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German Pages 931 [936] Year 1967
Friedrich Kluge / Etymologisches Wörterbuch
F R I E D R I C H KLUGE
ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN SPRACHE 20. Auflage bearbeitet von
WALTHER MITZKA
B E R L I N 1967
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO · B E R L I N 30 v o r m a l · G. J . G ö s c h e n ' s c h e V e r l a g s h a D d t u n g — J . G u t t e n t a g V e r l a g s b u c h h a n d l u n g — G e o r g R e i m e r Karl J . Trübner — Veit & Comp.
Erste Auflage und zweite Auflage 1883; dritte unveränderte Auflage 1884; vierte verbesserte Auflage 1889; f ü n f t e verbesserte Auflage 1894; sechste verbesserte und vermehrte Auflage 1899, davon zweiter Abdruck 1905; siebente verbesserte und vermehrte Auflage 1910 (seitdem mit Alfred Götze); achte verbesserte und vermehrte Auflage 1915; neunte durchgesehene Auflage 1921 ; zehnte vermehrte und verbesserte Auflage 1924; elfte Auflage, mit Unterstützung von Wolfgang Krause bearbeitet von Alfred Götze 1934, unverändert bis 14. Auflage 1948; Friedrich Kluge/Alfred Götze, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, fünfzehnte Auflage 1951 (unter Mithilfe von Hans Krähe besorgt von Alfred Schirmer); sechzehnte Auflage 1953, unveränderter Abdruck; siebzehnte Auflage unter Mithilfe von Alfred Schirmer bearbeitet von Walther Mitzka 1957; achtzehnte Auflage bearbeitet von Waither Mitzka 1960; neunzehnte Auflage bearbeitet von Walther Mitzka 1963.
© Copyright 1967 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung - Georg Reimer - Karl J . Trübner - Veit & Comp. Archiv-Nr. 450867/1 — Printed in Germany — Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Übersetzung, der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, auch auszugsweise, vorbehalten. — Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30
Vorwort zur 17. Auflage Nach dem Abschluß des vorliegenden Buches ist es mir eine angenehme Pflicht, meinen Dank allen denjenigen zu sagen, welche sein Entstehen ermöglicht oder es beim Werden mit fördernder Teilnahme begleitet haben. Diesen Satz stellte Friedrich Kluge an den Anfang der ersten Auflage 1883 und stellen wir selber mit dem Blick auf jenen ersten kühnen Wurf eines etymologischen knappen Handbuchs und die ausbauende Leistung des besten Kenners des frühneuhochdeutschen Wortschatzes Alfred Götze. Der Strom der Etymologieforschung wirbelt noch immer heftig dahin. Es gilt hier das Schiff zu alten Zielen und neuen Ufern der Wortgeschichte in manchmal wildtobenden Gewässern einigermaßen handbuchsicher zu steuern. Der Kurs war von Kluge in der fünften Auflage 1894 über die Urverwandtschaft zu jener eingeschlagen. Die Forschung ging vom gedruckten Buchstaben weiter ins Freilicht der Volkssprache. Die 17. Auflage gibt einige Stichwörter auf, wie fremde Wörter für fremdgebliebene Sachen, z. B. : Feluke, Kumyß, Pilaw, Samum, oder solche Mundartwörter engster Geltung wie Sente, auch für solche aus der Synomymik von Tier- und Pflanzennamen (Kalitte, Aberraute), wo die heutige Wortgeographie Tausende anderer nennen müßte. Wir begnügen uns mit wenigen großräumigen. Aufgenommen sind a b e r : Anemone, Apparat, Atom, Barras, Bereich, Brennessel, Fuge1, Glühwürmchen, Kopfschmerz, Miniatur, Model, Modell, Moll, Mumm, Ohrwurm, Patin, Pflugwende, Poker, Rauhreif, röntgen, Salpeter, Streichholz, Stricknadel, Strophe, Torso, überseeisch, Unfug, veredeln, Virus, wiederkäuen, Zahnschmerz u. a. Mit besonderer
Neigung sind im urgeschichtlichen Bereich das Hethitische und das Tochaiische, jene großartigen Entdeckungen unserer jungen Jahre, herangezogen für kulturgeschichtlich so wichtige Stichwörter wie u. a. drei, du, dunkel, Ehre, ewig, kurz, säen, Schmerz, schwören, sehr, Speer, Speiche, sprechen, tapfer, tausend,
Futter, Virus,
Wesen, zehn. Gern ist neuer Lehre Raum gegeben, z. B. für Kipfel, kirre, lind, Tochter; statt Koneonantendopplung vor η nehmen wir oft lieber Intensivierung an: u. a. Dreck, locken, schnell, spannen. Neugefaßt sind u. a. ähnlich, ausmerzen, ganz, Glufe, Gör, Hebamme, Heuschrecke, impfen, Kater, Lurche. Ergänzt oder berichtigt
ist manches Stichwort, so aus eigener Kenntnis der Sache draußen Aalraupe, Alant, Blei2, Einbaum, Tuckerkahn. Unter leidigem Raumzwang stehen die Zusätze aus Sprachatlas und Wortatlas. Das Hochziel bleibt die Bedeutungsgeschichte, sie wird aus mancher neuen Erkenntnis an Etymologie gefördert. Aber dabei bleibt in diesem Handbuch die Zucht der Kernbedeutung im eigentlichen und im übertragenen Sinne. Nicht darf man ihm die sowieso nie zu erschöpfenden Nebenbedeutungen abfordern. Für die freundlichen Helfer und Kritiker habe ich den Satz des Anfanges wiederholt. Alfred Schirmer hat wiederum in der Zeit seit der letzten Auflage den Ertrag des Briefwechsels, der Rezensionen und der Fortsetzungswerke mit bewährtem Feingefühl verbucht. H.-F. Weimann hat aus seinen Paracelsusstudien manches erste Vorkommen (ζ. B. Chemie, Nerv, Wismut) weiter heraufgerückt. Die Stoffvermehrung von mehreren Bogen ist vor allem durch den Übergang zur Antiqua im bisherigen Umfang des Buches aufgefangen worden. Marburg 1957
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Vorwort zur 18. Auflage Wieder sind neues und nachträglich angetroffenes Schrifttum, Kritiken, Besserungsvorschläge dankbar genutzt. An Wortartikeln sind neu : Bammel, einseifen, Gezäh, Göpel, Grätsche, Judo, Kilo, Knüller, Masche2, Meter, Quiz, Satellit, Schnulze, Test; ganz umgearbeitet Barras, Belt, bis, Bottich, Dampfmaschine, Enkel1, Ester, Gau, Gevatter, Kaviar, Lack, Liese, mausetot, Muckefuck, Osram, Pate, Pistole, Rüpel, Sohnsfrau, Strolch, Stulle, Stiefmütterchen, Zink; in Etymologie und sonstiger Wortgeschichte wesentlich auch Aprikose, Arsenal, bizarr, Braut, Bulldogge, Dsiu-Dschitsu, Eidam, Fex, fies, Flieder, Fron, Fuchs2, Geist, Geräusch2, Gnom, Grille, hauchen, Humpen, Iltis, Kastenmännchen, Kees, Kittchen, Konditor, Kork, Kussel, Lachs, Mais, mies, Napf, Panne, Pantoffel, Park, Pimpernelle, Pinke, Polier, Porst, Pose, Quitze, Sau, Sauregurkenzeit, Schnur2, Schwager, Schwäher, Schwieger, -voter, -mutter, -söhn, -tochter, Tochtermann, Tomate, Topinambur, Torf, Uhu, Urkunde, Visier, Ziegenmelker; wichtige Zusätze erfahren abmarachen, Akrakadabra, Almrausch, Apfel, Arbeit, Armada, (s. A r m e e ) , Barbier, Biscuit, Deichsel, Gymnastik, halt, Harn, Heirat, Herr, Kux, Lappen, Laube, muten, naß, Nudel, Ort, reichhaltig, rennen, Plane, Platz1, Platz2, Schi, Slalom, schmieren, schnuppe, Schnack, Schurz, Steuer f . , Strahl, Strand, trollen, Urteil, Wismut, Ziege, Zinken u. a. m. Zur vorigen Auflage ist von manchen das Sachverzeichnis vermißt worden. Es mag hier mit vermehrtem Wortbestand wiedererscheinen. Aber es bringt doch in seiner Aufzählung der Leitwörter (Lemmata) nur einen Teil des im Text verarbeiteten Wortschatzes. Marburg 1959
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Vorwort zur 19. Auflage Dieser neuen Bearbeitung kommen vor allem die kritischen und reichhaltigen Anzeigen von M. Mayrhofer, Indogermanische Randglossen (Die Sprache, Wien 1961), J . Charier in den Etudes Germaniques X V I I , Κ. Müller, Zs. f. Slawistik V I (eingehendere Unterscheidung der älteren Stufen), zugute. F ü r spanische Nachweise sorgte Herr Rudolf Klaiber-Freiburg i. B., f ü r orthographische Besserungen zur letzten niederländischen Reform stud. phil. W. G. de Bruijw, Amsterdam. Dankbar sind auch die Vorschläge von Theo Schumacher, Tübingen u n d R. Freudenberg, Marburg, übernommen worden. — Neue Wortgeschichten sind: Biest (Tier), Dorf, Fan, Maiglöckchen, Pampelmuse, Schneeglöckchen, Star2, Star3; wesentliche Änderungen oder Zusätze haben u. a. Adel, Affe, Ammonshorn (Salmiak), ausmerzen, bange, Barre, Bett, Binse, Buchweizen, dann, Dechsel, deutsch, dichten, Ding, Droschke, dürfen, Ehre, Eidechse, Eldorado, Endivie, feist, Felge, Fersengeld, fett, Fohlen, frei, freien, Freund, Friedhof, Füllen, gaffen, gebaren, Gift, gotisch, Gurke, halt, Hart (Harz), Hast, herb, Hermelin, Herr, Husar, ja, Jazz, Julklapp, Kakadu, Katze, keck, Kiefer (Baum), Knabe, Konzert, Kren, Kuddelmuddel, Kummet, Kumpf, Lachs, Mai, missingsch, Mette, mögen, Osram, Ostern, Pappenstiel Pfennig, Preis, Preiselbeere, Pumpe, Quark, Rocken, Rübezahl, Sämischleder, Schar, scharf, Schnulze, Seife, Senf, Smaragd, Stanniol, Star1, Sünde, Tabu, Tennis, Topf, Trambahn, Urteil, verkorksen, Veronal, weil, wider, Wonne, Wonnemonat, Zobel. —
Das erste Vorkommen mancher naturwissenschaftlicher, medizinischer Wörter konnte Κ. H. Weimann in seinen Paracelsusstudien weiter heraufdatieren. Allen freundlichen Briefschreibern gilt wieder der erste Satz zum Vorwort der 17. Auflage. Marburg 1963
Walther Mitzka
Vorwort zur 20. Auflage Nicht wieder übernommen sind Namen, und zwar für Waren wie Curaçao, Mondamin, fremde wie Enakskind Leviathan, Levit, Mignon, Pharao Pharisäer, Philippika, Serail, Sultan; fremde Wörter wie Alpaka, Buseron, Dolman, Geisha, Kalif, Kaipak, Kanteke, Opanke, Orlog, Parteke, Pegasus, Prau, Sarraß, Sbirre, Sreu, Tamarinde, Tantalusqualen, Tarbusch; Rotwelsch wie acheln, Doches, Gof, Mackes. Weiterhin entlegene Mundartwörter, gar von landschaftlicher Enge. Nach unserer heutigen Kenntnis hätten Tausende von größerer Verbreitung einen größeren Anspruch genannt zu werden. Es verbleiben manche, die bei den Klassikern vorkommen. Da aber hätte eigentlich u. a. G. H a u p t m a n n mitzusprechen. Wir verweisen auf die Mundartwörterbücher. Dafür ist Raum gewonnen f ü r gebräuchlich gebliebene oder gewordene Fremdwörter, besonders zum heute weniger gekannten Griechisch. Dabei muß unser Anliegen in erster Linie die Etymologie sein. Sie führt oft genug zur Urverwandtschaft mit deutschen Erbwörtern wie fair:fegen, Medizin-.messen, Therapie '.tarnen. Neu sind u . a . : abstrakt, Agitation, Allegorie, ambulant, amortisieren, Anthropologie, Apathie, Architekt, Asyl, Athlet, Autarkie, Autonomie, Bar, Bariton, Bazillus, Biese, Bungalow, Cocktail, Diagnose, Elite, Emblem, Embolie, Enklave, ergattern, Esperanto, Ethik, Ethnographie, Exil, Fanal, Fraktion, Gangster, Gammler, Hobby, hydraulisch, Hygiene, Illusion, infam, informieren, Intendant, Intuition, Job, Kader, Katastrophe, Keks, kompetent, konfiszieren, Konkordat, konkav, konkret, Konstitution, Kosmetik, Kriminalist, Krise, Kritik, lax, Lobby, Logarithmus, Makulatur, Manager, Manifest, Materie, Mechanik, Methode, Moped, Moratorium, Morphologie, Motel, Ökonom, ökumenisch, Optik, Paralyse, paraphieren, Pathos, peinlich, Pension, Peripherie, Phänomen, Phlegma, Physiognomie, Plagiat, Pogrom, Poliklinik, Polygamie, prägnant, präzis, Protokoll, Puttover, Quote, Rate, Rekord, Relief, Renegat, Resignation, Restaurant, Sabotage, Saison, sanguinisch, Satire, Satyr, Sensation, Trend, Ventil, Veterinär, Zyklus. Marburg 1967
Walther Mitzka
Abkürzungen alta-. = Ggs. = Abstraktum Abstr. gleichbed. = Adjektiv got. Adj. = Adverb Adv. gr· aglfrz. = anglofranzösisch Grdf. = angelsächsich hd. ags. altirisch hebr. air. = hethit. Akk. Akkusativ = albanisch holl. alb. - alemannisch idg. alem. anfränk. altniederfränkisch fflyr. Imp. anglononn = anglonormannisch ind. indekl. Aor. Aorist — arabisch Inf. arab. Instr. aramäisch aram. = Interj. armen. armenisch altsächsisch intr. as. = ion. as! aw. = altslavisch Attribut(iv) ir. Attr. awes tisch isl. awest. (altiran.) ital. — bair. bairisch jüd. baltisch Kaus. bait. (lit.,lett.,apreuß.) kelt. — klass. bask. baskisch - - - Bedeutung Bed. Kollekt. = bretonisch Kompar. bret. chald. = chaldäisch Konj. dän. = dänisch Konjunkt. = Kons. Dativ Dat. - deutsch korn. dt. dialektisch krimgot. dial. dor. dorisch kslaw. = = kymr. els. elsässisch = engl. englisch langob. = europ. europäisch lapp. — feminin lat. /· far. lett. = färöisch - finnisch lit. finn. = flekt. lomb. flektiert frank. fränkisch m= m. Frequent. = Frequentativ = friesisch Ma. fries. frz. französisch magy. - gälisch mal. gäl. = gallisch messap. gallgallorom. - galloromanisch = Mz. Gen. Genitiv germ. germanisch n=
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Gegensatz gleichbedeutend gotisch griechisch Grundform hochdeutsch hebräisch hethitisch holländisch indogermanisch illyrisch Imperativ indisch indeklinabel Infinitiv Instrumentalis Interjektion intransitiv ionisch irisch isländisch italienisch jüdisch Kausativ keltisch klassisch Kollektivum Komparativ Konjugation Konjunktion Konsonant kornisch krimgotisch kirchenslawisch kymrisch langobardisch lappisch lateinisch lettisch litauisch lombardisch mittelmaskulin Mundart magyarisch malaiisch messapisch (illyr.) Mehrzahl neu-, nieder-
n. nd. nfrz. ngr. nhd. nl. nnd. nnl. nnord. Nom. nord. norw. 0obd. obi. osk. osset. ostasiat. ostgerm. Part. Perf. pers. piem. Plur. Plur. tant. poln. pomoran.
Neutrum niederdeutsch = neufranzösisch = neugriechisch = neuhochdeutsch = niederländisch - neuniederdeutsch = neuniederländisch neunordisch Nominativ nordisch = norwegisch ost- oberdeutsch = obliquus oskisch ossetisch ostasiatisch - ostgermanisch = Partizip Perfekt = = persisch = piemontesisch Plural = Pluraletantum = = polnisch = pomoranisch (kaschubisch) = portugiesisch portug. = Pos. Positiv = Präd. Prädikat(iv) : Präfix Präf. = Präposition Präp. Präs. Präsens = Prät. Präteritum Präterito-Präsens Prät.-Präs. Pron. Pronomen prov. provenzalisch - rätisch rät. - rätoromanisch rätorom. = Redupi. Reduplikation refi. reflexiv = = römisch röm. = roman. romanisch = rotw. rotwelsch russisch russ. = russ.-kslaw . = russischkirchenslawisch schottisch schott. schwach flektierend schw. -
schwäb. = schwed. sem. = serb. = serb.-kslaw. = Sg. skyth. slaw. slow. sorb.
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span. st. St. Subst. Suff. Superi. thrak.
= = = = = = =
schwäbisch schwedisch semitisch serbokroatisch serbischkirchenslawisch Singular skythisch slawisch slowenisch sorbisch (wendisch) spanisch stark flektierend Stamm Substantiv Suffix Superlativ thrakisch
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IX
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toch.
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tocharisch
trans. tschech. ugr. umbr. ukrain. urgerm. uridg. urslaw. urverw. va. ved. venet. venez. Verbaladj. Verbalwz. Vergr. Verkl.
= = = = = = = = = = = — = = = = =
transitiv tschechisch ugrisch umbrisch ukrainisch urgermanisch urindogermanisch urslawisch urverwandt veraltet vedisch venetisch venezianisch Verbaladjektiv Verbalwurzel Vergrößerung Verkleinerung
Weitere Abkürzungen im Text
Vok. = Vokativ vorahd. = voralthochdeutsch vorgerm. - vorgermanisch vulg. = vulgär w= westwal. wend. westgerm. westidg. = westsächs. Wb. Wz. Zs. Ztw. *
< >
= walisisch s. sorb, = westgermanisch westindogermanisch = westsächsisch (Teil des Ags.) = Wörterbuch Wurzel = Zeitschrift = Zeitwort = erschlossene Form = — entstanden aus - geworden zu
Lautzeichen " über Vokal = Länge. " über Vokal = Kürze. über Vokal = Betonung. » (h ψ< î». r) haben silbischen Wert von ί, m, η, τ. „ unter ι und u = Halbvokal. unter Vokal = offene Aussprache, in slav. und bait. Wörtern = Nasalierung. t ' und " über Konsonanten bezeichnen die Stellung am Vordergaumen (Falatalisierung). t = kurzes, geschlossenes e. ê = kurzes, offenes e 9 = schwach gesprochenes e (wie in Lage). œ = ä, œ langes ä (mhd. nur als x, also ohne ~ üblich). œ und nord. 0 = langes δ b = stimmhafter Lippen-Reibelaut (bilabial oder labiodental) Í = tsch. 0 = stimmhafter Zahnreibelaut (wie in engl. thai). f> = stimmloser Zahnreibelaut (wie in engl, thing). ρ = stimmhafter Reibelaut des Hintergaumens (wie in Umgangssprache Wagen), h — bedeutet gotisches gleichzeitig gesprochenes hw. 1 = Mittelzungen I (velar) y = mhd. Zeichen für das nhd. β ( = stimmloses s). S bedeutet stimmloses, ί stimmhaftes sch. χ bedeutet den Ich-Laut, x den Ach-Laut. g bedeutet den Nasal des Hintergaumens (wie gesprochenes η in lang). Got. ai wird als kurzes ä, got. αύ als kurzes 0, got. ei als i, got. gg = qg, gk = qk gesprochen. Dazu kommen besondere Zeichen fremder Sprachen wie hethit., aind., gr., lett., lit. (ζ. Β. ' = Stoßton, * = Schleifton, ( = betonte Kürze).
Hilfsmittel Adelung, Johann Christoph: Versuch eines vollständigen grammatisch-kritischen Wörterbuchs der Hochdeutschen Mundart. 1—5. Leipzig 1774—86. : Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. 1—4. Leipzig 1793 bis 1801. Ahd. Wb. (s. F r i n g s / K a r g - G a s t e r s t ä d t ) . Alberus, Erasmus: Novum dictionarii genus. Frankfurt a. M. 1640. A m a r a n t h e s (d.i. Gottlieb Siegmund Corvinus): Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig 1715. A n g e r s t e i n , Johann Karl: Kurze Anweisung, die gemeinsten Schreib- und Sprachfehler im Deutschen zu vermeiden. 1. 2. Stendal 1791—93. Apinus, Sigmund Jacob: Glossarium novum ad aevi hujus statum adornaium. Nürnberg 1728. A v é - L a l l e m a n t , Friedrich Christian Benedict: Das deutsche Gaunerthum. 1—4. Leipzig 1856 bis 1862. B a h d e r , Karl von: Zur Wortwahl in der frühneuhochdeutschen Schriftsprache. Heidelberg 1925. B a r t h o l o m a e , Christian: Altiranisches Wörterbuch. Straßburg 1904. Bauer, Karl: Waldeckisches Wörterbuch hg. vorfHerrmann Collitz. Norden und Leipzig 1902. B e h a g h e l , Otto: Geschichte der deutschen Sprache 19285. : Deutsche Syntax. 1—4. Heidelberg 1923—32. B e i t r . = Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Halle 1874ff. B e l e m n o n : Curiöses Bauern-Lexicon, Worinnen die meisten in unserer Teutschen Sprache vorkommende fremde Wörter erkläret. Freystatt 1728. Benecke, Georg Friedrich: Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Ausgearbeitet von Wilhelm Müller und Friedrich Z a r n c k e . Bd. 1. 2,1. 2. 3. Leipzig 1854—61. B e r n e k e r , Erich: Slawisches etymologisches Wörterbuch. Heidelberg 1908ff. B e r t h o l d , Luise: Hessen-nassauisches Volkswörterbuch. Marburg 1927ff. B e y s c h l a g , Daniel Eberhard: Sammlung ausländischer Wörter. Augsburg 1774. B i e l f e l d t , Hans Holm, Die Entlehnungen aus den verschiedenen slavischen Sprachen im Wortschatz der nhd. Schriftsprache, in: Sitzungsberichte d. dt. Akad. d. Wiss. Berlin 1965, Klasse f. Sprachen Nr. 1. Bloch, Oscar, und W. v. W a r t b u r g : Dictionnaire étymologique de la langue française. 1. 2. Paris 3. Aufl. 1960. Boisacq, Emile: Dictionnaire étymologique de la langue grecque. Heidelberg 1916; 4. Auflage 1950. B r a u n , Heinrich: Deutsches orthographisch-grammatisches Wörterbuch. München 1793. Brem. Wb. = Versuch eines bremisch-niedersächsischen Wörterbuchs. Herausgegeben von der bremischen deutschen Gesellschaft. 1—6. Bremen 1767—1771 und 1869. B r ü c k m a n n , Franz Ernst: Catalogus exhibens adpellationes omnium potus generum. Helmstädt 1722. B u c h r u c k e r , Bruno: Wörterbuch der Elberfelder Mundart. Elberfeld 1910. B ü c h m a n n , Georg: Geflügelte Worte. 25. Auflage. Berlin 1912. Campe, Joachim Heinrich: Proben einiger Versuche von deutscher Sprachbereicherung. Braunschweig 1791. : Zweiter Versuch deutscher Sprachbereicherung oder neue, stark vermehrte Auflage des ersten. Braunschweig 1792. : Dritter Versuch über die Reinigung und Bereicherung der deutschen Sprache (Preisschrift). Braunschweig 1794. Nachtrag dazu das. 1795. : Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke. Braunschweig 1801. : Dasselbe. Neue Ausgabe. Braunschweig 1813. : Wörterbuch der Deutschen Sprache. 1—5. Braunschweig 1807—1811. Crecelius. Wilhelm: Oberhessisches Wörterbuch. 1—2. Darmstadt 1897—99.
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XIII
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A -a, -ach in Bach- und Flußnamen, nach denen wieder Orte heißen können, gehen auf altdt. aha •fließendes Wasser' zurück, vgl. Aue. h hat den im Mhd. gültigen Lautwert noch heute am Südrand des Obd., aber jene Namen sind in der Weise fest geworden, daß h vom Md. an nach Norden geschwunden ist: Fulda, Werra gegen Eisenach, Urach,Salzach, ötztaler Ache u.a.m.; auch selbständig: württembg. bayer. Ache; doch hat die Schweiz den Flußnamen Aa (so auch Westfalen); vgl. anord. ä 'Fluß'. Andrer Herkunft sind rheinische Namen wie Andernach, da liegt ein aus kelt. -äco 'zugehörig zu' romanisiertes Suffix voraus. Aal m. Ahd. asächs. äl, ags. sei, engl, eel, nnl. aal, anord. all führen auf germ. *êla-, Außergerm. Verwandte fehlen. Wegen der Gestalt des Aales kann Ahle (s. d.) wurzelverwandt sein. Aalquappe f., der Fisch Lola vulgaris, gewöhnlich nhd. Q u a p p e (s.d.) genannt. Der Name A a l r a u p e ist seit Calvisius 1610, im 16. Jh. a(a)lrup(p), mhd. ruppe und ratte bezeugt, die über ahd. *rupta zurückführen auf lat. rubeta. Ein germ. Name lebt in schwäb. treuseh, alem. trüseh, trlseh: John Loewenthal 1929 Beitr. 53, 436 leitet ihn von germ. *ßreutskön, ags. préai 'Gedränge' ab: liegt unter Steinen oder in Löchern (B. Benecke, Fische, Fischerei... in Ost- u. Westpreußen 1887, 89). S. Quappe. Aar m. Ahd. aro, am, got. ara, anord. are çrn, führen auf germ. *aran, ahd. mhd. am, mnd. arn(e), arni, mnl. aren(t), ags. earn, mengl. ern(e), anord. çrn auf einen tt-Stamm *arn-u, der aus flektierten Formen von *aran gefolgert ist. Dies ist urverwandt mit gleichbed. aslav. orilü, lit. erli, korn. breton, er, kymr. eryr, wohl auch mit gr. émis 'Vogel', mit der alten Grundbed. Nach ahd. aro tritt im 12. Jh. adelare 'edler Aar' auf, ein Wort der Falknerei, die die Jagdvögel in edle und unedle einteilt, vorher frz. aUrion. Mhd. or(e) tritt zurück; im 16. Jh. ist Aar 'Weih', Adler *aquila;'; im 17. Jh. stirbt Aar außer in Zus.-Setzungen wie F i s c h a a r aus. Seitdem nur in poetischer Sprache, so von Gleim 1756, Goekkingk 1781. Suolahti 1909 Vogelnamen 345ff.; Kluge 1912 Wortf. und Wortgesch. 83; Charier, Etudes germ. 1962, 272. K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aufl.
Aas ». mhd. ahd. asächs. äs n. = ags. ses 'Aas': Ableitung zu essen; germ. *êsa- wie lat. êsus 'gegessen' aus *ed-som, dazu lit. Mesis 'Fraß'. In der ursprgl. Bedeutung hat Gryphius 1639 Sonntagssonette 26, 9 H i m m e l s a a s 'Himmelsspeise'. S. Aser und äsen. ab Adv., frühnhd. ( jetzt Schweiz, schwäb.,dazu schriftdt.) auch Präp. (daher a b h a n d e n eigtl. 'von den Händen') mhd. abe, ab Präp.'herab von, von weg, ab' — Adv. 'herab', ahd. aba Präp. 'von weg, von hinab' — Adv. 'herab' = got. af (ab) Präp. 'von herab, von' (auch Adv.), mnl. af, ave, asächs. af 'von', ags. engl, of, anord. af 'von': urverwandt mit aind. άρα 'weg, fort, ab', gr. αρύ, lit. apaiià 'der untere Teil', lat. ab (für *ap statt *apo). — Vgl. a b e r 1 . Abbild «. vereinzelt im 17. Jh. ; wird bekannter durch Haller 1730 (Ode „Doris" V. 14), der das Wort gebrauchte und deswegen von Schönaich im Neolog. Wb. 1754 noch verspottet werden konnte. Zeugnisse für das Umsichgreifen des Wortes bieten Withofs Gedichte und K. G. Lessing, Die reiche Frau. Noch Adelung bezeichnet das Wort als ungewöhnlich. abblitzen Ztw. (meist in den Verbindungen „er ist abgeblitzt", „sie hat ihn abblitzen lassen") seit etwa 1840 bezeugt, ζ. Β. Grabbe 1838 Hermannsschl. 128. Das Bild stammt von dem wirkungslos aufblitzenden Schießpulver: „Das Pulver war nur von der Pfanne abgeblitzt" Tieck 1834 Nov.-Kranz 4, 113. Abc w. seit etwa 1200 allgemein üblich: für mhd. âbëcè stehen zahlreiche Belege des 13. Jh. zur Verfügung. Dafür spätags. (11. Jh.) abeeede (Anglia VIII 332), was im Zusammenhang mit lat. abecedarium 'Gedicht, in dem jeder Vers mit einem neuen Buchstaben des Alphabets beginnt' zu beurteilen ist; entsprech. auch mhd. âbëcêdê. Auch in älteren nd. Quellen des 15. und 16. Jh. abeeede und abecete, aber daneben auch im deutschen Nordwesten verkürzt abé bes. in der Zusammensetzung ahebuch ( = nnl. AB-boek), woneben in nd. Gebieten wieder ein verkürztes ABook (Firmenich, Völkerstimmen III 36). Daneben beachte die Nachweise unter A l p h a b e t , Fibel und N a m e n b u c h . Abc-Schütz(e) m. verdeutlicht seit dem 16. Jh. (ABC-Schützigen: Neander 1587 Menschen1
Abele
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spiegel 78 b ) ein älteres S c h ü t z e (s.d.) im gleichen Sinn. F i b e l s c h ü t z e seit 1765. Neue Erweiterungen zur Erkenntnis 6, 178. Nyström 1916 Schulterminologie 47 u. 198 belegt A b c S c h u l e um 1700, A b e c e d a r i u s seit 1677, A b e c e s c h ü l e r seit 1692. Abele /. 'Pappel' (s. d.). Zum lat. Adj. albus 'weiß' stellt sich albulus 'weißlich'. Aus dessen Verkleinerungsform *albellus geht afrz. albel, später aubel 'Weißpappel* hervor, dessen vortoniges au beim Übergang in germ. Sprachen zu α gekürzt wird: mnl. nnl. abeel, engl, abele, mnd. abele. Heute gilt das von Voß gebrauchte Wort vom Rhein bis Pommern. Vgl. Al ber. Abend m. Ahd. äband, as. äband, mnl. avo, avent weisen auf idg. *êponto. Es ist verwandt mit gr. epi 'auf', epithe (iiriöe) 'spät', 'hinten', opsé bedeutet somit zunächst 'der hintere (spätere) Teil des Tags'. Asächs. äband mit d statt à erklärt Holthausen 1921 Asächs. Elementarb. § 257 aus gramm. Wechsel. Ags. sëfen, engl, eve, afries. ëvend, anord. aptann usw. sind in ihrer Bildung von Morgen beeinflußt, wie auch ags. äfnung, engl, evening dem Partnerwort morning und umgekehrt nhd. m o r g e n d l i c h dem Adj. a b e n d l i c h entspricht. Das Got. weicht in andamhti 'Vornacht' und saggqs 'Sinken* ab. Schweiz, obi "Abend werden' ist aus dem Subst. abgeleitet, wie arba 'arbeiten' aus artet. Abendrot n. ahd. abirdröto schw. m., mhd. äbentröt st. m. n. Die j-Ableitung A b e n d r ö t e geht auf mhd. äbentreete, nhd. 1587 Theatrum diabolorum I 66 b „Abendröte, Morgenschön, Morgenröte bringt Wind oder F l u t " ; Keppler 1604 Von einem neuen Stern S. 2 b „in der klaren Abendröte leuchten"; mnd. avetUröde. Vgl. Morgenrot, Morgenröte. Abenteuer n. umgebildet aus mhd. äventiure f. 'Wagnis': dies ein ritterliches Modewort vom Ende des 12. Jh. aus frz. aventure. E . Öhmann, Neuphil. Mitt. 1963, 76: A b e n t e u r e r ehedem Kriegsfreiwilliger. aber Adv.-Konjunkt. mhd. aber (aver) — abe (ave) Adv.-Konj. 'wieder, abermals; dagegen, aber', ahd. abur, avar Adv.-Konj. in beiden Bedeutungen (dazu ahd. avaren 'wiederholen' unter äfern). Vgl. got. afar Präp. 'nach' — Adv. 'nachher', anord. afar 'sehr' in Zusammensetzungen; den nsächs. Dialekten fehlte das Wort, wozu aber die Ableitung asächs. abaro, ags. eafora "Nachkomme' (vgl. got. afar 'nachher') vorhanden ist. Verwandtschaft mit a b und seiner Sippe ist wahrscheinlich; dazu vgl. noch ind. ápara 'der Spätere', aparám Adv. 'später, künftig', aparï 'Zukunft'. Aberglaube m. im 16. J h . aufgekommen; Luther bevorzugt M i ß g l a u b e v o r A b e r g l a u b e und A f t e r g l a u b e (dies auch bei Dürer 1525
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Abgott
Unterweisung der Messung Bl. A l b ) . Alberus 1640 unterscheidet diffidentia M i ß g l a u b und superstitio A b e r g l a u b . Der Vocab. Opt. Leipzig 1604 hat für superstitio nur M i ß g l a u b oder Ungi aub. Die in Zürich entstandenen Wörterbücher von Frisius und Maaler wie auch oberrhein. Schriftsteller des 16. J h . kennen zwar A b e r g l a u b , bevorzugen aber ein seltsames A p o s t ü t z l e r e i (das den md. Schriftstellern wie Luther, Alberus, auch Dasypodius fremd ist); dies ist jedoch schon im 17. J h . hinter A b e r g l a u b e auch in Oberdeutschland zurückgetreten. Im Nd. hat Chyträus Kap. 132 bygelove. Negatives aber ist mit über (vgl. lat. superstitio) in nd. ni. over zusammengefallen: ni. overgelo), öhmann, Festschr. W. Krause 1960, 166. Vgl. mhd. aberlist 'Unklugheit', frühnhd. A b e r g u n s t 'Mißgunst', A b e r n a m e 'Spottname', A b e r w i l l e , A b e r w a n d e l ; s. noch A b e r w i t z . abermal Adv. erst nhd., für mhd. aber 'wieder, abermal', mit Suffix mal gebildet. Aberwitz m. mhd. aberwitze, abewitze 'Unverstand'; vgl. mhd. abe 'ab' wie in mhd. abegunst 'Mißgunst' und A b e r g l a u b e . Abfütterung /. modernes Scherzwort z. B . Kotzebue 1807 Kleine Romane (Des Pfarrers Tochter) I 7. Kirsch bucht 1718 a b f ü t t e r n 'pabulum praebere'. abgebrannt Adj. "wessen Haus durch Feuersbrunst zerstört ist' (z. B . 1687 Theatrum diabolorum I I 167° „Abgebraate, und die durch Wolckenbrüche und Wassersnoht schaden gelitten, seyn die J a r her jhrer nicht wenig gewesen") ; im 30jähr. Krieg in die Soldatensprache übergegangen als "verarmt*: Moscherosch 1640 S. 314 „Underwegs stiesse uns auff ein gut Gesell, den ich wol kante, der beklagte sich, daß er abgebrant war, das ist nach der Feldsprach so viel als daß er umb alles kommen und erarmet war, daß er alles zugesetzt und verlohren hatte"; am Ende des 18. J h . studentisch geworden (Zs.f.dt. Wortf. 12, 272) und von da gelegentlich literarisch: Goethe 1812 Jub.-Ausg. 23, 127 „Da er es (das Geld) ablehnen wollte und mit einiger Schalkheit zu verstehen gab, daß er nicht so abgebrannt sei, als es aussehen möchte". Vgl. Brandbrief. abgefeimt s. F e i m . abgeschmackt Adj. (übertr.) gebucht seit Duez 1664; durch das 18. J h . geläufig; z.B. Köhler 1734 Einleitung zur deutschen Poesie S. 4; frühester Beleg Schottel 1663 Haubtsprache S. 1219 „abgeschmakt und kindisch"; älteres a b g e s c h m a c k z. B. Grimmelshausen 1669 Simpl. S. 59. Umformung für mhd. ä-smec 'geschmacklos' oder ( J . Trier briefl.) zu frz. dégoûtant. Abgott m. 'falscher Gott; etwas wie Gott Verehrtes', mhd. da% abgot, diu abgot neben der ab-
Abgrund
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3
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Absage
got, die abgote, -goter, ahd. abgot n. m. (Mz. abgot, gramm. mehrfach vom ungleichmäßigen Lauf der -a, -i, -ir, entsprechend dem bed.-verwandten starken Verba, als herabsetzende Bildung wie W i c h t ) , asächs. mnl. nnl. afgod, mnd. afgot, A b s c h a u m . Von J . Grimm 1819 Dt. Gramm. afries. ofgod m.: eine erst christliche Bildung, I , 10 für den gesetzmäß. Wechsel des Wurzeldenn für den Heiden gab es keine Abgötter. vokals dieser Verba: Leser 1914 Zs. f. d. Wortf. Wohl als Missionswort dem got. Adj. afgups 15, 28; Schoppe 1923 Germ.-rom. Monatsschr. 'gottlos, fievlerisch, ruchlos' entlehnt, das im I I , 184. Gegensatz zu gagups 'fromm' steht und zur Ableben «., aus mhd. abelibe. Wiedergabe des gr. asebes 'gottlos' gebildet war. abmarachen schw. Ztw., meist sich a. 'sich Ihm entsprechen die unabhängigen Bildungen abquälen', westfäl. sik afmarakeln, altmärk. sik westfläm. afgod, norw. mundartl. avgud 'gott- (af)marach'n. 1812 begegnet rotw. a b r a c h m e loser Mensch': E. Karg-Gasterstädt 1944 Beitr. nen 'anstrengen, ängstigen' (F. Kluge 1901 67, 420ff. Rotw. 294), das auf hebr.aram. ragam'steinigen' Abgrund m. ahd. abgrunt st. m., mhd. abgrunl, beruht. Dessen Part, meragem ergab marachen: mnd. afgrünt (daraus entlehnt dän. af-, schwed. E. Weißbrodt 1939 Zs. f. dt. Phil. 64, 308. S. A. avgrund), mnl. afgront, nnl. afgrondm. ; älter mhd. Wolf, Wb. d. Rotw. 18: jidd. räch 'zart, schwach, abgründe »., ahd. abgrunti, asächs. afgrundi, anfr. furchtsam'. Beide Ableitungen überzeugen nicht, abmergeln s. a u s m e r g e l n , afgrundi, mnl. afgronde, ags. œfgrynde aus westabmurksen schw. Ztw. '(heimlich) umbringen' germ. *afgrundia- n. 'Stelle, an der der Grund abstürzt'. Abweichend gebildet ist das gleichbed. dringt aus leichter Umgangssprache des 19. Jh. vereinzelt ins nhd. Schrifttum. Zuerst um 1800 got. afgrundipa f . abhanden Adv., nd.afhenden, mhd.aie handen, student., damit jünger als morixlen (1727 bei ahd. aba hantum, anord. af hçndum zus.-gerückt Basel): Ut vixit, ita morixii: Scherzbildung für aus Präp. a b (s. d.) u. dem Dat. Plur. von H a n d mortuus est : A. Debrunner 1927 Idg. Forsch. 44, in der umlautlosen Form des alten w-Stammes. 150. In md. Mundarten ist m u r k s e n 'herumGrundbed. 'von, aus den Händen', Gegenwörter arbeiten, -schneiden, -pfuschen' älter nd. m u r v o r - , z u h a n d e n . Fügungen wie v o n a. b r i n - ken 'töten', mnd. morken 'zerdrücken', ags. mure g e n , sich von a. m a c h e n , die seit dem 15. Jh. 'drückend' (vom Hunger), murc(n)ian 'sich auftreten, stammen aus Landschaften, denen die grämen'. Präp. a b fremd ist. Lebendig ist allein die VerAbort m. Euphemismus für 'Abtritt' (s. d.) bindung von a. mit k o m m e n geblieben. ursprüngl. allgemein mnd. afort 'abgelegener Abhang m. erst frühnhd. z.B. Schedel-Alt Ort'. Synonyma bei Popowitsch 1780 Mund1500 Buch d. Chroniken S. 71 b , aber erst im arten 4. 18. Jh. durchgedrongen z. B. Haller 1721 Alpen abrackern s. R a c k e r . Str. 35 (noch beanstandet von Schönaich 1754 Abrakadabra m. (z.B. Voß, Idyllen 66) ein Neolog. Wb. S. 3); seit Heynatz 1796 gebucht. bes. auf Amuletten gebrauchtes Zauberwort von Sinnverwandt südwestdeutsch H a l d e und bair.- Nekromanten und Quacksalbern des 16. Jh. ; bei ostfränk. L e i t e ; dichterisch seit Klopstock Thurneysser 1583 Onomast. 181 gebucht und bei Hang. Spangenberg 1594 Adelspiegel II 366 b belegt: Abhilfe/, eine Wortbildung vom Beginn des spätmlat. im 3. Jh. n. Chr. bei Quintus Serenus 19. Jh.; seit Campe 1807 gebucht. A. ent- Sammonicus Kap. 52. W. Brandenstein, Studies spricht dem frz. remède, wie das zugehörige presented to Whatmough 1957, 26: balkan. Herkunft, Sinn: 'Schaum und Rauch'. a b h e l f e n dem frz. remédier à qe. abhold Adj. seit dem 15. Jh. in Oberdeutschabrüsten Ztw. ( A b r ü s t u n g f.) Verdeutland bezeugt und von Maaler 1561 bis Frisch schung für frz. désarmer, die 1866 üblich ge1741 verzeichnet; den älteren md. Schriftstellern worden ist (Sanders 1871 Fremdwb. I, XIII), von Luther bis ins 18. Jh. fremd, ist es erst seit aber früher schon bezeugt in der Bedeutung Wieland, Schiller u. Goethe Literaturwort: Kuh- 'ein Gerüst abbrechen'. berg 1933 Verschollenes Sprachgut 33. Absage f . spätmhd. abesage 'Aufkündigung Ablaß m. mhd. *pomske > *pommche > Bemmchen, Bemme. bemoost Adj. Schmeller I a 1672 verzeichnet aus dem Bayr. Wald es wachst earn s Mias auf m Buckl 'er befindet sich schon lange auf der, in der nemlichen Stelle'; 9» aida Müsbuekl 'alte Person'. Der in Altdorf gebildete Frisch 1741 bucht 1, 669 b b e m o s e t 'museo obduäus1, für Erlangen gilt Zaupser 1789 Bair.-oberpfälz. J d . 52 „es wachst iehms Mies aufm Mantel. Dieß sagt man von alten Studenten". Vorher bei Dan. Stoppe 1729 Teutsche Ged. 2, 141 „Gehe mit deinem bemoosten Gehirne". Im 19. Jh. auf Burschen im 5., 6. oder letzten Semester eingegrenzt; literarisch durch Goethe 1832 Faust II V. 6638 „bemooster Herr". Von Roderich Benedix (1811—73) gibt es ein Lustspiel 'Das bemooste Haupt": Kluge 1895 Stud.Spr. 83; Zs. f. d. Wortf. 3, 96. 4, 310. benauen Ztw. 'in die Enge treiben, ängstigen' im 17. Jh. entlehnt aus nd. benouwen. Das diesem zugrunde liegende nouw (nnl. nauw) entspricht hd. g e n a u (s. d.). Wegen dieses Zus.Hangs und der Bed. vgl. den Ausdruck m i t g e n a u e r N o t . Part, b en au t , bei Stieler (1691) 1336 b e n au e t 'beklommen' im 18.19. Jh. bei Norddeutschen: Zs. f. d. Wortf. 13, 306. Bendel m. ahd. lentil, mhd. mengl. bendel, anord. bendeil: gemeingerm. ί-Demin. zu Β a n d (vgl. Angel, Hügel, Kiesel, Nestel, Seckel, Stengel). In obd. Ma. vom jungen Demin. d a s B ä n d e l geschieden. benedeien Ztw. 'segnen', mhd. benedïen als kirchl. Ausdruck dem ital. benedire nachgebildet, das aus lat. benedicere 'Gutes wünschen' stammt. Schon im Bibellatein bedeutet benedicere 'segnen' (wie maledicere 'fluchen'). Wenn Abr. a S. Clara 2, 58 Strigi „dieser gebenedeite Orden des heiligen Benedictus" sagt, so ist ihm noch 1679 das lat. Vorbild neben dem Lehnwort lebendig. Benefiz ». 'Vorstellung zugunsten eines Künstlers'. Nach frz. au bénéfice d'un acteur sagt Mozart 1787 Briefe 266 „(die Oper wurde) zu meinem Benefiz aufgeführt". So auch in den nächsten Jahrzehnten, bis Börne 1833 Briefe aus Paris 5, 254 wagt „es ist ihr Benefiz." Zus.Setzungen wie Benefizvorstellung sind älter: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 82. Bengel m. mhd. bçngel, mnl. benghel 'Knüppel', engl, mundartl. bangle 'Knotenstock*, anord. bgngull als Beiname. Wie S c h l e g e l zu s c h l a K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aull.
berappen
gen gebildet zum Ztw. anord. langa, engl, bang, nd. bangen 'klopfen', zu dem sich mit Ablaut mhd. bunge f . 'Trommel' stellt. Urverw. lett. bungât 'einen Rippenstoß geben'. Die seit dem Frühnhd. erscheinende Bed. 'Lümmel' wie bei F l e g e l und P r e ß b e n g e l , s. auch K n a b e , K n a p p e , K n e c h t und S t i f t . Als Synonym zu 'Junge' weist Dora Blank auf der Wortkarte 'Junge' bei Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1955) für B e n g e l in jenem harmlosen Sinne eine Fläche in Westpreußen östlich der Weichsel nach. Benne f . 'Wagenkasten', ins Westobd. entlehnt aus gali, benna (Grundform *bhendhnä) 'zweirädriger Karren mit geflochtnem Korb' (Festus), nächstverwandt mit kymr. benn 'Fuhrwerk'. Gleichen Ursprungs sind nnl. ben 'Korb, Mulde', ags. binn{e) f . 'Kasten, Korb, Krippe', engl, bin 'Kasten', frz. banne 'Lastkorb, Kohlenwagen', benne 'Schubkarren, Weidenkorb, Fischzaun'. Verwandte des kelt. Worts s. u. B a n s e . Aus Südbrabant haben nl. Siedler des 12. Jh. benne 'Raufe im Schafstall' in die Mark Brandenburg gebracht. Die heutige Ausdehnung zeigt H. Teuchert 1944 Sprachreste 367 f. Benzin ». wurde zuerst durch Erhitzen von Benzoe-Säure hergestellt. Das Benzoe-Harz stammt aus Sumatra, das man mit Java verwechselte. Arab, lubän dschâwï 'javanischer Weihrauch' hat über ital. bengiui (gi für arab. dsch) die europ. Namen erst des Benzoe-Gummis, dann B e n z i n u. B e n z o l ergeben; ζ für à i stammt aus einer nordital. Mundart. bequem Adj. mhd. bequceme, ahd. biquämi 'passend, tauglich'; dazu ags. gecwême, mittelengl. Iquëme, quëme 'angenehm, passend': Grundstammform qêrni- ist Verbaladjekt. zu got. qiman, ahd. human 'kommen', für das eine Bedeutung 'sich ziemen, passen' vorausgesetzt wird, die in got. gaqimip 'es ziemt sich' vorliegt; vgl. ags. becuman, engl, to become 'zukommen, geziemen', 'bekömmlich', k o m m e n und das urverwandte lat. convenire 'zusammenpassen, sich ziemen, passen'. Zum Verhältnis der Bedeutungen von b e q u e m und k o m m e n s. J. Weisweiler 1935 Idg. Forsch. 53, 55. Vgl. unbequem. berappen Ztw. 'bezahlen' ist ins Nhd. aus der Studentensprache gelangt, in der es seit 1848 bezeugt ist (Zs. f. d. Wortf. 12, 273f.). Im Gebiet des alten Rappenmünzbunds, also in Schweiz., els., bad. u. schwäb. Mundart, lautet das Ztw. b e - , b i r a p p e : wäre es bodenständig, so wäre b ' r a p p e zu erwarten. Auch reicht die Bezeugung nicht entfernt an die Zeit des Rappenmünzbunds (1403—1584) heran. Wohl aber ist berappen 'bezahlen' in schwäb. Krämersprachen heimisch (Kluge 1901 Rotw. I 479). Nicht aus dem Hebr. S. H. Birnbaum Zs. f. dt. 5
Berberitze
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PhiL 74 (1956) 249. Als rotwelsch aus Berliner Gannermund 1847, außer der Ableitung von der Scheidemünze 'Rappen' ist wegen der Nebenformen berebbeln, beriwweln u. a. an Einfluß des rotw. Rébbes zu denken: S. Wolf, Wb. d. Rotw. 4622. Berberitze /. wird der Strauch Berberís vulgaris L. nach dem sauren Geschmack der Blätter und der Beeren benannt, aus denen landschaftlich Essig hergestellt wird, seit dem 13. Jh. mhd. sürach, -ich, mundartlich auch sawacher, sauerekn, saur(ach)dorn: die Zweige und Blätter tragen Dornen. Die Endung ahd. -ahi bildet Pflanzennamen auch in brämahi 'rubetum', dornahi 'spinetum', rörahi 'arundinetum'. Entsprechend benannt ist die B e r b e r i t z e , für die nd. Volksnamen fehlen. Der fremde Name, bei uns erst nhd., geht durch fast alle europ. Sprachen. Er beruht auf mlat. barbarie, berberís, dessen Ursprung dunkel ist), mit nnl. zuurdoorn, dän. schwed. suriom, ital. spina acida, kroat. Itiseli trn, russ. kislica (zu kislyj 'sauer'), poln. kwainica (zu kwa'sny 'sauer"): H. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzenn. 1, 568ff. Bereich m. Das erst seit 1796 belegte Wort ist ein Abstraktum zu mhd. bereichert, mnl. bereitem, nhd. bereichen (bis 18. Jh.) 'bis wohin reichen, sich erstreckend umfassen', aus germ. *raikjan (s. r e i c h e n ) . Das Wort B. verdrängte das Wort Reich, dessen gelegentliche alte Bedeutung 'Bereich' im 18./19. Jh. verschwindet, daher das anfängliche Schwanken zwischen m. und n. (P. V.Polenz, Z. f. d.Ph. 1956). S. R e i c h . bereit Adj. mhd. be-, gereit(e) 'bereitwillig, dienstfertig; bereit gemacht, zur Hand, ausgerüstet, fertig*, ahd. reiti, mnd. (ge)rèd(e), afries. ride, ags. geräd, -réêde 'bedingt, geschickt, fertig", engl, ready 'bereif, anord. (g)reidr 'bereit, einfach, klar", got. garaißs 'angeordnet·. Außergerm. vergleichen sich ir. rëid (aus *rejdhi-) 'eben' (ursprünglich 'fahrbar") und kymr. rhwydd 'leicht, frei' (ursprünglich 'fahrtbereif), die lehren, daß das Wort zu der unter r e i t e n behandelten Wurzel gehört und sich entwickelt hat wie f e r t i g (s. d.). Berg m. Mhd. bêrc(g), ahd. asächs. anfr. afries. bêrg, mnl. berch(gh) 'Berg*, ags. beorg 'Berg, (Grab-)Hügel', engl, barrow 'Grabhügel', nnl. schwed. norw. isl. berg, anord. bjarg, dän. bjerg, got. *bairg- 'Berg' in bairgahei f . 'Gebirgsgegend' (zu *bairgahs 'gebirgig') führen auf germ. *berga- aus idg. *bhergho- in Ablaut mit der Sippe von B u r g , s . d . Außergerm, vergleichen sich kymr. bera 'Schober, Miete, Pyramide', akorn. bret. bern 'Schober, Haufen, Stapel', mir. tri, Akk. brig 'Berg*, armen, berj 'Höhe'; für urverwandt mit abweichendem Velar, nicht für entlehnt, dürfen auch aslav.
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bergen
brëgii 'Ufer", russ. bereg, serbokroat. bñjeg 'Hügel, Ufer, Rain' gelten. Mit dem germ. Stammesnamen B u r g u n d e n (Burgundiönes), dazu Insel Bornholm, anord. Borgundarholmr, dem kelt. Stammesnamen Brigantes 'Berg-, Alpenbewohner* und dem StadtnamenBregenz (kelt. Brigantia-, an aus p) gleichgebildet sind aind. bfhdnt-, awest. berasant- 'hoch', sämtlich aus *bhjghont-. Die idg. Wurzel *bherQh- 'hoch, erhoben' gilt als Erweiterung von *bher- 'tragen, heben' : H. Güntert 1932 Labyrint 30f.; P. Kretschmer 1933 Glotta 22, lOOff. und 113ff. — In der Bedeutung 'Hügel' (s. d.) wird 'Berg* nach der Wortkarte der Finnin Toivi Valtavuo bei Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1965) von Ostfriesland bis Ostpommern, z. T. in Ostpreußen verwendet. Zum bergigen Süden hin gelten dimin. Formen: Bergela um Augsburg, Bergla, Bargia in Schlesien. — Die Lautgeographie für 'Berge' bietet der Dt. Sprachatlas. Bergamotte f . Türk, beg 'Herr*, der Titel des muhammed. Feudaladels, heute bey, wurde dem Namen einer bes. edlen Birne vorangestellt: beg armudy 'Herrenbime' (wie Königskerze, basilicum, κρίνον βασιλικών). In Italien mit Anlehnung an Bergamo umgebildet zu bergamotta, kommt B. über frz. bergamote zu uns: Bergamottenbirne Rist 1651 Parnaß 81. Bergbau m. zu B e r g 'erzreiche Stelle, erzhaltiger Boden', tritt 1624 im Erzgebirge an Stelle von B e r g w e r k 'Inbegriff aller Arbeiten zur Gewinnung nutzbarer Mineralien': Dt. Rechtswb. 1 (1932) 1682. Mhd. bërcwêrc ist eine erzgebirgische Bildung des ausgehenden 14. Jh. : das. 2 (1936) 27. B e r g k n a p p e , mhd. bircknappe 'Bergarbeiter, besonders Häuer* wird uns zuerst in Regensburg 1360 greifbar: Konrad Megenberg, Buch d. Natur 109, 7 Pfeiffer. B e r g m a n n steht zuerst in den Goslarer Statuten von 1359 : Rechtswb. 2, 4, b e r g m ä n n i s c h gar erst 1663 in der Ferdinandeischen Bergordn. für Niederösterreich, Art. 24. Die Wortgruppe tritt (wie die entsprechenden mit frz. mont, engl, mount) erst auf, als man beginnt, Stollen in Bergflanken zu treiben. Der Tagebau der Frühzeit arbeitet mit mhd. vëU, vêltbûwœre und vêUgebû; geblieben im magy. Lehnwort földtany. B e r g b a u usw. haben sich gehalten, als die Grabungen auf Kohle ausgedehnt und ins Flachland verlegt wurden. bergen st. Ztw. Mhd. bêrgen '(ver)bergen, in Sicherheit bringen', ahd. asächs. bergan ' ( v e r bergen' anfr. bërgin, mnl. berghen, nnl. bergen, ags. beorgan, mengl. berwen, anord. bjarga, schwed. berga, dän. bjerge, got. (ga)baírgan führen auf eine Wurzel *bhergh- 'verwahren, tollendo servare'. Außergerm, vergleichen sich mit
Bergfex
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Sicherheit nur aslav. brêgç 'bewahre, behüte' und ostlit. bifginti 'sparen'. — S. W i m p e r g . Bergfex s. F e z . Bergfried m. Mhd. perfrit n. 'hölzernes Turmgerüst, das an die Mauern einer belagerten Feste geschoben wird', erscheint um 1130 in der Vorauer Hs. von Lainprechts Alexander V. 792. Die Formen 6erfrid u. berefrit n. m. sowie die Bed. 'fester Turm einer Burg, im Mauerring oder frei stehend, auf oder vor Brücken; Warte' sind jünger. Mnd. berch-, borchvrede beruht auf dem Hd., dän. schwed. barfred, norw. brafre auf dem Mnd. Die mlat. Formen bal-, bel-, bil· fredus, belfragium, berefridus, berfredus mögen z. T. etwas älter sein als die mhd. Afrz. (12. Jh.) berfroi, frz. beffroi 'Belagerungs-, Wachturm, Glockenstuhl, Feuerglocke" wird auf das dt. Wort zurückgeführt, engl, belfry 'Belagerungs-, Glockenturm' auf das frz. Die Herkunft des durch Anlehnung an battere 'schlagen' umgestalteten ital. battifredo 'Bergfried' bleibt zu untersuchen. Nach allem ist die Anlehnung an B e r g und F r i e d e erst nachträglich vollzogen. Wahrscheinlich liegt Umformung eines Fachworts der oström. Belagerungskunst vor, das durch die Kreuzzüge ins Abendland gelangt ist. Wenn der fahrbare Turm der Byzantiner dem von Elefanten getragenen gr. pijrgos phorètós (iiOpyos φορητός) 'Tragturm' des Altertums nachgebildet ist, bietet sich in diesem Wort, dessen υ und η als i gesprochen wurden, der Ausgangspunkt: A. Götze 1936 Beitr. 69, 316f.; P. Kretschmer 1933 Glotta 22, 114 Anm. 2. Beriberi f . Europäer haben die Krankheit im 16. Jh. auf Ceylon kennengelernt. Der Name stammt aus dem Singalesischen: Littmann 1924 Morgenland. Wörter 126. Bericht m. mhd. beriht 'Belehrung, Versöhnung*. Zu r e c h t . beritten Part, zu mhd. berïten, kaum vor M. Crusius 1666 Gramm. Graeca 1, 236 „curo tibi equum/ich mache dich beritten" für gleichbed. mhd. geriteti, das sich über das 16. Jh. hinaus nur in der Formel k u r z g e r i t t e n 'kurz angebunden' hält: Gottfr. Hoffmann, Eviana (Lpz. 1696) 110. Im 18. J h . steht b e r i t t e n auch für 'bewanderf, z. B. K. A. Kortum 1784 Jobsiade 1, 19, 10 „Herr Krisch, ein Mann von guten Sitten, Ungemein stark in Postillen beritten". Neuere Soldatensprache nennt den Feldgeistlichen „berittenes Wort Gottes": Dt. Wortgesch. 2 (1943) 398. Berkan s. B a r c h e n t . Berline /. 'Reisewagen mit zurückzuschlagendem Verdeck', wie er im 17. Jh. von einem Baumeister des Kurfürsten von Brandenburg hergestellt wurde. Frz. berline f . 'Wagen nach Berliner Art' ist seit 1712 bezeugt; dazu berlin-
Bernstein
got 'Wagen ohne Vordersitz'. Nhd. B e r l i n e zuerst bei K. F. Bahrdt, Lebensbeschr. 4 (Bln. 1791) 16. Berliner m. 'Felleisen der Handwerksburschen', von seinen rotwelschen Trägern seit etwa 1890 überallhin verbreitet, als 'Wachstuchpaket des Wanderburschen, Ranzen' usw. verzeichnet seit F. Kluge, Rotwelsch 1 (1901) 486. Nach Kleemann (bei H. Groß, Arch. f. Kriminologie 30, 272) umgedeutet aus spätlat. pellina, dies zu lat. pellis 'Fell*. Danach C h a r l o t t e n b u r g e r 'Umhängetasche' und P o t s d a m e r 'kleines Reisebündel' : L. Günther 1919 Dt. Gaunerspr. 37. 41.132; S. A. Wolf Wb. d. Rotw. 417. Berlocke f . 'Uhranhängsel' im 18. J h . (Berl o q u e n J . Moser 1776 Patr. Phant. 1, 64) entlehnt aus frz. berloque, einer seltnen, heute veralteten Nebenform des frz. breloque 'zierliche Kleinigkeit". Die Gehänge, im Süden oft in Hörnerform vom kretischen Stierkult her, dienen ursprünglich der Abwehr des bösen Blicks. Der Name scheint aus der Zauberformel b e r ü c k e — b e r l o c k e gewonnen (Goethe 1786 Jub.-Ausg. 26, 84; Zs. dt. Wortf. 2, 17; B. H. van't Hoof 1926 Das holl. Volksb. v. Faust 106f.): mit b e r ü c k e ruft man den Teufel, mit b e r l o c k e macht man ihn verschwinden: H. Lamer, Humanist. Gymn. 1924,161f. Bernstein m. mnd. (seit dem 13. Jh.) born-, barn-, bernstèn, mnl. bern-, nnl. barnsteen, schwed. bärnsten: brennbares Baumharz, bes. in Ostpreußen gefunden,"dort aber erst um 1400 als bürnstein, bimslein u. ä. (Sattler, Handelsrechnungen d. Dt. Ordens 103f.) bezeugt, während später das Bestimmungswort meist bern- lautet: W. Ziesemer 1939 Preuß. Wb. 1, 637. Es gehört zu nd. bernen, umgestellt aus b r e n n e n , s . d . Das Grundwort S t e i n bedeutet 'Edelstein', das beweist die mlat. Wiedergabe lucida gemma bei dem karolingischen Hofdichter Ermoldus Nigellus, In laudem Pippini V. 126. Seit Anfang des 14. Jh. ist B o r n s t e i n im Hd. vorauszusetzen: 1327 erscheint der ungar. Ort Borostyánko im Burgenland, ursprünglich 'Bärenstein', als Borostydn: das ist damals wie heute der magy. Name des Bernsteins: E. v. Schwartz 1929 Dt.ungar. Heimatbl. 1, 62. Während in hd. Glossaren des 16. J h . schon B e r n s t e i n begegnet, schwanken die Schriftsteller bis nach 1660 zwischen diesem und B o r n - , B ö r n - , B r e n n e n s t e i n , vgl. Bernessel, Bornessel unter B r e n n nessel. Erst mit Schottelius 1663 darf B e r n s t e i n für durchgesetzt gelten. Die nord. Entsprechungen anord. brennusteinn, norw. brennestein, adän. brœnnœsteen bedeuten 'Schwefel'. Die ältere hd. Benennung des Bernsteins ist Ag-, A u g s t e i n (aus lat. achates). Gleichbed. ahd. gismçlzi; nordfries. reaf, spät-anord. raf, 5·
Berserker
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68
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Beruf
dän. rav; mnd. glär, ags. gléër (s. G l a s ; elek- um 1300, ins Schwed. um 1660, ins Engl. 1578, trisch). Die apreuß. Benennung G e n t a r n (lit. noch später ins Poln. Die brennend schmeckende gintäras, gintaras, russ. jantar') e r w ä h n t J . Wurzel wird von je in der Heilkunde verwendet Mathesius 1662 Sarepta 77a. und trägt der Pflanze den gr. Namen pyrethron Berserker m. Anord. herserkr (Grundwort (Dioscurides) ein, der uns durch lat. pyrethrum anord. serkr 'Gewand', Bestimmungswort *leri (Celsus) vermittelt und an den Männernamen 'Bär*, nicht mit Holthausen 1945 Altwestnord, ahd. Berhtram (s. - b e r t , Rabe) angeglichen etym. Wb. 16 berr 'nackt') bezeichnet den in wird. Auch Feuerwurzel (nnl. vuurwortel) Bärenfelle gehüllten Krieger. Wie ulf-hednar heißt die Pflanze nach dem brennenden Ge(eigentl. 'Wolfwämser*) ist es schon eddisch zum schmack, sonst G e i f e r w u r z und SpeichelEhrennamen der wilden Krieger der Vorzeit k r a u t wegen der starken Speichelabsonderung, geworden: E. Noreen, Ark. f . nord, filol. 48 die das Kauen der Wurzel bewirkt: H. Marzeil ( = 3. F. 4) 242ff. So wird es ins Nhd. über- 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 251 f. nommen wie N o r n e , S k a l d e , W a l h a l l , berüchtigt 'worüber (übles) Gerede umläuft", W a l k ü r e , Wiking. B e r s e r k e r w u t nicht vor adjektivisch gebrauchtes Part, eines noch Luther J. v. Eichendorff 1824 Krieg den Philistern geläufigen schw. Ztw. b e r ü c h t i g e n 'ins Ge(Werke 1841 III 440) und Goethe 1831 Weim. rede bringen', mnd. berüchtigen, wofür man Ausg. 1, 29, 87 f. im 16. und 17. Jh. b e r ü c h t e n (mnd. beruchten) sagte. Es bedeutet ursprünglich 'durch öffentBereich s. B a r s c h . bersten st. Ztw., md. nd. bersten, mnl. ber- lichen Nachruf verfolgen, beschreien': Dt. sten, barsten, borsten, nnl. barsten, afries. lërsta, Rechtswb. 2 (1935) 48. Außer G e r ü c h t vgl. ags. bërstan, engl, burst 'brechen': mit Um- a n r ü c h i g und r u c h b a r : alle sind mit r u f e n stellung für mhd. brësten, ahd. asächs. brëstan, verwandt und stammen, wie cht für ft zeigt, anfr. brëston, anord. brësta 'brechen', unpersönl. aus dem Nd. 'gebrechen, mangeln'. Die Umstellung neben r berücken schw. Ztw. 'listig täuschend fangen', (auch in B o r n neben B r u n n e n usw.) beginnt ursprünglich vom Fisch- und Vogelfang, also um 850 in Niedersachsen, stößt bis zum 14. Jh. 'mit dem Netz über ein Opfer rücken'. In die vor bis ins Bair. und Hochalem., danach drängt nhd. Schriftsprache eingeführt von Luther 1624 sie ein Gegenstoß auf die obd./md. Sprachgrenze Pred. 9, 12 „wie die Fissch gefangen werden zurück; Reste bleiben südlich davon: B. Martin mit eym bösen Hamen, vnd wie die Vogel mit 1939 Die dt. Mundarten 41. Das dem Obd. ur- eym Strick gefangen werden, so werden auch sprünglich fremde, bei Dasypodius, Frisius, die Menschen berückt zur bösen Zeyt, wenn sie Maaler und Dentzler fehlende b e r s t e n hat plötzlich vber die feilt". Luthers B e r u c k u n g Luther aus dem Md. in die nhd. Schriftsprache (Rom. 11, 9) wird in Basel 1523 mit vahung vereingeführt: F. Kluge 1918 Von Luther bis Les- deutlicht. Obd. Volkssprache ist das Wortpaar sing 99.113. Germ. Verwandte s. u. G e b r e s t e n dauernd fremd geblieben. und p r a s s e l n . Außergerm. stellen sich zur Beruf m. bedeutet zunächst 'Berufung zu Wurzel *bhres- 'brechen; prasseln' air. brissim etwas', besonders im geistlichen Sinn: Gott 'breche', brise, bret. bresk 'brüchig*, mkorn. läßt einen Ruf an den Menschen ergehen, an den bresel 'Streif, mbret. bresel, bret. brezel 'Krieg" Heilsgütern teilzunehmen. So entspricht R u f , sowie die Männernamen air. Bresal, akymr. später B e r u f ( u n g ) , dem neutestamentl. κληCombresel; lit. braßkit 'krache', bdrßku 'klappre'. σι;, kirchenlat. vocatio 'wozu jem. berufen -bert, B e r t - in Eigennamen, aus mhd. bërht, ist". Seit 1522 setzt Luther Beruf und b e r u f e n ahd. asächs. bëraht 'glänzend'. Gleichbed. ags. auch im weltlichen Sinn für 'Amt, Stand; tätig beorth, briht, engl, bright, anord. bjartr, norw. sein lassen', entscheidend 1. Kor. 7, 20 „Ein jegbjerk, got. baírhts. Außergerm. Verwandte sind licher bleibe in dem Beruf, darin er berufen ist": kymr. berth 'schön', lit. brëMti 'anbrechen', K. Holl, Sitz.-Ber. d. preuß. Akademie 1924, bèrUi 'wird weiß', tschech. bresk, poln. brzask XXIXff.; R. L. Schmidt in Kittels Theol. Wb. 'Morgendämmerung', russ. berésta 'Birkenrinde', zum Neuen Test. 3, 492. Damit ist Luther maßgebend noch für die heutige Schriftsprache, in bérest 'Ulme', alb. bar& 'weiß'. S. Birke. Bertram m. der in Nordafrika und Klein- der der hohe Klang des Wortes unverbraucht asien heimische Korbblütler Anaeyclus pyre- fortwirkt, etwa bei Arth. Schnitzler 1898 Die thrum DC. mit der aus den Mittelmeerländern Gefährtin (Theaterstücke 2, 69): „Ein Mensch, stammenden Abart D e u t s c h e r B e r t r a m , der einen Beruf hat, ich meine nicht eine BeAnacyelus offieinarum Hayne. Ahd. ber(ch)- schäftigung, einen Beruf, kann sich überhaupt tram, berethram u . ä., m h d . ber(h)tram, früh- nie einsam fühlen". Ed. Brodführer 1939 Trübnhd. berchtram, m n d . bartram, bertram. Aus ners Dt. Wb. 1, 286f.; Dt. Wortgesch. (1943) dem Dt. entlehnt ist bertram ins Dän. schon 2,109 ff. 193. 3,162.
Beryll
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Beryll m. Der glashelle Halbedelstein, aind. vaidürya-, mittelind, vèruliya- gelangt über gr. beryllios (βηρύλλιο$), lat. beryllus, afrz. beril(le) zu uns und heißt mhd. berülus im Thurgau 1194, berille in Hessen 1210, später auch barille wie in frz. Mundarten. Die weitere Entwicklung s. u. B r i l l e . Besan TO. (/.) 'am achteren Mast geführtes Gaffelsegel': mit dän. schwed. mesan, nnl. bezaan, engl. miz(z)en, frz. misaine, span, mesana entlehnt aus ital. mezzana (wozu albero di mezzana 'achterer, Besanmast'). Dies aus arab. mazzän, das in Ägypten für den Mast gebraucht wird, dessen Segel das Schiff in gleichmäßiger Fahrt erhält, wie es bis heute Aufgabe des Besans ist; darum auch T r e i b e r . Mit Admiral, H a v a r i e , k a l f a t e r n u. a. Seewörtern arab. Ursprungs ist B e s a n durch den Mittelmeerhandel dem Norden zugeführt. Bei uns erscheint missan 1487, M ei s an 1636, B e san 1664. Das anlautende b stammt aus dem Nnl., wo besane mit dem nach der Vorsilbe be- gewandelten Anlaut seit 1567 begegnet: B. Öhmann 1940 Neuphilol. Mitt. 41, 148f.; W. Stammler, Kl. Schriften 1954, 224. beschäftigen schw. Ztw. 'jem. tätig (geschäftig) machen'. Die Bildung geht vom Md. aus, wo in mhd. Zeit das Wortpaar schfftic 'tätig* und bescheften bezeugt ist. Das fehlende Glied, md. *beschfftie, ist nach mnd. beschfftich 'geschäftig* zu ergänzen. B e s c h ä f t i g u n g /. wird uns (vielleicht zufällig) nicht greifbar vor Lessing 1749 Freigeist 4, 3. beschälen schw. Ztw. 'bespringen, inire equam' : eine erst nhd. Ableitung zu mhd. schël, ahd. scëÎowt.'Beschäler,Zuchthengst'. S. S c h e l l hengst und H. Palander 1899 Ahd. Tiernamen 88f. bescheiden st. Ztw., mhd. bescheiden, ahd. bisceidan, s. scheiden. Seit alters in zwei Fügungen: 1. einem etwas bescheiden 'es ihm zuweisen, bestimmen', z. B. letztwillig. Hierher mit der alten Form des Part, das biblische ,,mein bescheiden (Goethe: beschieden) Teil", heute umgedeutet, (s. u.) 2. einen (eines Dinges) bescheiden 'ihn worüber belehren; ihm Bescheid geben'. Hierher: einen abschlägig bescheiden; einen wohin bescheiden 'beordern, bestellen'. Sich bescheiden ist ursprünglich 'zur Einsicht kommen', dann'sich zufrieden geben, begnügen'. An das Refi, hat sich die Bedeutung des zum Adj. gewordenen Part, bescheiden angelehnt, das vordem 'belehrt, erfahren' bedeutete. Freidanks B e s c h e i d e n h e i t (um 1230) zielt auf das Vermögen, Gut und Böse zu unterscheiden; Luther setzt das F. für Erkenntnis, γνωσις. bescheren schw. Ztw., mhd. beschäm 'zuteilen, verhängen' (von Gott und Schicksal),
beschwichtigen
ahd. scerjan, ags. scierian, westgerm. *skarwjan 'zuteilen, bestimmen' : zu ags. scearu, engl, share, afries. skere 'Anteil' (s. Schar). Dazu auch ahd. biscçrjan, ags. bisderian '(seines Anteils) berauben': G. Neckel 1908 Beitr. 33, 469 f. beschnüffeln, beschnuppern schw. Ztw. 'schnaufend beriechen' wie engl, snivel, snuff(le), nnl. snuffelen und s c h n a u f e n , s. d. beschummeln Ztw. 'betrügen' tritt 1754 erstmalig in der Literatur auf und wird 1770 im Versuch eines brem.-nsächs. Wb.s 4, 712 in der Bedeutung 'auf gut Jüdisch betrügen' gebucht. Etymologie umstritten. Zu der vielleicht ursprünglichen Bedeutung 'handeln' aus Schummser, Schummler '(jüd.) Bewohner der Städtedreiheit Schum ( = Speyer, Worms, Mainz)' 'Händler' abgeleitet und neben fuggern 'handeln', 'betrügen' (vom Augsburger Handelshaus Fugger) gestellt: H. P. Althaus in Zs. f. Mundartfg. 30, 66; anders W. Foerste, in: Nd.-Wort 4, 79: von nd. schummeln 'schnell hin- und herbewegen', erweitert zu 'betrügen'. beschuppen schw. Ztw.'betrügen'. Die Stammsilbe schupp begegnet in rotw. F r e y e r t c h u p per 'Falschspieler*, schuppen 'betrügen* f. Kluge, Rotw. 1 (1901) 168f. aus Dresden 1687; beschuppen 'bestehlen' das. 215 aus Bayreuth 1750. In Graz gilt s c h u p f e n 'aus Gewinnsucht tauschen*. Es gibt U h r e n s c h u p f e r , die sich an Bauern zum Uhrentausch herandrängen, und Häuserschupf er, die unredlichen Häuserhandel treiben. Weitere Zeugnisse Beitr. 38, 334. 39, 670; Schmeller-Frommann 1, 817. 2, 441; H. Fischer, Schwäb. Wb. 2, 1732. 6, 1623; Schweiz. Id. 8, 1027. Erklärt ist das Wort weder aus dem Hebr. noch aus dem Deutschen. Heute ist in Anlehnung an Schubs m. 'Stoß' zu schieben die Form beschuppsen 'betrügen' in nicht zu schlimmem Sinne üblich. S. A. Wolf Wb. 5203. Beschwerde /. mhd. beswœrde 'Bedrückung, Kummer* (ahd. nur swärida 'drückende Last*): zum Ztw. beswceren, wie erbçrmede 'Barmherzigkeif zu erbarmen: W. Wilmanns 1899 Dt. Gramm. 2, 343. Die heutige Hauptbed. von B e s c h w e r d e , die von sich beschweren ausgeht, keimt in hd. Rechtssprache des 15. J h . Häufiger ist dort noch lange der zum trans, b eschweren gehörige Sinn 'Belastung, Zins': Dt. Rechtsbw. 2 (1935) 125. beschwichtigen Das Ztw. zeigt nd. cht für hd. ft (s. anrüchig) u. erscheint in nhd. Texten nicht vor Hermes 1778 Sophiens Reise 6, 636 (hier noch mit f rz. calmer erläutert). S c h w i c h t i gen seit Klopstock 1774Gelehrtenrep.90.Richey 1755 Hamb. Id. 13 verzeichnet beswicMigen als Wort der nd. Mundart, wieder älter nd. mnl. swichten 'zum Schweigen bringen', denen ahd.
besebeln
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gi-swiftön 'still werden', mhd. swiften "stillen" (zum Adj. swift 'ruhig") entspricht. Weiterhin gelten für verwandt got. sweiban 'aufhören' u. anord. svifa 'von etw. zurückweichen'. Außergerm. steht am nächsten messap. ahrra'schweig· : H. Krähe, Idg. Forsch. 47, 327. 68,150 Anm. 1. besebeln Ztw. 'betrügen'. Hebr. zebel 'Mist* liefert 1610 rotw. sefeln 'scheißen' : Kluge 1901 Rotw. I 65. Dazu (als judendeutsche Entsprechung zu älterem bescheißen) besefelen seit Fischart 1675 Garg. 302 Ndr. Entspr. in westobd. Mundarten: Martin-Lienhart 2, 329; Ochs 1,159; H. Fischer 6,1624; S. A. Wolf Wb. 5299. beseitigen Ztw. gehört (wie begegnen zum Adv. m h d . begegene) zum Adv. m h d . hesite, dem-
Besuch
schwäbisch und bair.-österreichisch, solche mit B ü r s t e westfälisch, mit Feg er ostnd. und ostmd., mit E u l e nordndsächs.; in Flandern Zusammensetzung mit B o r s t e l . Besing m. 'Beere', besonders 'Vaccinium myrtülus L., Heidelbeere', örtlich auch 'Erdbeere'. S. Beere. besser Kompar. (s. das zugehörige Adv. baß), Superi, b e s t : aus mhd. bfççer, best, älter binisi,
a h d . bfföiro,
bftfisto.
Entsprechend in
den verwandten Sprachen, z. B. ags. bçtera, bftst, engl, better, best, got. batiza, baiists. Schon
im Urgerm. bildet g u t seine Steigerungsgrade mit Wörtern fremden Stamms und verwandter Bedeutung. Zu dieser s. B u ß e . — Der Dt. Sprachatlas bietet lautgeographische Karten zu 'besser*: dies gefühlsbetonte Wort dringt aus dem thüringisch-obersächsischen Raum vor anderm hd. Wortgut weit ins Niederdt. über Braunschweig vor in hd. Lautform. bestallt Partiz. zu b e s t e l l e n , wofür jetzt b e s t e l l t , das der Dt. Sprachatlas in seiner Lautgeographie bietet. bestatten schw. Ztw., mhd. bestaten 'an seine Statt bringen', besonders den Toten ins Grab. Als feierliches Wort in seltnem Gebrauch, bis es die F e u e r b e s t a t t u n g (s. K r e m a t o r i u m ) seit 1878 neu belebt: K.Wagner 1943 Dt. Wortgesch. 2, 328. Bestie f., n. nd. best ist über afrz. beste aus volkslat. *besta entlehnt. Im Nd. ist best ( = engl, beast, mengl. best) allgemein für 'Tier*
gemäß bedeutet es 'beiseite stellen' Goethe 1808 Weim. Ausg. I 60, 292; entspr. Campe 1 (1807) 488. Vordem (nach Heinatz 1796) nur in obd. Staatsschriften: Goethe hat wohl ein Wort der Wiener Kanzlei eingebürgert. Als einfache Bildung geht piseitit 'repudiet' Ahd. Glossen I 238, 31 voraus. Besemer m. 'Hand-Schnellwaage mit nur einer Schale und verschiebbarem Gewicht'. Türk. batman gelangt früh in slawische Sprachen über das russ. bezmén. Von da geht ein Weg junger Entlehnung zu schwed. besman, dagegen ist mnd. bisemer dem Russ. so früh (Lübeck aus dem Rußlandhandel nach 1200) entnommen, daß es anord. bismari liefern konnte. In nd. Mundarten gelten auch Umbildungen wie Des e r t e r ) , Desener, Diesen: Wiek 19; Biel- (z. B. Helvig 1611 Orig. Diet. Germ. S. 74); es feldt 11. wird ohne üblen Nebensinn in Bugenhagens nd. Besen m. Mhd. bës(e)me, bësem, ahd. bës(e)mo, Bibelübersetzung Genes. 1, 24 gebraucht. Das asächs. bêsmo, mnl. bes(s)em, nnl. bezem, afries. Hochdeutsche hat, dem Lat. bestia entspr., seit ags. bësma, engl, besom führen auf westgerm. dem 14. Jh. (z.B. auch bei Luther) B e s t i e *besman 'Besen, Rute' aus *bit-sman- (wie ahd. (mhd. bestie) und seit Anfang des 16. Jh. auch rosamo aus *rut-sman- 'Rost* neben asächs. die Ableitung b e s t i a l i s c h . — B i e s t 'Bestie, rotön "rosten": F. Kluge 1926 Nom. Stamm- wildes Tier' ist aus mnl. mnd. beest(e) lautgesetzbildungsl. § 166). Als 'Geflochtnes' gehört *bit- lich zuerst in Köln 1582 entwickelt. Auch im sman- schwundstufig zur idg. Wurzel *bheidh· Ostmitteldeutschen wird è zu. ï: von Berlin her 'binden, flechten' (wie lat. fiscus 'geflochtner verbreitet: E. öhmann, Zs. f. Wortforschung Korb' aus *bhidh-sko-). — Studentensprache 1962, 96. Besen 'Mädchen (niederen Stands)' ist zuerst bestimmt Adj. Adv. 'entschieden, sicher' (Beaus Halle 1796 bezeugt: F. Kluge 1896 Stud.- teuerung) seit Campe 1807 gebucht, um 1800 Spr. 19. 83. Die den Ursprung begründende als Modewort aufgekommen (Schoppe, MitJenaer Sage (Zs. f. d. Wortf. 12, 274) widerlegt teilgn. d. schles. Gesellsch. f. Volksk. 18, 78). sich dadurch, daß schon Fischaxt 1674 H a u ß bestmöglichst Adv., seit etwa 1600 (DWb. I b ä s e m als Schelte kennt. Die Bed. ist umge- 1680) für mhd. als ich beste kan (das. 1661). Mit sprungen wie bei Flegel, Pennal, Pfeffersack, doppelter Steigerung, wie got. frumists, ags. Roßkamm. Für die Sonderart des Handbesens, fyrmest, engl, foremost, afries. formest 'erster" oder die in der Umgangssprache H a n d f e g e r , hom. -πρώτιστο; zu gr. πρώτος 'der erste'. Handeule, Handbesen, Borstwisch, Besuch m. in der heutigen Bedeutung seit K e h r w i s c h heißt (P. Kretschmer 1918 Wort- dem 18. Jh. geläufig, seit Ludwig 1716 und geogr. 229ff.) ergibt die Wortkarte (vgl. B. Mar- Steinbach 1725 bezeugt: für älteres Besutin 1933 Teuth. 9, 47ff.) 97 verschiedene Typen; chung : so noch 1746 Mahler der Sitten I 36. Formen mit Besen sind md., solche mit Wisch Im deutschen Südwesten fehlt Besuch in der
besudeln
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Volkssprache, dafür V i s i t e und viele Sonderworte: H e i m g a r t e n , L i c h t g a n g , H o c h s t u b e , S t u b e n g a n g , Maie (Götze, Alemannia w. f . 8, 220). besudeln s. s u d e l n . besulbern Ztw. 'arg beschmutzen' aus mhd. sülwen, sulwen 'beschmutzen', daneben auch süln ahd. sullen; vgl. ags. sylian, got. sauljan 'beflecken'. S. S u h l e . betätigen Ztw. in der Mitte des 18. J h . für a k t i v sein aufkommend und bei Gadebusch 1763 zuerst verzeichnet: Ableitung zu T a t , wie b e e r d i g e n zu E r d e und b e g n a d i g e n zu G n a d e . Heynatz tut 1796 b. als „Wort der Aftergeschäftssprache" ab, Goethe setzt es seit 1806 durch, Campe bucht es 1807: Wh. Pf äff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 19. betäuben Ztw. eigtl. 'taub machen'; s. t a u b . Betel m. Mal. bètul 'echt, wahr* wird substantiviert zur Bed. 'einfaches, bloßes B l a t f . Das ist für den Malaien das Blatt der Kletterpflanze Piper betle, das als Narkotikum gekaut wird. Über port, bètel gelangt das Wort nach Europa: span. frz. engl, betel. Frühnhd. B e t e l e seit Hulsius 1696 Schiffahrt I 22. Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 2149. beten Ztw. mhd. bêten, ahd. betòn, Ableitung vom F. ahd. bèta, got. bida 'Bitte, Gebet": zu b i t t e n : W.Wißmann, Nomina postverbaJia 101. Beton m. 'Gußmörtel', bei uns seit J . J . Helfft 1836 Encykl. Wb. d. Landbaukunst 45 gebucht, doch erst nach Erfindung des E i s e n b e t o n s allgemein durchgesetzt. Der Name nach gleichbed. frz. béton m., das auf lat. bitümen η. in seinen jungen Bedeutungen 'Schlamm, Sand' beruht. S. K i t t . betonen Ztw. Nachdem Gottsched 1749 Sprachkunst 40 A c c e n t durch B e t o n u n g ersetzt hatte, buchen Adelung 1793 u. Campe 1807 b e t o n e n als Ersatz für a k z e n t u i e r e n . Die heutige Bed. 'nachdrücklich hervorheben' kaum vor 1850. beträchtlich Adj. seit 1627 in Bedeutungen wie 'spectabilis, ansehnlich' vereinzelt nachweisbar. Im Sinn des frz. considérable von Lessing 1767 (Hamb. Dramat. I, Stück 8) verwendet und rasch durchgesetzt. Das jüngere obd. Kanzleiwort B e t r a c h t m. wird durch Wieland eingeführt. Bett n. Mhd. bçtfte), ahd. betti, asächs. b?d(dï), mnd. mnl. beide, nnl. engl. dän. bed, afries. aga. bedd, anord. bfòr, schwed. bädd, got. badi führen auf germ. *badja- (hieraus früh entlehnt finn. patja 'Deckbett'), idg. *bhodhio-. Grundbed. 'in den Boden eingegrabne Lagerstätte, Schlafgrube'; gestützt durch aschwed. béëdû, norw. mundartl. bed 'Lager eines Tiers'. Derselbe Stamm idg. *bhedh-: *bhod- '(in den Boden) stechen' auch in lat. fodere 'graben', fossa
Beule
'Graben'; lit. bedù, bèsti 'stechen, bohren, graben', lett. bçdu, best 'begraben', badaü, badati 'stoßen', bêdrê 'Grube', apreuß. boadis 'Stich', emrbaddusisi 'sie stecken'; aslav. bodç, bosti 'stechen'; kymr. bedd, körn, bedh, bret. béz 'Grab'; hethit. beda- 'stechen'. Dasselbe Wort ist B e e t (s. d.); vgl. auch B o o t . — Die Lautgeographie von 'Betf bietet der Dt. Sprachatlas. Pokorny, Etym. Wb. 114 hat noch ein *bhedh- 'krümmen, drücken, beugen, plagen'; davon leitet W. Foerste, Nd. Wort 2. 23 ab: Bett = 'Polster'. Bettel m. 'Geringfügiges', früh bei Chr. Weise 1673 Erznarren 111 Ndr.: zu mhd. betel 'das Betteln' (wie in nhd. S t r a ß e n b e t t e l ) . Rückbildung zum Ztw. b e t t e l n , s.d. betteln schw. Ztw., mhd. bêtelen, ahd. bltalön: Iterativbildung zu ahd. bêtôn 'bitten*. Dazu B e t t l e r m., mhd. bêtékere, ahd. bütaläri. betncht Adj. Zu hebr. bäfah 'sicher sein, sorgenlos leben' gehört das Part. bätüah, judendt. betüehe 'sicher*. Das nach dem Muster der dt. Part, umgebildete b e t u ( e ) c h t bedeutet zunächst 'vermögend, vertrauenswürdig*. Daraus entwickeln sich 'verschwiegen, in sich gekehrt, gedrückt, verdutzt'. Die Übernahme aus dem Rotwelschen in obd. Mundarten belegt H. Fischer, Schwab. Wb.l 977; 6 131. Sie wird bestätigt durch F. Kluge Rotw. 1, 374. 395. 437. 485; Wolf Wb. 440. Betzel, P e t z e l m. f., mhd. bezel 'Kopftuch', zu mlat. peciola 'Leinenlappen' zu kelt. *pëttia: H. F. Foltin (s. K r a n z ) . bengen schw. Ztw. Mhd. böugen, ahd. bongen, asächs. bögian, afries. bëia, ags. Megan, anord. b?ygja, schwed. boje, dän. beie vereinigen sich auf germ. *baugjan, Bewirkungsztw. zu dem ursprünglich nur intrans, b i e g e n , s. d. Auf 'biegen machen' lassen sich alle späteren Bedeutungen von b e u g e n zurückführen. — B e u g e n als Ersatz für f l e k t i e r e n nennt Adelung 1774 und 1793 unbequem. Jean Paul verwendet es 1796 unbekümmert um Adelungs Einspruch und setzt es durch: Pf äff Kampf um dt. Ersatzwörter 19. Beule /. mhd. bilde, ahd. asächs. bülia, afries. bêle, ags. byie (engl, boü) weisen auf wgerm. *bür li(ön). Daneben ein M. in mnl. buul, afries. bèi, ags. byl u. ein F. ohne t-Suffix in asächs. ani. bula, mnl. mnd. bùie. Aus dem Mnd. entlehnt sind dän. bule, schwed. bula; als echt nord. Bildungen stehen daneben ält. dän. bugle, schwed. mundartl. buggla 'Erhebung*. Isl. Ablautform ist beyla 'Buckel', das sich zu got. uflauljan 'aufblasen' stellt. Die Sippe gehört als 2-Erweiterung zu der unter B a u c h entwickelten idg. Wurzel *bfwu-: *bhür. Zu ihr mit der gleichen Erweiterung die außergerm. Bed.-Verwandten air. bolaeh 'papula' u. serb. búljiti 'die Augen vorstrecken, glotzen'. Weitere Verwandte s. u. B a l g , B a u s c h , b aus en
Beunde
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bewahrheiten
und B u s e n . Die Wortkarte 'Beule': I. Reiff en- ins Nhd. des 18. Jh. gelangt. Hd. Entsprechung ist mhd. böqel, bœçel 'Prügel'. Die bei Handstein b. Mitzka, Dt. Wortatlas V. Beunde f . mhd. Munde, Munt{e), ahd. Muni(a) werkern gangbare Form B e i t e l ist durch den 'ländliches Privatgrundstück, dem Gemeinderecht Vokal des gleichgebild. Meißel beeinflußt: R. entzogen, urspr. eingezäunt·. Vor allem ein Wort Bruch, Zs. f. Mundartfg. 21,152. Auch die weitder Mundarten: Schweiz, bünt, bad. taint, schwäb. hin wirksame Entrundung von eu zu ei liegt nahe, beund, bair. ρ oint, in westfäl. Flurnamen bain: da eine Korrektur aus einer schriftsprachlichen Bohnenberger 1925 Germanica 184ff. Es lebt fort Form praktisch ausfällt. — Hierher könnte auch in Ortsnamen wie Haselpoint, Lindpaint (Solmsen, B e u t h e i e /. 'Böttcherschlegel' gehören, nicht vor Idg. Eigennamen 62) und davon abgeleiteten Adelung 1775. Das gleichbed. P o c h h e i e führt 1 Fam.-Namen (Gottschald, Dt. Namenkunde 2 1954 darauf, im ersten Wortteil das unter B e u t e l S. 215). Mnd. Mwende 'umzäunter Platz" läßt an entwickelte Ztw. der Bed. 'stoßen' zu sehen; 1 die Bedeutung 'Umzäunung* denken, aber in den sonst ließe sich auch an B e u t e in der Bed. hd. Formen aller Zeiten kann möglicherweise 'Faß, Zuber* denken. Grundwort ist ahd. heia, Volksetymologie Deutung und Umformung be- mhd. heie 'Schlägel, hölzerner Hammer", mnd. wirkt haben. Es bleibt germ. *beund — zu Hanl heie 'Rammblock'; dazu mnl. heien 'schlagen, (s. Boden, Bühne) vorstellbar, dann läge die Ur- stoßen, rammen", Schweiz, heien 'stampfen; Hanf bedeutung 'Grundstück· voraus: Nils Törnquist, brechen'. Nicht zu aind. khid-, lat. caedö MayrNd. Jb. 1954, 35. Wegen bi 'ringsherum' s. hofen Randglossen 180. bei. Beutel2 m. 'Säckchen', ahd. butil, mhd. biutel, Beate1 f . 'Backtrog, Bienenstock", mhd. biute, asächs. büdil, nnl. bui(de)l aus mnl. büdel; von ahd. biutta /. Ableitung aus ahd. Mot, got. Mups, da entlehnt awfries. büdel. Darüber hinaus verags. bèod, anord. bjödr 'Tisch, Brett", das fortlebt gleichen sich Bildungen ohne ¿-Suffix wie isl. in Schweiz, biet 'Ende des Nachens", bad. schwäb. budda 'Geldbeutel', schwed. mundartl. bodd bair. biet 'Kelterbett, Mühlsteinlager". In germ. 'Kopf', ags. budda 'Mistkäfer", mengl. budde *Mudaz sieht man 'das mit Boden versehene 'Knospe; Käfer", Grundbed. 'Geschwollenes'. Wohl zu einer in vielen Spielarten bezeugten Wz. Gerät'. S. B i e n e n s t o c k . Beute2 f . 'Kriegsbeute' ein zufrühst im Mnd. *b(h)u 'schwellen', zu der auch B a u c h , B e u l e bezeugtes Wort, das gleichmäßig nach Nord, und B u s e n gehören. Bevölkerung f., zuerst bei Stieler 1691, ist West, Süd und Ost (ins Ordensland) ausgestrahlt ist. Mnd. bitte 'Tausch, Wechsel, Verteilung', Ableitung von b e v ö l k e r n 'mit Volk besetzen". (wfjbüten '(aus)tauschen, verteilen, Beute machen", Die Bed. 'Volksmenge', die B. als Ersatzwort vrîbûter "(See-)Räuber' bilden eine Gruppe, deren für P o p u l a t i o n im 18. Jh. annimmt, lehnt Glieder nach Skandinavien wie nach den Nieder- noch Adelung 1774 ab: Wh. Pfaff 1933 Kampf landen entlehnt sind, dabei hat das Ztw. (mnl. um dt. Ersatzwörter 19 f. buten, anord. iryta) einen Vorsprung, der die Anbevor Konjunkt. Aus mhd. (be)vor ë: vor war knüpfung an die nur subst. air. büaid 'Sieg", Adv. der Bed. 'früher", è Träger der Satzanknüpkymr. budd 'Gewinn' erschwert u. Auffassung als fung: da% e?, diu wunde tvesse vor, è der ander *biütian (zum Adv. ut) empfiehlt; vgl. anord. yta vrost kcem her nach Wolfr. v. Eschenbach 1204 ' darreichen', dän. yde ' gewähren'. Nrhein. Krämer- Parz. 493, 2. Die Konjunkt. ë ist weggeblieben; sprachen (Kluge 1901 Rotwelsch 1457 aus Breyell nhd. b e v o r führt den Nebensatz ein, dessen 1874) haben ihr b e u t e n 'kaufen, kosten' offenbar Handlung vor der des Hauptsatzes liegt. — Β eaus dem Nnl. Die Wendung auf die Kriegsbeute v o r a b , gekürzt aus b e v o r a b weil, im 17. Jh. bekommt das Wort dadurch, daß es im 15. Jh. vereinzelt im Sinn von lat. praesertim : 0. Behaghel von Soldaten nach Mittel- und Oberdeutschland 1928 Dt. Syntax 3, 88f. getragen wird; in den Mundarten hat es hier bevorzugen Ztw. tritt um 1800 auf und wird keinen Boden. Frz. butin, span, botín, ital. bottino seit Campe 1807 verzeichnet. 'Raub' sind german. Ursprungs. bewähren schw. Ztw. 'als wahr, zuverlässig Beutel 1 m. 'Meißel, Gerät zum Mürbeschlagen erweisen", mhd. betoœren, ahd. Mwär(r)en (aus von Flachs usw.' Das Ztw. ahd. bôççan 'stoßen, *Mwärjan): zum Adj. w a h r , s. d. Heute recht schlagen", das in A m b o ß steckt, lautet ags. lebendig sind nur sich b e w ä h r e n und b e w ä h r t bêatan, engl, beai, anord. lauta u. führt auf eine (mhd. bewœret) 'durch Erfahrung tüchtig befungerm. Wz. *baut- 'stoßen, schlagen". Dazu mit den". bewahrheiten schw. Ztw. ist als Ersatz für dem Suffix germ, -tía, das mask. Gerätnamen zu primären Verben bildet (Hebel zu h e b e n , v e r i f i z i e r e n im 18. Jh. dem weit älteren nl. S c h l ä g e l zu s c h l a g e n , Schlüssel zu schlie- bewaarheiden (Nl. Woordenb. 2, 2371) nachß e n , Zügel zu ziehen) ags. bytel, engl, beetle, gebildet. Adelung lehnt b. 1793 als „albernes Wort anord. beytill, mnd. nd. betel. Dies ist mit nd. t einiger Neulinge" ab, Campe steht der Bildung
bewegen
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zurückhaltend gegenüber. Lavater verwendet b., Heynatz nennt es 1796 „schon sehr geläufig": Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 20. bewegen Ein intrans, u. ein trans. Ztw. sind zus.-geflossen : das st. Ztw. ahd. (bi}wêgan mhd. (beywçgm 'sich bewegen* u. das Kausativ dazu, das schw. Ztw. ahd. (bi}w$cken, (bi)wegen, mhd. (bejwegen 'machen, daß sich etwas bewegt'. Außerhalb des Deutschen vergleichen sich ags. wëgan, anord. vëga, got. ga-wigan 'bewegen, schütteln*. Zum idg. Verbalstamm *uegh- 'bewegen' s. Wagen. Beweggrund m. Beim Gebrauch von Motiv (Schulz-Basler 1926 Fremdwb. 2, 157 f.) ist bewußt geblieben, daß das Fremdwort zu lat. movere 'bewegen' gehört. So umschreibt S. Roths Fremdwb. (1571) motif mit 'Bewegung*. Als Verdeutschung tritt demgemäß 1663 Bewegungsgrund auf (Gryphius, Trauersp. 386; Zs. f. d. Wortf. 13, 43), seit 1719 gekürzt zu BewegGrund: C. H. v. Canstein, Vorrede zu den Ged. des Freih. v. Canitz 1734 X X I . An Widerspruch gegen beide Lehnübersetzungen hat es nicht gefehlt: Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 20 f. Beweis m. in math. Fachsprache seit J . C. Sturm 1670 T. Archimedes 39 für demonstratio, rückgebildet aus bemsunge, das in mhd. Rechtssprache eine Rolle spielt, in der auch beuñs im Sinn von 'Weistum' schon gilt: A. Götze 1919 Anfänge einer math. Fachspr. 27 f. bewerkstelligen Ztw. Aus der Formel mhd. ze werlee stellen in der Bed. 'zur Ausführung bringen' gebildet, belegt seit Butschky 1677 Pathmos 611, gebucht nicht vor Steinbach 1725. bezichtigen Ztw. Neben mhd. leihen 'einer Tat beschuldigen' (s. zeihen) steht beziht f. 'Beschuldigung*, dazu frühnhd. beziehten, bei Goethe u . a . b e z ü c h t e n (unter Anlehnung an Zucht.). Entsprechend steht schon frühnhd. be~ züchtigen neben üblicherem b e z i c h t i g e n , das zum Adj. aid. bizihtîc 'beschuldigt* gebildet ist. beziehen et. Ztw., ahd. piziohan, mhd. beziehen, mnd. betè(e)n, afries. bitta, got. büvuhan·. zu ziehen , s. d. Jn alter Zeit geht beziehen von intrans, ziehen aus, das durch die Vorsilbe trans, wird. So his ins 18. J h . mit Krieg beziehen, noch heute: eine Wohnung beziehen; Soldaten beziehen Posten, Quartier, ein Kaufmann die Messe, öfter liegt seit mhd. Zeit trans, ziehen voraus; dann ist beziehen 'ziehend mit· etwas versehen': Pappe, ein Bett mit einem Überzug, die Geige mit Saiten. Hier ist das Obj. von der Vorsilbe abhängig, dagegen vom Ztw. in Wendungen wieGehalt, W a r e n , Prügel beziehen, auch beim rückbez. „der Himmel bezieht sich mit Wolken". S i c h beziehen an wird in der Rechts-
Biber
sprache 1450 (Dt. Rechtswb. 2, 307) 'den Rechtszug nehmen, appellieren'. An die Stelle des an rückt a u f , der Sinn lockert sich, der papierne Klang bleibt: „ich beziehe mich auf mein gestriges Schreiben"; dann auch trans.: „sie bezog die Anspielung auf sich". Hier schließt das 1671 auftauchende F. B e z i e h u n g an, zu dem sich 1755 das unklare Adv. beziehungsweise gesellt (Wustmann-Schulze 1935 Sprachdummh. 343), das zu vermeiden ist: besser sind dafür und, oder, vielmehr. Der Bezug geht von sinnlichen Bedeutungen aus: mhd. bezoc war 'Unterfutter*; noch heute sprechen wir von Kissenbezügen. Häufiger unsinnlich : Bezug einer Zeitung; Dienstbezüge. Im Geschäftsleben.· „ich nehme Bezug auf Ihr gestriges Schreiben", ganz schlimm: „unter Bezugnahme auf Ihr wertes Gestriges". Das Adj. bezüglich 'relativ1 bucht Campe 1807 als neugebildetes Wort. 1813 fügt er hinzu: „Diese Verdeutschung schmeckt aber freilich sehr nach der Kanzellei". Seitdem hat man bezüglich zur Präp. verbildet: „bezüglich Ihrer Anfrage". Da auch das noch nicht steif genug klang, führte man nach Mitte des 19. J h . diesbezüglich ein. Bezirk m. Lat. circus 'Kreis' ist frühestens in ahd. Zeit entlehnt, wie ζ für lat. c lehrt. Zu mhd. zirc 'Umkreis' stellt sich spätmhd. bezirken 'im Umfang bestimmen', u. dazu wieder gleichzeitiges bezirc, das einfaches Zirk bis auf mundartliche Reste (H. Fischer 1924 Schwab. Wb. 6, 1239 f.) verdrängt hat. bezwecken schw. Ztw., im 18. J h . nach dem Vorbild des älteren bezielen als Ersatz für i n t e n d i e r e n gebildet, wird von Lavater und Goethe gegen den Widerspruch von Adelung u. Heynatz durchgesetzt; Wli. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 21. Bibel /. mhd. bibel, älter biblie /.: über kirchenlat. biblia in die Sprachen der Welt gedrungen, bei uns spät heimisch geworden; vgl. F i b e l . Die Griechen benannten ihre Bücher nach dem syrischen Hafen B y b l o s (heute Dsehebêï), weil von da der nötige Papyrus kam. Gr. βύβλο; wird nach βιβλίον (die Folge υ—ι ist zu ι—ι angeglichen) zu βίβλο; umgestaltet. Dessen Mz. ergibt kirchenlat. biblia, umgedeutet zum F. Sg. bibellegt Adj. 'wer Bibelstellen gedächtnismäßig beherrscht', allgemein seit Gottsched 1736 Ged. 1, 560. Schon seit Rädlein 1711 k a p i t e l f e s t 'zuverlässig in Angabe der biblischen Kapitel'. Biber m. Mhd. Uber, ahd. bibar, asächs. bibar, mnd. mnl. nnl. bever, ags. be(o)for, engl, beaver, anord. biörr (dän. bœver, schwed. bäver beruhen auf Entlehnung aus dem Mnd.) führen auf germ. *bebrur, idg. *bhebhrú-, redupl. Schwundstufe zu dem unter B ä r 1 erschlossenen idg. Adj. *bhero'braun'. Aind. babhrú- bedeutet als Adj. 'braun',
Bibernelle
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biegen
als M. 'Ichneumon'. Urverwandt sind ferner als veraltet bezeichnet wird. Nach F. v. Logau awest. lawrö, lat. fiber, aslav. bebrü, poln. bâbr, 1664 Sinnged. 1229, der b i e d e r neu aus B i e d e r -
tschech. bohr, lit. hebras, lett. bebris, apreuß. m a n n folgert, empfiehlt Lessing 1769 das Adj. bebrus, gall, beber 'Biber* (hierzu kelt. Ortsnamen (Logau-Bearbeitung 74; Logau-Wb. 26), 1772 gewie Bibracte, deutsche wie Biberach). Aus braucht er es selbst (Emilia Galotti 1, 4). Schon afränk. *beuvor entlehnt ist frz. bièvre; aus germ. 1767 war G. A. Bürger Lessings Anregung geNachbarsprachen stammen auch spätlat. beber, folgt; durch die Dichter des Hainbunds wird ital. bevero, span, blbaro, akorn. befer. — Anderer b i e d e r mehrfach verwendet, so daß C. W. KindHerkunft ist Bieber 'Fieber* nur in der Zu- leben, Stud.-Lex. (Halle 1781) 36 sagen kann: sammensetzung mit - k l e e , - k r a u t , -würz, „Dieses Wort ist zwar veraltet; es fängt aber mhd. biever, n. 'Fieber*; sein Verhältnis zu lat. jetzt an, wieder Mode und von vielen guten febris ist vieldeutig; wahrscheinlich ist es um- Schriftstellern gebraucht zu werden." Obwohl gebildet aus viéber, s. F i e b e r und vgl. das Ver- der kluge Berliner J . F. Heynatz 1775 Handbuch hältnis von Bibel zu Fibel. Ags. fèferfûge f . 217 meinte, es werde sich kaum wieder ein'Mutterkrauf beruht auf lat. febrifugia\ gleich- führen lassen, hat sich b i e d e r durchgesetzt, bed. engl, fewerfew ist abgelenkt durch afrz. auch neuen Zus.-Setzungen wie B i e d e r f ü r s t , - h e r z , - s i n n , -ton zu einem freilich meistkurzen feverfue. Leben verholfen. Mit Spitze gegen Adelung sagt Bibernelle s. P i m p e r n e l l e . Bibliothek f . 'Büchersammlung*. Gr. βιβλιο- Campe 1807, „daß es lächerlich sein würde, es θήκη ist über lat. bîbliotheca in humanist. Zeit zu zu den veralteten zu zählen". Kuhberg 40f; uns gelangt: Bibliothec Hedio 1631 Josephus, W. Stammler, Kl. Schriften 1954, 148. Vorr. 4, doch gilt frühnhd. überwiegend das aus Biedermeier m. Der dem Fam.-Namen B i e d e r lat. librària gewonnene L i b e r e v. Lat. bibliothe- m a n n nachgebildete Ausdruck stammt von carius, jahrhundertelang mit der fremden Endung A. Kußmaul 1853. Erscheint in dessen und gebraucht, verliert diese ein erstes Mal bei Schu- seines Freundes Eichrodts Gedichten Biederbert 1774 Chronik 91. S. Bücherei. maiers in den „Fliegenden Blättern" 1855-1857 Bickbeere f . 'Heidelbeere': im Lübecker (Charles A. Williams in: Journal of E. a. G. Schulvocabular von 1511 (Nd. Jb. 16, 114): vac- Phil. 1958, 403). Für den Namen mochte cinium/eyn heydelbere efie bikbere; nnl. (Kilian den Freunden auch F. Th. Vischers 1825 ge1699) biekbere. Heute mundartlich im nd. Weser- prägter Deckname S c h a r t e n m a y e r Vorbild und Elbgebiet sowie Mecklenburg-Vorpommern: gewesen sein. Als Urbild nennen sie Sam. Friedr. B.Martin, Wortkarte 'Heidelbeere'Tenth.3,310; Sauter, „Lehrer und Poet in Flehingen und Teuchert 62f. 217 f. Die Beere heißt nach ihrer Zaisenhausen" (1766 bis 1846), der aus kindhaftpechschwarzen Farbe; der erste Lippenlaut von zufrieden-beschränktem Sinn seine unschuldigen Verse geformt hatte: R. Majut 1932 Germ.-rom. mnd. *pikbere ist dem zweiten angeglichen. Bicke f . — Bickel m. 'Spitzhacke', mhd. Monatsschr. 20, 401 ff. Aus dem (meist ironisch bicke(l) neben m h d . bicken, ahd. (ana)bicchan genommenen) Vertreter biedermännischer Anschw. Ztw. 'stechen, stoßen': verwandt mit ags. ständigkeit wird nach der Gründerzeit der ernst bieca, engl, beak-iron 'spitziges Eisen'. Weiterhin gemeinte Träger einer bürgerlichen Kultur, deren ist Beziehung zu einer kelto-roman. Sippe (itaL innig-schlichter Lebens- und Kunststil die in sich becco, frz. bec, nnl. bek, engl, beak 'Schnabel', frz. gerundete Formwelt eines Zeitraums ausdrückt, bêche 'Grabscheif, ital. beccare 'hacken' usw.) der sich von Vor- wie Nachwelt bewußt abhebt. wahrscheinlich; Urverwandtschaft von engl, beck, Kaum vor 1900 B i e d e r m e i e r e i , B i e d e r ags. becca 'Spitzhacke' mit gall.-lat. beceus 'Schna- m e i e r z e i t , - s t i l ; wieder jünger das B i e d e r bel'ist so gut möglich wie Entlehnung. S. picken. meie r als Ausstattung in Büchern, Möbeln u. dgl. : M. Gottschald 1939 Trübners Dt. Wb. 1, 328; biderb altertümlich für bieder. W. Stammler, Kl. Schriften 1954, 152. bidmen s. beben. biegen st. Ztw. Mhd. biegen, ahd. biogan, got. Bieber 'Fieber* s. B i b e r . bieder Adj. Adv., mhd. bidfrbe, ahd. bidçrbi biugan führen auf idg. *bheugh-. In Ablaut damit älter -darpi, nd. bedarve, -dfrve, westfäl. biärwe, mnd. bügen, mnl. büghen, nnl. buigen, ags. bügan,
mnl. berf: die betonte Vorsilbe bi- ist vor den Stamm von d ü r f e n getreten. Als älteste Bedeutung ergibt sich 'dem Bedürfnis entsprechend", dann über 'brauchbar* die endgültige 'brav, wacker*. So ixi B i e d e r m a n n , mhd. (seit 1250) bider(b)man, das durch die ganze Neuzeit üblich bleibt, während b i e d e r den Wörterbüchern von M aaler 1561 bis Adelung 1793 fehlt oder von ihnen
anord. *büga (Plur. Prät. bugu, Part, beginn). Germ. Verwandte sind b e u g e n , Bogen, B u c h t , b ü c k e n . Außergerm, vergleichen sich aind. bhujdti 'biegt, schiebt weg*, bhugndh 'gebogen* und (mit gewandelter Bedeutung) lat. fttgiô, gr. (peùyco'fliehe*, lit. bügti 'erschrecken, in Schrecken geraten*. Ags. bügan bedeutet neben 'sich biegen* auch 'fliehen*.
Biene
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Biene f . Mhd. bm(e) f., ahd. asächs. Mni n., dehnstaiig österr. lein, mhd. Un, ahd. Una (G. Kisch 1938 Zs. f. Mundartf. 14, 108): mit » der schw. Beugung am Stamm germ. *bí-, idg. *lhi-. Dieser erscheint ohne η in alem. asächs. aschwed. U, mhd. Ue, ahd. Ua, mnl. Me, nnl. Uj, ags. Uo, engl, bee, anord. bg η. (in byfluga), norw. bia, dän. schwed. bi: germ. *U-ön-, Zu demselben Stamm anders gebildet gleichbed. aslav. incela, apreuß. bitte, lit. ìMé, bids, lett. bite sowie akymr. bydaf 'Bienenstock*. Auf idg. *bheko- beruhen gall. *bekos, air. bech 'Biene', kymr. begegyr 'Drohne'. Über frz. bigre s. I m k e r . Falls die seit J . Grimm erwogne Zugehörigkeit zur idg. Wurzel *bhü(Präs. *bhu-i\o) von b a u e n zutrifft, bedeutet das Wort zunächst 'Arbeitsbiene'. Sinnverwandte Ausdrücke s. u. I m m e und Zeidler. E. MüllerGraupa 1930 Glotta 18,137. — B. Schier bietet, vgL zum folgenden, eine Übersichtskarte zu Β i e η e : I m m e (s. d.), danach gilt Biene im Obd. nur in Österreich, im Md. und in Ost- und Westpreußen. Bienenkorb m. mhd. Unekorp: wohl verdeutlichende Umbildung für ein älteres mhd. binekar, ahd. bini-har, worin das Grundwort 'Gefäß, Kasten' bedeutet; daneben bair. tirol. beikar, bad. schwäb. binker(t) aus ahd. (auch asächs.) U-kar (s. Kar). Weitere Synonyma I m m h ä u ß l e Maaler 1661; Schweiz. U-hüs; graubünd. bijitrikchli; mhd. inibenvai;; elsäss. bungst eigtl. 'Baumkasten, ausgehöhltes Stainmstück mit Flugloch u. Bretterdeckel' (Teuthonista 2, 314f.); B i e n e n s t o c k (Abr. a St. Clara 1723 Lauberhütt 140), spätmhd. Mntstoe eigtl. 'Baumstamm für Bienen'; ahd. kafteri (s. K ä f t e r ) ; nd. rump; mnd. hüve, ags. hyf, engl. hive\ siebenbürg, laibes eigtl. 'Bienenfaß'; ahd. biidta, mhd. biute unter B e u t e 1 . — Die Bienenkorbarten, Kästen und Strohkörbe, behandelt B. Schier, Der Bienenstand in Mitteleuropa 1939, dazu Karten: K o r b in NordWestdeutschland; Rumpf von Ostpommern bis Pommern, ostpreuß. Küste und Südrand, schwäb. bayer, als K i r b , Mitteldeutsch : S t o ck, daneben im Schlesischen B e u t e , Mittel- und Niederrhein H a u b e u. a. m. Bier n. mhd. Mer, ahd. asächs. Mor, afries. biär, ags. béor (engl, beer), mnd. mnl. ber: ein nur westgerm. Wort, das dem Got. fehlt u. im Anord. lediglich als Entlehnung aus dem Westgerm. (björr) erscheint. Kein Wort aus heimischem Stamm, sondern klösterl. Fremdwort des 6./7. Jh., dem vulgärlat. Mber (Mz. Mberes) 'Trunk· vorausgeht, das sich von Westen her verbreitet hat u. aus dem subst. Inf. lat. bibere 'trinken' stammt, wie schwed. dricka 'Dünnbier' (Axel Lindqvist, Dt. Kultur- u. Gesellschaftsleben im Spiegel der Sprache 1955, 30). Aus *breor zu ags. brêowan 'brauen' leitet es Holthausen, Idg. Forschungen 60 (1952) 60 ab, da
bieten
müßte wie in fodern: fordern, Köder: querder das erste r dank Fernassimilation ausgefallen sein. Das urspr. nur von Klöstern geübte Bierbrauen hängt zusammen mit dem Hopfenbau, der hauptsächlich in den Klöstern Nordgalliens blühte, s. H o p f e n . Das gehopfte Bier stellte sich neben das ungehopfte, das unter dem Namen ags. ealu, engl, ale, asächs. alu, anord. ρΐ bei den älteren Germanen üblich war (daraus entlehnt finn, alut sowie lit. alùs). Das dt. Wort drang im 16. Jh. unabhängig von mlat. biber ins Romanische: ital. Mrra, frz. Mère aus frühnhd. hier. Vgl. Heyne 1901 Hausaltert. II 341. (Axel Lindqvist, Dt. Kultur- u. Gesellschaftsleben im Spiegel der Sprache 1955, 30.) Vgl. Butter. Bierbaß m. seit Campe 1807 gebucht und seit Ende des 18. Jh. oft bezeugt, zuerst Bretzner 1788 Leben eines Lüderlichen I I I 270. Biese /. 'eingelegte Schmucknaht'. Zu mhd. Mese, mnd. bêse in dieser Bedeutung und 'Binse' stimmt der aus der Naht im Halbrundrelief hervortretende Nahtbesatz. Mnl. ist Mes 'Binse' und jenes opnaisel oder boordsel, was südnl. als Dim. Meske üblich ist, woraus frz. bisette 'passementerie von Gold oder Silber' 14. Jh. abzuleiten ist. Biest 1 m., B i e s t m i l c h /. 'erste Milch einer Kuh nach dem Kalben', ahd. asächs. Most, mhd. mnl. Mesi, ags. bêost, engl, beest mit der gleichbed. Abi. ags. Uesting, engl, beestings, Mestigns.lm Ablaut damit germ. *busdôn in norw. budda 'Biestmilch'. Dazu viel Entstellungen, wohl mit Anlehnung an B r u s t oder B r i e s c h e n : isl. öbrystur, alem. brie§(t), frühnhd. briesler, schwäb. kuhbriester, briestermüch. Dieser Entstellung ist P f a f f e n m i l c h in südwestd. Ma. nachgebildet. Oberhess, österr. biesen 'melken' steht für urspr. *biesten. Wie aind. piyüia- 'Biestmilch' zu páyate 'schwillt, ist voll' gehört, so könnte ahd. Most über nhd. mundartl. B a u s t 'Wulst', b a u s t e ( r ) n 'schwellen' zu B a u s c h gehören. — B i e s t 2 s. B e s t i e . bieten Ztw. mhd. Meten, ahd. biotan st. Ztw. 'anbieten, darreichen, gebieten' (ähnliche Bedeutungen vereinigt das mhd. Wort für b e f e h len), ags. bèodan 'ankündigen, anbieten, (engl. bid vereinigt unser b i e t e n und b i t t e n ) ' anord. bjöda 'bieten, entbieten', got. anabiudan 'befehlen, anordnen' — faúrbiudan 'verbieten' (ahd. farbiotan, mhd. verbieten, ags. forbèodan, engl, forbid). Got. Mudan deutet mit dieser ganzen Wortgruppe auf eine vorgerm. Wz. *bheudh·, gr. ττυθ (für *φυθ) in ττυνθάνομαι, m/θέσθαι 'fragen, forschen, durch Fragen erkunden, hören' nähert sich der einen Bedeutung des germ. Ztw.; dies hat die aktive 'verkündigen, mitteilen', das gr. Mediopassiv die Bedeutung
Bieten
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'durch Mitteilung wissen, erfahren'. Dazu die aind. Verbalwz. *budh (für *bhudh) meist 'wachsam, rege sein', dann 'aufmerken, achten'; und dazu fügt sich aslav. büdéti, lit. ludeti 'wachen', budrüs, aslav. büd-rü 'wachsam'; auch lit. laüsti 'züchtigen', lett. bauslis 'Gebot' und altir. imide 'Dank'; ein idg. Verbalstamm mit reicher Bedeutuiigsentwicklung, deren Hauptformen 'darreichen (beschenken) — anempfehlen (gebieten, mitteilen) — tätig sein, wachen* sind. Zum gleichen Stamm gehören B o t e und B ü t t e l . Bieten m. Schweiz. 'Vorderteil des Schiffs' Maaler (Zürich 1661), vorher: V o r d e r b i e t e n 'prora'. H i n t e r b i e t e n 'puppif Frisius 1656 Diet. 1080. Falls urspr. 'Brett*, zu got. Mups unter B e u t e 1 . S. auch Grans. Bigamie /. 'Doppelehe*. Gr. digamos 'zweimal verheiratet' gelangt über kirchenlat. bigamus nach Deutschland u. ergibt zunächst als Ausdruck des Kirchenrechts frühnhd. bigami, von H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 84 seit 1626 belegt. Später mag auch frz. bigamie eingewirkt haben. bigott Adj. Einem altengl. blgod entspricht das frz. Schimpfwort für einen Normannen 11. Jh., v. Wartburg 1, 356. Bei Gott sagten in Spanien dt. Soldaten mit martialischen Schnurrbärten; daher bigote 16. Jh.: 'mit Schnurbart', frz. bigot m. 'Mann von abergläub. Frömmigkeit', bigot Adj. 'übertrieben fromm', bigotterie f . Dies gelangt nach H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 84 seit 1685 ins Nhd., das M. seit 1740, das Adj. 1755. M. Alonso, Enciclopedia del Idioma 1958. Bilanz /. Ital. bilancio 'Waage, Gleichgewicht" (aus lat. bilanx, d. i. bis lanx 'zwei Schüsseln, Waagschalen habend') wird in der doppelten Buchhaltung zu 'Gleichgewicht zwischen Einnahme und Ausgabe; Rechnungsabschluß'. In Oberschwaben bedeutet baiane 1479 'Aufstellung über die voraussichtliche Geldlage': Al. Schulte, Große Ravensb. Handelsges. 3, 138 „Ainost schraib man unsß alweg ain Baiane, was man samlat bisß Wichanächten". Die sinnliche Ausgangsbedeutung bleibt lange lebendig: Math. Schwartz, Buchhalten (Augsburg 1518) 3 b „Das Schuldtbuech vergleicht sich ainer Wag, das nennen die Walhen Bilantza"; J . Fischart 1575 Geschichtklitt. 288 Ndr. „Er kondt auch auff eim Arm auff ein Stock sich steuren, daß der Leib wie ein Kauffmännische Bilantz inn der Wag stund". Das alte M. hat sich unter Einfluß von frz. balance und nhd. W a a g e zum F. gewandelt. Bilch m. 'Bilchmaus', bekannter als 'Haselmaus', nach seiner nächtlichen Lebensweise 'Siebenschläfer', wird in den Ostalpen entlehnt, ahd. bilih, mhd. bilch(müs). Das slav. Wort ist verwandt mit lit. pelé 'Maus', dies (nach lit. peleti 'schimmeln', pelesiai 'Schimmel') urspr.
bildschön
'das graue Tier' : Palander 1899 Ahd. Tiernamen 68f. ; Wiek 19; Bielfeldt 54: wohl aus dem Slowenischen. Vgl. S i e b e n s c h l ä f e r . Bild n. mhd. spätahd. bilde, ahd. (seit dem 8. Jh.) bilodi, -adi, -idi, asächs. bilidi, mnd. bilde, beide, anfr. bilithe, mnl. beeide, nnl. beeld, afries. bild. Im Ags., Anord. und Got. nicht bezeugt. Spätanord. bilMi, schwed. belate, bild, dän. billede (älter belede) beruhen auf Entlehnung aus Nd. Das hd. Wort ist ins Sloven., Magy. und Rumän. entlehnt. Nd. fränk. Midi stand gegen obd. bilodi, -adi. Dem Ansturm von Norden und Westen ist alem. bilodi früh erlegen, vom 10. Jh. an auch abair. piladi. Die zueinander im Ablaut der 4. Reihe stehenden Endungen treten zu germ. *bü- 'unterscheiden', das auch in billig, B i l w i s , U n b i l d e und W e i c h b i l d begegnet. Altsächs. bilidi bedeutet 'Zeichen, Sinnbild, Urbild, wahrer Sinn', ahd. bilidi zunächst'Sinnbild, Vorzeichen, Erscheinung oder Worte von zeichenhafter Bedeutung'. Dem entsprechen die Ztw.: die alte -jaw-Bildung ahd. biliden ist 'einer Sache Gestalt und Wesen geben', erst das jüngere bilidön 'eine vorgebildete Gestalt nachbilden'. W. Foerste, in Festschr. J . Trier 1964, 112. S. P h i l o s o p h . Bilderschrift /. für die altägypt. Hieroglyphen seit Fischart 1676 Garg. 189 Ndr., vereinzelt im 17. Jh. (DWb. 2, 17; Reichel, Gottsched-Wb. 1, 833), gebucht seit Frisch 1741 Teutsch-Lat. Wb. 1, 96. S. K e i l s c h r i f t . Bildhauer m. in der heutigen Bed. schon im 16. Jh. geläufig, z.B. Dürer 1520 Tagebuch 86 „do haben mich zu gast geladen in meiner herberg die mahler und bildthawer"; Erasmus-Herold 1642 Christi. Ee Institution 148 a „Was schand und laster ist aber, das die bildhawer und maaler yetzund nit für die äugen stellen?" Frühester Beleg: Riederer 1493 Spiegel d. wahren Rhetorik 59 (Bildhower). Seit Maaler 1561 gebucht. Vgl. mhd. ein gehouwen bilde — ein bilde houwen von der Arbeit des Bildhauers. bildsam Adj. Längst bevor Wieland 1761 das Wort im Sinn von 'plastisch' in Umlauf bringt (A. Gombert 1893 Schulprogr. 7, 15), seinerseits bestimmt durch u n b i l d s a m 'formlos' bei Klopstock 1748 Messias 2,386, braucht es Joh. v. Neumarkt 1380 Leben des hl. Hieronymus im Sinn von 'vorbildlich' (Schoppe 1923 Germ.-rom. Monatsschr. 11, 184). bildschön Adj. erst im 19. Jh. geläufig. Bei Adelung 1774 noch nicht verzeichnet, aber in der 2. Aufl. 1793 als niederes Volkswort gebucht. Zufrühst bei Zaupser 1789 Nachlese z. bair.oberpflz. Idiot. 12; bei Klein 1792 Provinzialwb. I 49 als Provinzialwort für Oberdeutschland angegeben. Eigtl. wohl 'schön wie Heiligenbilder oder Engelbilder" und daher zuerst in katholischen
Bildung
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Landschaften heimisch. Belege: Wieland 1775 Teutscher Merkur I 173 Anm.; Meißner 1781 AIcibiades I 110 („der bildschöne Jüngling"); Wieland 1783 Clelia u. Sinibald III V. 29 („ein netter bildschöner junger Herr"). Vgl. b i l d h ü b s c h Hauff 1827 Mann im Monde 8. Seit dem 16. Jh. dafür oft engelschön. Bildung f . spätahd. Uldunga, mhd. bildunge; noch friihiihd. bildung ist vorwiegend 'Schöpfung, Verfertigung', ja noch im 18. Jh. herrscht 'äußere Erscheinung bes. des Gesichts' vor. Die Entwicklung zu 'Geisteskultur* knüpft an das Inbilden der Mystiker an, denen bildunge etwa 'bildhafte Vorstellung" bedeutet. Ihren Sprachgebrauch nimmt Jac. Böhme auf, für den körperl, u. geistiges B i l d e n ineinanderfließen. ötinger braucht das Ztw. zuerst im philos. Sinn, kennt auch schon „das Herz bilden" u. G e m ü t s b i l dung. Neuen Antrieb bringen, nun von der ästhet. Seite, Leibniz u. Shaftesbury: in der Übersetzung von dessen Werken (1738) erscheinen B i l d u n g 'formation of a genteel character' u. i n n e r e Β. 'inward form'. Klopstock bürgert das Wort in der pädagog. Welt ein, aber noch 1765 klagt M. Mendelssohn 2, 246 „Die Worte Aufklärung, Kultur, Bildung sind in unserer Sprache noch neue Ankömmlinge. Sie gehören vorderhand bloß zur Büchersprache, der gemeine Haufe versteht sie kaum". Geliert, Wieland u. Herder gewinnen dem Wort seine heutige Geltung, während Lessing abseits steht. Goethe verwendet auch s c h o n B i l d u n g s g a n g , - s t u f e u. Geistesbildung: Ilse Schaarschmidt. Der Bed.-Wandel der Worte bilden u. Bildung. Diss. Königsberg 1931. Bildungsphilister m. um 1860 aufkommend; frühester Beleg: J . Scherr 1866 Studien II 298 („Menschen, für welche man den glücklichen Ausdruck Bildungsphilister erfunden"); auch B. Haym 1870 Romantische Schule 88 und Karl Grün 1874 Ludwig Feuerbach 23. Wahrscheinlich rührt das Schlagwort von dem Historiker Leo in Halle her. Neuerdings Schlagwort geworden seit und durch Nietzsche 1873 Strauß der Bekenner I 186. Bei ihm auch B i l d u n g s k o s a k , - k a m e l , vorher K u l t u r p h i l i s t e r und B i l d u n g s p l e b s : A. Götze, Ilbergs Neue Jahrb. 1921 I 453. Billard n. Im alten Kastilien war vilorta ein Spiel, bei dem mit einem kurzen Schäferstab (vilorto) ein Ball zwischen Pflöcken hindurchgetrieben wurde. Der Name ist nach H. Schuchardt Zs. f. rom. Phil., Beih. 6 S. 49 durch Kreuzung von vitis 'Rebe' u. retorta 'Weidenband' entstanden, das l stammt aus neuer Kreuzung mit volumen 'Band'. Die Basken machten daraus billarda; daher frz. billard. Nhd. B i l l a r d seit Fisch art 1575 Garg. 262, im 18. Jh. B i l i a r d, vorher bil(i)ken-, peilkentafel.
Billion
Bilie /. 'Hinterbacke', mnd. (ars)bille, mnl. e(e)rsbille, nnl. bil: ablautend mit B a l l 2 (s.d.), zu dem sich mit gleicher Bedeutung die alte Mz.Form ahd. asächs. (ars)belli 'nates* stellt. Bei J. Lauremberg 1652 Scherzged. 4, 678 Kennwort der Nd.: „Ihr (die Hochdeutschen) sitzet auff Arsbackn, wy sitten up den Billen". Seemännisch wird Bille zur 'unteren Rundung des Schiffs hinten, wodurch der Spiegel mit der Seite des Schiffs vereinigt wird'. In einem hd. Seetext zuerst 1742: F. Kluge 1911 Seemannsspr. 97; W. Foerste, in Festschr. f. J. Trier 1964, 140: zu Germ. *bil- 'unterscheiden'. S. Bild. Bilie /. "Hacke, Pickel' s. Beil. Biller Plur. 'Zahndamm, Kieferränder', im 16. Jh. auch verdeutlicht Z a h n b i l l er, mhd biler(ri), mnd. biller, ahd. bilarn, Plur. bilama. In obd. Ma. noch weit verbreitet, auch mit Sproßlaut bilder, -ger und einem aus dem als Plur. gefaßten Biller rückgebildeten Sing. B i l l : Fischer Schwab. Wb. 1, 1114; Ochs Bad. Wb.l, 229. Frühnhd. verdrängt durch Z a h n f l e i s c h . E. Karg-Gasterstädtu. Frings, Ahd. Wb. 1,1030. W. Foerste, in Festschr. J. Trier 1964, 141: zu *bil- 'unterscheiden', dazu rhein. Ablautformen wie Baller. Anders W. Kaspers, Zfdt. Sprache 20, 91; 178. Billett n. Ital. bolleia 'Berechtigungsschein' (zu mlat. bulla 'Urkunde') dringt im 16. Jh. in obd. Sprache u. hält sich als alem.-schwäb. bolet(e) 'Zettel, Ausweis'. Frz. billet (de logement) (zu mlat. billa 'Blase, Siegelkapsel, untersiegeltes Schriftstück") erscheint seit 1627 als 'Quartierschein der Soldaten". Die Grundbed. von frz. biüet '(gesiegeltes) Briefchen' bei uns nicht vor 1719, kurz vorher das zugehörige B i l l e t - D o u x 'Liebesbrief': H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 85. billig Adj. (noch 18. Jh. billich), mhd. billleh 'gemäß', ahd. (seit dem 11. Jh.) billïeh 'angemessen'. Umwandlung von unbetontem - l i e h in. -lig wie in a d l i g ; vgl. Essig. Germ. Verwandte s. unter Bild, Bilwis, U n b i l l und W e i c h b i l d . Außergerm. Beziehungen sind nicht gesichert. B i l l i g e r P r e i s war der'angemessene Preis'. Unter dem Einfluß der Warenanpreisung wurde es im 19. Jh. 'niedriger Preis', das ältere wohlfeil verdrängend: K. Wagner 1943 Dt. Wortgesch. 2, 335. Auf natürliches Rechtsgefühl geht r e c h t u n d b i l l i g ; im 18. Jh. 'wohlfeil'. Billion f . 'eine Million Millionen'. Frz. billion, das erst im jüngeren Dezimalschema die Bed. 'tausend Millionen' angenommen hat, ist künstlich von Gelehrten gebildet, um die Potenz der Million zu bezeichnen. Im Nhd. gilt die ältere frz. Bed. seit Brockes 1724 Ird. Vergn. in Gott 4, 382; gebucht seit Moratori 1727. Die jüngere frz. Bed. übernimmt bei uns Milliarde.
