmidt, SE, S. 575. 533 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 40 SE-VO Rn. 2; Schwarz, SE, Art. 40 Rn. 27; J. Schmidt, SE, S. 575. 534 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 616; Gruber/Weller NZG 2003, 297, 298; Hoffmann-Becking ZGR 2004, 355, 370; abw. KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 5 ff. 535 Näher Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 43 Rn. 2 ff.; Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 9 ff. 536 So etwa Kalss/Hügel/Kalss/Greda § 39 Rn. 40 ff.; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 43 Rn. 3; Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 15; KK-AktG/Siems 43 SE-VO Rn. 40; Habersack/Drinhausen/Verse Art. 43 Rn. 6. 537 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 52 SE-VO Rn. 6; MüKoAktG/Kubis Art. 52 SE-VO Rn. 7; Brandt (Fn. 113), S. 108 ff. 538 Vgl. zur Parallelfrage beim Leitungsorgan → 45.115. 539 I.d.S.  Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 9, 18. 540 I.d.S.  etwa J. Schmidt, SE, S. 616 f.

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Weiterhin obliegt dem Verwaltungsorgan auch die Vertretung der SE nach außen; 45.132 ähnlich wie beim Leitungsorgan (→ 45.116) ist dies zwar – anders als in früheren Entwürfen541 und z.B. in Art. 42 Abs. 1 S. 1 SCE-VO (→  46.78) – nicht explizit geregelt, das Verwaltungsorgan ist aber im monistischen System auch nach europäischem Verständnis – wie es in Art. 66 Abs. 1 SE-VOE 1989/91542 und Art. 42 Abs. 1 S. 1 SCE-VO zum Ausdruck kommt – „geborenes Vertretungsorgan“.543 Die nähere Ausgestaltung der Vertretung bestimmt sich jedoch gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO nach nationalem Recht.544 Auf Wunsch Schwedens545 wurde den Mitgliedstaaten allerdings mit Art. 43 45.133 Abs. 1 S. 2 SE-VO auch hier (zur Parallelnorm des Art. 39 Abs. 1 S. 2 SE-VO → 45.92, 45.117) die Option eingeräumt, für die Führung der laufenden Geschäfte einen oder mehrere Geschäftsführer vorzusehen, aber ebenfalls nur, wenn dies für das monistische System auch im nationalen Aktienrecht vorgesehen ist und zu den gleichen Bedingungen546. Auf der Basis von Art. 43 Abs. 4 SE-VO (→ 45.92, 45.96) können jedoch auch Mitgliedstaaten, deren nationales Recht das monistische System gar nicht kennt, i.R.d. Schaffung entsprechender Regeln für die SE solche Geschäftsführer vorsehen.547 (2)  Zusammensetzung Die Zahl der Mitglieder des Verwaltungsorgans oder die Regeln für ihre Festlegung 45.134 werden – ebenso wie beim Leitungs- und Aufsichtsorgan (→ 45.118, 45.126) – grundsätzlich durch die Satzung bestimmt; allerdings sind die Mitgliedstaaten auch hier zur Festlegung einer Mindest- und/oder Höchstzahl ermächtigt (Art. 43 Abs. 2 UAbs. 1

541 Vgl. Art. 66 Abs. 1 SE-VOE 1989/91 (Fn. 15 f.). 542 Fn.  15. 543 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 617; i.E. auch Hoffmann-Becking ZGR 2004, 355, 370; P. Schmidt, Die monistische SE in Deutschland, 2006, S. 230 ff.; Van Gerven (Fn. 132), S. 25, 62; a.A. (alleinige Maßgeblichkeit des nationalen Rechts gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO): Manz/ Mayer/Schröder/Manz Art. 43 Rn. 24; Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 13; KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 4; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 Rn. 17 ff. 544 Zumindest dies ist i.E. unstreitig, vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 43 Rn. 24; J. Schmidt, SE, S. 617 f.; P. Schmidt (Fn. 531), S. 234; Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 13; KKAktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 4; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 Rn. 25. 545 Hintergrund waren schwedische Befürchtungen, dass das dortige System der Unternehmensleitung (Bestellung eines geschäftsführenden Direktors, der nicht dem Verwaltungsrat angehören muss, zur Geschäftsführung und Vertretung hinsichtlich der laufenden Geschäfte, vgl. heute Kap. 8 §§ 27, 29, 50 Aktiebolagslag (2005:551)) andernfalls bei der SE nicht zulässig gewesen wäre, vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 Rn. 29. → Fn. 458. 546 Näher Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 36 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 Rn. 26 ff. (jeweils m.z.w.N.). 547 Vgl. Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 38, 128; KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 12; J. Schmidt, SE, S. 586 f. m.w.N.; s. ferner auch Bachmann ZGR 2008, 779, 785; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/Teichmann Art. 43 Rn. 30 f.

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SE-VO).548 Bei mitbestimmten SE schreibt Art. 43 Abs. 2 UAbs. 2 SE-VO jedoch bereits auf europäischer Ebene eine Mindestzahl von 3 Mitgliedern vor.549 Zu persönlichen Voraussetzungen und Bestellungshindernissen → 45.98 ff. (3)  Bestellung und Abberufung, etwaiger Anstellungsvertrag 45.135 Die Regeln über die Bestellung der Mitglieder des Verwaltungsorgans in Art. 43 Abs. 3 SE-VO korrespondieren mit denjenigen des Art. 40 Abs. 2 SE-VO für die des Aufsichtsorgans (→ 45.127). Sie erfolgt grundsätzlich durch die Hauptversammlung (S. 1)550, die Mitglieder des ersten Verwaltungsorgans können aber auch durch die Satzung bestellt werden (S. 2)551. Sofern die SE der Mitbestimmung unterliegt552, richtet sich die Bestellung der Arbeitnehmervertreter primär nach der Mitbestimmungsvereinbarung (S. 3 Alt. 2 i.V.m. den nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 4 Abs. 2 lit. g SE-RL), subsidiär nach den nationalen Umsetzungsvorschriften zu Anhang Teil 3 SE-RL.553 Gem. S. 3 Alt. 1 i.V.m. Art. 47 Abs. 4 SE-VO sind nach Maßgabe des nationalen Rechts auch Entsenderechte554 oder eine gerichtliche oder behördliche Ersatzbestellung555 zulässig. 45.136 Abberufung556 sowie sonstige Gründe für die Beendigung der Organstellung557 richten sich – auch insoweit ebenso wie beim Aufsichtsorgan (→ 45.128) – mangels Regelung in der SE-VO gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO nach dem nationalen Recht des Sitzstaats. 45.137 Ferner ist das nationale Recht des Sitzstaats gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO – ebenso wie beim Aufsichtsorgan (→ 45.129) – maßgeblich für die gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen betreffend die Vergütung558 etc. sowie etwaige Anstellungsverträge der Mitglieder des Verwaltungsorgans559 (das Vertragsstatut bestimmt sich dagegen nach den allgemeinen Regeln des IPR560).

548 Näher Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 43 Rn. 25 f.; Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 68 ff.; KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 41 ff. 549 Näher Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 76; KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 46. 550 Näher Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 43 Rn. 28; Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 101 ff.; KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 49. 551 Näher Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 104 f.; KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 49 ff. 552 Allg. zur Arbeitnehmerbeteiligung → 45.186 ff. 553 Näher Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 108 ff.; KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 52. 554 Vgl. Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 107; KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 52. 555 Vgl. Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 106. 556 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 43 Rn. 32; Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 120; KKAktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 62; J. Schmidt, SE, S. 622. 557 Vgl. KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 62; J. Schmidt, SE, S. 622. 558 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 623; s. ferner auch Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 117; KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 70. 559 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 623; s. ferner auch Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 117; KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 70. 560 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 43 Rn. 34.

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(4)   Binnenorganisation Ebenso wie das Aufsichts-, aber anders als das Leitungsorgan (→ 45.122, 45.130) muss 45.138 das Verwaltungsorgan gem. Art. 45 SE-VO zwingend aus seiner Mitte einen Vorsitzenden561 wählen, der im Falle paritätischer Mitbestimmung dem Kreis der Aktionärsvertreter angehören muss, wodurch i.V.m. dem Stichentscheid gem. Art. 50 Abs. 2 SEVO das Letztentscheidungsrecht der Aktionärsvertreter gesichert wird (→ 45.108). Art. 44 Abs. 1 SE-VO verpflichtet den Satzungsgeber, einen Sitzungsturnus (min- 45.139 destens alle 3 Monate) festzulegen562 und gibt als Beratungsgegenstände für diese Sitzungen den Gang der Geschäfte und die voraussichtliche Entwicklung der SE vor563. Art. 44 Abs. 2 SE-VO gewährt jedem Mitglied – korrespondierend mit Art. 41 Abs. 5 SE-VO (→ 45.125) – ein individuelles Informationsrecht betreffend alle Informationen, die dem Verwaltungsorgan übermittelt werden.564 Für die Beschlussfassung im Verwaltungsorgan gilt Art. 50 SE-VO (→ 45.106 ff.). I.Ü. richtet sich die Binnenorganisation mangels Regelung in der SE-VO gem. 45.140 Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO nach dem nationalen Recht des Sitzstaats; so etwa insbesondere die Bildung und Organisation von Ausschüssen565, Erlass und Inhalt einer Geschäftsordnung566 sowie Sitzungseinberufung567, -teilnahme568 und -protokoll569. bb)  Das monistische System bei der „deutschen“ SE (1)  Das Grundkonzept der §§ 20–49 SEAG §§ 20–49 SEAG basieren auf dem Grundkonzept einer Aufteilung der Leitungsauf- 45.141 gabe zwischen dem als „Verwaltungsrat“570 bezeichneten Verwaltungsorgan, dem die „Oberleitung“ obliegt, einerseits, und nur für die (laufende) Geschäftsführung zuständigen sog. geschäftsführenden Direktoren andererseits. Zentrales gesetzgeberisches Motiv hierfür war die möglichst friktionslose Integration des monistischen Systems in die deutsche Aktienrechtstechnik und -tradition;571 daneben dürfte aber auch die Su-

561 Näher zum Vorsitzenden: Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 45 SE-VO Rn. 2 ff.; Manz/ Mayer/Schröder/Manz Art. 45 Rn. 1 ff.; Schwarz, SE, Art. 45 Rn. 4 ff.; KK-AktG/Siems Art. 45 SE-VO Rn. 2 ff. 562 Näher Schwarz, SE, Art. 44 Rn. 5 f.; KK-AktG/Siems Art. 44 SE-VO Rn. 3 ff. 563 Näher Schwarz, SE, Art. 44 Rn. 11 ff.; KK-AktG/Siems Art. 44 SE-VO Rn. 14 ff. 564 Näher Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 44 Rn. 6; Schwarz, SE, Art. 44 Rn. 17 ff.; KKAktG/Siems Art. 44 SE-VO Rn. 18 ff. 565 Vgl. Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 24; J. Schmidt, SE, S. 626. 566 Vgl. Schwarz, SE, Art. 43 Rn. 138; KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 64. 567 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 44 Rn. 5; KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 64. 568 Vgl. KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 64. 569 Vgl. KK-AktG/Siems Art. 43 SE-VO Rn. 64; J. Schmidt, SE, S. 628. 570 Näher zu dieser – nicht unumstrittenen – Terminologie: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Anh Art. 43 (§ 20 SEAG) Rn. 5 f. m.w.N. 571 Vgl. BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 39; BReg, BT-Drs. 15/3656, S. 9 f.; Lutter/

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che nach der bestmöglichen Lösung hinsichtlich der Einflechtung der Mitbestimmung in das monistische System eine wesentliche Rolle gespielt haben572. Nicht nur diese Grundkonzeption, sondern auch zahlreiche Detailfragen des 45.142 „deutschen monistischen Systems“ waren allerdings von Anfang an auch Gegenstand teils heftiger Kritik. Soweit ihm eine übermäßige Detailliertheit und Unflexibilität573 – speziell im Vergleich zum monistischen System in anderen europäischen Ländern574 – vorgeworfen wird, erscheint dies auch durchaus berechtigt. Unbegründet ist hingegen die teils erhobene Schelte als europarechtswidriges „verdeckt dualistisches System“575. Es handelt es sich vielmehr um eine europarechtskonforme Konzeption auf der Basis von Art. 43 Abs. 4 SE-VO576 (und nicht etwa Art. 43 Abs. 1 S. 2 SE-VO577), der die konkrete Ausgestaltung des monistischen Systems dem nationalen Gesetzgeber überlässt578, wobei sich aus Art. 43 Abs. 1 S. 2 SE-VO aber zugleich die Wertung entnehmen lässt, dass die SE-VO Organisationsvarianten mit besonderen Geschäftsführern für die laufenden Geschäfte grundsätzlich akzeptiert579. Überdies ist auch das Verdikt des „versteckten Dualismus“ nicht gerechtfertigt, denn erstens fehlt dem monistischen System des SEAG aufgrund der Möglichkeit sog. interner geschäftsführender Direktoren (→ 45.148) gerade die für das dualistische System charakteristische zwingende personelle Trennung580, und zweitens ist die Stellung der geschäftsführenden Direktoren mit Blick auf ihre Weisungsgebundenheit und jederzeitige Abberufbarkeit (→ 45.149) eine völlig andere als die des Leitungsorgans im dualistischen System581.

Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 Rn. 60; ders. BB 2004, 53, 57 f.; J. Schmidt, SE, S. 584 m.w.N. 572 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 585; Bachmann ZEuP 2008, 32, 41 f.; allg. zur Bedeutung der Funktionentrennung für die Integration der Mitbestimmung etwa: Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2004, 75, 82; Henssler FS Ulmer, 2003, S. 193, 208; Hirte DStR 2005, 700, 701. 573 Vgl. BR, BR-Drs. 438/04(B), S. 10; Forstmoser ZGR 2003, 688, 718 f.; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2004, 75, 82; ders. NZG 2004, 957, 959; Hoffmann-Becking ZGR 2004, 355, 377 f.; Ihrig/Wagner BB 2003, 969, 975; Merkt ZGR 2003, 650, 653 f. 574 Vgl. speziell im Vergleich zur „britischen“ SE: J. Schmidt, SE, S. 631. 575 I.d.S.  Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2004, 75, 82; ders. NZG 2004, 957, 959; Hoffmann-Becking ZGR 2004, 355, 373 ff. 576  Vgl. BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 36; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Teichmann Art. 43 Rn. 58 ff.; Habersack/Drinhausen/Verse Vor § 20 SEAG Rn. 4 f.; J. Schmidt, SE, S. 586 ff. m.w.N. 577 So aber etwa Hirte DStR 2005, 700, 701; Ihrig/Wagner BB 2003, 969, 975; Merkt ZGR 2003, 651, 656; Art. 43 Abs. 1 S. 2 SE-VO richtet sich jedoch nur an Mitgliedstaaten, deren nationales Recht das monistische System kennt, vgl. o. Rn. 92, 133. 578 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 586. 579 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 586 f. m.w.N. 580 Vgl. Teichmann in: Theisen/Wenz, Europäische Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 2005, S. 691, 734; Hirte DStR 2005, 700, 701; Ihrig/Wagner BB 2004, 1749, 1757 f.; Waclawik DB 2004, 1191, 1196; J. Schmidt, SE, S. 587 m.w.N. 581 Vgl. Ihrig/Wagner BB 2004, 1749, 1758; Neye/Teichmann AG 2003, 169, 177, 179; Teichmann BB 2004, 53, 54; Velte WM 2010, 1635, 1637; Waclawik DB 2004, 1191, 1196; J. Schmidt, SE, S. 587 m.w.N.

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(2)  Verwaltungsrat Grundaufgabe des Verwaltungsrats ist die Oberleitung582 der SE: Er leitet die Gesell- 45.143 schaft, bestimmt die Grundlinien ihrer Tätigkeit und überwacht deren Umsetzung (§ 22 Abs. 1 SEAG); er trägt also die Letztverantwortung für die gesamte Unternehmenspolitik und die strategischen Entscheidungen583. In Konkretisierung dessen weist das SEAG dem Verwaltungsrat zudem eine Reihe von Aufgaben und Kompetenzen speziell zu: Er hat ein umfassendes Einsichts- und Prüfungsrecht (§ 22 Abs. 4 S. 1, 2 SEAG), muss die Hauptversammlung einberufen, wenn das Wohl der SE es verlangt (§ 22 Abs. 2 S. 1, 2 SEAG); ist zuständig für Vorbereitung und Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen (§ 22 Abs. 2 S. 3 SEAG i.V.m. § 83 Abs. 2 AktG) sowie für Bestellung und Abberufung der geschäftsführenden Direktoren (→ 45.149); muss für die Führung der Handelsbücher und die Einrichtung eines Risikomanagementsystems sorgen (§ 22 Abs. 3 SEAG); den Jahresabschluss prüfen (§ 47 Abs. 3–5 SEAG) und den Prüfungsauftrag an den Abschlussprüfer erteilen (§ 22 Abs. 4 S. 3 SEAG); ferner trifft ihn ggf. die Pflicht zur Verlustanzeige (§ 22 Abs. 5 S. 1 SEAG) und zur Stellung des Insolvenzantrags (§ 22 Abs. 5 S. 2 SEAG)584. Komplementiert werden diese speziellen Kompetenznormen in § 22 Abs. 6 SEAG durch eine subsidiäre generalklauselartige Aufgabenzuweisung: Sämtliche Vorschriften, die dem Vorstand oder Aufsichtsrat einer AG Rechte oder Pflichten zuweisen, gelten – vorbehaltlich einer abweichenden Sonderregelung im SEAG – sinngemäß für den Verwaltungsrat. Aufgaben, die im dualistischen System zwischen Vorstand/Leitungsorgan und Aufsichtsrat/-organ verteilt sind, werden also im monistischen System prinzipiell gebündelt dem Verwaltungsrat zugewiesen;585 nur in bestimmten Fällen wird durch Sondernormen im SEAG auch im monistischen System ein „4-Augen-Prinzip“ etabliert586. Durch diesen regelungstechnischen Kunstgriff erreicht der Gesetzgeber nicht nur eine „schlanke“ Lösung, sondern schließt auch Regelungslücken a priori (weitgehend) aus587. Gleichwohl gibt es aber eine ganze Reihe von Regelungen, bei denen die Anwendung im monistischen System im Detail äußerst umstritten ist,

582 Vgl. Schwarz Anh Art. 43 Rn. 43; Neye/Teichmann AG 2003, 169, 177; Teichmann BB 2004, 53; J. Schmidt, SE, S. 588 m.w.N. 583 Vgl. BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 36; Schwarz Anh Art. 43 Rn. 44; J. Schmidt, SE, S. 588 m.w.N. 584 Die ursprüngliche Fassung des § 22 Abs. 5 S. 2 SEAG ordnete schlicht die entsprechende Geltung des § 92 Abs. 2 AktG an, was zu erheblichen Problemen führte (ausf. J. Schmidt NZI 2006, 627, 628 ff.); mit dem MoMiG (Fn. 73) wurden Insolvenzantragspflicht und -recht aber nunmehr eindeutig dem Verwaltungsrat zugewiesen, vgl. BegrRegE z. MoMiG, BR-Drs. 354/07, S. 137. 585 Vgl. BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 37; J. Schmidt, SE, S. 590; Neye/Teichmann AG 2003, 169, 178. 586 Vgl. BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 37. 587 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 22 SEAG) Rn. 41.

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so etwa beim genehmigten Kapital588 oder bei § 21 WpHG589 oder § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG590.591 45.144 Hinsichtlich der grundsätzlich durch die Satzung zu bestimmenden (vgl. Art. 43 Abs. 2 S. 1 SE-VO) Zahl der Mitglieder des Verwaltungsrats etabliert § 23 Abs. 1 SEAG auf der Basis von Art. 43 Abs. 2 S. 2 SE-VO Mindest- und Höchstzahlen.592 § 23 Abs. 2 SEAG enthält einen mit § 17 Abs. 2 SEAG (→ 45.126) korrespondierenden Mitbestimmungsvorbehalt.593 Durch das FührposGleichberG594 wurde für paritätisch mitbestimmte börsennotierte SE eine Geschlechterquote von mind. 30 % eingeführt (§ 24 Abs. 3 SEAG).595 Bezüglich der Bestellung der Mitglieder des Verwaltungsrates verweist § 28 Abs. 1 45.145 SEAG (rein deklaratorisch) auf Art. 43 Abs. 3 SE-VO (→ 45.135);596 § 28 Abs. 2 SEAG überträgt gestützt auf Art. 43 Abs. 4 SE-VO die Regelung zu Entsenderechten in § 101 Abs. 2 AktG auf den Verwaltungsrat597. Für die Bestellung etwaiger Arbeitnehmervertreter598 gilt die jeweilige Mitbestimmungsvereinbarung (vgl. § 21 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 SEBG), in Ermangelung einer solchen die § 36 Abs. 2–4 SEBG599 (→  45.127). § 30 SEAG etabliert an § 104 AktG orientierte Regeln für eine gerichtliche Bestellung.600 Die in § 29 SEAG enthaltenen Vorschriften über die Abberufung lehnen sich an § 103 AktG an.601 Bezüglich der Vergütung der Verwaltungsratsmitglieder und sonstiger Verträge mit diesen gelten §§ 113–115 AktG entsprechend (§ 38 SEAG).602 Zu persönlichen Voraussetzungen und Bestellungshindernissen → 45.98 ff.

588 Dazu näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 22 SEAG) Rn. 47; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 83; Oechsler AG 2005, 449, 454. 589 Dazu KK-AktG/Siems Anh Art. 51 SE-VO (§ 22 SEAG) Rn. 39. 590 Dazu näher KK-AktG/Siems Anh Art. 51 SE-VO (§ 22 SEAG) Rn. 40. 591 Allg. zur Anwendung des § 22 Abs. 6 SEAG: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 22 SEAG) Rn. 42 ff. 592 Näher KK-AktG/Siems Anh Art. 51 SE-VO (§ 23 SEAG) Rn. 3 ff.; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 23 SEAG) Rn. 2 ff.; J. Schmidt, SE, S. 592 f. 593 ´Näher MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 43 SE-VO Rn. 61; KK-AktG/Siems Anh Art. 51 SE-VO (§ 23 SEAG) Rn. 7; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 23 SEAG) Rn. 8. 594 Fn.  466. 595 Vgl. dazu BegrRegE z. FührposGleichberG, BT-Drs. 18/3784, S. 134; Junker/SchmidtPfitzner NZG 2015, 929, 933 f.; Oetker ZHR 179 (2015) 707, 738 ff.; Sagan RdA 2015, 255 ff.; Seibt ZIP 2015, 1193, 1202; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 24 SEAG) Rn. 4 ff.; Teichmann/Rüb BB 2015, 259, 263 ff.; Wasmann/Rothenburg DB 2015, 291, 293; Weller/Harms/Rentsch ZGR 2015, 361. 596 Vgl. BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 38; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 28 SEAG) Rn. 1. 597 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 28 SEAG) Rn. 7 f. m.w.N. 598 Allg. zur Arbeitnehmerbeteiligung → 45.186 ff. 599 Näher speziell zu § 36 Abs. 2–4 SEBG: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 36 SEBG Rn. 10 ff. m.w.N. 600 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 30 SEAG) Rn. 1 ff. m.w.N. 601 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 29 SEAG) Rn. 4 ff. m.w.N. 602 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 38 SEAG) Rn. 1 ff. m.w.N.

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Hinsichtlich der Binnenorganisation des Verwaltungsrats ergänzt das SEAG 45.146 die Vorgaben der SE-VO zu Vorsitz (Art. 45 SE-VO, →  45.138), Sitzungsfrequenz sowie Informationsrecht (Art. 44 SE-VO, → 45.139) und Beschlussfassung (Art. 50 SE-VO, → 45.106 ff.) durch – an die entsprechenden Vorschriften des AktG für den Aufsichtsrat angelehnte – Regelungen betreffend den stellvertretenden Vorsitzenden (§ 34 Abs. 1 SEAG)603, die Geschäftsordnung (§ 34 Abs. 2 SEAG)604, die Sitzungsniederschrift (§ 34 Abs. 3 SEAG)605, die Bildung von Ausschüssen (§ 34 Abs. 4 SEAG)606, Form und Teilnahme der Beschlussfassung (§ 35 Abs. 1, 2 SEAG)607 sowie Teilnahme an (§ 36 SEAG)608 und Einberufung (§ 37 SEAG)609 der Sitzungen. Um der Gefahr einer Überparität der Arbeitnehmerseite vorzubeugen, wurde in der letzten Phase des Gesetzgebungsverfahrens in § 35 Abs. 3 SEAG zudem ein Zweitstimmrecht des Vorsitzenden für den Fall, dass ein interner geschäftsführender Direktor aus rechtlichen Gründen an der Stimmrechtausübung gehindert ist, eingeführt610, das jedoch nicht nur hinsichtlich seines Anwendungsbereichs unklar611, sondern auch rechtspolitisch umstritten ist612. (3)  Geschäftsführende Direktoren Der oder die geschäftsführende(n) Direktor(en) sind für die Führung der 45.147 (laufenden)613 Geschäfte zuständig (§ 40 Abs. 2 S. 1 SEAG); vorbehaltlich einer ab603 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§§ 34, 54 SEAG) Rn. 4 ff. m.w.N. 604 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§§ 34, 54 SEAG) Rn. 10 ff. m.w.N. 605 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§§ 34, 54 SEAG) Rn. 14 ff. m.w.N. 606 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 38 SEAG) Rn. 18 ff. m.w.N. 607 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 35 SEAG) Rn. 6 ff. m.w.N. 608 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 36 SEAG) Rn. 3 ff. m.w.N. 609 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 38 SEAG) Rn. 1 ff. m.w.N. 610 Näher zu Normgenese und Hintergründen etwa Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 35 SEAG) Rn. 10; J. Schmidt, SE, S. 599 m.w.N. 611 Vgl. zur Problematik: Schwarz Anh Art. 43 Rn. 216 ff.; KK-AktG/Siems Anh Art. 51 SE-VO (§ 35 SEAG) Rn. 5 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 35 SEAG) Rn. 12 ff.; J. Schmidt, SE, S. 599 (jeweils m.w.N.). 612 Vgl. kritisch etwa Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 35 SEAG) Rn. 15; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 77 Fn. 212. 613 § 40 Abs. 2 S. 1 SEAG weist den geschäftsführenden Direktoren zwar pauschal die Führung der Geschäfte der SE zu, die Gesetzesbegründung (BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 39) bezieht sich aber explizit auf die „laufende Geschäftsführung“. Vor diesem Hintergrund ist im Schrifttum streitig, ob die geschäftsführenden Direktoren auch außergewöhnliche Geschäfte tätigen dürfen; dafür etwa Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 43 SE-VO Rn. 15; KK-AktG/Siems Anh Art. 51 SE-VO (§ 40 SEAG) Rn. 54; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 40 SEAG) Rn. 30; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 88; Habersack/Drinhausen/Verse § 40 SEAG Rn. 34; für eine Beschränkung auf „laufende Geschäfte“ etwa Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 43

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weichenden Regelung in der Satzung oder einer vom Verwaltungsrat erlassenen Geschäftsordnung besteht Gesamtgeschäftsführungsbefugnis (§ 40 Abs. 2 S. 2 SEAG)614. Zweite Hauptaufgabe ist die organschaftliche Vertretung der SE nach außen615 (§ 41 SEAG, der sich im Detail an § 78 AktG orientiert); ihre Vertretungsmacht ist nach außen unbeschränkt und unbeschränkbar (§ 44 Abs. 1 SEAG).616 Als weitere Aufgaben weist ihnen das SEAG zudem bestimmte Berichtspflichten (§ 40 Abs. 3 SEAG617, § 40 Abs. 6 SEAG i.V.m. § 90 AktG618), die Vornahme der Handelsregisteranmeldungen (§ 46 Abs. 1, 40 Abs. 2 S. 4 SEAG)619 sowie die Aufstellung von Jahresabschluss und Lagebericht (§ 47 Abs. 1 S. 1 SEAG)620 zu. Die Zahl der geschäftsführenden Direktoren ist – außer im Falle gesetzlicher Mit45.148 bestimmung621, wo der (allerdings europarechtlich bedenklich, → 45.118) § 38 Abs. 2 SEAG mindestens 2 Personen, eine davon als „Arbeitsdirektor“, vorsieht – prinzipiell dem Verwaltungsrat bzw. der Satzung überlassen (vgl. § 40 Abs. 1 S. 1 und 5 SEAG).622 Bestellt werden können sowohl Mitglieder des Verwaltungsrats (sog. interne geschäftsführende Direktoren) als auch Dritte (sog. externe geschäftsführende Direktoren); die Mehrheit des Verwaltungsrats muss aber stets aus nicht-geschäftsführenden Mitgliedern bestehen, vgl. § 40 Abs. 1 S. 2 und 4 SEAG.623 Grundsätzlich zulässig (wenngleich unter Corporate Governance-Aspekten nicht unbedenklich624, 625) Rn. 140; MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 43 SE-VO Rn. 172 f.; Schwarz Anh Art. 43 Rn. 276; J. Schmidt, SE, S. 605; Ihrig ZGR 2008, 809, 815; Kallmeyer ZIP 2003, 1531, 1532. Im Außenverhältnis wirkt sich dies aufgrund der unbeschränkten Vertretungsmacht der geschäftsführenden Direktoren freilich ohnehin nicht aus. 614 Näher zu möglichen Gestaltungsoptionen: KK-AktG/Siems Anh Art. 51 SE-VO (§ 40 SEAG) Rn. 60 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 40 SEAG) Rn. 36 ff. 615 Für die Vertretung der SE gegenüber den geschäftsführenden Direktoren ist gem. § 41 Abs. 5 SEAG der Verwaltungsrat zuständig. 616 Näher zur Vertretung: KK-AktG/Siems Anh Art. 51 SE-VO (§ 41 SEAG) Rn. 5 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 41 SEAG) Rn. 6 ff.; J. Schmidt, SE, S. 606 m.w.N.; speziell zu statutarischen Gestaltungsoptionen: Rockstroh BB 2012, 1620, 1621 ff. 617 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 40 SEAG) Rn. 41 ff. m.w.N. 618 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 40 SEAG) Rn. 39 f. m.w.N. 619 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 40 SEAG) Rn. 35, Art. 43 (§ 46 SEAG) Rn. 1 ff. m.w.N. 620 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 47 SEAG) Rn. 5 ff. m.w.N. 621 Allg. zur Arbeitnehmerbeteiligung → 45.186 ff. 622 Vgl. Schwarz Anh Art. 43 Rn. 272; KK-AktG/Siems Anh Art. 51 SE-VO (§ 40 SEAG) Rn. 17; J. Schmidt, SE, S. 608. 623 Näher Schwarz Anh Art. 43 Rn. 266 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 40 SEAG) Rn. 19 ff.; J. Schmidt, SE, S. 608 m.w.N. 624 Vgl. kritisch etwa BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 39 („erscheint nicht sinnvoll“); Bachmann ZGR 2008, 779, 789 f.; Casper ZHR 173 (2009) 181, 215; Gruber/Weller NZG 2003, 297, 300; Teichmann BB 2004, 53, 54; für eine solche Organisationsstruktur (zumindest in bestimmten Fällen) dagegen etwa Eder NZG 2004, 544 ff.; Forstmoser ZGR 2003, 688, 714; Kallmeyer ZIP 2003, 1531, 1534; Lutter/Kollmorgen/Feldhaus BB 2005, 2473, 2476.

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ist insbesondere auch die Bestellung des Verwaltungsratsvorsitzenden zum (ggf. auch vorsitzenden)625 geschäftsführenden Direktor und damit die Etablierung eines „CEOModells“.626 Gem. § 22 Abs. 6 SEAG i.V.m. § 111 Abs. 5 AktG (eingeführt durch das FührposGleichberG627) müssen bei SE, die börsennotiert oder mitbestimmt sind, durch den Verwaltungsrat Zielgrößen für den Frauenanteil bei den geschäftsführenden Direktoren festgelegt werden.628 Zu sonstigen persönlichen Voraussetzungen und Bestellungshindernissen → 45.98 ff. Im Verhältnis zum Verwaltungsrat ähnelt die Position der geschäftsführenden Di- 45.149 rektoren derjenigen des GmbH-Geschäftsführers im Verhältnis zur Gesellschafterversammlung629: Sie werden vom Verwaltungsrat bestellt (§ 40 Abs. 1 S. 1 SEAG)630, 631 und können von diesem – vorbehaltlich einer abweichenden statutarischen Regelung – grundsätzlich jederzeit und ohne Begründung wieder abberufen werden (§ 40 Abs. 5 S. 1 SEAG)632; zudem ergibt sich aus § 44 Abs. 2 SEAG eine sowohl qualitativ als auch quantitativ grundsätzlich umfassende Weisungsbefugnis des Verwaltungsrats633. Hinsichtlich Vergütung, Wettbewerbsverbot und Kreditgewährung erklärt § 40 Abs. 7 SEAG die §§ 87–89 AktG für entsprechend anwendbar.634 Hinsichtlich Beschlussfähigkeit und -fassung des Direktoriums gelten – unge- 45.150 achtet abweichender Äußerungen im Schrifttum – die Regeln des Art. 50 SE-VO (→ 45.106 ff.). I.Ü. existieren hinsichtlich der Binnenorganisation keine zwingenden gesetzlichen Vorgaben. Für den Erlass einer Geschäftsordnung ist gem. § 40 Abs. 4

625 Vgl. zu Überlegungen betreffend Beschränkungen einer Kombination von chairman und CEO → 13.36 f. 626 Vgl. MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 43 SE-VO Rn. 27; KK-AktG/Siems Anh Art. 51 SE-VO (§ 40 SEAG) Rn. 20; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 40 SEAG) Rn. 19; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 81; Lutter/Kollmorgen/Feldhaus BB 2005, 2473, 2476; Merkt ZGR 2003, 651, 664; J. Schmidt, SE, S. 609 m.w.N. 627 Fn.  466. 628 Vgl. dazu Bericht RA z. FührposGleichberG, BT-Drs. 18/4227, S. 23. 629 Vgl. BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 39; Schwarz Anh Art. 43 Rn. 339; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 44 SEAG) Rn. 8; Neye/Teichmann AG 2003, 169, 179; J. Schmidt, SE, S. 607 m.w.N. 630 Näher MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 43 SE-VO Rn. 105 ff.; KK-AktG/Siems Anh Art. 51 SE-VO (§ 40 SEAG) Rn. 10 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 40 SEAG) Rn. 14 ff. m.w.N. 631 § 45 SEAG normiert für den Fall von Vakanzen allerdings eine Notbestellungskompetenz des Gerichts, dazu näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 45 SEAG) Rn. 1 ff. m.w.N. 632 Näher MüKoAktG/Reichert/Brandes Art. 43 SE-VO Rn. 132 ff.; KK-AktG/Siems Anh Art. 51 SE-VO (§ 40 SEAG) Rn. 73 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 40 SEAG) Rn. 48 ff. m.w.N. 633 Näher Schwarz Anh Art. 43 Rn. 339 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 44 SEAG) Rn. 9 ff.; J. Schmidt, SE, S. 607 f.; Ihrig ZGR 2008, 809, 818 ff., 823 ff.; Verse FS-Hoffmann-Becking, 2012, S. 1277 ff. 634 Näher Schwarz Anh Art. 43 Rn. 283 f.; KK-AktG/Siems Anh Art. 51 SE-VO (§ 40 SEAG) Rn. 65; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 40 SEAG) Rn. 44 ff.; J. Schmidt, SE, S. 613 m.w.N.

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SEAG primär der Verwaltungsrat (und nur subsidiär die geschäftsführenden Direktoren selbst) zuständig; zudem kann die Satzung Einzelfragen bindend regeln.635 3.  Hauptversammlung 45.151 Unabhängig vom gewählten Leitungsmodell verfügt jede SE als „Grundorgan“636 über eine Hauptversammlung (vgl. Art. 38 lit. a SE-VO). Die Regelungen in Art. 52– 60 SE-VO über deren Kompetenzen und Prozedere sind allerdings – entsprechend der allgemeinen Konzeption der SE-VO (→ 45.22) – eher fragmentarisch und durch weitreichende Verweisungen auf nationales Recht geprägt,637 das jedoch zumindest für börsennotierte AG (und damit auch SE) durch die ARRL (→ § 29) in wichtigen Punkten harmonisiert wurde. a)  Kompetenzen 45.152 Hinsichtlich der Kompetenzen der Hauptversammlung sieht Art. 52 SE-VO – anders als frühere Entwürfe638 – keinen enumerativen Kompetenzkatalog mehr vor, sondern etabliert lediglich eine vierstufige „Kompetenzpyramide“ oder „Kompetenzkollisionsregel“639: Erstens ist die Hauptversammlung kraft ausdrücklicher Kompetenzzuweisung in 45.153 der SE-VO (Art. 52 UAbs. 1 lit. a SE-VO) zuständig für die Bestellung der Mitglieder des Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgans (Art. 40 Abs. 2 S. 1 bzw. Art. 43 Abs. 3 S. 1 SE-VO, → 45.127, 45.135, 45.145) sowie ggf. auch des Leitungsorgans (Art. 39 Abs. 2 UAbs. 2 SE-VO, →  45.119), Satzungsänderungen (Art. 59 Abs. 1 SE-VO, → 45.166), grenzüberschreitende Sitzverlegungen (Art. 8 Abs. 6 SE-VO, → 45.172), Rückumwandlung in eine nationale AG (Art. 66 Abs. 6 SE-VO, → 45.179) sowie die Beteiligung an der Gründung einer Verschmelzungs- oder Holding-SE (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 bzw. Art. 32 Abs. 6 SE-VO, → 45.41, 45.54, 45.182).640 Soweit im Schrifttum vereinzelt die Auffassung vertreten wird, dass sich der SE-VO daneben

635 Näher Schwarz Anh Art. 43 Rn. 289 ff.; KK-AktG/Siems Anh Art. 51 SE-VO (§ 40 SEAG) Rn. 84 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Teichmann Art. 43 (§ 40 SEAG) Rn. 52 ff. m.w.N. 636 Vgl. Lutter BB 2002, 1, 4. 637 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 636. 638 Vgl. Art. 83 SE-VOE 1970/75 (Fn. 11 f.) und Art. 81 SE-VOE 1989 (Fn. 15); zur Normgenese ausf. Schwarz 52 Rn. 2 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 52 Rn. 3 ff. m.w.N. 639 Vgl. J. Schmidt, SE, S. 637. 640 Näher Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 52 SE-VO Rn. 3 ff.; KK-AktG/Kiem Art. 52 SE-VO Rn. 12 ff.; Manz/Mayer/Schröder/Mayer Art. 52 Rn. 4; Schwarz, SE, Art. 52 Rn. 9 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 52 Rn. 12 ff.; J. Schmidt, SE, S. 638 f.