Bilsenkraut
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Bilsenkraut n. Die Giftpflanze Hyoscyamus niger heißt ahd. bil{i)sa (Zs. f. d. Wortf. 2, 220), mhd. mnd. bilse, mnl. Mise, bilsen-, belsemcruut. Zum gleichen Stamm mit anderen Bildungssilben gleichbed. mnl. beeide-, dän. bulmeurt, schwed. bolmört; ags. beolone, westsächs. belene, asächs. bilina, mnd. billen, nhd. mundartl. bilme, älter dän. bylne, diesem vergleichbar russ. bëlend, poln. bieluA, tschech. blin; gall. ieiewuniKi'Bilsenkraut'. Sämtlich zu idg. *bhel· 'weißlich' Kretschmer Glotta 14, 96; Ahd. Wb. 1, 1052; Marzeil 2, 927 ; W. Foerste, in Festschr. f. J. Trier 1964,142: weiße Samenkapseln, aber zu *bhel- 'sich ballen'. Bilwis m. f . "Kobold, Zauberer, Hexe', mhd. pilmç, mnd. bel(le)wit(te), mnl. belewitte. Der Name dieses Dämons, vor allem Korndämons tritt überhaupt in vielfältiger Variation auf, der man die für das Volk völlige Undurchsichtigkeit der Etymologie anmerkt; aber auch die Forschung hat sich seither lebhaft darum gestritten. Seit dem 19. Jh. hat sich Gestalt und Wort vor allem im Typ Bilmes im östlichen Bayern erhalten: W. Deboy, Der Bilwis. Diss. (Masch.) Marburg 1964. Apreuß. lit. püwüus, pümite sind aus dem Nd. entlehnt. Bestimmungswort ist das unter B i l d entwickelte germ. *bil-; das Grundwort gehört zum Stamm von wissen. Um Wunderkräfte wissen vor allem die Hausgeister. Schwierig bleibt ags. bileioit Adj. 'rein, ehrlich gütig'. W. Foerste, in Festschr. f. J. Trier 1964, 127. Bims, B i m s s t e i n m. Lat. pümex, -ids hat, als schon Kürzung des ü und z-Aussprache des c galten, ahd. bumiq geliefert. Der namentlich zum Glätten von Pergament gebrauchte Stein heißt mhd. bûmeç. Synkope zu B i m s vgl. Pilz, Krebs. b- mag vulgärlat. sein oder in den Gegensatz obd. p: frank, b geraten sein. Aus lat. pümex (zu spüma 'Schaum': der Stein heißt, wie schon Isidor sah, nach s. schaumigen Art) stammen auch ags. pumicstän, mnd. pomes, mnl. pums, nnl. puimsteen. Aus dem Deutschen sind entlehnt dän. pimpsten, schwed. pim(p)sten. bin Ztw. mhd. ahd. bin, älter ahd. bim 'ich bin'; entspr. asächs. bium, ags. bêo: Mischform (s. b r i n g e n ) aus idg. *bheuö (zu westgerm. *biu) und idg. *esmi (zu westgerm. *im(m), got. im). Urverw. mit lat. fio 'ich werde', fui 'ich bin gewesen', air. biu 'ich pflege zu sein'. Weitere Verwandte s. u. sein. — Der Dt. Sprachatlas bietet Lautgeographie zu bin auf den Karten 99—102; handschriftlich auch b i s t . binden st. Ztw., ahd. bintan, got. asächs. ags. bindan, anord. binda. Vorgerm. Gestalt der starken Verbalwz. war *bhendh, vgl. aind. bandh'fesseln, befestigen', lat. offendix 'Priesterbinde' gr. πείσμα aus *bhendhsmn 'Band, Tau', auch πενθερός 'Schwiegervater* sowie aind. bdndhuh 'Verwandter*. Im Germ, entstammen zahlreiche
Birke
ablautende Bildungen derselben Wz., ζ. B. B a n d , engl, bond, bend. Entlehnt sind ital. benda 'Binde', bendare 'verbinden'. Bindewort n. für K o n j u n k t i o n steht seit Stieler 1691 neben älterem F ü g ( e ) w o r t , das Adelung begünstigt. Gottsched setzt sich 1762 für B i n d e w o r t ein: Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 21 f. Bindfaden m. wohl als Gegenwort zu dem süddsch. Nähfaden entstanden, zuerst 1491 Voc. rerum 15 a bezeugt. Die Umgangssprache (vgl. P. Kretschmer 1918, 120ff.) kennt Bindfaden, Kordel, Schnur, Spagat, Strippe, deren landschaftliche Verbreitung auf die Mdan. zurückweisen, wie die Wortkarte von B. Martin 1927 Teuth. 4, 282ff. kundtut. binnen Präp. Mhd. war innen (s. d.) Präp. mit Dat. oder Gen. Nhd. ist es verdrängt durch das vom Md. ausgehende binnen (so auch mnd., mnl.; afries. Unna, ags. binnan), aus bi-, be-innan. Die Vorsilbe hat ihren Vokal verloren wie in b a n g e , b a r m h e r z i g , e r b a r m e n . Die alte räumliche Bed. (dem Adv. geblieben in B i n n e n l a n d , -see, - s t a a t ) ist der zeitlichen gewichen u. hier hat die Beziehung auf die Zukunft gesiegt. Binse f., frühnhd. bintz(e), aus dem Plur. des gleichbed. mhd. bin(e)¡;, ahd. binuj m. Entspr. asächs. binut, ags. beonel, engl. bent-(grass). Dazu nL nd. ON B e n t e l o o , B e n t h e i m , B e n t l a g e , gegenüber obd. B i n s - , B i n z - , B ü n z w a n g e n . Aus M + *ntä, ablautend natja 'Netz* = 'Geknüpftes', bei ist auch 'um, herum'. Mhd. (md.) biese, nnl. bies, mnd. bêse, fries, büs, setzt *bi + wese voraus zu *wei- 'flechten'. A. Dittmaier, Zs. f. dt. A. 1959, 290; Ahd. Wb. 1074 binu 1082 Uosa; beide nicht nur 'Binse' in botan. Geltung, sondern allgemein 'Schilf- und Riedgrasarten'. B i n s e n w a h r h e i t 'Selbstverständlichkeit', eig. 'binsenglatte Wahrheit' nach dem knotenlosen Schaft der Binse; vgl. in scirpo nodum quaerere bei Plautus und Terenz. Birke f . 'Betula alba,', mhd. birke, obd. birehe, ahd. birka, obd. bir{Î)hha (Schweiz. B i l c h e neben Birche), asächs. birka, berka, mnd. mnl. berke, nnl. berk, ags. beorc(e), bierce, engl, birch, anord. bigrk, norw. bjerk, schwed. björk (dän. birk mit dem Vokal des Sammelworts anord. birki aus germ. *berkiar): einer der wenigen gemeingerm. Baumnamen (*berkö-, *birkiö- aus *berkiö-) von idg. Alter (vgl. Buche), sie zeigt bei den Griechen und Italikern keine Erinnerung an nördliche Urheimat, kommt in Indien erst im Himalaya vor: P. Thieme, Akad. Mainz, geistesw. Kl. 1953,11 S.647. Außergerm, entsprechen aind. bhürjar 'eine Art Birke', osset. bärz, lit. bérías, lett. bërzs, befSa, apreuß. berse, russ. berëza (auch im Flußnamen Beresina), atschech. bfieza, serb. brisa 'Birke', lat. farnus, fraxinus übertragen auf
Birkhuhn
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Bise
'Esche' (in Siideuiopa ist die Weißbirke nicht bis Adv. Präp. Konjunkt. Mhd. W?, Nebenheimisch). Sie gehören zur idg. Wurzel *bheriü-. form mit; nnd. bit; dafür mnd. werde. Ahd. 'glänzen; hell' in got. lairhts, ahd. bëraht, mhd. unz(i) bi% erscheint erst mhd., aus bi u. ze herzubêrht, nhd. in Namen B e r t - , - b e r t , - b r e c h t . leiten: Gabriele Schieb, Beitr. (H) 81, 79: geht Die Birke ist nach ihrer hellen Binde benannt, 1.H.12. Jhs.vomNW(Rhein)aus(6rt = *bi + ie). B e r t h a (mit falschem h). Borke ist unverwandt. Präp. wird bis, indem an, bii; üf die zweiten Birkhahn «., mhd. birkhuon, ahd. Urihhuon Glieder unterdrücken, Konjunkt., indem bi% da% heißt der Vogel Tetrao tetrix L., weil er in Birken- das funktionslos gewordene da% weglassen. Behawaldungen angetroffen wird und sich von den ghel, Dt. Syntax 2, 30. 3, 89f. Knospen der Birke nährt: H. Suolatiti 1909, Die Bisam m. 'Moschus', der aufdringlich riedt. Vogelnamen 261. Kennzeichnend sind auch chende Saft aus dem Beutel des asiat. BisamL a u b h a h n u n d M o o s h u h n . Vgl. H a s e l h u h n . tiers, heißt altsemit. *baseham, hebr. besem, syr. Birne /. Getrocknete Früchte des in fast ganz besmö 'Wohlgeruch'. Die über Griechenland in Europa gedeihenden Holzbirnbaums (Pirus den europ. Handel gelangende Droge heißt einercommunis L.) hat man in steinzeitlichen Pfahl- seits Balsam (s.d.), anderseits mlat. bisamum, bauten auf heute dt. Boden gefunden (J. Hoops ahd. bisam(o), mhd. bisern·, daneben (mit Aus1906 Waldb. u. KulturpfL 641). Sie sind in über- weichen des Anlauts) mhd. tiseme, tesem, asächs. reifem Zustand eßbar und wurden noch im dt. desemo, ags. diserri m. Sie dient auch als Arznei u. Mittelalter gedörrt (M. Heyne 1901 Nahrungs- Gewürz: Amaranthes 1716 Frauenz.-Lex. 221. wesen 86). Wie unsre vorgeschichtl. Vorfahren Der B i s a m a p f e l (Luther Jes. 3, 20; Zs. f. d. Baum u. Früchte genannt haben, erfahren wir Wortf. 12, 218) u. das B i s a m k r a u t (Adoxa nicht. Die Kenntnis edlerer Birnensorten ver- moschatellina L.) heißen nach ihrem Duft. danken die Germanen den Römern (s. Kirsche, Bischof m. Gr. έπΙσκοττο; 'Aufseher' wird P f i r s i c h , P f l a u m e usw.), die mit einem voridg. durch das Neue Test, zum Kirchenwort. Als got. Mittelmeerwort den Baum pirus, die Frucht aípiskaúpus erscheint es bei Ulfila 1. Tim. 3, 1 pirum nannten. Nrhein. pêr, mnl. père, nnl. peer, und Tit. 1, 7, sowie im got. Kalender. Die übrigen ags. pere, -ω, engl, pear beweisen, daß das lat. Germanen haben Bisch of, das man auf altroman. Wort zur Römerzeit in unsem Nordwesten ge- *piscopu zurückführt, früh durch roman. Verlangt ist. Der dt. Süden (die Grenze des mond- mittlung erhalten: dafür zeugen der Schwund des arti. pêr gegen War zieht J.Müller 1928 Rhein. anlaut. e- und das b von ahd. biscof ( f f ) (P. Wb. 1, 710) hat erst nach Abschluß der hd. Laut- Kretschmer, Glotta 31, 103), mhd. bischof, -oves, versch. klosterlat. pira entlehnt: hierauf beruht asächs. bishop, mnd. bischop, anfr. biscop, nnl. ahd. pira, Ura (b wie in Bimsstein, bunt), bisschop, afries. biskop, ags. biseeop, engl, bishop, mhd. bir schw. F. (Th. Frings 1932 Germania anord. biskup, nnord. biskop, bisp. Finn, piispu Born. 162). Mundartl. gilt bir bis heute, so auch beruht auf dem Nordgerm., magy. püspök ist im im Fani.-Namen Bierbaum. Das η des frühnhd. 10. Jh. aus dem Bair. entlehnt, aslav. jepiskupü Nom. Β ir η ist aus den übrigen Fällen verallge- bleibt der gr. u. got. Form nahe. Lett. Uskäps meinert (vgl. B r a u n e als Nebenform zu Braue); ist aus dem Nd. entlehnt: J. Sehwers 1927 Zs. seit dem 17. Jh. herrscht Birne mit sekundärem f. vgl. Sprach! 64, 173. Dasselbe Wort ist Bi-e (H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 87). Mnd. 1ère, schof 'Glühwein'. Das Getränk ist (wie engl. bérbôm beruhen auf Entlehnung aus dem Hd.; bishop seit 1738 und dän. bishrp) nach seiner vioanord. pera (dän. pcere, schwed. päron) ist dem letten Farbe benannt; bei uns kaum vor Adelung Ags. entlehnt. Über Weiterentlehnung ins Bait, 1 (1774) 926. Ähnliche Getränke sind K a r d i n a l s. J. Sehwers 1927 Zs. f. vgl. Sprach! 64, 27. (s. d.) und der aus Burgunderwein hergestellte birschen schw. Ztw. 'jagen', mhd. Ursen, P r ä l a t . bair.-österr. pirsen: kurz vor 1200 entlehnt aus Bise /. 'Nordostwind', in alem. Form schriftd. afrz. berser (mlat. bersäre) 'mit dem Pfeil jagen', geworden, frühnhd. beismnd, mhd. lise, ahd. dessen Ursprung dunkel ist. Birsen zuerst im (Notker) Usa, asächs. Usa 'Wirbelwind', mfränk. Thurgau 1194, schon 1215 bis Kärnten, 1217 bis bis 'Regenschauer aus Norden', nnl. dial, bijs Thüringen verbreitet mit der Schnelligkeit des 'Bö'. Aus dem Deutschen stammen piem. prov. höfischen Modeworts, das im Gegensatz zu jagen bisa, afrz. frz. mengl. bise Urdeutsch *Usa die höfische Art des Weidwerks bezeichnet. In 'Wirbelwind' zur germ. Wz. *bis, bL· 'aufgeregt frühnhd. Zeit dringt rS für rs durch wie in einherstürmen'. Dieselbe Wz. in ahd. bison, mhd. B a r s c h , Bursche, herrschen usw. Adelung nhd. (dial.) bisen 'umherrennen wie von Bremsen setzt bürschen an: ü war allerorten verbreitet, geplagtes Vieh' (wozu mit Rhotazismus gleichbed. die Klassiker haben b i r s c h e n ; regelrecht obd. beiern in den Ma. von Henneb. u. Fulda), aschwed. ρ obsiegt. Gegensatz zur Treibjagd: die Pirs ch(e) bisa 'laufen', dän. bisse 'unruhig rennen'. Aus dem im 16. Jh. S. p r e s c h e n . Nd. stammen wohl lit. bisóti, lett. Usinât. Zu-
Biskuit
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sammenhang ist mit Wz. *bì 'beben' möglich: Schweiz. Id. 4, 1682; Zs. f. d. Wortf. 9, 164; Kluge, Seemannsspr. 99; Ochs, Bad. Wb. 1, 238. Biskuit n. Lat. biscoctus (pania) 'zweimal gebackenes (Brot)' ergibt ital. biscotto, das als mhd. piscot um 1260 beim Tannhäuser erscheint, als Uschot in Nürnberg 1460. Die Mz. Biscotti 1536 in Nürnberg, daselbst 1637 biseotten (W. Kurrelmeyer 1923 Mod. lang, notes 38, 402); in Straßburg 1540 richtig gedeutet: „zwyr gebachen Brot oder Biscockten". Obd. bisgöd> gilt bis heute: H. Fischer 1904 Schwab. Wb. 1, 1139; E . Ochs 1940 Bad. Wb. 1, 238. Die Mundartform wird bedrängt durch frz. biscuit, das über das Elsaß eindringt (Fischart 1582 Geschichtklitt. 24 Ndr.: „ein wider gebachen Schiffbrot vnd Biscuyt"). Die Bedeutung 'Schiffzwieback' wird nach der Lehnübersetzung Z w i e b a c k (s. d.) ersetzt durch 'feines Gebäck', so seit 1683. 1782 erscheint B i s c u i t für einmal gebrannte, zum Glasieren nochmals zu backende Porzellanmasse. H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 86; Marjetta Wis. Ricerche 107; E . Hansen, in Zs. „Süßwaren" 1957, 10. bislang Adv. Klammerform für frühnhd. b i s s o l a n g e aus mhd. bi% sö lange. Bison s. W i s e n t . bißchen n. urspr. 'ein kleiner Bissen', von eßbaren Sachen, z . B . „ein Bißchen B r o t " , älter „ein Bißchen Brotes". Bei Stieler 1691 B i ß l e i n , heute umgehen wir das Subst. B i ß c h e n durch ein k l e i n e r B i s s e n oder sogar umgangssprachliches (obd. und südl. md.) b i s s e i . Im 17./18. J h . übernimmt die Verkl.-Form b i ß c h e n die allgemeine Bedeutung 'ein wenig',z. B . Riemer 1678 Glückl. Bastart 166 „das bißgen Eisen". Diese Bedeutung wird seit Steinbach 1734 allgemein gebucht. — Die Laut- und Wortgeographie zu 'bißchen' bietet der Dt. Sprachatlas. Bissen m. mhd. bi^e, ahd. biz^o, ags. bita, engl. bit·, zu b e i ß e n . Bistum n. mhd. bis(ch)tmm aus älterem bischoitwom, ahd. biscoftuom. So geht mhd. hereentuom auf herzogentuom zurück, B i s m a r c k auf Bischofsmark: die Stadt Bismark heißt nach ihrer Lage an der Nordgrenze des Bistums Magdeburg. bisweilen Adv. Das seit Schwartzenberg 1534 Ciceros Offic. 20 belegte Wort ist aus keiner Bed. von b i s zu erklären. Es löst mhd. U mlen ( b e i w e i l e n noch bei Luther) und ze mlen ab und darf vielleicht aus bî 2(e) mlen hergeleitet werden. Bißgurre s. F e i t z k e r . bitten Ztw. mhd. ahd. bitten (aus hiltjan, biddjan), got. bidjan, asächs. biddjan, ags. biddan, engl, to bid, anord. biöja. Das starke Ztw. der ë-Reihe gehört ursprgl. der ¿-Reihe an (got. bidja *baip *bidum bidans wäre daher zu vermuten); eine Spur dieses Ablauts zeigt noch das Faktitiv
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bizair
got. baidjan, anord. heida, ags. bsëdan, ahd. beiten mit der Bedeutung 'gebieten, fordern, zwingen'. Die vorgerm. Wz. *bheidh: *bhidh stimmt zu gr. m ö (für *φι6) in -ττείθω 'durch Bitten bewegen, erbitten, überreden' ; dazu weiterhin tochar B . pelt 'Achtung, Verehrung', lat. fido (gleich dem gr. Medium πείθομαι) 'sich auf jemand verlassen' (Osthoff, Beitr. 8, 140). An diese Bed. schließt sich noch germ, bldan 'harren, vertrauensvoll warten' (got. beidan, anord. Κ da, ahd. litan, ags. bidan, engl, to bide). Vgl. W. Wißmann, Nomina postverbalia 101. S. b e t e n und G e b e t . bitter Adj. mhd. bitter, ahd. biliar; westgerm. tt liegt ein gemeingerm. t zugrunde: vor r unterbleibt die Verschiebung von t zu %,te(vgl. E i t e r , p a u t e r , O t t e r , z i t t e r n , t r e u ) ; (entsprechend and. bittar, ags. bitter, biter, engl. nnl. bitter, anord. bitr; got. mit Hochstufe baitrs, anord. beiskr < *baü-sk-: Penzl, Language 32, 353; vgl .beizen. Zu b e i ß e n (germ. Utan); das Adj. beißt eigtl. 'stechend, scharf' mit Besonderung auf den Geschmack, die auch beim Ztw. b e i ß e n möglich ist. Über die im Germ, seltne Wortbildung auf -ra- s. F . Kluge 1926 Nom. Stammbildungsl. § 194 Anm. Bittersüß s. J e l ä n g e r j e l i e b e r . Bittschrift f. für lat. supplicatio, frz. supplication, die als frühnhd. supplicai im Rechtsleben eine Rolle gespielt hatten, seit Rist 1642 Rettung d. t. Hauptspr. F 6 b , gebucht seit Stieler 1691: F . Kluge 1921 Zs. d. Sprachv. 36, 131. Bittsteller m. für S u p p l i k a n t nach dem Vorbild von B r i e f - , S c h r i f t s t e l l e r gebildet von Campe 1791 Proben einiger Versuche v. d. Sprachbereich. 40, gebucht seit Richter 1791 Gramm. Wb. 8 0 3 b . Trotz dem Widerspruch der Allg. Lit.-Ztg. (Jena 1792) 1, 336 von Jean Paul 1793 Unsichtb. Loge 1, 141 Hempel aufgenommen u. durchgesetzt: F . Kluge 1912 Wortforsch, u. Wortgesch. 90; Wh. Pf äff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 22. Vgl. F l u g s c h r i f t , S t e l l dichein. Bitze /. 'Baum-, Grasgarten', ein westmd. Wort (in Hessen, Wetterau, Nassau und auf dem Hunsrück üblich) aus mhd. U-ziune, bl-zütie, ahd. bi-züni, bl-züna 'eingezäuntes Grundstück 1 , woher auch tirol. bïizenl 'Weg zwischen zwei Zäunen'. Erstes Glied bi 'ringsherum', zweites Z a u n : B i t z e also eigtl. 'Umzäuntes'. Zur Wortbildung vgl. B e u n d e . Biwak n. "Feldnachtlager". Nd. M-wake 'Beiwache im Freien neben der in einem Bau untergebrachten Hauptwache' gelangt in roman. Sprachen: frz. bivouac, span, vivac. Aus dem Frz. wird das Wort im 17. J h . rückentlehnt u. zuerst von Scheibner 1695 Galant Interprète gebucht. bizarr Adj. Aus ital. bizza 'Zorn' (unsicherer Herkunft) mit etrusk. Suffix ist bizarro bei
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Blachfeld
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Dante abzuleiten. Die Bed. führt zu 'seltsam zornig; launisch; ungereimt; burlesk'. Ins Span., Frz. entlehnt, von diesem her ins Nd. übernommen seit Lauremberg 1652 Scherzged. 3,882, ins Hd. seit Abr. a S. Clara 1695 Judas 4, 373. Bizarrerie 'Seltsamkeit* zuerst in der Zs. 'Der alte Deutsche' (Hamb. 1730) 61. F. Schalk in: Etymologica, Festschr. f. v. Wartburg 1958, 655. Blachleld «. mag sein Dasein einer Dissimilation aus F l a c h f e l d verdanken, dann wäre es durch Luther in die Schriftsprache gelangt: Edw. Schröder, Nachr. α. Gel. Ges. Göttingen, phil.hist. Kl. 1908, 15. Ein Adj. *blach 'flach' hat es im Mhd. nicht gegeben; Luther erschließt es 1523 aus Blachfeld 2. Sam. 15, 28 „ich will verzihen auff dem blachen Felde". Seb. Franck u. a. folgen bald: W. Stammler 1938 Zs. f. dt. Phil. 63, 397, doch währen die Anfechtungen bis zum Ende des 18. Jh.: Zs. f. dt. Wortf. 11, 104. Aber nur weil ältere Belege fehlen, bleibt- die bedeutungsgemäß und formal tadellose Urverwandtschaft mit lit. bläkas 'gleich', lett. blaks 'eben', 'Meer bei Windstille' nur möglich. Ein westf. det blakke Feld (Fraenckel, Lit. Wb. 47) muß erst noch bestätigt werden. Blähe /. s. P l a n e . blähen Ztw. m h d . Uœjen,
a h d . Uäjan
schw.
Ztw. (ahd. auch 'blasen'); afries. ble 'blies', ags. bläwan st. Ztw., engl, to blow 'blasen, wehen'. Westgerm. *blä- führt über germ. *blè auf idg. *bhlè-, D a n e b e n s t e h t idg. *bh1är in l a t . fläre. Vgl.
Blase, blasen, B l a t t , B l a t t e r . blaken schw. Ztw. 'qualmen' von Kerze und Lampe, deren Flamme zu hoch brennt und daher rußt. Das aus niederdeutscher Mundart aufgenommene Wort ist zuerst bei Campe 1807 gebucht. In den Mdaa. ist es im wesentlichen im Räume zwischen Oder und Weser lebendig (vgl. B. Martin 1934 Teuth. 10, 103ff.), auch in der Weiterbildung blakern, auf größeren Flächen ferner die Synonyma qualmen (Westfalen, Niederlande), rauchen (Flandern, Schwaben, Baiern, Österreich), dampfen (Luxemburg, Lothringen), lällen (Elsaß, Schwaben, Schweiz), riechen (ebd.), schwademen (zwischen Ruhr, Werra, Main, Nahe), rußen (in der Pfalz, im Elsaß, in der Schweiz, in Thüringen). Die umgangssprachlichen Sinngleichen bietet P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 122ff. Mnd. mnl. blaken 'qualmen' (dazu blaker M. 'Leuchter*), führen auf germ. *blakön Intensivbildung zum st. Ztw. *blikan, dessen Faktitiv im schw. Ztw. blecken (s. d.) fortlebt. Blamage f., blamieren Ztw. Nach frz. blâmer 'tadeln' wird blamiren 'schmähen' üblich seit Wallhausen 1616 Kriegsmanual 202. Die ältere Studentensprache (z.B. Kindleben 1781 Stud.Lex. 40) pflegt die Bed. 'beschimpfen'. Das mildere 'bloßstellen, lächerlich machen" kommt erst K l a g e , Et ymologische« Wörterbuch. 20. Aufl.
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blaß
im 19. Jh. hoch. — Blamage 'Beschimpfung* ist zunächst Stud.-Wort: Fischer 1781 Kom. Burschiade 9; Laukhard 1804 Eulenkapper 113. Es gehört in die mit Bemmmage beginnende Reihe von Ulk Wörtern auf -age: F. Kluge 1895 Stud.Spr. 64. Frz. besteht nur blâme, Endergebnis aus kirchenlat. blasphemia. blank Adj. mhd. ahd. blanc (Je) 'blinkend, weiß, glänzend'; vgl. engl, blank 'weiß' (ags. blanca, bhnca, anord. blakkr 'Schimmel, weißes Pferd'); dazu anord. blakra 'blinken': zu Wz. *blek in Blitz (vgl. auch blecken) durch Ablaut gebildet. Das Adj. drang mit blau, b r a u n u. a. ins Roman, (ital. bianco, frz. blaue), woher Blank e t t , ebenso in östliche Nachbarsprachen: A. Senn 1925 Lehnwortstudien 15. Zu blank hat das Nhd. eine seltene Nebenform blink aus dem Ztw. blinken neugebildet. Während im Mhd. blanc allgemein üblich war, ist es im 16. Jh. selten, wie es denn auch von Maaler 1561 nicht verzeichnet wird; vereinzelt bei Luther planck (blanck bei B. Waldis 1553 Theuerdanckbearbeitung 71 b und Dresseras 1581 Part. Corp. Hum. 23 'argenteus"). Die nhd. Wörterbücher verzeichnen es seit Henisch 1616 und Helvig 1611 allgemein. Wurzelverwandt ist ohne «-Infix die Sippe blaken (s. d.). Blankett n. 'ein nur mit Unterschrift versehenes weißes Blatt*, in frühnhd. Kanzleispr. zum Adj. blank gebildet, zuerst B l a n c k e t e n Plur. Luther 1539. Ein lat. Vorbild fehlt; ital. gilt carta bianca, f r z . carte blanche, die seit d e m
17. Jh. auch bei uns umlaufen: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 87. Blankscheit w. 'Fischbein im Mieder* um 1700 umgedeutet aus frz. planchette·, verzeichnet bei Amaranthes 1715 Frauenzimmerlexikon 224 (bei Duez 1652 Nomencl. 47 dafür Planschett). Blase / . m h d . blase, a h d . bläsa f . 'Harnblase*: zu b l a s e n m h d . blasen, a h d . bläsan st. Ztw.
'hauchen, schnauben', anord. bläsa, got. blssan; im Engl, hat sich die Ableitung ags. bläst 'Blasen, Flamme', engl, blast 'Sturmwind' erhalten. Zu der unter blähen entwickelten Wurzel idg. *bhU-: *bhlä- 'schwellen' gehört eine s-Erweiterung, zu der sich außer ahd. blâsa(n) auch mhd. bluost f . 'Blüte' u n d l a t . /lös, flöris m. (aus idg. *bhlös-)
'Blume' stellen. blasiert Adj. 'abgestumpft*. Frz. blasé 'übersättigt* (von Flüssigkeiten) kommt Ende des 18. Jh. auf, zunächst als naturwiss. Fachausdruck, von da übertragen auf Menschen u. Zeiten. In deutschem Text seit Bouterwek 1793 Graf Donamar 3, 72. Blässe s. Blesse. blaß Adj., mhd. blas 'kahl; schwach, gering, nichtig*, ahd. nur in der Verbindung blas ros 'Pferd mit Blesse*, asächs. blas 'Candidus' (Ahd. β
Blatt
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Glossen 2, 716, 14), mnl. nnl. bles 'mit weißem Fleck an der Stirn'. In seiner heutigen Bed. geht blaß im 14. Jh. vom Deutschordensland aus, von da dringt es langsam vor. Die hd. Wörterbücher des 16. Jh. kennen nur bleich, Luther sagt bleich neben erblassen. 1611 bezeugt Helvig, Orig. diet. Germ. 82 blaß neben bliß für Pommern, 1663 Schottelius 1288 blaß für Braunschweig. Dem gesamten Obd. und vielen md. Gegenden fehlt blaß bis heute. Nächstverwandt ist Blesse, s. d. Blatt w. Mhd. ahd. liai, asächs. nnl. dän. schwed. liad, mnl. blat(d), afries. bled, ags. Uœd, engl, biade, anord. blaö führen auf germ, 'biada-, idg. *bhhtó-, Part. Peri. Act. zu dem in blühen (s. d.) vorliegenden Verbalstamm. Grundbed. 'Ausgeblühtes'. Außergerm, steht toch. pält 'Blatt' am nächsten. Die Redensart „das Blatt hat sich gewendet" beruht auf Beobachtung vor allem der Pappel, deren Blätter um den Johannistag ihre Stellung ändern, so daß danach der Baum keinen Schutz mehr vor Regen bietet: H. Kügler 1939 Mutterspr. 64, 36; E. Kück, Lüneb. Wb. 1 (1942) 168. — Die Lautgeographie von 'Blätter* bietet der Dt. Sprachatlas. blätteln Ztw. Die alte Kunst, auf der Kante eines Blatts zu musizieren, nam. um Wild anzulocken, wird literarisch schon bei Wolfram, Parz. 120,13 er brach durch blates stimme en zuñe. Der Ausdruck mhd. blaten, bei Rädlein 1711 blatten und so noch z. B. in Nassau, Westfalen und im Rheinland, ist unter Einfluß obd. Mundarten landschaftlich dem Demin. gewichen: blätteln Vischer, Auch Einer 146. Blatter /. mhd. blätere f. 'Blase, Pocke' ahd., biäilara f. 'Blase', asächs. blädara, nnl. blaar, ags. blsëdre, engl, bladder 'Blase, Blatter, Harnblase, Bläschen auf der Haut' ; germ. *biedrem· mit dröals Ableitung, entsprechend dem gr. -τρο (wie ahd. muolira 'Backtrog*, mulhtra 'Melkkübel', riostra 'Pflugsterz': F. Kluge 1926 Nom. Stammbildungsl. §96), gehört zu Wz. "blé in blähen. blättern schw. Ztw. 'Blätter (im Buch) umschlagen*, mhd. (über)blftem. Anders gebildet anord. blçdja 'pflücken'. blau Adj. Mhd. blâ, bläwer, ahd. bläo, hläwer, asächs. bläo, rond. blä(w), mnl. blä, nnl. blauw, afries. bläu, ags. blsë{w) 'hellblau', dazu blsëwen (aus hliêwina) 'bläulich', anord. blär 'dunkelblau, dunkelfarbig* (blämadr 'Mohr*), dän. blaa, schwed. blâ führen auf germ. *blèwa aus *bhtëy,o·. Urverwandt sind lat. flävus 'gold-, rotgelb, blond' (hierzu J . Sofer 1930 Glotta 18, 126f.), schott.gäl. blàr 'mit einer Blesse im Gesicht, von Tieren', air. blär, kymr. blaior 'grau'. Auf Entlehnung aus dem Germ, beruhen lett. bläws 'bläulich, blaß' (weiteres bei A. Senn 1926 Germ. Lehnwortstudien 16f.), ital. biavo, frz. bleu; hieraus entlehnt engl.
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blechen
blue. Die Bedeutungen schwanken wie bei vielen Farbnamen; blau, gelb und blond zielen alle auf lichte Farben. — Blau 'betrunken' geht von der Farbe der Trinkemase aus. — Solange mit Waid (s. d.) blau gefärbt wurde, mußte die Wolle, nachdem sie zwölf Stunden im Färbebad gelegen hatte, ebenso lange an der Luft oxydieren. Sonntags ließ man sie 24 Stunden im Bad, worauf sie den ganzen Montag an der Luft liegen mußte. Die Gesellen konnten müßig gehen, wenn in solcher Weise blau gemacht wurde. Blaubuch n. 'fürs Parlament gedruckte Darlegung der äußeren Politik mit Beifügung der wesentlichen Aktenstücke*. Vorbild ist das seit 1716 nachweisbare engl, blue-book. Bei uns gilt Blaubuch seit 1860 als politisches Schlagwort. 1869 wird es durch Verhandlungen im Reichstag des Norddt. Bundes in weiteren Kreisen bekannt: Stiven S. 49 mit Anm. 251. Danach Gelb-, R o t - , Weißbuch usw. Bläuel s. Bleuel. — bläuen s. bleuen. Blaustrumpf m. heißen wegen ihrer farbigen Strümpfe die Polizeidiener des 17./18. Jh. Der Spottname dringt durch Vermittlung der Leipziger u. Hallischen Studenten in das Schrifttum und gilt in der Bed. 'Angeber' von Chr. Weise 1680 Böse Katharina (Dt. Nat.-Lit. 39, 260) bis Immermann 16, 21 Hempel. — Ein anderes B. ist (wie frz. bas-bleu seit 1820, nl. bhuwkous, dän. blaastrempe, schwed. bldstrumpe) Lehnübers. des engl, blue-stocking. Im Londoner Haus der Lady Elis. Montague versammelte sich seit etwa 1760 ein schöngeistiger Kreis, in dem Benj. Stillingfleet mit blauen Wollgarnstrümpfen (statt der sonst üblichen schwarzen Seidenstrümpfe) erschien, weshalb Admiral Boscawen The blue stocking society verspottete. Blaustrumpf 'gelehrtes Frauenzimmer* begegnet zuerst in der Jenaer Allg. Lit.-Ztg. 1797 Nr. 384 u. wird in der Dt. Monatsschr. 1798, 2, 284ff. erläutert. Eingebürgert erst vom Jungen Deutschland seit Börne 1830 Pariser Briefe 47. Blech «. mhd. blêch, ahd. blëh Qih) 'Blech', mnd. blik, mnl. blic 'Blech', anord. blik n. 'Helmgitter* (auf engl. Boden unbekannt): es ist mit ahd. Wandel von urgerm. i zu ê aus der in bleichen steckenden Wz. *blik mit der Bedeutung 'glänzend' gebildet. blechen Ztw. 'Geld geben". Als Gaunerwort für 'Pfennigmünze' begegnet in rotw. Quellen 1490 bliich 'plaphart', 1610 blechlin 'erützer' (Kluge 1901 Rotw. I 20. 63). Das bei dem Zustand des Kleingelds der alten Zeit naheliegende Versteckwort, in Konr. Gesners Mithridates 1665 als rotwelsch verzeichnet, lebt noch bei Stieler 1691. Dazu erscheint in den Wörterbüchern der Studentensprache seit Kindleben 1781 das Zeitwort blechen 'bezahlen' (Kluge 1895 Stud.-Spr. 59. 85), das
blecken
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durch die Dichter des Sturms und Drangs literarisch geworden ist. S. A. Wolf, Wb. d. Rotw. 635. blecken Ztw. 'die Zähne zeigen', mhd. blecken 'sichtbar werden, sehen lassen', ahd. blfechen urgerm. *blakjan): Faktitiv zu urgerm. *Uikan, das nach den Regeln der Lautverschiebung mit gr. φλέγω 'brenne, leuchte' (vgl. φλογ- in φλοξ 'Flamme'), lat. flagro 'brenne', verwandt ist; ahd. blçcchen bedeutet auch 'blitzen, glänzen'; s. b l a k e n , B l i t z ; P h l e g m a . Blei1 ». Mhd. bli (Gen. blïwes), ahd. Mio (für *bliw), asächs. mnd. mnl. blï, anord. bly, schwed. dän. bly (doch ags. lead, engl, lead, nnl. hod, s. L o t ) führen auf germ. *bliwa- mit dem Suffix •wa der Farbnamen grau und blau, s. d. Wie die bleiernen Kugeln „blaue Bohnen" heißen, so ist Blei „das blaue Metall". Die Bildung deckt sich mit lit. blyvas 'lila, veilchenblau'; stammverwandt sind asächs. bli n. 'Farbe', Adj. 'farbig*, afries. bli n. 'Farbe', ags. Mio n. 'Farbe, Erscheinung, Form'. Blei2 m., B l e i ( h ) e f. Nd. Benennung der sehr schmackhaften Weißfischart Abramis brama L.; vgl. nl. blei, mnd. mnl. bleie, ags. bléêge, engl, blay, bley: aus *blajjön für *blaigjön (vgl. ahd. reia, ags. rœge aus 'raigjön s. unter Reh). Wie neben ahd. reía nhd. R i c k e steht, so neben nd. bleie mhd. nhd. (schweiz.) blicke, schwäb. blecke·, Grundbed.: 'der weiß schimmernde Fisch'. Der B l e i ist der B r a c h s e n (s. d.), mancherorts unterscheiden die (nicht nach wissenschaftlicher Zoologie wertenden) Fischer mit 'Blei' die jungen Brachsen, die viel schlanker sind als die hochrückigen Alten, so in Ost- und Westpreußen. Dort werden junge Brachsen sehr leicht mit dem 'Halbbressen' Blicca björkna verwechselt. bleiben Ztw. mhd. beVtben, ahd. bilìban st. Ztw., ags. belifan, got. bileiban 'bleiben' (dazu das Faktitiv bilaibjan 'bleiben machen, übriglassen', ags. lief an, engl, to leave 'lassen'), toch. Up- 'übrig bleiben'. Nicht zu lat. linquô, gr. leipö usw., wozu vielmehr leihen gehört; bilibö 'ich bleibe' muß auf vorgerm. *leipö (aind. rip-, lip'kleben') beruhen: gr. Uparos 'fett, glänzend' — Xhros n. 'Fett'; λΐπαρέω 'beharre' schließt sich der Bedeutung des germ. Ztw. zunächst an; vgl. aslav. lipnçti, lit. lìpti 'klebenbleiben'. An die erste Bedeutung 'kleben' schließt sich vielleicht unser nhd. L e b e r , an die Bedeutung 'beharren, verbleiben' unser Leib — leben an; s.d. einzelnen. bleich Adj. mhd. bleich, ahd. bleih (JA), asächs. blék, ags. bläc, nnl. bleek, anord. bleikr 'blaß' (daraus entlehnt engl, bleak) aus der in b l e i chen steckenden Wz. *blik. Ableitungen B l e i c h e /., mhd. bleiche 'Ort, Kunst zu bleichen, bleiches Aussehen' — b l e i c h e n schw.Ztw., mhd. bleichen 'bleich machen, bleich werden'. Vgl. b l a ß .
Bleistift
bleichen st. Ztw., nhd. nur in er-, verbleichen, Ztw., mhd. blichen, ahd. blihhan st. Ztw., ags. blîcan, mittelengl. bliken 'bleich werden', anord. bllkja 'erscheinen, glänzen, leuchten'. Verwandt ist vielleicht aslav. bliscati 'funkeln* (für *bligskati), russ.-kslav. bliskü' Glanz', Vorgerm. wäre *bhlig'heüei Glanz' (vgl. noch B l e c h , bleich). — B l e i c h a r t , - c h e r ( t ) m. 'blaßroter Wein', frühnhd. Ableitung von b l e i c h . Bleide /. 'Steinschleuder, Belagerungsgerät'. Zu gr. βάλλειν 'schleudern' stellt sich »βολίδα, das über mlat. blida mhd. mnd. mnl. bilde ergibt und als frühnhd. bleide, pleide, pleude(r), nnl. blijde bis ins 17. J h . lebt. Anord. blida stammt aus dem Mnd. Bleileder s. B l e i s t i f t . Bleistift m., nur deutsch, zuerst als B l e y s t e f f t in Nürnberg 1653 (G. Ph. Harsdörffer Math. Erquickstunden 3, 179) als Klammerform aus B l e y w e i ß s t e f f t , das in Nürnberger Ratsprotokollen 1662 danebensteht. Das klassische Altertum kannte Bleischeiben zum Zeichnen und Linienziehen (H. Lamer, Phil. Wochenschr. 1933, 846), stilos plúmbeos verwendeten zu Ende des 12. J h . nachschreibende Schüler in Paris, um asteriscos und obelos in Pergamenthandschriften anzubringen (Dan. v. Morley, Philosophia ed. Rose: Hermes 8, 347). Daß sie aus den Bleifassungen von Butzenscheiben in Stiftform gegossen und mit einem Messer gespitzt wurden, bezeugt ein ital. Zeichner um 1400 (Eitelbergers Quellenschr. f. Kunstgesch. 1, 10). Die erste Erwähnung des Graphitstifts danken wir C. Gesner, De rerum fossilium figuris (Zür. 1666) 104, Graphit hat aber erst Scheele 1778 von Plumbum marinum einwandfrei geschieden, so daß nicht auszumachen ist, wie viele der Zeugnisse für Schreiben und Zeichnen mit B l e i k r e i d e , - w e i ß , R e i ß - , S c h r e i b - und W a s s e r b l e i schon auf Graphitstifte unsrer Art zielen. Bleykreide/ plumbum molle, ad scribendum aplum kennt K. Stieler, Stammbaum 1034 in Erfurt 1691. B l e i weiß s. besonders. R e i ß b l e i erscheint in Hamburg 1721 (B. H. Brockes, Ird. Vergn. 1, 170), in Wien 1723 (Abr. a S. Clara, Lauberhütt 62). S c h r e i b b l e i steht 1622 bei einem Schwaben (A. J . Ulsheimer, Beschr. seiner Reise nach Guinea: Alem. 7, 105), es kehrt wieder in Erfurt 1691 (Stieler 194) und Hamburg 1795 (P. A. Nemnich, Polygl.-Lex. 4, 1016). W a s s e r b l e i , zuerst in Nürnberg 1645 (S. v. Birken, Forts, d. Pegn.Schäf. 70), erscheint auch in Chemnitz 1706 ( J . G. Schmidt, Rockenphil. 1, 13). Sieger über alle ist B l e i s t i f t geblieben, wofür nächst Nürnberg 1653 (s. o.) Zeugnisse aus Leipzig 1716 (Amaranthes, Frauenz.-Lex. 228) und Dresden 1774 (Adelung, Versuch 1, 962) vorliegen, das 1796 in Berlin gefordert wird ( J . F. Heynatz 6·
Bleiweiß
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Anlibarb. 1, 267) und das auch umgangssprachlich die wichtigsten Orte für sich hat: P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 127 ff. Am zähsten war der Kampf mit B l e i f e d e r (Krünitz 1776 Oec. Encycl. 6, 706; Th. G. v. Hippel 1778 Lebensläufe 3, 5; Jean Paul 1796 Fixlein 197), das unterlegen ist, weil es umgangssprachlich nicht so günstig lag. Bleiweiß »., spätmhd. blvuñi¡ 'weiße Farbe aus Bleikarbonaf, in B l e y w e i ß s t e f f t (Nürnberg 1662, s. B l e i s t i f t ) zum Zeichnen und Schreiben benutzt, wie auch in Berlin 1719 (J. L. Frisch, Neues frz.-dt. Wb. 1283 „porte-crayon/eme ReißFeder, worin man Bleyweiß oder Röthel stecken kann"), entsprechend 1733 (Zedier, Univ.-Lex. 4, 140 „Bleyweiß-Stangen zum Zeichnen und Schreiben auf weiß und schwartz Pappier") und 1756 (M. Richey, Id. Hamb. 290 Bley-WittSUkken). Dazu die Klammerform B l e i s t i c k ( e n ) in Holstein (J. G. Müller v. Itzehoe, Siegfr. v. Lindenberg 1784 S. 287 Reclam; 0 . Mensing 1927 Schlesw.-holst. Wb. 1, 386). B l e i w e i ß schlechthin gilt für 'Bleistift' um 1770 in Hohenlohe, Wien und Steiermark (P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 129), von da wird kroat. blajbas, jlajbas entlehnt. Adelung erwähnt 1774 den Bleyweißschneider, der den Stoff zu Bleistiften zubereitet, und erst nach 1910 wird in St. Gallen Bleiweiß von B l e i s t i f t verdrängt: A. Senn 1933 Journ. of Engl, and Germ. Phil. 32, 509. blenden schw. Ztw. ' blind machen', mhd. mnd. blenden, ahd. blenten, afries. blenda, ags. hiendan (dafür engl, blind mit Anlehnung an das gleichlautende Adj.): Bewirkungsztw. zu b l i n d . Daß eine germ. Bildung *blandjan mit Ablaut zu einem Adj. gebildet ist (vgl. t a u f e n und Zs. f. dt. Wortf. 7,168), verliert alles Auffällige, wenn man die formal gleichen Ztw. aslav. blqditi 'irren' und lit. blandijtis 'die Augen niederschlagen' heranzieht. — B l e n d e /. ist eine erst nhd. Rückbildung aus b l e n d e n . Blendling m. 'Mischling, Bankert', mhd. blendelinc, anord. blendingr: zum Ztw. mhd. blenden, ags. *blendan (vorausgesetzt durch engl, blend) 'mischen' neben gleichbed. mhd. blanden, ahd. blantan, asächs. ags. got. Mandan, engl, bland, anord. blanda. Mit lit. blandùs 'trübe' zu gleichbed. idg. *bhlandh-, zu dem sich auch b l i n d (sd.) mit Grundbed. 'getrübt' stellt. Blesse /. 'weißer Fleck (auf der Stirn); Haustier mit solchem Fleck', mhd. blasse, ahd. blassa 'weißer Fleck, bes. an der Stirn von Tieren' (Ahd. Glossen 2, 655, 43), mnd. bles, blesse (aus *blasjö) 'Blesse', anord. *bles- in blesötir'mit weißem Fleck gezeichnet'. Auch schwed. bläs bedeutet sowohl 'weißer Fleck auf der Stirn' als 'Tier (Pferd) mit solchem Fleck'. Nächstverwandt ist b l a ß , s. d. Daneben mit Rhotazismus (*blaeö) mnd. blare ' weißer Fleck ; Kuh mit Blesse', nnl. Maar' Blesse ;
Blindekuh
Kuh mit Stirnfleck'. Ablautend nd. B l ü s e 'Leuchtfeuer', ags. blysa 'Fackel, Flamme', blyscan' erröten', anord. blys n.' Flamme, Lodern' : sämtlich zur Wurzel *bhles- 'glänzen', einer nur im Germ, nachweisbaren s-Erweiterung von *bhel- 'glänzen' (s. Belche 2 ). Bleuel m. 'hölzerner Schlegel zum Wäscheklopfen' u. dgl., mhd. bliuwel, ahd. bliuwil: mit der Endung der männl. Gerätnamen zum Ztw. b l e u e n , s. d. Dazu P l e u e l s t a n g e . bleuen Ztw. 'schlagen', vom neueren Sprachgefühl zu b l a u gezogen (etwa 'braun und blau schlagen'), aber zugrunde liegt mhd. bliuwen, ahd. bliuwan, asächs. bleuwan, mnl. nnl. blouwen, mengl. blëwe (aus *bléwan), got. bliggwan (ggw aus ww) st. Ztw. 'schlagen'. Die Vorgeschichte dieses germ. *bleuwan liegt im Dunkel (doch s. b l ö d e , bloß); im Nord, ist es neben der Fülle gleichbed. Wörter schon vor Einsetzen der Denkmäler abgestorben. Blick m. mhd. blick 'Glanz, Blitz, Blick der Augen'; entsprechend ahd. blie (blieches) m. 'Blitz' (auch blicfiur'Blitzfeuer'). Die Bedeutung des mhd. Wortes war eigtl. wohl'heller Strahl'; S t r a h l wird übertragen vom Auge wie vom Blitz gebraucht ; die physische Bedeutung des Stammes hat sich in B l i t z erhalten. Als Wz. ist vorgerm. *bhleg unter b l e c k e n und B l i t z erwiesen. blind Adj. Den idg. Sprachen fehlen gemeinsame Wörter für Gebrechen wie blind, taub, lahm, stumm. Immer greifen sie nur über zwei, höchstens drei Sprachen. So hat lat. caecus' blind' Verwandte in air. eáeeh ; got. ist das entspr. haihs in die Bed. 'einäugig' gedrängt, weil blinds die alte Rolle übernommen hat. Dessen Grundbed. ist, wenn Verwandtschaft mit Wz. *bland'mischen' anzunehmen, ' gemischt, getrübt' (s. Β1 e η dli η g), doch ist die Bed. 'blind' (neben'dunkel, trübe') schon gemeingerm. : ahd. Mint, ags. blind, anord. blindr. Altertümlich auch das Faktitiv urgerm. *bhnôjan (s. blenden). Urverwandt, lit. blanditi '(die Augen) niederschlagen', blendSiúo-s, blêstis 'sich verfinstern', blisti 'dunkel werden'. Blinddarm «».¡'Stück Darm, das unten ohne Öffnung ist' übersetzt mlat. colon coecum. Aristoteles, De partibus animalium 3,14 beschreibt den Körperteil beim Tier als τοϋ Ιντέρου τυφλόν τι. Schon im Altertum wird der Name auch auf den Menschen übertragen ; er hat sich trotz Vesals Einspruch gehalten: Steudel 9.19. Blindekuh f . im älteren Nhd. in getrennten Wörtern u. mit dem für Spielnamen kennzeichnenden Gen. der b l i n d e n K u h s p i e l e n . Die Bez. geht vom Ostmd. aus und gelangt ins Nhd. durch Luther, 1526 Weim. Ausg. 19, 207: „also spielt auch die Vernunft der blinden Kue mit Gott". Das Mhd. setzt (wie das Obd. noch im 17. Jh.) statt der K u h die M a u s , so zuerst
Blindschleiche
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Meister Alts wert (Eis., 14. Jh.) : zwei spiUen Hinder mimen. Im Elsaß schwebt möglicherweise schon Otfrid 4,19, 73 die Spielhandlung vor, wenn er die Verspottung Christi schildert: thiu ougun si imo buntun, tha% in zi spile funtun, wo Luk.22,63 lediglich bot: illudebant ei caedentes et velaverunt eum. Das allen europ. Völkern bekannte Spiel bedient sich wechselnder Tiernamen. Die blinde Kuh ist nur deutsch, die Maus haben wir mit den Südslaven gemeinsam: serb. slijepi mü, illyr. slëpi mis; ihr steht nahe bair.blinde K ä t z e l f a n g e n . Der germ. Norden bevorzugt F u c h s (isl. skolla leikar), Bo ck u. Geiß (dän. Uindebuk, llindegied, schwed. llindbok) u. gibt den Β o ck an östl. Nachbarn weiter (finn, sokka, sokkoinen, estn. sögge sik "blinder Bock'). Die Geiß kehrt wieder in span. cabra ciega. Sonst spielen die span. Kinder gallina ciega'blinde Henne', die ital. mosca cieca 'blinde Fliege', wie schon die agriech. μυΐα χμλκή oder μυίνδα. Wo keine Tiernamen gelten, bleibt bei den germ. Nachbarn doch die Vorstellung b l i n d : nl. blindemannetje speien, älter blind(en)spel, 't blindeken, engl, to play at blindman's buff, hoodmanblind, schwed. mundartl. blind gubbe 'blinder Alter", wieder mit Ausstrahlung zu östl. Nachbarn: poln. klepa bàbka, ciuciu babka 'blinde Alte'. Sonst tritt bei Slaven an Stelle des Blindseins das Blinzeln: poln. mzyk, miytek, smruzek, russ. jmurka, guljutSka, tschech. mSjtek, mSutek 'die Blinzelnde', wie ngriech. τυφλοματι 'Blinzelauge'. Junge Abweichung zeigt frz. jouer à colinmaillard (C. M. 'Hans Knüppel' Eigenname aus der Hirtendichtung des 16. Jh.), uralte lit. güySné 'Blindekuhspiel' (nach der heidn. Reisegöttin Gitíé). Blindschleiche f . mhd. blintsllche, ahd. blintslïhho, asächs. blindeslïko m.: ursprünglich 'der blinde Schleicher'. Das Tier wird wegen seiner winzigen Augen fälschlich für blind gehalten, gehört auch nicht zu den Schlangen, sondern zu den Eidechsen. 0 . Schräder nimmt Umdeutung und verdeutlichende Erweiterung aus spätlat. ablinda (ein Reptil) an, das ein alpines Wort dunkeln Ursprungs ist. Übrigens ist auch der lat. Name einer Eidechsenart caecilia (ital. eieigna 'Blindschleiche') von caecus 'blind' abgeleitet. Beachte auch engl, blind-worm, dän. blindorm. blinken Ztw. spät im Mhd. Mnd. Mnl. Engl., verwandt mit b l a n k ; nnl.blinken,mengl.blinken, engl, blink 'blinken'. Die Wurzel kann gleieh der von b l e i c h e n (bllkan) sein, indem die t-Wurzel einen Nasal erhielt; b l i n k e n wäre dann als Verb der e-Reihe gefaßt, und weiter müßte b l a n k eine sekundäre Bildung sein. Jedenfalls ist b l i n k Adj. junge Neuschöpfung aus dem Ztw. Die Bedeutung 'glänzen' wird vom Licht (Sonne) auf Metall, Wasser (Meer), selten Augen übertragen: W. Stammler, Kl. Schriften 1954, 216.
blockieren
blinzeln Ztw. spätmhd. blinzeln, Weiterbildung zu mhd. blirnen. Die in bair.-österreich. Mundarten auftretende Form blinkitzen macht Ursprung aus blink{e)zzen wahrscheinlich. Als Grundbedeutung hat 'glänzen' zu gelten. Vgl. das verwandte b l a n k . Blitz m. mhd. blitze, blicze, Miez m. 'Blitz' (Schweiz, noch jetzt blitzg für bliktz): Ableitung aus mhd. bliezen 'blitzen', ahd. blëcchazzen (gebildet wie das gleichbed. got. lauhatjan). Dazu das ursprünglichere ahd. mhd. blic 'Blitz', s. Blick, tz über kz aus ck wie b e i Q u i t z e (s. d.). — Die Wortgeographie von 'es blitzt' bietet Christa Förster bei Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1967): Synonyma sind leuchtet, wetterleuchtet (aber in jener weiteren Bedeutung) vor allem an der niederl. Grenze, westl. der Elbmündung, von Nordhannover bis nach Ostpommem hinein, in Südbrandenburg, Nordbayem; himlatzt weithin in Österreich, himmatz im Osten Bayerns; blitzget bes. in Ostschwaben, z. T. in der Schweiz. Blitzableiter m. Die Sache ohne den Namen weist Buchner, Das Neueste von gestern 3, Nr. 688 aus dem Jahr 1752 nach. Das Wort zuerst 1780 bei Lichtenberg (Krön er S. 154) 280. Gleichbed. stehen daneben W e t t e r a b l e i t e r (C. F. Bretzner 1790 Leben e. Lüderlichen, 1 116), e l e k t r i s c h e S t a n g e (Th. Abbt 1780 Werke 4,181), W e t t e r s t a n g e (Campe 1811 aus Schiller), A u f f a n g u n d S a u g s t a n g e (D. Sanders 1885 Erg.-Wb. 508 a ). Jean Paul, Biogr. Belust. 31 schwankt noch 1796 zwischen G e w i t t e r a b l e i t e r , Gew i t t e r s t a n g e und W e t t e r s t a n g e . Blitzmädel w. seit Adelung 1818 V 172 mit einem Beleg aus Lessing gebucht. Das erste Glied faßt er als Verstärkung wie in B l i t z k e r l 'vorzüglich listiger, geschickter, unternehmender Mensch'. Vgl. B l i t z b u b Schiller, Räuber 3, 2; B l i t z j u n g e M. Iffland 1786 Jäger II 7. Block m. eine zuerst von Henisch 1616 verzeichnete ursprgl. nd. Nebenform für eigtl. oberd. Bloch (so noch jetzt in Franken und der Oberpfalz), mhd. bloch, ahd. bloh Qih) 'Klotz, Bohle'. Die Gruppe drang ins Roman., s. b l o c k i e r e n . Zugrunde liegt unserm Block ein idg. 'bhlugno-, mit dem air. blog 'Bruchstück' verwandt sein dürfte. Unter Annahme von idg. *bheleg- läßt sich Beziehung zu B a l k e n herstellen. blockieren schw. Ztw. Mnl bhchuis 'aus Balken gezimmertes Haus' ergibt im 14. Jh. gleichbed. wallon, pikard. blocquehuis, das im Frz. des 16. Jh. die Bedeutung 'Festungsfort' entwickelt. Dazu das frz. bioquer 'mit einem Fort sperren', das unser b l o c k i e r e n geliefert hat, zuerst 1616 bei J . J. v. Wallhausen, Man. milit., als modisches Fremdwort im Teutschen Michel (1617) 7. Das zugehörige F. B l o c k a d e (die
blöde
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Herkunft aus dem subst. Part, wird in ital. Ikccala deutlich) erscheint in span. Form als B l o c q u a d a in Grimmelshausen Simpl. (1669) 444 Schölte, der frz. Form angenähert im Dienstagischen Postillon (Berlin) 1680, 26. Woche „Die Frantzosen wollen im geringsten nichts nach Franckenthal folgen lassen, also, dafl sie solchergestalt einen Anfang zu einer Blocquade machen". blöde Adj. mhd. blade 'gebrechlich, schwach, zart, zaghaft", ahd. biodi, asächs. biódi 'zaghaft1, ags. bléap 'schwach', anord. blaupr 'furchtsam, weibisch' (got. *blaupus 'schwach, kraftlos' läßt sich aus dem davon abgeleiteten schw. Ztw. blaupjan 'kraftlos, ungültig machen, abschaffen' erschließen): vorgerm. Lautform *bhldutu-s. Das Wort ist wahrscheinlich mit bleuen u. b l o ß wurzelverwandt. Daraus entlehnt frz. éblouir blenden'. blödsinnig Adj. nach A. Gombert 1893 Progr. 7, 16 seit 1617 bezeugt, mehrfach bei Opitz. B l ö d s i n n m. ist daraus im 18. J h . rückgebildet und nicht vor Adelung 1774 nachgewiesen. Rückbildungen sind auch Doppel-, Eigen-, Hoch-, Kalt-, Leicht-, Scharf-, Tief-, Un-, Wahn-, Widersinn: H. Ruppel 1911 Rückbild. deutscher Subst. 19 ff. blöken Ztw. Nachahmung des Lauts vor allem der Schafe, wie gr. blèchâsthai 'blöken', βληχή 'Geblök', ins Nhd. aus nd. blöken, bleken übernommen, noch älter mnl. blöken. Daneben frühnhd. blocken, blecken, dies noch Kirsch 1739 Cornu cop. 1, 75. Lautnachahmend auch die gleichbedeut. ags. blcetan, engl, bleat, nnl. blateri, mnd. Marren, hierren, mhd. blcejen. S. b r ü l l e n und plärren. blond Adj. Frz. blond hat vereinzelt mhd. mnd. blunt ergeben, zumeist als Beiwort der blonden Isolde. Festgesetzt hat sich das Fremdwort gleichzeitig mit b l ü m e r a n t u. b r ü n e t t im 17. J h . H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 89 belegt es seit 1688 (lexikalisch erscheint es schon 1676 bei M. Kramer) u. vermutet Entlehnung zugleich mit den frz. Perücken (seit 1650). Die Bez. auf die Haarfarbe ist dem Adj. geblieben, hier ersetzt es die heimischen f a h l , (gold)gelb, weiß, die in den Mundarten und Familiennamen den Begriff nach wie vor decken. Für frz. blond, span, blondo, ital. biondo, mlat. blundus wird germ. Herkunft angenommen: den Römern fiel die germ. Haarfarbe auf; mit Farbnamen wie b l a n k , b l a u , b r a u n , greis mögen sie germ. *blunda- übernommen haben, das über vorgerm. *bhlndho- mit aind. bradhná- 'rötlich' zu vermitteln ist. Blondine f. nach 1700 aus frz. biondine entlehnt. Gebucht seit Wächtler 1709, B l o n d i n g e n für nnl. bhnlje seit M. Kramer 1719.
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blümerant
bloß Adj. mhd. Mo;, mnd. mnl. bloot, ags· blêai, mengl. biete, mit abweichender Bed. ahd· blö% 'stolz' u. anord. blautr 'weich, frisch, zart*. Wegen obd. nd. blutt, schwed. blotl 'federlos, unbekleidet" ist die lautliche Beurteilung von germ. *blauta- zweifelhaft. Ist das Wort vom Nd. ausgegangen? Verwandt ist gr. phlydarös 'weich von Nässe' und (ohne Dentalsuffix) φλύω 'walle über", lat. fluo 'fließe', nhd. bleuen und (mit andern Dentalsuffix) blöde. bläffen s. v e r b l ü f f e n . blühen Ztw. mhd. blüen, blüejen, ahd. bluoen, bluojan, asächs. blöian, afries. blöia: ein schw. Ztw., früher stark gewesen nach Ausweis des gleichbed. ags. blöwan, engl. blow. Der germ. Stamm *blö- ist weitverzweigt, s. B l a t t , B l u m e , B l u s t , B l ü t e , B l u t . Die Grundbed. 'blühen' steht fest. Blume f. mhd. bluome m. f., ahd. bluoma f., bluomo, asächs. biomo, got. bloma, anord. blöme m., von da entlehnt engl, bloom, -man ist Ableitungssilbe, *blö- als Wz. (s. blühen) zeigt als Grundbed. 'das Blühen". Verwandt sind nnl. bloesem (neben bloem), ags. blöstm(a), engl, blossom; vgl. lat. flôrére (für *flöse-re) u. flös, flöris. Ohne ableit. s erscheint die Wz. *bhlö- in air. blath, engl. dial, blooth 'Blume'. Der schon ahd. Übergang vom M. zum F. (den B l u m e mit S c h l a n g e , S c h n e c k e u. ä. teilt) mag durch das in ahd. Zeit entlehnte P f l a n z e mitbedingt sein. Blumenkohl m. Brassica botrylis cauliflora ist vor Ende des 16. J h . von Zypern nach Italien gelangt u. heißt hier cavolfiore (zu cavolo 'Kohl' u. fiore 'Blume'). Der ital. Name ist, wie er span. coliflor u. engl, cauliflower geliefert hat, mannigfach ins Deutsohe gedrungen: Balth. Paumgartner 1687 Briefe 80 „Das ander soll ein rechter cavo¡ί/torsamen sein"; Henisch 1616 Carifior; Amaranthes 1716 Frauenz.-Lex. 322 Carfiol. K a r f i o l gilt bis heute in Österreich, Oberschlesien, Bayern u. Württemberg, hier im Rückzug vor B l u menkohl. Diese Lehnübersetzung tritt zuerst auf bei Tabernämontanus 1688 Kräuterb. 2, 111 „Blumenköll", gewinnt rasch Boden: Schwenckfeld 1600 Stirp. Siles. Catal. 244 „Blumenköl, Salatköl, Käslinköl, Caulifior"; Hulsius 1606 Blumköl; Henisch 1616 Blumenköl, u. gilt heute von der Schweiz bis Livland: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 131. Auch frz. chou-fleur ist Lehnübers. aus dem Ital. blümerant Adj. Frz. blew-rnourant 'mattblau' ist nach „Der teutschen Sprache Ehrenkranz" (1644) 316 im 30jähr. Krieg als b l e u m o u r a n t nach Deutschland gelangt. Zesen 1661 Rosenmand 66 sucht es durch s t e r b e b l a u zu verdrängen; Schönaich 1764 Neolog. Wb. 61 tadelt es an Naumanns Nimrod (1763) als nicht litera-
Bluse
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risch. Trotzdem lebt es noch bei Brentano und Immermann, umgangssprachl. sogar bis heute in der Wendung mir wird blümerant 'schwindlig*, wobei der Gedanke an f l i m m e r n mitgewirkt haben mag. Bluse /. In der ägypt. Stadt Pelusium wurden die mit Indigo blau gefärbten Kittel hergestellt, die schon die Kreuzfahrer über die Rüstungen zogen. Daher mlat. pelusia 'pelusisches Gewand', frz. engl, blouse. Das frz. Wort kommt 1827 mit einer neuen Frauentracht zu uns. Auch dän. Muse, schwed. blus sind frz. Ursprungs. Seit der belg. Revolution 1831 gilt die Bluse als Arbeiterkleid, von da wird Β lu s e η m an η 1848 zu ' Revolutionär, Proletarier': Lokotsch 1927 Etym. Wb. Gamillscheg fragt 1928 Etym. Wb. d. frz. Spr. 116: blouse 'Fuhrmannskittel' (18. Jh.) vielleicht = blouse 'kurze Wolle' aus prov. lano blouso, ahd. JZö? 'nackf?; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 89. Blnst m., alem. schwäb. blueSt m. »., mhd. bluost f . 'Blüte' gehört zu der auch in ags. blösma, engl, blossom, lat. flös und fiorire (für *flös-ere)
bewahrten Wurzelform idg. *bhlös-, einer Erweiterung von idg. *bhlö- in b l ü h e n , s. d. Blut n. Mhd. ahd. bluot, asächs. afries. ags. blöd, anfr. bluod, mnl. bloet (d), nnl. bloed, engl. blood, anord. blöd, dän. schwed. blöd und (mit
gramm. Wechsel) got. bloß, blöpis, krimgot. plut. Die idg. Wurzeln *èsr- und *kreu- (in alat. aser
und lat. cruor) 'Bluf sind im Germ, aus abergläubischer Scheu aufgegeben. Zu idg. *bhlê 'quellen', Part. Perf. *bhlötö 'Gequollenes': H. W. J. Kroes, in Germ.-rom. Monatsschrift 1955, 347. blutarm -jung Adj.: das Bestimmungswort hat mit B l u t von Haus aus nichts zu tun, sondern ist b l u t t , s. bloß. Blüte f . aus dem Plur. oder dem Gen. Dat. Sing, des gleichbed. mhd. bluot (PI. blüete), ahd. bluot (PI. bluoti) f.: germ. *blödi-, Ableitung aus
Wz. blö in b l ü h e n ; im Oberd. wird B l ü t e durch blueU (s. Blust) vertreten. Blutegel m. mhd. mnd. êgel, ahd. égala f . Zum
gleichen idg. *e§hi- wie Igel, s. d. Die kleine, nur die Haut durchschneidende Blutegelwunde macht auf den Laien den Eindruck eines tiefen Stichs, weil sie heftig u. lange blutet; die Narbe sieht aus, als rühre sie von einem Stich mit dem Dreikanteisen her. Ein Sekret des B. läßt die Wunde schnell heilen. — Nach der Ähnlichkeit mit der Gestalt des Blutegels ist später der Leberegel (Distomum hepaticum) benannt, der in den Lebergängen der Wiederkäuer schmarotzt. Schweiz, äggla f . erweist Zugehörigkeit zum gleichen Stamm. Blutfink s. Gimpel. blutrünstig Adj. aus mhd. bluotruns(ec) Adj. 'wund': zu ahd. mhd. bluotruns{t) m. f., das aus
Bock
der abstr. Bed. 'Rinnen von Bluf in die konkrete 'blutende Wunde' übergegangen war. S. Runs. Zu risen 'fallen' gehört gleichbed. mhd. blmtrisee, das sich mit b l u t r ü n s t i g kreuzt zu spätmhd. bluotristic, frühnhd. (Luther) b l u t r ü s t i g . Bö f . 'Windstoß' aus nd. Seemannssprache, hier bezeugt seit Röding 1794, älter buy Brem. Wb. 1 (1767) 176, bui Olearius 1696 Reisebeschr. 2, 2. Entlehnt aus nnl. bui, das seit Kilian 1698 als buy(d)e auftritt u. auch dän. by(g)e, norw. bya, schwed. by geliefert hat. Wenn man germ. *büjö- ansetzen darf, läßt sich Anschluß an ein lautmalendes idg. *bhu- 'aufblasen' gewinnen, das auch für aslav. bufi (aus idg. *bhou-jo-) 'wild' u. russ. bújnyj 'ungestüm' vorausgesetzt wird. S. Bühl und Pocke. Boa f . Im Lat. tritt boa f . 'Wasserschlange' seit Plinius als Fremdwort unbekannter Herkunft auf; die Anlehnung an bovès 'Rinder", die zu vulgärlat. bova geführt hat, ist volksetymologisch: Palmer (1939) 149. Aus dem Lat. gelangt Boa 'große Schlange' seit C. Gesner 1689 Schlangenbuch S. 30 ins Nhd. Pariser Mode des beginnenden 19. Jh. nennt den schlangenförmigen Halspelz boa; danach bei uns seit 1831: H.Schulz 1913 Fremdwb. 1, 89f. Bocher m. 'Schüler*. Hebr. bächür 'Jüngling" ergibt judend. bocher 'Talmudbeflissener, Schüler des Rabbi", rotw. '(Polizei-)Beamter, der die Gaunersprache kennt". Schriftsprachl. seit Gutzkow 1859 Zauberer v. Rom 4,272. S. A. Wolf Wb. 584. Bock1 m. Mhd. ahd. boe, -ckes, asächs. anfr. engl, buck, mnd. buck, bock, mnl. loc, bue, nnl.
bok, ags. bucea (buce 'männlicher Hirsch"), anord. bukkr, bokkr, schwed. bock, dän. buk führen auf
germ. *bukka- wohl aus idg. *bhugn6-. Auf idg. *bhûgo- 'Bock* (F. 'Ziege') beruhen awest. büza- m. 'ZiegenbocV, pers. buz 'Ziege; Bock", armen, bue 'Lamm'. Die kelt. Formen (air. bocc, ir. boe usw.) vereinigen sich auf urkelt. *bukko-, offenbar einer frühen Entlehnung aus dem Germ.: H. Güntert 1930 Beitr. z. n. Lit.-Gesch. 16, 10; den umgekehrten Weg nimmt H. Hammerich, Beitr. 77 (1965) 187 an. Die sachlich zugehörigen Tiemamen(Geiß, H a b e r g e i ß , H i t t e , Zecke, Zicklein, Ziege usw.) s. bei A. Janzén, Bock und Ziege (Göteborg 1938) u .K.Rein (s. Ziege); Mayrhofer, Randglossen 180. Bocka m. 'Fehler*, erst nhd., wohl eine scherzhafte Umdeutung, die durch nhd. Verstoß 'Fehler* veranlagt wurde. Die Redensart einen Bock schießen mag daher rühren, daß bei Schützenfesten in alter Zeit (z. B. in Lenzkirch 1479: A. Götze 1942 Frühnhd. Lesebuch 29, 33) der schlechteste Schütze einen Bock als Trostpreis erhielt. Vgl. nhd. eine Lerche schießen gleich 'kopfüber fallen* sowie einen P u d e l (auch eine Ente) schießen.
Bock
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Bock' m. 'Sitz des Kutschers hinter den Pferden' seit Frisch 1741 gebucht und durch das ganze 18. J h . geläufig, ζ. B . Hölty 1772 Ged. I 69; M. Claudius 1789 Sämtl. Werke V 49. Die im 16./17. J h . noch nicht auftretende Bed. geht zurück auf 'vierbeiniges Gestell oder Gerüst zum Tragen'. Nebenform K u t s c h b o c k , z . B . Jean Paul 1793 Grönl. Prozesse 85. bockbeinig Adj. in der übertragenen Bedeu. tung 'störrisch' im 19. J h . aus dem Bairischen vordringend, aber noch nicht bei Adelung 1818 (V178). Zufrühst bockbeinigt 'hartnäckig' Westenrieder 1782 Beschr. v. München 324, bayr. bockboani 'hartnäckig" Zaupser 1789 Bair.-oberpf. Idiot. 17, dazu schwäb. bockbeiniseh Schmid 1831 Schwab. Wb. 84, Loritza 1847 Idiot. Vienn. 28 boekbanig und tirol. bockbainerig Schöpf 1866 Tirol. Idiot. 49. Vgl. auch Conlin 1709 Närrinnen I 406 „aus Bockbainigkeit und dückischer Weiß". Bockbier n., auch kurz B o c k m. (daraus frz. boe) wie Rad zu Fahrrad usw. für B o c k b i e r erst im 19. J h . auftretend; um 1800 nur erst O a m b o c k oder A m b o c k als Münchener Wort (statt E i m b e c k e r Bier); vgl. die Entstehung von T a l e r . An der Entstehung der Benennung mag mitgewirkt haben, daß auch S c h ö p s (in Schlesien), S t e h r , G e i ß und E n t e Bezeichnungen für Bierarten waren. Axel Linqvist, Dt. Kultur- u. Gesellschaftsleben im Spiegel d. Sprache 1965, 70. Bocksbeutel1 m. heißt ein Würzburger Edelwein nach der Form der Flaschen, in die jetzt die Frankenweine gefüllt werden; einst dem Hodensack eines Bocks nachgebildet, der in ältester Zeit zum Aufbewahren von Flüssigkeiten gedient hat. Bocksbeutel2 m. 'steif bewahrter Brauch', an das vorige nur äußerlich angeglichen, urspr. nd. böks büdel. An der Hamburger Petrikirche stand bis zum Brand 1842 eine weibliche Figur, die ihr Gesangbuch in einem Beutel trug. Darauf spielt zuerst ein Hamburger Hochzeitsgedicht von 1640 an, in dem der booksbüdel kennzeichnend für das zähe Festhalten der Frauen am Herkömmlichen steht. Schupp nennt noch 1684 das Scherzwort hamburgisch. Weiter dringt es durch H. Borckenstem 1742 B o o k e s b e u t e l . Zs. f. d. Wortf. 3, 136 f. Bockshorn ». in der Bedensart j e m . ins B o c k s h o r n j a g e n . Das beim H a b e r f e l d t r e i b e n (s. d.) gebrauchte Bocksfell hieß ahd. *bokkes hamo (s. H e m d , L e i c h n a m ) . Es wurde, nachdem mhd. ham(e) m. 'Hülle' unverständlich geworden war, entstellt zu Horn. Der bei der Friedloslegung in ein Bocksfell Gezwängte wurde damit in Angst gejagt. Der alte Gefühlston ist der Wendung geblieben, die man schon bei ihrer
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Bohle
ersten Erwähnung kurz vor 1500 durch Seb. Brant in Basel (Zamckes Ausg. S. 160 b ) nicht mehr verstand. Weiterhin haben Vorstellungen andrer Herkunft auf die altem Rechtsbrauch entsprangne Redensart gewirkt: W. Hartnacke 1942 Neuphilol. Monatsschr. 13, 227f.; Th. Heinermann 1944 Beitr. 67, 248. Boden m., frühnhd. mhd. bodem, ahd. bodam, urgerm. *bupma. Mit anderem Dental ags. botm (engl, bottom), anord. hotn. Die beiden Formenreihen weisen auf idg. Wurzelauslaut t neben d. Idg. dh wird bezeugt durch aind. budhnáh, gr. pythmen 'Boden', während lat. fundus 'Stück Bodens' u. air. bond 'Sohle', kymr. hon 'Grundlage' auf idg. d oder dh zurückweisen. S. B ü h n e . — Der B o d e n s e e hat seinen Namen seit der Karolingerzeit (vorher locus Brigantlms 'Bregenzer See") von der kaiserl. Pfalz B o d m a n , ahd. Bodema, was Plur. zum Subst. B o d e n sein kann. bödmen Ztw., mnd. (verbodmen 'den Boden eines Schiffs, Schiff u. Ladung beleihen', nsächs. bodemrije 'foenus nautieum, usura maritima' (1599), von da ausgehend nnl. bodemerij, engl. bottomry, frz. bomerie, bilden den Ausgangspunkt des Reedereigeschäfts. Der Gläubiger des Bodmereibriefs (so seit 1610: Schirmer, Kaufm.-Spr. 36) heißt Bodmereigeber (seit 1732: Kluge, Seemannsspr. 110). Dagegen ist B o d m e r alem. Familienname (wie Boden, Imboden, Bodenmann) 'wer auf einem Talboden wohnt', Gegensatz B e r g ( l ) e r . Bofist B o v i s t m. Die zischend platzenden Staubschwäinme (sonst F l o h b a l l , Hexens t a u b , S t a u b s ä c k e l ) werden mit den Bauchwinden (s. F i s t ) verschiedener Tiere verglichen. Gr. λυκόττερδον, nlat. lycoperdon ist gleichbed. mit nnl. loolfsveest. Im 15. J h . tritt vohmfist (zu mhd. vohe 'Füchsin') als Name des Pilzes auf (Lexer 3, 432). Der Anlaut des Worts wird gegen den des zweiten Wortglieds dissimiliert, B o f i s t als ostmd. Form wird nhd. (vgl. die Entwicklung von F l a c h f e l d zu B l a c h f e l d ) . Anderwärts wird der unverständlich gewordene erste Wortteil zerdeutet: nd. pöfisl (so Voß) geht mit P f au enf i s i Zehner 1622, das bair. u. henneberg. fortlebt, nd. bovist, schwäb. bubefütlet mit B u b e n f i s t Bock 3 (1546) l b ; Lonicer 1551, 64; Bauhin 1598 Hist. Font. Boll. 210. Bogen m. mhd. böge, ahd. bogo m., ags. boga, engl, bow 'Bogen, Biegung*. Urverwandt ir. fidhoce '(hölzerner) Bogen': Ableitung von b i e g e n , wozu die gleichbed. Sippe von B u c h t . Vgl. die urgerm. Zusammensetzungen E l l e n b o g e n und R e g e n b o g e n . Ein Bogen Papier ist wohl urspr. Maßbez.: 'soviel man zusammenbiegt, -faltet?. — Vgl. B a u s c h . Bohle /. Aus der Übereinstimmung der siebenbürg. Formen mit den rhein. ergibt sich afränk.
Bohne
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*boh für die Zeit vor 1141; das älteste nd. Zeugnis ist aus bolseip einer pomm. Urk. von 1286 (Hans. Urk.-B. 1, 1005) zu entnehmen. Nächstverwandt mit mnd. lol(l)e 'Planke' u. mnl. lolle 'Baumstamm' ist anord. bolr 'Baumstamm', aus dem gleichbed. mengl. bole entlehnt ist und das mit anord. bola 'Bäume fällen', bol-gxi u. a. unser Wort als gemeingerm. erweist; vgl. schwed. bài 'Stamm, Rumpf. Überall liegt o aus germ, m vor. Urverwandt sind aind. bhurijäu 'Deichselaime', lat. fuläre '(durch Balken) stützen' u. (mit anderer Ablautstufe, vgl. B a l k e n ) gr. phaUangai 'Planken', φάλαγξ 'Stamm, Balken; Schlachtreihe'. Eine dritte Stufe des Ablauts zeigt mnd. bale, das in Pommem als bäh, in Schleswig-Holstein als bçh fortlebt. Auf obd. Gebiet ist B. nicht bodenständig, in die Schriftsprache gelangt es (wie das verwandte Bollwerk) durch Luther, der es aus seiner thiir. Heimat kennt.
Boi
gang mir aus den Bohnen 'Laß mich ungeschoren' : A. Kopp 1917 Zs. d. Ver. f. Volksk. 27, 36; H. Fischer 1904 Schwäb. Wb. 1, 1289. Böhnhase m. 'Pfuscher' zu B ö h n 'Boden' (s. Bühne), der obd. Volkssprache fremd, ursprgl. die im nördlichen Niederdeutschland übliche Bezeichnung für den unzünftigen Schneider. In der Schreibung B e i n h a s e Felsenburg 2, 190; bei Stieler 1691 B e e n h a s e . Im Oldenburg. B ö h n hase (auch B a l k h a s e ) Name der Katze; die übertragene Bedeutung erinnert an das im Salzburgischen für den unzünftigen Zimmermann übliche D a c h h a s e (eigtl. 'Katze') oder Z a u n hase (eigtì. 'Igel'): in der Heimlichkeit der Arbeit auf Bühne oder Speicher liegt die Vergleichung; nach Walther, Zs. f. d. Wortf. 8,191 war B ö h n h a s e , das im 14. Jh. zunächst als Personenname auftritt, eine nd. Scherzbenennung für 'Katze'. Anderseits bietet die in Hamburg 1765 bezeugte Wendung B ö h n h a s e n j a g e n (die zünftigen Schneidermeister hatten das Recht, die unzünftigen Schneider unter Erlaubnis des Bürgermeisters mit polizeilicher Hilfe zu verfolgen, was Peisker 1685 De vemac. et rer. Germ, significatione 31 schildert) einen weiteren Anhalt für die Bezeichnung B ö h n h a s e . Sie begegnet schon in der Wismarer Schneiderrolle von 1668, in einer Preuß. Landesordnung von 1677 sowie 1692 im nd. Wegekörter o l b und wird von Zeiller 1644 Episteln 4, 319 besprochen. Die hd. Literatursprache des 16. Jh. (z. B. Luther)sagte H ü m p l e r und S t ü m p l e r für 'Pfuscher*. Sonst begegnen für den unzünftigen Schneider die Benennungen S c h n e i d e r f r e t t e r und S t ö r e r , auch H o s e n koch und F e r k e n s t e c h e r (aus Neuß 1675 u. Deutz 1731: Mod. lang, notes 36, 486); der unzünftige Fleischer hieß in Zeitz Buhle.
Bohne f., mhd. mnd. mnl. bòne, ahd. asächs. bona, nnl. boon, afries. bäne, ags. lean, Um, engl. bean, anord. baun, norw. bauna, dän. benne, schwed. bona. Baunönia 'BohDenland' als Name einer fries. Insel bei Plinius, Nat. hist. 4, 94 (eine andre heißt Fabaria: das. 4, 97) sichert *baunä als germ. Ausgangsform, die (aus *babnä dissimiliert) auf idg. *bhabhä 'Saubohne' zurückweist. Dies ist die redupl. Stammform auch für gleichbed. lat. faba, russ. bob und apreuß. labo, während gr. phakós 'Linse* und alban. bathe (aus *bha£ä) 'Saubohne' als Ableitungen auf verklein, -ίο der Redupl. nicht bedurften. Den Ausgangspunkt bildet eine Lautvorstellung idg. *bha, die von den aufgeblähten Backen auf die geschwollene Schote übergegangen ist. Die Bohne unsrer Urzeit war Vicia faba L.\ J. Hoops 1913 Reallex. 1, 301. Unsre Gartenbohne (Phaseolus vulg. L.) stammt aus Amerika: ders. 1905 Waldb. u. Kulturpfl. bohren schw. Ztw. mhd. born, ahd. asächs. 400. Über K a f f e e b o h n e s. K a f f e e . boron, mnl. nnl. boren, ags. lorian 'bohren', engl. bohnen Ztw. Das W i c h s e n oder W a c h s e n bore (auch 'belästigen, langweilen', wie frz. scier der Böden (diese beiden Wörter in Süddeutsch- aus 'sägen' zu 'langweilen' geworden ist), anord. land, Österreich u. der Schweiz) heißt im nd. bora, schwed. borra, dän. bore 'bohren': zur idg. Osten b o h n e r n , im nd. Westen b o h n e n . Über Verbalwurzel *lher- 'mit scharfem Gerät beardie Abgrenzung Kretschmer 1918 Wortgeogr. beiten' mit schwundstufigem Wurzelvokal wie 138. B o h n e r n i s t Iterativbildung (wie r ä u c h e r n , gr. ph&rö 'spalte', pharóò 'pflüge', während lat. s c h i l l e r n , s c h l i m m e m , e r s c h ü t t e r n ) zu forare 'bohren' auf hochstufigem idg. *bhorämnd. Ionen 'blank reiben'. Dies führt mit gleich- 'das Bohren' beruht. Urverwandt sind ferner mir. bed. mnl. nnl. lomen, ags. Ionian auf westgerm. lern 'Kluft', armen, heran, lit. burnà 'Öffnung, *lönian zur Wz. germ. *bm, vorgerm. *bhän. Zu Mund', alb. brimé 'Loch', aind. Ihfnäti 'versehrt'. ihr air. bän 'weiß', gr. phainö 'mache sichtbar*, S . B a r c h . aind. bhánú- 'Schein, Licht, Strahl'. Boi m. Ein Wollgewebe, feiner als Fries und Bohnenlied n. in den Redensarten: etwas gröber als Flanell, heißt afrz. laie, wohl nach lat. geht über das Bohnenlied 'ist nicht mehr erträg- ladius 'kastanienbraun'. Von den Franzosen lich' und: einem das B. singen 'ihm den Laufpaß kommen Wort und Sache früh zu allen Nachgeben' zurückzuverfolgen bis ins 16. Jh. Das barn: ital. laietta, mnl. baeysch laken, engl, bay, Lied selbst (Text bei F. M. Böhme, Altd. Liederb. baize (dies aus dem Plur.), dän. lai. Während nd. 436) schildert Verkehrtheiten u. Albernheiten. baie über nnl. baai zu uns gelangt und gelegentEs hat den Namen von seinem Kehrreim: Nu lich ins Hd. dringt (bayh(e) Henisch 1616), kann
Boisalz
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Bombast
Boy (so seit Stieler 1691) dem Frz. erst ent- die zu trans. Ztw. gebildeten Mask, auf -er den nommen sein, als dort boie galt. Schwed. boj Träger der Handlung bezeichnen, hat sich bei entstammt dem Nhd. Böller dieselbe alte Freiheit der Bildung bewahrt Boisalz 9. B a i . wie in Pelzer, P f r o p f e r , S e n k e r : A.Götze Boje /. 'an Anker, Netze u. dgl. geketteter 1909 Zs. f. d. Wortf. 11, 269. Schwimmer, Wahrtonne': in nd. SeemannsBollwerk n. Ein im 15. Jh. auftretendes mhd. sprache zuerst 1675 als boye 'Ankertonne', ver- bol(e)werk 'Wurfmaschine' kann die Auffassung mittelt durch gleichbed. mnl. bo(e)ye (nnl. boei), von Böller (s.d.) stützen, mit dem es zu boln das (wie engl, imoy) aus afrz. boye (frz. bouée) 'schleudern' gehört. Zukunft hatte allein gleichstammt. Die afrz. Form ist lautgesetzl. ent- zeitiges bolwerk 'munimen' (Lexer 1, 324; H. Fiwickelt aus nfränk. *bökan 'Zeichen', das auf scher 1, 1279), das an Bohle /. (s. d.) anzudem unter Bake entwickelten germ. *baukna- schließen ist: aus starken Planken wurde das beruht (ft-Ausfall wie in frz. jouer aus lat. iocare): Werk, der Schutzbau geschichtet. Gleichen UrJ . Modeer, Namn och Bygd 1943 S. 143. sprungs sind mnd. mnl. nnL bolwerk, aus dem •bold in Zus.-Setzungen wie Lügen-, R a u f - , Deutschen entlehnt frz. boulevard (aus älterem Sauf-, Witzbold ist Nachbildung altd. Männer- bouleverl), engl, bulwark, spätanord. bolvirki, dän. namen wie Gari-, Hunir, Sigibald m i t bald 'kühn' schwed. russ. bolverk, lett. bvlverk'is: J. Sehwers im zweiten Teil, deren Förstemann 199 aufführt. 1925 Zs. f. vgl. Sprachf. 53,101; W. Stammler, Im Nebenton ist f ü r ahd. -bald m h d . -boli ein- Kl. Schriften 1954, 194. getreten. Von den appellativen Nachbildungen Bolzen m. mhd. ahd. bolz, mnd. bolle(n) 'Bolzen, stehen die ältesten erkennbar im Übergang vom Fußfesseln, Meßstab, Rolle', mnl. boul{e), nnl. Eigennamen: hetzeboU ist erst Name eines be- bout, ags. engl. dän. bolt, schwed. bull. Die got., stimmten Jagdhunds, dann 'Jagdhund' allge- anord., afries. u. asächs. Formen entgehen uns. mein. Kurz(e)boli ist zunächst Übername eines Auf Entlehnung aus dem Germ, beruht das seit Untersetzten, dann 'kurzes Gewand'. Außerdem dem 8. Jh. bezeugte mlat. boltio, das ital. bolzone leben schon mhd. trunken- und wankelbolt. Früh- ergeben hat. Urverwandt sind lit. beldit, bdldau nhd. trunkenbolz ist hyperhd. Form. Der zweite 'klopfe', baldas 'Stoßstange', mit denen B. auf Teil ist verselbständigt, wenn im 16. Jh. einen Stamm *bheld- 'pochen' zurückweist, t r u n k e n e r Bold erscheint, im 19. (Rückert) der mit einem nur präsentischen d zur Wz. *bhel kleine Bolde. Schillerbold, um Brandenburg 'schallen' gehört, so daßB. in seiner vorgeschichtl. S c h r i l l b o l d , S c h r e e b o l d 'Libelle' enthalten Grundbed. 'Holznagel' nach dem Klang beim nd. bolt 'Bolzen' u. ist mit -d unserer Gruppe Einklopfen benannt wäre. Auf 'Holznagel' benur angeglichen: Liselotte Druxes-Schäfer Wort- ruhen die geschichtl. Bed. des Worts: J. Brüch karte 'Libelle' bei Mitzka, Dt. Wortatlas II (1953). 1936 Zs. f. dt. Alt. 73, 75ff. — Zu Bolz (en) bölken Ztw. 'brüllen', zumal von Rindern, nnl. 'Kater' vgl. Balz. bulken, md. (15. Jh.) bülken; bed.-verwandt nnl. bombardieren s. Bombe. balicen (vom Esel), mnl. mnd. belken. Sämtlich Bombardon n. Die Baßposaune hieß frühnhd. mit ft-Formans zur gleichen Wz. wie bellen : Zs. P o m m e r ; daneben tritt B o m b a r d o n (nach f. d. Wortf. 12, 34. ital. bombardone) seit Prätorius 1619 Syntagma Bolle f . Aus einer Grundbed. 'Knollenartiges' mus. 2, 36. hat sich einerseits 'Zwiebel', anderseits 'Knospe, Bombasin m. leichter Baumwollstoff, doch rundliches Gefäß, Schale' entwickelt. Bei der auch Mischgewebe mit Wolle, Kamelshaar oder ersten Entwicklung mag ital. cipolla (s. Zwiebel) Seide. Pers. pänbä 'Baumwolle' liefert über gr. mitgewirkt haben. Die Bed. 'Schale' ist schon in τταμβάκιον lat. bonibacium, das ital. bombagirw ahd. ags. bolla, anord. bolle vorhanden. Engl. und frz. bombasin ergibt: Lokotsch 1927 Etym. bowl 'Napf' (schon um 950) hat um 1770 nhd. Wb. 1617. Die Sache gelangt von Süden u. Westen Bowle ergeben, zuerst in Göttingen. Zum Be- zu uns, so daß an frühnhd. bombasin (so seit griff der 'rundlich erhöhten Form' ahd. hirni-, Frisius 1556 Diet. 1425 a, spätmhd. wammasin ags. hêafodbolla 'Hirnschale'. Weiter sind ver- m.) beide roman. Nachbarsprachen Anteil haben wandt mhd. boln, ahd. bolán 'rollen, werfen*, viel- dürften: Schweiz. Id. 4,1258; H. Fischer 1,1283; leicht auch Ball. Vgl. Belche 1 und Boich. Lexer 1, 325. Böller m. In Regensburg erscheinen 1343 die Bombast m. Zu den unter Bombasin ent2 ersten poter, die Schmeller 1, 231 als 'Schleuder- wickelten Baumwollstoffen stellt sich engl, bommaschinen' deutet. Sie kehren in der Zeit der bast, ein Gewebe, das vor allem zur Auswattierung beginnenden Feuerwaffen als kleine Kanonen der Wämser benutzt wurde. So ging das engl. wieder (II. Fischer, 1, 1277), wie sie noch heute Wort in die Bed. 'Schwulst* über, es wurde in der zu Signalschüssen u. Festen benutzt werden. Zu weiteren Bed. 'Wortschwall' zum Schlagwort der mhd. boln 'schleudern' (s. Bolle): während sonst literar. Kritik u. als solches durch Gottsched 1730
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Bombe
Crit. Dichtk. 228 bei uns bekannt, Lessing hat es eingebürgert. B o m b a s t i s c h seit Wieland 1774 Abderiten 3, 2. B o m b a s t , seit dem 15. Jh. Beiname der Herren von Hohenheim bei Stuttgart, so von Paracelsus, zu mlat. bombacium; auch W a m s ist Schwab. Familienname. Bombe f . Frz. bombe aus ital. bomba 'Spreng-
kugel' erscheint bei uns seit 1616. Das frz. Wort bed. 'summendes Geschoß', zu lat. bombus, gr. bómbos 'dumpfes Geräusch'. Im 19. Jh. entstammen B o m b e n e r f o l g , - g e d ä c h t n i s , - r o l l e , - m ä ß i g über die Schauspielersprache dem jidd. pom.be 'pomphaft' : S. A. Wolf, in : Muttersprache 1965,102. Frz. bombarder liefert seit Stieler 1691 b o m b a r d i e r e n , bombardement seit 1708 Leopold d. Gr. 1, 55 B o m b a r d e m e n t 'Beschießung': H. Schulz 1913 Fremdwb. 1. 90. bombenfest, -sicher Adj. bezeichnen in eigentl. Bed. etwas als so fest u. sicher, daß auch ein Volltreffer es nicht zerstören kann. So Nettelbeck 1823 Lebensbeschr. 3, 177 „ein Weinkeller, den man für bombenfest hielt". Erst neuerdings unsinnlich: „das steht b., mein Wort ist b." bömig Adj. 'stumpf von den Zähnen nach Genuß von Saurem', ein Ausdruck der Mark Brandenburg und ihrer Nachbarlandschaften, von den alten Siedlern aus den südl. Niederlanden mitgebracht, wo seit langem boomig gilt. Die Auffassung 'sich bäumend' wird gesichert durch den gleichbed. Ausdruck „es stehen einem die Zähne auf", den man im ostfränk./oberpfälz. Grenzgebiet gebraucht, wenn man Allzusaures zu essen bekommt. Die niedersächs. Entsprechung ägig (auch egg, ege, âge) gehört zu *ag- in mnd. egge f . 'scharfe Kante, Schneide*. Sie stimmt zu egghighe fanden 'stupidi dentes", das von je in den
nördl. Niederlanden gilt: Brandenburgia 41, 5f.
H. Teuchert
1932
Bonbon ». Das nach Kinderart doppelt gesetzte frz. bon 'guf hat frz. bonbon 'Zuckerplätzchen' ergeben, das obd. G u t ( e ) l e , Guts(e)le entspricht, aber sich mit abweichender Bed. (Gutsei das im Haus gebackene Zuckerwerk, B. die im Laden gekauften Leckereien ohne Mehl: H. Fischer, Schwäb. Wb. 1, 1284. 3, 967) daneben erhält, seit es um 1770 (H. Schulz, Fremdwb. 1, 91) entlehnt ist. Moritz 1793 Gramm. Wb. 170 befürwortet das Fremdwort, Kinderling 1796 Rtìinigk. 116 u. Campe 1813 Verd.-Wb. 164 sind mit ihrem Widerspruch nicht durchgedrungen. B o n b o n n i e r e /. aus frz. bonbonnière (s. B a r riere) seit 1794 Neuer Teutscher Merkur 3, 204 „Ich habe heute noch die Bonbonniere mit ihrem Portrait in Händen gehabt, die mir der englische Gesandte geschenkt hat". Westfäl. gilt klümpken für 'Bonbon', Bönhase s. B ö h n h a s e .
Boot
Bonmot n. Frz. bon-mot 'Witzwort* tritt zuerst 1708 in deutschem Text auf: H.Schulz 1913 Fremdwb. 1, 91. Die anfangs lebendige Wortgruppe, die bis 1790 den Plur. B o n s m o t s bildet, erstarrt, so daß Prof. Will in Altdorf 1749 eine Kritik der Bonmots schreibt. B o n m o t i s t i s c h Nestroy Zs. f. d. Wortf. 12, 243. Bonne /. Aus der frz. Anrede ma bonne „meine Gute" (so Bürger 28b Bohtz) ist der Name der Kinderfrau hervorgegangen, bei uns seit Campe 1801 gebucht. Bonvivant m. 'Lebemann' (s. d.) aus frz. bon vivant, das seit langem hinter frz. viveur zurücktritt. In nhd. Text belegt H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 92 b o n v i v a n t seit 1714. Bonze m. Japan, bonsö 'buddhist. Priester', dahin aus chin, fan-seng 'religiöse Person' mit dem Buddhismus entlehnt, ist in der engl. frz. Form borne über die Welt verbreitet. Bei uns zunächst rein beschreibend Β ο η ζ y Plur. (Schultze 1676 Ostind. Reise 134 a), dann schon kritisch Bonzier (seit Hübner 1732 Staatslex. 276), seit der Aufklärungszeit in frz. Form Β ο η ζ e als Spottwort für bigotte Pfaffen (Wieland 1767 Agathon 2, 7), dazu Bonzenwesen von priesterl. Beschränktheit (Seume 1800 Mein Leben 8), B o n z e n g i f t u. Bonzerei (Ladendorf 1906 Schlagwb. 31), neuerdings von Vorgesetzten u. harmlos von Würdenträgem jeder Art, aber auch von Fanatikern ihrer Überzeugung ( P a r t e i b o n z e n ) : Zs. f. d. Wortf. 13, 98. 15, 179; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 92; Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 331. Boot ». Aus ags. oder altfries. Mt ist altnord. bätr entlehnt, aus mittelengl. bot mnl. mnd. boot. Dazu kymr. bäd, ital. batto, battello, span, batel, frz. bateau. Voraus liegt anord. beiti zu 'beißen' ; daraus ags. bät; im Nd. ist boet m. 'kleines, offenes Beischiff' zuerst Hamburg 1292 bezeugt, dazu viele Zus.-Setzungen, von denen bösman 'Matrose' zuerst schriftsprachlich wird: boßleut Walchs 1548 Esop 2, 30. Später nimmt das Wort die etymologisierende Gestalt B o o t s m a n n u. die Bed. 'Unteroffizier auf Kriegs- u. Handelsschiffen' an. B o o t s m a a t ist Klammerform aus B o o t s m a n n s m a a t . Zu der Kurzform B o o t s Zs. f. d. Wortf. 8, 40. In hd. Text tritt podel oder poet seit Ulr. Schmidel 1654 Reisen 27 auf. Seit Henisch 1616 wird B o o t gebucht, fortan drängt es md. K a h n und Zille, obd. N a c h e n , N a u e , Scheich u. Weidling zurück, die in frühnhd. Zeit allein galten. Zus.-Setzungen wie B o o t s gesell u. - k n e c h t haben einen gewissen Vorsprung vor dem einfachen Wort, das erst um 1760 für eingebürgert gelten kann, nun auch als 'kleineres, selbständiges Fahrzeug zu Fischfang u. Küstenfahrt' Fr. Kluge 1911 Seemannsspr. 117. Nd. Herkunft sind auch unter vielen anderen
Borax
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die Seemannswörter B a k e , D u c h t , E b b e , F l o t t e , leck, stoppen, Takel, T a u . — Wolf-Rottkay in der Anglia 71 (1952) 140: zu isl. beitan, ags. bietan 'die See beißen lassen, kreuzen'; W. Wüst ebenda 73, 262: Tierköpfe, so Drachen, am Steven. Borax m. Pers. büräh 'borsaures Natron* ist über arab. bürak, bauraq in die europ. Sprachen gelangt. Über mlat. borax entsteht spätmhd. huras, friihnhd. borros.Daraus ist nhd. B o r , Bors ä u r e , - w a s s e r gewonnen. Bord m. n. 'Deck- und Seitenplanken eines Schiffs', mit B a c k - u. S t e u e r b o r d aus nd. bo(o)rd mit unverschobenem d entlehnt, bord als Schiffsausdruck begegnet zufrühst im Ags., wo es tabula übersetzt. Es ist eine gemeingerm. Ablautvariante für B r e t t (s.d.) u. entspricht diesem in der Bed. Idg. *bhr-tó-m und *bhretóm
gehören zu der unter b o h r e n genannten Wurzel *bher-. In einer ostfries. Urkunde von 1467 ist von einem schepe van vyff borden grot 'fünf Plan-
ken hoch* die Rede; vgl. D r e i b o r d . Die urspr. Bed. kehrt wieder in got. fotúbaúrd 'Fußbreit' und nnl. dambord 'Damenbretf. Mit diesem Wort vereinigt engl, board ein zweites, das 'Rand' bedeutet u. durch Schwund eines r aus brord (ahd. brort, brarl) entstanden ist. Mit diesem vergleicht man aslav. braeda 'Furche'. — Kluge 1911 Seemannsspr. 127. Börde /. mnd. borde, so zuerst in Hildesheim 1300 und Magdeburg 1314, älter gebärde, ahd. giburida f . 'was einem zukommt, zufällt*. Es gehört zu asächs. ahd. bëran (lat. ferre) '(eintragen' und bezeichnet im Mnd. ein der Stadt(kirche) zins- oder steuerpflichtiges Landgebiet, später 'Gerichtsbezirk, Landschaft', heute in Fügungen wie Soester, Magdeburger Börde 'fruchtbare Ebene, Flußebene': Dt. Rechtswb. 2 (1935) 408; E. Schröder 1941 Nd. Jb. 65/66, 33 f. Bordell n. Mhd. bort 'Brett' (s. Bord) wird früh ins Roman, entlehnt u. entwickelt hier ein Demin. mlat. bordellum, ital. bordello, frz. bordel 'Hüttchen', daa in der Bed. 'Freudenhaus' zu den germ. Nachbarn zurückkehrt: engl, bordel, brothel, mnl. bordeel. Bei uns zufrühst B o r d ä l Fischart 1676 Garg. 90; bordeel bucht Schueren, Teuthonista (Kleve 1477), ebenso noch Henisch (Augsb. 1616). Das Wort ist, mhd. vrouwenhüs verdrängend, den Rhein hinauf, die Donau hinab gewandert. B o r d e l l e r e y Laukhard 1802 Mein Leben 6, 133, B o r d e l l das. 130 beleuchten das Milieu. bordieren Ztw. Dem afränk. *bord 'Rand' entstammt frz. border 'den Rand besetzen, einfassen', das seit Fischart 1675 Garg. 185 rückentlehnt erscheint. Nachmals spielen das Part, (ver-) bord i e r t und die Ableitung B o r d ü r e /. 'Einfassung' eine Rolle: H. Schulz 1913 Fremdwb. I, 92.
Börse
Borg(schwein) s. B a r g borgen Ztw. Im Ablaut zu b e r g e n (s. d.) steht ein germ. schw. Ztw. der Grundbed. 'jem. Sicherheit gewähren', das sich einzelsprachlich in den Dienst der beginnenden Geldwirtschaft gestellt hat: ahd. bor(a)gen 'sich vor etwas hüten, sich schonen', dann 'jem. mit Zahlung verschonen', mnl. borghm 'beschirmen', dann 'Bürge sein für jem.', ags. borgian 'behüten', dann 'leihen', spät anord. borga 'Bürgschaft übernehmen für jem.'; heute island, 'bezahlen'. Borke /. Die rauhe Baumrinde heißt hd. R i n de; B o r k e ist von Haus aus ein nd. Wort (mnl. bare, mnd. borke, westfäl. bark, borke), das um-
gangssprachl. bis zu einer Linie Barmen—Breslau gilt (Kretschmer 1928 Wortgeogr. 141), aber auch schriftsprachl. u. in B o r k e n k ä f e r , - t i e r auch wissensch. gebraucht wird. Mit anord. bgrkr (Grundform *barkur) u. dem daraus entlehnten engl, bark weist es auf urgerm. *barkus. Hierin sieht Petersson, Idg. Forsch. 23, 403 eine ¡/"Erweiterung des Verbalstammes *bher- 'schneiden'. Er kann sich dabei auf das Verhältnis von lat. cortex 'Rinde' zu gr. keirein 'schneiden' usw. berufen. Born m. md. nd. Form für B r u n n e n . borniert Adj. Zu frz. borne f . 'Grenzzeichen,
Ziel' stellt sich borner Ztw. 'beschränken', dessen Part, b o m i r t seit Schiller 1787 Briefe 1, 362 in nhd. Text erscheint. Dazu im 19. Jh. B o r n i e r t h e i t /.: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 93. Borretsch m. Die Pflanze Borrago officinalis L. ist von den alten Ärzten als schweißtreibendes Mittel verwendet worden. Arab, ábü 'araq 'Vater des Schweißes' (zum zweiten Glied der Formel vgl. Arrak) hat über mlat. borrägo (so seit dem 14. Jh.) die europ. Formen geliefert. Spätmhd. borretsch ist uns durch das Roman, vermittelt. Das unmittelbar auf dem Lat. beruhende borage(n) lebt mundartlich fort: H. Fischer 1904 Schwab. Wb. 1,1296. Börse /. Mlat. bursa 'Geldbeutel' (zu gr. tojrsa
'Leder') hat im 13. Jh. der Brügger Kaufmannsfamilie van der Burse den Namen gegeben, die drei Geldbeutel im Wappen führte. Im 15. Jh. ging der Name burse auf den Platz vor deren Haus in Brügge über, wo die lombard. Kaufleute zu Geschäftszwecken zus.-traten. 1409 ist mnl. burse die Zs.-Kunft der Kaufleute in Antwerpen. 1518 bekommt sie ein Haus, das 1531 Bursa heißt: damit ist die Bed. 'Börsengebäude' erreicht. Seit 1668 dringt der Name über Hamburg nach Deutschland, zunächst in der Form B ö r s , die dem nnl. beurs entspricht. Vom Gebäude geht die Bez. auf die Versammlung der dort handelnden Kaufleute über. Seit etwa 1860 bedeutet B ö r s e auch 'Markt für versch. Waren', womit Zus.-Setz. wie Geld-, G e t r e i d e - , T r ö d l e r - ,
Börsianer
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W a r e n b ö r s e ermöglicht sind. Ein Vorschlag, das Fremdwort durch H a n d e l s h o f zu ersetzen, ist bisher nicht durchgedrungen. — Auch in seiner alten Bed. 'Geldbeutel' dringt nnl. (geld-) bewrs ins Nhd., zuerst 1730 als G o l d - B e u r s e , seit Zachariä 1754 Schnupftuch (1, 278) Börse. S. B u r s c h e . Börsianer m. nach G o e t h i a n e r , W a g n e r i a n e r zuerst Glagau 1876 Börsenschwindel 88, nachdem noch Spielhagen 1874 Ultimo 462 allein B ö r s e n m a n n gebraucht hatte. Borst m. 'auseinandergebrochene Stelle', mnd. hurst, borst, ags. byrst n. 'Landsturz', engl, burst 'Riß, Bruch'. Zu b e r s t e n , s. d. Borste f . mhd. börste f . — bürst, borst m. it., ahd. hurst m. «., ags. byrst u. mit ¡-Ableitung hrystl, engl, bristle 'Borste', anord. hurst f . 'steifes Haar, Dachrücken', hursti m. 'Bürste' : *hors als germ. Gestalt der Wurzelsilbe steckt auch in engl, bur 'Klette' aus ags. *burr (für *burzu- 'die Borstige'). Vorgerm. *bhers- kehrt wieder in aind. hhfs-ti 'Spitze, Zacke, Ecke', lat. fastigium 'Gipfel', gr. páskos, lit. barUis 'Rübe', russ. borii 'Bärenklau'. Borte f . 'Band, Besatz aus Goldfäden und Seide', älter einfach 'Rand', mhd. borte m. 'Einfassung, Band, Rand', ahd. borto 'Saum, Besatz* (ital. bordo 'Rand, Einfassung', frz. bord sind germ. Ursprungs), ags. borda 'Saum, Besatz'. Vgl. das verwandte Bord. Böschung f . Mit der unter B u s c h behandelten Sippe ist durch ein Mittelglied bosch 'Grasbüschel' ein alem. Wort zu verbinden, das in der Schweiz als bosch 'mit Gras bewachsenes Stück Boden' seit langem und heute noch lebt (Schweiz. Id. 4, 1763). Dazu wird im 16. Jh. B ö s c h u n g 'mit Rasen bekleidete Abdachung eines Walls' gebildet. Es tritt bei Kriegsschriftstellem wie Speckle 1589 Architect. 9 a u. ö. auf und gelangt in die Gemeinsprache als 'Abdachung'. Zugleich wird das kurze ö zur Länge böse Adj. Mhd. bœse, ahd. asächs. bösi, mnd. mnl. böse, nnl. boos, afries. *häs (in bäs(a)feng 'unzüchtiger Griff'), schwed. mundartl. bös 'wild, verwegen, hochfahrend', norw. haus 'stolz, keck* führen auf germ. *bausia-, *bausur. Nächstverwandt sind mengl. hosten, engl, boast 'prahlen', ursprünglich 'sich aufblähen'. So stellt sich das Adj. als s-Erweiterung der idg. lautmalenden Wurzel *bbäur 'aufblasen' dar, die auch unter B a u c h , B a u s c h , b a u s e n , Beule und B u s e n genannt ist. — B o s h e i t und b o s h a f t bleiben ohne Umlaut, weil ahd. i der Fuge schwand, ehe es Umlaut wirken konnte. Dagegen ist mhd. hœsewiht (mit innerer Beugung) jüngere Zus.Rückung des Adj. mit W i c h t , s. d. — Die Lautgeograpliie bietet der Dt. Sprachatlas.
Botanik
Boß m. 'Halbstiefel'. Das dem frz. botte prov. bota f . 'Stiefel' vorausliegende roman, bota ist vor der hd. Lautverschiebung entlehnt worden und hat danach mhd. boç(schuoch) (Lexer 1, 336f.), alem. boß, bößle (Schweiz. Id. 4, 1736), schwäb. bosse (H. Fischer, 1,1315), bair. poß(en), poßschu (Schmeller 1 1, 294) ergeben. Entlehnung von frz. hotte in frühnhd. Zeit hat eis. hot(t)schùh (Ch. Schmidt 1901 Hist. Wb. d. eis. Ma. 61), schwäb. boschwh geliefert. Dieses lebt in botsche 'Hausschuhe' bis heute, gleicher Herkunft ist österr. P a t s c h e n 'Pantoffeln'. Boße m. 'Bund Stroh oder Flachs', ahd. bôço, mhd. bö%e, mnd. böte, westfäl. baute 'Bund Flachs', stellt sich zu dem unter A m b o ß , B e u t e l 1 und bosseln behandelten Ztw. mhd. bö%en 'stoßen*. Heute gilt das Wort in der Rheinpfalz und westlicher, ferner in obd. Ma. vom Elsaß und der Schweiz bis Kärnten, s. H. Fischer 1, 1310, der zur Bed.-Entfaltung an den „Stoß Papier" erinnert. bosseln Ztw. ist in den Bed. 'Kegel schieben', 'kleine Arbeit verrichten' und 'erhabene Arbeit machen' gleichen Ursprungs. Das unter Amboß u. Β e u t e l 1 entwickelte Ztw. hö^en hat schon mhd. neben seiner gangbaren Bed. 'stoßen' die jüngere 'Kegel schieben' entwickelt (Lexer 1, 336). Dazu mhd. bötfcugel und als Demin. unser erstes bosseln. Das zweite hat landschaftlich dieselbe Verkürzung des Stammvokals erfahren; das spätmhd. bö%eln bed. etwa 'klöpfeln*; ein Mask. boss(el) 'geringer Knechf in obd. Ma. ist wohl erst aus dem Ztw. rückgebildet. Mit dem gleichbed. b a s t e l n ist dieses bosseln unverwandt. — Neben ahd. bö^an stand afränk. *bötan '(aus-) schlagen, sprießen' mit der Ableitung *bötja 'Sproß'. Sie wird entlehnt zu gallorom. *bottia, das in prov. bosa, frz. bosse 'Beule, erhabene Arbeit* fortlebt. Hieraus wird im 16. Jh. frz. bosseler 'erhabene Arbeit machen* abgeleitet, woraus in der Renaissancezeit das gleichbed. frühnhd. b o s s e l n entlehnt ist. Aus ital. bozza 'Erhabenheit* (das eben auch germ. Ursprungs ist) stammt spätmhd. possen m. 'Körpergestalt' bei Osw. v. Wolkenstein (t 1446) 4, 6. 21, 6. 30, 12 Schatz. Dazu posnieren 'nachbilden' das. 68, 17. 94, 24. Botanik /. 'Pflanzenkunde'. Zu gr. botànè 'Pflanze* stellt sich βοτανική (έπιστήμη), das über nlat. botanica (scientia,) seit Schorer 1663 Aran. d. Reis. 178 „Botanic oder KräuterWissenschaft" ergibt. B o t a n i s c h ist in lat. botanicus vorgebildet, b o t a n i s i e r e n (seit Thilo 1716) in gr. βοτανίζειν 'Pflanzen sammeln*. Als Mask, galten im 18. Jh. B o t a n i s t nach frz. und B o t a n i c u s nach lat. Vorbild; erst seit Campe 1801 erscheint B o t a n i k e r : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 94.
Bote
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Bote m. abd. boto, asächs. ani. iodo, afries. ags. boda, anord. lodi führen auf germ. *budan-, Nomen agentis zu der in b i e t e n enthaltenen Wz. germ. *bud, idg. *bhudh: zu entbieten und Gebote auszurichten war sein Amt. Auch B o t s c h a f t /. ist schon altgerm.: ahd. botoscaft, älter ioiascaf, asächs. bodscepi, afries. bodiscip, ags. lodscipe. S. - s c h a f t . botmäßig Adj. 'zu Gehorsam verpflichtet, Untertan', spätmhd. potmce^ig 'verpflichtet, sich nach den Geboten zu richten", im 15. Jh. als Behördenwort zu mhd. bot n. 'Gebot, Befehl' gebildet. Der alte Sinn war verdunkelt, als im 19. Jh. u n b o t m ä ß i g 'widersetzlich' aufkam. Botschafter m. Frühnhd. gilt für 'Gesandter' das konkret gebrauchte B o t s c h a f t , zuerst in den Reichsabschieden vom Ende des 15. Jh., zuletzt im Regensburger Abschied von 1664. Nach K u n d s c h a f t e r und G e s e l l s c h a f t e r stellt sich B o t s c h a f t e r seit Heyden 1684 Plinius 408 in nichtamtlichem Gebranch ein, z. B. für Brieftauben oder Merkur als Götterboten; als 'Führer einer Gesandtschaff nicht vor Tectander 1610 Iter Pers. 14. Amtlich wird B o t s c h a f t abgelöst durch A m b a s s a d e u r , zu dessen Verdrängung Heraus 1721 Ged. 273 B o t s c h a f t e r empfiehlt, mit Erfolg vor allem darum, weil der Wiener Hof im Streit der diplomatischen Rangklassen, der in Nimwegen 1677 einsetzte, einen gehobenen Ausdruck brauchte ( A b g e s a n d t e r galt für envoyé). So ist im Reich, von Wien ausgehend, seit Anfang des 18. Jh. B o t s c h a f t e r Vertreter mindesten eines Kurfürsten. Bottich m., ahd. potega, poteche, mhd. botige, butche, aus lat. (aus d. Griech.) apothêca 'Vor-
Brachsen
saal' im 18. Jh. boudoir gebildet, das sich alsbald aus 'Schmollwinkel' zu 'Zimmer der Dame' entwickelt hat. So bei uns seit J . Moser 1778 Patr. Phant. 3, 132 mit der Umschreibung L a u n e w i n k e l . Campe empfiehlt S c h m o l l w i n k e l (Sprachgebrauch der Lausitz). Bouillon /. 'Fleischbrühe' seit Amaranthes 1715 Frauenz.-Lex. 109 aus frz. bouillon m., das im 12. Jh. aus gallorom. *bullione 'Aufwallung' entwickelt ist. Dies gehört als Fem.-Abstr. zu lat. bulliré 'sieden', urspr. 'Blasen aufwerfen' (s. Bulle). Unser Fem. steht unter Einfluß von B r ü h e und Suppe. Bovist s. B o f i s t . Bowle s. Bolle. boxen schw. Ztw. 'mit Fäusten kämpfen'. Gleichbed. engl, box (vielleicht verwandt mit pochen) gelangt im 18. Jh. zu uns und erscheint mit a, das auch in F r a c k (s. d.) dem engl, o entspricht: b a a k s e n Vers. e. brem. Wb. 1 (1767) 42; b a c k s e n /. M. Klinger 1776 Sturm u. Drang 3, 3; bei K. A. Kortum 1784 Jobsiade 2, 6, 26 im Reim auf w a c h s e n ; b a x e n noch bei Campe 1807, B a x e r bei Η. ν. Kleist 1810 Werke 4,194 E. Schmidt. Unsre Form tritt mit neuer Berufung auf England seit K. Niebuhr 1778 Reisebeschr. 2,176 auf : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,95. Boykott m. Über Hauptmann Charles Boycott, Gutsverwalter zu Lough-Mask in der irischen Grafschaft Mayo, sprach die irische Landliga 1880 ihren Bann aus, so daß niemand für ihn arbeitete oder mit ihm verkehrte und B. das erste Opfer des nach ihm benannten Verfahrens wurde. Bismarck hat B. 'Verruf' alsbald aufgenommen. Das Ztw. b o y k o t t i e r e n entspricht dem engl, to boycott, nnl. boycotten. Sprachdienst 7,179.
ratskammer, Weinlager'; später 'Vorratsgefäß'. Im Span, bodega 'Weinkeller', ital. bottega 'Magazin'. Vgl. B ü t t e : Johannes Hubschmid, SchläuBrache /. ahd. brahha, mhd. bräche, mnd. mnl. che und Fässer = Romanica Helvetica 54. Das brake (zu b r e c h e n wie S p r a c h e zu sprechen) Nomen agentis B ö t t ( i ) c h e r (spätmhd. botecher, 'Umbrechung des Bodens im Juni' (ahd. brähLuther, büttiger, bötticher, nd. boddiker, bödeker, mänöt), ein Kunstwort der Dreifelderwirtschaft, dän. bedker, schwed. böekare) ist Schriftwort vom bei der ein Drittel der Feldflur in, zc bräche nd. md. Osten her, wo von alters Bier das Haupt- liegt. Indem in der Formel die Präp. schwindet getränk war. Der B. heißt nach dem Braubottich. (wie in p r e i s g e b e n , Wettlaufen: Behaghel Im Weinland am Rhein und Main gilt K ü f e r , 1928 Gesch. d. dt. Sprache 350), entsteht ein in Altbayern S c h ä f f l e r , fränk.-alem. K ü b l e r , junges Adj. brach, das Verbindungen wie B r a c h ostfränk. B ü t t n e r , im ganzen Südsaum Bin- f e l d , - l a n d eingeht. Dagegen zum Subst. gehört der. Leo Ricker, Z. landschaftl. Synonymik d. B r a c h v o g e l , ahd. brähfogal: Dän. brokfugl, dt. Handwerkernamen; A. Götze Neue Jahrb. schwed. brockfàgel sind aus dem Nd. entlehnt. 41, 130; P. Kretschmer Wortgeogr. 142; M. AsBrachsen m., B r a c h s e /.,nd. B r a s s e n , B l e i 2 dahl-Holmberg, Studien z. d. nd. Handwerker- (s. d.). Im hd. Sprachgebiet ist der alte Reibebezeichnungen d. MA. 1950, 171; anders Ger- laut vor s erhalten: daher Schweiz, brachsme, traud Müller, Beitr. (H) 83,288: leitet B ö t t c h e r schwäb. brachse wie mhd. brahsem, ahd. brahs(i)a, von B ü t t e ab. Wortgeographie zu B ö t t c h e r : brahsema, brahsima; dazu schwed. braxem. h vor Wortatlas IX. s ist geschwunden: md. brasme, mnd. brassent, Boudoir n. Zu frz. bouder 'schmollen', das ministeri, braissem (ai aus a), ni. brasem, dän. etwa von 1750 bis 1850 auch bei uns gegolten brasen, norw. brasma, mlat. brasmus. Mit Ablaut hat, ist nach einem Vorbild wie dortoir 'Schlaf- stehen daneben md. brësme, Alberus 1550 Fabeln
Brack
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19, 71 bressum, asächs. brëssemo, mnd. mnl. brëssem. Aus *brahsima ist frz. Irrème entlehnt, daraus engl, bream. Der Name des glänzenden Fisches gehört zu germ. *bréhwan 'glänzen' (idg. Verbalstamm *bhere£-)·, s. B r a u e , B i r k e . Brack η. 'Ausschuß', b r a c k Adj. 'minderwertig*, b r a c k e n Ztw. 'ausmustern': seit dem 14. J h . als Wörter des norddeutschen Handels belegt von A. Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.Spr. 212, woneben im nd. Text wrack und wracken gelten. Dies ist das Ursprüngliche (s. W r a c k ) : i r ist Lautsubstitution für das den Hd. ungewohnte wr: Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. S. 385. Bracke m. 'Spürhund', mhd. mnd. mnl, brocke, ahd. braccho, dazu asächs. Bracka als Name eines Jagdhunds. Auf den germ. Wörtern beruhen ital. bracco, afrz. brac(on), frz. brächet, braque, mlat. bracco 'Jagdhund', barmbraccus 'Schoßhund'; aus dem Frz. stammt engl, brach 'Spürhund'. Mit mhd. brœhen 'riechen' und lat. fragrare 'stark riechen' zu idg. *bhrag-ros 'riechend'. Brackwasser n. 'Gemisch von süßem und Salzwassex", in hd. Text seit Andersen 1669 Orient. Reisebeschr. 23, doch schon Olearius 1647 Reise 276 „da freilich das Wasser . . . süße oder Brack ist". Häufiger nd. nl. brakwater zu mnl. brac 'salzig*; dazu engl, brackish (water), dän. brakvand, schwed. brakvatten. Das Wasser heißt nach dem schneidenden Geschmack: idg. *bhrogos gehört zum Verbalstainm *bher 'schneiden' wie ni. brine 'Salzwasser' zu dessen gleichbed. Erweiterung *bhrëi. Brägen m. 'Gehirn'. Herrn. Osthoff, Morpholog. Untersuch. 6, 92 setzt idg. *mregh, *mrogh an, woraus einerseits gr. βρεχμόξ 'Vorderhaupf, anderseits das wurzelverw. germ. *bragm- 'Gehirn' hervorgegangen ist, das durch ags. brosgen, engl, brain, afries. nl. brein, mnd. bregen gesichert ist. Zur Vertretung von idg. mr durch germ. (m)br im Anlaut s. Kluge 1913 Urgerm. S. 80. Bram- in B r a m r a h e , -segel, - s t a n g e usw., nl. bramra, -seil, -sieng wird aus bram, 'Prunk* gedeutet, so daß diese Segel usw. urspr. 'Renommiersegel' wären. Zu stützen durch gleichbed. engl, top-gallant-sail (zu g a l a n t ) und S c h ö n fahrsegel. Die älteren deutschen Formen brandsegel, -stetige u. ä. beruhten dann auf irrender Umdeutung: Kluge 1911 Seemannsspr. 135. Bramarbas m. 'Prahlhans'. 'Bramarbas, Cyperns Herr und Kaiser' beginnt eine Ode in der anonymen Satire „Cartell des Bramarbas an Don Quixote" hg. von B. Mencke 1710 Unterr. von d. d. Poesie 220, durch Gottsched 1741 D. Schaubühne 3, 16 beflügelt: Büchmann 1912 Geflüg. Worte 111; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 95. Dazu b r a m a r b a s i e r e n 'großtun' seit Geliert 1751
brandmarken
Briefe vom Geschmack 4, 149. Zu span, bramar 'schreien, heulen'. Brand m. Ahd. brani, Mz. brfnti, mhd. mnl. brant (d), asächs. mnd. nnl. ags. engl. dän. schwed. brand, afries. brand, anord. brandr führen auf germ. *branda-, das dichterisch (wegen des Glanzes) für 'Schwert* steht, auch im entlehnten afrz. brant, ital. brando. So ist es in Namen wie B r a n dolf und H i l d e b r a n d gemeint, während Ortsund Flurnamen wie E b e n - , Neuenbrand an eine durch Brennen gerodete Waldstelle erinnern. Das M. ist zum Stamm des st. Ztw. brennen (s. d.) auf germ, -pa, idg. -to gebildet wie F r o s t zu f r i e r e n , gr. thánatos 'Tod' zu θανεΐν 'sterben', potos 'Gelage' zu pinein 'trinken': F. Kluge 1926 Stammbildungsl. § 117. Die roman. Sippe von frz. brandon 'Fackel' stammt aus afränk. *brand 'brennendes Holzstück". Brandbrief m. tritt in Bayern 1396 als 'Verordnung gegen Brandstifter' auf, ohne in dieser Bed. über den Anfang des 16. Jh. hinaus fortzuwirken. In Hamburg begegnet brantbref zuerst 1514 als 'Schreiben, wodurch das Abbrennen von Haus und Hof angedroht wird'. Dieser Gebrauch, der etwa dem des hd. F e h d e b r i e f s entspricht, gilt im Raum zwischen Antwerpen, Braunschweig, Erfurt, Berlin und Lübeck bis ins 19. Jh.; nach Süddeutschland dringt nur gelehrte Kenntnis davon. Von hier geht 1617 die Hauptbed. aus: 'obrigkeitl. Verfügung, die zum Sammeln von Gaben für Brandgeschädigte berechtigt'. So in der Schweiz, Württemberg und Sachsen; hier entspringt der verallgemeinerte Gebrauch 'dringlicher Brief (um Geld)', der durch Vermittlung der Stud.-Sprache von Leipzig (seit 1767), Halle usw. in Umgangssprache und Mundarten dringt. branden Ztw. das Wallen erregten Wassers haben die Alten gern dem Brennen und Sieden verglichen: B r u n n e n , Sod, lat. aestus. So gehört nd. nl. branden zu B r a n d m. und bedeutet urspr. 'sich wie Flammen bewegen'. Nhd. erst durch Klopstock u. Voß eingebürgert. — B r a n dung, nd. nl. branding, dän. brcending, schwed. bränning, seit Vischer 1720 Robinson I, 66 in hd. Texten, löst älteres B r e n n u n g ab, das nd. branning, barning entspricht : Kluge 1911 Seemannsspr. 141.147. Brander m. nd. nnl. dän. brander 'mit Brennstoff geladenes Schiff, mit dem man feindliche Schiffe in Brand zu stecken sucht'. In nhd. Texten seit Schultze 1676 Ostind. Reise 262 b , vorher (seit Hulsius 1613 Schiffahrt 10, 38) das hd. Bildungsgewohnheit entsprechende B r a n d s c h i f f : Kluge 1911 Seemannsspr. 139. brandmarken Ztw. 'ein Zeichen einbrennen' erst nhd. Dän. brcBndemerke, schwed. brännmärka sind aus dem Deutschen entlehnt. Das Subst.
brandschatzen
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heißt friihnhd. brandmerk. Die Sitte, Verbrechern oder Gefangenen stigmata einzubrennen (siehe K a i n s z e i c h e n ) , auch bei Griechen u. Körnern. brandschatzen schw. Ztw., spätmhd. brantschatzen 'eine Geldauflage festsetzen, durch die Gebäude usw. von kriegsüblichem (Plündern und) Niederbrennen losgekauft werden'. Übertragen 'stark in Anspruch nehmen'. Brandsohle f. die innere Sohle des Schuhs (so seit Ludwig 1716) aus B r a n d l e d e r (seit Stieler 1691), d. i. solchem, das durch das Brandzeichen der Tiere geschädigt ist: W. Kramer 1941 Gestaute Flut 64. Klammerform aus B r a n d (leder-)sohle. Die Schuhmacher kaufen beim Gerber B r a n d s o h l e n l e d e r : E. Ochs 1940 Bad. Wb. 1, 307. Brasse f. Die Bed. 'Seil am Ende der Segelstange' ist schon an lat. hrachium entwickelt, das urspr. 'Arm' bedeutet. Sie geht über frz. bras auf nnl. bras über und gelangt von da 1702 in hd. Seeschriften. Gleichen Ursprungs ist engl. brace. — brassen Ztw. 'die Bähen durch Ziehen an den Brassen in Stellung bringen', vom vorigen abgeleitet, im Hd. mit ihm gleich alt. Nd. nl. brassen, dän. brase, schwed. brassa, engl, to brace aus frz. brasser. Brassen s. B r a c h s e n . Braten m. Im 6. J h . erscheint in Westfranken bei dem byzant. Arzt Anthimus brädö, -önis m. 'Schinken', ein germ. Wort; von da aprov.brazon 'Wulst am Arm', afrz. braon 'Wade, Wulst'. Dazu asächs. brado 'Wade', ahd. brat(o) 'Fleisch ohne Speck u. Knochen, schieres Fleisch', ags. brsêd 'Fleisch', anord. bräd 'Fleisch als Nahrung für Menschen oder Tiere'. Mhd. brate, mnd. mnl. brade werden durch das unverwandte Ztw. b r a t e n in die Bed. 'gebratenes Fleisch' umgelenkt; ein Rest der alten Bed. hält sich in W i l d b r e t . Falls der Anlaut auf idg. wir- beruht, kann Verwandtschaft mit mürb vorliegen. braten Ztw. mhd. braten, ahd. brotan, asächs. brädan, mnl. bräden, afries. brèda, ags. bréëdan. Verwandt mit B r o d e m und b r ü t e n . Zugrunde liegt wohl eine idg. Wz. *bhrét, zu der auch lat. freturn 'Wallung des Meers', fretale 'Bratpfanne', fervere 'sieden' und fermentum 'Sauerteig" gehören. Ohne Dentalerweiterung auch B r ü h e . Bratenrock m. Stieler 1691 verzeichnet B r a tenwams 'vestís convivalis"; seit der Biedermeierzeit spielt der Gehrock (s.d.) seine Rolle. Dazwischen steht der B r a t e n r o c k , der bei Müller 1789 Emmerich 6, 160 als Gewand der Leipziger Stutzer auftritt, gefolgt von B r a t e n k l e i d 1790 Origines Backel 1, 93. T. Tobler 1837 Appenz. Sprachsch. 79 verzeichnet broteshosa neben brotesrock, Ch. Schmidt 1896 Wb. d. Straßb. Ma. 21 b gebrodesrock. Vgl. engl, roastmeat clothes: W. Fischer 1943 Dt. Wortgesch. 2, 361.
brauen
Bratling m. der Pilz Lactarius volemus, der in Butter gebraten genossen wird: H. Fischer 1904 Schwäb. Wb. 1,1360; H. Marzell 1943 Der Biologe 12, 180. Bratsche f. 'Altgeige' ist im 17. J h . verkürzt aus älterem B r a t s c h g e i g e , das seinerseits Lehnübersetzung aus ital. viola da braccio 'Armgeige* ist und im Gegensatz zur K n i e g e i g e , ital. viola di gamba, unserm Gambe, steht: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 96. 236. Bratwurst f. Ahd. mhd. brätwurst gehört zum st. M. brät 'Fleisch ohne Speck und Knochen, schieres Fleisch' und ist Dauerware wie unsere F l e i s c h - , M e t t - , Z e r v e l a t w u r s t , nach dem Hauptbestandteil der Füllung benannt wie B l u t - , H i r n - , Leberwurst. Die zu raschem Verbrauch in gebratenem Zustand bestimmten B r a t w ü r s t e sind jung. S. B r a t e n , W i l d b r e t und Edw. Schröder, Anz. f. d. Alt. 41, 96.63, 234; L. Wolff, Muttersprache 1949, 333. brauchen Ztw. mhd. brücken, ahd. brühhan, afries. brüka, ags. brücan 'genießen, verdauen, ertragen', engl, brook, asächs. brukan, got. brukjan. Dem Nord, ist das Ztw. urspr. fremd. Die vorgerm. Gestalt der Wz. *bhrug stimmt zu lat. fruor, das über *früuor aus *früguor entstanden ist. Das aus dem Part, hervorgegangene Subst. früäus 'Nutznießung, Nutzen, Genuß; Ertrag, Feldfrucht' u. Mz. frûgès zeigen den Velar im Wurzelauslaut. Nominalbildung zu Wz. *brük (bhrüg) ist nhd. B r a u c h , ahd. brüh m. Brauchtum w. 'Gesamtheit der (volkstümlichen) Gebräuche einer Landschaft, einer Zeit, einer Volksgruppe': seit etwa 1917 rasch durchgedrungen. Braue f. mhd. brâ(we), ahd. bräwa, afries. brë, ags. br&w. Zwei laut- u. bed.-verwandte Wörter gehen im Germ, nebeneinander her, die sich mehrfach gemischt haben. Den alten Unterschied zeigen anord. brün 'Augenbraue', brä 'Wimper'. Im Ahd., wo das alte brü 'Braue' (idg. aind. bhrü-, gr. áphrys, aslav. brüiÄ, lit. bruvis, brimé 'Braue', air. Zirü'Rand, lit. bríauná' Kante', anord. brün 'Rand, Kante") ausstarb, sagte man dafür ubarbräwa, obarun bräwa, wie ags. oferbrüa, mengl. uvere brêjes. Mit idg. *bhrw- steht ahd. bräwa in keiner Verwandtschaft. Es beruht vielmehr auf idg. *bhere1c- 'glänzen' und ist verwandt mit got. brah augins 'Augenblick", anord. augnabragd 'Zwinkern mit den Augen", bregda 'eine rasche Bewegung machen'. — Die Laut- und Wortgeographie von 'Augenbraue' bietet Martin Dolch bei Mitzka, Dt. Wortatlas I (1962), die Etymologie usw. Zs. f. Mundartfg. 20 (1962) 146: B r a u e , L i d , Wimper haben oft Gemeinschaftsnamen, wie in anderen Sprachen auch. brauen Ztw. Mhd. brüwen, briuwen, brouwen, ahd. briuwan, brüwan, asächs. breuwan, mnd.
braun
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brüwen schw. Ztw., mnl. brouwen, hrüwen, nnl. brouwen, afries. briüwa, ags. brëowan st. Ztw., engl, brew, anord. brugga (Part, bmgginn), norw. brugga, bryggja, schwed. brygga, dän. brygge 'brauen' führen auf idg. *bh(e)rm-: *bh(e)ru'wallen, aufbrausen, gären', wozu auch B r a n d , brennen, brodeln, B r o t , Brunnen, Brunst, b r u n z e n , W i n d s b r a u t . Außergerm. Verwandte sind lat. fervere 'sieden', dèfrutum 'eingekochter Most', gr. φρέαρ 'Brunnen', tlirak. βρυτος (Hesych ßpoOros), βρϋτον 'Gerstenbier", air. bruth 'Glut; Wut", mir. bruith 'kochen', bret. brond 'heiß; gärend' brann Adj., die Farbe des Bären und Bibers (s. d.), mhd. ahd. asächs. afries. ags. brün, mnl. bruun, nnl. bruiti, engl, brown, anord. brünn, dän. schwed. brun. Der gemeingerm. Farbname, der vielfach auch 'blank, glänzend' bedeutet (Ingerid Dal, Germ, brün als Epitheton von Waffen, Oslo 1937), ist früh zu den Nachbarn entlehnt worden, nach Westen (seit Isidor, f 636) mlat. brünus, frz. brun, ital. bruno, nach Osten lit. brunas, tschech. bmwj, serb. brun. Urverwandt sind russ. mondarti. brynéP, ablautend brunéV 'weiß, gelblich, grau schimmern', russ. Iron 'weiß; bunt (von Pferden)', kleinruss. breMty 'falb werden, reifen'; gr. phiyné, phr$nos 'Kröte* (ursprünglich 'die Braune') tochar. A. pamo, B . perne- 'glänzend'; -w-Bildungen zu idg. *bher'hell, braun'. — Die von Tobias Hübner 1622 geprägte Barockformel b r a u n e N a c h t bildet frz. nuit brune 'düstre Nacht' (seit Ronsard) nach; ital. ombra bruna begegnet schon bei Petrarca, Bojardo und Tasso: Κ . Viëtor 1938 Zs. f. dt. Philol. 63, 284f. — Andrer Herkunft ist b r a u n mit der Bedeutung 'violett*. Lat. prünum (das, vor der hd. Lautverschiebung entlehnt, den Namen der P f l a u m e ergeben hat) ist in ahd. Zeit nochmals entlehnt worden, nun zur Bezeichnung der zwischen rot und blau schwebenden Farbe der Frucht: ahd. prün, mhd. brün, nhd. b r a u n , b r ä u n l i c h bezeichnen zumal im Süden u. Westen die Farbe des Veilchens, die kirchl. TTauerfarbe usw. bis zur späten Entlehnung von v i o l e t t und l i l a : A. Götze 1910 Zs. f. d. Wortf. 12, 200; ders. 1918 Wege des Geistes in der Sprache 20; K.Borinski, Sitz.-Ber. d. Bayr.Akad., phil.-hist. Kl. 1918, 10. 1920, 1. K. Viëtor 1938 Zs. f. dt. Philol. 63, 284ff. — Die Lautgeographie zu 'braun' (der braune Hund) bietet der Dt. Sprachatlas.
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Bräutigam
in gleichen Bedeutungen. Gleichlaufend mlat. prunella, ital. prunela, frz. prunelle. Brausche f. mhd. brusche, nd. brüs(ch) '(mit Blut unterlaufene) Beule*. Der nächste germ. Verwandte ist anord. briôsk 'Knorpel': Bildung auf -k zur idg. Wurzel *bhreus- 'schwellen', die unerweitert in air. bru 'Bauch' und B r ü n n e (s. d.) vorliegt und zu der als -¿-Bildung B r u s t gehört; s. d. und B r o s c h e n . Brausekopf m. kaum vor 1792 T. Merkur, Nov. 317 „Fanatismus wilder Brauseköpfe". Gebucht seit Campe 1807. brausen Ztw. mhd. mnd. brüsen, von da entlehnt dän. bruse, schwed. brusa. Falls die Bed. 'rauschen* aus älterem 'wallen, sieden' entwickelt ist, mag b r a u s e n s-Erweiterung zur Wz. von b r a u e n sein. — B r a u s m., mhd. brüs 'Lärm* ist aus dem Ztw. rückgebildet, wie S a u s aus s a u s e n , nnl. bruis 'Schaum, Gischt* aus bruisen 'schäumen*. — Eine zweite Rückbildung ist B r a u s e f., der das Wasser mit Gebraus durchlassende Ansatzteil von Gießkanne u. Dusche, dann diese selbst. Aus nd. brüse Brem. Wb. 1 (1767) 160 durch Schriftsteller wie Lüeder 1773 Küchengarten 600 u. Voß 1777 Ged. 1, 44 in die Schriftsprache eingeführt. Braut /. In lat. und gr. Inschriften Dalmatiens erscheint seit dem 3. J h . brutis, ßpoüns 'verheiratete Tochter, junge Frau'. Darin ist t Lautsubstitution für p: gemeingerm. *brüpi- 'Neuvermählte, bes. am Hochzeitstag' (so noch engl. bride, nord, brud) spiegelt sich in got. brüßs 'Schwiegertochter', anord. brüör, ags. bryd, afries. breid, asächs. brüd, ahd. mhd. brüt. Außergerm. Verwandte sind nicht gesichert. Aus dem Germ, entlehnt ist afrz. bru 'Schwiegertochter', das sich in nordfrz. Ma. als 'junge Ehefrau' erhält; auch dt.-mundartlich wird die Bedeutung 'Schwiegertochter' für B r a u t vereinzelt bezeugt; s. F . Debus, Die dt. Bezeichnungen für die Heiratsverwandtschaft, Dt. Wortfg. in europ. Bezügen, hrsg. v. L. E. Schmitt 1 (1958), 37. Die alte Bed. 'Neuvermählte' bleibt nach Braune, Beitr. 32, 30 und Kauffmann, Zs. f. d. Phil. 42, 129, bis Luther die aus dem ostmd. Literaturdialekt stammende Bed. 'Verlobte* durchsetzt u. mhd. gemahel aus diesem Sinn verdrängt. Mundartlich gilt H o c h z e i t e r i n . Frühnhd. und nd. ist H e r r B r a u t Anrede der Braut am Hochzeitstag: Sommer 1608 Ethnographia 2, 48; Weichmann 1732 Poesie d. Niedersachsen 2, 176. Vgl. B r ä u t i g a m , B r a u t l a u f , G e m a h l und W. Krogmann 1931 Idg. Forsch. 49, 202; ders. 1932 Glotta 20, 177; ders. 1934 Wörter u. Sachen 16, 80ff.
Bräune f. mhd. briune 'Braunstein' .später in versch. Richtungen besondert: zum Namen des Braunsteins Zs. f. d. Wortf. 13, 108, wie zu den versch. Krankheiten der Luftwege, die die Schleimhäute braunrot verfärben. Zuerst ParaBräutigam m. bedeutet urspr. (übereinstimcelsus 1525 (Werke I, 2 , 1 4 9 ) : breune f. 'Angina; mend mit der Grundbed. von B r a u t ) 'junger Diphtherie', 1628 prenne f., jyreuni f. (I, 7, 445) Ehemann am Hochzeitstag*, so ahd. brütigomo, K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aufl.
7
Brautlauf m h d . ì>riutegome, asächs. brüdigumo,
- 98 ags. bryd-
Brema
brechen Ztw. mhd. brechen, ahd. brêhhan, asächs.
guma, anord. brüdgumi. Zweiter Wortteil (in ani. ags. brëcan, engl, break, afries. breka, got. engl, bridegroom angelehnt an groom 'Jüngling") brikan: zur st. Verbalwz. germ. *brêk, idg. *bhreg, ist ahd. gomo, got. ags. gama "Mann", urverw. mit dazu mit Tiefstufe B r u c h (idg. *bhjgo-). Nächstlat. homo, lit. ímogus, imogùs, älter émuô 'Mensch, verwandt ist lat. frango 'breche' mit präsent, η Mann' aus idg. *gh{d)mon. In nd. und md. Mund- (Perf. frêgimus, got. brekum), außerdem aind. arten hat sich B r ä u t i g a m , wenn auch vielfach giri-bhraj- 'aus den Bergen hervorbrechend'. Im entstellt (westfäl. brümer nach Vorbildern wie Ausgang steht beim dt. Ztw. der trans. Gebrauch B r u d e r ) erhalten, dagegen ist es eis. schwäb. „etw. in Stücke brechen", aus ihm ist der intr. bair. durch H o c h z e i t e r ersetzt, wie B r a u t entwickelt. Die Bed. 'eine schnelle Bewegung durch H o c h z e i t e r i n . Thür, gilt B r a u t für vollziehen' in Wendungen wie „aus dem Busch 'Bräutigam', ähnlich frühengl. bride für bride- brechen" ist abzuleiten aus älterem „den Busch groom. Got. erscheint brüp faßs, eig. 'Brautherr'; durchbrechen". Für sich ( e r ) b r e c h e n 'vomere' das zweite Glied, got. faps, entspricht dem gr. steht frühnhd. der magen (er)briehl sich (mit gewaü). Dän. (sig) brcekke ist aus dem Deutschen Tróais (aus *itótis), aind. pàti 'Herr*. Brautlauf m. ahd. brüthlauft, später brütlouft, jung entlehnt, ebenso schwed. bräcka. S. B r a c h e , mhd. brût1ouf(t), asächs. brüdhht, mnl. bruud- B r o c k e n . — D e r Dt. Sprachatlas bietet die Lautlocht, anord. brüdhlaup, spätags. brydhlop. Die geographie zu 'gebrochen' auf den Karten 28 germ. Bez. der Hochzeit, urspr. 'Tanz des Bräuti- bis 30, 76. gams auf die Braut zu' : Edw. Schröder, Zs. f. d. Brecher m. 'Sturzsee* im Sing. hd. kaum vor Alt. 61, 17; W. Krause, Die Frau in d. Sprache 1883 in Nachbildung von gleichbed. engl, breaker, der aisl. Familiengesch. 216f. Wie in B r ä u t i g a m vorher hd. B r e c h s e e : Kluge 1911 Seemannsspr. steckt auch in B r a u t l a u f als erstes Glied B r a u t 146. Der Plur. nd. brokers 'Brandung* das. seit 'junge Frau am Tag der Hochzeif, ebenso in nhd. 1855. B r a u t f ü h r e r , - j u n g f e r , mhd. brülleich 'HochBregen s. B r ä g e n . zeitlied', ags. brydlac 'Hochzeit', mnd. brütkoste Brei m. Mhd. bri(e), ahd. brio, Gen. brvwes, 'Hochzeitmahl', -dach 'Hochzeittag'. Zweites mnd. mnl. bri, nnl. brij, ags. briw führen auf Glied ist das Verbalnomen germ. *hlaufti zu westgerm. *brlwa-, das man als 'Sud, Gekochtes' 1 au f e η, nur in der anord. u. der daraus entlehnten (vgl. österr. Koch η 'Mehlspeise') mit lat. ags. Form das Mask, anord. hlaup 'Lauf'. frigo, gr. φρνγω 'röste, dörre' verknüpft. Idg. bra? Adj. Lat. barbarm 'ausländisch' hat mlat. *bhrlg- und *bhrüg- sind Erweiterungen zu *bherdie Bed. 'wild' entwickelt. Von da stammt span. 'wallen, kochen' (s. Brühe). In bair. brein ist η bravo 'unbändig' (von Tieren). Im 16. Jh. gelangt der schw. Dekl. in den Nom. gewandert: Schmeldas span. Adj. ins Frz. u. wird hier zu brave ler-Frommann 1, 353. Dieses B r e i n ist seit 1621 'tüchtig' (von Menschen). Die Aufnahme des in der Bed. 'Hirse' bezeugt, die bis heute in roman. Worts durch die Germanen ist uneinheit- Kärnten gilt. In Teilen von Bayern und Hessenlich: im Schwäb. setzen 1532 Belege ein wie „der Nassau ist Brei 'Grütze', im Elsaß und in der Amtmann zu Nerenstetten (bei Ulm) sei brav" Schweiz kommt das Wort kaum vor, um so Württemb. Viertel]ahrsh. N. F. 4, 321: so ist häufiger schwäb., hess., fränk., thür., obersächs. dort vor Mitte des 16. Jh. b r a v im Sinn bürger- und nd. Die Grenzen gegen bed.-verwandtes licher Brauchbarkeit eingewurzelt. Nnl. braaf Koch, Mus, P a p p zieht Kretschmer 1918 tritt nicht vor Kilian 1599 auf u. steht hier noch Wortgeogr. 173. unter den fremden Wörtern. Opitz tadelt 1617 im breit Adj. Mhd. ahd. brçit, asächs. afries. bréd, Aristarch (Witkowskis Ndr. der Poemata S. 155) mnl. breet (d), nnl. breed, ags. bräd, engl, broad einen Satz: „Der Monsieur als ein brave cavallier, anord. brçidr, norw. brei(d), schwed. dän. bred, erzeige mir daß plaisir" als modische Geckerei. got. braißs führen auf germ. *braipa-. Daneben Im Innern Deutschlands hat der 30jähr. Krieg mit Ablaut und gramm. Wechsel ahd. brëta 'flache das Fremdwort eingebürgert, zunächst im Sinn Hand', afries. brede, ags. bred 'Fläche' aus militärischer Tapferkeit. Dan. bra(v), schwed. germ. *briöm-, Außergerm. Beziehungen sind bra 'gut' stammt aus dem Nd. nicht gesichert. Breme, Bremse /. Name versch. Insekten. Zu bravo Der Beifallsruf der ital. Oper bravo 'du tüchtiger Mann' (daneben brava als Zuruf an die dem unter b r u m m e n entwickelten lautmalenden Künstlerin, bravi an eine Mehrzahl) dringt bei Ztw. stellt sich als Nomen agentis ahd. asächs. uns ein seit Callenbach 1716 Wurmland 125. brëmo, anfr. brem, mhd. brème, frühnhd. brem, Wieland, Schiller u. Goethe setzen ihn durch. bräm, das in obd. u. md. Mundarten noch lebt, Der ital. Superi, bravissimo seit Schiller 1784 Kaba- desgl. im Familiennamen B r e ( h ) m . Schriftle 3, 2: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 96. Abwe- sprachl. drängt sich seit Ende des 16. Jh. B r e m s e gig K. Krause, Wörter u. Sachen Jg. 1938, H. 4. von Norden ein: mnd. brómese, mnl. bre(e)mse,
Bremse
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fries, trims, ags. bimse, dän. bremse, schwed. broms. Während noch Luthers Wort B r e m e ist, verzeichnen die hd. Wb. seit Henisch 1616 B r e m s e neben B r e m e . Andere Bildungen zum gleichen Stamm sind ahd. primissa u. asächs. bremmia: 0 . Paul 1939 Wörter u. Sachen 20,37. — Dem wort- und bedeutungsgeographischen Konflikt zwischen F l i e g e : Mücke entzieht sich die Landschaft südlich von Nürnberg durch Breme in der Bedeutung 'Fliege'; dazu und zur Bedeutung 'Mücke' Th. Schumacher, Zs. f. Mundartfg. 1965, 59, und Wortkarten 'Fliege', 'Mücke' bei Mitzka, Dt. Wortatlas I (1962). Bremse /. 'Hemmschuh'. Zum Ztw. mnd. nl. pramen 'drücken' (vielleicht wurzelverwandt mit mhd. pfrengen 'zwängen', got. anapraggan 'bedrängen') stellen sich mnd. mnl. prame, nnl. pram 'Zwang, Druck5, westfäl. präm(e) 'Presse' ζ. B. für Flachs. Dazu (mit demselben fem. Gerätnamensuffix germ. *-isjö wie H ü l s e , Klinse, L ü n s e , P r i t s c h e ) mnd. prçmese, aus dem spätmhd. brçmse, frühnhd. bremes 'Klemme, Maulkorb' stammt. Den md. und obd. Mundarten ist dieses Bremse großenteils fremd geblieben, dafür Micke, das westfäl. 'Strebe zur Stütze von Pfählen' bedeutet. W. Seibicke, in: Muttersprache 1964, 253 Prembsschuch, Prembsscheibe 1555. W. Taenzler, D. Wortschatz d. Maschinenbaus im 16.17.18. Jh. Diss. Bonn 1955; 17: 'Handgriff f. Grubenseil 1700; B r e m s b a c k e n der Windmühle 1724. brennen Ztw. vereint in seiner Bed. mhd. brinnen (ahd. asächs. got. brinnan) st. Ztw. 'brennen, leuchten, glühen' und das zugehörige Kausativ brennen (ahd. brennan, got. brannjan) schw. Ztw. 'brinnen machen, anzünden'. Entsprechend sind im engl, burn zwei ags. Ztw. vereinigt: intr. biornan und trans, bœrnan. Im Anord. sind intr. und trans. Ztw. nur im Präs. brenna vermischt, wn ist auf nw zurückzuführen: idg. *bhrenuö. Die Form mit einfachem « zeigt sich noch in ags. bryne (zu anord. bruni) m. 'Feuersbrunsf. Vorgeschichte und außergerm. Verwandtschaft s. u. b r a u e n . — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu 'gebrannt* BrennesBel /., für die beiden überall (sogar in der Welt) verbreiteten Arten, die große Urtica dioeca und die kleine U. urens. Die nd. Form Brennettel wird an der Ems, von den Niederlanden her, durch Brenneckel abgelöst. Von Synonymen reicht der Typ Sengnessel vom unteren Neckar über die südl. Rheinpfalz bis ins Elsaß und nach Mittelbaden, auch noch in den Westerwald; Brühnessel z. T. thüringisch, mit r-Umsprung Bernessel, Bornessel in Nordhessen, verstreut Hüternessel (mehr für urens zu nd. hiddem 'brennen, jucken') vom Wesergebiet bis nach
Brett
Mecklenburg: Iris Nordstrandh, Brennessel und Quecke 1954; Wortatlas XVII. — Vgl. Nessel. Brennpunkt m. Lehnübersetzung aus lat. punctum uslionis (das neben focus galt), zuerst bei Schwenter 1636 Math. Erquickstunden 301, von Harsdörfer 1661 aufgenommen, doch erst von Chr. Wolff 1716 Math. Lex. 641 durchgesetzt: Schirmer 1912 Zs. f. d. Wortf. 14, Beiheft S. 12. Brente f . Ein Alpenwort *brenta 'offenes Geschirr, Kübel mit ovalem Grundriß, auf dem Rücken getragenes Gefäß', das weder mit roman, noch mit germ. Sprachmitteln zu deuten ist, strahlt nach Nord u. Süd aus u. liefert nordital. brenta wie spätmhd. brente, das in den obd. Mundarten von Lothringen bis Kärnten und nordwärts in den weinbauenden Landschaften bis zu einer Linie Worms—Nürnberg gilt. Verbreitet ist auch eine Nebenform brenk: E. öhmann, Neuphil. Mitt. 1941,106f. brenzein Ztw. Der Begriff 'verbrannt riechen u. schmecken' wird durch eine Reihe Ableitungen zu B r a n d u. b r e n n e n gedeckt, die A.Feuerstein, Die nhd. Verba mit der Bed. 'riechen u. schmecken nach etw.' (Diss. Freiburg i. B. 1922) S. 51 ff. darstellt. Zu B r a n d gehören brandein, brändeln, brändinsen, brandern, brandschelen u. a., zu b r e n n e n brenneinen, brennimen, brennern usf. Unter ihnen hat sich bremein, zuerst bei Dasypod 1536, als Schriftwort durchgesetzt, weil es in den meisten md. u. obd. Ma. galt. Es ist Demin. zu bremen, zuerst bei Brunschwig 1609 Distillierbuch 14 a, das mit got. -atjan, ahd. -azzen, mhd. -zen (gr. -αζειν) gebildet ist: Wilmanns 1899 Wortbild. S. 106. Bresche /. Die durch Beschießung hergestellte Maueröffnung heißt frühnhd. lucke. Dafür erscheint 1597 B r e s c h e , 1608 prescha, entlehnt aus frz. brèche u. ital. breccia, die ihrerseits auf germ, brekan 'brechen' beruhen. Kurz vor 1600 liefert das frz. Wort nnl. bres(se), von dem die im 17. Jh. bei uns vorwiegenden Formen bresse, press(e) ausgehen. Zesen 1645 Ibrahim 248 sucht B. durch M a u e r b r u c h zu ersetzen: Zs. f. d. Wortf. 14,65.73; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,97. Brett n. ahd. mhd. mnd. brët, asächs. ags. bred weisen auf *bhretám, eine ablautende Nebenform zu Bord. Die Mz. lautet ahd. regelrecht brët, häufiger (nach dem Vorbild der alten neutralen -es/-os-Stämme, lat. genus, ahd. lamb) britir. Der vor i der Endung gebrochene Stammvokal kehrt in der Ableitung P r i t s c h e wieder. Das schwarze Brett ist von der Wandtafel der Schulstube im 16. Jh. in die Zunftstube nd. Städte übertragen, im 17. Jh. in akad. Gebrauch: J. Warncke 1928 Nd. Zs. f. Volksk. 6, 179; A. Götze 1929 Nachr. der Gieß. Hochschulges. 7, 1. 7'
Brezel
-
100
-
Brigant
Brezel m. f . Zu lat. brachium 'Arm' gehört ein 1874 Leute v. Seldw. 2, 146 F r a n k o m a r k e . klosterlat. *brachïtum 'Gebäck in Gestalt ver- Dieser älteste Ausdruck scheint nacheinander schlungener Arme* (vgl. S t u t e n ) mit Demin. durch F r e i - u. B r i e f m a r k e abgelöst worden zu *brachiatellum, das in bracidelli (Corp. Gloss. Lat. sein, während neuerdings auch M a r k e allein gilt. 5, 618,18), ital. bracciatella, prov. brassadel sicht- Briefschaften Plur., nur deutsche Kollektivbar wird: Thomas, Romania 35, 301; Salvioni, bildung zu B r i e f , gebucht seit J. L. Frisch 1712 Arch. Glott. 16, 304. Aus *brachUum entwickelt Frz.-t. Wb., zu belegen seit Schnabel 1731 Insel sich ahd. brezila, mhd. brœzte, schwäb. bretzet Felsenburg 1, 138. Vorbild mag G e r ä t s c h a f t H.Fischer 1, 1411; auf das Demin. gehen die gewesen sein, - s c h a f t tritt selten an Subst. nicht übrigen Formen zurück: ahd. brez(i)tél1a, bre- persönlicher Bed.: Wilmanns 1899 Wortbed. 391. cedela, pricella, mhd. brfze(l) u. seine Folgeformen. Brieftaube f . Vom Nildelta dringt die T a u b e n Indem breztella mit falscher Silbentrennung bret- p o s t (so seit Joh. Prätorius 1676 Storchs u. stelle aufgelöst wurde, entstand die eis. Mundart- Schwalben Winter-Quartier, Register) zu uns. form B r e t t s t e l l : so seit 1395 (Ch. Schmidt 1901 Das Wort B r i e f t a u b e bucht, nachdem die Sache Hist. Wb. der eis. Ma. 54). Entspr. ist E c h s e aus von deutschen Pilgern schon seit 1376 beschrieben E i d e c h s e gefolgert, T a p f e aus F u ß s t a p f e . war, als erster Adelung 1774, belegbar ist es seit Zs. f. d. Wortf. 7, 64.14,175. Jean Paul 1793 Unsichtb. Loge 280. Vorher P o s t Brief m. Lat. brevis (libellus) 'kurzes Schreiben, t a u b e Nürnberg 1565: Kluge 1908 Bunte Blätter Urkunde' ist entlehnt, als roman, ν schon nicht 151. Dazu H. Fischi 1909 Die Brieftaube im mehr den Wert eines « hatte wie germ, w (s. P f a u , Altert, u. im Mittelalter, Schweinfurter SchulW e i h e r , W e i l e r , Wein). Früher als dt. w ist progr.; Wilmar Hager, Brieftauben, ihre Gelat. rom. ν zum labiodentalen Reibelaut ge- schichte u. ihre Leistungen. Berlin o. J. worden (schon im Air. wird lat. υ als / gesprochen), Briefträger m., mhd. brieftrtger zuerst am dem germ, w nicht entspricht. Daher wird es Oberrhein 1343 als 'Bote, der gerichtliche Schrei(auch in Käfig, Pferd, Veilchen, Vers, Vesper, ben zu bestellen hat*: Urk. z. Gesch. d. Stadt Vogt) durch den ebenfalls labiodentalen Reibe- Speyer 426 Hilgard. In Livland 1418 als 'Kurier* laut / ersetzt: N. Johl, Idg. Forsch. 44, 36. è von (Liv-, esth- und kurländ. Urk.-Buch 5,321 Bunge), lat. brevis war zur Zeit der Entlehnung schon zu è 1430 tadelnd wie 'Zwischenträger* (das. 8, 198): gedehnt, so daß (wie bei Fieber, Fliete, Priester, Dt. Rechtswb. 2 (1935) 506. Riegel, Spiegel, Tiegel, Ziegel) über ea ahd. ia, Briefwechsel m. von Harsdörfer 1644 Frauenz.mhd. te, nhd. t entstand. Demgemäß erscheint Gespr. 1, Schutzschr. 22 als Ersatz für K o r r e im 9. Jh.briaf, weiterhin brief, so auch mnl., wäh- s p o n d e n z gebildet u. sogleich im 17. Jh. von rend asächs. mnd. afries. anord. bref erhalten Schriftstellern wie Butschky u. Stieler aufgebleibt u. die nord. Sprachen das Neutr. von breve nommen. B r i e f w e c h s e l n seit 1675 Alamod. (scriptum) bewahren. Dieses breve ist als B r e v e Interim 206, B r i e f w e c h s l e r seit Hermes 1787 (des Papsts) im 15. Jh. zu uns gelangt. Die Aus- Für Töchter 3, 129. gangsbed. hält sich in Brief u. Siegel, Adels-, Brieschen s. B r o s c h e n . Kauf-, Lehens-, Schuldbrief und verbriefen; die Brigade /. Zu ital. briga f . 'Streit* stellen sich heutige Bed. wird frühnhd. durch das genauere brigare Ztw. 'kämpfen' u. brigata /.'Kampftruppe'. Sendbrief umschrieben. Mit dem Übergang von Als span, brigada, frz. brigade geht das Wort in den Runen zur Lateinschrift entfalten sich auch die Kriegskunst des 30jähr. Kriegs ein. In Gustav Buch, schreiben, Tinte. Adolfs Heer wird so der geschlossene Verband Briefkasten m. Mnd. brêfkaste war 'Urkunden- zweier Regimenter unter einheitl. Befehl genannt; truhe', z.B. in Braunschweig 1408: Urk.-Buch so erscheint das Wort bei uns seit v. Troupitzen d. Stadt Braunschweig I : Statute und Rechte- 1638 Kriegskunst. briefe 153 Hänselmann. Unser heutiger B r i e f Brigant m. Zu ital. briga /. 'Streit', das B r i g a d e k a s t e n wird 1824 eingeführt: K. Wagner 1943 geliefert hat und das seinerseits auf gall. *brlga Dt. Wortgesch. 2, 333. 'Streitmacht* (vgl. schott. brigh, kymr. bri Briefmarke, F r e i m a r k e f . Die Voraussetzung 'Macht") zurückgeführt wird, stellt sich brigante für beide Wörter ist gegeben, seit die Postver- 'gefährlicher Mensch, Räuber*, das vor der Mitte waltungen Marken einführten, um damit die des 16. Jh. zu uns gelangt: Scheurl 1537 VerSendungen p o s t f r e i (dies schon 1755 bezeugt) deutschte Verrufung des Anstände in Picardien zu machen (hierfür f r a n k i e r e n seit 1660). Eng- a 4 und b 2. — Die Weiterbildung ital. brigantino land war 1840 vorangegangen; auf dt. Sprach- m. 'Raubschiff erscheint im 16. Jh. in den gebiet folgten Zürich 1843, Bayern 1849, Preußen Sprachen der Nordsee als brigantine f . 'kleiner, 1850. Ältere Belege fehlen: J. Grimm verzeichnet schneller Zweimaster*, daher nhd. B r i g a n t i n e . im DWb. weder 1860 B r i e f m a r k e noch 1863 Mit Entlehnung unmittelbar aus dem Ital. frühF r e i m a r k e . Dagegen erscheint bei G. Keller nhd. brigantin Arigo 1460 Decameroun 345, 35
Brigg
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Keller, und bergeniinschiflein Ulr. Schmidel 1667 Reise 65, 12; Marjetta Wis, Ricerche, Helsinki 1965, 111. Brigg f . "Zweimaster mit Rahen an Fock- und Großmast* ist seemännische Kürzung aus dem soeben entwickelten Nordseewort brigantine, die seit 1720 in engl., um 1780 in nnl. Quellen auftritt und bei uns zuerst von Röding 1794 Allg. Wb. der Marine gebucht wird: Kluge 1911 Seemannsspr. 148. Dan. Irrig u. schwed. brigg (seit 1768) sind desselben Ursprungs. Ganz, Einfl. d. Engl. 47. Brikett »., Mz. B r i k e t t e (früher B r i q u e t t , B r i q u e t t s ) 'Preßkohle': im 19. J h . entlehnt aus gleichbed. frz. briquette f., Verkl. zu brique f . 'Ziegelstein', das im 16. J h . aus gleichbed. mnl. bricke entlehnt war. Dies lebt in fläm. brik ' Backstein' fort; letzter Ursprung dunkel: Kurt Wagner 1943 Dt. Wortgesch. 2, 327. brillant Adj. Zum Namen des Halbedelsteins gr.-lat. beryllus, dem die B r i l l e (s. d.) Ursprung und Namen verdankt, ist frz. briller 'glänzen' gebildet. Dazu ist Part. Präs. frz. brillant, das in seiner Ausgangsbed. 'glänzend' seit Sperander 1727 in den Fremdwb. erscheint, seit 1730 in der Hamburger Zs. „Der alte Deutsche" S. 70 gebraucht wird. Als um 1820 brillarti Pariser Modewort für 'hervorragend' wurde, griff die Modewelle auch auf Deutschland über: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 97. — B r i l l a n t m. 'geschliffener Diamant?, seit Rohr 1729 Zeremonialwiss. 2,183 aus frz. brillant entlehnt, setzt die urspr. Bed. fort: der Beryll bedarf starker Facettierung, und diese Form des Schliffs will das Wort urspr. kennzeichnen. Brille f., von Haus aus Plur. zu spätmhd. b(e)rille m., dem gr.-lat. beryllus (s. Beryll). Man schliff Berylle in Reliquiare und Monstranzen ein, um den Inhalt sichtbar zu machen, erkannte daran die optische Wirkung des Halbedelsteins und erfand so um 1300 die Brille. Deren Linsen wurden aus Beryll (und Bergkristall) geschliffen, bis man Glas ohne Bläschen herstellen lernte, inzwischen aber war der Name B r i l l e (neben dem A u g e n s p i e g e l stets nur begrenzte Geltung hatte) fest geworden, Brillenglas wurde nicht als Widerspruch empfunden. Der Schwund des e der unbetonten ersten Silbe dürfte (wie in b l e i b e n , G l a u b e , G n a d e u. a. isolierten Wörtern) im Deutschen selbständig erfolgt sein, während er bei b r i l l a n t aus dem Frz. übernommen ist. Brimborium n. 'Umschweife, Vorbereitungen', lebendig nur als geflügeltes Wort aus Goethes Faust I V. 2660. Mit lat. Endung aus frz. brimborion 'Kleinigkeiten', das seinerseits aus lat. breviarium 'kurzes Verzeichnis, Brevier* umgebildet ist. bringen Ztw. ahd. ags. bringan, mhd. bringen, anfr. bringon, engl, bring, got. briggan: abl. Ztw.
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Brocken
gegenüber der schw. Neubildung *brangjan in asächs. brçngjan, afries brenga, mnl. brenghen, nnl. md. frühnhd. bringen, ags. brçngan. Dem Nord, fehlt das Ztw. von Haus aus; dän. bringe, schwed. bringa beruhen auf Entlehnung aus dem Deutschen. Vorstufe der germ. Wz. ist *bhrenk-. Außergerm. Verwandte finden sich nur im brit. Zweig des Keltischen: kymr. he-brumg 'senden', mkorn. hem-bronk 'wird führen': idg. *bhronk-, Vorbrit. und vorgerm. Sprachen standen in räumlicher Berührung. Schwierigkeiten bleiben, auch wenn man mit K. Brugmann 1901 Idg. Forsch. 12,164ff. vermutet, b r i n g e n beruhe auf Mischung der beiden in gr. φέρω und ένεγκείν 'tragen' vorliegenden Ztw. Zur Möglichkeit solcher Mischformen s. bin. — g des Präs.-Stamms wechselt mit ch in b r a c h t e , g e b r a c h t wie in mögen, pflegen, t r a g e n , biegen, wiegen gegen m o c h t e , M a c h t , P f l i c h t , T r a c h t , B u c h t , G e w i c h t : in der zweiten Formenreihe wurde der idg. Verschlußlaut unmittelbar vor i zur harten Spirans. Das Part. Prät. lautet mhd. braht: die an sich perfektive Bed. des Ztw. bedarf des perfektivierenden ge- so wenig wie mhd. komen, lâçen, troffen, winden, worden. Die Form b r a c h t gilt bis auf Gryphius und den jungen Goethe: Zs. f. d. Wortf. 1, 291. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie für 'gebracht". Brink m. 'Grashügel', vielfach im nd. Gelände, in Ortsnamen wie H a s e n - , H e i d - , K r e i e n b r i n k , danach in Familiennamen wie B r i n k m a n n , T e n b r i n k , P i e p e n b r i n g . Das Appellativ im Nhd. wurde bekannt durch Schriftsteller wie J . Moser (Zs. f. dt. Wortf. 13, 44), aus gleichbed. nd. brink, mnl. brine 'Grasrain'. Daneben nnl. brink 'Rand, Grasrand, -feld', mengl. brink 'Rand, Kante, Ufer', anord. brekka (aus germ. *brinkön) 'steiler Hügel', älter dän. brink 'steil': sämtlich zu idg. *bhreng-, Erweiterung von Hhren- 'hervorstehen, Kante' in ir. braine 'Schiffsvorderteil'. Mit andrer Erweiterung (*bhrenk-) anord. bringa 'Brust(korb), Brustbein bei Vögeln', lit. brìnkti (aus *bhrnk·) 'schwellen', russ. nabrjáknui' 'anschwellen*. — Zur Wortgeographie s. Hügel. Brise /. 'leichter Wind': span, brisa, das selbst ungeklärten Ursprungs ist, ergibt im 16. Jh. engl. breeze, wird als Nordseewort (nnl. bries, dän. brise, norw. schwed. bris) allg. und erscheint bei uns als B r i s e seit R ö d i n g 1794: Kluge 1911 Seemannsspr. 160; Ganz, Einfl. d. Engl. 47. Brocken m. mhd. brocke, ahd. brocco, brocche (ein ahd. *brohho spiegelt hochalem. Ιτοχχβ), anders gebildet got. gabruka f.: sämtlich mit Ablaut zu b r e c h e n (wie T r o t t e zu t r e t e n ) , also 'das Abgebrochene'. Dazu b r o c k e n , b r ö c k e l n , b r ö k k ( e ) l i g . Der Wechsel von ch in g e b r o c h e n mit ck in B r o c k e n spiegelt (wie der in D a c h , w a c h ,
brodeln
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Loch gegen d e c k e n , w a c k e r , Lücke) Wechsel von altem k mit kk, was gefühlsbetonte Verstärkung sein könnte, oder das ausi, -m ist in den Nom. Sg. aus den obliquen Formen gelangt, die der Bed. gemäß im Übergewicht waren, s. B a t z e n , Bissen, F l i c k e n , G r o s c h e n , Knochen usw. brodeln schw. Ztw., spätmhd. brodelen, spätmnl. bordelen, nnl, borrelen: Abi. von germ. *bruda-, ags. brop, engl, broth, ahd. prot, bair. brod n. 'Brühe*. Im Ablaut mit germ, *braudor (s. B r o t ) u. dem zweiten Wortteil von W i n d s b r a u t , weiterhin mit b r a u e n , B r ü h e u. deren außergerm. Verwandten. B r o d e l n bezeichnet die Unruhe siedender Flüssigkeiten, landschaftl. steht es auch von Leuten, die mit wallendem Wasser u. dgl. zu tun haben. So ist bair. Bierb r u d l e r Scherzname des Brauers. Vgl. Aschenbrödel. Brodem m. mhd. mnd. brädem 'Dunst*, ahd. brädam 'Hauch, Hitze', in der Wortgestalt von Atem beeinflußt, hat seine nächsten Verwandten in ags. brœp m. 'Geruch, Ausdünstung, Dampf, engl, breath "Brodem, Atem*. Weiterhin zu b r a t e n , b r ü t e n , B r u t , s.d. Brokat m. 'Prunkseide'. Zu i tal. brocco 'Kräuselung* gehört broccato 'mit Kräuselungen versehen', das als B r o k a t seit 1681 in nhd. Quellen auftritt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 99. Wenn daneben um 1710 B r o c a r d erscheint, so beruht das auf der jüngeren frz. Form brocart. Brombeere /. mhd. mnd. brâmbçr, ahd. brämbfri ist die Beere des Dornstrauchs, der ahd. brama, -o, mhd. brame heißt und mundartlich den Namen Β r a m , nnl. braam bewahrt. Nächstverwandt ags. brôm, engl, broom 'Ginster, Pfriemk r a u f . Weiterbildungen sind ahd. brämma 'Dornstrauch', asächs. hiopbrämio 'Domgebüsch', brämalbusk 'Brombeerbusch', bramai, ags. brèmel, engl, bramble (mit auffälligem a) 'Dorn-, Brombeerstrauch'. Im Dt. ist altes ä vor Nasal zunächst zu ö geworden wie in M o n a t , Mond, Ohm, o h n e , O h n m a c h t , dann vor Doppelkons, verkürzt wie in den verdunkelten Zusammensetzungen H o c h z e i t , H o f f a h r t , L o r b e e r . Das den germ. Formen vorausliegende idg. *bhrem•: *bhrom-·. *bhrém- gehört zur Wurzel *bher 'hervorstehn, eine Spitze oder scharfe Kante bilden'. — Die Wortgeographie von 'Brombeere' bietet Lieselotte Wienesen, D. Brombeere 1962: die größten Flächen nehmen ein: Brummelbeere von Ostfriesland bis Mittelpommern (dort Brummeisbeere), weiter als Brummelbeere bis Ostpreußen; dort weithin Kratselbeere, herzuleiten aus thür. obers. schles. Kratzbeere, so auch in den Alpen um Kitzbühel; Rahmbeere (zu Rahm 2 'Ruß') in Nordschlesien, u. a. m. S. v e r b r ä m e n . Wortatlas X.
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Broschen
Bronze /. im 14. Jh. aus dem Orient ins Ital., von da (1511) über Venedig, Genua nach Mitte 16. Jhs. ins Dt. Thurneyssers Onomast. (1583) bietet bramo, seit 1698 treuer nach ital. Vorbild B r o n z o (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 99), seit 1717 (Zs. f. d. Wortf. 12,176) setzt sich die frz. Form B r o n z e durch, seit 1755 auch in der Bed. 'Kunstwerk aus Bronze'. Letzte Quelle vielleicht pers. piring, biring ' Kupfer' : K. Lokotsch 1927 Etym. Wb. 1657; R. Toole, Wortgesch.Studien: toupin und brome (Beri. Beitr. ζ. roman. PhiloL 3/4) ; Schräder-Krähe, Die Indogermanen (1935) 42; Bloch-Wartburg, Dictionaire 1960. Brosam m., B r o s a m e f . Mhd. brösem(e), brdsme, ahd. brös(a)ma, asächs. brösma, mnl. brösem(e) 'Krume, Bröckchen' führen auf idg. *bhrou$-men-. Die nächsten germ. Verwandten sind ags. brosnian 'zerfallen' und brysan (aus germ. *brüsjan) 'zerquetschen, zerstoßen', engl, bruise 'zerstoßen'. Außergerm. stellen sich zur idg. Wurzel *bhreus'zerschlagen, zerkrümeln' air. brosna 'trocknes Kleinholz', mir. brüim (aus idg. *bhrüs-iö) "zerschlage, zerschmettre', lat. frustum (aus *bhrusto-) 'Brocken, Stückchen', alb. breSm 'Hagel' (ursprünglich 'Körnchen'). Die Endung -ma(n) kehrt wieder in A t e m , B a u m , D a r m , K e i m , R i e m e n , S a u m , S t r o m , Z a u m : F. Kluge 1926 Stammbildungsl. §88. 155. Die alte Kürze der zweiten Silbe ist nhd. unter dem Nebenton gedehnt wie T r ü b s a l , u r b a r , g e n ü g s a m . Zum Geschlecht H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 107. 109. Zum N. B r ö s e l e i n , der Verkl. von B r o s a m , gehört das Ztw. b r ö s e l n 'bröckeln*. Brosche /. Gall. *brokkos 'Spitze' hat über gallorom. *brocca im 12. Jh. frz. broche 'Spieß, lange Nadel' ergeben, das bei uns, zuerst B r o c h e geschrieben, seit 1859 als 'Vorstecknadel mit Schmuckstück* erscheint: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 99. Broschen n. Die Brustdrüse des Kalbs, die gebacken verzehrt wird, heißt (Kalbs-)Milch im größten Teil Nord- und Mitteldeutschlands, Schweser u. ä. an der Elbmündung, Midder von Bremen bis Westfalen, K e r n in Braunschweig, Sog am Niederrhein. Sonst überall, auf dem Boden fränk. und obd. Ma., führt die Thymusdrüse Namen, die an schwed. brass, norw. bris, dän. brissei 'Kalbsmilch', bryske, engl. brisket, frz. brechet 'Brust der Tiere* erinnern (Bries, Gebries, Briesle, -chen, Broschen, Kalbsbriese, -priese) und sich auf frühnhd. brüs vereinigen lassen. H. Fischer 1904 Schwab. Wb. 1, 1478 stellt demgemäß B. zur germ. Wz. *brus in B r o s a m und läßt die Drüse nach ihrem bröseligen Aussehen benannt sein. E. Ochs 1932 Bad. Wb. 1, 325 vermutet eine nd.-nord. Grundform "wris 'Runzel, Knötchen'. S. auch B r a u s c h e , Midder und P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 248f.
Broschüre
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Bruder
Broschüre /. 'geheftetes Buch'. Frz. brochure m. 'Moorboden, Sumpf', nd. brök, nl. ftroei'Morastbegegnet als Brochiire bei M. Mendelssohn 1769 grund', ags. bröc 'Bach, Strömung, Fluß', engl. Lit.-Br. 1, 130, als Broschüre seit S. La Roche brook 'Bach'. Ähnlich vereint mhd. ouwe die Be1771 Frl. v. Stemheim 1, 116. Die Endung hat deutungen 'Wasser, Strom, wässeriges Land, den frz. Tonvokal bewahrt wie in Bordüre und Insel'. Das westgerm. *broka- ist urverwandt mit L e k t ü r e , abweichend von F r i s u r , G a r n i t u r , kelt. mrog-, mrog- > *brogüo zu kelt. *brog ' B e Montur, S k u l p t u r u. v. a. — Aus frz. brocher zirk, Gegend, Land', die Bedeutungsentwicklung 'stechen, (mit Stichen) heften' (zu broche /. 'Nadel', geht wie das urverwandte Mark (s. d.) 'Grenze' s. Brosche) ist unser broschieren hervorge- über 'Grenzwall' zu 'Wald*, so 'Grenze' über gangen, kaum vor Schlözer 1782 Staatsanz. 1, 'Grenzsumpf' zu Sumpf; ags. bröc 'Bach, Fluß* Vorber. Nr. 8: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 99. über 'Grenzfluß': H. Dittmaier, Anz. f. dt. AlterBrot ». Mhd. brät, ahd. pröt (mit hd. asächs. tum 84, 176. Vgl. B r ü h l . bröd, afries. bräd, ags. bread, engl, bread, anord.
braud, krimgot. brœ haben das aus der Zeit des ungesäuerten Brots ererbte Laib zurückgedrängt, das in got. hlaifs allein gilt und so bedeutsame Reste wie Lord und L a d y (ags. *hläfweard, hläford 'Hausherr', urspr. 'Brotwarf, hûèfdïge 'Herrin') gelassen hat. Früh erscheint B r o t in
Brücke / . a h d . brucka, asächs. -bruggia, afries. bregge, brigge, ags. brycg, engl, bridge, anord.
bryggja führen zurück auf germ. *brugjö(n). Daneben setzen Schweiz, brügi 'Holzgerüst* und das nächstverwandte P r ü g e l , mhd. brügel 'Holzscheit* ahd. *brugi, germ. *brugi voraus. Einen Wechsel g: to, vgl. auch Jugend, sucht die ags. bëdbrêad, engl, beebread, asächs. Mbröd, m h d . Laryngallehre zu erklären. Urgerm. *bruwi, *broüUebröt, nhd. B i e n e n b r o t 'Honigscheibe', doch (anord. brü, A. Hammerich, Beitr. 77,183) ist verhat nicht die Gestalt namengebend gewirkt, wandt mit gall, briva (aus *bhrewa) 'Brücke', abulg. sondern die Herstellung durch Gärung: germ. brüvüno 'Balken'., südslav. (serb.) bfv (mit f aus '¡¡rauda· 'mit Sauerteig hergestelltes, gesäuertes r) 'Steg". Die german. Brücken waren, solange die Brot' vergleicht sich mit lat. defrüium 'einge- Flüssein Fähren und Furten überschritten wurden kochter Mosf, thrak. βροΟτο$ 'gegorener Ger- und die versumpften Ufer die schlimmsten Schwiestentrank' als -to- Ableitung zur idg. Verbalwz. rigkeiten bereiteten (Edw. Schröder 1912 Reallex. *bh(e)reur. 'wallen, gären' in nhd. b r a u e n , s. d. der germ. Alt.-Kde. 1, 332ff.), Knüppeldämme, und brodeln. — Die Lautgeographie für 'Brot' was mannigfach nachwirkt: anord. bryggja bietet der Dt. Sprachatlas; für 'Brotscheibe' der 'Landebrücke, Hafendamm', henneberg. brücke Wortatlas XII; Dt. Wortforschung III hg. L. E. 'Bretterfußboden', bair. brück 'Bretterbank am Schmitt. Ofen', schwäb. brück 'Knüppeldamm, RuheBrotneid m. 'Neid auf das Einkommen des gestell, erhöhter Arbeitsplatz der Schneider und andern', zumal in Handwerk und Kleinhandel, Schuster, Verkaufsbank, Schaugerüsf, Schweiz. süddeutsch häufiger F u t t e r n e i d mit dem noch brügi 'Heuboden, Bretterfußboden im und um verbreiteteren Adj. fuetemldig, urspr. von Tieren, den Stall, Bühne, Schaffott'. Vom gepflasterten die sich das Futter in Krippe und Raufe zu ent- Straßenübergang gehen aus ags. brycgian 'pflareißen suchen. B r o t n e i d bucht Adelung 1793, stern', nd. stenbrügge 'Steinpflaster'. Aus dem zu belegen schon 1769 Protest. Univ. 67; Hermes Germ, entlehnt ist poln. bruk 'Pflaster', brukovac 'pflastern', lit. brükas 'Steinpflaster'. 1778 Sophiens Reise 2, 427.3, 409. Brotstudium «. kaum vor 1769 Protest. UniBruder m. Mhd. a h d . bruoder, asächs. bröthar, versitäten 67. a n f r . bruother, mnl. nnl. broeder, afries. brother, Bruch 1 m. m h d . bruch, a h d . brüh (hh) m.: durch ags. brööor, engl, brother, anord. brödir, schwed. Ablaut aus brechen gebildet. Für den Vorsang dän. broder, got. bröpar f ü h r e n auf germ, "hropar, des Brechens steht Bruch in Zus.-Setzungen wie idg. *bhmtor-. Urverwandt sind gleichbed. aind. Damm-, Schiff-, W o l k e n b r u c h , für das Er- bhratar-, awest. brätar-, toch. A pracar, armen. gebnis eines Brechens in Neu-, W i n d b r u c h , elbair, gr. phratèr, phràtôr, lat. /räter, air. bräthir, für einen Gegenstand, an dem das Brechen vor- akorn. broder, bret. breur, aslav. bratrü, apreuß. genommen wird, in Marmor-, Schwefel-, bròli, Verkl. lit. broterllis (lett. brälis s, u. S t e i n b r u c h . Übertragner Gebrauch liegt vor in Buhle). Wie die meisten Verwandtschaftsnamen Ehe-, E i d - , F r i e d e n s - , Treu-, W o r t b r u c h . ist B r u d e r ererbt aus der Zeit, da alle idg. Ärztlichen Fachwörtern wie K n o c h e n b r u c h Stämme noch ein Volk ohne viel mundartliche liegt lat. fractura voraus. B r u c h ( z a h l ) ist Lehn- Unterschiede waren. Die Gliederung der Familie übersetzung des lat. numerus fractus; dazu die (wie auch Base, M u t t e r , Oheim, Schwester, Redensart in die Brüche gehen, urspr.'nicht Sohn, T o c h t e r , V a t e r , Vetter usw. lehren) spiegelt sich seit idg. Zeit i η den Verwandtschaftsglatt aufgehen', dann 'zunichte werden'. Bruch2 m. ». 'feuchte Wiese' (elsäß. fränk. namen, weithin einheitlich durch alle Zeiten bis Schwab, sächs.), m h d . bruoch, a h d . bruoh (hh) ». heute, wider; nur das Heth. ist abgewichen.
Brüderlichkeit
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Brünne
Übertragung zu uneigentlichem Gebrauch liegt alt breiten, neuer breiten (so steht got. göljan vor in A m t s - , B u n d e s - , D u z - , K l o s t e r - , 'grüßen' neben ahd. gêllan 'schreien'). Mit dieser Milch-, S a u f - , V e r b i n d u n g s - , W a f f e n b r u d e r . Sippe hat sich ein andres mhd. brüelen gemischt, Mit der biblischen Auffassung, daß alle Menschen das durch Dissimilation aus gleichbed. Müelen Brüder seien, macht die Herrnhuter B r ü d e r - entstanden und mit b l ö k e n und p l ä r r e n verg e m e i n d e Ernst. „Das ist unter Brüdern so viel wandt ist. Es ahmt ursprünglich den Schaflaut wert" weist auf den engsten Kreis, in dem man sich nach ; durch immer neue Nachbildung des Naturnicht überteuert. — Die Mundartgeographie von lauts ist die Lautverschiebung gestört; insofern B. bietet der Dt. Sprachatlas, Karten 12, 37, besteht Urverwandtschaft mit lett. bléju, blêt 68. 'blöken, meckern', kslav. russ. blëju, bUjat' 'blöBrüderlichkeit f. von Lavater 1776 Schreiben ken', gr. blécháomai 'blöke', blëchè 'das Blöken'. an s. Freunde 4 eingeführt, seit Adelung 1793 brummen Ztw. Spätahd. mhd. brummen steht gebucht; fälschlich von Campe als eigene Wort- in Ablaut mit gleichbed. mnd. brammen und mit schöpfung zum Ersatz des frz.fraternitéin An- mhd. mengl. brimmen, mhd. brëmen, ahd. brêman spruch genommen (Campe 1790 Briefe aus Paris st. Ztw. Weiterhin sind verwandt anord. brim, 86 „Brüderlichkeit, wenn es erlaubt ist, für ein 'Brandung*, mengl. brim "Glut", engl, brimstone so neues Schauspiel ein neues Wort zu prägen"); 'Schwefel', sowie B r e m ( s ) e und B r u n f t . Die Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 22f.; Wz. germ. *brëm, vorgerm. *bhrem erscheint wieW. Stammler, Kl. Schriften 1964, 97. der in lat. fremere 'knirschen'. Aind. bhram- bedeutet als Verbalstamm 'sich unstet bewegen", Brühe /. mhd. brüeje, mnl. broeye, nnl. bruì, mengl. breie: Verbalsubst. zum schw. Ztw. bhramd 'wirbelnde Flamme", bhfmi "Wirbelwind" b r ü h e n , mhd. brü(ej)en, mnd. bröien, mnl.— Durch Bed.-Sonderung entstanden ist b r u m 'im Gefängnis sitzen': aus der Sprache der broeyen. Das jan-Verbum ist mit B r e i . B r o d e m men , B r u t , b r ü t e n usw. wurzelverwandt und gehört Gefangenen (L. Günther 1919 Gaunerspr. 112) in die der Studenten (Kluge 1896 Stud.-Sprache 86) mit ags. beorma 'Sauerteig', aind. jarbhariti 'zünund Schüler (Eilenberger 1910 Pennälerspr. 13. gelt" usw. zum idg. Verbalstamm *bb{e)re 'heiß aufwallen*. Über 'heiß machen' ist die junge 52) gelangt, seit Gutzkow 1852 Ritter v. Geist 9, Hauptbed. erreicht, die 'flüssige heiße Kost' in 343 schriftsprachlich. B r u m m s t a l l 'Gefängnis' Laukhard 1804 Eulerkapper 251. Wolf Wb. 729. den Mittelpunkt rückt. Brühl m. 'feuchte Wiese, feuchter Platz", brünett Adj. Zu frz. brun, dessen Quelle ahd. frühnd. bryel u. a. 'fette, auch mit Buschwerk brüno 'braun' ist, gehört mit roman. Demin.bestandene Wiese', mhd. brüel 'bewässerte, bu- Endung brunet, eigentl. 'bräunlich'. Dafür steht schige Wiese", ahd. bruii, broil 'Aue', mnl. prayeel frühnhd. b r a u n s c h w a r t z , b r ä u n l i c h . Ent'Rasenfläche': die germ. Wörter beruhen, wie die lehnt wird zunächst das subst. F. B r ü n e t t e roman. (itaL broglio 'Küchengarten', rätorom.'Frau von dunkler Haar- und Gesichtsfarbe'. brögl 'Einfang, Baumgarten", prov. bruelh, frz. Moscherosch 1646 Philanders Gesichte 2, 208. breuil 'eingehegtes Gebüsch") auf gall. *brogilo Auch das seit Amaranthes 1710 Proben 296 folmlat. (seit 723) i>ro(g)ilus. Dies zu gall, broga, gende Adj. wird zunächst nur von Frauen ge"Acker", der Entsprechung von bret. schott. bro braucht: H.Schulz 1913 Fremd wb. I, 100. S. 'Bezirk', air. mruig, bruig 'Mark, Landstrich", dieb l o n d , b l ü m e r a n t . zu lat. margö 'Rand", ahd. marca gehören, s. Brunit f. mhd. brunft. „Brunfft ist ein JägerMark 1 , zu idg. *mrog·. Im Nhd. ist das alteWort und heißt die Häfftigkeit der Begird, wie Appellativ, das sich landschaftlich als 'Wiesen- die Hirsche haben, wann sie sich paaren" Schnüfgrün' erhalten hat, meist zum Namen im Gelände fis 1695 Maul-Trommel 209. Seit Fleming 1719 geworden. Hier bedeutet B r ü h l urspr. (nach Vollk. dt. Jäger 105 regelmäßig verzeichnet. Wie Viktor Ernst 1920 Mittelfreie 72ff.; 1926 Entst. K u n f t zu k o m m e n , V e r n u n f t zu v e r n e h d. d. Grundeigentums 113ff.) die Wiesen des men, Z u n f t zu ziemen, gehört B r u n f t zu grundherrl. Salhofs (Ritterguts, Meierhofs), an ahd. brëman (s. b r u m m e n ) : vom verlangenden diesen grenzend, dicht beim Dorf, wie die B r e i t e Geschrei des Rotwilds ist der Ausdruck auf seine das grundherrl. Ackerland. Vgl. Bruch®. Paarungszeit übertragen. brüllen Ztw. Obd. brüah, brüh, mhd. brüelen Brünne f. 'Harnisch, zumal für Hals und führen auf urdeutsch *bröljan. Die nhd. Kürze üBrust', von Uhland, Simrock, Schwab, Rieh. aus altem Diphthong ist zuerst vor Doppelkons. Wagner und Geibel erneuert aus mhd. brünne. (Prät. b r ü l l t e , Part, g e b r ü l l t ) entstanden, vgl. Dies mit gleichbed. ahd. brunia, brunna, asächs. die entspr. Entwicklung bei nhd. m ü s s e n aus brunnia, mnd. bronnie, ags. byrne, anord. aschwed. mhd. mûeçen. In Ablaut zu jenem *bröl- steht brynja (künstlich belebt in dän. brynje und schwed. mhd. bral, Gen. bralles 'Schrei' mit dem Ztw.brynja·, dagegen scheint norw. brynja 'breites Schwab, bralh 'schreien' und seinen Faktitiven Band mit Eisenringen* Erinnerung an die Wiking-
Brunnen
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zeit zu sein), got. brunjö aus germ. *irunjön. Aus dem Germ, entlehnt sind nach Westen gleichbed. mlat. brunia, afrz. brunie, prov. brcmja, nach Osten aslav. brünja, lett. brunas, apreuß. brunyos Mz. 'Panzer*. Die Herkunft des Wortes P a n z e r (s. d.) legt nahe, B r ü n n e als 'Brustschutz' mit B r u s t zu verbinden. Das setzt Entlehnung des germ. Worts aus dem Kelt, voraus, wo air. bruinne (aus urkelt. *brunnl aus *bhrumïo), akorn. kymr. bret. bron(n) 'Brust' den Anknüpfungspunkt bieten (s. B r a u s c h e , B r o s c h e n , Brust). Zur La-Tène-Zeit in der zweiten Hälfte des letzten vorchristl. Jahrtausends war das kelt. Handwerk in der Bearbeitung des Eisens führend. — Nicht überzeugend M. Szadrowsky 1943 Germ.-rom. Monatsschr. 31, 273, der germ. *brunjm als -jow-Ableitung zu germ. *bruñáis. b r a u n ) faßt, das in seiner Bedeutung 'glänzend' oft als Beiwort von Waffen diente. Dann wäre etwa 'schimmernde (Wehr)' die Grundbedeutung von B r ü n n e . Brunnen m., mhd. brun(ne), ahd. asächs. anfr. hrunno, mnd. mnl. borne, nnl. bran, afries. burna, ags. brunna, burna 'Quelle, Brunnen' engl, bourn 'Bach', anord. brunnr, norw. brunn, brynn, dän. brend, schwed. brunn, got. brunna 'Quelle, Brunnen' : mit anord. brçyma 'brünstig sein', gr. φρέαρ, φρηαρ 'Brunnen', lit. briáutis 'sich vordrängen', russ. brujá 'Strömung", armen, albeur 'Quelle' zum Stamm des Ztw. b r e n n e n , s. d. und b r a u e n . Auch in B r a n d u n g wird wallendes Wasser mit züngelnden Flammen verglichen, Sod 'Quell' gehört zu sieden. Dasselbe Wort ist B o r n : die r-Metathese beginnt im 9. Jh. im Asächs., gelangt auf md. Gebiet an Rhein und Saar, erobert bis Mitte des 14. Jh. das Elsaß, den Nordsaum der Schweiz, Baden, Württemberg und den Westen Bayerns. Von dort erfolgt der Gegenstoß, der B o r n (bis auf Spuren namentlich in Ortsnamen) wieder auf md. und nd. Gebiet beschränkt: E. Küppersbusch, Teuth. 8, 55; Charier, Etudes Germ. 1962, 272: südfrz. borne viel früher. Briumenkreese s. Kresse. Brunst /. ahd. ani. mhd. brunst, got. -brunsts: ablautende, auf nord, und engl. Boden fehlende Ableitung auf germ, -sti, 'zugehörig zu* (vgl. Dienst), zum st. Ztw. got. ahd. brinnan (wie G e s c h w u l s t zu schwellen, G u n s t zu gönn e n , K u n s t zu können) mit Grundbed. 'Brand* (wie in F e u e r s b r u n s t ) . Die jüngere Bed. 'geschlechtliche Erregtheit' mag durch die Nachbarschaft von B r u n f t gefördert worden sein. brüsk Adj. Aus lat. bruscum n. 'Knorren am Ahorn' wird ein Adj. *bruseus 'knorrig' gefolgert, das frz. brusque Adj., ursprüngl. 'knollig", dann 'schroff' geliefert haben soll. In deutschen Fremdwbb. seit September 1727 in frz. Form gebucht,
Bube
ist b r ü s k durch Wieland eingebürgert. B r ü s kieren nach frz. brusquer 'jem. schroff behandeln' nicht vor 1788: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 100. Brust /., altes Dualetantum (kons. Stamm), mhd. ahd. afries. brüst, mnd. mnl. nnl. borst, got. brusts. Damit ablautend das N. asächs. briost, afries. briast, ags. bréost, engl, breast, anord. brjöst. Der nächste germ. Verwandte ist mhd. Iriustem 'aufschwellen', mit ihm zur idg. Wurzel *bhreus- 'schwellen' wie mir. bruasach (aus *bhreus-to-) 'mit starker, breiter Brust'. Vgl. Brausche, Broschen, Brünne. Brustbild n. nnl. borstbeeid, zuerst Sleidan übers, v. Stammler (1657) 202a; für gr. προτομή Crusius 1663 Gramm, graeca 2, 781. Gebucht kaum vor Stieler (1691) 147. Brüstung /. bei den Kahnbauern an der Elbe für die 'Verengung des Kahns nach vorne und hinten' Röding 1794 Allg. Wb. der Marine 1, 396. Aus diesem Bereich auch die Buchung bei Adelung 1774, doch hier auch schon 'Mauer, welche nur bis an die Brust reicht'. Dazu F e n s t e r b r ü s t u n g Jean Paul 1797 Jubelsenior 94. Vorher B r ü s t u n g 'superbia' Stieler (1691) 169 zu sich b r ü s t e n . Brut /. mhd. bruot 'durch Wärme Belebtes, Belebung durch Wärme", nnl. broed, ags. bröd. Der Dental ist Suffix, die Stammsilbe ist unter B r ü h e behandelt, der Grundstamm bed. 'erwärmen, erhitzen"; vgl. auch b r a u e n und B r o t . — b r ü t e n schw. Ztw., mhd. brüeten, ahd. bruoien, ags. brêdan, engl, breed (dies mit Bed.Erw. 'erzeugen, erziehen"). Bemerkenswert ist, daß nnl. broeien, nd. bröjen und mundartl. b r ü h e n auch 'brüten' bedeuten. brutal Adj. Zu lat. brütus Adj. 'schwerfällig, gefühllos' gehört spätlat. brütälis 'unvernünftig' das zuerst in der Eindeutschung b r u t a l i s c h Gockel 1667 Betr. des Zorns 10 erscheint, als b r u t a l 'roh' seit Thomasius 1688 Monatsgespr. 1, 61. B r u t a l i t ä t ist schon von Albertinus 1698 Sendschr. 2, 6b dem lat. brütälitas nachgebildet; b r u t a l i s i e r e n (nach frz. brutaliser) spielt seine bescheidenere Rolle seit Fr. Creuzer 1806 Br. an Caroline v. Günderode 118. brutto Adv. 'im Rohgewicht". Aus dem unter b r u t a l genannten lat. brütus ist über vulgärlat. *bruttus ital. bruito Adj. 'roh' entwickelt. Als Handelswort von der mit Verpackung gewogenen Ware seit Meder 1568 Handelbuch 29a. Das süddeutsche Synonym s p o r k o stammt von lat. spurcus 'unrein', das Gegenwort n e t t o bed. urspr. 'sauber", s. n e t t . A. Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.-Spr. 37. Bube m. mhd. buobe, ahd. Buobo nur als Männername wie asächs. Bövo (wozu ablautend Bavo) u. ags. Böfa, daneben ags. Böja als Vorstufe zu engl, boy, fries, boi 'Knabe', die an
Buch
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gleichbed. obd. bua, bus erinnern. Unverschoben wie Böfa auch mnl. boeve, nnl. boef, mnd. löve, md. büfe (z.B. beim jungen Luther), B ü f c h e n (bei Dichtern des 17. u. 18. Jh.), ostthiir. (spite-) imfe. Andere Ablautstufe im ahd. Männernamen Babo, hochalem. (tokx9)bSM, (tiitïjbsëbi, mengl. babe, engl. baby. Diese Formenfülle vereinigt sich auf germ. *baban-, *böban-, vielleicht redupl. Koseform für B r u d e r (wie lat. püpus 'Kleines' zu puer 'Kind'), das heute als Kinderwort flandr. loe, norw. boa lautet. Dazu stimmt die Bed., die alt immer 'männliches Kind' war; 'Sohn, Unverheirateter, Geliebter' sind jüngere Ausbiegungen. Die Bed. 'Nichtswürdiger* (auch in B u b e n s t ü c k , B ü b e r e i , b ü b i s c h ) ist bes. nd. md., durch Schriftsteller wie Alberus, Luther verbreitet. Dessen „böse Buben" ersetzen obd. Bibeln durch „Kinder Belias". Die Wortkarte 'Junge' von Dora Blank bei Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1956) zeigt B u b e und seine Lautform wie B u b , B u e b , B u a im Süden, von Lothringen über Rheinpfalz, Schwarzwald, Westerwald, über den unteren und mittleren Main bis an die Ostgrenze Österreichs. Als Ausläufer hat Luxemburg Bof, in Berlin, Altpreußen ist Böfke ein gutmütiges Synonym für 'Lümmel'. Buch n. Das Schriftstück heißt gemeinhin nach dem Stoff, auf den geschrieben wird: gr. βίβλοζ nach dem Papyrus, lat. Uber nach dem Bast, codex (zu eüdere 'schlagen') nach dem Holzbrett, und so B u c h nach dem Buchenholz, aus dem die Schreibtafeln zuerst geschnitten wurden. Das durch Zusammenheften solcher Tafeln (tabulae, tabellae) entstehende Werk heißt urspr. pluralisch urgerm. *böki2, got. bökös, anord. b&kr, ags. bèe, ahd. buoh. Erst als der Begriff des Geschriebenen hervortrat, siegte der Sing, in ahd. buoh n., asächs. afries. ags. anord. bäh, engl. book. Bedeutungsmäßig ist der Vorgang derselbe, wie wenn anord. asfar, Und, yr, ags. œse, Und, iw aus Namen für E s c h e , L i n d e , E i b e zu Bezeichnungen von Speer, Schild und Bogen werden, die aus deren Holz hergestellt wurden (s. Asch, Tanne). Da der Ausdruck für 'Buch' gemeingerm. ist, muß sehr früh auf Holztafeln geschrieben worden sein; bezeugt ist es erst für das 6. Jh. durch Venantius Fortunatas 7, 18: Barbara fraxineis pingatur rüna tabellis. An das Schreiben auf Tafeln erinnern noch lange die Präp.: got. gakunnan ana bököm, anord. rïta ä bökum, ahd. lesan ana buóhhun, mhd. lesen an den bwchen: Hoops 1913 Reallex. 1, 338. Aslav. buky 'Buchstabe, Plur. bukäve 'Buch, Schrift' ist aus dem Got. entlehnt, mit dem die Verteilung der Bed. (hök(a) Sg. 'litera', bökös Plur. 'litierae') zum Lat. stimmt. Buche f . Fagus silvatica L·., die Rotbuche, trägt einen gemeingerm. Namen. Mhd. buoche, ahd.
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buchen
buohha, asächs. löke, mnd. i8ke, mnl. boeke, nnl. beuk, ags. böe, b&ce, engl, beech, anord. bök, norw. bök, bek, schwed. bok, dän. beg führen auf germ. *bok(i)ön-, idg. *bhägs, konsonantischer Stamm ans *bha{u)gs. Dieselbe Ablautstufe zeigen lat. fägus 'Buche', gr. phêgôs 'Eiche', gall. *bägos in Ortsnamen wie Bagusta und Bagacon. Auf idg. *bhau§- beruht isl. beyki (aus *baukjar) 'Buchenwald'. Idg. *bhü§- liegt dem Ztw. b a u c h e n (s. d.) voraus. Germanen wie Italiker wohnen innerhalb des Verbreitungsgebiets der Buche, westlich einer Linie, die von Königsberg über Warna zur Krim führt (Karte bei J. Hoops 1913 Realley. 1, 343). Außerhalb haben Indogermanen die Buche nicht vorgefunden und darum den Namen auf andre Bäume übertragen, außer gr. phègós 'Speise-Eiche' (Eicheln = Ersatz für Bucheckern), vgl. russ. buz, buziná 'Holunder*. So haben auch E i b e , E i c h e , F ö h r e , H e i s t e r , H o l u n d e r , L i n d e und T a n n e die Bedeutung gewechselt: auf ihren vorgeschichtlichen Wanderungen trafen die Völker neue Baumarten, die sie mit einem alten Namen belegten, wenn sie die frühere Baumart nicht mehr vorfanden. Auf dem Baumnamen in seiner germ. Bedeutung beruht Bäcmis silva 'Harz' bei Cäsar, Bell. Gall. 6, 10 und die Bezeichnung der Rhön als mlat. Böcönia. W. Wißmann, Der Name der Buche; Dt. Ak. d. Wiss. Vorträge H. 50 (1962). S. H a i n b u c h e . — Nicht zu gr. phagein 'essen', vgl. die etym. Versuche bei Walde-Hofmann, Lat. etym. Wb. 1 (1938) 446; die hellgraue Rinde (W. Krogmann, Zs.f. vgl. Sprachig. 73,1956, l f . : zu aind. bhä- 'Schein, Licht, Glanz') ist doch anders als das Leuchten der Birke zu unscheinbar. Nicht zu kurdisch büz, Eilers u. Mayrhofer, Zur idg. Buchen-Sippe, Mitt. Anthrop. Ges. Wien 1962, 61. Bachecker /. Die Frucht der Buche heißt nd. und md. von Hessen bis Schlesien seit 1420 B u c h e c k e r (s. Ecker). Das Demin. B ü c h e l , Büchel(e) im Rheinfränk., Alem., Schwab, und Bair. ist zu beurteilen wie das bed.-verwandte Eichel und geht auf mhd. büechel f . zurück. Daneben steht in west-, ostfäl. bauk, eis. buch, Schweiz, busch n. das unabgeleitete Wort meist kollektivistisch, etwa ein lat. *fägum neben fägus voraussetzend, wie lat. pirum, malum neben pirus, malus stehen. B u c h n u ß in Teilen Ostmitteldeutschlands, B u c h n ü ß l in Österreich, B u c h eichel bei Adelung runden das Bild. S. E c k e r . buchen Ztw. 'in die (Handlungs-)Bücher eintragen' als Nachbildung des gleichbed. engl, to book oder nnl. boeken seit 1733 Der in allen Vorfällen vorsieht. Banquier 1, 477, aber 1766 Allg. dt. Bibl. 2, 2, 303 als hart und undeutsch gescholten, der Tadel noch von Berghaus 1796 Handb. f. Kaufl. 1, 129 wiederholt. Literarisch
Bücherei
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erst durch Jean Paul 1804 Flegelt, 144 Hempel. Auch v e r b u c h e n und B u c h u n g sind urspr. kaufmännisch: A. Schirmer 1911 Wb. d. d. Kaufmannsspr. 38. Bucherei /. dem aus lat. libraria gewonnenen L i b e r e y , das H. Wunderlich 1916 Zentralbl. f. Bibl.-Wesen 32,125 von 1426 bis 1716 nachweist, entspricht nl. boekerij, dem Comenius 1668 Orbis pictus 193 B ü c h e r e i nachgebildet. Spätere Anfechtung hat dem guten Ersatzwort für Bibliot h e k nicht geschadet: Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 23. Bücherhalle f . geprägt von Konst. Nörrenberg, Comeniusblätter 1896, 61 (vom 11. Juni). S. Kreuzkatalog. Bücherwurm m. von den die Bücher durchbohrenden Larven übertragen auf den darin lebenden Gelehrten, kennzeichnend zuerst im Demin. „Dein Herr, das Bücherwürmchen" Lessing 1747 D. j. Gel. 3, 2. So in den Wbb. seit Adelung. Buchhalter m. Als Lehnübersetzung des ital. tenere i libri erscheint das Ztw. die B ü c h e r h a l t e n in Ravensburg 1480: Al. Schulte, Gesch. der Großen Ravensb. Handelsges. 3 (1923) 180. Die Herkunft aus der ital. Buchhaltung wird deutlich bei Luk. Rem, Tageb. (Augsb. 1496) 6 darnach gieng ich auf ain schûl (in Venedig), da man biecher halten lernt. Vorher tritt puchhalter um 1465 im Eidregister der Stadt München auf, F. Koller, D. Eid im Münchener Stadtrecht des MA. 1953, 116. Seit Mitte des 16. Jh. B u c h h a l t u n g : S c h i r m e r . Wb. d. dt. Kaufm.-Spr. (1911) 38. Buchs B u c h s b a u m m . Bu¿ms sempervirens L., im Südsaum des deutschen Sprachgebiets vom Schweizer Jura bis Südtirol altheimisch, hat keinen germ. Namen, weil die germ. Stämme erst in geschichtl. Zeit eingewandert sind. Gr. pijxos ist über lat. bums (wie nach Westeuropa: ital. bosso, ΐτζ. buis, ags. engl, box) zu uns gelangt, als die Deutschen von den Römern die Verwendung des Holzes zu Drechslerarbeiten lernten (Kamm und Ring aus B. schon in Funden der Saalburg). Ahd. buhsboum muß, weil w nicht zu o geworden und χ zu hs verschoben ist, vor 600 übernommen sein. Daraus stammen mhd. buhsboum, mnd. mnl. busböm, während die nhd. Form (wie nnl. buksboom, dän. buks-, schwed. buxbom) auf neuer Angleichung an die lat. Form beruhen: J . Hoops 1911 Reallex. 1, 347; H. Marzeil 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 702 f. Büchse /. Die aus B u c h s (s. d.) gedrechselte Arzneibüchse, gr. pyxis 'Dose aus ττύξοζ-ΗοΙζ' ist über lat. buxis und vorahd. *buhsja zu uns gelangt mit A r z t , F l i e t e , P f l a s t e r u. a. Kunstwörtern der griech. Heilkunde: ahd. buhsa, mhd. hühse, mnl. bosse, busse, ags. engl, box (aus lat.
Buchweizen
*buxem für buxidem wie frz. boîte aus *buxida). Ihr b (gegen gr. π ) danken alle westeurop. Formen dem Latein. Dessen χ war etwa im 6. Jh. zu hs verschoben; unser ks beruht auf neuer Anlehnung an bttxis. chs in älteren obd. Quellen kann auch die velare Spirans meinen. — B ü c h s e 'Feuerwaffe* (so auch ni. bus, norw. besse) ist seit dem 14. Jh. über die Bed. 'Hohlzylinder* entwickelt, vgl. F e u e r r o h r und Mörser. Buchstabe m. Fast alle Runen haben einen senkrechten Hauptstrich, den S t a b , nach dem das ganze Zeichen asächs. stab, ags. (rûn)stœf, anord. (rüna)stafr heißt. Im Unterschied zu den Runen heißen die lat. Schriftzeichen, weil sie zum Gebrauch im Buch (nicht auf Holz Stein Metall, Elfenbein) bestimmt sind, ags. bôcstœf, anord. bökstafr, asächs. bökstaf, ahd. buohstap. Dem Got. fehlt der Ausdruck, der erst gebildet werden konnte, nachdem B u c h (s. d.) aus 'Holztafel' zu 'Pergamentband' geworden war, also wohl im ags. Christentum, mit dem er nach dem Norden und nach Deutschland gelangt sein mag. Mit dem Schwinden der Runenschrift erweitert sich B. zu 'littera' überhaupt, das Kompos. verdrängt das einfache S t a b : Hoops 1911 Reallex. 1, 349; W. Krogmann 1930 Idg. Forsch. 48, 268. buchstabieren Zwt. Nachdem mhd. bûchstaben noch Luthers Wort gewesen war, setzen die Grammatiker des 17. Jh. b u c h s t a b i e r e n durch: Schottelius 1641 T. Sprachk. 76. Das Ztw. ist (wie B u c h s t a b e ) in die bait. Sprachen gelangt: J. Sehwers 1927 Zs. f. vgl. Spracht. 54, 181. Der germ. Ausdruck ahd. anfr. spellon, mnl. nl. Spellen hat über afrz. espelir (hieraus engl, spell 'buchstabieren') frz. épeler ergeben. Bucht f . Als Verbalabstr. zu biegen geht westgerm. *buhii-, ags. byht, engl, bight, mnd. bochi, nd. bucht von der Bed. 'Krümmung" aus, die anord. böt in lenès-, çïbogabôt bewahrt. Die verengte Bed. 'Krümmung der Strandlinie', engl., nl. und nd. gleichmäßig entwickelt, erscheint in hd. Text seit Andersen 1669 Orient. Reisebeschr. 80 „sahen folgenden Tag in einem Inwig oder Bucht vor uns liegen die . . . Stadt Columbo"; entspr. S e e b u c h t seit 1676: Kluge 1911 Seemannsspr. 166. Eine andere Besonderung, 'Einfriedigung, Verschlag für Haustiere' (bes. in S au bucht), ist bes. norddeutsch geblieben. Dän. bugi, schwed. bukt stammen aus dem Nd. Buchweizen m. Fagopyrum eseulentum urk. 1396 Nürnberg erwähnt, wohl im 12. Jh. von Kreuzfahrern mitgebracht (Kieser, Nd. Jb. 1961, 67). Den vorwiegend nd. Namen (mnd. bökwete [zuerst urk. in Mecklenburg], mnl. boecweit, engl, buckwheat, dän. boghvede, schwed. bohvete) dankt es der Form der Samen, die an Bucheckern erinnern, und dem weizenähnlichen Geschmack der Körner. Sonst wird die Pflanze
Buckel
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(wie in tschech. pohanka zu pohan 'paganus', frz. blé de Turquie, de Barbarie, blé Sarrazin, ital. grano saraceno) nach ihrer Herkunft benannt: aus mhd. frühnhd. schwäb. heidenkorn (Lexer Mhd. Hwb. 1, 1208; Zs. f. d. Wortf. 14, 142; H. Fischer, Schwäb. Wb. 3, 1338) verkürzt sind bair. österr. haidn, Midi (Schmeller 1, 1052), Westerwald. h«nS, westf. hailf, hêlf. Die Bedeutung weist auf die Herkunft dieses Korns, also Getreides, aus heidnischen Ländern, nicht auf Heideland, auf dem der Buchweizen allerdings vortrefflich gedeiht. Auf nd. griek f . 'griech. Korn, beruhen poln. gryka, lit. gAkai, lett. grik'i, die als Gricken ins Ostdt. rückentlehnt sind. Zwei weitere Namen sind aus Nachbarstaaten entlehnt: nordd. ladder, tane aus poln. tatarka, finn. lattari 'tatarisches Getreide', ostschwäb. bair. tirol. blende, plent aus ital. polenta. Vereinzelt frühnhd. buzweiß, nhd. F r a n z w e i z e n (Campe I, 643). Marzeil, Wb. d. dt. Pflanzenn. 2, 406. Buckel m. Lat. buccula, Verkl. zu dem lautmalenden bucea 'aufgeblasene Backe', ergibt afrz. boucle 'halbrund erhabener Metallbeschlag in der Mitte des Schilds' (hieraus engl, buckle 'Schnalle, Spange'), das seit etwa 1200 als buckel f . ins Mhd. übergeht und unter dem Einfluß von Gerätnamen auf -el (Hebel, Schlegel, Schwengel) M. wird. In derber Volkssprache übernimmt B. seit dem 16. Jh. die Bed. 'Rücken', unterstützt durch das Adj. buckelëht, -ohi 'höckrig*, die Vorstufe unseres b u c k l i g . P u c k e l in nordd. Aussprache (auch nnl. pochel, dän. pukkel, schwed. puckel) mag eher als Unsicherheit innerhalb der binnendt. Konsonantenschwächung gefühlsbetonte Verstärkung vertreten. Buckelorum m. 'Buckliger*. Ein halblat. buckelus, scherzhaft in den Gen. Plur. gesetzt ergibt das rhein. Volkswort B u c k e l o r u m , das aus Frankfurter Ma. 1804 in Goethes Götz 4, 15 (Weim. Ausg. 113,1,300) dringt. B u c k e l o r i u m 'Buckel* schon bei Grimmelshausen 1669 Simpl. 4, 330 Kurz. Anklingende Scherznamen für den Buckligen sind nrhein. B u c k e l a n e s , -ines J . Müller 1928 Rhein. Wb. I, 1084, obersächs. B u c k e l i n s k i , B u c k e l o m i n i K. Albrecht 1881 Leipz. Ma. 96, B u c k o l i n i F. Callenbach 1714 Quasi 78. bücken Ztw. mhd. bücken, bücken, mnd. hucken, mnl. bocken: Intensivum zu biegen (wie n i c k e n und s c h m ü c k e n zu neigen und schmiegen). Schweiz, bukche (mit bukch m. 'Biegung") weist auf ahd. *huxhm, vorahd. *bukjan. Umlaut von m ist obd. vor ck unterblieben, die Schriftform b ü c k e n stammt aus dem Md. Bficking τη. 'geräucherter Hering*. Der Fisch heißt (a foedo odore Kilian 1699) nl. boksharing. Ableitung von nl. bok 'hireus' ist mnl. buchine,
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Budike
nnl. bokking, mnd. (seit dem 14. Jh.) buckink, spätmhd. bucking. Die jüngere Form B ü c k l i n g (seit 1480) dankt ihr l dem Umstand, daß viele mask. Konkretwörter auf -ing ein Ζ am Stammauslaut hatten (Hämmling, Kiesling, Schilling. Zwilling). Bückling m. 'Verbeugung' der Männer im Ggs. zum K n i c k s der Frauen. Als Abi. zu b ü c k e n ist frühnhd. bücking (daneben B i c k i n g seit Martin 1628 Colloques 153) 'sich bückender Mensch*, wie A n k ö m m l i n g , E i n d r i n g l i n g 'ankommender, eindringender Mensch* zu deuten. Mit demselben Übergang wie bei D i e n e r ist aus der Bez. der Person die der Handlung geworden. Der Wandel des älteren -ing zu - l i n g vollzieht sich im 17. Jh.: „einem einen Bükkling geben" Schottel 1663 Haubtspr. 370: Zs. f. d. Wortf. 2, 190. 4, 183. 12, 118. Buddel s. B u t t e l . Bude f . Unter B a u d e ist gezeigt, daß dieses Wort zufrühst im Ostmd. 1455 begegnet und auf den md. Osten beschränkt bleibt. Im Gegensatz dazu ist mhd. buode, mnd. böde, mnl. boede altheimisch, eins mit gleichbedeut. aschwed. adän. both. Von da entlehnt ist engl. booth 'Bude'. Der Vokal von anord. büd f . 'Wohnung' ist umgefärbt durch Anlehnung an búa. 'wohnen'. Außerhalb des Germ, sind die nächsten Verwandten air. both (aus *buiä) 'Hütte* und lit. Mitas 'Haus*. Sämtlich zur Sippe von b a u e n . — Stud.-sprachl. B u d e 'Zimmer* dringt seit 1860 von Leipzig aus vor, wo die Meßbude eine beherrschende Rolle spielt, und löst älteres K n e i p e 'Studentenwohnung' ab. Auch B u d e n a n g s t 'Gemütszustand des einsam auf seiner Bude hausenden Studenten' geht von Leipzig aus. Gebucht seit K. Müller-Fraureuth, Wb. d. obersächs. Ma. 1 (1911) 166; W. Stammler, Kl. Schriften 1954, 205. Bielfeldt 25. Budget n. Lat. bulga 'lederner Sack", ein Wort gall. Ursprungs (s. B a l g , Bulge 8 ), ergibt gleichbed. frz. bouge mit der Verkl. bougette. Das hieraus entlehnte engl, budget erreicht über 'Vorrat, verfügbare Mittel* die Bedeutung 'Staatshaushaltsplan'. Das engl. Wort wird bei uns durch Berichte über Pitt und die Whigs zu Ende des 18. Jh. bekannt und von Campe 1801 erstmals gebucht. Seit Frankreich 1806 das engl. Wort amtlich einführt, wiegt bei uns die frz. Aussprache vor, die sich z. B. bei Görres 1819 in der Schreibung Finanzbüdget verrät. Halb scherzhaft vom Privathaushalt seit Kotzebue 1812 : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 100; Ganz, Einfl. d. Engl.49. Budike f . Frz. boutique erscheint, zunächst in frz. Schreibung, im kaufm. Deutsch seit 1677 als Gegenwort zu Magazin. Es sinkt im 18. Jh. unter Einfluß von B u d e zu 'schlechtes Haus, mindere Gastwirtschaff. Der Inhaber einer klei-
Büfett
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Buhle
nen Kellerwirtschaft heißt im 19. Jh., haupt- drücke p l ä t t e n , P l ä t t e i s e n usw. Kretschmer sächlich in Berlin, B u d i k e r : H. Schulz 1913 1918 Wortgeogr. 373. Wortatlas X X I : b ü g e l n . Fremdwb. I, 101; P. Kretschmer 1918 Wortbugsieren Ztw. 'ein Schiff durch ein anderes geogr. 269. schleppen'. Port, puxar 'ziehen, schleppen' (aus Büfett n. Ital. buffeto gelangt im 16. Jh. als lat. pulsare 'stoßen') wird ins Nl. entlehnt und P u f f e t in die Schweiz (Id. 4, 1047), frz. buffet tritt hier im 16. Jh. als boesjaar(d)en, boechseerden seit Beginn des 18. Jh. in unser höfisches Schrift- auf. Die Umgestaltung zu nnl. boegseeren vollzieht tum. Der Ursprung der roman. Wörter ist un- sich unter Einwirkung des unverwandten B u g geklärt, die Bed. schwanken zwischen 'Anrichte, (s. d.). Vom Nl. gehen gleichbed. dän. bugsere, Geschirrschrank, Schenktisch, Schankraum': Zs. schwed. bogsera, russ. buksirowai, aus. Im Deutschen findet sich buxiren 1627, boucheren 1629, f. d. Wortf. 8, 66: H. Schulz 1,101. Büffel m. Gì. búbalos, lat. bubaltcs, der klass. büksieren 1675, bächsiren 1681 mit ch als Zeichen Name der Gazelle, wird wegen des Anklangs an nl. Herkunft Erst im 19. Jh. setzt sich b u g gr. βοϋζ 'Rind' auf die Büffel übertragen, die um sieren und damit die Anlehnung an B u g auch 600 als Geschenk des Avarenchans an den Lango- in der Schreibung durch: Kluge 1911 Seemannsbardenkönig Agilulf nach Italien kamen und in spr. 169. den Maremmen zur Arbeit gezähmt wurden. Die Bugspriet m. 'schräg über den Bug (s. d.) Nebenform búfalos (ζ. Β. bei Venant. Fort.) er- hinausragender Mast*. Mnd. bughr, baghspret gibt frz. buffle, aufgenommen als spätmhd. büffd, (zuerst Greifswald 1466: Kluge Seemannsspr. mnd. buffet; von da schwed. und älter dän. buffel. Í60) ist älter als nnl. boegspriet (seit 1699). Von Der figürl. Gebrauch 'Klotz, Tölpel' ist frühnhd. ihnen gehen mengl. bouspret, engl, bowsprit, dän. entwickelt: Paracelsus 1625 (I, 2, 136): püffei m. bugspryd, schwed. bogspröt, frz. beaupré aus. In Die hart arbeitenden Tiere (büffebrbeit Luther, hd. Text B u c h s b r e d Hulsius 1623 Schiff. 11, 6, böffelarbeit S. Franck) gaben Anlaß, das Ztw. B u g s p r i e t mit nd. Lautstand seit Vischer 1720 b ü f f e l n zu bilden: „hart und lang püflen" Glossar z. Rob. Crusoe 2, 393. B u c h t s p r i e t am Mathesius 1671 Sarepta 40b, was Lieblingswort Neckar Zs. f. d. Wortf. 6, 69. Zum zweiten Wortder Studenten geblieben ist (Kluge 1896 Stud.- glied s. S p r i e t . Spr. 86; Zs. f. d. Wortf. 12, 276) und ein jüngeres Bühl m. 'Hügel', mhd. bühel, ahd. buhil. Heute ochsen nach sich gezogen hat. ist es mit seinen Lautvarianten vor allem in Bug m. 'oberes Gelenk an Arm und Bein, vor- Teilen des Obd. und des Md. üblich. Das Nd. derer Oberschenkel bei Tieren, Strebe zur Ver- bewahrt es aus ehedem weiter Verbreitung außer bindung des Gebälks'. Ahd. buog, mhd. buoc in Orts- und Flußnamen als selbständiges Wort führen mit ags. bog, boh 'Schulter, Arm, Ast' noch bei Düsseldorf und Göttingen, vgl. die Wort(gleichsam 'Gelenk am Baum') auf germ. *bôgus, geographie von Hügel. Zugehörigkeit von B ü h l vorgerm. *bhághús 'Arm, Vorderfuß'. Auswärts (idg. *bheuk- 'schwellen; bucklig, rundlich') zu entsprechen aind. bahú-, awest. bäzu 'Arm', gr. biegen (idg. *bheugh- 'biegen') ist nicht aufrechtpechys (aus *pächys) 'Ellenbogen, Unterarm'. zuerhalten. Darf man in *bheuk- eine Erweiterung Mit dem Ablaut von ahd. biogan (biugu, bong, von *bhu- 'aufblasen' sehen, so besteht Beziehung bugum, gibogan) ist ahd. buog nicht zu vermitteln. zu Bö, s. d. — Die Bed. 'rundes Vorderteil des Schiffs', die Buhle m. mhd. buole 'naher Verwandter, Gewohl auf Vergleich des Schiffs mit einem Roß liebter, Liebhaber", ahd. Buolo, ags. Bola nur beruht, ist in nd. boog, nl. boeg, engl, bow, dän. Männemame, mnd. bàie, mnl. boel(e) 'naher Verbov, schwed. bog gleichmäßig vorhanden und über- wandter, Bruder' ist (wie Bube) kindliche Koseall alt, nam. in anord. bögr. In hd. Text seit form zu B r u d e r . Die alte Zeit kennt B. nur als Aldenburgk 1627 Westind. Reise E l b : Kluge Mask.; noch im 16. Jh. konnte das Mask, 'amica' 1911 Seemannsspr. 167. Am Neckar dafür die bedeuten; buole f . ist noch spätmhd. selten, das B u c h t , während die Zus.-Setzung B u c h a n k e r verdeutlichende B u h l dir ne nicht vor Gottsched zeigt, daß es sich um dasselbe Wort handelt: 1730 Crit. Dichtk. 14. In der Neumark bed. Sütterlin 1904 Zs. f. d. Wortf. 6, 69. bïleken(kinner), in Pommern bœle(ken) 'GeschwiBügel m. erst nhd. zu biegen wie Schlüssel ster', auf der Rhön bülich 'Geschwisterkinder'. zu schließen. In alter Zeit gilt baug, der Steig- Auswärts vergleichen sich westfläm. boe, norw. bügel heißt Stegreif (s. d.) und erst spätmhd. dial, boa als Koseformen für 'Bruder', lett. bälinS, bügele f., mnl. böghel, nnl. beugel. Alt ist nur asächs.bälulitis 'Brüderchen' zu brälis 'Bruder'. Aus der armbugil 'Armreif'. Ob das Bügeleisen nach Koseform für B r u d e r (vorgerm. *bhäh- < seinem gebogenen Griff heißt und ob (Wäsche) *bhrälo- < *bhrälrlo-) ist B u h l e trauliche Anrede b ü g e l n (beide nicht vor Krämer 1678) hierher für andere männliche Verwandte, endlich 'Gegehört, ist strittig: H. Fischer 1904 Schwäb. Wb. liebte(r)' geworden. Einen vergleichbaren Bed.1, 1267. Zur Abgrenzung gegen die nordd. Aus- Wandel vollzieht B a s e in Schweiz, bäsy, bäsle
Buhne
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'amica' Maaler 1561. — Buliler nicht vor Geiler 1494 Bilger 94a, B u h l e r i n schon bei Muskatblüt (bair. Oberfranken vor 1438): Siegfr. Junge 1932 Studien zu Musk. 131. Das mhd. buolen Ztw., mnd. holen, als bulen neunmal in der Lutherbibel, wird um 1600 durch das Modewort galanisieren bedrängt: Zs. f. d. Wortf. 2, 278. Buhne /. Als Küstenwort der Bed. 'Lattenwerk, Uferschutzbau' ist nl. bun, mnd. bune stromaufwärts gedrungen und erscheint bei Zesen 1641 Dt. Helikon J 4b und Kindleben 1781 Stud.-Lex. 60 an Elbe und Saale. Zeugnisse für Weser, Donau und die ostpreuß. Flüsse bei Kluge 1911 Seemannsspr. 161. Goethe 1832 Faust 11645 und Helfft 1836 Wb. d. Landbauk. 66 kennen B. als Kunstausdruck des Wasserbaus. Verwandtschaft mit B ü h n e wird vermutet.
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Bumerang
in B a l g und P o l s t e r . Grundbed. somit 'Anschwellung'. Bulge2 /. 'lederner Wasserbehälter'. Das mit Β alg usw. verwandte gall, bulga (mir. bolg 'Sack') gelangt als bulga 'Ledersack' ins Lat., beteiligt sich über frz. bouge an der Bildung B u d g e t (s. d.), kommt als ahd. bulga, mhd. bulge 'Ledersack" zu uns und spielt in obd. Ma. auch in Bed. wie 'Reisetasche, Wasserkübel, Feldflasche, Futteral' eine Rolle: Schmeller 2 l, 237; H.Fischer 1, 1613; Schweiz. Id. 4,1213; I. Vendryes 1941 Bull, de la Soc. de Ling. 41, 2,135ff. Bulle m. 'Stier' erst nhd. (obd. unbekannt), mnd. bulle, mnl. bul(le), nnl. bul, anord. boli, engl.
bull. Ableitung dazu ags. bulluc 'Stierkalb', engl. bullock 'junger Ochse' (zur Bildungsweise Kluge 1926 Stammbildungsl. § 61b), zu denen ags. Bühne /. Mhd. bün(e), mnd. bone, nd. bBn (s. bealluc, engl, bailock 'tesliculus' in Ablaut stehen. Böhnhase), nnl. beun vereinen sich auf ahd. Der Zuchtstier heißt mit pars pro toto nach seinem germ. *bunl. Namentlich in obd. Mundarten Zeugungsglied. In der Bed. vergleichen sich hess. (Schmeller a l, 246, H. Fischer 1, 1626, Schweiz. bille, gr. φαλλό; und air. ball 'penis' : sämtlich zur Id. 4, 1319) in einer Fülle von Bedeutungen ver- idg. Wurzel *bheZ- 'aufblasen, -schwellen, strotbreitet, die sich zurückführen lassen auf 'Bretter- zen'. Der Wechsel zwischen l und II erklärt sich gerüst mit waagrechter Fläche ; über den sonstigen daraus, daß das Wort alter η-Stamm ist und In Boden erhöhte Bretterlagen'. Auch nhd. B ü h n e , zu II angeglichen werden konnte. Gleichbed. F ar r e, im 18. Jh. verkürzt aus S c h a u b ü h n e (Reichel, H a g e n , Heigel, H e i m e , H u m m e l , Muni. Gottsched-Wb. 1, 946), ist urspr. 'Podium'. DaBulldogge f . urspr. 'Hund für Stierhetze', engl. durch wird Verwandtschaft mit B o d e n glaub- bulldog seit um 1500, bei uns seit 18. Jh. Da haft: durch ags. ìnfime 'Schiffsboden' wird wahr- auch Bullenbeißer urspr. (wie B u l l e m.) ein nd. scheinlich, daß germ. *lunï mit uraltem Ausfall Wort (bullenbyter Richey 1766 Hamb. Id. 27). eines Dentals für *bhu{dh)niä steht. Verwandt Vom Nd. geht dän. bulbider aus, während nnl. scheinen awest. buna 'Boden', air. bun 'das untere buUhond gilt: Zs. f. d. Wortf. 14, 176. Ganz, Ende'. Einfl. d. Engl. 50. Bü(h)re /. 'Bettüberzug'. Das frz. F. Iure Bulle f . 'päpstliche Verordnung" mhd. mnl. ags. 'grobes Tuch', das unser B ü r o (s. d.) ergeben hat, frz. bulle, engl, bull, nnl. bul: aus lat. bulla 'Blase, ist über mnl. beddebuur als buer 'Kissenbezug' in Buckel, Kapsel'. Nach dem in einer Kapsel annl. Mundarten gedrungen und hat mnd. bure, nd. gehängten Siegel ist mit pars pro toto die ganze büre geliefert, das Heynatz 1776 bucht und Voß Urkunde benannt. Vgl. Bill. 1784 Luise 3, 2, 688 aufnimmt. Bulletin n. 'amtlicher u. ä. Bericht, BekanntBukett «. Zu frz. Jots 'Wald' tritt im 14. Jh. machung*. Zu mlat. bulla 'Urkunde' (s. Bulle /.) die Verkl. boschet, die als bosket 'Gebüschpflan- gehört das Demin. ital. bullettino 'Zettel, Blatt, zung' ins Engl, gelangt u. im 18. Jh. mit P a r k gedrängter Bericht* (von da als polletin entlehnt: u. a. Ausdrücken der engl. Gartenkunst ins Nhd. F. v. Troilo 1676 Orient. Reisebeschr. 466), das entlehnt wird: J. Moser 1776 Patr. Phant. 2, 466 über frz. bulletin vor 1800 zu uns gelangte, als „ein englisches Boßkett". Inzwischen hat im Bonaparte seine Berichte so überschrieb. DemFrz. die pikard. Form bouquet gesiegt; sie gelangt gemäß bucht Kinderling 1795 Reinigk. d. dt. im 17. Jh. zu uns. Zesen, der sie Ibrahim (1646) Spr. 118: ,,Bulletin, Tageszeitung". Ladendorf 139 zuerst kennt, will sie durch B l u m e n s t r a u ß 1906 Schlagwb. 38. ersetzen. Die unfrz. Aussprache verrät Wächtler Bult m., B ü l t e f . 'bewachsener Erdhaufe, 1709: „Bouquet (Bucket)"; südwestdt. Ma. kennt Hügelchen', mehrfach bei Voß, aus nd. buM, mnd. bùkkê. Gleichbed. stehen außer nhd. S t r a u ß butte 'Haufen, Strohsack*. In Ortsnamen begegnet daneben alem. Maien, bair. B u s c h e n , westfäl. schon asächs. boit. Mit gleichbed. mnl. frwK(e) L u s t m. — J . Trier, Venus S. 164, s. Lob. über westgerm. *buUian- zu der unter Β all entBulge1 /. 'Meereswelle', mhd. mnd. frühnhd. wickelten vorgerm. Wz. *bhël· 'schwellen, rund bulge (Zs. f. d. Wortf. 14, 194), nd. bulge, anord. sein'. Schwed. und älter dän. bylte 'Bündel' bylgja (woraus engl, billow 'Welle' entlehnt), stammen aus dem Mnd. schwed. bölja führen auf eine Grundform germ. Bumerang m. 'gekrümmtes Wurfholz', gehört *btdgiön, Fem. zur Verbalwz. *belg 'schwellen' m i t E m u , K ä n g u r u h , T a b u , t ä t o w i e r e n u n d
bummeln
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Ill
W o m b a t zu den wenigen Wörtern, die das Nhd. einer australischen Sprache verdankt. Nicht vor Mitte des 19. Jh., anfangs in der engl. Schreibung B o o m e r a n g : Sanders 1871 Fremdwb. 1, 163. bummeln Ztw. Zu dem Dreiklang in Nachahmung des Glockentons b i m - b a m - b a u m (s. b a u m e l n ) tritt als tiefste Note bum. Mit Schallnachahmung und Lautsymbolik (F. Sommer 1933 Idg. Forsch. 61, 248) verbindet sich der Gedanke an die schwere Pendelbewegung namentl. der ausschwingenden Glocke. So entsteht b u m m e l n 'hin und her schwanken* (gebucht seit Ludwig 1716) und daraus 'schlendern, nichts tun' (zuerst im Brem. Wb. 1767). Leichte Umgangssprache fügt dazu „Spaziergänger und sogenannte Bummler" Zeitg. f. d. eleg. Welt 1837 S.318b; 1848 wird B u m m l e r zum polit. Schlagwort (Ladendorf 1903 Zs. f. d. Wortf. 5, 107). Die Stud.Sprache nimmt das Nomen agentis auf (Bacheliade 1867 S. 6. 44) und prägt es zur Schelte der Nichtinkorporierten in Marburg und München 1860 (Zs. f. d. Wortf. 8,107.12,275). Durch Rückbildung gewinnt sie damals das Mask. B u m m e l 'gemächlicher Spaziergang'. Dan. lumie und nnl. boemelen stammen aus dem Nhd. W. Stammler, Kl. Schriften 1964, 212. S. S c h l a c h t e n b u m m l e r . Bund m. mhd. mnd. bunt (Gen. bundes), mnl. Ioni, nnl. bond, asächs. gibund 'Bündel*. Aus der dt. Bedeutung 'Bündnis* stammen poln. bunt, und daraus lit. buñtas 'Aufruhr, Empörung*. Mit dem Ztw. b i n d e n im Ablaut der 3. Reihe. Das zugehörige Demin. B ü n d e l , mhd. bündel, ags. byndel, engl, bundle, alt und mundartl. m., geht im Nhd. des 18. Jh. zum n. über: H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 64. — b ü n d i g Adj., mhd. bündec 'festgebunden, verbündet*, mnl. bondieh, nnl. bondig 'knapp, konzentriert', bei Lessing 10, 337, 8 b i n d i g mit demselben Schwanken wie gleichzeitig K n ü t t e l , t ü f t e l n , T ü t t e l , zerknüllen. Bundschuh m. mhd. buntschuoch m. 'grober Schnürschuh der Bauern (mit Riemen zum Festbinden)', noch jetzt in Oberösterreich und Steiermark üblich (daraus slaw. [genauer: Bielfeldt 63] punSocha 'Strumpf'). Dann, weil als Feldzeichen in Bauernaufständen gebraucht, seit Ende des 15. und im Anfang des 16. Jh. verwandt für 'Empörung'. Bungalow m., zunächst 'das in den Tropen für Europäer gebaute einstöckige Holzhaus', dann solch Sommerhaus, gewöhnlich mit Strohdach, engl. 1676. Zum Adj. ind. (hindust.) banglä 'zu Bengal gehörig'. Oxford Etym. Diet. 1,1170. Bunker m. Behälter für Kohlen auf Dampfern und in Fabriken: im 19. Jh. entlehnt aus gleichbed. engl. (eoairpunker; dazu b u n k e r n 'kohlen*. Im ersten Weltkrieg erhält das Wort die neue
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Burg
Bedeutung 'Betonfort': W. Linden 1943 Dt. Wortgesch. 2, 401. bunt Adj. mhd. mnd. bunt, mnl. nnl. boni, stets mit ni auch in den flektierten Formen, somit nicht aus dem Ahd., dessen ni als mhd. nd erscheint. B u n t gehört dem Nhd. als ostmd. Wort an; in Wien gilt von Stoffen f ä r b i g , in Schwaben sagt man lieber g s c h e c k e t , s c h e c k i g , sonst obd. g e f l e c k t , g e s p r ä c k e l t ; dies meist in den obd. Bibeln des 16. Jh. für Luthers 21maliges b u n t . 'Vielfarbig' ist mhd. véch und missevar; mhd. bunt bed. 'schwarz-weiß' von Pelzwerk, daneben steht da% bunt, des buntes 'Pelzwerk', bes. mehrfarbiges, in Ggs. zu mhd. grä, mnd. gräwerk. Auszugehen ist vom Part. mlat. punetus 'punktiert', einem Klosterwort, das eig. das mit verschieden gefärbten Fäden auf Zeug Gestickte bezeichnet: M. Heyne 1903 Hausaltert. 3, 240. Auch in ital. punto 'Punkt' ist e angeglichen, ebenso in S p u n d und T i n t e . Wenn für das Pelzwerk die verbindenden Glieder im roman. Westen fehlen, so ist andrerseits das Verhältnis zu einigen östl. Wörtern noch ungeklärt: rumän. bunde, magyar, serb. tschech. bunda 'Pelzwerk' sind sämtlich jung. An lat. müs Pontieus 'Hermelin' zu denken, verbieten formelle Schwierigkeiten. Dän. buntmager, schwed. buntmakare 'Kürschner' stammen aus gleichbed. mnd. buntmaker. Zu b- vgl. Bims. Bunzen s. P u n z e n . Bürde f . mhd. bürde, ahd. burdX, mnd. borde, got. baúrpei, anord. byròr f . 'was (auf einmal) getragen wird'. Zur Verbalwz. idg. *bhêr 'tragen' in B a h r e , e n t b e h r e n , g e b ä r e n , nl. beuren 'aufheben, tragen' gehört das Partizip idg. *bhrtó-. Dazu ist das germ. Fem. auf -in (für älteres -im), das unserm B ü r d e vorausliegt, Adj.-Abstrakt, dem lat. col·, è-, tramloMo bildungsgleich, auch darin, daß diese gleichfalls neben den Part, coi-, «-, translatas stehen: Kluge 1908 Zs. f. d. Wortf. 10, 64. Dazu die gleichbed. Weiterbildung asächs. burihinnia, mnd. börde(ne), ags. byrden, engl, burden. Burg /. Mhd. bure, ahd. bürg, bur(u)c 'Burg, Stadt', asächs. anfr. afries. ags. bürg, mnl. burch, borch(t), nnl. burchi, burg, engl, borough, burrow, -bury, anord. dän. schwed. borg, got. baúrgs führen auf idg. *bhfghr 'befestigte Höhe (als Fluchtburg)', in Ablaut mit Berg, s. d. mit genauen Entsprechungen in awest. *for»z- 'Höhe' und kelt. *brig' Hügel' in Bergnamen. Auf Entlehnung aus dem Afränk. beruht frz. bourg (12. Jh. : bore) 'Marktflecken'. Unsre ältesten Zeugnisse zeigen Weiterbildung auf -ja: saltus Teutoburgiensis und Asciburgium (Tacitus, Ann. I 60; Germ. 3: Ptolemäus 2,11, 27). In germ. Urzeit ist B. eine Volksoder Fluchtburg mit offener Siedlung, dazu kann ein Herrenhof treten wie im Fall von Marbods Herrschersitz (regia eastellumque iuxta situm
Bürge
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Tacitus, Ann. 2, 62). In karol. Zeit wird der Herrenhof befestigt, seit 900 zieht der Herr vom Hof in eine kleine Festung, die fortan auch Burg heißt, nun im Sinn der lat. arx. Die Namen der um 1100 einsetzenden Städte enden auf -bürg nur, wenn sich unter den Teilen, aus denen sie zusammenwachsen, eine Volksburg (Hammel-, Würzburg) oder Herrenburg (Lüne-, Magde-, Merseburg) befindet. Aus solchen Fällen wird bure in seiner mhd. Hauptbed. 'Stadt" verselbständigt. Daneben erhält mit dem Aufblühen der Ritterburgen die Bed. 'arx* neuen Auftrieb: F. Panzer 1933 Zs. f. dt. Bildung 9, 226ff. Bürge m. Zum Ztw. borgen (wozu anord. äbyrgd 'Verantwortung*, äbyrgjask 'sich verbürgen') treten ahd. purgeo, intrigo, asächs. Imrgio, airies. borga, ags. byrga m. als westgerm. Bezeichnung dessen, der bei einem Borggeschäft Sicherheit leistet. Bürger m., mhd. burgœre, burger, md. bürgcere, lürger, ahd. burgäri, mnd. bergere, mnl. borgher, ags. burgware, germ.-lat. hurguarii. Auf Entlehnung aus dem Dt. beruhen mnl. burgher, nnl. burger, dän. borget, schwed. borgare, magy. polgdr (Melich 1933 Festschr. f. Gideon Petz 172. 179). Bestimmungswort ist Burg, s. d., Grundwort das M. Plur. ahd. -wari, ags. -ware (auch in Rom· ware 'Römer* Cardware 'Kenter"), anord. -vçri, -vçrjar, in germ. Stammesnamen wie Amsivarii 'Emsanwohner', Angrivarii 'Angerbewohner' usw. Die Bed. 'An-, Einwohner* ist aus älterem 'Verteidiger* entwickelt, s. wehren. In mhd. burgœre, burger ist das alte Grundwort zum Suffix gedrückt (wie in K i e f e r , Wurzel). Mit Ausbildung einer dt. Stadtverfassung im 12. J h . erhält B ü r g e r neben dem umfassenden Sinn 'Stadtbewohner* den engeren 'vollberechtigtes Gemeindemitglied· (W. Vogel 1936 Hans. Gesch.-Bl. 60, 10f.). Obd. bleibt B u r g e r (auch als Fam.Name) ohne Umlaut wie G a r t n e r , K a m m e r e r , Glockner, Kohler, Schuler, Stuber. Bürgermeister m. 'magister eiviurn'. Mhd., frühnhd. u. mundartl. weithin stehen bürge-, burgemeisler neben bürger-, burgermeister, entspr. nl., dän. u. schwed. Von dem zweiten Formenpaar ist sinngemäß auszugehen; das erstere ist entstanden, indem der Auslaut des ersten Bestandteils gegen den des zweiten dissimiliert wurde (wie nhd. G ä n s e b r a t e n gegen mhd. gensenbraten): Edw. Schröder 1898 Anz. f. dt. Alt. 24, 22. Nhd. B ü r g e r m e i s t e r hat gesiegt als Luthers Form (zweimal in der Bibel). Bürgerschule /. Als 'Schule für die Bürgerkinder einer Stadt* und insofern gleichbed. mit älterem S t a d t s c h u l e belegt Nyström 1916 Die dt. Schulterminologie 1, 6 Burgerschuel zuerst aus Schlettstadt kurz vor 1550. Die Bed. 'Volksschule* setzt Pestalozzis Wirken voraus. In Leipzig wird
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Bursche
1804 die erste B . eröffnet; Campe bucht 1807 das Wort als neugebildet. Bürgertum n. Ersatz für frz. bourgeoisie, nicht vor Fichte 1797 Grundlage des Natuirechts 2, 21. Vielleicht von ihm gebildet. Burgfriede m. mhd. burcvride, mnd. mnl. borchvrede: zunächst der erhöhte Friedenszustand unter Ganerben, denen gemeinsam eine Burg gehört, dann 'erhöhter Friede am fürstlichen Hof, an öffentlichen Orten'; studentischer Versammlungsfriede' (seit dem Wartburgfest 1817). Endlich 'Gebiet, in dessen Grenzen Schutz gegen Gewalttat gewährt wird', besonders 'Stadtgebiet*. burlesk Adj. Demin. zu dem unter B ü r o genannten lat. burra 'zottiges Gewand', dessen Plur. schon bei Ausonius 'Possen' bedeutet, ist lat. burruia. Daraus stammt ital. span, burla 'Posse', dazu wieder stellen sich ital. burlesco, frz. burlesque und das gleichlautende frz. Fem., die seit Morhof 1682 Unterr. v. d. dt. Sprache 610 in Deutschland bekannt sind, aber erst durch Gottsched 1730 Crit. Dichtk. 42 geläufig werden: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,102. Burnus m. Gr. ßlppos Oberkleid' ist mit Spaltung des rr zu m in die semit. Sprachen Vorderasiens gelangt und hat arab. burnus 'weiter Mantel mit Kapuze' ergeben. Über frz. bournous ist es in die europ. Sprachen gekommen, ins Nhd. seit 1848 Treitschke, Briefe 1, 31. Büro n. Lat. burra 'zottiges Gewand', zur Sippe Walde-Hofmann 1938 Lat. etym. Wb. 1,124, ergibt über afrz. bure u. dessen Demin. burel frz. bureau, das über die Bed. 'Tuch, mit Tuch bezogener Tisch* zu 'Amtstisch, Amtsstube* wird. Demgemäß erscheint das Fremdwort seit Scheibner 1696 in den Bed. 'Schreibtisch' und 'Geschäftszimmer*. Im 16./17. J h . galt dafür — wie obd. noch heute — S c h r e i b s t u b e . Frz. bureaucratie (nach Schulz 1913 Fremdwb. 1, 102 von V. de Gournay 1764 den älteren aristo-, démocratie nachgebildet) begegnet seit 1790 in deutschen Berichten über die frz. Revolution, B ü r o k r a t und b ü r o k r a t i s c h nicht vor Görres 1819. Bursehe ra. Mlat. bursa 'Geldbeutel*, das auf dem Weg über fremde Sprachen B ö r s e ergeben hat, liefert in deutscher Entwicklung über mhd. burse (mit demselben Lautwandel wie B a r s c h , birschen, herrschen, Kirsche, knirschen, K ü r s c h n e r , morsch) frühnhd. burseh(e) 'Haus, das von einer aus gemeinsamem Beutel lebenden Gesellschaft bewohnt wird; aus einer Kasse zehrende Gesellschaft von Studenten, Handwerkern, Soldaten', das bis ins 17. J h . gilt. Der einzelne Teilnehmer hieß burßgesell, bursant, mitbursch(e), bis (mit einer Bed.-Entw. vom Sammelbegriff zum Einzelwesen wie bei F r a u e n z i m m e r , I m m e , R a t ) B u r s c h ( e ) zur Bez. des einzelnen Jungmannen wurde. Gefördert wurde die Entw.
Burschenschaft
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Bussard
dadurch, daß der Sammelbegriff die B u r s c h ( e ) Busch m. Ahd. asächs. (11. Jh.) buse, mhd. als Plur. gefaßt und durch einen jungen Sing, husch, hoscMfi), mnd. husch, busk, mnl. husch, der B u r s c h ( e ) ergänzt werden konnte. Norw. hosch, nnl. bos(ch), mengl. husch, busk, engl. bush. busse 'Freund, Kamerad', schwed. buss 'mutiger, Auf Entlehnung aus dem Dt. beruhen dän. kräftiger Kerl', nnl. hörst 'junger Mann' sind ausschwed. norw. busk(e) und mlat. huscus, boscus. nd. hu(r)s entlehnt, das landschaftlich in ent-VerkL dazu ist B ü s c h e l n. m., mhd. hüschel, nl. sprechenden Bedeutungen begegnet. Zs. f. d. bussei. Man sieht in westgerm. *busk- eine ¿-ErWortf. 1, 40. 3, 97. 12, 276; W. Stammler, Kl. weiterung zur germ. Wurzel *bus- 'schwellen', s. Schriften 1964, 201. B a u s c h . Die Redensart „auf den Busch klopfen" Burschenschaft f. wurde gebildet, nachdem stammt von der Jagd: alsam ein jegere ob eines B u r s c h e vom Sammelbegriff zur Bezeichnung hasen legere üf den husch trischet Stricker 1220 des einzelnen Studenten geworden war, und er- Daniel 3647 und Zs. f. d. Wortf. 10, 101. Vgl. scheint bei Laukhard seit 1791 (Kluge 1896 Stud.- B ö s c h u n g . B u s c h bedeutet in der JägerSpr. 86) für 'Gesamtheit der Studenten*. Als 1816 sprache 'Wald', wie auch mundartlich, so schleein neuartiger stud. Bund zur Pflege vaterländ. sisch. Mitzka, Schles. Wb. 1,173. Gesinnung entstand, fand er in B. den auch durch Buschklepper m. gleichbed. mit S t r a u c h das ältere L a n d s m a n n s c h a f t (seit 1748 Zs. f. r i t t e r , H e c k e n r e i t e r , insofern frühnhd. klepd. Wortf. 1, 44) vorgebildeten Namen schon vor. per neben 'Pferd* auch 'Reiter* bedeutete und — B u r s c h e n s c h a f t e r m. seit 1822 Das Leben B u s c h in der Bed. 'Strauch(werk)' galt. B u s c h auf Universitäten 202, gleichzeitig L a n d s m a n n - k l ö p p e r 'Straßenräuber, Wegelagerer* seit Zesen schafter. 1646 Ibrahim 1,417, - k l ö p f e r von Schupp (1663) burschikos Adv. Adj. Nachdem B u r s c h e zu 306 bis Wieland 2, 2, 473. D u r c h d e n b u s c h als 'Student" geworden war (Stieler, Erfurt 1691: Name für Wegelagerer von 1300 bis 1626: DWb. 6, 1149. studiosi artium liberalium se hoc nomine salutarli) erscheint für selteneres auf B u r s c h m a n i e r Buschwindröschen s. Anemone. (Stieler: 'more studenlico') zuerst 1713 bei CeBfise f. 'Boot zum Heringsfang*, mit nd. Û ins lander, D. verliebte Student βουρσικώ$, mit der Nhd. gelangt, wie B ü h r e , K ü k e n , Süd. Ins Endung des griech. Adverbs, wie das schon bei Nd. entlehnt aus nnl. buis, mnl. hüse; dahin aus Schoch 1667 Kom. v. Stud.-Leben 91 auftretende afrz. busse, buce 'Ruderschiff'; dies aus mlat. studentiK&s und die halblat. floricGy;, haustic&s buza, buda 'größeres Fahrzeug' das (selbst un(austrinken), die schon Multibibus 1616 Jus geklärten Ursprungs) unmittelbar entlehnt ahd. potandi § 9 kennt. Die Gruppe verhöhnt theol.büso 'Seeräuberschiff', mhd. büze, mnd. bütze, Kunstwörter des 16. Jh. wie symbolikôs und pneuanord. büza 'Kriegs-, Handelsschiff, ags. bütsematikös. Sie gehört zu den stud.-sprachlich becarl 'Matrose', engl, buss 'Heringsboot* ergeben liebten Zwitterbildungen ( g a s s a t i m , H a l l o r e , hat. In der ahd. Glosse paro¡büso wird die ganze S c h w u l i t ä t ) . Das Adj., nicht vor Schnabel 1748 Bedrängnis der Normanneneinfälle lebendig. Finnländerin Salome 38, setzt sich noch im Busen m. Mhd. huosem, -en, ahd. buosam, -um, 18. Jh. durch: Kluge 1896 Stud.-Spr. 48.86; ders. frühnhd. husam, bosam, -em, -en, asächs. bösom, 1912 Wortforschg. u. Wortgesch. 128; Zs. f. d. mnl. boesem, nnl. boezern, afries. ags. bösem, engl. Wortf. 1,41.4, 310; W. Stammler, Kl. Schriften bosom führen auf westgerm. *bösma-. Nord- und 1964, 204. ostgerm. ist das Wort vor Einsetzen unsrer Überlieferung untergegangen. Gebildet mit derselben Bürste /. mhd. bürste. Neben dem st. M. ahd. germ. -ma(n)- wie in B r o s a m u. a. smhd. hörst 'Borste' steht hurst, dessen Plur. Endung als Sammelbegriff zum F. B ü r s t e geworden ist. Erweiterung zum selben idg. Stamm *hhöu: *bhüVgl. F ä h r t e , G r ä t e , S t ä t t e neben F a h r t , 'schwellen', zu der die ¿/-Erweiterung unter G r a t , S t a t t . — Das Ztw. b ü r s t e n bedeutet B a u c h (s. d.) entwickelt ist. Vgl. B a u s c h , b a u auch* trinken', wobei man heute an ein Putzen der sen und B e u l e . In deutschen Mundarten ist B. Kehle denkt. Ursprünglich geht der Wortgebrauch lebendig ζ. B. in Dithmaischen, Pommern, von Burse 'Zechgesellschaft' (s. Bursche) aus. Braunschweig, der Wetterau, sonst ζ. T. in verMit einem Witz des 16. Jh. wird einer, der sich änderter Bed.: Schwab. bws$ 'Brustteil des Geauf das Handwerk dieses Bürstens gut versteht, wands', Schweiz. 'Kuheuter, Brusttuch, Rockein B ü r s t e n b i n d e r genannt, zuerst von J . Fi- tasche'; westfäl. bausem 'Rauchfang über dem Herd', beus 'Jacke' (Kreis Ahaus). schart 1671 Der Barfüßer Kuttenstreit 2256. Bürzel m., frühnhd. bürlzel (Maaler, Zürich Bussard m. Der wesentlich vom Mäusefang 1661), pirteel (Luther), mit obd. burz m. 'rundliche lebende Raubvogel heißt ahd. müsäri, mhd. mür Erhöhung, Steiß des Geflügels' zum Ztw. honenscere, mnd. müser, ags. müsere. Diese Formen 'hervorstehen', das seinerseits zu ahd. hör (s. scheinen im Anschluß an die häufigen -arjaempor) gehört. S. auch p u r z e l n . Bildungen entstellt zu sein aus *müs-aro, ahd. K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aufl.
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Busserl
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müsaro 'Mäuseaar'. Manche Mundarten halten den alten Namen fest: steir. anhalt. mauser, Schweiz, stockmüser. Im Schrifttum ist der deutsche Name seit dem 13. Jh. zurückgedrängt durch büsant aus afrz. buson (frz. luisón), seit 1665 durch Bushard, Bußhart, Bußaar aus frz. busart (woher auch engl, buzzard, nnl. buizeri), das auf gleichbed. lat. büteo beruht. Dies lautnachahmend. Weitere Namen des Vogels bei Suolahti 1909 Vögeln. 362ff. Busserl w. ' K u ß \ Das Kinderwort B ü ß 'Ruß' (auch im gleichbed. engl, buss) liefert ein frühnhd. verbreitetes Ztw. b u s s e n , pussen 'küssen'. Idg. *bu- bildet meist Schallwörter. Während Abr. a St. Clara 1688 Judas 1, 183 B u ß l sagt, gilt seit Conlin 1709 Närrinnen 1, 212 B u s s e r l mit bair.österr. Demin. und strahlt zu den Nachbarn aus: H. Fischer 1904 Schwab. Wb. 1,1568. Bussole f . "Seekompaß". Die in einer Kapsel verwahrte Magnetnadel heißt nach dem Demin. zu mlat. biais (s. Büchse) itaL bussola. Als busola erscheint das Mittelmeerwort seit 1672 bei uns: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 102. Büste f . Zu lat. ürere 'brennen' stellt sich infolge falscher Trennung von amb-ürere 'ringsum sengen' und combùrere (aus *coamb-ürere) bustum 'das Verbrannte'. Die Etrusker legten die Asche Verstorbener in hohle Tonbilder, die den Toten darstellten, nachmals in deren Abbreviatur, die Büste mit einem Loch mit Deckel am Hinterkopf. Sie sind Vorbild der berühmten Renaissancebüsten geworden: Lamer 1933 Wb. der Antike 88. Daher ital. busto 'auf einem Grabmal angebrachtes Brustbild eines Verstorbenen'. Das ital. Mask, erscheint als „ B ü s t e oder B u s t o " bei uns seit 1717 (Zs. f. d. Wortf. 12, 176), seit Gottsched siegt frz. buste (woraus engl, bust) als Vorbild. Die im Frz. verengte Bed. 'weibliche Brust' wird um 1860 entlehnt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 103. Zum Genus Zs. f. d. Wortf. 15,180; H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2,146. Buße /. Mhd. buo%(e), ahd. buo%(a), asächs. bôt(a), afries. böte, ags. anord. bot, ni. bode, engl. boot, schwed. bot, dän. bod, got. bâta zu germ. *bötö f., dafür als ablautende Bildung zu b a ß (s. d.) die Bed. 'Besserung' vorauszusetzen. Daraus ist seit frühdeutscher Zeit die Bed. der strafrechtlichen Genugtuung entwickelt, aus der — nachdem das Wort im Zauberspruch eine Rolle gespielt hatte—in der Bekehrungszeit die religiössittliche Genugtuung hervorgegangen ist (hierfür got. idreiga 'μετάνοια* zur anord. Vorsilbe td'wiederum', die ζ. B. auch in isl. Idunn, dem Namen der altwestnord. Göttin der Verjüngung, erscheint): J. Weisweiler, Buße (Halle 1930); J. Trier, Anz. f. dt. Alt. 60, 26ff. Aus vorchristl. Bereich stammen auch A b e n d m a h l , A n d a c h t ,
Buttel
Beichte, fromm, Gott, Heiland, Reue, Vorsehung. büßen schw. Ztw., mhd. büe¡¡en, ahd. buo^en, asächs. bötian, afries. bêta, ags. bœtan, anord. beta, got. (ga)bötjan 'bessern, wiederherstellen': nächstverwandt mit Buße. Die gemeingerm. Bildung vergleicht sich dem jungen v e r g ü t e n . In L ü c k e n b ü ß e n hat sich der alte Sinn 'ausbessern' erhalten, wie er auch in alem. büats» noch lebt. Dort auch Albiez als Fam.-Name aus alt-büeze 'Flickschuster'. Seine L u s t b ü ß e n zeigt Vergeistigung zu 'befriedigen'. S. L ü c k e n büßer. Butt(e) m. f . Die Flachfische B u t t (Rhombus), S t e i n b u t t , aschwed. törribut, woraus afrz. engl. turbot (Rhombus maximus) und H e i l b u t t (Hippoglossus), nd. butte, frühnhd. butt (nicht vor Gesner 1656 De piseibus 108), mnd. but, mnl. bot(te), but(te), nnl. bot, dän. bette, schwed. butta, sind in einem Gebiet benannt, in dem das Adj. nd. butt, mnl. bot, norw. butt 'stumpf, plump' gilt, das weiterhin mit ahd. bösßan 'stoßen' (s. Amboß) verwandt sein mag. Sie heißen offenbar nach ihrer ungegliederten, massigen Gestalt. — H e i l b u t t (hd. nicht vor Nemnich 1796) wird klar aus nd. hillig-, hillebutt, engl, hali-, holibuit: es ist der kostbare Butt für Heiligentage. — Der S t e i n b u t t (so seit Adelung 1780) heißt nach den über die Oberseite verteilten Knochenhöckerchen in der Haut. S. B u t zen. Bütte, B u t t e /. Mhd. bü(t)e, büten, ahd. butinfna), asächs. budin, mnd. bödene, ags. byden 'offnes Daubengefäß' kann mit gleichbed. mnd. mnl. butte, ags. bytt(e) 'Schlauch, Flasche', engl. butt 'Stückfaß', anord. bytta 'Faß' nur vermittelt werden durch Annahme gemeinsamer Entlehnung in ahd. Zeit, wie auch poln. bednia 'Kübel'. Auszugehen ist von gr. pytine 'umflochtene Weinflasche' (s. B u t t e l ) , das über lat. butina, volkslat. *budim die Sippe von span, bota 'Schlauch', frz. botte 'Weinfaß' ergeben hat, in der die Bedeutungen ebenso wechseln wie in den germ. Lehnwörtern; über das Gr. hinauf ist die Herkunft in einer mediterranen Sprache zu suchen. — Der zugehörige Handwerkername B ü t t n e r , mhd. bûtenœre, bütener (nicht vor 1482) ist ostfränk. und strahlt zu den oberpfälz., böhm., hess., thiir. und sächs. Nachbarn aus. Sonst gelten B ö t t c h e r , B ü t t e n m a c h e r , ( F a ß - ) Binder, Kimk(k)er, Kübelbinder, -mâcher, K ü b l e r , K ü f e r , S c h ä f f l e r : A. Götze 1918 Ilbergs Neue Jb. 41, 131; Th. Frings 1932 Germania Romana 90; Gertraud Müller s. B o t tich. Buttel /. nd. buddel, engl, bottle: aus frz. bouteille, afrz. boteille, das seinerseits auf spätlat. buticula zurückgeht, Verkl. von lat. biUtis f . 'Faß'. Dies entlehnt aus dem Gr., vgl. βοθ-rnç 'Tonne'
Büttel
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(s. B ü t t e ) . Zu uns gelangt das Fremdwort vor Ende des 17. Jh. mit ausländischen Weinen (die heimischen zapfte man vom Faß). Es hat bis ins 19. Jh. als B o u t e i l l e auch in der Schriftsprache gegolten: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 103. Aus dem Dt. entlehnt sind lett. lúdele, búlele, lit. bùtelis. Büttel m. Mhd. Miel, ahd. buiil, asächs. budil, mnd. böd(d)el, nd. lôdel, anfr. *bedel (daraus entlehnt afrz. bedel, auf dem engl, beadle beruht), mnl. buel, nnl. beul, ags. bydel führen auf westgerm. *budila-. Aus dem Mnd. entlehnt sind dän. beddel, schwed. bödel. Das westgerm. Nomen agentis ist auf -ila zum Stamm des st. Ztw. b i e t e n in dessen Bedeutung 'ge-, entbieten' gebildet (wie W ä r t e l zu warten). Es bezeichnet ursprünglich den Beamten, der im Namen des Richters die Pflichtigen zu Gericht und Versammlung entbietet. Durch Ämterbindung ist daraus ein nd. Name des Scharfrichters (s. d.) geworden: Angstmann S. P e d e l l und Weibel. -büttel in westnd. Ortsnamen wie B r u n s - , I s e n - , R i t z e b ü t t e l , die auf Zuwanderer nordelbischen Stammes zurückgehen und namentlich zwischen Holstein und Wolfenbüttel häufig sind. Ihr Alter ist beträchtlich, wie H a r x b ü t t e l bei Braunschweig (1007 Herskesgebuile) mit dem Cheruskennamen im ersten Teil erweist. Asächs. -butti, afries. bold, ags. boti, bold 'Haus, Wohnung, Halle, Tempel' führen auf westgerm. *buplaneben *böpla- aus *bhö(u)-tlo-. Urverwandt sind mir. both 'Hütte', kymr. bod, lit. bùtas 'Haus*, büklas 'Tierlager*, büklä "Wohnung" (diese mit lautgesetzl. kl aus ti). S. b a u e n und Edw. Schröder 1938 Dt. Namenkde. 296f. Butter /., obd. m,., mhd. buter m. f., spätahd. afries. butera, ni. boter, ags. bufere f., engl. butter. Desselben Ursprungs wie die westgerm. Wortgruppe ist die gleichbed. roman.: ital. burro, afrz. burre, frz. beurre m. Den Ost- und Nordgerm. fehlt ein vergleichbares Wort, dafür anord. smjgr, smer, dän. mm, schwed. smör, s. Schmer. Die Kelten sind bei dem Erbwort geblieben, das sich auch in alem. Anke m. gehalten hat, s. d. Die Völker des klassischen Altertums haben neben ihrer Ölkultur keine heimischen Namen für die fetten Bestandteile der Milch, die den Rohstoff für die Butter abgeben. Durch Lehnübersetzung oder Umbildung eines skyth.
Cello
Worts d. pontischen Steppe gelangen d. Griechen spät zu butyion (βούτΰρον) 'Kuhquark", das seit Varrò (f 27 v. Chr.) als lat. bütyrum begegnet. Plinius (t 79 n. Chr.) berichtet Nat. hist. 28, 133 von den Germanen: e lade fit et butyrum, barbarorum, gentium laudatissimus cibus et qui divites a plèbe discernât. Tacitus schweigt davon. Im Edictum Dioeletianum (vor 306) steht bütürum. Sidonius (t 479) setzt den Abi. bütyrö in den Vers. Kürze des ersten Vokals ist auch für den volkslat. Kollektivplur. *buiwra vorauszusetzen, der die Grundlage der westgerm. und roman. Wörter bildet: M. Förster 1941 Themse 585. Butterröhrling m. der Pilz Boletus lutms L., dessen Hut mit dickem, schmierigem Schleim bedeckt ist, daher auch B u t t e r · , S c h m e r p i l z , R o t z e r u. ä. Im Böhmerwald Masling nach tschech. mäslnlk (zu mash 'Butter*), in Westböhmen G l o u s k e r l nach tschech. klouzek (zu khu2av¿ 'schlüpfrig*): H. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen, 1, 617ff. Büttner s. B ü t t e . Butzen m. 'Klumpen, Unreinigkeit, Schlacke, Kernhaus des Obstes' tritt im 16. Jh. auf und ist vor allem im dt. Südwesten verbreitet. Grundbed. 'abgeschnittnes Stück". Mit unverschobnem tt entspricht nd. butt 'stumpf, plump', wozu der Fischname Butt(e); dort die weitere Verwandtschaft. — Andre Namen des Kernhauses s.u. Griebs. Butzenscheibe /. 'runde Fensterscheibe mit schlackenartiger Erhöhung in der Mitte', von Nürnberg aus verbreitet, hier nicht vor Schmeller 1827 Bair. Wb. 1, 230 bezeugt. Zum vorigen Wort in der Bed. 'Schlacke, Unreinigkeit". Buxe f . 'Hose'. Wie mnd. Urse über lederse aus lederhose zus.-gezogen ist, so stammt mnd. buxe aus *buck-hose 'Hose aus Bocksfell' (gleichbed. engl, buckskins). Das nd. Wort ergibt dän. bukse, schwed. byx(a); als nsächs. verzeichnet B u c h s e n Helvig 1611 Orig. diet. germ. 91, B i x e n 'Schifferhosen' Henisch (1616) 678. Byzantinismus m. 'unwürdige Schmeichelei gegen Hochgestellte', wie frz. byzantinisrne in geschichtlicher Kenntnis der Zustände am Kaiserhof in Byzanz gebildet. Gebucht nicht vor Sanders 1871 Fremdwb. 1, 182: „byzantinisches Wesen" Scheffel 1866: Ladendorf 1906 Schlagwb. 39f.
c (s. auch unter K, Sch und Z) Cancan m. Tanzart des Vormärz, dann vor gestoßen sein. Die Musik galt für verrückt, als allem unter Napoleon III; wohl lautmalend Sinnbild der Vergnügungssucht. E. Pomikalko, (Entengeschnatter), es kann stud. Cancan (1694) in: Sprachdienst 7 (1963) 21. für Quamquam als Bescheidenheitsfloskel dazuCeÜo s. Violincell(o). 8*
Cerevis
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Cerevis m. Gall.-lat. cervês(i)a, cervisia 'eine Art Bier" ergibt stud.-sprachl. Cerevis 'Bier', mit der Beteuerung „auf Cerevis" zu Beginn des 19. Jh. gangbar. Dazu C e r e v i s m ü t z e 'Kneipund Zimmermütze ohne Schirm, mit den Verbindungsfaxben und einer wütenden Quaste* Vol Im arm 1846 Burschik. Wb. 108. Daraus ist nach 1850 Cerevis im heutigen Sinn gekürzt: Kluge 1895 Stud.-Spr. 86. Chamäleon n. Die farbenwechselnde Eidechsenart Chamaeleon, besonders Cham, vulgaris Daud., wird bei uns von den Mittelmeerländern her zu Beginn des 13. Jh. bekannt. Freidank (Tirol vor 1233) Bescheidenh. 109,18 Grimm: Gamäliön des luftes lebt; Reinbot v. Durne (Augsburg vor 1253) 1252 Kraus: Gamaleön (: dòn). Die Formen weisen auf Vermittlung des afrz. gamalion. Das vorausliegende gr. χαμαιλέων (zu χαμα( 'am Boden' und λέων 'Löwe') ist ein Stück der dem Tier gewidmeten Sagenbildung. Champagner m. 'Schaumwein'. Frz. vin de Champagne gelangt zu Beginn des 18. Jh. zu uns und ergibt seit 1710 (Mencke, Ged. 100) Champ a g n e - W e i n , seit 1727 (P. Aler, Diet, germ.lat.) C h a m p a g n i e r Wein, das als Champ a g n e r w e i n z.B. von Goethe noch 1808 bevorzugt wird (Faust V. 2268). Inzwischen setzt sich in Frankreich die Kürzung Champagne durch, die England sogleich als Champaign übernimmt. In Übersetzung von bright Champaign erscheint zuerst „der schön springende Champagner" Schwabe 1734 Anti-Longin 133: Walz 1910 Zs. f. d. Wortf. 12, 176f. S. S c h a m p u s . Champignon m. zuerst 1692 bei Schellhammer, Die Köchin S. 444 „die Garten-Schwämme oder Schampinionen, wie sie die Franzosen nennen", nachmals auf die Psalliota-Arten eingeengt, während frz. champignon umfassend 'eßbarer Pilz* bedeutet. Ursprünglich ist es 'der auf dem Brachfeld (lat. Campania, hierzu gallorom. *campaniolus) wachsende Pilz*. Ein altheimischer Name des Champignons ist E g e r l i n g (zu obd. E g e r t 'unbebautes Land'), am Rhein heißt er D r i e s c h l i n g (zu Driesch 'brachliegendes Land'). Champion m. 'Preiskämpfer*. Lat. campus 'Feld' ergibt über spätlat. compio 'Kämpfer* frz. champion, das seit Musäus 1782 Volksmärchen hg. v. Zaunert 1, 293 in deutschem Text erscheint, in Wbb. seit Nehring 1710. Seit 1825 ist engl, champion belegt, das seit Ende des 19. Jh. in deutschen Sportberichten auftritt. Die Aussprache ist frz. geblieben, auch das Urteil der Allg. dt. Bibl. 6, 1, 202 hat Kraft behalten, daß dieses Fremdwort entbehrlich sei. S. K ä m p e . Chance s. Schanze. Chaos n. Gr. χάος ». 'Kluft* (zu χαΐνειν Ztw. 'aufklaffen') steht in der Vulgata Luk. 16, 26
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Chauvinismus
und ist durch die Reformatoren beflügelt worden (zuerst Joh. Eberlin 1523 Sämtl. Schriften 3,113). Als 'verworrene Urmasse' brauchen chaos Plato und Ovid; so übernimmt das Wort zuerst der Humanist Chr. Wirsung 1559: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 108. Der blassere Sinn 'Wirwarr' wird häufig seit Gottsched 1741. — Für chaotisch Adj. (zuerst Leibniz 1702 Schriften 2, 338)istfrz. Aootógite'ungeordnet'Vorbild. S.Gas. Charakter m. Zu gr. charássein 'einritzen' stellt sich χαρακτήρ 'Gepräge', das über lat. character spätmhd. karacter 'Schrift-, Zauberzeichen' ergibt. So gilt das Wort noch im 18. Jh. Inzwischen entwickelt frz. earactère die Bed. 'amtliche Eigenschaft, Rang", wobei die Standesabzeichen („seines Zeichens ein Schmied") eine Rolle spielten. So ist der Ansatz bei Stieler 1695 Zeitungslust gemeint: „ C h a r a k t e r eigtl. ein Kennzeichen, hernach ein Ehrennahm, Stand und Amt." Über 'Kennzeichen' wird die sittliche Bed. 'Haupteigenschaff (so schon Theoprastum 300 v.: χαρακτηρεί') erreicht, die von Thomasius und Leibniz vor 1700 neu aus frz. caractère geholt wird: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 109. — char a k t e r i s i e r e n (wie gr. χαρακτηρίζειν, frz. car radériser) wiederholt seit dem 17. Jh. dieselbe Bed.-Entwicklung, c h a r a k t e r i s t i s c h (in andrer Bed.: Weimann, Paracelsus) und C h a r a k t e r i s t i k folgen im 18. Jh. Charge /. Zu lat. carrus, das als K a r r e n entlehnt ist und zu dem über carrum 'Lastwagen' unser K a r c h gehört, stellt sich vulgärlat. carneare, das Grundwort von frz. charger 'beladen'. Das zugehörige Fem. charge 'Last, Amt, dienstliche Stellung* erscheint seit 1628 in deutschem Text, anfangs auch als S c h a r g e und S c h a r s e : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,110. Chaussee f . 'Landstraße*. Lat. (via) *calciäta 'mit Kalkstein gepflasterte Straße* ergibt frz. chaussée, das seit dem Bau der ersten deutschen Kunststraße zwischen Nördlingen und öttingen 1753 bei uns eindringt, Adelung für unentbehrlich hält und durch K u n s t s t r a ß e (Campe, Jean Paul), D a m m w e g (Goethe), Hochweg (nach engl, highway) nicht verdrängt worden ist. Chauvinismus m. Ein Veteran Nie. Chauvin aus Rochefort verhalf als überhitzter Napoleonschwärmer den Vertretern der idolâtrie napoléonienne zu dem Spottnamen chauvins, den früh im 19. Jh. junge Soldaten auf Lithographien von N. T. Cliarlet tragen. Beflügelt wird Chauvin als Name eines Rekruten im Lustspiel La cocarde tricolore der Brüder Cogniard 1831. An ihn knüpft das Schlagwort frz. chauvinisme, engl, chauvinism an. Zu uns überträgt C h a u v i n i s m u s 1870 Du Bois-Reymond 1, 76f. R e i c h s c h a u v i n i s m u s Gutzkow 1877 Die neuen Serapionsbrüder 2,161. Im Kern dasselbe Wort ist K a l v i n i s m u s : der
Chef
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Schweiz. Reformator hieß in seiner pikard. Heimat Cauvin, die Genfer nannten ihn Chauvin; Calvinus ist die lat. Form. Chef m. Lat. caput (s. K a p i t ä n ) ergibt frz. chef 'Haupt, Führer', das als Wort des Heerwesens seit Wallhausen 1616 Kriegsman. bei uns erscheint, im 18. Jh. zu 'Führer, Vorgesetzter" verallgemeinert wird (1741 Chef einer Secte, 1748 einer Parthey) und seit Berghaus 1796 Handb. f. Kaufl. 1, 176 'Geschäftsinhaber* bedeutet: A. Schirmer 1911 Wb. d. d. Kaufmannsspr. 39; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,111. Chemie /. Zu gr. χύμα w. 'Guß' (s. gießen) gehört gr.-iat. chymia f . Hieraus unser Chymie, das bis in den Anfang des 19. Jh. gegolten hat. Das gr. F. gelangt zu den Arabern und wird mit deren Artikel (s. A l b a t r o s ) zu al-lämijä'. Durch span. Vermittlung entsteht frz. alchimie, bei uns als alchimei f . bei Paracelsus 1620 (Werkel, 1,94), schon vor 1600 alehamie, alehemie (Lexer, Mhd. Hwb. 1, 36), A l c h i m y bei Maaler (Zürich 1561). Im späteren Griech. wird η als ì gesprochen; darauf beruht die Form χημεία und hierauf unser von Heynatz 1776 Handbuch 234 a belegtes Chemie. — a l c h i m i s t i s c h c. 1520 bei Paracelsus (Weimann). -chen. Die Verkleinerungssilbe ahd. asächs. -in (s. F ü l l e n , Schwein) tritt mit dem gleichfalls verkleinernden nd. k, hd. eh (Verbreitung von -ken: -chen: l(ein) s. D. Sprachatlas Karte 69) zusammen in asächs. skipikïn, md. (11. Jh.) bruoderchln, lörichin 'Kaninchen*, von mhd. Dichtem nachgeahmt mit blüemeMn, gebürekin, schappelekïn, von Luther (der -lein bevorzugt) in H ä n s i c h e n , S ö h n i c h e n , L e n i c h e n , Bler i c h e n angewendet, mit K a n i n i c h e n Ps. 104, 18 und S a l t z i e r i c h e n 'Tunkennapf' Glosse zu 4. Mos. 7,14 in die Bibelübers. eingelassen. Opitz bietet H ä u s i c h i n , S e e l i c h i n , W ä l d i c h i n ; Rist, Dach und Weise schreiben -gen (Büfgen), Goethe noch im Faust 7736 M ü h m i c h e n . Der erste Grammatiker, der - c h e n als die im Hd. übliche Endung empfiehlt, ist Joh. Bödiker, Grund-Sätze d. dt. Sprachen (Cölln an d. Spree 1690) 132: Gürtler 1909 Zs. f. d. Wortf. 11,181ff. Chiffon m. 'dünner Stoff: arab. Uff 'leichtes Gewand' ergibt afrz. chiffe 'geringes Gewebe' und mit roman. Endung frz. chiffon 'Lumpen, durchsichtiger Stoff', das ins Nhd. gelangt: Lokotsch 1927 Etym. Wb. 1893; Sanders 1871 Fremdwb. I, 206. Chiltre /. Arad. $ifr, das unser Ziffer (s. d.) geliefert hat, ist Quellwort auch für frz. chiffre m. 'Zahlzeichen', das mit der Geheimschrift, in der die Buchstaben durch Zahlen ersetzt wurden, zu Beginn des 18. Jh. zu uns kam und nach dem Vorbild von Z i f f e r F. wurde. Bald danach erscheinen c h i f f r i e r e n für chiffrer und d e c h i f -
Christ
f r i e r e n (wofür e n t z i f f e r n seit Wieland 1771) aus déchiffrer: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, U l f . ; E. Littmann 1924 Morgenl. Wörter 76f. Chinin n. Heilmittel aus der Rinde des Chinabaums, der bei den Ureinwohnern seiner peruanischen Heimat quinaquina heißt. Noch Arndt 1839 Briefe an e. Freundin 164 Gülzow nennt die Fieberrinde China; unser Chinin stammt aus ital. chvnvna. Die Endung wie bei K o k a i n und vielen Arzneinamen: Littmann 1924 Morgenl. Wörter 149f.; Rich.Loewe 1933 Zs. f. vgl. Spracht. 60,153ff.; Palmer 32.160f. Chirurgie f . 'Wundheilkunde'. Gr. χειρουργία 'Arbeit mit der Hand' gelangt über lat. chirurgia ins Frühnhd. und erscheint als Cirurgy bei Th. Murner 1512 Narrenbeschw. 30, 1. Diese Form stimmt zu afrz. cirurgerie, auf dem engl, surgery beruht. Für C h i r u r g herrscht bis 1800 die lat. Form chirurgus. Volkslat. *murgiànus 'Wundarzt' hat über afrz. cirurgien, surgien mengl. surgien, engl, surgeon ergeben. — c h i r u r g i s c h bei Paracelsus (Weimann). Chlor n. im 19. Jh. nach der Farbe benannt: gr. chlörös (χλωρός) 'grüngelb' ist urverwandt mit Galle (s. Cholera), gelb, Gold, Glut. Chloroform n. von J. Liebig durch Einwirkung von Chlor auf Alkohol dargestellt und in Poggendorffs Annalen im Nov. 1831 beschrieben. Die Formel von Dumas 1834 gefunden, demgemäß erst damals der Stoff benannt. Erste Vollnarkose durch J. H. Simpson in Edinburgh 1848: M. Speter 1931 Chemikerztg., Heft 81. Cholera f . Gr. χολέρα 'Gallenbrechruhr' (zu χολή /. 'Galle') ist über gleichbed. lat. cholera als colera ins Mhd. des 15. Jh. gelangt und hat noch im 18. Jh. eine Rolle gespielt. Als im 19. Jh. die asiat. Seuche, die ind. M o r d e x i n heißt, Europa erreichte, wurde um der Ähnlichkeit der Symptome willen der Name Cholera morbus auf sie übertragen, erstmals wohl im Titel einer Schrift von Schnurrer (Stuttgart 1830): A. Götze 1917 Nomina ante res 14. Vgl. Koller m. Chor m. Gr. χορός ergibt über lat. chorus ahd. chör 'Chor der Geistlichen in der Kirche'. Schon mhd. kör ist erweitert zu 'Sängerschar'. Daneben steht die lat. Form Chorus noch in Goethes Faust V. 2198, das Chor bei dems. 1797 Gott und Bajadere. Aus Wendungen wie mhd. ze köre sten 'ein Hochamt halten* entwickelt sich die Bed. 'Ort, den die singenden Geistlichen im Gotteshaus einnehmen' (der hohe Chor). Aus dem Dt. entlehnt ist lett. koris. Choral m. Mlat. cantus ehoralis 'Chorgesang* ergibt frühnhd. Choralgesang. Das im 17. Jh. daraus verkürzte Choral bedeutet (wie nnl. koraal) 'kirchlicher Gemeindegesang*. Christ1 Der Name got. Christus (mit früher Kürzung gegenüber gr. χριστός 'gesalbt" lat.
Christ
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Christus; die Länge wird von den roman, und kelt. Formen vorausgesetzt) gelangt mit der arianischen Mission nach Deutschland, verliert durch die Auslautgesetze um 500 seine Endung und lautet demgemäß ahd. asächs. mhd. Krist, Gen. Kristes. Die verkürzte Form des Namens Christus bleibt in Kirchenliedern, in Christbaum und Christkind (s. d.) Der Bücherdruck bringt dann auf gelehrtem Weg die volle Form, die Luther in lat. Weise abwandelt. Christ2 m. Lat. christianus ergibt (wie frz. chrétien) über ahd. kristäni mhd. kristen 'christlich' (das somit eine ganz andere Formgeschichte hat als Heide). Dazu mhd. kristenheit, -tuom, die das alte -en- bewahren, während das subst. der kristene sein ausi, -e verliert, zunächst in allen Formen kristen lautet und einen neuen Nom. Sg. briste entwickelt, der (wie in F ü r s t , Herr u. a. schw. Mask.) der verkürzten Form Christ gewichen ist. Sie ist auch in christlich (für mhd. kristenlich) durchgeführt. Chrietbaum m. ein md. Wort, das zuerst 1766 in einer Weim. Forst- und Jagdordn. auftritt und kaum vor Jean Paul 1797 Jubelsen. 126 literarisch wird. Das von Haus aus südwestd. Weihn a c h t s b a u m zuerst in Straßburg 1642: Dannhawer, Kat.-Milch 6, 649; den Verkauf von Tannenbäumen zur Weihnachtsfeier weist 0. Winkelmann 1922 Fürsorgewesen der Stadt Straßburg 1,146 dort schon für 1639 nach. Tannenbaum gilt von Osnabrück bis Rostock und Schleswig (Kretschmer 1918 Wortgeogr. 666f.), Zucker- und L i c h t e r b a u m in Hessen (Hess. Blätter für Volkskde. 27, 134ff.). Die Sitte, bei Festen das Haus mit Grün zu schmücken, wirkt im Winter als Analogiezauber: man verschafft sich einen grünen Baum, um ein grünes Jahr zu bekommen. Der Brauch knüpft sich an Weihnachten als Jahresanfang: A.Götze 1922 DWb. 14 I 717. Christkind n. Christ 1 hält sich in Christabend, - b ä u m , - m a r k t , - n a c h t , -stolle, - t a g usw. Christkind ist urspr. 'Christus als neugeborenes Kind', insofern dem alem. wienecMchindli (DWb. 14 I 724) vergleichbar. Mit Entfaltung der Schenksitte (das. 713) erhält Christkindchen die Bed. 'Weihnachtsgeschenk", so zuerst in Kleins Provinzialwb. 1792 für Rheinpfalz und Westfalen, als Christkindel 1776 in Wagners Kindermörderin 9. Dafür ostmd. der heilige Christ (zuerst 1661 in e. sächs. Polizeiordn.), erzgeb.-vogtl. Bomkinnel, pomm. Eindeken-Jês, sonst nordd. der, das Weihnacht e n ) : A. Tille 1893 Gesch. d. d. Weihnacht; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 558 f. Chronik f . Gr. τά χρονικά (βιβλία) Plur. 'Zeit-, Geschichtsbücher" ergibt über gleichbed.
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Croupier
lat. chronika, -orum mhd. krönik(e) f., neben dem die lat. Form bis ins 17. Jh. fortbesteht. Läster-, Schand-, Skandalchronik übersetzen seit dem 18. Jh. frz. chronique scandaleuse: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,114. chronisch Adj. Vom gleichen Ausgangspunkt wie C h r o n i k hat die lat. Medizin den Begriff morii chronici 'langwierige Krankheiten' entwickelt (im Gegensatz zu den akuten). Die dt. Form bei Paracelsus c. 1520 (Weimann), 1783: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 114. Clique f . Zu dem lautmalenden frz. Ztw. cliquer 'klatschen' gehört la clique 'das Klatschen, beifallklatschende Gesellschaff, das bei uns in literax. Sinn seit Wieland 1782 auftritt und 1830 ins polit. Leben übertragen wird. Das gleichgebildete Claque 'Schar bezahlter Beifallklatscher* kommt 1839 aus Paris: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, Höf. Clown m. Die Zirkussprache hat im 19. Jh. aus dem Engl. A t t r a k t i o n , E x z e n t r i k , S t a r aufgenommen. Dazu stellt sich Clown, das seit 1831 (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 116; Stiven 68) älteres B a j a z z o verdrängt. Lat. colönus 'Bauer* ergibt über frz. colon "Siedler" engl. chum : so heißt im älteren engl. Schauspiel die Charakterrolle des tölpelhaft Witzigen. Cocktail m. 'alkoholisches Mischgetränk', zuerst 1809 in Amerika. Wurde aus engl. 'Hahnenschwanz' im Sinne von bunter Mischung erklärt; oder aus frz. coquetier 'Eierbecher'. Sprachdienst 7 (1963) 25: es gibt noch sechs andere Erklärungsversuche. Couch s. Kautsch. Cousin m., Cousine f . Lat. consobrinus, -ina, 'Geschwisterkind' (zu soror) ergeben frz. cousin, -ine, die im 17. Jh. deutsches V e t t e r und Muhme zurückdrängen. Cu sin e seit Rayot 1643 Souhait des Älemans; Cousin kaum vor Schupp 1663 Schriften 1, 274. Creme f . Gr. χρίσμα 'Salbe' ergibt über lat. chrisma und älteres frz. chrême nfrz. crème, um 1700 mit Namen süßer Speisen und Gebäcke ( B i s k u i t , K o m p o t t , K o n f i t ü r e , Marmel a d e , Torte) ins Deutsche gelangt. Auch K r e m (mehr m.) geschrieben. Heute 'Schaumspeise; Hautsalbe' ; iron, 'oberste Gesellschaftsschicht'. Croupier m. Die Fachwörter des Glücksspiels (Lotterie, L o t t o , Niete, R o u l e t t e , Terne, Totalisator) sind fremd, so auch der seit Jean Paul 1789 (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,121) auftretende Croupier. Er gehört zu frz. croupir 'hocken', croupe /. 'Hinterhand des Pferds' und ist der hintenauf Hockende, der Hintermann des Bankhalters, sein Spielgehülfe.
D da 1 Ortsadv., ahd. dar, mhd. dar, dä. Abfall des ausi, r auch in h i e , wo und mhd. sä aus ahd. sär 'alsbald' (verwandt mit engl. soon). Dem ahd. dar entspricht nnl. daar, afries. thèr, ags. psër, engl. there 'dort, hier". Dagegen zeigen got. anord. par und afries. (her kurzen Vokal, in schwachtoniger Stellung entstanden. Das Adv. ist eine Bildung aus dem unter d e r behandelten altgerm. Demonstrativpronomen pa-, gr. το-; das r von ahd. dar und got. par zeigt sich in altind. tdrhi 'damals' (hi ist eine angehängte Partikel wie gr. γέ); vgl. auch aind. kärhi 'wann' unter wo. Über den Wechsel von demonstrativer und relativer Bedeutung in d a s. d e r . Zu diesem d a Dt. Sprachatlas zwei Beispiele. Kausal vereinzelt schon mhd. da 2 Zeitadv. (dann auch Konjunktion) spätmhd. da für mhd. ahd. dö = frühahd. asächs. thö (ags. pa): zum Pronominalstamm des Artikels d e r , d i e , d a s gehörig und zwar wohl als Akk. Sing. Fem. (got. pö), wobei ein Begriff wie 'Zeit* zu ergänzen wäre. Die Form erinnert an das Adv. lat. täm 'so' (für *täm), in der Bedeutung aber mehr an das mask. lat. tum 'damals'. Dies d a stellt laut- und wortgeographisch der Dt. Sprachatlas dar. Vgl. noch d a n n . da capo Adv. Ital. da capo 'von Anfang an* (zu lat. caput ' H a u p t ' ) ist im Notendruck Anweisung zu wiederholen (so seit 1710 in deutschem Text), wird von da Zuruf an Künstler in Konzerten und seit Ende des 18. J h . auch 'Wiederholung* allgemein: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 121 f. Dach ». Mhd. dach 'Dach, Bedeckung, Decke, Verdeck; das Oberste, Höchste, Schirmende', ahd. dah (hh) mnd. mnl. nnl. dak afries. thek, ags. Pœc 'Dach', engl, thatch 'Strohdach', anord. Pak 'Decke, Hausdach; Birkenrinde', schwed. tak, dän. tag 'Dach', früher auch 'Rohr, Langstroh' führen auf germ. *paka- aus *togo-, Von den außergerm. Verwandten kommen am nächsten akom. kymr. bret. to (aus *togo-s) 'Dach(decke)' und lat. tòga 'Bedachung; Bekleidung*. Ablaut *teg- zeigen air. tech 'Haus', teglach 'Hausgenossenschaff; lat. tegö 'decke', tegulum 'Decke, Dach, Hülle', teges 'Matte'; gr. tégos, tégê, 'Dach, Haus'. Im idg. Osten herrschen Formen mit anlautendem s: gr. stégô 'decke, schütze', stégos, stégè 'Dach, Haus', στεγ(α)νό$ 'deckend'; kslav. ostegngti 'decken'; lit. stíegin, stíegti 'ein Dach eindecken', stlegtojas 'Dachdecker", stógas (mit altem ö), apreuß. stogis 'Dach', steege 'Scheuer'; aind. sthägati, sthagayati 'verhüllt, verbirgf. S. decken. Dachhase s. B ö h n h a s e . Dachs m. mhd. ahd. dahs, mnl. nnl. das, asächs. im Ortsnamen Thahshèm, anord. *pçx in Ortsnamen, norw. dän. svintoks 'Dachs'. Aus dem
Germ, stammen mlat. taxus, taxo (4. Jh.), ital. tasso, frz. taisson, span, tejón, älter texon. Mundartl. ist das Tier nach seiner Grabkunst benannt: in Westfalen griewel, Osnabr. griwelink, Pommern gréëwink. Wenn darum aind. tdksati 'er zimmerf, taksan-, awest. taSan 'Bildner", gr. tékirn 'Zimmermann' bedeutet, so könnte germ. *pahsu· den Sinn 'bauen' enthalten und in naheliegender Übertragung den Namen des Handwerkers bewahren, zu dem sich mit lat. texere 'bauen, flechten, weben', textor 'Weber 5 , gr. téchnê (aus *τέξνα) "Handwerk, Kunst', russ.-kslav. tesla, air. täl'Axt' auch ahd. dëhsa(la)'Beil' (s. D e c h sel-), mhd. dëhsen 'Flachs brechen' stellen. Daneben besteht die Möglichkeit, s des Tiernamens aus Vorbildern wie F u c h s und L u c h s herzuleiten und germ. 'pahsu- über vorgerm. *togo-s mit idg. *tegu- 'dick" zu verknüpfen. D a c h s wäre dann 'Dickling' : F. Sommer, Idg. Forsch. 31, 359; G. Burchardi das. 47, 103 ; 0 . Paul, Wörter u. Sachen 20, 41. Dachtel /. frühnhd. (achtel 'Schlag mit der flachen Hand an den K o p f , mundartlich weit verbreitet, z. B. k ä m t . tgcht¡, steir. dqcht¡, tqchtl, Schweiz, dachtle, nd. ortagtel. Man denkt heute an die Dattel (spätmhd. dahtel) und vergleicht K o p f n u ß , M a u l b i r n e (nnl. muilpeer), O h r f e i g e , die aber mindestens teilweise gleichfalls auf Umdeutung beruhen. Die D a t t e l ist, obwohl in der Bibel erwähnt, dem Volke fremd geblieben, auch steht für Ohrfeige' immer nur D a c h t e l , nie D a t t e l . Auszugehen ist vielmehr von mhd. daht f . 'Denken' ; der aufrüttelnde Schlag soll als Denkzettel dienen: G. Weitzenböck 1937 Zs. f. Mundartforschg. 13, 26. Dackel m., kürzende Verkleinerungsform zu Dachshund, s. T e c k e l . daheim Adv. aus mhd. dä heime für älteres heime 'zu Haus'. Die Partikel dä tritt gern vor mhd. Ortsbezeichnungen: dä zen Bürgenden, dä ze Wiene 'in Burgund, in Wien'. Mhd. heime, ahd. heime, älter beimi ist lokativisches Ortsadv. der Ruhe neben akkusativischem heim 'nach Hause', s. h e i m . Heynatz nennt 1796 d a h e i m veraltet und in ernsthaftem Gebrauch unmöglich; seitdem ist es schriftsprachlich wieder belebt, in der Umgangssprache freilich weithin verklungen (dafür zu H a u s e ) . Dahlie /. Die mexik. Pflanze Acocotli kam zu Ende des 18. J h . nach Madrid, wo sie Cavanilles 1791 nach Linnés Schüler A. Dahl benannte. A. v. Humboldt sandte Samen an K. L. Willdenow, Leiter des Botan. Gartens in Berlin, wo die Pflanze 1805 zum erstenmal blühte. Willdenow nannte sie 1801 zu Ehren des Petersburger Akademikers Georgi G e o r g i n e . Im Volksmund h a t
Dalles
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sich dieser Name vielfach gehalten. H. Marzell, Wb. d. dt. Pflanzennamen 2, 24; S. A. Wolf 942. Dalles m. Zu hebr. dal 'schlapp', später 'arm* gehört als Abstr. dallüth 'Armut', jidd. dalles. Verbreitet in Umgangssprache und Mundarten mit der Bedeutung 'schlechte Situation, Bankrott, Krankheit', auch in Zusammensetzungen wie hess. Dallesbruder 'verkommener, verarmter Mensch', Dalleskrämer 'armer Schlucker', Dallesplatz 'Raum vor dem Tanzlokal' und Redensarten wie hess. sieh den Dalles holen 'sich erkälten': H. P. Althaus in Zs. f. Mundartforschung 30 (1963/64), 123f. Im Rotwelsch seit Anfang des 19. Jh. Wolf, Wb. d. Rotwelschen 942. dalli Adv. 'schnell* aus dem poln. Zuruf dalej 'vorwärts' über Berlin und das Ostmd. verbreitet: H.Schulz 1913 Fremdwb. 1, 122; Wiek 77; Bielfeldt 32,19. Jh. damals Adv. friihnhd. auch domateti), mhd. des males 'in jener Zeit*. Erster Wortteil ist da 2 , zweiter der adv. gestellte Gen. von mhd. mal n. 'Zeitpunkt*. Damast m. Ein feines in Damaskus hergestelltes Gewebe heißt mlat. damascemus, ital. damasco, damasto. Danach mnd. damask, frühnhd. damaseh, damasi mit den Adj. damaskm, damasten. Zum Namen der gleichen Stadt gehört Zwetsche. Nach arab. Orten heißen auch B a l d a c h i n , Gam a s c h e , M a r o q u i n (Leder aus Marokko), Musselin. damaszieren Ztw. 'flammend ätzen' (vom Stahl), frz. damasser, damasquiner, nnl. damaseeeren. Die Kunst, durch Ätzen die Metallfaser der Klinge bloßzulegen, wurde zuerst in Damaskus geübt, von da stammen die Damaszenerklingen, ital. damaschino. Dambrett n. 'Brett zum Damenspiel'. Dieses ist dem Schach nachgebildet: wie dort die Königin (lat. domina, frz. dame), so wird hier der Doppelstein genannt. Frz. jouer aux dames, jeu de dames, damer finden ihre Nachbildung, wie in mnd. damspil, nnl. dän. dam, so in frühnhd. D a m e n s p i l l (Hainhofer 1617); D a m m und Schachtspiel (Swenter 1636); im d a m spielen, D a m b r e t t (Duez 1664). Dame f . Lat. domina hat ital. dama, frz. dame ergeben. Beide sind im 17. Jh. entlehnt: Dama seit Hock 1601 Blumenfeld 41, Dame seit Opitz 1622 Hercynia 2, 265. In der zweiten Hälfte des Jh. sinkt das vom T. Michel 1638 und noch von Lauremberg 1652 bekämpfte Wort zu 'Geliebte, Dime', zu gleicher Zeit wird es aber fester Titel der Frau in Hof- und Adelskreisen, aus denen es seit 1800 in die bürgerl. Gesellschaft kommt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,122. Damhirsch, D a m b o c k m. Ein altheimischer Name des Damwilds hat sich erhalten in alem.