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auch eine generelle „ungeschriebene“ Zuständigkeit für grundlegende Strukturentscheidungen entnehmen lasse641, vermag dies nicht zu überzeugen.642 Zweitens ist die Hauptversammlung zuständig für Angelegenheiten, für die ihr 45.154 durch Umsetzungsvorschriften zur SE-RL die alleinige Zuständigkeit übertragen wird (Art. 52 UAbs. 1 lit. b SE-VO). Die endgültige Fassung der SE-RL selbst enthält allerdings keine Kompetenzzuweisung an die Hauptversammlung;643 soweit §§ 36 Abs. 4, 37 Abs. 1 S. 4 SEBG644 der Hauptversammlung die Zuständigkeit für die Bestellung und Abberufung der Arbeitnehmervertreter zuweisen, beruhen diese nicht auf der SE-RL, sondern auf Art. 40 Abs. 2, 43 Abs. 3 SE-VO, fallen also nicht unter Art. 52 UAbs. 1 lit. b SE-VO645, sondern unter Art. 52 UAbs. 2 Alt. 1 SE-VO. Drittens besteht eine Hauptversammlungskompetenz gem. Art. 52 UAbs. 2 45.155 Alt. 1 SE-VO für Angelegenheiten, für die ihr durch das Aktienrecht des Sitzstaats die Zuständigkeit übertragen worden ist, wobei nationales Recht freilich nur insoweit kompetenzbegründend sein kann, als keine vorrangige Regelung in der SE-VO entgegensteht646. Erfasst sind dabei richtiger Ansicht nach auch ungeschriebene Zuständigkeiten kraft nationalen Rechts.647 Für die „deutsche“ SE gelten also die allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften des deutschen Aktienrechts, speziell der Katalog des § 119 AktG (wobei jedoch Nr. 1, 5 und 6 durch Art. 40 Abs. 2 S. 1 bzw. Art. 59 Abs. 1 SEVO überlagert werden648),649 sowie die „Holzmüller/Gelatine“650-Grundsätze651. Viertens können der Hauptversammlung i.R.d. nach nationalem Recht bestehen- 45.156 den Satzungsfreiheit – und natürlich nur i.R.d. vorrangigen unionsrechtlichen Vor641 So etwa Spindler (Fn. 442), S. 223, 229 ff.; vgl. auch Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Spindler Art. 52 Rn. 22, 47; ihm folgend Nagel/Freis/Kleinsorge/Nagel GesR SE Rn. 103. 642 Ausf. J. Schmidt, SE, S. 640 f. 643 Anders noch Art. 3 Abs. 3, 4 Abs. 2 SE-RLE 1991 (Fn. 16). Dies erklärt wohl auch die Beibehaltung der Kompetenzregelung in lit. b, vgl. Brandt (Fn. 113), S. 142; Schwarz, SE, Art. 52 Rn. 13. 644 Dazu näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 36 Rn. 14 ff., § 37 Rn. 3 ff. m.w.N. 645 So aber offenbar Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 52 Rn. 19 ff.; wie hier dagegen i.E. KK-AktG/Kiem Art. 52 SE-VO Rn. 25; Schwarz, SE, Art.  52 Rn. 13; J. Schmidt, SE, S. 641. 646 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 52 SE-VO Rn. 7; Manz/Mayer/Schröder/Mayer Art. 52 Rn. 11; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 52 Rn. 9; Brandt (Fn. 113), S. 120; J. Schmidt, SE, S. 641. 647 Vgl. Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 52 Rn. 20; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 52 SE-VO Rn. 12; KK-AktG/Kiem Art. 52 SE-VO Rn. 36; Manz/Mayer/Schröder/Mayer Art. 52 Rn. 10; Schwarz, SE, Art. 52 Rn. 34 f.; J. Schmidt, SE, S. 642 m.w.N.; a.A. Brandt (Fn. 113), S. 123 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 52 Rn. 47. 648 Vgl. Schwarz, SE, Art. 52 Rn. 22; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 52 Rn. 36. 649 Näher KK-AktG/Kiem Art. 52 SE-VO Rn. 26 ff.; Schwarz, SE, Art. 52 Rn. 21 ff.; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 52 Rn. 25 ff.; J. Schmidt, SE, S. 642 ff. 650 Fn.  233. 651 Vgl. Art. 52 Rn. 12; KK-AktG/Kiem Art. 52 SE-VO Rn. 36; Manz/Mayer/Schröder/ Mayer Art. 52 Rn. 18; Schwarz, SE, Art. 52 Rn. 35; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 93; J. Schmidt, SE, S. 644 m.w.N.; a.A. Brandt (Fn. 113), S. 127 ff.; MüKoAktG/Kubis Art. 52 SE-VO Rn. 22; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 52 Rn. 47.

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gaben652 – statutarisch weitere Kompetenzen zugewiesen werden (Art. 52 UAbs. 2 Alt. 2 SE-VO). Bei „deutschen“ SE ist dies wegen der Satzungsstrenge des deutschen Aktienrechts (§ 23 Abs. 5 AktG) freilich nur in sehr eingeschränktem Maße möglich.653 b)  Organisation und Ablauf der Hauptversammlung 45.157 Art. 54 Abs. 1 S. 1 SE-VO etabliert einen Mindestturnus von einem Kalenderjahr (und zwar jeweils binnen 6 Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres), der jedoch unter dem Vorbehalt einer höheren obligatorischen Sitzungsfrequenz nach dem nationalen Recht des Sitzstaats steht (eine solche existiert allerdings im deutschen Recht nicht).654 Art. 54 Abs. 1 S. 2 SE-VO eröffnet den Mitgliedstaaten die Option, die erste Hauptversammlung erst spätestens 18 Monate nach Gründung der SE zu verlangen655 (wovon Deutschland jedoch – anders als z.B. das UK656 – keinen Gebrauch gemacht hat657). Einberufungsberechtigt sind gem. Art. 54 Abs. 2 SE-VO jedenfalls das Leitungs45.158 und Aufsichtsorgan bzw. das Verwaltungsorgan;658 wenn und soweit das nationale Aktienrecht anderen Organen oder Behörden659 ein Einberufungsrecht gewährt, zudem auch diese660 (bei „deutschen“ SE kommt insoweit z.B. ein statutarisches Ein652 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 52 SE-VO Rn. 14; KK-AktG/Kiem Art. 52 SE-VO Rn. 7; Schwarz, SE, Art. 52 Rn. 33; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 52 Rn. 45. 653 Näher KK-AktG/Kiem Art. 52 SE-VO Rn. 38; MüKoAktG/Kubis Art. 52 SE-VO Rn. 23; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 52 Rn. 36; J. Schmidt, SE, S. 646. 654 Näher KK-AktG/Kiem Art. 54 SE-VO Rn. 9 f.; MüKoAktG/Kubis Art. 54 SE-VO Rn. 3 f.; Schwarz, SE, Art. 54 Rn. 4; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 54 Rn. 6 ff. 655 Näher KK-AktG/Kiem Art. 54 SE-VO Rn. 12; Schwarz, SE, Art. 52 Rn. 5; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 54 Rn. 9. 656 Vgl. r. 65 SI 2004/2326. 657 Da der deutsche Gesetzgeber gerade keine entsprechende Regelung getroffen hat, ist entgegen MüKoAktG/Kubis Art. 52 SE-VO Rn. 7, auch nicht etwa die 8-Monats-Frist der §§ 175 Abs. 1 S. 2, 120 Abs. 1 S. 1 AktG anzuwenden; zutreffend Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 54 SE-VO Rn. 2; KK-AktG/Kiem Art. 54 SE-VO Rn. 12; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/Spindler Art. 54 Rn. 9. 658 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 54 SE-VO Rn. 14; MüKoAktG/Kubis Art. 54 SE-VO Rn. 8; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 54 Rn. 12 f.; Brandt (Fn. 113), S. 181; J. Schmidt, SE, S. 653; abw. Schwarz, SE, Art. 54 Rn. 8 (nur soweit dies im nationalen Aktienrecht vorgesehen ist). 659 Liste der nationalen Behörden → Fn. 176. 660 Ebenso i.E. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 54 SE-VO Rn. 3; MüKoAktG/Kubis Art. 54 SE-VO Rn. 8; Mayer (Fn. 330), Art. 54 Rn. 9 f.; J. Schmidt, SE, S. 653; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 49 Rn. 94; abw. (unabhängig vom nationalen Recht): Brandt (Fn. 113), S. 181; KK-AktG/Kiem Art. 54 SE-VO Rn. 15; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 54 Rn. 12 f. Entgegen manchen Stimmen im Schrifttum (so etwa Brandt (Fn. 113), S. 181; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 54 Rn. 14) sind die Mitgliedstaaten auch nicht etwa verpflichtet, eine entsprechende Behördenkompetenz zu schaffen (vgl. Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 54 Rn. 16; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 54

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berufungsrecht eines Beirats in Betracht661; behördliche Einberufungsrechte bestehen nach deutschem Recht nicht662). Eines besonderen Einberufungsgrundes bedarf es nicht („jederzeit“)663; aus dem insoweit gem. Art. 53 SE-VO anwendbaren nationalen Recht kann sich jedoch in bestimmten Fällen eine Einberufungspflicht ergeben664 (bei „deutschen“ SE z.B. § 175 Abs. 1 AktG665). Die näheren Modalitäten der Einberufung (speziell Form, Frist und Inhalt) richten sich gem. Art. 53 SE-VO nach nationalem Recht (das allerdings insofern durch die ARRL zumindest für börsennotierte AG in wichtigen Punkten harmonisiert wurde, → 29); bei „deutschen“ SE gelten also insoweit die allgemeinen aktienrechtlichen Vorschriften666. Art. 55 SE-VO etabliert ein Minderheitenrecht auf Einberufung der Haupt- 45.159 versammlung und Aufstellung der Tagesordnung (der Antrag muss daher auch die Tagesordnungspunkte enthalten, Art. 55 Abs. 2 SE-VO667). Das Quorum beträgt gem. Art. 55 Abs. 1 SE-VO grundsätzlich 10 % des gezeichneten Kapitals; Satzung oder nationales Recht können aber – allerdings nur im Gleichlauf mit dem jeweiligen nationalen Aktienrecht – ein niedrigeres Quorum vorsehen668 (§ 50 Abs. 1 SEAG senkt das Quorum für „deutsche“ SE auf 5 %669). Wird dem Antrag nicht entsprochen, so ermöglicht Art. 55 Abs. 3 S. 1 SE-VO eine Durchsetzung kraft staatlicher Autorität, deren nähere Modalitäten sich nach nationalem Recht richten670 (bei „deutschen“ SE ist gem. § 4 S. 2 SEAG i.V.m. §§ 375 Nr. 4, 376 f. FamFG das Amtsgericht am Sitz der SE zuständig671); S. 2 lässt i.Ü. nationalrechtliche Einberufungsbefugnisse von AktioSE-VO Rn. 3; KK-AktG/Kiem Art. 54 SE-VO Rn. 19; Schwarz, SE, Art. 54 Rn. 10; J. Schmidt, SE, S. 653). 661 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 54 SE-VO Rn. 3; KK-AktG/Kiem Art. 54 SE-VO Rn. 15, 20; Kubis (Fn. 434), Art. 54 Rn. 8; Spindler (Fn. 622), Art. 54 Rn. 15; J. Schmidt, SE, S. 654. 662 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 54 SE-VO Rn. 19; Schwarz, SE, Art. 54 Rn. 10; J. Schmidt, SE, S. 654. Bei Unternehmen im Finanz- und Versicherungssektor kann die BaFin jedoch gem. § 44 Abs. 5 S. 1 KWG bzw. § 306 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 VAG die Einberufung verlangen. 663 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 54 SE-VO Rn. 16; MüKoAktG/Kubis Art. 54 SE-VO Rn. 10; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 54 Rn. 16; J. Schmidt, SE, S. 654; abw. Schwarz, SE, Art. 54 Rn. 29. 664 Vgl. MüKoAktG/Kubis Art. 53 SE-VO Rn. 3; J. Schmidt, SE, S. 654; i.E. (gestützt auf Art. 54 Abs. 2 SE-VO) auch KK-AktG/Kiem Art. 54 SE-VO Rn. 17; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 54 Rn. 17. 665 Näher zu Einberufungspflichten bei „deutschen“ SE: KK-AktG/Kiem Art. 54 SE-VO Rn. 18; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 54 Rn. 18; J. Schmidt, SE, S. 655. 666 Näher dazu KK-AktG/Kiem Art. 54 SE-VO Rn. 23 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Spindler Art. 54 Rn. 18 ff.; J. Schmidt, SE, S. 656 ff. 667 Näher zu Adressat, Inhalt und Form des Antrags KK-AktG/Kiem Art. 55 SE-VO Rn. 10 ff.; Schwarz, SE, Art. 55 Rn. 9 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 55 Rn. 11 f.; J. Schmidt, SE, S. 663. 668 Näher KK-AktG/Kiem Art. 55 SE-VO Rn. 3 ff.; Schwarz, SE, Art. 55 Rn. 7 ff.; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 55 Rn. 5 ff.; J. Schmidt, SE, S. 662. 669 Dadurch wird ein Gleichlauf mit § 122 Abs. 1 AktG erreicht, vgl. BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 40; J. Schmidt, SE, S. 662. 670 Näher KK-AktG/Kiem Art. 55 SE-VO Rn. 34 ff.; Schwarz, SE, Art. 55 Rn. 20 ff.; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 55 Rn. 18 ff.; J. Schmidt, SE, S. 663 ff. m.w.N. 671 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 55 SE-VO Rn. 39.

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nären unberührt (solche existieren jedoch im deutschen – anders als z.B. im britischen Recht672 – nicht)673. Art. 56 SE-VO gewährt zudem ein Minderheitenrecht auf Ergänzung der Tages45.160 ordnung. Das Quorum beträgt auch hier gem. S. 1, 3 grundsätzlich 10 %, kann aber durch die Satzung oder nationales Recht – jedoch ebenfalls wiederum nur im Gleichlauf mit dem jeweiligen nationalen Aktienrecht – abgesenkt werden674 (§ 50 Abs. 2 SEAG lässt 5 % oder 500.000 Euro genügen; die teilweise geäußerten Bedenken675 bezüglich der Unionsrechtskonformität der Fixbetragsalternative sind unbegründet676). Verfahren und Fristen richten sich gem. S. 2 nach nationalem Recht, subsidiär nach der Satzung der SE; dies gilt insbesondere auch für die Durchsetzung, Art. 56 Abs. 3 SEVO ist insofern entgegen einer verbreiteten Auffassung677 nicht analog anwendbar678. Bei „deutschen“ SE gelten somit §§ 122 Abs. 2, 124 Abs. 1 AktG679 sowie richtiger Ansicht nach auch § 122 Abs. 3 AktG680. 45.161 I.Ü. richten sich Organisation und Ablauf der Hauptversammlung gem. Art. 53 SE-VO nach dem nationalen Aktienrecht des Sitzstaats der SE, bei „deutschen“ SE also nach deutschem Aktienrecht681; dieses entscheidet also insbesondere über Fragen wie Teilnahmeberechtigung682, Stimmrechtsvertretung683, Rede-684 und Auskunfts-

672 Vgl. s. 305 CA 2006 (früher: s. 368(4) CA 1985), dazu J. Schmidt, SE, S. 665. 673 Näher KK-AktG/Kiem Art. 55 SE-VO Rn. 44; Schwarz, SE, Art. 55 Rn. 35; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 55 Rn. 30. 674 Näher KK-AktG/Kiem Art. 55 SE-VO Rn. 5; Schwarz, SE, Art. 56 Rn. 5 ff. 675 Vgl. Brandt (Fn. 113), S. 209 ff.; Schwarz, SE, Art. 56 Rn. 9; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 56 Rn. 9. 676 Vgl. BegrRegE z. SEAG, BT-Drs. 15/3405, S. 40; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 55, 56 SE-VO Rn. 11; KK-AktG/Kiem Art. 56 SE-VO Rn. 8; MüKoAktG/Kubis Art. 55, 56 SE-VO Rn. 19; J. Schmidt, SE, S. 668; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2004, 75, 85. 677 So Brandt (Fn. 113), S. 220 f.; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 55, 56 SE-VO Rn. 12; KKAktG/Kiem Art. 56 SE-VO Rn. 25; MüKoAktG/Kubis Art. 55, 56 SE-VO Rn. 22; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 56 Rn. 21. 678 Vgl. S. Maul in: Van Hulle/S. Maul/Drinhausen (Hrsg.), Handbuch zur Europäischen Gesellschaft (SE), 2007, § 4 Rn. 59; Manz/Mayer/Schröder/Mayer Art. 56 Rn. 7; J. Schmidt, SE, S. 668 f. 679 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 56 SE-VO Rn. 17, 19, 24; Schwarz, SE, Art. 56 Rn. 13; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 56 Rn. 18. 680 Vgl. S. Maul (Fn. 678), § 4 Rn. 59; Manz/Mayer/Schröder/Mayer Art. 56 Rn. 13; J. Schmidt, SE, S. 669. 681 Vgl. zu den nachfolgend genannten Bereichen bei der „deutschen“ SE (allerdings teilweise noch auf der Basis der Rechtslage vor dem ARUG): KK-AktG/Kiem Art. 53 SE-VO Rn. 7 ff.; Schwarz, SE, Art. 53 Rn. 8 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 53 Rn. 8 ff.; J. Schmidt, SE, S. 649 ff.; 671 ff. 682 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 53 SE-VO Rn. 6, 14; Schwarz, SE, Art. 53 Rn. 22; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 53 Rn. 17 f.; J. Schmidt, SE, S. 670. 683 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 53 SE-VO Rn. 6; Schwarz, SE, Art. 53 Rn. 16; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 53 Rn. 20; J. Schmidt, SE, S. 683 f. 684 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 53 SE-VO Rn. 6, 20; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 53 Rn. 21; J. Schmidt, SE, S. 670, 677.

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recht685, Ort (inkl. der Zulässigkeit einer „virtuellen Hauptversammlung“)686, Zeit und Dauer687 sowie Leitung688 und Protokollierung689 der Hauptversammlung. Durch die ARRL sind insofern inzwischen aber zumindest für börsennotierte AG (und damit auch SE) einige zentrale Punkte harmonisiert, → 29. c)  Beschlussfassung aa)  Weitgehende Maßgeblichkeit des nationales Rechts Hinsichtlich der Beschlussfassung überlässt die SE-VO ebenfalls vieles dem natio- 45.162 nalen Recht des Sitzstaats. Dies gilt zunächst für die Beschlussfähigkeit (streitig ist indes, ob qua Art. 53 SE-VO690 oder Art. 9 Abs. 1 lit. c Ziff. ii SE-VO691); bei „deutschen“ SE genügt somit – vorbehaltlich einer abweichenden statutarischen Regelung – grundsätzlich ein einziger Aktionär (Ausn.: § 52 Abs. 5 S. 2 AktG).692 Weiterhin ist das nationale Recht des Sitzstaats auch maßgeblich für etwaige Stimmrechtsausschlüsse (auch insoweit ist indes streitig, ob qua Art. 5 SE-VO693, Art. 9 Abs. 1 lit. c Ziff. ii SE-VO694 oder Art. 53 SE-VO695), d.h. bei „deutschen“ SE ist z.B. § 136 Abs. 1 AktG zu beachten, und (insoweit unstreitig gem. Art. 53 SE-VO) das Abstimmungs- und Stimmauszählungsverfahren696 (bei „deutschen“ SE gelten also auch insoweit die allgemeinen Regeln des deutschen Aktienrechts). Schließlich richten sich auch die Rechtsfolgen fehlerhafter Beschlüsse – allerdings gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c Ziff. ii SE-

685 Vgl. BGH NZG 2014, 423 Rn. 13; KK-AktG/Kiem Art. 53 SE-VO Rn. 6, 20; Schwarz, SE, Art. 53 Rn. 24; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 53 Rn. 22; J. Schmidt, SE, S. 670, 678. 686 Vgl. BGH NJW 2015, 336 Rn. 8; KK-AktG/Kiem Art. 53 SE-VO Rn. 6 f.; Schwarz, SE, Art. 53 Rn. 9 f.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 53 Rn. 9 f.; J. Schmidt, SE, S. 649 f. 687 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 53 SE-VO Rn. 6, 11 ff.; Schwarz, SE, Art. 53 Rn. 8, 11; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 53 Rn. 11 f.; J. Schmidt, SE, S. 651. 688 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 53 SE-VO Rn. 6, 16 f.; Schwarz, SE, Art. 53 Rn. 17; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 53 Rn. 25 ff.; J. Schmidt, SE, S. 670, 676. 689 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 53 SE-VO Rn. 6, 16, 21; Schwarz, SE, Art. 53 Rn. 18; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 53 Rn. 29; J. Schmidt, SE, S. 670, 680. 690 So J. Schmidt, SE, S. 682. 691 So KK-AktG/Kiem Art. 53 SE-VO Rn. 8; MüKoAktG/Kubis Art. 57, 58 SE-VO Rn. 1; Schwarz, SE, Art. 57 Rn. 20, Art. 59 Rn. 17; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 57 Rn. 6. 692 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 53 SE-VO Rn. 8; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 57 Rn. 6; J. Schmidt, SE, S. 682. 693 So Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 57 Rn. 8; tendenziell auch KK-AktG/ Kiem Art. 57 SE-VO Rn. 10. 694 So Schwarz, SE, Art. 53 Rn. 20. 695 So MüKoAktG/Kubis Art. 53 SE-VO Rn. 21; J. Schmidt, SE, S. 682. 696 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 58 SE-VO Rn. 4; MüKoAktG/Kubis Art. 53 SE-VO Rn. 21; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 58 Rn. 3; J. Schmidt, SE, S. 687.

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VO – nach dem nationalen Recht des Sitzstaats697, bei „deutschen“ SE gelten also die §§ 241 ff. AktG698. bb)  Vorgaben der SE-VO zu Beschlussmehrheiten, gültigen Stimmen und etwaigen Sonderbeschlüssen 45.163 Eigenständige Vorgaben macht die SE-VO jedoch betreffend die gültigen Stimmen (Art. 58 SE-VO, → 45.164), die Beschlussmehrheiten für „reguläre“ (Art. 57 SE-VO, → 45.165) und satzungsändernde (Art. 59 SE-VO, → 45.166) Beschlüsse sowie hinsichtlich des Erfordernisses etwaiger Sonderbeschlüsse (Art. 60 SE-VO, → 45.167). Art. 58 SE-VO enthält zunächst eine Negativabgrenzung der „abgegebenen 45.164 Stimmen“; nicht mitzuzählen sind danach Stimmen, deren Inhaber nicht an der Abstimmung teilgenommen haben, sich der Stimme enthalten haben oder einen leeren oder ungültigen Stimmzettel699 abgegeben haben.700 45.165 Art. 57 SE-VO etabliert als Grundregel das Erfordernis einer einfachen Stimmenmehrheit, allerdings ausdrücklich nur insoweit, als die SE-VO oder das nationale Aktienrecht des Sitzstaats nicht eine größere Mehrheit vorschreiben. Statutarisch kann ein höheres Mehrheitserfordernis dagegen nicht wirksam begründet werden.701 Die SE-VO selbst verlangt eine höhere Mehrheit insbesondere für satzungsändernde Beschlüsse (Art. 59 SE-VO, → 45.166). Der Vorbehalt zugunsten des nationalen Aktienrechts ist unproblematisch, soweit dieses eine höhere Stimmenmehrheit vorsieht; äußerst umstritten ist er jedoch im Hinblick auf Kapitalmehrheitserfordernisse. Einige sehen auch sie als von Hs. 2 erfasst an702, andere wollen sie in Stimmenmehrheiten „umgedeutet“ auf die SE anwenden703, wieder andere interpretieren Hs. 2 als eine 697 Vgl. BGH NJW 2015, 336 Rn. 7; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 57, 58 SE-VO Rn. 7; KK-AktG/Kiem Art. 57 SE-VO Rn. 43; MüKoAktG/Kubis Art. 53 SE-VO Rn. 22; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 57 Rn. 16; J. Schmidt, SE, S. 702; Göz ZGR 2008, 593, 595. 698 Vgl. BGH NJW 2015, 336 Rn. 7; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 57, 58 SE-VO Rn. 7; KK-AktG/Kiem Art. 57 SE-VO Rn. 43; MüKoAktG/Kubis Art. 53 SE-VO Rn. 22; Schwarz, SE, Art. 57 Rn. 23; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 57 Rn. 16; J. Schmidt, SE, S. 702; ausf. zu Beschlussmängelklagen bei „deutschen“ SE: Göz ZGR 2008, 593 ff. 699 Der Terminus „Stimmzettel“ ist insoweit missverständlich; die SE-VO steht auch sämtlichen anderen, nach dem kraft Art. 53 SE-VO maßgeblichen nationalen Recht zulässigen Abstimmungsmodi (→ 45.162) nicht entgegen, vgl. J. Schmidt, SE, S. 688 m.w.N. 700 Näher KK-AktG/Kiem Art. 58 SE-VO Rn. 6 ff.; MüKoAktG/Kubis Art. 57, 58 SE-VO Rn. 9 ff.; Schwarz, SE, Art. 58 Rn. 4 f.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 58 Rn. 4 ff. 701 Vgl. Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 57, 58 SE-VO Rn. 4; Schwarz, SE, Art. 57 Rn. 15; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 57 Rn. 14; J. Schmidt, SE, S. 693. 702 So Manz/Mayer/Schröder/Mayer Art. 57 Rn. 10; Kalss/Hügel/Zollner § 62 SEG Rn. 29. 703 So MünchHdbGesR IV/Austmann § 86 Rn. 28; Brandt (Fn. 113), S. 250; Spindler/Stilz/ Eberspächer Art. 57, 58 SE-VO Rn. 5; Knapp DStR 2012, 2392, 2395; MüKoAktG/Kubis Art. 57, 58 SE-VO Rn. 7; Schwarz, SE, Art. 57 Rn. 10; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Spindler Art. 57 Rn. 13.

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Sperre für die Anwendung nationaler Kapitalmehrheiten704. Richtiger Ansicht nach sind Kapitalmehrheiten allerdings von vornherein gar nicht – weder im positiven noch im negativen Sinne – vom Regelungsbereich des Art. 57 SE-VO erfasst; ob und welche Kapitalmehrheit(en) erforderlich sind, richtet sich vielmehr gem. Art. 53 SE-VO nach dem nationalen Recht des Sitzstaats.705 Für satzungsändernde Hauptversammlungsbeschlüsse (die zudem nach Art. 59 45.166 Abs. 3 SE-VO gem. Art. 13 SE-VO [→  45.19] offenzulegen sind) verlangt Art. 59 Abs. 1 SE-VO grundsätzlich eine 2/3-Stimmenmehrheit. Dies steht allerdings unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass das Aktienrecht des Sitzstaats der SE keine höhere Mehrheit vorsieht oder zulässt (anders als bei Art. 57 SE-VO [→ 45.165] eröffnet die SE-VO also insofern auch Satzungsautonomie für höhere Mehrheitserfordernisse706). Für die – auch hier sehr kontroverse – Behandlung707 nationaler Kapitalmehrheitserfordernisse gilt insoweit richtiger Ansicht nach dasselbe wie i.R.d. Art. 57 SE-VO (→ 45.165), d.h. diese finden ggf. gem. Art. 53 SE-VO neben dem Erfordernis der Stimmenmehrheit von 2/3 (bzw. einer höheren Stimmenmehrheit nach nationalem Recht) Anwendung708. Art. 59 Abs. 2 SE-VO ermächtigt die Mitgliedstaaten, die einfache Stimmenmehrheit ausreichen zu lassen, sofern mindestens die Hälfte des gezeichneten Kapitals vertreten ist. Der deutsche Gesetzgeber hat hiervon durch § 51 SEAG Gebrauch gemacht; dieser ermächtigt den Satzungsgeber grundsätzlich zu einer entsprechenden Absenkung709, macht hiervon jedoch in S. 2 Ausnahmen für einige besonders gravierende Satzungsänderungen.710 Verfügt die SE – entsprechend dem insoweit gem. Art. 5 SE-VO maßgeblichen 45.167 nationalen Recht (→ 45.85) – über mehrere Gattungen von Aktien, so erfordert ein Hauptversammlungsbeschluss gem. Art. 60 Abs. 1 SE-VO einen Sonderbeschluss durch jede Gruppe von Aktionären, deren spezifische Rechte durch den Beschlus berührt werden; soweit es sich um eine Satzungsänderung handelt, bedarf der Sonderbeschluss der nach Art. 59 Abs. 1, 2 SE-VO (→ 45.166) maßgeblichen satzungsändern704 So S. Maul (Fn. 678), § 4 Rn. 65. 705 Vgl. Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 57 Rn. 27 f.; KK-AktG/Kiem Art. 57 SE-VO Rn. 36 ff.; J. Schmidt, SE, S. 692; s. ferner auch Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 59 Rn. 7 f. Für diese Lösung (zumindest de lege ferenda) i.E. auch AAK ZIP 2009, 698, 699. 706 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 59 SE-VO Rn. 13; Schwarz, SE, Art. 59 Rn. 14; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 59 Rn. 11; J. Schmidt, SE, S. 693. 707 Für eine Erfassung durch Hs. 2: Manz/Mayer/Schröder/Mayer Art. 59 Rn. 13; Kalss/ Hügel/Zollner § 62 SEG Rn. 29 f.; Kiem CLF 2011, 134, 142; für Umdeutung in Stimmenmehrheiten: Brandt (Fn. 113), S. 250; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 59 SE-VO Rn. 4; Knapp DStR 2012, 2392, 2395; MüKoAktG/Kubis Art. 59 SE-VO Rn. 6; Schwarz, SE, Art. 59 Rn. 15; für eine Sperrwirkung des Art. 59 SE-VO: S. Maul (Fn. 678), § 4 Rn. 68. 708 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 59 Rn. 11 f.; Habersack/Drinhausen/ Bücker Art. 59 Rn. 18; KK-AktG/Kiem Art. 59 SE-VO Rn. 16; J. Schmidt, SE, S. 692, 696 f. Für diese Lösung (zumindest de lege ferenda) i.E. auch AAK ZIP 2009, 698, 699. 709 Diese Delegation an den Satzungsgeber ist trotz vereinzelt geltend gemachter Bedenken verordnungskonform, vgl. Schwarz, SE, Art. 59 Rn. 18; J. Schmidt, SE, S. 695 m.w.N. 710 Näher KK-AktG/Kiem Art. 597 SE-VO Rn. 24 ff.; MüKoAktG/Kubis Art. 59 SE-VO Rn. 8 f.; Schwarz, SE, Art. 59 Rn. 18; J. Schmidt, SE, S. 695 f.

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den Mehrheit der jeweiligen Gattungsaktionäre.711 Da Art. 60 Abs. 1 SE-VO richtiger Ansicht nach nur einen Mindeststandard etabliert, kann sich kraft des insoweit gem. Art. 53 SE-VO anwendbaren nationalen Rechts zusätzlich auch das Erfordernis einer Sonderversammlung ergeben; so für „deutsche“ SE in den Fällen der §§ 138 S. 3, 141 Abs. 3 S. 1 AktG.712

VII.  Rechnungslegung 45.168 Hinsichtlich der Aufstellung, Offenlegung und Prüfung der Jahres- und Konzernabschlüsse sowie der dazugehörigen Lageberichte unterliegen SE gem. Art. 61 SE-VO den für AG geltenden Vorschriften des Sitzstaats. Angesichts des in diesem Bereich erreichten Standes der Harmonisierung durch die 4. (Bilanz-)RL und die 7. (Konzernbilanz-)RL (die inzwischen durch die EU-Bilanz-RL ersetzt wurden, → 23), die APRL (und seit 2014 die APVO, → 25) – sowie seit 2002 auch die IFRS-VO (→ 24) – sah man diesbezüglich kein Bedürfnis für eine eigenständige Regelung;713 zudem wurde insoweit auch bewusst eine Gleichbehandlung von SE und nationalen AG angestrebt714. Für „Nicht-Euro-Staaten“ enthält Art. 67 Abs. 2 SE-VO ergänzende Sonderregeln. Für „deutsche“ SE gelten also neben der IFRS-VO die §§ 238 ff., 264 ff. HGB, §§ 150 ff. AktG.715 45.169 Für Kredit- und Finanzinstitute sowie Versicherungsunternehmen in der Rechtsform der SE gelten allerdings – wie die letztlich rein deklaratorische716 lex specialis des Art. 62 SE-VO explizit klarstellt – die jeweiligen nationalen Umsetzungsvorschriften zu entsprechenden bereichsspezifischen Spezial-RL, d.h. bei Kredit- und Finanzinstituten nunmehr CRD IV und CRR (→ 14.145)717 und (ungeachtet der fehlenden Nennung in Art. 62 SE-VO jedenfalls über Art. 61 SE-VO718) der RL 86/635/

711 Näher zum Ganzen KK-AktG/Kiem Art. 60 SE-VO Rn. 1 ff.; MüKoAktG/Kubis Art. 60 SE-VO Rn. 1 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 60 Rn. 1 ff.; J. Schmidt, SE, S. 699 ff. m.w.N. 712 Vgl. Manz/Mayer/Schröder/Mayer Art. 60 Rn. 10, 20; J. Schmidt, SE, S. 700; a.A. jedoch OLG Frankfurt BeckRS 2011, 16034 („Fresenius“); Brandt (Fn. 113), S. 260 f.; Spindler/ Stilz/Eberspächer Art. 60 SE-VO Rn. 4; KK-AktG/Kiem Art. 60 SE-VO Rn. 15; MüKoAktG/Kubis Art. 60 SE-VO Rn. 2; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Spindler Art. 60 Rn. 10. 713 Vgl. ErwG 9; Spindler/Stilz/Casper Art. 61, 62 SE-VO Rn. 1; KK-AktG/Wenz Art. 61 SE-VO Rn. 4. 714 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Kleindiek Art. 61 Rn. 1; Schwarz, SE, Art. 61 Rn. 3; KK-AktG/Wenz Art. 61 SE-VO Art. 61 Rn. 1, 4. 715 Näher zur Rechnungslegung etc. bei „deutschen“ SE: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Kleindiek Art. 61 Rn. 6 ff.; KK-AktG/Wenz Art. 61 SE-VO Rn. 17 ff. (jeweils m.w.N.). 716 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 61, 62 SE-VO Rn. 2; Schwarz, SE, Art. 62 Rn. 4, 8. 717 Die genannte RL 2000/12/EG wurde zunächst durch die RL 2006/48/EG und dann durch CRD IV und CRR ersetzt. 718 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Kleindiek Art. 62 Rn. 3; Schwarz, SE, Art. 62 Rn. 6; KK-AktG/Wenz Art. 61 Rn. 11.

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EWG719 („deutsche“ SE: §§ 340 ff. HGB), bei Versicherungsunternehmen der RL 91/674/EWG720 („deutsche“ SE: §§ 341 ff. HGB).721

VIII.  Reorganisation bestehender SE 1.  Sitzverlegung a)  Grenzüberschreitende Sitzverlegung Die durch Art. 8 SE-VO gewährleistete Möglichkeit einer grundsätzlich jederzeitigen 45.170 grenzüberschreitenden identitätswahrenden Sitzverlegung innerhalb des gesamten EU/EWR-Raums722 gehört zu den Hauptvorteilen der SE (zur Problematik der grenzüberschreitenden identitätswahrenden Sitzverlegung [grenzüberschreitender Formwechsel] bei nationalen Gesellschaften → 7.42 f., 7.46 ff., 7.85 ff.; zum Projekt der Schaffung eines EU-Rechtsrahmens für grenzüberschreitende Sitzverlegungen → 7.110 ff., 30). Unzulässig ist sie lediglich, wenn ein Liquidations- oder ähnliches Verfahren i.S.d. Art. 8 Abs. 15 SE-VO läuft723 sowie anlässlich einer SE-Gründung durch Umwandlung (Art. 37 Abs. 3 SE-VO, → 45.70) oder eines Formwechsels „zurück“ in eine nationale Rechtsform (→ 45.180). Aufgrund der weitreichenden Folgen einer Sitzverlegung – die wegen Art. 7 45.171 S. 1 SE-VO (→  45.14) stets sowohl die Verlegung des Satzungs- als auch des Verwaltungssitzes bedeutet und zudem einen Wechsel des subsidiär anwendbaren nationalen Rechts nach sich zieht –724 sieht Art. 8 SE-VO im Interesse des Schutzes von (Minderheits-)-Aktionären und Gläubigern725 ein relativ komplexes Verfahren vor, das konzeptionell auf dem bereits durch die FusRL (G Titel II Kapitel I GesRRL) eta-

719 RL 86/635/EWG des Rates v. 8.12.1986 über den Jahresabschluß und den konsolidierten Abschluß von Banken und anderen Finanzinstituten, ABlEG v. 31.12.1986, L 372/1. 720 RL 91/674/EWG des Rates v. 19.12.1991 über den Jahresabschluß und den konsolidierten Abschluß von Versicherungsunternehmen, ABlEG v. 31.12.1991, L 374/7. 721 Näher zum Ganzen: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Kleindiek Art. 62 Rn. 1 ff.; KKAktG/Wenz Art. 62 SE-VO Rn. 1 ff. (jeweils m.w.N.). 722 Eine Sitzverlegung in Drittstaaten unter Beibehaltung der Rechtsform der SE ist nicht möglich; wenn und soweit das Recht des Wegzugs- und Zuzugstaats dies zulassen, ist aber eine Sitzverlegung unter Annahme einer Rechtsform des Zuzugsstaats möglich, vgl. ausf. J. Schmidt DB 2006, 2221 f. m.w.N. 723 Dazu näher Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 8 Rn. 124 ff.; Schwarz, SE, Art. 8 Rn. 64 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ringe Art. 8 Rn. 83 ff. 724 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 8 SE-VO Rn. 1; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 8 SE-VO Rn. 3 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ringe Art. 8 Rn. 7 f. 725 Vgl. ErwG 24; Spindler/Stilz/Casper Art. 8 SE-VO Rn. 4; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 8 SE-VO Rn. 4; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ringe Art. 8 Rn. 7.

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blierten „europäischen Modell für Strukturmaßnahmen“ (→ 20.3, 20.29, 21.2, 21.15, 22.3, 22.32, 45.36, 45.50, 45.63, 45.180, 46.22) basiert726.727 45.172 Kernelemente sind auch hier zunächst ein Verlegungsplan mit den wichtigsten „Grunddaten“ der Sitzverlegung, der nach Art. 13 SE-VO (→ 45.19) offenzulegen ist (Art. 8 Abs. 2 SE-VO), und ein Verlegungsbericht des Leitungs- oder Verwaltungsorgans (Art. 8 Abs. 3 SE-VO). In beides können Aktionäre und Gläubiger am Sitz der SE Einsicht nehmen und ggf. eine kostenlose Abschrift verlangen (Art. 8 Abs. 4 SEVO). Weiterhin ist ein Verlegungsbeschluss mit qualifizierter Mehrheit i.S.d. Art. 59 SE-VO (→ 45.166) erforderlich, der frühestens 2 Monate nach Offenlegung des Verlegungsplans gefasst werden kann (Art. 8 Abs. 6 SE-VO). Die Rechtmäßigkeitskontrolle ist – ähnlich wie bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach Art. 25 f. SE-VO (→ 45.42) und Art. 127 GesRRL (G Art. 10 f. CBMD, → 22.100 ff.) zweistufig ausgestaltet: Zunächst erfolgt eine Kontrolle der im Wegzugstaat zu erfüllenden Voraussetzungen. Dessen Kontrollstelle728 stellt bei positivem Ausgang eine Verlegungsbescheinigung aus (Art. 8 Abs. 8 SE-VO), die dann der Kontrollstelle im Zuzugstaat vorzulegen ist (Art. 8 Abs. 9 SE-VO) und hinsichtlich der von der Kontrollstelle des Wegzugsstaats zu prüfenden Punkte Bindungswirkung hat729. Die Kontrollstelle des Zuzugsstaats prüft dann die Erfüllung der für die dortige Eintragung erforderlichen Formalitäten (Art. 8 Abs. 9 SE-VO). Fällt auch diese Kontrolle positiv aus, wird die SE im Register des Zuzugstaats eingetragen, wodurch die Sitzverlegung und die sich daraus ergebenden Satzungsänderungen wirksam werden (Art. 8 Abs. 10 SE-VO). Die Eintragung ist der Kontrollstelle im Wegzugstaat zu melden; erst nach Eingang dieser Meldung darf die Löschung im dortigen Register erfolgen (Art. 8 Abs. 11 SE-VO). Eintragung und Löschung sind gem. Art. 13 SE-VO (→ 45.19) offenzulegen (Art. 8 Abs. 12 SE-VO). Solange die Offenlegung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, können sich gutgläubige Dritte auf den alten Sitz berufen (Art. 8 Abs. 13 SE-VO). Zum Schutz der Gläubiger macht Art. 8 Abs. 7 SE-VO die Ausstellung der Ver45.173 legungsbescheinigung (→ 45.172) davon abhängig, dass die SE nachweist, dass die Interessen der Gläubiger und sonstigen Forderungsberechtigten in Bezug auf die vor Offenlegung des Verlegungsplans entstandenen Verbindlichkeiten im Einklang mit den Vorschriften des Wegzugstaats angemessen geschützt sind. Die genaue Ausgestaltung dieses angemessenen Gläubigerschutzes bleibt allerdings dem jeweiligen Mitgliedstaat überlassen;730 zudem kann dieser die „Bescheinigungssperre“ auf die bis zum Zeitpunkt der Verlegung entstehenden Forderungen ausdehnen. Der deutsche Gesetzgeber hat in § 13 SEAG einen Anspruch auf Sicherheitsleistung für Forderungen, die spätestens 15 Tage nach Offenlegung des Verlegungsplans entstanden sind, 726 Vgl. auch Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ringe Art. 8 Rn. 3. 727 Ausf. zum Verlegungsverfahren: Spindler/Stilz/Casper Art. 8 SE-VO Rn. 7 ff.; Oechsler Art. 8 Rn. 10 ff.; Schwarz, SE, Art. 8 Rn. 6 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ringe Art. 8 Rn. 16 ff. 728 S. zur Liste der nationalen Behörden → Fn. 176. 729 Vgl. MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 8 SE-VO Rn. 50. 730 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 8 SE-VO Rn. 14; Schwarz, SE, Art. 8 Rn. 34; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Ringe Art. 8 Rn. 45.