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Dämmer
Ortsnamen wie D e b r u n n e n , - s c h w a n d i , - w a l d , - w a n g e n . Dort früh abgestorben, wird er durch lat. däma ersetzt: ahd. täm(o), mhd. tarne, mnl. dame. Die Schreibung mit mm sucht für das unverständliche Wort eine Anlehnung. In ags. dä (von da entlehnt akorn. da), engl, doe (von da entlehnt dän. daa) hat sich derselbe Name fortgesetzt, wie im Alem. Außergerm, vergleicht man air. dam 'Ochse', dam allaid 'Hirsch' (eig. 'wildes Horn tier"), kyrnr. dafad 'Schaf, alb. dents 'Kleinvieh*, gr. δαμάλης 'Jungstier*. Darf man darin eine Bezeichnung gezähmter Horntiere erblicken, so stellt sich die Sippe zu der von z ä h m e n , s. d. damisch, dämlich Adj., erst nhd., ein md. nd. Wort (bair. schwäb. damisch). Zu einer germ. Wz. *pèm, ind. tarn in aind. tämyati 'er wird betäubt, ermattet', lat. têmulenius 'trunken*. K. MüllerFraureuth, Wb. d. obersächs. Ma. 1,191; A.Götze, Beitr. 24,607. Ostpreuß. dammlich in gutmütigem Sinne für d u m m . Damm m. mhd. tarn (mm), mnd. mnl. nnl. engl. dam, afries. dämm, anord. äammr. Dazu d ä m men schw. Ztw., mhd. ahd. tfmmen, mnd. dämmen, afries. anord. dfmma, ags. fordçmman, engl. dam 'aufdämmen, stauen', got. faúrdammjan 'versperren'. Luther 1623 Hiob 38,10 u. ö. schreibt tham; Helvig 1611 stellt dem nd. D a m m ein hd. T a m m gegenüber. Nhd. D a m m (so seit Ravellus 1616 gebucht) hat nd. Anlaut: Wasserbauten wurden auch in Süddeutschland von Küstenbewohnern ausgeführt; vgl. Deich. Die Bed. 'Fahr-, Straßendamm' bleibt auf Norddeutschland beschränkt: P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 162; A. Bretschneider 1943 Dt. Wortgesch. 3, 90. Außergerm, vergleicht H. Güntert 1932 Labyrinth 30 gr. θεμείν 'festmachen', θεμέλιο ν 'Grundlage', θέμεθλα Mz. 'Grundlagen eines Gebäudes; das Tiefste, Innerste': zum idg. Verbalstamm *dhë- 'setzen, stellen, legen*. Dämmer m. Goethe 1775 Urfaust V. 42, d ä m m e r n Schottel 1663; D ä m m e r u n g , mhd. dëmerunge, ahd. dëmerunga. Das N. ahd. dëmar 'Finsternis' hat seine nächsten germ. Verwandten in mnl. deemster 'finster*, ledernen 'finster werden', isl. pam 'dunkle Luft", pämadr 'dunkel', fär. tdm 'dünner Nebel'; s. diesig und f i n s t e r . Außergerm. vergleichen sich air. temei 'Finsternis', mir. teim, temen 'dunkel', mbret. (1219) themer, (1330) demer n. 'Dunkel, bret. teñval, tewal (aus *temesel) Adj. 'düster*; aslav. russ. tima 'Finsternis', russ. temnotá 'Dunkel', lit. tamsùs 'dunkel, schwarz', tamsâ 'Finsternis', témti 'dunkel werden'; lat. temere 'blindlings', temeräre 'beflecken', urspr. 'verdunkeln', tenébrae (aus *temafrä) "Finsternis"; aind. timas-, tämisrä 'Dunkel', tämrd- 'dunkelr o f , timirá·, tamsra- 'dunkel'. Idg. Wurzel *tem(í)- 'dunkel'.
Dämon
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Dämon m. 'böser Geist', griech. dalmön 'Gott, Göttin', urspr. 'Totengott'; äaimönion des Socrates 'innere Stimme, Gewissen'. Dampf m. mhd. dampf, tampf, ahd. damph, mnd. mnl. nnl. fries, engl. dän. damp, urspr. 'Dunst': durch Ablaut aus einem st. Ztw. mhd. dimpfen 'dampfen, rauchen' gebildet, wozu das Faktitiv dämpfen, mhd. dempfen, ahd. dçmpfan schw. Ztw. 'rauchen machen', d. h. '(das Feuer) mäßigen, ersticken*. Gleichfalls mit germ, ρ (idg. b) nd. dumpig 'dumpf, feucht, moderig', nhd. dumpfig, dumpf (s. d.). Daneben mit germ, b (aus bh) ahd. mhd. timber 'dunkel, finster, schwarz', anord. dumba 'Staub(wolke)', norw. damb ». 'Staub', schwed. mundartl. dimba 'dampfen, rauchen, stieben', dimba 'Dampf: Erweiterungen zur idg. Wurzel *dhem- 'stieben, rauchen; Rauch, Dunst, Nebel' in aind. dMmali 'bläst", pers. damldan 'blasen, wehen', gr. θεμερ-ω-ins 'ernst, finster blickend", mir. dem 'schwarz, dunkel', (ferne 'Dunkelheit', norw. daam 'dunkel', daama 'Wolkenschleier*; vgl. dunkel. Dampfer m.f D a m p f s c h i f f n., Nachbildungen der gleichbed. engl, steamer und steamship. D a m p f s c h i f f zuerst 1816 Allg. Zeitung Nr. 20 S. 79, D a m p f s c h i f f a h r t seit Chamisso 1836 Reise 1,145. Dampfer dankt seine Umlautlosigkeit dem nd. damper·, hd. wurde zuerst Dämpfer versucht: Dingelstedt 1847 Jusqu'à la mer 3. — F. Kluge 1911 Seemannsspr. 173 f. Dämpfer m. zu dämpfen 'mäßigen' (s.o.): Vorrichtung zum Vermindern der Tonstärke und Verändern der Klangfarbe bei Geige, Cello u. ä. Daher jem. einen Dämpfer aufsetzen wie engl, to put a damper on, frz. mettre une sordine à ses prétentions. Dampfmaschine f. zuerst bei Lichtenberg 1775 (Kröner 154, S. 267) Feuer- oder Dampfmaschine, nach engl, steam-engine: Ganz, Einfl. d. Engl. 54. Danaergeschenk n.Das Riesenpferd vor Trojas Mauer begrüßt Laokoon bei Vergil, Äneis 2, 49 mit der Warnung: Quidquid id est, timeo Dañaos et dona ferentes. Daraus gestaltet Seneca, Agamemnon 624 Danaum fatale munus, woraus im 19. J h . unser D. 'unheilbringendes Geschenk* entsteht: Büchmann 1912 Geflügelte Worte 25 374. Dandy m. Engl. Dandy, die Koseform von Andrew, entwickelt in London 1816 die Bed. 'Stutzer' und erscheint seit 1830 in deutschem Text (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 124). Dazu Dandysmus 1835 (Schoppe 1914 Zs. f. d. Wortf. 15,180). Dank m. mhd. ahd. dane m. ~ got. pagks (panks), ags. Pane, engl, thank, asächs. thank 'Dank': eigtl. Verbalnomen zu denken. Also
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Darm
Dank 'das in gedenkender Gesinnung sich äußernde Gefühl*. D a n k wissen wie frz. savoir gré. dann Nebenform denn, von der es bis ins 18. J h . in der Bedeutung nicht getrennt ist, aus mhd. dan(ne), dçn(ne), ahd. thanne, denne, asächs. afries. (han(na), ags. Pan(ne), ponine), p-ala m. (s. Adel) westgerm. *ap-ilu Adj. 'von Adel, vornehm', erwiesen durch ags. adele, afries. ethele, asächs. fdili, ahd. edili. Adelung und Heynatz
fordern in Gedanken an Adel Schreibung mit ä, dringen aber damit nicht durch, weil die Bed.-Entwicklung den Zus.-Hang mit dem M. gelockert hat: Fr. Vogt, Der Bed.-Wandel des Wortes edel (1909). Dän. schwed. cedei sind aus dem Mnd. entlehnt. Übertragung der Standesbez. auf Geistiges und Sittliches auch bei ital. geniile u n d f r z . noble.
Edelmut m. nicht vor Stieler (1691) 1299, Rückbildung aus dem Adj. e d e l m ü t i g , das in der Ableitung fdelmüetekeit f. schon Mhd. Wb. 2. 260 belegt ist. Edelrost m. seit P. Heyse, Nov.-Schatz 2,139 zus.-gezogen aus der schon bei Wieland und Börne begegnenden Formel e d l e r R o s t , die ihrerseits Lehnübersetzung v o n aerugo nobüis i s t : Zs. f. d.
Wortf. 2, 63. Edelstein m. Ahd. stein, gistemi bed. vielfach
'Edelstein', mhd. ?del gesteine ist eine verdeutlichende Formel, in der vor N. das Adj. unflektiert bleibt (so auch in nnl. edelgesteerUe), während der fdele stein noch bei Luther flektiert werden kann. Daneben ist mhd. fdelstein seit dem 14. Jh. bezeugt. Dän. schwed. ädelsten stammen aus dem Nd.
Edelweiß
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Edelweiß w. Der älteste Name von Leontopodium alpinum geht von der wolligen Behaarung aus: W u l l b l u m e n bietet Aretius 1661 in seiner Beschreibung des Stockholms aus berndt. Ma. In Berchtesgaden und Teilen Tirols galt B a u c h w e h b l u m e : man sammelte die Blütenköpfchen zu Tee gegen Leibschmerzen. E d e l weiß begegnet seit Κ. E. v. Moll 1785 Naturhist. Briefe über Österreich 2; Jirasek 1806 Beitr. z. bot. Nomenkl. ; Schmeller 1827 Bayer. W b . l , 28. Der Name folgt dem Vorbild von E d e l r a u t e : mit beiden räucherten nach Moll die Zillertaler den Stall aus, wenn eine Kuh ein geschwollenes Euter hatte. Als Edelvais und Vais ist das Wort in ital. Ma. der Venetianer Alpen entlehnt: H. Marzeil 1936 J b . d. Ver. zum Schutze der Alpenpflanzen u. -Tiere 7, 46ff. Eleu m. Ahd. ebah, ags. » fig, schles. ewich m. zeigen im Namen der Kletterpflanze einen Stamm, der vielleicht in lat. ibex 'Steinbeck' (eig. 'Kletterer') wiederkehrt. Wie nahe diese Benennung liegt, lassen nnl. ofries. westf. klimop, münsterländ. ailauf 'Efeu* erkennen. Der alte Name erfährt früh Anlehnungen: an L a u b in mnd. iflöf, itolöf, nl. eiloof, siebenb. bümlüf. an Heu in ahd. êba-hfwi (Zs. f. d. Wortf. 2, 226), mhd. ebe-, ëp-hôu «., Schweiz, räb-heu. Aussprache mit getrenntem b-h gilt obd. bis heute. Schreibung mit / (kaum vor Harsdörfer 1643 Frauenz.-Gesprechsp. 3, 406 und Stieler 1660 Geh. Venus 16) beruht auf ostmd. thür. westf. êfai, êfa: diese Formen sind nicht mundartecht, sondern folgern die Aussprache f aus falscher Auffassung des ph. Auf Verwechslung mit dem Doldengewächs E p p i c h (s.u.) weist schles. eppieh. Marzeil Wb. 2, 756. egal Adj. Lat. aequälis 'gleich beschaffen' wird zu frz. égal, das zuerst Nehring 1684 in der Bed. '(gleich)förmig' bucht. Aus Wendungen wie frz. cela m'est bien égal stammt unsere Bed. 'gleichgültig' (seit 1833). Im Sinn von 'immerfort' tritt das Adv. seit dem 19. J h . in den Mundarten von Hessen und Mecklenburg bis Schlesien auf: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,164. Egel s. B l u t e g e l , Igel. Egge 1 f. 'Tuchkante' die nd. Form von E c k e (s. o.), die seit Ludwig 1716 gebucht, aber noch von Heynatz 1776 zugunsten der hd. Form abgelehnt wird. Schweiz, gilt endi, frank, selbend, thür. salbend (s. Salband). Egge 2 f. Mhd. mnd. çgede, ahd. egida, asächs. fgitha, mnl. eghede, nnl. eg(ge), afries. fide, ags. çg(e)de führen auf germ. *agipö aus *oMtä 'die mit Spitzen besetzte'. Urverwandt sind gleichbed. lit. akSdos, apreuß. aketes, akymr. ocet, kymr. oged. Die Endung germ, -ipö, idg. -età bildet Gerätnamen (vgl. ags. sigde 'Sense' zum Stamm des lat. secare 'schneiden'). Umstellung zu *otikä
ehern
setzt lat. occa 'Egge' voraus, mit andrer Endung ist gleichbed. gr. όξίνη zur gleichen Wurzel idg. *ok- 'spitz' gebildet. Aus dem Subst. rückgebildet sind germ. *agjan, ahd. mhd. tcken, tgett, lat. occâre, lit. aketi. Auf mhd. mnd. tgede beruhen Mundartformen wie thür. éde, hess. eide, westfäl. êide. Als Neubildung aus dem Ztw. begegnet zuerst bei Muskatblüt 28, 106 ege, das seit spätmhd. Zeit häufiger wird und nhd. Egge ergibt: F. Specht 1935 Zs. f. vgl. Sprach! 62, 210ff. Egoismus, Egoist m. Zu lat. ego 'ich' werden um 1700 frz. égoisme, égoïste gebildet, die seit Chr. Wolff 1720 Vemünft. Ged. über Gott 2 zu uns gelangen, zunächst im Sinn des heutigen S o l i p s i s m u s , der nur das Ich als gegeben setzt, gegen Ende des 18. J h . in die heute allein übliche prakt. Bed. übergehend, für die vorher mit hiatfüllendem t E g o t i s m u s galt, dem frz. égotisme, engl, egotism entsprechend. Unser egoistisch gibt engl, egoistic wieder. S e l b s t s u c h t (seit 1796) und s e l b s t s ü c h t i g (seit Garve 1783) sind Lehnübersetzungen, ebenso S e l b s t l e r bei Goethe 1809 (Wahlverw. 1, 14, Jub.-Ausg. 21, 112). ehe Adv. Konjunkt. Neben mhd. er (s. eher) steht è wie dä neben dar, wä 'wo' neben war. Die Konjunkt. entsteht aus dem älteren Adv. der Bed. 'vordem': der Satz ,,ich gehe nicht, ehe er kommt" stammt aus „ich gehe nicht, eher ('vordem') kommt er" : Behaghel 1928 Dt. Syntax 3,166, Ehe f. ist in der Bed. 'Gesetz' westgerm.: ahd. ani. afries. èwa, mhd. è, asächs. êo, ags. sê{w). Wenn als Grundbed. 'ewig geltendes Recht' angesetzt werden darf, ist ewig (s. d.) verwandt. Die heutige Bed. beruht auf einer zuerst von Notker um 1000 vorgenommenen Besonderung: unter den gesetzmäßigen Verträgen war der zur Ehe führende der wichtigste. Beruht die nhd. Zweisilbigkeit auf wirklicher Lautentwicklung? Vgl. auch M. Mineoff 1934 Anz. f. dt. Alt. 63,232 f. Ehehälfte /. Zu E h e p a a r , das seit Stieler 1691 als 'neuvermähltes Paar' auftritt, wagt zuerst Jean Paul 1793 Grönl. Proz. 85 die ergänzende Neubildung E h e h ä l f t e . Vorher H ä l f t e entspr. frz. moitié, nachmals bessere H ä l f t e nach engl. my better half (geflügeltes Wort aus Sidneys Arcadia 1590: Büchmann" 295). Mundartl. Gegenteil. eher Adv. ahd. mhd. e(r) 'früher, vormals': Adv. eines Kompar. got. airis zu air 'frühe', ags. ser, engl, ere 'bevor', anord. är 'früh, vormals'. S. ehe, erst. Verwandt gr. ήρι (aus *äjeri) 'früh', awest. ayar 'Tag'. ehern Adj., mhd. ahd. êrin, afries. ëren, ags. ¿eren: zu dem vom unverwandten Wanderwort E r z (s. d.) verdrängten w. mhd. ahd. asächs. er, ags. är, är, öra, engl, ore, anord. tir, älter dän. eer, got. aiz, germ. *a(f)is- (urverwandt mit lat. aes, awest. ayo, aind. Ayas aus idg. *ajos, Gen.
Ehezärter
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*aieses) 'Erz', genauer wohl 'Kupfer' und trotz I zu Alasja (W. Brandenstein briefl.), alt für Zypern (s. K u p f e r ) . Das Wort fehlt allen westgerm. Sprachen außer den (späteren) Italikern und den Germanen, deren Gemeinschaft also in die Bronzezeit fällt oder bis in diese Zeit hineinreicht. Jünger ist die Berührung zwischen Kelten und Germanen, vgl. E i s e n . Das germ. Adj. auf -ina ist gebildet wie die Stoffadj. ahd. hulzln, asächs. lïnïn, got. gulpeins; außergerm. entspricht -ino in lat. lupinas, gr. lithinos. Die nhd. Form stammt von Luther, e h r η in der Bibelübersetzung wird e h e r n (Vorbild k u p f e r n ) oder silbisches r wie im Adj. e h e r aus mhd. er. Ehezärter m. Lat. cartula 'Urkunde' ergibt über d. frz. ehartre nd. zerter Brem. Wb. 5 (1771) 310, das die Zus.-Setzung e. 'Ehevertrag' liefert, Hamburg 1581; Zs. f. d. Wortf. 10, 103; H. Fischer Schwäb. Wb. 2, 904. Bed. 'Gatte' bei Hauff 1827 Mann im Mond 19. 45 beruht auf irrender Anlehnung an z a r t . Ehre f . mhd. mnd. mnl. afries. ère, ahd. asächs. anfränk. èra 'Gnade, Gabe, Ehre', nnl. eer, ags. är 'Wohltat, Schonung, Ehre, Glück', anord. eir 'Schonung, Friede'. Got. aistan 'sich vor jem. scheuen, ihn achten' bezeugt, führt über got. *aiza 'Scheu, Achtung' zu idg. *ais- 'ehrfürchtig sein, verehren'. Dieser liegt den altital. Mundartformen erus, aim 'den Göttern' voraus, ebenso dem gr. atdomai 'scheue, verehre', aidos (αΙδώς) 'Ehrfurcht, Scheu', tochar. yase 'Achtung, Furcht', mit Tiefstufe griech. hierós (Ιερός) 'heilig', aind. ide 'verehre, preise, flehe an'. Ahd. èra 'Lob, Würde, Vorrecht' ist noch kultisch-religiös. Notker um 1000 zeigt Umbruch zum SittlichGuten. Mhd. ère wird unter Einfluß von honestum, honestas Ciceros der herrschende ritterliche Wert. Elis. Karg-Gasterstädt, Beitr. 70, 308; Gertraud Müller, Beitr. 74, 314; Freudenthal, Gloria 75; E. Neumann, Festschr. K. Helm 1951, 137. Bis zu einem etruskischen Gott geht G. Must zurück PMLA 1961, 326. Ehrenhandel m. geht als Studentenwort von Jena 1798 aus: Zeichn. v. Jena 167. Literarisch seit Gotter Ged. 3 (1802) 182. Ehrenmann m. vir honestus erscheint seit Ende des 15. Jh. in Schweizer Quellen (DWb. 2, 63) und verbreitet sich von da (Schweiz Id. 4, 252) zunächst nach Süddeutschland (Murner 1512 Narrenbeschw. 13, 74), fehlt aber z. B. noch in der Lutherbibel. Ehrenpreis m. heißt die Rachenblütlergattung Veronica zuerst im Schwyzer Arzneibuch des 15. Jh. (Schweiz. Id. 5, 795). 1500 folgt des Straßburgers Hier. Brunschwig Kunst der Destillierung 43 b ; die schwäb. Zeugnisse setzen mit Leonh. Fuchs 1543 Kräuterb. 59 ein. Seitdem allgemein; auf Entlehnung aus dem Nhd.
Ei
beruhen nnl. ereprijs, dän. cerenpris, schwed. ärenpris (dies seit 1578). Gleiches Lob klingt aus den Namen E h r e n k e r z e , - w e r t , G r u n d h e i l (seit 1500), H e i l allen S c h a d e n , H e i l (Trost) aller W e l t , M a c h t h e i l , HU de w'angt (Siebenbürgen), dai wäre krüt (Schleswig), Siä up un gâ weg. Es gilt der Kraft der Pflanze, Hexen zu vertreiben, den Blitz abzuwehren, Wunden und die Pest zu heilen: Marzeil 1930 Handwb. d. dt. Aberglaubens 2, 594f. ehrenrührig Adj. Wie b a u - , f u ß - , k n i e fällig ältere Part, auf -ende ersetzen, so steht in spätmhd. erenrüeree 'an die Ehre rührend' (Grimms Weistümer 1, 489) -ig für urspr. -ende. Ehrensold m. zuerst bei Dan. Gg. Morhof 1682 T. Ged. 129, von Campe als Ersatz für H o n o r a r empfohlen (Wb. zur Verd. 1813 S. 353). Von Jean Paul seit 1793 Grönl. Proz. 62 viel gebraucht, von Wieland im T. Mercur, März 1797 aufgenommen. Ehrfurcht /. ist aus dem seit Melanchthon nachgewiesenen Adj. e h r f ü r c h t i g spät rückgebildet, offenbar um den Begriff des lat. reverentia zu decken. Das seit Frisch 1741 gebuchte Subst. ist nicht vor Chr. Gryphius 1698 Poet. Wälder 303 zu belegen: D. Nichtenhauser 1920 Rückbildungen 25. Ehrgeiz m. Für mhd. ër(en)gîtec 'ambiliosus' setzt Luther GaL 5, 26 ehrgeitzig, mhd. ërgîtecheit (Lexer 1, 631. Nachtr. 155; H.Fischer 1908 Schwäb. Wb. 2, 798) spiegelt 1529 sein ehrgeüigkeit Weish. 14,18, doch ist auch die seit Henisch (1616) gebuchte Kürzung E h r g e i z bei ihm schon vorhanden: Ph. Dietz 1870 Wb. zu Luthers Schriften 1, 487. Vgl. Geiz. Ehra s. Ähren. ei als Ausruf der Verwunderung, der Freude und des Spotts, mhd. ei, führt auf idg. *ai als Ausruf. Ebenso aind. ai bei Anruf, Anrede und Sichbesinnen, awest. äi bei Anruf vor Vokat., gr. al, al bei Verwunderung, Staunen und Schmerz, lit. eï 'Ausruf der Warnung', russ. ej. Im Ablaut hierzu ahd. mhd. », dem sich lat. ei 'ach', air. he he 'gut so', aind. e als Ausruf der Anrede, das Sichbesinnens usw. vergleichen. Dem erweiterten, schon mhd. eia entspricht gr. εΤα 'wohlan, frisch'; daraus entlehnt gleichbed. lat. eia. Ei n. Mhd. ahd. asächs. mnd. mnl. nnl. et, ags. mg, anord. egg (von da entlehnt engl, egg), schwed. ägg, dän. ceg, got. *addja (erschlossen aus krimgot. aia 'ovum ) führen auf germ. *ajjaz; -««-Stamm ist durch die Mz. ahd. eigir, ags. mgru erwiesen. Außergerm, kommen am nächsten gleichbed. aslav. ajiee, serb. jáje, russ. jajcó. Ferner stehen akorn. uy, bret. ui neben vi, kymr. ihy (gesprochen wt); lat. övum, gr. φόν. Wahrscheinlich besteht Verwandtschaft mit idg. *auei- (lat. avis, awest. vìi, aind. vih) 'Vogel', doch läßt sich nicht ent-
Eibe
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Eichhorn
scheiden, ob der Vogel als 'Eiertier' benannt ist Eiche f . Die Eiche war für alle Germanen außer oder das Ei als 'das vom Vogel Gelegte*. — Die den Goten und Isländern der hervorragendste Lautgeographie von 'Eier' bietet der Dt. Sprach- Waldbaum, in ihrer Mächtigkeit und fast unbeatlas. S. D o t t e r . grenzten Lebensdauer (Plinius Hist. nat. 16, 6) Eibe /. Ahd. iwa, mhd. mnd. Iwe, mnl. nnl. i j f , ehrwürdig und (wie die Donareiche bei Geismar, ags. iw, engl, yew, anord. yr 'Taxus boccata L.' die Bonifaz 725 fällen ließ) den Göttern verNeben den «c-Formen stehen solche mit einem bunden. Ihr Name germ. *aiks f . m. zeigen (wie in J u g e n d , s.d.) jüngeren Velar: Schweiz. anord. nnl. eik, ags. äc, engl, oak, afries. asächs. iche, ige, ahd. iha F. igo m., asächs. Ich, ags. mnL èk, ahd. eih (ΛΛ). Außergerm. Verwandte i(o)h 'Eibe'; dieser Unterschied geht auf ver- sind lat. aesculus 'Bergeiche' (aus *aigsklo-, schiedenen Ausgleich unter den Kasus aus Endung nach populus, ebulus), gr. αίγίλωψ 'eine Unterschieden im Ablaut und im grammatischen Eichenart', atysipos 'Schwarzpappel', κράτWechsel: *íhwa: *ig.wa zurück, vgl. H. Hehn, aiyos, κρατ-αιγών 'eine Baum art'. Hoops 1913 PB Beitr.71 (1949) 364. Daß mhd. iwe und anord. Reallex. 1,520; F. Specht 1944 Zs. f. vgl. Sprachf. yr 'Bogen', schwäb. aib 'Armbrust' bedeuten, be- 68,196. Zum Bedeutungswandel bei Baumnamen ruht darauf, daß man seit der Steinzeit das Holz s. Buche. zum Bogen von der Eibe genommen hat, vgl. Eichel /. Ahd. eihhila, mhd. eichel, mnd. ekel, anord. yr 'Eibe, Bogen', H. Fischer, Schwäb. mnL eikel sind Demin. zu Eiche (bes. deutlich Wb.2 (1908) 554; J. Hoops 1913 Reallex.l, in schwäb. Eichele) und bed. urspr. 'das Junge 617 ff. P. Thieme, Akad. d. Wiss. Mainz, geistesw. der Eiche' (wie obd. Dieterle der Sohn, NachKl. 1963,11,550. Der kultisch bedeutsame Baum komme eines Dieter ist). So ist mhd. büechel war einst bei uns so häufig, daß er Cäsar auffiel: 'Buchnuß' zu Buche gebildet. Ahd. armilo Uno, cuius magna in Gallia Germaniaque copia est 'Ärmel' und ags. ßymel 'Däumling' gehören als (Bell. Gall. 6, 31). Die in Westeuropa fast überall verdunkelte Deminutiva zu ahd. arm und dümo. altheimische Eibe fehlt östlich einer Linie von Eichelhäher s. Häher. den Alands-Inseln zur Donaumündung, greift eichen schw. Ztw. 'amtlich abmessen, prüfen'. also nur wenig über die Buchengrenze nach Osten. Spätmhd. iehen, mnd. mnl. iken sind trotz der Lett, ive, apreuß. iuwis 'Eibe' sind dem Mnd. späten Bezeugung vor der hd. Lautversch. als entlehnt. Das urverwandte tschech. fiva, mund- westgerm. *lkön aus gleichbed. spätlat. aequäre artl. iva, hat unter dem Einfluß der dt. Nachbarn (Corp. Gloss. Lat. 5, 503. 620; Corasen, Spr. d. die Bedeutung 'Eibe' angenommen, urspr. aber Etrusker 1, 693) entlehnt. Lat. ae ist dabei 'Weide' bedeutet (zum Bedeutungswandel vgl. (anders als im noch älteren Lehnwort Kaiser) Buche). Den Eibennamen haben die Germanen behandelt wie lat. ê (vgl. Pein). Entspr. ist afrz. nur mit den Kelten gemeinsam: gall, (inschriftl.) essever 'eichen' aus *exaequäre entwickelt (Thoivos (das in frz. if fortlebt), ir. eo, kymr. yw(en), mas, Mèi. 72). Eichen ist vorwiegend ein Wort akorn. hiuin, bret. win 'Eibe' führen auf urkelt. des Nordens und Westens. Alem. gilt sinnen *iu-os. Urverwandt sind femer gr. οίη (aus (s. d.), schwäb. p f a c h t e n (zu lat. pactum), *öiuä) 'Vogelbeerbaum' (s. Eberesche), lat. österr. a b h a i m e n , zimentieren. Aus p f a c h wt« 'Traube', arm. aigi 'Weinstock', lit. (j)ievd, ten hat spätmhd. ichien sein t bezogen. lett. iêva 'Faulbaum', russ. iva, serbokroat. iva Eichhorn n. Sciurus vulgaris hat als ausge'Weide'. Demnach haben *ôiuâ, *avuä, *ïyâ sprochenes Waldtier einen idg. Namen, der sich Gewächse bezeichnet, die durch ihre Beeren auf- urkelt. *vèoer, lat. viverra, lit. voverl (aus *voifallen. In der Bed.-Entfaltung spielt die Farbe ver), lett. vivere (aus *vö-ver), apreuß. venare, des Holzes eine Bolle: Eibe und Weide haben im altruss. vêveriea, ngr. βερβερίτζα, npers. varAlter rotbraunen Kern, auch das Holz des Faul- varah usw. ergibt, die ζ. T. auch 'Frettchen, baums ist gelb oder rot. Männchen von Iltis oder Marder' bedeuten. Er Eibisch m. nxhd. ibische, ahd. ñisca f . 'Althaea ist redupliziert wie Biber (s. o.) und viele Tierofficinalis L.' (s. Althee). Einen kelt. Namen namen in Kindermund. Der einfache Stamm ist der Heilpflanze hat Vergil in der Poebene zweiter Teil von *aik-wernan, das sich aus anord. als lat. ibiscum aufgenommen, von da ist er durch ikorni, ags. äcweorna, âcwêrn, mnl. eencoren, mnd. Mönche ins Ahd. gelangt; auch gr. tßicnco; ëkeren, ahd. eihhumo, eihhorno (Palander 1899 stammt aus dem Lat. DeT Schleim aus Blüten, Ahd. Tiemamen 66) als germ. Form des TierBlättern und Wurzeln ist als Mittel gegen Hais- namens ergibt. Erster Wortteil ist germ, 'aikund Magenleiden beliebt geblieben, aber auch als 'Eiche'. Die Anlehnung an Horn tritt nicht vor Zierpflanze wächst Eibisch in dt. Bauerngärten: dem 11. Jh. auf; nach dem umgedeuteten Namen K. Heidt 1942 Gegenw. Kenntnis u. Anwendg. hat die Naturwiss. die ganze Familie der Hörneinheim. Heilpflanzen 39; H. Marzeil 1943 Wb. chen (Sciuridae) mit Backen-, E r d - , F l a t t e r - , Flug- und Taghörnchen benannt, wie die d. dt. Pflanzennamen 1, 229f.
Eld
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E c h s e n nach der falsch getrennten E i d e c h s e (s. d.). Vielfach gelten jüngere Namen: über die weite Verbreitung von E i c h k a t z e , - k a t e r , K a t t e i k e r s . Kretschmer 1918 Wortgeogr. 183 f.; österr. E i c h h a s e s . u . Hase. In Teilen von Hessen gilt B a u m f u c h s , nass. ΙαιίΜίχτΙ, Westerwald. kauartchn 'Konradehen'. In schwäb. E i c h h a l m , oakhirmleist H a r m (s. Hermelin) zweiter Wortteil. Schleswig-Holst. kennt nebeneinander Eckerbuck, -katt, Eekhorn, -katt, Ekenaap, Ekerken, Kadekik, Katte(i)ker, K a t t e k e ( l ) , K a t t e k e r ( t ) u . a . : O.Mensing 1, 993.3, 74. Eid m. Got. aißs, anord. eiür, ags. äß, afriea. asächs. èth, ahd. fid führen auf germ. *aißa-e, vorgerm. *ói-to-s, das in air. ôeth 'Eid' vorliegt. Bei der staatsrecht. Überlegenheit, die die Kelten zur Zeit der Abgabe von Wörtern wie A m t (s. d.) bewährt haben (Cäsar, Bell. Gall. 6, 24 fuit antea tempus, cum Germanos Galli virtute superareni), ist wahrscheinlich, daß sie ihren germ. Nachbarn auch die bedingte Selbstverfluchung vermittelt haben: C.S. Eiston 1934 The earliest relations between Celts and Germans 65 f. Zu ihr fand sich der Ausdruck s c h w ö r e n durch Bed.-Verengung eines germ. Ztw. Auf Bed.-Verengung beruht auch air. ôeth, falls mit air. ethae Htum est', gr. OITOS 'Gang, Schicksal' und aind. eia- 'eilend' zum idg. Verbalstamm *ej- 'gehen' : da hat eine Bed. 'Eidgang, Vortreten zur Eidesleistung' vermittelt; vgl. schwed. ed-gäng 'Eidablegung'. Zugehörig die schwundstufige Bildung gr.h-as 'δρκο; bei Hesych: A. Schott, Hirtfestschr. 2, S. 74f„ Nr. 124. Eidam m. 'Schwiegersohn', ahd. mnd. eidum, mhd. eidem auch 'Schwiegervater, Vater der Frau', afries. äthom, ags. aöum führen auf westgerm. *aißuma; eine idg. Bezeichnung für den Schwiegersohn fehlt. Alte und neue Anknüpfung an E i d ist volksetymologisch. E i d a m gehört zu osk. aeteis 'des Teils', awest. otto- (alta-) 'gebührender Teil', gr. αίσα 'Gebühr', ΐσσασθοα 'Anteil erlangen', bezeichnet somit den, der einheiratet und am Erbe (der Tochter) teilnimmt. Diese Bedeutung ist in heutigen Mundarten noch lebendig. Ausi, m ist erhalten wie in A t e m , B r o d e m , O d e m , voller Vokal aus frühnhd. m neu entwickelt wie in B r o s a m , P i l g r i m . Das in der Lutherbibel noch zwölfmal gebrauchte Wort ist in den Gebieten noch volksüblich, die im wesentlichen als weibliches Pendant auch S c h n u r 2 (s. d.) verwenden, nur hat von Süden her im südlichen Hess, und Südrheinfränk. jüngeres T o c h t e r m a n n (s. d.) das alte Wurzelwort verdrängt. S c h w i e g e r s o h n (s. unter S c h w i e g e r ) setzte sich in der Schriftsprache durch. F. Debus, Die dt. Bezeichnung für die Heiratsverwandschaft, in: Dt. Wortf. in europ.
Eierkuchen
Bezügen, hg. v. L. E. Schmitt 1 (1958), 31. 80. Eidechse f . Ahd. tgidehsa, asächs. tgithassa und (mit gramm. Wechsel) çwithçisa, mnd. ?gedesse, mnl. haghedisse, nnl. hagedis, ags. äpexe, engl. ask(er) erweisen den Namen als westgerm. Das erste Wortglied (germ. *agi-, *awi-, idg. iguhi-, oguhi) scheint in gr. ôphis, aind. dhi-, awest. aSi 'Schlange' wiederzukehren, im zweiten steckt (russ. wereteniea ' Eidechse' zu wereteno ' Spindel') *teks-, germ *pahsiö, ahd. *d?hsa, mhd. dähse 'Rocken'. Auf falscher Worttrennung beruht der vonJOken 1836 Nat.-Gesch. 6, 581 in die Naturwiss. eingeführte Sammelname E c h s e n m i t G ü r t e l - , J o h a n n i s - , K r ö t e n - , Meer-, R i n g e l - , S c h i e n e n - , Schön- und W ü h l e c h s e (vgl. E i c h h o r n , F a l t e r ) . In lebender Volkssprache ist das Wort E i d e c h s e unter Anlehnung an Glas, H a g , H e c k e , H e i d e , O c h s e , ö l , Reh u. v. a. Wörter in unzählige Spielformen zersplittert: tirol. hegedex, egerex, schles. heidox, edox, henneb. âderse, ederessle, hêdeSe usw. Den Reichtum entfalten für Schwaben H.Fischer 1908 Schwäb. Wb. 2,562, für Baden E. Ochs 1940 Bad. Wb. 1, 638ff., für die Niederlande Franckv.Wijk 1912 Etym. Woorderib.22b. Seltsam treffen in einem andern Namen der Eidechse zusammen fränk.-henneb. firchebè, dän. firebeen, schwed. fyrfota altmärk. fërfôtS, ostfrz. eatrepiS aus spätlat. quadrwpedia (Corp. gloss. Lai. 3, 188). Vgl. D e c h s e l . Eider, E i d e r e n t e /. Idg. *ëli- als Vogelname, in Ablaut mit gr. ώτίζ 'Trappe' ist zu erschließen aus aind. SM- f . 'ein WasservogeP und germ. *êÔï-, nordgerm. *ââî- in anord. mör f., à darf vgl, das zum Namen von Somateria moüissima wird, die an den nördl. Küsten Europas häufig ist. Isl. ëèpr, Gen. Spar (gesprochen aiOar) gelangt gegen Ende des 17. Jh. durch den Daunenhandel nach England, Holland, Dänemark und Deutschland: engl. eider(-duek, -down), nnl. eider (-dans, -eend, -gans,-vogel), dän. ederdun, -fugl, nhd. eider, eidergans seit Klein 1750 Hist, avium prodr. 130. Belege für E i d e r d a u n e seit 1717 s. D a u n e . Eierkuchen m. Das flache, pfannenrunde Gebäck aus Eiern, Milch und etwas Mehl heißt nordd. meist E i e r k u c h e n (spätmhd. eierkuoche, nnl. eierkoek, anord. eggjakaka, dän. äggekage), südd. vorwiegend P f a n n k u c h e n . Urspr. gingen beide Wörter nebeneinander her, wobei E. das zumeist aus Eiem hergestellte Gebäck meinte, P. auf stärkeren Zusatz von Mehl zielte. Von Ostmitteldeutschland und Berlin aus ist P. zum Namen der kugelförmigen (gefüllten) Krapfen aus Hefenteig geworden. Österreich und die Schweiz bevorzugen das frz. O m e l e t t e . Die mit Hefen gebackenen, dünnen, gerollten Buchweizenkuchen heißen ostd. P l i n z e , F l i n s e u . a . nach
Eierstock
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gleichbed. russ. Minée, Demin. zu Min. Ein dickerer Eierkuchen nordd. P u f f e r ; wien. P a l a t s c h i n k e n s . d . und Kretschmer 1918 Wortgeogr. 184ff. 605. Eierstock m., seit Siber 1679 Gemma 41 und Ulsheimer 1600 Reise (Alemannia Bd. 7) S. 116, für lat. ovarium. Eiertanz m. zuerst bei Goethe 1796 Wh. Meisters Lehrjahre II 8 und III 6 von einem ital. Kunsttanz zwischen ausgelegten Eiern. Als festlicher Volkstanz am Ostermontag im 19. Jh. aus obd. Landschaft beigebracht: M. R. Buck (f 1888) bei H. Fischer, Schwab. Wb. 2, 568. Übertragen steht der Ausdruck von einem, der sich mit schönen Worten um heikle Dinge herumdrückt, wie frz. il passerait sur des œufs sans les casser. Eiler m. Zuerst erscheint das M. eifrœr 'zeloies' bei Konrad v. Megenberg 1349 Buch d. Natur 237. 286, der subst. Inf. eifern n. 'Eifersucht' bei Hans Vintler 1410 Blume d. Tugend 8589; yfer bei Brant 1494 Narrensch. 89,19 steht für yferer 'Eifersüchtiger'. Das M. eiuer nicht vor Luther, der sich der Neuheit bewußt ist: zelus Neyd . . . haß invidia est, Eyfer transtulimus, sed nuperum voeabulurn est Weim. Ausg. 14, 696. Er verwendet E i f e r und seine Sippe über neunzigmal in der Bibelübersetzung, während die BasleT Bibelglossare von Petri u. Wolf 1623 ihren Lesern Luthers Eyffer mit ernst erläutern. Als Bibelwörter erscheinen nd. dän. schwed. iver, nnl. ijver. In mhd. Hfer erkennt W.Schulze 1935 Zs. f. vgl. Sprachf. 62,198 Substantivierung des Adj. ahd. eivar, eibar, ags. äfor 'herb'. Dies mit lat. aibrumas 'Sodbrennen' zu *aibhro- 'scharf, herb', einer Erweiterung der idg. Wurzel *ai- 'brennen', s. eher. Eifersucht /. Nachdem E i f e r zugunsten seiner heutigen Bed. die ursprüngliche 'Eifersucht' aufgegeben hatte, rückt in diese die verdeutlichende Zus.-Setzung eyffersueht nach, zuerst bei Sachs 1633 Fabeln 36,117 (nie bei Luther). Daß damals das Wort noch im Werden ist, zeigt Herold 1642 Christi. Ee Institution 155 ,,νοη der torechten sucht ('Krankheit') des eifers". E i f e r s ü c h t i g kaum vor Stieler (1691) 2016. Nnl. ijvemuM (17. Jh.), ijverzuchtig (18. Jh.) stammen aus dem Nhd. — Κ. v. Bahder, Zs. f. hd. Ma. 1, 300; Idg. Forsch. 14, 261; M. Grzywacz 1937 „Eifersucht" in d. roman. Sprachen (Arb. z. roman. Philol. 42). eigen Adj. Das aus ahd. eigan, asächs. ëgan, afries. ègin, ags. igen, anord. eigenn zu folgernde germ. *aiganaz ist Part, zu einem Ztw., das im germ. Bereich als Prät.-Präs. der Bed. 'besitzen' erscheint: got. digan in gramm. Wechsel zu áih 'ich habe', anord. eiga, ags. ägan, afries. äga, ahd. eigan. Die darin bewahrte Wz. germ. *aig (aih) aus vorgerm. *aik kehrt wieder in aind. tèe 'besitzt', dessen Part, ipänd- (mit altem i) in Ab-
Eigensinn
laut zu germ. *aiganae (mit idg. at) steht. S· Fracht Eigenbrötler m. 'der sich nicht in seine Dinge hineinreden läßt, sonderlich und selbstisch ist', im 19. Jh. entwickelt aus der schwäb.-alem. Bezeichnung des Junggesellen mit eignem Haushalt, dessen Ausdruck das selbstgebackne Brot ist. Kaum vor J . Chr. Schmid 1831 Schwab. Wb. 160 „ E i g e n b r ö d l e r ( i n ) . . . unverheiratete Person, die ein eigenes Hauswesen führt". Gleichbed. daneben E i g e n b r ä t l e r Auerbach 1866 Barfüßele 64, E i g e n b r ä g l e r H.Fischer 1908 Schwab. Wb. 2, 671; E i n m ü ß l e r 'Lediger, der für sich eine eigene Haushaltung führt' Stalder 1812 Versuch e. Schweiz. Id. 1, 341 (aus Unterwaiden) ; mhd. einbrœtec 'der sein eigenes Brot ißt' Lexer 1, 522. Vgl. Gottfr. Keller, Gr. Heinr. I 18 (Ges. Werke 1, 191) „Der Bauer ist der einzige, welcher nur sein Brot als das beste erachtet und es als solches jedermann anbietet". eigenmächtig Adj., zuerst verzeichnet von Schottelius (1663) 458, zusammengebildet aus der Kennzeichnung dessen, der aus e i g e n e r M a c h t handelt; von Gottsched durchgesetzt. E i g e n m a c h t / . begegnet bei Stieler, Kant und Schiller; mit e i g e n m ä c h t i g teilt es den Beisinn des Angemaßten. In echter Volkssprache haben beide so wenig Raum wie E i g e n m ä c h t i g k e i t . Eigenname tri. Lehnübersetzung aus lat. nomen proprium, zuerst J . P. Titz 1642 Kunst hd. Verse zu machen B. 1, Kap. 1, 11 ; vorher eygene nammen Kolroß 1630, eygentliehe rumen Opitz 1636, das Eigene Gueintz 1641: R. Vortisch 1910 Gramm. Termini 46; E.Leser 1914 Zs. f. d. Wortf. 16, 43. Nomen als Fachwort der Schulgrammatik umfaßte mit Nomen substantivum und adjeäivum zugleich den Bezirk der Apellativa. Darum war es nötig, die Eigennamen als eigentliche (propria) nomina herauszuheben. Entspr. frz. nom propre. Eigenschaftswort n. wird von Adelung 1782 Umständl. Lehrgeb. 1, 278 empfohlen und gegen daa von Gottsched 1762 Dt. Sprachk.162 begünstigte B e i w o r t durchgesetzt. Der Widerspruch von Heynatz und Campe hat dem E. nicht geschadet: Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 26f. Eigensinn m. kaum vor Wieland 1766 Agathon 1, 147, vorher in zwei Worten; „eigen sinn vnd stoltzer mut" Alberus 1660 Fab. 2, 61. Rückbildung aus mhd. eigensinnec (Lexer 1, 520. Nachtr. 137), das schon im 14. Jh. vorhanden ist. Auch Blöd-, Doppel-, Hoch-, Kalt-, Leicht-, Scharf-, Tief-, Un-, Wahn-, Widersinn sind aus den entspr. Adj. rückgebildet: H. Ruppel 1911 Rückbildung deutscher Subst. aus Adj. 19ff. E i g e n s i n n i g wird landschaftlich ohne Tadel
eigentlich
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gebraucht, z.B. im Vogtland als 'selbständig denkend'. eigentlich Adv. Adj. mhd. eigenlich Adj. 'eigentümlich, ausdrücklich', eigenliche Adv. 'bestimmt' (s. eigen). Gleitlaut Í, der den Übergang von η auf l erleichtert, findet sich in (un)eigentlich schon vor 1350 in md. Texten. Allgemein fest wird er im zweiten Viertel des 16. Jh. Seither behaupten sich Formen ohne t nur im Hochalem. Entspr. Entwicklung zeigen bescheidentlich, freventlich, geflissentlich, (angelegentlich, morgendlich, namentlich, öffentlich (un-)ordentlich, vermessentlich, vollkommentlich, wesentlich und wöchentlich: H. Paul, Dt. Gramm. 1 (1916) 327. Heute wird das Adj. nur attributiv gebraucht; es bedeutet, daß das Wort, dem es beigefügt wird, im genauen Sinn zu nehmen ist. Das Adv. bedeutet 'im eigentlichen Sinne des Worts, der Sachlage gemäß, im Grunde', früher auch 'genau'. Eiland n. Das oben behandelte Au /., das in ags. èg und in Zus.-Setzungen wie Auster-, Scadinavia 'Insel' bedeutet, geht im Afries. diegleichbed. Verbindung eiland ein. Von da stammen anord. eyland, ags. ëglond, mnl. eilant (d), mnd. eiiant. Seemann, öland 'Insel' schon 1292 im Ältesten Hamb. Schiffrecht § 12. Mhd. einlant, das durch Assimilation spätmhd. eiiant ergab (Lexer 1, 626. Nachtr. 138), ist fernzuhalten: es war längst ausgestorben, als im 17. Jh. durch küstennahe Schriftsteller und durch Reisebeschreibungen Eiland in unsere Literatursprache eindrang: Kluge 1911 Seemannsspr. 206f. Eilbote m. Spätahd. ileboto (Ahd. Glossen 4, 164) war längst vergessen, als seit Kindlebens Stud.-Lex. (1781) und Schubart 1789 Vaterl. Chron. 349. 641 E i l b o t e für das frz. Courier eingeführt wurde: Feldmann 1909 Zs. f. d. Wortf. 11, 106; Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 26f., wo auch Campes Eilpost (für frz. diligence) gewürdigt wird. Eil-, Schnellreiter konnten sich daneben nicht behaupten. Dem erfolgreichen Ersatzwort folgt E i l b r i e f , das Jahn 1835 Werke 1, 443, 623 für älteres Expreßbrief vorschlägt. Durchgesetzt hat es Reichspostmeister Hnr. Stephan durch Verfügung vom 21. Juni 1875. eilen schw. Ztw., mhd. mnd. mnl. ilen ahd. lien, Ulan, asächs. ïlian, anfr. lion, nnl. ijlen führen auf westgerm. *iljan 'schnell gehen'. Gleichbed. dän. ile, schwed. ila sind aus dem Mnd. entlehnt. Zum Ztw. gehört das F. Eile, mhd. mnd. mal. île, ahd. ila, nnl. ijl 'Hast', das Adj. eilig, mhd. ïlee, ahd. ïlïg und das Adv. eilends, spätmhd. îlends, mnd. ilende(s), mnl. ijlen{d)s, nnl. ijlings. Germ. *ijilian ist IntensivBildung zur idg. Wurzel *ef- 'gehen' (in lat. ire, gr. lávai, aind. t); *φΙίδ ist gebildet wie lat. sepelid 'bestatte' zur idg. Wurzel *sep- 'etwas mit innerem Anteil betreiben, besorgen'. Die Wort-
ein
karte 'sich beeilen' von Peter Seidensticker bei Mitzka, Dt, Wortatlas II (1953) bietet zahlreiche Synonyme; dazu Zs. f. Mdafg. 1956: gefühlsbetonte Wörter. Das Schriftwort ist in den Mundarten und in der Umgangssprache nicht recht heimisch, wohl aber eilen allein: am unteren Main und in der Nachbarschaft. Auf großen Flächen gelten sich tummeln (s. d.), sich sputen (s.d.), sich plagen (vgl. Plage), sich schicken (s. d.), pressieren (s. d.). S. J a h n , J a h r . eilig Adj. 'stumpf' von Zähnen, zuerst 1587 Theatr. diab. 1, 180 „daß jm die Zeene darüber wässern vnd eylig werden", daneben Zehner 1645 Nomencl. 281 ,,dens stupidii* / Ein älger Zahn". Dazu frühnhd. ilgern 'stumpf werden'. Wohl verwandt mit ahd. ilgi 'Hunger' und lit. áOdi 'hungern'. Eilpost s. Eilbote. Eilzug m. Während Kaltschmidt 1861 Gesamtwb. 199 mit „Eilzug, ein eiliger Zug, ein schneller forcirter Marsch" einen Zug von Menschen meinen dürfte, zielt ein Brief Grillparzers vom 10. August 1855 mit Eilzug auf den Schnellzag der Eisenbahn, mit dem zugleich ihn J. Grimm im DWb. 1862 erstmals bucht. S. Kurier. Eimer m. Aus gr. am(phi)phoreús 'Gefäß, das auf beiden Seiten einen Träger (Henkel) hat' ist als Buchwort lat. amphora entleimt. Daneben steht (mit der altlat. Aussprache des gr. φ, die im Volkslatein erhalten blieb, s. E l e f a n t ) lat. ampora, dessen Demin. ampulla 'Flasche' fortlebt. Das Volkswort, das die Germanen mit der Sache kennenlernen, wird in einer roman. Form mit b und Wandel zum Mask, entlehnt und ergibt ahd. arribar, ags. amber, ambor. Bestätigt wird diese Form, die in österr. amper fortwirkt, durch die gleichbed. Ableitungen ahd. ampri «., ags. tmbren sowie durch die aus dem Germ, entlehnten urslav. * pioni, aruss. uborük, poln. wçborek und das aus dem Slav, stammende apreuß. wumbaris. Die jüngeren Formen ahd. etm-, einbar, asächs. êmbar beruhen auf volksetym. Anlehnung an ein und bëran 'tragen', vollzogen, nachdem sich die zweiohrige Kruke zum Kübel mit Henkel gewandelt hatte (s. Zuber). Weiterhin ist mb zu mm assimiliert (mnd. mnl. emmer) und (wegen des vorausgehenden Diphth.) zu m vereinfacht worden. Dän. ember, schwed. ämbar sind vor jener Assimilation aus dem Mnd. entlehnt. Wie lat. amphora war Eimer von vornherein auch Flüssigkeitsmaß; in den Alpenländem ist diese Bed. heute die wichtigste. Umgangssprachlich wird das Gebiet des Wortes bedrängt von B ü t t e und K ü b e l : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 186. Andere Herleitung: Dt. Wortforschung III 381. ein Das gemeingerm. Zahlwort für eins (ahd. mhd. ein, asächs. en, afries. ags. an, anord. einn, got. aims) entspricht dem gleichbed. alat. oinos.
einander
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lat. ünus, air. óen, aslav. inü, lit. vimos, apreuß. ains; aind. ena- 'er, dieser, jener*. Zum Pron.Stamm idg. e-, i-, Dazu gr. dial, oinôs 'ein' und oine 'Eins a.uf dem Würfel, As'. Zum unbest. Art. ist schon ahd; et» abgeschwächt, engl, hat dieser in e(n) eigene Formen neben dem Zahlwort one. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie von 'ein', 'eine'. einander In der Zusammenstellung mit andar bewahrt ahd. ein die unflektierte Form: ein aftar onderemo giang Otfrid 3, 17, 45. Aus Fügungen mit Dat. oder Akk. Plur. (also ungelih sint sie alle ein anderen Notker 1, 491) geht einander hervor, dessen Erstarrung zur Formel schon im Ahd. beginnt: Behaghel 1923 Dt. Synt. 1, 409f. 447; Giulio Subak, Einander (Triest 1930). Einbaum m. Das aus einem Baum gehöhlte Boot heißt E . zuerst bei Zaupser 1789 Bair.-oberpfälz. Id., Nachlese 46. Die μονόξυλα sind bei den Nordseegermanen uralt. Sie werden als Kriegsfahrzeuge von Tacitus Eist. 6, 23 und Plinius Nat. kist. 16, 76 beschrieben (Reallex. d. germ. Altertumsk. 1, 637) und heißen ahd. einboumlg seif Ahd. Glossen 4, 205, anord. askr, eikja, ags. än-byme sap, mnd. ehe, nd. bömschipp: Kluge 1911 Seemannsspr. 207; Schweiz. Id. 4, 1234. Im Gebrauch sind Einbäum e im dt. Sprachgebiet auf dem Aegerisee in der Schweiz und dem Mondsee im Salzkammergut: Mitzka, Dt. Bauern- u. Fischerboote 1933. Einbeere f. Name der Paris quadrifolia unserer Wälder, die eine einzige (giftige)Beere trägt: ahd. einber{e) Zs. f. d. Wortf. 3, 285; mhd. ein-, embere, dän. etbœr, engl, one-berry. Bei Stieler 1691 und Steinbach 1734 aus ostmd. Ma. Sodann erhält der nord, und nd. Name des Wacholders (anord. einir, schwed. en, nd. êneke, ënke, germ. *jainia- zu *ioinio- in lat. iüniperus) den verdeutlichenden Zusatz Beere, die Wortkarte 'Wacholder' von Margarete Reetz bei Mitzka, Dt. Wortatlas (1953) zeigt ein Gebiet mit Einbeerbusch an der ostpommerschen Küste. Die nd. Vorkommen deuten auf Entlehnung in schwedischer Zeit. einbilden schw. Ztw., mhd. ïnbilden, danach nnl. inbeeiden, dän. inbilde, schwed. inbiUa: kommt Ende des 13. J h . auf als Wort der Mystiker (wie E i n f a l l , e i n l e u c h t e n , E i n s c h l a g u. a.). Ausgangsbed. ist 'in die Seele hineinbilden', in häufigem kirchl. Gebrauch verblaßt zu 'einprägen, vor die Vorstellung bringen', seit Luther 'eine irrige Vorstellung beibringen'. Entsprechend unter Einfluß des frz. s'imaginer, se figurer sich einbilden 'sich vorstellen', später 'wähnen', besonders 'eine (zu) hohe Meinung von sich haben'. Das Part, e i n g e b i l d e t kann außer der gewöhnlichen pass. Bedeutung (eine eingebildete Krankheit) auch akt. Sinn haben: der eingebildete Kranke (nach Molières Malade ima-
einfriedigen
ginaire), ein eingebildeter Mensch (wie: ein gelernter Arbeiter, der Studierte, ein Bedienter). — Einbildung f., mhd. inbüdunge, geht etwa den gleichen Weg. Ohne Tadel bleibt E i n b i l d u n g s k r a f t , das seit dem 17. J h . für lat. vis imaginaiionis steht. S. P h a n t a s i e . einbiegen s. vorsagen. Einblick m. mhd. Inblic, dän. indblik: bei den Mystikern im Sinn des lat. iniuitus, z. B . Hnr. Seuse 11366 Dt. Schriften 20 Bihlmeyer: m tu einen frœlîchen inblic in dich. Auch seither mit Vorliebe von geistigem Erfassen. Eindruck m. Schon das Alte Test, braucht den Vorgang des Siegeins als Bild für die unio mystica; aus Cant. 8, 6 übernimmt ihn Apokal. 5, 9. 9, 4. Plato und Aristoteles vergleichen das Beharren von Vorstellungen im Gedächtnis dem Verbleiben eines Siegelabdrucks im Wachs. Von den Stoikern übernehmen Cicero und Augustin impressio, das samt seinen roman. Folgeformen das dt. Wort beeinflußt. Mhd. indruck, neben ingesigel häufig bei den Mystikern des 14. Jh., geht von der rein sinnlichen Bed. aus. In nicht-mystischer Sprache tritt es bis 1700 zurück, wird dann von den Pietisten belebt und erst von ihnen aus in weltl. Sprachgebrauch überführt: G. Lüers 1926 Sprache d. dt. Mystik 201; H. Sperber 1930 Dt. Vierteljahrsschr. für Lit.-Wiss. 8, 608; Dt. Wortgesch. 1, 208. 235. 263. 260. 2,107. einfach s. - f a c h . Einfall m. 'unerwarteter Gedanke', mhd. invai seit den Mystikern des 14. J h . (Lexer 1, 1445; DWb. 3, 170). Das Ztw. invallen in entspr. Sinn, bei dem Lehnübersetzung aus lat. incidere vermutet werden kann, kaum vor 1600: Weißbrodt 1914 Zs. f. d. Wortf. 15, 290. Einlalt f. Ahd. einfatii, got. ainfalßei, Abstrakta zum Adj. ahd. einfall, got. ain-falps, dies vielleicht Lehnübersetzung von lat. simplex, offenbar von frühen Glaubensboten vollzogen. Zur späteren Bed.-Verschlechterung vgl. albem, eitel, gemein, gewöhnlich, mäßig, schlecht. Der zweite Wortteil ist urverwandt mit gr. -paltos in dlpaltos 'zwiefach'. Einfaltspinsel s. Pinsel. EinfluJi m., mhd. învluç, nnl. invloed, dän. indflydelse, schwed. inflytelse. Bildliches influere in ánimos bei Cicero, influence in astron. Sinn 13. J h . bei Jean de Meung, influxus in religiöser Bed. bei Thomas v. Aquino. Dessen Satz Opuse. 70: Lux influxa divinitus in mentem est lux naturalis führt zugleich zu A u f k l ä r u n g , s.d. und Dt. Wortgesch. 1, 208. 235. 257; K. Heisig, PBBeitr. 86, 338: Lehnübersetzung aus kirchenlat. influentia. einfriedigen Ztw. Zu mhd. vride 'Umzäunung' (s. F r i e d h o f ) gehört mhd. (be)mden, frühnhd.
Eingang
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levridigen. Dafür dringt seit 1772 (Bode, Klinker 3, 31) e. von Norddeutschland ein. Eingang m. mhd. inganc, nal. ingang, dän. indgang, schwed. ingdng: Lehnübersetzung des lat. inlroitus. Aus dem 'Hineingehen' als Handlung ist die 'Stelle, an der man ins Haus, in den Saal geht' geworden, neuerdings auch die 'Gesamtheit der eingegangenen Geschäftssachen, Mannschaften' usw. Vgl. Zugang. Eingeweide n. mhd. frühnhd. ingeweide, mit in 'innerhalb' verdeutlicht aus mhd. gweide; dazu ausweiden 'die E. ausnehmen', weidwund 'ins E. getroffen'. Wie diese ist E. ein altes Jägerwort ; es bezeichnet urspr. das Gekröse des erlegten Wildes, das die Meute bekommt. S.Weide 2 und Wunderlich 1911 DWb. 4, 1, 3, 5430; Fowkes, Journ. of E. a. Germ. Ph. 1963, 478. einhändigen schw. Ztw. 'überreichen' : Kanzleiwort des 17. Jh., nicht vor 1618 nachgewiesen (Londorp 1622 Acta publica des Teutschen Krieges 1, 375 b ), gebucht seit Duez 1664. Aushändgien erscheint erst seit Zesen 1646 Adr. Rosemund 19 Ndr., b e h ä n d i g e n ist älter: Luther verpönt es 1623 Vorr. zu den 6 Büchern Mosis als „von der herrn Canceleyen, lumpenpredigem und puppenschreibern neu erdichtet", gleichwohl ist es in der Wetterau schon 1484 vorhanden. Mhd. galt gleichbed. bebenden, Zutat der Kanzlei ist -igen (vgl. beherzigen). Bei einhändigen mag die Endung begünstigt sein durch das Adj. einhändig 'manui insertus' das seit 1668 in Fügungen wie, .einem etw. zustellen u. inhändig machen" bezeugt ist. Schwed. inhändiga bed. seit dem 18. Jh. 'in die Hände bekommen' : Impiwaara 1934 Annales Acad. Scient. Fenn. Β 30, 323 ff. einhellig Adj. spätmhd. einhëllee 'übereinstimmend': aus ahd. einhêl(li) Adj., das seinerseits aus der verbalen Formel in ein hüllen (so bei Notker) abgeleitet ist. S. hell und mißhellig. Einhorn «., mhd. einhorn, -hurne, -hürne, ahd. einhurno 'Nashorn', ags. ârihorn{a) m. neben öwhyrne dèor. Dafür im dt. Südwesten E i n g e h ü r n , frühnhd. eitikürn; ein Schwabe heißt 1283 Hainricus dictus Einkurne. Lehnübersetzung des 9. Jh. für lat. unicornis m., achtmal im Alten Testament für gr. μονόκερως 'Rhinozeros'. Entsprechend engl, unicorn, frz. unicorne, bret. akom. uncorn, kymr. ungorn. einig Adj. ahd. einag, ags. sènig, anord. einigr 'einzig, allein'; Ableitung von ein. — einigermaßen Adv. kaum vor Leibniz 1699 Dt. Schriften 2,122, doch begegnet noch tief im 18. Jh. einiger Maßen als Gen.-Formel in zwei Worten, ζ. B. Heister 1739 Chirurgie 7. Einkorn n. Triticum monococcum ist seit der jüngeren Steinzeit eine der wichtigsten Getreidearten Mitteleuropas, die sich ζ. B. in Thüringen und Schwaben bis heute als Winterfrucht ge-
Einsiedel
halten hat. Den Namen ahd. einkorn. ein(a)chorn(o), einlcume (Zs. f. d. Wortf. 3, 286), mhd. einkorn trägt diese Dinkelart daher, daß man ihr nur ein Kom in jeder Hülse zuschrieb. einleuchten Ztw. 'als Licht in etwas dringen'. Die Mystiker des 14. Jh. brauchen inliuhtunge f . 'Erhellung' (Lexer 1,1437), S. Franck einleucht e n d (H. Fischer 2, 626. 6, 1806.1811) im Sinn religiöser Eingebung. Die Pietisten beleben diesen Gebrauch (Sperber 1930 Dt. Vierteljahrsschr. für Lit.-Wiss. 8, 608), ins Weltliche wenden ihn Lessing (Vorr. zum Laokoon 1766) und Wieland (DWb. 3, 227). einmütig Adj., begegnet seit Hans Sachs 1636 (Fastn. 8,128) häufig. Einöde f . Ahd. einöti n., asächs. mòdi, ags. änad sind zu ein 'einsam, allein' mit Suffix ahd. -öti, germ, -ôdus (got. mannisködus 'Menschlichkeit'), vorgerm. -ätus (lat. magistr-, sen-ätus) gebildet, vgl. A r m u t , H e i m a t . In mhd. Zeit ist eincete durch Anlehnung an Öde zu einœde geworden. Die Volksetymologie hat auch das Genus bestimmt und die Bed. umgefärbt. einsam Adj. im 16. Jh. zu mhd. ein 'allein' mit der Endung -sam (s. d.) gebildet, wobei als Vorbild namentlich das schon ahd. gimeinsam dienen konnte. Luther verwendet einsam zwanzigmal in der Bibel, auch für 'unverheiratet', und führt es damit in die nhd. Schriftsprache ein. Unter deren Einfluß stehen nl. eemaam, dän. ensom, schwed. ensam, die z. T. bodenständige Bildungen verdrängen oder umgestalten: älter dän. ensarnen, anord. einn saman (einn samt), später einnsamann, einn samoli, norw. mundartl. eismall. — E i n s a m k e i t f . zuerst in Wbb. des 15. Jh. für lat. sölitüdo; danach nl. eemaamheid, dän. ensomhed und schwed. emsamhet. Es fehlt in der Lutherbibel. eingehen st. Ztw., eigentl. 'in etwas hineinsehen', übertragen 'verstehen, erkennen'. Mhd. însêhen, Lehnübersetzung des lat. inspicere (Zs. f. dt. Wortf. 3, 226), verwendet Joh. Tauler im Sinn religiösen Erkennens. Dieser Gebrauch, selten bei Luther (Ph. Dietz Wb. zu Luther) wird von Pietisten belebt: Dt. Vierteljahresschr. f. Lit.-Wiss. 8 (1930) 506f. einseifen schw. Ztw. 'betrügen', zu jidd. sewel 'Dreck': Wolf in Muttersprache 1956, 68. Einsieht f., nicht vor J.C.Günther 1719 Sämtl. Werke 6, 96 Krämer nachgewiesen, noch 1765 von Aug. Domblüth, Observationes 66 bekämpft, in der Zwischenzeit aber durch fromme Dichter wie Tersteegen im Sinn des Erkennens religiöser Wahrheiten eingebürgert, von Kant und Goethe ins Weltliche gewendet. Einsiedel m. ahd. einsidilio zu ahd. sedal 'Sitz' (s. u. siedeln). Lehnübers. von gr.-lat. monachus
einst
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(s. Mönch). Zu E i n s i e d l e r (spätmhd. einsiäelœre) s. Behaghel 1901 Zs. f. d. Wortf. 1, 64. einst Adv. (in den Ma. dafür einmal) ahd. eines, ags. sënes: adv. Gen. zn ein, wie ander(e)s "zum zweitenmal' zu ander. Schon bei Notker steht éinêst; einest ist noch Luthers Form. In e i n s t m a l s für älteres einsmals, mhd. eines mâles, liegt sekundäre Vermischung vor, ebenso in derm a l e i n s t aus mhd. der male eines: Paul 1916 Dt. Gramm. 1,328; W. Horn 1923 Sprachkörper 114; R. Glasser 1940 Idg. Forsch. 57,186f. Eintagsfliege f . tritt im 18. Jh. als Lehnübersetzung von gr.-lat. ephemera auf, wird 1774 und noch 1793 von Adelung getadelt, aber von Grammatikern wie Heynatz 1796 Antibarb. 1, 348 und Schriftstellern wie Jean Paul 1796 Siebenk. 3,677 durchgesetzt. Eintracht f . Zu t r a g e n in Wendungen wie over ein dragen 'übereinstimmen' gehören mnd. eindracht und eindracMich, die als eintrahi und eintrehtec bei md. Schriftstellern der nachklassischen Zeit auftreten. E i n t r ä c h t i g sind zwei, die Wasser an einer Stange tragen. Luthers eyntrechtig wird in Ecks und der Zürcher Bibel durch einerlei Sinns ersetzt: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 100. Vgl. Z w i e t r a c h t . Eintrag m., frühnhd. intrag (J. Geiler v. Kaisersb.), eintraeht (Luther) 'die in den Aufzug am Webstuhl eingebrachten Querfäden', wie sonst Einschlag. In dt. Rechtssprache seit 1388 'die in die Beweisführung des Gegners eingeworfenen Einreden, -wände', daher 'Abbrach, Nachteil'. Hierzu b e e i n t r ä c h t i g e n s.d., E i n t r a g t u n war Rechtsformel im Sinn von 'widersprechen'. Unabhängig davon ist E i n t r a g seit dem 16. Jh. 'was Fleiß ins Haus trägt, Ertrag, Einnahme, Gewinn', dazu e i n t r ä g l i c h 'gewinnbringend', zuerst in Köln 1336. eintreiben s. beitreiben, elntriehtern s. Trichter, einwecken Ztw. Den oberbad. Familiennamen Weck (urspr. Übernahme eines Bäckers, wie Fiad, Hebel, Hornstoff, Stoll) trug der öflinger Fabrikant, der 1894 ein Verfahren, Obst, Gemüse und Fleisch keimfrei einzukochen, erfand. Die von seiner Firma hg. Zeitschrift 'Frischhaltung' verwendet das Ztw. seit 1906. Einzahl f . für lat. (numerus) angularis bei Campe 1807 als dessen Schöpfung. Einsele ¡al hatten Gueintz und Schottel schon 1641 gesagt, Einzelzahl Stieler 1691: E. Leser 1914 Zs. f. d. Wortf. 15, 50. einzeln, einzig Adj. Vom Zahlwort ein ist ein seltenes Adj. ahd. einaj abgeleitet, dessen Spirans ableitend ist, wie die von emsig. Mit verwandtem Suffix ist gr. κρυτττάδιοί 'heimlich' gebildet. Zu einat; gehören mit bisher unerklärtem Sprung von der Spirans zur Affrikata mhd. eim-ec (wie
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Eisen
e i η i g), einz-el (wie 1 ü t ζ e 1), etns-eW (wie t ö r i c h t). Dieses lebt in bair. schwäb. els. eimecht fort, die beiden ersten sind schriftsprachlich geworden. Dabei hat einzel (so bis ins 19. Jh. und noch in E i n z e l h a f t , -heit) ein ausi, η entwickelt, wie alber zu albern geworden ist. Vorbild mochten bleiern, eisern, ledern sein. Einzelwesen n. schlägt Campe 1791 Sprachbereicherung 33 für lat. indwiduum vor. Früh aufgenommen von Jean Paul 1807 Levana (Werke 65,8.21 Hempel). Eis n. Mhd. ahd. asächs. mnd. afries. ags. is, mnl. nnl. ijs, engl, ice, anord. iss, Mz. tsar, dän. schwed. is führen auf germ. *isa-. Außergerm, vergleichen sich afghan, asa* 'Frost', awest. isav- Adj. 'frostig', αβχο 'Eis', pamir. tí'Kälte', osset. ι/»χ, \χ 'Eis'. Es ist nicht gelungen, die für die Frage der Urheimat wichtige idg. Wurzel »eis- an Stämme andern Sinnes anzuschließen. — Bed. 'Speiseeis' seit 18. Jh., Ssterr. gilt Gef r o r n e s (entsprechend dem itaL gelato), in der Schweiz das frz. Glace, wovon unser Eis Lehnübersetzung ist: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 188f; H. Fincke, Zs. „Süßwaren" 1968, 8. Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie von 'Eis' auf Karte 74, das Wort ist in den Mundarten weithin M. Eisbein n. Entwicklungen von zwei verschiedenen Ausgangspunkten her haben zur gleichen Endform geführt. Lat. ischia, -orum 'Hüftgelenk' (entlehnt aus gr. τ ά Ισχία, Mz. zu Ισχίον 'Hüftbein', dessen Ableitung Ischias 'Hüftweh' bei uns lebt) gelangt in die ärztliche Fachsprache und steht mit früher Umdeutung in ahd. ispein, asächs. mnd. ìsbèn, mnl. isebeen, nnl. ijsbeen, mundartL ischbeen, engl, mundartl. ice-bone, dän. isben. Die Wiedergaben schwanken zwischen Hüft-, Schamund Sitzbein. Im Nhd. begegnet dieser Name eines Beckenknochens seit Begardi 1539 Index sanü. 27". Die Herkunft hat schon Frisch 1741 richtig erkannt. — In heutiger Umgangssprache ist Eisbein 'Schienbein des Schweins'; alte Zeugnisse für diese Bed. fehlen. Mit dem ansitzenden Fleisch gilt norddt. Eisbein für ein Gericht, das md. Schweinsknochen, bair.-österr. Schweinshaxen, in Teilen der Rheinpfalz Bisknochen, im Südwesten Schweinsfüße heißt: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 189f. Nur für diesen Knochen trifft die von Sperber 1914 Wörter u. Sachen 6, 61ff. gegebene Deutung zu: aus dem 'Eisknochen' wurden Schlittschuhe gefertigt; die das Schienbein nach vom abschließende Gerade gab die Kufe. Entspr. ist in schwed. Mundarten isläggor Mz., norw. islegg, isl. isleggr (Grundwort anord. leggr "Wade; Röhrknochen') zum Namen der Knochenschlittschuhe geworden. Eisen n. Mhd. Isen, ahd. îsan, älter isarn, asächs. anord. isarn, mnl. iser, seltner isen, nnl.
Eisenbahn
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Eklat
ijeer, afries. iser(n), irsen, ags. ise(r)n, mit eitel gram.Adj. ahd. Mal, asächs. idal, ani. Idil, afries. Wechsel Iren, engl, iron, got. eisam führen auf ags. idei, engl, idle: nur westgerm.; dän. schwed. germ. *lsarm-. Aus *%ram (älter Hsam) mag idei sind aus dem Mnd. entlehnt. Außergerm. durch Dissimilation anord. tarn, später järn ent-Verwandte fehlen glaubhaft. Aus der Grundstanden sein, dem schwed. järn, dän. jem folgen. bed. 'leer' entwickelt sich der Sinn 'für sich, Auf urkelt. *isarno- beruhen der gall. Festungs- nichts als' (eitel Gold; Eitel Friedrich gegenname Isamodori und der brit. Männemame lsar- über Friedrich Wilhelm) sowie 'eingebildet': dies, ninus. Urkelt. -s- ist lenisiert zu -Λ- (Cat-ihemua weil Gehaltlosigkeit oft mit einer in MißVerhältnis heifit ein breton. Priester des 6. Jh.), das später dazu stehenden Selbstschätzung verbunden ist. verstummt ist: air. iarann, (am, kymr. haiam, Die Bedeutung 'leer' zeigt die Gegenwartswortakorn. hoern 'Eisen*. Die germ, wie die kelt. karte 'leer' von Hilde Bald bei Mitzka, Dt. WortWörter gelten für entlehnt aus dem Illyr.: die atlas IV (1955) mit der Bezeichnung eitel, in den illyr. Hallstattkultur war im wesentlichen schon Formen eidel, edel, mit ripuarischer Gutturalisieeine Eisenkultui. Nur im Illyr., nicht im Germ, rung egdel, assimiliert eggel im Luxemburgischen. oder Kelt., konnte ï aus ei entstehen, eine GrundEiter m. Der Sippe von lat. aemidus 'geform *eisamom aber wird vorausgesetzt durch schwollen', gr. oídos, (οίδοί, οίδμα) 'Gedas urverwandte lat. ira (aus *eisä) 'Zorn, Heftig- schwulst', otSáco 'schwelle' (vgl. ödem 'Gekeit': E i s e n ist das starke, kräftige Metall im schwulst'), aslav. jadro 'Schwellen, Busen', jadä Gegensatz zur weicheren Bronze. Lat. aes 'Erz' 'Gift' (über *edo- aus *oido-) entsprechen die ist unverwandt. Die späteren Italiker und die germ. Stämme *aüa-, *aüra- 'giftiges Geschwür'. Germanen haben ein gemeinsames Wort für Der erste ergibt anord. eitill, ahd. mhd. eii¡, alem. Bronze, vgl. ehern. Das Wort für E i s e n haben eisse, bair. aiß 'Eiterbeule, Geschwür'. Im zweiten die Kelten und die Germanen gemeinsam, darum bleibt tr unverschoben (wie in bitter, lauter, Otter, muß ihre Nachbarschaft jünger sein: Hans Krähe, treu, Winter, zittern), daher anord. eitr, ags. Sprache und Vorzeit 1954,122. ät(t)or, afries. ät(t)er, asächs. ettar, ahd. eit(t)ar. Eisenbahn /. tritt zunächst im Bergbau an Zum Genus Feldmann 1905 Zs. f. d. Wortf. 7 , 6 6 ; Stelle von F ö r d e r - , H o l z b a h n zur Bezeich- H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 69. 71. Eiweiß n., das Wendungen wie mnd. eiges witt, nung der Gleise, auf denen gefördert wird. Gußeiserae Schienen hat 1775 Maschinendir. Fried- dai wüte van dem eie ablöst, ist bisher nicht vor rich in Klausthal eingeführt. Der Name E . 1818 Jean Paul 1795 Hesp. 4,163 nachgewiesen. Frtthim Konv.-Lex. 2* 368. Im Anschluß daran wird nhd. bildete E i e r w e i ß Paracelsus 1537 (Weisogleich bei Beginn des Dampfbetriebs 1826 das mann), dem anord. eggjahvita f. entsprechend und neue Verkehrsmittel E. genannt, wie frz. chemin urspr. auf das Weiße im gekochten Ei beschränkt. Beim rohen Ei heißt der entspr. Teil anord. eggde fer, schwed. järnväg, ital. ferrovia, span, ferrocaril, ngr. σιδηρόδρομος, auch nachdem diejaklär, mhd. frühnhd. eierklär n. Das Wort lebt Schienen stählern geworden waren: Goethe 1826 in Süddeutschland, der Schweiz und Österreich fort. Nordd. gilt E i g e l b für das dort nicht volksBriefe 39, 216; Götze 1917 Nomina ante res 9. tümliche D o t t e r : Kretschmer 1918 WortElß m., E i ß e /. 'Blutgeschwür; Eiterbeule', geogr. 190. obd., s. E i t e r . Ekel m., bei Luther meist E c k e l , mußte Eisvogel m. In früher Vorzeit, als das blau- seinen obd. Zeitgenossen verdeutlicht werden glänzende Eisen erst zur Herstellung von Schmuck mit Greuel, G r a u e n , Abscheu, U n l u s t u. ä.: diente, ist der blauglänzende Vogel danach be- F. Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 99. 113. nannt worden. Neben ahd. Isarnovogal stellt sichÄlter ist das Adj. ekel, nd. ekel, von da entlehnt die Kürzung isarno, ags. îsern 'der Eiserne', wie dän. ekkel 'heikel', wie schwed. äcklig auf gleichneben amarvogal ahd. amero (s. Ammer1). Als die bed. nd. eklig beruht. Vorauszusetzen ist germ. Farbvorstellung beim Eisen verblaßte, wurde *aik1a-, woneben *aikklar in md. e c k e l , so isarno unter Einfluß des gelehrten Berichts, Luther, z. B . Weim. Ausg. 3 0 , 1 , 1 2 6 , 21. Weitere alcedo hecke im Winter (Plinius Nat. hist. 10, 47), Verknüpfungen sind bisher nicht gesichert. umgedeutet zu is-aro 'Eis-Aar', wobei die Raub- Ekelname m. 'Spitzname'. Zu a u c h , germ. vogelweise, mit der er nach Fischen stößt, den *auk- 'mehren' gehören anord. aukanafn 'Bei-, Vergleich erleichtem mochte. Gewandelt zu spät- Übername', schwed. öknamn, dän. egenavn, ahd. mhd. ismgel wird der deutsche Name Vor- mengl. eke-, nekename (n aus an ekename), nd. bild für nl. ijsvogel, dän. isfugl, schwed. isfägel: ökelname, das unter Zurückdrängung von mhd. Kralik, Gött. gel. Anz. 1914,134ff. äname ins Nhd. gelangt und hier in Anlehnung Eiszeit f. von dem Naturforscher Karl Schimper an E k e l entstellt ist. aus Mannheim 1837 gebildet: Burg 1909 Zs. f. d. Eklat m. 'Glanz, Aufsehen, aufsehenerregender Wortf. 11, lOff. Vorfall', e k l a t a n t Adj. 'glänzend, aufsehenerreK l u g e , Etymologisches werterbuch. 20. Aull.
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Ekstase
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gend, deutlich, schlagend': am Ende des 17. Jh. entlehnt aus frz. éclat, älter esclat. Bei uns zuerst als esclat 'Glanz' J . Rachel 1677 Sat. Ged. 116 Ndr. Afrz. esclater 'lärmend brechen' stammt über vulgärlat. *esclaitare aus got. *s1aitjan 'zerreißen', s. s c h l e i ß e n . Ekstase /. Gr. ékstasis 'Heraustreten (der Seele aus dem Leib)' wird über kirchenlat. ecstasis im 16. Jh. entlehnt. Häufiger wird es erst, seit im 17. Jh. frz. extase 'höchste Erregung' zu wirken beginnt. E k s t a t i s c h 'begeistert' seit Wieland 1769 Cyrus 1,402: H.Schulzl913 Fremdwb. 1,166. Elan m. Bei Fürst Pückler 1831 Briefe 1, 263 erscheint élan noch in frz. Schreibung. Älter frz. élans zu élancer aus mlat. lanceare 'die Lanze schwingen'. elastisch Adj. Im älteren Deutsch wird der Begriff durch weich gedeckt: „weiche ding sein gut zu piegen" A. v. Eyb, D. Schriften 1, 10 (DWb. 14, 1, 460). Das Fremdwort (über nlat. elasticus zu gr. elaúnein 'treiben') steht seit 1651 bei Naturforschern in der Formel vis elastica für die Treibkraft der Luft. Von ihr auch E l a s t ic i t e t Scheuchzer 1711 Phys. 2, 21, der doch 2, 66 das F. auch schon auf die Schnellkraft anderer Körper anwendet: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 166f. Elch m. Caesar Bell. Gall. 6, 27 nennt ihn alces (Plur.), Pausanias 5, 12, 9, 21 άλκη; Tacitus Germ. 43 aléis. Sie geben ein germ. Wort wieder, k ist Lautsubstitution für germ. h. Ahd. ëlaho, ags. eolh führen auf idg. *elk-. In Ablaut dazu steht *olk, das vorgerm. *alkis, germ, (mit gramm. Wechsel) *algie ergibt, wie es durch anord. elgr, schwed. β lg vorausgesetzt wird. Urverw. sind gleichbed. russ. los', apoln. loi aus urslav. *olsl, idg. •otti, desgl. aind. fias, fêyas 'Bock der Gazelle'. Cervus alces war nach Ausweis von Ortsnamen wie E l l w a n g e n (833 Elchenwang, 888 Elenwanga) einst über Deutschland verbreitet; mit n-Suffix Elen, Ellen, mit fc-Suffix E l c h . Frühnd. E l e n t i e r steht verdeutlichend (wie Kamel-, Maul-, Murmel-, Renntier) für frühnhd. Elen(d) („Ellendt platiceros" Pinician Augsbg. 1516), lit. élnis. Dies, alit. ellenis, aslav. jelenï 'Hirsch', weist mit aslav. alünii 'Hinde' auf *olnia, zu dem sich gr. ellós (aus *έλυό;) 'Hirschkalb' und kymr. elain 'Hinde' stellen. E. Christmann, Zs. f. Gesch. d. Saargegend 1962, 19; Bielfeldt, in: Forsch, u. Fortschr. 39, 86: 13. Jh. elinl, Luther Elentier; aus dem Altpreuß. in Preußen entlehnt. Eldorado «. 'Gold-, Wunderland', seit Pizzaro in Venezuela gesucht. Span, el dorado 'der Vergoldete' (aus lat. deauräre auch in frz. áorer'vergolden'). Geht auf die Kulthandlung des Kaziken zurück, der, am ganzen Körper mit Goldstaub gepudert, im heiligen See badete: G. Buschan
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Element
1909 Völkerkunde 151. Aus dem Span, gelangt das Wort 1579 ins Nhd.: Palmer 35. Die engl. Entsprechung ist seit 1596, die frz. seit 1745 bezeugt. Elelant m. Das Tier heißt altägypt. jêbu, danach kopt. ebon, lat. ebur, aind. ibhah; gr. eUphas, danach lat. elephantus, das die Germanen vor derhd. Lautverschiebung (etwa 600f.) und vor der Abwanderung der Angelsachsen übernehmen. Germ. *elpandus(mit der dem Volkslat. eignen Unterdrückung des Mittelvokals und mit altlat. Aussprache des φ als p, s. Eimer) lebt in ags. elpend, ylpend, ahd. ëlpfant, êlafani als gelehrter, hëlfant als volkstümlicher Form (s. E l f e n b e i n ) , deren h offenbar auf Anlehnung an ahd. hëlfan beruht. Aus volkslat. Lautvorgängen erklärt sich die Lehnwortgruppe got. ulbandus, anord. ulfaldi, aschwed. ulvalde, ahd. ottanta, asächs. olbundeo, ags. olpend(a), -e, die die Bedeutung 'Kamel' angenommen hat: statt el erscheint ol wie in lat. volvö 'wälze' aus älterem *velw (gr. elyö), colò 'bewohne' aus *quelö (gr. pélonai). In der Folge ol + Kons, wird o weiter zu « wie in lat. ulcus 'Geschwür' (gr. élkos), vuÜ 'er will' über volt aus *]feUi-. Aslav. vellbqdü 'Kamel' ist durch eine germ. Nachbarsprache vermittelt. elegant Adj. Lat. êlegans, -antis 'wählerisch', Nebenform zum Part, êligens von êligere 'auswählen', gelangt über frz. élégant 'geschmackvoll' Anfang des 18. Jh. zu uns, zunächst als Wort der künstlerischen Kritik, von da vor Ende des Jh. auf Kleider u. ä. übertragen. — E l e g a n z f . war im 16. Jh. aus lat. êlegantia 'Gewähltheit' als literar. Ausdruck entlehnt worden. In umfassendem Sinn wird es im 18. Jh. aus frz. élégance neu übernommen und nun erst volkstümlich: F. Seiler 1912 Entw. d. d. Kultur 4, 190; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,167. elektrisch Adj. Zu gr. èléktôr m. 'strahlende Sonne', das mit aind. ulkä 'Feuerbrand' urverwandt ist, gehört elektron η. 'Bernstein', woraus gleichbed. lat. eleärum entlehnt ist. Der engl. Physiker Gilbert, der im Bernstein den Hauptträger der unbenannten Kraft sah, bildete dazu in s. Schrift De magnete (1600) nlat. electricus. In Deutschland spricht als erster Otto v. Guericke 1672 Experimenta nova 136 von der electrica attractio. E l e c t r i s c h seit Scheuchzer 1711 (in anderer Bed. Weimann, Paracelsus), e l e c t r i s i r e n und E l e c t r i c i t ä t seit 1744: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 168. Die Atomforschung schuf das Wort E l e k t r o n . S. B e r n s t e i n und Glas. Element n. mhd. elemënt von Feuer, Wasser, Luft und Erde, im 13. Jh. entlehnt aus lat. elementum 'Grundstoff'. Diese und die andern philos. Bedeutungen des lat. Wortes beruhen auf Lehnübersetzung des gr. stoîcheîa (von stolchos
elend
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'Reihe'). Älteste Bed. ist 'Schriftzeichen': die Kinder der Vornehmen lernten das Buchstar bieren an elfenbeinernen Buchstaben, demgemäß aus *elepantum, lat. Lehnwort aus gr. eléphas (s. E l f e n b e i n ) . Der Wandel von ρ zu m mag unter Einfluß des sinnverwandten rudimerUum vollzogen sein. — E l e m e n t e 'Anfangsgründe' nicht vor Wächtler 1709: W. Hartnacke 1943 Mutterspr. 58, 63 f. elend Adj. ahd. tli-lçnti, asächs. çli-lçndi, ags. eilende 'in fremdem Land, aus dem Frieden der angeborenen Rechtsgenossenschaft ausgewiesen, verbannt', mhd. filande 'unglücklich, jammervoll'. Dazu das Abstr. E l e n d «., ahd. fli-ktüi, asächs. çlirlçndi, mhd. çllçnde 'Ausland, Verbannung, Not'. Der erste Wortteil kehrt wieder in E l s a ß (frühmlat. Älisätia zu ahd. Eli-säföo "Bewohner des andern Rheinufers'), got. alfis 'anderer', aind. arana- (Mayrhofer, R. 180), lat. alius, gr. alios, air. aile-, vgl. gall. Allo-broges. *alja- ist früh durch *anpera- verdrängt, doch unmittelbar mit ahd. flilçnti vergleichbar urnord. aljormarHR 'Ausländer', anord. elja 'Nebenbuhlerin', eig. 'die andere'. eli Zahlw. ahd. eirilif (tirol. noch aindlif), asächs. ëlleban (aus *ènliban), ags. änleofan, anord. ellifu, got. ainlif: aus ein und -lif, das in zwölf (got. tioalif) wiederkehrt. / ist verschobenes p, das für idg. W steht (vgl. Wolf mit gr. lykos). So gelangt man zu idg. *liku- 'übrig sein' (s. leihen) und faßt elf als 'eins darüber'. Entspr. bildet das Lit. die Reihe 11 bis 19: vienuólika (zu vîenas 'eins'), dvtf-, trtf-, keturió-lika usw. Dem mhd. eii(t)/ entspr. gilt eilf noch bei Adelung 1793. Die Form ölf beruht auf Vorausnahme des Vokals von zwölf beim Hersagen der Zahlenreihe, elf in der Volkskunde: H.-F. Rosenfeld, Nd. Jb. 79, 115. Elle f., Elf m. Dem mhd. alp, all· (s. Alb) entspricht engl, elf aus ags. œlf m. Das engl. Wort rückt durch Bodmer in den deutschen Gesichtskreis. Er hatte 1732 faerie elves in Miltons Verl. Paradies durch „zauberische Waldfeyen" wiedergegeben. 1742 setzt er 'z. Aelfen'; in seiner gleichzeitigen Abhandlung über Miltons Sprache verteidigt er den Gebrauch von „Aelfen, Wasser-, Landälfen, so oft wir die Art Geister anzeigen wollen, welche die Angelsachsen mit diesem Nahmen genannt hatten". Demgemäß verwendet Wieland 1764 das Wort in s. Übersetzung von Shakespeares Sommernachtstraum und 1771 Amadis 10 Str. 6: 1913 Zs. f. d. Wortf. 14, 204. Elfenbein w. mit deutscher Betonung, die bei E l e f a n t (s. d.) der fremden gewichen ist. Wie gr. eléphas, lat. elephas kann ahd. MlfarU allein schon 'Elfenbein' bedeuten, als das einzige, was man von dem Tier zu sehen bekam, ebenso frz.
Elritze
olifant (so seit dem 13. Jh.; die schwer erklärbare Grundform *olifantus wird auch durch germ. Mundarten vorausgesetzt). Auch im Kymr. hieß oliffant 'Elfenbein' (heute veraltet). Das Breton, scheidet nur in der Mz.: 'Elefanten' heißt olifanted, 'Elfenbeine' olifant-cm. Verdeutlichend tritt wie ags. elpen-, ylpenbän ahd. MlfanCbein 'Elefantenknochen' auf, woneben schon im 10. Jh. die abgeschwächten Formen hëlfan-, hëlfenbein erscheinen. Das ani. h hält sich bis ins 17. Jh., für die Weglassung wird Luthers elphm-, elffenbein maßgebend. Die roman. Namen des Elfenbeins, die auf lat. ebur zurückgehen, liefern engl. ivory und nl. ivoor, aber keine deutschen Formen. Elite f . 'Auswahl der Auserlesenen', Ende 18. Jh. aus frz. élite, zu lat. eligere 'auswählen'. Elixier n. Gr. xërion 'trocknes Heilmittel' hat dem Stein der Weisen seinen Namen arab. aliksír geliefert. Dem Glauben an seine heilende und verjüngende Kraft entspricht die Bed. 'Heiltrank', von da durch elixirium der Alchemisten seit dem 13. Jh. den europ. Sprachen vermittelt. E l i x i e r 1526 bei Paracelsus (Weimann). Elle /. Eines der verbreitetsten natürlichen Längenmaße, vom Ellenbogen bis zur Spitze des Mittelfingers, demgemäß *olenä 'Vorderarm' benannt (vgl. F u ß , K l a f t e r , Spanne), wie sich aus gr. ôlénè ^ώλίντ]), lat. ulna, air. uilen (aus *olïnâ), lit. alkuné, apreuß. alkunis, germ. *alinö ergibt, das seinerseits aus got. aleim, anord. gin, ags. ein, asächs. ahd. elina, alle in der Bedeutung 'Ellenbogen' zu erschließen ist. Nach Schwund des Mittelvokals ergab Angleichung von η an Ϊ mhd. file. Verwandt sind weiterhin aind. aratnih, 'Ellenbogen' aus dem Iran, entlehnt russ. arìin 'Elle'. Ellenbogen m. eig. 'Armbiegung', zu Elle 'Vorderarm'. Bei fast allen Germanen: ahd. fl(l)inbogo, mnl. elleriböghe, ags. elnboga, anord. çlnbogi; vgl. asächs. armbugil. Eller s. E r l e . Ellipse f . aus griech. ex 'aus, weg', leipö '(verlasse)', nämlich den einzigen Mittelpunkt des Kreises (mathemat. Exzentrizität). Zu leipö urverwandt s. lat. linquo, dt. leihe. Elritze f . Der Fischname begegnet in Osnabrück 1641 und wird in Gesner-Fores Fischbuch (1676) 169 meißn.-nsächs. genannt. Dazu stimmt, daß das Wort heute in Thüring., Obersächs. und Schlesischen gilt. Fürs Westmd. bezeugt Tabemäinontanus 1693 Wasserschatz 18. 234 erlitz; dem entspricht irlitsa in der heutigen Wetterau. Diese Formen und ahd. mhd. erling, bair. E r l i n g erweisen Verwandtschaft mit E r l e ; zu dessen Nebenform Else stellt sich ani. élzenvoorntje, zu E l l e r gehört der Name E l l e r l i n g , den der Fisch am Harz führt. Die Zugehörigkeit des Fisch- zum Baumnamen läßt 11'
Elster
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sich dadurch stützen, daß auch im Magy. derselbe Fisch (egri) seinen Namen von der Erle (eger, iget, Stamm egr-) hat: ö . Beke 1934 Idg. Forsch. 62, 137. Am Bodensee und im Südosten heißt Phoxmus laevis pfrille, im Neckargebiet pfelle (aus mlat. pelanus), im Elsaß milling, im alten Zürich lachbamébéle, härlüchli, oberlaus, hotrfiil, blut-aisl, westfäl. grimpel, sauerländ. gremb, asächs. grvmpo, gr. chremps. Elster f . Corvus pica L. Der Vogelname erscheint schon ahd. und asächs. in vielen Gestalten, die auf zwei Grundformen zurückgehen: asächs. nfränk. mfränk. agastr{i)a, sonst agalstra. Beide sind um eine Endung erweitert; ags. agu führt auf westgerm. *agô, wohl 'die Spitzige' (s. Eck) wegen des spitzen Schwanzes. Mit der Bildungssilbe, die À m m e r (s. d.) zu E m m e r i t z e erweitert, entsteht got. *agaija, ahd. agae(e)a, dessen Nebenform *agiza die heute schwäb. Benennung H e t z e ergeben hat, indes ital. gassa, frz. (seit 14. Jh.) agace, engl, haggess auf agas(e)a beruhen. Die erweiterte Form *agazala liefert über ackzel (so im 16. Jh.) nhd. Atzel, s. d. Auch aga(Î)stra, mhd. agelster (hieraus über eilster nhd. Elster), mnd. çkster (im Namen der Externateine, 1093 Agistersteirì) sind aus *aga erweitert, und zwar mit (-1- und) -(i)strjön: F. Kluge 1926 Stammbildungsl. § 49. Die Kons.Häufung wird auf verschiedne Arten erleichtert, so daß ägerst, alster (über *aglster), a{g)laster u. v. a. Formen entstehen. Die Wortkarte 'Elster' von Ilse Bäumer, Dt. Wortatlas XV bietet die bunte Synonymik. Die größten Flächen nehmen ein: Heister von Oldenburg bis Westmecklenburg, von da Häster bis Ostpommern, an der mittleren Weichsel, Heister im Weichsel- und im Memeldelta, Atzel vom Nordelsaß bis Oberhessen, Schackelster vor allem im Brandenburgischen, Ekster im Emsland und am Niederrhein, sonst weithin Elster. Eltern Flur. ahd. aUirori, fltiron, asächs. fldiron, mnl. ouderen, afries. eldera, ield(e)ra, ags. eldran, yldran: in allen westgerm. Sprachen ist der Plur. des Komp. von a l t 'die älteren' zur Subst.-Bed. erhoben. Ags. wird der zugehörige Sing, yldra zu 'Vater'. Vgl. H e r r , J ü n g e r und got. airizans 'Vorfahren'. Email »., E m a i l l e /. Der Stamm unseres Ztw. s c h m e l z e n (s.u.) ist früh ins Roman. gelangt und hat mlat. smeltum, ital. smalto 'Schmelzglas' geliefert. Mit der frz. Miniaturmalerei kommt frz. émail 'Schmelzglas, emailliertes Stück' seit Sperander 1727 zurück, nach frz. émailler wird schon 1699 e m a l l i r e n gebraucht, E m a i l l e seit Schiller 1787: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 169f. Emanzipation /. Lat. ¡mancipatio 'Freilassung' (urspr. durch dreimalige manäpätio 'Übernahme zu Eigentum' und manumissio 'Entlassung aus
empfindsam
der Gewalt'), schon in den Tagen der Frz. Revolution politisches Schlagwort, wird vollends dazu, seit (etwa 1830 beginnend) die Befreiung der amerik. Negersklaven erörtert wird. Von E. der Juden wird seit Börne 1833, von E. der Frauen seit Gutzkow 1839 gesprochen, während e m a n c i p i r t schon in kirchenpolit. Kämpfen des 17. Jh. eine Rolle spielt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,170f. Emblem n. 'symbolische Figur', aus lat.griech. emblema 'Einlage' über das Frz. (16. Jh.), zu griech. bállein s. d. folg. Embolie f. 'Arterienverstopfung', aus griech. embole, em- 'ein-', bállein 'werfen, treffen',] urverw. mit dt. (hervor)quellen. Embonpoint n., en bon point 'am richtigen Punkte angelangt' befindet sich der, den wir gleich schonend 'wohlbeleibt' nennen. Der frz. Euphemismus gelangt 1783 zu uns: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,171. Gamillscheg Wb. 849. Emir m. Arab, arm 'Befehlshaber' (zu amara 'befehlen') ist in der Aussprache emir in fast alle europ. Sprachen gelangt. Bei uns erscheint es, vermittelt durch nnl. emier, seit 1728: K. Lokotsch 1927 Etym. Wb., Nr. 69a. Vgl. A d m i r a l . Emmer m. Triticum dicoccum, im alten Deutschland wichtiger als heute, da es nur in der Schweiz und in Teilen Süddeutschlands angebaut wird, hieß ahd. amar(o), amari. Zur ersten Form s. A m m e r 1 , die letzte ergibt emmer(-korn), schwäb. auch M e r k o r n (H. Fischer 4, 1620. 6,1822). Im alten England heißt die Getreideart speli, im Norden ist sie nie gediehen, außergerm. Verwandte des Namens fehlen. Sinnverwandt sind D i n k e l , E i n k o r n , Spelt. Emmeritz, Emmerling s. Ammer 1 , empfangen, empfinden s. ent-, empfehlen st. Ztw., mhd. enifêVien angeglichen zu enpfëlhen, md. enpfêlen; mnd. entfeien. Unter b e f e h l e n (s.d.) ist 'bergen' als Grundbed. des abgestorbenen einfachen Ztw. (mhd. vlUien, ahd. fêlahan) entwickelt. Demgemäß war *entfëlahan 'zur Verbergung, Verwahrung übergeben', dann 'übertragen, anvertrauen', wie noch in seine Seele G o t t e m p f e h l e n . Aus der Übergabe ist nhd. der bloße Hinweis als auf etwas Annehmbares geworden. Empfindelei f . für S e n t i m e n t a l i t ä t beansprucht Campe 1791 Proben einiger Versuche von d. Sprachbereich. 12 als seine Schöpfung, doch steht es seit 1778 mehrfach bei Wieland, Kant, Gotter u. a., zuerst Allg. Dt. Bibl. 36, 1, 184: Zs. f. d. Wortf. 6, 304. empfindsam Adj. für engl, sentimental schlug Lessing 1768 seinem Freund Bode, dem Übersetzer von Yoricks empfindsamer Reise (von L. Sterne) vor. Beide meinten, es sei damit neu geprägt, doch findet es sich mehrfach schon seit 1767, zuerst in einem Brief der Gottschedin, der
Emphase
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freilich erst 1771 gedruckt wurde: Feldmann 1905 Zs. f. d. Wortf. 6, 307; Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 28; Ganz, EinfL d. Engl. 65. Emphase /. Gr. èmpbasis 'Kraft des Ausdrucks' und emphatikós 'nachdrücklich' gelangen über gleichbed. lat. emphasis und emphalicus zu uns: e m p h a t i s c h seit Zeidler 1700 Sieben böse Geister 105, das F. in lat. Gestalt bei Sperander 1728, in der durch frz. emphase bestimmten seit Forster 1788 Kl. Sehr. 89: H.Schulz 1913 Fremdwb.l, 172. empor Adv., friihnhd. enthor, mhd. enbor(e), ahd. in bor 'in die Höhe', in bore 'in der Höhe': Präp. in mit Akk. und Dat. des F. mhd. ahd. bor 'Höhe, oberer Raum'. Dies zum ablautenden Ztw. ahd. bSran 'tragen' (s. B a h r e , Bürde, entb e h r e n , Gebärde, gebären, G e b ü h r , Geb u r t , Urbar) mit derselben Stufe des Ablauts wie ags. borettan 'schwingen', urspr. 'emporheben*. Als Ableitung gehört zum F. bor ahd. burian, mhd. bum 'erheben'; zur Bedeutung stimmt gr. phéristos. Die Entwicklung des Gleitlauts t in frühnhd. enthor wie in e n t b e h r e n , der Wandel von enthor zu empor wie in lointbrä zu Wimper. Dehnung des o in geschlossener Silbe vor einfachem r wie in vor. Empore f . 'erhöhter Raum', namentlich in Kirchen. Im 18. Jh. gekürzt aus E m p o r k i r c h e (s. empor). Dafür mhd. borkirche, alem. borhilche seit 1303. Ein gleichbed. nd. prïchel, prîckel beruht auf germ. *brugi, s. Brücke. empören Ztw. ahd. anabôren, mhd. enbœren, zu mhd. bör 'Trotz', das mit ahd. burian (s. empor) zusammenhängt. Als Faktitiv bed. empören urspr. 'erheben machen'. Ins Nhd. führt Luther das Ztw. ein; Ad. Pétris Bibelglossar muß es 1523 seinen Basler Lesern mit erheben, stremeη verdeutlichen. Zu -p- vgl. e m p o r . Emporkömmling m. für frz. parvenu (SchulzBasler 1933 Fremdwb. 2, 387) bedarf noch bei Campe 1807 der Erläuterung durch das Fremdwort: Zs. f. d. Wortf. 13, 99. Brandes 1787 Beri. Monatsschr. Nov. 397 lehnt E. ab: „Man verzeihe das frz. Wort. E. für Parvenu klingt zu gezwungen und ist nur von Einem Schriftsteller gebraucht worden." Nach H. Dunger 1882 Wb. v. Verdeutschungen 45 ist das Posselt. Aufgenommen wird E. von Ramler 1796 Beitr. z. dt. Sprachk. 2, 81 und Wieland 1804 Hör. Sat. 2, 233, durchgesetzt im Kampf gegen Napoleon: Ladendorf 1906 Schlagwb. 68f. Goethe 112, 213 bleibt bei Parvenu. S. Glückspilz und Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 29. emsig Adj. ahd. (ma^ig, çmi^ig (auch mit fe) 'beständig, beharrlich, fortwährend'. Neben mhd. emçec (mit lautgesetzl. Ausfall des mittleren e) steht çmeç-lïche, womit Ableitung aus ahd. fmiz Adj. 'beständig' erwiesen ist, dessen nächste
eng
germ. Verwandte man in anord. ama 'plagen, belästigen', amask 'Anstoß nehmen, Unwillen fühlen, sich mit etw. abplagen', isl. amstr 'rastlose Arbeit' sieht. Auch Amali als Name des ostgot. Königshauses und ags. Armding, ahd. Amalung der Heldensage gehören dazu. Außergerm, vergleicht man aind. âma- m. 'Andrang', ámale 'bedrängt', gr. (hom.) όμοΙιοί 'plagend', omokle 'Drohung'. Emu m. Der australische Strauß wurde von seinen Entdeckern dem Kranich (portug. ema) verglichen und, weil er nicht fliegt, ema di gei 'Erdkranich' benannt. Daraus gekürzt engl. emu. Mit B u m e r a n g , K ä n g u r u h , t a b u , t ä t o wieren, W o m b a t eines der wenigen Wörter, die das Nhd. Australien und seiner Inselwelt verdankt. Ende n. Ahd. enti (Μ) η., asächs. çndi, afries. enda, ani. ags. ende, anord. ende(r), got. andéis m. führen auf westgerm. *andja- aus vorgerm. *antjö-, das in lat. antiae, aind. ántah m. 'Ende, Grenze, Rand' toch. antus, hethit. hanza 'Vorderseite' wiederkehrt; dieselbe -ίο-Bildung in gr. aniios 'gegenüber', aind. ántyah 'der äußerste, letzte'. Ahd. anord. Bed. wie 'Spitze, Stirn, Front' legen Zus.-Hang mit air. itan (aus *antano-) 'Stirn', lat. antiae 'Stirnhaare' nahe. Damit ist Beziehung zu lat. ante 'vor', gr. anti 'gegen' gegeben, hethit. hantr 'Front'. Vgl. ent-. endgültig s. gelten. Endivie /. Die Römer entlehnen intibus aus dem Semit., aram.-syr. Âçiàz'cichorium endivia'; intubus 794 im ahd. Capitulare de villis. Das Wort kehrt über Griechenland in den Orient zurück, die Kreuzfahrer bringen es wieder, roman. endiv(ì)a wohl aus dem Arab., mhd. endivie um 1400. O. Hiltbrunner, Archiv f. d. St. d. neueren Sprachen 197 (1961) 22; K. Lokotsch 1927 Etym. Wb. 2124; H. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 988f. Endzweck m. Jakob Böhme verwendet Zweck im Sinne von 'Ziel'. Gleichzeitig übersetzt Joh. Arndt, Vier Bücher vom wahren Christentum (1606—09) lat. causa finalis mit Endzweck (A. Gombert 1896 Bemerk, u. Ergänz. 8, 19). Leibniz nimmt die Lehnübers. auf (H. Dunger 1895 Wiss. Beih. z. Zs. d. Sprachv. 2,123), Kant, Goethe u. Schelling setzen sie durch. Energie /. Gr. enérgeia 'Tatkraft' (zu érgon, s. Werk) gelangt über lat. energia zu uns, zuerst Zinzendorf 1732 T. Sokrates 301. Durch Herder 1787 bekommt das Wort seinen wiss. Sinn 'wirkende Kraft': A. Gombert 1908 Bresl. Progr. 10; G. Schoppe 1916 Mitt. der schles. Ges. f. Volkskde. 19, 224. eng Adj. Adv., mhd. çnge Adj., ange Adv., ahd. fngi, älter angi Adj., ango Adv., asächs. çngi Adj., mnl. enghe Adj., anghe Adv., nnl. eng, ags. tnge
Engel
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ent-
Adj., ange Adv., anord. mgr, got. aggu/us 'eng': bei uns verdrängt (s.Neffe). Frühnhd. begegnet zur idg. Wurzel *an§h- 'eng, einengen, schnüren*. neben enigklein, enigke gleichbed. en-lein mit Außergerm, vergleichen sich u. a. lat. angiportus i-Demin., während E n k e l altes -inkli(n) auf'Gäßchen', angö 'drücke zusammen', angor weist, das in ahd. hvaninklln 'Hühnchen' wieder'Angst', gr. ár¡chó (δγχω) 'schnüre', άγχόνη kehrt, s. Hünkel. Demin. zu Ahn (s. d.) sind 'Strick, Erdroßlung', άγχι, άγχοϋ 'nahe', ässon auch aslav. nulcüüv 'Enkel' und lat. avunculus (aus *ctyX"iov) 'näher', aslav. gzota 'Enge', 'Oheim'. Luther sagt selten Enckel, meist Qzükü, lit. añkstas, arm. anjuk, awest. qßah- K i n d s k i n d oder Neffe. Ostfränk. gilt Diech'Bedrängung, Not'. Kelt. Verwandte wie bret. t e r w. 'Enkel', mhd. diehter, tiekter: mit aind. enk 'eng', ir. kymr. ing 'bedrängte Lage' setzen ISka- η. 'Kinder, Nachkommenschaft', tokmanidg. *engh- voraus. — Die Beziehung zu Angst 'junger Gerstenhalm', iökma-h 'junger Halm, und b a n g e (s. o.) haben die Grammatiker des Schößling', awest. taoxman- 'Keim, Same', Mz. 17. Jh., als sie die Schreibung mit e vorschrieben, 'Verwandtschaft', apers. taum 'Geschlecht', pers. nicht erkannt (so wenig wie die von anstrengen, tuxm 'Same, Geschlecht* zu idg. *teuk- 'Keim, Same, Nachkommenschaft*. Das bei uns spät edel, Stengel zu Strang, Adel, Stange). Engel m. Neutestamentl. άγγελος 'Bote', auftretende Wort setzt germ. *piohter aus Lehnübersetzung von hebr. al äk 'Bote (Gottes)' *teukter voraus. Innerhalb des Idg. ist die durchgelangt mit der ersten Welle des Christentums zu sichtige Bildung offenbar jünger als * pater, allen Germanen. In ahd. angil, çngil, asächs. *mäter usw. Vom 13. bis in den Anfang des 18. Jh. fngil, mnd. ags. engel, anord. engell wirkt das i ist diechter (in), -lein im Rhein- und Ostfränk. von got. aggilus fort: Engel ist mit seinem zwischen Bingen und Bamberg gut bezeugt und Gegenwort Teufel schon von der arianischen hier auch zum Fam.-Namen geworden. Danach Gotenmission des 6. Jh. donau-aufwärts getragen wird es durch E n k e l verdrängt. Heute lebt es worden. Lat. angelus hätte im 8. Jh. angel er- nur in Mundarten des bair. Franken, des Vogtgeben, so lautet das Wort aber nur im Afries.: lands und Südthüringens: K. v. Bahder 1926 sind im nd. Kluge 1909 Beitr. 35,136. Aus dem Mnd. ist lett. Wortwahl 82 f. — Andere Synonyme 1 eúgélis entlehnt: J. Sehwers 1927 Zs. f. vgl. Nordwesten, der E n k e l bewahrt, Groß-, Klein-, Kindskind. Im Freiberger Stadtrecht Spracht. 64,172. Engelsüß ». Der Wurzelstock des Famkrauts um 1300 bedarf E n k e l noch der Erläuterung Polypodium vulgare hat süßen Geschmack. Nach „eninckel da% sint kindeskinl" Cod. dipl. Sax. reg. dem Volksglauben ist es als Mittel gegen Schlag- II 14, 41; öhmann, Neuph. Mitt. 1965, 512. anfall von Engeln zur Erde gebracht, daher spätEnklave f . 'eingeschlossenes Gebiet', aus dem mhd. engelsüeze, nnl. engehoet, dän. engelsed. Frz. zu lat. clavis 'Schlüssel'. Ggsz. E x k l a v e . Engerling m. Zu *anguQi)i- 'Wurm', das Enquete /. Frz. enquête (zu lat. quaestio 'Bein lat. anguis, aslav. oiï, lit. angis 'Schlange', fragung') erscheint bei uns seit Fallati 1846 Zs. f. ankStirai 'Finnen, Engerlinge', mir. escung 'Aal' d. ges. Staatswiss. 3, 517 als staatswiss. Facherscheint, stellt sich ahd. angar(ì), mhd. anger, wort. Von da in den 80βτ Jahren verallgemeinert: fnger 'Made'. Verkl. Ableitung hierzu ist ahd. H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,174f. pngirinc (g), mhd. çnger(T)inc 'Wurm, Finne'. Die ent- Vorsilbe, die sowohl die Richtung auf Bed. 'Maikäferlarve' teilt das Nhd. mit dem Nnl. etwas hin bezeichnet, als die Trennung von Engering hält sich in Bayern; in der Schweiz etwas. Dem gr. antl 'gegen, statt', lat. ante 'vor' gelten anger, ingerii), engerieh, ostmd. enderle. aind. àrdi 'gegenüber, vor, nahe', hethit. hanti Wortatlas XIII. 'vorne, besonders' entspricht westgerm. *and(a), Enkel1 m. 'Fußknöchel'. Ahd. anehläo, mnl. das im Got. als Präp. and 'entlang, auf etw. anclau, ankel, ags. anclêow, engl, ankle, anord. hin' erscheint, als betonte Vorsilbe in nhd. A n t okkla zeigen Anlehnung an Klaue. Ursprüng- litz, - w o r t fortbesteht (s. d. und ant-, a n h e i licher sind schwed. ankel, ahd. anchal, enchil, schig, Handwerk). Als unbetonte Vorsilbe mhd. mnd. mnl. enkel, wo das Wort nomin. (vor Verben und ihren Ableitungen) entspricht Ableitung ist (wohl instrumental) zu mhd. anke ahd. int-, mhd. ent-. Vor / wird es zu emp-, daher m. 'Gelenk', Bayern, Schwaben, Mittelrhein e m p - f a n g e n , -fehlen, - f i n d e n aus ahd. int'Nacken', Nordbaden Anke(ï)\ 'Nacken(grube)'. fähan, -*fëlhan, -findan. Gerät ein so entstandeAind. áñgarn 'Glied', Verkl. angulih 'Finger'. nes pf in Mundarten, die kein pj als Ergebnis der Edeltraud Knetschke, Genick und Knöchel 1956 ; hd. Lautverschiebung besitzen, so können Formen wie empangen entstehen (wie hambel, mum· Öhmann, Neuphi. Mitt. 1965, 512. Enkel 2 'Kindeskind'. Spätahd. fninchill, mhd. lei, drump, oppern aus Hand-, M u n d - v o l l , çninkel, çnenkel sind Verkl. zu ahd. ano 'Ahn': T r u m p f , opfern): Behagel 1928 Gesch. d. dt. der wiedergekommene Ahn. Dadurch ist der idg. Spr. 422. Nur scheinbar liegt die Vorsilbe e n t Name des Enkels, der in lat. nepös fortbesteht. vor in e n t b e h r e n , entgegen, e n t l a n g , e n t -
entbehren
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weder (s. d.) und e n t z w e i (mit tz für ζ aus mhd. enzwei, ahd. in zwei 'in zwei Teile'). Vgl. Ende, Antithese. entbehren Ztw. ahd. inbëran, mhd. enbêrn: vor das unter B a h r e und gebären behandelte st. Ztw. ahd. bêran 'tragen' ist die unter η ein, n i c h t , nie dargestellte Negation gerückt. Die urspr. Bed. 'nicht tragen' ist über 'nicht haben' zu 'ermangeln' entwickelt. Der Gen., den das Ztw. bis ins NM. regiert, ist der von der Negation abhängige Partitiv. Gleichgebildet sind lat. nescire 'nicht wissen', nolle 'nicht wollen', ags. nytan, nyllan, ruBbban "nicht wissen, wollen, haben'. Belege für starke Beugung von e n t b e h r e n bietet noch das 16. J h . t tritt nach dem Vorbild der vielen mit ent- anlautenden Ztw. ein, zufrühst im Mnd., aus dem dän. undvœre entlehnt ist. entdecken schw. Ztw., mhd. endechen, entechen, ahd. intdçcchan, nnl. orUdekken. Dazu das F. E n t d e c k u n g , im 14. J h . inttçckunge. Die alte sinnliche Bedeutung (Luther 1643 Jes. 47, 2 „entdecke den Schenckel") wird seit langem von aufdecken und e n t b l ö ß e n getragen. Die entsprechende uneigentliche Verwendung (Luther 1630 Hesek. 16, 67 ,,da deine Bosheit noch nicht entdeckt war") hält sich bis über die Tage der Klassiker. Heute ist e n t d e c k e n meist 'etwas bis dahin Verborgenes, Unbekanntes gewahr werden, auffinden'. Frz. découvrir durchläuft dieselbe Entwicklung. Ente 1 f. Ahd. anut, mhd. ani, mnd. an(e)i, asächs. anad (in Ortsnamen), mnl. aent, ags. œnid, ened, anord. gnd führen auf germ. *anudiz, urverw. mit gleichbed. lat. anas, lit. ántis, kslav. çty, gr. rièssa (aus *näijfa), aind. ätth. Dies aus *i}ti-, weniger wahrscheinlich (wegen des Akzents) aus *êti- 'Eider*. Der reich entwickelte Ablaut (idg. *(a)/nät- : *arat- : *ant- : *ñt-) spricht für das hohe Alter des Vogelnamens. Neben dem fem. ¿-Stamm anut steht ahd. erweitertes anata und (mit Suffixablaut) tnita. Dies liegt der nhd. Form voraus, nd. Mundarten sind bei äni(e) geblieben. Die verdeutlichende Zus.-Setzung anetvogel lebt vom 13. J h . bis in heutige Mundart. Bei der zahmen Ente haben Koseformen wie pile, wudle, wurri den Entennamen vielfach ersetzt; eine davon, das zum lautmalenden Ztw. r ä t s c h e n gehörige Räisch(er), bedeutet alem. 'Enterich'. Dessen ahd. Name ist anutrehho, mhd. antreeh aus *anut-trahho, dessen zweites Glied (westgerm. *drako 'Männchen') als selbständiger Name im gleichbed. engl, drake, nd. dräke, thür. draehe, schwäb. (t)reeh begegnet. Die alte Bildung antreeh hat sich nachmals an die Männemamen auf -rieh angelehnt: so ist nhd. E n t e r i c h entstanden und hat seine Bildungsweise auf Gänserich u. a. ausgedehnt. Die Synonymik zu
entgegen
'männliche Ente' bietet Beinholdis Wiepen bei Mitzka Dt. Wortatlas V I I : im Nordwesten von Holland her an der Küste bis an Mecklenburg heran Wart, Wort, Mecklenburg bewahrt altwestfäl. Wedik, das in Westfalen zu Week, Wiäk u. ä. kontrahiert ist, dazu hat Ostpreußen auch Wetk, an der Mittelweser Drake, dazu ost-, rheinfränk. schwäb. Antdrache, alem. Rätsch, bair. Anterer und Ableitungen, ostbayr. Antenreiher, Mittelrhein Entenhahn, Entenvogel, zur dortigen Westgrenze stimmt (fläm.) obersächs. Wenderieh; in kleinen Flächen: Entenmann, Enter, Oeit, Reff, Katscher, Patseher, Schlicker, Schnaggela, Fiele. Die Benennungsmotive gehen auf Tierstimme, Gangart, Körperform, Farbe, Geschlecht, Charakter, Lock- und Kosenamen. Zu E r p e l s. d. S c h e l l d r a k m. 'Fuligula clangula'. Grundwort ist das bei E n t e entwickelte westgerm. *drako'männliches Tier', das Bestimmungswort gehört (wie das von S c h e l l a d l e r 'Aquila naevia') zu mhd. schallen 'ertönen lassen' nach den durch den Flügelschlag erzeugten Tönen, die einem Glockengeläut ähnlich sind. Der weibliche Vogel heißt S c h e l l e n t e : E. Schwentner 1936 Beitr. 69, 316. Ente 1 f. 'Zeitungslüge' hat mit der frühnhd. Wendung „von blauen Enten predigen" nichts zu tun, sondern tritt nach 1860 als Übersetzung von frz. canard auf, das seit 1711 in Formeln wie donner des canards 'einem etwas vorlügen' auch Deutschen bekannt ist, während frz. bailleur de canards schon 1612 begegnet. Herleitung aus einem Lügenbericht des Niederländers Comelissen von 1804 über die Gefräßigkeit der Enten ist demnach zeitlich unmöglich; ein anderer Erklärungsversuch bei Murray 1893 New Engl. Diet. 2, 60; vgl. W. Feldmann 1912 Zs. f. d. Wortf. 13, 286f.; A. J . Storfer 1936 Wörter u. ihre Schicksale 99 ff. Entente f. 'Einverständnis', aus dem Frz., im 12. J h . aus lat., intendere 'sich auf etwas hinrichten, aufmerken', im 18. Jh. entlehnt. Enterich s. E n t e 1 . entern Ztw. Lat. inträre 'hineingehen' liefert frz. entrer, das als nl. enteren die Bed. 'ein feindl. Schiff besteigen, um es zu überwältigen' erlangt. In hansischen Urkunden seit 1468, nhd. seit Stieler 1696 Zeitungslust: Kluge 1911 Seemannsspr. 222. entgegen Adv. ahd. ingagan, ingçgin, mhd. engçgen, asächs. angçgin, ags. ongean, engl, again. S. gegen und ent-. Die Entwicklung von en- zu ent vergleicht sich äußerlich dem Vorgang bei e n t b e h r e n , s.d. Die Zus.-Setzungen mit e n t gegen- bleiben bis etwa 1740 auf Ztw. der Bewegung begrenzt (entgegengehen, -laufen). Kurz vor dem Auftreten Klopstocks, von ihm dann, mächtig gefördert, tritt ein pietist. Gebrauch auf, der seelische Empfangsbereitschaft bezeichnet
Enthusiasmus
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(entgegenjauchzen, -lächeln, sich e.-sehnen): Sperber 1930 Dt. Vierteljahrsschr. f. Lit.-Wise. 8,511. Enthusiasmus m. Gr. ένθουσιασμός 'Gottbegeisterung' (zu én-theos 'gottbegeistert') gelangt als lat. enthusiasmus in die Sprache der Gelehrten und der Kirche. Hier spielt auch gr. {νθουσισστή; 'Begeisterter, Schwärmer' dauernd eine Rolle. Die religiöse Bed. weicht im 18. Jh. den weltlichen ,,Begeisterung eines nach hohem Ziel strebenden Menschen" und ,,Erregtheit des schaffenden Künstlers', (vgl. Schillers „des Gottes voll"). Daran haben frz. enthousiasme, enthousiaste, enthousiasmer Anteil. Wie sich die Gruppe seit dem 16. Jh. mit deutschem Geist durchtränkt, wird erkennbar bei H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 176 f. entlang Adv. Präp. Gleichbed. engl, along aus mengl. on long. E n t l a n g , nicht vor Campe 1807 als schriftsprachlich anerkannt, stammt aus dem Nd. Dem Meer e n t l a n g ist mit Ersparung der ersten Präp. entwickelt aus Vi dem mere in lane. Dieses e. folgt urspr. dem Dat. Ein adv. Akk. kann durch e. näher bestimmt werden: er g e h t den Weg e., daraus mnd. wart em lang den wech nä röpen — eine dritte Fügung, die sich mit den vorigen mischt: „längs dem Meer" Arndt; „entlang des Waldgebirges" Schiller; „manchen jugendlichen Tag entlang" Goethe. — S. l ä n g s und Behaghel 1924 Dt. Syntax 2, 49 f. entrinnen st. Ztw., mhd. entrinnen, ahd. intrinnan, nur hd., fehlt der Umgangssprache und den Mundarten. Zwei Bildungen sind zus.-gefallen: 1. e n t - r i n n e n , von Flüssigem gesagt, zum st. Ztw. r i n n e n , s. d. 2. e n t - t r i n n e n 'fliehend entkommen'. Das einfache t r i n n e n (ahd. innnan, wozu a b t r ü n n i g ) ist untergegangen, sein Bewirkungsztw. als t r e n n e n (s. d.) erhalten. entrüsten Ztw. Mhd. entrüsten 'die Rüstung ausziehen' ist abgeschwächt zu der Bed. 'aus seinem geordneten Zustand bringen'. Dies mit Obj. wie geist, muot oder reflexiv gebraucht ergibt 'aus der Fassung bringen, kommen'. Nd. ontrusten hat eine entspr. Entwicklung hinter sich. S. r ü s t e n . Entsagung f . im heutigen Sinn wird noch von Klinger 1794 Faust» 372 mit R e s i g n a t i o n erläutert. Um dies zu ersetzen, hat man E. aus seiner im 17. Jh. auftretenden Bed. 'Ab-, Aufsage (einer Freundschaft)' abgebogen: Feldmann 1904 Zs. f. d. Wortf. 6,108. entsetzen Ztw. mhd. entsetzen 'absetzen, außer Fassung bringen', Faktitiv zu mhd. entsitzen, ahd. intsizzen 'aus dem Sitz kommen, sich fürchten'. Wie nahe der Übergang liegt, zeigen got. and-sitan mit seiner Bed. 'scheuen' und nhd. e r s c h r e c k e n , s. d. entsprechen Ztw. im heutigen Sinn 'gemäß sein' ist alem. Lehnübersetzung von frz. répon-
-
Enzian
dre, seit Geiler belegt. Aus Schweiz. Sprachgebrauch nimmt der junge Wieland e. auf und wird dafür von Lessing 1769 gelobt: „Dieses entsprechen ist itzt den Schweitzern eigen, und nichts weniger als ein neugemachtes Wort" 6, 31 Lachm. Heynatz hatte 1776 Handb. 265 e. als Modewort verpönt, 1796 Antibarb. 365 billigt er es. enttäuschen Ztw., eig. 'aus einer Täuschung herausreißen'. Campe 1813 Wb. z. Verdeutschung 256 sagt zu frz. désabuser: „Man könnte enttäuschen dafür bilden. C. Cramer hat das Wort schon gebraucht." 260 bietet er e. als Lehnübers. von frz. détromper. Von Goethe und Arnim aufgenommen, hat sich das Ztw. rasch durchgesetzt. E n t t ä u s c h u n g seit Huber 1828 Skizzen a. Spanien 1, 268. entweder Konjunkt. Als Pronomen, das eine von zwei gegebenen Größen ausschließt, besteht asächs. ëndihwëdar, mhd. eintwêder. Ahd. ist nur ein weder (aus Notker) zu belegen, das seine Stütze in asächs. odar hwêâar findet. Behaghel 1928 Dt. Syntax 3, 169 versteht das als ein — o ¿lar, hwêdar 'eines oder das andere — welches von beiden ?' und faßt t im mhd. Pron. einlwSder als nachträglich entwickelten Gleitlaut. Das Neutr. dieses Prom. wird zur Konjunkt. in Sätzen wie Hnr. v. Melk 1160 Todes gehügede 188: eintweder diu sehrift hat gelogen oder si chôment 'eines von beiden: die . . . ' Das zweite Glied wird regelmäßig durch oder eingeleitet. Wenn auch dort wieder e n t w e d e r steht, so hat das Vorbild der Formel weder — w e d e r gewirkt. entwerfen st. Ztw., mhd. entwerfen, mnl. nnl. oniwerpen, urspr. von der Bildweberei, die mit dem Weberschiffchen die Kunstleistung vollbringt: der Einschlag wird in den Aufzug oder die Kette (mhd. werf, mnl. warp) eingeschossen. Die Fäden werden beim Durchziehen durch die Litzen aufgelöst, auseinandergedreht: Heinertz, Studier i modern sprogvetenskap 1947, 67. Mhd. warf und webel, mnl. warp off webel, ags. wefl in warp erweisen eine westgerm. Formel. Von der Bildweberei ist e n t w e r f e n 'zum Bild gestalten' auf jede Kunst und schon im Mittelalter auch auf literarische und geistige Entwürfe übertragen. Durch Einfluß des mlat. projeetäre dringt der Begriff des Vorläufigen ein, der im M. E n t wurf 'projectum' (nicht vor Ph. Zesen 1646 Ibrahim 153) von vornherein enthalten ist: Zs. f. dt. Wortf. 4 (1903) 127; Edw. Schröder 1931 Zs. f. dt. Alt. 68, 283f. S. W e r f t , entziffern s. Z i f f e r , entzwei s. e n t - . Enzian m. Für die als Heil- und Genußmittel wichtige Pflanze fehlt ein gemein-germ. Name, wohl weil ihre Arten zerstreut auftreten und in vielen Teilen des germ. Wohngebiets fehlen. Auf Oberdeutschland beschränkt bleibt für den
Epaulette
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Kreuzenzian Qentiana cruciata (H. Marzeil, Wb. d. dt. Pflanzennamen 1964, 2, 619) ahd. mädalger, mhd. mâdelgêr, fruhnhd. und mundartl. mödelger u. ä., das von Haus aus Männemame mit germ. *maßla 'Versammlung' im ersten Glied ist. In anord. sSta 'Süße* führt die Bitterwurz einen iron. Namen. Lat. geniiäna mag illyr. Ursprungs sein, wenn auch die von Plinius 26, 71 erzählte Entdeckung durch den Illvrerkönig Genti(u)s eine Volksetymologie sein wird. Das lat. Wort ergab — wir wissen nicht, wieso es sein g- verloren hat, das im alrz. gentiane und daraus stammenden engl, gentian erhalten ist — ahd. eneiän, mhd. emiän, fruhnhd. ention, entzion, dessen heutige Formen (schwäb. fWfäu mit äu aus a n wie g ä u , law) mundartecht sind: Bohnenberger 1902 Zs. f. d. Wortf. 2, 4; Björkman 1904 das. 6,180; Hoops 1913 Reallex. 1, 614. Epaulette f . 'Achselstück'. Frz. ¿paillette ist Demin. von épaule 'Achsel', das Uniformstück ist nach demselben Verfahren benannt wie Ä r m e l , L e i b c h e n , K o r s e t t . Bei uns seit Wagner 1776 Kindermörd. V. 289, zunächst mit Plur. auf -s: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 177. Epidemie f . Zum gr. Adj. epi-dèmios 'im Volk (dèmos) verbreitet' als epidemia nósos ' Volkskrankheit', das als mlat. epidemia seit 1529 in deutschen Texten erscheint, um 1736 als E p i d e m i e : H. Schulz Fremdwb. 1, 177. e p i d e m i s c h 1534 bei Paracelsus (Weimann). Epigone m. Gr. epirgonoi 'Nachgeborene' heißen bei Pindar und Euripides die Söhne der im ersten theb. Krieg gefallenen Heerführer, bei Strabo u. a. die Nachkommen von Alexanders d. Gr. Nachfolgern, dann allg. schwache Nachtreter berühmter Vorgänger. Bei uns lebt E. als geflügeltes Wort, seit sich Kail Immermann 1830 entschloß, in einem Roman „Die Epigonen" Segen und Fluch des Nachgeborenseins zu schildern: Schulz, Fremdwb. 1,178. Epigramm w. Gr. epi-gramma, eig. 'Aufschrift', ist schon bei den Alten in die Bed. 'Sinngedicht' (s. d.) übergegangen. Während Opitz 1624 Poet. 24 E p i g r a m m a schrieb, veröffentlicht Lessing 1771 Anmerkungen über das Epigramm: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 178. episch Adj., Epos «. Gr. èpos η., urverwandt mit e r w ä h n e n (s. d.), bedeutet ursprünglich 'Gesagtes', dann 'Erzählung', seit Xenophon ( f 3 6 4 v. Chr.) 'Gedicht'. Die Mz. ¿pea setzen Herodot und Pindar für 'Heldengedichte, -lieder'. Seit dem 18. Jh. gilt E p o s in unsrer Kunstlehre. Das gr. Adj. epikós ist Attribut von polêsis (s. Poesie), entsprechend lat. epicus, frz. épique, engl. epic. Bei una wird von e p i s c h e n Ged i c h t e n zuerst 1744 gesprochen: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 178.
er, es
Episode /. Frz. épisode m. 'Nebenhandlung, Einschiebsel' ist um die Mitte des 18. Jh. entlehnt worden, als es noch f . war. Es stammt aus gr. έττ-εισ-όδιον als Fachwort der Bühne: 'Handlung, die zwischen zwei Chorgesänge eingeschoben ist'. Urspr. hieß nur das erste Stück des Dialogs so, weil die Schauspieler, die es vortrugen, zum Chor, der schon vorher aufgetreten war, „noch hinzutraten". E p i s o d i s c h (seit Campe 1813) hat sein Vorbild in frz. épisodique: Seiler 1924 Entw. d. d. Kultur 3» 248. Epoche f . Gr. epoche 'Innehalten, Haltepunkt in der Zeitrechnung, bedeutsamer Zeitpunkt' gelangt über lat. epocha und in dessen Form in das Gelehrtendeutsch des 17. Jh. Bevor sich (mit Ramler und Wieland) die heutige Form durchsetzt, schreiben unter Einfluß des frz. (bei den Enzyklopädisten beliebten) époque Moser, Klopstock u . a . jahrzehntelang E p o k e . „Epoche machen" bildet frz. faire époque nach: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,178. Eppich m. ist die Sellerie (s. d.) Apium graveolens L., als Kulturpflanze im frühen Mittelalter aus Italien nach Deutschland gelangt, mhd.
fpjich, ahd. ?pfi(ch), t p f e u. ä., md. mnd. fppe
'Sellerie'. Ins Nhd. mit md. p p aufgenommen. Entlehnt aus lat. apium 'von der Biene (apis) bevorzugte Pflanze'. Aus dem Nd. und Ostmd. in die slav. Sprachen weiterentlehnt: poln. russ. opich, tschech. apich, slov. kroat. opih. Verwechslung mit E f e u (s. d.) ist ostmd. Sie beginnt im 16. Jh., begegnet bei Dichtern der schles. Schulen, von da gelegentlich bei Goethe (Weim. Ausg. 16,197). Equipage f . 'herrschaftliche Kutsche'. Unser Neutr. Schiff gelangt in unverschobener Form früh ins Roman. Anord. skipa 'ein Schiff ausrüsten' ergibt gleichbed. afrz. esquiper. Dazu frz. équipage m., das nacheinander 'Ausrüstung, Aufzug, den ein Herr mit Wagen, Pferden und Dienern macht, Kutsche' bed. Rückentlehnt zuerst im Heerwesen: 'Reise-, Kriegsausrüstung' Wallhausen 1616 Kriegsmaaual; 'Rüstwagen eines Stabsoffiziers' Scheibner 1695. Zum Genuswechsel Zs. f. d. Wortf. 7 (1906) 67, zur Abgrenzung gegen K u t s c h e Kretschmer 1918 Wortgeogr. 312. er, es Pron. ahd. mhd. ë r , got. i s , i t a , urverw. mit lat. i s , i d , zum idg. Pron.-Stamm der з. Pers. *t-. Nhd. ist der Vokal vor r in geschl. Silbe gedehnt, wie in d e r , w e r , mir, e m p o r , vor. Bei Anlehnung an vorhergehendes Ztw. wird er zu r; schon mhd. reimt bat er auf vater. Enklitisches es wird s. Die Lautgeographie von 'er' bietet der Dt. Sprachatlas auf Karte 48: zwischen den Typen obd. er und nd. he liegen alte Formen her (wie ahd. im Hildebrandslied). Zur Herkunft vgl. H. F. Rosenfeld, Forschungen и. Fortschritte 1956. 150. 176. — 'Ihn', 'ihm'
er-
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Erdbeere
stellt der Dt. Sprachatlas auf handschr. Karten übertragen wird. Die Türkenliteratur des 16./17. dar. Vgl. es. Jh. bringt die Hochblüte des Worts; Nachklänge er- als Vorsilbe (aid. ar-, ir-, ur-, mhd. er-) ist noch im 19. Jh. Von diesem Gebrauch ausgehend die unbetonte Entsprechung der Tonform ur-, spricht Kaiser Maximilian 1513 vom Franzosen s. d. Aus dem Satzzusammenhang nach d, t, r, l, als „dem Erbfeind, der gegen den Rhein steht": η ist weithin mundartl. der- entstanden, vgl. Janssen, Frankreichs Rheingelüste * 17. Sein Ahldén, der- = er-, Geschichte und Geographie, Wort findet Nachfolge in den Freiheitskriegen Göteborg 1953. Der Dt. Sprachatlas zeigt die und im Weltkrieg: Behrend 1916 Altd. StimVerbreitung: vor allem im Bair., Ostfränk., z.T. men 7—26; Schoppe 1917 Mitt. d. schles. Ges. f. im Elsaß. Seit dem Mittelalter reicht dies der- Volksk.19, 224f. auch bis Schlesien und von da aus nach OstErblasser m. zus.-gebildet aus der mhd. Formel preußen. tfa? erbe län. Bei Schottel 1663 Ausf. Arbeit 333 erbarmen Ztw. ist mit barmherzig (s.o.) nur von dem, der ab intestato beerbt wird. Seit Lehnübersetzung von lat. miserere und misericors Stieler (1691) 1073 auch vom testator, den Schottel aus der Zeit vor Wulfila. Got. (ga-)arman 'sich u. noch Kinderling 1795 Reinigkeit 73 E r b s e t z e r erbarmen' gehört zum Adj. arms wie lat. miserere nennt. Für E r b l a s s e r entscheiden Jean Paul u. zu miser, während gr. έλεείν als Vorbild nicht in Campe: Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. ErsatzFrage kommt. Da asächs. armón, ahd. armen in wörter 29 f. der Bed. 'arm sein' festlagen, griffen die GlaubensErbschleicher m. Nachbildung von lat. hèrëdiboten, um den Sinn 'erbarmen' zu erzielen, zur peta, kaum vor Thomasius 1696 Ausübg. der Erweiterung durch Vorsilbe. Ags. of-earmian, Sittenl. 292. Gebucht seit Steinbach 1734. altlimb. ont-f-ermen zeigen, daß das af- war. Dem Erbse f . Pisum sativum ist den Südgermanen entspricht hd. ab-, das in ahd. (ir-)b-armên aus in vorgeschichtl. Zeit von Süden her bekannt ge*ab-armm sein ani. o- verloren hat, mit derselben worden. Die Namen ahd. araweiç, -wi%, (BjörkVerlegung der Silbengrenze, wie sie asächs. tögjan man 1902 Zs. f. d. Wortf. 2, 231 f.), mhd. arw(e)i$, gegenüber got. at-augjan 'vor Augen führen' auf- ärw(e)i%, bair.-österr. arbe(i)s, asächs. er(iw)it, weist: Kluge 1906 Zs. f. d. Wortf. 8, 29. mnd. mnl. erwete vereinigen sich auf germ. erbauen schw. Ztw., mhd. mnd. erbüwen: zu- *arwait-. Trennt man als zweiten Teil germ. *aitnächst körperlich 'zu Ende bauen', doch schon 'Korn' (in ags. äte, engl, oats 'Hafer') ab oder im Mittelalter nach bibelgr. οΙκοδομεΤν, lat. sieht man auch in -ait bloßes Suffix, so darf man aedificäre geistlich gewendet, wie schon ags. für den ersten (*arwo-) Urverwandtschaft mit lat. ontimbran: M. Förster, Beibl. z. Anglia 1944 ervum 'Hülsenfrucht', gr. órobos, erébinlhos S. 239. Die Pietisten verbreiten E r b a u u n g und 'Kichererbse', mir. orbaind 'grains' vermuten; Grundform *eregu(h)- mit den entspr. Aberbaulich. Erbe «. m. Die Vorgeschichte von arm (s. d.) lautformen. Als die Angelsachsen im 5. Jh. abergibt einen Stamm germ. *arb-, i dg. *orbho- wanderten, kannte Jütland die Erbse noch nicht. 'verwaist', der bestätigt wird durch lat. orbus In England wurde ags. peose, pise aus gallorom. 'beraubt', gr. orph(an)6s 'verwaist', armen, orb pisa (Mz.) entlehnt, daneben ist das seltene ags. 'Waise', aind. árbha 'klein, schwach; Kind'. eor/e 'Wicke' Lehnwort aus lat. ervum. Nach dem Hierzu mit ja-Ableitung das N. got. arbi, um- 5. Jh. gelangte asächs. erü nach dem Norden, gelautet ags. ierfe, afries. eroe, asächs. erbi, ahd. erhielt im Dan. ein Plural-r, das bei Weitergabe erbi 'das Erbe als Besitztum eines Verwaisten)'. an die andern nord. Sprachen als stammhaft Dazu wieder (mit Suffix germ, -an: Kluge 1926 gefaßt wurde. Daher anord. erir, Plur. Gen. ertra, Stammbild. § 16) das M. got. arbja, urnord. Dat. ertrum (statt erta, ertum): Hoops 1913 Realarbija, ags. ierfa, afries. çrva, mnd. frve, ahd. Iex. 1, 622ff.; A.Debrunner 1918 Neue Jbr.41, arbeo, umgelautet erb(e)o 'der Erbe'. Zum N. 445. gehört das schw. Ztw. erben, ahd. mhd. frben, Erehtag s. Dienstag. mnd. ?rven, afries. frvia, ags. ierfan, anord. erfa. Erdbeere /. Fragaria vesca L., ahd. èrdbçri, ags. Wie alt die Gruppe ist, verrät das Zus.-Treffen eordberie sind nach der Erde benannt, auf der sie von got. ga-arbja und air. eom-arbe 'Miterbe'. Die oft liegen. Auch ags. strêawberie, engl, strawberry Urbed. beleuchtet anord. erfi n. 'Leichenschmaus, (zu stream 'Stroh') tragen einen einzelsprachlichen Begräbnismahl'. S. Arbeit. Namen. Das Lat. bewahrt mit frägum ein ErbErbfeind m. Mhd. erbe-vini ist seit Herb. v. wort, dem jede befriedigende Anknüpfung abFritzlar 1212 Troj. 2665 der Teufel, dessen Feind- geht. Die Griechen haben die Erdbeere nicht schaft die Menschheit mit der E r b s ü n d e (Lehn- gekannt. Schwäb. brästling m. 'Gartenbeere' zu übers. von peccatum hereditarium) von Adam mhd. brasten, prasteln 'knacken', von den „knakgeerbt hat. So noch bei Goethe. Des Teufels Sohn kenden" Beeren (1954 H. Marzeil, Wb. d. dt. ist der Türke, auf den das Schlagwort im 15. Jh. Pflanzennamen 2, 466). Bair. pröbstling (Schmel-
Erde
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1er I* 467) beruht auf Volksetym., denn mhd. liegt bresteling voraus (Lexer 1, 360). Ebenfalls nach der Erde benannt sind russ. zemljanika, poln. pozimka, lit. Semoge, lett. zernene 'Erdbeere': J . Sehwers 1927 Zs. f. vgl. Spracht. 64, 30. Das Synonym Rotbeere ist obd. Typ. Wortatlas X. Erde /. Mhd. érele, ahd. ërda, asächs. anfr. ërtha, mnl. eerde, aerde, nnl. aaräe, afries. ërihe, ags. eorde, engl, earth, anord. jgrd, dän. schwed. jord, got. airpa führen auf germ. *erpö 'Erde': Dentalerweiterung des gleichbed. germ. *erö, das unerweitert in ahd. ero und gr. *êrâ 'Erde' (in ίραζε 'zur Erde') auftritt. Eine -wo-Erweiterung erscheint in anord. jgrfe m. 'Sand(feld)', kymr. korn. er» /. 'Landstreifen, Morgen Felds', akorn. erto, ereu, abret. ero 'Furche'; vgl. lit. ërdvê 'Raum'. Zur Wurzel *er-, *ert-, *eru 'Erde'. Vgl. Art-. erden schw. Ztw. 'mit der Erde verbinden', von Telegraphen- und Fernsprechleitungen auf das Rundfunkgerät übertragen. Nach B. Buchrucker 1916 Zs. d. Sprachv. 31, 343 von westdt. Telegraphenarbeitern gebildet. Erdkunde s. G e o g r a p h i e . erdrosseln Ztw. Ableitung des 17. Jh. zu Drossel 2 , s. d. Erdgeschoß s. P a r t e r r e . Erdöl ». galt in der Umgangssprache des dt. Südwestens von je für P e t r o l e u m (s. d.). 1899 erhob der Entwurf zum Zolltarifgesetz den umgangssprachlichen Ausdruck zum amtlichen. Er konnte zu ö l (mit ö l g e b i e t , - g e s e l l s c h a f t , -herrschaft, -könig, - t a n k , - t ü r m , Rohöl usw.) vereinfacht werden, nachdem das frühere ö l zum Speiseöl verengt war. Die Entwicklung vergleicht sich der von Veloziped und A u t o m o b i l über F a h r r a d und K r a f t w a g e n zu R a d und W a g e n : W.Linden 1943 Dt. Wortgesch. 2, 384f. Erdschocke f . eingedeutscht aus A r t i s c h o c k e , s. d. ereignen Ztw. Ahd. (ir-)ougen 'vor Augen stellen' (Ableitung zu ahd. ouga n. 'Auge') ergibt mhd. eräugen, frühnlid. ereugen. Nebenform dazu ist mhd. eröugnen, das sich auf dem Boden entrundender Mundarten zu e r e i g n e n entwickelt und (gestützt auf das unverwandte Adj. eigen) im 17. Jh. schriftsprachlich wird. So hat Schleife (aus mhd. slöufe) an s c h l e i f e n Stütze gefunden, ( a b ) s t r e i f e n (aus mhd. ströufen) an s t r e i f e n 'umherschweifen* : H. Paul 1916 Dt. Gramm. 1,222. erfahren Ztw. mhd. ervarn urspr. 'reisend erkunden'. Zu f a h r e n , s. d. Erfolg m. Mhd. ervdlgen, frühnhd. erfolgen 'erreichen, erlangen* zieht die Rückbildung E r folg (kaum vor Helvicus 1619 Sprachkunst 35) nach sich, wie die Ztw. abbilden, aufwenden, beweisen, einwenden, erlösen die Subst. Abbild,
Erika
Aufwand, Beweis, Einwand, Erlös. Auch das gleichgebildete frz. succès (nach succéder 'folgen') beschränkt sich auf günstige Ausgänge — e r f o l g e n als Geschehenswort: P. v. Polenz, Zfdt. Sprache 20,1. ergattern Ztw. 'erhäschen', Stieler 593: die Hühner soll mir kein Fuchs ergattern, eig. durchs Gitter (Gatter) erreichen. Nach alter Sitte wurde dem, der das Haus nicht betreten durfte, so hinausgereicht. DWb. 3, 815. Ergebnis n. für R e s u l t a t seit Veit Weber (Leonh. Wächter) 1792 Sagen d. Vorz. 4, 430 „dann rief er das Ergebnis seiner Gedanken aus". Ein falsch gebildetes E r g i e b n i ß Großmann 1791 Lessings Denkmal 12 ff. ist rasch erledigt worden, indem Heynatz und Campe für E r g e b n i s eintraten: Campe 1813 Wb. z. Verd. 634f. Noch 1798 verwendet Senckenberg, Gedanken über einige Gegenst. d. dt. Spr. 2 R e s u l t a t mit der Anm.: „Ungeme bediene ich mich dieses fremden Worts, weil ich noch kein gleichgeltendes teutsches gelesen habe, auch kein dergleichen mir einfallen will". Das im 17. Jh. entlehnte frz. résultai stammt aus kirchenlat. resultatum, Part, zu lat. resultäre 'zurückprallen, widerhallen', mlat. auch 'entspringen, entstehen'. ergötzen Ztw. Zu ahd. irgê^an, mhd. ergêtfen 'vergessen' (s. d.) gehört als Faktitiv ahd. irgetzan, mhd. ergetzen 'vergessen machen (bes. Kummer)', ö tritt für f zuerst obd. im 16. Jh. ein, wie in Hölle, Löffel, Schöffe, zwölf. Bis ins 19. J h . schwankt der Schreibgebrauch: H. Paul 1916 Dt. Gramm. 1, 216. Irrig trennen Wood in Kuhns Zs. 46, 69 und K. Schneider 1941 Idg. Forsch. 58, 47 e r g ö t z e n von v e r g e s s e n und stellen es zu den slav. Verwandten von G a t t e und zu toch. kät-k 'sich freuen'. erhaben Adj., urspr. Part, zu mhd. erheben 'in die Höhe heben'. Im Paradigma ist (er)-hob —(er)bobennachVorbildernwiewob—woben, wog — wogen im 18. Jh. durchgeführt: H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 235. Die Entwicklung von körperl. Sinn (erhabene Arbeit) zum ästhet. und sittl. Begriff wie in h o c h , frz. relevé (mit Relief), nnl. verheven. erheblich Adj. Mlat. relevons 'schwer genug, um die andere Waagschale zu heben' entwickelt sich zum Kanzleiwort im akt. Sinn 'ausrichtsam, durchschlagend'. Dazu als Gegenwort lat. irrelevans, ital. (irrilevante. Unsere Lehnübers. (un-) e r h e b l i c h verdrängt nach Mitte des 16. Jh. ein nicht viel älteres e r h e b l i c h im pass. Sinn 'erreichbar, tunlich', zuerst in Frankf. Archivalien von 1563 „wider ein vnerhebliche im rechten vnd der geschichten vngegrundte exception" : Α. Götze 1909 Zs. f. d. Wortf. 11, 254 ff. Erika f . heißt das Heidekraut erst seit dem 18. (oder 16./17.) Jh. und mehr im Munde der Gärtner
erinnern
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und Städter, als in dem des Volks. Gr. eretkë hat fiber lat. èrica roman. *erîea, ital. èrica ergeben. Die dt. Erstbetonung hat nichts mit der roman. Kürzung der Mittelsilbe zu tun, sondern beruht auf Annäherung an den Vornamen E r i k a (neben Erich): H.Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 734. erinnern Ztw. Zum Kompar. ahd. innaro 'der Innere* ist ahd. innarön, mhd. (erinnern gebildet. Die urspr. Bed. 'machen, daß jem. etwas innewird, bekannt machen mit' ist schon bei Luther (2. Hakk. 16, 9; Joh. 14, 26; 1. Kor. 15,1) der des lat. monêre gewichen. Aus dem Nhd. stammen nnl. herinneren, dän. erindre, schwed. erinra. Erker m. Mhd. arkêre, ârkër, erkerie) erscheint, im 12. Jh. (zuerst im Herzog Emst und in Veldekes Eneit) als Lehnwort aus ält. nordfrz. arquiere 'Schießscharte', eig. 'Schützenstand'. Vorauszusetzen ist mlat. *arcmrium zu lat. areus 'Bogen'. Vom Wehrbau ist der Bauteil in den Wohnbau gewandert. Frühnhd. (alem.) ärkel zeigt Dissimilation von r gegen r wie Mörtel, murmeln, Turteltaube. M. Heyne 1899 Wohnungsw. 210. 319. 349; G.Baist 1909 Zs. f. d. Wortf. 10, 209 ff. erklecklich Adj. Ahd. klfckan, mhd. klfeken wandelt seine Grundbed. 'tönend schlagen' über 'gut vonstatten gehen' zu 'gut ausgeben'. Demgemäß bedeutet das allein noch übliche Adj. (kaum vor Stieler 1691) 'ausreichend'. Gleichbed. dän. klœkkelig ist aus dem Nhd. entlehnt. S. klecken und Klecks. erlangen s. gelangen. erlauben Ztw. Zur ablaut. Wz. germ. *lub, *liub, *laub gehört mit Lob, lieb und Glaube auch ahd. irlouben, mhd. erlauben, erlauben, ags. älyjan, got. uslaubjan. Grundbed. ist 'gutheißen', urverw. aind. löbhdyati 'erregt Verlangen, lockt an'. Ein altes Abstr. zu erlauben ist Urlaub. Vor Labial ist obd. kein Umlaut des alten ou eingetreten. Von da ist die umlautlose Form in die Schriftsprache gelangt, während Luther und md. Schriftsteller noch des 17. Jh. erleuben schreiben. Entspr. verhalten sich glauben, Haupt, kaufen, raufen, Taufe. erlancht Adj. mhd. erliuht, md. erlüht, Part, zu erliuhten (s. leuchten): unter denselben Bedingungen wie d u r c h l a u c h t (s.o.) als Lehnübers. von lat. ülustris verwendet. erläutern s. l a u t e r . Erle f . Alnus glutinosa, auch E l l e r im germ. Wohngebiet von je häufig, auch waldbildend und in der Volksheilkunde wichtig. Den Namen teilen die Germanen mit Kelten, Slaven, Balten, Griechen und Italikern. Ahd. frila (mit Umstellung aus älterem çlira, wozu Eller), asächs. flora, mnd. aire, fire (*alizö), fise (*alisô), mnL
Ernst
fise (von dort in Brandenburg: Teuchert, Nl. Sprachreste d. 12. Jh. 188) nnl. eis (dazu Eisb a u m , - b e e r e Prunus tornunalis wohl nach den ähnlichen Blättern), ags. alor, engl, aider, anord. gir (*aluz), isl. jglstr (*elustra), got. *alisa (zu erschließen aus span, aliso 'Erle') zu germ. *alis5-. Frz. alise 'Eisbeere' beruht auf gall. *alisia, dazu Älisontia (Alsenz = Nebenfluß der Nahe, Eis en ζ = Nebenfluß des Neckar), Ortsnamen wie Alisia, Älsincum. Zu germ. *alisögehören russ. 61 'cha 'Erle', auch maked. älixa 'Weißpappel', während aslav. jelïcha auf *elisd beruht. Lit. alksnis, elksnis, apreuß. alskande führen auf *alisnis, lat. alnus auf *alisnos, anders Szemerényi, Glotta 1961, 228. Zu idg. *eU: * olia Baumnamen gehört auch Ulme; vielleicht besteht Beziehung zu ahd. elo 'gelb'. Vgl. Elr i t z e , zur Umstellung auch Essig. Die -s-Form sonderte sich vom Niederrhein durch Westfalen bis zur Weser aus dem -r-Gebiet aus: Th.Frings in Festschr. f. v. Wartburg 1958, 239. Eine Namensgemeinschaft aus landschaftlicher Homonymie hat die Erle im Typ Ellhorn an der unteren Weser und Elbe mit dem Ahorn (s. d.) und dem Holunder (s. d.). Erlkönig m. Herder hat, als er 1778 Erlkönigs Tochter aus dem Dän. übersetzte, dän. ellerkmge (aus elverkonge) 'Elfenkönig' mißverstanden. Goethe übernimmt 1782 den Irrtum. ermitteln schw. Ztw. hat in seiner heutigen Bedeutung 'feststellen, ausfindig machen' im 19. Jh. die Nachfolge des seltner gewordenen a u s m i t t e l n angetreten. Im 17. Jh. bedeutete e r m i t t e l n 'durch angewandte Mittel möglich machen'. ermutigen Ztw. Nach nnl. aanmoedigen bildet Zesen 1679 Simson 634 a n m u t i g e n . Wohl im Anschluß daran erweitert Stieler (1691) 1301 die Gruppe -mutigen: an-, auf-, be-, ent-, ermutigen. 1768 verzeichnet das Brem. Wb. 3,170 (an)modigen 'den Mut beleben'. Von Norddeutschland haben sich um 1800 nhd. e n t - , ermutigen durchgesetzt. Ernst m. mhd. ern(e)st 'Ernst, Kampf', mnd. ernest, ahd. asächs. emust 'Ernst, Festigkeit', ags. eornost 'Ernst, Eifer, Kampf', engl, earnest: zu germ. *arni-, amjar in got. amiba 'sicher', sonst umgelautet, so auch in anord. er» 'tüchtig', jarna 'Kampf'. Das Suffix ist idg. -st mit Zwischenvokal u, wie in Angst, Dienst (s. d.), mit der Bedeutung 'zugehörig zu'. Die Grandbedeutung ist hier also 'was mit der Eigenschaft sicher, entschieden verbunden ist, entschiedenes Auftreten' : Hans Krähe, PB Beitr.71, 239. Der nächste außergerm. Verwandte ist awest. annu- '(Wett-) Kampf', ein «-Stamm. Als Männername ist schon ahd. Ernust häufig. Das Adj. e r n s t ist jung, es entspringt Sätzen wie mhd. mir ist êrnest, nhd.
Ernte
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es i s t , wird E r n s t : W. Schulze 1936 Zs. f. vgl. Sprachf. 62,198. Ernte f . mhd. trade f., ahd. *arrwti, Mz. zu amöt m., ags. ?mâ /. 'Kornernte': mit Endung •öd (F. Kluge 1926 Stammbildungsl. § 135) gebildet zu fränk. alem. äm, mhd. çm(e), ahd. ar(a)n, afries. ags. era m. 'Ernte' (auch in rugçrn 'Roggenernte, August'). Dazu ahd. amen, ön 'ernten'. Außerhalb des Westgerm. vergleichen sich anord. gnn (aus *aznu) 'Feldarbeit' (zusammengeflossen mit çnn 'Eifer, Anstrengung') und got. asans /. 'Ernte, Sommer'. Mit Bed.Entwicklung von 'Feldarbeit' zu 'Verdienst daraus' sind zu vermitteln asächs. asna 'Lohn, Abgabe', mnd. asne 'Einkünfte', afries. çsna 'Lohn'; ahd. amen, mnd. amen, ags. earnian, engl, earn 'verdienen'; ahd. ami, fsni, ags. fsne, got. asneis 'Knecht'. Außergerm. Verwandte sind serb.-kslav. jesenï, russ. ósen', apreuß. assanis (für 'essanis ?) 'Herbst'. — Ein Af. wie schwäb. é(r)w3¿ steht unter Einfluß von H e u e t m. 'Heuernte'. Die Schreibung Ä r n t e sind wir spät losgeworden: Gottsched forderte sie, weil das Wort von Ähre komme. — Vgl. a s t e n , August. Wortatlas XIV. erobern Ztw. Ahd. obarön, mhd. (er)oòera bed. gemäß seiner Herlcitung von ober (s. d.) urspr. 'der Obere bleiben, werden', danach '(durch Waffengewalt) überwinden'. erörtern schw. Ztw. begegnet zuerst als Rechtswort 'verhandeln' in Speyer 1614. Schon mhd. ist örtem 'genau untersuchen', zum Plur. ö r t e r von Ort (s. d.) im Sinne des lat. terminus, somit Lehnübersetzung von determinare 'ein Urteil auf seine termini (gr. tópoi 'Begriffsgrenzen') zurückführen. Die friihnhd. Parallelbildung ausecken ist nicht durchgedrungen. erotisch Adj. Zu gr. érôs (Spcos) m. 'Liebe' gehört eròilkós Adj. Über frz. érolìque kommt seit Wieland 1776 e. auf, zunächst zur Bez. von Dichtwerken: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 179. Erpel m. mnd. mnl. fläm. erpel 'Enterich'. Bei uns zuerst in Magdeburg 1497 und Wittenberg 1662, vorher in Flandern. Von da haben es Siedler in die Mark Brandenburg mitgebracht, von wo es nach allen Seiten, bis Waldeck und Ostpreußen, ausstrahlt: H. Teuchert 1926 Kluge-Festschr. 149; ders. 1944 Sprachreste d. nl. Siedlungen 16. 66ff. Die Jägersprache hat Erpel allgemein verbreitet, zunächst für die männl. Wildente. Neben der unter R e b h u h n entwickelten Wz. *rebh'dunkel' steht ein ablautendes *erelh-, zu dem über Wz. *erbhnó-, germ. *erp(p)a- das Farbadj. anord. jarpr, ags. eorp, ahd. ërpf 'dunkel' gebildet ist. Es war längst verklungen, als erpel 'Enterich' aufkam, weshalb der Vogel nicht unmittelbar der 'Dunkle' genannt sein kann, was auch sachlich kaum paßt. Das Adj. war in Männernamen wie
erst
asächs. Erpo, ahd. Erpfo eingegangen, die in Ortsnamen wie E r f u r t (8. Jh. Erpesfori), schwäb. E r p f i n g e n , E r p f e n s c h w a n g fortleben. Der Enterich trägt in E r p e l einen Männernamen, wie der Gänserich in Gäret und Gaber ('Gerhart' und 'Gabriel'). Die Wortgeographie bietet Reinholdis Wiepen bei Mitzka, Dt. Wortatlas II (1953). erpicht Adj. seit Stieler 1691 (auf das Lernen, die Arbeit e.), vorher v e r p i c h t (Grimmelshausen 1669 Simpl. 2, 20), eig. 'wie mit Pech an ein Tun geklebt'. Mit ähnlichem Bild: auf etw. versessen sein. erquicken Ztw. ahd. irquicchan 'neu beleben'. Zu keck (s. d.) in s. urspr. Bed. 'lebendig'. Vgl. Quecksilber. erratisch Adj. 'wandernd': lat. erraticus (zu errare 'irren') gelangt über frz. lloc erratique 'wandernder Stein' als Fachwort der Geologie 1832 zu uns. Durch Scheffels Gedicht „Der erratische Block" im Gaudeamus 1864 allg. bekannt geworden: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 179. Errungenschaft f . zuerst in der rheinpfälz. Kanzlei 1682 als Lehnübers. von mlat. aequaestus (frz. acquêt, engl, acquest) zur Bezeichnung des von Ehegatten während der Ehe erworbenen Vermögens. Seit Wehner 1624 Pract. juris 130 gebucht, wahrt es seinen Kanzleiklang noch bei Heynatz 1 (1796) 384. Erst Görres 2 (1814) 110 streift den jur. Sinn ab. Durch den Berliner Aufstand im März^l848 wird E. zum politischen Begriff 'sozialer Fortschritt'. E. Matthias u. H. Schierbaum, Errungenschaften. Zur Geschichte eines Schlagwortes unsrer Zeit, 1961. erschrecken Ztw., mhd. erschrecken, daneben erschricken, ahd. irscriechan 'aufspringen': s. Schreck. erschüttern Ztw., r-Intensivum zu mhd. erschütten, ahd. irseuiten 'schütteln, erschüttern'. Verwandt mit schütte(l)n. Alt auch intrans.: H. Paul 1909 Zs. f. d. Wortf. 10,112. ersetzen Ztw. 'eine Lücke besetzen', seit Maaler; heute nur übertragen. Dazu E r s a t z . ersprießlich Adj. Ersprießen 'hervorsprießen' wird friihnhd. gern im übertragenen Sinn von 'gedeihen' gebraucht. Dazu e. 'gedeihlich' seit Anfang des 16. Jh. (DWb. 3, 962), von Luther 1623 Einl. zu den 6 Büchern Mosis (Bindseil 7, 315) als junges Kanzleiwort abgelehnt, zugleich mit b e h ä n d i g e n , beherzigen und e r s c h i e ß l i c h : F. Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 61. erst Adj. asächs. aristo, ags. sërest, engl, (veraltet) erst: Superi, zu dem bei eher entwickelten Kompar. got. airiza, ags. sèrra, afries. erra, ahd. er(i)ro 'der frühere'. Den Positiv bewahren got. air, anord. är, ags. sër, engl, ere 'frühe', ahd. êracchar (aus *er-wakkar) 'frühe, wach'. Wahr-
Erstaufführimg
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scheinlich wurde der Stamm urspr. nur von der Tageszeit gebraucht, wie früh und der idg. Verwandte gr. Sri (aus *äjeri) 'morgens*. Erstaufführung s. U r a u f f ü h r u n g . ersticken Ztw. Erbe des mhd. Intrans. ersticken und des davon abgeleiteten trans. Faktitivs erstechen 'ersticken machen*. Zu stecken (s. d.), Grundbed. von ahd. irsticchen ist 'mit dem Atem stecken bleiben'. Ertag s. D i e n s t a g . ertappen Ztw. 'erwischen' seit d. 16. Jh. zu frühnhd. tappe 'Pfote', s. d. erwähnen Ztw., mit Vorsilbe er- kaum vor J . R. Sattler, Teutsche Orthographey (Basel 1607). Statt dessen mhd. gewähenm, gemtoc, gewogen, ahd. giwahan(en), giwahinen (mit -e« aus -jan) schw. Präs. mit st. Prät. giwuog (mit gramm. Wechsel, ohne präs. n), Part, giwaht neben giwahanit. Dazu (wieder mit gramm. Wechsel) mhd. wüegen 'gedenken machen, in Erinnerung bringen', asächs. giwçgi 'suggérai', mnd. gewogen, mnl. ghewaghen, ghewoech 'vermelden', nnl. gewogen, ahd. giwaht 'Ruhm', md. gewach m. 'Erwähnung', mnd. gewach, mnl. ghewach, nnl. gewag 'Vermeidung', ags. wöm(a) m. 'Lärm', anord. ömun f. 'Stimme' (aus *wohmor), vätta (aus *wahtön) 'bezeugen', vättr (aus *wahta¡¡) 'Zeugnis', isl. ömr 'Laut'. Von Wahn und wähnen ist die Sippe zu trennen. Außergerm. Verwandte sind u. a. apreuß. wackis 'Geschrei', lat. vox 'Stimme', voeö 'rufe', gr. èpos 'Wort', ops 'Stimme', toch. A wak, Β wék 'Stimme', aind. vákii 'redet', väk, váías 'Rede'. Alle zum idg. Verbalstamm *ueku-: *W>hu- 'sprechen'. — Nhd. ä durch Kontraktion aus ähe wie in Ähre, v e r m ä h l e n , Zähre, mit diesen einer der Falle, in denen h früh zum bloßen Dehnungszeichen geworden ist. Erz n. ahd. aruz(zi), asächs. arut n. (Ahd. Glossen 2, 672). Dazu altgutnisch ertaug, aisl. erlog, erlüg f. Öre' aus urnord. 'arutitaugu 'Erzfaden'. Die Sippe, unverw. mit got. aiz, ahd. er 'Erz' (s. ehern), ist mit lat. raudus 'formloses Erzstück als Münze', aslav. ruda 'Erz, Metall' u. a. entlehnt, am ehesten aus sumer. urud(u) 'Kupfer': H. Hirt, Idg. Gramm. 1, 168; T . E . Karsten 1928 Die Germanen 196. Erz- als Vorsilbe stammt aus gr. ápxt- (gesprochen arki) 'der erste, oberste', vermittelt durch kirchenlat. archi- mit der von Nordafrika ausgehenden «-Aussprache (vgl. Arzt). Nach einem Vorbild wie arehi-episcopus entsteht ahd. trzi-bischof, mhd. folgen çrz-priester, -çngel, diesem wieder çrz-bote und im 15. J h . weltliche deutsche Bildungen wie erz-buobe, -kanzler, -marschalc, -schelm, im 17. J h . Adjektiva wie erzfaul, -dumm. erzen Ztw. 'mit Er anreden' seit Zaupser 1789 Bair.-oberpf. Id. 23. Nach duzen, s. o.
Esche
Erzeugnis n. fehlt noch bei Adelung 1774, erscheint als Wiener Ersatzwort für P r o d u k t , in Deutschland ungebräuchlich, bei C. F. Nicolai 1785 Beschr. e. Reise im Jahr 1781, Bd. 5, 310 „Erzeugnisse der k. k. Erblanden", beifällig aufgenommen von Adelung 1793, Heynatz, Antibarb. (1796) 396 und Campe 1801 Verd.-Wb. 560». Allgemein durch Schiller, Goethe und J . H. Voß 1800 Virgils Ländl. Ged. 3, 269. Wesentlich ist geworden, daß das Bürgerl. Gesetzb. (schon im Entwurf 1896 §196) von (land- und forstwirtschaftlichen) Erzeugnissen spricht. — Nnl. voortbrengsel ist älter. es Pron. ahd. mhd. äj, Gen. ës: zu dem unter er (s. d.) entwickelten Pron. der 3. Pers. idg. *i-. Kürze ist geblieben, weil neben e s keine flektierten Formen standen, in denen der Vokal offen werden konnte. Mhd. ? ist zu s geworden, damit sind beide Formen zusammengefallen. Der Gen. in Wendungen wie ,,es ist Zeit", „ich bin's zufrieden" wird als solcher nicht mehr empfunden, sondern zum Nom. oder Akk. umgedeutet und demgemäß nachgebildet: „das walte Gott". Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie. Vgl. er. Eseh m. 'Getreideteil der Gemarkung'. Lat. ador (*ados-) 'Spelt' urverwandt wohl got. atisk 'Saatfeld, Feldflur'. Ihm entsprechen ahd. (¡ßisc, mhd. tfóesch, asächs. ezk (aus *etisk) in Ortsnamen wie Varenesch in Oldenburg, Schildesche und Temesche (889 Ternezca) in Westfalen, mnd. esch 'Saat, Feldflur', bair. eS(l), schwäb. öS, hess. ei, westfäl. ostfries. esk: Solmsen, Idg. Eigennamen (1922) 61. Esche f. 'Fraxinus exelsior L.' Mhd. esche f., asch m., ahd. asächs. dän. schwed. ask, mnl. ρ see, nnl. esch, nordfries. esk, ags. œsc, engl, ash, anord. ashr m. weisen auf urgerm. *askiz, aus *osk-, das wohl auf *os-sko- zurückzuführen ist. Dieselbe Grundform setzen voraus gr. ox$è, oxia 'Buche; Speer', alban. ah 'Buche', armen. haçi 'Esche'. Mit n-Erweiterung entsprechen urslav. *ascenï, *asenü 'Esche' mit breitem, gleichbed. Gefolge, lat. ornus (aus *osinos) 'wilde Bergesche; Speer', urkelt. *onnä (aus *osnä) mit air. huinnius, kymr. akorn. onnen, bret. ounnenn 'Esche'. Das unerweiterte *ösis zeigen lit. tísis, lett. ûsis, apreuß. woasis 'Esche'. Die Esche ist ein Charakterbaum der Urheimat gewesen; zuerst im Germ, ist Asei-burgium (Tacitus) und Άσκιβούργιον ôpoç bezeugt. Nhd. E s c h e hat Umlaut aus der Mz. (wie G r ä t e , S c h l ä f e , S c h ü r z e , T r ä n e , T ü c k e , Zähre), auch das Adj. eschen (mhd. çschin) mag mitgewirkt haben. Umlautloses Asche noch bei Goethe in Briefen (hg. v. Ph. Stein II 191 und 217; I I I 272). Aus Eschenholz werden Lanzen, Schiffe und Geräte hergestellt, die darum oft den Baum-
Esel
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ñamen tragen, s. Asch und anord. askr 'Speer, kleines Schiff, Gefäß', ags. cesc 'Speer', mnd. asch, esch 'Gefäß, Dose': Hoops 1913 Reallex. 1, 631. Marzell Wb. 2, 487. £sel m. mhd. mnd. mnl. esel, ahd. asächs. fsil. nnl. esel, ags. e(o)sol, got. asilus: sämtlich aus lat. asinus mit l aus η (wie Igel, Kessel, K ü m m e l ) oder aus vulgärlat. asellus, dagegen anord. ami entlehnt aus afrz. asne. Dan. œsel ist dt. Lehnwort. Die Germanen haben sehr früh das Tier von den Römern kennengelemt; germ. *asüuz gehört zu unsern ältesten lat. Lehnwörtern. Lat. asinus (schon bei Plautus, f 184 v. Chr.) ist wie gleichbed. gr. ónos durch thrak.-illyr. Vermittlung aus einer kleinasiat. Sprache im Süden des Schwarzen Meers entlehnt; dazu armen. èS 'Esel'. Die Verbindung mit der Mühle, wo der Esel die Steine drehte, bevor er die Säcke trug, zeigen schon got. asilu-qaímus und ags. esulcweorn. Aus germ, stammt aslav. osllü. Auf jüngerer Entlehnung aus dem Slav, beruhen lit. asilas und apreuß. asilis. J.Brüch 1926 Festschr. f. P. Kretschmer lOff.; E. Schwentner, Idg. Forsch. 65, 147. Gleichbed. mit E s e l sind das zunächst rotw. L a n g o h r (Rotw. Gramm. 1755 S. 14) und der Märchenname G r a u s c h i m m e l . Kelleresel 'Assel' bildet ital. asello nach. (Maler-)Esel 'Staffelei' seit Stieler (1691) 206 „Bock , . . lignum cui tabula cum pingitur imponi solet, alias ein Esel" stammt (wie engl, easel) aus nl. ezel: mit S t i l l e b e n (s. d.) eine Erinnerung an die Vorherrschaft der holl. Malerei. S. Assel. Eselsbrücke /. pons asinorum ist nach Eislers Wb. d. philos. Begriffe urspr. eine 'logische Verhältnisse veranschaulichende Figur'. Demgemäß J. Chr. Günther 1736 Ged. 462 „ein Schulfuchs, der die Eselsbrücke tritt". Adelung bucht 1774 E. als 'Schwierigkeit, welche Unwissende in Verlegenheit setzt'. Seit Schwan 1783 Deutsch-frz. Wb. 1, 80 in heutiger Bed. 'pont aia ânes, ein elender Behelf für Unwissende:, Zs. f. d.Wortf.4, 127. 7,139. Dafür in neuerer Schülersprache auch pons f . Eselsohr n. 'Knick im Blatt eines Buchs' seit Martin 1637 Parlement nouv. 12. Im 18. Jh. auch Ohr schlechtweg. Schwed. hundöra. Eskorte f . Spätlat. *exeorrigere 'achtgeben' liefert ital. scorgere 'einen Zug ordnen, ihn geleiten'. Dazu ital. scorta, frz. escarte 'Schutzgeleit', das seit Scheibner 1695 bei uns erscheint. Unmittelbar aus ital. scorta war frühnhd. scart f . 'Wache' entlehnt, als neues Wort bei J. v. Schwarzenberg 1634 Kummertrost 17 V. 46 Scheel. Espe /., auch 'Zitterpappel' 'Populus tremula L·.', mhd. aspe, ahd. aspa, mnd. mnl. çspe, nnl. esp, ags. assp(e), anord. gsp, dän. schwed. engl. asp. Dazu das Adj. espen, mhd. ahd. çspïn, mnd. afries. espen ags. œspen, engl, aspen (dies
essen
umgefärbt nach dem Subst.). Germ, -sp- ist umgestellt aus älterem -ps- (vgl. ags. œpse und Wespe). Außergerm, entsprechen gleichbed. lett. apsa, apreuß. ábse, nordÜt. apuüls, russ. osina (aus *opsina; vgl. mhd. espin), poln. os(in)a. Gr. aspls 'Schild' erinnert als 'aus Espenholz' an nördlichere Urheimat, Griechenland selber hat keine Espe, daher auch den Baumnamen nicht mehr. Auch das rituelle Holzschwert aind. sphya kann solchen Relikt darstellen: P. Thieme, Akad. Mainz, Geistesw. Kl. 1963, 11, 647. Aus dem ältesten Armen, entlehnt sind türk. apsak 'Pappel' und tschuwaschisch éwês 'Espe', ein idg. *apsä bestätigend. Damit ist die Espe als Charakterbaum der Urheimat von Germanen und Indogermanen gesichert, s. Esche. Dort ist auch das seit dem 16. Jh. auftretende nhd. E s p e erklärt. Esperanto n., nach lat. sperare 'hoffen' Pseudonym des Dr. med. Zamenhof in Warschau und seine meist aus dem Romanischen konstruierte Weltsprache, wie V o l a p u k . Esplanade /. Zu lat. explanare 'ausebnen' gebildet ist span, ex-, espionada, frz. esplanade 'Raum zwischen Stadt und Zitadelle, der dieser auch nach der Stadtseite freies Schußfeld sichert'. Gelangt im 17. Jh. mit dem frz. Festungsbau zu uns. Zesen 1667 Handb. der jetzt üblichen Kriegsbaukunst 30 schlägt dafür F e l d s c h u t t vor. Esse f . Zur idg. Wz. *as 'brennen' vgl. Asche (in lat. äridus 'dürr', ardere 'brennen', awest. ahya 'Darre') stellt sich germ. *asjö (vorausgesetzt durch das früh entlehnte finn, áhjo) 'Esse, Feuerherd des Metallarbeiters'. Lautgerecht entwickeln sich daraus aschwed. cesja, schwed. ässja, ahd. fssa (über *pssja aus *assja), mhd. esse. Die Schreibung Äs s e haben die Sprachmeister lange begünstigt, um das Wort gegen essen abzuheben, ü s s e hält sich von Geiler bis Goethe als hyperhd. Schreibung. Heute ist Esse 'Abzugsrohr für den Rauch' wesentlich ein Wort des östl. Mitteldeutschlands. Gleichbed. gilt nordd. S c h o r n s t e i n , thür. nordbair. S c h l o t , südwestd. und tirol. K a m i n , österr. R a u c h f a n g . Auf das Gebiet von Esse ist das junge E s s e n k e h r e r (nie Fam.-Name!) beschränkt (gegenüber Schornstein-, Schlot-, Rauchfangkehrer, Kaminfeger) : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 436ff. Vgl. Asche 1 . essen st. Ztw., mhd. é¡¡%en, ahd. ë^an, asächs. ags. ëtan, anfr. ëton, mnd. mnl. nnl. eten, afries. ëta und (mit Übergang in die i-Klasse) ita, engl. eoi, anord. eia, schwed. äta, dän. cede, got. itan: mit Aas, a t z e n , ä t z e n , f r e s s e n und Z a h n zur idg. Wurzel *edr 'essen' in lat. edö, Perf. Mi, gr. édonai, lit. edu, früher emi (aus *ëdmi), lett. ëmu, aslav. ja(d)rnl, aind. ádmi, hethit. edmi 'ich esse'. Wie alt die Sippe ist, verrät die Übereinstimmung
Essenz
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unsres subst. Inf. E s s e n , ahd. ë ^ a n η., mit gleichbed. gr. edanón, aind. ddana-, hethit. adanna, oder des dehnstufigen Frät. wir a ß e n , got. ètum, mit gleichbed. lat. êdimus, aind. ädimd. Essenz f . Lat. essentia als Lehnübersetzung von gr. usia (ούσ(α) 'Wesen' geht auf Cicero zurück. Bei uns tritt essemje 'Wesen' spätmhd. auf (Germ. 18, 272), als theol. Wort wirkt es noch lange fort: G. Schopps 1914 Zs. f. d. Wortf. 16, 183. Wichtiger wird E. als Wort der Alchimisten. Nach pythagoreischer Lehre ist neben den vier Elementen quinta essentia der unsichtbare Luftoder Ätherstoff; daraus entwickelt sich Q u i n t essenz 'Auszug aller feinen Kräfte'. Paracelsus widmet das 4. Buch seiner Arehidoxa der Quinta Essentia und wechselt im Ausdruck zwischen q. e. und essentia; schon 1626 spricht er von esserdien (Weimann). Nach ihm hat Leonh. Thumeysser 1678 Essente vollends eingebürgert: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 180. Essig m. Mit dem Wein (s. d.) dringt aus Rom die Kenntnis des Weinessigs (DWb. 14, 1, 907) früh nach Deutschland. Lat. acêtum (mit acidus 'sauer' und acere 'sauer sein' zu äcer 'scharf' wie gr. óxos «. 'Weinessig' zu oxys 'scharf') ergibt got. akeit, asächs. ?kid, ags. feed, Schweiz, achiss, echiss. Dagegen sind über *atêeum entlehnt : asächs. mnl. anord. çdik, mnd. et(t)ik, ahd. mhd. tfôïh. Ähnliche Kons.-Umstellungen bei E r l e , F i e b e r , k i t z e l n . Ahd. mhd. i, anzusetzen wegen spätmhd. eszeich, entspricht dem lat. β, vgl. Münze und M. Förster 1941 Themse 679. Nhd. -g aus -eh ist in nachtoniger Silbe lautgesetzlich entstanden, s. a d l i g , b i l l i g , Reisig. Durch got. Vermittlung gelangen Wort und Sache nach Osteuropa: aus got. akeit stammt aslav. odtü. Altheimische Benennung des Essigs im westl. Niederdeutschland ist sür n. Essigmutter /. 'Bodensatz im Essig' zu M u t t e r * 'Hefe', das z. B. bei Stieler 1691 und Frisch 1741 allein für E. steht. Dieses kaum vor Thumeysser 1678 Hist. u. Beschr. 61, nachmals beliebt bei Jean Paul. Merkwürdig das Zus.Treffen mit einer gleichbed. roman. Sippe: venez, madre, mailänd. mader, afrz. mere, sav. meire, mare "(Essig)-Hefe'. Ester m. 'chemische Verbindung, die durch Vereinigung von Säure und Alkohol unter Wasseraustritt entsteht'. Zuerst bei Leop. Gmelin 1848 Handb. d. organ. Chemie4 1, 182. Kurz vorher in Justus Liebigs Gießener Laboratorium als Klammerform aus E s s i g ä t h e r entstanden: A. Götze 1939 Mutterspr. 64, 337f. Entsprechend hat Zeise 1833 M e r k a p t a n aus Corpus Mercurium captans gebildet, 1836 J . C. Poggendorff A l d e h y d aus Alcohol dehydrogenatum.
etlich
Estrich m. Frühmlat. aslracus, aslricus 'Pflaster' (die Formen stehen nebeneinander wie monaeus und monieus 'Mönch' und gehen zuletzt auf gr. óstrakon 'Scherbe' zurück, wie pavir mentum testaeium auf testa 'Scherbe') ergeben urdeutsch *astrak, *astrik, woraus ahd. astrìh, çslirîh, mnd. astrak, esterik, mhd. çsterïch. Römische Siedler haben das Wort mit der Sache ins Rhein- und Donautal gebracht; es fehlt dem Md., auch Luther kennt es nicht. Von Tirol bis Basel heißt der (früher manchmal gepflasterte) Dachraum E., rhein.-pfälz. die Zimmerdecke: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 134.168; zur Sache M. Heyne 1899 Wohnungswesen 78. 261f. Zum Wandel von gr. óstrakon zu lat. astracus ist wichtig Isidor, Etym. XV 8, 11 = X I X 10, 26: Ostraeus est pavimentum testaceum, eo quod fractis testis calce admixto feriatwr; testa enim Qraece óstra diami. Dazu F. Sofer, Glossa 18,129. Etage f . Zu lat. stäre 'stehen, verweilen' gehört mlat. *statieum «., ital. staggio, frz. étage m. 'Aufenthalt, Wohnung, Stockwerk', das im 17. Jh. bei uns eindringt. Genuswechsel wie bei den andern auf -age (Blamage, Renommage, Stellage). Zesen schlägt 1664 für das damals junge Fremdwort Ü b e r s a t z , V e r h ö h u n g vor, es hat sich auch von Köln bis Oberbayem eingenistet für G a d e n , G e s c h o ß , Stock(werk): Kretschmer 1918 Wortgeogr. 638. Etappe /. Mnl. stäpel 'Stapelplatz' ergibt afrz. estaple 'Warenniederlage', frz. étape 'Verpflegplatz fürs Heer, Raatort, Standquartier'. Seit Sperander 1728 in unser Heerwesen übertragen, hat das Wort auch erweiterte Bed. wie 'Strecke, Halt in einer Entwicklung' angenommen. Ethik /. 'Sittenlehre' (s. d.), nach griech. éthos, ethos, 'Sitte, Gebrauch, Herkommen'. Mit S i t t e urverwandt s. d. Ethnographie /. 'Völkerkunde', nach griech. étimos 'Volk'; zu éthos, also 'Gemeinschaft gleicher Sitte'; grdphein '(be)schreiben'. Etikette /. Nd. sticke 'Stiftchen', verwandt mit S t e c k e n , ergibt nordfrz. estiquete, frz. étiquette, das sich kaufmännisch über 'Stift zum Anheften eines Zettels' zu 'Bezeichnungszettel' entwickelt. So bei uns zuerst in einem bair. Generalmandat vom 26. Nov. 1701 A r z n e i - E t i q u e t t e n . Im Gebrauch des Pariser Hofs wird é. aus 'Zettel' zu 'Zettel mit der Hofrangordnung', danach "Inbegriff der (bei Hof geübten) Förmlichkeiten'. So zuerst in Wien 1708: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 182. Zum Genus Zs. f. d. Wortf. 7, 67; H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2,148. etlich Pron. Zu got. alßpau 'vielleicht, etwa' (s. oder) stellt man ein pronominales ahd. êdde(s) 'irgend', das in ahd. ëdde(s)hwëlïh mit welch verbunden erscheint. Mit innerer Kürzung wird hieraus ahd. ëta-, êteslih, mhd. ête(s)lîch
Etui
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'irgendeiner', Plur. 'manche'. Spätmnl. etliek, nnl. ettelijk ist aus dem Mhd. entlehnt. Formeln wie „etliche zwanzig" aus älterem „etliche und zwanzig" lassen die Einerzahl unbestimmt, vgl. „zwanzig Gulden und ungerade Kreuzer" bei Hebel. O.Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 385f. Etui « . 'Kapsel, Behältnis', bei uns seit J . T. Hermes 1778 Sophiens Reise 6, 439. Aus gleichbed. frz. étui, afrz. estui. Dies ist Rückbildung aus afrz. estuier 'in eine Hülle legen' aus vulgärIat. *studiare 'eifrig um etw. bemüht sein'. etwa Adv., mhd. êtewâr 'irgendwo', s. e t l i c h und wo. Entspr. et wan, mhd. ëtewanne 'irgendeinmal', e t w a s n. zu ahd. mhd. êtewêr 'irgendeiner'. Etymologie /. Zu gr. ίτυμοί 'wahrhaft' und λόγος 'Wort' gehört έτυμο-λογία 'Nachweis des Ursprungs eines Worts', das über lat. etymologia in die deutsche Wissenschaft gelangt, als etymologei 1620 bei Paracelsus (Weimann), als ethimohgey bei Emser 1521 (Luther und Emser hg. Enders 2,145). Eingebürgert seit 1641 durch Gueintz und Schottelius. E t y m o l o g i s c h kaum vor Bödiker 1729: Zs. f. d. Wortf. 15, l ö f . eueh Pron. Mhd. iu(wi)eh, ahd. iuwih Akk. (Dat. ahd. mhd. iu), ags. low, später êow(ic) Akk., êow Dat. anord. ydr, yd(v)ar (mit δ aus B , dies aus z), got. mois (für Dat. und Akk.). An den Stamm des Pron. der 2. Pers. idg. *es-, germ. *izzum Pron. *idg. e tritt germ. *-wÌ2 (idg. *-wes, aind. vas, lat. vos). Dann wäre germ, 'eswis ein alter Dual wie gr. sphö (acpco)'ihr beide' aus idg. s- und *bhö 'beide'. Anders F . Kluge 1909 Zs. f. d. Wortf. 10, 65. Aus Reduplikation *mz-wiz und Dissimilation: H. F . Rosenfeld, Zs. f. vgl. Phon. 1955, 371. — Der Dt. Sprachatlas bietet 'euch' Akk. auf den Karten 21, 43; dazu 'eure', 'eurem' handschriftlich. euer Poss.-Pron. ahd. iuwêr, ags. ëower, got. izwar. Gebildet wie u n s e r , ahd. unser, got. unsar. Eule /. Ahd. ùntila, mhd. iuwel, iule, ags. ylrtwist 'VogelfaUe* (mit Lockeule) weisen auf germ. *uwwilön, ül- in ahd. Männernamen, mnd. nd. ags. nie, nnl. uü, engl, owl, anord. ugla (aus *uggwala mit lautgesetzl. Übergang von germ, im in nordgerm. ggw) auf germ. *uimalön. Beide stehen verkleinernd zu *uwwön, der lautmalenden Bezeichnung der größten Eulenart (s. Uhu): H. Güntert 1930 Beitr. z. neuer. Lit.-Gesch. 16, 10. — Der runde Besen aus Borsten heißt wegen seiner Ähnlichkeit mit einem Eulenkopf nd. (här)üle, thür. ( K e h r - ) E u l e . Dazu nd. ülen 'fegen' Kretschmer 1918 Wortgeogr. 229f. E u l e n s p i e g e l , eig. 'verre podicem', verbindet dieses ülen mit einem zunächst weidmänn. S p i e g e l 'cul««' (DWb.10, 1, 2239f.; Zs. f. dt. Phil. 63, 235ff.). E u l e n f l u c h t , nd. ülenvluchl, nl. uilenvlugt 'Zeit da die Eulen fliegen, AbendE l o g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aufl.
Exekution
dämmerung' zeigt) wie A u s f l u c h t , s. d.) F l u c h t im Sinn von 'Flug'. Euphemismus /. 'beschönigender Ausdruck' zu griech. en 'wohl', phèmi 'spreche'. Euter w., mhd. ü1er, iuter n. m., ahd. ülar(o), üiir, asächs. mnd. mnl. afries. ags. Uder, nnl. vier, engl, vdder. Daneben mit Ablaut mnd. jeder, afries. jäcler, anord. jü{g)r (aus *jüdr), norw. jwr, dän. yver, schwed. juver. Idg. *eudh- 'schwellens, aind. üdhar, gr. οδθαρ, lat. über·, dazu rus.' údet\ iidéti anschwellen': E u t e r ist "das Schwellende'. O. Szemerényi, in: Glotta 34, 2 : auch illyrisch, keltisch, slawisch. Dt. Wortatlas X I X . evangelisch Adj. wird dem lat. evangelica (zu gr. εύ-αγγέλιον 'gute Botschaft') im 11. J h . entlehnt, zunächst in der Bed. 'zum Neuen Testament gehörig'. Luther, der den Begriff Evangelium auf die ganze Bibel ausdehnt, nennt seine Lehre seit Dez. 1520 e v a n g e l i s c h , sofern sie überall vom Bibeltext ausgeht. Wie dieser vorkonfessionelle Gebrauch in den konfessionellen mündet, wird Zs. f. d. Wortf. 13, I f f . gezeigt Ewer m. 'Flußfahrzeug der unteren Elbe* asächs. 'envaro 'Schiff das nur ein Mann führt' fläm. (1252) ënvare, mnd. ëvar, êver (mit Lautwandel wie S c h o n f a h r s e g e l zu S c h o b e r s e g e l . ) Ever in hd. Text seit Hamburg 1668. Vgl. E i n b a u m ; Kluge 1911 Seemannsspr. 229ff.; Szymanski 1932 Der Ever der Unterelbe (Quellen u. Darst. zur hans. Gesch., N. F . 9). ewig Adj. mhd. mie, ahd. asächs. ewig, mnl. nnL eeuwig, afries. èwich, abgeleitet von dem germ. Wort für E w i g k e i t , das bei uns neben diesem abgestorben ist und nur noch in nnl. eeuw 'Menschenalter; Jahrhundert' lebt: got. aims m. 'Zeit, Ewigkeit', anord. sevi 'Lebenszeit', ahd. êwa, èw(n) 'Ewigkeit'. Dazu anord. iang-sër 'long-aevus' sowie das Adv. got. aiw 'je', anord. &, ei, ey, ags. afries. ä, ahd. éo, io 'immer' (s. je), ¿-Stamm in adverbieller Funktion. Die nächsten außergerm. Verwandten sind lat. aevum 'Lebenszeit', gr. aiön 'Zeitalter, Lebenszeit, Ewigkeit', aid (aus ctlfecri) 'immer', aind. ayus 'Leben', toch. äym- 'Geist, Leben'.Vorauszusetzen ist idg. «-Stamm *aiyr, *äiyr, 'Lebenskraft'. Vgl. F . Mezger, Zs. f. v g l Sprachig. 72 (1954) 127. — Vgl. E h e . Examen ». Lat. exämen 'Prüfung' (urspr. 'Ausschlag der Waage', aus ex und *agsmen zu agere) erscheint in deutschem Text seit Paracelsus 1537 (Weimann). E x a m i n i e r e n , schon im 14. J h . gebildet (Lexer, Nachtr. 168), steht seit 1528 in schultechn. Sinn. Exekution /. Zu lat. exsequi 'verabfolgen, vollziehen' gehört ex(s)ecütio 'Vollzug'. Das bei uns seit 1453 geltende Kanzlei- und Rechtswort gelangt nach Mitte des 17. J h . zur Bed. 'Hinrichtung': H. Schulz 1913 Fremdwb. 1 , 1 8 5 . 12
Exempel
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Fabrik
Exempel η. Zu lat. eximere 'herausgreifen' ist presse (seit Ende dieses Jh.) ist Kürzung aus über *ex-em-lom mit Entwicklung von ml zu mpl expresser B o t e ; Expreßzug übersetzt das exemplum 'Beispiel* gebildet, das seit dem 13. Jh. seit 1846 bezeugte engl, express train: H. Schulz als mhd. exempel erscheint. Die Weiterbildung 1913 Fremdwb. 1, 191. Als Entlehnung aus frz. lat. esemplar ist gleichzeitig in der Bed. 'Vorbild' exprès gilt vom Mittelrhein bis zur Schweiz exentlehnt, die seit dem 17. Jh. allein im Adj. preß für nordd. mit Willen, md. mit Absicht, exemplarisch fortlebt. 'Einzelner Abzug eines südd. mit (zu, aus) Fleiß: Kretschmer 1918 Buchs' ist Ε χ e m ρ 1 a r seit Beginn des Buchdrucks, Wortgeogr. 336. während die heute gangbare Bed. 'einzelnes extern Ztw. 'beunruhigen, kleinlich quälen, Stück einer Gattung von Naturerzeugnissen' auf necken', ein md. nd. Wort, früh bei Hermes 1778 gelahrter Entlehnung des 19. Jh. beruht. H. Sophiens Reise 3, 97 und Kindleben 1781. Die Schulz 1913 Fremdwb. 1,185 f. übliche Herleitung von frz. exciter 'aufregen' exerzieren Ztw. nach lat. exercêre 'ohne Rast zwingt dazu, die gleichbed. obersächs. äksem, beschäftigen, üben', ist im 16. Jh. aufgekommen: thür. ecksein, hess. ickem von extern zu trennen: Rot 1671 bucht, Fischart 1675 Garg. 288 ver- K. Müller-Fraureuth 1911 Wb. der obersächs. wendet es. Als milit. Fachwort seit 1601 : Zs. f. d. Ma. 1 , 1 2 ; Zs. f. d. Wortf. 13. 314. Wortf. 14, 68. extra Adv. aus der formgleichen lat. Präp. extra Exil «., aus lat. exilium 'Flucht aus dem 'außerhalb'. Auszugehen ist von der lat. WenVaterland, Verbannungsort', dt. Ende 18. Jh. ; dung extra ordinem 'außer der Ordnung', die zu lat. ex-silere 'herausspringen'. seit Mitte des 16. Jh. in deutsche Kanzleitexte Existenz s. Dasein. eingeschoben erscheint und nlat. exlraordinarius, exklusiv Adj. Engl, exclusive 'sich absondernd' frühnhd. extraordinari 'außerordentlich, besonders* (letzte Quelle lat. ex-dMere 'ausschließen') wird liefert. Nach dessen Muster entstehen hybride um 1830 entlehnt, etwa gleichzeitig mit Dandy, Bildungen wie extrafleißig, E x t r a g e l d , die fashionable, Gentleman u. a. Ausdrücken in syntakt. Zerlegung („was man extra braucht") der engl. Gesellschaftssprache: H. Schulz 1913 im 18. Jh. das Adv. e x t r a 'besonders' ergaben, an das sich zu Ende dieses Jh. Gebrauch als Adj. Fremdwb. 1, 187. Exkönig m. eine nach Mustern wie spätlat. („was Extras") anschloß: H. Schulz 1913 Fremdex-consul, frz. ex-minislre 'gewesener Konsul, wb. 1, 192 f. Minister' im 18. Jh. auftretende Bildungsweise, Extrakt m. Lat. extractum (subst. N. von exdie Campe 1813 Wb. z. Verd. 299 mit Exmini- tradas, Part, zu extrahere 'herausziehen') liefert ster, - r a t belegt. Vorher E x j e s u i t Haude- frühnhd. das extract, neben Essenz (s. d.) als Spenersche Ztg. 1773, Nr. 120; Exschuster Fachwort bei Alchimisten wie Thumeyßer 1683. Müller 1784 Siegfr. v. Lindenberg 148; Exdekan Entspr. extrahieren seit Paracelsus 1526 Jean Paul 1794 Hesp. 1, 93; Exmönch Seume (Weimann). Die Chemie führt das alte Fach1801 Mein Leben 56; Exküster Seume 1806 wort über Leibniz zu Liebig fort; das Genus Mein Sommer 47; Exkönig Heine, Werke 6, 381. wandelt sich nach Vorbildern wie Auszug und exotisch Adj. Gr. exötikos 'ausländisch' ge- S a f t : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 195. langt über lat. exoticus 1727 zu uns, besonders zur Exzellenz /. aus lat. excelleniia 'Herrlichkeit' Kennzeichnung von Pflanzen, Tieren und Men- am Ende des 16. Jh. entlehnt: H.Schulz 1913 schen ferner Länder. Fremdwb. 1,196. exzentrisch Adj. nlat. excentricus von Kreisen, expreß Adv. Lat. expresse 'ausdrücklich', Adv. zu expressus, dem Part, zu exprímete 'ausdrücken', die nicht den gleichen Mittelpunkt haben, demwird im 16. Jh. entlehnt und teils unverändert gemäß in math.-astron. Fachsprache seit Meißner gebraucht, teils in den Weiterbildungen expres- 1737 Philos. Lex. Die übertragene Bed. 'übertenlich und expresslich. Gebrauch als Adj. („ein spannt, verstiegen' seit Philippi 1743 Regeln der expres Verbot") beginnt im 17. Jh., der E x - Reimschmiedekunst 130.
F Fabel f. Lat. fabula (mit färi 'sprechen', fatêri 'bekennen', fama 'Gerücht' usw. zur Wz. idg. *bhä 'sprechen', s. Bann) gelangt über afrz. fable 'Märchen, Erzählung' zu Beginn des 13. Jh. ins Mhd. (Suolahti 1929 Frz. Einfluß 276). Auf die äsopische Fabel wird das Wort erst in den
'Tagen Hagedoms und Gellerts beschränkt; die ιumfassende Bed. bleibt in fabeln und fabelhaft. ]Fabulieren seit 1516 nach lat. fäbuläri: Kluge :1918 Von Luther bis Lessing 154; H. Schulz 1913 JFremdwb. 1, 197f. S. infam. Fabrik /. Frz. fabrique (aus lat. fabrica 'Hand-
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Fach
werkerarbeit', zu fdber m. 'Handwerker'; ein germ. Verwandter unter deftig) gelangt im 17. Jh. zu uns in der Bed. 'Herstellungsart)', die sich seit Anfang des 18. Jh. wandelt in 'Gebäude zur Herstellung von Waren': H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 198. Dazu fabrieiren 'machen, herstellen, verfertigen' Paracelsus 1520 (Weimann), F a b r i k a n t ; F a b r i k a t n. ist dt. Neubildung vom Ende des 18. Jh. Fach ». mhd. vach, ahd. fah 'Teil, Abteilung e. Raumes oder Gewässers', asächs. fak, mnd. ani. vak 'Einzäunung, abgeteilter Raum', afries. ek, ags. fœe 'Abteilung, Zeitraum' (diese Bed. nach Ausweis von mnd. väken, nnl. vaak 'oft' auch festländisch). Ein nur wgerm. erhaltenes Wort, Grundbed. 'Fügung'. Zu *pä£- und *päg- 'festmachen' in lat. pägus 'Bauemgemeinde, Gau', pangere 'befestigen', gr. pêgnynai dass., pdgë 'Schlinge, Falle, Fischreuse', russ. paz 'Fuge'. Nach Edw. Schröder, Dt. Namenkunde (1938) 271ff. dankt das Wort s. Verbreitung (auch in Ortsnamen wie Fach, Vacha, Fecht, Fachingen, Vachdorf, -heim, -statt) Fischzäunen zum Lachsfang, wie sie überall geflochten wurden und mit dieser Bezeichnung von Thüringern, Cheruskern, Chatten und Franken benannt wurden. Vgl. f a n g e n und fügen. -fach Adj.-Suffix, mhd. -vach in manee-, zwivach, das ahd. noch fehlt. Mhd. vach n. bed. auch 'Falte': so mag manec-vach 'viele Falten, Abteilungen habend' älterem maneevalt 'mannigfaltig' nachgebildet sein. S. manch. fächeln Ztw., kaum vor Schaidenreißer 1637 Odyssea 66, 12 Weidling: zu frühnhd. feehel m. 'Fächer', s. d. Fächer m. Mlat. focäre 'entfachen' (zu lat. focus 'Feuerstätte') wird früh entlehnt, ist aber erst bezeugt als spätmhd. fochen 'blasen'. Dazu frühnhd. focher 'Gerät zum Windmachen' mit Nebenformen wie fechel, focht,
focker,
fucker.
F ä c h e r 'umbrella' (zuerst Reyher 1686) setzt sich seit Geliert 1746 Loos 4, 3 durch und verdrängt gleichbed. pfälz. wedel, schwäb. wendelin (aus frz. éventail), österr. waderl, schles. schatten, nd. waier.
Faden
hatte. Unverkürztes lat. facula, auf dem auch kymr. fagl beruht, hat früh ags. fœcele ergeben. Altheimisch ist das gleichbed. mhd. mnd. blas, ags. blœse, engl, blaze, verwandt mit bla S und Blesse, s.d. Aus volkslat. * torca, mlat. tortiaium (zu lat. torquêre 'drehen') stammen frühnhd. T o r t s c h , nnl. toorts, engL torch, frz. torche
'Fackel'. Windlicht setzt ein mhd. wintlieht 'Wachsfackel' fort. fackeln Ztw. mhd. (14. Jh.) vacklen, urspr. 'unstet sein wie die Flamme einer Fackel', so Frisch 1 (1741) 236 'ardere ut faces soient'. Seit Nieremberger (Regensb. 1763) „nicht lange fakkeln, nihil cunctari, morari".
Ahd. gafaclita h a t
mit dem so viel jüngeren Ztw. nichts zu tun: E. Ochs, Neuphilol. Mitt. 1921,124. fade Adj. Für lat. fatuus 'mit Dummheit geschlagen, ungesalzen' tritt unter Kreuzung mit lat. vapidus 'schimmlig, verderbt'spätlat. *fatidus ein, das im gleichbed. frz. fade fortlebt. Das frz. Adj. wird im 18. Jh. merkwürdig zögernd entlehnt: J. Chr. Günther 1736 Ged. 467 „Sie thut, ich weiß nicht wie? Der Frantzmann nennt es fade", aber auch noch 1761 Bibl. d. schönen Wiss. 1, 391 „sie verfallen in ein süßes und unschmackhaftes Wesen, welches die Franzosen mit einem Worte f a d e nennen". In deutschem Text seit Richeys Hamb. Ztg. „Der alte Deutsche" 1730 S. 287, doch noch 1772 rügt die Allg. Dt. Bibl. 17,1, 303 „Für fade hat man das deutsche Wort unschmackhaft, wenigstens in vielen Fällen". Seither bis tief in die Mundarten gedrungen, im Südosten auch auf Menschen angewendet: Zs. f. d. Wortf. 7, 251. 8, 69; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,198f. Faden m. Mhd. vadem, vaden (so seit dem 14. Jh., -em noch im 17.), ahd. fadum, -am 'Faden', asächs. fathmos Mz. 'die ausgebreiteten umfassenden Arme; Klafter', afries. fethem 'Zwirn', ags. fceöm 'Umarmung, Klafter; Schutz, Schoß; Faden, Elle; Macht, Ausdehnung, Fläche', engl. fathom 'Faden, Klafter', anord. fadmr m. 'beide Arme; Busen; Umfassung', dän. fam, norw. schwed. famn 'Faden, Klafter' führen auf germ. *fap-ma- 'Umspannung mit den Armen', dann 'so viel Garn, als man mit ausgebreiteten Armen abmißt'. Auf dieselbe Bildung *pet-omä führen über urkelt. *etaml 'Faden' schott. aitheamh, akymr. etera, mkymr. adauet Mz., kymr. edaf, edeu, Mz. edafedd. Ohne m-Suffix entsprechen innerhalb des Germ. ahd. ffdelgold, ags. goldffll
fachsimpeln Ztw. Frz. simple 'einfältig' liefert das obd. Scheltwort Simpel m. 'Dummkopf (kaum vor 1626: H. Fischer 1920 Schwäb. Wb. 5, 1407). Dazu hin-, versimpeln, und danach f a c h s i m p e l n '(zur Unzeit) Fachgespräche führen', das in der 2. Aufl. der Allg. d. Stud.-Sprache 'Blattgold', m h d . vate, fade, got. fapa f . 'Zaun, (Jena 1860) auftaucht. Fackel f., mhd. vackel, ahd. faccala, facchela Scheidewand', anorw. Fgd, Gen. Faöar als Name (aus westgerm. *fakkla mit Kons.-Dehnung un- eines Grenzflusses. Außerhalb vergleichen sich mittelbar vor l)> asächs. fakla, mnl. fackeVe), awest. pathana- 'weit, breit'; gr. pétalos 'ausgennl. fakkel:
entlehnt aus faela (Gramm. Lat. 4, breitet, flach', petdnnymi,
pitnëmi,
pitnö;
lat.
198), der volkslat. Form von lat. facula, das in pando 'breite aus', pateo 'stehe offen', patulus der Kaiserzeit lat. fax, -eis f . 'Fackel' verdrängt 'ausgebreitet, offen', patera Opferschale', passus 12·
fadenscheinig
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(aus *pat-tus) 'Klafter; Schritt'; lit. petys, apreuB. peltis 'Schulterblatt)'. Idg. Wurzel *pet(a)- 'ausbreiten', besonders die Arme. fadenscheinig Adj. Zum mhd. Adj. schìn ( L e x e r 2, 746f.) stellt sich frühnhd. f a d e n s c h e i n Adj. Geiler 1517 Brös. 2, 54b „ein Rock der fadenschein ist". Dazu f a d e n s c h e i n i s c h seit Moscherosch 1652 Exerc. acad. 181, f a d e n s c h e i n i g von Tuch Jablonski-Schwabe 1767, in Übertrag. Sinn erst im 19. Jh. Fagott n. ItaL fagotto ist aus 'Reisigbündel' (zu lat. fägus 'Buche') zum Namen des Holzblasinstruments geworden, bei dem das einst gestreckte Ansatzrohr gebündelt erscheint. Unsem Musikschriftstellern seit Prätorius 1614 geläufig seit Henisch 1616 gebucht. Dem frz. fagot m. entspricht im 18.Jh. d e r F a g o t : H.Schulz 1913 Fremdwb. 1,199. Fähe s. Fuchs. fähig Adj. spätmnd. vihig, bei Luther fehig (seit 1528, nicht in der Bibel: Dietz 1, 623), obd. geht pfachig (1450: H. Fischer 1908 Schwab. Wb. 2, 917) voraus, mhd. gevœhic: bed. als Abi. zu f a h e n (β. f a n g e n ) 'imstande zu fassen' und steht frühnhd. vorwiegend in diesem körperL Sinn. Bed.-Entw. wie bei frz. capable zu lat. capere 'fassen, kapieren', engl, nimble 'geschickt' zu nehmen u . a . : Wolf-Rottkay, in: Kratylos X 195. fahl Adj. Mhd. val, valuer, ahd. falo, asächs. falu, anfr. *falw (gesichert durch mlat. falvus, das im 9. Jh., und frz. fauve 'falb, rötlichgrau', das im 12. Jh. daraus entlehnt ist), mnl. valu, vale, nnL vaal, ags. fealu, Gen. fealwes, engl fallow, anord. fglr, got. *falb- (erschlossen aus dem Roßnamen mgr. «ράλβας Zs. f. dt. Alt. 66,93) führen auf germ. *falwa-. Daneben zeigen obd. rheinfr. falch 'Kuh, Pferd mit fahler Haut', gfalchet 'fahl' aus germ. *falha- aus *pol£os, dieselbe ¿-Erweiterung wie lit. pállías, lett. palss 'fahl'. Außergerm. vergleichen sich mir. liafh, kymr. lltcyd (aus *pleitos) 'grau', lit. païvas, aslav. plavü 'hellgelb, bleich', lat. pallidas 'bleich', pallor 'Blässe', gr. poliós 'grau', peliós, pillos 'dunkel', armen. alile' 'weißes Haar', aind. palitdh 'grau', päntfuh 'gelblich': idg. *peU : *pol· in Ausdrücken für unscharfe Farben. Vgl. b l a u , b l o n d , f a l b , greis. Mastrelli in: Siculorum Gymnasium 1955, 496. fahnden Ztw. Als Intensivbildung zu Wz. *fënp in f i n d e n (s. d.) treten ahd. fantön 'besuchen', asächs. fandon, afries. fandia, ags. fandian 'prüfen, erforschen' auf. Die deutsche Entwicklung des Ztw. mag nach Laut (Dehnung des a) und Bed. durch f a h e n bestimmt sein. Vgl. auch a h n d e n . Fahne /. (frühnhd. obd. rheinfr. m.). Ahd. asächs. fano, afries. fona, ags. got. fana 'Tuch' führen auf germ. *fanan- aus Wurzel *pan-.
Fahrrad
Urverw. lat. pannus 'Tuch', gr. pênos 'Gewand', pênion 'Einschlagfaden', pène 'Gewebe'. Die heute alleingültige Bed. stellt sich (während ahd. ougafano 'Schleier', halsfano 'Halstuch' u. a. geblieben sind) ein, indem aus ahd. gundfano, ags. güpfana, anord. gunnfani 'Kampftuch' (die in afrz. gonfalon, ital. gonfalone fortwirken) das einf. Wort die Bed. der Zus.-Setzung übernimmt (vgl. frz. fanon ' appen', fanion 'Fähnchen'). F ä h n c h e n 'leichtes Gewand' flattert wohl wie eine Fahne. In F ä h n l e i n heißt die Kriegerschar nach ihrem sichtbaren Zeichen. Vgl. F l a g g e . Fähnrich m. Zu ahd. fano gehört faneri m. 'Fahnenträger', das in Schweiz. V e n n e r fortlebt. Während mhd. Vfnre außerhalb der Schweiz abstirbt, stellt sich nach Vorbildern wie D i e t r i c h , F r i e d r i c h , W ü t e r i c h frühnhd. venrich ein, z. B. Wilwolt v. Schaumburg (1507) 120. 175. -din F ä h n d r i c h , nnL vaandrig, dän. fœndrik ist Gleitlaut wie in m i n d e r , nd. H e n d r i k oder in gr. άνδρός, Gen. zu άνήρ. Zum Plur. auf -s: H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2,132. Fähre /. Mhd. mnd. vpr(e) f . »., mnl. vere, nnl. veer, anord. ferja f . (wohl daraus entlehnt engl. ferry), schwed. färja, dän. feerge vereinigen sich auf germ. *farjön 'Überfahrtsmittel'. Daneben das schw. Ztw. mhd. vçrn, ahd. asächs. ferjan 'übersetzen, -führen', afries. ftria, ags. ferian 'führen, bringen', engl, ferry, anord. farja 'übersetzen', schwed. färja, got. farjan 'zur See reisen': Bewirkungsztw. zum st. Ztw. f a h r e n (s. d. und f ü h r e n ) , somit ursprünglich 'fahren machen'. Vgl. F e r g e und P r a h m . Zur Sache M. Heyne 1899 Hausaltert. 1, 328f. fahren Ztw. Einer Wz. *per, *por in gr. perän 'durchdringen', pòros 'Gang, Durchgang', poreüein 'bringen', poreúesthai 'reisen', lat. peritila 'erfahren', aslav. perg (pirati) 'fliegen' entspr. germ. *far in got. faran 'wandern', anord. afries. fara, ags. asächs. ahd. faran. Grundbed. ist 'Fortbewegung jeder Art', vgl. f e r t i g , f ü h r e n , F u r t . — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie von 'gefahren'. Fahrgast m. (s. Gast) gebucht seit Sanders 1860 Wb. 1, 544; als Ersatz für P a s s a g i e r eingeführt durch Sarrazin 1889 Verd.-Wb. 190. Fahrkarte /. für B i l l e t t vorgeschlagen von O. Sarrazin 1889 Verd.-Wb. 27, durfte schon 1895 für eingebürgert gelten: Wiss. Beihefte zur Zs. des Sprachv. 2,142. Danach F a h r s c h e i n . fahrlässig Adj. Zu mhd. vorn län in der Bed. 'vernachlässigen' tritt in Vokab. des 15. Jh. varlessig 'negligens', varlessigkeit 'negligentia' : Diefenbach 1857 Gloss. 377. Vorwiegend Rechtswort: H. Fischer 2, 956. Fahrrad n. für das von Baader 1862 erfundene V e l o z i p e d seit 0 . Sarrazin 1889 Verd.-Wb. 287; mit R a d f a h r e r , R a d l e r und r a d e l n schnell
Fahrstuhl
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durchgednmgen: 0 . Ladendorf 1906 Schlagwb. 257; A. Götze 1917 Nomina ante res 10. Heute meist Rad kurzweg: W. Linden 1943 Dt. Wortgesch. 2, 387. Fahrstuhl m. Zorn engl. Ztw. lift 'lüften, heben', das aus gleichbed. anord. lypta (s. Luft) entlehnt ist, stellt sich seit 1851 das Hauptwort lift 'Personenaufzug in Häusern'. Das Fremdwort erscheint 1889 bei nns (W. Stammler, Zs. f. dt. Phil. 54,30). Den Aufzug, in Bergwerken, in der Kriegstechnik und auf Hochbauten schon im dt. Mittelalter vorhanden, hat Erhard Weigel in Jena 1672 auf Wohnhäuser übertragen und „Fahrsessel oder Fahrstuhl" benannt. 1880 erfand Werner Siemens dazu den elektrischen Antrieb: F. M. Feldhaus 1908 Zs. d. Sprachv. 23, 223; Stiven S. 93 mitAnm. 718 — 720. Fahrt /. Ahd. mhd. varí, asächs. vard, anfr. farth, afries. ferd, ags. fieri, anord. ferd führen auf germ. *fardi-, vorgerm. *por-tir /., -it- Abstrakt zur Wz. von fahren, s.d.; Grundbed. 'Fortbewegung'. — F ä h r t e ist der erstarrte Plur. zu vart, in der Bed. von diesem entfernt wie Gräte, S t ä t t e von Grat, S t a t t . Über 'Wege (des Wildes)' ist die Besonderung auf 'Wildspur' erfolgt. Noch bei Opitz eignete diese Bed. auch dem Sing. F a h r t . Der Plur. F a h r t e n ist jung. Fahrzeug n. Aus nd. färtüg, nnl. vaartuig 'Schiff jeder Art' (von wo auch dän. fartm, norw. farty, schwed. fartyg entlehnt sind) seit 1668 in hd. Reisebeschr. gelangt (Kluge 1911 Seemannsspr. 239), bis Spanutius 1720 in den Fremdwb. geführt und erst seit Adelung als schriftsprachlich anerkannt. Alt scheint das Wort binnenländ. nur für das schwebende Gerüst der Dachdecker zu stehen. Die Bed. 'Fuhrwerk' kaum vor dem 19. Jh. Ein frûhnhd. schiffszeug s. u. F l o t t e . fair Adj. Adv. 'ehrlich im Sport', aus engl. fair play (dort seit 16. Jh.); zu got. fagrs 'geeignet', anord. fagr 'schön, freundlich', alts. ahd. fagar, wie lat. pacer zu fegen 'putzen'. Fakir m. Arab, faqlr 'arm' ist in die europ. Sprachen als Name des mohamm. Bettelmönchs übergegangen und als solcher z. B. vom Grafen Schack (Sanders 1871 Fremdwb. 1,371) gebraucht. Nachmals wird dieser Begriff durch Derwisch (s. o.) gedeckt und F a k i r tritt irrig an Stelle von Dschogi 'ind. Büßer' (aind. yögin). Faksimile n. Der lat. Befehl fae simile 'mache etwas Ähnliches', im Engl, schon im 17. Jh. substantiviert, tritt bei uns als 'genaue Nachbildung von Handschriften u. ä.' nicht vor 1806 auf: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 199. Den Plur. bildet F. auf -s wie andere auf vollen Vokal ausgehende Fremdwörter (Echos, Känguruhs, Lamas), auch wenn sie nicht aus dem Frz. stammen, doch ist F. so mangelhaft eingedeutscht, daß es vielfach unflektiert bleibt, etwa wie Inkognito.
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Falke
faktisch Adj. 'tatsächlich' als Ableitung zu dem Gerichtswort F a k t u m 'Tatsache' seit 1796 nachzuweisen; das Adv. schon bei Goethe bloße Verstärkung: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 200. Faktotum n. Der lat. Befehl fac tolum 'tu alles' ist gleichzeitig mit engL factotum zur Bezeichnung des allseitig nützlichen Dieners geworden, zuerst bei Bucer 1540 (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 201). Im lat. Text hatte es schon Luther 1533 Tischr. 1, 342 Weim. gebraucht. Fakultät f. Lat. faeuüas aus *fakli-tät-s wie alat. facul aus *fakli 'was sich tun läßt' (lat. facilis 'leicht') übersetzte in seiner Bed. 'Kraft' gr. δύναμις, das Aristoteles als 'Fertigkeit in einem Wissenszweig' braucht, und gelangt so zu dem Sinn 'Wissenszweig, Forschungsgebiet'. Bei Gründung der Hochschulen wird Fakultät zum Namen der Gesamtheit von Lehrern und Hörern einer Wissenschaft, deren Lehrkörper zunächst collegium facuUatis heißt. Erst nachträglich rückt Fakultät in die Bedeutung 'Gesamtheit der Lehrer einer Grundwissenschaft', so 1508 Cod. dipl. Sax. reg. 2, 6, 408 „Ordinarius und ander Doctores der Juristenfacultet in der hochen Schule zcw Leypczk". falb Adj. Aus mhd. val, valwer haben sich zwei nhd. Wörter entwickelt, fahl (s. d.) und falb, die bis ins 18. Jh. gleichwertig gebraucht werden. Während das entspr. Nebeneinander von geel und gelb (mhd. gel, gèbver) ausgeglichen ist, besteht fahl als wesentlich nd. Form neben hd. falb fort. Schwab, fehlen beide, Luther und Alberus verwenden beide, Bugenhagens nd. Bibel und Chyträus nur fahl. Vergleichbare Doppelformen zeigen quer und zwerch, nordd. Fuhre und Furche. Falbel f. Auf afrz. frepe, felpe 'Franse' beruht südfrz. *farlellas 'fransenartig'. Hierzu im 17. Jh. frz. ital. span, falbla 'Faltensaum'. Eine alte Nebenform mit r hält sich in gleichbed. engl. furlelow, sonst gelten in den entlehnenden germ. Sprachen {-Formen: nnl. ialbala dän. falb(e)lad(e), schwed. falbolan. Bei uns gilt unter frz. Einfluß fattala von Amaranthes 1715 Frauenz.-Lex. 523 bis Goethe, falbel seit Nieremberger (Regensb. 1753). LandschaftL auch für die Volkstracht wichtig, die hier sichtbar von gesunkenem Kulturgut zehrt: H. Fischer, Schwab. Wb. 2,918.6,1854; K. Müller-Fraureuth, Wb.d.obersächs. Ma. 1,312. Falke m. nahezu gemeingerm.: ahd. falc(h)o, mhd. falche, später (im Einklang mit Wh. Wilmanns 1897 Dt. Gramm. 1, 64) valk(e), mnd. mnL valke, nnl. valk, spätanord. falki, dän. schwed. falk. Auf dem Germ, beruht das roman. Wort: zuerst vulgärlat. (bei J . Firmicus Maternus um 330 n. Chr.) falco, das früh als 'Sichelträger' zu lat. faJx 'Sichel' bezogen wurde, wobei man an die
Fall
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starken krummen Klauen oder den Schnabel des Vogels denken mochte. Entspr. afrz. (12. Jh.) faue, faulcon (hieraus engl, falcon), frz. faucon, ital. falcone, span, halcón, port, falcào. Germanen haben den an Stärke, Gewandtheit und Mut unvergleichlichen Vogel, den ihre Dichtung immer wieder zum Preise der Helden verwendet, benannt, längst bevor die im Morgenland heimische Beizjagd zu ihnen gelangt ist. Dafür zeugt Falco als langob., westgot. und westfränk. Männername, dem sich ags. Westerfalca vergleicht. Das Vogelnamensuffix germ, k (F. Kluge, Stammbildungsl. 1926 §61b) kehrt in den M. K r a n i c h , S t o r c h und got. áhaks 'Taube' sowie in den F. B e l c h e 'Bleßhuhn' und L e r c h e wieder. Der Stamm ist eines mit dem der Adj. f a h l und f a l b (s. d.): der Vogel heißt nach seinem graubraunen Gefieder. Fall m. Mhd. ahd. asächs. mnd. mnl. nnl. val, afries. fäll, ags. fieli, engl, anord. fall, schwed. dän. fai (die got. Entsprechung entgeht uns) führen auf germ. *fálla-, * fallir, während das nhd. F. F a l l e (mhd. valle, ahd. asächs. falla, ags. fealle) ein germ. *fallö- spiegelt. Die meisten Übertragungen gehen vom Fallen der Würfel aus; sie bezeichnen eintretende Möglichkeiten, Glücks-, Unglücks- und Zufälle. Nach der Mannigfaltigkeit des Würfelfalls haben die Stoiker die einzelnen Bildungsformen in den Deklinationen gr. ptöseis genannt; lat. Grammatiker haben dies mit casus übersetzt. Frz. cas und engl, case behalten das bei. Die Lehnübersetzung F a l l zuerst bei Christoph Helwig (t Gießen 1617) 'Sprachkünste'. Von Gueintz 1641 und Gottsched 1749 abgelehnt, setzt lieh das Fachwort in Adelungs Tagen durch: Zs. t dt. Wortf. 3, 226.13, 82.15, 62. Fallbeil w. früh bei Lohenstein 1680 Cleop. 102, 676 „hängt Fallbeil in das Schlafgemach"; Türkengefahr (1663) H 2a „steckten den Kopf willig unter das F.", ohne daß die morgenL Vorrichtung klar würde. Als dann die Guillot i n e (1789, bei uns seit 1792) aufkam, wird F. als Ersatzwort von Campe 1808 vorgeschlagen. Falle f. 'decipula' ahd. asächs. falla, ags. fealle, anord. fella. Die Fallen der alten Zeit hatten stets eine Falltür (wie unsere Mausefallen). S. Fall. fallen starkes, früher redupl. Ztw., gemeingerm.: mhd. mnd. mnl. nnl. vallen, ahd. asächs. fallan, anfr. fallón, afries. anord. schwed. falla, ags. feallan, engl, fall, dän. falde; nur die got. Entsprechung entgeht uns. II beruht auf älterem In; η war urspr. wohl Präsenszeichen. Urverwandt sind lit. púolu, pùlii, lett. púolu, pult 'fallen' (aus *pkölö), apreuß. aupallai 'findet' (aus ""verfällt worauf'), armen, p'ul 'Einsturz' (aus *phölo-), p'lanim 'falle in', p'lucanem 'mache einfallen, zerstöre'. Sämtlich zum Verbalstamm *phil- 'fallen', der den übrigen idg. Sprachen
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fälschen
fehlt. Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie von 'gefallen'. fällen schw. Ztw., mhd. Vellen, ahd. fellan, asächs. ffllian, mnl. nnl. Vellen, afries. fälla, ags. fiellan, engl, feil, anord. fella, schwed. fälla, dän. fcelde. Nur im Got. nicht bezeugt. Bewirkungswort zu f a l l e n , gebildet wie hängen zu hangen. fallieren Ztw. Afrz. fa{ü)lir '(verfehlen', (woraus engl, fail 'fehlschlagen'), das über volkslat. *fallire auf lat. fallere 'betrügen' zurückgeht, liefert zu Beginn des 13. Jh. mhd. faüieren, faUiyieren '(verfehlen, fehlgehen' : H. Suolahti 1929 Frz. Einfluß 277. Das roman. Wort ist seit dem 12. J h . entlehnt zu akorn. feilet 'schwach geworden', mkom. falle, bret. fallaai 'versagen'. Im 16. J h . wird das aus dem gleichen lat. Wort entwickelte ital. fallire 'bankerott werden' ins Dt. entlehnt, gleichzeitig mit B a n k e r o t t und Kasse. Das im 16./17. Jh. übliche f a l l i e r e n 'betrügen' stammt unmittelbar aus lat. fallere: A. Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufmannsspr. 69; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 202. Fallreep n. F a l l e n kann in alter Sprache 'sich gleiten lassen' bed., s. K n i e f a l l und Kluge 1906 Zs. f. d. Wortf. 8, 32f.; nd. rêp (vgl. Reeperbahn in Hamburg), engl, rope ist 'Seil'. Demgemäß bed. nd. ni. valrèp urspr. 'Tau zum Herabgleiten aus dem Schiff'. Als später das Tau durch eine Leiter, diese später durch eine Treppe ersetzt wurde, ging der Name auf diese über: Kluge 1911 Seemannsspr. 243 f. falls Konjunkt. Bei der Anwendung auf das Fallen der Würfel wird F a l l 'eintretende Möglichkeit'. Der Gen. dazu erstarrt in der adverbialen Bed. 'im Falle*. Wird die urspr. darauffolgende Konjunkt. daß erspart, so wird das Adv. zur Konjunkt. (wie b i s , n a c h d e m , sintemal), so zuerst bei Stieler (1691) 419. Fallschirm m. zuerst bei Jean Paul 1795 Hesperus (Hempels Ausg. S. 400), gebucht seit Campe 1808. F a l l s c h i r m j ä g e r als Truppe seit 1939. Fallstrick m. Schlinge, urspr. zum Tierfang. Gefl. Wort durch Luther, Luk. 21, 36 und Hiob 40,19. falsch Adj. Lat. falsus 'falsch' (zu fallere 'betrügen') gelangt über afrz. fais (woraus engl, false und frz. faux) ins westl. Mitteldeutschland und lautet hier im 12. Jh. vals. In nordfrz. Ma. entwickelt das frz. Adj. ein Fem. falske (nach Vorbildern wie frets, freiske; tieis, tieiske): von da entspringt valse im Mnl. und bei Hnr. v. Veldeke, das durch den Einfluß dieses Dichters schnell mhd. u. mnd. wird. Aus dem Mnd. stammt nord. falsk. fälschen Ztw. ahd. (gi)falscön, (gi)f?l$cen, mhd. vflschen, mnd. mnl. valschen, velschen, afries. falskia aus gleichbed. spätlat. falsicäre, gekürzt aus falsificare.
Falschmünzer
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Falschmünzer m. noch von Heynatz 1796 Antibarb. 1, 403 getadelt, der dafür falscher Münzer verlangt, das sich von Luther 1527 bis Goethe 134,1, 369 findet. Aber F a l s c h m ü n z e r ist seit Emmel 1692 Nomencl. 419 nicht selten. Falschspieler m. aus falscher Spieler seit Stieler (1691) 2086. Falsett n. 'höhere, durch Zusammenpressen der Stellknorpel erreichte Stimmlage' aus gleichbed. ital. falsetto seit ßeinfrid v. Braunschweig (alem., nach 1291): Suolahti 1929 Frz. EinfL 278. Im 17. Jh. neu entlehnt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 202. -fait, - f ä l t i g Adj.-Suffix, ahd. -fali, asächs. afries. -fald, ags. -feald, engl, -fold, anord. -faldr; dän. -foldig aus mnd. -vohtíg, seh wed. fâldig aus
dem Hd. gemeingerm. Endsilbe zur Bildung von Multiplikationszahlen. Urverw. mit gr. (di)pallos, -plásios 'zwiefältig'. S. d o p p e l t , E i n f a l t , f a l t e n , Zweifel. Falte /. mhd. valle f., ahd. fait m. stimmt vielleicht zu aind. pufa-, Mayrhofer, R. 180. falten Ztw. Mhd. Valien, valden, ahd. faldón
famos
Dazu N a c h t f a l t e r Jean Paul 1800 Titan 100, T a g f a l t e r ders. 1804 Flegelj. 366. Gleichbed. S c h m e t t e r l i n g und Sommervogel (s. d.). Herrn. Krause 1918 Gesch. d. zooL Nomenkl. 48; W. Oehl 1922 Bibl. dell'Archivum Rom. 3, 73ff. Faltstuhl m. 'Klappstuhl', mhd. valtstuol, ahd. faltistuol, asächs. anfr. faldistöl, nnl. vouwstoel, ags. fealde-, fieldestöl, engl, fald-, foldingstool. Aus
dem Germ, entlehnt sind mlat. faldistolium, -storium, ital. faldistorio, afrz. faldestoel, frz. fauteuil.
Auf Umdeutung beruht nhd. F e l d s t u h l , woraus dän. feüstol, wieder umgedeutet schwed. fällstol (nach fäübord 'Klapptisch', fällkniv 'Taschenmesser'). Als höfisches Fremdwort kehrt frz. fauteuil im 18. Jh. zurück, zuerst wohl in einem Bericht vom Tode des ersten Königs von Preußen: Geschriebene Berliner Ztg. 1713 (bei Buchner, Das Neueste von gestern 2, Nr. 62) „verschieden kurz darnach auf einer Fauteuil, woselbst Ihro Majestät fast den ganzen Morgen über gesessen hatten". falzen Ztw. Zwei Bildungen sind zu unterscheiden: ein urspr. redupl. Ztw. ahd. *falzan 'schlagen* führt auf eine Wz. germ. *faU, aus
(li infolge gramm. Wechsels kommt urspr. nur *peld, die in lat. pellere (aus *peldere) 'stoßen' dem Plur. und Part. Prät. zu), mnd. volden, mnl. wiederkehrt. Das Ztw. ist bei uns ausgestorben, vouden, nnl. vouwen, ags. fealdan, engl, fold, anord. Verwandte s. u. Ambo S und Filz. — Das schw. falda, schwed. fälla, dän. folde, got. falpan (die Ztw. ahd. (ga)falzjan, mhd. vahen,
afries. Entsprechung entgeht uns) führen auf germ. *falp-, vorgerm. *polt-. Dies wird bestätigt durch mir. alt (aus *pdü-) 'Verbindung, Gelenk', akorn. chef-als 'Gelenk' (mit Vorsilbe com- 'zusammen'), aind. puta m. η. (aus *putía-) 'Falte, Tüte, Tasche', putati 'er umhüllt mich': sämtlich ¿-Erweiterungen des idg. Verbalstamms *pel'falten' (s. Zweifel). Get. falpan ist noch redupL Ztw. (Prät. falfaip); über die starke ist es in die schwache Konj. übergegangen. Falter m. Zum Stamm von gr. pállein 'schütteln', pelemizein 'schwingen' gehört mit IntensivRedupl. (wie mhd. mmnt 'Wirbelwind' zu Wind) lat. päpilio: Schmetterling ist 'der die Flügel Schwingende'. Die entspr. gemeingerm. Bildung *ftfaldrön- wird in anord. flfrildi, ags. flfealde, asächs. flfoldara, mvaldra, ahd.
wvaltra,
mhd. wvalter sichtbar. Aus der urspr. Form sind entwickelt mnl. viveltre, nnl. vijfioouter, westfäl. fifoulstr,
mfränk.
fifaltr,
alem.
flfalter(e).
Häufiger sind Umgestaltungen wie Baum-, Wein-, Zweifalter (s. d.), denen sich Schweiz. pfïf-faUer, schwäb. haufaltr, bair. faier-, fein-, ïeùnfalter, oberpfälz. erzgeb. zweifeis-, zweigsfalter
anreihen. Überall ist die Neigung deutlich, als zweites Glied F a l t e r abzuspalten, wie Echse, Schleiche, Schricke aus Eidechse, Blindschleiche, Heuschrecke. Selbständiges Fai ter begegnet seit Adelung und Fulda 1788, wissensch. seit Nemnich 1798 Dt. Wb. d. Nat.-Gesch. 6,140, literar. seit Jean Paul 1806 Flegelj, 308 Hempel.
vçlzen ist
Intensiv-Bildung auf germ, -atjan und steht neben f a l t e n (s. d.) wie ahd. ätumezen neben ätumön, lohazzen neben lohen: Wilmanns 1899 D. Gramm. 2,108. Grundbed. ist ' zusammenlegen*. F a l z , mhd. valz m. ist postverbales Nomen wie lat. pugna 'Schlacht' nach pugnare '(mit Fäusten) kämpfen'. Dän. schwed. fais stammen aus dem Deutschen. Familie /. Lat. familia 'Hausgenossenschaft' (zu alat. famul 'Diener') bürgert sich seit dem 16. Jh. ein, zunächst in lat. Form, die sich im Nom. F a m i l i a lange hält, während die flektierte Form Familien seit 1646 auftritt: H.Schulz 1913 Fremdwb. 1, 203. Frz. Aussprache scheint nach Frisch 1741 im 17. Jh. überwogen zu haben. Vor der Einbürgerung des Fremdworts galt Weib und Kind in häufiger Formel (DWb. 14,1, 338), daneben wird bei Luther, dem F. fehlt, der Begriff durch Haus gedeckt. Wieder älter mhd. hiwische (s. Heirat), ahd. asächs. hlwiski N. — F a m i l i ä r Adj. nach lat. familiäris 'zum Hause gehörig; vertraut' als familiar in einer bair. Hofordnung von 1589: A. Kern, Dt. Hofordn. 2, 217. famos Adj. Zu lat. fäma f. 'Gerücht' stellt sich das Adj. fämösus 'viel besprochen, berüchtigt', das als Wort der Gerichte seit 1602 eingebürgert wird und gegen Ende des 18. Jh., beeinflußt durch frz. fameux, auch in günstigem Sinn 'wohlbeleumdet, berühmt' auftritt. Von hier aus bringt es die Stud.-Sprache um 1830 bei den Gebildeten neu in Schwung: Kluge 1896 Stud.-Spr. 89; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 203 f.
Famulus
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Farn
Famulus m. Lat. famulus 'Diener' tritt zuerst Gramm 2,242. ie des redupl. Prät. viene ist zuerst in Heidelberg 1668 in seinem akad. Sinn auf, den im Md. verkürzt, die Schreibung fieng hält sich es ζ. B. in Leipzig noch bewahrt: Kluge 1896 Stud. unter obd. Einfluß, noch Adelung ist mit seiner Vorschrift fing nicht durchgedrungen. — Fang Spr. 89; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 204. Fan m. 'überschwengl. Schwärmer f. e. bes. m. ist postverbal: ahd. asächs. fang, mhd. vane, Person oder Sache' (Jazz, Sport), im Engl, ge- Plur. Vfnge, ags. feng 'Griff, Umfassung' (t-Stamm), kürzt aus fanatic oder fancy 'Liebhaberei', oder anord. fang (neutr. α-Stamm). — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie von fängt an. aus beiden. J. Stave, Mutterspr. 1958, 267. Fangobad s. f e u c h t . Fanal n. 'Feuerzeichen, aus frz. fanal 'große Fant m. Vom Nl. geht eine an das F. Feme Laterne, Leuchtfeuer' (dort 16. Jh.), zu griech. (s. d.) anknüpfende Bildung aus. Während mnd. phános 'Laterne', s. P h ä n o m e n . Fanatiker m. Zu lat. fänum n. 'heiliger Ort' verme nur in der Einschränkung auf 'heimliches verwandt mit F e i e r , F e r i e n , p r o f a n (s. d.), Gericht' gilt, bedeutet mnl. veem umfassend 'Gegehört fänaiicus 'von der Gottheit ergriffen, nossenschaft'. Dazu veem(ge}noot, vennoot 'Gerasend'. Das subst. Adj. steht in lat. Form seit nösse', vent 'Bursche', das früh nach Osten Lebenwaldt 1680 Teufels List 3, 90 Fanatici. In wandert und als mnd. ventífi), venteke 'Knabe' England gilt fanatic 'religiöser Schwärmer' seit auftritt. In nd. Mundarten gilt das entspr. fent 1640. Diese Bed. hat auch dt. F a n a t i k e r , kaum von Ostfriesland bis an die Ostsee, von Westfalen vor dem 18. Jh. Der Bed.-Wandel geht von bis in die Altmark. Von Norden dringt das M. Frankreich aus: im Aufruhr der Camisarden nach Mitteldeutschland, in nhd. Dichtung er(1702—06) wird fanatique zum politischen Wort. scheint F ä n t g e n seit Chr. Weise, Erznanen Unter frz. Einfluß steht Hamb. Corresp. 1723, (1673) 8. 78 Ndr., F e n t c h e n bei Hölty (f 1776) Nr. 79 Chef derer Fanatiquen·, Zedier 1735 Univ.- Ged. 179 Halm. — Damit mischt sich das auf Lex. 9, 212. Auch F a n a t i s m u s stammt von ital. fante 'Knabe, Knecht' (s. I n f a n t e r i e ) bedort: Voss. Ztg. 1760, Nr. 137 „Man spielte dabey ruhende obd. F a n t , in den Mundarten von der die Tragödie Mahomet oder der Fanatismus". Schweiz bis Wien als 'Junge, Geck' verbreitet, seit Wieland 1780 Oberon 4, 47 in nhd. Dichtung, F. Schalk 1947 Roman. Forsch. 60, 206. Fanfare /. '(schmetternder) Tusch, Trompeten- seit Campe 1808 verzeichnet: K. v. Bahder 1897 geschmetter', bei uns seit Gottsched 1760 Hand- Beitr. 22, 627ff. Fernzuhalten sind mhd. vent, iez. 672 „Fanfare bedeutet das Getön einer Kriegs- vende, 'Knabe, Fußgänger, Bauer im Schachspiel', musik mit Pauken, Trompeten und Pfeifen". vom 'Schalk', sowie alevam 'Possen, Betrug' Entlehnt aus frz. fanfare 'Trompetengeschmetter' ; (s. Alfanzerei) und F i r l e f a n z , s. d. dies postverbal zu fanfarer 'Trompeten blasen', Farbe /. mhd. varwe, ahd. farawa 'Aussehen, Ableitung zum Stamm von fanfaron 'Aufschnei- Gestalt, Farbe' ist das subst. F. des Adj. mhd. der, Prahler', das aus gleichbed. span, fanfarrón, var (varwer), ahd. faro (farawêr), germ. *farhwaälter fafarron entlehnt ist. Letzte Quelle arab. 'farbig', auf -ψ>- gebildet wie b l a u , f a l b , farfär 'leichtsinnig, geschwätzig'. Vgl. Scha- gelb, grau ; lat. flams, fulvus, furvus. Es gehört m a d e , Tusch. als *por£-y¡ó- zu der auch für Forelle vorfangen Ztw. Die idg. Wz. *pä£-: *pä§- 'fest- ausgesetzten Wurzel idg. *períc-, *pre£- 'gemachen' von aind. pàêa- 'Strick', iran. pas 'fes- sprenkelt, bunt'. Wandel des mhd. no zu nhd. r j sein', gr. pdssalos (aus *pakialos) 'Nagel', lat. auch in E r b s e , (Schaf-)Garbe, g e r b e n , patisci 'festmachen', pax 'Friede' hat eine nasa- m ü r b , N a r b e , Sperber. Der entspr. Wandel lierte Nebenform in lat. pangere 'befestigen', von mhd. Iw zu nhd. Ii in a l b e r n , f a l b , gelb, aind. panjara- 'Käfig'. Auf idg. *pank- beruht Milbe, Schwalbe. Farbverkehrer s. R o t k a p p e . germ. *fanh-, womit *fang- in gramm. Wechsel steht, anh wird äh, demgemäß sind got. ahd. Farce f. Zu lat. farcire 'stopfen' gehört frz. asächs. fähan, mhd. vahen, afries. fä, ags. fon (beidefarce 'Fleischfüllsel', das von Amaranthes 1716 aus *föhan), anord. fä (mit erweit. Bed. 'be- Frauenz.-Lex. 626 eingeführt wird: „farce heißt kommen, reichen') die alten Präs.-Formen. Wenn in der Küche klein gehacktes Fleisch . . . Die afries. fangia, anord. fanga, mnd. mnJ. vangen Teutschen Köche nennen es ein Gehäck". Als steht, so ist der dem Prät. und Part, zukommende 'Füllsel im Schauspiel, lustiger Zwischenakt' ist Konsonantismus verallgemeinert worden. Die frz. farce seit 1398 bezeugt. Diese Bed. erscheint nächsten außergerm. Verwandten scheinen inso- in deutschen Texten seit 1699: H. Schulz 1913 fern lat. panera 'Raub' und impaneräre 'einfallen' Fremdwb. 1, 206. — Daß F r a t z e (s.d.) auf zu sein. — Noch Luther schreibt meist f a h e n ; Farce beruhe, hat W. Hartnacke, Neuphil. fangen siegt etwa mit Schottel 1663. Fortan Wochenschr. 1943 S. 37 f. nicht erweisen können. behauptet sich f a h e n nur landsch., in gehobener Farn m., F a r n k r a u t n. mhd. ahd. asächs. und altertümelnder Sprache: H. Paul 1917 Dt. farn, mnd. var(e)n, mnl. nnl. varen, ags. fear».
Farre
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engl, fem; die Nebenform ahd. faram, mhd. farm, nnl. mandarti, varem entstand, indem sich das Suffix -na dem labialen Anlaut anglich (vgl. Boden). Filix heißt nach seinen federartigen Wedeln. So steht gr. ptêris 'Farn' neben pterön 'Feder*. Insofern ist *por-no- 'filix' eins mit aind. parndm-'Feder; Blatt'. Zum gleichen Stamm mit /-Formans russ. pdporof, lit. papdrtis, lett. paparnìle, gaU. ralis (aus *pratis), breton, rader», air. raith 'Farn'. — S. R a i n f a r n . Farre m. 'Stier'. Ahd. far, fanes (Mz. farri, farri) st. M., seltner farro schw. M., mhd. far, farres und farre, farren, mnd. vane; nhd. nur schwach, aber mnl. var(re), nnl. vaar, mars, ags. fean, anord. farri (aus *farza-), afries. firing (aus *femng). Im Engl, und Nnord. ausgestorben. Das zweite r ist aus germ, stimmhaftem s entwickelt, 8. F ä r s e . Daneben sind die nächsten germ. Verwandten westfries. fear, westfäl. fiar 'unfruchtbar', ags. för, mnd. vor, engl, fanow 'Ferkel'. Gr. πόρ(τ)ι$, π ό ρ τ α ξ 'junge, Kuh', tschech. s-pratek 'vor der Zeit geborenes Kalb', kleinruss. vyportok 'Frühgeburt', lit. pèras 'Bienenbrut': sämtlich zum Verbalstamm *per- von lit. periù 'brüte', lat. pario 'gebäre': 0 . Paul 1939 Wörter u. Sachen 20, 38. Zum Vergleich mit aind. pjihuka- ' Tierjunges' armen, orí' ' Kalb'. Mayrhofer, R. 180. Färse f . 'junge Kuh', urspr. 'bald gebärfähige Kuh'; spätmhd. mnd. mnl. vçrse nnl. vaars führen auf germ. */dr«î, Gen. *fârsjôs, durch gramm. Wechsel von F a r r e (s. d.) geschieden, rs neben η wie in D a r s t neben d ü r r . Seit Zesen 1641 Helikon 74 F ä h r s e für ein „in Meißen sehr übliches Wort" erklärt hat, steht die Schreibung mit ä fest, die an die Verwandtschaft mit F a r r e erinnert and damit das Wort von F e r s e 'talus' abhebt. Wie in diesem Wort und in H i r s e , M ö r s e r , P f i r s i c h gehören r und s verschiednen Silben an; darum ist nicht die Entwicklung zu rsch eingetreten, wie in b a r s c h , D o r s c h , m o r s c h usw. Die dt. Zeugnisse beginnen 1270 mit dem Sachsenspiegel 3, 73, 3; danach seit 1420 in schles., westfäl. und Kölner Glossaren, in den Wörterbüchern seit Frisch 1741, literar. kaum vor J . H. Voß, Sämmtl. Ged. 2 (1825) 186. Mundartl. in Ostfriesland, von Aachen bis zur Saar, im Ostmd. (a. d. Nl.: Teuchert, Sprachreste 334). Norddt. S t e r k e (s. d.) S. F e r s e n g e l d . farzen mhd. varzen schw. Ztw., daneben ablautend das st. Ztw. mhd. vërzen, ahd. ferian, mnd. vêrten, ags. *feorian (bezeugt ist feorting f.), engl, fart, anord. (mit Umstellung des r) fréta, schwed. fjärta, mundartl. fräia, dän. fjerte. Dazu F u r z m., mhd. vurs, spätahd. furz, nd. fwrt, fort; mnl. vort; dazu wieder das schw. Ztw. f u r z e n , spätmhd. furzen, md. forzen. Die lautmalende idg. Wurzel *perd- auch in den Ztw. aind. pdr-
Faser
datë, gr. πέρδω, πέρδομαι, alb. pjerB, lit. pérdëiu, sloven, prditi, russ. perdét' 'laut furzen', und in den Fem. gr. πορδή, alb. pordê, lit. pirdis, kymr. rhech 'Bauchwind'. Daneben *pezd- 'leise einen Wind streichen lassen' in lat. pèdo, gr. βδέω, kleinruss. pezd'ity. Vorgerm. Möglichkeit : Hans Kuhn, Zf. Mundartfg. 1959, S. B o f i s t und F i s t . Fasan m. Nach der Stadt Phasis am Ostufer des Schwarzen Meers nennen die Griechen den Vogel φασιανό;, den nachmals die Römer als phasiänus hegten. Als *fasiän übernahmen ihn die Deutschen vor den Tagen Karls d. Gr. Der Vogel wird (wie der P f a u ) als Huhn aufgefaßt: fasihôn, um 1200 aber durch das frz. Lehnwort fasän ersetzt: Suolahti 1909 Die deutschen Vogelnamen 226; ders. 1929 Frz. Einfluß 278. Faschine f . Aus lat. faseis 'Rutenbündel', itaL fascio, stammt ital. fascina, frz. fascine f . 'Reisigwelle zu Belagerungsarbeiten'. Bei uns fasine Ardüser 1653 Archit. von Festungen 71; F a g i n n e Saar 1662 Ostind. Kriegsdienst 115; F a s c h i n e zuerst Krämer 1678, als entbehrliches Fremdwort von Schönaich 1754 verhöhnt: Zs. f. d. Wortf. 8, 70. Fasching m. der österr.-bair. Name der Fastnacht tritt zuerst 1272, dann in der Passauer Weberordnung von 1283 als vaschanc, vastschang auf. α der zweiten Silbe herrscht in den alten Belegen wie in der Volkssprache; i als Folge der Angleichung an das Suffix -ing kaum vor Ahr. a S. Clara 2, 22 Strigi. Mnd. vastganc, anord. fgstttgangr 'Fastnachtumzug' ist nach Ursprung, Sinn und Verbreitung ein anderes Wort. Mhd. vast-scharus bed. urspr. 'Ausschenken des Fastentrunks': Fr. Wilhelm Corpus 165; Münch. Mus. 4,86. Vgl. F a s t n a c h t . faseln Ztw. 'wirr reden' kaum vor Chr. Weise 1686: Zs. f. d. Wortf. 2, 27. Gebucht seit Frisch 1741 neben F a s e l e r m.; F a s e l h a n s seit Claudius 1782 Werke 4. 186. Vorher nur f a s e n Ztw. HnepRre' (z. B. Stieler 1691), das mit dem zweiten Teil von anord. arga-fas 'Narretei' verwandt sein mag. Faselschwein n. 'Zuchtschwein' neben älterem F a s e l s a u , - h e n g s t , - v i e h zu mhd. vasel m. 'Zuchtvieh', ahd. fosal, ags. fœsl, anord. fgsull 'Nachkommenschaft'. Im Ablaut der germ. Wz. "fas steht mhd. viseVlïn) 'männl. Glied'. Idg. entspricht "pos·. *pes in gleichbed. aind. pdsah, gr. péos (aus *pesos), lat. pénis (aus *pemis). VgL Fastnacht. Faser /. spätmhd. vaser zu mhd. vase m. f.,mnd. mnl. vise, ahd. faso m., fasa f., ags. fees 'FaseT, Franse, Saum', engl, feare, dän. fjeeser 'Fasern'. Als 'lose hangender, im Wind wehender Faden' zum Verbalstamm *pës 'blasen, wehen', zu dem sich pachati, russ. pachnút' 'wehen', páchnut'
Faß
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'duften', serbokroat. pachalj'Flocke' u. a. stellen. Vgl. Zaser. Faß n. ahd. mhd. vaç (çj), anfr. mnd. vai, asächs. anord. fat, afries. fet, ags. fast, engl, vat, bed. urspr. 'Behälter'. Da F e s s e l (s. d.) verwandt ist, setzt man für germ. *fat- eine Bed. 'zus.-halten' voraus. Vorgerm, entspr. *podo-. Dazu mit Dehnstufe lit. pûodas (aus *pödo-) 'Topf', toch. pat 'Schmuckkästchen'. Das älteste FaB hatte nur einen Boden; höher wurde die Böttcherei erst ausgebildet mit Entwicklung der Milchwirtschaft, der Braukunst und des Weinbaus. Lett, vâte, väis 'Faß' beruht auf Entlehnung aus dem Mnd. S. f a s s e n , G e f ä ß ; F e t z e n . Fassade /. Lat. facies 'Gesicht' hat itaL faccia ergeben, dazu facciata 'Gesichtsseite' nam. eines Gebäudes in einem die Vorderseiten betonenden Baustil. Von da kommt im 17. Jh. F a c c i a d e zu uns, während das entspr. frz. façade nicht vor Wächtler 1714 wirkt und kaum vor Wieland 1774 Abderiten 60 als F a ß a d e erscheint. fassen schw. Ztw. mhd. va^en, ahd. fa^ön, mnd. väten, mnl. tKitten, afries. fatta, ags. faiian,
anord. fata veg: zu F a B , s. d. Die Bed. lassen sich zurückführen auf urspr. 'in ein Gefäß tun' und (mit F a ß als Subj.) 'in sich aufnehmen'. Wenn anord. fçt Plur. N. zur Bed. 'Kleider' gewandelt ist, so entspricht dem mhd. va^en 'sich bekleiden'. Die Bed. 'ergreifen' geht (mit F e s s e l ) auf F a ß als 'in sich Begreifendes' zurück. Übergang in geistige Bed. wie bei b e g r e i f e n , v e r n e h m e n , f ä h i g , lat. comprehendere, frz. comprendre,
saisir,
capable. Einzig mhd. sich va&en 'gehen' scheint näher zu F u Β (ags. fœt 'Schritt') zu gehören. Zur Flexion H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 258. Fasson f . Aus lat. factiö, -önis f . 'das Tun',
Verbalabstr. zu lat. facere 'machen' (urverwandt mit tun), geht seit dem 12. Jh. frz. façon 'Verarbeitung' usw. hervor. In Oberschwaben erscheint 1477 (Al. Schulte, Große Ravensb. Hardelsges. 3, 402) „Find wier niemat, der si (bonet 'Mützen') macha well nauch der faitsonn, auß man sie gernn het"; das. 1480 (Schulte 3,433) fazon. Auch in A. Dürers Schreibung fatzon 1626 zeigt sich frz. Einfluß, während H. Sachs mit faction 'Machart' beim lat. Vorbild bleibt. Wenn G. Henisch in Augsburg 1616 fatson bucht, so ist nnl. fatsoen wirksam, dessen Einfluß im 30jährigen Krieg durch den frz. verdrängt wird. Sans façon seit Scheibner 1695. In Frankreich verschmilzt das Wort mit afrz. façon 'Gesichtchen' (zu lat. facies, mit facere verwandt): daher seit dem 18. Jh. die Bedeutung 'äußere Gestalt' auch bei uns: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 206f. fast Adv. Die adj. t-Stämme f e s t , s c h ö n , f r ü h , s p ä t , ahd. ftsti, seöni usf., haben umlautlose Adv.: ahd. fasto, scòno usf. Während bei f r ü h und s p ä t der Umlaut in das Adv. übertragen
fatal
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ist, sind f a s t und s c h o n zu selbständigen Wörtern mit eigner Bed. erstarkt. Daneben wird als neues Adv. zu f e s t schon mhd. vfste gebildet. Noch frühnhd. war f a s t Verstärkung (als solche durch sehr abgelöst); in seiner heutigen Bed. hat es älteres schier verdrängt. Am frühesten ist der Wandel in Fällen, wo strenggenommen keine Verstärkung möglich war: fast alle, fast nicht(s). Danach schon bei Luther: fast die ganze Stadt. Verwandte Entwicklung bei b e r e i t e , r e c h t , ziemlich. fasten Ztw. Der christl. Begriff findet bei allen Germanen gleiche Deckung: got. (ga)fastan, ahd. fastên, ags. fœstan, engl, fast, anord. fasta. Auch
das zugehörige Abstr. (got. fastulmi, asächs. fastunnia) greift über mehrere germ. Sprachen. Beide sind früh ins Slav, entlehnt: aslav. postiti 'fasten', postü 'des Fasten'. Der Gedanke, die gebotene Enthaltsamkeit als ein 'Fest-Sein' zu bezeichnen, muß von einem Punkt ausgehen. Wenn fastan zufrühst bei got. Christen auftritt, braucht es nicht mit E n g e l , K i r c h e , P f a f f e , t a u f e n , T e u f e l u. v. a. von arianischen Glaubensboten, die die Angeln noch in ihren festländ. Sitzen trafen, donauaufwärts getragen worden sein. J. Knoblauch, in: Orbis 9,427 : wohl von griechischen Kaufleuten. Fastnacht f . mhd. seit 1200 vastnaht, später (mit Erleichterung der Drittkonsonanz) vastnaht. Die Germanen zählen Abend und Nacht zum folgenden Tag, z. B. bed. ags. frtgeéêfen 'Donnerstagabend', frigeniht 'Nacht von Donnerstag auf Freitag'. So kommt N a c h t zur Bed. 'Vorabend'; zus.-gesetzt mit ahd. fasta, mhd. vaste f . 'das Fasten' bed. es 'Vorabend vor der Fastenzeit', d. i. (seit das Konzil von Benevent 1091 den Beginn der österl. Fasten auf Mittwoch vor Invokavit gelegt hat) Dienstag vor Aschermittwoch. Möglich ist dabei Angleichung zu 'fasten', wenn germ. *fes-, fas-, dazu mhd. viseln, vaseln 'gedeihen, fruchtbar sein' vorausliegt. Dazu stimmen solche Formen wie F a s e n a c h t (Mainz), F a s e l a b e n d (Köln). Vgl. F a s e l s c h w e i n , F a s c h i n g . In Österreich steht dafür F a s c h i n g d i e n s t a g . P f a f f e n - oder höflicher H e r r e n f a s t n a c h t ist der Sonntag Estomihi, weil das Fasten der Geistlichkeit schon am B o s e n m o n t a g (s. d.) beginnt. 'Vorabend' bed. auch der zweite Teil von mnd. vast(eV)ävend, dän. fastelam,
nnl.
vastenavond.
fatal Adj. Lat. fätälis 'vom Schicksal gesandt' wird im 16. Jh. entlehnt. Es erscheint seit 1677 als f a t a l i s c h , seit 1664 als f a t a l in der Bed. 'verhängnisvoll'. Im 30jähr. Krieg wirkt frz. fatal 'widerwärtig' auf das Fremdwort; seit 1657 so abgeschwächt: H. Schulz Fremdwb. 1, 207. Für Brockes 1732 in Weichmanns Poesie der Nieders. 4, 2 unentbehrl. Fremdwort, ist f. seit
Fata Morgana
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Ende des 18. Jh. durch v e r h ä n g n i s v o l l (s. d.) zurückgedrängt. Fata Morgana /. Arab, margan 'Koralle', das seinerseits aus gr. μαργαρίτη; 'Perle' stammt, wird zum Frauennamen und ist in ital. fata Morgana 'Fee M.' enthalten. Auf sie führt der Volksglaube die in der Straße von Messina bes. häufigen Luftspiegelungen zurück, die darum mit dem Namen der Fee benannt werden, der seit Goethe 1796 auch bei uns auftritt. Über mlat. fata Morgana gelangt afrz. fee Morgane in die
Artussage; in Wolframs Parz. wandelt sich der Frauen- zum Ländernamen Feimurgän: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 208; Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 1416; Suolatiti 1929 Frz. Einfluß 279. Fatzke s. F a x e . tauchen s. p f a u c h e n . faul Adj. Mhd. ahd. mnd. asächs. afries. ags.
Fazit
Faultier ». Die Familie der Faultiere in der Ordnung der Zahnarmen, die als Nachttiere durch die Trägheit ihrer Bewegungen bei Tage auffallen, wird den Europäern aus dem tropischen Südamerika bekannt. Der Name steht seit J. L. Gottfried 1631 Neue Welt 116 fest: Palmer 36. Er hat früh die Übertragung auf Menschen herausgefordert, für die wir jedoch erst aus dem 19. Jh. Zeugnisse erhalten. Fauna f . Den Namen der altröm. Fruchtbarkeitsgöttin Fauna (Schwester des Feld- u. Waldgotts Faunus, d. Wolfsähnlichen : sein Name mit gr. thaünon, illyr. Daunus, zu *dhau-no- 'Würger, Wolf') verwendet Karl Linné 1746 als Titelstichwort seiner Fauna Sueeiea. Durch häufige Nachahmung des Titels kam die Bed. 'Tierwelt eines Landes' zustande: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 208. Faust f . Mhd. ahd. mnd. asächs. füst, mnl.
ful, engl, foul, mnl. vuul, nnl. tmil, anord. full, must, nnl. misi,
norw. dän. schwed. ful, got. fûls zeigen ableitendes -Io an einem Stamm, der rein in anord. füinn 'verfault' erscheint. Dies ist Part, zu einem Ztw., das selbst verloren, dessen Faktitiv aber in anord. feyja 'faulen lassen' erhalten ist. Der Wurzel germ. */u (zu der mehrere germ. Sprachen ein Subst. der Bed. 'weibliches Glied' bilden, s. H u n d s f o t t ) , entspricht idg. *pú (aus einer lautmalenden Interj. *pu 'pfui') in aind. püyati 'verwest, stinkt', lat. püs, gr. ptfon 'Eiter', pythein 'faulen lassen', lit. püliai (Nom. Plur.) 'Eiter'. In Anwendung auf den Trägen ist f a u l ein starkes Wort, deutlich noch in s t i n k f a u l , das mit demselben Bild arbeitet wie die Schelten Aas, K e i b , L u d e r , S c h e l m . Vorgerm. Möglichkeit: Hans Kuhn, Zf. Mundartfg. 1959. Faulbett n. etwas jünger als L o t t e r b e t t (s. d.), ein Wort des 16. bis 18. Jh., bei Luther nur außerhalb der Bibel, von Goethe noch im Faust 11692 verwendet. Seither durch K a n a p e e verdrängt, an dessen Stelle im 19. Jh. Sofa nachgerückt ist. faulenzen Ztw. Um Verba der Bed. 'riechen, schmecken nach etw.' zu bilden, dient mhd. das Suffix -zen, ζ. Β. bietet Berthold von Regensburg bockezen; auch miesen 'faulicht schmecken' ist schon mhd. (Lexer 3, 661). Während sich die zBildungen an Rhein und Untermain halten, wird schriftsprachlich vom Ostmd. her die nasalierte Nebenform auf -enzen (fauientzen 'träge sein' seit Triller 1555 Schles. Singebüchl. M 3; 'in Fäulnis übergehen' Joh. Coleras 1591 Kalender). Schles. f a u l i n z e n bucht Steinbach 1725. Eine Parallelbildung auf - e i n e n (zu den Stoffadj. auf mhd. -In) ist an Naab und Pegnitz üblich; in Iglau gilt f a u l a i n e n . Sämtl. Nachweise bei Alfr. Feuerstein, Die nhd. Verba mit der Bed. riechen und schmecken nach etw., phil. Diss. Freiburg i. B. 1922. Vgl. b e r g e n z e n ; Zs. f. d. Wortf. 14, 219; Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 185.
afries. fest, ags. fyst, engl, fist
(die nord- und ostgerm. Entsprechungen sind in vorgeschichtl. Zeit abgestorben) vereinigen sich auf
germ.
*füsti-
aus *funsti-
aus
*pn-sti-s
'Faust'. Serb.-kslav. pfstï aus urslav. *pinstï weist auf dieselbe Grundform. Weitere Beziehungen fehlen, da das sonst beigezogene lit. Mimst è (aus *kumpsti) 'Faust' vielmehr mit kumpas 'krumm' zur Wurzel *kamp- 'biegen' gehört und Zusammenhang mit F i n g e r oder fünf nicht zu erweisen ist. Fauteuil s. F a l t s t u h l . Faxe /. Ein lautmalendes f i c k f a c k e n 'sich hin und her bewegen' (wie es nam. Possenreißer tun) ist über viele Mundarten verbreitet. Dazu als Subst. fickesfackes, fixfax 'Possen, lose Streiche' und daraus abgelöst gleiehbed. jaches, faeks. Der Plur. F a k s e n , F a x e n wird literar. seit Mozart, Briefe 178; von Heynatz, Handbuch (1775) als Schriftdeutsch anerkannt. An faks tritt in Berlin das Demin. -fee (wie in Raffke, Steppke); in fakske 'Possenreißer' wird ksk dissimiliert zu tsk: daraus F a t z k e : Ag. Lasch, Berlinisch 198; Zweifel bei Wolf 1301; Bielfeldt 31: 19. Jh. aus dem Poln.; zum PN Wacek zuerst in Berlin, vgl. dalli. Vgl. a ekeln. Fayence f . 'Halbporzellan'. Faenza in der Romagna liefert Steingut, das im 16. Jh. frz. vaiselle de Faïence heißt, später gekürzt zu faïence. Nr. 134 der Voss. Ztg. von 1769 meldet aus Petersburg „eine dauerhafte, schon sehr weit gediehene Fayancefabrik wird zu Czarskoje Selo gefunden". F. Nicolai 1779 Berlin 413 berichtet über „eine Niederlage von Potsdamischem unächten Porzellan oder Fayance" : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 208f. Fazit, n. Lat. faeit 'es macht', aus lat. Rechnungsbüchem schon des 14. Jh. dem Rechenunterricht geläufig, erscheint seit 1452 in Rechenbüchern substantiviert zu 'Ergebnis, Summe'
Februar
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(Α. Schirmet 1911 Wb. d. dt. Kaufm.-Spr. 60f.) und dringt im 16. Jh. in die Literatur, wo es auf logische und sittliche Verhältnisse übertragen wird: Zs. f. d. Wortf.8, 69; Beih. zu Bd. 14, S. 23; A. Götze 1919 Anf. e. math. Fachspr.64. Februar m. Zu lat. februäre 'reinigen' gehört februärius 'Reinigungsmonat': gegen Ende des letzten Monats im röm. Jahr fanden Sühnopfer statt. Im 16. Jh. (Zs. f. d. Wortf. 14, 317; H. Fischer 1908 Schwab. Wb. 2, 996) verdrängt der gelehrte Name Sporkel und Hornung (s. d. und Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 164). Zesen 1671 hat Hornungsmond nicht wieder in die Schriftsprache einführen können: Zs. f. d. Wortf. 14, 74. österr. Feber. Fechser m. frühnhd. ffchser 'bewurzelter Schößling der Rebe, des Spargelkrauts, der Erdbeere usw.', zuerst im Toc. (heut. (Nürnberg 1482) 6 b , seitdem vor allem im Weinbau Thüringens. Abgeleitet von mhd. vahs 'Haar', das mit gleichbed. ahd. asächs. /αλί, afries. fax, ags. feax und mit anord. fax 'Mähne' auf vorgerm. *poksoführt und mit gr. pókos 'Vlies', weiterhin mit lat. pecu(s) 'Vieh* usw. verwandt ist, s. Vieh. In Teilen des Md./Nd. schwindet eh vor s; Luthers Form ist Feser, von ihm geht 1627 (Jes. 6, 7. 16, 8 u. ö.) der übertragene Gebrauch aus: (junger) Fechser gilt seitdem vielfach für 'Sproß eines Geschlechts'. J . Trier, Holz 59, 86, 108; Venus 46: älter als Haar, gehöre zu den Haarwörtern botanischen Ursprungs. fechten Ztw. ahd. asächs. anL fëhtan, afries. fiuhta. Ob das st. Ztw. von je zur «-Reihe gehört hat, ist fraglich. Es kann aus der u-Reihe (ags. feohlan, engl, fight) in die «-Reihe übergetreten sein. Dann wäre urgerm. *fiuhtan *fauht *fuhtum *fuhtanaz vorauszusetzen (statt *fehtan *faht *fehtum *fehtanai). Diese Annahme ermöglicht Verknüpfung mit gr. pyx Adv. 'mit der Faust', lat. pugnas m. 'Faust', pugnare Ztw. 'kämpfen': Kluge 1902 Zs. f. d. Wortf. 2,298f. F. Specht 1944 Zs. f. vgl. Sprachf. 68, 205 tritt unter Hinweis auf lit. su-ii-pèSti 'sich raufen' für Verknüpfung mit lit. peüü, pèHi 'rupfen', lat. pectore, gr. péktein 'kämmen' ein. J . Trier, Venus 136; Festschr. Karl Arnold 1955, 257: urspr. zur Laubgewinnung, s. Lob. — Die Bed. 'bettelnd wandern' haben Handwerker des 16. Jh. erzielt, indem sie f. von ihren Fechtspielen auf ihren Wanderbettel übertrugen. Gebucht ist diese Bed. seit Krämer 1678. S. A. Wolf, Gaunersprache 1306. Feder /. Mhd. mnd. mnl. vëder(e), ahd. fSdara, asächs. fëthara, anfr. fêthera, nnl. ve(d)er, afries. fêthere, ags. fêûer, engl, feather, anord. fjçdr, norw. fjer, dän. fjœr, schwed. fjäder führen auf germ. *fep(a)rô-, vorgerm. *pétrâr zur idg. Wurzel *pet- 'auf etw. los- oder niederstürzen, fliegen' (s- F i t t i c h ) . Dazu auch altbret. etn, mbret. een.
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Fee
kymr. ein 'Vogel', während akymr. atar, kymr. adar 'Vögel' auf idg. *p$t- weist. Urverwandt sind ferner lat. penna (aus *pelnä) 'Feder', pelö 'strebe', accipiter 'Habicht', pro(p)tervus 'vorwärtsstrebend'; gr. pétomai 'fliege', pterön, ptéryx 'Flügel'; aslav. pero 'Feder'; aind. pálram 'Flügel', pátatí 'fliegt', potará- 'fliegend'. Ob bei Übertragung von der Vogel- auf die Metallfeder die Elastizität (Adelung) oder die vorwärtstreibende Kraft (J. Grimm) vermittelt hat, kann vom Deutschen aus nicht entschieden werden. Das entsprechende frz. ressort gehört zu ressortir 'zurückprallen' und hat die Bedeutung des Vorwärtstreibens erst durch die Uhrfeder und deren bildliche Verwendung erhalten. Ebenso wird es auch bei Feder gewesen sein. 'Feder' als Kupferoder Messingrohr zum Schreiben nennt 1644 in Nürnberg Johann Nendörffer, Anweisung vnnd eigentlicher Bericht, wie man eynen yeden Kiel zum schreiben erwölen soll. Von da aus liegt die Übertragung auf große Metallfeder als 'Wagenfeder' nahe: Venedig 1616 bei Fausto Veranzio, Machinae novae ep. 49: eine Wagenfeder (die erste bekannte), die er „eysene federen" nennt (Feldhaus-Sammlung zur Geschichte der Arbeit, Heidelberg); schon 1547 Taenzler s. unter Bremse. Federfuchser m. Schelte für Schreiberseelen, die andere durch ihr Schreibwerk ärgern und quälen. Kaum vor Schiller 1782 Kab. und Liebe 1, 2. Zu landschaftlichem fucken 'unruhig hin und her fahren' ist über *fuckeren ein seltenes fliehten 'quälen, plagen' gebildet; geläufig sich fuchsen 'sich ärgern'. Federlesen n. Daß jem. dem Höhergestellten angeflogene Federn vom Gewand liest, galt spätmhd. (Lexer 3, 39) als niedrige Schmeichelei; wie das wenig jüngere flderklüben (das.). Später (H. Fischer, Schwab. Wb. 2,1003. 6,1864) wird es als Zeitvergeudung gefaßt. 'Nicht viel Umstände machen' kaum vor 1648: Zs. f. d. Wortf. 4, 80. Fee f. Aus lat. fàtua 'Weissagerin* (zu färi 'sprechen') wird volkslat. fata, 'Schicksalsgöttin' (noch in F a t a Morgana 'Luftspiegelung'), das seit dem 12. Jh. als frz. fae, fée erscheint (aus dem engl, fay entspringt). Daneben steht mit parasitischem i ostfrz. feie; diese Form gelangt um 1200 als /ei(e) ins Mhd.; Albr. v. Halberstadt reimt einer feyen: meyen: H. Suolahti, Frz. Einfl. (1929) 279; (1933) 377. Wie neben afrz. galie 'Ruderschiff' mhd. galln(e) tritt, so hier eine Nebenform mhd. feine, als Fein(in) noch 1588 in B. Jobins Vorwort zu J . Fischarts 'Peter v. Staufenberg'. Das Simplex stirbt frühnhd. ab, nur Meer-, Waldfei halten sich. 1741 wird frz. fée (nun in dieser Form) neu entlehnt (Zs. f. dt. Wortf. 14, 199) und namentlich durch Wieland eingebürgert, der 1767 F e e n l a n d , -märchen
fegen
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bildet: Idris 5, Str. 9; 4, Str. 2. Seit Adelung 1775 wird Fee allgemein gebucht. S. g e f e i t . legen Ztw. Mhd. mnd. vêgen, asächs. vêgon, mill, veghen stehen in Ablaut mit mnl. väghen, nnl. (wegjvagen, anord. fäga 'schmücken, reinigen', f&gja 'glänzend machen': zum Verbalstamm *petc- : *pek-·. *pöfc- 'hübsch machen' in lit. püs-
ziu, -ti 'schmücken', lett. puschu 'reinige, säubere, schmücke', riickbez. 'putze mich'. Sofern die Ausgangsbed. umspringt zu 'aufgeräumt, vergnügt sein', lassen sich ahd. gifëhan, ags. gefêon 'sich freuen', ahd. gifëho, ags. gefëa, got. faheßs
feig
1732: Zs. f. dt. Wortf. 9, 309. 10, 181. 232. 11, 106.12,179.15, 303. fehlen Ztw. Lat. fallere 'täuschen' ist Quellwort wie für ital. fallire (s. f a l l i e r e n ) so für afrz. f a l l i r '(ver)fehlen, sich irren, mangeln', das um 1200 mhd. vœlen, vêlen, feilen ergibt. Wenig später wird aus frz. faille 'das Fehlen, der Fehl' mhd. vœl, vcele entlehnt, aus der Formel saw faille mhd. sunder vœl : Suolahti 1929 Frz. Einfluß 277. Aus den frz. Wörtern sind seit dem 13. Jh. auch mnl. falen 'zu kurz schießen', feilen 'Gebrechen haben', engl, fail 'fehlen' hervorgegangen. Fehler m. zum vorigen, tritt um 1500 als 'Fehlschuß' auf und ist insofern Gegenwort zu T r e f f e r . Die heutige Bed. kaum vor Maaler 1561. Fehltritt m. seit Mathesius 1566 Luther 74 b, gebucht nicht vor Schönsleder 1647. Frz. faux pas beruht auf derselben Vorstellung. Vorbild für
'Freude' usw. anknüpfen. — Zur landschaftL Verbreitung von nhd. f e g e n und zur Abgrenzung gegen k e h r e n bietet die Wortkarte von Ilse Bruhns bei Mitzka, Dt. Wortatlas III (1954) die Synonyme: fegen ist nd. Herkunft, da ist kehren durch das Westfäl. bis zur Westgrenze durchgebrochen. fegen nimmt seinerseits das Elsaß beide ist lat. fallens vestigium. und Mittelbaden, z. T. Schwaben, ein. Eine teien s. g e f e i t . große Fläche in Bayern und Schwaben hat auch Feier f . Zu lat. fèriae 'Tage, an denen keine (ausjputzen. Das ahd. schw. Zw. furben hat sich Geschäfte vorgenommen werden' (mit fänum als fürben, firba, ferba am Bodensee gehalten. 'heiliger Ort' zum Stamm fas, fês 'religiöse HandWortatlas XVIII. S. f a i r . lung') wird mlat. fèria gebildet, das ahd. fïr(r)a, Fegfeucr w. Mhd. vêgeviur, mnd. t>ëge(n)vûr, mhd. vire 'Festtag, Feier' ergibt. Lat. ë ist zu ï mnl. veghe(n)vuur zu mhd. vigen 'reinigen': seit erhöht wie in K r e i d e , P e i n , Seide, Speise. etwa 1190 durchdringende, zunächst wohl west- Die Entlehnung ist den festländ. Germanen gedt.-nl. Lehnübersetzung des mlat. purgatorias meinsam (anL firinga, fïrlïc, afries. flra), fehlt (purgationis) ignis, das im älteren Obd. wieder- aber England und dem Norden. Vgl. D u l t . gegeben wurde durch da¡¡ lüttere fiur, ags. durch Feierabend m. Spätmhd. wr-äbent 'Vorabend Pœt cìcensiende fyr, anord. durch hreinsonar, eines Festes' (s. S o n n a b e n d unter S a m s t a g ) sBrslar eldr: E. Ochs, Neuphil. Mitt. 1924 S. X. wird frühnhd. umgedeutet zu '(Beginn der) RuheFeh /. 'sibir. Eichhorn', mhd. vich n. 'buntes zeit am Abend'; dabei bleibt das Bed.-Element Pelzwerk': subst. Adj. zu ahd. fèh, ags. fäh, got. 'Ruhe von der Arbeit' erhalten, das unser F e i e r filu-faihs 'sehr mannigfach'. Zur germ. Wz. eingebüßt hat. *faiha- 'bunt' gehört ein schw. Ztw. *faihian, ags. feiern Ztw. ahd. flr{r)ön, asächs. firion, afries. fxn, anord. fä 'malen', urnord. faihido 'ich malte'. flria 'einen Festtag begehen' nach gleichbed. Wurzelverw. mit toch. A pek-, Β paik- 'malen', mlat. feriare. gr. poikilos 'bunt', aslav. pisoli 'schreiben', feig Adj. Die unter F e h d e entwickelte Wz. aind. pis- 'schmücken', pisd- 'Damhirsch'. wird aus ihrer Grundbed. 'feindselig' in die jüngere Fehde Mhd. vêhe(de), vede, ahd. (ge)fêhida, mnd. 'zum Tod bestimmt' übergeführt, sofern der vede, veide, mnl. vede, jünger vête, nnl. veete, afries. Friedbrecher durch seine Tat zugleich ein morir faithe, fetöte, feithe, ags. féêhp(u) führen auf west- bundus wird: CL v. Schwerin 1913 Reallex. d. germ. *faih-ipö /. 'Feindseligkeit', Abstrakt- germ. Altertumsk. 2, 16. Demgemäß bed. anord. bildung zu dem Stamm, der vorliegt im Adj. feigr, adän. fègh, ags. feege, schott. fey, asächs. mhd. gevêch, ahd. gifêh, mnl. ghevee 'feindselig', fêgi, ahd. feigi (aus *poikisulr, *pusl. Gr. psijllos, psylla, aslav. 'Feder'. Uücha und lit. blusà 'Floh', aind. plüsih. Die Floß n. ahd. mhd. vlöq ra. η. auch in den Bed. nnord. Sprachen haben anord. flö aufgegeben: 'Strömung, Flut, Fluß', zu f l i e ß e n . Ebenso nnl. die Neubildung norw. mundartl. schwed. loppa, vlot 'Floß' neben mnd. vlot, dän. flede 'Sahne', dän. loppe 'Floh' wird als 'kleiner Klumpen' ge- schwed. flott 'Schmalz', ags. fléot, flota 'Schiff' deutet. — Dekliniert wurde mhd. vlöch Sing., neben flyte 'Rahm, flos lactis'. Vgl. asächs. thurhvloshe Plur. Hier, im Inlaut, vor unbet. Vokal, flötian und vbtön. ist h lautgesetzl. verstummt, aber in der Schreiflößen, f l ö z e n , schw. Ztw. Zum st. Ztw. bung beibehalten (wie in n a h e , R e h e , zähe). mhd. vlie^en, vlö% gehört als Faktitiv vlœtzen. Das bestimmte nachmals die Aussprache auch vlœçen 'fließen machen, hinabschwemmen'. Die des Sing, (wie in n a h , R e h , zäh). Doppelheit der Formen (wie bei mhd. heitzen, Flom, F l a u m m., meist Mz. F l o m e n , mnd. reitzen neben heilen, reißen) beruht auf der vlöme f . 'das rohe Bauch- und Nierenfett der germ. Flexion *flautju, *flautiz: tj wurde über tt Schweine, Gänse, Fische', heute wesentlich ein zu hd. tz, einfaches t zu Wort der norddt. Umgangssprache und MundFlöte f . Auf prov. flaut 'Flöte' beruhen afrz. arten. Von Kurhessen bis zur Schweiz entspricht flaute, fleute, die über mnl. flute, fleute, floite F l a m e ( n ) , F l ä m e ( n ) f . m., das auch als 'Rahm (nnl. fluii) mhd. vloite, flöute, frühnhd. F l e u t e auf der Milch, Fett auf der Suppe, Schimmel, geliefert haben. Das Fremdwort ist im Nib.dünner Belag' erscheint und auf mhd. vlœme f . Lied (österr. um 1200) schon vorhanden. Der ' F e t t h a u t ' beruht. Es ist urspr. das oben schwim- Vokal von nhd. F l ö t e (seit Virdung 1511) bemende F e t t ; insofern setzen die ablautenden ruht auf Lautsubstitution. Das ostmd. nd. F l a Formen ahd. floum 'Fett, Sahne; Spülicht' fort d u s e 'Schmeichelei' bezeichnet urspr. die Flöten-
flötengehen
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gattung fleute douce nnd ist unter Einfluß von frz. flatter umgebildet. flötengehen dt. Ztw., aus hebr. pëlêtâ ' E n t rinnen' über Portugal, Niederlande in Hamburg: S. A. Wolf Wb. d. Rotw. 1498; vgl. p l e i t e . Dat Oeld ist fleuten gahn Richey 1755 Hamb. Id. 63 ; gebucht seit Adelung 1774, literar. durch Hermes 1778 Sophiens Reise 1, 672. Walther, Nd. Korr.-Bl. 1908, 41; Lokotsch E t y m . Wb. 1643. flott Adj. Zu f l i e ß e n (asächs. fliotan) gehört nd. nl. vlot 'schwimmend', das als Schiffswort in der Formel flott werden seit Olearius 1647 Reise 208 ins H d . gelangt. Auch die verhochdeutschte Gestalt f l ö ß wird gelegentlich gewagt. Die naheliegende Übertragung „flott leben" s t a m m t aus der Stud.-Sprache und gelangt von da um 1760 in die Schriftsprache: Kluge 1911 Seemannsspr. 271. Flotte f . ein Nordsee wort: ags. (8. Jh.) flota, mnl. vlöte, vbot, mnd. (nicht vor 1368) viòle, anord. floti, dän. flaade: sämtlich in Ablaut zu f l i e ß e n . Aus dem Germ, stammen frz. flotte, ital. flotta, die nachmals auf das heimische Wort zurückgewirkt haben, so daß frühnhd. seit Ende des 16. J h . flotta gilt, als Fremdwort 1617 im Teutschen Michel 29 verhöhnt. Hd. ist S c h i f f u n g , S c h i f f s z e u g , Modewort u m 1600 ( S c h i f f - ) A r m a d a . Engl. navy beruht auf afrz. navie ' F l o t t e ' : Kluge 1911 Seemannspr. 271 ff. ; Kurrelmeyer, Mod. lang, notes 34, 263. 36, 485f. Flottille f . Zu den aus F l o t t e stammenden roman. Lehnwörtern gesellt sich span, flota. Dessen Demin. flotilla wird als Name der kleinen span.-amer. Silberflotte bei Hübner 1717 und Frisch 1741 gebucht. Nach Zedier 1735 seit Anfang des 18. J h . auf kleine Ostseeflotten ausgedehnt, recht eingebürgert doch erst im 19. J h . : Kluge 1911 Seemannspr. 274. Flöz «. 'waagrechte Schicht Gestein, Erz oder Kohle, mit Lippenrundung von e zu ö nach / und l (vgl. Löffel) aus frühnhd. fletz. Die bergmännische Verwendung beginnt im Erzu n d Riesengebirge im 16. J h . : H. Veith 1871 Bergwb. 188f.; E . Göpfert 1902 Bergmannsspr. 26f. Voraus liegt mhd. vlftze, vlçe 'geebneter Boden, Tenne, Hausflur, Stubenboden, Lagerstatt', ahd. flçzzi, älter flazzi 'Tenne, Hausboden', asächs. fkt, Gen. fkttis, nnl. engl, anord. flet, afries. ags. flftt 'Flur, Boden; Halle, Wohnung': Substantivbildung zum Adj. fiai;, asächs. flat, anord. flatr 'flach, eben', das in andrer Substantivierung ahd. flazza 'Handfläche' ergeben h a t . Außergerm, kommen am nächsten lett. piade 'Mutterkuchen', pladina 'flaches Boot', plandU 'breit machen': zur idg. Wurzel *plad- 'breit und flach; ausbreiten'. Größeres Gefolge h a t gleichbed. idg. *plät-, s. u. F l a d e n . E l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aufl.