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vorgesehen.731 Dem Gläubigerschutz dient ferner die Sitzfiktion des Art. 8 Abs. 16 SE-VO, mit der den Gläubigern für Altforderungen ein inländischer Gerichtsstand gewährleistet wird.732 Schutz für die Minderheitsaktionäre wird – entsprechend dem europäischen „In- 45.174 formationsmodell“ (→ 45.47) – durch die verfahrensmäßigen Informations- und Mit­ entscheidungsrechte verbürgt. Art. 8 Abs. 5 SE-VO ermächtigt die Mitgliedstaaten jedoch zum Erlass spezieller Regelungen, um einen angemessenen Schutz der Minderheitsaktionäre „ihrer“ SE zu gewährleisten.733 Der deutsche Gesetzgeber hat hiervon durch § 12 SEAG (Barabfindungsangebot zugunsten der widersprechenden Aktionäre im Verlegungsplan) Gebrauch gemacht.734 Art. 8 Abs. 14 SE-VO ermächtigt die Mitgliedstaaten, ein behördliches Ein- 45.175 spruchsrecht aus Gründen des öffentlichen Interesses vorzusehen.735 Deutschland hat hiervon – anders als z.B. das UK736 – keinen Gebrauch gemacht. b)  Innerstaatliche Sitzverlegung Für Sitzverlegungen innerhalb eines Mitgliedstaats gilt gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO 45.176 dessen nationales Recht, 737 bei „deutschen“ SE also § 45 AktG738. 2.  Verschmelzung Gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c Ziff. ii SE-VO gilt für SE das (gesamte) nationale Ver- 45.177 schmelzungsrecht des Sitzstaats.739 Art. 66 SE-VO (→ 45.179) entfaltet diesbezüglich

731 Dazu näher Spindler/Stilz/Casper Art. 8 SE-VO Rn. 14 ff.; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 8 SE-VO Rn. 34 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ringe Art. 8 Rn. 46 ff. 732 Dazu näher Spindler/Stilz/Casper Art. 8 SE-VO Rn. 25 ff.; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 8 SE-VO Rn. 63 ff.; Schwarz, SE, Art. 8 Rn. 71; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ringe Art. 8 Rn. 95 ff. 733 Dazu näher Schwarz, SE, Art. 8 Rn. 29; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ringe Art. 8 Rn. 32 ff. 734 Dazu näher Spindler/Stilz/Casper Art. 8 SE-VO Rn. 24; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 8 SE-VO Rn. 56 ff.; Schwarz, SE, Art. 8 Rn. 30; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ringe Art. 8 Rn. 37. 735 Dazu näher Spindler/Stilz/Casper Art. 8 SE-VO Rn. 6; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 8 Rn. 115 ff.; Schwarz, SE, Art. 8 Rn. 40 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ringe Art. 8 Rn. 61 ff. 736 Vgl. r. 58 SI 2004/2326. 737 Vgl. Schwarz, SE, Art. 8 Rn. 75; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ringe Art. 8 Rn. 100. 738 Vgl. Schwarz, SE, Art. 8 Rn. 75. 739 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 Rn. 2; Bayer (Fn. 70), S. 230, 236; Spindler/Casper/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 32 ff.; Habersack/Drinhausen/Drinhausen Art. 66 Rn. 41; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 66 Rn. 8 f.; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/J. Schmidt Art. 66 Rn. 4; Kossmann/Heinrich ZIP 2007, 164 ff.; Oplustil/ Schneider NZG 2003, 13, 16; Marsch-Barner FS Happ, 2006, S. 165, 173 ff.; Ratka/Rauter GesRZ 2006, 55, 65; Vossius ZIP 2005, 741, 748 f.

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§ 45 Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE)

entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung740 keine Sperrwirkung741; auch die Sperrfrist des Art. 66 Abs. 1 S. 2 SE-VO ist insoweit nicht analog anzuwenden742. Aufgrund der Harmonisierung des nationalen Verschmelzungsrechts durch Titel II Kapitel I und II GesRRL (G FusRL und CBMD, → 20, 22) kann eine SE somit jedenfalls innerstaatlich mit einer AG oder SE und grenzüberschreitend mit anderen Kapitalgesellschaften aus EU/EWR-Mitgliedstaaten verschmelzen. Die Art. 2, 17 ff. SEVO sind allerdings abschließende leges speciales hinsichtlich der Verschmelzung zur Neugründung einer SE sowie für die Verschmelzung durch Aufnahme im Zuge derer der übernehmende Rechtsträger seine Rechtsform in eine SE ändert (→ 22.18). Mit dieser Maßgabe gelten für „deutsche“ SE die §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 ff., 122a ff. UmwG. 3.  Spaltung 45.178 Gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c Ziff. ii SE-VO gilt für SE zudem das (gesamte) nationale Spaltungsrecht des Sitzstaats743 (zur Harmonisierung durch Titel II Kapitel III GesRRL [G SpRL] → 21). Auch insoweit besteht richtiger Ansicht nach weder eine Sperrwirkung des Art. 66 SE-VO744 (→ 45.179) noch ist die Sperrfrist des Art. 66 Abs. 1 S. 2

740 Für eine Beschränkung auf Verschmelzungen mit einer AG oder SE jedoch Kalss/Hügel/ Zollner § 33 SEG Rn. 19, 21; Kalss GesRZ 2004, Sonderheft SE, 24, 27; Kalss/Zollner RdW 2004, 587, 589. 741 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 32 ff.; Habersack/Drinhausen/Drinhausen Art. 66 Rn. 40; KK-AktG/Kiem Art. 66 SE-VO Rn. 11; Manz/Mayer/Schröder/ Schröder Art. 66 Rn. 8 f.; AAK ZIP 2009, 698; Casper/Weller NZG 2009, 681, 686; Kossmann/Heinrich ZIP 2007, 164 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 66 Rn. 6 ff.; Marsch-Barner FS Happ, 2006, S. 165, 173 ff.; Oplustil/Schneider NZG 2003, 13, 16; Ratka/Rauter GesRZ 2006, 55, 65; Vossius ZIP 2005, 741, 748 f. 742 So aber Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 35, 38; MüKoAktG/Schäfer Art. 66 SE-VO Rn. 9; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 66 Rn. 9; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/J. Schmidt Art. 66 Rn. 9; Kalss/Hügel/Zollner § 33 SEG Rn. 21; Kalss/Zollner RdW 2004, 587, 589; Marsch-Barner FS Happ, 2006, S. 165, 174 f.; Oplustil/Schneider NZG 2003, 13, 16; Ratka/Rauter GesRZ 2006, 55, 65 f.; wie hier KK-AktG/Kiem Art. 66 SE-VO Rn. 12 f.; Kossmann/Heinrich ZIP 2007, 164, 167; Vossius ZIP 2005, 741, 748 f. 743 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 Rn. 2; Casper AG 2007, 97, 104; Habersack/Drinhausen/Drinhausen Art. 66 Rn. 41; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 66 Rn. 8 f.; Kossmann/Heinrich ZIP 2007, 164, 167 f.; Marsch-Barner FS Happ, 2006, S. 165, 176; Oplustil/Schneider NZG 2003, 13, 17; Ratka/Rauter GesRZ 2006, 55, 65; Vossius ZIP 2005, 741, 748 f. 744 Für einen generellen Ausschluss der Spaltung jedoch MüKoAktG/Schäfer Art. 66 SE-VO Rn. 9; Jannott/Frodermann/Veil § 11 Rn. 19, 61; für eine Beschränkung auf rechtsformkongruente Spaltungen Kalss/Hügel/Zollner § 33 SEG Rn. 21; Kalss GesRZ 2004, Sonderheft SE, 24, 27; Kalss/Zollner RdW 2004, 587, 589; wie hier: Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 35, 40; Habersack/Drinhausen/Drinhausen Art. 66 Rn. 40; KKAktG/Kiem Art. 66 SE-VO Rn. 11; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 66 Rn. 8 f.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 66 Rn. 6 f.; AAK ZIP 2009, 698; Kossmann/Heinrich ZIP 2007, 164, 167 f.; Marsch-Barner FS Happ, 2006, S. 165, 176; Ratka/ Rauter GesRZ 2006, 55, 65; Vossius ZIP 2005, 741, 748 f.

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SE-VO analog anzuwenden745. Freilich kann im Zuge einer solchen Spaltung nach nationalem Recht wegen des numerus clausus der Gründungsmöglichkeiten in Art. 2 f. SE-VO keine neue SE, sondern nur eine nationale Rechtsform entstehen.746 Mit dieser Maßgabe gelten für „deutsche“ SE die §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 123 ff. UmwG. 4.  Formwechsel a)  Formwechsel in eine nationale AG: Art. 66 SE-VO Mit der speziellen Regelung zum identitätswahrenden Formwechsel einer SE in eine 45.179 nationale AG eröffnet die SE-VO einerseits jeder SE – unabhängig vom Recht des Sitzstaats – die Option einer Renationalisierung747, bindet diese aber zur Verhinderung von Missbräuchen an einige Kautelen748: Der Formwechsel kann nur in eine nationale AG des Sitzstaats erfolgen (Verbot des Statutenwechsels, Art. 66 Abs. 1 S. 1 SE-VO)749 und ist erst nach Ablauf einer Sperrfrist von 2 Jahren zulässig (Art. 66 Abs. 1 S. 2 SE-VO)750. Das Formwechselverfahren ist eng an das des Art. 37 SE-VO für den actus con- 45.180 trarius der Gründung einer SE durch Umwandlung (→  45.64 ff.) angelehnt751; zum Schutz der Minderheitsaktionäre und Gläubiger wird hier ebenfalls das „europäische Modell für Strukturmaßnahmen“ (→ 20.3, 20.29, 21.2, 21.15, 22.3, 22.32, 45.36, 45.50, 45.63, 45.171, 46.22) fruchtbar gemacht752. Grundlage des Verfahrens753 ist auch hier ein offenlegungspflichtiger Umwandlungsplan (Art. 66 Abs. 3, 4 SE-VO); zudem muss 745 So aber Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 40; ders. ZHR 173 (2009) 181, 195; ders. AG 2007, 97, 105; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 66 Rn. 9; Kalss/Hügel/ Zollner § 33 SEG Rn. 21; Kalss/Zollner RdW 2004, 587, 589; Marsch-Barner FS Happ, 2006, S. 165, 176; Oplustil/Schneider NZG 2003, 13, 17; Ratka/Rauter GesRZ 2006, 55, 65 f.; wie hier KK-AktG/Kiem Art. 66 SE-VO Rn. 12 f.; Kossmann/Heinrich ZIP 2007, 164, 168; Vossius ZIP 2005, 741, 748 f. 746 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 4 SE-VO Rn. 40; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ J. Schmidt Art. 66 Rn. 8; Kossmann/Heinrich ZIP 2007, 164, 168; Marsch-Barner FS Happ, 2006, S. 165, 176; abw. Oplustil/Schneider NZG 2003, 13, 17. 747 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 66 SE-VO Rn. 1; KK-AktG/Kiem Art. 66 Rn. 1, 4; Schäfer (Fn. 55), Art. 66 Rn. 1; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 66 Rn. 9. 748 Vgl. Begr. KOM z. SE-VOE 1970, Beil. Bull. EG 8/1970, S. 205 f.; KK-AktG/Kiem Art. 66 SE-VO Rn. 4; MüKoAktG/Schäfer Art. 66 SE-VO Rn. 1, 5; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/J. Schmidt Art. 66 Rn. 4; Schwarz, SE, Art. 66 Rn. 7 f. 749 Dazu näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 66 Rn. 15 m.w.N. 750 Dazu näher Spindler/Stilz/Casper Art. 66 SE-VO Rn. 4; Habersack/Drinhausen/Drinhausen Art. 66 Rn. 14 ff.; KK-AktG/Kiem Art. 66 SE-VO Rn. 15 f.; Schwarz, SE, Art. 66 Rn. 20 f.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 66 Rn. Rn. 18 ff. 751 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 66 SE-VO Rn. 1; KK-AktG/Kiem Art. 66 SE-VO Rn. 2; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 66 Rn. 1; Schwarz, SE, Art. 66 Rn. 9; Zollner (Fn. 686), § 33 SEG Rn. 8. 752 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 66 Rn. 23. 753 Ausf. zum Verfahren: Spindler/Stilz/Casper Art. 66 SE-VO Rn. 5 ff.; KK-AktG/Kiem Art. 66 SE-VO Rn. 17 ff.; KK-AktG/Kiem Art. 66 SE-VO Rn. 6 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 66 Rn. 23 ff.; Schwarz, SE, Art. 66 Rn. 9 ff.

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das Leitungs-/Verwaltungsorgan der SE einen Umwandlungsbericht erstellen (Art. 66 Abs. 3 SE-VO) und es bedarf einer Umwandlungsprüfung und eines entsprechenden Berichts durch externe Sachverständige (Art. 66 Abs. 5 SE-VO). Nach Vorlage dieser Unterlagen muss die Hauptversammlung der SE dem Umwandlungsplan gem. Art. 66 Abs. 6 SE-VO zustimmen und die Satzung der AG genehmigen, und zwar mit einer qualifizierten Mehrheit nach Maßgabe der nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 93 GesRRL (G Art. 7 FusRL, → 20.81 ff.); bei „deutschen“ SE gilt also § 65 Abs. 1 UmwG. Rechtmäßigkeitsprüfung, Eintragung und Publizität richten sich nach nationalem Recht, bei „deutschen“ SE gelten somit §§ 198 ff. UmwG. b)  Formwechsel in andere nationale Rechtsformen 45.181 Entgegen manchen Äußerungen im Schrifttum754 stellt Art. 66 SE-VO keine abschließende Regelung der „Rückumwandlungsmöglichkeiten“ dar, sperrt also insbesondere auch nicht die Anwendung sonstiger nationaler Regelungen des Sitzstaats der SE zum Formwechsel qua Art. 9 Abs. 1 lit. c Ziff. ii SE-VO.755 Allerdings spricht viel dafür, zumindest hier die Sperrfrist des Art. 66 Abs. 1 S. 2 SE-VO analog anzuwenden.756 Eine „deutsche“ SE kann sich somit gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c Ziff. ii SE-VO i.V.m. §§ 190 ff. UmwG in alle in § 191 Abs. 2 UmwG genannten Rechtsträger umwandeln.757 5.  Beteiligung an einer SE-Gründung 45.182 Kraft der Legalfiktion des Art. 3 Abs. 1 SE-VO ist eine bestehende SE zum Zwecke der Anwendung von Art. 2 Abs. 1, 2 und 3 SE-VO nationalen AG ihres Sitzstaats gleichgestellt und kann sich daher an der primären Gründung einer Verschmelzungs-

754 Vgl. Jannott/Frodermann/Veil § 11 Rn. 20; Kalss/Hügel/Zollner § 33 SEG Rn. 22; Kalss GesRZ 2004, Sonderheft SE, 24, 27; Kalss/Zollner RdW 2004, 587, 589; Vossius ZIP 2005, 741, 748; vgl. ferner auch Reiner Konzern 2011, 135 ff. 755 Vgl. OLG Frankfurt BeckRS 2011, 16034 („Fresenius“); Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 Rn. 2; Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 39; Habersack/ Drinhausen/Drinhausen Art. 66 Rn. 7, 10; KK-AktG/Kiem Art. 66 SE-VO 11; Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 66 Rn. 6 ff.; AAK ZIP 2009, 698; DNotIReport 2010, 184, 186; Kiem CFL 2011, 134, 142; Kossmann/Heinrich ZIP 2007, 164, 168; Marsch-Barner FS Happ, 2006, S. 165, 177; Oplustil/Schneider NZG 2003, 13, 15 f.; Ratka/Rauter GesRZ 2006, 55, 65. 756 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 Rn. 2; Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 39; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/J. Schmidt Art. 66 Rn. 4, 9 f.; Manz/ Mayer/Schröder/Schröder Art. 66 Rn. 9; Kossmann/Heinrich ZIP 2007, 164, 168; MarschBarner FS Happ, 2006, S. 165, 177; Oplustil/Schneider NZG 2003, 13, 15 f.; Ratka/Rauter GesRZ 2006, 55, 65 f.; a.A. KK-AktG/Kiem Art. 66 Rn. SE-VO Rn. 12. 757 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 39; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ J. Schmidt Art. 66 Rn. 10; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 66 Rn. 22.

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SE, Holding-SE oder gemeinsamen Tochter-SE beteiligen.758 Daneben steht ihr aber auch die Möglichkeit einer sekundären SE-Gründung offen (→ 45.71 ff.).

IX.  Liquidation und Insolvenz 1.  Auflösung, Liquidation, Zahlungseinstellung, etc. Die partielle General(sach-)normverweisung759 des Art. 63 SE-VO erklärt hinsicht- 45.183 lich der Auflösung (abgesehen vom Sondertatbestand des Art. 64 SE-VO, → 45.16), Liquidation, Zahlungseinstellung und ähnlicher Verfahren die Rechtsvorschriften, die für eine nach dem Recht des Sitzstaats gegründete AG maßgeblich wären, für anwendbar, und zwar insbesondere auch bezüglich der Beschlussfassung der Hauptversammlung. Für eine „deutsche“ SE gelten somit insbesondere die §§ 262 f. AktG (Auflösung) und §§ 264 ff. (Liquidation).760 Gem. Art. 65 SE-VO sind Eröffnung und Abschluss von Verfahren i.S.d. Art. 63 SE-VO sowie die Weiterführung der Geschäftstätigkeit gem. Art. 13 SE-VO (→ 45.19) offenzulegen.761 2.  Insolvenz Problematisch ist das Insolvenzrecht: Denn einerseits soll das „Konkursrecht“ nach 45.184 ErwG 20 nicht von der SE-VO erfasst sein, andererseits verweist Art. 63 SE-VO hinsichtlich der „Zahlungsunfähigkeit“ auf das nationale Recht des Sitzstaats. Dieser Widerspruch lässt sich auch nicht etwa – wie im Schrifttum teilweise versucht762 – dadurch auflösen, dass man Insolvenzverfahren nicht unter den Begriff der „Zahlungsunfähigkeit“ i.S.v. Art. 63 SE-VO subsumiert. Denn andere Sprachfassungen763 und die Entstehungsgeschichte764 der Norm belegen klar, dass sich sowohl ErwG 20 als 758 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 3 Rn. 3 ff.; Schwarz, SE, Art. 3 Rn. 6 ff. (jeweils m.z.w.N.). 759 Vgl. Spindler/Stilz/Casper Art. 63 SE-VO Rn. 1; Schwarz, SE, Art. 63 Rn. 8; a.A. Manz/ Mayer/Schröder/Schröder Art. 63 Rn. 1; S. Maul (Fn. 678), § 11 Rn. 2. 760 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ehricke Art. 63 Rn. 26 ff.; KK-AktG/Kiem Art. 63 Rn. 21 ff. 761 Näher Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ehricke Art. 65 Rn. 5 ff.; KK-AktG/Kiem Art. 66 Rn. 1 ff. 762 Vgl. KK-AktG/Kiem Art. 63 Rn. 8 ff.; s. ferner auch Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 63 Rn. 7 f. (Art. 63 SE-VO betreffe hinsichtlich der Insolvenz nur die Frage, inwieweit das Insolvenzverfahren zur Liquidation der SE führe). 763 Vgl. die englische und französische Fassung, die jeweils den Terminus „insolvency“ bzw. „insolvabilité“ verwenden. 764 Art. 261 SE-VOE 1970/75 (Fn. 11 f.) verwiesen auf das damals geplante Insolvenzübereinkommen (→ 17.1); nachdem die Arbeiten hieran jedoch zunächst eingestellt worden waren, verwies Art. 129 SE-VOE 1989/91 (Fn. 15 f.) dann auf das Insolvenzrecht des Sitzstaats (wobei allerdings in der deutschen Fassung – anders als etwa in der englischen [„insolvency“] – nun der Begriff „Zahlungsunfähigkeit“ verwendet wurde, womit jedoch

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auch Art. 63 SE-VO auf Insolvenzverfahren beziehen. Ebenso wenig zielführend ist der Ansatz, Art. 63 SE-VO als Norm schlicht Vorrang vor ErwG 20 einzuräumen, denn wenn man Art. 63 SE-VO als Sachnormverweisung interpretiert, würde die EuInsVO (→  17) gerade für die SE – die typischerweise grenzüberschreitend tätig wird – nicht gelten, was – wie sich auch aus dem noch in Art. 261 SE-VOE 1970/75 enthaltenen Verweis auf das Insolvenzübereinkommmen765 ergibt – vom europäischen Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt sein kann. Man wird die insoweit aus einem offensichtlichen Redaktionsversehen766 resultierende Perplexität der SE-VO wohl nur dadurch auflösen können, dass man Art. 63 SE-VO in Bezug auf Insolvenzverfahren ausnahmsweise als Gesamtnormverweisung interpretiert767, so dass die EuInsVO 2000 bzw. die EuInsVO 2015 (→ 17.5 ff., 17.13 ff.) und das sonstige internationale Insolvenzrecht des Sitzstaats768 (Deutschland: §§ 335 ff. InsO) zur Anwendung gelangen – wobei Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 7 EuInsVO 2015 (G Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 EuInsVO 2000) wegen des zwingenden Gleichlaufs von Satzungs- und Hauptverwaltungssitz bei der SE (→ 45.14) allerdings im Regelfall letztlich doch zur Anwendung des materiellen Insolvenzrechts des Sitzstaats (aber eben im verfahrensrechtlichen Rahmen der EuInsVO und mit den dort vorgesehenen Ausnahmen) führen. Gem. Art. 65 SE-VO sind auch Eröffnung und Abschluss eines Insolvenzver45.185 fahrens gem. Art. 13 SE-VO (→  45.19) offenzulegen;769 daneben ist ggf. eine Unterrichtung der Gläubiger nach Art. 54 EuInsVO 2015 (G  Art. 40 EuInsVO 2000) erforderlich (→ 17.95).

ausweislich der Begründung, die weiterhin explizit auf das geplante Insolvenzübereinkommen Bezug nahm, keine inhaltliche Abweichung beabsichtigt war). 765 Vgl. bereits Fn. 764. 766 Auch wenn dies unvorstellbar erscheinen mag (vgl. KK-AktG/Kiem Art. 63 Rn. 11 Fn. 22), wurde die Verabschiedung der EuInsVO am 29.5.2000 und die sich hieraus für die Insolvenz der SE ergebenden Konsequenzen bei den abschließenden Beratungen der SE im Jahr 2001 (bei denen andere Dinge im Vordergrund standen) ganz offensichtlich übersehen. 767 Vgl. auch Schwarz der Art. 63 SE-VO zwar grundsätzlich als Sachnormverweisung interpretiert (Art. 63 Rn. 8), für die Insolvenz aber von der Anwendbarkeit der EuInsVO ausgeht (Art. 63 Rn. 52). Generell für eine Interpretation als Gesamtnormverweisung: Habersack/Drinhausen/Bachmann Art. 63 Rn. 68; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 63 Rn. 1; S. Maul (Fn. 678), § 11 Rn. 2. Für eine Interpretation als Gesamtnormverweisung zumindest im Hinblick auf das Verfahren (nicht aber das materielle Insolvenzrecht) Spindler/Stilz/Casper Art. 63 SE-VO Rn. 5; hierdurch würden allerdings die Ausnahmevorschriften der Art. 8 ff. EuInsVO 2015 (G Art. 5 ff. EuInsVO 2000) (→ 17.49 ff.) ausgehebelt. 768 Für eine Geltung derselben (allerdings nicht über Art. 63 SE-VO) i.E. auch Lutter/ Hommelhoff/Teichmann/Ehricke Art. 63 Rn. 45a; KK-AktG/Kiem Art. 63 Rn. 13. 769 Entgegen KK-AktG/Kiem Art. 65 Rn. 13 meint „Zahlungsunfähigkeitsverfahren“ auch i.R.d. Art. 65 SE-VO Insolvenzverfahren, →  45.184. Ebenso i.E. auch Spindler/Stilz/ Casper Art. 65 SE-VO Rn. 2; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Ehricke Art. 65 Rn. 9 (und damit anders als bei Art. 63 Rn. 19); Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 65 Rn. 3; MüKoAktG/SchäferArt. 65 SE-VO Rn. 1; Schwarz, SE, Art. 65 Rn. 5 ff.

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X.  Beteiligung der Arbeitnehmer 1.  Allgemeines Wie bereits einleitend (→  45.3 ff.) dargelegt, war die Beteiligung der Arbeitnehmer 45.186 der neuralgischste Punkt des gesamten SE-Projekts. Die nun in der SE-RL fixierte Kompromisslösung, die in Deutschland durch das SEBG umgesetzt wurde (→ 45.8), basiert auf dem Vorrang von Verhandlungen und einem subsidiären Auffangmodell (→ 45.4). Tragender Grundsatz für den Grad der Arbeitnehmermitbestimmung ist das „Vorher-Nachher-Prinzip“, d.h. der in den Gründungsgesellschaften existierende Beteiligungsstandard soll grundsätzlich auch in der SE fortbestehen.770 Abgesichert wird die Arbeitnehmerbeteiligung dadurch, dass Art. 12 Abs. 2 bzw. 45.187 3 SE-VO771 den ordnungsgemäßen Abschluss des Verhandlungsverfahrens (→ 45.188) zur Eintragungsvoraussetzung erheben.772 Zudem ordnet Art. 12 Abs. 4 SE-VO an, dass die Satzung der SE zu keinem Zeitpunkt im Widerspruch zu einer etwaigen Beteiligungsvereinbarung stehen darf (sog. Gleichlaufgebot); die Satzung ist ggf. entsprechend zu ändern.773 2.  Verhandlungsverfahren Gem. Art. 3 Abs. 1 SE-RL (§ 4 SEBG) haben die Leitungs- bzw. Verwaltungsorgane 45.188 der Gründungsgesellschaften nach Offenlegung bzw. Vereinbarung des jeweiligen Plans zur SE-Gründung so rasch wie möglich die erforderlichen Schritte für die Aufnahme von Verhandlungen mit der Arbeitnehmerseite einzuleiten. Zu diesem Zweck ist auf Arbeitnehmerseite entsprechend den Regeln des Art. 3 Abs. 2 SE-RL (§§ 5 ff. SEBG), die ein im Detail äußerst komplexes Wahlverfahren etablieren, ein sog. Besonderes Verhandlungsgremium (BVG) zu bilden, das aus Vertretern der Arbeitnehmer der Gründungsgesellschaften sowie der betroffenen Tochtergesellschaften und Betriebe besteht.774 Dieses BVG verhandelt dann mit den Leitungen über den Abschluss einer Be- 45.189 teiligungsvereinbarung (betreffend einerseits die Unterrichtung und Anhörung, andererseits die Mitbestimmung der Arbeitnehmer). Die Verhandlungsfrist beträgt grundsätzlich 6 Monate ab Einsetzung des BVG, kann aber von den Parteien einvernehmlich 770 Vgl. ErwG 3, 7, 9, 18; KK-AktG/Feuerborn Vorbem. § 1 SEBG Rn. 6; MüKoAktG/ Jacobs Vorb. SEBG Rn. 15. 771 Art. 12 Abs. 3 SE-VO enthält eine Sonderregelung für den Fall, dass ein Mitgliedstaat von der Option des Art. 7 Abs. 3 SE-RL (→ 45.191) Gebrauch gemacht hat. 772 Dazu näher KK-AktG/Kiem Art. 12 SE-VO Rn. 32 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Kleindiek Art. 12 Rn. 24 ff.; Schwarz, SE, Art. 12 Rn. 19 ff. 773 Dazu näher KK-AktG/Kiem Art. 12 SE-VO Rn. 56 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Kleindiek Art. 12 Rn. 31 ff.; Schwarz, SE, Art. 12 Rn. 31 ff. 774 Dazu näher KK-AktG/Feuerborn § 5 SEBG Rn. 1 ff.; Nagel/Freis/Kleinsorge/Kleinsorge § 5 SEBG Rn. 1 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 5 SEBG Rn. 1 ff. (jeweils m.z.w.N.).

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auf bis zu 1 Jahr verlängert werden (Art. 5 SE-RL bzw. § 20 SEBG).775 Die Verhandlungen können auf drei verschiedene Arten enden: • Kommt es innerhalb des Verhandlungszeitraums zum Abschluss einer Beteiligungsvereinbarung776, so richten sich Unterrichtung und Anhörung sowie (soweit darin geregelt777) Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der SE ausschließlich nach dieser (vgl. Art. 4 Abs. 3 SE-RL). Die Parteien genießen insoweit grundsätzlich umfassende Verhandlungsfreiheit, können also für die jeweilige SE „maßgeschneiderte“ Lösungen finden. Art. 4 Abs. 2 SE-RL normiert allerdings einen Katalog von Mindestinhalten. Im Falle der Gründung einer SE durch Umwandlung einer mitbestimmten nationalen AG muss die Vereinbarung zudem in Bezug auf alle Komponenten der Arbeitnehmerbeteiligung zumindest das gleiche Ausmaß gewährleisten wie in der umgewandelten AG (Art. 4 Abs. 4 SE-RL bzw. § 21 Abs. 6 SEBG).778 Statt oder in Kombination mit einer individuellen Lösung steht es den Parteien aber auch frei, die (vollständige oder teilweise) Geltung der Auffanglösung zu vereinbaren (vgl. Art. 7 Abs. 1 UAbs. 2 lit. a bzw. § 21 Abs. 5 SEBG). • Zweitens kann das BVG unter bestimmten Voraussetzungen779 die Nichtaufnahme von Verhandlungen oder den Abbruch bereits aufgenommener Verhandlungen beschließen (Art. 3 Abs. 6 SE-RL bzw. § 16 SEBG); dann bleibt die SE mitbestimmungsfrei (vgl. Art. 3 Abs. 6 UAbs. 1 S. 3 bzw. § 16 Abs. 2 S. 2 SEBG); für Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer gelten die jeweiligen nationalen Vorschriften der Beschäftigungsstaaten (vgl. Art. 3 Abs. 6 UAbs. 1 S. 1 bzw. § 16 Abs. 1 S. 3 SEBG).780 775 Dazu näher KK-AktG/Feuerborn § 20 SEBG Rn. 1 ff.; Nagel/Freis/Kleinsorge/Kleinsorge § 20 SEBG Rn. 1 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 20 SEBG Rn. 1 ff. (jeweils m.z.w.N.). 776 Näher zum zwingenden und fakultativen Inhalt einer Beteiligungsvereinbarung: KKAktG/Feuerborn § 21 SEBG Rn. 18 ff.; Nagel/Freis/Kleinsorge/Freis § 21 SEBG Rn. 5 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 21 SEBG Rn. 28 ff.; ders. FS Konzen, 2006, S. 635, 645 ff.; Seibt AG 2005, 413, 422 ff.; Thüsing ZIP 2006, 1469 ff. (jeweils m.z.w.N.). Speziell zur Problematik der Aktionärsmitwirkung: Noack in: Bergmann u.a. (Hrsg.), 10 Jahre SE, 2015, S. 96 ff. 777 Ob die Beteiligungsvereinbarung auch eine Form der Mitbestimmung regelt, steht den Parteien (außer im Falle der Umwandlung einer mitbestimmten nationalen AG) frei (vgl. Art. 4 Abs. 2 lit. g, Abs. 4 SE-RL bzw. § 21 Abs. 3 S. 1, Abs. 6 SEBG); Unterrichtung und Anhörung müssen dagegen zwingend geregelt werden (vgl. die Mindestinhalte gem. Art. 4 Abs. 2 SE-RL bzw. § 21 Abs. 1 und 2 SEBG). 778 Näher dazu Teichmann ZIP 2014, 1049 ff. 779 Ein solcher Beschluss erfordert eine Mehrheit von 2/3 der Stimmen der Mitglieder, die mindestens 2/3 der Arbeitnehmer vertreten, und zwar mit der Maßgabe, dass diese Mitglieder Arbeitnehmer in mindestens 2 Mitgliedstaaten vertreten müssen (Art. 3 Abs. 6 UAbs. 2 SE-RL bzw. § 16 Abs. 1 S. 2 SEBG). Generell unzulässig ist er im Falle der Gründung einer SE durch Umwandlung einer mitbestimmten nationalen AG (Art. 3 Abs. 6 UAbs. 3 SE-RL bzw. § 16 Abs. 3 SEBG). 780 Näher zum Ganzen KK-AktG/Feuerborn § 16 SEBG Rn. 1 ff.; Nagel/Freis/Kleinsorge/ Freis § 16 SEBG Rn. 1 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 16 SEBG Rn. 1 ff. (jeweils m.z.w.N.).

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• Dritte Möglichkeit ist, dass innerhalb des Verhandlungszeitraums schlicht keine Vereinbarung geschlossen wird; in diesem Fall richtet sich die Beteiligung der Arbeitnehmer in der künftigen SE nach den Umsetzungsvorschriften des Sitzstaats zu der im Anhang SE-RL normierten Auffanglösung („deutsche SE“: §§ 22 ff., 34 ff. SEBG), vgl. Art. 7 Abs. 1 UAbs. 2 lit. b bzw. §§ 22 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 1 SEBG). 3.  Auffanglösung Greift die Auffanglösung ein, so ist ein Vertretungsorgan der Arbeitnehmer („SE- 45.190 Betriebsrat“) zu bilden, das umfassende Unterrichtungs- und Anhörungsrechte gegenüber den Organen der SE hat (Teil 1 und 2 Anhang SE-RL bzw. §§ 22 ff. SEBG).781 Der Umfang der unternehmerischen Mitbestimmung hängt von der Art der 45.191 Gründung ab: • Im Falle der Gründung der SE durch Umwandlung einer mitbestimmten nationalen AG finden alle Komponenten der Mitbestimmung der Arbeitnehmer weiterhin Anwendung, es herrscht also „Mitbestimmungskontinuität“ (vgl. Art. 7 Abs. 2 lit. a SE-RL, Teil 3 lit. a Anhang SE-RL bzw. § 35 Abs. 1 SEBG). Allerdings bezieht sich diese richtiger Ansicht nach nur auf den proportionalen Anteil der Arbeitnehmervertreter782, nicht auf die absolute Größe des Verwaltungs- bzw. Aufsichtsorgans der SE783; die Umwandlung in die SE kann also dazu genutzt werden, dieses zu „verschlanken“784. • In den anderen Fällen der primären SE-Gründung greift die Auffangregelung zur Mitbestimmung nur ein, wenn vorher für mindestens 25 % (Verschmelzung) bzw. 50 % (Holding-SE, gemeinsame Tochter-SE) der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften eine (oder mehrere785) Form(en) der Mitbestimmung bestanden hat (vgl. Art. 7 Abs. 2 lit. b und c SE-RL bzw. § 34 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SEBG) und der Sitzstaat der künftigen SE für den Fall der Verschmel-

781 Näher zum Ganzen: KK-AktG/Feuerborn § 23 SEBG Rn. 1 ff.; Nagel/Freis/Kleinsorge/ Nagel § 23 SEBG Rn. 1 ff.; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 23 SEBG Rn. 1 ff. (jeweils m.z.w.N.). 782 Vgl. KK-AktG/Feuerborn § 35 SEBG Rn. 12; Habersack/Drinhausen/Hohenstatt/Müller-Bonani § 35 SEBG Rn. 2 f.; MüKoAktG/Jacobs § 35 SEBG Rn. 9; ders. FS K. Schmidt, 2009, S. 795, 800; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 35 SEBG Rn. 8; Deilmann/ Häferer NZA 2017, 607, 612; Forst in: Bergmann u.a. (Hrsg.), 10 Jahre SE, 2015, S. 50, 73, 89; Grobys NZA 2005, 84, 90; Ziegler/Gey BB 2009, 1750, 1755. 783 So aber Nagel/Freis/Kleinsorge/Nagel § 35 SEBG Rn. 2. 784 Vgl. zu dieser Option als – speziell für deutsche Gesellschaften – wichtiges Motiv für die SE-Gründung: Eidenmüller/Engert/Hornuf AG 2009, 845, 848; Reichert GS Gruson, 2009, S. 321, 332; J. Schmidt (Fn. 45), S. 51, 76; s. ferner auch KOM(2010) 676, S. 4. 785 Bestand mehr als eine Mitbestimmungsform, so entscheidet grundsätzlich das BVG, welche Form für die SE gelten soll, vgl. Art. 7 Abs. 2 a.E. SE-RL bzw. § 34 Abs. 2 SEBG.