Flügel
Zum F l e t t des germ. Hauses H j . Falk 1913 Reallez, d. germ. Alt.-Kde. 2, 66. fluchen Ztw. Mhd. vluochen schw. Ztw., ahd. fluohhan, -δη (Part, farfluahhan 'verworfen'), asächs. flökan (Part, farflökan 'verflucht'), mnd. vlöken, nl. vloeken, afries. flôka (Part, ûrflôkin 'verwünscht'), ags. flöean und got. flökan (Prät. faiflök) vereinigen sich auf ein gemeingerm. redupl. Ztw. *flökan. Wie die urverwandten lat. piangere '(die Hand auf die Brust) schlagen', gr. ρ leg 'Schlag', pUgn$nai 'schlagen'. Sie wird von got. flökan vorausgesetzt, das für gr. koptesthai 'sich trauernd an die Brust schlagen' steht. F ü r das Urnord. ist die sinnliche Bed. gesichert durch anord. flökinn 'verwirrt', flöki '(gestampfter) Filz', norw. floke 'wirre Masse*. Ags. flöced hyre folmum deutet Max Förster 1921 Texte u. Forsch, z. engl. Kulturgesch. 155 'sie schlägt mit ihren Händen die Verwünschungsgeste'. Mit dem Blick auf die bei mittelmeerischen Idg. noch übliche Verwünschungsgebärde gewinnt man den Ubergang von 'schlagen' zu 'maledi· cere'. — Postverbal ist F l u c h m., mhd. vluoch, ahd. fluoh, mnd. vlök, nl. vloek. Flucht 1 f . Ahd. fluh-t ist ¿»-Abstrakt zu fliohan (wie fart, zuht, traht zu faran, ziohan, tragan). Die Bildung ist westgerm.: asächs. fluht, ani. flucht, afries. flecht, ags. flyht, engl. flight, dagegen anord. flótte, got. plaúhs m. Aus mnd. vlucht entlehnt dän. flugt, aus flucht schwed. flygt. Flucht2 f . 'zus.-fliegende Schar Vögel', in Zus.-Setz. wie B a u f l u c h t , F l u c h t l i n i e auch 'Richtung, Gerade', gelangt im 17. J h . ins Nhd. aus älterem nd. flugt. Dieses ist (mit mnd. nnl. vlucht, engl, flight 'Flug') ii-Abstrakt zu f l i e g e n . Flug m. mhd. vluc (PI. vlüge), ahd. flug, asächs. flugi, ags. flyge, anord. flugr: gemeingerm. Verbalabstr. zu f l i e g e n . — f l u g s , nnl. fluks, ist der zum Adv. erstarrte Gen. zu F l u g , mhd. f luges 'schnell'. Kürze h a t sich vor Doppelkons. erhalten wie in h ü b s c h neben H o f , g e r b e n neben g a r , die verkürzte Gen.-Form wie in a b e r m a l s , k e i n e s w e g s , t a g s z u v o r . Flugblatt ». dem frz. feuille volante von Schubart 1787 nachgebildet, der dafür von Pfarrer Kern 1789 Sendschreiben an Herrn Schubart (Zs. f. d. Wortf. 11, 108) getadelt wird. Von Campe 1808 aufgenommen. Dän. flyvehlad s t a m m t aus dem Nhd. Flügel m. mhd. vlügel, mnd. vlBgel, mnl. vlöghel, spätanord. fly gill, ags. norw. fly gel: jüngere Bildung zu f l i e g e n (wie G r i f f e l , Schlägel, Schlüssel, Wirbel, Würfel, Z ü g e l zu g r e i f e n , s c h l a g e n , s c h l i e ß e n , w e r b e n , w e r f e n , z i e h e n ) . Auffallend genug fehlt ein gemeingerm. Synonym, s. F a r n , F e d e r , F i t t i c h . In den Bed. 'Seite, Flanke 14
flügge
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210
eines Gebäudes, einer Mühle, eines Heeres, der Nase' hat lat. ala, teilweise auch frz. aile eingewirkt. F l ü g e l , dän. schwed. flygel, heißt eine Art Klavier wegen der Gestalt; so zuerst als mnd. vloghel 'Harfe' in Wismar 1343; in nhd. Text kaum vor Hermes 1778 Sophiens Reise 3, 144. flügge Adj. Zum Stamm von fliegen ist westgerm. *fluggj- gebildet, das ags. flyege, engl. fledge, mnl. vlugghe, mnd. vlügge, nnl. vlug 'gewandt, schnell' ergeben hat. Mit regelrecht zu ck verschobenem gg entspricht ahd. flucki, mhd. vlücke, das in obd. Ma. als fluck fortlebt; so noch bei Rückert. Das Schriftwort flügge ist in Luthers Tagen aus nd. flügge entlehnt und hat von da gg behalten (wie baggern, Dogge, F l a g g e , schmuggeln). Grundbed. ist 'imstande zu fliegen'. So stehen ahd. lucki, mhd. lücke, asächs. luggi, nordhumbr. lycce 'lügnerisch' neben lügen. flugs s. Flug. Flugschrift f. für frz. feuille volante von Schubart 1788 gebildet, ihm verübelt wie F l u g b l a t t (s. d.), von Campe 1794 Reinigung 3, 247 empfohlen, von Goethe I 26, 204 aufgenommen. Damit sind B r o s c h ü r e , P a m p h l e t , Pasquill zurückgedrängt. Fluii f. 'Fels'. Mhd. vluo, ahd. fluoh 'Felswand)', ags. flöh f. 'Stück, Fliese', flöh stänes 'Felsstück', anord. flö n. 'Schicht', Mz. flsèr, flär 'Absatz an einer Felswand' (germ. *flah-iz), schwed. mundartl. und norw. fio 'Schicht, Lage'. Das alte Wort hat sich in Schweiz. Mundarten erhalten und ist von da in Schillere Teil 4, 1 gelangt. Aus 'Bergabsturz* ist 'Vorderteil des Schiffs' geworden in oberrhein. Fluhe bei J . Geiler v. Kaisersberg: F. Kluge 1911 Seemannsspr. 276. Daneben steht mit Ablaut und gramm. Wechsel mhd. vlage, anord. flaga 'dünne Erdschicht', norw. flag 'offne See*. Außergerm, entsprechen lit. plokas 'Estrich', lett. plakt 'flach werden', plaka 'Kuhfladen', plakans 'flach', pinoci 'Lage, Schicht', gr. plax 'Fläche', Mz. pldkes 'Hochebenen', plakóeis 'flach', lat. placidus 'eben, glatt, ruhig', piacere 'gefallen', placare 'ebnen, beruhigen', toch. pläkäm 'Zustimmung'. S. Nagelfluh und flach. Flunder f. m. Neben der idg. Wz. *plai 'flach sein' in F l a d e n usw. steht eine nasalierte Form *plant, z. B. in lat. planta 'Fußsohle'. Beide haben andere Stufen des Ablauts neben sich. So stehen als Namen des flachen Fische, den die Germanen in Ost- und Nordsee fingen, mhd. vluoder, spätmhd. nd. flander, mnd. vlundere, neunorw. flundra. Weisen die letzten Formen auf germ. *flunprön, so auf *flunpriön ostpreuß. flinder, norw. flynder, dän. flyndre. F l u n d e r wird von Gesner 1656 De
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Flut
piscibus 119 als engl. Name verzeichnet; dahin ist flounder aus dem Nord, gelangt. Zur Bedeutungsgeschichte stimmt die wissenschaftliche Bezeichung „Plattfische" als Oberbegriff. flunkern Ztw. Zu flink in seiner Bed. 'schimmernd' gehört frühnhd. flinken 'glänzen'. Damit nächstverwandt ist flunkern 'flimmern'. Über 'Schein erregen' hat sich die zunächst nd. Bed. 'gloriose mentili' entwickelt, früh im Brem. Wb. 1 (1767) 430, doch auch in nnl. flonkeren. Flunsch s. flennen. Flur m. f. Mhd. vluor "(Feld-)Flur, Saatfeld; Samen, Saat; Boden(fläche)', mnd. vlör, mnl. nnl. vher, ags. flör m. f. 'Flur, Fußboden; Pflaster, Grund, Boden', engl, floor 'Flur', anord. flôrr, norw. flor 'Diele des Viehstalls zwischen den Standreihen der Kühe; Viehstall' führen auf germ. *flörus, *flöra, aus *pläros, *plära. Außergerm, entsprechen air. lär, kymr. llawr m. f., bret. leur /. 'Boden'. Zur gleichen Wurzel idg. *peh-, plä- 'breit flach; ausbreiten' auf -n gebildet sind apreuß. plönis, lett. pläns 'Tenne', lit. plónas 'dünn', lat. planus 'flach', gr. pélanos 'Kuchen'. — Die Gebietsteilung, daß F l u r m. 'area', f. 'ager, seges' bedeutet, ist erst nhd. Zur Geschichte des Begriffs F l u r n a m e s. Mitzka in Festschr. f. E.Fehrle 1940,66. Uber die Verbreitung von F l u r 'Hausgang' in hd. Umgangssprache s. P. Rretschmer 1918 Wortgeogr. 203f. Duschen s. f l u t s c h e n . Fluß m. mhd. ahd. vlu% (?;) asächs. fiuti (dies noch als Grundwort in Ortsnamen wie Winkelaflüete bei Harsewinkel im westfäl. Kreis Warendorf): eine bloß deutsche Bildung zu fließen (s. d.), auf germ. *fluii- weisend. Alte Ausdrücke für 'fließendes Wasser' sind - a ( c h ) , Au, F l e e t , Strom. Unserm Adj. flüssig entsprechen nur mhd. vlü^ec und ahd. flui¡pg. — F l u ß als Name rheumatischer Leiden beruht auf gr. £εΟμα, weißer F l u ß übersetzt lat. fluor albus. flüstern schw. Ztw., frühnhd. und bis ins 19. Jh. f l i s t e r n , nd. f l ü s t e r n , flüstern nnl. fluisteren. Hat mit den ahd. Glossen fovitl flist(i)rit (Steinmeyer-Sievers 1, 224, 26) nichts zu tun, sondern ist eine Bildung des 16. Jh. (zuerst: sibilarelflisteren myd der tunghen Diefenbach, Gloss, lat.-germ. 632 a ), die aus nd. Ma. ins Nhd. dringt, als Lautmalerei schon von Frisch 1741 erkannt. Bodenständig ist f l ü s t e r n im Nordsaum des Rheinlands, in Ostfriesland, Bremen, Holstein u. Pommern, von da setzt sich spät auch ü gegen älteres i durch (Lippenrundung nach f , l vgl. Flöz). Hd. Ma. verfügen über eine Fülle sinnverwandter Ausdrücke. Flut f., einst auch m. Mhd. ahd. fluot, md., vlüt, asächs. afries. ags. flöd, anfr. fluod, mnl.
flutschen
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vloet (d), nnl. vloed, engl, flood, anord. flöd, schwed. dän. flod, got. flôdus führen auf germ. *flôdus, vorgerm. *plôtù-s: auf idg. -tu- (F. Kluge 1926 Stammbildungsl. § 133) gebildet zur idg. Wurzel *plö- in gr. plöein 'schiffen', plötös 'schwimmend'. Vgl. ags. flowan, anord. flöa 'überfließen'; im übrigen s. fließen und F l u ß . — F l u t , mnd. flöt als Gegenwort zu E b b e ist seit dem 16. Jh. bezeugt: F. Kluge 1911 Seemannsspr. 276. flutschen schw. Ztw., mit langem u, 'schnell, auch flüchtig arbeiten, gut vorankommen, -gehen'. Jüngere lautmalende Bildung, nd. und ostmd. Dazu assimiliert fluschen in jener positiven Bedeutung, berühmt durch den Ruf der pomm. Landwehr, die in der Schlacht von Großbeeren am 23. August 1813 die im Regen unbrauchbaren Flinten umkehrte und mit den Kolben arbeitete: Dat fluscht hâter. Literar. durch Chamisso 1839 Werke 6, 139. Foeksegel ». 'Segel am Vormast', erst nhd. und nicht seemännisch. Dort vielmehr seit etwa 1600 nd. nl. dän. schwed. fok, fock(e). So urspr. (seit Comenius 1638 Sprachentür § 463) ins Hd. entlehnt: Kluge 1911 Seemannsspr. 278. Während das Segel hinten im Boot T r e i b e r heißt (das. 793), ist F. 'Zieher': zu älter nd. focken 'Segel hissen', nnl. fokken 'aufziehen'. Nach der Dreieckgestalt des Segels heißt fries, fok 'dreieckiges Stück Land', norw. fokka 'keilförmiges Stück Erde'. Schon isl. ist Fokka als Ortsname bezeugt. Fohe f. 'Füchsin' s. Fuchs. Fohlen n. Ahd. asächs. folo, ags, fola, anord. foli, got. fula alle m., so noch im Nordwesten: Friesisch, Schleswig-Holstein, Mecklenburg. Erst mhd. vole wird Neutrum (vom dimin. Füllen her) geht, auf eine gemeingerm. Bezeichnung des männlichen Pferdes, die aus vorgerm. *pulon- entstanden ist und in Ablaut zu alban. peVë 'Stute', gr. pölos 'junges Pferd, Junges' (s. foltern), lat. pullus 'junges Tier' steht; aus *pö(u)l-: *psul-: *pul-. wobei Ζ Diminutivsinn haben kann. Hierzu frz. poulain 'Füllen'. F o h len gilt im nd. nl. Küstenstreifen, in Skandinavien, England mundartlich für bestimmte Altersstufen. Frings s. Füllen. Föhn m. 'heiß zu Tal stürzender Südwind', ahd. pMnno, mhd. foenne 'Regen-, Tau-, Wirbelwind'. Ein Wort zunächst des Hoch- und Mittelalem., danach auch des Oberschwäb., Südbair. und Tirol., spät erst des Nhd. Lat. (ventus) favönius 'lauer Westwind', urspr. 'der wärmende' (zu fovêre 'warm machen') ergibt vulgärlat. faönius, das früh zu den Germanen gelangt: über *faünjo, *fdunjo sind die ahd. und späteren Formen entwickelt. Churw. fa· vougn, favoign, fagugn, fuogn, tessin. fogn,
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folgen
schweiz.-frz. foé, foin haben nicht vermittelt. Urspr. M., ist F ö h n seit dem 14. Jh. in Teilen der Schweiz F. geworden, offenbar nach dem Vorbild von B i s e (s. d.). Damals konnte der Artikel d' mit dem anlautenden f verschmelzen: daher der Anlaut pf- in Mundarten der Schweiz und Oberschwabens. In der Schriftsprache hat sich das M. (das Schiller 1804 Teil 1, 1. 3 bei J . J . Scheuchzer 1706 Beschr. d. Nat.-Gesch. des Schweizerl. 1,182. 2, 87 vorfand) nach Vorbildern wie S t u r m und Wind behauptet: H. Wehrle 1907 Zs. f. dt. Wortf. 9, 166f. Föhrde f. zu F j o r d m. 'schmaler Meeresarm', jung entlehnt aus gleichbed. dän. norw. schwed. fjord, die auf anord. fjerdr, urnord. *ferpu-, aus *pertu- beruhen; dies mit Endung -tu zum Verbalstamm *per- 'übersetzen', s. fahren und Furt. Der Sinn liegt also in der Eignung zu bequemer Schiffsüberfahrt über solche Gewässer. Ein ablautendes gall. *ritum 'Furt' im gall.-lat. Ortsnamen Augustoritum. Auch engl, firlh, frith 'Seebucht' beruhen auf Entlehnungen aus dem Nordischen. Föhre f. 'Pinus silvestris, gemeine Rotkiefer'. Mhd. vorhe, ahd. for(a)ha, asächs. furie, ags. furh, anord. schwed. fura, norw. furu, dän. fyr (hieraus entlehnt engl, fir) führen auf germ. *forhu-, Die urspr. Bed. ist 'Eiche', der Sinn hat sich gewandelt, s. B u c h e . Die ablautenden ahd. fëreheih, langob. fereha bedeuten 'Speiseeiche'. Idg. *perky{o) auch in lat. quereus (aus *perkus) 'Eiche'. Eine Bed.-Entwicklung von 'Eiche' über '(Eich-)Wald' zu '(Wald-)Gebirge' voraussetzend, schließen sich an kelt. Άρκύνια δρη, Eercynia silva, Orcynia 'das deutsche Mittelgebirge'. Vor dem im Kelt, lautgesetzlichen Schwund des p-, also sehr früh, entlehnt ist lat.-germ. Fergunna, Firgunnea, ahd. Virgunnia, -undia als Name md. Gebirgszüge. Aus dem Namen in appellativen Gebrauch überführt sind got. falrguni 'Gebirge' und ags. fiergen- 'Bergwald'. Föhre ist mit B i r k e , Buche und F i c h t e unter unsern Baumnamen einer der wenigen, die über das Germ, hinausgreifen. Nächstverwandt sind F o r s t und K i e fer. Die Götternamen anord. Fiergynn, Ht. Perkúnas, gr. Zeùç φηγοναίος bleiben fern. Vgl. W.Horn 1929 Behrens-Festschr. 110. Aind. parkatï- 'heiliger Feigenbaum' und (mit offenbar älterer Bed.) ind. pargäi 'Steineiche' sind nicht verwandt: Mayrhofer, R. 181. folgen schw. Ztw., mhd. mnd. nnl. volgen. ahd. folgen, asächs. folgon, mnl. volghen, afries, folgia, fulgia, ags. folgian, fylgan, engl, follow, anord. isl. norw. fylgja, schwed. följa, dän. feige. Die got. Entsprechung entgeht uns, weil Wulfila laistjan (s. leisten) vorzieht. Um die Deutung haben sich schon die Alten bemüht, ihre 14·
folgenschwer
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Bildungen (ags. fui ëode 'er folgte', ags. asächs. fulgangan, ahd. fola gän 'folgen') sind sämtlich irreführend. Vielmehr ist germ. *folg- urverwandt mit kymr. ol '(Fuß-)Spur', ar ol 'nach, hinter', Superlativ olafiad 'Nachfolger', korn. ol 'Fußspur' und abret. ol, Mz. olg-ou "Aufspürung, Untersuchung', die auf *polgh- zurückführen, das auch dem germ. Ztw. vorausliegt. — F o l g e f . ist postverbal; ahd. allein in Notkers Zus.-Setzung sêlbfolga 'Partei'. Das Adj. f o l g lich, zuerst bei Stieler 1691, hat Gottsched durchgesetzt. folgenschwer Adj. f ü r frz. gros de conséquences
bei Schubaxt um 1780: Zs. f. d. Wortf. 11,108. folgerecht, -richtig Adj. treten seit Knigge 1788 als Ersatz für k o n s e q u e n t auf. Danach f o l g e w i d r i g für i n k o n s e q u e n t Campe 1813 Wb. z. Verd. 370, von Goethe aufgenommen: Zs. f. d. Wortf. 4,128. 6, 216. Folgezeit /. 'posterior aetas', bekannt durch Gg. Neumark (f 1681) 'Wer nur den lieben Gott läßt walten' Str. 6 „Die Folgezeit verändert viel Und setzet jeglichem sein Ziel". Gern bei Hagedorn, Denis, Niebuhr; durchgesetzt von den Klassikern. Foliant m. 'Buch in ungefalteten Bogen' (s. Duodez), zu älterem F o l i o um 1660 gebildet: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 221. Folter /. zuerst in Isny 1406 Oberschwäb. Stadtrechte 1, 207 „ain schädlichen Man mit Föltrit im Turn gichtigen", das Ztw. (nnl. seit 1599 folteren) schon 1396 Quellen z. Gesch. d. Stadt Köln 6, 436 „gevangen, bitterligen gefoltert ind gepynigt". Die dem germ. Recht fremde Folter ist vom Mittelmeer zu uns gekommen. Das scharfkantige Gestell, auf das der Verdächtigte mit beschwerten Füßen gesetzt wurde, hieß nach der Ähnlichkeit mit einem Fohlen spätgr. polos. Dazu in nachklass. Latein poledrus, das mit Hilfe des gleichbed. ciceromanischen eculeus 'Pferdchen' durchsichtig blieb u. bei der Übernahme in der Richtung auf F o h l e n umgestaltet werden konnte. Fem. ist F o l t e r Ende des 15. Jh. nach dem Vorbild des älteren M a r t e r geworden. Folter, foltern mit Folterer, folterisch u. zahlreichen Zus.-Setzungen finden sich jahrhundertelang nur in Rechts- und Geschichtsquellen; wahrer Volkssprache ist die Sippe stets fremd geblieben. Fontäne /. Zu lat. fons, fontis 'Quelle' gehört spätlat. fontana, das über afrz. fontaine 'Quelle' kurz nach 1200 mhd. fontane, funtäne, über mnl. fontaine mnd. fonteine ergibt. Die nl. Gartenkunst liefert fontein 'Springbrunnen' 1604 Volksb. v. d. Heymonsk. 177; fontin v. d. Groen 1669 NI. Gärtner C 2. Aus Entlehnung aus frz. fontaine begegnet F o n t a i n e in hd. Zeitungen seit 1603: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 222.
Forelle
foppen Ztw. Das Augsburger Achtbuch von 1343 b r a n d m a r k t fopperin,
die nement sich un·
sinne an md warsagens (Kluge 1901 Rotw. 1, 2). Entspr. vopper Basi. Betrügn. um 1460 (das. 13f.), vopper(in) Liber vagat. 1610 (46), hier auch voppen 'lügen', das zuerst bei Brant 1494 Narr. 63, 42 begegnet und von der Schweiz aus seit H. R. Manuel 1648 Weinsp. 219 schriftsprachlich wird: H. Schulz 1908 Zs. f. d. Wortf. 10, 242. Nnl. foppen ist aus dem Hd. entlehnt. Da -pp· in einem heimischen Worte des obd. Bodens, auf dem f o p p e n jahrhundertelang allein auftritt, unmöglich ist und einleuchtende Vorbilder im Hebr. wie in andern Fremdsprachen fehlen, ist f o p p e n wohl als Wort für den Gebrauch der Gauner künstlich zurechtgemacht, vielleicht nach Vorbildern, die uns entgehen. S. A. Wolf 1956 Wb. d. Rotw. 1512. lordern schw. Ztw., mhd. vo(r)dem, ahd. fordarön, m n d . vorderen. Nnl. vorderen, dän. fordre,
schwed. fordra und poln. fodrowac beruhen auf Entlehnung aus dem Deutschen. Das Ztw. ist in ahd. Zeit zu v o r d e r (s. d.) gebildet und bedeutet ursprünglich 'verlangen, daß etwas (jemand) hervorkommt'. Vergleichbare Bildungen sind außer f ö r d e r n (s. d.) ä n d e r n , a n - , e r w i d e r n , ä u ß e r n , h i n d e r n . Die Form f o d ( d ) e r n geht im 14. Jh. vom Ostmd. aus und überwiegt schriftsprachlich noch im 18. Jh., zumal im Reim; mundartlich gilt sie weithin bis heute. Vor dem zweiten r ist das erste, das vor d stand, geschwunden wie in K ö d e r . Wie F o r d e r u n g f., mhd. vo(r)derunge,
ahd.
fordrunga
'praerogativa' (Steinmeyer-Sievers 2, 551, 60) hat f o r d e r n sein Glück als Rechtswort durch den Sachsenspiegel gemacht. fördern Ztw. ahd. furdiren, mhd. vürdern, mnl. vorderen, ags. fyrdran, (ge)fordian, engl, afford:
westgerm. Bildung *furpirjan zum Adv. ahd. furdir, mhd. vürder 'vorwärts' (s. f ü r d e r ) , demgemäß die Bed. 'vorwärts bringen, kommen', die zweite noch im 18. Jh. gut entfaltet (Zs. f. d. Wortf. 10, 116). Bergm. f ö r d e r n eig. 'aus dem Schacht fortschaffen' seit Mathesius 1562 Sar. 196; dann bed. es 'fortbewegen' schlechthin: vom Erz wie von den Bergleuten gesprochen; H. Wolf 1958 Bergmspr. 196. r-Ausfall wie in f o r d e r n . Forelle f . Salmo fario L. Mhd. forhe(n),
forhel,
ahd. forhana weisen auf westgerm. *forhna, bestätigt durch asächs. furnia, mnd. vorne, mnl. voorne, ags. fom(e) 'Forelle'; daneben mit Ablaut schwed. färna (aus *ferhna) 'Weißfisch'. Vorgerm. *pfknä,
dem gr. pérkè,
lat. perca
'Barsch', porcus 'Stachelflosser', neuir. earc 'Lachs' (neben earc 'rot, gesprenkelt') am nächsten stehen, wird zu aind. prSni- gr. perk(n)ós 'bunt* (s. F a r b e ) gezogen: die
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Forke
Forelle heißt nach ihren roten Tupfen (wie russ. ;pestruSka 'Forelle' nach pestryj 'bunt'). Unsre Schriftform hat Adelung durchgesetzt. Den Ton auf der schweren Mittelsilbe bezeugt zuerst E. Alberus 1550 Fab. 25,74. Die nhd. Form beruht auf der mhd. Nebenform forhel (Suffixwechsel wie in Orgel). Thür, forette, rheinfr. furälle wahren den alten Ton. Infolge d. Tonversetzung entstehen eis. lux. hess. sauerl. frell(e). Ohne I bleiben bair.-österr. förchen, fehrne, älter schwäb. forhen, Schweiz. for(n)e. Auf Entlehnung aus dem Nhd. beruhen dän. forelle, schwed. forell, norw. forel. Forke /. Eiserne Heu- und Mistgabeln sind mit dem röm. Handel früh zu den Germanen gekommen. Ihr Name, lat. gemeinroman. furca
Fort
hatte es nach der deutschen Lautregel, die rs auch in B a r s c h , b i r s c h e n , B u r s c h e usw. zu r i wandelt, F o r s c h e ergeben. Demgemäß wird die nd. Neubildung fors 'kräftig' zu f o r s c h . Greifbar zuerst bei Bach 1812 Alberts Jugendjahre 11, älter offenbar in Studentenmund. Kluge 1895 Stud.-Spr. 91; Zs. f. d. Wortf. 4, 311. 12, 278. forschen schw. Ztw., mhd. vorsehen, ahd. forskön (aus *forhskön) 'fragen nach': eine hd. Bildung zu ahd. forska /.'Frage'. Mnd. vorsehen, nl. vors(ch)en sind dem Mhd. entlehnt, dän. forske, schwed. forska dem Nhd. Ahd. F. ent-
spricht aind. pjccha 'Frage, Erkundigung'. Daneben sind aind. picchiti 'fragt', toch. prakäsmdr 'fragen', prek.se 'Richter' (Mayrhofer, R.
(frz. fourche) ergibt ags. force f., forca m. (engl. 188), lat. pascere (aus *porscere) 'fordern' -sfcofork), mnl. vorke, mnd. /orice, förke. E r lebt in Präsentien (*pf£-s£ö) zur idg. Wurzel *per&-·.
rhein. funk, westfäl. ostfries. forke 'Mist-, Heugabel' bis heute. Unabhängig von dieser frühen Entlehnung des Nordwestgebiets wird im Südsaum mit der klösterl. Gartenkunst spätahd. furka aus dem Lat. übernommen. Als Schweiz, schwäb. furke lebt die jüngere Entlehnung in den Mundarten des Südwestens; im Gelände bezeichnen F u r k a , F u r g g e l e n (lat. furcula) Pässe und Talgabelungen. Zur 'Tischgabel' ist F o r k e selten geworden. Vgl. G a b e l , G a f f e l , Zwiesel. Form /. Lat. forma, dessen Deutung unsicher ist u. dessen Zus.-Hang mit gleichbed. gr. morpht schwierig bleibt, ergibt um 1250 mhd. forme; so noch bei Luther 1543 (Dietz 1, 692), anderseits form 'Gestalt' schon bei Konr. v. Megenberg 1360 B. d. Natur 271. — F o r m a t «., das subst. Part, zu lat. formare 'gestalten', erscheint seit Rivius 1558 Büchsenmeisterei 3, 1, 29, seit 1634 bei den Buchdruckern: Klenz 1900 Drukkerspr. 43. — F o r m e l f . in dieser Gestalt seit S. Rot 1571, lautet im 16. Jh. formul und bleibt damit dem lat. formula, Demin. von forma, näher. Im algebr. Sinn seit 1747: Schirmer 1912 Wortsch. d. Math. 24. tonngewandt, -vollendet Adj. nach A. Gom-
berts Programm von 1908 nicht vor 1840. Formular »., nl. (seit 1599) formulier
'Vor-
PT&- 'fragen, bitten' (s. f r a g e n ) : Idg. F. 45, 156; 58, 129. Forst m. f . Herkunft umstritten. J. Grimm: ahd. forha (s. F ö h r e ) ist mit der Bildungssilbe germ, -istra (F. Kluge, Nom. Starambildungsl. 1926 § 94a) *forhis( 'Föhrenwald' gebildet, das im merow. Westfranken sein h verliert und seine Bedeutung über 'Nadelwald' und 'Wald' wandelt zu '(königl.) Bannwald, in dem das Holzen und Jagen verboten ist'. So zuerst 648 in e. Urkunde Sigeberts III., durch die der König den Mönchen von StabloMalmedy ein umfangreiches Gebiet schenkt „in foreste nostra nuneupata Arduenna"
(Mon. Germ.,
Dipl. I 22). Als 'Bannwald' tritt forst m. um 800 Ahd. Glossen I 214, 316 auf, in dt. Waldnamen bald danach von der Nordsee bis Österreich. Die geschlossene Belegreihe für das mhd. Appellativ forest beginnt erst kurz vor 1200. Daneben zeigen mhd. foreht, fureht n. eine Übergangsstufe des verstummenden afrz. s, mhd. foreis(t) beruht auf ostfrz. Formen mit parasit. i. Frühe Verkürzung zu forst mag das Vorbild von hurst bewirkt haben. J. Grimm setzte ein *forah + ahi (DWb. IV, 1 S. 3) voraus. E. Gamillscheg, Rom. Germ. 1 (1934) 155. 212f.; E. Christmann 1938 Beitr. z. Flurnamenforschg. d. Saarpfalz l l f . Anders J. Trier 1940 Nachr. v. d. Ges. d. Wiss. zu Göttingen, phil.-hist. Klasse, Fachgruppe 4, Bd. 3, Nr. 4: Zu F i r s t = mnd. vorst; noch anders W. Kaspers, Wiss. Zs. d. K.-Marx-Univ. Leipzig 7, 87: romanisch. Vgl. auch E. Lerch, Roman. Forschungen 58, 183; Zs. f. rom. Phil. 1944. K.-H. Borck, Festschr. Trier 1954, 456; Schützeichel, Zs. f. d. A. 1956, 105.
druck' nach lat. formulärium, s. F o r m e l . 1484 begegnet F o r m u l a r i als Titel eines gedruckten Briefstellers. Die endgültige Form in kaufmännischem Bereich bei Math. Schwartz, Buchhalten (Augsburg 1518) 4 b „der kan sich auß dem Muster oder Formular wohl verrichten". Die Mz. bleibt dem Lat. zunächst näher: Fab. Frangk 1531 Kanzleibüchl. 3 b „auß den selben Formularien des Brieffdichtens", heute Plur. Fort n. Lat. fortis Adj. 'stark' liefert gleichFormulare. bed. frz. fort, das im 16. Jh. als 'fester Platz' forsch Adj. Frz. force 'Kraft' (von lat. fortis substantiviert und kurz vor dem 30jähr. Krieg 'stark') war im 16. Jh. entlehnt worden, im 17. ins Deutsche entlehnt wird: F o r t «. 'Feste'
fort
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Henisch 1616; F o r t e n Plur. Wallhausen 1616 Kriegsmanual 78. Gleichzeitig wirken gleichbed. nnl. fort und itaL forte ein. fort Adv. mhd. vort "vorwärts, weiter, fortan', asächs. afries. forth, ags. forp 'weg'. Germ. Stamm *forpa, aus *prto, von *pro 'vorwärts' gebildet wie got. hap 'wohin' zum germ. Pron.Stamm *hwa, aljap 'anderswohin' zum Stamm von aljis 'anderer'. Verwandt mit v o r , v o r d e r , fördern. Forte n. in der Musik, aus dem Ital. (dort 16. Jh.), nach lat. fortis 'stark'. Fortschritt m. Lehnübersetzung von frz. progrès, nach Kinderling 1795 Reinigk. 388 nach 1750 von Mylius und Wieland eingeführt; etwa 1830 (wiederum wie frz. progrès) polit. Schlagwort: Rich. M. Meyer 1900 Vierh. Schlagw. 91; 0 . Ladendorf 1906 Schlagwb. 87f.; Zs. f. d. Wortf. 2, 66. 3, 226. 8, 6. 10, 235. 13, 99. Fourage s. F u r a g e . Foyer n. Zu lat. focus 'Feuerstätte' ist über focärius 'zum Herd gehörig' frz. foyer 'heizbarer Raum' gebildet, das seit Matthisson 1803 als 'Gesellschaftssaal im Theater' bei uns erscheint: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 224. Fracht f. Ein urspr. fries. Wort, das nach allen Seiten ausgestrahlt ist: mnl. wacht, mnd. frocht, frucht (seit 1292: Kluge 1911 Seemannsspr. 282f.), dän. fragt, schwed. (seit 1629) frakt, engl. fraught, freight (dies aus der mnd. mnl. Nebenform vrçcht). Aus dem Nd. gelangt das Handelswort seit 1522 ins Hd. (Schirmer 1911 Wb. d. d. Kaufm.-Spr. 65). Auszugehen ist von germ. *fraaihti (das zweite Glied zum gleichen Stamm wie e i g e n , s. d.), dessen Bed. aus ahd. frèht 'Lohn, Verdienst' erkennbar ist. Über 'Preis der Überfahrt' wurde die Bed. 'Ladung* erreicht. Frz. fret, port, frete, span, flete 'Mietpreis, Schiffslohn, Befrachtung' stammen aus dem Germ. Frack m. Afränk. *hrok (s. R o c k ) ergibt frz. froc 'Kutte' (mit demselben Wandel des Anlauts wie f r a p p i e r e n ; vgl. F l a n k e , f l a u ) und weiterhin engl, frock, das nach 1750 rückentlehnt wird. Der F r a c k (so seit Goethes Werther 1774) mit a, weil engl, o nach a hin klang: K. Luick, Hist. Gr. d. engl. Spr. § 534 A. 1; vgl. b o x e n , F ä c h e r , L a b s k a u s , T o r t e . W. Fischer 1943 Dt. Wortgesch. 2, 360. Ganz, Einfl. d. Engl. 75. fragen Ztw. ahd. frähen, mit gramm. Wechsel fragen, asächs. frägön, ags. frägian, afries. fregia, mnl. vräghen; dazu mit Ablaut ahd. fergon 'bitten'. Außerhalb des Deutschen ist nächstverwandt gleichbed. ags. friegan (ans *fregjan). Daneben mit n-Präsens got. fraíhnan (froh, frêhum), anord. fregna, ags. frignan, frinan 'fragen'. Germ. Wz. *freh- (mit gramm. Wechsel *freg-) aus idg. * prete-: p¡;£- (s. f o r s c h e n ) . Dazu lat. preces 'Bitten', precari 'bitten', procus 'Freier',
Franse
aind. prasna- 'Befragung', tochar. prékçe 'Richter', aslav. prositi, lit. praíyti 'fordern, bitten'. Vgl. P r a c h e r . Fragezeichen w. übersetzt lat. signum interrogations seit Schottel 1641 Sprachkunst 540: Zs. f. d. Wortf. 15, 40. Fragment n. Lat. fragmentum 'abgebrochnes Stück' (zu frangere 'brechen', s. d.) gelangt im 16. J h . auf gelehrtem Weg zu uns und erscheint in deutschem Text zuerst in der Zimm. Chron. 1, 187; gebucht seit Sim. Rot 1571. Die Lehnübersetzung B r u c h s t ü c k verzeichnet zuerst Duez 1642. fragwürdig Adj. von Aug. Wh. Schlegel dem engl, questionable in Shakespeares Hamlet 1, 4 nachgebildet, das dort die ungewöhnliche Bed. 'zum Befragen auffordernd, des Befragens würdig' hat. Von der Bühne her wurde das ungewohnte Wort zu 'unsicher, bedenklich' umgedeutet; es erreichte damit den gangbaren Sinn des engl. Vorbilds: G. Ellinger 1935 Zs. f. dt. Phil. 60, 22. Ganz, Einfl. d. Engl. 76. Fraktion f. 'Teil der Partei, der im Parlament sitzt', aus frz. fraction 'Bruchteil', dt. 1835: Schulz, Fremdwb. 225. Fraktnr /. Lat. fractura zu frangere 'brechen' ist 'Bruch' in jedem Sinn, z. B . als 'Knochenbruch'. In Anwendung auf die 'deutsche Schrift' mit ihren gebrochenen Linien ist F. seit Sim. Roth 1571 verkürzt aus F r a k t u r b u c h s t a b e . Der übertragene Gebrauch, heute in Wendungen wie „Fraktur mit einem reden", beginnt 1612 mit der Formel „mit grober Fractur hindten auff den Buckel schreiben" : Klenz 1900 Druckerspr. 44; Zs. f. d. Wortf. 7, 134. 8, 127; Ladendorf 1906 Schlagwb. 89; Mitt. d. schles. Ges. f. Volkskde. 20 (1918) 137. frank Adj. 'frei'. Der Stammesname der Franken gelangt zu den roman. Nachbarn und wird über mlat. franeus 'fränkisch' als frz. franc, ital. span. port, franco zur Bezeichnung des freien Mannes: die Franken waren in ihrem nordfrz. Herrschaftsgebiet francs et libres ele toutes tailles. Spät im 15. J h . wird das franz. Adj. zurückentlehnt und in der Formel f r a n k und f r e i viel gebraucht. Im 17. J h . gelangt ital. franco zurück; vom Sprachverderber 1644 wird es erstmals gerügt. Aus der Formel (il) porto (è) franco 'das Tragen ist frei' gelangt f r a n k o zur Bed. 'postfrei'. Das zugehörige f r a n k i e r e n ist seit Schupp 1663 Schriften 256 dem ital. francare 'freimachen' nachgebildet. S. P o r t o und a l t fränkisch. Franse f. Lat. fimbria 'Franse, Troddel am Gewand' (seit Cicero; wohl zu lat. fibra 'Faser') ergibt über spätlat. *frimbia afrz. fringe, frenge und weiterhin mnl. frange, frandje. Spätmhd. frame /. setzt ein vor 1250 entlehntes mhd.
Franzband
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* franse voraus: nur so erklärt sich s für frz. i, denn zwischen 860 und 1250 wurde ahd. « ähnlich wie ί gesprochen: M. Förster 1941 Themse 557 f. Danach wandelten auch Wörter mit ursprünglichem I dieses in z, daher das spätmhd. Ztw. f ranzen 'mit Troddeln besetzen*. In obd. Mundarten gelangt das Lehnwort aus ital. frangia. Gleichbed. engl, fringe hat die afrz. Aussprache bewahrt. Franzband m. 'Ledereinband nach frz. Art', kaum vor Swift 1729 Märchen v. d. Tonne 129: Zs. f. d. Wortf. 12, 182. Franzbranntwein m. 'frz. Branntwein' seit Bttner 1697 Chymicus 507. Vgl. K o g n a k , W e i n b r a n d . — Etwas älter ist F r a n z w e i n 'frz. Wein': Birken 1669 Brandenb. Ulysses 62. Franzbrot «. kommt um 1700 für eine Art frz. Pasteten auf und wird von Amaranthes 1715 Frauenz.-Lex. 569 mit M u n d - S e m m e l umschrieben: Zs. f. d. Wortf. 12, 183. In Leipzig ist es gegenüber der gröberen Semmel eine feinere Art Brötchen. Franzmann m. 'Franzose' seit Krämer 1678 wie nnl. Fransman (zu frans Adj. 'französisch'). Dafür im 18. Jh., z. B. bei Goethe, F r a n z e ; dazu bei dems. F r a n z t u m . Deutsches s für frz. e auch in L a n z e , L a t z , L i t z e , r a n z i g , Schanze. frappieren schw. Ztw. Afränk. *hrapön 'rupfen, raufen, raffen' gelangt ins Roman, und ergibt (mit demselben Lautwandel wie F r a c k , s. d.) im 12. J h . frz. frapper 'schlagen'. Als f r a p p i e r e n kehrt es zu Beginn des 18. J h . zurück (Belege seit 1719 bei H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 225), nun im übertragnen Sinn 'treffen, Eindruck machen'. Entspr. f r a p p a n t seit Lessing 1758; um 1770 Modewort: Zs. f. d. Wortf. 8, 71. Fraß m. mhd. vrä% 'das Essen' postverbal zu f r e s s e n . Ahd. /rö?, mhd. w ö j bed. auch'Fresser'. Fratze f., österr. F r a t z m. Ital. frasche, Mz. von frasea 'Laubast, wie er vor allem als Schankzeichen ausgesteckt wird', gelangt infolge des ausgelassenen Treibens beim Ausschank zur Bed. 'Possen'. So lernt Luther in Italien das Wort kennen, er braucht seit 1521 (Weim. Ausg. 3,623Ί F r a t z e n als 'Possen, albernes Gerede'; durch ihn und seine Anhänger (Waldis, Kirchhof, Fischart) kommt das Wort in Schwung, immer als 'Possen'. Die Bed. 'entstelltes Gesicht' wird im 18. J h . über F r a t z e n g e s i c h t (so Frisch 1741 Wb. L, 290) erreicht. Aus dem Nhd. stammt nnl. fratsen, aus dem Ital. frz. frasque. Dem germ. Norden bleibt das Wort fremd. Unhaltbar Hollander 1906 Zs. f. d. Wortf. 7, 296; Littmann 1924 Morgenland. Wörter 47 f. und W. Hartnacke, Neuphil. Wochenschr. 1943 S. 37 f. Frau f. mhd. vrouwe, ahd. frouwa 'Herrin', asächs. irüa, anord. Frey ja·. Fem.-Bildung zu
Fräulein
germ. *frawan, *fraujan (idg. *proyon) 'Herr'; vgl. ahd. frö (aus *frawö), got. franja 'Herr'; dazu anord. Freyr (aus *fraujaz). Das Mask, ist bei uns früh ausgestorben, doch s. F r o n ( e ) , fron. Außergerm, sind verwandt die ablautenden Bildungen aind. pürva (idg. *ΡΓΨ>-) 'früherer, erster', aslav. pr&vü 'erster', aind. pürvyá 'früher'. Den Bedeutungswandel von 'erster' zu 'Herr' hat auch F ü r s t vollzogen. Die Lautgeographie von 'Frau' bietet der Dt. Sprachatlas. Aus dem Dt.: dän. frue, schwed. fru. Frauenglas s. M a r i e n g l a s . Frauenmantel m. heißt Alchemilla vulgaris L. seit etwa 1500 nach den großen, rundlichen, etwas gefalteten Blättern, die mit dem Mantel verglichen werden, wie ihn auf Heiligenbildern Maria trägt. Die Tautropfen stehen am Rande in regelmäßiger Perlenkette. Landschaftliche Namen wie L i e b f r a u e n - , M u t t e r g o t t e s - , M a r i e n m a n t e l stützen die Deutung, ebenso mlat. (16. Jh). S. Mariae pallium, ni. (lieve) vrouwenmantel, engl. (1548) (our) Lady's mantle, schwed. (1638) Mariekâpa, dän. (1772) vor frues kaabe. Marzeil Wb. 1 , 1 7 4 (Sinau). Frauenzimmer n. Im 15. J h . erscheint vrouwenzimmer 'Frauengemach'. Diese Bed. gilt in der Lutherbibel (Esther 2, 3. 9) und hält sich bis 1750. Daneben erscheint zuerst in Schwaben 1450 die Bed. 'Gesamtheit der Frauen im Gemach': Dt. Texte des MA. 24, Nr. 10, V. 422. In dem so kumpt bereyt Ir frauwenzymmer ganiz. An die Stelle dieser Sammelbed. tritt (wie bei B u r s c h e , I m m e , K a m e r a d , R a t ) das Einzelwesen: das. V. 539 Der frauwenzymmer vil Der ich keins nennen wil Denn besunder zwey (Frau Aventüre und Venus). Noch Luther kennt diese dritte Bed. nicht; sie wird seit 1595 häufiger, zunächst bei unbestimmtem Artikel und in der Anrede, bei den schles. Dichtern auch in freiem Gebrauch, den doch noch Gottsched 1758 Beobacht. 424 als lächerlich verwirft zugunsten von W e i b s p e r s o n (DWb. 14, 1, 451). Trotzdem wird das Wort nach 1750, zunächst für vornehme Frauen, allgemein Schriftdeutsch, Plur. und Verkl. werden möglich, bis im 19. J h . der sozial gesunkene Ausdruck durch D a m e , F r a u , F r ä u l e i n , M ä d c h e n abgelöst wird: C. Müller, Seidenadel, Jellinek Zs. f. d. Wortf. 3, 253. 5, 59 ff. 6, 380; Edw. Schröder 1937 Zs. f . d . Alt. 74, 163. Fräulein n. Mhd. vrouwelîn als Verkl. zu vrouwe 'Herrin' geht im 12. J h . von obd. Höfen aus; als md. nd. Ausdruck steht ihm Mädchen zur Seite. Die Bed. 'Jungfrau vornehmen Stands' gilt von Anbeginn bis 1820 (deutlich so Goethes Faust V. 2906 „der Herr dich für ein Fräulein hält"). Im 19. J h . löst F. Mamsell und Dem o i s e l l e ('dominicella', verhält sich zu D a m e
frech
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'domina' wie F r ä u l e i n zu F r a u ) als 'Mädchen bürgerl. Stands' ab, was noch Campe 1813 für undurchführbar hält. Für die Tochter von Adel rückt gnädiges F. nach, das seit Mitte des 19. Jh. zu den Bürgerlichen sinkt. Wie bei Mädchen und Weib (DWb. 14, 1, 332f.) geraten bei F r ä u l e i n natürl. und gramm. Geschlecht in Widerstreit; die F. seit Gryphius 1698 Ged. 1, 846. Plur. F r ä u l e i n s häufig seit Gottscheds Dt. Schaubühne 4,190: H. Paul 1917 D. Gramm. 2, 118. 131; Zs. f. d. Wortf. 2, 278. 6, 23. 6, 2. — Zur Bedeutung im Schwab. 'Großmutter', 'Hebamme' s. d. — Aus nmd. vrouken, vroiken entlehnt dän. fwken, schwed. fröken zunächst nur königlich oder adlig. frech Adj. Mhd. vrêeh 'mutig, kühn, tapfer, keck, dreist, lebhaft', ahd. frëh (hh) 'ungezähmt, geizig, habsüchtig', mnl. vrek 'gierig, böse', ags. free 'gierig, eifrig, kühn, gefährlich', anord. frekr (dän. fmk und schwed. fräck beruhen auf junger Entlehnung aus dem Dt.), got. friks (in faihufriks 'habgierig', s. Vieh) führen auf germ. *frëkar mit der Grundbed. 'gierig', die früh zu 'kampfgierig' gewendet erscheint. Daher ags. freca m. 'Held, Krieger' und Männernamen wie Friculf, Friearius, Frieco (ähnliche Besonderungen auf Kampf und Krieg erleben b e r e i t , f e r t i g , kühn und rüstig). Afrz. frique und nprov. fricaud 'munter, lebhaft' sind germ. Ursprungs. Im Ablaut mit *frëka- stehen schwed. norw. mundartl. frakk (vgl. frank), ags. frsec 'gierig', norw. frsêk 'mutig, tüchtig, stark', anord. frekn, frekinn, asächs. frökni, ahd. fruohhan 'gefährlich, kühn'. Urverwandt sind poln. pragnqé 'gierig verlangen', kymr. rhewidd (aus *pragio-) 'Geilheit'. So gelangt man zu *preg- 'gierig, heftig'. Fregatte f. erscheint für Mittelmeerschiffe seit 1566 in Formen wie jahaden, fra-,fre-,fri-, fro-, frugatte in obd. Quellen, zunächst als 'Schiffsbeiboot', dann als 'navigium exploratorium,', seit 1572 als 'kleineres, schnelles Kriegsschiff' und nicht vor 1658 als 'dreimastiges Handelsschiff'. Goethe, Jub.-Ausg. 26, 261 schreibt am 26. März 1787 aus Neapel: „Donnerstag . . . geh' ich mit der Korvette, die ich, des Seewesens unkundig, in meinem vorigen Briefe zum Rang einer Fregatte erhob, endlich nach Palermo". Das Wort ist roman. Ursprungs. Frz. frégate, zuerst 1521 als fragole, beruht auf span, fragata, frégade bei J . Babelais auf venez, fregada. — Der tropische Seevogel Pelieanus aquilus heißt seit Beginn des 18. Jh. wegen seines schnellen, kühnen Flugs bei unsern Seeleuten F r e g a t t e , bei den engl, man of war bird: Kluge 1911 Seemannsspr. 284ff. frei Adj. Ahd. asächs. fri, ags. frèo, fri, got. freis führen auf germ. *frija- "mit freiem Halse' (gegenüber dem Sklaven), ahd. mhd. frihals m.
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Freigeist
ist 'der Freie'; anord. ist das entspr. frjäls als Adj. an Stelle des dort fehlenden *frlr getreten; got. freihals, ags. frèols sind aus 'Zustand der Freihalsigkeit' zum Abstr.-Begriff 'Freiheit' entwickelt. Zunächst bezeichnet das Wort die Blutsverwandten und eigenen Stammesgenossen, im Kelt.-Germ. die echtbürtigen Volksgenossen (Ggsz. die fremdstämmigen Hörigen). Daraus Begriff des Freiseins. Idg. *priio- 'lieb'. Spuren dieser älteren Bed. haben bewahrt: ostschweiz. fri 'lieb, freundlich; zahm; angenehm (von Dingen)' got. frijón 'lieben', frijapwa 'Liebe', ags. frèod (für *frijsdus) 'Gunst', frîgu 'Liebe', freodryten "der liebe Herr', frèo-bearn 'das liebe Kind', dazu auch ( 0 . Schräder, Zs. f. Sozialwiss. 1, 342). Die Grundbed. 'lieb' zeigen (M. Scheller, Vedisch priyd u. die Wortsippe frei, freien, Freund 1959) urverw. aslav. prijati 'beistehen', pnjaZeZji'Freund', aind. priyd- 'lieb, beliebt' zur Wz. *prl 'erfreuen, geneigt machen'. Aind. bed. das Fem. des Adj. priyäh 'Gattin, Tochter': dazu stimmt ahd. F ria, asächs. fri, ags. fréo f. 'Weib', anord. Frigg (aus urgerm. *frijjö, aus *priiä). S. freien, F r e i t a g , Freund, Friedhof. Freibeuter m. Ein fürs Mnl. vorauszusetzendes op vrijbuit gaen (Borae belg. 2 2 82) liefert nnl. vrijbuiten Ztw., vrijbuiter m. Dieses ergibt nd. fribüter und erscheint 1679 als F r e y b e u t e r in Sibers Gemma gemm. 262. Aus dem Nnl. stammen auch engl, freebooter (seit 1570), dän. fri· bytter, schwed. fribytare 'Seeräuber': Kluge 1911 Seemannsspr. 287. Freidenker m. Engl, freethinker ist seit 1692 belegt und wird von Toland 1711 aufgenommen. 1713 entwickelt Collins in seinem Discourse on Freethinking ein von Dogma und Autoritätsglauben freies Christentum, redet von einer Sekte der freethinkers, was aufgeklärte Zeitgenossen als Selbstbezeichnung weit verbreiten: frz. libre penseur, ital. liberi pensatori. Nhd. F r e i d e n k e r seit 1715: Guhrauer, Leibniz 2, 487. Ganz, Einfl. d. Engl. 76. freien Ztw. Zu dem unter frei entwickelten asächs. fri η. 'Weib' gehört mnd. md. vrlen 'zur Frau machen, zur Ehe nehmen*. Als 'heiraten' verwandet Luther das Ztw. In Stellen wie Matth. 6, 32 „wer ein abgescheidete freiet, der bricht die ehe" konnte daraus 'werben' entstehen. In diesem Sinn ist das Ztw. nach anfänglichem Widerstand (Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 35. 108) ins Hd. gelangt. Freigeist m. Im 14. Jh. spielt die Sekte der Brüder des fríen geistes eine Rolle, von ihren Gegnern die valsehen fríen geiste gescholten. Für Luther sind die freien geiste die leichtfertigen Religionsverächter (Dietz 1, 703). Die Zus.Setzung, als Lehnübersetzung von frz. esprit
Freihandel
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libre, seit Schottel 1663 Hauptspr. 488: Ladendorf 1906Schlagwb. 91 ff.; Zs. f. d. Wortf.3,227. 6, 96. 7, 140. 10, 236. 13, 99. Freihandel m. seit 1848 Zs. f. d. ges. Staatswiss. 6, 276, Lehnübers. des engl, free-trade, das selbst von Cobbet 1823 aus älterem freedom of trade zus.-gezogenist. F r e i h ä n d l e r , Lehnübers. des engl, free-trader, scheint etwas jünger zu sein. freilich Adv. Mhd. vrllïche, eig. 'unverdeckt', daher 'offenbar, sicherlich', gehört zum Adj. fri, wie ganz-, soelec-, miltecllche zu ganz, sœlec, milte.
Wie andere Adv., die der Bestätigung dienen (ja, z w a r , wohl, s c h o n , a l l e r d i n g s , gewiß), ist f r e i l i c h zum Träger eines Gegensatzes geworden: man kommt dem Gesprächspartner durch eine Anerkennung seiner Aussage entgegen und macht dann erst die eigenen Bedenken geltend: Behaghel 1928 Dt. Syntax 3, 49f. 174f.; aber im Südwesten oft wie j a gebraucht: H. Paul, Dt. Gram. § 533. Freimarke s. B r i e f m a r k e . Freimaurer m. Engl, free mason war im späteren Mittelalter der Bauhandwerker, genauer Steinmetz, der die Gesellenprüfung bestanden hatte und frei durchs Land ziehend Arbeit suchen durfte. Dem ihn einstellenden Meister bewies er das durch Geheimzeichen. Als zur Renaissancezeit die aus Italien eingeführte neue Bauweise den Anteil auch der Gebildeten fand, wurden Vornehme als accepted masons in die Bauhütten (lodges 'Lauben') aufgenommen und in deren geheime Verkehrsformen eingeführt. Um 1700 gründeten engl. Deisten einen Geheimbund, der seinen Religionsübungen jene Zeichen zugrunde legte, indem er sie zu Sinnbildern umdeutete. Daraus erwuchs 1717 die engl. Großloge. Lehnübersetzung zu frz. franc-maçon und nhd. F r e i m a u r e r . Dies zuerst in der Voss. Ztg. 1733, Nr. 6 (Buchner, Das Neueste von Gestern 2, Nr. 600) „Bey der neulich zu London gehaltenen Versammlung der Fremesen oder FreyMaurer-Gesellschaft . . . dergleychen Fremesen oder Frey-Maurer". Ganz, Einfl. d. Engl. 78. S. Loge. Freimut m. Während f r e i m ü t i g und F r e i m ü t i g k e i t schon bei Maaler (Zürich 1561) auftreten, begegnet F r e i m u t nicht vor Stieler (Erfurt 1691), als das einmalige mhd. vrimuot (Lexer 3, 620) längst verklungen war. S. E i n m u t und die dort genannten Bildungen auf - m u t : H. Ruppel 1911 Rückbild. deutscher Substantiva 12. Freischütz m. Auf dem Glauben an Schützen, die sich durch Teufelsbündnis Freikugeln verschaffen, von denen sechs treffen, während die siebente vom Teufel gelenkt wird, beruht eine aus den Monatl. Unterredungen von dem Reiche der Geister 1730 St. 5 geschöpfte Erzählung
Freite
„Der Freischütz" bei Apel und Laun 1810 Gespensterbuch 1, 1. Aus ihr stammt Fr. Kinds Text, den C. M. v. Weber 1821 seiner Oper zugrunde gelegt hat. Unabhängig davon verwendet E. T. A. Hoffmann 1814 Elixiere des Teufels 121 F r e i s c h ü t z als 'Wilderer'; diese Bed. buchen Adelung und Campe: Rh. Köhler, Kl. Sehr. 3, 200. Freisinn m. und f r e i s i n n i g Adj. bucht Campe 1808 als neugebildete Wörter. In der Tat waren damals freisinnig 'geistig gesund' (H. Sachs, Werke 5,305 Keller) und Freysinnigkeit (Moscherosch 1643 Insomnis cura par. 20) längst verklungen. F r e i s i n n i g ersetzt seit Börne 1819 das in polit. Sinn zuerst in den span. Cortes 1812 gebrauchte liberal. F r e i s i n n ist schon 1840 verfemtes polit. Schlagwort. Zu parteiamtlicher Geltung kommt die Gruppe erst 1884 durch die deutsche freisinnige Partei: Zs. f. d. Wortf. 3, 226; Ladendorf 1906 Schlagwb. 94f.; SchulzBasler 1942 Fremdwb. 2, 24. Freistaat m. als Ersatzwort für R e p u b l i k seit Wieland 1774 Abderiten 6. Freistatt, - S t ä t t e /. 'öffentliche Schutzstätte für flüchtige Verbrecher', zuerst 1326 im westfäl. Flurnamen mistad. Ph. v. Zesen 1645 Ibrahim Bassa 549 empfiehlt F r e i s t a t t als Ersatz wort für Asyl. In Nürnberg 1678 folgt die erste Buchung in M. Krämers N. Diet., seitdem allgemein: Zs. f. dt. Wortf. 12, 183. 13, 48. Vereinzelt bleibt die Bed. 'Richtstätte': Dt. Rechtswb. 3 (1938) 824. Freitag m. gemeingerm. Benennung des (nach christlicher Zählweise) sechsten Wochentags: ahd. (seit dem 9. Jh.) frla-, frijetag, m h d . vritac, m n d . mnl. vrldach, nnl. Vrijdag, afries. fría-, fñgen-, frèdei, ags. frige-, Friggandœg, engl. Fri-
day, dän. schwed. Fredag, dazu aitisi, frladagr. I m 4. J h . dem spätlat. Veneris dies (frz. vendredi)
nachgebildet, das seinerseits gr. 'Αφροδίτης ή μέρα übersetzt. Die Gleichsetzung der gr.-röm. Liebesgöttin mit ahd. Fría, anord. Frigg ist sachlich berechtigt, denn deren Name ist urverwandt mit aind. priya 'Geliebte' (s. f r e i und f r e i e n). Altbair. pfçrintag (Ahd. Glossen 1, 265. 815) ist durch got. paraskalwè f . 'Rüsttag' vermittelt aus gr. paraskeùê 'Freitag': F. Kluge 1909 Beitr. 36, 139. Der christlichen Zählweise folgt von den roman. Namen des Freitags portug. sexta feira. Dagegen mit Montag-Anfang heißt der Freitag im Balto-Slav. 'der fünfte Tag', z. B. lit. pëtnyczia, russ. pjatnica: M. Förster 1944 Anglia 68, 2. — Der Dt. Volkskundeatlas zeigt auf einer Karte die heutige Verteilung von Freitag als Glück- oder Unglückstag. Freite f . 'Brautwerbung' mhd. vriät(e), Abstr. zu f r e i e n ; wie dieses erst spät ins Hd. gelangt. Gebildet wie P r e d i g t .
Freitod
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freundnachbarlich
Freitod m. vorbereitet durch Nietzsche, der Das zweite Wort verbreitet sich mit der röm· 1883 die 22. Rede Zarathustras 'Vom freien Kunst, das Tier zur Jagd auf Ratten, Kaninchen Tode' überschrieb und dabei als klass. Philolog und Vögel anzusetzen, über Westeuropa: ital. gewiß an die mors voluntaria der Âlten dachte. furetto, frz. mnl. furet, nnl. fret, engl, ferret, dän. F r e i t o d hat Fritz MauthneT am 2. Sept. 1906 fritte. Frühnhd. frett(e) seit G. Agricola 1546, in seinem Vorwort zu Waither Calés Nachgel. häufiger die Verkl. fretlen Plur. 1557 (Schweiz. Schriften geprägt. Für die Verbreitung ist Hans Id. 1,1339), frettel seit Fischart 1578 Ehezuchtb. Blüher verantwortlich. S. Selbstmord und L la, Frettchen kaum vor Adelung. WeiterK. Baumann, Selbstmord und Freitod, Diss. bildung zu spätlat. furo ist mfränk. siebenb. Feierling (Siebenb.-sächs. Wb. 2,333), auch als Gießen 1934. fremd Adj. Zum Stamm der Präp. got. frarn, Fam.-Name (urspr. Übername eines Mannes mit anord. frä, ags. engl, from 'fern von, weg von' durchdringendem Blick). S. Furunkel u. Geiz. und des ahd. Adv. fram 'vorwärts, fort' stellen Freude f. mhd. vröude, vreude, ahd. frçwida aus sich got. framaps, ags. frempe, fremde, asächs. *frampö, mit dem Abstraktsuffix germ, -ίβδ zu frfmithi, ahd. framadi, frfmidi, sämtlich in den *frawa-, dem Stamm des Adj. froh, s. d. Bed. des nhd. fremd. Daneben weisen mnd. Gleichgebildet Begierde, Beschwerde, Gevrömede, westfäl. (Soest) frysmd, auf asächs. meinde, Zierde: Kluge 1926 Stammbildungsl. *frumidi. §122. S. Traum. Fremdwort n. Der Begriff kommt dem Kreis Freudenmädchen n. Der frz. Glimpfausdruck um Schottel, Gueintz und Zesen 1641 zum Be- fille de joie wird mit F. wörtlich übersetzt, zuwußtsein, doch lautet das Fachwort noch Jahr- erst bei Bretzner 1788 Leben e. Lüderlichen 3,97, hunderte lang fremde Wörter (wie wir heute nachdem Wieland 1778 Töchterchen, Schiller die unverändert übernommenen Wörter einer 1783 Töchter der F reu de gewagt hatten :GomFremdsprache bezeichnen), bei Stieler und bert 1905 Zs. f. d. Wortf. 7, 141. Gottsched auch ausländische W ö r t e r : Zs. f. freuen Ztw. mhd. vröuwen, mnd. mnl. d. Wortf. 16, 43. Fremdwort bildet Jean Paul vro{w)en, ahd. frçwen, frouwen aus urgerm. 1819 VOIT, zur 3. Aufl. des Hesperus; noch *frawjan (Prät. *frawipo). Faktitiv zum Adj. Campe und J. Grimm verwenden das Wort nicht, froh (s. d.), somit urspr. 'froh machen'. Aus doch bucht es dieser DWb. 4, 1, 1, 131. Spät ahd. frewit(a) ist mhd. freut(e) entstanden, inerfaßt man den Unterschied vom Lehnwort, dem w nach Ausstoßung des i mit dem vorhers. d. gehenden Vokal zum Diphthongen verbunden frenetisch Adj. Gr. φρευιτικός 'an Hirn- wurde. entzündung (çpsvï-ns /., zu φρήν f. 'Hirn') Freund m. Zu der unter frei, f r e i e n behanleidend' hat über lat. phrenêticus 'hirnwütig' frz. delten Sippe gehört das got. Ztw. frijón 'lieben', frénétique ergeben. Dies wird in der Formel das ein germ. *frijön fortsetzt. Das Part. Präs. applaudissements frénétiques zum Vorbild desmeint urspr. wohl nur die Heiratsverwandten, Kraftworts frenetischer Beifall, vor got. frijonds 'φίλοζ', ags. frêond (engl, friend), 1869 von Wien aus in die Presse : H. Schulz afries. asächs. friund, ahd. friunt "Freund, VerFremdwb. 1, 226. Schon 1537 phrenetisch bei wandter'. Dazu anord. frcendi (dessen StammvoParacelsus (Weimann). kal nach dem Plur. frœndr, älter frïendr, umgebilFressalien Mz. von J. Grimm 1862 der Auf- det ist) 'Blutsverwandter'. Die Bed. 'Verwandnahme ins DWb. gewürdigt und mit 'alimenta, ter' hat sich weithin, bis in lebende Mundarten, esculenta, cibaria, Lebensrnittel' umschrieben. gehalten, auch Freundschaft bed. vielfach Dem älteren Schmieralien 'Bestechungsgelder' noch "Gesamtheit der Verwandten' (A. Götze nachgebildet, das als Scherzwort in Schreiber- 1910 Zs. f. d. Wortf. 12, 93ff.). Für amicus und Studentenkreisen des 16. Jh. aufkommt. (das neben amäre steht wie Freund neben -alia ist der Plur. Neutr. der lat. Adj. auf -alis. * frijón) gilt dann guter F. Gegenwort ist fressen Ztw. ahd. fré%s¡an aus *fra-ëç$an mitFeind. Zur Wortbildung vgl. die alten Part. Synkope des unbetonten a, das im entspr. got. Heiland und Weigand. Scheller 105 s. frei. fra-itan noch erhalten ist, dagegen Prät. auch freundnachbarlich Adj. zu der Formel 'Freund got. schon fret(un) aus *fraët(un). Die gangbare und Nachbar', wie freundschwägerlich zu Entsprechung von got. fror ist ahd. fir-, far-, 'Freund und Schwager', beide seit Stieler 1691; mhd. ver-·, demgemäß bildet das Mhd. ein neues dazu seit Adelung freundbTüderlich und verëççen mit der Bed. des etymologisch ihm -vetterlich. D a alle aus der Kanzleisprache gleichen vréi¡s¡en. S. essen, F r e v e l , ver-. stammen, darf man an Ersparung der BildungsFrettchen, Frett n. 'Putorius furo'. Auf lat. silbe -lieh denken (Zs. f. d. Wortf. 3, I f f . ; vgl. für 'Dieb' (verwandt mit ferre 'forttragen') be- das. 12, 183), wenn auch Belege für freundruhen spätlat. furo 'Iltis' und furetus 'Frett'. und nachbarlich fehlen.
Frevel
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Frevel m. Der Wz. *op 'stark sein' (in lat. ops, opis 'Reichtum', gr. δμπνη 'Ausbeute') entspricht germ. *ab in got. abrs 'stark', anord. afl, ags. afol n. 'Kraft', ahd. avalön schw. Ztw. 'zuwege bringen'. Dieser Stamm ergibt mit Vorsilbe fra (s. F r a c h t , f r e s s e n ) wgerm. *fr(a)aflaund (mit gramm. Wechsel) *fr(a)abla- in ags. frcefele, asächs. frabolo Adv. 'hartnäckig', ahd. franali, frabarî f . 'Kühnheit', frabalUhho Adv. 'keck', mhd. vrävel, vor-, ver-evel f . m. 'Übermut, Gewalttätigkeit', mnl. vrèvel 'Gewalttat', vrêvelike 'dreist'. Unser Adv. f r e v e n t l i c h dissimiliert das erste I von mhd. vrävelliche gegen das zweite (wie K n o b l a u c h ) und schiebt im Md. seit 1660 t als Gleitlaut zwischen » und I ein wie e i g e n t l i c h : s. d. und H. Paul 1916 Dt. Gramm. 1, 326f. 366, während obd. f r ä f e n l i c h noch im 17. Jh. gilt. Friede (n) m. Ahd. fridu, asächs. frithu, afries. frethu, ags. fridu, anord. friür, got. *fripu (in gafripön 'versöhnen' und Frißareiks 'Friedrich') führen auf germ. *fri-ßu, aus *pri-tu-s: mit demselben Suffix wie F l u t , F u r t , G e w a l t , L u s t , Tod zur Wz. germ. */«, idg. *prï 'lieben' (s. f r e i , f r e i e n , F r e u n d ) , somit urspr. 'Zustand der Freundschaft, Schonung'. Der Bildung nach vergleicht sich am nächsten aind. prïti'Freude, Befriedigung'. Die idg. Sprachen haben weder für 'Frieden' noch für 'Krieg' (s. H a d e r ) ein gemeinsames Wort. Kluge 1926 Stammbildungsl. §133. Friedenspfeife f . Das Rauchen der F. spielt eine Rolle in den Lederstrumpferzählungen Coopers (1789 bis 1861): Büchmann 1912 Gefl. Worte 310. Aus dem Engl.: Ganz, Einfl. d. Engl. 79. Friedhof m. urspr. 'eingefriedigtes Grundstück', ahd. mhd. vriihof 'Vorhof e. Tempels, Kirchhof', ahd. friten 'hegen', got. freidjan 'schonen'. Asächs. frldhof bed. noch 'Vorhof' vor dem Herrenhaus. In ungestörter Entwicklung ist F r e i t h o f entstanden (wie es Abr. aSt. Clara, wmd. und obd. Mundarten von Schwaben bis Österreich bieten), durch späte Einwirkung des unverw.Friede n h d . F r i e d h o f , dasauchzuden nicht diphthongierenden Mundarten stimmt. Zur landschaftl. Abgrenzung gegen K i r c h h o f und G o t t e s a c k e r s. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 276ff. frieren Ztw. mhd. vriesen, ahd. friosan, ags. frëosan, engl, freeze, anord. frjösa, got. *friusan (zu folgern aus frius ». 'Kälte'). Die durch gramm. Wechsel im Plur. Prät. und Part, geltenden r (ahd. frurum, gifroran) sind wie bei v e r l i e r e n auf das ganze Ztw. analogisch ausgedehnt, F r o s t (s. d.) bewahrt s wie V e r l u s t . Formen mit s (du freust, er freust) reichen bis in den Anfang des 17. Jh. und bewahren noch heute
frisch
Ma., ζ. Β. in Ostpreußen. — Da starke Kälte und starke Hitze z.T. gleichartige Wirkungen hervorrufen, so sind mit der germ. Wz. *freus-, idg. *preus- verwandt einerseits aind. prtqva 'Reif, gefrorenes Wasser', lat. pruina (aus *pruswna) 'Reif', akorn. reu, bret. reo, kymr. rhew (aus idg. *preusos) 'Frost', anderseits aind. prusta 'verbrannt', alb. prui 'brennende Kohlen, Glut', lat. prüna (aus *prusna) 'glühende Kohle', pruno (aus *preusio) 'jucke'. Fries1 m. 'krauses Wollzeug': im 15. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. frise, das selbst auf mnl. frise 'krauses, flockiges Tuch' beruht. Verwandt mit F r i e s 2 und f r i s i e r e n . Fries2 m. 'Zierstreifen, langes steinernes Band an Tempelwänden'. Der Stammesname der Friesen (lat. Frisii, Frisiones, in Ablaut dazu ahd. Frieson) beruht auf der Haartracht, vgl. afries. frisle 'Lockenhaar'. Das zugrunde liegende Adj. liefert früh frz. frise 'kraus' (wozu friser 'kräuseln', s. f r i s i e r e n und F r i e s 1 ) und dessen Substantivierung frz. frise, ital. fregio 'krause Verzierung', die im 16. Jh. engl, frieze, nnl. fries, frühnhd. phriesz 'Säulenverzierung' ergibt. Winckelmann, Goethe und Schiller haben Friese f. Frieseln Plur. Die Bläschen des Hautausschlags sind nach ihrer Ähnlichkeit mit Hirsekörnern benannt. Russ. prosjaniea 'Frieselausschlag, Hirsegrütze' führt auf aslav. proso 'Hirse', dazu im Ablaut vorgerm. *pres-ilo. Der Krankheitsname tritt als F r i e s e l m. seit Liebe 1686 auf; dän. frisier, schwed. frisei sind aus nd. frisiti entlehnt: Jokl, Jagic-Festschr. S. 484. Frikadelle /. 'gebratenes Fleischklößchen', seit 1692 in dt. Kochbüchern als F r i k a d e l l e . Dafür (in Vermengung mit frz. fricandeau 'gespickte und gebratene Kalbsschnitte') F r i k a n delleseit 1715: H.Schulz 1913 Fremdwb. 1,227. Voraus liegt gallorom. *frigicäre, Intensivbildung zu lat. frigere 'rösten'. Frikassee n. aus frz. fricassée 'Fleischragout in Tunke', seit dem 16. Jh. als Ableitung von fricasser 'schmoren, rösten', das aus prov. fricassà (in gleicher Bedeutung) entlehnt ist. Dieses beruht auf dem unter F r i k a d e l l e genannten galloroman. *frigicäre. Zu dem im 17./18. Jh. üblichen f r i k a s s i e r e n 'in Stücke hauen' s. Zs. f. d. Wortf. 1, 44. 4, 311. Irisch Adj. Adv., mhd. vrisch (von da entlehnt mnd. mnl. vrisch, nnl. fris), ahd. frise, md. virsch, mnd. nnl. versch, afries. fërsk, ags. ferse, engl, fresh, anord. (entlehnt aus dem Ags.) fêrskr, dän. fersk, schwed. färsk; mit späterer Entlehnung aus dem Mnd.: dän. norw. schwed. frisk. Die Bedeutungen bewegen sich von 'eben erst entstanden, neu in Gebrauch genommen, noch nicht abgenutzt' über 'regsam' und 'kühl'
Frischling
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bis zu "nicht durch Gärung sauer geworden' und 'nicht eingesalzen'. Westgerm. *friska- ist entlehnt zu ital. span. port, fresco, frz. frais. Dem Adj. nächstverwandt ist F r i s c h l i n g , s. d. Außergerm, vergleicht sich aslav. prësnû (aus *praisL·-) 'frisch, ungesäuert'; von da früh entlehnt lit. priskas 'ungesäuert*. Zu *proiskos, *priskos 'frisch, nicht durch Gärung sauer geworden': F. Mentz 1938 Zs. f. vgl. Spracht. 65, 263 ff. Frischling m. 'junges Wildschwein', seltner 'junges Schaf; Zicklein', alt 'Opfer-, Zinstier', ursprünglich 'frischgeborenes, junges Tier' : zum Adj. f r i s c h , s. d. Mhd. vrisch(l)inc, ahd. frisking mit schwierigen Nebenformen wie fr(i)usking, frinsking, frunsking, asächs. ferskang, -ung. Auf Entlehnung aus germ. Nachbarsprachen beruhen afrz. fresange, fraissengue, sizil. frisinga 'junges Schwein': H. Palander, Ahd. Tiernamen (1899) 131 ff.; F . Kluge, Stammbüdungsl. (1926) §22. frisieren Ztw. aus dem unter F r i e s 2 abgeleiteten frz. friser 'kräuseln' seit Henisch 1616 entlehnt. Die dort und bei Schottel 1663 geltende Form frisieren weist auf Vermittlung durch nnl. friseren hin. F r i s i e r t 'gekräuselt' werden Perücken; den Übergang zur heutigen Bed. zeigt Goethe 1776 Jub.-Ausg. 11, 60f. „das Gekämmte zu frisieren, das Frisierte zu kräuseln und das Gekräuselte am E n d e zu verwirren". F r i s u r ' H a a r t r a c h t ' seit Nehring 1684: H. Schulz 1913 Fremdw. 1, 227. Frist /. Mhd. vrist f . m. n. "freigegebene Zeit, nach deren Ablauf ein andres Verhältnis eintritt, Aufschub', ahd. asächs. frist 'mora spatium, limes temporis\ mnd. verst, mnl. verste, afries. ags. frist, first, anord. frest, ferst n., dän. echwed. frist 'Zeit(raum)', dazu toch. prast 'Zeit'. Zu germ. * / ñ + Abstraktsuffix -st, v g l . F r i e d e n . Ursprüngliche Bedeutung: 'Schonung, Schutz'. N. 0 . Heinertz, 1927 in: Studier i modern sprâkvetenskap X. Fritt(bohrer) m. 'kleiner Handbohrer, besonders der Böttcher', von Adelung 1776 aufgenommen aus nd. frit m., dies über nnl. vret n. entlehnt aus gleichbed. frz. foret m. Voraus liegt mlat. forètum 'Bohrgerät' zu lat. forare (frz. forer) 'bohren', urverwandt mit nhd. b o h r e n , s. d. Fritte /. 'Gemenge aus Sand oder Kieselerde und Laugensalz', von Adelung 1775 aufgenommen aus der Fachsprache der Glashütten. Quelle gleichbed. ital. fritta aus lat. frieta 'geröstete (Masse)' zu lat. frigere 'dörren': durch Schmelzen jenes Gemenges entsteht Glasfluß. f r i t t e n schw. Ztw. 'zusammenschmelzen'. frivol Adj. 'leichtfertig, vermessen, schlüpfrig' aus gleichbed. frz. frivole entlehnt während der Frz. Revolution; den ersten Beleg bringt
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frommen
H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 227 aus dem J a h r 1789 bei. Das frz. Adj. beruht auf lat. fñvolus 'wertlos', das in dt. Gerichtssprache schon 1684 eindringt: Nehring, Manuale jur.-pol. 448 frivole 'vergeblich, nichts werth'. Das lat. Adj. bedeutet urspr. 'zerbrechlich' und gehört zu lat. friäre 'zerreiben, zerbröckeln', fricare '(ab)reiben'. Insofern besteht Beziehung zu dem Fremdwort F r i k t i o n f . 'Reibung'. Vgl. f r o t t i e r e n . froh Adj. Mhd. mnd. mnl. vrô, ahd. frao, frö, frawér, asächs. fra(h)o, frä, frö, afries. frö stimmen in der Bedeutung 'froh' überein. Anord. frär 'schnell' und mengl. frow 'eilig' stimmen lautlich völlig, wegen der Bedeutung vgl. die Entwicklung unsres g l a t t gegenüber engl, nnord. glad 'froh'. Die mengl. und anord. Bedeutung werden als ursprünglich erwiesen durch die außergem. Verwandten: unbedingt zu germ. *frawa- stimmt aind. pravá- (idg. *prouó-) 'flatternd'. Auf ein damit ablautendes idg. *préuetai weist aind. právate 'springt auf, büpft, eilt'. Außerdem vergleichen sich russ. pryt' 'schneller Lauf', prytkij 'hurtig': sämtlich zur idg. Wurzel *preu- 'springen'; s. F r o s c h . Abstr. zu f r o h ist F r e u d e , Bewirkungsztw. f r e u e n , s. d. frohlocken Ztw. Zu mhd. leichen 'springen' (s. L e i c h ) gehört als Intens, lecken 'hüpfen'. Das dazu gebildete *vrö-leeken, -locken 'vor Freude spritzen' wurde unter Einfluß von l o c k e n u u m f o r m t , als lecken in frühnhd. Zeit unterging. Zur Entwicklung des Part, f r o h l o c k t Zs. f. d. Wortf. 1, 313. Vgl. v. Bahder 1925 Wortwahl 93. Frohmut m. Während f r o h m ü t i g seit Maaler 1561 in heutiger Bed. erscheint, t r i t t F r o h m u t nicht vor Bürger auf: H. Ruppel 1911 Rückbüdung dt. Subst. 12f. Vgl. E i n - , Freimut. fromm Adj. Zu den germ. Verwandten von gr. prómos, lat. primus, lit. pïrmas 'der erste' (s. f o r t , f ü r d e r , F ü r s t , v o r ) gehören anord. framr 'vorzüglich', ags. fratti 'förderlich, tapfer' und mit Tiefstufe anord. frum- (in Zus.-Setzungen) 'erst', ahd. fruma f . 'Nutzen, Vorteil' (erhalten in der Formel „zu Nutz und Frommen"). Aus dem präd. gestellten Subst. geht (wie bei S c h a d e ) ein zunächst präd. Adj. mhd. vrum, vrumer 'förderlich' hervor, das auf Personen bezogen zunächst 'tüchtig', danach 'rechtschaffen' bedeutet und wesentlich durch die Bibel die Beziehung auf religiöses Verhalten bekommt. Von da entwickelt sich die Bed. 'fügsam' in l a m m - , m i l i t ä r f r o m m . Veronika Günther, 'Fromm' i. d . Züricher Reformation, Aaran 1955. frommen Ztw. Zu ahd. fruma f . (s. f r o m m ) gehört die -;'an-Bildung asächs. frummian, ahd.
Fron
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frummen 'fördern, vollbringen'. Afränk. */rumjan wird durch das daraus entlehnte frz. fournir 'versehen* vorausgesetzt. Die urspr. Form zeigt prov. formir, älter fromir. Das alte Ztw. ist in der Bed. 'nützen' noch Luther geläufig, im 17. Jh. wird es selten, um nach Heynatz 1796 Antibarb. 'von einigen Neuern' wieder belebt zu werden. Fron m. Das Adj. mhd. mòne 'öffentlich' (s. u.) steht in der Formel mhd. der vröne bote (mnd. de vröne bode) 'Amts-, Gerichtsbote', die in F r o n b o t e fortlebt. Aus ihr ist gleichbed. mhd. vröne (afries. frana) verkürzt, das frühnhd. zu G e r i c h t s f T o n verdeutlicht wird und so von Ayrer bis Lessing eine Rolle spielt. Iron Adj. Zu ahd. frö 'Herr' (s. F r a u ) gehört als Gen. Plur. fröno 'der Götter, göttlich'. Das heidn. wird christlich da% chrüzi fröno, mit der Bed. 'heilig', die es in mhd. vrönalter 'Hochaltar', vrônspïse 'Abendmahl' weiter entwickelte. Anderseits bildete sich die heidn. Grundbed. um zu "dem Staat gehörig, öffentlich': so in mhd. vrönbote 'Gerichtsbote' (s. o.), -veste 'öffentliches Gefängnis', -reht 'öffentliches Recht', -dienest 'Herrendienst'. Als undekl. nachgestelltes Adj. gilt f. noch 1610: Behagel 1923 Dt. Syntax 1, 479. Vgl. H e r r : im meroving. Beamtenadel kommt es gegen frö mit kriegerischer Tradition auf: Schirokauer, Germ. Studien 1957, 213. Fronde f . Lat. fundula, Demin. zu funda 'Schleuder', ergibt über *flunda frz. fronde 'Straßenschleuder', das während der Minderjährigkeit König Ludwigs XIV. Spottname der Pariser Partei wird, die den Kardinal Maz&rin bekämpft. Im 18. Jh. mit F r o n d e u r und f r o n d i e r e n entlehnt, um 1897 auf das Verhalten Bismarcks angewendet: Ladendorf 1906 Schlagwb. 96f. Frone f . Nachdem das unter f r o n entwickelte ahd. fröno zum mhd. Adj. vröne geworden war, wird daraus mhd. vröne f . 'Frondienst' substantiviert. Dazu mhd. vrönen, vrœnen 'Frondienste leisten', nhd. f r o n e n , f r ö n e n '(dem Gemeinwesen) dienen': H. Möller 1903 Zs. f. d. Wortf. 4, 96 ff. Fronlasten n. 'Quatember-, Weihfasten' in Süddeutschland und der Schweiz, im weltlichen Bereich wichtig für vierteljährliche Zahlungen. Zuerst 1300 Fürstenberg. Urk.-Buch 2, 41. Fronleichnam m. 'der Leib des Herrn', dann der ihm geweihte zweite Donnerstag nach Pfingsten mit feierlichem Flurumgang und Weihespielen, als Fest der Kirche seit 1246 begangen und mhd. vrönlicham benannt. Oft in Wetterregeln. Front /. Frz. front 'Stirn(seite)' erscheint seit Wallhausen 1616 Kriegskunst zu Pferdt 82. 92 in Formeln wie „fronte dieser Compagnie",
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Frucht
„fronte deiner Batailien": Helbling 1912 Zs. f. d. Wortf. 14, 59. F r o n t e noch Schiller 1781 Räuber 1, 1. Frosch m. Mhd. vrosch, ahd. dän. engl, mundartl. frosk, mnd. nnl. vors, mnl. vorse, frosc, frox, anord. froskr führen auf germ. *fruska- und setzen nach W. Porzig, Idg. Forsch. 45, 165 ein sfc-Präsens vorgerm. *pruskö 'hüpfe' voraus. Es gehört zu der unter f r o h entwickelten idg. Wz. *prey,- 'springen'. Ags. frogga, engl. frog, mundartl. frock, anord. frauki 'Frosch' gehören zu der um Velar erweiterten Wurzelgestalt, die auch in russ. prygat' 'hüpfen' und pryg 'Sprung, Satz' vorliegt. Daher bezeichnen manche Synonyma den Frosch als 'Hüpfer'. — Die synonymreiche Wortgeographie von 'Frosch' bietet Ursula Wiepen, vgl. Helmut Claus, Karte 'Kröte' (s. d.) bei Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1955). Beide Lurche haben gemeinsame Bezeichnungen: so gilt Kröte als 'Frosch' in der Priegnitz, Krott in der Rheinpfalz, Krottn in Kärnten und in Iglau in Böhmen. Die Benennungsmotive gehen vor allem auf den Tierlaut, die Körperform, grüne Farbe, großmäuliges Wesen. Zur Synonymik von Frosch: Nd. Pogge (zu *bu 'schwellen') nimmt mit Lautvarianten den Küstenraum ein. Die Niederländer des 12. Jhs. brachten Padde (Etymologie ungeklärt) ins Brandenburgische, von dort reicht es bis ins mittlere Ostpommern; Eöpper Waldeck, Uckermark und Oberweserland, Eepper mit andern in der Schweiz; Forsch, Forsehk sind großenteils westfäl., Kikfors niederrhein., e aus dem Plural hat Fresch im Elsaß, in Luxemburg und der Südeifel und dem Land an der mittleren Mosel. U. a. m. — W. Foerste, Frosch u. Kröte, in „Nd. Wort" 1. Frost m. Ahd. asächs. mhd. vrost, ags. forst m., anord. frost η. vereinen sich auf gemeingerm. *frus-ta, Dentalabstr. zur Wz. *freus 'frieren': Kluge 1926 Stammbild. § 117. frottieren schw. Ztw. 'mit Tüchern abreiben', seit Wieland 1778 entlehnt aus frz. frotter 'reiben', das aus vulgärlat. *frictäre, einer Intensivbildung zu lat. fricare 'reiben' (s. f r i v o l ) entwickelt ist, mit dem sich ein gall. Wort gekreuzt haben mag. Frucht /. Lat. früdus m. (zu fruor 'ich genieße' aus *frügwör) ist gleichzeitig mit P f l a n z e usw. zu uns gelangt und hat ahd. mhd. ani. vruht m., asächs. fruht f., afries. frucht f . ergeben. Später entlehnt ist anord. fruktr m. Zur Entwicklung des lat. et zu ht s. P a c h t ; f r u c h t b a r (seit dem Mhd., Mnd., Mnl., Afries.) s . - b a r . Das dt. Wort ist /. geworden nach dem Vorbild der /.-Abstrakta auf idg. -ti, germ, -di, ahd. -i: Brut, Flucht, Geburt, Geduld, Schuld, V e r n u n f t , Z u c h t . Vgl. M a u e r . — Die Wort-
früh
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karte 'Roggen' (s. d.) von Hans Höing bei Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1966) zeigt die besondere Bedeutung von Fnwht 'Roggen* im Luxemburgischen. früh Adv. Adj. mhd. vruo Adv. (ehedem zuweilen noch f r ü h ohne Umlaut), vrüe(je) Adj., ahd. fruo Adv., fruoji Adj., mnd. vrö(ch), mnl.
vroe(ch), nnl. vroeg Adv. In den andern germ. Sprachen ist das alte Wort vor Einsetzen unsrer erhaltenen Denkmäler durch die Verwandten von e h e r (s. d.) verdrängt worden. Außergerm, entsprechen gleichbed. gr. pröl Adv., proios Adj. auch darin, daß die Eildung vom Adv. ausgeht. Auch aind. prä-tdr 'früh, morgens' ist vom gleichbed. idg. Adv. *prö abgeleitet, mit dem auch F ü r s t , v e r - , v o r und v o r d e r verwandt sind. — Die Lautgeographie von 'früher' bietet der Dt. Sprachatlas. — Wie f r ü h seine enge Bedeutung erweitert, zeigt Frühling. Frühling m., frühnhd. vrüeling ist im 16. Jh. nach dem Vorbild von S p ä t l i n g 'Herbst' gebildet. Das in der Lutherbibel 1. Mos. 30, 41 f. stehende Wort muß deren obd. Lesern 1623 mit „der ersten Zeit" verdeutlicht werden: F. Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 113. F r ü h j a h r « , ist im Md. heimisch und wird uns seit M. Kramer (Nürnbg. 1678) greifbar; Frühjahr gilt im Westen vor allem vom Elsaß bis zum Maingebiet und Bayern, bis Schleswig—Ostpommern, der Typ 'Vorjahr' als Vorjahr von der Jade bis zur Niederelbe, in Ostpreußen. S p ä t j a h r η. 'Herbst' erscheint erst 1736: H. Fischer, Schwäb. Wb. 6 (1920) 1489. A u s w ä r t s gilt heute von Niederbayern bis Oberösterreich und in der Steiermark, als A u s w a r t in Kärnten ein bair.-österr., aber auch hess. Volkswort. Sonst gilt vielfach Meie (s. Mai). Das westgerm. L e n z (s. d.) ist noch Luthers Wort und gilt in Randgebieten noch heute. Der idg. Name der Jahreszeit, *yesr,
*y,esr, *ues(e)n,
erreicht
das Germ, in anord. vär, norw. dän. vaar, schwed. vär, afries. wars, wârstïd. Ihnen entsprechen lit. vasarà 'Sommer', lat. vèr, gr. éar, pers. bahär 'Frühling'; daneben die gleichbed. ni-Bildung aind. vasantd, die im Kelt. Vergleichbares hat. — Jene und sonstige Wortgeographie stellt Maria Tallen, in Dt., Wortforschung 2 (1963) 169, zum Dt. Wortatlas XVI dar. Zum Typ L e n z s. d. Frühstück n. spätmhd. vruostüeke, vrüestüe, eig. 'Stück Brot, das man morgens ißt', wie mnd. vrokost (woraus dän. frokost, schwed. fruitosi) eigtl. 'Morgenkost'. Landschaftlich ist die Geltung des Schriftworts F r ü h s t ü c k eingeschränkt, z. B. herrscht in Schweiz. Umgangssprache M o r g e n e s s e n : A. Senn 1933 Joum. of Engl, and Germ. Philol. 32, 616. Ins Ostfrz.
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Fuchtel
ist Frühstück als frieh{e)ti 'Leckerbissen, Imbiß' entlehnt. Fuchs 1 m. Mhd. ahd. fuhs, asächs. vohs, anfr. vus(s), mnd. mnl. nnl. vos, ags. engl, fox führen auf westgerm. *fuhsa-; dazu ags. foxung 'List'. Anord. fox 'Betrug' stammt aus dem Ags., dän. fuks 'rotes Pferd' aus dem Nhd. F u c h s und L u c h s (s. d.) führen -s als Endung der männlichen Tiernamen: F. Kluge 1926 Stammbildungsl. § 28. Daneben das F. auf germ, -δη in F o h e , mhd. vohe, ahd. foha, mnd. vohe, vö,
südnl. voo, anord. föa, got. faühö, wofür spätahd. fuhsin, ags. fyxen, engl, vixen, auf -jön vgl.
F ä h e . In W. Raabes 'Unruhigen Gästen' nennt der Waldarbeiter Fuchs sich selbst R ä k e l (s. Rekel), seine Frau F e h ; auch weidm. ist das alte Wortpaar lebendig. Außergerm, vergleichen sich russ. poln. puch 'feines, wolliges Haar', russ. puSnój továr 'Pelzwerk', aind. püccha- 'Schwanz'. Idg. Wurzel *j>ük-: *peuk-
'dicht behaart, buschig'. Daß der Fuchs nach seinem buschigen Schwanz benannt wird (auch lit. mdêgis 'Fuchs' nach uodegà 'Schwanz') ist wohl Tabu-Erscheinung. Fuchs2 m. 'angehender Student'. Wie in der burschikosen Zoologie E s e l , K a m e l , Mulus usw. seit alters ihre Rolle spielen, so tritt die Schelte F u c h s im 16. Jh. auf. Foß bei H. Sachs 1645 Fab. 196, 48 ist ein anderes Wort, es ist obd. foß 'mürbe, faul'. Als vulpes für Altdorf 1661 bezeugt. Literarisch seit Stoppe 1728 Ged. 133, woneben P e n n a l und F e i x (s. F e x ) : Kluge 1896 Stud.-Spr. 60f. 91; Zs. f. d. Wortf. 1, 42. 3, 93.12, 278. Vgl. S c h u l f u c h s 'Lehrer', Wortspiel zu jidd. schuol 'Fuchs'. S. A. Wolf, Mittigen a. d. Arbeitskreis f. Jiddistik 1967, 83. Anders H.-F. Rosenfeld. Beitr. z. Gesch. d. Dt. Spr. 77, 246. fuchsen s. F e d e r f u c h s e r . Fuchsie /. Der süd- und mittelamerikanische Strauch ist von Linné zu Ehren des obd. Botanikers Leonh. Fuchs (1601—66) benannt, der die 1788 in Europa eingeführte Pflanze noch nicht kannte. F u c h s i a ist im Frz. seit 1766, im Engl, zuerst 1789, nhd. bisher nicht vor Oken 1833 Nat.-Gesch. 3, 1879 nachgewiesen: Palmer 37 f. Fuchsschwanz m. die kurze Stoßsäge der Schreiner und Zimmerleute, nach der Ähnlichkeit des Umrisses benannt, belegt nicht vor Röding 1794, noch jünger nd. F o ß s t e r t : J . Saß 1927 Sprache des nd. Zimmermanns XV und 16. Fuchtel /. Frühnhd. fochtel, fwhtel ist zum Ztw. f e c h t e n gebildet nach Vorbildern wie S p i n d e l zu s p i n n e n , W i n d e l zu w i n d e n . Aus dem 'Fechtdegen' ist das Symbol straffer, soldatischer Zucht geworden, weiterhin der
fuchtig
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Schlag mit der flachen Klinge. Dazu (herum)f u c h t e l n , von vornherein in bildl. Gebrauch. Dan. fugtle ist aus dem Nhd. entlehnt. fuchtig Adj. Adr. 'erbost' gelangt aus ostmd. und obd. Volkssprache gelegentlich ins Schrifttum. Zur Sippe von f e c h t e n (s. d. und F u c h tel): der Wütende ficht mit Armen und Händen durch die Luft. Gleichbed. f u c h t e l i g bedeutet ursprünglich 'bereit, Fuchtel auszuteilen' (wie wichsig 'bereit jem. zu verwichsen'). Fader n. Mhd. vuoder 'Fuhre, Wagenlast', ahd. fuodar, asächs. föther, mnl. voeder, nnl. voer, ags. fööor, engl, fother führen auf westgerm. *födra- 'das Umfasste': Bildung auf germ, -ra-, ablautend mit der unter F a d e n (s. d.) dargestellten Sippe. Frz. foudre 'großes Weinfaß' tritt im 16. Jh. als voudre auf und ist aus dem Hd. entlehnt. Weiter geht J . Trier, Zs. Savignystiftung Germ. 5,1947, 239. Fug m., mhd. woe, vuoges m. 'Schicklichkeit' neben möge f., das aber die Bedeutungen 'Zusammenfügung, Stelle eingreifender Verbindung zueinander', und damit den Sinn des nhd. Fuge1 (s. d.) hat. Fug m. ist heute nur in der Wendung m i t F u g und R e c h t üblich: von 'Angemessenheit' führt die Entwicklung zu 'Berechtigung, Zuständigkeit'. Gegenwort Unfug. Zufügen. Fuge1 f., mhd. vuoge f. konnte dasselbe bedeuten wie vuog m., vgl. F u g . Im Nhd. verengte sich die Bedeutung auf die sachliche, auch im mhd. vuoge f. mögliche Verwendung für 'Verbindungsstelle zwischen festen Gegenständen', wie Holz, Mauer. Zu fügen. Fuge2 /. (Tonstück). Aus lat. fuga 'Flucht' geht mlat. fuga 'Wechselgesang' hervor, „quia vox vocera fugat". Schulz 1913 Fremdwb. 1, 228 zeigt, wie sich die deutsche Form seit 1480 vom Plur. her einbürgert, während im Sing. F u g a noch bei Henisch 1616 gilt. fügen schw. Ztw. Mhd. wegen 'passend zusammen-, hinzufügen, verbinden; bewerkstelligen', ahd. fuogen, asächs. fögian mnl. voeghen, nnl. voegen, afries. fögia, ags. fßgan, engl, fay: mit gr. pessö (aus *pakjo) 'befestige', lat. päx 'Friede', aind. päsäyati 'bindet' usw. zu der unter fangen entwickelten idg. Wurzel *pälc-: *pä§- 'festmachen'. Zu deren Vokalismus s. H. Hendriksen 1938 Idg. Forsch. 66, 24. Fügewort s. Bindewort. fühlen schw. Ztw. Mhd. vuelen, ahd. fuolen, asächs. folian, nnd. fdlen, faulen, mnl. nnl. voelen, afries. fêla, ags. fslan, engl, feel führen auf westgerm. *följan·, dän. feie beruht auf Entlehnung aus mnd. vBlen. Mit andrer Ablautstufe entspricht anord. falma 'betasten'. Die außergerm. Beziehungen bleiben unsicher. Man vergleicht aind. ä-sphälayati 'läßt anprallen,
Füllhorn
schlägt auf', griech. pselapháein 'betasten', psdllein 'schnellen, raufen', psalmäs 'Saitenspiel', psalter 'Saitenspieler', lat. palpare 'tätscheln', palpitare 'zucken', palpebra 'Augenlid'. S. Gefühl. Mhd. vüelen stirbt obd. ab, Luthers fülen wird in obd. Bibeln durch empfinden, spüren, merken, greifen, wissen, verstehen ersetzt. Heute ist empfinden vorwiegend der bair.-österr. Ausdruck, während schwäb.-alem. spüren und merken gelten. Die ärztliche Formel „den Puls fühlen" ist als Ganzes nach Süddeutschland entlehnt: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 210f.; Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 96. 100. 108; v. Bahder 1926 Wortwahl 8. Fuhre f. Ahd. fuora, mhd. more·, postverbal zu f a h r e n in dessen versch. Bed. Das Alter der Bildung beleuchtet ags. for f. 'Fahrt, Fahrzeug'. führen schw. Ztw. Ahd. fuoren, mhd. vüeren, md. wren, vôren, asächs. förjan; mnd. vSren, mnl. nnl. voeren, afries. fera, ags. ffèran, anord. fera, schwed. fora, dän. fere vereinigen sich auf germ. *forjan·, Bewirkungsztw. zum st. Ztw. fahren (s. d.) mit der Grundbedeutung 'fahren machen', die sich obd. (der Knecht führt den Wagen) erhalten hat und auch nhd. Bildungen wie L o k o m o t i v f ü h r e r vorausliegt. Außergerm. vergleicht sich aind. pärdyati 'führt hinüber'. So gehört l e i t e n als Bewirkungsztw. zu ahd. lldan 'gehen'. fuhrwerken Ztw., im 18. Jh. von dem md. seit 1380 bezeugten vürwere abgeleitet, bed. urspr. '(jem.) mit dem Wagen befördern'. Im 19. Jh. als Burschenwort beliebt (Zs. f. d. Wortf. 12, 279), entwickelt es in herum- und hinausfuhrwerken (G. Keller 1874 Leute v. Seldw. 2, 131) freiere Bedeutungen. füllen Ztw. Zu germ. *folla 'voll' gehören als Faktitiva got. asächs. fulljan, ahd. füllen, afries. fella, ags. fyllan, anord. fylla, die sich überall bis in lebende Sprache fortsetzen. — F ü l l e /. war got. (ufar)fullei, anord. fylli, ags. fyllu, ahd. fulll, mhd. vülle. Füllen n. 'Fohlen' Germ. *fulan- ist auf dem Festland diminuiert zu *fulvn(a)· zunächst 'Tierjunges' mit Suffix -In, das auch in Küken und Schwein zur Bez. von Tierjungen dient. Auf urgerm. *fulrlna weisen ahd. fulï(n), mhd. fülifn), mnd. mnl. vielen, nnl. veulen. Andre Diminativa sind anord. fyl aus *ful-ja-. Auf urgerm. *fuliki weist ahd. fulihha, mhd. vülhe f. 'weibl. Füllen'. Heute reicht F ü l l e n vom Süden über das Rheinische ins Nl. — S. F o h l e n Füllhorn ». Lat. cornu copiae (seit Flautus), urspr. 'Horn der Göttin des Erntesegens' erscheint als Horn der F ü l l e bei Erasm. Francis« 1668. Das lat.-dt. Wb. von Kirsch Ab un-
Füllsel
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dantissimum cornu copiae . . . führt seit 1718 die lat. Formel den Gebildeten immer neu vor Augen. Die Lehnübers. F ü l l h o r n gelingt Christ. Günther 1723 Ged. 216, während Frisch 1741 auf F r u c h t h o r n abgleitet. Vergleichbare Lehnübers. sind K a i s e r s c h n i t t , L e i t f a d e n , Zankapfel. Im Engl, bürgert sich Ende des 16. Jh. das Fremdwort cornucopia ein: Philol. Quarterly 1923, 2, 3. Füllsel n. spätmhd. vülsel n.\ mit der unter B ä t s e i behandelten Endung -sei (aus ahd. -isal, got. -isl) zum Ztw. füllen. fummeln schw. Ztw., nnl. fommelen, norw. schwed. (seit 17. Jh.) fumla 'betasten; schlecht arbeiten'. Engl, fumble 'fühlen, tappen' beruht auf Entlehnung aus dem Nordischen. Schriftsprachlich belegt seit Bode, Tristr. Schandi 2 (1774) 16 „ w e n n . . . Trienchen zu lange in der Tasche fummelt (um den Fingerhut zu suchen)", mundartlich seit M. Richey (Hambg. 1754). Aus der Grundbed. 'reiben' hat sich (wie bei ficken) früh 'futuere' entwickelt, wie das abgeleitete F . F u m m e l landschaftl. zu'weibl. Glied und 'Dirne* geworden ist, was der Aufnahme des Wortpaars ins Nhd. entgegenwirkt. Nach F. Sommer 1933 Idg. Forsch. 61, 247 zielt fummeln als lautnachahmende Bildung ursprüngl. auf das mit dem Reiben verbundene Geräusch. Fund m. mhd. vunt m. 'das Finden, das Gefundene', postverbal zuf in d e n. Ebenso anord./wwár, fyndr, nnl. vond 'Fund, Erfindung' (veraltet). Fundament n. Zu lat. fundus 'Grund' gehört fundare 'den Grund wozu legen', dazu wieder fundämentum 'Grundlage'. Seit dem 9. Jh. entlehnt als ahd. mhd. fundamënt, daneben Eindeutschungen wie fundamunt, fülle-, vollemunt m. Zunächst immer baugewerblich, seit dem 14. Jh. auch in geistl. u. a. Übertragungen. Die Lutherbibel ersetzt das von Eck verwendete F. durch Grund, Tschudi schlägt dafür Grundv e s t i vor: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 152. 190. Fundgrube f. Bergmännisch Iglau in Böhmen 14. Jh. (Judy Mendels, in: Muttersprache 1963, 169), wird dem erfolgreichen Erzsucher zuerteilt ;1454 (Fontes rer. Austr. II 2, 47) für Fundpunkt und Grubenfeld, wo zuerst das gemutete Erz bloßgelegt wird. Geistl. übertragen 1490 durch die „Himml. Fundgrube" des Joh. v. Paltz, die 1502 lat. als Coelifodina erschien (H. Wolf 1958 Hess. Bl. f. Vkde 347). Das Wort kehrt als Titel geistl. u. wissenschaftl. Bücher in der Folgezeit oft wieder u. ist in den Ausgangslandschaften der Reformation, den Bergbaugebieten von Harz u. Erzgebirge gemeinsprachl. verbreitet worden: Herbert Wolf, Studien zur deutschen Bergmannssprache, Tübingen 1958, 23,103,195.
Funze(l)
fünf Zahlw. Ahd. fünf, fin), asächs. ags. f ï f , anord. fimm, got. fimf ergeben germ. *fëmf(e). Auf idg. *penkye weisen eindeutig aind. páñca, tochar. pän, armen, hing, gr. pénte (äol. πέμπε), aslav. pçtî. In lat. quinqué, air. cöic, gall. pompe-, akymr. pimp (britann. ρ aus qu) hat sich der Anlaut der ersten dem der zweiten Silbe angeglichen; in germ. *fêmf(e) liegt die umgekehrte Angleichung vor. Das Ordinale f ü n f t e ist (wie alle Ordinalia) Ausläufer einer alten Bildung: got. fimf ta, ahd. fimf to, fünf to, asächs. flfto, ags. fifta gleichen dem gall, pinpelos, lat. quintus (für *quinctos), gr. pémptos, aind. pañcathá, lit. peñktas, aslav. ρφ. — Lautgeographie zu 'fünf' bietet der Dt. Sprachatlas. — Schwäb. fuchzeQc) '50' nach sechze(k): F. Holthausen Idg. Fg. 1956, 164. Hans Kuhn, Zs. f. Mundartfg. 1959. S. Punsch. Funke (n) m. Spätahd. funcho, mhd. (nicht klass.) winke, mnd. funke, mnl. vonke, nnl. vonk, mengl. fonke 'kleines Feuer, Funke', engl. funk 'Funke, Zunder, Gestank'. Ablautend daneben im klass. Mhd. und im Frühnhd. vanke m., das bair.-österr. fortlebt, aber sowenig wie gleichbed. mhd. ganeist, schwäb.-alem. giunse in die nhd. Schriftsprache dringt, in der vom Md. her F u n k e ( n ) siegt: K. v. Bahder 1925 Wortwahl 63 f. F u n k e ist abgeleitet von den n-Formen des alten r-/w-Stamms F e u e r , s. d. Neben *py,ön-, das dem got. fon 'Feuer' vorausliegt, steht mit Ablaut *pum-, zu dem mhd. vanke gehört. Im Alem. ist F u n k e in der Bedeutung 'Freudenfeuer' verbreitet, daher F u n k e n s o n n t a g der Sonntag nach Aschermittwoch, an dem auf den Höhen Freudenfeuer lodern. tunken schw. Ztw. mhd. vunken 'Funken von sich geben, blinken' ist in älterer Sprache weniger wichtig als die von ihm ausgehende Intensivbildung funkeln (so zuerst Eltville 1469) mit funkelneu (Nürnberg 1678) und funkelnagelneu (seit 1789). Für die 1897 von Marconi erfundene drahtlose Télégraphié schlägt O. Sarrazin Zs. d. Sprachw. 29 (1914) 193ff. funken vor, das sich bald durchsetzt. F u n k s p r u c h begegnet schon 1903; im Oktober 1923 wird der dt. R u n d f u n k öffentlich durchgeführt. Über den sonstigen Wortschatz des Funkwesens W. Linden 1943 Dt. Wortgesch. 2, 389; J . Weinbender 1944 Jahrb. d. dt. Spr. 2, 214. Vom Heer aus ist funken als Kraftwort für 'schießen' verbreitet: Haupt-Heydemarck 1934 Soldatendeutsch 68. 1725 nagelfunkelneu, 1732 funkelnadélneu: W. Seibicke, in: Muttersprache 1964, 253. Fnnze(l) /. 'schlecht brennende Lampe', erst nhd. Vielleicht mit Schwund eines Velars aus vonksel 'Zündstoff' (so Kilian 1632), dies mit
für
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Endung - s a l (s. d.) zu F u n k e . Das schriftsprachl. nicht anerkannte Wort spielt in vielen Formen: H e l l e r - F u n t z e J . Chr. Günther 1714 Ged. 1100, sonst F o n s e ( l ) , F u n s e und F u n z e l : verbreitet auch mit ironischem T r a n — in Nord-, Ostmittel- u. Südostdeutschland. für Präp. ahd. furi 'vor, für', asächs. furi 'vor', mhd. für. Nhd. ist der Vokal gedehnt in dem auf einfaches r ausgehenden Wort wie in d a r , w e r , w i r , e m p o r . Verwandt mit aind. puras, awest. parö 'vor', vgl. die Sippe unter v o r und Ludw. Geismar, Vor und für im Nhd. (Gießen 1928). — Die Wortgeographie zu 'für' bietet der Dt. Sprachatlas. Furage f . 'Futter, Mundvorrat'. Der Stamm von nhd. F u t t e r hat mlat. foderare 'Futter auftreiben' geliefert, auf dem frz. fourrage m. 'Futterlieferung (fürs Heer)' beruht. Als Kriegswort um 1600 entlehnt, erscheint fouteraschi 1617 mit Anlehnung an F u t t e r , die zufällig das Richtige trifft. Genuswechsel wie bei B a gage usw. — Frz. fourrager 'auf Futterholen ausgehen' ergibt noch im 30jähr. Krieg f u r a g i e r e n , 1666 umgebildet zu f u t t r a g i r e n . fürbaß Adv. 'besser fort, weiter', mhd. vüria%, md. auch vorbaç. Aus f ü r und b a ß , s. d. Forche f . Mhd. afries. furch, ahd. fur(u)h,
Furt
forahtian,
afries. fruhtia,
faurhtjan.
Aus dem alten Part, erwächst das
ags.
forhtian,
A d j . a h d . asächs. foraht, ags. forht, g o t .
got. faúrhts
'furchtsam'. Der Dental des ursprünglich st. Ztw. ist Präs.-Ableitung. Dem Stamm germ. *furh-, idg. *p[k- ordnen sich außergerm. zu toch. A praski, Β prosko, proskye ' F u r c h t ' z u m Verbals t a m m A pärsk-, prask-, Β pärsk-, präsk- (aus
*praksk) 'sich fürchten'. fiirder Adv. mhd. vürder, ahd. furdir 'weiter nach vorn, weiter fort, weg'. Wohl oblique Kasusform des Kompar. Neutr. (wie got. faúrpis 'früher') zu f o r t (s. d.). Vgl. ags. furpor Adv. 'weiter, ferner' (got.faürßös), engl, further' weiter'. Furie f . Zu lat. furere 'rasen' gehört furia 'Wut' und 'Rachegöttin'. In der ersten Bed. erscheint furia zuerst 1575 in deutschem Text, furie seit 1619; so vielfach in den Mundarten. Die röm. Rachegöttinnen liefern unsere Bed. •wütende Person' seit 1719: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 229 f. Furier m. Zu dem unter F u r a g e entwickelten mlat. foderare 'Futter auftreiben' gehört fodrärius; daraus frz. fourrier 'der für Futter (und Quartier) zu sorgen hat'. Von da wird im 14. Jh. am Rhein mhd. forir entlehnt (Lexer 3, 472), doch erst im 16. Jh. bürgert sich furier(er) m n d . m n l . vore, n n l . voor, ags. furh (engl, fur- 'Quartiermacher' ein, um im 17. Jh. von neuem row) mit ags. engl, furlong 'Furchenlänge' als der frz. Form zu weichen: Zs. f. d. Wortf. 14, Längenmaß, anord. norw. for 'Abzugsgraben', 29. 65 f. 15, 185. schwed. fâra, dän. fure, älter for(e) 'Furche' fttrliebnehmen st. Ztw. 'sich mit etwas geweisen auf germ. *furh-, aus *pr&-. Daneben nügen lassen' seit dem 17. Jh., während schon hochstufig *peric- in norw. mundartl. fere, mhd. für guot, verkürzt vergout, gilt. Vom Mhd. schwed. mundartl. fjäre 'Erhöhung zwischen hat sich v o r l i e b eingestellt (kaum vor Lessings zwei Furchen, Ackerbeet'. Außergerm, ent- Brief an Ebert vom 6. Okt. 1773: Sämmtl. Sehr. sprechen lat. porca 'Erhöhung zwischen zwei 12, 402 Lachmann), während f ü r w a h r , n i c h t s Furchen im Acker' mit porculètum 'in Beete ge- f ü r u n g u t nach nhd. Regel bei f ü r geblieben teiltes Feld, Ackerbeet', air. -rech, kymr. rhyeh sind. 'Furche', altbret. ree 'ich pflüge'; dazu kelt. Fürst m. Zu der verzweigten idg. Wurzel *per, rica ( > ags. Erce im „Erdsegen"): F. R. Schrö- *pro 'vorwärts, voran' (s. f o r t , f ü r , vor) geder, Festgabe f. Karl Helm 1951, 25. Die hoch- hören (wie gr. promos 'vorderster', lit. pàrmas stufige Form ist ursprünglich eins mit idg. 'erster') asächs. afries. ags. forma 'der erste, *per1c- 'aufwühlen' in aind. pdrSäna- 'Kluft', lit. frühste'. Kompar. zum gleichen Stamm ist ahd. pra-perHs 'Blanke im Eis', praparSas 'Graben', furiro, anord. fyrre 'der frühere, vorzüglichere', lat. porcus 'Schwein' (eigentlich 'Wühler'). Eines Superi, ahd. asächs. furist, afries. ferest, ags. der wenigen alten Fachwörter des Acker- fyr(e)st, engl, first, anord. fyrstr 'der erste'. Dieser baus. Die Bed. 'Furche' und 'Ackerbeet' be- Superi, erscheint substantiviert in ahd. furisto, rühren sich auch in der Sippe von Gleis ; s. d. das sich zunächst mit hêristo (s. h e h r , H e r r ) und B e e t . in die Bedeutung *princeps' teilt, um 1120 aber Furcht /. zu f ü r c h t e n , s. d. Mhd. vorhte, zu 'Reichsfürst' erstarrt, offenbar unter Vorahd. asächs. for(a)hta, afries. fruchte·, ags. angang der geistlichen Fürsten. Vom Hd. greift fyrhtu, fryhtu, engl, fright m i t U m l a u t , den g o t . die Entwicklung über auf asächs. furisto, mnl. faúrhtei erklärt. Dies ist gebildet wie got. afgiir vorste, afries. vorsta, fersta: E d w . Schröder 1924 dei f . 'Gottlosigkeit', das dt. Abstraktum wie Zs.d.Sav.-Stiftg.f. Rechtsgesch., Germ. 44, Iff.; S c h a n d e . Der Schweiz. Umgangssprache fehlt Κ. Stegmann v. Pritzwald, Dankesgabe f. A. Leitzmann (Jena 1927). F u r c h t ; dafür A n g s t . fürchten Ztw. mhd. vürhten, Prät. vorhte; F u r t /. (obd. furt m., m d . fort, n d . ford f.). a h d . furihten, forahtan, P r ä t . forahta; asächs. Asächs. ags. ford, afries. forda, ahd. furt sind M. K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aufl.
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Fürtuch
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226
Bei mhd. vurt wird spät das alte M . durch das von Norden her eindringende F. zurückgedrängt. Ortsnamen wie hd. F ü r t h (aus *Furti) und nd. V ö r d e erweisen das Alter des fem. ¿-Stamms, der von vornherein neben dem mask. w-Stamm stand und die Bedeutung eines Nomen actionis hatte, wie ags. fyrd f . neben ford m. erweist, das mit den deutschen Wörtern auf westgerm. *furdu-, idg. *pftú- 'Durchgang' zurückgeht. Daneben hochstufig anord. fjgrdr (dän. schwed. fjord; schott. firth aus dem Nord, entlehnt) "schmaler Meeresarm', aus vorgerm. *pértu-, s. F Öhr de. Die germ. Bildungen beruhen auf Dentalerweiterung des idg. *per- 'hinüberführen, -bringen, -kommen' (s. f a h r e n ) . Dieselbe Erweiterung liegt vor in lat. portus 'Hafen', angiporti 'enge Durchfahrt, Nebengäßchen' und awest. paratuü (aus *pjtüS), pa$u$ (aus *pftvJs) 'Durchgang, Furt, Brücke'; vgl. den Namen des Flusses E u p h r a t , awest. hu-paradwa 'gut zu überschreiten'. Am nächsten vergleicht sich die kelt. Sippe von gall, ritu- 'Furt' in Ritumagus 'Furtfeld' und gaJlo-lat. Augusioritum 'Augustusfurt', ir. rith in Humarrith, akymr. rit, kymr. rhyd, korn. rit 'Furt', die lautgesetzlich das anlautende ρ in urkelt. Zeit verloren hat, vgl. noch F e r k e l , F l u r , F ö h r e ; M. Förster 1941 Der Flußname Themse 22. 187. Fürtuch s. S c h ü r z e . Furunkel m. Lat. fürunculus ist Verkl. zu für(o) 'Dieb' (wie homunculus zu homo), s. F r e t t c h e n . Rom. Winzerhumor nannte fürunculus 'kleiner Spitzbube' einen Nebentrieb am Rebstock, der dem Haupttrieb die Kraft entzog. Nach der Ähnlichkeit mit dem Auge am Rebstock ist, schon von den altröm. Ärzten, das Blutgeschwür benannt. E. Müller-Graupa 1933 Philol. Wochenschr. 63, 764ff. Bei uns erscheint F ü r u n k e l 1688: Tabernämontanus, Kräuterb. 724. — S. Geiz. Fürwort n. Frühnhd. fürwort bedeutet 'Scheingrund, Ausflucht'; dazu tritt im 17. Jh. die Bed. 'Fürsprache'. Neben ihr kennt Stieler 1691 F ü r w o r t 'praepositio'. Nachdem Gottsched unserm f ü r den Bereich des lat. pro gesichert hat, prägt er 1734 Beitr. z. krit. Hist. 7, 496 F ü r w o r t auf den Sinn des lat. prönömen: Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 30. Furz s. f a r z e n . tuschen s. p f u s c h e n . Fusel m. 'schlechter Branntwein' tritt 1724 in Duisburg als fussel auf (Kluge 1901 Rotwelsch 1, 184), demnächst im Gebiet von Nordhausen 1733/39: „Korn-Brandewem vulgo Fusel" J . G. Schnabel, Stolberg. Slg. neuer Weltgesch. 124; „Couragewasser oder Fusel" ders. Insel Felsenb. 3, 458. 1743 bezeugt Richey die Bed. 'gemeiner Branntwein' für Hamburg, 1771 J . Moser, Patr.
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Fußbank
Phant. 2,163 für Westfalen. Von da greift (nach dem DWb. 4 , 1 , 1 , 962) das Wort über Pommern, Rügen und Ostpreußen bis Liv- und Estland; aus Norddeutschland ist es nach Dänemark, Schweden und (als foezel) ins Nnl. entlehnt. Nach Süddeutschland gelangt F. spät, so daß sich Herleitung aus dem vorwiegend bair. f u s e l n 'übereilt und schlecht arbeiten' (Schmeller l 2 769) verbietet. In der Schweiz wird der unter Aufsicht des Bundes hergestellte Branntwein Β u n d e s f u s e l gescholten. Die landschaftl. Bed. 'schlechtes Zeug, dünner Kaffee, geringer Tabak' sind abgeleitet: Zs. f. d. Wortf. 3,245.13,48.16,251. Man leitet F u s e l von lat. fusile her; dies zu lat. fundere 'gießen'. Füsilier m. Zu lat. focus 'Feuerstätte' ist über vulgärlat. * focile 'zum Feuer gehörig' und ital. fucile frz. fusil 'Feuerstahl' gebildet, nach dem die um 1630 eingeführte Feuersteinflinte fusil (d silex) heißt. Das dazu gebildete fusilier 'Schütze' erscheint als F u s e l i e r seit 1697 bei uns: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 230. Fuß m. ahd. fuo%, mhd. vuo%, asächs. ags. föt, engl, foot, anord. fötr, got. fötus. Es handelt sich um die konsonant. Wurzel idg. *pöd- im Ablaut zu *péd-. Der lange Vokal war zunächst nur im Nom. Sg. berechtigt: gr. (dor.) pos, podós (πώς, Gen. ττοδός), lat. pes, pedis, aind. pal, padás; toch. A pe, Β pai 'Fuß', A peni, Β paine 'die beiden Füße': K.Schneider 1941 Idg. Forsch. 68, 170. Dazu mit Stammerweiterung armen. otn, PI. otkh. Die e-Stufe ist auch in versch. germ. Ableitungen erhalten : anord. fet n. 'Schritt' (als Maß 'Fuß'); vgl. aind. paddm. 'Schritt, Spur, Ort', armen, het 'Spur', gr. pédon 'Boden', pédè 'Fessel', lat. peda 'Fußspur', lit. pédà 'Fußstapfe' (é aus ê) ; mit Ablaut aslav. podü 'Boden'. Von anord. fet ist abgeleitet feta 'den Weg finden'; ihm entspricht ags. fetian, spätags. feëSan, engl. fetch 'holen' mit ags. sïpfœt 'Reise'; vgl. anord. fjgturr (s. Fessel), fit f . 'Haut zwisehen den Klauen der Vögel'; mengl. fitlok, fetlak, engl. fetlock 'Fesselhaar, Kötenhaar der Pferde', mhd. vifôeloch ». 'Hinterbug des Pferdefußes', nhd. F i ß l o c h : Ableitungen aus *fet 'Fuß'. Fuüball m. seit 1894 als Lehnübersetzung des engl, football gebucht, das noch 1909, fast dreißig Jahre nach Aufnahme des Spiels, auch bei uns gebraucht wurde: A. B. Stiven 1936 Englands Einfluß auf d. dt. Wortsch. S. 96 mit Anm. 746; Dt. Wortgesch. 2 (1943) 341. 393. Fußbank f., seit 1505 belegt, ist die nordd. Bez. des niederen Bänkchens für die Füße. B. Martin, Teuthon. 8,109 weist auf der gesamt dt. Wortkarte29 Synonyme nach: u . a . im Süden Schemel u. a . ( c h e n ) , Stühlchen (auch in Hessen), Hütsche in Obersachsen, Rutsche in Schlesien, Rutsche in Pommern, Fußbank im Nordwesten,
Fußfall
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am Mittel- u. Oberrhein Schabelle ans mlat. scabella. Fnßfall ra. Ähd. fuutfallônti 'knieend' bildet Otfrid, mhd. vuoçvaUen η. 'das Knieen' Wolfram. Gleicherweise zu der Formel zu F u ß e f a l l e n (so z.B. Stieler 1691) gehören f u ß f ä l l i g (Henisch 1616; Zs.f. d. Wortf. 16, 223), das neben dem Part, steht, wie k n i e f ä l l i g neben k n i e f a l l e n d , w o h l h ä b i g neben w o h l h a b e n d , und F u ß f a l l , mhd. vuojval (seit Hartmann v. Aue; frühnhd. z.B.bei Wolfh. Spangenberg 1606 Saul V. 2018). — S. F a l l r e e p , K n i e f a l l . Fuß stapfe f . zu s t a p f e n . Vielfach dafür F u ß t a p f e mit falscher Abteilung, die weiterhin zu einem Ztw. t a p f e n für s t a p f e n geführt hat. futsch Interj. Adv. 'zunichte, verloren, weg': zuerst aus ober- u. mrhein. Ma. bei A. v. Klein 1792 Prov.-Wb. 1,128, zuerst literarisch bei dem Gießener F. C. Laukhard 1799 Schiida 3, 47. Verbreitet über die Mundarten von der Schweiz bis an den Niederrhein, von Siebenbürgen bis Schleswig und Ostpreußen, im bair.-österr. Gebiet als p f u t s c h , bei dem der lautmalende Ursprung besonders deutlich wird: Mnn 'in vougl giwèllt derwisch'n — pfutsch, is ar weck (M. Lexer, Kämt. Wb. 26). Fremd klingende Weiterbildungen (futschikato, -kara, -kana, futschito) sind jünger und hätten nicht dazu verführen sollen, der lautmalenden Interj. fremden Ursprung anzudichten (L. Spitzer 1913 Wörter u. Sachen 6, 212). Futter1 w. 'Nahrung'. Mhd. vuoter, ahd. fuotar, mnd. vöder, mnl. voeder, nnl. voe(de)r, ags. föcfor, engl, fodder, anord. födr, dän. schwed. foder führen auf germ. *fôpra-, *födra-, Die nächsten germ. Verwandten sind ags. föda, engl, food, anord. fèdi, got. födeins 'Nahrung', ahd. fmlten,
Gabel
asächs. fodian, afries. fèda, ags. fœdan, engl, feed, anord. feda, got. födjan 'nähren', asächs. foster, ags. föstor, engl, foster, anord. föstr 'Unterhalt'. Mit Ablaut stehen daneben ahd. fatön 'weiden', fatunga 'Nahrung', mnd. ve(de)me f . 'Buchen-, Eichelmast'. Außergerm, steht am nächsten gr. patéòmai 'esse und trinke': ¿-Weiterbildung zur idg. Wurzel *pä- 'Vieh weiden, hüten', woraus 'füttern' in lat. päscö 'weide', pästor 'Hirt', pabulum 'Futter', pänis 'Brot', aslav. pasti 'weiden', toch. A päs, Β päsk 'hüten', hethit. pahS (pahhaü), 'schützen'. Auf Entlehnung aus dem Germ, beruhen frz. feurre 'Stroh', fourrage Viehfutter, Futterlohn'. Futter2 n. 'Unterfutter', mhd. vuoter 'Unterfutter, Futteral, Schwertscheide', ahd. fuotar, älter fötar 'Überzug', mnd. vöder, nnl. voeder, afries. foder, ags. födor, anord. födr '(Kleider-) Futter', got. födr n. 'Scheide'. Auf Entlehnung aus dem Germ, beruhen mlat. fötrum, afrz. prov. fuerre 'Scheide'. Urverwandt sind aind. patram 'Behälter', pati 'schützt', gr. póma 'Deckel', hethit. paddar 'Korb'. Idg. Wurzel *pö'schützen'. Futteral «. Zu mlat. fötrum (s. F u t t e r 2 ) gehört als Weiterbildung fötrale, fútrale η. 'Scheide, Kapsel'. 1390 erscheint in einer ostdt. Rechnung (Monum. medii aevi hist, res gestas Polon. illustr. 16, 47): pro 4 futralibus supra balistas, 1419 in e. bair. Vocabular (Schmeller I a 779) „futär vel futral//tt/rM»»", bald danach erklärt als „fuoder, dar eine tafelen inne steckt" (Diefenbach, Nov. Oloss. unter fútrale). Im 16. Jh. wird fueteral 'Behältnis' häufiger. füttern Ztw. ahd. fuotiren, mhd. tmalern, vüetern, aus germ. *födrian, zu F u t t e r 1 . Futterneid s. B r o t n e i d .
G Gabe f . Dem mhd. gäbe (zu geben) entsprechen mnd. mnl. gäve, anord. gäfa. Ahd. gilt nur die ältere Bildung gëba (in mhd. gebe und mundartl. gippe fortlebend), die sich mit Ablaut-ë asächs. geba, ani. geva, afries. geve, ags. giefu, anord. gjçf, got. giba als gemeingerm. erweist. In ihrer Bedeutung sind mhd. gäbe und gebe geschieden: Wolframs Parz. 116, 20f. Des wart ir gäbe ('Ergebnis des Schenkens; Geschenk') niuwe Ze himel mit endelòser gebe ('Handlung des Gebens; Schenken'). gäbe Adj. mhd. gasbe, mnd. gève, mnl. gäve, ghêve, afries. jève 'annehmbar', anord. gsëfr 'angenehm, dienlich'. Verbaladj. zu g e b e n wie (an)genehm zu ( a n ) n e h m e n , b e q u e m zu b e k o m m e n , g ä n g zu g e h e n . Neben der verbreiteten pass. Bed. 'was gegeben werden kann'
steht in neunorw. gjcev 'freigebig' die akt. 'wer gern gibt'. Gabel f . mhd. gabel{e), ahd. gabala, asächs. gafala, mnd. mnl. gaffel(e), nd. ni. gaffel (s. Gaffel), ags. gafol, geafel, engl, mundartl. gaffle. Asächs. gaflie ist Mz.: das Gerät hat mehrere Zinken. Schwed. dän. gaffel ist dem Mnd., finn. gaffeli, kaffeli dem Germ, entlehnt. Urverwandt sind air. mir. gabul 'gegabelter Ast, Gabel, Gabelungspunkt der Schenkel', kymr. gafl 'Gabel, Schenkelgabel', bret. gavl, gaol 'Gabelung'. Lat. gabalus 'Galgen, Kreuz' ist aus dem Gall, entlehnt. Mit der kelt. Sippe führt die germ, auf *ghabhh-. Ob Giebel verwandt ist, bleibt fraglich, dafür ist J. Trier 1939 Zs. f. dt. Alt. 76,42. Die Gabel der Vorzeit ist hölzern (ihre eiserne Nachfolgerin s. u. F o r k e ) und dient der 15'
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Gabeldeichsel
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Landwirtschaft zum Heben und Wenden von Dünger, Garben und Heu (vgl. Zwiesel). Die Gabel als Tischgerät war den Alten nicht bekannt. Im Mittelalter diente sie zum Vorlegen, bei ihrem ältesten Vorkommen in Monte Gassino 1023 zum Vorlegen und Essen zugleich. In Frankreich taucht die Gabel als Eßgerät 1379 auf: Edw. Schröder 1917 Zs. d. Ver. f. Volksk. 27, 123 f. Am Hofe von Aragon wird seit 1423 zwischen einer dreizinkigen Zerleggabel und einer zweizinkigen Vorleggabel unterschieden, 'mit der man essen kann, ohne sich die Hände zu salben'. Zusammenhang mit ital. Tischsitte ist hier wahrscheinlich. Der Gebrauch der Gabel zum Essen, im 16. und 16. Jh. noch beschränkt verbreitet sich im 17. Der P i r o n (dazu E. ühmann, Neuphil. Mitt. 1941, 105) bei Grimmelshausen ist ein Gerät zum Vorlegen von größerem Obst; in Venezien ist pirone die einzige Bezeichnung der Tischgabel. Gabeldeichsel s. D e i c h s e l .
gackern, gacks e η Ztw. erst nhd. Lautnachahmende Bildung wie obd. gateen (aus gagzen), ahd. gaekizön, gackazzen 'meckern, schnattern'. Lautnachahmend auch nl. gaggelen 'schnattern', engl, gaggle 'gackern', nord, gagga 'heulen wie ein Fuchs', gagl 'Schneegans'. Gadern, G a d e n m, n. a h d . gadum, -am, mhd.
mnd. gadem, -en 'Haus von nur einem Zimmer; Saalbau; Gemach'. Ein nur hd. Wort, auch in ON wie B e r c h t e s g a d e n (Berchtoldes gadem)
Ursprung dunkel. Gatfel /., die nd. nl. Form von Gabel, dient seemännisch seit dem 17. Jh. als Name von Segelstangen, die ein gabelförmiges Ende haben. gaffen schw. Ztw., m d . gaffen.
Ahd.
*gaffèn
ist aus geffida f . 'Betrachtung' zu folgern. Grundbed. 'mit offnem Mund anstarren', vgl. mnd. nd. mnl. gapen, engl, gape 'den Mund aufsperren, gähnen', ags. ofergapian 'vergessen, vernachlässigen', anord. gapa 'den Mund aufsperren', gap 'weite Öffnung'. S. j a p ρ en; außergerm. Beziehungen sind nicht gesichert. Unverwandt sind m h d . hapfen, ahd. chapfên, asächs.
kapön,
ags. capian 'blicken, gaffen', vielleicht unterschobenes idg. vorgerm. Substrat zu gr. *skep-, *skop-: Hans Kuhn, Festg. f. Hammerich 1962, 114. Gage f . Germ. *wadja- 'Handgeld, Unterpfand' (s. W e t t e ) gelangt ins Roman, und ergibt frz. gage m. 'Pfand', das seit Wallhausen 1616 Kriegsman. 210 als gehobener Ausdruck für 'Sold' zurückentlehnt erscheint. Genuswechsel wie bei den andern Subst. auf -age. Als entbehrliches Fremdwort gekennzeichnet Ehrenkranz (Straßb. 1644) 4, Lauremberg 1652 Scherzged. 3, 180; F. Schlegel, Heidelb. Jahrb. 1808 S. 181 (Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 212. 269), dennoch
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Galerie
ausgedehnt auf die Sprache der Flotte (Kluge 1911 Seemannsspr. 293) und der Bühne (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 230f.). gälrnen Ztw. m i t nhd. ä f ü r e, m h d . gênen, ginen, geinen, ahd. ginën, geinön, asächs. ginön, mnl. ghènen, ags. ginian, gänian. Mit präsent, η
wie ags. töglnan, anord. gina 'klaffen'. Ohne dies η ahd. gïèn 'gähnen', anord. gjä 'Spalte, Kluft'; mit ableitendem te ahd. giwën, gëwen 'den Rachen aufsperren', mnl. ghèwen 'gähnen', ags. giwian 'fordern'. Germ. Wz. *gei- : gl-, idg. *ghëi-: *§hï- in lat. hiäre, Mseere, aslav.
zijati
'gähnen, klaffen', lit. iìóti 'den Mund aufsperren', aind. vi-häya- 'Luftraum'. Wortatlas XX. Gala f . Arab, ehil'a 'Ehrengewand, wie es morgenl. Herrscher ihren Günstlingen schenken' gelangt über span, gaia 'Kleiderpracht' an den Wiener Hof Leopolds I. (1658—1705). Nach span, vestido de gala bildet Abr. a S. Clara 1689 Judas 2, 58 G a l a k l a y d . Gala ist 1706 in Hannover verständlich, in Süddeutschland und Paris unbekannt. Dazu das span. Adj. galano 'in Gala gekleidet, höfisch, artig', das substantiviert zu Galan m. seit 1601 bei uns erscheint, wieder ohne frz. Vermittlung, während ital. span, galante 'zierlich und modisch gekleidet' über frz. galant im 17. Jh. unser g a l a n t ergibt: A. Götze 1902 Zs. f. d. Wortf. 2, 279; H.Schulz 1913 Fremdwb. 1, 231; F. Schramm 1914 Schlagw. d. Alamodezeit 49ff.; K. Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 864; Else Thurau 1936 „Galant", e. Beitr. z. frz. Wort- u. Kulturgeschichte. Galeasse f . Ital. galeazza 'größeres Kriegsschiff' wird seit 1419 in deutschen Texten erwähnt. Die Bed. 'Zweimaster mit hohem Vormast' (nicht vor 1794) ist uns durch nnl. galjas vermittelt, das über frz. galéace aus ital. galeazza stammt. Dessen Grundwort ital. galea s. u. Galeere. Kluge 1911 Seemannsspr.294; Marjatta Wis, Ricerche sopra gli italianismi, Helsinki 1955, 124. Galeere /. Gr. galèe 'Wiesel' wird übertragen auf einen Seefisch, mgr. golia, von da auf die großen Ruderschiffe des Mittelmeers. Über mlat. galea entsteht ital. galera, das zuerst 1609 als gallere in deutschem Text erscheint. Zesens Versuch, es durch „Walschiff oder Walleie" zu ersetzen, bleibt ohne Erfolg: Zs. f. d. Wortf. 6,381. 14, 74; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 232. Galerie f . Die Vorhallen vor den Kirchen werden, zunächst in Rom, mit dem bibl. Namen Galilea bezeichnet, danach auch afrz. galilée 'Vorhalle'. Seit dem 10. Jh. erscheint dafür ital. galleria. Von da gelangt Gallerei 1580 zu uns, zunächst als Wort der Gartenkunst, danach des Festungsbaus und der Feldbefestigung, bald auch als 'Bildersaal' und 'Erker, Balkon': H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,233; Zs. f. d. Wortf.
Galgen
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14, 32. 64. 74; E. Gamillscheg, Etym. Wb. d. frz. Spr. (1928) 453. Galgen m. Einem idg. *ghalg(h)· erwiesen durch armen, jalk, lett. ¡alga, lit. Salgà f. 'Stange', entspricht gemeingerm. *galgan- in got. galga, anord. galgi, ags. gealga, afries. galga, asächs. ahd. galgo. In allen germ. Sprachen wird das Wort von Christi Kreuz gebraucht; die vorgerm. Bed. 'Stange* liegt noch in anord. gelgja vor. Mundartl. heißt G. der Teil des Webstuhls, an dem die Weblade hängt: Zs. f. d. Wortf. 8, 283. Der Nom. auf -en seit dem 14. Jh., Gen. Galgen noch im 17. Jh.: H. Paul 1917 D. Gramm. 2,38f. Galgenfrist f. seit Sleidan 1642 Reden 2,119 als 'dem Verbrecher unter dem Galgen gewährter Aufschub'; bildlich schon Er. Alberus 1639 Wider Witzeln Β 3a. Galgenhumor m. kaum vor Redwitz 1879 H. Stark3 2, 24, weit nach der Zeit des Galgens. Galgenschwengel m. mhd. galgenswengel 'galgenreifer Schelm', seit 1300 allgemein. Das Scherzwort beruht auf dem Vergleich des Gehenkten mit dem Schwengel (zu schwingen) einer Glocke. S. Feldglocke. Galgenstrick m. spätmhd. galgenstric 'Strick, mit dem der Verbrecher an den Galgen geknüpft wird' ; seit Hayneccius 1682 Hans Pfriem V. 1397 'galgenreifer Schelm'. Gleichbed. die landschaftl. Galgendraht, -holz, -nagel. Den Ton einer gewissen Anerkennung teilt das Wort mit frz. roué, eig. 'Geräderter': Zs. f. d. Wortf. 10, 231. Galgenvogel m. In Schwaben und der Schweiz Name des Raben, der sich bei Aas und Leichen einstellt (Suolahti 1909 Vogelnamen 179), und so einst allgemein, doch schon seit Herold 1642 Christenl. Ee Inst. Hh 4a in die jüngere Bed. von Galgenstrick übergeführt. Ähnlich Galgenhuhn, -rabenvieh: Zs.f.d. Wortf. 11,190. 14, 237. Galimathias m. n. 'verworrenes Gerede'. Frz. galimatias (aus neulat. gallimathia, gelehrte Zusammensetzung von galli- und gr. mátheia, urspr. wohl 'Wissen eines Gallus', d. i. 'Hahns, Disputanten') ist auf Wegen, die Axel Nelson 1922 Strena philol. Upsaliensis 289 ff. untersucht, in die Disputationen der Sorbonne gedrungen und seit Montaigne (f 1592) als Subst. galimathias 'propos sans suite' literarisch geworden. Das frz. M. wird als Fachwort der Poetik neben gleichbed. phoébus von Christ. Gryphius 1698 Poet. Wälder, Vorw. 4 b übernommen und hält sich als Schlagwort der literar. Kritik: Zs.f.d. Wortf. 7, 66. 8, 72. 13, 48; H. Schulz 1913 Fremdwb. I, 233f.; E. Gamillscheg 1928 Etym. Wb. d. frz. Spr. 454. Galion n. Span, galeón, Augmentativbildung zu mlat. galea (s. Galeere) bez. eine bestimmte Art großer Kriegsschiffe. Als galjoen ins Mnl.