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zung nicht von der Option des Art. 7 Abs. 3 SE-RL786 Gebrauch gemacht hat (Deutschland hat diese nicht umgesetzt). Ist dies der Fall, so bemisst sich die Zahl der Arbeitnehmervertreter im Verwaltungs- bzw. Aufsichtsorgan der SE nach dem höchsten maßgeblichen Anteil in den beteiligten Gesellschaften (Teil 3 lit. b Anhang SE-RL bzw. § 35 Abs. 2 S. 2 SEBG). Die SE-RL garantiert also die Fortgeltung des höchsten Mitbestimmungsniveaus, aber auch hier nur bezüglich der proportionalen Zusammensetzung (nicht der absoluten Größe) des Verwaltungsbzw. Aufsichtsorgans.787 45.192 Gegenstand heftiger Kontroversen ist allerdings die Übertragung des bisherigen Mitbestimmungsanteils auf die SE in denjenigen Fällen, in denen eine zuvor im dualistischen System existierende (speziell paritätische) Mitbestimmung auf eine monistisch verfasste SE transferiert wird. Grund ist, dass eine strikte Anwendung des Anteils­ prinzips hier insofern zu einer materiell-qualitativen Extension der Mitbestimmung führt, als der Arbeitnehmeranteil sich nun nicht mehr nur auf nicht geschäftsführende Organmitglieder (nämlich die eines Aufsichtsorgans), sondern auf sämtliche Mitglieder des Verwaltungsorgans bezieht („Parität in der Unternehmensführung“ statt bloße „Parität in der Kontrolle“788). Gewichtige Stimmen im Schrifttum halten dies für unvereinbar mit dem Vorher-Nachher-Prinzip789 sowie teilweise auch mit dem Eigentumsrecht der Anteilseigner790 und plädieren deshalb für eine teleologische Reduktion des Bezugspunkts des Arbeitnehmeranteils auf die nicht geschäftsführenden Mitglieder des Verwaltungsorgans. Die bislang wohl h.M. interpretiert die unionsrechtlichen Vorgaben jedoch gleichwohl i.S.e. strikt nominellen Übertragung des Partizipationsanteils791; im Hinblick auf die eigentumsrechtlichen Bedenken wird auf 786 Diese Option war der „Preis“ für die spanische Zustimmung (daher auch sog. „spanische Klausel“), vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker Vor § 1 SEBG Rn. 11; Nagel/ Köklü ZESAR 2004, 175, 180. 787 Vgl. KK-AktG/Feuerborn § 35 SEBG Rn. 18; Kleinmann/Kujath in: Manz/Mayer/ Schröder, SE-Kommentar, § 35 SEBG Rn. 3; MüKoAktG/Jacobs § 35 SEBG Rn. 12; Nagel/Freis/Kleinsorge/Nagel § 35 SEBG Rn. 4; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/ Oetker § 35 SEBG Rn. 16, 18; ders. BB-Special 1/2005, 2, 12; Grobys NZA 2005, 84, 90; Müller-Bonanni/Melot de Beauregard GmbHR 2005, 195, 197. 788 Vgl. Henssler ZHR 173 (2009) 222, 246. 789 Vgl. MüKoAktG/Jacobs § 35 SEBG Rn. 24; Henssler ZHR 173 (2009) 222, 246; Kämmerer/Veil ZIP 2005, 369, 371; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 43 Rn. 133; Reichert/ Brandes ZGR 2003, 767, 790; Teichmann BB 2004, 53, 56; s. ferner Roth ZfA 2004, 431, 440. 790 Vgl. Habersack/Drinhausen/Hohenstatt/Müller-Bonani § 35 SEBG Rn. 12; MüKoAktG/Jacobs § 35 SEBG Rn. 18 ff.; Bergbach, Anteilseigentum, 2010, S. 386 ff., 416 ff., 709; Henssler ZHR 173 (2009) 222, 247; Kallmeyer ZIP 2003, 1531, 1534 f.; Kämmerer/ Veil ZIP 2005, 369, 371 ff.; Roth ZfA 2004, 431, 445, 461; s. kritisch ferner auch Bücker (Fn. 54), S. 203, 210; Habersack (2008) 21 JbItalR 19, 24; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 43 Rn. 133; Weiss/Wöhlert NZG 2006, 121, 125. 791 Vgl. KK-AktG/Feuerborn § 35 SEBG Rn. 22; Nagel/Freis/Kleinsorge/Nagel § 35 SEBG Rn. 7; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 35 SEBG Rn. 12; Köstler ZGR 2003, 800, 804; ders. DStR 2005, 745, 748; Niklas NZA 2004, 1200, 1204; i.E. auch Kallmeyer ZIP 2003, 1531, 1534; differenzierend Bachmann ZGR 2008, 779, 800 f.

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die privatautonome Entscheidung der Anteilseigner für den Wechsel ins monistische System792 und die Absicherung ihres Letztentscheidungsrechts durch Art. 50 Abs. 2 i.V.m. Art. 45 S. 2 SE-VO (→ 45.108, 45.138) sowie bei „deutschen“ SE § 35 Abs. 3 SEAG (→ 45.146) hingewiesen793. 4.  Sonderfälle a)  Sekundäre SE-Gründung Streitig ist, ob Verhandlungsverfahren und Auffanglösung auch im Falle einer se- 45.193 kundären SE-Gründung (→  45.71 ff.) gelten. Dagegen wird verbreitet eingewandt, dass hier der transnationale Bezug der Arbeitnehmerbeteiligung als Basis des Vorher-Nachher-Prinzips fehle;794 zudem würden viele Bestimmungen der SE-RL (und des SEBG) von vornherein gar nicht passen795. Art. 2 lit. a SE-RL erstreckt den Anwendungsbereich der SE-RL indes auf alle nach der SE-VO gegründeten SE796; vor allem aber stünde es in eklatantem Widerspruch zu der mit der SE-RL intendierten Sicherung der Beteiligungsrechte, wenn diese bereits auf der „2. SE-Ebene“ schlicht wegfallen würden797. Auch die sekundäre Gründung einer Tochter-SE ist somit als Tochter-SE-Gründung i.S.d. SE-RL anzusehen.798 b)  Vorrats-SE Eine besondere beteiligungsrechtliche Problematik ergibt sich ferner bei der – gesell- 45.194 schaftsrechtlich grundsätzlich zulässigen (→  45.33) – Gründung einer (naturgemäß 792 Vgl. KK-AktG/Feuerborn § 35 SEBG Rn. 28; Nagel/Freis/Kleinsorge/Nagel § 35 SEBG Rn. 7; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 35 SEBG Rn. 13 f. 793 Vgl. KK-AktG/Feuerborn § 35 SEBG Rn. 25; Nagel/Freis/Kleinsorge/Nagel § 35 SEBG Rn. 7; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 35 SEBG Rn. 13; Niklas NZA 2004, 1200, 1204; tendenziell für Verfassungskonformität auch Bachmann ZGR 2008, 779, 801 f. 794 Vgl. KK-AktG/Feuerborn Vorb. § 1 SEBG Rn. 5; MüKoAktG/Jacobs Vorb. § 1 SEBG Rn. 13. 795 Vgl. KK-AktG/Feuerborn Vorb. § 1 SEBG Rn. 5; MüKoAktG/Jacobs Vorb. § 1 SEBG Rn. 13; Forst Konzern 2010, 158 f.; Seibt ZIP 2005, 2248, 2249; gegen eine Geltung für die sekundäre Gründung auch Grobys NZA 2005, 84; Veelken GS Blomeyer, 2004, S. 491, 513. 796 Dies gesteht auch MüKoAktG/Jacobs Vorb. § 1 SEBG Rn. 13 zu. 797 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 1 SEBG Rn. 8; ders. FS Kreutz, 2010, S. 797, 809. 798 Ebenso Jannott/Frodermann/Kienast § 13 Rn. 245; Oetker FS Kreutz, 2010, 797, 809 f. (mit etwas abw. Ansatz allerdings Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 1 SEBG Rn. 8; Scheibe (Fn. 465), S. 165 ff. Für eine Beteiligungspflicht i.E. auch Kallmeyer in: von Rosen (Hrsg.), Die Europa-AG, 2003, S. 14, 26 f.; Kiem ZHR 173 (2009) 156, 163; Köklü in: Van Hulle/S. Maul/Drinhausen (Hrsg.), Handbuch zur Europäischen Gesellschaft (SE), 2007, § 6 Rn. 109 f.; MüKoAktG/Oechsler/Mihaylova Art. 3 SE-VO Rn. 4. S. ferner auch Henssler ZHR 173 (2009) 222, 233 f.

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arbeitnehmerlosen) Vorrats-SE. Entgegen einer vereinzelt vertretenen Auffassung799 lässt sich aus Art. 12 Abs. 2, 3 SE-VO jedenfalls keineswegs ein Verbot der Eintragung arbeitnehmerloser SE ableiten. Auch im Falle der Gründung einer Vorrats-SE bedarf es allerdings prinzipiell der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens. Eine Ausnahme wird von der Rspr.800 und ganz h.L.801 zu Recht nur für den Fall gemacht, dass die Gründungsgesellschaften (einschließlich der betroffenen Tochtergesellschaften und Betriebe) keine Arbeitnehmer beschäftigen; denn hier gibt es niemand zu schützen, so dass eine teleologische Reduktion der Art. 12 Abs. 2, 3 SE-VO geboten ist. Diese wird im Hinblick auf die sich aus Art. 3 Abs. 2 lit. a i SE-RL (G § 5 Abs. 1 S. 2 SEBG) für das BVG ergebende Mindestgröße von 10 Arbeitnehmern vielfach auch auf den Fall erstreckt, dass weniger als 10 Arbeitnehmer existieren802; indes spricht insoweit manches dafür, hier stattdessen die Größe des BVG teleologisch zu reduzieren803. Äußerst kontrovers diskutiert wird, ob im Zeitpunkt der späteren Aktivierung 45.195 der Vorrats-SE (bzw. genauer: Einstellung von Arbeitnehmern) ein Beteiligungsverfahren „nachzuholen“ ist. Auf Ebene der SE-RL ließe sich dies möglicherweise auf Art. 11 SE-RL stützen.804 Aus deutscher Perspektive wird eine Verhandlungspflicht denn teils auch auf § 18 Abs. 3 SEBG805 als dessen spezielle Ausprägung gestützt; andere wollen dagegen §§ 4 ff., 22 ff. SEBG806 analog anwenden. Allerdings gibt es auch 799 Vgl. Blanke ZIP 2006, 789, 791 f.; Nagel/Freis/Kleinsorge/Nagel GesR SE Rn. 16. 800 OLG Düsseldorf ZIP 2009, 918, 919 ff.; AG Düsseldorf ZIP 2006, 287 287 („Atrium Erste Europäische VV SE“); AG München ZIP 2006, 1300 („Beiten Burkhardt EU-Beteiligungen SE“); s. ferner auch AG Hamburg ZIP 2005, 2017 und LG Hamburg ZIP 2005, 2018 („Zoll Pool Hafen Hamburg SE“; Ablehnung der Eintragung in einem Fall, in dem die Gründungsgesellschaften Arbeitnehmer hatten). 801 Vgl. MünchHdbGesR IV/Austmann § 86 Rn. 32; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 2 Rn. 30; Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 30; KK-AktG/Feuerborn § 1 SEBG Rn. 7; MüKoAktG/Jacobs § 3 SEBG Rn. 2 ff.; KK-AktG/Kiem Art. 12 SE-VO Rn. 42; Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Oetker § 1 SEBG Rn. 17; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 12 Rn. 17; Habersack/Drinhausen/Schürnbrand Art. 12 Rn. 25; Casper/Schäfer ZIP 2007, 653 f.; Forst RdA 2010, 55, 57; Henssler ZHR 173 (2009) 222, 223; ders. GesRZ 2011, 6, 9; Paefgen FS G. H. Roth, 2011, S. 563, 567; Reichert Konzern 2006, 821, 829 f.; Schubert ZESAR 2006, 340, 343 f.; Seibt ZIP 2005, 2248 f.; Startz ZIP 2006, 1300. 802 Vgl. MünchHdbGesR IV/Austmann § 86 Rn. 32; Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 30; KK-AktG/Feuerborn § 1 SEBG Rn. 7; KK-AktG/Kiem Art. 12 SE-VO Rn. 42; Casper/Schäfer ZIP 2007, 653 f.; Reichert Konzern 2006, 821, 829 f.; Seibt ZIP 2005, 2248 f. 803 Kritisch auch Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 12 Rn. 17. 804 Vgl. auch Grundmann Rn. 1086; Roelofs (2010) 7 ECL 120, 125 f.; Seibt ZIP 2005, 2248, 2250. 805 OLG Düsseldorf ZIP 2009, 918, 920 f.; KK-AktG/Feuerborn § 1 SEBG Rn. 7; Forst Konzern 2010, 151, 157; Paefgen FS G. H. Roth, 2011, S. 563, 568 f.; Reinhard RIW 2006, 68, 70; Habersack/Drinhausen/Schürnbrand Art. 12 Rn. 26; Seibt ZIP 2005, 2248, 2250 f.; in Erwägung ziehend auch MüKoAktG/Jacobs § 3 SEBG Rn. 2 ff.; Lutter/Hommelhoff/ Teichmann/Oetker § 1 SEBG Rn. 19; differenzierend (nur wenn schon z.Z. der Neugründung geplant ist, dass binnen 1 Jahres mind. 10 Arbeitnehmer eingestellt werden): Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 31; Casper/Schäfer ZIP 2007, 653, 659 ff. 806 Vgl. Schubert ZESAR 2006, 340, 343 ff.

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Stimmen, die – mit durchaus plausiblen Argumenten – bezweifeln, ob sich aus der SERL bzw. dem SEBG tatsächlich eine Verhandlungspflicht herleiten lässt.807 5.  Evaluation und Reformbedarf Die mit dem Verhandlungsmodell der SE-RL verbundenen attraktiven Gestaltungs- 45.196 optionen haben sich in der Praxis – speziell für deutsche Unternehmen – als eines der Hauptmotive für den Wechsel in die SE erwiesen.808 Die SE bietet nicht nur die Möglichkeit „maßgeschneideter“ Mitbestimmungslösungen (→  45.189), sondern ermöglicht es auch in den Fällen, in denen keine Einigung mit der Arbeitnehmerseite erzielt werden kann, zumindest das Aufsichtsorgan zu „verschlanken“809 (→ 45.191). Zudem kann durch den Wechsel in die SE vor Erreichen der maßgeblichen Mitbestimmungsschwellen der mitbestimmungsfreie bzw. auf eine Drittelparität beschränkte Status „eingefroren“ werden.810 Aus praktischer Perspektive wird allerdings – nicht ganz zu Unrecht – häufig 45.197 beklagt, dass das Beteiligungsverfahren nicht nur äußerst komplex und mit großen Unsicherheiten behaftet ist, sondern auch zu erheblichen Verzögerungen des Gründungsverfahrens führt.811 Kritisiert wird zudem, dass auch die Auffanglösung nicht nur hochkomplex ist, sondern zudem für SE zu einem über dem vieler nationaler Rechtsordnungen liegenden Mitbestimmungsniveau führt.812 Mit einer fundamentalen Neukonzeption ist i.R.e. Revision der SE-RL (→  45.7) allerdings schon wegen der politischen Sensibilität der gesamten Thematik gleichwohl nicht zu rechnen. Nicht zuletzt aus Gründen der Systemkohärenz ist allerdings zu wünschen, dass die SE-RL zumindest an die Standards des Art. 133 GesRRL (G  Art. 16 CBMD), die in einer

807 Gegen eine Verhandlungspflicht: Feldhaus/Vanscheidt BB 2008, 2246, 2249; KK-AktG/ Kiem Art. 12 SE-VO Rn. 52 ff.; ferner wohl auch Joost FS Richardi, 2007, S. 573, 576 f.; Müller-Bonanni/Melot de Beauregard GmbHR 2005, 195, 200. Zweifelnd im Hinblick auf § 18 Abs. 3 SEBG auch Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Bayer Art. 2 Rn. 30. 808 Vgl. KOM(2010) 676, S. 4 f.; Ernst & Young-Studie (Fn. 34), S. 238; Kommission, Synthesis (Fn. 91), S. 8; Bayer/J. Schmidt AnwBl. 2008, 327, 330; Eidenmüller/Engert/Hornuf AG 2009, 845, 848; Reichert GS Gruson, 2009, S. 321, 331 ff.; J. Schmidt (Fn. 45), S. 51, 76 ff.; dies. (2010) 1 (2) AJLE article 4, 11. 809 Vgl. speziell dazu Henssler/Sittard KSzW 2011, 359 ff. 810 Vgl. Bayer/J. Schmidt AnwBl. 2008, 327, 332; Ege/Grzimek/Schwarzfischer DB 2011, 1205 ff.; Eidenmüller/Engert/Hornuf AG 2009, 845, 848; Götze/Winzer/Arnold ZIP 2009, 245, 251 f.; Heckschen FS Westermann, 2008, S. 999, 1013 f.; Lutter/Kollmorgen/ Feldhaus BB 2007, 509; Müller-Bonanni/Müntefering BB 2009, 1699, 1702; Reichert Konzern 2006, 821, 824; ders. FS Hüffer, 2010, 805, 820; Rieble BB 2006, 2018, 2021; J. Schmidt (2010) 1 (2) AJLE article 4, 12. 811 Vgl. nur KOM(2010) 676, S. 5; SEC(2010) 1391, S. 8; Ernst & Young-Studie (Fn. 34), S. 241; Kommission, Synthesis (Fn. 91), S. 14; Grumberg/Le Gall-Robinson (2006) 6 I.B.L.J. 741, 752; Henssler ZHR (2009) 222, 236; Kiem ZHR 173 (2009) 156, 172; von Rosen FS Hopt, 2010, S. 1245, 1252, 1256. 812 Ernst & Young-Studie (Fn. 34), S. 241; Kommission, Synthesis (Fn. 91), S. 8 f.; Bericht Reflection Group (Fn. 38), S. 30.

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Reihe von Punkten wesentlich praxisfreundlicher sind (speziell: Abs. 3 lit. e, Abs. 4, → 22.163), angepasst wird.813

XI.  Steuerrecht 45.198 Der politisch hochsensible Bereich des Steuerrechts wird von der SE-VO – anders als in früheren Entwürfen814 – komplett ausgespart (vgl. ErwG 20 SE-VO); offenbar nicht zuletzt auch, um steuerlich bedingte Wettbewerbsverzerrungen zugunsten der SE zu vermeiden815. Die SE unterliegt somit grundsätzlich den gleichen – nach wie vor äußerst unterschiedlichen – nationalen Steuervorschriften wie nationale Aktiengesellschaften.816 Durch die Änderung der Fusionssteuer-RL817 durch die RL 2005/19/ EG818 (umgesetzt in Deutschland durch das SEStEG819) wurden aber immerhin die wesentlichen steuerlichen Hindernisse für die Verschmelzungsgründung sowie die grenzüberschreitende Verschmelzung und Sitzverlegung einer SE beseitigt.820

813 Ähnlich AAK ZIP 2009, 698 f.; Habersack (Fn. 54), S. 9, 25 f.; Henssler ZHR (2009) 222, 248; ders. GesRZ 2011, 6, 9 f.; Kiem CFL 2011, 134, 139 f.; J. Schmidt (2010) 1 (2) AJLE article 4, 12; s. ferner die bei Kommission, Synthesis (Fn. 91), S. 17, aufgelisteten Vorschläge. 814 Vgl. zum Steuerrecht in den verschiedenen Entwürfen etwa Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Schön Die SE im Steurrecht Rn. 1 ff. m.w.N. 815 Vgl. Blanquet ZGR 2002, 20, 54; MüKoAktG/Fischer Besteuerung Rn. 1. 816 Vgl. Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Schön Rn. 38; Schaumburg in: Lutter/Hommelhoff (Hrsg.), Die Europäische Gesellschaft, 2005, S. 319 f.; Ernst & Young-Studie (Fn. 34), S. 229. 817 RL 90/434/EWG des Rates v. 23.7.1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABlEG v. 20.8.1990, L 225/1; jetzt kodifiziert als RL 2009/133/EG des Rates v. 19.10.2009 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes einer Europäischen Gesellschaft oder einer Europäischen Genossenschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat, ABlEU v. 25.11.2009, L 310/34. 818 RL 2005/19/EG des Rates v. 17.2.2005 zur Änderung der RL 90/434/EWG über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABlEU v. 4.3.2005, L 58/19. 819 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) v. 7.12.2006, BGBl. I, 2782. 820 Ausf. zur Besteuerung der SE aus deutscher Perspektive: Lutter/Hommelhoff/Teichmann/Schön Rn. 38 ff.; Diemer in: Van Hulle/S. Maul/Drinhausen (Hrsg.), Handbuch zur Europäischen Gesellschaft (SE), 2007, § 9 (jeweils m.z.w.N.). Übersicht über die wichtigsten Problembereiche aus europäischer Perspektive bei Grundmann Rn. 1092 ff.

§ 45 Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE)

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XII.  Fundstellenverzeichnis Grundlage

Art. 308 EGV [G 352 AEUV]

Vorschläge

Sanders-Vorentwurf, EWG-Kommission, Generaldirektion Wettbewerb, 1966, Az. 11000/IV/67, Studie Nr. 6, Reihe Wettbewerb, Brüssel 1967 = Sanders, Vorentwurf eines Statuts für Europäische Aktiengesellschaften, Köln 1967



Vorschlag einer VO (EWG) des Rates über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaften, 24.6.1970, ABlEG v. 10.10.1970, C 124/1 = KOM(70) 150 = Beil. Bull. EG 8/1970



Geänderter Vorschlag einer VO des Rates über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft, 30.4.1975, KOM(75) 150 = Beil. Bull. EG 4/1975 = BT-Drs. 7/3713



Vorschlag für eine VO (EWG) des Rates über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft, 25.8.1989, ABlEG v. 16.10.1989, C 263/41; Vorschlag für eine RL des Rates zur Ergänzung des SE-Statuts hinsichtlich der Stellung der Arbeitnehmer, 25.8.1989, ABlEG v. 16.10.1989, C 263/69 = Beil. Bull. EG 5/1989 = BT-Drs. 11/5427



Geänderter Vorschlag für eine VO (EWG) des Rates über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft, 6.5.1991, ABlEG v. 8.7.1991, C 176/1; Geänderter Vorschlag für eine RL des Rates zur Ergänzung des SE-Statuts hinsichtlich der Stellung der Arbeitnehmer, 6.5.1991, ABlEG v. 29.5.1991, C 138/8



Geänderter Vorschlag für eine VO über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft (SE), 28.5.1998, Dok. 8772/98

verabschiedete Fassung

VO (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABlEG v. 10.11.2001, L 294/1



RL 2001/86/EG des Rates v. 8.10.2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, ABlEG v. 10.11.2001, L 294/22

ändernde Rechtsakte

VO (EG) Nr. 885/2004 des Rates v. 26.4.2004 zur Anpassung der VO (EG) Nr. 2003/2003 des EP und des Rates, der VO (EG) Nr. 1334/2000, (EG) Nr. 2157/2001, (EG) Nr. 152/2002, (EG) Nr. 1499/2002, (EG) Nr. 1500/2003 und (EG) Nr. 1798/2003 des Rates, der Beschlüsse Nr. 1720/1999/EG, Nr. 253/2000/ EG, Nr. 508/2000/EG, Nr. 1031/2000/EG, Nr. 163/2001/EG und Nr. 291/2003/EG des EP und des Rates, der Beschlüsse 1999/382/EG, 2000/821/EG und 2003/893/EG des Rates, der Entscheidungen Nr. 1719/1999/EG und Nr. 2235/2002/EG des EP und des Rates und der Entscheidung 2003/17/EG des Rates in den Bereichen freier Warenverkehr, Gesellschaftsrecht, Landwirtschaft, Steuern, Bildung und Ausbildung, Kultur und audiovisuelle Politik und auswärtige Beziehungen wegen des Beitritts der Tschechischen Republik, Estlands, Zyperns, Lettlands, Litauens, Ungarns, Maltas, Polens, Slowenien und der Slowakei, ABlEU v. 1.5.20014, L 168/1



VO (EG) Nr. 1791/2006 des Rates v. 20.11.2006 zur Anpassung einiger VO, Beschlüsse und Entscheidungen in den Bereichen

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§ 45 Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE)

freier Warenverkehr, Freizügigkeit, Gesellschaftsrecht, Wettbewerbspolitik, Landwirtschaft (einschließlich des Veterinär- und Pflanzenschutzrechts), Verkehrspolitik, Steuerwesen, Statistik, Energie, Umwelt, Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, Zollunion, Außenbeziehungen, Gemeinsame Außenund Sicherheitspolitik und Organe anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, ABlEU v. 20.12.2006, L 363/1

VO (EU) Nr. 517/2013 des Rates v. 13.5.2013 zur Anpassung einiger VO und Beschlüsse in den Bereichen freier Warenverkehr, Freizügigkeit, Gesellschaftsrecht, Wettbewerbspolitik, Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit, Tier- und Pflanzengesundheit, Verkehrspolitik, Energie, Steuern, Statistik, transeuropäische Netze, Justiz und Grundrechte, Recht, Freiheit und Sicherheit, Umwelt, Zollunion, Außenbeziehungen, Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik und Organe aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABlEU v. 10.6.2013, L 158/1

Ausführung/Umsetzung in Deutschland

Gesetz zur Ausführung der VO (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (SE-Ausführungsgesetz – SEAG) v. 22.12.2004, BGBl. I, 3675



Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft (SE-Beteiligungsgesetz – SEBG) v. 22.12.2004, BGBl. I, 3686

§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL

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VERORDNUNG (EG) Nr. 2157/2001 DES RATES vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE)

§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION – gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 308, auf Vorschlag der Kommission(1), nach Stellungnahme des Europäischen Parla­ ments(2), nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozial­ ausschusses(3), in Erwägung nachstehender Gründe: (1)  Voraussetzung für die Verwirklichung des Binnenmarkts und für die damit angestrebte Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage in der gesamten Gemeinschaft ist außer der Beseitigung der Handelshemmnisse eine gemeinschaftsweite Reorganisation der Produktionsfaktoren. Dazu ist es unerlässlich, dass die Unternehmen, deren Tätigkeit sich nicht auf die Befriedigung rein örtlicher Bedürfnisse beschränkt, die Neuordnung ihrer Tätigkeiten auf Gemeinschaftsebene planen und betreiben können. (2) Eine solche Umgestaltung setzt die Möglichkeit voraus, das Wirtschaftspotential bereits bestehender Unternehmen mehrerer Mitgliedstaaten durch Konzentrations- und Fusionsmaßnahmen zusammenzufassen. Dies darf jedoch nur unter Beachtung der Wettbewerbsregeln des Vertrags geschehen. (3)  Die Verwirklichung der Umstrukturierungs- und Kooperationsmaßnahmen, an denen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten beteiligt sind, stößt auf rechtliche, steuerliche und psychologische Schwierigkeiten. Einige davon konnten mit der Angleichung des Gesellschaftsrechts der Mitgliedstaaten durch aufgrund von Artikel 44 des Vertrags erlassene Richtlinien ausgeräumt werden. Dies erspart Unternehmen, die verschiedenen Rechtsordnungen unterliegen, jedoch nicht die Wahl einer Gesellschaftsform, für die ein bestimmtes nationales Recht gilt.

(1) ABl. C 263 vom 16.10.1989, S. 41, und ABl. C 176 vom 8.7.1991, S. 1. (2) Stellungnahme vom 4. September 2001 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). (3) ABl. C 124 vom 21.5.1990, S. 34.

(4) Somit entspricht der rechtliche Rahmen, in dem sich die Unternehmen in der Gemeinschaft noch immer bewegen müssen und der hauptsächlich von innerstaatlichem Recht bestimmt wird, nicht mehr dem wirtschaftlichen Rahmen, in dem sie sich entfalten sollen, um die Erreichung der in Artikel 18 des Vertrags genannten Ziele zu ermöglichen. Dieser Zustand ist geeignet, Zusammenschlüsse zwischen Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten erheblich zu behindern. (5)  Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen, die auf Europäische Gesellschaften aufgrund dieser Verordnung anwendbar sind, weder zu einer Diskriminierung dadurch führen, dass die Europäischen Gesellschaften ungerechtfertigterweise anders behandelt werden als die Aktiengesellschaften, noch unverhältnismäßig strenge Auflagen für die Errichtung einer Europäischen Gesellschaft oder die Verlegung ihres Sitzes mit sich bringen. (6)  Die juristische Einheitlichkeit der europäischen Unternehmen muss ihrer wirtschaftlichen weitestgehend entsprechen. Neben den bisherigen Gesellschaftsformen nationalen Rechts ist daher die Schaffung von Gesellschaften vorzusehen, deren Struktur und Funktionsweise durch eine in allen Mitgliedstaaten unmittelbar geltende gemeinschaftsrechtliche Verordnung geregelt werden. (7) Dadurch werden sowohl die Gründung als auch die Leitung von Gesellschaften europäischen Zuschnitts ermöglicht, ohne dass die bestehenden Unterschiede zwischen den für die Handelsgesellschaften geltenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und ihr räumlich begrenzter Geltungsbereich dafür ein Hindernis darstellten. (8) Das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft (nachfolgend „SE“ genannt) zählt zu jenen Rechtsakten, die der Rat gemäß dem Weißbuch der Kommission über die Vollendung des Binnenmarkts, das der Europäische Rat von Mailand im Juni 1985 angenommen hat, vor dem Jahre 1992 erlassen musste. 1987 äußerte der Europäische Rat auf seiner Tagung in Brüssel den Wunsch, dass ein solches Statut rasch geschaffen wird. (9) Seit der Vorlage des Kommissionsvorschlags für eine Verordnung über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaften im Jahre 1970 und der Vorlage des 1975 geänderten Vorschlags sind

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL

bei der Angleichung des nationalen Gesellschaftsrechts beachtliche Fortschritte erzielt worden, so dass in Bereichen, in denen es für das Funktionieren der SE keiner einheitlichen Gemeinschaftsregelung bedarf, auf das Aktienrecht des Sitzmitgliedstaats verwiesen werden kann.

Grundsätzen des internationalen Privatrechts nach dem für das kontrollierte Unternehmen geltenden Recht, unbeschadet der sich für das herrschende Unternehmen aus den geltenden Rechtsvorschriften ergebenden Pflichten, beispielsweise bei der Aufstellung der konsolidierten Abschlüsse.

(10)  Das wichtigste mit der Rechtsform einer SE verfolgte Ziel erfordert jedenfalls – unbeschadet wirtschaftlicher Erfordernisse, die sich in der Zukunft ergeben können –, dass eine SE gegründet werden kann, um es Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten zu ermöglichen, zu fusionieren oder eine Holdinggesellschaft zu errichten, und damit Gesellschaften und andere juristische Personen aus verschiedenen Mitgliedstaaten, die eine Wirtschaftstätigkeit betreiben, gemeinsame Tochtergesellschaften gründen können.

(16) Unbeschadet des sich möglicherweise aus einer späteren Koordinierung des Rechts der Mitgliedstaaten ergebenden Handlungsbedarfs ist eine Sonderregelung für die SE hier gegenwärtig nicht erforderlich. Es empfiehlt sich daher, sowohl für den Fall, dass die SE die Kontrolle ausübt, als auch für den Fall, dass die SE das kontrollierte Unternehmen ist, auf die allgemeinen Vorschriften und Grundsätze zurückzugreifen.

(11) Im gleichen Sinne sollte es Aktiengesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz und ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft haben, ermöglicht werden, eine SE durch Umwandlung ohne vorherige Auflösung zu gründen, wenn sie eine Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihres Sitzes haben. (12)  Die für öffentlich zur Zeichnung auffordernde Aktiengesellschaften und für Wertpapiergeschäfte geltenden einzelstaatlichen Bestimmungen müssen auch dann, wenn die Gründung der SE durch eine öffentliche Aufforderung zur Zeichnung erfolgt, gelten sowie für SE, die diese Finanzierungsinstrumente in Anspruch nehmen möchten. (13)  Die SE selbst muss eine Kapitalgesellschaft in Form einer Aktiengesellschaft sein, die sowohl von der Finanzierung als auch von der Geschäftsführung her am besten den Bedürfnissen der gemeinschaftsweit tätigen Unternehmen entspricht. Um eine sinnvolle Unternehmensgröße dieser Gesellschaften zu gewährleisten, empfiehlt es sich, ein Mindestkapital festzusetzen, das die Gewähr dafür bietet, dass diese Gesellschaften über eine ausreichende Vermögensgrundlage verfügen, ohne dass dadurch kleinen und mittleren Unternehmen die Gründung von SE erschwert wird. (14)  Es ist erforderlich, der SE alle Möglichkeiten einer leistungsfähigen Geschäftsführung an die Hand zu geben und gleichzeitig deren wirksame Überwachung sicherzustellen. Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass in der Gemeinschaft hinsichtlich der Verwaltung der Aktiengesellschaften derzeit zwei verschiedene Systeme bestehen. Die Wahl des Systems bleibt der SE überlassen, jedoch ist eine klare Abgrenzung der Verantwortungsbereiche jener Personen, denen die Geschäftsführung obliegt, und der Personen, die mit der Aufsicht betraut sind, wünschenswert. (15)  Die Rechte und Pflichten hinsichtlich des Schutzes von Minderheitsaktionären und von Dritten, die sich für ein Unternehmen aus der Kontrolle durch ein anderes Unternehmen, das einer anderen Rechtsordnung unterliegt, ergeben, bestimmen sich gemäß den Vorschriften und allgemeinen

(17) Wird die SE von einem anderen Unternehmen beherrscht, so ist anzugeben, welches Recht anwendbar ist; hierzu ist auf die Rechtsvorschriften zu verweisen, die für Aktiengesellschaften gelten, die dem Recht des Sitzstaates der SE unterliegen. (18) Es muss sichergestellt werden, dass jeder Mitgliedstaat bei Verstößen gegen Bestimmungen dieser Verordnung die für die seiner Rechtsordnung unterliegenden Aktiengesellschaften geltenden Sanktionen anwendet. (19)  Die Stellung der Arbeitnehmer in der SE wird durch die Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer(4) auf der Grundlage von Artikel 308 des Vertrags geregelt. Diese Bestimmungen stellen somit eine untrennbare Ergänzung der vorliegenden Verordnung dar und müssen zum gleichen Zeitpunkt anwendbar sein. (20)  Andere Rechtsbereiche wie das Steuerrecht, das Wettbewerbsrecht, der gewerbliche Rechtsschutz und das Konkursrecht werden nicht von dieser Verordnung erfasst. Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten und das Gemeinschaftsrecht gelten in den oben genannten sowie in anderen nicht von dieser Verordnung erfassten Bereichen. (21)  Mit der Richtlinie 2001/86/EG soll ein Recht der Arbeitnehmer auf Beteiligung bei den den Geschäftsverlauf der SE betreffenden Fragen und Entscheidungen gewährleistet werden. Die übrigen arbeits- und sozialrechtlichen Fragen, insbesondere das in den Mitgliedstaaten geltende Recht auf Information und Anhörung der Arbeitnehmer, unterliegen hingegen den einzelstaatlichen Vorschriften, die unter denselben Bedingungen für die Aktiengesellschaften gelten. (22) Das Inkrafttreten dieser Verordnung muss zeitlich aufgeschoben erfolgen, um alle Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, die Richtlinie 2001/86/EG in innerstaatliches Recht umzusetzen und die für die Gründung und den Geschäftsbetrieb von SE mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet notwendi-

(4) Siehe S. 22 dieses Amtsblatts.

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL gen Verfahren rechtzeitig einzuführen, dergestalt, dass die Verordnung und die Richtlinie gleichzeitig zur Anwendung gebracht werden können. (23) Eine Gesellschaft, deren Hauptverwaltung sich außerhalb der Gemeinschaft befindet, kann sich an der Gründung einer SE beteiligen, sofern die betreffende Gesellschaft nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet wurde, ihren Sitz in diesem Mitgliedstaat hat und in tatsächlicher und dauerhafter Verbindung mit der Wirtschaft eines Mitgliedstaats im Sinne der Grundsätze des allgemeinen Programms zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit von 1962 steht. Eine solche Verbindung besteht, wenn die Gesellschaft in dem Mitgliedstaat eine Niederlassung hat, von dem aus sie ihre Geschäfte betreibt. (24)  Die SE sollte ihren Sitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegen können. Ein angemessener Schutz der Interessen der Minderheitsaktionäre, die sich gegen die Verlegung ausgesprochen haben, sowie der Interessen der Gläubiger und der sonstigen Forderungsberechtigten sollte in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Vor der Verlegung entstandene Ansprüche dürfen durch eine solche Verlegung nicht berührt werden. (25)  Bestimmungen, die die zuständige Gerichts­ barkeit im Falle der Sitzverlegung einer Aktiengesellschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen betreffen und die in das Brüsseler Übereinkommen von 1968 oder in einen Rechtsakt der Mitgliedstaaten oder des Rates zur Ersetzung dieses Übereinkommens aufgenommen werden, werden von dieser Verordnung nicht berührt. (26) Für die Tätigkeiten von Finanzinstituten gelten Einzelrichtlinien, und das einzelstaatliche Recht zur Umsetzung dieser Richtlinien sowie ergänzende einzelstaatliche Vorschriften zur Regelung der betreffenden Tätigkeiten finden auf eine SE uneingeschränkt Anwendung. (27)  In Anbetracht des spezifischen und gemeinschaftlichen Charakters der SE lässt die in dieser Verordnung für die SE gewählte Regelung des tatsächlichen Sitzes die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten unberührt und greift der Entscheidung bei anderen Gemeinschaftstexten im Bereich des Gesellschaftsrechts nicht vor. (28) Der Vertrag enthält Befugnisse für die An­ nahme dieser Verordnung nur in Artikel 308. (29)  Da die Ziele der beabsichtigten Maßnahme – wie oben ausgeführt – nicht hinreichend von den Mitgliedstaaten erreicht werden können, weil es darum geht, die SE auf europäischer Ebene zu errichten, und da die Ziele daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip nach Artikel 5 des Vertrags Maßnahmen ergreifen. Im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nach jenem Artikel geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus –

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN: TITEL I ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN Artikel 1 (1) Handelsgesellschaften können im Gebiet der Gemeinschaft in der Form europäischer Aktiengesellschaften (Societas Europaea, nachfolgend „SE“ genannt) unter den Voraussetzungen und in der Weise gegründet werden, die in dieser Verordnung vorgesehen sind. (2)  Die SE ist eine Gesellschaft, deren Kapital in Aktien zerlegt ist. Jeder Aktionär haftet nur bis zur Höhe des von ihm gezeichneten Kapitals. (3)  Die SE besitzt Rechtspersönlichkeit. (4) Die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE wird durch die Richtlinie 2001/86/EG geregelt. Artikel 2 (1) Aktiengesellschaften im Sinne des Anhangs I, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden sind und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft haben, können eine SE durch Verschmelzung gründen, sofern mindestens zwei von ihnen dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen. (2) Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Sinne des Anhangs II, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden sind und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft haben, können die Gründung einer Holding-SE anstreben, sofern mindestens zwei von ihnen a) dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen oder b) seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben. (3) Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags sowie juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden sind und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft haben, können eine Tochter-SE durch Zeichnung ihrer Aktien gründen, sofern mindestens zwei von ihnen a) dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen oder b) seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben.

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL

(4) Eine Aktiengesellschaft, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden ist und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft hat, kann in eine SE umgewandelt werden, wenn sie seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft hat. (5) Ein Mitgliedstaat kann vorsehen, dass sich eine Gesellschaft, die ihre Hauptverwaltung nicht in der Gemeinschaft hat, an der Gründung einer SE beteiligen kann, sofern sie nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet wurde, ihren Sitz in diesem Mitgliedstaat hat und mit der Wirtschaft eines Mitgliedstaats in tatsächlicher und dauerhafter Verbindung steht. Artikel 3 (1) Die SE gilt als Aktiengesellschaft, die zum Zwecke der Anwendung des Artikels 2 Absätze 1, 2 und 3 dem Recht des Sitzmitgliedstaats unterliegt. (2)  Eine SE kann selbst eine oder mehrere Tochtergesellschaften in Form einer SE gründen. Bestimmungen des Sitzmitgliedstaats der TochterSE, gemäß denen eine Aktiengesellschaft mehr als einen Aktionär haben muss, gelten nicht für die Tochter-SE. Die einzelstaatlichen Bestimmungen, die aufgrund der Zwölften Richtlinie 89/667/ EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter(5) angenommen wurden, gelten sinngemäß für die SE. Artikel 4 (1)  Das Kapital der SE lautet auf Euro. (2) Das gezeichnete Kapital muss mindestens 120 000 EUR betragen. (3) Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die ein höheres gezeichnetes Kapital für Gesellschaften vorsehen, die bestimmte Arten von Tätigkeiten ausüben, gelten auch für SE mit Sitz in dem betreffenden Mitgliedstaat.