Galopp
übernommen, erfährt es Besonderung auf den Vorbau am Steven, den dort angebrachten figuri. Schmuck und den Schiffsschnabel unter der Figur. In diesen Bed. gelangt das Wort im 16. Jh. über das Nd. zu uns: Kluge 1911 Seemannsspr. 295 ff. Als Schiffstyp über das Ital. seit 1521: Marjatta Wis, Ricerche sopra gli italianismi, Helsinki 1955, 125. Gallapfel m. nd. ni. galappel, dän. galœble: Verdeutlichung zu Galle 2 , die mhd. eichapfel ablöst. Zu lat. galla, woher auch gleichbed. ags. gealloc; vgl. engl, oak-gall (gall-oak) 'Galleiche'. Galle1 /. 'fei'. Ahd. asächs. ani. galla f., ags. gealla m., engl, gall, anord. gall η. weisen auf germ. *gallön- mit 22 aus 2». Urverwandt sind gleichbed. gr. chole, cholos, lat. fei, fellis, aslav. zlüli, awest. eära·. die Galle trägt (wie Fuß, Herz, Nase, Niere, Ohr u. a. Namen von Körperteilen) eine idg. Bez. Wurzelverwandt mit gelb, Gold, glühen; vgl. russ. zelknut' 'gelb werden'. S. auch Cholera. Galle® f. 'Geschwulst an Pflanzen und Tieren', spätmhd. galle 'Geschwulst am Pferdefuß', mnd. galle 'wunde Stelle', nnl. gal, ags. gealla 'Geschwulst, wunde Stelle', engl, gall: entlehnt aus lat. galla 'Gallapfel'; dies zu der unter Koks genannten idg. Wurzel *gel- 'ballen; Geballtes'. Gallert (e) ». /. Ein Gericht wurde nach urspr. röm. Vorschrift aus Fischen bereitet, die mit Kräutern in Wein eingelegt ein Gallert ergaben, in das Fischstücke eingebettet wurden, das man aber auch zu anderm Fleisch reichte. Im 6./7. Jh. heißt es lat. gelata, später gelatria, geladia: man verglich den Vorgang des Gerinnens einem Einfrieren. Unter noch ungeklärten Kreuzungen oder Anlehnungen entsteht daraus mhd. galreide, das in Bayern 1214 zuerst auftritt und neben das sich mnd. galrêâe (so noch Luther) stellt, Paracelsus hat beides. Über galerei ist obersächs. Gallerte entstanden, das Adelung zum Sieg führt. S. Gelatine. Galmei m. 'kohlensaures Zink'. Hebr. kedem ' Osten' liefert die gr. Bezeichnungen des Zinkerzes kadmia, kadmela (denen wir den Namen des Elements Kadmium verdanken), die mlat. calamina ergibt. Diese über Europa verbreitete Benennung liefert über frz. chalemin(e) mhd. kalemïne (Suolahti 1929 Frz. Einfluß 115), dann Paracelsus 1625: galmei m. (Werke 12, 173). galonlert Part, 'mit Borten, Tressen besetzt': Rest des Ztw. galonieren, das, aus frz. galonner, älter *garlonner 'verbrämen' entlehnt, im 18. Jh. eine Rolle gespielt hat. S. Girlande. Galopp m. Frank. *wal-hlaup zu wal- vgl. Walküre (ahd. waluraup 'Beute', altn. valrof, aschwed. walraub), und Lauf, bezeugt die von Caesar bis Ammianus Marcellinus, Alemannenkrieg die (west)germanische Schlachtordnung,
Galosche
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zu der ein Pferd seinen Reiter, aber auch einen sich an der Mähne festhaltenden und mitspringenden Fußkämpfer mitnahm. Dazu gibt es Broncen von Pferdebrustschilden: J . Knobloch, in: Symbolae linguisticae in honorem Georgii Kurylowicz 1965, 173. Sonst schlug man *wela (ivaia) hlaupan 'wohl = gut kaufen' vor. Dazu afrz. waloper, galoper, prov. galaupar 'galoppieren', im 12. Jh. frz. galop. Um 1200 werden die frz. Wörter rückentlehnt u. ergeben mhd. walap, balap, galopieren, kalopieren, wozu Wolfram v. Eschenbach (nach Vorbildern wie puneiç 'Anprall' zu punieren) galopeiç m. bildet. Bei Wanderung nach Süden entstehen aus dem frz. Wortpaar ital. galoppo u. galoppare, die kurz vor 1550 ins Dt. rückentlehnt werden. Bis 1616 lautet das dt. M. G a l o p p o , im 30jähr. Krieg setzt sich unter frz. Einfluß die heutige Form durch. Seit 1839 ist G a l o p p auch Name eines Tanzes, der gegen Anfang des 19. Jh. G a l o p p a d e hieß: H. Schulz 1913 Fremdwb. I, 234. Galosche f . 'Überschuh'. Für lat. solea Gallica 'gallische Sandale' steht (unter Anlehnung an lat. caligula 'Soldatenstiefelchen') spätlat. gallicula. Daraus auf noch ungeklärten lautlichen Wegen frz. galoche 'Überschuh', für das 13. Jh. durch die Ableitung gahchier 'Verfertiger von tîberschuhen' gesichert (E. Gamillscheg 1928 Etym. Wb. d. frz. Spr. 455). Das frz. Wort gelangt im 16. Jh. zu uns, zunächst als Bezeichnung lederner Überschuhe. Nachdem 1839 der Amerikaner Goodyear die Vulkanisierung des Kautschuks erfunden hatte, ging G. in die Bed. 'Gummischuhe' über: A. Götze 1917 Nomina ante res 8. geistern schw. Ztw. 'zaubern', mundartl. auch 'plaudern, schreien, lärmen; verwirren'; entspr. v e r g a l s t e r n . Zu mhd. galster, ahd. galslar m. '(Zauber-)Gesang, Zauber', ahd. galslaräri m. 'Zauberer', galsterära, ags. gcelstre f . 'Hexe', ferner ahd. asächs. ags. galan, anord. gala '(Zauberlieder) singen', ahd. galtar, ags. gealdor, anord. galdr 'Gesang, Lied, Zauberspruch', galend 'Zauberer' (urspr. 'Singer'). Ein alter Ausdruck für 'singen' hat im Germ, die Bed. 'zaubern' entwickelt: F. Pfister 1930 Handwb. d. dt. Abergl. 3, 281. Mit g e l l e n und N a c h t i g a l l zur idg. Schallwurzel *ghel- 'rufen, schreien'. Galranismus m. Die Berührungselektrizität wurde von Volta 1796 nach Luigi Galvani benannt, der sie in Bologna 1780 zuerst beobachtet hatte. Dazu g a l v a n i s i e r e n 1800, g a l v a n i s c h 1819, G a l v a n o p l a s t i k 1837: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 235. Gamander m. Das Kraut Teucrium chamaedrys heißt wegen seiner eichenähnlichen Blätter altgr. chamaidrys 'Bodeneiche'. In An-
Gang
lehnung an andres 'Männer' entsteht früh eine Form *chamändrys, die in neugr. chamandryd ' Teucrium lucidum' fortlebt u. mlat. Formen wie chamandros ergeben hat. Hieraus mhd. gamandrê: der Gedanke an ahd. gaman, mhd. gamen 'Freude' hat das ungewohnte ch des Anlauts nicht zu k werden lassen (wie in K a m i l l e , s.d.); die fremde Betonung ist geblieben. Jenes « auch in ital. calamandrea u. frz. germandrée (hieraus engl, germander): E. Björkman 1905 Zs. f. dt. Wortf. 6, 182; R. Loewe 1936 Beitr. 60, 163f. Gamasche /. Arab, gadâmasï 'Leder aus Gadames in Tripolis' liefert span, guadamecí 'gepreßtes Leder' und gorromasos 'Reiterstiefel aus solchem Leder'. Über prov. garamacha entsteht frz. gamaches 'knöpfbare Uberstrümpfe', das bei uns 1615 als G a m m a c h e n erscheint: K. Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 633; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 235. Gambe s. B r a t s c h e . Gambit n. eine Eröffnung des Schachspiels. Über gleichbed. span, gambito aus arab. garibi 'seitlich' zu fjariba 'Seite'. Gammler m. 'betont ungepflegter, alles ohne Alternative verneinender Intellektueller'; gammeln 'sich als solcher betragen'. Zu mhd. gamel, frühnnd. gammel m. 'Lust, Übermut'; mhd. gemelieh 'lustig; wunderlich; närrisch; verrückt'. Die Wortsippe heute in den Mundarten vom Niederdt. zum Alemannischen und Schlesischen (gamel 'ungeschickter, alberner Mensch, Zw. 'einfältig reden oder handeln, kindisch lärmen') verbreitet. Zu mhd. gemen 'Lust, Spaß, Spiel', engl. game. Im dt. Nordwesten gammel 'alt, abgestanden' (abschätzig) 'alt' ohne Nebensinn bedeuten altn. gamall, skand. gammel. Im Idg. könnte Bed. ' J a h r ' = Winter, *ghim-, vgl. lat. hiems, also bejahrt vorausliegen. Ganeff m. Hebr. gänabh, judendt. ganaf 'stehlen' ergibt im Liber Vagai. 1510 gleichbed. geneffen (Kluge 1901 Rotw. 1, 53), das mit G a n e f f (vgl. hebr. gannäbh 'Dieb', Wolf Wb. 1643), ganfer 'Dieb', ganfe 'Diebin' gaunersprachlich vor allem als G a n o we fortlebt (das. 116.345. 486 u. o.) und weithin in die Mundarten sowie in die Umgangssprache gedrungen ist: DWb. 4, 1, 1219; 4, 2, 3392; H.Fischer, Schwäb. Wb. 3, 42; Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 659. Zur Entwicklung von f aus bh vgl. K a t z u f f . Ganerbe m. Die Gesamtheit der zu einem Erbe Berufenen heißt lat. coheredes. Frühahd. entspricht ganarp(e)o, asächs. ganerv(i)o, mnd. ganerve. Schreibungen wie geanervon zeigen das kollektive ge- vor ana. Im 13. Jh. begegnet auch die Umstellung anegerve (aus ahd. *anargi-erho). Gang m. mhd. mnl. gane, ahd. asächs. anfr. nnl. ags. dän. gang, afries. gang, gung, anord. gang(r), schwed. g&ng, got. gagg, ablautend nd.
gäng
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gink: Verbalnomen zum st. Ztw. ahd. gangan, anord. ganga, got. gaggan 'gehen', von dem nhd. nur Prät. ging, Part, gegangen und Adj. g a n g b a r geblieben sind (sonst im Westgerm, verdrängt durch das unverwandte gehen, s. d., dessen Entsprechungen die ost- und nordgerm. Sprachen verloren haben). Die idg. Wurzel *ghengk-: *ghongh- 'schreiten' erscheint u. a. auch in aind. jáñhá f . 'Bein, Fuß', awest. zanga' Fußknöchel', lit. íengiü (aus *ghengh-) 'ich schreite', pra-Sanga 'Übertretung'. gäng Adj. 'was gehen, umlaufen kann', mhd. gçnge, ahd. gengi: i-Adj. zu dem unter Gang entwickelten Ztw. ahd. gangan. Gebildet wie gäbe zu g e b e n ; weiteres bei Kluge 1926 Nomin. Stammbildungsl. §232. Schiiftsprachl. nur in der Formel gäng u n d g ä b e , in der ausi, e vor Vokal seit dem 16. Jh. ausgelassen wird. Die junge Nebenform gang beruht auf Dissimilation gegen gäbe. Gängelband ». 'Band, an dem Kinder laufen lernen' seit Ludwig 1716 gebucht, zu dem seit Luther bezeugten Ztw. g ä n g e l n 'ein Kind gehen lehren', Iterativ zu mhd. gingen 'laufen machen', das seinerseits Faktitiv zu ahd. gangan (s. Gang) ist. Gangspill n. 'aufrecht stehende Winde, namentlich zum Verholen des Schiffs', bei uns seit 1796, nach nnl. gangspil. Spill 'Winde' ist nd. Entsprechung von hd. S p i n d e l , s. d. Die Matrosen bedienen das G., indem sie die Handspaken fassen und um die Achse gehen. Gangster m. 'Mitglied einer Verbrecherbande', 1896 USA. Zu engl, gang 'Gruppe', Suffix für Nomina agentis -ster (engl, fries, nicht dti). The Shorter Oxford Diet. 1959 , 774. Gans /. Der gemeingerm. kons. Stamm, der dem ahd. mhd. mnl. gans, mnd. afries. ags. gös, engl, goose, anord. gäs vorausliegt, ist urverw. mit lat. anser (aus *hanser), gr. chéti, dor. χσν (aus *χανσ-, s nach η mit Ersatzdehnung geschwunden), lit. íqsls, apreuß. sansy. Urslav. *gçsï ist germ. Lehnwort, span, ganso stammt aus got. *gansus. Dazu mit anderer Bed. aind. hamsá 'Gans, Schwan, Flamingo'. Gans ist einer der wenigen Vogelnamen idg. Alters. In seinem Anlaut (s. gackern) vermutet man einen Naturlaut, der offenbar in ganta wiederkehrt, das seit Plinius, Hist. nat. 10, 63 mehrfach als weFtjrerm. Name der Wildgans bezeugt ist und in Lehnwörtern wie prov. ganta, afrz. jante die alte Bed. bewahrt. In ags. ganot, westfäl. gante, ahd. ganado, gamo, mhd. game, nachmals ganzer, gänsert, ganauser usw. lebt es als Name des G ä n s e r i c h s fort, dessen nhd. Bezeichnung nicht vor Gesner 1666 Eist, avium 136 auftritt, eine späte Nachbildung von E n t e r i c h (s. Ente), neben der bair. nnl. engl.
ganz
gander, mnd. ganre, ags. gan(d)ra stehen. In der Rheinpfalz heißt er Gäret, in der Schweiz Gäber: damit sind die Männernamen G er h a r t und Gabriel (wieder mit lautmalendem Anlaut) auf ihn übertragen. H. Suolahti 1909 Vogelnamen 410ff.; H. Güntert 1930 Beitr. z. neuer. Lit.-Gesch. 16, 6; E. Christmann, V. d. pfälz. Namen d. männl. Gans, Volkstum u. Heimat 1932, 366 ; 0. Paul 1939 Wörter u. Sachen 20, 39. — Die Lautgeographie für 'Gänse' zeigt der Dt. Sprachatlas auf den Karten 45, 46. Wortgeographie zu 'männl. Gans' Wortatlas VII; 'junge Gans' XV. Gänsefüßchen Plur. Das signum citationis, seit Antesperg 1749 Kaiserl. Dt. Gramm. 301 mit d. Lehnübersetzung A n f ü h r u n g s z e i c h e n gegeben, wird nach Gottsched 1749 Grundlegung e. dt. Sprachkunst 77 „von den Buchdruckern Gänseaugen genennet". Dieser Name hält sich in dän. gaaseeine; bei uns wird er verdrängt durch H a s e n o h r , - ö h r c h e n (Jacobson 1782 Technol. Wb. 2,14). Seit Jean Paul 1796 Qu. Fixlein 19 tritt G ä n s e f ü ß e auf; Täubel 1806 Wb. d. Buchdruckerk. bucht zuerst G ä n s e f ü ß c h e n : Hnr. Klenz 1900 Dt. Druckerspr. 45; ders. 1901 Zs. f. d. Wortf. 1, 76; E. Leser 1914 das. 15, 41. Gänseklein n. Füße, Kopf und Eingeweide des Schlachttiers heißen nhd. bis ins 18. Jh. Kleinod. Demgemäß heißen die kleinen Teile der geschlachteten Gans, die zusammen gekocht zu werden pflegen, obersächs. G ä n s e k l e i n t ( s o zuerst Dresden 1730 Arch. f. Kulturgesch. 6, 212), seither in Mittel- und Norddeutschland G ä n s e k l e i n (so gebucht seit Adelung 1775). Über Alter und Verbreitung der gleichbed. Gänsegekröse, -geschlächt, -geschnader, -geschnirr, -pfeffer, -ragout, -schwarz, G a n s j u n g , K i d d i n g usw. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 213; zum entspr. H a s e n k l e i n das. 215. Gänserich m. s. Gans. Gant f . 'Versteigerung', nur obd. Der Ruf des Versteigerers lat. in quantum 'wie hoch (wird geboten)?' führt zu mlat. inquantäre 'versteigern' mit der Rückbildung roman. (in)eanto, ital. incanto 'Versteigerung'. Mhd. gant tritt seit 1372 in der Schweiz und am alem. Oberrhein auf: Dt. Rechtswb. 3 (1938) 1161. Das unbehauchte roman, c hat g ergeben wie in Galmei, G a n t e r , G a r d i n e , Gugel, Günsel: H. Paul 1916 Dt. Gramm. 1, 302. ganz Adv. Adj. ahd. mhd. ganz 'heil, unverletzt, vollständig', ahd. qamo Adv.: ein urspr. nur hd. Wort (aber schon seit dem 7. Jh. bezeugt), das ins Mnd., Mnl., Fries, und Nord, vordrang and das sonst übliche heil gefährdete. Zu idg. gyhon-, vgl. lit. ganà 'genug', lett. gan(a),
gar
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mit Dentalformans lit. guniti 'genügen, hinreichen', aslav. goniti 'genügen', aind. ahanah 'schwellend, strotzend, üppig', neupers. äganü 'voll', armen, yogn 'multum, multi, plures'. Nl. ganseh, jetzt gans ist Vorbild für schwed. ganska, dän. gamica, für älteres dän. gantze das Mnd.: Fraenckel, Zs. f. vgl. Phon. 72 (1955) 185. gar Adj. ahd. garo, garawêr, mhd. gar (gär), garwer 'bereitgemacht, gerüstet, vollständig', asächs. garo, ags. gearo, engl, yare 'eifrig, fertig, bereit', anord. ggrr 'bereit, begabt' (aschwed. run. karuR). Das Adj. ist aus altem Part, entwickelt: Suffix -wo bildet z. B. zu aind. pac 'kochen' das Part, pákvá 'gekocht, gar'. Zugrunde liegt die idg. Wz. *guher- 'heiß' in aind. liaras- 'Glut', armen, jer 'Wärme', gr. (héros 'Sommerhitze' usw., zu der auch g ä r e n und w a r m gehören, s. d. — Verbale Ableitung zu g a r ist g e r b e n , s. d. — Zu schwäb. gar in der Bedeutung 'leer' s. d. Garantie f . als Wort der Staatsverträge seit 1661 aus frz. garantie übernommen, g a r a n t i e r e n schw. Ztw. 1670 dem frz. garantir nachgebildet, das neben B ü r g e und G e w ä h r s m a n n vollends entbehrliche G a r a n t m. neuerdings nach frz. garant 'Bürge; bürgend'. In den frz. Wörtern kreuzen sich zwei Stämme: afrz. garir 'beschützen, verteidigen' aus gleichbed. afränk. * warjan neben ahd. wfrian (s. Wehr) und afränk. * wirand 'Gewährsmann' neben gleichbed. ahd. wêrand (s. g e w ä h r e n ) . Garaus m. Aus dem Ruf G a r a u s 'vollständig vorbei'I wurde im alten Regensburg (1498) und namentl. in Nürnberg der Glockenschlag, der von den Türmen das Ende des Tags verkündete und damit in den Wirtschaften Polizeistunde gebot. Das wie K e h r a u s und V o r a u s substantivierte Wort bed. in Nürnberg noch 1797 (Serz, Dt. Idiotismen 48) 'hora disi, noctis ultima'. In Verbindung mit m a c h e n erscheint G. seit Fincelius 1566 Wunderzeichen Q 7a gleichbed. mit 'Ende', bei Stieler 1691 als 'ruina, interitus reff. S. Z a p f e n s t r e i c h . Garbe1 f . 'manipulus', ahd. garba, mhd. garbe, md. garwe, asächs. garba, mnd. mnl. garve, nnl. garf . Auf Entlehnung aus den westgerm. Sprach, beruhen mlat. (seit dem 7. Jh.) prov. span, garba, afrz. (13. Jh.) jarbe, frz. gerbe f . 'Garbe'. Ihre nächsten dt. Verwandten hat die westgerm. Bildung in g r a b b e l n und g r a p s e n . Sie bedeutet 'das Zusammengegriffene' und gehört zur idg. Wurzel *gh(e)rebh- 'ergreifen'. Urverwandt sind aslav. grabiti 'rauben', lit. grêbti 'harken, greifen', aind. gjbhnati 'er greift', gräbhdfr. M. 'Handvoll'; hethit. karp- 'wegbringen'. J. Trier, Venus 167 : zu lat. herba. Garbe1 f . s. S c h a f g a r b e .
gären
Garde f . Germ. *waräa (s. W a r t e ) ist früh ins Roman, gelangt und hat hier frz. garde, ital. guardia ergeben. Beide kehren in der Bed. 'Leibwache' zurück: zuerst heißt 1474 am Niederrhein die burgund. Truppe im Heer Karls des Kühnen garde-, 1597 wird G w a r d i als „beynah teutsch geworden" bezeichnet: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 236. Garderobe f . Frz. garderobe ist aus zwei Bestandteilen germ. Ursprungs zus.-gesetzt: zu garde 'bewahre' s. G a r d e ; robe, prov. mlat. rauba, ist aus ahd. rouba 'Raub, (erbeutetes) Gewand' entlehnt. Aus dem Nordfrz. stammt mnl. wa(eJrderobe, nnl. garderobe. Im Deutschen erscheint gardenrobbe 1564 Zimm. Chron. 3,161. Wie im älteren Frz. ist hier die Bed. 'Gemach für Silbergeschirr'; das. 238 bed. G. 'Kleiderschrank', wie heute noch in Teilen der Schweiz (Id. 2, 416). Demnächst wurden die Bed. '(fürstliche) Kleiderkammer, Kleidervorrat, Bedientenzimmer, Dienerschaft, Abort' entlehnt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 236f. Zesens Versuch von 1645, G. durch „Kleiderkammer" zu verdrängen, scheiterte an der Vieldeutigkeit des Fremdworts: Zs. f. d. Wortf. 14, 74. Gardine /. Gr. aulaia 'Vorhang (bes. vor der Bühne)' gehört zu aule 'freier Platz, Hof'. Diesem Wort wird volkslat. curtís (in frz. cour) ' Hof' gleichgestellt. Dazu gehört cortina '(Bett-) Vorhang' in der lat. Bibel und bei Isidor v. Sevilla, das Stammwort des gleichbed. frz. co urtine, mundartl. gordène, das ins Mnl. entlehnt wird, hier gordlne lautet und nnl. gordijn ergibt. Am Niederrhein wird das Wort als 'Bettvorhang' entlehnt und im 15. Jh. ans Nd. weitergegeben. Schriftsprachlich seit Henisch 1616 anerkannt, bleibt G. dem Obd. dauernd fremd (dafür U m - , V o r h a n g ) . Vortoniges α für fremdes o auch in H a l u n k e , K a n i n c h e n , Karnöffel, Kattun, lavieren, Rakete, s t a f f i e r e n . Die Entwicklung zu 'Fenstervorhang' erfolgt im 19. Jh. E. öhmann, Neuphil. Mitt. 1963, 338. Gardinenpredigt /. Die nächtliche Strafrede der Frau heißt predig schon bei Seb. Brant 1494 Narrenschiff 64, 29. Die Vorstellung des Bettvorhangs tritt hinzu bei J. Hulsbusch 1568 Silvae sermonum 81: cui uxor in cortinali conclone ita affatur. Nhd. G a r d i n e n p r e d i g t ist nicht vor 1743 nachgewiesen (Schoppe, Mitt. d. Ges. f. schles. Volkskunde 18, 82. 103), so daß nnl. gordijnmis (seit 1562), górdijnpreek (1630) und engl, curtain lecture (seit 1633) zuvorkommen. Auf dem nhd. Ausdruck beruht dän. gardinenprœken, während schwed. sparlakansläxa (seit 1725) eigne Wege geht. gären Ztw. Ein idg. Verbalstamm *ies'wallen, schäumen' wird vorausgesetzt durch
Garn
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aind. yäsati 'sprudelt, siedet', awest. yaêSyeiti 'siedet (intrans.)', toch. A yäs 'sieden', yäslu •Feind' yäslyi 'Feindschaft* (K. Schneider 1940f. Idg. Forsch. 67, 198. 68, 174), gr. zio (ζέω) 'siede', zésma 'Absud', zóè (ζόη) 'Gischt' (mit ζ aus t wie ζυγόν, lat. jugum, s. Joch); kymr. tas 'Sieden', bret. go 'gegoren'. Dieser Sippe ordnen sich ein mhd. gern, jèsen, ahd. jësan st. Ztw. 'gären', ihm nächstverwandt gleichbed. Bchwed. mundartl. esa, norw. cese; dazu das Faktitiv anord. esa (aus *jösjan) 'in heftige Bewegung setzen'. Daneben die unserm Gischt (s. d.) entsprechende Ableitung anord. jgstr m., jastr «., ags. giest, mnd. giest, nnl. gest, gist 'Hefe'. Damit ist ein Ztw., das idg. vom kochenden Wasser gegolten hatte, von Germanen und Kelten auf den Vorgang des Gärens übertragen, den man zuerst an Milch, Käse und Brotteig beobachtete und nutzte. Die Übertragung liegt nahe, wie lat. fermentum 'Hefe' neben fervere 'kochen' zeigt. Neben dem st. Ztw. ahd. jësan (gësan, jas, jârum, gijësan) 'in Gärung geraten' steht (wie n ä h r e n neben genesen) das schw. Ztw. ahd. jçrien, mhd. gerjen 'in Gärung versetzen' : Edw. Schröder 1931 Anz. f. dt. Alt. 60, 212. Die beiden Bildungen haben sich gegenseitig beeinfluBt und sind durch g ä r e n 'gar machen' (Ableitung zu gar) abgelenkt worden. Der gramm. Wechsel ist beim Ztw. zugunsten von r ausgeglichen, der Anlaut g schriftsprachlich verallgemeinert aus der lautgesetzl. 3. Sg. gisit. Der noch mhd. Wechsel zwischen t und e ist zugunsten von e aufgehoben (wie in b e l l e n , m e l k e n , p f l e g e n , weben usw.). Durch Übertritt in eine andre Konj. (wie bei pflegen) erscheint seit Ende des 16. Jh. g e g o r e n , danach seit dem 16. Jh. gor. Gam η. gemeingerm., nur im got. nicht bezeugt. Mhd. mnd. garn, ahd. garn, kam, mnl. gaern, garen, nnl. garen, ags. gearn, engl, yam, anord. garn führen auf germ. *garna-. Daneben wird germ. *garnö 'Darm' vorausgesetzt durch gleichbed. anord. gçrn f., Mz. gamar, und garn· morr 'Bauchfett'. Die germ. Bed. 'aus getrockneten Därmen gedrehte Schnur' wird bestätigt durch ahd. mitti(la)gami, mhd. mittiger, asächs. midgami, ags. mid-, micgfrn(e) 'in der Mitte der Eingeweide sitzendes Fett'. Die urverwandten Wörter gehen sämtlich von der Bed. 'Darm' aus: lit. íárna und iarnà, lett. zaina 'Darm', lat. hernia 'Eingeweidebruch', haru-spex 'Eingeweideschauer, Wahrsager', hariolus 'Wahrsager', gr. ehorde '(Darm-)Saite', alb. sofë, aind. hira'Band', Atra 'Ader'. Für den damit gesicherten idg. Nominalstamm *§her- könnte an 'gedreht', zu arm. jai mit dieser Bed. gedacht werden. Garnele /. Die Krebsfamilie der Carididae ist ausgezeichnet durch ihre langen Fühler und
Garten
danach benannt. Zu G r a n n e (s. d.) stellt sich mlat. grano 'Barthaar', granones 'Schnurrbart'. Dazu mnl. gheemaert, das einerseits afrz. guernette, fläm.-frz. grenades, anderseits die deutschen Namen liefert: garnad, garnol Apherdianus 1546 Tyrocinium 74; gemier Forer 1663 Fischb. 127. garnieren Ztw. Ein germ. *warnjan, schw. Ztw. wie ahd. warnön 'Sorge tragen' (s. w a r nen) ergibt afrz. guarnir, frz. garnir 'mit etw. versehen', das kurz vor 1700 als g a r n i r e n 'verzieren' heimkehrt. Das zugehörige F. frz. garniture liefert schon 1677 g a r n e t o u r 'Schmuck'; über die Bed. 'Anzahl zus.-gehöriger Schmuckstücke' wird um 1700 der Sinn 'Satz' erreicht: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 237f. Garnison /. Frz. garnir (s. g a r n i e r e n ) erlangt u. a. die Bed. 'mit etw. besetzen'. Das zugehörige ville de garnison 'Truppenstandort' wird gekürzt zu gleichbed. garnison und in dieser Bed. 1602 entlehnt. Schon seit 1481 steht g a r n i s o n 'Besatzung' in nhd. Texten: Argovia, Jahresschr. d. hist. Ges. des Kantons Aargau 6, 343. Das bei Wilwolt v. Schaumburg 1607 S. 142ff. begegnende G a r d i s o n scheint durch Garde abgelenkt: Zs. f. d. Wortf. 14, 66; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 238; Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 199. 212. S. S t a n d o r t . garstig Adj. mit nnl. garstig 'unschmackhaft, verdorben' die allein überlebende Weiterbildung zu mhd. mnd. garst 'verdorben schmeckend', zu dem sich auch ahd. gçrsti f . 'bitterer Geschmack' (Zs. f. d. Wortf. 14, 160) stellt, desgl. anord. gçrstr 'erbittert': mit lit. grasà 'Ekel', grasùs 'ekelhaft', armen. garSirn 'habe Abscheu', toch. kras- 'erschrecken', zur idg. Wurzel *ghers" Widerwille*. Garten m. mhd. garte, ahd. garto, asächs. gardo, afries. garda 'Garten', got. garda schw. M. 'Hürde'. Daneben das st. M. got. gards 'Haus, Familie, Hof', anord. garör 'Zaun, Gehege, Hof(raum)', ags. geard (engl, yard) 'Umfriedigung', ahd. gart 'Kreis, chorus': zu vereinigen auf 'Haus als umzäunter Besitz'. Aus dem Afränk. entlehnt ist afrz. jart, jardin, aus pikard. gardin engl, garden. Die nächsten germ. Verwandten s. u. G u r t , G ü r t e l , g ü r t e n . Außergerm, vergleichen sich air. gort 'Saatfeld' (mit schwierigem o), kymr. garth 'Hof, Umzäunung, Garten', bret. garz 'Hecke, Zaun', lat. hortus 'Garten', gr. chórtos 'eingefriedigter Raum, Hof, Gehege', hethit. gurlaS 'Festung' : sämtlich aus idg. *ghor-tó·. Germ. *garda- kann auch auf idg. *ghordho- zurückgehen wie aind. grhdh (aus *grdhd-) 'Haus, Wohnstätte', awest. ganüö 'Höhle', älter 'Haus', toch. Β kerclye 'Palast', lit. gardas „Hürde", aslav. usw. gradil „Einhegung, Stadt" (vgl. Ortsnamen wie Stargard, Belgrad), russ. gorod 'Stadt' (Nowgorod), alb.
Gas
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garth, -di 'Hecke', phryg. -gordura 'Stadt', und wohl noch lat. urbs aus *hurbs, dies aus *ghordhos. Die beiden Sippen vereinigen eich als -to- und -dAo-Erweiterungen der idg. Wurzel *gher- 'fassen', die unerweitert z. B. in gr. cheir 'Hand' begegnet. Gas n. Von gr. cháos (χάος), das seit Paracelsus 1638 für 'Luft' gebraucht wird (Werke I 14, 125; 128), zweigt der Brüsseler Chemiker J. Β. v. Helmont (f 1644) gas als Name der von der atmosphäi. Luft verschiedenen Luftarten ab; ani. g sprach er nach nnl. Weise als stimmhaften Reibelaut. Lange auf Fachkreise beschränkt (Hübner 1712 Handl.-Lex. ; Krünitz 1779) ist das Wort nach Wieland, T. Merk. 1, 75 in Deutschland noch 1784 unbekannt. Im gleichen Jahr empfiehlt Minckelaers die Gasbeleuchtung, die (neben den 1783 beginnenden Luftfahrtversuchen) das Wort durchgesetzt hat. Adelung bekämpft es noch 1796. — G a s o m e t e r m. nach frz. gazomètre, von Lavoisier 1789 gebildet: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 238; Nagel Zs. f. dt. Unt. 26, 647; Lit. Zentr.-Bl. 1922, 337; R. Loewe 1936 Zs. f. vgl. Sprachf. 63,118 ff. Gasel n. Gedicht von 7 bis 17 gereimten Versen, aus arab. ghazal 'Liebesgedicht' durch Platen und Rückert eingeführt; entspr. frz. ghazel. gassatim Adv. Zu lat. grassäri wird ein Schulausdruck g r a s s a t u m g e h e n 'herumschwärmen' und (nach den häufigen ostiaiim, virgatim der mlat. Schulsprache) g r a s s a t i m gebildet. Weil die Gasse Schauplatz des Treibens war, wird daraus stud, g a s s a t i m , mundartl. g a s s a t e n g e h e n : Kluge 1895 Stud.-Spr. 41; Zs. f. d. Wortf. 2, 39. 292. 12, 279; H. Fischer, Schwab. Wb. 3, 78. 6, 1981; Nyström 1916 Schulterminologie 1, 224. Gasse /., gemeingerm. Neubildung ohne idg. Verwandte. Got. gattoö übersetzt gr. piatela 'Straße in einer Stadt', während Wulfila rh$me 'schmaler Weg' mit staiga f . wiedergibt. Für das Nord, ist *ggtva vorauszusetzen; anord. erscheint gata. Der alte Gen. ggtu hat sich erhalten, auch die Bed. 'Fahrweg zwischen Hecken' wirkt altertümlich. Norw. schwed. gata, dän. gade sind lautgerecht entwickelt, ebenso ahd. g a ^ a , mhd. ga^e. Dennordseegerm. Sprachen ist das Wort in ihrer vorgeschichtl. Zeit verlorengegangen. Dem Fries, fehlt es bis heute, engl, gate 'Weg' ist im 12. Jh. aus dem Nord, entlehnt. Im Nd. sind G a n g und Τ wie t e (s. d.) bodenständig; mnd. mnl. gate beruhen auf Entlehnung von Süden her, noch deutlicher ist das bei Ostmnl. gas (VerkL gçsken) der Fall. Auch zu Nichtgermanen ist das Wort entlehnt, ins Finn, als katu. Wend. gassa, hassa stammen aus dem Hd., lett. gate 'Weg zwischen zwei Zäunen' (in Westlivland) aus dem Mnd. Als das
gastrisch
nord. Wort noch nicht gata lautete, ist es entlehnt worden zu lett. gatva, nordlit. gâtvè 'Straße, Gasse'. Von den vielen Deutungsversuchen kann keiner Glaubwürdigkeit beanspruchen. Gassenhauer m. Frühnhd. hauen ist Kraftwort für 'gehen', G. demgemäß 'Pflastertreter', bald aber auch die von Nachtbummlern gestampften Tänze mit ihren Weisen, seit Aventin 1617 Werke 1, 642 gassenhawer die man auf der lauten schlecht; seit Frisius (Zürich 1566) gebucht als 'carmen triviale'. Im 18. Jh. galt G., bis 1773 Herder V o l k s l i e d einführt, für engl. ballad: Zs. f. d. Wortf. 4, 8. Gast m. Mhd. gast, geste 'Fremder; Krieger; Gast', ahd. gast, gçsti, asächs. nl. gast, afries. jçst, ags. giest, anord. gestr (daraus entlehnt engl, guest), urnord. (in Namen) -gastiR, got. gasts, gasteis (dazu gastigöps 'gastfrei') führen auf gemeingerm. *gastiz. Damit urverwandt aslav. gostl 'Gast' und lat. hostis, das in ältester Zeit 'Fremdling', seit der Zeit der großen Kriege (343 bis 272 v. Chr.) "feindlicher Fremder, (Kriegs-) Feind' bedeutet (F. Schroeder 1931 Zs. f. d. Phil. 56, 385 ff.). Westidg. *ghosti-s war der Fremde, dem man Obdach und Lager gewährte, aber vor der verschlossenen Tür des eignen Hauses. Die Germanen, deren hohe Gastlichkeit Cäsar, Tacitus und Pomponius Mela rühmen, entwickeln daraus G a s t , der die besten Vorrechte genießt. Zus.-Setzungen und Ableitungen wahren z. T. noch spät die Bed. 'Fremder' ; so wohl seemänn. z. B. in Signalgast ; WolfRottkay, in: Kratylos X 196 A. 2. — S. F a h r gast. Gastfretuid m. Wie f r e u n d n a c h b a r l i c h (s. d.) aus der älteren Formel „Freund und Nachbar", so scheint G. aus der noch im 16. Jh. vorherrschenden Formel „Gast und Freund" zus.-gezogen. Gebucht seit Maaler 1561, G a s t f r e u n d s c h a f t seit Henisch 1616 (Frisius 1656: gastliche Freundschaft), g a s t f r e u n d l i c h kaum vor Wieland 1780 Oberon 4, 38. Durchgedrungen ist G. erst, seit Voß 1781 Odyssee 1, 313 u. ö. gr. xeinos (ξεϊνοζ) damit wiedergab. gastieren Ztw. Neben älteres g a s t e n 'bewirten' tritt gleichbed. g a s t i r n seit Grimmelshausen 1669 Simpl. 250: es ist die Zeit, die es für zierlich hält, die fremde Endung an deutsche Wörter wie A m t , B u c h s t a b e , D r a n g s a l , G r i l l e , G r u n d , H a u s usw. zu hängen. Die alte trans. Bed. 'bewirten' gilt noch bei Goethe, die neue intrans, 'eine Gastrolle geben' wird von Jean Paul 1796 verbreitet, gebucht erst von Heinsius 1819. gastrisch Adj. Zu gr. gaster f . 'Bauch' stellt sich nlat. gastricus Adj. 'den Unterleib betreffend', dessen Fügung febris gastrica (frz. embarras gastrique) Ende des 18. Jh. mit g a s t r i s c h e s
Gaststätte
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F i e b e r übersetzt wird: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 238 f. Gaststätte /. begegnet seit 1909 als umfassender Name für H o t e l und R e s t a u r a t i o n in den dt. Alpenländern (Zs. d. Sprachv. 24, 218. 28, 218). Die Verdeutschungswelle von 1914 setzt G a s t s t ä t t e f ü r R e s t a u r a t i o n durch (W. Linden 1943 Dt. Wortgesch. 2, 404), aber noch am 21. Okt. 1928 warnt Edw. Schröder in der Weserztg. 663/4 vor dem „neu aufkommenden Wort Gaststätte", das er „wegen seiner unerträglichen Zischlaute unglückselig, totgeboren, lebensunfähig" schilt (Mutterspr. 44, 23). Mit dem G a s t s t ä t t e n g e s e t z von 1931 (das. 46, 11) ist der Sieg des guten Ersatzworts besiegelt. Schon 1937 ist R e s t a u r a t i o n in dt. Städten kaum mehr anzutreffen (das. 62, 204), das Fachblatt „Der gastronomische Beobachter" heißt seit 1938 „Die deutsche Gaststätte" (das. 53, 32). Gat n. 'Loch', in nd. Mundarten verbreitet, von da aus in allgemeiner Geltung seemännisch. Asächs. mnd. mnl. nnl. gat, afries. jet, ags. geat 'Tor, Tür, Öffnung' (hieraus entlehnt ir. geai 'Steiß'), engl, gate 'Tor', anord. gat n. 'Loch', norw. gat 'Loch, Fuge, Falz' (während dän. gat, schwed. gatt 'Loch' im 18. Jh. aus dem Nd. entlehnt sind). Eine nl. niedersächs. Bedeutung 'Meerenge' liegt in K a t t e g a t vor. Die seemännische Bedeutung 'Schiffshinterteil' schließt sich an nd. gat 'podex' an. Es besteht Urverwandtschaft mit aind. hádati 'cacai', awest. zaâah- 'Steiß', armen, jet; 'Tierschwanz', gr. chódanos 'Hinterteil', chésô, alb. djes 'caco', ndjete 'abscheulich': idg. Wurzel *ghed- 'cacare'. gäten s. j ä t e n . gütlich Adj. 'passend', ein wesentlich nd. md. Wort, bei Fritz Reuter gadlich, bei Goethe gütlich. Das Grundwort liegt in ahd. gigát Adj. 'stimmend zu' vor, weiterhin verwandt sind G a t t e und g u t . Nnl. Ma. gadelijk 'vorteilhaft', außergerm. aslav. godü 'günstige Zeit', godlnü 'genehm', goditi "genehm sein', poln. godio "verabredetes Zeichen'. Aus dem Slav, entlehnt ist älterlit. gädas 'Übereinkunft'. Gatte m. Mhd. gegate wird zu gate, indem die bedeutungslos gewordene Vorsilbe schwindet (vgl. B a u e r , w e d e r , Z e l t , Z e u g , Z w e r g und Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. 348). Urspr. ist ge- bedeutsam, denn Grundbegriff ist 'Zus.-Gehöriges'; als Besonderung daraus hat die heutige Bed. erst im 18. Jh. die Vormacht erhalten. Das Alte zeigen asächs. gigado 'seinesgleichen', ags. gegada 'Genösse', gcedeling, asächs. gaduling 'Stammesgenosse', got. gadiliggs 'Verwandter'. (Sich) g a t t e n Ztw. aus mhd. gaten 'zus.-kommen'; md. gater, ni. te goder, ags. geador, tögcedere 'zusammen'; ahd. geti-lös 'halt-
Gau
los' (Zs. f. d. Wortf. 14, 150). In Ablaut zu G a t t e steht g u t , urspr. 'passend'. Außergerm. Verwandte s. g ä t l i c h . — Vgl. auch v e r gattern. Gatter «., mhd. gater n. m., ahd. gataro m. 'valvae, ostia', mit vor -er unterbliebener Dehnung (vgl. Hammer, Sommer) mnd. gaddere, mnl. gad(d)er, gader 'Zaun, Gattertor', aschwed. gadder 'Gatter'. Die Deutung muß auf die unverschobenen Formen, das nahverwandte G i t t e r (s. d.) und auf den Sinn Bedacht nehmen. Unhaltbar sind Anknüpfung an G a t 'Loch' und schon wegen der Betonung Herleitung aus ahd. *ga-toro, Sammelwort zu Tor. Dagegen empfiehlt sich der Gedanke an die Sippe von G a t t e (s. d.), namentlich steht mnd. gaddere dem Adv. gadder 'zusammen' unbedingt nahe. Grundbed. ist also 'Zusammenfügung', wozu das verschränkte Stabwerk als Tor, Schranke und Zaun stimmt. Gau m., obd. mda. Gäu n., ahd. gewi (G. gouwes), mhd. gou, göu, geu, as. -gä, -gö (in Namen), afries. gä, gea, ae. ge, got. gam, η., mnd. go, mnl. nnl. gouw(e), n. f. ; erst seit 17. Jh. mask, durch gelehrte Analogie nach lat. pagus. Die umlautlose Form (goutve > Gau) ist aus den obliquen Kasus übernommen. Das zugrunde liegende germ. *ga-aw-ja ist ein neutr. Kollektivum (vgl. Gebirge) zu *a(g)w-jô 'Aue, Wasserland' (s. Aue) in der Bedeutung 'Umgebung eines Gewässers', also 'Siedlungslandschaft' (so zuerst A. Burk 1902 Zs. f. dt. Wortf. 2, 341). Dieser Herkunft entsprechen die frühmittelalt. -•(/owja-Landschaftsnamen, die zum größten Teil Flußnamen enthalten (Rlnahgouwe 'Rheingau', Loingä 'Leinegau'); in den wasser- und moorreichen ndl.-fries. Niederungslandschaften wurde ursprünglich statt *gawja das einfache *agwjö/ahwjo (Islôi, Âstràhi) verwendet. Schon früh ist die Bed. zu 'Landschaft, Gegend, Gebiet' verallgemeinert (4. Jh. Brisigavi 'Leute aus d. Gegend v. Breisach'), im Ahd., Mhd. und heutigen Obd. zu 'fruchtbare Gegend, Bauernlandschaft' verengt (daher der wiss. geogr. Terminus Gäulandschaft). Die polit. Bed. 'abgegrenzter Bezirk' begegnet zunächst okkasionell in -(/otMoe-Namen fränkischer Grafschafts- u. Fiskal- und alem.-bair. Allodialbezirke, usuell nur in mnd. gö 'Gogericht'; im Fries. z.T. 'Kirchspiel, Dorf'. Seit 17. Jh. ist das der Hochsprache verlorengegangene Wort von Historikern, die aus den urkundl. in-pago-Lageangaben eine systematische staatl. 'Gaueinteilung' zu rekonstruieren versuchten, als verfassungsgesch. Begriff neubelebt, dann von Sprachreinigern (Mylius, Campe, Jahn u. a.), Dichtern (Voß, Bürger, Wieland, Romantikern) und Germanisten als Ersatz für Kanton, Distrikt. Pro·
Gauch
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Gauner
vim, Revier verbreitet worden. Der großräumige im Gebiet zwischen Kaufbeuren, Birkenfeld und polit. Verwaltungsbegriff G. des dritten Reiches Paderborn. Die Bed. schwankt zwischen 'elenging auf den Sprachgebrauch des Vereinslebens des Pferd' (so seit dem 14. Jh.) und 'stattl. im 19. Jh. zurück (so noch heute als Untergliede- Pferd' (so von Luther 1630 Jer. 8, 16. 60, 11 rung von Gesangs- und Turnvereinen). — P. v. bis Voß 1793 Ilias 4, 600). Voraus geht mhd. Polenz, Landschafts- u. Bezirksnamen i. früh- gül 'Eber; männl. Tier', frühmhd. 'Ungetüm', mittelalt. Dtld., Bd. 1, 1960, mit weiterer Lit. mnl. güle '(schlechtes) Pferd', nnl. guil f. va. 'altes, schlechtes Pferd'. Falls Gaul ur-sprüngGauch s. K u c k u c k . Gauchheil n. Das Unkraut Anagallis arvensis lich 'geschlechtsreifes männliches Tier' bedeuL. heißt seit dem 16. Jh. hd. gouchheil, nl. tet, läßt es sich mit Ferd. Sommer 1912 Idg. guichelheil, weil e9 bei den alten Ärzten als Forsch. 31, 362ff. zum idg. Verbalstamm Mittel gegen Geisteskrankheiten galt (daher §heu- (s. gießen) ziehen und (ähnlich wie auch Gecken-, N a r r e n h e i l , V e r n u n f t - , Ochse, s. d.) als 'Samengießer' deuten. Vgl. W u t k r a u t ) . Der Name wurde vermengt mit Else Herkner 1914 Roß, Pferd, Gaul (Marb. dem älteren gähheila 'schnell heilende Pflanze', Diss.); Kretschmer 1918 Wortgeogr. 61. 600; der Heilkräutem wie der Schafgarbe galt: H. F. Wrede 1926 Dt. Sprachatlas, Karte 8, dazu Marzeil 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 253. die Erläuterung. Gaumen m. mhd. goume, ahd. goumo, vorGaucho m. Der berittene Bewohner der Pampas von Argentinien und Uruguay heißt arau- germ. *§fau-men-; damit ablautend mhd. guome, kan. eauchu. In nhd. Text erscheint Gaucho ahd. guomo, ags. göma 'Gaumen, Kiefer, Zahnzuerst bei A. Caldcleugh 1826 Reisen in Süd- fleisch', engl, gum 'Zahnfleisch', anord. gömi amerika 120. Engl, guachos ist seit 1824 nach- 'Gaumen', gömr 'Zahnfleisch', norw. görn 'Gaumen, Zahnfleisch', schwed. gotn, dän. gumme gewiesen: Palmer 38. Gaudieb m. 'Gauner'. In hd. Text zuerst bei 'Gaumen', vorgerm. *ghö(u)-men; wieder mit Schupp, Freund in d. Not (Hamb. 1667) 42 anderer Stufe des Ablauts asächs. mnd. mhd. Ndr., deutlich aus nd. gaudeef (Richey 1743 Id. güme, ahd. giunto, vorgerm. *§heu-men-. Den Hamb. 71), von wo auch dän. gaviyv. Älter nnl. germ. Wörtern stehen am nächsten lit. gomurys gauwdief, mnl. gouwe dief: zum Adj. j ä h (s. d.) 'Gaumen' und lett. gämurs 'Luftröhre'. Die entin seiner mnd. Form gauwe und seiner Bed. ferntere Beziehung zu gr. chaunas 'klaffend', chauliôdûs 'mit klaffenden Zähnen' und chdos 'schnell, behend'. gaukeln schw. Ztw., ahd. gouggolön und (mit 'Kluft' erweist Zugehörigkeit zum VerbalDissimilation gegen den Anlaut) goukolön, mhd. stamm *§heu- 'gähnen, klaffen'. S. Gau. goug(g)eln, jünger goukeln, md. göukeln, mnd. Gauner m. Nach F. Kluge, Rotwelsch 1 (1901) gökelen (hierzu ostmd. gokeln 'mit dem Feuer 16 (vgl. das. 19. 28. 64. 77. 93. 196. 198) tritt spielen'), mnl. göghelen, häufiger gökelen, nnl. in Basler Gaunerkreisen kurz nach 1430 (ver)goochelen 'Zauberei, Narrenpossen treiben'. Ab- j u n e n '(verspielen' auf; in Zürich 1490 folgt geleitet von Gaukel m. (Adelung), mhd. goukel, juonner 'Spieler', im Elsaß 1494 (Brant, Narren-gel, ahd. goueal, coukel n. 'Zauberei, Taschen- schiff 63, 46) junen 'falschspielen', im Raum spielerei, närrisches Treiben'; daraus über das von Straßburg 1610 jonen 'spielen' und J o n e r Nd. entlehnt dän. gjegl, schwed. gyckel 'Spaß'. 'Spieler'. Erst 1547 erscheinen j o n e n und Zum Ztw. das M. G a u k l e r , mhd. goukelcere J o n e r verallgemeinert zu 'betrügen' und 'Be'Zauberer, Taschenspieler' ahd. gouggaläri, jün- trüger' (wie S t i r n e n s t ö ß e l von 'Hennendieb' ger goukaläri, mnd. gökeler (hieraus entlehnt auf 'Hausierer, Fechtbruder' S c h n o r r e r von dän. gjegler, schwed. gycklare), mnl. gögheläre, 'Bettelmusikant' auf 'Bettler, Hausierer' erhäufiger gökeläre, nnl. goochelaar, ags. geog(e)· weitert ist). Im Nordbair., Ostfränk. u. Oberlere. Ein reiches, ablautendes Zubehör verbietet, sächs. (wo J a h r , j u n g weithin als gär, gung in den westgerm. Wörtern Entlehnungen aus erscheinen) wird j- zu g-: die endgültige Form lat. ioculäri, ioculäris, ioculäior zu sehen, die G a u n e r zuerst bei Lessing 1747 D. junge Geimmerhin eingewirkt haben mögen, so gut wie lehrte I 6. Im Rotwelschen hält sich die alte G a u c h : ahd. gougarön, mhd. gougern 'umher- Beziehung auf (falsches) Spiel: J a u n e r 'Karte' schweifen', mhd. gogel Adj. 'ausgelassen', go- 1812, Gaune 'ein Spiel Karten' 1820, J a u n e r gelen 'sich ausgelassen benehmen', giege(l) m. 'Karten' 1856 (Kluge a . a . O . 229. 349. 414), 'Betörter' (wozu österr. Gigerl 'Kleidernarr'), von ihr hat die Deutung auszugehen. Die Vornl. guig 'Grimasse'. Außergerm, stimmt dazu geschichte von G a u n e r fällt in die Zeit der lett. faugties 'sich ergötzen' zur Wurzel Türkenkriege, die 1463 zur Eroberung von Kon*gheugh- '(Zauber-)Possen treiben'. stantinopel geführt und viele Griechen heimatGaul m. gilt heute, im Süden von R o ß , im los gemacht haben. Der Grieche heißt hebr. Westen und Norden von P f e r d umschlossen, jöwön, d. i. Jonier; rotw. *jöwönen "(falsch)
Gavotte
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237
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Gebiet
spielen wie ein Grieche' kann Vorstufe des Ztw. gefunden. Dem lat. com- entspricht germ. *ham·: jünen von 1430 ff. sein. Vgl. frz. grec J. Schnetz, Zs. f. Ortsnamenf. 12, 171. •Grieche; Falschspieler': Wolf Wb. 1669. gebaren schw. Ztw., m h d . gebären, -beeren Gavotte /. 'kleines, zum Tanzen gemachtes 'jammern, heulen; sich benehmen, verfahren', Tonstück', älter 'eine bestimmte Tanzart' ; so bei ahd. gipärön, -bären, asächs. gibärian 'sich beuns seit 1677 Machiavell. Hocuspocus 606. Ent- nehmen', ags. gébêëran 'jubeln; sich benehmen' lehnt aus frz. gavotte 'Art Tanz', im 17. Jh. aus zu germ. *gabärian 'sich betragen, verhalten nprov. gavoto f . 'Volkstanz' übernommen. Das (mit Adv.) Götz, Beitr. (H) 81, 191, zu ahd. F. gehört zu nprov. gavot m., das aus 'Grobian, m h d . bär f . m., m h d . gebär m. ' A r t ' , zu *berLümmel' zur Schelte der Alpenbewohner in der 'tragen' in Báhre, - b a r , Bürde, e n t b e h Provence geworden war. Den Ursprung des M. ren, g e b ä r e n , Gebühr, G e b u r t usw., die klärt E. Gamillschegg 1928 Etym. Wb. d. frz. auch in nhd. G e b a r e n «. fortlebt. — Zum schw. Ztw. ist (wie B e h ö r d e zu behören) ahd. Spr. 463. Gaze /. 'Flortuch, durchsichtiges Gewebe' er- gibärida f . 'Benehmen, Aussehen, Wesen' gescheint bei uns 1693 als Gaße, Gase in einer bildet, das über gleichbed. mhd. gebœrde unser Übersetzung aus dem Nnl.: H. Schulz 1913 G e b ä r d e ergeben hat: B. v. Lindheim 1938 Fremdwb. 1, 239. Demnach vermittelt uns nnl. Beitr. 62, 421 ff. gaas (so seit dem 17. Jh.) das frz. gaze 'Gaze, gebären st. Ztw., m h d . gebêrn, ahd. gibêran, Schleier', das seit dem 16. Jh. belegt ist und ags. geberan, anord. bera (aus *ga-beran), got. herkömmlich mit dem Namen der Stadt Gaza gabalran 'hervorbringen, gebären', eig. 'zu Ende in Südpalästina gleichgesetzt wird. Da aber tragen', vgl. t r ä c h t i g zu tragen. Zur Sippe des dort weder Herstellung solcher Gewebe noch Verbalstamms germ. *bêr, vorgerm. *bher s. Handel damit in alter Zeit nachzuweisen ist, B a h r e und G e b ä r d e . Aind. *bhx, bhar bedeutet wird frz. gaze vielmehr aus span, gasa 'durch- '(als Leibesfrucht) tragen', vgl. lat. fertilis sichtiges, feines Leinen- oder Seidengewebe' 'fruchtbar' zu ferre 'tragen'. Von ders. Wz. und dies aus arab. kazz 'Roh-, Flockseide' s t a m m e n ahd. barm, ags. bearm, anord. barmr stammen. Das arab. Wort ist entlehnt aus 'Schoß', ahd. mhd. barn 'Kind', so noch im südgleichbed. pers. käS: K. Lokotsch 1927 Etym. lichen Oldenburg im letzten ostfries. Best im Wb. Nr. 702. 1147. Saterland. geben st. Ztw. Von dem idg. Verbalstamm Gazelle f . Arab, ghazäla hat in seiner nordafrikan. Aussprache ghazèl (Lokotsch 1927 Etym. *dö- 'geben' in aind. da-, gr. didömi, lat. dö Wb. Nr. 699) ital. gazzella geliefert. Von da zu- usw. hat sich in den germ. Sprachen keine Spur erst 1536 Paracelsus, Gart der Gesundheit 25 b . erhalten. Als gemeingerm. Neuschöpfung tritt Außerhalb des gelehrten Kreises kaum vor 1611 auf: got. giban, anord. gefa (schwed. giva, dän. (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 239). Noch jünger give), ags. giefan (engl, give b e r u h t auf E n t lehnung aus dem Nord.), afries. jeva, ani. gêvan A n t i l o p e , s. d. ge- Vorsilbe, mhd. ge-, ahd. ga-, gi-, asächs. (mnl. gheven, nnl. geven), asächs. gêban (mnd. gì-, t-, afries. e-, ags. ge-, älter gi-, später i-, geven), ahd. geban, m h d . geben. Mit dem Ztw. engl, i in handicraft, y in everywhere, e in enough, vereinen sich die nächsten nominalen Veranord. g- in granni 'Nachbar'. Germ. *ga- gibt wandten (got. gabei f . 'Reichtum', gabeigs 'reich', den Zeitwortformen die Beziehung auf Eintritt anord. ggfugr 'ansehnlich', géëfr 'angenehm', oder Abschluß der Handlung: mhd. gestän 'sich géêfa f . 'Glück', mhd. geebe 'annehmbar', s. auch stellen' gegen stän 'stehen' (ohne Blick auf Be- Gabe, g ä b e , Gift) auf eine idg. Wurzel *ghabh-. ginn und Ende des Stehens), geiigen 'zum Liegen Zu ihr gehören auch air. gaibim 'nehme', gabäl f . kommen' gegen ligen 'liegen', gesmgen 'ver- 'das Nehmen', lit. gabanà 'Armvoll', gábénti stummen' gegen smgen 'schweigen' usw. Das- 'fortschaffen', gabéntis 'mit sich nehmen', aind. selbe tut idg. *ge- in aind. ja-bhära 'gebar', osk. gabhastih 'Vorderarm, Hand' und lat. habere. ce-bnust (lies: ge-bnust) 'er wird hergekommen Gebet n. a h d . gibet, asächs. gibëd, a n f r . gesein'. In Ablaut mit diesem *ge- steht idg. *go-. bet (d), ags. gebëd. Das bloß deutsche b e t e n Daß seinem g ein germ, g entspricht, hegt an der kann nicht Ausgangspunkt des westgerm. N. sein. Stellung in unbetonter Vorsilbe. So steht d in Vielmehr zu b i t t e n , wie Gebot zu bieten, got. du· wie in aslav. do (gegenüber engl, to, mhd. (ge)se% n. 'Sitz' zu s i t z e n , më% η. 'Maß' ahd. zuo), got. dis- wie lat. dis-, gr. dia- (gegen zu messen. Auf der Mz. von ags. (ge)bed beruht asächs. te-, hd. zer-): G. Bonfante 1939 L'Anti- mengl. bçde 'Gebete; Kugel des Rosenkranzes; quité classique 8,15 ff. Für germ. *ga- in nomin. Perle'. Daher engl, bead 'Kugel am Rosenkranz', Zus.-Setzung ( G e b r ü d e r , G e m a h l , Geschwi- to tell one's beads 'den Rosenkranz beten'. s t e r ; Gebirge zu Berg, Gefilde zu F e l d , Gebiet n. Neben Gebot, die alte Ableitung G e s t i r n zu Stern) sind keine idg. Beziehungen zu g e b i e t e n (s. bieten), tritt im 13. Jh. jänen,
Gebirge
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gebiete) zunächst als "Befehl*. Über 'Befehlsbereich' wird die umfassende Bed. 'Bereich' entwickelt: in useme gebede 1351 UKB Quedlinburg 1, 164. Gebirge w. Ahd. asächs. gibirgi steht als Kollektiv neben B e r g , wie Gefieder neben F e d e r , Gefilde neben F e l d , Gestirn neben Stern. Die vom 16. bis 19. Jh. häufige Form Gebärge, veranlagt durch landschaftl. Zus.Fall von i mit tt, wird gestützt durch die frühnhd. häufige Vermengung von - berg und - burg in Ortsnamen. Gebresten n. 'Gebrechen', subst. Inf. zu mhd. ge-brêsten, β. bersten. Gebrüder Plur. ahd. gibruoder, asächs. gibröthar, ags. gebrödor: Pluralbildung, die zugleich die Zus.-Gehörigkeit von Verwandten hervorhebt, wie got. ganipjös 'Vettern' zu nipjis 'Vetter', ags. gedohtru 'Töchter' zu dohtor, mhd. gevriunt 'Verwandte' zu vriunt, gediehter 'Enkel' zu diehter. Vgl. G e l i c h t e r , Geschwister. gebühren schw. Ztw., gemeingerm.: ahd. giburian (vgl. Börde), asächs. giburian, ags. gebyrian, anord. byrja; got. *gabaúrjan läßt sich erschließen aus gábaúrjaba Adv. 'gern', gabaúrjößus m. 'Lust', krimgot. borrotsch 'Wille'. Die Bed. 'sich ziemen, Sorge tragen, statthaben, geschehen' sind jung gegenüber ahd. burjan, burren 'erheben', das gestattet, die Sippe mit empor zu verbinden; s. dort die weitere Verwandtschaft. — Gebühr /. ist im 14. Jh. aus dem Ztw. rückgebildet und nicht allgemein geworden; 1623 meint Adam Petri seinen Baslem Luthers gebür f. (Luk. 12, 42) mit billieh, gemeesz erklären zu müssen. Dan. gebyr ist aus dem Nhd. entlehnt. Geburt /. ahd. giburt, asächs. giburd, afries. berd, ags. gebyrd, anord. byrö (von da mengl. byrthe, engl, birth), got. gabaúrps: Verbalabstr. zu gebären, s. d. Die ¿»'-Bildung ist von idg. Alter; entspricht aind. bhrti- 'das Tragen, Unterhalt' und lat. fors Gen. fortis 'Zufall'. Die idg. Wz. *bher 'tragen' (vgl. B a h r e ) entwickelt die entspr. Bed. auch in air. brith 'Geburt', got. baíran 'gebären', barn 'das Geborene, das Kind' und bërusjôs 'die geboren Habenden, die Eltern'. Geburtshelfer m. Für frz. accoucheur wird um 1800 H e b a r z t vorgeschlagen, das sich an Hebamme anlehnt. Daneben bezeichnet Campe 1813 Verd.-Wb. 80a G e b u r t s h e l f e r als gebräuchlicher. Jean Paul belebt es durch bildlichen Gebrauch (s. DWb.). Verzeichnet seit Adelung 1775. Geburtstag m. 'dies natalis', so seit Luther. Mhd. geburttac, ahd. giburt(i)tag(o) 'Tag der Geburt', dann 'Tag, an dem die Geburt sich jährt und gefeiert wird', insofern zu Tag 'Jahres-, Gedenktag'. Für nhd. G e b u r t s t a g s k i n d , sächs.-thür. G e b u r t s t ä g e r , setzt Jean Paul
gedeihen
Geburtsheld. Wiegenfest steht mehr in gehobener Sprache: F. Boehm, Geburtstag u. Namenstag im dt. Volksbrauch, 1938. S. Namenstag. Geck m. 'Narr; Stutzer', mnd. gëck seit 1320 als Schimpfwort, mnl. gec, nnl. gek. Engl, geck ist aus dem Nl., dän. gjœk, schwed. gäck aus dem Mnd. entlehnt. Das urspr. niedersächs. Wort dringt ins Nfränk., 1385 heißen in Aachen die Hofnarren der Bischöfe von Köln und Lüttich ihre gecke; ihre Geisteserben sind die Gecken 'Narren' des rhein. Karnevals geworden. Noch im 14. Jh. betritt gêc(ke) hd. Boden in Hessen, kurz nach 1410 in Thüringen. Weiter südlich stößt es auf gleichbed. obd. gagg, gaggel, gagger u. ä., von denen es auch seiner Bildung nach nicht getrennt werden darf: beide sind lautmalende Schelten des Halbgescheiten, der unverständliche Töne ausstößt. — Das Adj. geck ( j ä c k ) 'verrückt, närrisch', das heute namentlich in rhein. Mundarten eine Bolle spielt, ist aus dem Subst. entwickelt. Es begegnet zuerst in Oldenburg 1473 u. Lübeck 1485. Gecko m. Die Eidechsenart der Geckonen heißt nach ihren auffälligen Kehllauten malaiisch gèkok; mit Abfall des k gelangt der lautmalende Name über nnl. gekko im 19. Jh. in die europ. Sprachen: Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 707. Gedächtnis ». ahd. kithèhtnissi 'devotio', mhd. gedcehtnisse, mnd. gedectenis, mnl. gedachtenisse : zu gedenken (s. denken), von dessen Part, ahd. gidäht die Bildung ausgeht, wie mhd. gedenknisse vom Präs.-Stamm. Das neutr. Genus hat gegen (früheres F.) die Lutherbibel durchgesetzt: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 100. Gedanke m. ahd. ga-, gidanc, -dancho, mhd. gedanc st. M., md. gedanke schw. M., asächs. githanko, ags. geßonc: Verbalabstr. zu denken. Mnd. entspricht danke m., dem neunord. tanke seine Bed. 'Gedanke' verdankt. Zum Eindringen der schw. Formen ins Nhd.: H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 36. Gedankenfreiheit /. von Schiller 1787 Don Carlos 3, 10 geschaffen, von Herder 1793 aufgenommen (s. DWb.), seit Campe 1808 gebucht. Schiller meint genauer die Freiheit, Gedanken auszusprechen. Gedankenstrich m. kaum vor M. Claudius 1774 Sämtl. Werke 1/2, 84; gebucht seit Adelung 1776; beliebt durch J . Paul (s. DWb.). gedeihen st. Ztw., mhd. gedihen, ahd. (gi)dihan, asächs. (bf)thlhan, mnl. (ghe)dlen, nnl. (ge)dijen, afries. thlgia, ags. (ge)¡ñon, got. (ga)peihan 'gedeihen, sprießen'. Im Nord, früh abgestorben, ebenso in einzelnen dt. Mundarten, z. B. dem Alem., wo drüaja (anord. prifa, engl, thrive 'gedeihen') die Aufgabe mit übernommen hat. Das
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gediegen
ags. Prät. ßungon mit Part, gelungen 'gediegen; erwachsen' zeigt den alten Nasal der Stammsilbe, der vor Λ unter Ersatzdehnung geschwunden ist. Vorgerm. *tènkô- hat seine nächsten Verwandten in ir. con-tëeim 'gerinne', ièeht (aus *tenqto-) 'geronnen', pers. tanjidan 'zusammenziehen' und aind. tañe-, tanákli 'zieht zusammen'. Von *tenk- 'gerinnen' als Ausdruck der idg. Milchwirtschaft sind in die Bed. des Gedeihens übergeführt auch kymr. tynged 'Glück' und breton. tonket 'Schicksal' (vgl. dicht). Dem germ. Ztw. kam e-Ablaut zu. Nach Verlust des Nasals zeigt es got. und ahd. i-Ablaut, so noch mhd. dlhen, dëch, digen, gedigen.
Der gramm.
Wechsel der beiden letzten Formen ist nhd. zugunsten des h ausgeglichen, das nachmals verstummen mußte. Nur das alte Part, gediegen (s. d.) hält sich in adj. Gebrauch, in seiner Bed. vom jungen Part, g e d i e h e n abgehoben. gediegen Adj. mhd. gedigen 'ausgewachsen,
fest, dürr, lauter', ahd. gidigan: das alte Part, zu g e d e i h e n (asächs. githigan), g in gramm. Wechsel mit h wie H e r z o g neben z i e h e n , Riege neben Reihe. Nach E. Ochs, Beitr. 44, 318 besteht Zus.-Hang mit ahd. gidëht 'fromm', das allerdings auf eine t-Wurzel zurückgeht. Geduld /. Mhd. geduU, -doit, -dulde,
ahd.
gidult, älter githuld, asächs. githuld, anfränk. ge(huU(d), miû.ghedoui(d),
wû.geduld,
&gs.gepyld
Gefängnis
geeignet Adj. Lehnübersetzung für q u a l i f i z i e r t , von Campe 1801 vorgeschlagen, von Goethe u. a. sogleich aufgenommen. Vorstöße zugunsten von be-, g e e i g e n s c h a f t e t waren vorher mißlungen. Auch sich eignen für 'sich qualifizieren' (von Heynatz 1796 Antibarb. 1, 328 neu genannt) bezeichnet Campe als seinen Vorschlag. Es konnte sich anlehnen an ein älteres sich e i g n e n , das bei Logau u. a. 'sich gebühren' bedeutet. Die Begriffe des Geziemenden und Dienlichen wohnen auch in sich p a s s e n , s c h i c k e n , lat. convenire nah beisammen. Gefahr f . mhd. (seit dem 14. Jh.)
geväre
'Hinterlist, Betrug, böse Absicht' (s. o h n - , u n g e f ä h r ) . Den heutigen Gebrauch kennt noch Luther nur in der Formel m i t G e f a h r des L e b e n s ; G e f a h r l a u f e n (seit 1716) wie frz. encourir danger. In F ä h r l i c h k e i t steht noch heute eine Form ohne ge-, wie in älterer Sprache allgemein: mhd. vâre, ahd. fära 'Nachstellung, Gefährdung', asächs. far m. 'Nachstellung', nnl. (veraltet) vaar 'Gefahr', ags. féër m. 'plötzliche Gefahr, Unglück, Angriff', engl, fear 'Furcht', anord. far 'Zorn, Feindschaft; Schade, Not; Betrug'. Got. *fèra 'Nachstellung' ist zu erschließen aus fêrja m. 'Aufpasser'. Außergerm, vergleicht man gr. peïra 'Erfahrung, Versuch', lat. peñeulum 'Gefahr', experïmentum 'Versuch, Prüfung', perilus 'erfahren': idg. Wurzel *per'versuchen, wagen; Gefahr'.
führen auf germ. *gapuldis f., Verbalabstr. wie F a h r t , G e b u r t , M a c h t u. v. a. Zu d u l d e n (s. d.). Gefährte m. mhd. gevçrte, mnd. geverde, ahd. gedunsen Adj., das allein erhaltene Part, eines gifçrto aus *gi-farteo 'Fahrtgenosse'. Gebildet st. dinsen 'ziehen', das in got. at-ßinsan 'herbei- wie G e h i l f e , Genösse, Geselle, G e s i n d e , ziehen', ani. thinsan, ahd. dinsan, mhd. dinsen Gespiele sowie die fremden K a m e r a d , K o l 'reißen, sich ausdehnen' eine Rolle spielt. Der lege, K u m p a n . germ. Wz. *ßens entspricht vorgerm. *tens in gefallen Ztw. mhd. gevallen stets mit den Zuaind. tams- 'ziehen', lit. tçsiù (tçstî) 'dehnen'. sätzen wol, ba¡¡, beste oder übele, ahd. gifallan Dieses *tens ist Erweiterung der in d e h n e n 'zufallen, zuteil werden'. Ein Ausdruck des altsteckenden Wz. *ten. — Das Ztw. dinsen ist als deutschen Kriegerlebens, dem Würfeln oder landschaftliches (hess.) Synonym zu ziehen Losen um Beute oder Erbe entlehnt: e; gevellet (s. d.) im Gebrauch. mir wol 'das Los, die Würfel fallen mir günstig'. Geest f . das hochliegende Heideland mit Sand- So stammt aus dem Spielerleben Wurf im überboden im Gegensatz zur flachen Marsch (s. d.) tragenen Sinn, desgl. Sau 'As im Kartenspiel', mit ihrem fruchtbaren Lehmboden. Ein Wort das von da zu 'Glück' wurde, aus dem Zecherder Nordseeküste, mnd. (seit 1189) gêst, mnl. leben s c h e n k e n in seinem Wandel von 'eingheest, nnl. geest, afries. gâstlând, fries, gâst. schenken' zu 'geben'. Früher auch weiter landeinwärts bis Westfalen Gefallsucht f . zuerst bei J. Paul 1793 Grönl. und ins Rheinland, wo Flurnamen wie am Geist Proz. 78, als Verdeutschung für K o k e t t e r i e i als Dehnungszeichen nach e zeigen. Es ist das von Campes Preisschrift 1795 aufgenommen. substantivierte Adj. nd. gêst, afries. gâst 'un- G e f a l l s ü c h t i g für k e k e t t folgt bei Heynatz fruchtbar, trocken, hoch', ohne -t im gleichbed. 1797 Antibarb. 2, 13. ags. gsêsne sowie in ahd. keisinl f . 'UnfruchtGefängnis «., älter /. (Zs. f. d. Wortf. 7, 55), barkeit, Armut'. Urgerm. *gais- (auch in isl. bed. alt 'Gefangenschaft, Gefangennahme', so gisinn, aschwed. gistinn 'vor Trockenheit rissig', immer mhd. (ge)vancnisse f . n. Mit mnd. gevencnorw. mundartl. gista 'sich öffnen, dünn werden, nisse, mnl. gevanenesse, nnl. gevangenis zu vom Walde') ist «-Erweiterung zum idg. Verbal- f a n g e n . In der geltenden Übertragung auf Haus stamm §hêi- 'klaffen' (s. gähnen). und Raum tritt G. als gewählter, amtlicher Aus-
Gefäß
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druck an Stelle der älteren K e r k e r , S c h l o ß , T u r m und der derberen K ä f i g , L o c h kaum vor Ende des 15. Jh. Gefäß n. Urverwandt mit lit. pedas 'Garbe', lett. pe'da 'Bund' sind got. fêtjan 'schmücken' (die Bed. entwickelt aus 'einfassen mit etw.'), gafèteins f . 'Schmuck' (aus dem Westgot. entlehnt portug. fato, span, hato 'Kleidung, Gerät, Habe'), anord. fœta 'mit etw. zu tun haben', ags. (set η. 'bearbeitetes Metall, Goldschmuck', fietan 'schmücken'. Damit nächstverwandt sind ahd. giuâçi '(Proviant-)Ladung', mhd. gevœqe,
md. gevêçe 'Schmuck, Ausrüstung; Eß- u. Trinkgeschirr'. Grundbed. war die des Haltens, vgl. die verwandten f a s s e n , F a ß und F e s s e l . Unsere Bed. 'Geschirr' erscheint im Ostmd. vor Ende des 13. Jh. und ist wesentlich von Luther eingebürgert, während das Obd. G e s c h i r r vorzieht, wie die Basler Bibelglossare von 1623, die Zürcher und Ecks Bibel von 1537: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 100. 108. gefaßt Adj. Das Faxt. Prät. Pass, zu (sich) f a s s e n , mhd. geva^et
(und gewäfenet), bed. im
16. Jh. '(mit Kriegsvorräten und Soldaten gut) gerüstet'. Übertragen auf geistige und innerliche Vorbereitung findet sich g e f a s t kaum vor P. Fleming (t 1640) Dt. Ged. 1, 283 Lappenberg; s i c h g e f a s t m a c h e n bucht Stieler 1691. Nnl. gevat 'schlagfertig' ist nach 1700 dem Nhd. nachgebildet. gefeit Part. Zu dem unter F e e entwickelten mhd. feine f . 'Fee' gehört feinen 'nach Feenart bezaubern, fest machen'. Es verliert sein « unter Einfluß von ostfrz. feie und behält sein ei, als F e i dem neu entlehnten F e e weicht. Doch ist g e f e i t nicht vor den Freiheitskriegen belegt. Gefieder n. ahd. gifidiri,
Gegenreformation
Zuerst Junghans 1689 Kriegsordn. E 2 b . Qefrejder im älteren Dan. stammt aus dem Nhd. Zs. f. d. Wortf. 12, 148. Gefühl n. zuerst 1674: Ising, D. Erfassung d. dt. Sprache . . . i. d. Wbb. Kramers u. Stielers 1956,103, bei den schles. Dichtern dafür F ü h l e f., md. tmie, nd. fBle f., mnl. ghevoelen «., erst im
17. Jh. nnl. gevoel. Verbreitet ist G e f ü h l in der 1. Hälfte des 18. Jh. durch die von Shaftesbury und Hutcheson beeinflußten Philosophen. Die 2. Hälfte wird die Zeit der Gefühlsseligkeit, dem frz. engl, sentiment entsprechend: E. Lerch 1938 Arch. Roman. 22, 320ff. S. f ü h l e n . gegeil Präp. mit Akk. (so in neuerer Sprache nach dem Vorbild von w i d e r ; vorher mit Dat. 0 . Behaghel 1924 Dt. Syntax 2, 38), mhd. gegen, ahd. gegin, gagan. Dazu das Adv. mhd. gägen aus ahd. gagani neben gegen aus ahd. gagini.
Außerhalb des Hd. entsprechen die umgelauteten Formen asächs. gegin-, afries. jen, ags. anord. gegn, und die umlautlosen ags. geagn-,
gëan-,
anord. gagn-. Engl, again 'wieder, zurück' beruht auf Kreuzung von ags. on gœgn mit anord. gtgn; engl, against 'wider, entgegen' entspricht einem ags. tö-gegnes, anord. ì gegn. Der Ursprung der germ. Stämme *gagina-: *gagana- liegt noch im Dunkel; außergerm. Beziehungen fehlen. Gegenbesuch m.
F ü r span, contravisita
er-
scheint bei Birken 1669 Brandenb. Ulysses 118 Gegen-Visita, für frz. contrevisite seit Ludwig 1716 Teutsch-engl. Lex. 292 G e g e n b e s u c h . Gegend f . Ital. contrada, frz. contrée 'gegen-
überliegendes Gelände' (zu lat. contra 'gegen'), aus dem engl, country stammt, ergibt im 13. J h . mhd. contrate. Lehnübersetzung des roman. Worts mit abweichender Endung ist ahd. ge-
mhd. gevidere 'Ge- ginöti, mhd. gegende, gegent, md. gegenöte, mnd.
samtheit der Federn': Kollektiv zu F e d e r wie G e b i r g e (s. d.) zu B e r g . In älterer Sprache auch 'Menge von Vögeln' (mit demselben Bed.Wandel wie Geflügel), seltener vom einzelnen Vogel: Zs. f. d. Wortf. 10, 118. Gefilde w. mhd. gevilde, ahd. gifildi, ags. gefilde
'Gesamtheit von Feldern', mit i neben ê wie G eb i rge, G e f i e d e r , G e r i c h t , G e s t i r n , G e w i t t e r neben B e r g , F e d e r , R e c h t , S t e r n , W e t t e r . getlissen s. F l e i ß . Geflügel n. Zu ahd. fogal stellt sich das Kollektiv ahd. gifugili, mhd. gevügel, das bis in frühnhd. Zeit häufig bleibt und Sammelbegriff für Vögel überhaupt ist: gefügel noch Ryff 1544 Spiegel der Gesundh. 32 b ; Pictorius 1666 Leibsarznei 10a ff. Daneben tritt unter Anlehnung an F l ü g e l m. dessen Kollektiv spätmhd. gevlügel(e), das nhd. die Bed. seit dem 19. Jh. 'eßbares Federvieh' gewinnt. Vgl. Vogel. Gefreiter m. Lehnübersetzung von lat. exemptus 'ausgenommen (vom Schildwachstehen)'.
mnl. jegenöde: Zs. f. d. Wortf. 2, 321. 3, 227. 14, 160; Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 35. 108. Gegengift n. Gr. antidoten wird entlehnt zu lat. antidotum. Dies wird in mlat. contravenenum nachgebildet. Danach im 16. Jh. die Lehnübersetzungen frz. contrepoison, engl, eounterpoison, im 17. Jh. nhd. G e g e n g i f t , zuerst 1638 bei P. Fleming, Dt. Ged. 1, 199. Ihm folgen nnl. tegengif 1719, später dän. modgift und schwed. motgift. Neu gebildet ist isl. gagneitur: A. Götze 1909 Zs. f. dt. Wortf. 11, 260ff.; W. Betz 1944 Beitr. 67, 302. Gegenreformation /. für den Zeitraum von etwa 1566 bis 1648 geprägt von dem Göttinger Staatsrechtslehrer J. St. Pütter 1776, der bis dahin immer nur von „katholischer Reformation" gesprochen hatte. Das Wort wieder bei Leop. v. Ranke, der als erster von einem „Zeitalter der G." spricht: A. Elkan 1914 Hist. Zs. 112, 473 ff.
Gegenstand
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geheuer
Gegenwart f . ahd. gçginwartï, Abstr. zum Adj. gíginwart, woraus mhd. gçgenwçrtec. S. - w ä r t s . Als Fachwort für P r ä s e n s setzt noch Campe 1808 „die gegenwärtige Zeit".
geheim Adj., spätmhd. geheim, bed. urspr. (wie das ältere h e i m l i c h , s. d.) 'zum Haus gehörig' und geht über 'vertraut' in seine heutige Bed. fiber. Als Subst. steht frühnhd. geheim «., das im Adv. i n ( s ) g e h e i m erhalten ist; die Bildung G e h e i m n i s wird durch die Lutherbibel, die sie 5. Mos. 29, 29 und noch 36mal verwendet, verbreitet. In Basel 1523 wird Luthers geheymniß durch heimlikeit ersetzt. G e h e i m ( e ) r a t enthält als ersten Wertteil das mhd. F . geheim(d)e 'Heimlichkeit' (gebildet wie Güte). Die Trennung in G e h e i m e r R a t setzt das Adj. g e h e i m 'vertraut' voraus. gehen Ztw. ahd. mhd. gän, gën, asächs. mnd. gän, mnl. gaen, überall ergänzt durch Formen des unverwandten Stamms gang- (s. Gang). Soweit die Formen ä enthalten, geht dies auf germ. idg. è zurück (erhalten in krimgot. geen). Das zunächst bair. fränk. gen bleibt schwierig: vielleicht ist bei dem so oft gesprochenen Wort, bes. bei seinem Imperat., bair. fränk. è gegen die sonstige Regel aus ai monophthongiert. Dem hd. gän entspricht älter dän. schwed. gä (heute dän. gaa, schwed. gä), der urspr. diphth. Form gèn afries. ags. gän. So gelangen wir zum Ansatz der beiden Wurzeln germ. *gè, *gai, idg. *ghé, *ghèi, haben es also mit einer urspr. auf -êi ausgehenden Wz. zu tun. Diese tritt in dem Nebeneinander von aind. jd-hä-ti (idg. *ghè-ghê-ti) 'er geht weg, verläßt' und hî-ηά- 'verlassen' (i Tiefstufe zu ei) zutage. Hierher gehört ferner gr. kichëmi (idg. *ghi-ghe-mi) 'ich erreiche'. — Die idg. Wz. *ei- in gr. iénai, lat. Ire, lit. eïti 'gehen' (s. e i l e n , J a h r ) scheint in einer ¿¡-Erweiterung (wie sie auch in lit. jóju 'ich reite' und aind. yàmi 'ich gehe' vorliegt) in den Aoristformen got. iddja, ags. èode 'ich ging' erhalten zu sein. G. Subak, Gehn e Stehn. (Triest 1930). — Der Dt. Sprachatlas bietet geh auf den Karten 104 bis 107, handschr. noch gehn (1. Plur. und Infinitiv), gehst.
Gegner m. kommt als Lehnübers. von lat. adversarius im 14. Jh. in Norddeutschland auf, verbreitet sich aber erst im 17. Jh. über das ganze Sprachgebiet: Schottel 1663 Hauptspr. 338. G e g n e r i s c h (kaum vor J. G. Boltz 1731 Auserl. in Stylo curiae vork. teutsche Redensarten 6) bleibt Rechtswort, was mnd. jegenêre, Subst. zu jegenen 'entgegentreten', zuerst auch wax: C. Waither 1905 Zs. f. d. Wortf. 7, 35. gehaben Ztw. in s i c h g e h a b e n aus ahd. sih gihabën 'halten, sich befinden': zu h a b e n . Vgl. engl, lehave 'sich benehmen'. Der Wunsch gehabe dich wol schon mhd. Gehäuse «., spätmhd. gehiuse 'Hütte, Verschlag': Kollektiv zu H a u s . Gehege n. mhd. gehtge 'Einfriedigung': zu Hag, hegen.
Gehenna f . 'Hölle'. Hebr. gè ben Hinnöm 'Tal des Sohnes Hinnoms' am Südhang des Zionsbergs ergab, weil dort erst dem Moloch Kinder geopfert, später Schutt und Müll abgeladen wurden, gehinnöm 'Hölle', das über gr. Γέεννα und lat. Gehenna in die europ. Sprachen gelangt ist. K. Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 705. geheuer Adj. Der idg. Verbalstamm *keir in gr. keïmai usw. bedeutet 'liegen'. Aus dem Begriff des Lagers hat sich 'Heimstätte' entwickelt (in H e i m und Verwandten), das entspr. Adj., urspr. 'der gleichen Siedlung angehörig', ist zu 'tTaut, lieb' geworden, so besonders in aind. çevaund germ. *hlwa- (s. H e i r a t ) . Dazu mit -roErweiterung anord. hyrr 'freundlich, gütig', ags. hiere, hïore 'angenehm, mild', asächs. ahd. unhiuri 'unheimlich, grauenhaft' (s. u n g e h e u e r ) .
Gegenstand m. eig. 'das Gegenüberstehende'. Ein frühnhd. gegenständ, 'Widerstand, Gegenwehr, -satz' erscheint zuerst im Kreis der Fruchtbringenden Gesellschaft um 1626 umgebogen zur Lehnübersetzung des schon im 14. Jh. eingebürgerten O b j e k t (lat. oculo objectum). Der von Wolffs philos. Schule begünstigte Wortgebrauch wird noch von Dornblüth 1755 Observ. getadelt. Gottsched setzt ihn durch, während Lessing die älteren Lehnübers. G e g e n w u r f und V o r w u r f bevorzugt: Wh. Pfaff 1933 Z. Kampf um dt. Ersatz Wörter 30 f. Dän. gjenstand ist aus dem Nhd. entlehnt. Die Mystiker hatten auch understôç für subjectum gewagt. — G e g e n s t ä n d l i c h als neu bei Campe 1808. Gegenstück n. als Ersatz für P e n d a n t seit Adelung 1775 gebucht, doch Schubart 1789 Vaterlandschron. 796 noch unbekannt (Zs. f. d. Wortf. 11, 100) und erst seit 1790 durch Kant, A. W. Schlegel, Jean Paul u. Goethe durchgesetzt: Wh. Pfaff 1933 Z. Kampf um dt. Ersatzwörter 31 f. gegenüber Präp. Adv. zuerst gebucht von Stieler (1691) 1374, der doch selbst als einziges Beispiel „gegen der Kirchen über" bietet, wie noch bei Gesner, Klopstock, Wieland, Goethe der abhängige Dativ zwischen beiden Wörtern stehen kann. Die Verschmelzung geht von Fällen aus, in denen der abhängige Kasus aus dem Zus.Hang ergänzt, nicht ausdrücklich gesetzt wird (vnd hatten gegen vier von fernen Luther 1523 2. Kön. 2, 7). Als Zus.-Rückung aus Präp. und Adv. vergleicht sich das jüngere m i t u n t e r . — G e g e n ü b e r n . , gebucht seit Campe 1808, literar. durch Goethe 1809 Wahlverw. 2, 337, ahmt das subst. frz. vis-à-vis nach.
K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aufl.
16
Gehirn
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Qehiure 'sanft, behaglich' ist erst mhd. überliefert, doch steht schon ahd. neben unhiuri auch ungehiuri. Das Mnd. bietet gehüre, das Mnl. gehuer, gehuire. Gehirn s. H i r n . gehorchen, gehorsam s. h o r c h e n , h ö r e n . Gehren m. 'Schoß', mhd. gère, ahd. gêro 'keilförmiges Stück Zeug oder Land; Schoß' ags. gara 'Zeugstück' (engl, gore), anord. geire 'dreieckiges Zeugstück': Ableitung zu Ger (s.d.), der Bed. wegen vgl. S c h o ß . Aus dem germ. Wort stammt die roman. Sippe von frz. giron, ital. gherone 'Schoß'. Gehrock m., möglicherweise gekürzt aus A u s g e h r o c k (G. Keller, Sinnged. 164), erscheint nach A. Gombert 1907 Bemerkg. 12 zuerst 1814; B r a t e n - , L e i b - , Ü b e r r o c k sind älter. W. Fischer 1943 Dt. Wortgesch. 2, 361. Geier m. Der größte Raubvogel, der mit zwei Arten ( B a r t - und G ä n s e g e i e r ) im deutschen Gebiet heimisch ist, heißt ahd. mhd. gir, mnd. gire, ni. gier. Das darin enthaltene westgerm. *gir-a(n) ist Subst. eines Adj., das in and. giri, mhd. gire, westmd. geier 'gierig' begegnet und als ro-Bildung (wie b i t t e r , w a c k e r ) zu der unter g ä h n e n entwickelten Wz. idg. *ghï- 'das Maul aufsperren' gehört. S. Gier. Geiler m. 'ausfließender Speichel', nur hd., kaum vor Heinrich Wittenwiler (Thurgau um 1400) Ring 629 aus slnem maul der gaifer prast. Zum Ztw. g e i f e n 'klaffen', das z. B. bair. von Wunden, Gewändern und Schuhen steht: germ. *gìj>-, vorgerm. *§heib-, Erweiterung der idg. Wurzel *§hei- 'klaffen, gähnen', die unerweitert in ahd. giert 'gähnen' und lat. Märe 'klaffen' vorliegt. Vgl. g ä h n e n und Geier. Geige /. Spätahd. giga 'tricordum' tritt im 12. Jh. auf (Ahd. Glossen 4, 236, 8). Kennzeichnend für die spät auftretenden Streichinstrumente ist das Schwanken des Bogens, demgemäß knüpft Meringer, Idg. Forsch. 16, 133 an ein germ. Ztw. *geigan (in anord. geiga 'schwanken', ags. géêgan 'abirren') an, das seinen ursprünglichen Sinn in mundartl. g e i g e n 'sich hin und her bewegen' bewahrt. Aus mhd. gige stammen mnl. gige, anord. gigja, dän. gige, aber auch ital. giga, frz. gigue, woher weiter engl, jig 'leichter Tanz' und die Scherzbildung frz. gigot 'Hammelkeule'. Die ältere F i e d e l (s.d.) war ohne Griffbrett, geil Adj., mhd. ahd. nnl. geil, asächs. mnd. gel, mnl. gheil, gheel, ags. gäl 'lustig, lüstern, unzüchtig', anord. geiligr 'schön' ; dazu mhd. geilen, got. gailjan 'erfreuen', mnd. gllen 'begehren', nl. gijlen 'gären', anord. gü-ker 'Gärbottich': mit lit. gailas 'heftig', gailüs 'jähzornig, wütend, rachsüchtig; scharf, beißend, bitter' und aslav. dzêlo, aJttschech. zieh, weißruss. do zela 'sehr'
Geißfuß
zu *ghoilo-s 'aufschäumend'. Abwegig Edw. Schröder Zs. f. dt. Alt. 42, 65. Geisel m. Mhd. mnd. glsel, ahd. asächs. glsal, mnl. ghlsel, nnl. gijzelaar, afries. jêsél, ags. anord. gisl, dän. gissel, schwed. gisslan führen auf *gheisalo-. Außerhalb des Germ, vergleicht sich der gall. Männemame Congeistlus, der sich mit air. giall, kymr. gwystl, akorn. (12. Jh.) guistel 'Geisel' auf *gheistlo- vereinigt. Daneben mit Ablaut ir. gell (aus *ghish-) 'Einsatz, Pfand'; Zur Wurzel *gheis-: *ghis- 'bürgen; Pfand', wozu *gheis(t)lo- 'Bürgschaftsgefangener'. Da der Begriff demselben bei den Kelten besonders früh und gut entfalteten Sinnbezirk angehört wie A m t , E i d und R e i c h , ist es möglich, daß die Germanen auch Geisel von den kelt. Nachbarn haben. Jede glaubhafte Beziehung zu andern idg. Sprachen fehlt. Geiß f . mhd. ahd. gei%, asächs. gêt, mnl. gheei, nnl. geit, ags. got, engl, goat, anord. norw. geit, schwed. get, dän. gjed, got. gaits f . 'Ziege', urspr. im umfassenden Sinne, nach der Aufnahme von B o c k (doch s. d.) auf das weibliche Tier beschränkt. Außerderm. vergleicht sich Laut um Laut lat. haedus 'Ziegenbock' aus Wz. *gaino-. Die idg. Adjektivableitung -Ino (vgl. S c h w e i n ) ergibt germ, gaitlna-, got. gaitein 'Zicklein', ags. gœten und ahd. geizl(n) 'von Ziegen' (ähnl. lat. haedinus 'vom Bock' (M. 'Ziegenfleisch'), das zur affektgeschärften Jungtierbezeichnung K i t ζ (s. d.) führt. — Früher auch im Niederdt. verbreitet, gilt Geiß heute im Ober- und Mitteidt. bis Westthüringen und Hessen sowie ζ. T. unverschoben westl. des Rheins. Das angrenzende slav. koza hat Verwandte in germ, hokïna-, ags. héëcin, mnd. höhen und mnl. hoekijn, wovon brandenbg.-pom. Höhen fortlebt. Genauer (auch zu Geiß u. ä.) K. Rein (s. Ziege). Geifiel /. ahd. geisila, mnl. ghësele 'Peitsche', anord. geisl 'Schistab', geisli 'Stab, Strahl'. Das Wort ist mit dem Suffix -il5(n) der weibl. Gerätnamen (vgl. G a b e l , G ü r t e l , H e c h e l , S c h a u f e l , S p i n d e l , W i n d e l ) von einer älteren Form des germ. *gaizà- (s. Ger) abgeleitet, in der Verners Gesetz noch nicht gewirkt hatte, bed. somit urspr. 'kleiner, spitzer Stab; Treibstecken'. In Ablaut dazu langobard. glsil 'Pfeil'. Nhd. ist der Geltungsbereich von G e i ß e l durch den slav. Eindringling P e i t s c h e (s. d.) eingeengt. Unser Wort gilt im Erzgebirge, in Westthüringen, Hessen, Luxemburg sowie obd. Siebenb. gissi stimmt zu moselfränk. geißel. Geißfuß m. Name verschiedener Geräte, vor allem eines Heb- oder Brecheisens mit gespaltener Angriffsfläche, einer Stange mit Doppelklaue am Ende, eines Nagel- und Zahnziehers sowie eines Beitels (s. B e u t e l 1 ) mit gewinkelter Schneide. Vor Mitte des 16. Jh. nach der Ähn-
Geist
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Gelage
lichkeit mit dem Huf der Ziege gei%vuo% ge- Bei Immermann taucht dazu g e i s t r e i c h e l n nannt: Kluge 1911 Seemannsspr.309; H. Fischer, auf. Ähnliche Schicksale hat das Ersatzwort Schwab. Wb. 3, 239. 6,1997. g e i s t v o l l und hat die Verneinung geistlos: Geist m. mhd. ahd. geist 'Geist' (im Gegen- W. Stammler, in Gedenkschrift für F. J . Schneisatz zum Körper), 'überirdisches Wesen', asächs. der 1956 (Halle) 350. gèst, mnl. gheest, nnl. geesl, afries. jëst, gäst, ags. Geiz m. bedeutet in älterer Sprache 'Habgsëst, gäst, engl, ghost, somit westgerm., während sucht, Gier'. Die Grundbedeutung hat sich in got. ahma galt (s. achten). Nächstverwandt Ehrgeiz erhalten. Der heutige Sinn (geizig sind ags. géëstan (aus *gaistjan) 'in SchreckeD 'der nichts ausgeben will') tritt zuerst als Nebenversetzen', bair. geisler 'quäler', engl, aghast "auf- vorstellung auf und fängt im 18. Jh. an, der geregt, zornig', ghastly 'gräßlich'. Außergerm, übliche zu werden. Mhd. ahd. glt 'Gier, Habvergleichen sich aind. hid- 'zürnen', heda- m. gier' mit dem Adj. mhd. gltec, ahd. gltag '(hab'Zorn', hidati 'erregt, kränkt': sämtlich zu idg. gierig' und dem schw. Ztw. mhd. giten '(hab*gheizd-, einer Erweiterung zur Wurzel *gheis- gierig sein'. Daneben die gleichbed. Weiter'aufgebracht (sein)', die unerweitert vorliegt in bildung mhd. gït(e)sen, glzen, aus der spätmhd. got. usgeisnan 'außer Fassung geraten', usgaisjan gïze, nhd. Geiz rückgebildet wird, wie Scherz 'außer Fassung bringen', anord. geiski m. aus scherzen. Das nächstverwandte ags. gltsian 'Schreck', geiskafullr 'entsetzt', awest. zaisa- 'begehren, verlangen' zeigt t aus d vor s. Außer'schauderhaft', zöilnu- 'schaudernd'. — Gegen germ. entsprechen aslav. Sidç, Sídati, russ. Sdu, die Bemerkung von V. Machek in: Die Sprache ídáV 'warten' sowie Ut. geidiiù 'begehre', galdas 1958, 75, in G. könnte hethit. istanza- 'Seele; 'Verlangen', gldis 'gierig'; lett. gàidu, gàidît selbst' mit Prät. ge- verbunden sein, spricht 'warten', gaida 'Erwartung'; apreuß. gëide, schon das idg. Fehlen vor Nomen, s. ge-. — Das giéidi 'sie warten'. Zur Wurzel *gheidh- 'begerm. Wort mit dem Sinn 'Ekstase' wird von der gehren, gierig sein'. Dasselbe Wort ist das seit ags. fränk. sächs. Mission verchristlicht, die 1721 bezeugte Geiz m. 'Nebentrieb an Rebpolemische got. obd. scheut davor zurück, setzt stock, Tabak- und Tomatenpflanze': ursprüngdafür Atem, das jenem weicht: E. Lutz, Früh- lich 'der den Saft zu gierig an sich saugende geschichte des Wortes Geist, Diss. Bonn 1960; Sproß'. S. F u r u n k e l . Gertraude Becker, Geist u. Seele, 1964. W. Betz Geize /. mhd. geize, ahd. geiza 'Pflugsterz', in: Festg. L. L. Hammerich 1962, 7. das gegabelte Holzstück, an dem der Bauer den Geistesgegenwart /. Frz. présence d'esprit ergibt seit 1754 (Mod. lang, notes 44,137) „Gegenwart des Geistes". Die Zus.-Setzung kaum vor Herder 1791 Ideen 4, 320. Geisteskultor s. K u l t u r . geistlich Das Adj. ahd. geistlich ist zu geist gebildet, wie lat. spirituälis zu spiritus. Auch das im 15. Jh. auftretende Subst. der Geistliche ist Lehnübersetzung des entspr. Gebrauchs von spirituälis. geistreich Adj. geistrich, geisterrich verwendet Heinrich Seuse f 1366 für *spirituälis', aus dieser Tradition der Mystik übernimmt Luther 1526 g e y s t r e i c h e prediger, 1534 geistreicher P o e t , d.i. vom Heiligen Geist erfüllt. Die Hochrenaissance säkularisiert den Begriff: 1624 ist bei Opitz der homo spirituälis poeticus geistreich. Mit der Aufklärung wird der Sinn vom Dichterischen auf den Intellekt ausgedehnt (Leibniz 1682). Modewort wird es in der Klassik und Romantik um 1800, beim Jungen Deutschland (aber da ist geistreich auch = zerrissen, unproduktiv) und zuletzt am Ende des 19. Jh.; nunmehr in der Wissenschaft, während in der schönen Literatur ironischer Nebensinn durchbricht. Dieser hat schon seit Luther auftauchen können, besonders seit der Mitte des 19. Jhs., als man die jungdeutsche „Brillanz" satthatte.
Pflug hält, wie eine Geiß bei den Hörnern: -jönFem. zu Geiß, das im Schwäb. auch selbst 'Pflugsterz' sein kann, wie anderwärts Reh: H. Fischer, Schwäb. Wb. 3 (1911) 234. 6 (1920) 246f. So steht Röhre neben R o h r , ahd. gibilla neben gibil, s. Giebel 1 . Geizhals m. ist im 16. Jh. dem Wortsinn gemäß 'gieriger Rachen'. Über 'Schlund eines Gierigen' wird es seit Luther mit pars pro toto zur Schelte des Habgierigen, nachmals des Geizigen. In diesem Sinn tritt seit Campe 1808 Geizkragen daneben; dabei steht K r a g e n in seiner alten Bed. 'Hals'. Gekröse «. mhd. gekrœse 'das kleine Gedärm' wofür auch krasse. Vorauszusetzen ist ein gleichbed. ahd. *krösi·, belegt ist nur chröse w. 'Krapfengebäck'. Außerdeutsch vergleicht sich mnl. croos, nnl. kroost 'Eingeweide geschlachteter Tiere'. Sämtlich zu kraus (s. d.), zu dem sich auch frühnhd. gekrös(e), kröß w. 'vielgefältelte Krause' stellt. Gelächtor «., mhd. gelfhter, älter lakter, ahd. (h)lahtar, ags. hleahtor, engl, laughter, anord. hlätr, norw. laatt, dän. latter: s. l a c h e n und F. Kluge 1926 Stammbildungsl. § 141. Gelage n. zu legen, somit 'Zusammengelegtes', dann 'Schmauserei', ganz wie got. gabaúr m. (zu baíran 'tragen') über 'Zusammen16·
Geländer
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getragenes' zu 'Festgelage' geworden ist. Anknüpfung an die im Liegen gehaltenen Feste der Alten ist unmöglich, weü das zuerst im 14. Jh. auftretende nrhein. gelöch, geloyg nicht aus humanist. Kreisen stammt. Zur Bed. vgl. P i c k n i c k , Zeche. Frühnhd. steht dafür kollaz f . aus lat. collaiio, das auch in schwed. kalas (älter collatzie, collate) 'Schmaus, Fest' nachwirkt. Geländern. Im 14. Jh.trittgelanter,im 16.gelenter, gelender als Kollektiv zu mhd. Zanier κ./.'Stangenzaun' auf, das mit lit. lentà 'Brett' verglichen wird. Vgl. L a t t e , L a n d e unter D e i c h s e l . gelangen Ztw. ahd. gilangön 'erreichen', eig. 'einen langen Weg gehen': sekundäres Ztw. zum Adj. l a n g , s. d. Gelaß n. mhd. gelœ^e '(Art der) Niederlassung' zu geladen 'sich niederlassen'. Das zugehörige Part. mhd. geladen ist in der Sprache der Mystiker über 'maßvoll in der Gemütsbewegung' zu '(gott-)ergeben' geworden; mit gelâçeriheit f . '(Gott-)Ergebenheit' haben es die Schwärmer und Täufer des 16. Jh. aufgenommen. Unter Luthers Widerspruch sind beide ins Nhd. gelangt und von den Pietisten des 18. Jh. durchgesetzt worden: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 48; Sperber 1930 Dt. Viert.-Schr. 8,508. Gelatine f . Zu lat. gelare 'frieren' (urverw. mit k a l t , s. d.) gehört als Part, gelätus 'gefroren'. Dazu bilden Alchimisten des 16. Jh. nlat. gelatina f . 'Gallertstoff', das, zunächst lat. flektiert, seit 1721 in deutschen Texten erscheint: H. Schulz 1913 Fremdwb.l, 239. S. G a l l e r t . gelb Adj. Idg. -wo bildet Farbnamen wie lat. fulvus, futvus, flavus, gilvus, rävus, aind. syävä 'braun', aruss. eivü 'grau', plavü 'weiß', lit. paTvas 'falb', Sirvas 'grau'. Aus dem Germ, haben gleiche Bildung ahd. faro 'farbig', lläo 'blau', gräo 'grau', salo 'dunkel', asächs. falo 'fahl', ags. baso 'purpurn', haso 'grau', anord. hgss 'grau': Kluge 1926 Stammbild. § 187. In diesen Kreis stellt sich g e l b , mhd. gèl, ahd. gelo (Gen. gêlwes), asächs. gèlo, mnl. ghèle, ags. geolo, engl, yellow (doch anord. gulr). Dem germ. *gêlwa- entspricht vorgerm. *ghelwoin lat. helvus 'honiggelb'. Zu idg. *ghel, *ghlo gehören auch gr. chlô-rôs 'grün, gelb', ehlöe 'Grünes', aslav. zelenü 'gelb, grün', lit. Selvas 'grünlich', awest. zari- 'gelb', aind. hári 'gelblich'. Weiterhin sind verwandt G a l l e , g l ü h e n , Gold. Sich g e l b ä r g e r n beruht auf guter Beobachtung: nach starkem Ärger tritt die Galle infolge eines Krampfzustands der Gallenwege nicht in den Darm, sondern in die Blutbahn. Die gleiche Erscheinung zeigt die G e l b s u c h t , mhd. gSlsuht, mnl. gheelsucht, asächs. gêlasuht. Das gleichbed. frz. jaunisse beruht auf derselben Anschauung. Die Gelben 'Freiorganisierten' im polit. Kampf stammen
Gelenk
aus frz. les jaunes. Darüber wie über g e l b e P r e s s e E. Lerch 1940 Journ. of Engl, and Germ. Philol. 39, 201 ff. Vgl. S c h w a r z a r b e i t e r . Gehl steht neben g e l b wie f a h l neben f a l b ; dazu obersächs. G e h l c h e n 'Pfifferling'. Gelbschnabel m. Wie frz. téjaune (aus leejaune), nnl. geeïbek in eigentl. und übertragenem Sinn gebraucht worden, so wird G., das von Haus aus 'junger Vogel, der an den Seiten des Schnabels noch gelb ist' bedeutet, bei Stieler (1691) 1894 verzeichnet als G ä l s c h n a b e l 'imberlis juvenculus' mit der Redensart „Einem das Gelbe vom Schnabel wischen . . . vitia juvenum ohjurgare"·. G e e l s c h n a b e l schon bei Mathesius 1686 Sirach 1, 33. Geld n. zu g e l t e n , s. d. Ahd. mhd. gelt, Gen. geltes 'Vergeltung, Vergütung, Einkommen, Wert'. Die Bed. 'geprägtes Zahlungsmittel' ist jung und fehlt den verwandten germ. Wörtern, s. Gilde. Dafür got. skatts (s. S c h a t z ) , faihu (s. Vieh), ags. feoh, engl, money. Wandel von t zu d wie in d u l d e n , G e d u l d , G i l d e , Kobold, milde, Mulde, Schild, schildern; d erscheint in flektierten Formen schon mhd., bes. in md. Texten; anderseits hält sich t bis ins 17. Jh. Gelee n. Das F. des unter G e l a t i n e entwickelten lat. gelätus 'gefroren' ergibt frz. gelée f . 'Geronnenes'. Bei uns erscheint das F. als Küchenwort für 'gestandener Saft' seit Amaranthes 1715 Frauenz.-Lex. 45.641 ff. Wie bei Ε η t r e e und F r i k a s s e e dringt im 19. Jh. N. durch. gelegen Adj. Das Part, zu ahd. giligan ist gilëgan 'angrenzend, verwandt', mhd. gélëgen 'benachbart, zur Hand, passend', das davon abgeleitete mhd. gelëgenheit 'Art wie etwas liegt, Stand der Dinge, Beschaffenheit'. Nhd. Gel e g e n h e i t bedeutet zunächst nur 'Lage'. Erst allmählich ist das Wort in die Rolle hineingewachsen, lat. oceasio, frz. occasion usw. zu vertreten: E. Lerch 1942 Geistige Arbeit Jg. 9, Nr. 21, S. 5f. G e l e g e n t l i c h aus mhd. gelegenllch 'angrenzend, gelegen' zeigt seit Beginn des 18. Jh. zwischen η und I denselben Gleitlaut wie e i g e n t l i c h , s. d. Geleise s. Gleis. Gelenk n. mhd. gelçnke 'biegsamer Teil des Leibs zwischen Rippen und Becken', von diesem Gelenk des ganzen Körpers wird frühnhd. gelenk(e) auf jeden biegsamen Körperteil übertragen: Sammelbildung zu mhd. lanke, ahd. (h)lanca 'Hüfte' als 'Stelle, wo man sich biegt'. Mit ags. hlçnce 'Glied oder Ring in einer Kette' und anord. hlfkkr 'Ring', Mz. hlfkkir 'Fessel, Kette' zur Wz. *kleng- 'biegen, winden', die außergerm. in lat. cingô 'ich umgürte, umschließe' erscheint. — Schreibung mit e hat sich in G e l e n k gehalten, weil keine Formen mit a da-
Gelichter
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neben standen (vgl. F e r k e l , G e s p e n s t , K e r k e r , welsch). Unser Adj. g e l e n k ( i g ) , mhd. gelpnke 'biegsam, gewandt* gehört zu 1 e η k e η, wie b e r e d t zu r e d e n . Vgl. F l a n k e und l e n k e n . Gelichter n. Ausdrücke für 'Geschwister' gehen mehrfach auf Grundwörter der Bed. 'Mutterschoß' zurück, ζ. B. gr. adelphós 'Bruder' auf delphtfs 'uterus', anord. (poet.) barmi 'Bruder' auf barmt 'Schoß'. So stellt sich ahd. *gilihtiri 'Geschwister' zu lëhtar 'Gebärmutter', das seinerseits zu ahd. ligan gehört, somit 'Ort des Liegens' bedeutet. Erschlossen muß die Bed. 'Geschwister' auch noch für mhd. gelihter werden, denn schon in den ältesten Belegen bedeutet das im 13. J h . auftretende Wort 'Sippe, Art', später 'Zunft, Stand'. Seit dem 17. J h . dringt (wie in Gesinde und S i p p s c h a f t ) herabsetzender Sinn durch. Schwab, gelichtergit 'zu einem Paar gehörig' ist gebildet wie ge¡wistergit (s. G e s c h w i s t e r ) . Eine Spur des alten Sinnes wahrt auch siebenb. geläftr 'ein Stück von einem Paar'. Auffällig ist hier und in bair. tirol. glifier das ft, literarisch seit Abr. a Sta. Clara 1686, darüber P. Kretschmer 1910 Glotta 2, 207. gelingen st. Ztw., mhd. gelingen 'Erfolg haben, glücken', mhd. mnd. Ungen 'vorwärtsgehen, gedeihen', ahd. gilingan 'glücken'. Mit l e i c h t , L u n g e , l u n g e r n zur idg. Wurzel *le{n)guhr 'leicht in Bewegung und Gewicht'. gellen schw. Ztw. ahd. gëllan st. Ztw. 'laut tönen, schreien', mhd. gillen (gille, gal, gullen), mnl. ghellen, ags. giellan, engl, yell, anord. gjalla 'ertönen': zur idg. Schallwurzel *ghel- 'rufen, schreien' wie g a l s t e r n u. N a c h t i g a l l . geloben Ztw. ahd. gilobön, mhd. gehlen, mnd. geloven bed. als Zus.-Setzung mit l o b e n urspr. 'billigen, beistimmen'. Über 'beipflichtend versprechen' ist die heutige Bed. früh erreicht. Gelse /. ist Bezeichnung der Stechmücke in Osterreich, auch in der Zips und Siebenbürgen. Zum Ztw. mhd. gçlsen 'schreien' (das z. B. in eis. gelse 'laut schreien', bair. gelse(l)n 'summen', kämt, gölsn 'heulen' fortlebt), einer Weiterbildung zu g e l l e n , s. d. Das F . tritt im 16. J h . auf. Die Verbreitung in Österreich mit mundartl. Formen, zeigt die Karte 'Mücke' von Th. Schumacher bei Mitzka, Dt. Wortatlas 1(1951). gelt, g a l t Adj. 'keine Milch gebend, unfruchtbar'. Ahd. mhd. obd. galt, md. mnd. geläe, mnl. ghelt(d), nnl. Ma. geld, ags. gielde, engl, (schott.) yeld, anord. gpldr, aschwed. galder, schwed. gall, norw. gjeld, dän. gold führen auf germ. *gald(i)a-, Part, zu ahd. galan (s. N a c h t i g a l l ) '(Zauberlieder) singen', also 'beschrieen, verhext', zum idg. Verbalstamm *ghel- 'schreien': P. Lessiak 1912 Zs. f. dt. Alt. 53, 146; Pokomy 1434 zu *ghel- 'schneiden'. — Vgl. G i c h t .
Gemach
gelt Interj., mhd. (14. Jh.) gelte, Konj. Präa. zum Inf. g e l t e n , mit dem man sich zur Wette erbietet: 'es möge gelten'. Frühnhd. begegnen auch gleichbed. was gelt's und der Plur. geltet, wie heute in Österreich geltns? Heute ist g e l t vorwiegend ein Wort des Südens und Westens; dem Nd. fehlt es : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 23. Gelte f. Mlat. galleta 'Gefäß, Kübel' (wozu die roman. Sippe von lomb. galeda, engad. gialaida, afrz. jaloie 'Eimer') gelangt in karol. Zeit ins Germ, und ergibt ahd. g?llita, ags. gellet, mhd. gçlte 'Gefäß für Flüssigkeiten'. Das einst verbreitete Wort gilt noch in Thüringen und der Pfalz, obd. vom Elsaß bis Kärnten. gelten st. Ztw. Mhd. gelten, ahd. gëltan '(zurückzahlen, wert sein, entschädigen; opfern', asächs. gfídan, mnl. ghelden, nnl. gelden, afries. jelda, ags. gieldan, engl, yield, anord. gjalda, dän. gjœlde, got. fra·, usgildan führen auf germ. *gélòan 'erstatten, entrichten (besonders in Opferhandlungen)'. Daneben wird gleichbed. germ. *gelßan vorausgesetzt durch aschwed. gjalla, schwed. galla. Die germ. Sippe ist gut entwickelt (s. G e l d , Gilde), dem vorgerm. *ghel-tô 'zahle' entspricht aslav. Sledg 'zahle' (V. Machek, Slavia 1953, 262), während lit. geliúoti 'gelten' auf Entlehnung aus dem Germ, beruht. Gelübde n. ahd. gilubida f., mhd. gelüb(e)de f. «., zu ahd. gilobön (s. g e l o b e n ) wie B e h ö r d e zu b e h ö r e n , G e b ä r d e zu ahd. gibaren. Das F. gilt von Notker bis ins 18. J h . ; das im Mhd. durchdringende N. hat offenbar ein ahd. *gülibidi zur Voraussetzung. gelüsten schw. Ztw., mhd. gelüsten, ahd. gilusten, asächs. lustian, mnl. nnl. lusten, ags. gelustian, lystan, engl, list, anord. lysta: die gemeingerm. -j'aw-Bildung zu L u s t (s. d.) wird unpersönlich verwendet. Daneben das gleich alte got. ahd. lustön 'begehren' in persönlichem Gebrauch. Geize /. mhd. galze, gçlze, ahd. galea, gçlza, mnd. gelte 'verschnittenes Mutterschwein', ags. gielte, engl, yilt, anord. gylta, älter dän. gylt(e) 'junge Sau': mit Dentalerweiterung zum idg. Verbalstamm *ghel- 'schneiden', der durch aind. hala 'Pflug', armen, jlem 'furche, pflüge' und ags. gielm 'Garbe' gesichert ist. Heute ist Geize noch häufig in Fam.-Namen wie Geizer, Gölz(n)er, Gelzenleichter, -leuchter, Geizmann. Gemach n. Zu m a c h e n in s. Grundbed. 'formen, fügen' stellt sich (ausgehend von einer Bed. 'was sich gut fügt') ahd. gimah (hh) n. 'Bequemlichkeit, Vorteil', mhd. gemach 'Ruhe, Behagen, Pflege', seit der klass. Zeit auch 'Ort, wo man sich pflegt; Zimmer': diese Bed. zuerst in Sätzen wie an sin gemach gën. Frz. commodité, nnl. (geheim) gemak sind den gleichen
Gemächt
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Weg gegangen; entspr. hat anord. hvlla 'Ruhe' die Bed. 'Ruhelager' erlangt in Verbindungen wie ganga til hvllu. Unser Adj. g e m a c h wahrt den alten Sinn; ihm entspricht asächs. gimak, ags. (ge)mœc, anord. makr 'passend'. Dazu das Adv. g e m ä c h l i c h , ahd. gimahlíhho, nnl. gemakkelijk 'bequem'. Vgl. a l l m ä h l i c h . Gemächt ». ahd. gimaht(i) f . n. 'Zeugungsglied, testiculi', mhd. gemäht, Plur. gemehte, anL gimaht 'penis': zu M a c h t /. in der Sonderbed. 'Zeugungskraft (des Mannes)' mit späterer Übertragung auf den diese Kraft tragenden Körperteil, wie S c h a m . — Dagegen ist G e m ä c h t ( e ) n. 'Geschöpf' ein ahd. gimahhida, -idi, mhd. gemächede, zu m a c h e n wie B e h ö r d e , Geb ä r d e , G e l ü b d e zu b e h ö r e n , g e b a r e n , geloben. Gemahl m. mhd. gemahe 1(e) 'Bräutigam, Gatte'; gemahel(e), -mçhele, -mal f . ( Ν . seit und durch Luther) 'Braut, Gattin'; dafür Gem a h l i n seit P. D. Longolius 1648 Sich. Nachr. 1, 28. Ahd. gimahalo m. 'Bräutigam, Gatte'; gi· mahala f . 'Braut': dt. Bildungen zu germ. *mahla-\ dies mit dem unter Beil erörterten Lautwandel aus älterem *mapla-: *maÖla- aus *modrtlo- n. 'öffentliche Versammlung, Verhandlung' in ahd. asächs. mahal, ags. mm del, anord. mal, got. mafil, mlat. mallum, auch enthalten in Ortsnamen wie D e t m o l d (8. Jh. Theotmalli) und M e c h e l n (mlat. Maehlinium) sowie in langob. gamahal 'Eideshelfer'. Im Ausgangspunkt steht das feierlich vor der Volksgemeinde gegebene Wort; got. mapljan 'reden' usw. vergleichen sich dem gr. agoreúein 'reden' neben agorà 'Markt'. Die germ. Wortgruppe stellt sich zur idg. Wurzel *möd- oder *mäd-: *mad- 'begegnen, herbeikommen' in mhd. muoçe, asächs. ags. anord. mot, engl, moot 'Versammlung', asächs. mötian, afries. mèta, ags. msêtan, engl, meet, anord. mèla, got. gamötjan 'begegnen'. Außergerm, vergleicht sich armen, matüim 'nähere mich'. S. v e r m ä h l e n . Gemälde n. spätahd. gemälidi, mhd. gemœl(d)e 'Malerei, Bild'. Zu m a l e n , 8. d. Bildungsweise wie bei B e h ö r d e , G e b ä r d e , Gelübde, Gemächt(e). gemäß Adv. ahd. gemäße 'angemessen', ags. (ge)mœte: zu m e s s e n , wie g e n e h m zu n e h m e n . gemein Adj. Mhd. gemein(e), ahd. gimeini 'gemeinsam, zusammengehörig, gemeinschaftlich, allgemein', asächs. gimèni, mnd. gemeine, •mên(e) (hieraus entlehnt dän. schwed. gemevi), anfr. gemeini, mnl. ghemène, nnl. gemeen, afries. mène, ags. gemsêne 'allgemein, gemeinsam; schlecht, falsch', engl, mean 'gemein, niedrig', got. gamains 'gemeinsam; unheilig' führen auf germ. *gamaini-, Ebenso gebildet ist lat. communis (alat. Akk. co-moinem) 'gemeinsam'.
Gemeinsprache
Unter M e i n e i d wird das einfache Adj. ahd. mhd. mein und seine Verwandtschaft entwickelt; dort wird auch der Zusammenhang der Sippe mit Wörtern des Sinnes 'Tausch, Wechsel' nachgewiesen. G e m e i n hat seine Bedeutung von 'mehreren im Wechsel zukommend' verschoben zu 'mehreren in gleicher Art gehörig'; darin ist es heute durch a l l g e m e i n und g e m e i n s a m eingeschränkt. Was alle gemein haben, kann nicht edel sein; daher verächtlich: gemeiner Kerl, Sinn. Nur so das Adv.: gemein handeln. Gemeinde /. ahd. gimeinida, mhd. gemeinde, asächs. gimèntha, mnl. ghemeende '(kirchl. und bürgerl.) Gemeinschaft', gebildet wie B e g i e r d e , F r e u d e , Z i e r d e . Das Zus.-Treffen mit lat. communio (frz. commune) legt nahe, an Lehnübersetzung im kirchl. Bereich zu denken, wie bei got. gamainps 'Versammlung'. Gemeingeist m. Engl, public spirit (seit 1654) bietet Leibniz in frz. Text als esprit public. Herder kann 1795 im Zitat aus Leibniz (Suphan 17, 268) G e m e i n g e i s t sagen, weil F. H. Jacobi 1786 Uber die Lehre des Spinoza S. 166 diese Prägung gebraucht hatte, vielleicht gestützt auf ein Lied Zinzendorfs von 1737, in dem G e m e i n g e i s t als 'Geist der religiösen Gemeinde' begegnet. Schiller nimmt Jacobis Prägung 1792 auf und entscheidet damit gegen das sonst versuchte A l l g e m e i n g e i s t : Zs. f. dt. Wortf. 2, 67. 6, 326; F. Kainz 1943 Dt. Wortgesch. 2, 226. 241. Ganz, Einfl. d. Engl. 82. Gemeinplatz m. Das bei den Humanisten des 16. Jh. beliebte locus communis (frz. lieu commun, nnl. gemeenplaats) ergibt engl, commonplace. Wieland gibt es 1770, Jean Paul 1783, Goethe 1786 mit der Lehnübers. G e m e i n p l a t z wieder, die Adelung noch 1796 schroff ablehnt. Kant und Lessing sagen G e m e i n o r t , Goethe auch G e m e i n s p r u c h , er und Schiller G e m e i n s a t z . Campe setzt G e m e i n p l a t z durch. Sein g e m e i n p l ä t z l i c h (für b a n a l , t r i v i a l ) hat Schiller sogleich aufgenommen: Pfaff Kampf um dt. Ersatzwörter 32; W. Betz, Anglia 80,181. gemeinsam Adj. Adv., mhd. gemeinsam, ahd. gameinsam, nnl. gemeemaam. Das Vorbild des gleichbed. lat. communis ist deutlich, doch fügt die Lehnübersetzung die kennzeichnende Endung hinzu. G e m e i n s a m k e i t 'communio, communilai zuerst in Nürnberg 1482. Älter G e m e i n s a m e F., heute vor allem im alem. Gebiet, mhd. gemeinsamere), ahd. gimeinsaml 'communio'. Gemeinsprache f., vorbereitet durch Luthers „gemeine teutsche Sprache", geprägt erst von Campe 1807 Wb. d. dt. Spr. 1, VIII „Kein Theil unsers gemeinsamen Vaterlandes . . . soll sich anmaßen, seine besondere Mundart den andern Theilen als Gemeinsprache aufzudrin-
Gemme
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gen". Bei ihm mit den Begriffen H o c h d e u t s c h , S c h r i f t - und U m g a n g s s p r a c h e , von späteren auch mit E i n h e i t s - , H o c h - , K u l t u r und L i t e r a t u r s p r a c h e verglichen. Aine gemaine teücz erstrebt der Tiroler Heinrich Haller: Erika Bauer, Lunder Forschgen. 30 (1966) S. 76. Gemme /. 'geschnittener Stein'. Lat. gemma (urspr. 'Auge, Knospe am Rebstock') ist in der Bed. 'Edelstein' als ahd. gimma, mhd. gimme, ags. gimm, gemme, ir. kymr. gem geläufig gewesen, aber zu Ausgang des Mittelalters verlorengegangen. Neu entlehnt wird das Fachwort, seit mit Lessing 1768 die geschnittenen Steine der Alten aus ital. Sammlungen neu in den Gesichtskreis deutscher Forscher kamen. Engl, gem beruht auf frz. gemme: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 240. Gemse /. Antilope rupicapra: die einzige Antilope (s. d.) Mitteleuropas. Als vorroman. Alpenwort erscheint camox 448 n. Chr. in lat. Text, weiterhin ergibt es ital. camozza, span. carnuza, katal. gamussa, frz. chamois, rätorom. chamotsch. Dazu stimmt ahd. *gamuz f . (Endung nach hiruç 'Hirsch'), das für mhd. gam(é)s¡, bair. tirol. gams vorauszusetzen ist. Im Suffix weicht ahd. gamiza ab, das seit dem 12. Jh. in österr. tirol. Texten auftritt und mhd. gçmz liefert. Daneben setzt mhd. gemere, nhd. Gemse ein ahd. * garnira voraus: Palander 1899 Ahd. Tiernamen 112 f. H. Güntert 1932 Labyrinth 22 bezieht das Alpenwort camox zu voridg. *kam- 'Stein' und vergleicht S t e i n b o c k . Gemüse s. Mus. Gemüt n., mhd. gemüete, nnl. gemoed bedeutet als Sammelbildung zu M u t (s. d.) ursprünglich 'Gesamtheit der seelischen Kräfte und Sinnesregungen', erst in ziemlich junger Zeit wird es zum 'Sitz der inneren Empfindung': R. Hildebrand 1893 DWb. 4, 1, 3293ff. Getrennt davon gehört zum Adj. ahd. gimuoti, ags. gem&de 'mit Sinn und Wunsch übereinstimmend, dem Sinn gemäß, angenehm, lieb' dessen Substantivierung mhd. gemüete, md. gemüde, asächs. gimödi, mnl. gemoede η., erhalten in dem vor allem nfränk. Rechtsausdruck gemoede n. 'was jem. nach dem Sinn ist', besonders in der Formel Ii ënes gemoede 'mit seiner Zustimmung'. Wieder getrennt von der ja-Bildung besteht ein adj. α-Stamm mhd. gemuot, md. gemüde 'einen muot habend, gesinnt, gestimmt', der namentlich in w o h l g e m u t (s. d.) fortlebt: W. Braune 1918 Beitr. 43, 356ff. gemütlich Adj. Mhd. gemüetlich 'genehm; wohlgemut' löst die einfachere Bildung ahd. gimuañ 'wohltuend' ab, bleibt aber selten; ebenso frühnhd. gemütlich 'das Gemüt angehend, lieb'. Seit etwa 1700 in pietist. Schriften
genesen
bevorzugt, wird g. von Klopstock den Herrnhutern zugewiesen, von Goethe in vertiefter Bed. der Schriftsprache zugeführt. — G e m ü t l i c h k e i t f., kaum vor Adelung 1775, nennt Görres 1814 als neues Stichwort zeitgenössischer Deutschtümler. Der deutschen G. folgt die Wiener 1839, die sächsische 1847: Zs. f. d. Wortf. 5, 111; 13, 99; Ladendorf 1906 Schlagwb. 63; Sperber 1930 Dt. Viert.-Schr. 8, 504. gen Präp., verkürzt aus frühnhd. gehn, dies aus mhd. gein, das seinerseits aus ahd. gegini 'gegen' zus.-gezogen ist. Luther braucht gen von der Richtung nach einem Ort. Aus der Bibelsprache wirkt namentlich die Formel gen H i m m e l nach. Die verwandten Sprachen kennen ähnliche Zus.-ziehungen, ζ. B. afries. jen 'gegen', ags. gegn 'gerade; wider', anord. gegn (woraus entlehnt engl, gain) 'gerade, recht', dän. gen- 'gegen(über)'. genau Adj. spätmhd. (md.) (ge)nou, Gen. nouwes 'sorgfältig', wozu als Adv. (ge)nouwe 'kaum', nnl. nauto 'eng, pünktlich'. Wohl eines mit ags. hnéaw, anord. hneggr 'karg', zu hneggva 'stoßen', ahd. hniuwan, gr. knyein 'schaben'. Gendarm m. Frz. gens d'armes 'Bewaffnete', unter Karl VII. im 16. Jh. eingeführt, bezeichnet in der Königszeit die schwere Kavallerie. Entspr. heißt bis 1806 ein preuß. Kürassierregiment; daher der G e n d a r m e n m a r k t in Berlin, z . B . Voss. Ztg. 1770, Nr. 130 „Der Schauplatz ist auf dem Gens d'Armenmarkt in der großen Bude daselbst". In der Frz. Revolution zum Namen der 1791 gegründeten Polizeitruppe geworden, findet G e n d a r m '(Land-)Polizist' seit etwa 1809 Aufnahme auch in den deutschen Staaten: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 240. genehm Adj. zu n e h m e n , wie a n g e n e h m (s. d.) zu a n n e h m e n . General m. Lat. generalis 'allgemein' (zu genus η. 'Gattung') war im Kirchenlatein üblich für 'Haupt eines Mönchsordens'. Dem wird im 14. Jh. mhd. general m. nachgebildet. Seit dem 15. Jh. spielt das Wort im frz. Heerwesen eine Rolle, bei uns zuerst 1464 im Bereich des Dt. Ordens: Mod. lang, notes 34, 258f. 36, 486. Besonders erscheint capitaine général und daraus gekürzt général für den Höchstkommandierenden. Die Nachbildung G e n e r a l O b e r s t erscheint seit Fronsperger 1556 Kriegsreg. 2 b , die Kürzung G e n e r a ] seit Dilich 1608 Kriegsb. 34. 1637 ist G e n e r a l m a j o r der oberste Befehlshaber der Wachen am sächs. Hof: A. Kern 1907 Dt. Hofordn. 2, 66. Zur weiteren Entwicklung Helbing 1912 Zs. f. d. Wortf. 14, 37; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 241. genesen st. Ztw. ahd. asächs. ginêsan 'lebend davonkommen' und daraus gesondert 'geheilt
Genick
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werden' and 'entbunden werden', ags. genësan, got. ganisan 'gesund, gerettet, selig werden'. Die germ. Verbalwz. *nês, zu der als Faktitiv n ä h r e n (s. d.) gehört, stimmt zu aind. ndsatë 'liebevoll herangehen, sich gesellen zu', auch im Namen der Götterärzte Näsatyäu, toch. A nos 'sein', na$u 'befreundet', toch. Β ties 'sein' (Κ. Schneider 1940 Idg. Forsch. 67, 198f.), gr. néomai 'ich komme zurück',nóstos »».'Heimkehr' (mit wieder anderer Wendung der Grundbed.). Aus dem Germ, entlehnt russ.-kslav. gonesti 'erlöst werden', goneznçti 'Heiland'. Genick n. mhd. genic(ke): zu dem mit N a c k e n (wozu G e n a c k , G e n ä c k ) in Ablaut stehenden nicke. Sammelbildung wie G e b i r g e und Ges t i r n zu B e r g und S t e r n . Mit dem Ztw. n i c k e n unverwandt. Die Wortkarte 'Genick' von Edeltraud Knetschke, Genick u. Knöchel in dt. Wortgeographie 1956 zeigt die schriftsprachliche Form von Thüringen bis Schlesien, West- und Ostpreußen, aus dieser Fläche stößt sie über Braunschweig zur Ems durch. Qnick ist die Leitform am Westrande, Knick westfäl. und von da aus durch Siedler des Mittelalters mecklenburg., Ostpommern und Ostpreußen am Frischen Haff haben Gnick von der Küstenlandschaft zwischen Weser und Trave her. Anke(n) hat Althessen, es reicht bis ins Schwäbische, Gnack ist bayr.österreichisch. Wortatlas IV. Genie w. Lat. genius, urspr. 'Personifikation der Zeugungskraft' (zu gignere 'zeugen'), dann 'Schutzgeist', liefert das urspr. gleichbed. frz. génie, das (wie ital. genio seit 1700) schon im Frz. zu 'Geist, feuriger Schöpfergeist' gewandelt wird und so seit Beginn des 18. Jh. bei uns erscheint. Allgemein wird es seit J. A. Schlegels Übersetzung von Batteux, Les beaux-arts réduits à un même principe (1761). Seit Liscow 1739 wird auch der einzelne Träger dieses Geistes G e n i e genannt, wie im Sturm und Drang ( G e n i e z e i t ) allgemein. G e n i a l i s c h (ohne Vorbild im Frz.) folgt formal dem lat. geniälis, dessen Bed. 'erfreulich, heiter' es doch fernsteht. Das seit Lavater 1777 nachgewiesene Adj. kürzt Schiller 1797 zu g e n i a l : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 242f. genieren Ztw. Zu ahd. jëhan 'gestehen' (s. B e i c h t e , G i c h t , ja) gehört als Faktitiv fränk. *jahjan 'zum Gestehen bringen', das, ins Afrz. entlehnt, jehir 'zum Geständnis zwingen' ergibt. Dazu im 13. Jh. gehine 'durch die Folter erpreßtes Geständnis', das über 'Folter' zu 'Zwang' u. 'Störung' wird. Diese Entwicklung begleitet gêner, das als g e n i r e n , s c h e n i r e n seit 1776 bei uns erscheint, in der Bed. 'belästigen' und refi, als 'sich Zwang antun'. Während hier die Schreibweise Aufnahme in die Volkssprache verrät, bleiben Gene /. 'Zwang'
Gentleman
und g e n a n t Adj. 'belästigend' den Gebildeten vorbehalten: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 243. An der Übernahme der Sippe ist die Stud.Sprache beteiligt: Goethe 1817 Briefe 28, 411; Vollmann 1846 Burschik. Wb. 201; Zs. f. d. Wortf. 12, 279. genießen st. Ztw. mhd. genießen, ahd. (gi)nioTfln, asächs. niotan, ani. nieton 'besitzen', afries. nieta, ags. nëotan 'nehmen, gebrauchen', anord. njöta 'Freude, Nutzen haben', got. niutan 'treffen, erreichen, e. Sache froh sein', ganiutan 'fangen' (nuta 'Fischer'). Grundbed. der Wz. germ. *nut-, zu *neud- ist 'Erstrebtes ergreifen, in Nutzung nehmen' ( v g l . G e n ö s s e , N i e ß b r a u c h , n ü t z e ) . Dazu stimmen als nrverw. lit. naudà 'Ertrag, Besitz', lett. náuda 'Geld'. Genösse schw. M., aus mhd. genome, ahd. ginö^o, anord. -nauti, germ. *ganauta-. Daneben das gleichbed. st. M. mhd. genö%, ahd. ginôç, asächs. ginöt, afries. not, ags. genêat, anord. nautr: zum gemeingerm. N. * nautas (ahd. nöj, asächs. not, afries. nät, ags. nêat, anord. naut) 'wertvolle Habe, Nutzvieh', demgemäß 'der seinen Besitz mit andern gemeinsam hat' und damit eine Erinnerung an den Gemeinbesitz einer sehr frühen Wirtschaft; vgl. g e n i e ß e n . So ist got. gahlaiba 'Genösse' als Abi. zu hlaifs 'Brot' urspr. 'der dasselbe Brot hat'; vgl. das nach germ. Muster gebildete mlat. companio, frz. compagnon, sowie G e f ä h r t e , G e s e l l e , G e s i n d e , G e s p i e l e , f e r n e r B a u e r , M a t r o s e und K n o t e : Edw. Schröder 1923 Zs.f.d.Alt. 60, 70; W. Krogmann 1936 Beitr. 60, 398f. Seit 1849 häufig in der Arbeiterbewegung, seit 1879 (Ladendorf) offizielle Anrede. Damit werden lat. sodus, frz. socialiste eingedeutscht. H. Bartholmes, D. Wort „Volk" im Sprachgebrauch der SED. 1964,125. Genre ». Lat. genus, -eris n. 'Gattung' (urverw. mit K i n d , s. d.) ergibt in gleichbed. frz. genre m. zugleich das Malerwort für die typische Darstellung von Landschaften, Tieren und Menschen im Gegensatz zur Historienmalerei. Im letzten Viertel des 18. Jh. entlehnt, dazu (nach peinture de genre) G e n r e m a l e r ( e i ) , - b i l d , -ha ft. Gentleman m. Engl, gentleman, dem frz. gentilhomme 'Edelmann' nachgebildet, bei uns seit J. Hübner 1709 Staats-, Zeitungs- und Conv.Lex. : „diejenigen, welche nicht allein von Adelichem Herkommen . . . sind, sondern auch die sich als ein Gentleman aufführen können, ob sie schon der Kaufmannschaft, Künsten und Handwerken zugetan sind". Durch Berichte aus England ständig aufgefrischt, z. B. Voss. Ztg. 1769, Nr. 28: „Ein Gentlemen hat (in Jamaika) allein gegen 3000 Negers inoculirt ('geimpft')". Dadurch im Nhd. des 18. Jh. als 'Herr der guten
genug
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Gesellschaft, mit Bildung und Anstand' weithin bekannt, von Campe 1813 umschrieben: 'feiner oder rechtlicher Mann, ein Mann von Erziehung'. Seit etwa 1830 wird das Wort allgemein auf das gesellschaftliche Mannesideal Deutschlands angewendet. In diesem heute noch geltenden Sinn löst es ältere Schlagwörter ab: B i e d e r m a n n galt im 16. Jh., K a v a l i e r und g a l a n t e r M e n s c h im 17., W e l t m a n n im 18. Die Kür* zung gent, Mz. gents wird im Engl, des 19. Jh. üblich. Echt berlinisch der Wortwitz G e n t L e h m a n n : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 244; Stiven 36. 119; W. Betz, Anglia 80, 182. genug Adj. ahd. ginuog(i) mit Adv. ginuog 'hinreichend', asächs. ginög, afries. (e)nöch, ags. genöh, engl, enough, anord. gnögr, got. ganôhs. Ableitung zum germ. Frät.-Präs. got. ganah, ahd. ginah 'es genügt', zu dem auch got. ganaüha m., ahd. ginuht f . 'Genüge' gehören. Über die Form g e n u n g , die zu dem ersten Nasal einen zweiten entwickelt hat (wie η u η, die m e i η s t e η, dial, nünt 'nichts', mêndr 'mehr', emena 'Ameise') Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. 298. Zu germ. *nôhr, *náh-, idg. *{e)neíc· gehören u. a. aind. náüati, awest. nasaiti 'er erreicht', lat. nancisci 'erlangen'; air. ro-änaic 'erreichte'. Lautgeographie von 'genug' im Dt. Sprachatlas. genügsam Adj. Zu dem unter g e n u g entwickelten ahd. ginuht f . 'Genüge' (ags. genyht, anord. gnött) gehört ahd. ginuhtsam, mhd. genuhttam 'reichlich'. Daraus ist nach dem Aussterben des F. in mhd. Zeit genuocsam geworden, unter Anlehnung an das bed.-gleiche g e n u g . G e n u n g s a m ist im gleichen Raum verbreitet wie genung. Geographie f . Gr. γεωγραφία 'Erdzeichnung' (Kartographie), Erddarstellung, -beschreibung' (zu gè f . 'Erde' und grdphein 'schreiben') ist über Ciceros geögraphia in die abendländ. Wissenschaft gelangt und taucht bei uns als Geog r a p h e i 1621 auf, G e o g r a p h nicht vor 1596, nachdem noch die Zimm. Chron. 1, 11 das M. lat. flektierte. Die gute Verdeutschung E r d k u n d e verzeichnet Adelung 1774. Georgine s. D a h l i e . Gepäck s. B a g a g e und Pack(en). gepunzt s. P u n z e n . Ger m. ahd. mhd. asächs. gêr, ags. gär, anord. geirr. r beruht auf Z, weil sonst anord. *gärzu erwarten wäre. So ergibt sich germ. *gaizas, idg. *ghaisos, dessen Bed. 'Stecken' aus Geißel (s. d.) und urverw. gr. chaïos 'Hirtenstab' zu folgern ist. Aus dieser Grundbed. war die von aind. Mìa- 'Geschoß', langob. gaida (idg. *ghaitâ) 'Pfeilspitze' leicht zu entwickeln. Die Kelten (s. A m t ) hatten ihr *gaisa- zum Namen des Speers mit Eisenspitze entwickelt, bezeugt durch gr. gaîson, lat. gaesum, air. gae 'Speer'. Als ihn
gerben
die Germanen der La-Tène-Zeit kennenlernten, engten sie ihr *gaiza- auf dieselbe Bed. ein. Mit regelrechter Vertretung des germ, ζ wird finn. keihäs 'Spieß' entlehnt. In got.-lat. Männernamen entspricht Hariogaisus, ahd. Herigër. Während das Wort in deutschen Namen wie G e r b e r t , - h a r t , - t r u d lebendig bleibt, stirbt das Appellativ vor Ende des Mittelalters aus und wird von Jahn und Eiselen 1816 Turnkunst 116 ff. im Gedanken an Brünhilts Wettkämpfe erneut. gerade 1 Adj. 'durch 2 ohne Rest teilbar'. Zu got. rapjö f . 'Zahl' (s. Rede) gehört ga-rapjan 'zählen' (in seiner Form dem mhd. geraden entsprechend). Das vom gleichen Stamm abgeleitete, dem lat. ratus 'berechnet' vergleichbare ahd. girai, mhd. gerat 'gleichzählend' erscheint als frühnhd. gerad seit 1483 in algebr. Sinn, während u n g e r a d e seit Notker im Gegensinn bezeugt ist. Mit g e r a d e 2 ist die Sippe nur durch Volksetymologie verbunden, die freilich noch heutige Gelehrte beherrscht. A. Schirmer 1912 Wortschatz der Mathem. 27 ; A. Götze 1919 Anf. e. math. Fachspr. 67. 195. gerade 2 Adj. 'in unveränderter Richtung gehend'. Dem Adj. got. raps, rapizo 'leicht, leichter' (s. r a s c h ) entspricht mhd. gerat 'schnell bei der Hand, gewandt, frisch aufgewachsen und dadurch lang', spätmhd. auch 'lotrecht'. Die Vermischung mit g e r a d e 1 war geometrischer Verwendung günstig. Gerät w. Als Sammelbildung zu R a t (s. d.) bedeutet ahd. girati 'Beratung, Fürsorge', nachmals 'Ausrüstung'. Asächs. girädi ist 'Vorteil'. In mhd. gerœle, mnd. gerède haben die Bedeutungen 'Aus-, Zurüstung, Vor-, Hausrat' gesiegt. Luthers gered (2. Mos. 27, 3 u. ö.) wird in Basel 1523 umschrieben mit allerley geschirre vnd haußradt F. Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 113. Geräusch 1 n. s. r a u s c h e n . Geräusch 2 n. 'Eingeweide geschlachteter Tiere', spätmhd. in-geriusche (zur Vorsilbe vgl. E i n g e w e i d e ) , frühnhd. (in)gereusch. Das Simplex nur in gleichbed. nd. rüsch, mnd. rüsch. Kaspers, Beitr. Halle 1958, 174: über Bed. 'Stück, Lappen', zu norw. rusk 'Abfall' k- Erweiterung, vgl. mhd. riuçe 'Schuhflicker', zu *rew 'reißen'. Vgl. Schmeller-Frommann Bayer. Wb. 2,156; Zs. f. d. Wortf. 14,151. gerben Ztw. Als Ableitung zu gar (s. d.) bed. ahd. garawen (aus *ga,rwjan), gariwen, asächs. garuwian, gerwean, ags. gearwian, westsächs. gierwan 'bereitmachen', doch bahnt sich in ahd. lëdargarawo 'Gerber' schon die Entwicklung an, die in mhd. gçrwen um 1300 das Ziel erreicht. Anderseits ist anord. ger(v)a zu 'machen' allgemein geworden. Mhd. rw hat nhd. rb ergeben
gerecht
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wie in F a r b e , m ü r b , N a r b e , S c h a f g a r b e , S p e r b e r . Das Leder wird beim Gerben geknetet und gepreßt, darum steht mundartl. gerben vom Hinunterwürgen des Futters durch hungriges Vieh (DWb. 4, 1, 1, 1338). Von da stud, g e r b e n 'würgen, sich erbrechen*.
Gerstenkorn
bis heute. Für die Umbildung zu 'Erforscher des german. Altertums' ist die erste Germanistenversammlung (Frankfurt a. M. 1846) wichtig geworden. R o m a n i s t hat den entspr. Wandel früher vollzogen.
gern Adv. Ahd. gemo, m h d . géme Adv. zum gerecht A d j . a h d . girêht, grêht, das sich zu Adj. ahd. asächs. gern, ags. georn 'eifrig', anord.
r e c h t (s. d.) stellt, wie lat. directus zum urverw. gjarn 'begierig', got. (faíhu)gaírns 'habsüchtig' rectus, h a t auch die Bed. 'directus', so d a ß der neben gairnjan 'verlangen'. Aus germ. *gêrnaz Verdacht der Lehnübersetzung naheliegt. Unsere entlehnt ist finn, kernas 'willig'. Die germ. Wz. Bed. 'dem Rechtsgefühl entsprechend', für die *gër- (aus idg. *gher-) 'heftig verlangen' mischt ahd. rêhtwîs, ags. rihtwls, engl, righteous auf- sich mit den r-Ableitungen der bed.-verw. Wz. kommen, stellt sich erst für mhd. gerêht ein. *gi- (idg. *ghî-), s. begehren, Begierde, Geier, In got. garaíhts war sie schon vorhanden. Gier. Zu idg. *gher- stellen sich aind. háryati Gertalke m. Der nord. Jagdfalke heißt seit 'er hat gern', gr. chard 'Freude', osk. heriest 'er dem 12. Jh. anord. geirfalki nach geiri 'speer- wird wollen'. Unser Adv. gern zeigt die Grundförmiges Stück, Striemen' (s. Ger, Gehren): bed. 'begierig' abgeschwächt in Sätzen wie „der das blendend weiße Gefieder von Falco gyrfalco Marder säuft g. Blut". Vollends in Formeln wie ist mit Schaftstrichen überstreut, die wie Pfeil- „ich glaube es g." bleibt nur der Verzicht auf spitzen aussehen. Bei uns tritt das nord. Wort Widerspruch. Vergleichbar ist die Entwicklung als Männername Gerualcus seit 1070, als mhd. von frz. volontiers. gervalch seit dem 14., als geirfalck seit dem 16. Jh. Gernegroß m. 'ein Kleiner, der gerne groß wäre'. auf. Entlehnung aus dem Norden ist deutlich; G e r n g r o ß , appellati ν kaum vor Fischart 1676 Gier-, G r e i f - , H e e r f a l k e beruhen auf Um- Garg. 66 Ndr., begegnet als Familienname schon deutung. Durch rhein. Vermittlung sind die in Augsburg 1333, wie nd. G e r n e g r o t , sonst Romanen zu frz. gerfaut, ital. gerfalco gelangt: auch G e r n r e i c h , G e r n h ü b s c h : HeintzeSuolahti 1909 Vögeln. 334ff. Cascorbi 1925 Die dt. Fam.-Namen 185 ; BrechenGericht n. ahd. girihti 'Gerichtsversammlung, macher 1928 Dt. Namenbuch 320; GottschaldUrteil', während mhd. geriht(e) darüber hinaus Brodführer, Dt. Namenkunde 1954, 287. Zur auch 'Einrichtung, Hausrat; angerichtete Speise' Bildungsweise vgl. H a b e n i c h t s , S p r i n g bedeutet. Sämtlich zu r e c h t , s. d. und Ahd. i n s f e l d , S t ö r e n f r i e d , T u n i c h t g u t , Wagehals. Glossen 3, 237, 50. gerieben Adj. 'schlau', zuerst in Nürnberg Gerste f . Mhd. m n d . nd. gërste, a h d . asächs. 1482 Voc. theut. m Ια: aus dem Part, von r e i b e n gêrsta, mnl. gherste, nnl. gerst führen auf vorgerm. (s. d.) entwickelt, wie ags. abçred 'pfiffig' zu *§hérzdâ- f . Eordeum sativum L. ist das H a u p t bfrian 'zerdrücken, zerreiben'. Vgl. d u r c h - getreide der Idg. und trägt doch nach Spracht r i e b e n , v e r s c h l a g e n , v e r s c h m i t z t und gruppen verschiedene Namen: aind. ydva-, lit. M. Förster, Anglia 68, 96 Anm. 2. javai, gr. zeial, got. *laris (gefolgert aus dem gering Adj. ahd. (gi)ringi 'leicht', ungiringi Adj. barizeins 'gersten'), afries. ber, ags. bere, 'gewichtig' (DWb. 11, 3, 820), afries. ring, mnl. engl, bear (häufiger barley aus ags. bcer-lïc gheringhe, mnd. mhd. (ge)ringe 'leicht, schnell 'gersten'), anord. harr (aus *bare-); bygg. G e r s t e bereit, klein' mit einer Bed.-Entwicklung, die an ist ursprünglich ein Adj. 'die Stachlige', in dieser die von klein erinnert. Nur südgerm.; schwed. Bedeutung bestätigt durch das ablautende ags. ringa, dän. ringe sind aus dem Mnd. entlehnt. gorst 'Stechginster; Brombeerstrauch'. Hiermit Außergerm, wird gr. rhlmpha (φίμφα) 'leicht', ablautgleich sind lat. horrêre 'starren* und hor^ιμφαλέοΐ 'geschwind' verglichen, mit dem sich deum 'Gerste' (über *horzdeiom (far, frumèntum) germ. *ring- auf eine Wurzel *rengh- ver- aus idg. *ghrzdeiom 'Grannengetreide', subst. einigen läßt. Sto ff adj. zum F. *ghrzdä 'Granne'), gr. krï η., Gerippe n. kommt als Kollektiv zu Rippe brittle Mz. (aus *ghfzdä) 'Gerste' und alb. driê, (s. d.) seit Grimmelshausen 1669 Simpl. 305 Ndr. dri&ë m. η. (aus *ghjzd-) 'Getreide, Gerste'. auf und wird seit Stieler 1691 gebucht. Von Außeridg. Beziehungen bestehen vielleicht zu 'Gesamtheit der Rippen' wird die Bed. mit pars gleichbed. bask, garagar und georg. qeri (hieraus ;pro toto auf das ganze Knochengerüst erweitert. entlehnt armen, gari). J. Hoops 1906 Waldb. u. An der Umbildung beteiligt sind frühnhd. ge- Kulturpfl. 364ff. rëffel, geriffel n. 'Knochengerüst', die zu R e f f 1 n. Gerstenkorn n. 'Samenkorn der Gerste', mhd. '(Stab) Gestell' gehören (s. d.). gërstenkorn, ahd. gêrstun korn. F ü r 'kleine GeGermanist m. 'Kenner des german. Rechts' schwulst am Augenlid' zuerst bei E. Alberus seit Ende des 18. Jh., 1839 bei J. Grimm und (Frankfurt a. M. 1640) Τ 2 b . Lehnübersetzung
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Gerstensaft
gescheit
des gleichbed. lat. hordeolum, das seinerseits gr. Gerüst w. Zu ahd. (h)rustan (s. r ü s t e n ) gehört krithe übersetzt: so nennt Hippokrates das gi{h)rusti 'Zurichtung, Aufbau', mhd. gerüste. Leiden. Mit ähnlichen Bildern A u g e n h a b e r , Die alte Dreisilbigkeit hält sich noch bei Schiller E r b s e , H a b e r , H a g e l k o r n , - s t e i n , K i f e , und Η. v. Kleist; die Bed.-Entfaltung vergleicht P e r l e , frz. grain d'orge, orgelet; hieraus Schweiz. sich der von lat. armatura, frz. armature. gesamt Adj. m h d . gesament, gesamnet, ahd.