Artikel 6 Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Satzung der SE“ zugleich die Gründungsurkunde und, falls sie Gegenstand einer getrennten Urkunde ist, die Satzung der SE im eigentlichen Sinne. Artikel 7 Der Sitz der SE muss in der Gemeinschaft liegen, und zwar in dem Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung der SE befindet. Jeder Mitgliedstaat kann darüber hinaus den in seinem Hoheitsgebiet eingetragenen SE vorschreiben, dass sie ihren Sitz und ihre Hauptverwaltung am selben Ort haben müssen. Artikel 8 (1)  Der Sitz der SE kann gemäß den Absätzen 2 bis 13 in einen anderen Mitgliedstaat verlegt werden. Diese Verlegung führt weder zur Auflösung der SE noch zur Gründung einer neuen juristischen Person. (2)  Ein Verlegungsplan ist von dem Leitungs- oder dem Verwaltungsorgan zu erstellen und unbeschadet etwaiger vom Sitzmitgliedstaat vorgesehener zusätzlicher Offenlegungsformen gemäß Artikel 13 offen zu legen. Dieser Plan enthält die bisherige Firma, den bisherigen Sitz und die bisherige Registriernummer der SE sowie folgende Angaben: a) den vorgesehenen neuen Sitz der SE, b) die für die SE vorgesehene Satzung sowie gegebenenfalls die neue Firma, c) die etwaigen Folgen der Verlegung für die Beteiligung der Arbeitnehmer, d) den vorgesehenen Zeitplan für die Verlegung, e) etwaige zum Schutz der Aktionäre und/oder Gläubiger vorgesehene Rechte.

Artikel 5

(3)  Das Leitungs- oder das Verwaltungsorgan erstellt einen Bericht, in dem die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der Verlegung erläutert und begründet und die Auswirkungen der Verlegung für die Aktionäre, die Gläubiger sowie die Arbeitnehmer im Einzelnen dargelegt werden.

Vorbehaltlich des Artikels 4 Absätze 1 und 2 gelten für das Kapital der SE, dessen Erhaltung und dessen Änderungen sowie die Aktien, die Schuldverschreibungen und sonstige vergleichbare Wertpapiere der SE die Vorschriften, die für eine Aktiengesellschaft mit Sitz in dem Mitgliedstaat, in dem die SE eingetragen ist, gelten würden.

(4)  Die Aktionäre und die Gläubiger der SE haben vor der Hauptversammlung, die über die Verlegung befinden soll, mindestens einen Monat lang das Recht, am Sitz der SE den Verlegungsplan und den Bericht nach Absatz 3 einzusehen und die unentgeltliche Aushändigung von Abschriften dieser Unterlagen zu verlangen.

(5) ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 40. Zuletzt geändert durch die Beitrittsakte von 1994.

(5)  Die Mitgliedstaaten können in Bezug auf die in ihrem Hoheitsgebiet eingetragenen SE Vorschriften erlassen, um einen angemessenen Schutz der Minderheitsaktionäre, die sich gegen die Verlegung ausgesprochen haben, zu gewährleisten.

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL (6)  Der Verlegungsbeschluss kann erst zwei Monate nach der Offenlegung des Verlegungsplans gefasst werden. Er muss unter den in Artikel 59 vorgesehenen Bedingungen gefasst werden. (7) Bevor die zuständige Behörde die Bescheinigung gemäß Absatz 8 ausstellt, hat die SE gegenüber der Behörde den Nachweis zu erbringen, dass die Interessen ihrer Gläubiger und sonstigen Forderungsberechtigten (einschließlich der öffentlich-rechtlichen Körperschaften) in Bezug auf alle vor der Offenlegung des Verlegungsplans entstandenen Verbindlichkeiten im Einklang mit den Anforderungen des Mitgliedstaats, in dem die SE vor der Verlegung ihren Sitz hat, angemessen geschützt sind. Die einzelnen Mitgliedstaaten können die Anwendung von Unterabsatz 1 auf Verbindlichkeiten ausdehnen, die bis zum Zeitpunkt der Verlegung entstehen (oder entstehen können). Die Anwendung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über das Leisten oder Absichern von Zahlungen an öffentlich-rechtliche Körperschaften auf die SE wird von den Unterabsätzen 1 und 2 nicht berührt. (8)  Im Sitzstaat der SE stellt das zuständige Gericht, der Notar oder eine andere zuständige Behörde eine Bescheinigung aus, aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass die der Verlegung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten durchgeführt wurden. (9)  Die neue Eintragung kann erst vorgenommen werden, wenn die Bescheinigung nach Absatz 8 vorgelegt und die Erfüllung der für die Eintragung in dem neuen Sitzstaat erforderlichen Formalitäten nachgewiesen wurde. (10)  Die Sitzverlegung der SE sowie die sich daraus ergebenden Satzungsänderungen werden zu dem Zeitpunkt wirksam, zu dem die SE gemäß Artikel 12 im Register des neuen Sitzes eingetragen wird. (11) Das Register des neuen Sitzes meldet dem Register des früheren Sitzes die neue Eintragung der SE, sobald diese vorgenommen worden ist. Die Löschung der früheren Eintragung der SE erfolgt erst nach Eingang dieser Meldung. (12) Die neue Eintragung und die Löschung der früheren Eintragung werden gemäß Artikel 13 in den betreffenden Mitgliedstaaten offen gelegt.

gliedstaat eingetragenen SE nicht wirksam wird, wenn eine zuständige Behörde dieses Staates innerhalb der in Absatz 6 genannten Frist von zwei Monaten dagegen Einspruch erhebt. Dieser Einspruch ist nur aus Gründen des öffentlichen Interesses zulässig. Untersteht eine SE nach Maßgabe von Gemeinschaftsrichtlinien der Aufsicht einer einzelstaatlichen Finanzaufsichtsbehörde, so gilt das Recht auf Erhebung von Einspruch gegen die Sitzverlegung auch für die genannte Behörde. Gegen den Einspruch muss ein Rechtsmittel vor einem Gericht eingelegt werden können. (15) Eine SE kann ihren Sitz nicht verlegen, wenn gegen sie ein Verfahren wegen Auflösung, Liquidation, Zahlungsunfähigkeit oder vorläufiger Zahlungseinstellung oder ein ähnliches Verfahren eröffnet worden ist. (16)  Eine SE, die ihren Sitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt hat, gilt in Bezug auf alle Forderungen, die vor dem Zeitpunkt der Verlegung gemäß Absatz 10 entstanden sind, als SE mit Sitz in dem Mitgliedstaat, in dem sie vor der Verlegung eingetragen war, auch wenn sie erst nach der Verlegung verklagt wird. Artikel 9 (1)  Die SE unterliegt a) den Bestimmungen dieser Verordnung, b) sofern die vorliegende Verordnung dies ausdrücklich zulässt, den Bestimmungen der Satzung der SE, c) in Bezug auf die nicht durch diese Verordnung geregelten Bereiche oder, sofern ein Bereich nur teilweise geregelt ist, in Bezug auf die nicht von dieser Verordnung erfassten Aspekte i) den Rechtsvorschriften, die die Mitglied­ staaten in Anwendung der speziell die SE betreffenden Gemeinschaftsmaßnahmen er­lassen, ii) den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die auf eine nach dem Recht des Sitzstaats der SE gegründete Aktiengesellschaft Anwendung finden würden, iii) den Bestimmungen ihrer Satzung unter den gleichen Voraussetzungen wie im Falle einer nach dem Recht des Sitzstaats der SE gegründeten Aktiengesellschaft.

(13) Mit der Offenlegung der neuen Eintragung der SE ist der neue Sitz Dritten gegenüber wirksam. Jedoch können sich Dritte, solange die Löschung der Eintragung im Register des früheren Sitzes nicht offen gelegt worden ist, weiterhin auf den alten Sitz berufen, es sei denn, die SE beweist, dass den Dritten der neue Sitz bekannt war.

(2) Von den Mitgliedstaaten eigens für die SE erlassene Rechtsvorschriften müssen mit den für Aktiengesellschaften im Sinne des Anhangs I maßgeblichen Richtlinien im Einklang stehen.

(14) Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können bestimmen, dass eine Sitzverlegung, die einen Wechsel des maßgeblichen Rechts zur Folge­hätte, im Falle der in dem betreffenden Mit-

(3) Gelten für die von der SE ausgeübte Geschäftstätigkeit besondere Vorschriften des einzelstaatlichen Rechts, so finden diese Vorschriften auf die SE uneingeschränkt Anwendung.

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL Artikel 10

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieser Verordnung wird eine SE in jedem Mitgliedstaat wie eine Aktiengesellschaft behandelt, die nach dem Recht des Sitzstaats der SE gegründet wurde. Artikel 11 (1)  Die SE muss ihrer Firma den Zusatz „SE“ voran- oder nachstellen. (2)  Nur eine SE darf ihrer Firma den Zusatz „SE“ hinzufügen. (3) Die in einem Mitgliedstaat vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung eingetragenen Gesellschaften oder sonstigen juristischen Personen, deren Firma den Zusatz „SE“ enthält, brauchen ihre Namen jedoch nicht zu ändern. Artikel 12 (1)  Jede SE wird gemäß Artikel 3 der Ersten Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten(6), im Sitzstaat in ein nach dem Recht dieses Staates bestimmtes Register eingetragen. (2)  Eine SE kann erst eingetragen werden, wenn eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2001/86/ EG geschlossen worden ist, ein Beschluss nach Artikel 3 Absatz 6 der genannten Richtlinie gefasst worden ist oder die Verhandlungsfrist nach Artikel 5 der genannten Richtlinie abgelaufen ist, ohne dass eine Vereinbarung zustande gekommen ist. (3) Voraussetzung dafür, dass eine SE in einem Mitgliedstaat, der von der in Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 2001/86/EG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, registriert werden kann, ist, dass eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 4 der genannten Richtlinie über die Modalitäten der Beteiligung der Arbeitnehmer – einschließlich der Mitbestimmung – geschlossen wurde oder dass für keine der teilnehmenden Gesellschaften vor der Registrierung der SE Mitbestimmungsvorschriften galten. (4)  Die Satzung der SE darf zu keinem Zeitpunkt im Widerspruch zu der ausgehandelten Vereinbarung stehen. Steht eine neue gemäß der Richtlinie 2001/86/EG geschlossene Vereinbarung im Widerspruch zur geltenden Satzung, ist diese – soweit erforderlich – zu ändern.

(6) ABl. L 65 vom 14.3.1968, S. 8. Zuletzt geändert durch die Beitrittsakte von 1994.

In diesem Fall kann ein Mitgliedstaat vorsehen, dass das Leitungs- oder das Verwaltungsorgan der SE befugt ist, die Satzungsänderung ohne weiteren Beschluss der Hauptversammlung vorzunehmen. Artikel 13 Die die SE betreffenden Urkunden und Angaben, die nach dieser Verordnung der Offenlegungspflicht unterliegen, werden gemäß der Richtlinie 68/151/EWG nach Maßgabe der Rechtsvorschriften des Sitzstaats der SE offen gelegt. Artikel 14 (1) Die Eintragung und die Löschung der Eintragung einer SE werden mittels einer Bekanntmachung zu Informationszwecken im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht, nachdem die Offenlegung gemäß Artikel 13 erfolgt ist. Diese Bekanntmachung enthält die Firma der SE, Nummer, Datum und Ort der Eintragung der SE, Datum, Ort und Titel der Veröffentlichung sowie den Sitz und den Geschäftszweig der SE. (2) Bei der Verlegung des Sitzes der SE gemäß Artikel 8 erfolgt eine Bekanntmachung mit den Angaben gemäß Absatz 1 sowie mit denjenigen im Falle einer Neueintragung. (3) Die Angaben gemäß Absatz 1 werden dem Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften innerhalb eines Monats nach der Offenlegung gemäß Artikel 13 übermittelt. TITEL II GRÜNDUNG Abschnitt 1 Allgemeines Artikel 15 (1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieser Verordnung findet auf die Gründung einer SE das für Aktiengesellschaften geltende Recht des Staates Anwendung, in dem die SE ihren Sitz begründet. (2)  Die Eintragung einer SE wird gemäß Artikel 13 offen gelegt. Artikel 16 (1) Die SE erwirbt die Rechtspersönlichkeit am Tag ihrer Eintragung in das in Artikel 12 genannte Register. (2)  Wurden im Namen der SE vor ihrer Eintragung gemäß Artikel 12 Rechtshandlungen vorgenommen und übernimmt die SE nach der Eintragung

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL die sich aus diesen Rechtshandlungen ergebenden Verpflichtungen nicht, so haften die natürlichen Personen, die Gesellschaften oder anderen juristischen Personen, die diese Rechtshandlungen vorgenommen haben, vorbehaltlich anders lautender Vereinbarungen unbegrenzt und gesamtschuldnerisch.

lung der Bescheinigung gemäß Artikel 25 Absatz 2 dagegen Einspruch erhebt. Dieser Einspruch ist nur aus Gründen des öffentlichen Interesses zulässig. Gegen ihn muss ein Rechtsmittel eingelegt werden können. Artikel 20

Abschnitt 2 Gründung einer SE durch Verschmelzung Artikel 17 (1)  Eine SE kann gemäß Artikel 2 Absatz 1 durch Verschmelzung gegründet werden. (2)  Die Verschmelzung erfolgt a) entweder nach dem Verfahren der Verschmelzung durch Aufnahme gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 78/855/EWG(7) b) oder nach dem Verfahren der Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft gemäß Artikel 4 Absatz 1 der genannten Richtlinie. Im Falle einer Verschmelzung durch Aufnahme nimmt die aufnehmende Gesellschaft bei der Verschmelzung die Form einer SE an. Im Falle einer Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft ist die neue Gesellschaft eine SE. Artikel 18 In den von diesem Abschnitt nicht erfassten Bereichen sowie in den nicht erfassten Teilbereichen eines von diesem Abschnitt nur teilweise abgedeckten Bereichs sind bei der Gründung einer SE durch Verschmelzung auf jede Gründungsgesellschaft die mit der Richtlinie 78/855/EWG in Einklang stehenden, für die Verschmelzung von Aktiengesellschaften geltenden Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats anzuwenden, dessen Recht sie unterliegt. Artikel 19 Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates können vorsehen, dass die Beteiligung einer Gesellschaft, die dem Recht dieses Mitgliedstaates unterliegt, an der Gründung einer SE durch Verschmelzung nur möglich ist, wenn keine zustän­ dige Behörde dieses Mitgliedstaats vor der Ertei-

(7) Dritte Richtlinie 78/855/EWG des Rates vom 9. Oktober 1978 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrages betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (ABl. L 295 vom 20.10.1978, S. 36). Zuletzt geändert durch die Beitrittsakte von 1994.

(1) Die Leitungs- oder die Verwaltungsorgane der sich verschmelzenden Gesellschaften stellen einen Verschmelzungsplan auf. Dieser Verschmelzungsplan enthält a) die Firma und den Sitz der sich verschmelzenden Gesellschaften sowie die für die SE vorgesehene Firma und ihren geplanten Sitz, b) das Umtauschverhältnis der Aktien und gegebenenfalls die Höhe der Ausgleichsleistung, c) die Einzelheiten hinsichtlich der Übertragung der Aktien der SE, d) den Zeitpunkt, von dem an diese Aktien das Recht auf Beteiligung am Gewinn gewähren, sowie alle Besonderheiten in Bezug auf dieses Recht, e) den Zeitpunkt, von dem an die Handlungen der sich verschmelzenden Gesellschaften unter dem Gesichtspunkt der Rechnungslegung als für Rechnung der SE vorgenommen gelten, f) die Rechte, welche die SE den mit Sonderrechten ausgestatteten Aktionären der Gründungsgesellschaften und den Inhabern anderer Wertpapiere als Aktien gewährt, oder die für diese Personen vorgeschlagenen Maßnahmen, g) jeder besondere Vorteil, der den Sachverständigen, die den Verschmelzungsplan prüfen, oder den Mitgliedern der Verwaltungs-, Leitungs-, Aufsichts- oder Kontrollorgane der sich verschmelzenden Gesellschaften gewährt wird, h) die Satzung der SE, i) Angaben zu dem Verfahren, nach dem die Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer gemäß der Richtlinie 2001/86/EG geschlossen wird. (2) Die sich verschmelzenden Gesellschaften können dem Verschmelzungsplan weitere Punkte hinzufügen. Artikel 21 Für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften und vorbehaltlich weiterer Auflagen seitens des Mitgliedstaates, dessen Recht die betreffende Gesellschaft unterliegt, sind im Amtsblatt dieses Mitgliedstaats nachstehende Angaben bekannt zu machen: a) Rechtsform, Firma und Sitz der sich verschmelzenden Gesellschaften,

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL

b) das Register, bei dem die in Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 68/151/EWG genannten Urkunden für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften hinterlegt worden sind, sowie die Nummer der Eintragung in das Register, c) einen Hinweis auf die Modalitäten für die Ausübung der Rechte der Gläubiger der betreffenden Gesellschaft gemäß Artikel 24 sowie die Anschrift, unter der erschöpfende Auskünfte über diese Modalitäten kostenlos eingeholt werden können, d) einen Hinweis auf die Modalitäten für die Ausübung der Rechte der Minderheitsaktionäre der betreffenden Gesellschaft gemäß Artikel 24 sowie die Anschrift, unter der erschöpfende Auskünfte über diese Modalitäten kostenlos eingeholt werden können, e) die für die SE vorgesehene Firma und ihr künftiger Sitz. Artikel 22 Als Alternative zur Heranziehung von Sachverständigen, die für Rechnung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften tätig sind, können ein oder mehrere unabhängige Sachverständige im Sinne des Artikels 10 der Richtlinie 78/855/EWG, die auf gemeinsamen Antrag dieser Gesellschaften von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde des Mitgliedstaats, dessen Recht eine der sich verschmelzenden Gesellschaften oder die künftige SE unterliegt, dazu bestellt wurden, den Verschmelzungsplan prüfen und einen für alle Aktionäre bestimmten einheitlichen Bericht erstellen. Die Sachverständigen haben das Recht, von jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften alle Auskünfte zu verlangen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe für erforderlich halten. Artikel 23 (1) Die Hauptversammlung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften stimmt dem Verschmelzungsplan zu. (2) Die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE wird gemäß der Richtlinie 2001/86/EG festgelegt. Die Hauptversammlung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften kann sich das Recht vorbehalten, die Eintragung der SE davon abhängig zu machen, dass die geschlossene Vereinbarung von ihr ausdrücklich genehmigt wird. Artikel 24 (1) Das Recht des Mitgliedstaats, das jeweils für die sich verschmelzenden Gesellschaften gilt, findet wie bei einer Verschmelzung von Aktiengesellschaften unter Berücksichtigung des grenz-

überschreitenden Charakters der Verschmelzung Anwendung zum Schutz der Interessen a) der Gläubiger der sich verschmelzenden Gesellschaften, b) der Anleihegläubiger der sich verschmelzenden Gesellschaften, c) der Inhaber von mit Sonderrechten gegenüber den sich verschmelzenden Gesellschaften ausgestatteten Wertpapieren mit Ausnahme von Aktien. (2)  Jeder Mitgliedstaat kann in Bezug auf die sich verschmelzenden Gesellschaften, die seinem Recht unterliegen, Vorschriften erlassen, um einen angemessenen Schutz der Minderheitsaktionäre, die sich gegen die Verschmelzung ausgesprochen haben, zu gewährleisten. Artikel 25 (1) Die Rechtmäßigkeit der Verschmelzung wird, was die die einzelnen sich verschmelzenden Gesellschaften betreffenden Verfahrensabschnitte anbelangt, nach den für die Verschmelzung von Aktiengesellschaften geltenden Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats kontrolliert, dessen Recht die jeweilige verschmelzende Gesellschaft unterliegt. (2)  In jedem der betreffenden Mitgliedstaaten stellt das zuständige Gericht, der Notar oder eine an­ dere zuständige Behörde eine Bescheinigung aus, aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass die der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten durchgeführt wurden. (3)  Ist nach dem Recht eines Mitgliedstaats, dem eine sich verschmelzende Gesellschaft unterliegt, ein Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses der Aktien oder zur Abfindung von Minderheitsaktionären vorgesehen, das jedoch der Eintragung der Verschmelzung nicht entgegensteht, so findet ein solches Verfahren nur dann Anwendung, wenn die anderen sich verschmelzenden Gesellschaften in Mitgliedstaaten, in denen ein derartiges Verfahren nicht besteht, bei der Zustimmung zu dem Verschmelzungsplan gemäß Artikel 23 Absatz 1 ausdrücklich akzeptieren, dass die Aktionäre der betreffenden sich verschmelzenden Gesellschaft auf ein solches Verfahren zurückgreifen können. In diesem Fall kann das zuständige Gericht, der Notar oder eine andere zuständige Behörde die Bescheinigung gemäß Absatz 2 ausstellen, auch wenn ein derartiges Verfahren eingeleitet wurde. Die Bescheinigung muss allerdings einen Hinweis auf das anhängige Verfahren enthalten. Die Entscheidung in dem Verfahren ist für die übernehmende Gesellschaft und ihre Aktionäre bindend.

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL Artikel 26 (1) Die Rechtmäßigkeit der Verschmelzung wird, was den Verfahrensabschnitt der Durchführung der Verschmelzung und der Gründung der SE anbelangt, von dem/der im künftigen Sitzstaat der SE für die Kontrolle dieses Aspekts der Rechtmäßigkeit der Verschmelzung von Aktiengesellschaften zuständigen Gericht, Notar oder sonstigen Behörde kontrolliert. (2)  Hierzu legt jede der sich verschmelzenden Gesellschaften dieser zuständigen Behörde die in Artikel 25 Absatz 2 genannte Bescheinigung binnen sechs Monaten nach ihrer Ausstellung sowie eine Ausfertigung des Verschmelzungsplans, dem sie zugestimmt hat, vor. (3)  Die gemäß Absatz 1 zuständige Behörde kon­ trolliert insbesondere, ob die sich verschmelzenden Gesellschaften einem gleich lautenden Verschmelzungsplan zugestimmt haben und ob eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer gemäß der Richtlinie 2001/86/EG geschlossen wurde. (4) Diese Behörde kontrolliert ferner, ob gemäß Artikel 15 die Gründung der SE den gesetzlichen Anforderungen des Sitzstaates genügt. Artikel 27 (1)  Die Verschmelzung und die gleichzeitige Gründung der SE werden mit der Eintragung der SE gemäß Artikel 12 wirksam. (2)  Die SE kann erst nach Erfüllung sämtlicher in den Artikeln 25 und 26 vorgesehener Formalitäten eingetragen werden. Artikel 28 Für jede sich verschmelzende Gesellschaft wird die Durchführung der Verschmelzung nach den in den Rechtsvorschriften des jeweiligen Mitgliedstaats vorgesehenen Verfahren in Übereinstimmung mit Artikel 3 der Richtlinie 68/151/EWG offen gelegt. Artikel 29 (1)  Die nach Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a vollzogene Verschmelzung bewirkt ipso jure gleichzeitig Folgendes: a) Das gesamte Aktiv- und Passivvermögen jeder übertragenden Gesellschaft geht auf die übernehmende Gesellschaft über; b) die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft werden Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft; c) die übertragende Gesellschaft erlischt;

d) die übernehmende Gesellschaft nimmt die Rechtsform einer SE an. (2)  Die nach Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe b vollzogene Verschmelzung bewirkt ipso jure gleichzeitig Folgendes: a) Das gesamte Aktiv- und Passivvermögen der sich verschmelzenden Gesellschaften geht auf die SE über; b) die Aktionäre der sich verschmelzenden Gesellschaften werden Aktionäre der SE; c) die sich verschmelzenden Gesellschaften erlöschen. (3) Schreibt ein Mitgliedstaat im Falle einer Verschmelzung von Aktiengesellschaften besondere Formalitäten für die Rechtswirksamkeit der Übertragung bestimmter von den sich verschmelzenden Gesellschaften eingebrachter Vermögensgegenstände, Rechte und Verbindlichkeiten gegenüber Dritten vor, so gelten diese fort und sind entweder von den sich verschmelzenden Gesellschaften oder von der SE nach deren Eintragung zu erfüllen. (4) Die zum Zeitpunkt der Eintragung aufgrund der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten sowie aufgrund individueller Arbeitsverträge oder Arbeitsverhältnisse bestehenden Rechte und Pflichten der beteiligten Gesellschaften hinsichtlich der Beschäftigungsbedingungen gehen mit der Eintragung der SE auf diese über. Artikel 30 Eine Verschmelzung im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 kann nach der Eintragung der SE nicht mehr für nichtig erklärt werden. Das Fehlen einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Verschmelzung gemäß Artikel 25 und 26 kann einen Grund für die Auflösung der SE darstellen. Artikel 31 (1)  Wird eine Verschmelzung nach Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a durch eine Gesellschaft vollzogen, die Inhaberin sämtlicher Aktien und sonstiger Wertpapiere ist, die Stimmrechte in der Hauptversammlung einer anderen Gesellschaft gewähren, so finden Artikel 20 Absatz 1 Buchstaben b, c und d, Artikel 22 und Artikel 29 Absatz 1 Buchstabe b keine Anwendung. Die jeweiligen einzelstaatlichen Vorschriften, denen die einzelnen sich verschmelzenden Gesellschaften unterliegen und die für die Verschmelzungen von Aktiengesellschaften nach Artikel 24 der Richtlinie 78/855/EWG maßgeblich sind, sind jedoch anzuwenden. (2) Vollzieht eine Gesellschaft, die Inhaberin von mindestens 90 %, nicht aber aller der in der Hauptversammlung einer anderen Gesellschaft Stimmrecht verleihenden Aktien und sonstigen

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL

Wertpapiere ist, eine Verschmelzung durch Aufnahme, so sind die Berichte des Leitungs- oder des Verwaltungsorgans, die Berichte eines oder mehrerer unabhängiger Sachverständiger sowie die zur Kontrolle notwendigen Unterlagen nur insoweit erforderlich, als dies entweder in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, denen die übernehmende Gesellschaft unterliegt, oder in den für die übertragende Gesellschaft maßgeblichen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Die Mitgliedstaaten können jedoch vorsehen, dass dieser Absatz Anwendung auf eine Gesellschaft findet, die Inhaberin von Aktien ist, welche mindestens 90 % der Stimmrechte, nicht aber alle verleihen. Abschnitt 3 Gründung einer Holding-SE Artikel 32 (1) Eine SE kann gemäß Artikel 2 Absatz 2 gegründet werden. Die die Gründung einer SE im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 anstrebenden Gesellschaften bestehen fort. (2)  Die Leitungs- oder die Verwaltungsorgane der die Gründung anstrebenden Gesellschaften erstellen einen gleich lautenden Gründungsplan für die SE. Dieser Plan enthält einen Bericht, der die Gründung aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht erläutert und begründet sowie darlegt, welche Auswirkungen der Übergang zur Rechtsform einer SE für die Aktionäre und für die Arbeitnehmer hat. Er enthält ferner die in Artikel 20 Absatz 1 Buchstaben a, b, c, f, g, h und i vorgesehenen Angaben und setzt von jeder die Gründung anstrebenden Gesellschaft den Mindestprozentsatz der Aktien oder sonstigen Anteile fest, der von den Aktionären eingebracht werden muss, damit die SE gegründet werden kann. Dieser Prozentsatz muss mehr als 50 % der durch Aktien verliehenen ständigen Stimmrechte betragen. (3) Der Gründungsplan ist mindestens einen Monat vor der Hauptversammlung, die über die Gründung zu beschließen hat, für jede der die Gründung anstrebenden Gesellschaften nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 68/151/EWG vorgesehenen Verfahren offen zu legen. (4) Ein oder mehrere von den die Gründung anstrebenden Gesellschaften unabhängige Sachverständige, die von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde des Mitgliedstaats, dessen Recht die einzelnen Gesellschaften gemäß den nach Maßgabe der Richtlinie 78/855/EWG erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften unterliegen, bestellt oder zugelassen sind, prüfen den gemäß Absatz 2 erstellten Gründungsplan und erstellen einen

schriftlichen Bericht für die Aktionäre der einzelnen Gesellschaften. Im Einvernehmen zwischen den die Gründung anstrebenden Gesellschaften kann durch einen oder mehrere unabhängige Sachverständige, der/die von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde des Mitgliedstaats, dessen Recht eine der die Gründung anstrebenden Gesellschaften oder die künftige SE gemäß den nach Maßgabe der Richtlinie 78/855/EWG erlassenen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften unterliegt, bestellt oder zugelassen ist/sind, ein schriftlicher Bericht für die Aktionäre aller Gesellschaften erstellt werden. (5)  Der Bericht muss auf besondere Bewertungsschwierigkeiten hinweisen und erklären, ob das Umtauschverhältnis der Aktien oder Anteile angemessen ist, sowie angeben, nach welchen Methoden es bestimmt worden ist und ob diese Methoden im vorliegenden Fall angemessen sind. (6) Die Hauptversammlung jeder der die Gründung anstrebenden Gesellschaften stimmt dem Gründungsplan für die SE zu. Die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE wird gemäß der Richtlinie 2001/86/EG festgelegt. Die Hauptversammlung jeder der die Gründung anstrebenden Gesellschaften kann sich das Recht vorbehalten, die Eintragung der SE davon abhängig zu machen, dass die geschlossene Vereinbarung von ihr ausdrücklich genehmigt wird. (7)  Dieser Artikel gilt sinngemäß auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Artikel 33 (1) Die Gesellschafter der die Gründung anstrebenden Gesellschaften verfügen über eine Frist von drei Monaten, um diesen Gesellschaften mitzuteilen, ob sie beabsichtigen, ihre Gesellschaftsanteile bei der Gründung der SE einzubringen. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Gründungsplan für die SE gemäß Artikel 32 endgültig festgelegt worden ist. (2)  Die SE ist nur dann gegründet, wenn die Gesellschafter der die Gründung anstrebenden Gesellschaften innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist den nach dem Gründungsplan für jede Gesellschaft festgelegten Mindestprozentsatz der Gesellschaftsanteile eingebracht haben und alle übrigen Bedingungen erfüllt sind. (3) Sind alle Bedingungen für die Gründung der SE gemäß Absatz 2 erfüllt, so hat jede der die Gründung anstrebenden Gesellschaften diese Tatsache gemäß den nach Artikel 3 der Richtlinie 68/151/EWG erlassenen Vorschriften des einzelstaatlichen Rechts, dem sie unterliegt, offen zu legen. Die Gesellschafter der die Gründung anstrebenden Gesellschaften, die nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 mitgeteilt haben, ob sie die Absicht ha-

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL ben, ihre Gesellschaftsanteile diesen Gesellschaften im Hinblick auf die Gründung der künftigen SE zur Verfügung zu stellen, verfügen über eine wei­ tere Frist von einem Monat, um dies zu tun. (4) Die Gesellschafter, die ihre Wertpapiere im Hinblick auf die Gründung der SE einbringen, erhalten Aktien der SE. (5) Die SE kann erst dann eingetragen werden, wenn die Formalitäten gemäß Artikel 32 und die in Absatz 2 genannten Voraussetzungen nachweislich erfüllt sind. Artikel 34 Ein Mitgliedstaat kann für die eine Gründung anstrebenden Gesellschaften Vorschriften zum Schutz der die Gründung ablehnenden Minderheitsgesellschafter, der Gläubiger und der Arbeitnehmer erlassen. Abschnitt 4 Gründung einer Tochter-SE Artikel 35 Eine SE kann gemäß Artikel 2 Absatz 3 gegründet werden. Artikel 36 Auf die an der Gründung beteiligten Gesellschaften oder sonstigen juristischen Personen finden die Vorschriften über deren Beteiligung an der Gründung einer Tochtergesellschaft in Form einer Aktiengesellschaft nationalen Rechts Anwendung. Abschnitt 5 Umwandlung einer bestehenden Aktiengesellschaft in eine SE Artikel 37 (1) Eine SE kann gemäß Artikel 2 Absatz 4 gegründet werden. (2)  Unbeschadet des Artikels 12 hat die Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine SE weder die Auflösung der Gesellschaft noch die Gründung einer neuen juristischen Person zur Folge. (3) Der Sitz der Gesellschaft darf anlässlich der Umwandlung nicht gemäß Artikel 8 in einen anderen Mitgliedstaat verlegt werden. (4)  Das Leitungs- oder das Verwaltungsorgan der betreffenden Gesellschaft erstellt einen Umwandlungsplan und einen Bericht, in dem die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der Umwandlung erläutert und begründet sowie die Auswirkungen,

die der Übergang zur Rechtsform einer SE für die Aktionäre und für die Arbeitnehmer hat, dargelegt werden. (5) Der Umwandlungsplan ist mindestens einen Monat vor dem Tag der Hauptversammlung, die über die Umwandlung zu beschließen hat, nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 68/151/ EWG vorgesehenen Verfahren offen zu legen. (6)  Vor der Hauptversammlung nach Absatz 7 ist von einem oder mehreren unabhängigen Sachverständigen, die nach den einzelstaatlichen Durchführungsbestimmungen zu Artikel 10 der Richtlinie 78/855/EWG durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde des Mitgliedstaates, dessen Recht die sich in eine SE umwandelnde Aktiengesellschaft unterliegt, bestellt oder zugelassen sind, gemäß der Richtlinie 77/91/EWG(8) sinngemäß zu bescheinigen, dass die Gesellschaft über Nettovermögenswerte mindestens in Höhe ihres Kapitals zuzüglich der kraft Gesetzes oder Statut nicht ausschüttungsfähigen Rücklagen verfügt. (7) Die Hauptversammlung der betreffenden Gesellschaft stimmt dem Umwandlungsplan zu und genehmigt die Satzung der SE. Die Beschlussfassung der Hauptversammlung erfolgt nach Maßgabe der einzelstaatlichen Durchführungsbestimmungen zu Artikel 7 der Richtlinie 78/855/EWG. (8)  Ein Mitgliedstaat kann die Umwandlung davon abhängig machen, dass das Organ der umzuwandelnden Gesellschaft, in dem die Mitbestimmung der Arbeitnehmer vorgesehen ist, der Umwandlung mit qualifizierter Mehrheit oder einstimmig zustimmt. (9) Die zum Zeitpunkt der Eintragung aufgrund der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten sowie aufgrund individueller Arbeitsverträge oder Arbeitsverhältnisse bestehenden Rechte­ und Pflichten der umzuwandelnden Gesellschaft hinsichtlich der Beschäftigungsbedingungen gehen mit der Eintragung der SE auf diese über. TITEL III AUFBAU DER SE Artikel 38 Die SE verfügt nach Maßgabe dieser Verordnung über

(8) Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. L 26 vom 31.1.1977, S. 1). Zuletzt geändert durch die Beitrittsakte von 1994.

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL

a) eine Hauptversammlung der Aktionäre und b) entweder ein Aufsichtsorgan und ein Leitungsorgan (dualistisches System) oder ein Verwaltungsorgan (monistisches System), entsprechend der in der Satzung gewählten Form. Abschnitt 1 Dualistisches System Artikel 39 (1)  Das Leitungsorgan führt die Geschäfte der SE in eigener Verantwortung. Ein Mitgliedstaat kann vorsehen, dass ein oder mehrere Geschäftsführer die laufenden Geschäfte in eigener Verantwortung unter denselben Voraussetzungen, wie sie für Aktiengesellschaften mit Sitz im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaates gelten, führt bzw. führen. (2)  Das Mitglied/die Mitglieder des Leitungsorgans wird/werden vom Aufsichtsorgan bestellt und abberufen. Die Mitgliedstaaten können jedoch vorschreiben oder vorsehen, dass in der Satzung festgelegt werden kann, dass das Mitglied/die Mitglieder des Leitungsorgans von der Hauptversammlung unter den Bedingungen, die für Aktiengesellschaften mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet gelten, bestellt und abberufen wird/werden. (3) Niemand darf zugleich Mitglied des Leitungsorgans und Mitglied des Aufsichtsorgans der SE sein. Das Aufsichtsorgan kann jedoch eines seiner Mitglieder zur Wahrnehmung der Aufgaben eines Mitglieds des Leitungsorgans abstellen, wenn der betreffende Posten nicht besetzt ist. Während dieser Zeit ruht das Amt der betreffenden Person als Mitglied des Aufsichtsorgans. Die Mitgliedstaaten können eine zeitliche Begrenzung hierfür vorsehen. (4) Die Zahl der Mitglieder des Leitungsorgans oder die Regeln für ihre Festlegung werden durch die Satzung der SE bestimmt. Die Mitgliedstaaten können jedoch eine Mindest- und/oder Höchstzahl festsetzen. (5) Enthält das Recht eines Mitgliedstaats in Bezug auf Aktiengesellschaften mit Sitz in seinem Hoheitsgebiet keine Vorschriften über ein dualistisches System, kann dieser Mitgliedstaat entsprechende Vorschriften in Bezug auf SE erlassen.

des ersten Aufsichtsorgans können jedoch durch die Satzung bestellt werden. Artikel 47 Absatz 4 oder eine etwaige nach Maßgabe der Richtlinie 2001/86/EG geschlossene Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bleibt hiervon unberührt. (3) Die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans oder die Regeln für ihre Festlegung werden durch die Satzung bestimmt. Die Mitgliedstaaten können jedoch für die in ihrem Hoheitsgebiet eingetragenen SE die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans oder deren Höchst- und/oder Mindestzahl festlegen. Artikel 41 (1)  Das Leitungsorgan unterrichtet das Aufsichtsorgan mindestens alle drei Monate über den Gang der Geschäfte der SE und deren voraussichtliche Entwicklung. (2)  Neben der regelmäßigen Unterrichtung gemäß Absatz 1 teilt das Leitungsorgan dem Aufsichtsorgan rechtzeitig alle Informationen über Ereignisse mit, die sich auf die Lage der SE spürbar auswirken können. (3) Das Aufsichtsorgan kann vom Leitungsorgan jegliche Information verlangen, die für die Ausübung der Kontrolle gemäß Artikel 40 Absatz 1 erforderlich ist. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass jedes Mitglied des Aufsichtsorgans von dieser Möglichkeit Gebrauch machen kann. (4)  Das Aufsichtsorgan kann alle zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Überprüfungen vornehmen oder vornehmen lassen. (5) Jedes Mitglied des Aufsichtsorgans kann von allen Informationen, die diesem Organ übermittelt werden, Kenntnis nehmen. Artikel 42 Das Aufsichtsorgan wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden. Wird die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsorgans von den Arbeitnehmern bestellt, so darf nur ein von der Hauptversammlung der Aktionäre bestelltes Mitglied zum Vorsitzenden gewählt werden. Abschnitt 2 Monistisches System

Artikel 40 (1)  Das Aufsichtsorgan überwacht die Führung der Geschäfte durch das Leitungsorgan. Es ist nicht berechtigt, die Geschäfte der SE selbst zu führen. (2) Die Mitglieder des Aufsichtsorgans werden von der Hauptversammlung bestellt. Die Mitglieder

Artikel 43 (1)  Das Verwaltungsorgan führt die Geschäfte der SE. Ein Mitgliedstaat kann vorsehen, dass ein oder mehrere Geschäftsführer die laufenden Geschäfte in eigener Verantwortung unter denselben Voraussetzungen, wie sie für Aktiengesellschaften mit Sitz

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaates gelten, führt bzw. führen. (2) Die Zahl der Mitglieder des Verwaltungsorgans oder die Regeln für ihre Festlegung sind in der Satzung der SE festgelegt. Die Mitgliedstaaten können jedoch eine Mindestzahl und erforderlichenfalls eine Höchstzahl festsetzen. Ist jedoch die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der SE gemäß der Richtlinie geregelt, so muss das Verwaltungsorgan aus mindestens drei Mitgliedern bestehen. (3) Das Mitglied/die Mitglieder des Verwaltungsorgans wird/werden von der Hauptversammlung bestellt. Die Mitglieder des ersten Verwaltungsorgans können jedoch durch die Satzung bestellt werden. Artikel 47 Absatz 4 oder eine etwaige nach Maßgabe der Richtlinie 2001/86/EG geschlossene Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bleibt hiervon unberührt. (4)  Enthält das Recht eines Mitgliedstaats in Bezug auf Aktiengesellschaften mit Sitz in seinem Hoheitsgebiet keine Vorschriften über ein monistisches System, kann dieser Mitgliedstaat entsprechende Vorschriften in Bezug auf SE erlassen. Artikel 44 (1) Das Verwaltungsorgan tritt in den durch die Satzung bestimmten Abständen, mindestens jedoch alle drei Monate, zusammen, um über den Gang der Geschäfte der SE und deren voraussichtliche Entwicklung zu beraten. (2) Jedes Mitglied des Verwaltungsorgans kann von allen Informationen, die diesem Organ übermittelt werden, Kenntnis nehmen. Artikel 45 Das Verwaltungsorgan wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden. Wird die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungsorgans von den Arbeitnehmern bestellt, so darf nur ein von der Hauptversammlung der Aktionäre bestelltes Mitglied zum Vorsitzenden gewählt werden. Abschnitt 3 Gemeinsame Vorschriften für das monistische und das dualistische System Artikel 46 (1) Die Mitglieder der Organe der Gesellschaft werden für einen in der Satzung festgelegten Zeitraum, der sechs Jahre nicht überschreiten darf, bestellt. (2)  Vorbehaltlich in der Satzung festgelegter Einschränkungen können die Mitglieder einmal oder

mehrmals für den gemäß Absatz 1 festgelegten Zeitraum wiederbestellt werden. Artikel 47 (1)  Die Satzung der SE kann vorsehen, dass eine Gesellschaft oder eine andere juristische Person Mitglied eines Organs sein kann, sofern das für Aktiengesellschaften maßgebliche Recht des Sitzstaats der SE nichts anderes bestimmt. Die betreffende Gesellschaft oder sonstige juristische Person hat zur Wahrnehmung ihrer Befugnisse in dem betreffenden Organ eine natürliche Person als Vertreter zu bestellen. (2)  Personen, die a) nach dem Recht des Sitzstaats der SE dem Leitungs-, Aufsichts- oder Verwaltungsorgan einer dem Recht dieses Mitgliedstaats unterliegenden Aktiengesellschaft nicht angehören dürfen oder b) infolge einer Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung, die in einem Mitgliedstaat ergangen ist, dem Leitungs-, Aufsichts- oder Verwaltungsorgan einer dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegenden Aktiengesellschaft nicht angehören dürfen, können weder Mitglied eines Organs der SE noch Vertreter eines Mitglieds im Sinne von Absatz 1 sein. (3)  Die Satzung der SE kann für Mitglieder, die die Aktionäre vertreten, in Anlehnung an die für Aktiengesellschaften geltenden Rechtsvorschriften des Sitzstaats der SE besondere Voraussetzungen für die Mitgliedschaft festlegen. (4) Einzelstaatliche Rechtsvorschriften, die auch einer Minderheit von Aktionären oder anderen Personen oder Stellen die Bestellung eines Teils der Organmitglieder erlauben, bleiben von dieser Verordnung unberührt. Artikel 48 (1) In der Satzung der SE werden die Arten von Geschäften aufgeführt, für die im dualistischen System das Aufsichtsorgan dem Leitungsorgan seine Zustimmung erteilen muss und im monistischen System ein ausdrücklicher Beschluss des Verwaltungsorgans erforderlich ist. Die Mitgliedstaaten können jedoch vorsehen, dass im dualistischen System das Aufsichtsorgan selbst bestimmte Arten von Geschäften von seiner Zustimmung abhängig machen kann. (2) Die Mitgliedstaaten können für die in ihrem Hoheitsgebiet eingetragenen SE festlegen, welche Arten von Geschäften auf jeden Fall in die Satzung aufzunehmen sind.

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL Artikel 49

Die Mitglieder der Organe der SE dürfen Informationen über die SE, die im Falle ihrer Verbreitung den Interessen der Gesellschaft schaden könnten, auch nach Ausscheiden aus ihrem Amt nicht weitergeben; dies gilt nicht in Fällen, in denen eine solche Informationsweitergabe nach den Bestimmungen des für Aktiengesellschaften geltenden einzelstaatlichen Rechts vorgeschrieben oder zulässig ist oder im öffentlichen Interesse liegt. Artikel 50 (1) Sofern in dieser Verordnung oder der Satzung nichts anderes bestimmt ist, gelten für die Beschlussfähigkeit und die Beschlussfassung der Organe der SE die folgenden internen Regeln: a) Beschlussfähigkeit: mindestens die Hälfte der Mitglieder muss anwesend oder vertreten sein; b) Beschlussfassung: mit der Mehrheit der anwesenden oder vertretenen Mitglieder. (2)  Sofern die Satzung keine einschlägige Bestimmung enthält, gibt die Stimme des Vorsitzenden des jeweiligen Organs bei Stimmengleichheit den Ausschlag. Eine anders lautende Satzungsbestimmung ist jedoch nicht möglich, wenn sich das Aufsichtsorgan zur Hälfte aus Arbeitnehmervertretern zusammensetzt. (3) Ist die Mitbestimmung der Arbeitnehmer gemäß der Richtlinie 2001/86/EG vorgesehen, so kann ein Mitgliedstaat vorsehen, dass sich abweichend von den Absätzen 1 und 2 Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung des Aufsichtsorgans nach den Vorschriften richten, die unter denselben Bedingungen für die Aktiengesellschaften gelten, die dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats unterliegen.

b) durch in Anwendung der Richtlinie 2001/86/EG erlassene Rechtsvorschriften des Sitzstaats der SE die alleinige Zuständigkeit übertragen wird. Außerdem beschließt die Hauptversammlung in Angelegenheiten, für die der Hauptversammlung einer dem Recht des Sitzstaats der SE unterliegenden Aktiengesellschaft die Zuständigkeit entweder aufgrund der Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats oder aufgrund der mit diesen Rechtsvorschriften in Einklang stehenden Satzung übertragen worden ist. Artikel 53 Für die Organisation und den Ablauf der Hauptversammlung sowie für die Abstimmungsverfahren gelten unbeschadet der Bestimmungen dieses Abschnitts die im Sitzstaat der SE für Aktiengesellschaften maßgeblichen Rechtsvorschriften. Artikel 54 (1)  Die Hauptversammlung tritt mindestens einmal im Kalenderjahr binnen sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres zusammen, sofern die im Sitzstaat der SE für Aktiengesellschaften, die dieselbe Art von Aktivitäten wie die SE betreiben, maßgeblichen Rechtsvorschriften nicht häufigere Versammlungen vorsehen. Die Mitgliedstaaten können jedoch vorsehen, dass die erste Hauptversammlung bis zu 18 Monate nach Gründung der SE abgehalten werden kann. (2) Die Hauptversammlung kann jederzeit vom Leitungs-, Aufsichts- oder Verwaltungsorgan oder von jedem anderen Organ oder jeder zuständigen Behörde nach den für Aktiengesellschaften im Sitzstaat der SE maßgeblichen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften einberufen werden.

Artikel 51 Die Mitglieder des Leitungs-, Aufsichts- oder Verwaltungsorgans haften gemäß den im Sitzstaat der SE für Aktiengesellschaften maßgeblichen Rechtsvorschriften für den Schaden, welcher der SE durch eine Verletzung der ihnen bei der Ausübung ihres Amtes obliegenden gesetzlichen, satzungsmäßigen oder sonstigen Pflichten entsteht. Abschnitt 4 Hauptversammlung Artikel 52 Die Hauptversammlung beschließt über die Angelegenheiten, für die ihr a) durch diese Verordnung oder

Artikel 55 (1) Die Einberufung der Hauptversammlung und die Aufstellung ihrer Tagesordnung können von einem oder mehreren Aktionären beantragt werden, sofern sein/ihr Anteil am gezeichneten Kapital mindestens 10 % beträgt; die Satzung oder einzelstaatliche Rechtsvorschriften können unter denselben Voraussetzungen, wie sie für Aktiengesellschaften gelten, einen niedrigeren Prozentsatz vorsehen. (2) Der Antrag auf Einberufung muss die Punkte für die Tagesordnung enthalten. (3) Wird die Hauptversammlung nicht rechtzeitig bzw. nicht spätestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem der in Absatz 1 genannte Antrag gestellt worden ist, abgehalten, so kann das am Sitz der SE zuständige Gericht oder die am Sitz der SE

1785

§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL zuständige Verwaltungsbehörde anordnen, dass sie innerhalb einer bestimmten Frist einzuberufen ist, oder die Aktionäre, die den Antrag gestellt haben, oder deren Vertreter dazu ermächtigen. Hiervon unberührt bleiben einzelstaatliche Bestimmungen, aufgrund deren die Aktionäre gegebenenfalls die Möglichkeit haben, selbst die Hauptversammlung einzuberufen. Artikel 56 Die Ergänzung der Tagesordnung für eine Hauptversammlung durch einen oder mehrere Punkte kann von einem oder mehreren Aktionären beantragt werden, sofern sein/ihr Anteil am gezeichneten Kapital mindestens 10 % beträgt. Die Verfahren und Fristen für diesen Antrag werden nach dem einzelstaatlichen Recht des Sitzstaats der SE oder, sofern solche Vorschriften nicht vorhanden sind, nach der Satzung der SE festgelegt. Die Satzung oder das Recht des Sitzstaats können unter denselben Voraussetzungen, wie sie für Aktiengesellschaften gelten, einen niedrigeren Prozentsatz vorsehen. Artikel 57 Die Beschlüsse der Hauptversammlung werden mit der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen gefasst, sofern diese Verordnung oder gegebenenfalls das im Sitzstaat der SE für Aktiengesellschaften maßgebliche Recht nicht eine größere Mehrheit vorschreibt. Artikel 58 Zu den abgegebenen Stimmen zählen nicht die Stimmen, die mit Aktien verbunden sind, deren Inhaber nicht an der Abstimmung teilgenommen oder sich der Stimme enthalten oder einen leeren oder ungültigen Stimmzettel abgegeben haben. Artikel 59 (1) Die Änderung der Satzung bedarf eines Beschlusses der Hauptversammlung, der mit der Mehrheit von nicht weniger als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen gefasst worden ist, sofern die Rechtsvorschriften für Aktiengesellschaften im Sitzstaat der SE keine größere Mehrheit vorsehen oder zulassen. (2) Jeder Mitgliedstaat kann jedoch bestimmen, dass die einfache Mehrheit der Stimmen im Sinne von Absatz 1 ausreicht, sofern mindestens die Hälfte des gezeichneten Kapitals vertreten ist.

Artikel 60 (1) Sind mehrere Gattungen von Aktien vorhanden, so erfordert jeder Beschluss der Hauptversammlung noch eine gesonderte Abstimmung durch jede Gruppe von Aktionären, deren spezifische Rechte durch den Beschluss berührt werden. (2)  Bedarf der Beschluss der Hauptversammlung der Mehrheit der Stimmen gemäß Artikel 59 Absätze 1 oder 2, so ist diese Mehrheit auch für die gesonderte Abstimmung jeder Gruppe von Aktionären erforderlich, deren spezifische Rechte durch den Beschluss berührt werden. TITEL IV JAHRESABSCHLUSS UND KONSOLIDIERTER ABSCHLUSS Artikel 61 Vorbehaltlich des Artikels 62 unterliegt die SE hinsichtlich der Aufstellung ihres Jahresabschlusses und gegebenenfalls ihres konsolidierten Abschlusses einschließlich des dazugehörigen Lageberichts sowie der Prüfung und der Offenlegung dieser Abschlüsse den Vorschriften, die für dem Recht des Sitzstaates der SE unterliegende Aktiengesellschaften gelten. Artikel 62 (1)  Handelt es sich bei der SE um ein Kreditinstitut oder ein Finanzinstitut, so unterliegt sie hinsichtlich der Aufstellung ihres Jahresabschlusses und gegebenenfalls ihres konsolidierten Abschlusses einschließlich des dazugehörigen Lageberichts sowie der Prüfung und der Offenlegung dieser Abschlüsse den gemäß der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute(9) erlassenen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften des Sitzstaats. (2) Handelt es sich bei der SE um ein Versicherungsunternehmen, so unterliegt sie hinsichtlich der Aufstellung ihres Jahresabschlusses und gegebenenfalls ihres konsolidierten Abschlusses einschließlich des dazugehörigen Lageberichts sowie der Prüfung und der Offenlegung dieser Abschlüsse­den gemäß der Richtlinie 91/674/ EWG des Rates vom 19. Dezember 1991 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen(10) erlassenen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften des Sitzstaats.

(3)  Jede Änderung der Satzung wird gemäß Artikel 13 offen gelegt. (9) ABl. L 126 vom 26.5.2000, S. 1. (10) ABl. L 374 vom 31.12.1991, S. 7.

1786

§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL TITEL V

Artikel 66

AUFLÖSUNG, LIQUIDATION, ZAHLUNGS­ UNFÄHIGKEIT UND ZAHLUNGSEINSTELLUNG

(1) Eine SE kann in eine dem Recht ihres Sitzstaats unterliegende Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Ein Umwandlungsbeschluss darf erst zwei Jahre nach Eintragung der SE oder nach Genehmigung der ersten beiden Jahresabschlüsse gefasst werden.

Artikel 63 Hinsichtlich der Auflösung, Liquidation, Zahlungsunfähigkeit, Zahlungseinstellung und ähnlicher Verfahren unterliegt die SE den Rechtsvorschriften, die für eine Aktiengesellschaft maßgeblich wären, die nach dem Recht des Sitzstaats der SE gegründet worden ist; dies gilt auch für die Vorschriften hinsichtlich der Beschlussfassung durch die Hauptversammlung. Artikel 64 (1)  Erfüllt eine SE nicht mehr die Verpflichtung nach Artikel 7, so trifft der Mitgliedstaat, in dem die SE ihren Sitz hat, geeignete Maßnahmen, um die SE zu verpflichten, innerhalb einer bestimmten Frist den vorschriftswidrigen Zustand zu beenden, indem sie a) entweder ihre Hauptverwaltung wieder im Sitzstaat errichtet b) oder ihren Sitz nach dem Verfahren des Artikels 8 verlegt. (2) Der Sitzstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass eine SE, die den vorschriftswidrigen Zustand nicht gemäß Absatz 1 beendet, liquidiert wird. (3) Der Sitzstaat sieht vor, dass ein Rechtsmittel gegen die Feststellung des Verstoßes gegen Artikel 7 eingelegt werden kann. Durch dieses Rechtsmittel werden die in den Absätzen 1 und 2 vorgesehenen Verfahren ausgesetzt. (4)  Wird auf Veranlassung der Behörden oder einer betroffenen Partei festgestellt, dass sich die Hauptverwaltung einer SE unter Verstoß gegen Artikel 7 im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befindet, so teilen die Behörden dieses Mitgliedstaats dies unverzüglich dem Mitgliedstaat mit, in dem die SE ihren Sitz hat.

(2)  Die Umwandlung einer SE in eine Aktiengesellschaft führt weder zur Auflösung der Gesellschaft noch zur Gründung einer neuen juristischen Person. (3)  Das Leitungs- oder das Verwaltungsorgan der SE erstellt einen Umwandlungsplan sowie einen Bericht, in dem die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der Umwandlung erläutert und begründet sowie die Auswirkungen, die der Übergang zur Rechtsform der Aktiengesellschaft für die Aktionäre und die Arbeitnehmer hat, dargelegt werden. (4) Der Umwandlungsplan ist mindestens einen Monat vor dem Tag der Hauptversammlung, die über die Umwandlung zu beschließen hat, nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 68/151/ EWG vorgesehenen Verfahren offen zu legen. (5)  Vor der Hauptversammlung nach Absatz 6 ist von einem oder mehreren unabhängigen Sachverständigen, der/die nach den einzelstaatlichen Durchführungsbestimmungen zu Artikel 10 der Richtlinie 78/855/EWG durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde des Mitgliedstaates, dem die sich in eine Aktiengesellschaft umwandelnde SE unterliegt, bestellt oder zugelassen ist/sind, zu bescheinigen, dass die Gesellschaft über Vermögenswerte mindestens in Höhe ihres Kapitals verfügt. (6) Die Hauptversammlung der SE stimmt dem Umwandlungsplan zu und genehmigt die Satzung der Aktiengesellschaft. Die Beschlussfassung der Hauptversammlung erfolgt nach Maßgabe der einzelstaatlichen Bestimmungen im Einklang mit Artikel 7 der Richtlinie 78/855/EWG. TITEL VI

Artikel 65

ERGÄNZUNGS- UND ÜBERGANGS­ BESTIMMUNGEN

Die Eröffnung eines Auflösungs-, Liquidations-, Zahlungsunfähigkeits- und Zahlungseinstellungsverfahrens und sein Abschluss sowie die Entscheidung über die Weiterführung der Geschäftstätigkeit werden unbeschadet einzelstaatlicher Bestimmungen, die zusätzliche Anforderungen in Bezug auf die Offenlegung enthalten, gemäß Artikel 13 offen gelegt.

Artikel 67 (1) Jeder Mitgliedstaat kann, sofern und solange für ihn die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) nicht gilt, auf die SE mit Sitz in seinem Hoheitsgebiet in der Frage, auf welche Währung ihr Kapital zu lauten hat, dieselben Bestimmungen anwenden wie auf die Aktiengesellschaften, für die seine Rechtsvorschriften gelten. Die SE kann ihr Kapital auf jeden Fall auch in Euro ausdrücken. In diesem Fall wird für die Umrechnung zwischen Landeswährung und Euro der Satz

1787

§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL zugrunde gelegt, der am letzten Tag des Monats vor der Gründung der SE galt. (2) Sofern und solange für den Sitzstaat der SE die dritte Stufe der WWU nicht gilt, kann die SE jedoch die Jahresabschlüsse und gegebenenfalls die konsolidierten Abschlüsse in Euro erstellen und offen legen. Der Mitgliedstaat kann verlangen, dass die Jahresabschlüsse und gegebenenfalls die konsolidierten Abschlüsse nach denselben Bedingungen, wie sie für die dem Recht dieses Mitgliedstaats unterliegenden Aktiengesellschaften vorgesehen sind, in der Landeswährung erstellt und offen gelegt werden. Dies gilt unbeschadet der der SE zusätzlich eingeräumten Möglichkeit, ihre Jahresabschlüsse und gegebenenfalls ihre konsolidierten Abschlüsse entsprechend der Richtlinie 90/604/EWG(11) in Euro offen zu legen. TITEL VII SCHLUSSBESTIMMUNGEN Artikel 68 (1) Die Mitgliedstaaten treffen alle geeigneten Vorkehrungen, um das Wirksamwerden dieser Verordnung zu gewährleisten. (2) Jeder Mitgliedstaat benennt die zuständigen Behörden im Sinne der Artikel 8, 25, 26, 54, 55 und 64. Er setzt die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten davon in Kenntnis. Artikel 69 Spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung legt die Kommission dem Rat und dem Europäischen Parlament einen Bericht über die

(11) Richtlinie 90/604/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG über den Jahresabschluss und der Richtlinie 83/349/EWG über den konsolidierten Abschluss hinsichtlich der Ausnahme für kleine und mittlere Gesellschaften sowie der Offenlegung von Abschlüssen in Ecu (ABl. L 317 vom 16.11.1990, S. 57).

Anwendung der Verordnung sowie gegebenenfalls Vorschläge für Änderungen vor. In dem Bericht wird insbesondere geprüft, ob es zweckmäßig ist, a) zuzulassen, dass sich die Hauptverwaltung und der Sitz der SE in verschiedenen Mitgliedstaaten befinden, b) den Begriff der Verschmelzung in Artikel 17 Absatz 2 auszuweiten, um auch andere als die in Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 78/855/EWG definierten Formen der Verschmelzung zuzulassen, c) die Gerichtsstandsklausel des Artikels 8 Absatz 16 im Lichte von Bestimmungen, die in das Brüsseler Übereinkommen von 1968 oder in einen Rechtsakt der Mitgliedstaaten oder des Rates zur Ersetzung dieses Übereinkommens aufgenommen wurden, zu überprüfen, d) vorzusehen, dass ein Mitgliedstaat in den Rechtsvorschriften, die er in Ausübung der durch diese Verordnung übertragenen Befugnisse oder zur Sicherstellung der tatsächlichen Anwendung dieser Verordnung auf eine SE erlässt, Bestimmungen in der Satzung der SE zulassen kann, die von diesen Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen, auch wenn derartige Bestimmungen in der Satzung einer Aktiengesellschaft mit Sitz in dem betreffenden Mitgliedstaat nicht zulässig wären. Artikel 70 Diese Verordnung tritt am 8. Oktober 2004 in Kraft. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

1788

§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL ANHANG I AKTIENGESELLSCHAFTEN GEMÄSS ARTIKEL 2 ABSATZ 1

––

–– ––

BELGIEN:

la société anonyme / de naamloze vennoot­ schap BULGARIEN:

акционерно дружество TSCHECHISCHE REPUBLIK: akciová společnost’

––

LITAUEN:

––

LUXEMBURG:

––

UNGARN:

––

MALTA:

akcinės bendrovės la société anonyme részvénytársaság

––

DÄNEMARK:

––

DEUTSCHLAND:

––

NIEDERLANDE:

––

ESTLAND:

––

ÖSTERREICH:

––

GRIECHENLAND:

––

POLEN:

––

SPANIEN:

––

PORTUGAL:

––

FRANKREICH:

––

RUMÄNIEN:

––

KROATIEN:

––

SLOWENIEN:

––

IRLAND:

––

SLOWAKEI:

––

FINNLAND:

––

SCHWEDEN:

––

VEREINIGTES KÖNIGREICH:

aktieselskaber die Aktiengesellschaft aktsiaselts

ανώνυμη εταιρία

la sociedad anónima la société anonyme dioničko društvo public companies limited by shares

public companies limited by guarantee having a share capital –– ––

––

ITALIEN:

società per azioni ZYPERN:

Δημόσια Εταιρεία περιορισμένης ευθύνης με μετοχές, Δημόσια Εταιρεία περιορισμένης ευθύνης με εγγύηση LETTLAND:

akciju sabiedrība

kumpaniji pubbliċi / public limited liability companies de naamloze vennootschap die Aktiengesellschaft spółka akcyjna a sociedade anónima de responsabilidade limitada societate pe acțiuni delniška družba akciová spoločnos julkinen osakeyhtiö / publikt aktiebolag publikt aktiebolag public companies limited by shares

public companies limited by guarantee having a share capital

§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL

1789

ANHANG II AKTIENGESELLSCHAFTEN UND GESELLSCHAFTEN MIT BESCHRÄNKTER HAFTUNG GEMÄSS ARTIKEL 2 ABSATZ 2

––

BELGIEN:

la société anonyme / de naamloze vennoot­ schap,

––

––

BULGARIEN:

акционерно дружество, ограничена отговорност

дружество

с

TSCHECHISCHE REPUBLIK: akciová společnost,

ιδιωτική εταιρεία ––

DÄNEMARK:

––

DEUTSCHLAND:

aktieselskaber, anpartselskaber die Aktiengesellschaft,

die Gesellschaft mit beschränkter Haftung –– ––

GRIECHENLAND:

la sociedad anónima,

––

la société à responsabilité limitée ––

društvo s ograničenom odgovornošću ––

––

KROATIEN:

dioničko društvo

public companies limited by guarantee having a share capital

––

ITALIEN:

MALTA:

kumpaniji pubbliċi / public limited liability companies

NIEDERLANDE:

de naamloze vennootschap,

ÖSTERREICH:

die Aktiengesellschaft, POLEN:

spółka akcyjna, PORTUGAL:

a sociedade anónima de responsabilidade limitada, a sociedade por quotas de responsabilidade limitada

––

RUMÄNIEN:

––

SLOWENIEN:

società per azioni,

società a responsabilità limitata

részvénytársaság,

spółka z ograniczoną odpowiedzialnością ––

private companies limited by shares

private companies limited by guarantee having a share capital

UNGARN:

die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ––

IRLAND:

public companies limited by shares

la société anonyme,

de besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid

FRANKREICH:

la société anonyme

LUXEMBURG:

kumpaniji privati / private limited liability companies

la sociedad de responsabilidad limitada ––

akcinės bendrovės,

korlátolt felelősségű társaság ––

ανώνυμη εταιρία SPANIEN:

LITAUEN:

la société à responsabilité limitée ––

εταιρία περιορισμένης ευθύνης ––

akciju sabiedrība,

uždarosios akcinės bendrovės ––

ESTLAND:

aktsiaselts ja osaühing

LETTLAND:

un sabiedrība ar ierobežotu atbildību ––

společnost s ručením omezeným ––

Δημόσια εταιρεία περιορισμένης ευθύνης με μετοχές,

δημόσια Εταιρεία περιορισμένης ευθύνης με εγγύηση,

la société privée à responsabilité limitée / besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid ––

ZYPERN:

societate pe acțiuni, societate cu răspundere limitată delniška družba,

družba z omejeno odgovornostjo

1790 ––

§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL

SLOWAKEI:

akciová spoločnos’,

spoločnosť s ručením obmedzeným ––

FINNLAND:

––

SCHWEDEN:

osakeyhtiö / aktiebolag aktiebolag

––

VEREINIGTES KÖNIGREICH:

public companies limited by shares

public companies limited by guarantee having a share capital private companies limited by shares

private companies limited by guarantee having a share capital

§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL

1791

Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION – gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 308, auf der Grundlage des geänderten Vorschlags der Kommission(1), nach Stellungnahme des Europäischen Parla­ ments(2), nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozial­ ausschusses(3), in Erwägung nachstehender Gründe: (1) Zur Erreichung der Ziele des Vertrags wird mit der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates(4) das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) festgelegt. (2) Mit jener Verordnung soll ein einheitlicher rechtlicher Rahmen geschaffen werden, innerhalb dessen Gesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten in der Lage sein sollten, die Neuorganisation ihres Geschäftsbetriebs gemeinschaftsweit zu planen und durchzuführen. (3) Um die Ziele der Gemeinschaft im sozialen Bereich zu fördern, müssen besondere Bestimmungen – insbesondere auf dem Gebiet der Beteiligung der Arbeitnehmer – festgelegt werden, mit denen gewährleistet werden soll, dass die Gründung einer SE nicht zur Beseitigung oder zur Einschränkung der Gepflogenheiten der Arbeitnehmerbeteiligung führt, die in den an der Gründung einer SE beteiligten Gesellschaften herrschen. Dieses Ziel sollte durch die Einführung von Regeln in diesen Bereich verfolgt werden, mit denen die Bestimmungen der Verordnung ergänzt werden. (4) Da die Ziele der vorgeschlagenen Maßnahme – wie oben ausgeführt – nicht hinreichend von den Mitgliedstaaten erreicht werden können, weil es darum geht, eine Reihe von für die SE geltenden Regeln für die Beteiligung der Arbeitnehmer zu erlassen, und da die Ziele daher wegen des

(1) (2) (3) (4)

ABl. C 138 vom 29.5.1991, S. 8. ABl. C 342 vom 20.12.1993, S. 15. ABl. C 124 vom 21.5.1990, S. 34. Siehe Seite 1 dieses Amtsblatts.

Umfangs und der Wirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip nach Artikel 5 des Vertrags Maßnahmen ergreifen. Im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nach jenem Artikel geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. (5) Angesichts der in den Mitgliedstaaten bestehenden Vielfalt an Regelungen und Gepflogenheiten für die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter an der Beschlussfassung in Gesellschaften ist es nicht ratsam, ein auf die SE anwendbares einheitliches europäisches Modell der Arbeitnehmerbeteiligung vorzusehen. (6) In allen Fällen der Gründung einer SE sollten jedoch Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren auf grenzüberschreitender Ebene gewährleistet sein. (7) Sofern und soweit es in einer oder in mehreren der an der Gründung einer SE beteiligten Gesellschaften Mitbestimmungsrechte gibt, sollten sie durch Übertragung an die SE nach deren Gründung erhalten bleiben, es sei denn, dass die Parteien etwas anderes beschließen. (8) Die konkreten Verfahren der grenzüberschreitenden Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer sowie gegebenenfalls der Mitbestimmung, die für die einzelnen SE gelten, sollten vorrangig durch eine Vereinbarung zwischen den betroffenen Parteien oder – in Ermangelung einer derartigen Vereinbarung – durch die Anwendung einer Reihe von subsidiären Regeln festgelegt werden. (9) Angesicht der unterschiedlichen Gegebenheiten bei den nationalen Systemen der Mitbestimmung sollte den Mitgliedstaaten die Anwendung der Auffangregelungen für die Mitbestimmung im Falle einer Fusion freigestellt werden. In diesem Fall ist die Beibehaltung der bestehenden Mitbestimmungssysteme und -praktiken, die gegebenenfalls auf der Ebene der teilnehmenden Gesellschaften bestehen, durch eine Anpassung der Vorschriften für die Registrierung zu gewährleisten. (10) Die Abstimmungsregeln in dem besonderen Gremium, das die Arbeitnehmer zu Verhandlungszwecken vertritt, sollten – insbesondere wenn Ver-

1792

§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL

einbarungen getroffen werden, die ein geringeres Maß an Mitbestimmung vorsehen, als es in einer oder mehreren der sich beteiligenden Gesellschaften gegeben ist – in einem angemessenen Verhältnis zur Gefahr der Beseitigung oder der Einschränkung der bestehenden Mitbestimmungssysteme und -praktiken stehen. Wenn eine SE im Wege der Umwandlung oder Verschmelzung gegründet wird, ist diese Gefahr größer, als wenn die Gründung im Wege der Errichtung einer Holdinggesellschaft oder einer gemeinsamen Tochtergesellschaft erfolgt. (11) Führen die Verhandlungen zwischen den Vertretern der Arbeitnehmer und dem jeweils zuständigen Organ der beteiligten Gesellschaften nicht zu einer Vereinbarung, so sollten für die SE von ihrer Gründung an bestimmte Standardanforderungen gelten. Diese Standardanforderungen sollten eine effiziente Praxis der grenzüberschreitenden Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer sowie deren Mitbestimmung in dem einschlägigen Organ der SE gewährleisten, sofern und soweit es eine derartige Mitbestimmung vor der Errichtung der SE in einer der beteiligten Gesellschaften gegeben hat. (12) Es sollte vorgesehen werden, dass die Vertreter der Arbeitnehmer, die im Rahmen der Richtlinie handeln, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben einen ähnlichen Schutz und ähnliche Garantien genießen, wie sie die Vertreter der Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften und/oder den Gepflogenheiten des Landes ihrer Beschäftigung haben. Sie sollten keiner Diskriminierung infolge der rechtmäßigen Ausübung ihrer Tätigkeit unterliegen und einen angemessenen Schutz vor Kündigung und anderen Sanktionen genießen. (13) Die Vertraulichkeit sensibler Informationen sollte auch nach Ablauf der Amtszeit der Arbeitnehmervertreter gewährleistet sein; dem zuständigen Organ der SE sollte es gestattet werden, Informationen zurückzuhalten, die im Falle einer Bekanntgabe an die Öffentlichkeit den Betrieb der SE ernsthaft stören würden. (14) Unterliegen eine SE sowie ihre Tochtergesellschaften und Niederlassungen der Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22. September 1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen(5), so sollten die Bestimmungen jener Richtlinie und die Bestimmungen zu ihrer Umsetzung in einzelstaatliches Recht weder auf die SE noch auf ihre Tochtergesellschaften und Niederlassungen anwendbar sein, es sei denn, das besondere Verhandlungsgremium beschließt, keine Verhandlungen aufzunehmen oder bereits eröffnete Verhandlungen zu beenden.

(5) ABl. L 254 vom 30.9.1994, S. 64. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 97/74/EG (ABl. L 10 vom 16.1.1998, S. 22).

(15) Die Regeln dieser Richtlinie sollten andere bestehende Beteiligungsrechte nicht berühren und haben nicht notwendigerweise Auswirkungen auf andere bestehende Vertretungsstrukturen aufgrund gemeinschaftlicher oder einzelstaatlicher Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten. (16) Die Mitgliedstaaten sollten geeignete Maßnahmen für den Fall vorsehen, dass die in dieser Richtlinie festgelegten Pflichten nicht eingehalten werden. (17) Der Vertrag enthält Befugnisse für die An­ nahme dieser Richtlinie nur in Artikel 308. (18) Die Sicherung erworbener Rechte der Arbeitnehmer über ihre Beteiligung an Unternehmensentscheidungen ist fundamentaler Grundsatz und erklärtes Ziel dieser Richtlinie. Die vor der Gründung von SE bestehenden Rechte der Arbeitnehmer sollten deshalb Ausgangspunkt auch für die Gestaltung ihrer Beteiligungsrechte in der SE (Vorher-Nachher-Prinzip) sein. Dieser Ansatz sollte folgerichtig nicht nur für die Neugründung einer SE, sondern auch für strukturelle Veränderungen einer bereits gegründeten SE und für die von den strukturellen Änderungsprozessen betroffenen Gesellschaften gelten. (19) Die Mitgliedstaaten sollten vorsehen können, dass Vertreter von Gewerkschaften Mitglied eines besonderen Verhandlungsgremiums sein können, unabhängig davon, ob sie Arbeitnehmer einer an der Gründung einer SE beteiligten Gesellschaft sind oder nicht. In diesem Zusammenhang sollten die Mitgliedstaaten dieses Recht insbesondere in den Fällen vorsehen können, in denen Gewerkschaftsvertreter nach ihrem einzelstaatlichen Recht stimmberechtigte Mitglieder des Aufsichtsoder des Leitungsorgans sein dürfen. (20) In mehreren Mitgliedstaaten werden die Beteiligung der Arbeitnehmer sowie andere Bereiche der Arbeitgeber/Arbeitnehmer-Beziehungen sowohl durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften als auch durch Gepflogenheiten geregelt, wobei die Gepflogenheiten im vorliegenden Zusammenhang in der Weise zu verstehen sind, dass sie auch Tarifverträge auf verschiedenen Ebenen – national, sektoral oder unternehmensbezogen – umfassen – HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: TEIL I ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN Artikel 1 Gegenstand (1) Diese Richtlinie regelt die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea, nachfolgend „SE“ genannt), die Gegenstand der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 ist.

1793

§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL (2) Zu diesem Zweck wird in jeder SE gemäß dem Verhandlungsverfahren nach den Artikeln 3 bis 6 oder unter den in Artikel 7 genannten Umständen gemäß dem Anhang eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer getroffen. Artikel 2 Begriffsbestimmungen Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck a) „SE“ eine nach der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 gegründete Gesellschaft, b) „beteiligte Gesellschaften“ die Gesellschaften, die unmittelbar an der Gründung einer SE beteiligt sind, c) „Tochtergesellschaft“ einer Gesellschaft ein Unternehmen, auf das die betreffende Gesellschaft einen beherrschenden Einfluss im Sinne­ des Artikels 3 Absätze 2 bis 7 der Richtlinie 94/45/EG ausübt, d) „betroffene Tochtergesellschaft oder betroffener Betrieb“ eine Tochtergesellschaft oder einen Betrieb einer beteiligten Gesellschaft, die/der bei der Gründung der SE zu einer Tochtergesellschaft oder einem Betrieb der SE werden soll, e) „Arbeitnehmervertreter“ die nach den Rechtsvorschriften und/oder den Gepflogenheiten der einzelnen Mitgliedstaaten vorgesehenen Vertreter der Arbeitnehmer, f) „Vertretungsorgan“ das Organ zur Vertretung der Arbeitnehmer, das durch die Vereinbarung nach Artikel 4 oder entsprechend dem Anhang eingesetzt wird, um die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer der SE und ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe in der Gemeinschaft vorzunehmen und gegebenenfalls Mitbestimmungsrechte in Bezug auf die SE wahrzunehmen, g) „besonderes Verhandlungsgremium“ das gemäß Artikel 3 eingesetzte Gremium, das die Aufgabe hat, mit dem jeweils zuständigen Organ der beteiligten Gesellschaften die Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE auszuhandeln, h) „Beteiligung der Arbeitnehmer“ jedes Verfahren – einschließlich der Unterrichtung, der Anhörung und der Mitbestimmung –, durch das die Vertreter der Arbeitnehmer auf die Beschlussfassung innerhalb der Gesellschaft Einfluss nehmen können, i) „Unterrichtung“ die Unterrichtung des Organs zur Vertretung der Arbeitnehmer und/oder der Arbeitnehmervertreter durch das zuständige Organ der SE über Angelegenheiten, die die SE selbst oder eine ihrer Tochtergesellschaften

oder einen ihrer Betriebe in einem anderen Mitgliedstaat betreffen oder die über die Befugnisse der Entscheidungsorgane auf der Ebene des einzelnen Mitgliedstaats hinausgehen, wobei Zeitpunkt, Form und Inhalt der Unterrichtung den Arbeitnehmervertretern eine eingehende Prüfung der möglichen Auswirkungen und gegebenenfalls die Vorbereitung von Anhörungen mit dem zuständigen Organ der SE ermöglichen müssen, j) „Anhörung“ die Einrichtung eines Dialogs und eines Meinungsaustauschs zwischen dem Organ zur Vertretung der Arbeitnehmer und/ oder den Arbeitnehmervertretern und dem zuständigen Organ der SE, wobei Zeitpunkt, Form und Inhalt der Anhörung den Arbeitnehmervertretern auf der Grundlage der erfolgten Unterrichtung eine Stellungnahme zu den geplanten Maßnahmen des zuständigen Organs ermöglichen müssen, die im Rahmen des Entscheidungsprozesses innerhalb der SE berücksichtigt werden kann, k) „Mitbestimmung“ die Einflussnahme des Organs zur Vertretung der Arbeitnehmer und/oder der Arbeitnehmervertreter auf die Angelegenheiten einer Gesellschaft durch –– die Wahrnehmung des Rechts, einen Teil der Mitglieder des Aufsichts- oder des Verwaltungsorgans der Gesellschaft zu wählen oder zu bestellen, oder –– die Wahrnehmung des Rechts, die Bestellung eines Teils der oder aller Mitglieder des Aufsichts- oder des Verwaltungsorgans der Gesellschaft zu empfehlen und/oder abzulehnen. TEIL II VERHANDLUNGSVERFAHREN Artikel 3 Einsetzung eines besonderen Verhandlungsgremiums (1) Wenn die Leitungs- oder die Verwaltungsor­ gane der beteiligten Gesellschaften die Gründung einer SE planen, leiten sie nach der Offenlegung des Verschmelzungsplans oder des Gründungsplans für eine Holdinggesellschaft oder nach der Vereinbarung eines Plans zur Gründung einer Tochtergesellschaft oder zur Umwandlung in eine SE so rasch wie möglich die erforderlichen Schritte – zu denen auch die Unterrichtung über die Identität der beteiligten Gesellschaften und der betroffenenTochtergesellschaften oder betroffenen Betriebe sowie die Zahl ihrer Beschäftigten gehört – für die Aufnahme von Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern der Gesellschaften über die Vereinbarung über die Beteiligung der ­Arbeitnehmer in der SE ein.

1794

§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL

(2) Zu diesem Zweck wird ein besonderes Verhandlungsgremium als Vertretung der Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften sowie der betroffenen Tochtergesellschaften oder betroffenen Betriebe gemäß folgenden Vorschriften eingesetzt:

Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass diesem Gremium Gewerkschaftsvertreter auch dann angehören können, wenn sie nicht Arbeitnehmer einer beteiligten Gesellschaft oder einer betroffenen Tochtergesellschaft oder eines betroffenen Betriebs sind.

a) Bei der Wahl oder der Bestellung der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums ist Folgendes sicherzustellen: i) die Vertretung durch gewählte oder bestellte­ Mitglieder entsprechend der Zahl der in jedem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften und der betroffenen Tochtergesellschaften oder betroffenen Betriebe in der Form, dass pro Mitgliedstaat für jeden Anteil der in diesem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer, der 10 % der Gesamtzahl der in allen Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften und der betroffenen Tochtergesellschaften oder betroffenen Betriebe entspricht, oder für einen Bruchteil dieser Tranche Anspruch auf einen Sitz besteht; ii) im Falle einer durch Verschmelzung gegründeten SE die Vertretung jedes Mitgliedstaats durch so viele weitere Mitglieder, wie erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass jede beteiligte Gesellschaft, die eingetragen ist und Arbeitnehmer in dem betreffenden Mitgliedstaat beschäftigt und die als Folge der geplanten Eintragung der SE als eigene Rechtspersönlichkeit erlöschen wird, in dem besonderen Verhandlungsgremium durch mindestens ein Mitglied vertreten ist, sofern –– die Zahl dieser zusätzlichen Mitglieder 20 % der sich aus der Anwendung von Ziffer i ergebenden Mitgliederzahl nicht überschreitet und –– die Zusammensetzung des besonderen Verhandlungsgremiums nicht zu einer Doppelvertretung der betroffenen Arbeitnehmer führt. Übersteigt die Zahl dieser Gesellschaften die Zahl der gemäß Unterabsatz 1 verfügbaren zusätzlichen Mitglieder, so werden diese zusätzlichen Mitglieder Gesellschaften in verschiedenen Mitgliedstaaten in absteigender Reihen­ folge der Zahl der bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer zugeteilt. b) Die Mitgliedstaaten legen das Verfahren für die Wahl oder die Bestellung der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums fest, die in ihrem Hoheitsgebiet zu wählen oder zu bestellen sind. Sie ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass nach Möglichkeit jede beteiligte Gesellschaft, die in dem jeweiligen Mitgliedstaat Arbeitnehmer beschäftigt, durch mindestens ein Mitglied in dem Gremium vertreten ist. Die Gesamtzahl der Mitglieder darf durch diese Maßnahmen nicht erhöht werden.

Unbeschadet der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten betreffend Schwellen für die Einrichtung eines Vertretungsorgans sehen die Mitgliedstaaten vor, dass die Arbeitnehmer der Unternehmen oder Betriebe, in denen unabhängig vom Willen der Arbeitnehmer keine Arbeitnehmervertreter vorhanden sind, selbst Mitglieder für das besondere Verhandlungsgremium wählen oder bestellen dürfen. (3) Das besondere Verhandlungsgremium und das jeweils zuständige Organ der beteiligten Gesellschaften legen in einer schriftlichen Vereinbarung die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE fest. Zu diesem Zweck unterrichtet das jeweils zuständige Organ der beteiligten Gesellschaften das besondere Verhandlungsgremium über das Vorhaben der Gründung einer SE und den Verlauf des Verfahrens bis zu deren Eintragung. (4) Das besondere Verhandlungsgremium beschließt vorbehaltlich des Absatzes 6 mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder, sofern diese Mehrheit auch die absolute Mehrheit der Arbeitnehmer vertritt. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Hätten jedoch die Verhandlungen eine Minderung der Mitbestimmungsrechte zur Folge, so ist für einen Beschluss zur Billigung einer solchen Vereinbarung eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums, die mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer vertreten, erforderlich, mit der Maßgabe, dass diese Mitglieder Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten vertreten müssen, und zwar ––

im Falle einer SE, die durch Verschmelzung gegründet werden soll, sofern sich die Mitbestimmung auf mindestens 25 % der Gesamtzahl der Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften erstreckt, oder

––

im Falle einer SE, die als Holdinggesellschaft oder als Tochtergesellschaft gegründet werden soll, sofern sich die Mitbestimmung auf mindestens 50 % der Gesamtzahl der Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften erstreckt.

Minderung der Mitbestimmungsrechte bedeutet, dass der Anteil der Mitglieder der Organe der SE im Sinne des Artikels 2 Buchstabe k geringer ist als der höchste in den beteiligten Gesellschaften geltende Anteil. (5) Das besondere Verhandlungsgremium kann bei den Verhandlungen Sachverständige seiner Wahl, zu denen auch Vertreter der einschlägigen Gewerkschaftsorganisationen auf Gemeinschaftsebene zählen können, hinzuziehen, um sich von ihnen bei seiner Arbeit unterstützen zu lassen.

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL Diese Sachverständigen können, wenn das besondere Verhandlungsgremium dies wünscht, den Verhandlungen in beratender Funktion beiwohnen, um gegebenenfalls die Kohärenz und Stimmigkeit auf Gemeinschaftsebene zu fördern. Das besondere Verhandlungsgremium kann beschließen, die Vertreter geeigneter außenstehender Organisationen, zu denen auch Gewerkschaftsvertreter zählen können, vom Beginn der Verhandlungen zu unterrichten. (6) Das besondere Verhandlungsgremium kann mit der nachstehend festgelegten Mehrheit beschließen, keine Verhandlungen aufzunehmen oder bereits aufgenommene Verhandlungen abzubrechen und die Vorschriften für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer zur Anwendung gelangen zu lassen, die in den Mitgliedstaaten gelten, in denen die SE Arbeitnehmer beschäftigt. Ein solcher Beschluss beendet das Verfahren zum Abschluss der Vereinbarung gemäß Artikel 4. Ist ein solcher Beschluss gefasst worden, findet keine der Bestimmungen des Anhangs Anwendung. Für den Beschluss, die Verhandlungen nicht aufzunehmen oder sie abzubrechen, ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen der Mitglieder, die mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer vertreten, erforderlich, mit der Maßgabe, dass diese Mitglieder Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten vertreten müssen. Im Fall einer durch Umwandlung gegründeten SE findet dieser Absatz keine Anwendung, wenn in der umzuwandelnden Gesellschaft Mitbestimmung besteht. Das besondere Verhandlungsgremium wird auf schriftlichen Antrag von mindestens 10 % der Arbeitnehmer der SE, ihrer Tochtergesellschaften und ihrer Betriebe oder von deren Vertretern frühestens zwei Jahre nach dem vorgenannten Beschluss wieder einberufen, sofern die Parteien nicht eine frühere Wiederaufnahme der Verhandlungen vereinbaren. Wenn das besondere Verhandlungsgremium die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit der Geschäftsleitung beschließt, in diesen Verhandlungen jedoch keine Einigung erzielt wird, findet keine der Bestimmungen des Anhangs Anwendung. (7) Die Kosten, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit des besonderen Verhandlungsgremiums und generell mit den Verhandlungen entstehen, werden von den beteiligten Gesellschaften getragen, damit das besondere Verhandlungsgremium seine Aufgaben in angemessener Weise erfuellen kann. Im Einklang mit diesem Grundsatz können die Mitgliedstaaten Regeln für die Finanzierung der Arbeit des besonderen Verhandlungsgremiums festlegen. Sie können insbesondere die Übernahme der Kosten auf die Kosten für einen Sachverständigen begrenzen.

Artikel 4 Inhalt der Vereinbarung (1) Das jeweils zuständige Organ der beteiligten Gesellschaften und das besondere Verhandlungsgremium verhandeln mit dem Willen zur Verständigung, um zu einer Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer innerhalb der SE zu gelangen. (2) Unbeschadet der Autonomie der Parteien und vorbehaltlich des Absatzes 4 wird in der schriftlichen Vereinbarung nach Absatz 1 zwischen dem jeweils zuständigen Organ der beteiligten Gesellschaften und dem besonderen Verhandlungsgremium Folgendes festgelegt: a) der Geltungsbereich der Vereinbarung, b) die Zusammensetzung des Vertretungsorgans als Verhandlungspartner des zuständigen Organs der SE im Rahmen der Vereinbarung über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer der SE und ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe sowie die Anzahl seiner Mitglieder und die Sitzverteilung, c) die Befugnisse und das Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung des Vertretungsorgans, d) die Häufigkeit der Sitzungen des Vertretungsorgans, e) die für das Vertretungsorgan bereitzustellenden finanziellen und materiellen Mittel, f) die Durchführungsmodalitäten des Verfahrens oder der Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung für den Fall, dass die Parteien im Laufe der Verhandlungen beschließen, eines oder mehrere solcher Verfahren zu schaffen, anstatt ein Vertretungsorgan einzusetzen, g) der Inhalt einer Vereinbarung über die Mitbestimmung für den Fall, dass die Parteien im Laufe der Verhandlungen beschließen, eine solche Vereinbarung einzuführen, einschließlich (gegebenenfalls) der Zahl der Mitglieder des Verwaltungs- oder des Aufsichtsorgans der SE, welche die Arbeitnehmer wählen oder bestellen können oder deren Bestellung sie empfehlen oder ablehnen können, der Verfahren, nach denen die Arbeitnehmer diese Mitglieder wählen oder bestellen oder deren Bestellung empfehlen oder ablehnen können, und der Rechte dieser Mitglieder, h) der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vereinbarung und ihre Laufzeit, die Fälle, in denen die Vereinbarung neu ausgehandelt werden sollte, und das bei ihrer Neuaushandlung anzuwendende Verfahren. (3) Sofern in der Vereinbarung nichts anderes bestimmt ist, gilt die Auffangregelung des Anhangs nicht für diese Vereinbarung. (4) Unbeschadet des Artikels 13 Absatz 3 Buchstabe a muss in der Vereinbarung im Falle einer

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL

durch Umwandlung gegründeten SE in Bezug auf alle Komponenten der Arbeitnehmerbeteiligung zumindest das gleiche Ausmaß gewährleistet werden, das in der Gesellschaft besteht, die in eine SE umgewandelt werden soll. Artikel 5 Dauer der Verhandlungen (1) Die Verhandlungen beginnen mit der Einsetzung des besonderen Verhandlungsgremiums und können bis zu sechs Monate andauern. (2) Die Parteien können einvernehmlich beschließen, die Verhandlungen über den in Absatz 1 genannten Zeitraum hinaus bis zu insgesamt einem Jahr ab der Einsetzung des besonderen Verhandlungsgremiums fortzusetzen. Artikel 6 Für das Verhandlungsverfahren maßgebliches Recht Sofern in dieser Richtlinie nichts anderes vorge­ sehen ist, ist für das Verhandlungsverfahren gemäß den Artikeln 3 bis 5 das Recht des Mitgliedstaates maßgeblich, in dem die SE ihren Sitz haben­ wird. Artikel 7 Auffangregelung (1) Zur Verwirklichung des in Artikel 1 festgelegten Ziels führen die Mitgliedstaaten unbeschadet des nachstehenden Absatzes 3 eine Auffangregelung zur Beteiligung der Arbeitnehmer ein, die den im Anhang niedergelegten Bestimmungen genügen muss. Die Auffangregelung, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats festgelegt ist, in dem die SE ihren Sitz haben soll, findet ab dem Zeitpunkt der Eintragung der SE Anwendung, wenn a) die Parteien dies vereinbaren oder b) bis zum Ende des in Artikel 5 genannten Zeitraums keine Vereinbarung zustande gekommen ist und –– das zuständige Organ jeder der beteiligten Gesellschaften der Anwendung der Auffangregelung auf die SE und damit der Fortsetzung des Verfahrens zur Eintragung der SE zugestimmt hat und –– das besondere Verhandlungsgremium keinen Beschluss gemäß Artikel 3 Absatz 6 gefasst hat. (2) Ferner findet die Auffangregelung, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats festgelegt

ist, in dem die SE eingetragen wird, gemäß Teil 3 des Anhangs nur Anwendung, wenn a) im Falle einer durch Umwandlung gegründeten SE die Bestimmungen eines Mitgliedstaats über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan für eine in eine SE umgewandelte Aktiengesellschaft galten; b) im Falle einer durch Verschmelzung gegründeten SE –– vor der Eintragung der SE in einer oder mehreren der beteiligten Gesellschaften eine oder mehrere Formen der Mitbestimmung bestanden und sich auf mindestens 25 % der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften erstreckten oder –– vor der Eintragung der SE in einer oder mehreren der beteiligten Gesellschaften eine oder mehrere Formen der Mitbestimmung bestanden und sich auf weniger als 25 % der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften erstreckten und das besondere Verhandlungsgremium einen entsprechenden Beschluss fasst; c) im Falle einer durch Errichtung einer Holdinggesellschaft oder einer Tochtergesellschaft gegründeten SE –– vor der Eintragung der SE in einer oder mehreren der beteiligten Gesellschaften eine oder mehrere Formen der Mitbestimmung bestanden und sich auf mindestens 50 % der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften erstreckten oder –– vor der Eintragung der SE in einer oder mehreren der beteiligten Gesellschaften eine oder mehrere Formen der Mitbestimmung bestanden und sich auf weniger als 50 % der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften erstreckten und das besondere Verhandlungsgremium einen entsprechenden Beschluss fasst. Bestanden mehr als eine Mitbestimmungsform in den verschiedenen beteiligten Gesellschaften, so entscheidet das besondere Verhandlungsgre­ mium, welche von ihnen in der SE eingeführt w­ird. Die Mitgliedstaaten können Regeln festlegen, die anzuwenden sind, wenn kein einschlägiger Beschluss für eine in ihrem Hoheitsgebiet eingetragene SE gefasst worden ist. Das besondere Verhandlungsgremium unterrichtet das jeweils zuständige Organ der beteiligten Gesellschaften über die Beschlüsse, die es gemäß diesem Absatz gefasst hat. (3) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die Auffangregelung in Teil 3 des Anhangs in dem in Absatz 2 Buchstabe b vorgesehenen Fall nicht Anwendung findet.

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL TEIL III

Artikel 9

SONSTIGE BESTIMMUNGEN

Arbeitsweise des Vertretungsorgans und Funktionsweise des Verfahrens zur Unter­ richtung und Anhörung der Arbeitnehmer

Artikel 8 Verschwiegenheit und Geheimhaltung (1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Mitgliedern des besonderen Verhandlungsgremiums und des Vertretungsorgans sowie den sie unterstützenden Sachverständigen nicht gestattet wird, ihnen als vertraulich mitgeteilte Informationen an Dritte weiterzugeben. Das Gleiche gilt für die Arbeitnehmervertreter im Rahmen eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung. Diese Verpflichtung besteht unabhängig von dem Aufenthaltsort der betreffenden Personen und auch nach Ablauf ihres Mandats weiter. (2) Jeder Mitgliedstaat sieht vor, dass das Aufsichts- oder das Verwaltungsorgan einer SE oder einer beteiligten Gesellschaft mit Sitz in seinem Hoheitsgebiet in besonderen Fällen und unter den Bedingungen und Beschränkungen des einzelstaatlichen Rechts Informationen nicht weiterleiten muss, wenn deren Bekanntwerden bei Zugrundelegung objektiver Kriterien den Geschäftsbetrieb der SE (oder gegebenenfalls der beteiligten Gesellschaft) oder ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe erheblich beeinträchtigen oder ihnen schaden würde. Jeder Mitgliedstaat kann eine solche Freistellung von einer vorherigen behördlichen oder gerichtlichen Genehmigung abhängig machen. (3) Jeder Mitgliedstaat kann für eine SE mit Sitz in seinem Hoheitsgebiet, die in Bezug auf Berichterstattung und Meinungsäußerung unmittelbar und überwiegend eine bestimmte weltanschauliche Tendenz verfolgt, besondere Bestimmungen vorsehen, falls das innerstaatliche Recht solche Bestimmungen zum Zeitpunkt der Annahme dieser Richtlinie bereits enthält. (4) Bei der Anwendung der Absätze 1, 2 und 3 sehen die Mitgliedstaaten Verfahren vor, nach denen die Arbeitnehmervertreter auf dem Verwaltungsweg oder vor Gericht Rechtsbehelfe einlegen können, wenn das Aufsichts- oder das Verwaltungsorgan der SE oder der beteiligten Gesellschaft Vertraulichkeit verlangt oder die Informationen verweigert. Diese Verfahren können Regelungen zur Wahrung der Vertraulichkeit der betreffenden Informationen einschließen.

Das zuständige Organ der SE und das Vertretungsorgan arbeiten mit dem Willen zur Verständigung unter Beachtung ihrer jeweiligen Rechte und Pflichten zusammen. Das Gleiche gilt für die Zusammenarbeit zwischen dem Aufsichts- oder dem Verwaltungsorgan der SE und den Arbeitnehmervertretern im Rahmen eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer. Artikel 10 Schutz der Arbeitnehmervertreter Die Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums, die Mitglieder des Vertretungsorgans, Arbeitnehmervertreter, die bei einem Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung mitwirken, und Arbeitnehmervertreter im Aufsichts- oder im Verwaltungsorgan der SE, die Beschäftigte der SE, ihrer Tochtergesellschaften oder Betriebe oder einer der beteiligten Gesellschaften sind, genießen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben den gleichen Schutz und gleichartige Sicherheiten wie die Arbeitnehmervertreter nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten des Landes, in dem sie beschäftigt sind. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Sitzungen des besonderen Verhandlungsgremiums oder des Vertretungsorgans an allen sonstigen Sitzungen, die im Rahmen der Vereinbarung nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe f stattfinden, und an den Sitzungen des Verwaltungs- oder des Aufsichtsorgans sowie für die Lohn- und Gehaltsfortzahlung an die Mitglieder, die Beschäftigte einer der beteiligten Gesellschaften oder der SE oder ihrer Tochtergesellschaften oder Betriebe sind, für die Dauer ihrer zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Abwesenheit. Artikel 11 Verfahrensmissbrauch Die Mitgliedstaaten treffen im Einklang mit den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften geeignete Maßnahmen, um zu verhindern, dass eine SE dazu missbraucht wird, Arbeitnehmern Beteiligungsrechte zu entziehen oder vorzuenthalten. Artikel 12 Einhaltung der Richtlinie (1) Jeder Mitgliedstaat trägt dafür Sorge, dass die Leitung der Betriebe einer SE und die Aufsichts-

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL

oder die Verwaltungsorgane der Tochtergesellschaften und der beteiligten Gesellschaften, die sich in seinem Hoheitsgebiet befinden, und ihre Arbeitnehmervertreter oder gegebenenfalls ihre Arbeitnehmer den Verpflichtungen dieser Richtlinie nachkommen, unabhängig davon, ob die SE ihren Sitz in seinem Hoheitsgebiet hat oder nicht. (2) Die Mitgliedstaaten sehen geeignete Maßnahmen für den Fall der Nichteinhaltung dieser Richtlinie vor; sie sorgen insbesondere dafür, dass Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren bestehen, mit denen die Erfuellung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen durchgesetzt werden kann. Artikel 13 Verhältnis dieser Richtlinie zu anderen Bestimmungen (1) SE und Tochtergesellschaften einer SE, die gemeinschaftsweit operierende Unternehmen oder herrschende Unternehmen in einer gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe im Sinne der Richtlinie 94/45/EG oder im Sinne der Richtlinie 97/74/EG(6) zur Ausdehnung der genannten Richtlinie auf das Vereinigte Königreich sind, unterliegen nicht den genannten Richtlinien und den Bestimmungen zu deren Umsetzung in einzelstaatliches Recht. Beschließt das besondere Verhandlungsgremium jedoch gemäß Artikel 3 Absatz 6, keine Verhandlungen aufzunehmen oder bereits aufgenommene­ Verhandlungen abzubrechen, so gelangen die Richtlinie 94/45/EG oder die Richtlinie 97/74/EG und die Bestimmungen zu ihrer Umsetzung in einzelstaatliches Recht zur Anwendung. (2) Einzelstaatliche Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten in Bezug auf die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Gesellschaftsorganen, die nicht zur Umsetzung dieser Richtlinie dienen, finden keine Anwendung auf gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 gegründete und von dieser Richtlinie erfasste Gesellschaften. (3) Diese Richtlinie berührt nicht a) die den Arbeitnehmern nach einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten zustehenden Beteiligungsrechte, die für die Arbeitnehmer der SE und ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe gelten, mit Ausnahme der Mitbestimmung in den Organen der SE, b) die nach einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten geltenden Bestimmungen über die Mitbestimmung in den Gesellschaftsorganen, die auf die Tochtergesellschaften der SE Anwendung finden.

(4) Zur Wahrung der in Absatz 3 genannten ­Rechte können die Mitgliedstaaten durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass die Strukturen der Arbeitnehmervertretung in den beteiligten Gesellschaften, die als eigenständige juristische Personen erlöschen, nach der Eintragung der SE fortbestehen. Artikel 14 Schlussbestimmungen (1) Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie spätestens am 8. Oktober 2004 nachzukommen, oder stellen spätestens zu diesem Zeitpunkt sicher, dass die Sozialpartner die erforderlichen Bestimmungen durch Vereinbarungen einführen; die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Vorkehrungen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. (2) Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme. Artikel 15 Überprüfung durch die Kommission Die Kommission überprüft spätestens zum 8. Oktober 2007 im Benehmen mit den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern auf Gemeinschaftsebene die Anwendung dieser Richtlinie, um dem Rat gegebenenfalls erforderliche Änderungen vorzuschlagen. Artikel 16 Inkrafttreten Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft. Artikel 17 Adressaten Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Luxemburg am 8. Oktober 2001. Im Namen des Rates Der Präsident L. Onkelinx

(6) ABl. L 10 vom 16.1.1998, S. 22.

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ANHANG AUFFANGREGELUNG (nach Artikel 7)

Teil 1: Zusammensetzung des Organs zur Vertretung der Arbeitnehmer Zur Verwirklichung des Ziels nach Artikel 1 wird in den in Artikel 7 genannten Fällen ein Vertretungsorgan gemäß folgenden Regeln eingesetzt: a) Das Vertretungsorgan setzt sich aus Arbeitnehmern der SE und ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe zusammen, die von den Arbeitnehmervertretern aus ihrer Mitte oder, in Ermangelung solcher Vertreter, von der Gesamtheit der Arbeitnehmer gewählt oder bestellt werden. b) Die Mitglieder des Vertretungsorgans werden gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten gewählt oder bestellt. Die Mitgliedstaaten sorgen durch entsprechende Vorschriften dafür, dass Änderungen innerhalb der SE und ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe durch Anpassung der Zahl der Mitglieder des Vertretungsorgans und der Zuteilung der Sitze in diesem Organ Rechnung getragen wird. c) Sofern die Zahl der Mitglieder des Vertretungsorgans es rechtfertigt, wählt das Vertretungsorgan aus seiner Mitte einen engeren Ausschuss mit höchstens drei Mitgliedern. d) Das Vertretungsorgan gibt sich eine Geschäftsordnung. e) Die Mitglieder des Vertretungsorgans werden entsprechend der Zahl der in jedem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften und der betroffenen Tochtergesellschaften oder betroffenen Betriebe gewählt oder bestellt, so dass pro Mitgliedstaat für jeden Anteil der in diesem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer, der 10 % der Gesamtzahl der in allen Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften und der betroffenen Tochtergesellschaften oder betroffenen Betriebe entspricht, oder für einen Bruchteil dieser Tranche Anspruch auf einen Sitz besteht. f) Die Zusammensetzung des Vertretungsorgans wird dem zuständigen Organ der SE mitgeteilt. g) Vier Jahre nach seiner Einsetzung prüft das Vertretungsorgan, ob die Vereinbarung nach den Artikeln 4 und 7 ausgehandelt werden oder die in Übereinstimmung mit diesem Anhang angenommene Auffangregelung weiterhin gelten soll.

Wird der Beschluss gefasst, eine Vereinbarung gemäß Artikel 4 auszuhandeln, so gelten Artikel 3 Absätze 4 bis 7 und Artikel 4 bis 6 sinngemäß, wobei der Ausdruck „besonderes Verhandlungsgremium“ durch das Wort „Vertretungsorgan“ ersetzt wird. Wenn am Ende des für die Verhandlungen vorgesehenen Zeitraums keine Vereinbarung zustande gekommen ist, findet die Regelung, die ursprünglich gemäß der Auffangregelung angenommen worden war, weiterhin Anwendung. Teil 2: Auffangregelung für die Unterrichtung und Anhörung Für die Zuständigkeiten und Befugnisse des Vertretungsorgans in einer SE gelten folgende Regeln: a) Die Zuständigkeiten des Vertretungsorgans beschränken sich auf die Angelegenheiten, die die SE selbst oder eine ihrer Tochtergesellschaften oder einen ihrer Betriebe in einem anderen Mitgliedstaat betreffen oder über die Befugnisse der Entscheidungsorgane auf der Ebene des einzelnen Mitgliedstaats hinausgehen. b) Unbeschadet etwaiger Zusammenkünfte gemäß Buchstabe c hat das Vertretungsorgan das Recht, auf der Grundlage regelmäßig von dem zuständigen Organ erstellter Berichte über die Entwicklung der Geschäftslage und die Per­ spektiven der SE unterrichtet und dazu gehört zu werden und zu diesem Zweck mindestens einmal jährlich mit dem zuständigen Organ der SE zusammenzutreten. Die örtlichen Geschäftsleitungen werden hiervon in Kenntnis gesetzt. Das zuständige Organ der SE übermittelt dem Vertretungsorgan die Tagesordnung aller Sitzungen des Verwaltungsorgans oder gegebenenfalls des Leitungs- und des Aufsichtsorgans sowie Kopien aller Unterlagen, die der Hauptversammlung der Aktionäre unterbreitet werden. Diese Unterrichtung und Anhörung bezieht sich insbesondere auf die Struktur der SE, ihre wirtschaftliche und finanzielle Situation, die voraussichtliche Entwicklung der Geschäfts-, Produktions- und Absatzlage, auf die Beschäftigungslage und deren voraussichtliche Entwicklung, auf die Investitionen, auf grundlegende Änderungen der Organisation, auf die Einführung neuer Arbeits- oder Fertigungsverfahren, auf Verlagerungen der Produktion, auf Fusio-

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§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL

nen, Verkleinerungen oder Schließungen von Unternehmen, Betrieben oder wichtigen Teilen derselben und auf Massenentlassungen. c) Treten außergewöhnliche Umstände ein, die erhebliche Auswirkungen auf die Interessen der Arbeitnehmer haben, insbesondere bei Verlegungen, Verlagerungen, Betriebs- oder Unternehmensschließungen oder Massenentlassungen, so hat das Vertretungsorgan das Recht, darüber unterrichtet zu werden. Das Vertretungsorgan oder – wenn das Vertretungsorgan dies, insbesondere bei Dringlichkeit, beschließt – der engere Ausschuss hat das Recht, auf Antrag mit dem zuständigen Organ der SE oder den Vertretern einer geeigneteren mit eigenen Entscheidungsbefugnissen ausgestatteten Leitungsebene innerhalb der SE zusammenzutreffen, um über Maßnahmen, die erhebliche Auswirkungen auf die Interessen der Arbeitnehmer haben, unterrichtet und dazu gehört werden. Wenn das zuständige Organ beschließt, nicht im Einklang mit der von dem Vertretungsorgan abgegebenen Stellungnahme zu handeln, hat das Vertretungsorgan das Recht, ein weiteres Mal mit dem zuständigen Organ der SE zusammenzutreffen, um eine Einigung herbeizuführen. Findet eine Sitzung mit dem engeren Ausschuss statt, so haben auch die Mitglieder des Vertretungsorgans, die von diesen Maßnahmen unmittelbar betroffene Arbeitnehmer vertreten, das Recht, daran teilzunehmen. Die Sitzungen nach Absatz 1 lassen die Vorrechte des zuständigen Organs unberührt. d) Die Mitgliedstaaten können Regeln für den Vorsitz in den Sitzungen zur Unterrichtung und Anhörung festlegen. Vor Sitzungen mit dem zuständigen Organ der SE ist das Vertretungsorgan oder der engere Ausschuss – gegebenenfalls in der gemäß Buchstabe c Absatz 3 erweiterten Zusammensetzung – berechtigt, in Abwesenheit der Vertreter des zuständigen Organs zu tagen. e) Unbeschadet des Artikels 8 unterrichten die Mitglieder des Vertretungsorgans die Arbeitnehmervertreter der SE und ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe über den Inhalt und die Ergebnisse der Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren. f) Das Vertretungsorgan oder der engere Ausschuss können sich durch Sachverständige ihrer Wahl unterstützen lassen. g) Sofern dies zur Erfuellung ihrer Aufgaben erforderlich ist, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans Anspruch auf bezahlte Freistellung für Fortbildungsmaßnahmen. h) Die Ausgaben des Vertretungsorgans gehen zulasten der SE, die die Mitglieder dieses Or-

gans mit den erforderlichen finanziellen und materiellen Mitteln ausstattet, damit diese ihre Aufgaben in angemessener Weise wahrnehmen können. Insbesondere trägt die SE die Kosten der Veranstaltung der Sitzungen einschließlich der Dolmetschkosten sowie die Aufenthalts- und Reisekosten für die Mitglieder des Vertretungsorgans und des engeren Ausschusses, soweit nichts anderes vereinbart wurde. Die Mitgliedstaaten können im Einklang mit diesen Grundsätzen Regeln für die Finanzierung der Arbeit des Vertretungsorgans festlegen. Sie können insbesondere die Übernahme der Kosten auf die Kosten für einen Sachverständigen begrenzen. Teil 3: Auffangregelung für die Mitbestimmung Für die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der SE gelten folgende Bestimmungen: a) Fanden im Falle einer durch Umwandlung gegründeten SE Vorschriften eines Mitgliedstaats über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Verwaltungs- oder im Aufsichtsorgan vor der Eintragung Anwendung, so finden alle Komponenten der Mitbestimmung der Arbeitnehmer weiterhin Anwendung. Buchstabe b gilt diesbezüglich sinngemäß. b) In den Fällen der Gründung einer SE haben die Arbeitnehmer der SE, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe und/oder ihr Vertretungsorgan das Recht, einen Teil der Mitglieder des Verwaltungs- oder des Aufsichtsorgans der SE zu wählen oder zu bestellen oder deren Bestellung zu empfehlen oder abzulehnen, wobei die Zahl dieser Mitglieder sich nach dem höchsten maßgeblichen Anteil in den beteiligten Gesellschaften vor der Eintragung der SE bemisst. Bestanden in keiner der beteiligten Gesellschaften vor der Eintragung der SE Vorschriften über die Mitbestimmung, so ist die SE nicht verpflichtet, eine Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer einzuführen. Das Vertretungsorgan entscheidet über die Verteilung der Sitze im Verwaltungs- oder im Aufsichtsorgan auf die Mitglieder, die Arbeitnehmer aus verschiedenen Mitgliedstaaten vertreten, oder über die Art und Weise, in der die Arbeitnehmer der SE Mitglieder dieser Organe empfehlen oder ablehnen können, entsprechend den jeweiligen Anteilen der in den einzelnen Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer der SE. Bleiben Arbeitnehmer aus einem oder mehreren Mitgliedstaaten bei der anteilmäßigen Verteilung unberücksichtigt, so bestellt das Vertretungsorgan eines der Mitglieder aus einem dieser Mitgliedstaaten, und zwar vorzugs­weise – sofern angemessen – aus dem Mit-

§ 45 Anhang SE-VO und SE-RL gliedstaat, in dem die SE ihren Sitz haben wird. Jeder Mitgliedstaat hat das Recht, die Verteilung der ihm im Verwaltungs- oder im Aufsichtsorgan zugewiesenen Sitze festzulegen. Alle von dem Vertretungsorgan oder gegebenenfalls den Arbeitnehmern gewählten, bestellten oder empfohlenen Mitglieder des

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Verwaltungsorgans oder gegebenenfalls des Aufsichtsorgans der SE sind vollberechtigte Mitglieder des jeweiligen Organs mit denselben Rechten (einschließlich des Stimmrechts) und denselben Pflichten wie die Mitglieder, die die Anteilseigner vertreten.

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§ 46 Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE)

§ 46 Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE) VO (EG) Nr. 1435/2003 des Rates v. 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABlEU v. 18.8.2003, L 207/1; RL 2003/72/EG des Rates v. 22.7.2003 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, ABlEU v. 18.8.2003, L 207/25 Literatur: Barsan, La société coopérative européenne, 2016; Beuthien, Volker, Die Europäische Genossenschaft als gesellschaftsrechtliche Herausforderung – Was muss ein Genossenschaftsgesetz leisten? –, ZfgG 57 (2007) 3; ders., Wie kapitalistisch darf eine Genossenschaft sein? – Zum förderwirtschaftlichen Nutzen nicht nutzender Mitglieder –, AG 2006, 53; Blomeyer, Wolfgang, Auf dem Weg zur (E)europäischen Genossenschaft, BB 2000, 1741; Cario, Daniela, Aufnahme von Investorenmitgliedern in die SCE? – Gedanken zur Ausübung des Wahlrechts in Art. 14 Abs. 2 SCE-VO durch den deutschen Gesetzgeber, ZfgG 55 (2005) 146; Cerioni, Luca, Das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) und das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE): Ein Vergleich zwischen den supranationalen Statuten, EuLF 2004, 296; Deipenbrock, Gudula, Corporate Governance in der Europäischen Économie Sociale – Unternehmenskontrolle und -steuerung im Vorschlag über ein Statut der Europäischen Genossenschaft, EWS 2002, 410; El Mahi, Farida, Die Europäische Genossenschaft, DB 2004, 967; Escuin Ibáñez, Irene, Law applicable to the European Cooperative Society: special reference to the european cooperative established in Spain, ECFR 2011, 30; Galle, Ruud C.J., The Societas Cooperativa Europaea (SCE) and national cooperatives in comparative perspective, (2006) 3 ECL 255; Heilmeier, Matthias, Die Kapitalverfassung der Europäischen Genossenschaft (SCE), EuZW 2010, 887; Hirte, Heribert, Das neue Genossenschaftsrecht (Teil II), DStR 2007, 2215; Ioakimidis, Apostolos, The Statute of the European Cooperative Society, (2007) 14 Colum. J. Eur. L. 189; Kessel, Wolfgang, Der Entwurf zum Statut der Europäischen Genossenschaft, EuZW 1992, 475; Keßler, Jürgen/Herzberg, Anja, Ist die Europäische Genossenschaft kapitalmarktfähig? – Zum Anwendungsbereich des Art. 64 SCE-VO, ZfgG 59 (2009) 39; Korte, Otto, Die Europäische Genossenschaft, in: Helios, Marcus/Strieder, Thomas (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Genossenschaft, 2009, § 16 (S. 730 ff.); Krebs, Christian A., Gründung der Europäischen Genossenschaft (SCE) durch Rechtsformwechsel, EWS 2012, 407; Krimphove, Dieter, Brauchen wir die Europäische Genossenschaft?, EuZW 2010, 892; Luttermann, Claus, Die Europäische Genossenschaft, ZVglRWiss 93 (1994) 1; ders., Geänderter Entwurf für das Statut der Europäischen Genossenschaft, EWS 1994, 14; Miribung, Georg, Die Struktur der SCE und ihre Anwendungsmöglichkeiten im italienischen und österreichischen Recht, ZfgG 57 (2007) 270; Mock, Sebastian, Die Europäische Genossenschaft, GPR 2004, 213; Münkner, Hans-H., Europäische Genossenschaft (SCE) und europäische Genossenschaftstradition, 2006; ders., Was hätte Schulze-Delitzsch zu der Verordnung über die Europäische Genossenschaft gesagt?, 2007; Ott, Eckhard, Die SCE – eine Gesellschaft im Sinne Schulze-Delitzschs?, in: Förderverein Hermann Schulze-Delitzsch (Hrsg.), Hermann Schulze-Delitzsch. Weg – Werk – Wirkung, 2008, S. 344; Rodriguez, Karine, La société coopérative européenne: tenants et aboutissants, D. 2004, 1219; Schaffland, Hans-Jürgen, Die Europäische Genossenschaft – Eine neue Rechtsform, DWiR 1991, 18; ders., Die Europäische Genossenschaft: Gestaltungsfreiheiten und die Rolle der Verbände, in: Theurl, Theresia/Meyer, Eric Christian (Hrsg.), Wettbewerbsfähigkeit des genossenschaftlichen Netzwerks, 2005, S. 71; Schmidt, Jessica, SE and SCE: two more new European company forms – and more to come!, (2006) 27 Co Law 99; Schulze, Reiner, Die Europäische Genossenschaft (SCE), NZG 2004, 792; ders. (Hrsg.), Europäische Genossenschaft (SCE), 2004; Schulze, Reiner/Wiese, Matthias, Die SCE mit Sitz in Deutschland und die Reform des deutschen Genossenschaftsrechts, ZfgG 56 (2006) 108; Steding, Rolf, Die Europäische Genossenschaft – Entwurf einer künftigen supranationalen Rechtsform für Unterneh-

§ 46 Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE)

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men, BuW 1999, 64; ders., Europäische Rechtsformen für Unternehmen: EWIV sowie SE und SCE, BuW 2002, 197; Vieweg, Klaus, Die Europäische Genossenschaft (SCE) – Initialzündung für eine Reform der eingetragenen Genossenschaft?, in: Krause, Rüdiger/Veelken, Winfried/ Vieweg, Klaus (Hrsg.), Recht der Wirtschaft und der Arbeit in Europa, Gedächtnisschrift für Wolfgang Blomeyer, 2004, S. 525; Wachter, Martin, Die investierende Mitgliedschaft bei der eingetragenen Genossenschaft, 2011. Rechtsprechung: EuGH: EuGH v. 2.5.2006, EP ./. Rat, C-436/03, ECLI:EU:C:2006:277

I.  Überblick

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Vor dem Hintergrund der in den 1980er Jahren initiierten Bemühungen zur Förderung 46.1 der Unternehmen der „Économie Sociale“1 legte die Kommission am 5.3.1992 stark an die SE-Entwürfe angelehnte und z.T. auf Vorarbeiten der europäischen Genossenschaftsverbände2 aufbauende Vorschläge für drei spezifische supranationale Rechtsformen für diesen Sektor vor: Die Europäische Genossenschaft (SCE), den Europäischen Verein (EuV) und die Europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft (EuGGes).3 Nach Stellungnahmen von EWSA4 und EP5 wurden am 6.7.1993 nochmals überar-

1 Der Begriff „Économie Sociale“ umfasst Unternehmen, die ihre Wirtschaftstätigkeit in einer spezifischen Organisationsform ausüben, die auf den Grundsätzen der Solidarität und Beteiligung aller Mitglieder sowie den Werten der Selbstbestimmung und staatsbürger­ lichen Verantworten beruht, vgl. SEK(89) 2187, 2.1. Näher zum Ganzen etwa Luttermann ZVglRWiss 93 (1994) 1, 3; Wachter, Die investierende Mitgliedschaft bei der eingetragenen Genossenschaft, 2011, S. 91 ff. 2  Vgl. dazu Beuthien/Beuthien Einl. SCE Rn. 1; BeckGenHb/Korte § 16 Rn. 1 f.; Münkner, Europäische Genossenschaft (SCE) und europäische Genossenschaftstradition, 2006, S. 14 f.; Schaffland DWiR 1991, 18, 19; Schulze/Schulze Kap. 1 Rn. 26. Die deutschen Genossenschaftsverbände hatten sich anfänglich vehement gegen das Projekt ausgesprochen, sich dann aber schließlich doch zur Mitarbeit entschlossen, um sicherzustellen, dass die wesentlichen deutschen genossenschaftsrechtlichen Traditionen gewahrt werden, vgl. Münkner a.a.O., S. 14 f.; E. Ott in: Förderverein Hermann Schulze-Delitzsch (Hrsg.), Hermann Schulze-Delitzsch. Weg – Werk – Wirkung, 2008, S. 344, 346. 3  Vorschlag für eine VO (EWG) des Rates über das Statut des Europäischen Vereins, Vorschlag für eine RL des EP und des Rates zur Ergänzung des Statuts des europäischen Vereins hinsichtlich der Rolle der Arbeitnehmer; Vorschlag für eine VO über das Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft, Vorschlag für eine RL zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft hinsichtlich der Rolle der Arbeitnehmer; Vorschlag einer VO (EWG) des Rates über das Statut der Europäischen Genossenschaft, Vorschlag für eine RL des Rates zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Rolle der Arbeitnehmer, KOM(91) 273. Dazu etwa Kessel EuZW 1992, 475 ff. 4  ABlEG v. 31.8.1992, C 223/42. 5  ABlEG v. 15.2.1993, C 42/103.

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beitete Fassungen präsentiert.6 Ebenso wie bei der SE (→  45.2 ff.) gelang es jedoch auch hier nicht, einen Konsens über die Mitbestimmungsfrage zu erzielen, so dass die Beratungen 1996 ausgesetzt wurden.7 Nachdem dann aber Ende 2000 bei der SE endlich der politische Durchbruch erzielt worden war (→ 45.5), startete die schwedische Ratspräsidentschaft mit Blick auf die wirtschaftliche Bedeutung des Genossenschaftssektors durch Vorlage eines neuen Vorschlags im April 20018 auch für die SCE einen neuen Anlauf, der zur Verabschiedung der SCE-VO9 und SCE-RL10 durch den Rat am 22.7.2003 führte. Das gesamte Projekt drohte dann zwar im letzten Moment doch noch an einer wegen angeblich falscher Rechtsgrundlage erhobenen Klage des EP zu scheitern; diese wurde aber vom EuGH abgewiesen11, so dass die SCE-VO am 18.8.2006 Geltung erlangen konnte12; am selben Tag lief auch die Umsetzungsfrist für die SCE-RL13 ab. Durch Beschlüsse des Gemeinsamen EWR-Ausschusses14 wurden Anwendungsbereich von SCE-VO und SCE-RL auch auf die EWR-Staaten ausgedehnt. Entsprechend der Grundintention der Schaffung einer speziellen supranationalen, 46.2 europäischen Rechtsform für den Genossenschaftssektor15 ist der Rechtsrahmen für die SCE genossenschaftsspezifisch konzipiert und basiert insbesondere auch auf den speziellen genossenschaftlichen Funktionsprinzipien wie dem Prinzip der demokratischen Struktur und Kontrolle und der Gewinnverteilung nach dem Billigkeitsgrundsatz16. Soweit diese genossenschaftlichen Besonderheiten nicht entgegenstehen bzw. spezifische Regelungen erforderlich machen, sind SCE-VO und SCE-RL aber sowohl regelungstechnisch als auch inhaltlich weitgehend an die SE-VO bzw. SE-RL angelehnt.17 Die Vorschriften sind allerdings an vielen Stellen deutlich präziser und detail 6 KOM(93) 252. Dazu etwa Bovis (1995) 16 Co Law 85 ff.; Luttermann ZVglRWiss 93 (1994) 1 ff.; ders. EWS 1994, 14 ff.; Steding BuW 2002, 197 ff.   7  Vgl. Dok. 6221/02, S. 1.  8 Dok. 7987/01.   9  VO (EG) Nr. 1435/2003 des Rates v. 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABlEU v. 18.8.2003, L 207/1. 10  RL 2003/72/EG des Rates v. 22.7.2003 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, ABlEU v. 18.8.2003, L 207/25. 11  EuGH v. 2.5.2006, EP ./. Rat, C-436/03, ECLI:EU:C:2006:277. Der EuGH entschied, dass die SCE-VO zu Recht auf Art. 308 EGV [G Art. 352 AEUV] gestützt wurde; das EP hatte die richtige Rechtsgrundlage dagegen in Art. 95 EGV [G Art. 114 AEUV] (der zur Geltung des Mitentscheidungsverfahrens geführt hätte) gesehen. 12  Vgl. Art. 80 SCE-VO. 13  Vgl. Art. 16 Abs. 1 SCE-RL. 14 Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 15/2004 v. 6.2.2004 zur Änderung des Anhangs XXII (Gesellschaftsrecht) des EWR-Abkommens, ABlEU v. 22.4.2004, L 116/68; Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 44/2004 v. 23.4.2004 zur Änderung des Anhangs XVIII (Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Arbeitsrecht sowie Gleichbehandlung von Männern und Frauen) des EWR-Abkommens, ABlEU v. 26.8.2004, L 277/11. 15  Vgl. ErwG 6. 16  Vgl. ErwG 7. 17 Vgl. Cerioni EuLF 2004, 296, 297 ff.; El Mahi DB 2004, 967, 968; Ioakimidis (2007) 14 Colum. J. Eur. L. 189, 198; Miribung ZfgG 57 (2007) 270; J. Schmidt (2006) 27 Co Law 99, 106.

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lierter als die Parallelnormen für die SE18; der europäische Gesetzgeber hat damit ganz offensichtlich auf die im Hinblick auf die insoweit unklaren oder missverständlichen Regelungen für die SE geübte Kritik reagiert.19 Im September 2009 legte die Kommission entsprechend der Revisionsklausel des 46.3 Art. 17 SCE-RL (allerdings mit knapp 1 Jahr Verspätung) einen Bericht zur SCE-RL20 vor, in dem sie jedoch erklärte, dass vor einer etwaigen Überarbeitung der SCE-RL zunächst die Ergebnisse der Bewertung der SCE-VO21 sowie der SE-VO und SE-RL (→  45.7) abgewartet werden sollen. Nachdem im Oktober 2010 die Ergebnisse der von der Kommission in Auftrag gegebenen Studie zur Umsetzung der SCE-VO22 präsentiert worden waren, leitete die Kommission dann im April 2011 eine Konsultation23 ein. Anstelle einer Revision kündigte die Kommission im Aktionsplan 2012 (→ 5.68, 13.14) dann jedoch nur eine Informationskampagne zur Stärkung der Kenntnisse und der Förderung der Bewusstseinsbildung über das SCE-Statut an.24 Diese beschränkte sich allerdings – ähnlich wie bei der SE (→ 45.7) − auf die Einrichtung einer Webseite25 mit relativ allgemein gehaltenen Informationen über die Hauptcharakteristika der SCE und einer Reihe von Links zu den maßgeblichen Dokumenten.26 In Deutschland wurden SCE-VO und SCE-RL durch das SCEEG27 umgesetzt, 46.4 das – parallel zu SEAG und SEBG (→ 45.8) – ein SCE-Ausführungsgesetz (SCEAG)28 mit den zentralen gesellschaftsrechtlichen Regelungen und ein SCE-Beteiligungsgesetz (SCEBG)29 mit den Vorgaben zur Arbeitnehmerbeteiligung geschaffen hat. Zu-

18 Vgl. Cerioni EuLF 2004, 296, 300; El Mahi DB 2004, 967, 968; J. Schmidt (2006) 27 Co Law 99, 106. 19 Vgl. J. Schmidt (2006) 27 Co Law 99, 106. 20  KOM(2010) 481. 21  Vgl. Art. 79 SCE-VO. 22  Cooperatives Europe/EURICSE/EKAI CENTER, Study on the implementation of the Regulation 1435/2003 on the Statute for European Cooperative Society (SCE), 5.10.2010 (). 23 Konsultationssiete: . 24  Mitteilung der Kommission an das EP, den Rat, den EWSA und den AdR. Aktionsplan: Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate Governance – ein moderner Rechtsrahmen für engagiertere Aktionäre und besser überlebensfähige Unternehmen, COM(2012) 740, 4.5 und Anhang. Dazu Bayer/J. Schmidt BB 2013, 3, 15. 25 . 26  Vgl. dazu Bayer/J. Schmidt BB 2014, 1219. 27  Gesetz zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts v. 14.8.2006, BGBl. I, 1911. 28  Gesetz zur Ausführung der VO (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (SCE-Ausführungsgesetz – SCEAG) v. 14.8.2006, BGBl. I, 1911. 29  Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in einer Europäischen Genossenschaft (SCE-Beteiligungsgesetz – SCEBG) v. 14.8.2006, BGBl. I, 1917.

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gleich hat der deutsche Gesetzgeber die SCE aber zum Anlass genommen, mit dem SCEEG auch das deutsche Genossenschaftsrecht zu modernisieren und nach dem Vorbild der SCE u.a. investierende Mitglieder (→ 46.45) (§ 8 Abs. 2 GenG n.F.) und e-voting (§ 43 Abs. 7 GenG n.F., → 46.96) zuzulassen und ein (für die deutsche eG – anders als für die SCE [→ 46.34] – aber nur optionales) Mindestkapital vorzusehen (§ 8a GenG n.F.).30 46.5 In der Praxis ist der Zuspruch für die SCE bislang eher verhalten.31 Die erste SCE, die „italienische“ ESCOOP SCE, wurde zwar bereits am Tag des Inkrafttretens der SCE-VO eingetragen. Bis zum 16.4.2017 wurden aber insgesamt erst 34 SCE gegründet32; eine Suche im deutschen Handelsregister am 30.6.2017 ergab einen Bestand von lediglich 13 „deutschen“ SCE.

II.  Allgemeine Charakteristika der SCE 46.6 Die SCE ist eine supranationale Genossenschaft. Sie besitzt ab dem Moment ihrer Eintragung Rechtspersönlichkeit (Art. 1 Abs. 5, 18 Abs. 1 SCE-VO) und verfügt über ein in Geschäftsanteile zerlegtes Grundkapital (Art. 1 Abs. 2 UAbs. 1 SCE-VO, → 46.32 f.). Die Haftung der Mitglieder ist grundsätzlich beschränkt (Art. 1 Abs. 2 UAbs. 3 S. 1 SCE-VO, → 46.55). Hauptzweck einer SCE ist es gem. Art. 1 Abs. 3 S. 1 SCE-VO, den Bedarf ihrer 46.7 Mitglieder zu decken und/oder deren wirtschaftliche und/oder soziale Tätigkeiten zu fördern. Mit dieser weiten Definition trägt die SCE-VO dem romanischen Rechtsverständnis, das – anders als das deutsche33 – traditionell auch soziale und kulturelle

30  Vgl. BegrRegE z. SCEEG, BT-Drs. 16/1025, S. 52; Bayer/J. Schmidt BB 2008, 454 f. Näher zur Reform des deutschen Genossenschaftsrechts durch das SCEEG: Geschwandtner/Helios NZG 2006, 691 ff.; Großfeld ZfgG 56 (2006) 101 ff.; Helios/Strieder DB 2005, 2794 ff.; Hirte DStR 2007, 2166; Keßler BB 2006, 561 ff.; ders. BB 2006, 1693 ff.; Peemöller/Geschwandtner ZfgG 56 (2006) 255 ff.; Saenger/Merkelbach BB 2006, 566 ff.; Schaffland/ Korte NZG 2006, 253 ff.; Schulze/Wiese ZfgG 56 (2006) 108, 121 ff. 31 Vgl. J. Schmidt/Hoffmann fstk 9/2009, 18, 19; Krimphove EuZW 2010, 892, 893, 897; s. ferner insbesondere auch die SCE-Studie (Fn. 22), S. 135 ff. Instruktiv zu den möglichen Ursachen Barsan Rn. 583 ff. 32 Quelle: LIBERTAS – Europäisches Institut GmbH, SCE-Statistik (). 33  Der deutsche historische Gesetzgeber hatte die Genossenschaft auf rein wirtschaftliche Zwecke beschränken wollen (vgl. Blomeyer ZfgG 1980, 22, 29 f.); nach h.M. durften ideelle Zwecke nur in sehr engen Grenzen bzw. als Nebenzweck verfolgt werden, vgl. Beuthien/ Beuthien, 14. Aufl. 2004, § 1 GenG Rn. 10; Hippeli/Matheis ZfgG 59 (2009) 234, 238. Vor dem Hintergrund der im Schrifttum wachsenden Kritik an diesem engen Verständnis und der extensiven Zweckbestimmung in der SCE-VO hat der deutsche Gesetzgeber mit dem SCEEG dann aber für die eG ebenfalls explizit auch die Förderung sozialer oder kultureller Belange als Zweck zugelassen, vgl. BegrRegE z. SCEEG, BT-Drs. 16/ 1025, S. 80 f.; Beuthien/Beuthien § 1 GenG Rn. 15 f. m.w.N.

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Zwecke zulässt, Rechnung.34 Die SCE muss die Bedarfsdeckungs- bzw. Förderungsleistungen aber nicht unbedingt selbst erbringen, sondern kann dies auch mittels Beteiligung an anderen SCE oder an nationalen Genossenschaften oder durch eine Tochtergesellschaft tun (Art. 1 Abs. 3 S. 2, 3 SCE-VO).35 Nichtmitglieder können die Tätigkeiten der SCE nur in Anspruch nehmen und/oder an ihren Tätigkeiten beteiligt werden, wenn die Satzung dies ausdrücklich zulässt (Art. 1 Abs. 4 SCE-VO).36 Eine SCE muss ihrer Firma gem. Art. 10 Abs. 1 S. 2 SCE-VO den Rechtsformzu- 46.8 satz SCE voran- oder nachstellen; zudem ist ggf. der Zusatz „mit beschränkter Haftung“ anzufügen (zur Haftung der Mitglieder → 46.55).37 Wie bei der SE (→ 45.12) kommt diesem grundsätzlich exklusiv SCE vorbehaltenen38 „europäischen Label“ erhebliche Bedeutung für Public Relations und Marketing zu. I.Ü. gelten für die Firmierung der SCE (ähnlich wie bei der SE, → 45.13) gem. Art. 17 Abs. 1 bzw. Art. 8 Abs. 1 lit. c SCE-VO die jeweiligen Vorschriften des Firmenrechts des Sitzstaats der (künftigen) SCE39, für eine „deutsche“ SCE also §§ 17 Abs. 2 ff. HGB, 18 UmwG. Die Regelung zum Sitz der SCE in Art. 6 SCE-VO entspricht Art. 7 SE-VO40 46.9 (→ 45.14 f.): Zwingende Verortung von Satzungssitz und Hauptverwaltung im selben Mitgliedstaat und Mitgliedstaatenoption bezüglich eines Gleichlaufs sogar am selben Ort (von dem Deutschland aber keinen Gebrauch gemacht hat41). Das in Art. 73 Abs. 2–5 SCE-VO normierte Verfahren zur Sanktionierung von Verstößen gegen Art. 6 S. 1 SCE-VO entspricht Art. 64 SE-VO (→ 45.16) und wurde in Deutschland durch § 10 SCEAG42 umgesetzt. Zur Sitzverlegung → 46.107 f. Anders als bei der SE (→ 45.18) konnte hinsichtlich der Publizität bei der SCE 46.10 nicht unmittelbar an Art. 3 ff. PubRL (G  Art. 16 ff. GesRRL) angeknüpft werden, da diese nicht für Genossenschaften gelten (→  18.10 f.). Der Sache nach erschienen die durch die PubRL harmonisierten Publizitätsregelungen für AG, aber – schon vor dem Hintergrund der allgemeinen Anlehnung der SCE-VO an die SE-VO

34  Vgl. Beuthien/Beuthien Art. 1 SCE Rn. 2; ders. ZfgG 57 (2007) 3, 5; Blomeyer BB 2000, 1741, 1742; ders. ZfgG 50 (2000) 183, 191; Hirte DStR 2007, 2215; Schulze NZG 2004, 792, 793; Vieweg GS Blomeyer, 2004, S. 525, 535 f. 35  Dazu Beuthien/Beuthien Art. 1 SCE Rn. 3. 36  Dazu Schulze/Alfandari/Piot Kap. 4 Rn. 16; Beuthien/Beuthien Art. 1 SCE Rn. 5; Münk­ ner (Fn. 2), S. 18. 37 Er ist nur dann entbehrlich, wenn die Satzung eine unbeschränkte Haftung vorsieht (→ 46.55). Näher Schulze/Alfandari/Piot Kap. 4 Rn. 45; Beuthien/Beuthien Art. 1 SCE Rn. 6, Art. 10 SCE Rn. 3; Schulze NZG 2004, 792, 793; Schulze/Schulze Kap. 1 Rn. 9. 38  Vgl. Art. 10 Abs. 2 SCE-VO; eine Ausnahme macht Art. 10 Abs. 3 SCE-VO nur für sog. „Altgesellschaften“. 39 Vgl. Mock GPR 2004, 213, 216. 40  Vgl. Dok. 7987/01, S. 16. 41  Der Bundesrat hatte dies zwar gefordert (vgl. BR-Drs. 71/06(B), S. 1 f.) und die Bundesregierung hatte eine Prüfung zugesagt (vgl. BT-Drs. 16/1025, S. 106); offenbar mit Blick auf die bereits angesteuerten Änderungen von §§ 4a GmbHG, 5 AktG, 2 SEAG durch das MoMiG (→ 7.83, 45.15) wurde dann aber davon abgesehen. 42  Dazu BegrRegE z. SCEEG, BT-Drs. 16/1025, S. 56; BeckGenHb/Korte § 16 Rn. 41.

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(→ 46.2) und vieler nationaler Genossenschaftsrechte an das Recht der AG43 – auch für Genossenschaften geeignet (vgl. ErwG 18). Die SCE-VO bestimmt daher, dass die SCE gem. dem für AG maßgebenden Recht in ein Register des Sitzstaats eingetragen wird (Art. 11 Abs. 1 SCE-VO; „deutsche“ SCE: Genossenschaftsregister, § 3 S. 1 SCEAG44) und dass die aktienrechtlichen Vorschriften des Sitzstaats entsprechend für Angaben auf der Geschäftskorrespondenz der SCE gelten (Art. 10 Abs. 1 S. 1 SCE-VO). Ferner müssen nicht nur die nach der SCE-VO offenlegungspflichtigen Publizitätsobjekte45 nach Maßgabe der aktienrechtlichen Vorschriften des Sitzstaats bekannt gemacht werden (Art. 12 Abs. 1 SCE-VO [G  Art. 13 SE-VO46, →  45.19]), sondern dessen aktienrechtlichen Bekanntmachungsvorschriften finden auch i.Ü. entsprechende Anwendung auf die SCE (Art. 11 Abs. 5 SCE-VO). Eintragung, Löschung und grenzüberschreitende Sitzverlegung einer SCE werden zudem – allerdings nur deklaratorisch – im ABlEU bekannt gemacht (Art. 13 SCE-VO, G  Art. 14 SE-VO, → 45.20). Im Kontext der SCE-Gründung regelt die SCE-VO daneben spezielle Publizitätspflichten für die Gründungsgesellschaften (Art. 32, 35 Abs. 4 SCE-VO).

III.  Das auf die SCE anwendbare Recht 46.11 Speziell vor dem Hintergrund der äußerst unterschiedlichen Genossenschaftstraditionen in Europa47 beschränkt sich auch die SCE-VO – ebenso wie EWIV-VO (→ 44.5) und SE-VO (→ 45.22) – auf die Bereitstellung eines durch nationales Recht und die Satzung ausfüllungsbedürftigen europäischen Rechtsrahmens, so dass es auch hier letztlich ebenso viele Varianten der SCE gibt, wie Staaten, in denen SCE-VO und SCE-RL gelten.48 Die Bereiche des Steuerrechts, Wettbewerbsrechts, gewerblichen Rechtsschutzes 46.12 und Insolvenzrechts sind vollständig aus dem Regelungsbereich der SCE-VO ausgeklammert (ErwG 16 [G ErwG 20 SE-VO49], → 45.23). Hinsichtlich des Konzernrechts ergibt sich dieselbe Problematik wie bei der SE (→ 45.24). 43  Vgl. etwa zur Anlehnung der §§ 24 ff. GenG an die aktienrechtlichen Regelungen bereits Parisius/Crüger, Das Reichsgesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 1895, S. 147; zur fortschreitenden Annäherung an das Aktienrecht: Schade in: Förderverein Hermann Schulze-Delitzsch (Hrsg.), Hermann Schulze-Delitzsch. Weg – Werk – Wirkung, 2008, S. 76, 84 ff.; Steding NZG 2002, 449 ff. 44 Vgl. BegrRegE z. SCEEG, BT-Drs. 16/1025, S. 54. Unzutreffend insoweit Beuthien/ Beuthien Art. 11 SCE Rn. 1. 45  Vgl. Art. 7 Abs. 2 S. 1, Abs. 12; 17 Abs. 2; 47 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 S. 3; 74 SCE-VO. 46  Vgl. Dok. 7987/01, S. 25. 47  Allg. Überblick etwa bei Galle (2006) 3 ECL 255 ff.; Münkner (Fn. 2), S. 10 ff.; Schaffland in: Theurl/Meyer (Hrsg.), Wettbewerbsfähigkeit des genossenschaftlichen Netzwerks, 2005, S. 71, 74 f.; Vieweg GS Blomeyer, 2004, S. 525, 536 f. 48 Vgl. Habersack/Verse § 14 Rn. 3; Münkner (Fn. 2), S. 15, 16 f.; E. Ott (Fn. 2), S. 344, 347 f.; Schaffland (Fn. 46), S. 71, 74, 76, 79; J. Schmidt (2006) 27 Co Law 99, 106; Schulze/Schulze Kap. 1 Rn. 32 ff. 49 Der deutsche Wortlaut von SCE-VO („geistiges Eigentum“/„Insolvenzrecht“) und SE-VO („gewerblicher Rechtsschutz“/„Konkursrecht“) weicht teilweise ab; wie ein Ver-

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Art. 8 Abs. 1 SCE-VO enthält eine – mit Art. 9 Abs. 1 SE-VO (→ 45.25 f.) korres- 46.13 pondierende50 – Generalverweisungsnorm, die auch für die SCE eine „kunstvoll aufgeschichtete Rechtsquellenpyramide“ mit folgenden 5 Stufen kreiert:51 (1) SCE-VO, (2) Satzung gem. SCE-VO, (3) nationale SCE-Vorschriften, (4) nationales Genossenschaftsrecht, (5) Satzungsregelungen gem. nationalem Recht. Art. 8 Abs. 2 SCE-VO (→ Art. 9 Abs. 3 SE-VO52 [→ 45.25]) stellt klar, dass nationale Vorschriften, die an eine bestimmte Geschäftstätigkeit anknüpfen, auch für die SCE gelten. Hinzu kommen – wie bei der SE (→ 45.27 f.) – eine Vielzahl von Spezialverweisungen sowie zahlreiche Regelungsermächtigungen und -verpflichtungen für die Mitgliedstaaten.

SCE-VO, Art. 8 I a SCE-VO Satzung gem. SCE-VO, Art. 8 I b SCE-VO nationale SCE-Vorschriften, Art. 8 I c i SCE-VO nationales Genossenschaftsrecht, Art. 8 I c ii SE-VO Satzungsregelung gem. nationalem Recht, Art. 8 I c iii SE-VO

IV.  Satzung Die Satzung53 ist von den Gründungsmitgliedern nach den für die Gründung von 46.14 Genossenschaften geltenden Rechtsvorschriften des Sitzstaats zu erstellen (Art. 5 Abs. 2 S. 1 SCE-VO).

gleich mit den (jeweils identischen) englischen und französischen Fassungen zeigt, war aber keine inhaltliche Abweichung beabsichtigt. 50  Vgl. Dok. 7987/01, S. 21; Cerioni EuLF 2004, 296, 297; El Mahi DB 2004, 967, 968; Hirte DStR 2007, 2215; Rodriguez D. 2004, 1219, 1220 ff.; Schulze/Snaith Kap. 2 Rn. 23. 51  Näher Beuthien/Beuthien Art. 8 SCE Rn. 1 ff.; Escuin Ibáñez ECFR 2011, 30 ff.; BeckGenHb/ Korte § 16 Rn. 6 ff.; Miribung ZfgG 57 (2007) 270, 272 f.; Schulze/Snaith Kap. 2 Rn. 2 ff. 52  Vgl. Dok. 7987/01, S. 22. Eine dem Art. 9 Abs. 2 SE-VO entsprechende Vorschrift fehlt, da es keine speziellen genossenschaftsrechtlichen RL gibt, vgl. auch Dok. 7987/01, S. 21. 53  Gem. Art. 5 Abs. 1 SCE-VO bezeichnet „Satzung“ zugleich die Gründungsurkunde und – soweit sie nach dem nationalen Recht des Sitzstaats Gegenstand einer gesonderten Urkunde ist – die Satzung i.e.S. Vgl. zu den insoweit unterschiedlichen nationalrechtlichen Konzeptionen → 18.31.

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§ 46 Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE)

46.15

Art. 5 Abs. 4 SCE-VO normiert einen umfangreichen Katalog von Mindestinhalten54, der sich weitgehend an die Mindestvorgaben für AG in Art. 3 f. GesRRL (G Art. 2 f. KapRL, → 19.18 ff.) anlehnt, aber auch eine Reihe genossenschaftsrechtlicher Spezifika enthält (vgl. Sps. 8–11). I.Ü. besteht für die SCE zwar Satzungsautonomie, aber nur i.R.d. SCE-VO und des nationalen Rechts des Sitzstaats (vgl. Art. 8 Abs. 1 lit. b u. lit. c Ziff. iii, → 46.13).55 In puncto Form verlangt Art. 5 Abs. 2 S. 2 SCE-VO Schriftform sowie die Unter46.16 zeichnung durch sämtliche Gründer. Kraft der Verweisung des Art. 5 Abs. 3 SCE-VO auf die nationalen Vorschriften des (künftigen) Sitzstaats für die vorbeugende Prüfung von AG kann sich jedoch u.U. das Erfordernis einer notariellen Beurkundung ergeben. Die Norm wird zwar verbreitet als Verweis auf die nationalen Vorschriften über die (Sach-)Gründungsprüfung (Art. 49 ff. GesRRL [G Art. 10 ff. KapRL, → 19.61 ff.) verstanden.56 Die Materialien zur SCE-VO belegen jedoch, dass sie sich vielmehr auf die nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 10 GesRRL (G  Art. 11 PubRL, → 18.87) betreffend die präventive Gründungskontrolle durch eine gerichtliche bzw. verwaltungsbehördliche Kontrolle und/oder eine notarielle Beurkundung bezieht.57,58 Sofern das nationale Aktienrecht in Umsetzung von Art. 10 GesRRL (G  Art. 11 Pub­RL) also eine notarielle Beurkundung von AG-Satzungen verlangt (wie etwa das deutsche Recht, vgl. § 23 Abs. 1 AktG), gilt dies auch für die SCE.

54  Dazu Beuthien/Beuthien Art. 5 SCE Rn. 6 ff. 55  Missverständlich insoweit Mock GPR 2004, 213, 215. 56  So auch das Verständnis des deutschen Gesetzgebers, vgl. BegrRegE z. SCEEG, BT-Drs. 16/1025, S. 53 f.; vgl. ferner Beuthien/Beuthien Art. 5 SCE Rn. 5; El Mahi DB 2004, 967, 969; BeckGenHb/Korte § 16 Rn. 119 f. 57  Vgl. auch Schulze/Ebers Kap. 3 Rn. 20. 58  Art. 6 Abs. 2 S. 1 des schwedischen Kompromissentwurfs (Dok. 7987/01, S. 15) lautete: „In Mitgliedstaaten, deren Recht keine vorbeugende, administrative oder gerichtliche Prüfung bei der Gründung vorsieht, muss die Satzung öffentlich beurkundet werden.“ I.R.d. Beratungen wurde die Formulierung „Das für die vorbeugende Prüfung von Aktiengesellschaften maßgebende Recht findet entsprechend Anwendung auf die Kontrolle der Gründung einer SCE“ dann zunächst als S. 3 ergänzt (vgl. Dok. 5922/02, S. 11), offenbar um klarzustellen, dass sich die vorbeugende Gründungskontrolle generell nach Aktien- und nicht nach Genossenschaftsrecht richtet. Der ursprüngliche S. 1 fiel dann weg (vgl. Dok. 7863/02, S. 13), da sich das Erfordernis einer notariellen Beurkundung für den Fall, dass keine vorbeugende administrative oder gerichtliche Prüfung stattfindet, bereits aus den Vorgaben des Art. 11 GesRRL (G Art. 11 PubRL) für das nationale Aktienrecht ergibt. Sofern das nationale Recht (wie das deutsche) die administrative/gerichtliche Kontrolle und das Beurkundungserfordernis – wie nach Art. 10 GesRRL (G Art. 11 PubRL, → 18.87 f.) – kombiniert, gilt dies damit auch für die SCE, denn die SCE-VO verlangt in Art. 5 Abs. 3 SCE-VO eine generelle Anwendung des nationalen Aktienrechts und ermächtigt gerade nicht zu Sonderregelungen für SCE.

§ 46 Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE)

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V.  Gründung einer SCE 1.  Numerus clausus der Gründungsvarianten Ebenso wie für die SE (→ 45.29) gilt auch für die SCE gem. Art. 2 Abs. 1 SCE-VO ein 46.17 numerus clausus zulässiger Gründungsvarianten, die allesamt ein „grenzüberschreitendes Element“ (Mehrstaatlichkeitserfordernis) voraussetzen.59 Anders als bei der SE ist bei der SCE aber eine Gründung ex nihilo möglich und auch natürliche Personen können sich unmittelbar an der Gründung beteiligen. Im Hinblick auf Gesellschaften ist der Gründerkreis ebenso wie bei der SE grundsätzlich auf EU/EWR-Gesellschaften beschränkt; Art. 2 Abs. 2 SCE-VO etabliert allerdings eine dem Art. 2 Abs. 5 SE-VO (→ 45.31) entsprechende60 Mitgliedstaatenoption (von der Deutschland allerdings ebenso wie bei der SE keinen Gebrauch gemacht hat). Zu differenzieren ist zwischen drei Gründungsarten:61 (1) Neugründung (→ 46.18 ff.), (2) Gründung durch Verschmelzung (→ 46.21 ff.), und (3) Gründung durch Umwandlung (→ 46.29 ff). 2.  Die einzelnen Gründungsvarianten im Überblick a)  Neugründung (Art. 2 Abs. 1 Sps. 1–3 SCE-VO) Die Neugründung (ex nihilo) ist auf drei verschiedene Arten zulässig: (1) durch 46.18 mind. 5 natürliche Personen mit Wohnsitz in mind. 2 verschiedenen Mitgliedstaaten (sog. Unternehmer-SCE62), (2) mind. 2 Gesellschaften bzw. juristische Personen i.S.d. Art. 54 Abs. 2 AEUV, die dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen (sog. Unternehmens-SCE63), und (3) insgesamt mind. 5 der unter (1) und (2) bezeichneten Personen bzw. Gesellschaften mit entsprechend verwirklichtem Mehrstaatlichkeitserfordernis (sog. Kooperations-SCE64). Für die Neugründung verlangt die SCE-VO selbst lediglich die Errichtung der 46.19 Satzung bzw. ggf. behördliche/gerichtliche Kontrolle gem. Art. 5 Abs. 2, 4 SCE-VO (→ 46.5 f.). I.Ü. richtet sich das Verfahren nach dem nationalen Genossenschaftsgründungsrecht des (künftigen) Sitzstaats der SCE (Art. 17 Abs. 1 SCE/VO). Sofern Sacheinlagen geleistet werden, verlangt Art. 4 Abs. 6 SCE-VO (→ 46.37) allerdings eine Wertprüfung durch Sachverständige entsprechend den nationalen aktienrechtlichen Vorschriften des (künftigen) Sitzstaats der SCE, d.h. den Umsetzungsvorschriften zu Art. 49 ff. GesRRL (G Art. 10 ff. KapRL, → 19.61 ff.).

59  Vgl. auch Schulze/Ebers Kap. 3 Rn. 1, 7; Habersack/Verse § 14 Rn. 8. 60  Vgl. Dok. 7987/01, S. 11. 61  Vgl. Schulze/Ebers Kap. 3 Rn. 1; El Mahi DB 2004, 967, 968; Münkner (Fn. 2), S. 17; J. Schmidt (2006) 27 Co Law 99, 106. 62 Vgl. El Mahi DB 2004, 967, 968; J. Schmidt (2006) 27 Co Law 99, 106. 63 Vgl. El Mahi DB 2004, 967, 968; J. Schmidt (2006) 27 Co Law 99, 106. 64 Vgl. El Mahi DB 2004, 967, 968; J. Schmidt (2006) 27 Co Law 99, 106.

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46.20

§ 46 Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE)

Problematisch ist insofern § 2 SCEAG, der nicht nur pauschal die gesamten §§ 32–35 AktG für anwendbar erklärt, sondern zudem zwingend den genossenschaftlichen Prüfungsverband zum Gründungsprüfer bestimmt.65 Letzteres dürfte allerdings i.E. als zweckmäßige und sinnvolle Konkretisierung des § 33 Abs. 4 AktG (noch) verordnungskonform sein. Soweit § 2 S. 1 SCEAG durch die pauschale Verweisung auf §§ 32–35 AktG aber generell auch eine interne aktienrechtliche Gründungsprüfung sowie eine externe aktienrechtliche Gründungsprüfung auch in den übrigen Fällen des § 33 Abs. 2 AktG verlangt, steht dies im Widerspruch zur SCE-VO, die in Art. 4 Abs. 6 SCE-VO gerade nur hinsichtlich der sachverständigen Wertprüfung von Sacheinlagen auf das nationale Aktienrecht verweist und i.Ü. durch Art. 17 Abs. 1 SCE-VO das nationale Gründungsrecht für Genossenschaften zur Anwendung beruft. § 2 S. 1 SCEAG ist somit insoweit kraft Anwendungsvorrangs des Unionsrechts (→  3.1 f.) unanwendbar. Bei Gründung einer „deutschen“ SCE bedarf es vielmehr (nur) einer genossenschaftlichen Gründungsprüfung durch den Prüfungsverband (Art. 17 SCEVO Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG); sofern Sacheinlagen geleistet werden, muss dieser (sofern hiervon nicht gem. § 33a AktG abgesehen wird) zudem eine externe Gründungsprüfung nach aktienrechtlichen Maßstäben durchführen (Art. 4 Abs. 6 SCE-VO i.V.m. §§ 33 Abs. 4 u. 5, 34, 35 AktG, § 2 S. 2 SCEAG) – was in der Praxis kombiniert werden kann (und sinnvollerweise auch sollte). b)  Gründung durch Verschmelzung (Art. 2 Abs. 1 Sps. 4, 19 ff. SCE-VO)

46.21 Zweitens kann eine SCE durch Verschmelzung – entweder durch Aufnahme oder Neugründung, vgl. Art. 19 SCE-VO (G Art. 17 SE-VO66, → 45.35) – von mind. zwei nationalen Genossenschaften, die dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen, gegründet werden. 46.22 Die Regelungen zum Verschmelzungsverfahren in Art. 19–34 SCE-VO sind eng an das Vorbild in Art. 17 ff. SE-VO (→ 45.36 ff.) angelehnt67 und bauen damit ebenfalls auf dem durch die FusRL etablierten „europäischen Modell für Strukturmaßnahmen“ (→ 20.3, 20.29, 21.2, 21.15, 22.3, 22.32, 45.36, 45.50, 45.63, 45.171, 45.180) auf. Neben terminologischen Anpassungen wurden in einigen Punkten allerdings genossenschaftsspezifische Sonderregelungen ergänzt; die Sonderregelung des Art. 31 SE-VO für Konzernverschmelzungen wurde nicht übernommen. Zudem bedurfte es auch vor dem Hintergrund, dass die Art. 17 ff. SE-VO auf Titel II Kapitel I GesRRL (G FusRL, → 20) – die nur für AG, nicht aber für Genossenschaften gilt (→ 20.11) – aufbauen, einer Reihe von Modifikationen. Dies beginnt schon bei den maßgeblichen partiellen Generalverweisungen: Für die Verfahrensschritte, die bereits die Sphäre der

65  Zudem beruht die Norm auf einer Missinterpretation des Art. 5 Abs. 3 SCE-VO, → 46.16. Vgl. zur Problematik auch Schulze/Wiese ZfgG 56 (2006) 108, 114 f. 66  Vgl. Dok. 7987/01, S. 31. 67  Vgl. Dok. 7987/01, S. 31 ff.; Habersack/Verse § 14 Rn. 9; J. Schmidt (2006) 27 Co Law 99, 106; MünchHdbGesR VI/Teichmann § 51 Rn. 13.

§ 46 Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE)

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künftigen SCE betreffen, verweist Art. 17 Abs. 1 SCE-VO (G Art. 15 Abs. 1 SE-VO68, → 45.36) auf das nationale Genossenschaftsrecht des künftigen Sitzstaats der SCE; für diejenigen Verfahrensschritte, die noch der Sphäre der einzelnen Gründungsgenossenschaften zuzuordnen sind, erklärt Art. 20 SCE-VO (G Art. 18 SE-VO69, → 45.36) hingegen primär das jeweilige nationale Genossenschafts(verschmelzungs-)recht und nur subsidiär das (Titel II Kapitel I GesRRL [G FusRL] umsetzende) für AG geltende nationale Verschmelzungsrecht für anwendbar. Grundlage des Verfahrens ist auch hier ein Verschmelzungsplan: Art. 22 SCE- 46.23 VO ist weitgehend deckungsgleich mit Art. 20 SE-VO70 (→ 45.37), verlangt aber mit Abs. 1 S. 2 lit. b S. 271, lit. f72 u. h73 weitere Mindestangaben. Zudem erklärt Abs. 3 ergänzend das nationale AG-Verschmelzungsrecht für anwendbar. Nach dessen Bestimmungen ist der Verschmelzungsplan auch gem. Art. 24 Abs. 1 SCE-VO offenzulegen; zusätzlich sind dabei gem. Art. 24 Abs. 2 SCE-VO (G Art. 21 SE-VO74, → 45.38) weitere Angaben bekannt zu machen; für deutsche Gründungsgenossenschaften gelten insoweit die §§ 61 UmwG, 5 SCEAG. Weiterhin bedarf es auch hier eines Verschmelzungsberichts; Art. 23 SCE-VO 46.24 entspricht insoweit Art. 95 GesRRL (G  Art. 9 Abs. 1 FusRL, →  20.47 ff.) (dessen nationale Umsetzungsvorschriften bei der SE qua Art. 18 SE-VO gelten, →  45.39). Die gem. Art. 26 SCE-VO erforderliche Verschmelzungsprüfung kann gemeinsam oder für jede Genossenschaft separat durchgeführt werden (Abs. 2); die Bestellung und Qualifikation (Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 6 SCE-VO) sowie die Rechte und Pflichten der Sachverständigen (Abs. 3) richten sich nach dem (durch Art. 49 Abs. 1 GesRRL [G  Art. 10 Abs. 1 KapRL, →  19.62] bzw. Art. 96 GesRRL (G  Art. 10 FusRL, →  20.60 ff.] harmonisierten) nationalen AG-Recht des Mitgliedstaats, dem die jeweilige sich verschmelzende Genossenschaft unterliegt. Für deutsche Gründungsgenossenschaften gelten also §§ 9–12, 60, 73 UmwG. § 6 SCEAG bestimmt allerdings abweichend von § 11 Abs. 1 UmwG den genossenschaftlichen Prüfungsverband zum Verschmelzungsprüfer75, was – ähnlich wie bei § 2 S. 2 SCEAG (→ 46.20) – nicht unproblematisch erscheint76.

68  Vgl. Dok. 7987/01, S. 31. 69  Vgl. Dok. 7987/01, S. 32. 70  Vgl. Dok. 7987/01, S. 33. 71 Hintergrund von lit. b S. 2 ist, dass nicht alle nationalen Genossenschaftsrechte „Geschäftsanteile“ i.S.v. Anteilen, die mitgliedschaftliche Rechte verkörpern, kennen; vgl. auch Schulze/Ebers Kap. 3 Rn. 46. 72  Lit. f erklärt sich aus den Besonderheiten des Art. 64 SCE-VO (→ 46.42), vgl. Beuthien/ Beuthien Art. 22 SCE Rn. 2. 73 Lit. h ist wohl vor d