ürseli. G e r s t e n k o r n von Geweben, heute vor allem für leinene Handtücher, stand ursprünglich für sehwere Damasttischtücher, unter Heinrich IV. (1589—1610) von den Brüdern Graindorge eingeführt (H. de Balzac, Médecin de campagne, Kap. 3), die den mittelbaren Berufsnamen des Gerstenbauern oder -handlers tragen.
gisamanôt: Part, zu samanön schw. Ztw. ' s a m meln', s. d. Gesandter m. U n t e r B o t s c h a f t e r i s t die Entwicklung der diplomat. Titel angedeutet. Bevor A b g e s a n d t e r als Lehnübers. für frz. envoyé hochkam, ist G e s a n d t e r zu Beginn des 16. Jh.
Gerstensaft m., das Alberus 1540 Diet, ti 1» aus gesanter pote gekürzt, das z. B. im
für 'Gerstenschleim' gebucht hatte, erscheint seit Steinbach 1734 u. Brockes 1748 Ird. Vergn. 9, 146 für 'Bier' u. wird bei Dichtern wie Wieland Gegenwort zu dem älteren R e b e n s a f t (s. d.). An beiden Wörtern ist die Stud.-Sprache beteiligt: Zeichnung der Univ. Jena (1798) 100. Gerte /. Neben *ghast-,
das in lat.
hasta
'Speer* und mir. gas 'Schoß, Reis' erscheint, wird ein *ghazdh- in mir. gat 'Weidenrute', air. tris-gataim 'ich durchbohre' sichtbar. Ihm entspricht germ. *gazda- in got. gazds 'Stecken', anord. gaddr, ahd. mhd. gart m. 'Stachel, Treibstecken'. jo-Ableitung dazu (germ. *gazdjô) ist ags. gerd, gyrd, engl, yard 'Elle', afries. ierde asächs. gerd(i)a, ahd. gart(e)a, gçrta, m h d . gçrte
'Rute, Zweig, Stab'. Vgl. ags. gorst 'Ginster'. Geruch m. m h d . geruch, mnl. gheroke : zu mhd.
ruch m. 'Duft, Dunst'. S. r i e c h e n . Gerficht n. Zu r u f e n (s. d.) gehört ahd. gehruafti 'Rufen, Geschrei', das in mhd. geruofte, gerüefte fortlebt. Daneben tritt (zunächst aus nsächs., wohl westfälischen Rechtsquellen) spätmhd. gerücht, entspr. mnd. gerückte 'Gerede' mit cht für hd. ft (s. a n r ü c h i g ) . Luthers Ger ü c h t (Matth. 4, 24 u. o.) wird in Basel 1623 durch geschrey, leümed ersetzt: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 108. geruhen Ztw. Eine germ. Wz. *rah,
Geschäftsträger m. f ü r frz. chargé *rok, seit Adelung 1775.
deren Entsprechung in gr. arègein 'helfen', arôgôs 'Helfer' greifbar wird, erscheint in ahd. rahha 'Rechenschaft', ruohha 'Bedacht, Sorge'. Dazu das schw. Ztw. anord. rœkia 'sorgen', ags. *rècan, recean, engl, reck 'sich kümmern', asächs. rökjan, ahd. (gi)ruochan 'sorgen, Rücksicht nehmen auf'. Während mhd. frühnhd. geruochen 'belieben' die Linie fortführen, ist nhd. g e r u h e n durch r u h e n abgelenkt, wie in Luthers geruwen besonders deutlich wird. G e r u h e n mit Inf. steht unter Einfluß des entsprechend gebrauchten frz. daigner und lat. dignäri ( J u d i t h 9, 6: castra Aegyptiorum videre dignatus es). Von Gott auch
im
ersten
Bartsch:
mhd. Zeugnis, herre,
thlnon
Rolandlied
boten
moche
6900 mir
ze
senden. Daneben hält sich die ältere Fügung ohne zu bis ins 16. Jh.
Vocab.
theuton. (Nürnberg 1482) m l b gilt. G e s a n d t s c h a f t /. wird im 17. Jh. dem seit 1598 bezeugten nl. ghesandschap nachgebildet. Geschäft n. Die älteren Sprachstufen kennen in got. gaskafts (F. Kluge 1926 Stammbildungsl. § 128 b ), ags. (ge)sceaft, asächs. ahd. gaskaft Bildungen, die gemäß ihrer Zugehörigkeit zum st. Ztw. s c h a f f e n (s.d.) 'Schöpfung; Geschöpf' bedeuten. So noch Luther 1523 Psalm 92, 5 „das ich guther Ding byn vber den Gescheff ten deyner Hende". Die Vorgeschichte des nhd. G e s c h ä f t beginnt erst mit mhd. geschçft(e), das als Abstr.Bildung zum schw. Ztw. s c h a f f e n von der Bedeutung 'was man zu schaffen hat' ausgeht. Die Einengung auf Staatsgeschäfte gehört dem 18. Jh. an, die Anwendung auf Handelsgeschäfte beginnt im 15. Jh. (zuerst 1417: A. Schirmer, Wb. d. dt. Kaufmannssprache 73), entfaltet sich aber erst im 19. Jh. in die Breite. Geschäftsmann m. von Goethe und Schiller begünstigte Lehnübers. des frz. homme d'affaires. Geschäftsordnung f . setzt sich 1819 in den Bundestagsverhandlungen und in der Badischen 2. Kammer durch, die frz. règlement ausdrücklich verwirft: A. Gombert 1905 Zs. f. d. Wortf. 7, 144 f. d'affaires
geschehen st. Ztw. Die germ. Wz. *skeh- (zu der als urverw. aslav. skokü 'Sprung', skakati 'springen', air. scuchim 'ich gehe weg, vergehe' stimmen) entwickelt das Ztw. ags. scëon, afries. skia, ahd. scehan 'vagari',
m h d . schêhen 'eilen'.
Auf westgerm. *gi-skëhan vereinen sich ags. gescêon, ahd. gascëhan,
m h d . geschehen,
mnl.
ghescien, nnl. geschieden. Dazu G e s c h i c h t e , s.d. gescheit Adj., mhd. geschlde 'schlau', gehört 7¡»m Ztw. schïden is. s c h e i d e n ) . Grundbed. ist dieser Herkunft gemäß 'geistig sondernd'. Ges c h e u t , das von Schupp 1663 bis Schiller 1781 gilt, beruht auf umgekehrter Schreibung in Landschaften, die jedes eu zu ei entrundeten, und wurde durch falsche Beziehung zu s c h e u e n gestützt. Vgl. H e u r a t , k e u c h e n , r e u t e n neben H e i r a t , mhd. klchen, r e i t e n .
Geschichte
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Geschichte /. Als Abstr. zu g e s c h e h e n (s. d. und S c h i c h t ) bed. ahd. gi-sciht 'Ereignis, Zufall, Hergang', mhd. geschiht auch 'Sache, Weise, Schicht', frühnhd. geschickt auch 'Erzählung von Geschehenem*. Die Vertiefung seines Begriffs durch G. Kant und Herder: Zs. f. d. Wortf. 6, 108; 10, 7f. Dabei ersetzt es das im 13. Jh. eingedeutschte H i s t o r i e (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 268), so daß nun auch der Plur., der zuerst bei Wilwolt v. Schaumburg (1507) 5 geschickten lautet, mit Fügungen wie „macht keine Geschichten" in die Bed. des frz. histoires (ne faites pas d'histoires) nachrücken kann: Zs.f.d. Wortf. 4, 128. — G e s c h i c h t l i c h 'historiens, -ice' seit Stieler 1691, nachdem mhd. geschihtecllcken Adv. 'zufällig' bedeutet hatte. Unersetzt bleibt H i s t o r i k e r , das nicht in allen Fällen durch Ges c h i c h t s f o r s c h e r oder - S c h r e i b e r ersetzt werden kann. Paul E. Geiger, Das Wort 'Geschichte' (Phil. Diss. Freiburg i. B. 1908); J. Hennig 1938 Dt. Vierteljahrsschr. 16, 511—52. Geschick «. mhd. gesckicke 'Begebenheit, Ordnung, Bildung, Gestalt' ist Abstr. zu s c h i c k e n , s. d. — geschickt Adj., mhd. gesckicket, von Haus aus Part, zu mhd. schicken in dessen Bed. 'anordnen, einrichten'. Geschirr n. Zu ahd. scêran 'schneiden' (s. s c h e r e n ) stellt sich ahd. giscirri, das urspr. 'Zurechtgeschnittenes' bed. haben muß, aber nur in den Bed. '(ausgehöhltes) Gefäß, Gerät, Werkzeug' greifbar wird: N. 0 . Heinertz 1916 Beitr. 41, 489—95. Mhd. geschirre ist neben 'Werkzeug jeder Art' auch 'Bespannung'. Diese Bed., durch Kürzung von ahd. satalgiscirri 'iumentorum cingula' (Ahd. Glossen 2, 727, 12) gewonnen, wird in nhd. a n s c h i r r e n deutlich. G u t G. m a c h e n 'ausgelassen sein' ist dem frz. faire bonne chère nachgebildet. Darin ist afrz. chiere f . 'Miene', über vulgärlat. cara entlehnt aus gr. kdra 'Haupt, Antlitz'. Geschlecht n. ahd. gislahti, mhd. geslähte 'Stamm, Eigenschaft'. Entlehnt ist poln. szlahta 'Adel', szlachcic 'Edelmann'. Heute hat Ges c h l e c h t die Bedeutungen l)von lat. genus, vgl. G e s c h l e c h t s w o r t , 2) von lat. sexus 'männl. oder weibliches Geschlecht'. Als 'Art' ebenso wie nhd. S c h l a g (vgl. die Verbindungen Mens c h e n · , V o l k s - , V i e h - , B a u m s c h l a g ) , der alten Sprache fremd Ahd. slahan, anord. slä bedeuten allein schon 'nacharten, nachschlagen' (nah den fordorön slahan 'den Vorfahren nacharten'), wie spätmhd. näch-slaken, nhd. n a c h s c h l a g e n . Wahrscheinlich hatte schon germ. slahan die Nebenbed. "eine Richtung einschlagen'. Dann wäre *ga-slahta- zunächst 'was dieselbe Richtung einschlägt'. Adj. ahd. gislaht, mhd. geslaht 'wohlgeartet, edel geartet'; u n g e s c h l a c h t , ahd. ungislaht, mhd. ungeslaht,
Geschmeiß
mnl. ongeslacht (DWb. 11, 3, 846) 'unedel, niedrig'. Wegen der außergerm. Verwandten s. Schlag. Geschlechtswort n. für A r t i k e l erscheint bei Gueintz u. Schottel 1641, Gottsched setzt es durch. Anfechtungen durch Adelung u. Campe können es nicht mehr aufhalten: Wh. Pfäff 1933 Kampf um dt. Ersatz Wörter 32 f. Geschlinge n. Zu S c h l u n g , einer Nebenform zu S chi u n d (s. d.), wird mhd. *geslünge gebildet (wie G e b i r g e , G e f i l d e , G e h ä u s e zu B e r g , F e l d , H a u s ) . Das Kollektiv bed. urspr. 'Schlund mit Zubehör', ist aber schon bei seinem ersten Auftreten im Leipziger Gebiet seit 1462 (geslinc, geslynet Germ. 20, 38; DWb. 4, 1, 3921) auf Lunge und Herz des Schlachttiers erweitert. Kennzeichnend J . S. V. Popowitsch 1780 Versuch e. Vereingg. der Mundarten von Teutschland 153 „der Schlund hanget auch daran, wird aber nur von armen Leuten darunter geschnitten". Schon die ersten Belege zeigen die Entrundung des ü zu i, die sich von dem nord- und mitteld. Geltungsbereich des Worts (Kretschmer 1918 Wortgeogr. 216f.) her auch schriftsprachl. durchgesetzt hat, wie in B i m s s t e i n , Gimpel, Gipfel, kirre, Kissen, Ki t t , kitzeln, Pilz, Schlingel, spritzen, S t r i p p e , w i r k e n , Zille. Gestützt wurde das i durch den Quergedanken an s c h l i n g e n , wie das von F i n d l i n g (zu F u n d ) durch den a n finden. Geschmack m. ahd. gismac, gismah(ho), mhd. gesmac(h): zu s c h m e c k e n , s. d. Die übertragene Bed., die G. nach dem Vorgang des span, (buen) gusto (wonach auch ital. gusto, frz. (bon) goût seit Boileau) erhielt, begegnet vereinzelt seit Harsdörffer 1651 Fortpflanzung der Fruchtbr. Gesellschaft, häufiger seit Thomasius 1687 Von Nachahmung der Franzosen, bedarf aber noch bei J. U. König 1734 Unters, v. guten G. eingehender Verteidigung. Ital. gusto noch bei Sperander 1727 und Goethe. Landschaftl. ist G. bis heute ungewohnt, z. B. gilt im Schwab, sinnlich G u , ästhetisch G u s t o : H. Fischer 1911 Schwab. Wb. 479f. 890. 939; entspr. in der Schweiz: Id. 2, 492. 9, 877; Zs. f. d. Wortf. 10, 8. 17 f. 14, 164. Geschmeide re. Zur germ. Wz. *smi 'in Metall arbeiten' stellt sich außer der Sippe von S c h m i e d und ahd. smeidar 'Metallkünstler' ein ahd. snuda f . 'Metall'. Hierzu gehört (wie G e f i l d e zu F e l d ) das Kollektiv ahd. gismldi n. 'Metall', das als mhd. gesmtde auch die Bed. 'Metallgerät, eherne Waffen, Schmuck' annimmt. Dazu wieder ges c h m e i d i g Adj., mhd. gesmldec 'leicht zu bearbeiten, gestaltbar'. Geschmeiß n. Unter S c h m e i ß f l i e g e ist aus mundartl. Formen das mhd. Grundwort *smei%e
Geschoß
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Gesichtskreis
entwickelt, zu dem mhd. gesmeiçe η. 'Unrat, ist g e s c h w i n d wohl überall bekannt, doch Brut, Gezücht' als Kollektiv gehört. S. ferner wird es nur in Süddeutschland und Österreich häufig gebraucht; außerdem nur G e s c h w i n schmeißen. Geschoß n. mhd. geschoi; m. ». und geschôç η., d i g k e i t als Fachwort zunächst der Physik. ahd. giscoj, mnd. mnl. geschoi, ags. gescot ». : zu Geschwister Plur. (w. Sg. vereinzelt bei Less c h i e ß e n , zunächst passivisch 'was geschossen sing, Goethe u. a.), mhd. geswister mit den wird', Pfeil, Bolzen, Kugel; so heute besonders Weiterbildungen geswister-de, -Ide, -gît: E. Herin gewählter Rede. Früher auch aktivisch 'Gerät, mann 1935 Idg. Forsch. 53, lOlf. Wie G e b r ü d e r mit dem man schießt', Bogen, Armbrust, Ka- 'Brüder zusammen', so bedeutet ahd. asächs. none. Beides vereinigt die Sammelbildung ags. gi-swëstar Plur. 'Schwestern (zusammen)'. Das gesceot 'Pfeil und Bogen'. Zu intrans, s c h i e ß e n alte Wort für 'Geschwister' war G e l i c h t e r , s.d. 'schnell in die Höhe wachsen' gehört G e s c h o ß Mit anderer Ableitung steht anord. systkm n. 'abgeschlossener Gebäudeteil', E r d - , D a c h - , Plur. 'Geschwister'. S. S c h w e s t e r . Z w i s c h e n g e s c h o ß . Entsprechende Bedeutung Geschwulst /., ahd. giswulsl: Abstr. zu konnte schon ags. gescot haben. Veraltet ist Ge- s c h w e l l e n , s. d. und S c h w u l s t . s c h o ß 'Abgabe, Steuer, Zins', das zu s c h i e ß e n Geschwür n. zum st. Ztw. s c h w ä r e n , s. im Sinne von 'beisteuern, zuschießen' gehört. — S c h w ä r . Mit Ablaut zu ahd. giswër, mhd. geKollektiven Sinn hatte G e s c h ü t z »., mhd. swër, noch bei Lessing Oeschw&r neben Geschivür, geschüte(e), md. geschutze, mnd. geschulte ». hat Luther geschwür und geschwer. Das 17./18. 'Schießzeug, Schußwaffen', später auf die großen Jh. schreibt auch Geschwier; bes. das Ostmd. Schußwaffen (Artillerie) begrenzt, jetzt auf die wandelt mundartlich ü zu i, auch als Längen. einzelne Kanone. Vgl. Gewehr. Geseire(s) ». 'unnützes, verworrenes Gerede', Geschwader n. Zu ital. squadrare (aus volks- 'Geschwätz'. Jidd. g'séjre f., pi, g'séjress 'böses lat. *ex-quadrare 'viereckig aufstellen') gehört Verhängnis (besonders judenfeindliches Gesetz)'. squadra f . 'in ein Viereck geordnete Truppe, bes. Im Rotwelschen seit 1820 nachgewiesen, außerReitertruppe'. Daraus wird spätmhd. swader ». dem in den Mundarten verbreitet. Bernstein (Genuswandel nach F ä h n l e i n , H e e r , Volk), Glossar 24. H. P. Althaus in Zs. f, Mundartbei obd. Heerführern des ausgehenden 16. Jh. forschung 30 (1963/64), 126, Wolf, Wb. d. Rotdas schwader. Den kollektiven Sinn verdeutlicht welschen 1764. gleichzeitig geschwader : Mod. lang, notes 34, 417. Geselle m. mit kollektivem ge- zu S a a l (s.d.) 36,486. Die Übertragung des Begriffs auf Schiffe wie G e f ä h r t e zu F a h r t . Ahd. gisell(i)o 'Saal-, (seit 1672: Kluge 1911 Seemannsspr. 311) wird Hausgenosse' (vgl. K a m e r a d zu K a m m e r ) , vermittelt durch die Anwendung auf Scharen später 'Gefährte, Freund', mhd. gesçlle auch von Seevögeln : so Fischart 1575 Garg. 376 Ndr. : 'Handwerksgehilfe'. Dazu gesellig Adj., mhd. ein geschwader Merchen (Tauchervögel). geselkc 'zugesellt, verbunden' ; mhd. gesellecheit f . geschweigen schw. Ztw. ahd. gisweigen Fak- 'Verhältnis als gesflle'; g e s e l l e n Ztw., mhd. titiv zum st. Ztw. swigan (s. schweigen), somit gesellen 'vereinigen, verbinden'. 'zum Schweigen bringen'. — Dagegen ist nhd. Gesetz ». mhd. gesetse, woneben gleichbed. g e s c h w e i g e verkürzt aus mhd. ich gesuñc (wie gesetsede, ahd. gisçzzida f.: zu s e t z e n , woher b i t t e , d a n k e aus ich b i t t e , ich danke). Nach auch S a t z u n g . In Luthers Tagen war statt des Unterdrückung des funktionslos gewordenen von ihm durchgeführten gesete die obd. SchriftPronomens hat g e s c h w e i g e (daß) den Cha- form g(e)satz{t): Kluge 1918 Von Luther bis rakter einer Konjunkt. angenommen: Behaghel. Lessing 100. Dt. Syntax 2, 3; 3, 177; Axel Lindquist, SatzGesicht ». zu s e h e n ; mhd. gesiht(e), ahd. wörter 1961, 75. gisiht, ags. gesihp 'das Sehen, Anblick, Traum, geschwind Adj. mhd. geswinde 'schnell, un- Gesicht als Sinn'. G e s i c h t s e r k e r m. ist nicht gestüm', mnd. geswinde 'stark'; daneben früh- von Zesen (f 1689) als Ersatz für das übrigens nhd. schioind(e), mhd. swint, swinde 'gewaltig, gut deutsche N a s e vorgeschlagen worden, bestark'. Ahd. nur in Namen (Suindlert, -frid, gegnet erst bei Matthison 1795 Schriften 3, 377 Adal-, Ámalswind, Irminsmnda); afries. smthe als Versuch eines ungenannten Puristen. E r k e r Adv. 'sehr', asächs. ags. smä 'kräftig, geschickt', l e i n G. Keller 1874 Leute v. Seldw. 2,135. — anord. svinnr 'verständig', got. sivinps 'stark'. Sonstigen Spott über Zesen sammelt Kluge 1918 Hier tritt die Grundbed. zutage, deren Wandel Von Luther bis Lessing 221f. zu 'rasch* entspricht dem von b a l d und s c h n e l l . Gesichtskreis m. für H o r i z o n t erscheint bei Zur Schwundstufe der gleichen Wz. nhd. g e s u n d, Boteras 1596 Allg. Weltbeschr. 1, 149 „den s. d. Außergerm, sichere Abkömmlinge der Wurzel Horizontem oder Gesichtskreis", und wird im *syento-: * sunto- 'rege, rüstig,gesund' sind bis- 17. Jh. von Zesen, Harsdörffer und Comenius her nicht ermittelt. In heutiger Umgangssprache durchgesetzt. Campes Eintreten für S e h k r e i s
Gesichtspunkt
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hat dem älteren Ersatzwort nicht mehr geschadet : Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 33. Gesichtspunkt m. Als Kunstwort des perspektivischen Zeichnens prägt Dürer (f 1528) Unterweisung d. Messung K 2 b des gesichts punct nach lat. punctum, visus. Wie dann frz. point de vue bei uns eine Rolle zu spielen beginnt, überträgt Leibniz gesichtpunct auf die geistige Perspektive: DWb. 4, 1, 4103. Gesims s. Sims. Gesinde n. mhd. gesinde, ahd. gisindi, asächs. gisiöi, ags. gesiß, anord. sinni η. 'Reisegefolge, Kriegsgefolgschaft': Sammelbildung zum M. mhd. gesint (d), ahd. gisind(o), asächs. gisïd, ags. gesïd(a), got. gasinp(j)a, anord. sinni 'wer eine Heerfahrt mitmacht, Gefolgsmann'. Dies zu ahd. sind 'Weg, Richtung', asächs. ags. sïp, afries. sïlh 'Reise', anord. sinn 'Gang, Mal', got. sinps 'Gang'. Germ. *sinpa- 'Weg' gehört zur idg. Wurzel *smt- 'eine Richtung nehmen', s. senden und S i n n . Außergerm, vergleichen sich awest. hant- 'gelangen (lassen)', armen, mt'aç 'Weg, Gang',lit. siunSik,lett. sütu 'sende',air. set 'Weg' und der gall. Ortsname Gabrosentum 'Geiß-Pfad'. Gesindel n. Frühnhd. gesindlein, -lin Verkl. zu G e s i n d e , wird noch von Luther gleichbed. mit diesem gebraucht. Der verächtl. Sinn, den zunächst H u d e l m a n n s - , L u m p e n g e s i n d e l tragen, früh bei Void 1618 Joseph 2, 2: „Joseph hat nichts gemein mit dem übrigen Gesinde, das man eher Gesindlein nennen sollte." Gerinnung /.Zu g e s i n n e n in seiner einst verbreiteten Bedeutung 'begehren, verlangen, ansuchen' gehört mnd. gesinnunge 'das Ansinnen, Begehren'. Die heutige Anwendung des F. zuerst in der Mz.: Lessing 1751 Sämmtl. Sehr. 3, 244 Lachmann „man habe die Gesinnungen und die Aufführung eines Mannes, der die Welt kennt". Das Adj. g e s i n n u n g s t ü c h t i g begegnet seit 1844 lobend; zum Hohn wird es in Zeitungen der Linken 1848. Zugleich erfährt das 1845 geprägte F. G e s i n n u n g s t ü c h t i g k e i t denselben Wandel. G e s i n n u n g s v o l l beflügelt Friedrich Wilhelm IV. am 19. Nov. 1842 durch sein Wort zu Gg. Herwegh „Ich liebe eine gesinnungsvolle Opposition". Gespenst n. mhd. gespanst, -spenst f., -spçnste η. 'Lockung, teufliches Trugbild, Gespenst', ahd. (gi)spanst, asächs. gispçnsti 'Verlockung' : Verbalabstr. zum st. Ztw. ahd. spanan 'locken', s. abs p e n s t i g . Daß die Grammatiker des 17./18. J h . e (nicht ä) vorschreiben, beweist, daß ihnen die Verwandtschaft mit dem Ztw. a b s p a n n e n 'weglocken' des Lutherschen Katechismus nicht bewußt war. Gest s. Gischt. Gestade n. zu S t a d e n m. Mhd. stade, ahd. stad(o), asächs. stath, afries. sted, ags. steep, got.
Gestirn
Dat. Sing, stapa 'Ufer, Gestade' führen auf getneingerm. *stapa, dazu Kollektiv mhd. gestat, Dat. gestade·, -e tritt nhd. nach dem Muster von G e l ä n d e , G e b i r g e an. G e s t a d e ist heute auf die Bedeutung 'Meeresufer' verengt und nur in gehobener Sprache (Dichtung) gebräuchlich. Ableitung zur idg. Wz. *sthä 'stehen' (s. S t a d e l , S t ä t t e , stehen), somit urspr. 'Festland' im Gegensatz zum Wasser. Das einst gemeinhd. Wort S t a d e n , das bis Hessen nordwärts als Ortsname begegnet, hat sich im Md. und darum in der Schriftsprache nicht voll behauptet. Das von Norden vordringende nd. U f e r führt Luther zum Siege: v. Bahder 1925 Wortwahl 37f. Gestalt /. tritt als mhd. gestalt 'Aussehen, Beschaffenheit' erst zu Ausgang des 13. J h . auf und mag aus dem älteren ungestalt f. gefolgert sein. gestatten schw. Ztw., ahd. gistatön 'gewähren', urspr. 'günstige Gelegenheit bereiten': zu ahd. stata f. 'günstige Gelegenheit'. S. S t a t t . Geste /. Lat. gestus m. 'Gebärdenspiel des Redners oder Schauspielers' (zu gerere 'sich benehmen') erscheint um 1500 in der Formel gesten machen von öffentlichen Spaßmachern (Diefenbach 1857 Gloss. 261 e ), dann durch das ganze 18. J h . in lat. Form G e s t u s , die z.B. in schwäb. Mundart als geUes fortlebt (H. Fischer 1911 Schwäb. Wb. 3, 556). Vom Plur. G e s t e n geht bei Lessing 1767 die Eindeutschung aus, die den Sing, erst mit Schiller 1795 erreicht: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 245f. gestehen Ztw., ahd. gisiän 'stehen bleiben, hintreten (zu einer Aussage), einräumen'; dazu g e s t ä n d i g . S. v e r s t e h e n . gestern Adv. (mundartlich vielfach verdrängt durch n a c h ten), mhd. gëster(n), ahd. gestaron, gësterèn, nd. gistern, mnd. ghist(e)ren, nnl. gisteren, ags. geostra{n), gëstrandœg, engl, yesterday. Daneben ahd. êgëstern 'übermorgen', got. gistradagis 'morgen', mit Ablaut anord. I gier 'morgen, gestern'. Die Grundbed. 'am andern Tage, von heute aus gerechnet' war der doppelten Entwicklung zu 'gestern' und 'morgen' fähig: F. Kluge 1916 Beitr. 41,182. Grundlage ist nach F. Specht 1944 Zs. f. vgl. Spracht. 68, 201 ff. idg. demonstratives *gh-·, dazu mit der Endung des Komparativs idg. *ghesl-, aind. hyás 'gestern'. Wie die germ. Formen zeigt lat. hesternus 'gestrig' (zu heri 'gestern') eine zweite Kompar.-Endung -tero-, während gr. chthés (aus *§htes) 'gestern' in dem t ein zweites Demonstrativ enthält. Urverwandt sind ferner air. indhé, kymr. doe, alban. dje 'gestern' und toch. ksär 'morgen'. Für 'heute' und 'morgen' fehlen so alte Wörter. — Die Lautgeographie von 'gestern' bietet der Dt. Sprachatlas; die Wortgeographie von 'gestern abend' Wortatlas XVI. S. n a c h t e n . Gestirn s. S t e r n . — Gestöber s. s t ö b e r n .
Gesträuch
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Gesträuch s . S t r a u c h . Gestrüpp s. s t r u p p i g . Gestfit s. S t u t e . gesund Adj. ahd. gisuni (Í); daneben gisunt m. 'Gesundheit', das in bair. der G e s u n d heute noch lebt. Das Adj. auch in ani. gisund, afries. sund, ags. gesund, engl, sound. Dem Nord- und Ostgerm, fremd; dän. schwed. sund sind entlehnt aus mnd. (ge)sunt (d). Westgerm. *sundaist Tiefstufe zu dem unter g e s c h w i n d entwickelten Stamm, s. d. Getreide n. mhd. getrçgede 'was getragen wird: Kleidung, Gepäck; was der Boden trägt: Blumen, Gras, Frucht'; ahd. (seit 11. Jh.) gitregidi 'Ertrag, Einkünfte, Besitz'. Die nhd. Bed. tritt md. im 14. Jh. auf und ist Luther geläufig. Sein getreyde (Luk. 6, 1 u. o.) wird in Basel 1523 zu korn, frucht : Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 108. — Zur Bed. 'Roggen' (s. d.) H. Höing in: Dt. Wortforschung in europ. Bezügen I 1958 hg. L. E. Schmitt, eine große Fläche mit hierhergehörigem Troad um Wien, in Oberösterreich und im Burgenland. getreu s. t r e u . getrost s. T r o s t . Getto m. n. 'Judenviertel'. Bei uns seit 1627, zunächst zur Kennzeichnung ital. Zustände: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 246. Der erste ital. ghetto ist 1616 in Venedig errichtet, zunächst offenbar für die nicht bodenständigen Juden. Wie diese in Triest Greghi 'Griechen' heißen, so könnte man in Venedig an Aegyptius denken. Gevatter m. Zu lat. conpater 'Mitvater in geistl. Verantwortung, Pate' ahd. gifatero, mhd. gefatter(e), daneben agd. *goti, mhd. göt(t)e, ahd. *p(f)ettiro, mhd. p(f)etter(e), die als 'Paten' im heutigen Obd. bzw. Westmd. allein weiterleben. Mnd., niedersächs. (ge)vadder bewahren die alte Bedeutung. Unter entscheidendem Einfluß des Bedeutungswandels von gefatter ist über das Ostmd. paté zum Schriftwort aufgestiegen. Dem bereits im 9. Jh. als 'amicus' bezeugten conpater folgt mhd., nhd. gefatter als 'Onkel, Freund der Familie'. Eine Zwischenstufe bei Luther, der paté bei der Beziehung zwischen Paten und Patenkind gebraucht und geaftter verwendet, wenn vom Verhältnis zwischen Paten und Kindeseltern die Rede ist. Entprechend, auch räumlich, die Entwicklung von ahd. gifatera, mhd., nhd. gefatterin, mhd., nsächs. (ge)vadderske, (ge)vadderin Patin'. Die Karten 'Pate', 'Patin' von S. Guthmann bei W. Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1955), zeigen die Wortvarianten vadderonkel, vaddermann und vaddertante. Zuweilen bei (ge)vadder m., f . wie bei pote m., f . Genusdifferenzierung durch Artikel. Zu den Entsprechungen s. Gode, P a t e .
Gewehr
gewahr Adj. Zur Sippe von w a h r e n (s. d.) gehören ahd. asächs. giwar, mnl. ghewäre, ags. gewcer, engl, aware, woneben anord. varr 'be(ob)achtend, aufmerksam', got. wars 'behutsam'. Unsere Formel g e w a h r w e r d e n , eig. 'aufmerksam werden' ist schon westgerm. Das subst. Adj. liegt in mhd. gewar f . 'Obhut* vor, Subst. eines Adj. auf - s a m (s. d.) in G e w a h r s a m , mhd. diu gewarsame 'Aufsicht, Sicherheit'. Das schw. Ztw. g e w a h r e n , spätmhd. gewarn 'gewahr werden' ist aus dem Adj. abgeleitet. gewähren schw. Ztw. Mhd. (ge)wëm, ahd. (gï)wêrên 'zugestehen, (Gewähr) leisten', afries. wëra 'Gewähr leisten' führen auf germ. *weraiaus *uer (g)- 'Freundliches, Frohes erweisen' in gr. heorte (έορτή) 'Liebeserweisung an die Gottheit, Feier', héranos 'Gastmahl, zu dem jeder beisteuert', *ρήρ in hom. ήρα φέρει ν 'einen Gefallen tun', epieranos 'wohlgefällig', lat. sevêrus 'ohne freundliches Wesen, streng', kymr. cywir 'recht, treu, aufrichtig' (vgl. wahr). Das Part, ahd. wêrênto dringt ins Roman, und liefert die Sippe von G a r a n t i e , s . d . Über die Formel g e w ä h r e n l a s s e n Klaeber 1919 Journ. of Engl, and Germ. Phil. 18. Gewalt f . ahd. giwalt m. f.: zu walten. Gewand n. Neben ahd. giwâti, mhd. gewœte 'Kleidung' (s. L e i n w a n d ) treten im 11. Jh. badagiwant 'Badekleid', untarwanth 'Unterkleid'. Ahd. giwant (zu w e n d e n , s. d.) hatte 'Wendung' bedeutet. Unter Auslassung des Begriffs 'Tuch, Gewebe' wird gewant 'das Gewendete, in Falten Gelegte, Aufbewahrte, der Tuchballen' : H. Wunderlich 1903 Idg. F. 14, 406; Zs. f. d. Wortf. 4, 327. 14, 152. Mhd. gewanthüs ist zunächst das städt. Gebäude, in dem Tuchballen zu Schau und Verkauf lagern. Charier, Etudes Germ. 1962,272: frz. gant. gewandt Adj. Das Part, zu w e n d e n wird im 17. Jh. zur Bez. des Geschickten, der sich zu wenden versteht; zuerst von Tieren und Schiffen. So gehört lat. versütus 'wendig' zu versare 'sich wenden'. Gewann(e) f . 'Grenze, Grenzstreifen; Acker (von bestimmter Größe); Flur; die aus gleichwertigen Äckern, Wiesen usw. bestehende, ein Ganzes bildende Unterabteilung der Gemarkung'. Mhd. mnd. mnl. gewande f . 'Grenze, Umkreis, Acker(beet), Ackerlänge'. Ursprünglich 'Ackergrenze, an der gewendet wird', zu w e n d e n . Vgl. Pflugwende. gewärtig Adj., mhd. gewçrtec 'achthabend, dienstbereit' zu gewarten 'sich bereithalten'. S. w a r t e n . Gewehr n. Zum schw. Ztw. ahd. werian 'wehren' gehört als Abstr. (gi)werl f., mhd. gewer f . n. Die urspr. Bed. 'was zur Verteidigung dient' wird früh eingeschränkt auf 'Schußwaffe',
Geweih
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dann erweitert aul 'Waffe' überhaupt und neu begrenzt auf die wichtigste Waffe der Neuzeit, die F l i n t e , s. d. Kollektiver Sinn hält sich lange in Wendungen wie „ins Gewehr treten, rufen"; auch Seiten-, Stoßgewehr, Gewehr als 'Hauer des Wildebers' wahren Erinnerungen an den älteren Sinn. S. w e h r e n . Geweih n. Neben älterem G e h ö r n (s. H o r n ) tritt im 13. Jh. mhd. hirçgemh, Mrçgeme auf, neben dem im 14. Jh. mit Gleitlaut (wie in eiger 'Eier', leige 'Laie', meige 'Mai') hirschgewtge u. ä. erscheint; hieraus verkürzt ein noch spätmhd. seltnes gewige, dazu als kollekt. Weiterbildung frühnhd. G e w i c h t . Anknüpfung an wegen st. Ztw. oder wie m., die Geweih als 'Gewichtiges' oder 'Kampfwaffe' deuten würde, verbietet sich, weil der Velar den ältesten Zeugnissen fehlt. Vielmehr ist ein ahd. *m m. n. oder *wïa f . vorauszusetzen, dessen Bed. sich aus urverw. aind. vaya, aslav. vëja 'Zweig' ergibt: G e w e i h ist als 'Geäst des Hirschs' zu fassen (vgl. zwei, Zweig). Gestützt wird die Deutung durch mnd. hertestmch 'Hirschgeweih' neben tmch 'Zweig'. Nnl. gewei ist im 18. Jh. aus dem Nhd. entlehnt, dän. gevir ist der Plur. der nd. Form. Gleichbed. weidmänn. G e s t a m b , G e s t ä n g e , S t a n g e , österr. G e s t ä m m e (zu S t a m m ) . Gewerbe n. mhd. gewërbe 'Geschäft, Tätigkeit': zu w e r b e n . Gewerkschalt /. Im 13. Jh. tritt md. gewërke m. "Handwerks-, Zunftgenosse' auf, das sich bald auf 'Teilnehmer an einem Bergwerk* verengt. Hierzu 1562 in Joachimsthal und Budweis zugleich Gewerckschafft 'Gesamtheit der Gewerken einer Bergzeche'. Seit Ende des 18. Jh. auf Angehörige andrer Berufe ausgedehnt; 1868 aufgenommen für 'Arbeiterverband', Gegenbildung gegen die von M. Hirsch begründeten G e w e r k v e r e i n e (engl, trade unions). Gewicht1 n. s. Geweih. Gewieht* n. 'pondus' mhd. gewichte, afries. mnd. ags. wihi 'Gewicht', engl, weight, anord. Vêëit: Verbalabstr. zu w i e g e n (s. d.). Dazu lat. veetio 'Hebebaum'. gewiegt Adj. erst frühnhd., Part, zu wiegen (s. Wiege /.), also in etw. gewieget 'darin erzogen, groß geworden'. Gleichbed. frz. je suis bercé de cela gehört zu bercer 'wiegen'. Mit demselben Bild die schwäb. Formel gewieklet und gwiegt 'gewandt, in allem sehr tüchtig' H. Fischer 1924 Schwäb. Wb. 6, 764. gewinnen st. Ztw. Ahd. gimnnan 'durch Mühe, Arbeit oder Sieg zu etw. gelangen' neben ahd. ags. winnan 'sich abarbeiten, streiten', anord. vinna 'arbeiten, leisten, gewinnen', got. (gar) winnan 'leiden, sich plagen' führen auf germ. *winnan 'mühevoll arbeiten' (bes. von Kampfesmühe) aus *win-w-an mit präsent, w. Dazu aind.
Gewitter
vanöti (neben vinati) 'er wünscht, liebt, erreicht, siegt'. Wie das ind. Etymon zeigt, sind wurzelverwandt auch ahd. wini, ags. wine, anord. vinr 'Freund' sowie W o n n e . — Dazu Tagwan m, mhd. lagewan, -wen, -won, tag(m)en, tau(we)n Flächenmaß für Wiesen (bei Äckern entspricht J a u c h e r t ) , urspr. 'so viel Land, wie man an einem Tag bestellen kann'. Das Grundwort gehört zu (ge)winnen. Heute vor allem ein Wort der westobd. Volkssprache, im Südosten entspricht T a g w e r k : E. Ochs 1940 Bad. Wb. 1, 404; Axel Lindquist Meijerbergs Arkiv 5, 86; J. Trier, Venus 110,118. gewifi Adj. Ahd. giwis (ss) mit Adv. giwisso, asächs. wis, Adv. giwisso, ani. *gewis(s), Adv. gewisso, afries. wis(s), ags. (ge)wiss, got. unwiss Adj. 'ungewiß' führen auf germ. *wissa- aus idg. *wid-to-, Part, zu idg. *uid (s. wissen); dazu aind. vittah "gefunden, erkannt'; air. fiss 'das Wissen' aus *ytid-tu-s. Die Grundbed. 'was gewußt wird' ist gesteigert zu 'was als sicher gewußt wird'. So wandelt sich l a u t 'was gehört wird' zu 'was deutlich zu vernehmen ist', s c h ö n 'was geschaut wird' zu 'was ansehnlich erscheint'. Vergleichbar lat. certus 'gewiß' als Part, zu cernere 'sehen'. Gewiesen n. Ahd. giwi^anï f . tritt zuerst bei Notker in St. Gallen um 1000 als Lehnübersetzung des lat. conseienlia auf, das seinerseits gr. syneidesis übersetzt, von Wulfila mit got.mipwissei nachgebildet. Der Form nach ist ahd. qiwifóani Adj.-Abstr. zum Part, giwi^an (s. wissen), während in mhd. gewiföen «., mnd. gewëten, nnl. geweten der Inf. substantiviert ist. Das lat. Wort ist in frz. engl, conscience bewahrt. Dem dt. Vorbild folgen dän. samvittighed, schwed. samvete, isl. samviska: F. Zucker 1928 SyneidesisConseientia (Jenaer akad. Eeden 6); W. Betz 1944 Beitr. 67, 302. Gewissensfreiheit/. Das von Boethius geprägte lat. libertas conscientiae spiegelt sich in frz. liberté de conscience, das seit 1698 nachzuweisen ist. Der Westfäl. Friede 1648 spricht von conscientiae libertas und übersetzt das: „mit Erhaltung eines jederen Gewissens Freiheit". Die Zus.-Setzung G e w i s s e n s - F r e i h e i t seit Zesen 1661; das Gegenwort G e w i s s e n s z w a n g schon 1621: Wunderlich 1911 DWb. 4, 1, 6316ff. 6338. Gewitter n. ahd. giwitiri, asächs. giwidiri, ags. gewidere, mnl. geweder 'Unwetter, Hagel, Witterung': Kollektiv zu W e t t e r , das mundartl. vielfach 'elektrisch sich entladendes Unwetter' ist. Von da hat sich die entspr. Bed. von Gew i t t e r im Nhd. durchgesetzt, dem mhd. gewiter(e) fehlt sie noch und erscheint nicht vor Maaler (Zürich 1661). Erinnerung an die neutrale Bed. 'Witterung' ist, daß U n g e w i t t e r neben G e w i t t e r steht, wie U n w e t t e r neben W e t t e r .
gewogen
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gießen
Euphemistisch ist die Anrede l i e b e s G e w i t t e r : Bescheid-Essen 361). G i c k e l h a h n (mit thür. i Zs. f. d. Wortf. 10, 161. 13, 228. aus ü) ist als Name eines Bergs, der nach seiner gewogen Adj. Zu mhd. gewëgen st. Ztw. 'Ge- Gestalt so heißt, durch Goethe berühmt gewicht haben, angemessen ein' (s. wiegen) gehört worden: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 261. das Part, gewëgen, das in Anwendung auf Münzen gicksen schw. Ztw. mhd. giksen (gëksen), ahd. von '(wohl) gewogen' zu 'annehmbar, angenehm' gicchaitfen: mit Iterativendung ahd. -afóen, wird und so die Bed. 'einem geneigt' erlangt. -azzen und einem den höheren Ton andeutenden Wandel von gewëgen zu gewogen ist md. (wie bei i zu einer verbreiteten lautmalenden Wurzel, die bewogen, gepflogen). z. B. in ags. geoxa m. 'Schluck, Aufstoßen', gewöhnen Ztw. Zu germ. *wana-, anord. vanr geoxian 'schluchzen, aufstoßen' und im Namen Adj. 'gewohnt' ist das schw. Ztw. *wanjan ge- der G a n s (s. d.) weitere Vertreter hat. bildet, das in anord. venja, ags. gewennan, ahd. Giebel1 st. m., m h d . gibel, ahd. gibil (daneben giwennan (Prät. giwçnita) erscheint. Nach w ist ? gibili «.), m n d . nnl. gevel, mnl. ghevel, got. gibla von mhd. gewenen zu nhd. ö geworden, wie in schw. m. 'Giebel', daneben ahd. gibilla, asächs. w ö l b e n und zwölf. In Ablaut zu germ. *wana- gibillia 'Schädel'; mit Ablaut anord. gajl 'Endsteht ahd. giwona, mhd. gewon Adj. 'gewohnt', wand eines Hauses, Spitze einer Insel', dän. gavl, das in md. Mundarten als gawörw fortlebt, schrift- schwed. gavel 'Giebel', norw. gavl 'Querseite, sprachlich aber unter Einfluß des alten Part. -wand'. Giebel führt auf *ghebh-l-; dieses giwçnt zu g e w o h n t geworden ist. So steht im ist im Griech. über *χεφαλή mit HauchdissiSchwed. das gleichbed. Adj. van neben vand, milation zu kephale 'Kopf' entwickelt: es ist in Part, zu vänja 'gewöhnen'. G e w ö h n l i c h und die Bed. von H a u p t eingerückt, dessen EntG e w o h n h e i t sind ohne t geblieben. Urspr. be- sprechung im Griech. schon vor geschichtl. Zeit deutet es 'auffüttern, ernähren' Rooth Uppsala ausgefallen ist. Grundbed. von *ghebh-l- (in AbFörlandl. 1922/24 S. 93ff.: Idg. Forsch. 46, 367. laut mit *ghdbh-l-, s. Gabel) ist 'Stelle des HausGezäh(e) η. ahd. gizawa, mhd. gesouwe 'Gerät, gerüsts, an der die Firstpfette in der Astgabel Werkzeug', noch lebendiges Bergmannswort: der Firstsäule ruht'. In Notkers nord-, suntMbel, himelgibel hat das Haus den Polen des Himmels Wolf 1958 Bergmspr. 162f., 185f. Gezeiten Plur. 'Wechsel von Ebbe und Flut'. einen Namen geliehen, wie mit ahd. gebal, mhd. Zu Zeit (s. d.) stellt sich mnd. getide n. 'Flutzeit', gëbel 'Schädel(dach)' dem Kopf des Menschen, dessen Verhochdeutschung d a s G e z e i t 1618 der aber bei uns (im Gegensatz zum Griech.) nicht fest geblieben ist, weil H a u p t , Kopf und auftritt: Kluge 1911 Seemannsspr. 782. Gicht f . ahd. (seit dem 8. Jh.) fir-, gegiht(e), S c h ä d e l zur Deckung des Begriffs bereitm h d . gegihie, giht, mnd. gichi, jichi, mnl. ghicht(e), standen: J. Trier 1939 Zs. f. dt. Alt. 76, 13 ff. nnl. jïcW 'Gliederlähmung, Zuckungen, Krämpfe'. Giebel2 m., auch G i e b e n , der Fisch Carassius Alt nur im festländ. Westgerm., von hier entlehnt gibellio, frühnhd. gibel, ahd. guva: wohl entlehnt sind gleichbed. adän. aschwed. norw. isl. ikt, dän. aus lat. gobio, das aus gr. kobiós s t a m m t . gigt, schwed. gikt. Die ahd. Formen, auch gijicht, Gier f . mhd. gir, ahd. giri /. 'Begierde': Abstr. das aus gihith Ahd. Glossen 3, 171, 36 her- zum Adj. ahd. mhd. gêr 'verlangend', das zu der zustellen ist, zeigen das alte Yerbalabstr. und unter Geier (s. d.) entwickelten Wz. idg. *ghidie urspr. Einheit mit ahd. jicht, mhd. giht, jiht, gehört und ein germ. Adj. *gî-ro- 'gierig' vorausmnd. gieht, mnl. gichte, jeehte, nnl. jicht, afries. setzt. Das alte Adj. gêr (mit seiner Nebenform iechi 'Aussage, Bekenntnis', die auf germ. *jehti, ahd. giri, mhd. gir) ist verdrängt durch g i e r i g , Verbalabstr. zu ahd. jehan 'sagen, bekennen' be- ahd. girïg. Vgl. b e g e h r e n , B e g i e r d e . Das ruhen. Demgemäß deutet P. Lessiak 1912 Zs. f. schw. Ztw. g i e r e n 'gierig verlangen' tritt zudt. Alt. 63,101 ff. G i c h t als die durch Beschreien frühst al smnd. giren auf. — n e u g i e r i g Wort(•incantatio) angezauberte Krankheit. Auch der atlas XXI. G i c h t b r ü c h i g e der Lutherbibel (Matth. 4, 24 Giersch m., der als Futter gern verwendete u. ö.), in Basel 1623 ( g e ) g i c h t s ü c h t i g , ist ein 'Kälberkropf' unserer Hecken und Zäune, das Gelähmter, dessen Leiden man sich als an- Doldengewächs Aegopodium podagraria L. Mhd. gezaubert dachte. Abweichend E. Müller-Graupa (seit dem 12. J h . ) gires, girsi, gers, m n d . gerse(le), 1931 Glotta 19, 67f. — Vgl. auch g e l t , g a l t . nl. mundartl. geer(s) vereinigen sich mit gleichGickelhahn m. Der Haushahn heißt südwestd. bed. lett. gärSa, lit. gafîve, lit. garhà 'Angelika', gul(er), guli u. ä. mit einem lautmalenden Namen, gafêas ' U n k r a u t ' , alb. groiëV 'Trespe' auf *ghers-: der mit verdoppelter Tonsilbe (vgl. K u c k u c k ) *ghors- 'Unkrautnamen'. Marzell Wb. 1,124. als güggel (Frisius 1641), göcker (Faustbuch 1687 gießen st. Ztw. Ahd. gio^an, asächs. giotan, Ndr. 91) erscheint, verdeutlicht (wie K l a p p e r - afries. giata, ags. gèotan, anord. gjöta, got. giutan s t o r c h ) als gickelhan (Stieler 1691), Göckel-Hahn führen auf die Verbalwz. germ. *gui, idg. *ghud, (Frisch 1741), Gockelhahn (Abr. a Sta. Clara 1719 wozu gleichbed. lat. fundo (Perf. /itdi). WeiterKluge, Etymologisches Wörterbuch. 20. Aufl.
17
Gießkanne
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hin besteht Zus.-Hang mit Wz. gheu-, *ghu-, gr. *chy- in chéein 'gießen', cheüma, wofür später chijma 'Guß\ chylós m. 'Saft', aind. hu- 'opfern', tochar. A. kus, B. ku 'gießen' mit «-Erweiterung wie anord. giösa. Gießkanne f . Das Gerät kommt im 17. Jh. auf; gießkann heißt es seit Comenius 1640 mit einem Namen, der frühnhd. die Zinnkanne für das Handwasser bezeichnet hatte (H. Fischer 1911 Schwäb. Wb. 3, 653). Noch ohne Brause war das G i e ß f a ß Ostermann 1591 Vocal·, analyt. 1, 218. Gleichbed. S p r e n g k r u g Böckler 1683 Hausund Feldschule 569; S p r i t z k a n n e Abr. a Sta. Clara 1699 Etwas für Alle 1, 290; 'Brause, Gießer, Gießspritze, Spritzkanne' Lueder 1773 Küchengarten 501. Wortatlas XVIII. Gilt n., früher auch f . m. (so noch Goethe 1801 Faust I V. 1053). Das Verbalnomen zu geben
Gips
scheitert an der Verschiedenheit des Tonvokals. Zs. f. d. Wortf. 2, 336. 8, 8. 9, 247. Gilde f . Zum st. Ztw. gelten (s. d.) gehört der neutr. α-Stamm Geld (s. d.): mhd. ahd. gëlt, asächs. g'èìd, afries. ield, ags. g(i)eld, anord. gjald,
got. gild, in Bedeutungen wie Opfer, Zahlung, Steuer; Bruderschaft', dies nach den gemeinsamen Opfergelagen der Heidenzeit. Daneben (wie Gefilde neben Feld) das neutr. Sammelwort ags. gegilde, anord. gildi 'Gildengemeinschaft'. Übergang zum schw. F. vollzieht mnd. gilde; hieraus entlehnt afries. jelde und in Luthers Tagennhd. Gilde. Mlat. gilda, gildonia übersetzt das nd./hd. F.: G. v.Below 1914 Reallex.d.germ. Alt.-Kde. 2, 253f.; M. Förster 1941 Themse 791. — Vgl. Ε. v. Künßberg, Rechtswortkarten zu Gilde und Z u n f t Zs. f. Mundartfg. 1935, 242. Gimpel m. Ahd. löhfinco (zu ahd. loh 'Hain')
begegnet vom 9. Jh. bis in lebender Mundart.
(s. d.) lautet ahd. m h d . nnl. ags. gift, mnd. gifte, Zu Verkürzungen wie schles. luh vgl. A m m e r 1 mnl. ghefte, afries. jeft(e), anord. gift, got. -gifts f .
und Eisvogel. Ihrer zinnoberroten Unterseite dankt Pyrrhula zwei Namen: G o l d f i n k ist westmd. und reicht als goudvink in die Niederlande; schwäb. verkürzt zu goll(e). B l u t f i n k , zuerst in Köln 1644, greift von da bis in die Schweiz und herrscht in Hessen. Dahin tragen lat. dosis, ist ahd. gift a n die Stelle von luppi, Harzer Vogelhändler den Namen D o m p f a f f , mhd. lüpper 'venenum' gerückt: W. Havers 1946 den der Vogel wegen seiner schwarzen Kappe Sprachtabu 154. Das zunächst wie 'Gabe' femiträgt und der ostdeutsch seit dem 16. Jh. gilt; nine 'venenum' erfährt differenzierenden Genusnd. dômpâpe, -herre, dän. dompap, -herre, schwed. wechsel: vom 16. — 19. Jh. ist gift 'venenum' domherre bleiben im protestant. Bereich. Das f . m. und η. Das zuerst 1595 belegte N. hat Schriftwort Gimpel, spätmhd. gümpel, geht von sich durchgesetzt und das Feminin g i f t 'Gabe' Tirol aus, gehört zu mhd. gumpen 'hüpfen', zielt verdrängt. Idg. *ueis- (in aind. viíá-, gr. Tos, lat. auf die ungeschickten Sprünge des Vogels auf virus, ir. fi) 'Gift' hat im Germ, nur Abkömmflachem Boden und ist vom leicht zu fangenden linge abweichenden Sinnes: mnd. afries. wase, Tier auf den einfältigen Menschen übertragen: engl, ooze 'Schlamm', ags. wäse 'Sumpfland', Suolahti 1909 Vogelnamen 137 ff. ; Edw. Schröder anord. veisa 'Sumpf'. Auch mhd. vergeben 'zum 1910 Anz. f. d. Alt. 34, 3. S. auch Liebich. Verderben geben, vergiften' ist ein EuphemisGinster m. Lat. genista hat roman. Tochtermus, so g u t wie frz. foison (aus lat. potio 'Trank'). In Österreich bed. v e r g e b e n heute formen wie ital. ginestra und afrz. geneste, frz. noch 'Gift eingeben'. Engl, gift 'Gabe' stammt genet. Demgemäß schwankt die ahd. Lehnform zwischen genester und geneste (Zs. f. d. Wortf. 6, aus dem Altnord. 182. 14, 153). Mundartl. hält sich Ginst bis Gig f . 'Ruderboot des Kapitäns', bei uns seit heute. Das Lehnwort hat den altheimischen 1831, entlehnt aus engl, gig 'leichtes Boot', das Namen verdrängt, der in nnl. nd. B r e m , pfälz. seit 1790 bezeugt ist, sonst auch 'leichter Wagen' (E. Christmann) P r e m m e (s. Pfriem), engl. bedeutet: wohl zu der unter Geige behandelten Iroom noch lebt; s. Brombeere. Marzell Wb. Sippe. 2, 601. gigantisch Adj. 'riesenhaft' : über lat. giganteus Gipfel m. Als Nebenform zu K u p p e (s. d.) und gr. gigdnteios zu gígas m. 'Riese'. Bei Menge- tritt mhd. gupf(e) 'höchste Spitze' auf, zu dem ring 1638 mit unmittelbarer Beziehung auf die als Verkl. spätmhd. güpfel, gipfel gehört. WähRiesen der griech. Mythologie, seit Bodmer 1752 rend frühnhd. güpfel gilt, wird das Wort Schriftals Dichterwort : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,246. deutsch mit ostmd. Entrundung von ü zu i Gigerl m. n. 'Modegeck' geht 1885 von Ed. (wie Gimpel, k i r r e , Kissen, K i t t , Pilz, Pötzl in Wien aus (Ladendorf 1906 Schlagwb. Schlingel, spritzen). 107 f.), der damit ein zwischen Traun und Enns Gips m. Gr. gypsos f . h a t über lat. gypsum η. gangbares Mundartwort für 'Hahn' umprägt. Die den europ. Sprachen den Namen geliefert, wobei übliche Anknüpfung an mhd. giege(l) m. 'Narr' für spätahd. mhd. gips die Aussprache des mgr. Die alte Bed. 'Gabe, Geschenk' hat sich B r a u t - , M i t g i f t /. erhalten; noch Goethe schreibt Gottes wahre Gift: E. Beutler, Festschr. f. Albert Schweitzer 127. Als Euphemismus, gewiß unter Einfluß des Ersatzes von lat. venenum, durch gr.-
Giraffe
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υ als i maßgebend geworden ist (wie für K i r c h e ) . Das Wort ist noch bei Goethe Ν. ; M. hat sich nach dem Vorbild von K a l k durchgesetzt. Über jips ist lautgesetzlich bair. schwäb. rheinfr. ips entstanden (wie St. I l g e n über J i l g e n aus E g i d i e n , vgl. I n g w e r ) : Horn, Beitr. 22, 218. Über rotw. gips 'Geld' Zs. f. d. Wortf. 7, 164; H. Fischer 1914 Schwäb. Wb. 4, 46. Die morgenländ. Quelle des gr.-lat. Grundworts bei Lokotsch 1927 E t y m . Wb. Nr. 716. Giraffe f . Das innerafrik. Tier ist in Abessinien benannt und dort in den Gesichtskreis der Araber getreten, die es mit einem Fremdwort zuräfa nennen. In der vulgärarab. Form dschräfa nach Deutschland gebracht, t r i t t schraffe als schw. M. um 1270 im Jüng. Titurel Str. 6010 auf. Inzwischen sehen Deutsche das Tier in Babylon 1377 und Algier 1385. Sie nennen es geraff und seraph, g- für arab. z- weist auf Vermittlung von ital. giraffa: E. Burger 1909 Zs. f. d. Wortf. 11, 304; Suolahti 1929 Frz. Einfl. 22. 232; M a r j e t t a Wis, Ricerche sopra italianismi, Helsinki 1966, 132. Girlande f . 'Gewinde von Blättern und Blumen'. Das unter g a l o n i e r t genannte frz. galonner 'verbrämen' scheint aus *garlonner entwickelt und mit afrz. garlander 'schmücken, bekränzen' verwandt zu sein. Hierzu afrz. garlande, guerlande f . 'Kreis', das als mlat. gerlenda 1344 'kreisförm. Frauenschmuck' bedeutet (Ducange unter Mulier levis) und zu ital. ghirlanda 'Geflecht, Ranke, Kranz' entlehnt wird. Das ital. Fem. wandert im 16. J h . als guirlande ins Frz. zurück. Bei uns erscheint G u i r l a n d e 1784 in Schillers Kabale und Liebe 3, 476 Goedeke. Giro n. Gr. gyros m. 'Runde, Kreis' ergibt über lat. gyrus 'Kreis' ital. giro m. 'Umlauf, Übertragung eines Wechsels', das in deutschen Wechselordnungen seit 1635 erscheint. Das Genus mag sich nach A g i o (s. o.) gewandelt haben. Aus der Lombardei stammen auch I n d o s s a m e n t , P r o t e s t , R i m e s s e , T r a t t e u. a. Fachwörter des Bankwesens: A. Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufmannsspr. 74. girren Ztw. Der Liebeston der Turteltaube, den lat. turtur, schott. gurr trifft, wird im Deutschen mit gur nachgebildet. Dazu mhd. gurren, zu dem garren und gërren als Nachahmung anderer Tierstimmen in Ablaut stehen. Nhd. g i r r e n (Luther: ich girrete Jes. 38, 14) entsteht durch Vermischung mit frühnhd. kirren 'einen hohen Ton geben': O. Hauschild 1909 Zs. f. d. Wortf. 11, 176; P. Kretschmer 1924, Glotta 13, 136 f. Gischt m., älter G ä s c h t 'Schaum' nach gleichbed. mhd. gëst, jëst; entspr. aga. gi(e)st, engl. ye(a)st, nd. gest, nnl. gist f . 'Hefe' (s. d.). Dazu g i s c h e n , älter g ä s c h e n , mhd. gischen, gesehen:
Glas
Nebenformen zu jësen st. Ztw., zu dem unser g ä r e n (s. d.) Faktitiv iss. Dazu Ortsnamen wie G e i s m a r ' Sprudelquelle'. gissen schw. Ztw. Germ, 'getan 'erlangen' (s. v e r g e s s e n ) hat in einer Weiterbildung *getsianan die Bed. 'raten, vermuten' angenommen und in schwed. norw. gissa, dän. gisse, isl. gizka, westfäl. gissen bewahrt. An den Küsten, ungewiß ob zuerst in mnd. gissen, mnl. ghissen, fries, gezze oder mengl. gessen, h a t sich die Bed. 'mutmaßen' verengt auf 'Ort und Weg des Schiffs nach Log und Kompaß, ohne Himmelsbeobachtung, bestimmen': Kluge 1911 Seemannsspr. 320. Gitarre f . Gr. kithara f . (s. Z i t h e r ) gelangt über das Aramäische zu den Arabern. Deren kittära ergibt span, guitarra. Diese Form gilt bei uns noch 1715, daneben schon 1621 das eingedeutschte G i t a r r e . Gitter n. ahd. getiri. Während vergitem schon 1311 in Nürnberg auftritt (Polizei-Ordn. 291 Baader) und G e g i t t e r neben G a t t e r in Böhmen 1470 steht (Mlat.-hd.-böhm. Voc. 68 Diefenbach), wird (eysen)gitter erst 1482 in Nürnberg greifbar {Voc. theut. / 7 b ). Neben den anfangs im Vordergrund stehenden Bed. 'Fenster-, Tür-, Käfiggitter' t r i t t doch auch schon im 15. J h . der später wichtigere Sinn 'Zaun, Umfriedigung' hervor. Zu G a t t e r (s. d.) und zum idg. Verbalstamm *ghodh- 'vereinigen, eng verbunden sein', älter 'umklammern, fest zusammenhalten'. Doch bleibt zweifelhaft, ob man das neben mhd. gaier m. auftretende geter n. auf ahd. getiri und darauf G i t t e r mit mundartlichem Lautwandel (wie H i p p e , T r i c h t e r , w i c h s e n neben heppe, trechter, wechsen) zurückführen darf: P. Lessiak, Zs. f. dt. Altert. 53, 111. Glanz m. Spätahd. mhd. glänz m. neben dem Adj. ahd. mhd. glänz 'hell'. Zur gleichen Sippe mhd. glander 'Glanz, glänzend', glanst, glinster 'Glanz' sowie glinzen st. Ztw. 'glänzen'; vgl. schwed. glinta, engl, glint. Zugrunde liegt eine germ. Wz. *glent aus *ghlend, dazu air. a-t-gleinn (Wz. glend) 'er unterweist ihn' und aslav. glçdati 'sehen'. Glas n. Mhd. ahd. glas (lelectrum' Ahd. Glossen 1,653), asächs. glas, gles, mnd. glas (von da in die nord. Sprachen und ins Lett, entlehnt), mnl. nnl. glas, ags. glces, engl, glass führen auf germ. *glása-. Damit in Ablaut stehen lat. glësum (Tacitus, Germ. 45; Muchs Ausg. 1937 S. 405ff.), glaesum (Plinius, Hist. nat. 37, 42) 'Bernstein', Glêsaria 'Bernsteininsel' (das.), mnd. glär, ags. glter 'Baumharz', und anord. glxsa 'mit etwas Glänzendem schmücken'. Daneben mit grammatischem Wechsel (germ. *glazá-) mnd. (1419) glar 'Harz', ags. glcer 'Bernstein, Harz', anord. gier, älter dän. glar 'Glas'; hierzu frühnhd. glar(r)en 'starren, stieren'. Mit g l ä n z e n , G l a s t , g l i n z e n 17·
Glasur
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260
usw. zumidg. Verbalstamm *ghel-: *ghle-: *§Mö'schimmern'. Der heimische Bernstein diente als Perlenschmuck; als das fremde Glas zunächst in Form von Glasperlen eingeführt wurde, übernahm es den vorhandenen Namen, während electrum mit Ag-, A u g - , B e r n s t e i n neu benannt wurde. S. e l e k t r i s c h . Glaenr f . 'glasartiger Überzug an irdenem Geschirr u. ä.' Mit roman. Endung von Glas abgeleitet, im Frühnhd. seit 1508 bezeugt. Dazu bei Luther 1534 Sir. 38, 34 das Ztw. g l a s u r e n ; statt dessen schon im 15. Jh. ( L e x e r , Nachtr. 213) g l a s i e r e n . Vorbild war L a s u r (aus mlat. lasürium: Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2, 11). Nnl. glazuur beruht auf Entlehnung aus dem Hd. glatt Adj., gemeingerm. (nur got. nicht bezeugt): mhd. g(e)lat 'glänzend, eben, schlüpfrig', ahd. glat, clat 'glänzend', asächs. gladmöd 'froh', nd. glad(d), nl. glad 'schlüpfrig, eben', afries. gled 'schlüpfrig', ags. mengl. glced 'glänzend, froh, angenehm', engl, glad 'froh', anord. gladr 'blank, hell, froh', nnord. glad 'froh'; daneben dän. norw. glat, schwed. glatt 'eben, schlüpfrig' als Lehnwort aus dem Hd. Germ. * giada- weist auf idg. *ghhdho-, auf dem auch lat. glaber 'glatt, kahl' beruht, während aslav. gladükü 'eben, poliert', lit. glodùs 'glatt anliegend, sanft' und apreuß. glosto 'Wetzstein' vollstufiges ä enthalten. Weiterhin sind verwandt G l a n z , Glas, G l a t z e , g l e i ß e n , g l e i t e n , g l i m m e n und g l i t z e r n . Glatze /. in heutiger Bed. seit Luther. Dafür mhd. gla(t)z m. 'Kahlkopf', urspr. 'kahle Stelle der Kopfhaut', frühmhd. glitze f . von Fincelius 1566 Wunderz. 2, y 3» bis 1653 Fons latin. 107. Mit Intensivgemination zu ahd. mhd. glat 'glänzend', s. g l a t t . Glaube m. mhd. gloube, synkop. aus älterem geloube, ahd. giloubo, asächs. gilöbo, ags. gelèofa (engl, belief). Dazu g l a u b e n , mhd. gelouben neben frühnhd. gleuben, mhd. glöuben, asächs. gilöbian, ags. gelyfan, gelêfan, got. galaubjan. Als Faktitiv zu l i e b (s.d.) hat g l a u b e n die Grundbed. 'sich etw. lieb, vertraut machen'; über 'gutheißen' wird die endgültige Bed. erreicht. Die Fügung g l a u b e n a n G o t t führt Luther ein. Gemäß dem bibellat. credere in, frz. croire en usw. haben die dt. Katholiken das alte g l a u b e n i n noch lange beibehalten. Zur gleichen Wz. *lub gehören e r l a u b e n und l o b e n . — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu 'ich glaube'. gleich Adj. Adv. Mhd. gellch(e), ahd. gillh Adj. 'von derselben Gestalt, ähnlich, gleich', gülcho Adv. 'in gleicher Weise', asächs. gilik(o), anfr. gelte, mnl. ghelijc, nnl. gelijk, afries. llk, ags. (ge)llc, engl, like, anord. (g)llkr, schwed. lik, dän. lig, got. galeiks führen auf germ. *ga-lïka-. Diese nur germ. Bildung ist zus.-gesetzt aus der Vor-
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Gleis
silbe ge- (s. d.) und dem Subst. *llka- 'Körper' (s. Leiche). Für das vorausliegende *llg- ist nach Ausweis der bait. Entsprechungen die Bed. 'dieselbe Gestalt habend' schon vorauszusetzen. Das Nomen hat entspr. Bed., auch wo es als Endsilbe zu - l i e h geworden ist (s. d.), z. B. bed. w e i b l i c h urspr. 'mit der Gestalt einer Frau begabt'. Die Endsilbe ist auch in solch und w e l c h enthalten, s. d. — - g l e i c h e n in Fügungen wie m e i n e s g l e i c h e n beruht auf dem schwach flektierten Adj. (ahd. min gillhho). Der Dt. Sprachatlas bietet die Laut- und Wortgeographie zu gleich im Sinne von 'sofort'. Diese Bedeutung gewinnt das Wort, wenn es die Übereinstimmung von Raum und Zeit ausdrückt. Gleicher m. tritt im 17. Jh. als Lehnübersetzung von Ä q u a t o r auf, wird von Schönaich 1754 Neolog. Wb. 160 getadelt, gerät in Vergessenheit und wird erst von Jean Paul 1795 wieder aufgenommen: Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 33 ff. Gleichgewicht n. erscheint als Lehnübersetzung von lat. aequilibrium, frz. équilibre seit Hofmannswaldau (f 1679) Werke 6 (1709) 257. Das engl. Schlagwort balance of Europe (so seit 1675) erscheint in Deutschland 1716 in der lat. Gestalt bilanx Europae. Nach vielem Herumtasten wird die Formel „europäisches Gleichgewicht" 1798 erreicht: Ladendorf 1906 Schlagwb. 75f.; Zs. f. d. Wortf. 3, 228. 6, 49. 9, 289. 10, 235. 14, 217. Gleichmaß n. erst bei Krämer 1678, Rückbildung aus g l e i c h m ä ß i g , das Luther verwendet, Dasypodius 1537 bucht: Nichtenhauser 1920 Rückbildungen 25. Gleichmut rn. nicht vor Stieler 1691, Rückbildung aus g l e i c h m ü t i g Adj., das schon 1528 in Luthers Postille steht und im Adv. g l e i c h m ü t i g l i c h (Geiler 1514 Klappermaul 80 b ) einen frühnhd. Vorgänger hat: Nichtenhauser 1920 Rückbildungen 25. Gleichnis n. ahd. gillhnissa f., mhd. geliehnisse f . n. Aus der Grundbed. 'was sich mit etwas anderem vergleichen läßt' sind 'Vorbild, Nachbild, Parabel' abgeleitet. Theologen beider Bekenntnisse haben der letzten Bed. zum Sieg verhelfen: Zs. f. d. Wortf. 8, 214. gleichsam Adv. Konjunkt. Zus.-gerückt aus gleich und s am (s. d.), mhd. dem geliche sam: Behaghel 1928 Dt. Syntax 3, 181. gleichwohl beiordnende Konjunkt., die Tatsachen einführt, die geliche wol 'ebenso wirksam' sein sollen, wie wenn andere Tatsachen nicht entgegenstünden: Behaghel 1928 Dt. Syntax 3, 181 f. Gleis n. für Geleise (mit derselben Synkope wie g l a u b e n , gleich usw.) zu mhd. seltenem geleis f . 'betretener Weg', gewöhnl. leis(e) f .
Gleisner
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'Spur', ahd. waganleisa 'Wagenspur'. Zu der unter l e i s t e n entwickelten germ. Wz. *lais'gehen'. *loisä spiegelt sich (genau wie in ahd. -leisa) in aslav. lécha 'Ackerbeet'. Damit ablautend *lis- in apreuß. lyso 'Ackerbeet', lit. lijsé 'Gartenbeet', *lis- in ahd. lesa, mhd. lese f. 'Spur, Furche, Runzel'. Dagegen wird *leisä vorausgesetzt von lat. lira f. 'Furche', delirare Ztw. 'von der Furche abweichen, rasen'. Alten Ackerbau bezeugt auch die Übereinstimmung unseres F. F u r c h e mit lat. poca 'Ackerbeet'. Gleisner m. 'Heuchler'. Ahd. gilihhisön 'jem. gleichtun; sich verstellen' (zu gleich wie lat. simulare 'heucheln' zu similis 'ähnlich') entwickelt neben regelrechtem mhd. gellchesen ein mhd. gelichsenen 'sich verstellen'. Dazu mhd. gelîehs(e)nœre und (mit Erleichterung der Drittkonsonanz) gllsnêre, friihnhd. gleisner : Germ. 20, 39; Zs. f. dt. Alt. 63, 214; Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. 367. Neben H e u c h l e r (s. d.) ist Gleisner das alte obd. Wort. gleißen Ztw. 'glänzen' mhd. gilben, ahd. gli%¡¡an, asächs. glltan, anord. gliia; dazu die Weiterbildungen got. glitmunjan, ags. glüenian 'glänzen'; anord. glitra, engl, glitter; nhd. g l i t z e r n , s. d. Germ. *glît- ist Erweiterung zu idg. §hel'glänzen, schimmern*. gleiten st. Ztw. mhd. gllten, ahd. glltan, afries. glida, asächs. ags. glidan, engl, glide 'gleiten'. Dem Anord. fehlt das Wort; dän. glide, schwed. glida sind entlehnt aus mnd. glîden. Doch sind wz.-verw. isl. gleidr, norw. gleid 'auseinandergleitend, gespreizt'. In *ghkidh- 'gleiten' sieht man Erweiterung der Wurzel *ghel- 'glänzen', zu der u. a. Galle, Glut und Gold gehören. Gletscher m. Dem lat. glacies 'Eis', frz. glace. entspricht in roman, und danach alem. Alpenmundarten glatsch, gletseh 'Eis, Glatteis, Gletscher', auch im Namen des am Rhonegletscher gelegenen Orts Gletseh. Die Weiterbildung lat. *glaciärium, frz. glacier, ergibt tessinisch giaseei, die Ausgangsform von glctzer, glelscher, das so seit Petermann Etterlin 1507 Krön. 69 b bezeugt ist. Gleichbed. Schweiz. Wörter bei Joh. Rud. Wyß, Skizze e. mahl. Reise (Bern 1816): „Die Eisberge nennt man allgemein G l e t s c h e r , ausgenommen im Glarnerland, wo man sie F i r n e n heißt, und in Graubünden, wo sie W a d r e r oder Wadrez genamset werden" (s. f i r n ; K e e s ) : Schweiz. Id. 2, 656; W. Meyer-Lübke 1902 Zs. f. d. Wortf. 2, 73. Glied n. mhd. mnd. gelit (d), mnl. ghelit, nnl. gelid, ahd. gilid n. m., häufiger lid m. η., asächs. afries. mengl. Uth, mnl. lit, let (d), nnl. lid, ags. Up, in Zusammensetzungen lidiι-, anord. Hör, dän. schwed. led, got. lißus m. 'Glied'. Außergerm. kommen am nächsten lat. lituus 'Krummstab der Auguren' (zu *litus 'Krümmung') und
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glitschen
toch. A let-, Β lait· 'fortgehen' : mit Dentalsuffix zur Wurzel germ. *lî-, aus *le¡- 'beweglich sein, biegen', zu der auf m gebildet sind ags. lim, engl. limb, anord. lim(r), norw. lim, dän. schwed. lem 'Glied, Mitglied, Zweig', anord. limi 'Reisigbündel, Besen' wie lit. liemuô 'Baumstamm'. Gliedmaßen Plur. 'Glieder', spätmhd. lidemâç, mnd. lidmäte, -mete, mnl. litmäte, afries. lithmäta. Der zweite Teil gehört zu m e s s e n , Grundbed. 'Maß, Länge der Glieder'. Unterarm (Elle) und Fuß dienten als Maße, mhd. gelidemceqe f. bed. 'Leibeslänge'. Dagegen gehen gleichbed. isl. lidamöt, dän. ledemod, schwed. ledamot (zu anord. möt n. 'Begegnung') von einer Grundbed. 'Treffstelle der Glieder' aus: Zs. f. d. Wortf. 14, 153. glimmen st. Ztw., mhd. glimmen 'glühen', glimmern schw. Ztw., mhd. glimmern 'glühen' mit glamme f. 'Glut', glirn m. 'Funke', gleime (ahd. gleimo) m. 'Glühwürmchen' (daher der Fam.-Name Gleim). Unserm g l i m m e r n entspricht ags. *glimorian, engl, glimmer, wozu ags. gliomu und glœm, engl, gleam 'Glanz'. Die in der Sippe enthaltene germ. Wz. *glîm ist erweitert aus einer Wz. *glì in anord. gljä 'glänzen', wozu gr. chliarós 'warm', éhliaînein 'wärmen', air. glè (aus *gleivo·) 'glänzend, klar'. Hierzu mit anderer Wz.-Erweit. gleißen. — Aus dem Verb ist im Erzgeb. G l i m m e r m. gebildet worden, so Agricola 1530 De re met. 134 (pfälz. Flurname G l i m m e r f e l d 1514 E. Christmann), ins Dän., Schwed., Engl., Russ. eingedrungen; Wolf 1958 Bergmspr. 29. Vgl. Gneis. Glimmstengel rn. tritt um 1820 gleichzeitig mit Z i g a r r e (s. d.) als Ersatzwort für dieses auf: E. T. A. Hoff mann 1820 Brautwahl Kap. 2 „Glimmstengel oder Tabacksröhrlein, wie die Puristen den Zigarro benannt haben wollen". G. Keller, der im Grünen Heinrich 2 (1854) 30 das Wort scherzhaft verwendet, kürzt es in den Leuten v. Seldw. 2, 80 zu S t e n g e l . glimpflich Adj. Adv. mhd. g(e)limpf m. 'artiges Benehmen', ahd. gilimpf 'Angemessenheit': mit gilimpflih 'angemessen' zum st. Ztw. gilimpfan 'angemessen sein', mhd. gelimpfen 'angemessen sein, machen', ags. gelimpan 'sich zutragen'. Ein nur westgerm. Wort (dän. lempe 'Glimpf' usw. sind aus dem Mnd. entlehnt). Eine Grundbed. 'herabhängen' ergibt sich aus mhd. lampen 'welk niederhängen', limpen 'hinken', engl, limp 'schlurfen', alem. lampe f. 'Wamme'. Germ. Wz. *lemp-, idg. *lemb- in aind. lámbate 'hängt herab'. Ahd. gilimpf ist also urspr. 'übereinstimmendes Herabhängen'. S. Lumpen. glitschen schw. Ztw., obd. und rhein. Intensivbildung zu g l e i t e n , die seit 1469 hervortritt. Obd. Nachdrucke der Lutherbibel setzen g l i t schen für Luthers g l e i t e n : Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 77. Schriftsprachlich wird
glitzern
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g l i t s c h e n erst durch Wieland und Schiller: H.Fischer 1911 Schwab. Wb. 3, 697f.; G. Schoppe, Mitt. d. schles. Ges. f. Volkskde. 19, 230. glitzern Ztw. mhd. glitzen 'glänzen'. Vergleichbar sind die unter g l e i ß e n entwickelten anord. glilra, engl, glitter 'glänzen'. Globus m. Lat. globus 'Kugel' (im Ablaut zu glèba 'Erdkloß', urverwandt mit K o l b e n , s. d.) wird nlat. gern von der Erdkugel gebraucht, seit Martin Behaim (Nürnberg 1492) auch von ihren Nachbildungen. Bis ins 18. Jh. lat. flektiert: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,248. Neben S p h e r a ist G l o b u s im 16. Jh. math. Fachwort für 'Kugel': Schirmer 1912 Wortsch. d. Math. 42. Glocke f . Air. eloce m. 'Schelle, Glocke' (mit akorn. kymr. clöeh, bret. cloc'h aus dem lautmalenden abrit. F. *klokkä\ die kelt. Sippe seit dem 5. Jh. bezeugt) gelangt mit irischen Glaubensboten zu den Germanen und ergibt ags. clugge, clucge, asächs. glogga, mnd. nd. klocke, ahd. glocka (erst kurz vor 800, daher hochalem. klokke ohne Verschiebung zur Affrikata), mhd. glocke, glogge (mit dem g- des Lehnworts aus mlat. ciocca, s. u.), dän. klokke, schwed. klocka. Zu den irischen Handglocken — wundervoll gearbeitete Stücke aus alter Zeit sind erhalten — stimmt bis heute die vierkantige Form der alpinen Herdenglocken. Spätanord. Mokka, klukka stammt aus mnl. clocke, dies aus dem Afrz. (s.u.); engl, clock 'Uhr' ist im 14. Jh. von holl. Uhrmachern nach London gebracht worden. Daß das dt. Wort an ahd. cloccön, clochön 'klopfen' anklingt, beruht darauf, daß beide lautmalenden Ursprungs sind, wie auch aalav. klalcolü, russ. kolokol 'Glocke'. Mlat. ciocca (bezeugt seit 692), afrz. cloque (12. Jh.), frz. cloche sind ebenfalls kelt. Herkunft; das roman. Erbwort erscheint in ital. span, campana. Glockenspeise f . 'Glockenmetall', mhd. (glocken)spise, mnd. klock(en)spise: der zweite Teil ist (wie S p e i s e und Spesen) aus lat. expensa 'Aufwand' entwickelt. Auch das entspr. frz. despoise bedeutet 'Mischung für Glockenguß'. Glorie f . Lat. gloria ' Ruhm' (wohl aus *gnö-ria 'Kunde' zu gnö-sco 'kenne') liefert spätmhd. glörje, frühnhd. glori 'Heiligenschein'. Dazu im 17. Jh. g l o r w ü r d i g , urspr. 'des Heiligenscheins würdig', im 18. Jh. g l o r r e i c h . Glosse /. Lat. glòssa (aus gr. glòssa 'Zunge, Sprache') tritt in lat. Gelehrtensprache in die Bed. von glossèma η. (gr. glossèma) über und bezeichnet ein schwieriges Wort, das der Erläuterung durch ein bekanntes bedarf. Aus entspr. mlat. glosa ist mhd. glose f . übernommen, die Humanisten des 16. Jh. stellen bei uns die klass. Form her, ebenso g l o s s i e r e n für mhd. glasieren 'deuten' (lat. glossare, ags. glësan): H.Schulz
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Glück auf
1913 Fremdwb. 1, 249; Zs. f. d. Wortf. 3, 228. 14, 74. 15, 18. gloston schw. Ztw., mhd. glosten 'glänzen', seit frühnhd. Zeit auch 'glimmen, schwelen, ohne helle Flamme brennen'. Früher auf das Westobd. begrenzt, ist g l o s t e n durch Dichter wie E. Jünger, K. Bröger und Speri zum Modeausdruck geworden. Es steht als Ableitung von mhd. glost(e) f . 'Glut' im Ablaut zu G l a s t (s. d.), verwandt mit ir. gluss (aus *§hhsto-) 'Helligkeit'. glotzen schw. Ztw., mhd. glotzen. Nächstverwandt sind mengl. glouten, engl, glout 'starre, betrübt oder mürrisch dreinsehen', gloat (aus *glotian) 'hämisch blicken, anstarren', anord. glotla 'grinsen', schwed. glutla, dän. glytte 'gukken': sämtlich zu *ghlüd-, einer Erweiterung zu verbreiten *ghel- 'glänzen'; s. g l e i t e n . Gloxinie /., aus dem tropischen Südamerika eingeführte Blume aus der Familie der Gesneriazeen, erstmals erwähnt in den naturwiss. Schriften des Straßburger Botanikers P. B. G l o x i n ( t 1784), nach ihm benannt von dem Kolmarer Pflanzenforscher Ch.-L. L'Héritier de Brutelle (1746—1800). Glück n. ist auffallend spät bezeugt: mhd. (seit 1160) g(e)lücke, mnd, (ge)lücke, wohl aus altniederfränk. *güukki mnl. (ghe-)lucke, (ge)luc «., nnl. geluk. Entlehnt sind afries. lukk, mengl. (16. Jh.) luk(ke), engl, luck, spätanord. (14. Jh.) norw. lukka, lykka f., dän. lykke, schwed. lycka f . lit. giliUkis. Von den vielen Anknüpfungsversuchen überzeugt der zu 'schließen', die in got. asächs. lükan, anord. afries. lüka, ags. lücan, ahd. lühhan vorliegt, s. L u k e . G l ü c k wäre aus 'Art wie etwas schließt, endigt, ausläuft' zu 'was gut ausläuft, sich gut trifft' geworden. Ahd. lühhan wird mit der Technik des römischen Schlosses durch schließen abgelöst. Den Begriff 'Glück' deckte das mit selig verwandte ahd. sälida, asächs. sdlSa, ags. sxlp, anord. s»ld; in obd. Mundarten ist gfell das bodenständige Wort, G l ü c k zeigt sein Eindringen von Norden her am obd. unmöglichen Umlaut. W. Sanders, Glück. Zur Herkunft u. Bedeutungsentwicklung eines mittelalterlichen Schicksalsbegriffs 1965. Glück ani Zuruf, das Gegenstück zu der älteren Grußformel G l ü c k zu, die seit Ausgang des 15. Jh. als Begegnungs- wie Abschiedsgruß beliebt geworden war. Ihm tritt zuerst in Nürnberg 1597 (Jac. Ayrer d. Ä., Dramen 6, 236 Keller) der ermunternde Zuruf G l ü c k mit anfeuerndem auf an die Seite. Im Erzgebirge wird er nach 1600 zum bergmänn. Gruß, mit dem sich die Knappen vom G l ü c k zu der städt. Zünfte absetzen: H.-F. Rosenfeld 1942 Ann. Acad. Fenn., Ser. Β, Bd. 50, 4. Fliegergruß G l ü c k a b : Axel Lindqvist, Beitr. Halle 1955, 240.
Glucke
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Glucke /. 'Bruthenne', auch K l u c k e , nd. klukse, mhd. kluck(e) zu dem lautmalenden Ztw. mhd. glucken, klucken, mnl. klokken, ags. cloecian, engl, cluck. Lautmalend auch ital. chioccia, span. clueca 'Bruthenne' und die Ztw. lat. glöclre, ital. chiocciare, frz. glousser, gr. klossein. Wortatlas XV. Glückshaube /. 'in dem gemeinen Aberglauben, wenn bey der Geburt die Haut, in welcher das Kind liegt, zu stark ist, als daß sie zur rechten Zeit zerreißen könnte, weil das ein glückliches Kind werden soll' Adelung. Derselbe Glaube in mlat. secundina, das mit friihnhd. kindfei, (kinds-) bürdlin gegeben wird: Diefenbach 1857 Gloss. 523«; Höfler 1899 Krankheitsnamenb. 221. 229; H. Fischer 1911 Schwab. Wb. 3, 716. Im Engl, entspricht seit 1547 caul (aus afrz. cale 'Netz'). Glückskind n. urspr. 'mit Glückshaube geborenes Kind' (wie das ältere S o n n t a g s k i n d 'am Sonntag geborenes Kind'). Stieler 1691 bucht „Glückskind / albae gallinae filius" nach Juvenal 13, 141. Zus.-Hang mit lat. fortume filius (Horaz, Sat. 2, 6, 49) ist fraglich. Glückspilz m., das bei Adelung noch 1796 fehlt, wird von Campe 2 (1808) 409 bestimmt als 'Mensch, der ein schnelles unvermuthetes Glück macht, der im Glücke gleichsam aufschießt'. Im literar. Gebrauch gehen Kenner des Engl, wie Mylius 1785 Pickle 3, 264 und Wieland 1788 Lucían 3, 271 voran: so mag engl, mushroom 'Pilz, Emporkömmling' eingewirkt haben. Glufe /. spätmhd. glufe, guff e: s. S t e c k n a d e l und die dort zitierte Wortkarte von Lis Engelh a r d t : im alem. Westen Formen ohne -1-: Guf, Guft, Oufe, in der Schweiz auch mit -l-: Glufe, Gulfe, im Osten vor allem schwäbisch Gluf, Glifla. Ausgangsbed. ist 'Spange' (so Brack 1489 Voc. rer. d 2 b ) : gemäß der heutigen Verbreitung Lehnwort aus oberital. (friaul.) glove 'Astgabel', das seinerseits aus ahd. klobo 'gespaltenes Holz' (s. K l o b e n ) s t a m m t : H . F i s c h e r 1911 ff. Schwab. Wb. 3, 717. 6, 2051; Kretschmer 1918, aber dies paßt nicht zur Stecknadel, nur zu einer zweigliedrigen Nadel. Die Herkunft bleibt also fraglich, schon das Nebeneinander von Formen mit und ohne -Í- ist rätselhaft. glühen Ztw. mhd. glü(ej)en, ahd. gluoen, asächs. glöian, ags. glöwan, anord. glöa. Mit G l u t f . (germ. *glödi-, ahd. mhd. gluol, ags. gled) zur germ. Wz. *glö, *gle, zu der auch ags. glöm(ung) 'Dämmerung' und anord. glämr 'Mond' (Dichterwort, eig. 'der Blaßgelbe') gehören. In *ghlöu- sieht man eine Erweiterung der Wurzel *ghel- 'glänzen', s. g l e i t e n . Glühwürmchen w. Die Karte 'Glühwürmchen' von Paula Ahlemeyer bei Mitzka, Dt. Wortatlas I I I (1954) bietet für dies volkstümliche Insekt zahlreiche Synonyme: der immer gegen diminu-
Gnade
ierende Verkleinerung abgeneigte nd. Nord westen hat weithin den Typ G l ü h w u r m , sonst außerdem bis Westpreußen den schriftspr. Typ, die Endung -ke besonders in West- und Ostpreußen, G l ü h w ü r m c h e n nimmt die breite md. Mitte ein; vom Rheinfränk. her unterbrochen durch Flächen mit J o h a n n i s w ü r m c h e n ; G l ü h w ü r m l e i n , - w ü r m l u. ä. gelten von Südthüringen bis Schlesien; J o h a n n i s f ü n k c h e n , - f u n k e n von der Eifel über das Moselland nach Hessen, von da her im Vogtland; L e u c h t k ä f e r l vom Mittelmain bis nach Schwaben hinein, im Böhmerwald, ohne -l weithin in Schwaben und Bayern, nördl. und östl. Österreich. J o h a n n i s k ä f e r um Regensburg, mit und ohne -l in Tirol, im Südosten Österreich und an der ostpom. Küste; S o n n e n k ä f e r l in Österreich; Z ü n d w ü r m l e im Elsaß und in Baden; u. a. m. Glyzerin n. 1776 von K. Wh. Scheele durch Zersetzung von Bleiglätte mit Olivenöl dargestellt und ö l s ü ß benannt. Frz. Chemiker bauen die Entdeckung aus, nach gr. glykerôs 'süß' heißt nun das S c h e e l e s c h e S ü ß auch bei uns G l y z e r i n (wie frz. glycérine). Glyzinie f . der ostasiat. Kletterstrauch Wistaria sinensis, nach seinen Blüten auch B l a u r e g e n oder b l a u e A k a z i e genannt. Von Linné mit der heutigen PhaseoleengattungGïi/ciwia (zu gr. glyktfs 'süß') vereinigt. In nhd. Text kaum vor Mitte des 19. Jh., während frz. glycine schon im 18. J h . auftritt. Gnade /. mhd. g(e)näde 'Ruhe, Behagen, Freude, helfende Geneigtheit, Gunst; göttliche Hilfe und Erbarmung', ahd. gi-, ganada 'Wohlwollen, Gunst; göttliche Gnade', asächs. (gi-) nätha, anfr. ginätha, mnl. ghenäde, nnl. genade 'Gnade', afries. nèthe 'Ruhe, Schutz, Sorgfalt, Nutzen; Gnade', anord. (seit etwa 1300) näd 'Gnade, Hilfe, Barmherzigkeit', Mz. nadir auch 'Ruhe (des Schlafs)', ganga til näöa 'sich legen', dän. naade, schwed. näd 'Gnade': in Ablaut mit got. nipan 'helfen'. Außergerm. Beziehungen sind nicht gesichert. Aus einer Grundbed. 'sich neigen' ist einerseits 'sich zur Ruhe neigen' geworden (so in der mhd. Wendung diu sunne gie ze gnaden·. Weisth. 1, 744 Grimm; in Schlesw.Holstein bis heute: he kann ni to Gnaden kamen: O. Mensing 2, 406), anderseits 'sich huldvoll neigen'. Diese zweite Bed. haben irische Glaubensboten um 700 genutzt, das vorher nur weltliche Wort für kirchenlat. gratia einzuführen. Statt dessen hatten got. Glaubensboten in Bayern ansi gesetzt, während in Fulda (nach ags. giefu 'Gnade') gêba, im Fränk. u. Nd. das alte Gefolgschaftswort huldi vorgezogen wurde. Später h a t sich G n a d e überall durchgesetzt: P. Wahmann, Gnade (1937). — Nach 1. Kor. 3 , 1 0 nennen sich seit dem 5. J h . Kirchenfürsten „von
Gneis
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Gottes Gnaden"; von den Karolingern an setzen auch weltliche Herrscher diese Formel vor ihren Titel. — In der Anrede E u e r G n a d e n steht die Mz. (daher im Fortgang des Satzes mit Sie aufgenommen, das hier seinen Ursprung als höfliche Anrede hat). Die Formel übersetzt spätlat. Vestra dementia. — G n a d e f i n d e n wie frz. trouver merci. Gneis m. gneisto, ganeheista, ags. gnas, an. gneisti, zu sanskr. kanaka- 'Gold': Benennung nach dem Glanz ; kanala- 'glänzend'. Mayrhofer, Eandglossen 178. Vgl. G l i m m e r . Gnitze /., mnd. guitte, ostfries. gnit 'Simulia, Kriebelmücken der kleinen, in Schwärmen auftretenden Art', ein nord- und ostdt., auch Berliner Wort: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 340. Damit ablautend hd. mundartl. G n a t z e , nd. gnatte, ags. gncett, engl, gnat 'Mücke'. *ghmid(h)gilt als Erweiterung der Wurzel idg. *ghenin n a g e n usw. Vgl. G n i d d e auf der Wortkarte 'Mücke' (s. d.). Gnom m. 'Erd-, Berggeist', Paracelsus prägte das Wort zugleich deutsch und lateinisch. Anfang der 1630er Jahre: gnomus, m. (I, 14, 124); gnom, m. (1,14,128). — Ins Engl, wurde das Wort 1712 übernommen: engl, gnome (vgl. W. Jungandreas, Gesch. d. dt. und engl. Spr. 3, 199); vorher frz. gnome, später ital. gnomo (Β. Migliorini, Paracelsus u. sein Einfluß auf den europ. Wortschatz. I n : Zs. Sprachkunde 42 (1942) S. 10, dann mlat. gnomus, und in andere europ. Sprachen entlehnt wurde (H.-F. Weimann, Paracelsus) in Anlehnung an gr gnémë 'Verstand'. Daneben erwägt gr. *gën6mos 'Erdbewohner' M u r r a y , New Engl. Did. 4, 247. Belegt ist aber nur thalassonómos 'im Meere lebend'. Gnu ». Die Antilopengattung Catoblepas nennt Gg. Forster 1777 Voyage round the world 1, 83 gnoo; die dt. Ausgabe (Berlin 1778) 1, 62 druckt Gnu. Damit gibt Forster das Kaffernwort ngu wieder; seine Auffassung ist auch für nl. gnoe, frz. gnou, ital. gnu maßgebend geworden: Rieh. Loewe 1933 Zs. f. vgl. Spracht. 61, 119 f. Die Buren des Kaplands nennen das Tier wildebeest. Negerwörter sind auch K r a l , S c h i m p a n s e , T s e t s e f l i e g e und Z e b r a . Gobelin m. Nach dem berühmten Pariser Wollfärber Jean Gobelin (um 1600) ist 1667 das Hôtel Royal des Gobelins benannt, dessen Kunsttapeten seit Ende des 18. J h . auch bei uns G o b e l i n s heißen: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 249. Gockel s. G i c k e l h a h n . Gold n. Mhd. anfr. golt, ahd. asächs. afries. ags. engl, gold, mnl. gout, nnl. goud, anord. gull, goll, dän. guld, schwed. gull, got. gulp führen auf germ. *gulpa-, Daraus ist früh finn, kulta 'Gold' entlehnt. In Ablaut mit idg. *ghJto- steht
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Gong
*gholto-, das dem gleichbed. aslav. elato, russ. zoloto vorausliegt, während lett. zelts ein idg. *ghelto- voraussetzt. Zum gleichen Stamm stellen sich mit andrer Endung aind. hlranya- und awest. earanya-; wieder mit abweichender Endung gehört dazu phryg. glourós. Der überall wiederkehrende Stamm bedeutet g e l b , s. d. Das Gold ist also das gelbe Metall, wie Silber das weiße. Daneben bedeuten lat. aurum (aus *ausom), apreuß. ausis und lit. áuJcsas 'das leuchtende (Metall)'. Da die Idg. Bezeichnungen für 'Gold' aus ihren eignen Sprachen nehmen, haben sie wohl Gold in ihrem Land gefunden. Bei fremder Herkunft hätten sie auch die fremden Bezeichnungen entlehnt, wie die Griechen chrysós aus dem Semit., die Iren ör aus dem Latein. — S. auch Gulden. Goldammer s. A m m e r 1 . Goldkäfer m., Cetonia aurata, nach den goldgrünen Flügeldecken seit M. Crusius 1662 Gramm. Graeca 1, 245. Sonst G o l d s c h m i e d , -vogel. Goldlack m. heißt Cheiranthus Cheiri L. (s. L e v k o j e ) wegen seiner goldglänzenden Blüten. J . Hübner 1717 Cur. Natur- und Handl.-Lex. 969 erklärt: „eine sehr schöne Blume, welche auch daher an einigen Orten einen prächtigen Namen führet und güldener Lack genennet wird". Nach dem Nhd. nnl. goudlak, dän. gyldenlak, schwed. gyllenlack. L a c k schlechthin seit Campe 1809. Göll m. 'Meerbusen'. Gr. kólpos 'Busen, Meerbusen' liefert in seiner späten Form kólphos ital. golfo, frz. golfe, engl, gulf, ni. golf. Bei deutschen Palästinafahrern 1346 eu der chullfen, 1436 durch einen culphum, 1470 uff den golff : Kluge 1911 Seemannsspr. 323; E. öhmann 1940 Neuphil. Mitt. 41, 161; Marjetta Wis 1965 Ricerche sopra italianismi. Helsinki 133. Goll n. das Ball- und Rasenspiel geht von Schottland aus und ist hier seit 1457 als golf belegt. Die schott. Aussprache gouf legt nahe, den Spielnamen von schott. gowf 'schlagen, Schlag' abzuleiten : New Engl. Did. 4, 283. Gondel f. seit Duez 1664, gondelein, gündelein seit 1621 in dt. Reisebeschreibungen (Marjetta Wis 1955 Ricerche sopra italianismi, Helsinki 134). Entlehnt aus venez, gondola f. 'Nachen', woneben friaul. gondola 'schwanken'. Vulgärlat. *gondula setzt man in Beziehung zu lat. gandeia f. 'Fahrzeug der Afrikaner'. S. A r s e n a l , Passagier. Gong m. Das Schallbecken aus Metall heißt auf Java (e)gung. In die Sprachen Europas gelangt das malaiische Wort über anglo-ind. gong. In England wird das Gerät 1816 als 'now in present use' bezeichnet. Aus deutschen Reisebeschr. bucht es Sanders 1871 Fremdwb. 1, 449.
gönnen
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Gott
In deutschem Hausgebrauch bei Bismarck 1898 Anm. über das Theater. Der Pommer Hermes Ged. u. Erinn. 1, 110 V.—A. Über malaiische bietet Güssel: Sophiens Reise 3 (1778) 247. Wörter im Nhd. Littmann 1924 Morgenl. Wörter Gote /. 'Patin'. Wie unter G e v a t t e r und 127. P a t e zu sehen, gelten Pate und Patin als geistgönnen Ztw. mhd. gunnen, ahd. (gi)unnan, liche Eltern ihrer Patenkinder. Demgemäß heiasächs. ags. unnan, anord. unna. Im Ahd. und ßen sie 'Vater, Mutter in Gott': ahd. *gotfater, Mhd. Prät.-Präsens. Es ist wohl ein urspr. Präs. -muoier, ags. godfœder, anord. gudfader, -möder. mit -ηω-Suffix anzunehmen: ahd. unnum 'wir Wie hierzu die Koseformen schwed. gubbe 'Greis', gönnen'. Weitere Beziehungen umstritten. S. gumma 'Greisin', so stellen sich ahd. *goto, gota, mhd. göt(t)e, got(t)e neben *gotfaler, -muoter. Die Gunst. Göpel m. mit Pferden betrieb. Fördermaschine, Mundarten hegen diese Koseformen, z. B. steht im Bergbau auch das Förderhaus über dem österr. gëd m. neben godi f . ; auch Entsprechungen Schacht, mhd. gëbel mögl.weise zu gr. kephalé; zu ags. godsunu, -dohtor begegnen. — Die Wortgeographie bringt die Karte 'Patin' von Sigurd Herbert Wolf 1958 Bergmspr. 186. Göre f . Ein alter Name der Stute, mhd. gurre, Guthmann bei Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1955): hat früh herabsetzenden Sinn bekommen, weil Got vom Westerwald bis ins Saarland, Gote in das weibl. Pferd rascher verbraucht ist als Hengst Oberhessen, Goddel, Garrel in Niederhessen, oder Wallach (s. Mähre). Nd. Mundartformen, Jött um Köln, Gettel von der Rheinpfalz bis z.B. westfäl. güre 1697, führen auf *guri zurück. weit ins Elsaß, Gotte im südl. Alemannien, Wie R a n g e 'Sau', Tewe 'Hündin', Rekel Goti in Nordtirol; u. a. m. — Aber vom selben 'Bauernhund' u. a. Tiernamen, auch schwäb. Stamm hat auch P a t e (s. d.) ein Synonym, nach Schweiz, gurr, soll daraus entwickeltes nd. göre der Karte 'Pate' a. a. 0.: Gött(i), Gödd(i) mit im 16. Jh. auf Menschen übertragen worden sein. und ohne dimin. -i u. ä. in der Schweiz, im Aber näher liegt direkte Herleitung aus jener Süden des Elsaß, Badens und Württembergs. Wurzel *gher- 'kurz, klein', Tiefstufe *ghuri-; gotisch Adj. Frz. gothique wird im 16. J h . f ü r rhein. gor, gorieh Adj. 'gering, armselig'. In deutsche Schrift, dann Bauart des Mittelalters kosendem, freundlichem Sinne vgl. engl. girl. üblich; gotisch Jablonski 1721 Lex. d. Künste In Berlin und von da ausstrahlend ist J ö h r e 255. Der frz. Nebensinn 'geschmacklos' (1556 'Mädchen', der Plur. 'Kinder'. Gör 'Mädchen' nach Vasari 'veraltet', schrieb mittelalterl. Arweist die Wortkarte 'Mädchen' von Dora Blank chitektur den Goten zu), im Dt. noch 18. Jh. ; bei Mitzka, Dt. Wortatlas IV in Osthessen, anerkennend damals in England: A. Götze Beitr. Westthüiingen, im Norden Schlesiens nach. 24, 475; Lüdtke Zs f. d. Wortf. 4, 133. Anders Nils Törnqvist, Nd. Korr.bl. 1959,14. Gott m. ahd. m h d . got, gotes, asächs. ags. god, Gorilla m. Den riesigsten aller Affen trifft der anord. gud, got. gup, gudis. Die Form des anord. punische Seefahrer Hanno um 460 v. Chr. an der und got. Worts ist neutr. ( s . A b g o t t , G ü t c h e n ) , afrik. Westküste. Am Ende seines Periplus be- das Genus (unter christl. Einfluß) mask. ; anord. schreibt er Wesen, „die von den Dolmetschern god η. wird meist im Plur. gebraucht: E. Karggorilla genannt wurden". In neuer Zeit ist Gasterstädt 1944 Beitr. 67, 420ff. Germ. *gu dader Name von da erneut. ti. beruht auf *ghu-tó-m, worin -to- Part.Gösch /. Nnl. geus(je) 'kleine, viereckige Endung ist (wie in a l t , k a l t , l a u t , t r a u t usw.); Flagge auf dem Bugspriet', eins mit nnl. geus *ghu- als idg. Wz. erscheint in aind. hü 'Götter aus frz. gueux 'Bettler' (wie gleichbed. engl, jack anrufen' mit Part, hütá (puruhütd 'der Vielurspr. 'Kerl, Hanswurst'), tritt 1683 als göschung gerufene' ist in den Veden das gewöhnl. Beiwort in einer hd., seit 1702 als geusje, geesge in nd. des Gottes Indra). So aufgefaßt wäre G o t t 'das Quellen auf und hat auch dän. gjos, schwed. gös angerufene Wesen'. Eine gleichfalls mögliche Deutung knüpft an gr. chéein 'gießen' an und geliefert: Kluge 1911 Seemannsspr. 324f. Gose /. mnd. gose urspr. 'Goslarer Bier' hält 'gegossenes (Bild)' für den Ausgangspunkt (1332 ÜB. Klo. Ilsenburg 233), aus dem Wasser (germ. *gupa = gr. ehytón 'gegossen'): Aufrecht, Bezz. Beitr. 20, 256. Daneben gibt es viele andes Flüßchens Gose gebraut. Gosse /. ani. gota, mnl. nd. gote, nnl. goot, dere Erkl.-Versuche: Wimmer, Zs.f. kath. Theol. frühnhd. gosszen f . Geht als ablaut. Bildung 41, 625ff. G o t t ist ausgesprochen germ.; der zu gießen (s. d.) von Bed. wie 'Abzugskanal' einzige Name, den das Germ, mit verwandten aus, wird von Stieler 1691 als Fachwort der Sprachen teilt, liegt vor in aind. devd, lat. deus, Schmelz- hätten gebucht, daneben als 'fusorium anord. tivar 'Götter', auch im Namen des Himcoquinae' ; als 'Straßenrinne' kaum vor Adelung melsgottes germ. *Tlwaz, älter *Teiwas (inschriftl. Dat. m. Teiwa, f . Alateiviae), anord. 1775. Gössel /. 'junge Gans', Verkl.-Form zu nd. Tyr, ags. Tiw; s. D i e n s t a g . — G ö t t i n /. ist gös, literarisch durch den Livländer Lenz (t 1792) westgerm.: ahd. gutin(na), mnl. gödinne, ags.
Götterdämmerung
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gyden. Schon anord. gydja ist abweichend gebildet. Götterdämmerung /. Anord. ragna rök 'GötterschicksaP hat (in Vermengung mit ragna rökkr 'Götterverfinsterung') Denis 1772 Lieder Sineds des Barden S. 46 mit „der Götter Dämmerung", S. 61 mit „Götterdämmrung" verdeutscht, nachdem noch Wieland 1755 Der verbesserte Hermann „Abend der Götter" gesagt hatte. Etwa als 'jüngster Tag' steht G. 1804 bei J. Paul 41, 43; H. Heine 1826 in d. Überschrift eines Gedichts der 'Heimkehr'; Baggesen 1836 Poet. Werke 2, 148; Mohnicke 1842 Tegnérs Fritjofssage 117. Rieh. Wagner nennt das zuerst 'Siegfrieds Tod' betitelte Schlußstück seines 'Rings' 1853 G. und beflügelt das Wort durch die Bayreuther Aufführungen seit 1876. Darauf münzt Nietzsche 1888 sein Hohnwort G ö t z e n d ä m m e r u n g : Ladendorf 1910 Zs. d. Sprachv. 25,348f.; Kluge 1924 Neuphilol. Mitt. 25, 124. Gottesacker m. frühnhd. goisacker, neben dem älteren F r e i t - , F r i e d h o f zuerst 1349, gleichzeitig mit ital. campo santo. Im Unterschied zum K i r c h h o f ist G. zunächst der von der Kirche getrennte, zwischen Äckern liegende Begräbnisplatz, um den ein Streit zwischen Luther (Ob man für dem Sterben fliehen möge, 1527) und Gg. Wicel (Obdormitio Christianorum2 1542, darin 126® gottesacker) entbrennt. Nachmals weithin mit F r i e d - und K i r c h h o f gleichbed. geworden, gilt G. statt dieser oder als gewählter Ausdruck neben ihnen in Thüringen und fast ganz Süddeutschland vom Elsaß bis Linz und Innsbruck: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 276, 609. Über engl. God's aere Walz 1913 Festschr. f. Kittredge 217ff.; aus palästinensischen Glaubensvorstellungen: Marjatta Wis, Neuphil. Mitt. 58, 71. Gottesfurcht /. frühnhd. Rückbildung (kaum vor Luther 1522 Ephes. 5, 21 nach gr. φόβος θεού) aus dem schon mhd. Adj. gotvorhtee: Ruppel 1911 Rückbildg. dt. Subst. 41 f. gottlob Adv. Der ahd. Satz gote sì lob ist verkürzt zu dem mhd. Ausruf got(e)lop und schon frühnhd. zum Adv. geworden. Gottseibeiuns m. 'Teufel'. Den Schutzruf, den man beim Anblick des Teufels ausstößt, benutzt abergläubische Furcht, den gefährlichen Namen zu meiden. So zuerst Hermes 1778 Sophiens Reise 3, 677. Gekürzt zu S e i b e i u n s (weil auch Gottes Name nicht unnütz geführt werden darf) seit Bretzner 1788 Leben e. Lüderl. 3,223. Wortbildung wie V e r g i ß m e i n n i c h t (vgl. hebr. Imanu-el 'Mit uns Gott' Jesaias 7, 14). Götze m. Zu unsern zweigliedrigen Männernamen werden Koseformen gebildet, indem man -izo an den ersten Namensteil fügt. So tritt Diettzo neben Diet-rlch, entspr. H i n z , K u n z , Uz
Graf
neben H e i n r i c h , K o n r a d , U l r i c h , so auch G ö t z (aus Got-izo) neben G o t t f r i e d . Dieses Götz(e) ist (wie G o t t l i e b u . a . Vornamen) appellativ geworden und begegnet vom 15. Jh. bis in lebende Ma. als 'Dummkopf, Schwächling'. Von den Namen greift die Bildung der Koseformen in den appellativen Bereich, wenn zugleich Beziehung auf Namen und Appellativ möglich ist. P e t z (s. d.) ist zunächst Koseform zu B e r n h a r d , dann aber auch zu Bär. So stellt sich zu G o t t m. frühnhd. götz(e) 'Heiligenbild' zuerst in Frankfurt a. M. 1376: Heinez Franke, gotzendreger 'Straßenverkäufer von Heiligenbildern' Zs. f. d. Phil. 49, 286. Luther wendet seit 1520 den Sinn zu 'falscher Gott', doch muß sein götzenopffer Apg. 15, 29 noch in Basel 1523 mit abgölteropffer verdeutlicht werden. Vgl. G ü t chen, Hinz, Ölgötze, S p a t z , Wanze. Gouvernante /. Frz. gouvernante 'Erzieherin' (Part. Präs. F. zum Ztw. gouverner) wird durch Vermittlung der Fürstenhöfe ins dt. Haus übernommen und zu G o u v e r n a n t i n weitergebildet (so von Wächtler 1709 bis Rabener 1777 Schriften 6, 9). G o u v e r n a n t e seit Wieland 1783: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 251. graben st. Ztw. mhd. graben, ahd. graban, asächs. -graban, ags. grafan, engl, grave, anord. grafa, dän. grave, got. graban 'graben'. Daneben gleichbed. afries. greva, anorw. grefa, schwed. gräva. Dazu G r a b n. (ahd. grab) und G r a b e n m. (ahd. grabo), ferner G r u b e und g r ü b e l n . Außergerm. vergleichen sich aslav. po-grebç 'begrabe' und lett. grebt 'aushöhlen': sämtlich zur Wurzel *ghrebh-: *ghrobh- 'kratzen, scharren, graben', die man als lautmalend beurteilt. — Die Wortgeographie von B e g r ä b n i s stellt die Wortkarte von Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1955) dar: dies schriftspr. Wort beherrscht neben dem gleichfalls hochsprachl. Beerdigung die Mitte und den Norden. Der Süden hat dafür Leieh, Leicht f., am Oberrhein wie immer nicht diphthongiert Lich(t), nordhess. Lieh, im Obersächsischen Leich(e), in seinem Norden IAeche. Nd. Gräfnis gilt von Mecklenburg über Brandenburg bis Ostpommern. Grad m. Lat. gradus 'Schritt, Stufe' wird seit 1379 an dt. Hochschulen von den baccalariatus ac licenliaturae gradus, seit 1505 in dt. Musik von Tonschritten gebraucht. Schon vor 1650 gilt G r a d allg. für 'Stufe, Maß': H.Schulz 1913 Fremdwb. 1, 251. Graf m. ahd. grävo, mhd. grave, md. grabe, mnl. grave, nnl. graaf. Daneben ahd. grävio, md. grèbe, mnd. grève (hieraus entlehnt anord. greifi, dän. schwed. greve), mnl. grève, afries. grèva, mlat. -gravius 'Vorsitzer des königl. Gerichts'. Auf altem *gräbion- beruht auch Gräf(e) in dt. Mundarten und Familiennamen. Die alte Be-
Gral
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deutung liegt dem siebenb. grëf 'Dorfrichter, Schultheiß' voraus; sie ist abgeblaßt in hess. grèbe 'Dorfvorstand', aachn. grîf 'Gildemeister' und Zusammensetzungen wie mnl. pluimgraa/ 'Wärter des Federviehs', mhd. halgräve (s. Halle), nhd. S a l z - , Deichgraf. Leo Meyer 1869 Got. Spr. 76 verbindet die afränk. Amtsbezeichnung mit got. gagrëfts f. 'Beschluß', indem er beiden Wörtern ein got. *grêfan 'gebieten' zugrunde legt. — G r a f s c h a f t f. mhd. grave-, grâ(f)schaft, nl. graafschap, ahd. gräscaf schon 818 im Trierer Capitulare: Anz. f. dt. Alt. 24,17. Gral s. grölen. gram Adj., mhd. ahd. asächs. ags. gram, anord. gramr, dän. gram, 'böse'. Dazu das M. Gram, seit mhd. Zeit verkürzt aus der grame muot. Dem schw. Ztw. grämen entsprechen mhd. grçmen, ahd. gremmen aus gremjan, mnd. gremmen, ags. grernman, anord. gremja, got. gramjan 'erzürnen'. Aus dem germ. Adj. stammt ita], gramo 'betrübt'. Die Wortgruppe steht in Ablaut mit grimm, s. d. Außergerm, entsprechen gr. chrómados 'Knirschen', chremizein 'wiehern', lit. graméti 'mit Gepolter in die Tiefe fallen', lett. gremju 'murmeln', aslav. vüzgrlméti, russ. grom "Donner, Gewitter' (s. Pogrom), awest. gram- 'ergrimmen'. Idg. Wurzel *ghrem- 'laut und dumpf tönen'. Gramm n. Gewichtseinheit von Ι δ 1 / » Gran, 1868 im Norddt. Bund eingeführt aus frz. gramme, das in Frankreich seit 1796 gilt. Das frz. Wort stammt aus gr.-lat. gramma 'Schriftzeichen; 1 / u Unze'. S. Grammatik. Grammatik /. Zu gr. grómma η. 'Buchstabe' gehört lat. (ars) grammatica 'Sprachlehre', das in lat. Form noch in dt. Texten von 1634 steht, während Luther seit 1621 grammatick sagt. Die Bed. 'Lehrbuch der Grammatik' trägt dies Wort seit 1624: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 262. Dazu frühnhd. grammatist 'Lateinschüler, der die Anfangsgründe hinter sich hat' : S. Nyström 1916 Dt. Schultern. 1, 33. 201 f. Grammel s. Griebe. Gran m. n. 'kleinstes Gewicht' namentlich der Apotheker und Goldarbeiter. Neben lat. gränum (gleichbed. und urverwandt mit K o r n , s. d.) tritt mlat. gränus. Bei uns seit 1489: Joh. Widmann, Behende u. hübsche Rechenung y 2 a „1 Karat vnd ye 1 Karat 4 Gran"; 1618 H. Grammateus, Rechn. auf Kaufmansch. E l b „welcher Karat ains hielt 4 Gran"; E 8 b „18 Karat 3 Gran". S. K a r a t . Granatapfel τη. Lat. malum gränäium 'mit Kernen versehener Apfel' ist in mhd. (mala-) granätapfel, nnl. granaatappel halb entlehnt, halb übersetzt. Dagegen ist mlat. pömum gränätum in afrz. pome grenate, engl, pome-granate unangetastet geblieben.
Grans
Granate f. Das mit Sprengladung gefüllte Hohlgeschoß wird dem Granatapfel verglichen und ital. granata benannt. Von da als G r a n a t e entlehnt Wallhausen 1616 Rriegsman. 67 ff. Das zugehörige Grenadier (s. d.) gehört einer etwas späteren frz. Lehnschicht an. H a n d - G r a n a t e schon bei Schildknecht 1662 Harmonía 2, 64. Grand m. 'Sand', in nhd. Zeit aus dem Nd. entlehnt. Dazu älter dän. grand 'grober Sand'. Zugrunde liegt die unter Grind entwickelte Wurzel. S. auch Grund. Grandezza f. Span, grandeza 'Würde eines Granden' (22 ist ital. Schreibung) gelangt durch den habsburg. Hof zu Beginn des 17. Jh. nach Deutschland. Es wird 1638 im Teutschen Michel Str. 46 verspottet, von Andersen 1669 Orient. Reisebeschr. 20 in der Bed. 'steife Würde' verwendet, die sich fortan hält. In dieselbe Lehnschicht gehören Dame, G a l a , Galan; weitere bei F. Schramm 1914 Schlagworte der Alamodezeit. grandig Adj. 'groß, stark': mit deutscher Endung zu ital. grande 'groß', seit 1620 gaunersprachl. (Kluge 1901 Rotw. 1, 137. 140. 169. 164. 218 u. ö.), durch Vermittlung der Soldatenspr. literarisch (Grimmelshausen 1669 Simpl. 195. 276), vielfach in obd. Mundarten: H. Fischer, Schwäb. Wb. 3, 790. 6, 2062; Greyerz 1929 Berner Mattenengl. 11. Bayr.-österr. grantig 'übellaunig' weicht in der Bedeutung zu sehr ab. S. A. Wolf 1966 Wb. d. Rotw. 1896. grandios Adj. Ital. grandioso 'großartig' gelangt vor 1781 als Künstlerausdruck nach Deutschland und wird noch 1813 der Malerei zugewiesen. Seit 1816 gibt ihm Goethe, der das Wort liebt, allgemeinere Bed.: A. Gombert 1902 Zs. f. d. Wortf. 2, 69; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 262 f. Granne /. 'Borste, Stachel' an Mensch, Tier u. Pflanze: mhd. mnd. gran(e) 'Spitze des Haars, Barthaar an der Oberlippe; Gräte' (dies noch mundartlich), ahd. grana, ags. granu f. 'Schnurrbaxt', anord. grgn 'Barthaar, Nadel', got. *granô /. 'Bart(haar)', erschlossen aus granus bei Isidor (t 636) Orig. 19, 23, 7, mlat. granus, -a 'Schnurrbart, Zopf'. Im Jahr 898 ist der langobard. Männername Ansegranus bezeugt. Ablautend siebenb. grünen 'Schnurrbart'. Aus dem Germ, entlehnt aspan, grernm, span, greña, afrz. grenon 'Bart'. Urverwandt sind mir. grend 'Backenbart', kymr. gran 'Augenlid', bret. grann 'Augenbraue', aslav. russ. grani 'Ecke, Spitze', alb. krqdê 'Strohhalm'. Zur Wurzel *gher- 'hervorstechen' wie Grat und Gräte. Grans m. 'Hinter- und bes. Vorderteil des Schiffs', urspr. 'Schnabel des Vogels', ein alem., seltener schwäb. und bair.-österr. Mundartwort, in der Schweiz schon in ahd. Zeit als proraI
grantig
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grans(o) bezeugt; aus Tschudi 1, 239 in Schillers Teil 4, 1. Grensing ist Potentüla anserina. Die Sippe mag mit der von G r a n n e verwandt sein und von einer Grundbed. 'spitzes Ende' ausgehen. Zupitza. Gutt. 176 vergleicht aslav. russ. granì 'Ecke' (s. Grenze): Kluge 1911 Seemannsspr. 326; Schweiz. Id. 2, 782; H. Fischer, Schwab. Wb. 3, 792. 6, 2062; F. Specht 1941 Altdt. Wort u. Wortkunstwerk 122. — Über die zugehörigen Schiffstypen: Mitzka 1933 Deutsche Bauern- und Fischerboote, grantig s. grandig. Graphik f., s. das folg. und k e r b e n . Graphit m. 'Reißblei' 1789 von dem Geologen Abr. Gotti. Werner zu gr. gráphein 'schreiben' geschaffen; frz. graphite ist jünger: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 263. grapsen schw. Ztw., erst nhd. Wohl urverw. mit der Sippe von Garbe (s. d.), nd. g r a b b e l n , engl, grab, grasp 'packen', norw. mundartl. grapsa, lit. gröbti 'raffen', aslav. grüstl- 'Handvoll' aus *gxpsli-, aind. gxbhnati 'er greift'. Gras n. ahd. m h d . asächs. gras, ags. grœs
(gcers), engl, grass, anord. gras 'Kraut, Gras', got. gras 'Kraut': urverw. mit lat. grämen 'Gras' (aus *ghras-men) wie sëmen 'Saat'. Dazu ein urspr. kollektiv gemeintes *gras-ja in dän. grœs schwed. gras. Ferner mit Ablaut mhd. gruose 'junger Trieb, Grün der Pflanzen'. Gewiß ist Gras mit s-Suffix zum gleichen Stamm gebildet wie g r ü n mit n- zu *ghrö 'wachsen, grünen'. Grasaffe m. Schelte junger (grüner) Leute, urspr. wohl solcher, die das Tun Erwachsener nachäffen. Als Grasaff südwestdeutsch, so bei Goethe (Faust V. 3521; Briefe vom 28. Sept. und 20. Dez. 1779). H. Fischer 1911 Schwab. Wb. 3, 797.
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Graupe
Weitere Entsprechungen fehlen; dän. grœsselig, schwed. gräslig sind entlehnt aus mnd. greselik. Man vergleicht got. grëtan 'weinen', mhd. grämen 'schreien', aind. hrädate 'er tönt'; s. g r ü ß e n . Grat τη., Gräte /., m h d . grät, mnl. graet (d),
nnl. graat 'Fischgräte, Granne, Rückgrat, Bergrücken'. Im Nhd. sind G r a t und G r ä t e nach den Bedeutungen auseinander entwickelt; ursprünglich waren es Einz. und Mz. : A. Lindqvist, Plurale Sing.-Formen 63. 76. *ghr'eti- stellt sich zur schweren Basis *ghrè- der idg. Wurzel *gher- 'hervorstechen', zu der mit Schwundstufe poln. grot, tschech. hrot 'Pfeilspitze, Wurfspieß' und russ. grot 'Wurfspeer' gehören; weiter vgl. tochar. B. kor 'Nase(nspitze)', aind. ghränam 'Nase', s. Granne. Vgl. Zinsli, 1946 Grund und Grat. gratis Adv. 'unentgeltlich'. L a t . gratis (kon-
trahiert aus grätiis, Abi. Plur. zu grätia f . ' Freundlichkeit') 'aus Freundlichkeit' erscheint seit 1658 unverändert in dt. Texten: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 263. Zur Bed. 'unentgeltlich' konnte das lat. Wort kommen in Wendungen wie gratiis stare 'nur Dankesworte kosten'. Grätsche /. 'Turnübung: Sprung mit gespreizten Beinen'. Von Jahn aus g r ä t s c h e n 'm. gespr. Beinen gehen, watscheln' gebildet, Intensiv zu g r ä t e n mit gl. Bed., lautmalende Wortgruppe: DWb. 4, 1, 5 Sp. 417. gratulieren Ztw. L a t . gràtulâri (aus *grätituläri, zu grätes u n d tollere 'Angenehmes dar-
bringen') erscheint bei uns seit 1563 als gratuliren. Wie im Lat. mischen sich die Bedeutungen 'frohe Teilnahme bekunden' und 'Glück für die Zukunft wünschen': Schulz Fremdwb. 1, 253.
grau Adj. Mhd. mnl. gm, ahd. gräo (Plur. Grasmücke f . Ahd. grasemucca h a t trotz der grâwe), afries. grë, ags. grêêg, engl, gray, anord.
Kleinheit des niedrig in Gebüsch und Hecken grär führen auf germ. *grêwa-, Nächstverw. lat. lebenden Vogels mit Mücke urspr. nichts zu rävus (mit r- aus ghr-) 'grau(gelb)'. Zur Bildung tun, sondern ist entstellt aus *grasa-smucka s. blau und gelb. ' Grasschlüpfer'. Dessen zweiter Teil gehört zum grauen, grausam s. G r e u e l . Ztw. smucken, Intensitivbildung zu m h d . smiegen Graupe f . Seit Luther 154 Name der ge(s. schmiegen und Schmuck). Das wird deut- schälten Gerste, die zu Suppe gekocht wird und lich durch Schlüpfernamen wie schwed. gärd- sonst (geschälte) Gerste, in Österreich Germyg, dän. grœssmutte, gjœrdesmutte, nd. heeken- s t e l , R o l l g e r s t l heißt, in Schlesien, Sachsen, krüper, engl, nettlecreeper: Suolahti 1909 Vogel- der Oberpfalz und Nordostdeutschland. Die Vernamen 69. breitung läßt slav. Ursprung vermuten: oberGrasschwade s. Schwade, sorb. krupa bed. 'Getreidegraupe' (über nhd. ggrassieren Ztw. 'wüten, herrschen' von Krank- aus fremdem k- s. H. Paul 1916 Dt. Gramm. heiten. Zu lat. grassäri 'wandern' tritt spätlat. 1, 302). Zugleich ist dort die Bed. 'Hagelpestilentia als Subjekt. Frühnhd. wird dieser schloße' (entwickelt aus aslav. krupa "KrümSprachgebrauch mit unserm w a n d e r n nach- chen, Körnchen') daheim, die im 15. Jh. in geahmt (DWb. 13, 1681), seit Sim. Rot 1671 schles. eysgrüpe, bei Luther (Weim. Ausg. 16, findet sich das Fremdwort mit pest(is) als Sub- 280) im Ztw. graupen 'hageln', was so und in jekt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 263. andern Lautvarianten in der Gegenwart in gräBlich Adj. zu frühnhd. grafi; dies aus mhd. Mähren und Teilen Böhmens gilt : Christa Förster, gra% 'wütend', wozu ahd. graçço Adv. 'heftig'. Wortkarte 'hageln' s. d., und seit 16. Jh. (Mathe-
Graus
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sius) im gleichbed. graupeln, seit Kind 1802 Dram. Gemälde 2, 18 in G r a u p e l w e t t e r erscheint. Frühnhd. graupen, greuplein 'graupenförmiges Zinnerz; grobe Stücke gepochten Erzes' ist im böhm. Erzgebirge entwicket. Von norw. grepe, mundartl. greypa, schwed. gröpa 'Korn schroten', gröpe 'geschrotetes Korn' ist G r a u p e nach Form wie Bed. getrennt. Wiek 22; Bielfeldt 44; in: Forsch, u. Fortschr. 39, 85: im 15. J h . aus dem Sorbischen, aber schon 12.—13. J h . entlehnt; P. v. Polenz, in: Dt. Wortfg. 2, 267. Graus m., mhd. grüs 'Schrecken' zu g r a u s e n , mhd. grüsen, grinsen, ahd. grü(m)sön 'Schrecken empfinden': mit der alten Endung -isön zu derselben Wurzel, die in ahd. ingrüen, mhd. grü(w)en 'schaudern, fürchten', mhd. griu(we)l 'Schrecken', ahd. grunn 'Jammer', griuna 'Begier' enthalten ist. Das vorausliegende *ghreudist Erweiterung zur Wurzel *ghrèu-: *glmu'scharf darüber reiben, zerreiben, zermalmen' (in mhd. grien 'Kies' usw.), die auch im Slav, auf Seelisches übertragen erscheint: aslav. grüdü 'schauderhaft', serbokroat. grst 'Ekel', grustiti 'ekeln', russ. grust' 'Kummer'. Vgl. Greuel. Grauschimmel m. 'graues Pferd' seit Zehner 1645 Nomencl. 241, wie vordem G r a u m a n n (frühnhd. gra-, groman, -men Ch. Schmidt 1901 Hist. Wb. d. eis. Ma. 157), das in die Bed. 'schlechtes Pferd' übergegangen war. Als Euphemismus für 'Esel' erscheint G r a u s c h i m m e l seit Wieland 1774 Werke 1 2 , 1 8 8 (Verkl. Amor); dafür G r a u c h e n Bertuch 1775 Don Quixote 1, 271; dagegenGrauchen als Birnenname (16. Jh.) wohl eher zu serbokroat. kruSka 'Birnbaum', osorb. krülswa 'Birne' mit g- für k- wie in G r a u p e ; Vasmer 1947 Zs. f. slav. Ph. 19, 449. Grauwacke s. W a c k e . Grazie f. 'Anmut'. Lat. gratia Wohlgefälligkeit' hatte frz. grâce ergeben und war als G r a c e um 1700 bei uns üblich geworden. Es wird verdrängt durch G r a z i e , dem Winckelmann 1759 mit seiner Schrift „Von der Grazie in den Werken der Kunst" Bahn bricht. Frz. gracieux erscheint bei uns in wechselnden Schreibungen seit 1700: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 254f. Greif m. Der assyr. k'rub am Palast des Assurnasirpal, ein Riesenvogel mit Löwentatzen und Menschenkopf, gelangt dann als gryps zu den Griechen, über vulgärgr. grupos als gryphus nach Rom. Von da stammt germ. *gñp-, das unter Anlehnung an grlpan 'greifen' zum märchenhaften Vogelungeheuer ausgebildet wird. Daher ahd. grïf(o), mhd. grif(e) und unser Vogel Greif. Entsprechend in den Nachbarsprachen. greifen st. Ztw., mhd. grifen, ahd. grifan asächs. ags. grlpan, engl, gripe, got. greipan: ein
Grenze
gemeingerm. Ztw., woraus frz. gripper 'ergreifen' und griffe 'Kralle' zu versch. Zeiten entlehnt sind. Außergerm, zeigt sich *ghrib in lit. griebiù (griëUi) 'greifen', lett. griba 'Wille', gribët 'wollen'. S. auch G r i f f . greinen schw. Ztw. 'weinen; lachen' (zur Doppelbedeutung vgl. f l e n n e n ) , mhd. grlnen, ahd. grlnan st. Ztw. '(lachend oder weinend) den Mund verziehen, murren, knurren', woneben mhd. grinnen 'knirschen', engl, grin (ags. grennian) 'grinsen', groan (ags. gränian) 'stöhnen, seufzen', anord. grina 'die Zähne weisen'. Dazu ahd. grennen, anord. grenja 'heulen' sowie g r i n s e n , s. d. Afrz. grigner und ital. digrignare 'die Zähne fletschen' beruhen auf Entlehnung aus dem Dt. Grundbedeutung der nur im Germ, entfalteten Ztw.-Gruppe ist 'offenstehen, klaffen'. greis Adj. asächs. mnd. mhd. gru 'greis', nnd. gris 'grau', nnl. grijs 'grau'; dazu Greis m., mhd. grlse 'alter Mann'. Dem dt. Wort, das vom Nd. ins Hd., schließlich auch in obd. Ma. vorgedrungen ist, entspringt die roman. Sippe von mlat. grlseus, ital. griso, grigio, frz. gris 'grau'. Dazu anord. grlss 'Ferkel', eig. 'graues Tier'. Vielleicht liegt Wurzelverwandtschaft mit g r a u vor. groll Adj. mhd. (nur auf md. Boden) grël (IT) 'zornig, rauh' zu grellen 'vor Zorn schreien'; dem Ahd. fehlend, obd. Ma. vielfach fremd, um so häufiger im Nd., vgl. ags. gryllan 'knirschen, grell tönen'. Älteste Bed. ist 'zornig', demgemäß verwandt mit G r o l l , s. d. Auch als verbale Bez. des Brüllens stehen g r e l l e n , g r i l l e n , g r o l l e n nebeneinander: Hauschild 1910 Zs. f. d. Wortf. 12, 35. Grenadier m. Zu ital. granata (s. G r a n a t e ) gehört granatiere, das als G r a n a d i e r ( e r ) seit dem 30jähr. Krieg eine Rolle spielt und namentlich obd. bis 1795 gilt. Daneben wird 1683 frz. grenadier 'Werfer von Handgranaten' entlehnt. Die Form G r e n a d i e r setzt sich mühsam durch, lange ist G r e n a d i e r e r üblich: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 255. Grenze f. Zu aslav. grani 'Ecke' (urverwandt mit G r a n n e und seiner Sippe) gehören russ. poln. granica, tschech. hranice im Sinn des dt. Mark. Im preuß. Ordensland kommt im 13. J h . greniz(e) auf, zuerst granizze Thorn 1262. Im 15. J h . dringt das Fremdwort aus dem Poln. in den nd. und hd. Westen, gemeindeutsch wird es erst durch Luther, der es liebt. Sein grentze verdeutlichen sich die obd. Zeitgenossen mit (lanä)mark, gegend, umkreis; ende, dar ein lant keret. Im 17. J h . noch Formen wie gränitze, gr&initze, daneben vielfach F r o n t i e r . Aus dem Dt. stammen nnl. grens (seit 1573), dän. greense, schwed. gräns. Wiek 23; Bielfeldt 29.
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Greuel Grenel
m.
mhd.
griu(we)l,
mnl.
Griff
grüwel Nachr.-Bl. f. rhein. Heimatpflege 3, 90f. Andre
'Schrecken, Grauen': zum Ztw. g r a u e n , mhd. grüwen, ahd. ingrûèn 'schaudern'. Dazu auch g r a u s a m (mhd. grüwesam) 'Schrecken erregend' und greulich (mhd. griwwellch). Die außergerm. Verwandten s. u. Graus. Griebe /. 'Die Reste von Fettwürfeln, zur Fettgewinnung ausgebraten', mhd. griebe, ahd. griobo mit den obd. Nebenformen mhd. griube, ahd. griubo (alem. grübi, schwäb. gruib,
Namen s. u. Griebs. grieflachen Ztw. 'das Hohnlächeln mit etwas vom Pinsel und Tölpel zugleich' Arndt, Reisen 4, 71 : ein Wort der nd. Ma. zwischen Elbe und Memel, seit mnd. Zeit verzeichnet (SchillerLübben 2, 146; Brem. Wb. 2 [1767] 541), seit Hermes 1778 Sophiens Reise 3, 255 bei Schriftstellern wie Voß, Jahn, Gutzkow; von Nicolai 1776 Nothanker 3,166 verhochdeutscht zu g r e i f l a c h e n . Fritz Reuter schreibt g r i f f l a c h e n . Nebenform gruflachen Richey 1755 Hamb. Id. 82, gniffel-, grimlaehen Doornkaat 1879 Ostfries.
bair. groibm), ags. elegrêofa 'ölgriebe' (Zs. f. dt. Wortf. 14,164), engl, mundartl. groves. Das vorausliegende *ghreubh- gilt als Erweiterung der Wurzel *ghreu-: *ghnvr '(zer)reiben', Wb. 1, 650. 686, glimiachen (aus älterem grims. Griebs. Die umgangssprachlichen Sinn- laehen) Nnl. Wb. 6,81.776. Man vergleicht norw. gleichen verzeichnet 0. Kretschmer 1918 Wort- greivast 'verwundert die Augen aufreißen', greivgeogr. 219f.; die Wortkarte von B. Martin 1926 lar 'Zacken am Geweih', grivla 'sich abzweigen', Teuth. 3, 63ff. meldet 24 Synonyme, die sich so erwägt aber auch Verwandtschaft mit greinen. verteilen: Grieben (Speck-, F e t t - , S c h m e r - ) Griesgram m. als 'grämlicher Mensch' erst seit ist am weitesten verbreitet, imBair.-österr. sagt Campe 1808 gebucht, vorher 'mürrische Stimman G r a m m e l n , in Westfalen S c h r a i w e n ; mung' u. ä. Mhd. grisgram m. 'Zähneknirschen' vereinzelt begegnen S p i r k e l , K r a p p e n , wo ist rückgebildet aus mhd. mnd. grisgramen, ahd. wieder der Zusammenhang Niederländisch- grisgramön 'mit den Zähnen knirschen'; daneben Brandenburg sichtbar wird. Vgl. Jos. Müller ahd. grusgramön, -grimmön. Verknüpfung des 1931 Nachr.-Bl. f. rhein. Heimatpfl. 3, 94f.; zweiten Wortglieds mit ahd. gram 'zornig' (s. H. Teuchert (1944) 290f. Unter ihnen ist Gram) empfiehlt sich wegen gr. chromos, chromé österr.-siebenb. G r a m m e l Sammelbildung zu 'Knirschen'. Das erste Glied wird durch ahd. r ä u m e n : 'was nach dem Abgießen des Fetts aus gristgramo, asächs. gristgrimmo 'Zähneknirschen' der Pfanne geräumt werden muß'. Grieb als verbunden mit ags. grlst-bltian 'mit den Zähnen südwestdt. Fam.-Name ist ursprünglich Über- knirschen'. Der zugrunde liegende Stamm grlst name des Mageren. gehört zu ags. ä-grlsan 'schaudern'. Weitere UmGriebs m. 'Kerngehäuse des Obstes' aus mhd. gestaltungen in nd. grimmgramsen, bair. grame(l)n (16. Jh.) grübi% mit Verlust der Lippenrundung 'mit den Zähnen knirschen'. Zu *ghrl- 'hart (wie Mieder, Striezel aus mhd. müeder, darüber streichen', dazu gr. chrtö 'salbe, kratze*. Grieß m. n. mhd. grie%, grü% 'Sand(korn), Kies' strützel), weil wesentlich ein Wort entrundender Mundarten zwischen Schlesien und dem Elsaß. (die nhd. Bed. erst in spätmhd. grieqmêl 'grob Neben ahd. *grubi% ist *groba¡¡ anzusetzen, dasgemahlenes Mehl'), ahd. grio%, asächs. griot, ags. im 16. J h . als grobes, grobiß hervortritt u n d nhd. grëot 'Sand', anord. grjöt 'Gestein'. Zufrühst ist Gröbs liefert. Gebildet ist das Wort wie ahd. germ. *greuio- im Volksnamen der Greutungi (der oba? 'Obst', mhd. 'Kerngehäuse'; zum strandbewohnenden: E.Hermann, Gött. Nachr., Stamm (*ghreubh-) s. Griebe. Die Bed. phil.-hist. Kl. 1941, N. F. 3, 207—91) sowie in 'Kehlkopf', die G. von Hulsius (Frankf. a. M. finn, riutta 'Sandbank, Klippe' bezeugt. Gotischer 1696) bis in lebende md. Ma. aufweist, beruht Herkunft ist der Name der Stadt G r a u d e n z am auf dem Volksglauben, Adam sei der G. des von Rand einer riesigen Sand- und Heidefläche; der Eva (1. Mos. 3, 6) gereichten Apfels in der Kehle Name stimmt zum got. Stamm der G r e u t u n g e n . steckengeblieben (s. Adamsapfel), daher auch: Die nhd. Bed. knüpft an die nahverwandte Sippe jem. am G. kriegen. Andere Namen für K e r n - von G r ü t z e an. Außergerm. sind verwandt lit. h a u s sind B u t z e n (s. d.), G r o t z e n , H u n k e - grudíiu 'ich stampfe', grúdas ' K o r n ' , graudùs p o s t , - p u l , H u n k u n s t , K e t s c h e (s.d.), '*spröde, brüchig', lett. grduds 'Korn', urslav. K l ä u e , K n i r p s , Mengel, P ö b e l , S c h n i r p s , gruda 'Erdscholle', lat. rüdus n. 'Geröll' und ohne S t r u n k , Ürbsi: Jos. Müller 1931 Nachr.-Bl. f. Dentalerweiterung akorn. grou, kymr. gro 'Sand'. rhein. Heimatpflege 3, 90f. Dazu K e t s c h e /. Grill m. 'das Greifen; Klaue der Raubvögel; 'Apfelbutzen'. Aus mfränk. Ma. bei Jung-Stilling der Teil eines Geräts, an dem man es greift und 1781 Florentin v. Fahlendorn 1,126. In Aachen h a n d h a b t ' : ahd. mhd. grif, ags. gripe, engl, grip ketsch, in Bonn kitsch f . (Jos. Müller aaO., Wh. führen auf germ. *gripi- ; daneben germ. *gripaWeitz 1836 Aachener Ma. 104), westfäl. kitsche f . in m n d . mnl. grepe, nnl. greep, dän. greb, schwed. (Woeste 127), schles. kitschel (Weinhold 27 b). grepp. Gemeingerm. Abstr.-Bildungen zu greiZu k i t s c h e n 'ausstechen': Jos. Müller 1931 f e n , s. d.
Griffel
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Griffel m. ahd. griffil. Gr. grapheion n. 'Schreibgerät' (zu gráphein 'schreiben') ergibt über lat. graphium das gleichbed. afrz. grafe, das entlehnt wird zu ahd. graf (Ahd. Glossen 1, 266, 24). Unter Anlehnung an ahd. grifan 'greifen' und die große Gruppe der mask. Gerätnamen auf ahd. -il (Kluge 1926 Stammbild. § 90) entsteht ahd. griffil, mhd. griffel. Auf Entlehnung aus dem Dt. beruht gleichbed. lett. gripele: J. Sehwers 1927 Zs. f. vgl. Sprachf. 54, 185. Grille f . Gr. grillos m. 'Heuschrecke' ergibt über lat. grillus ahd. grillo. Seinen Einzug hält das Fremdwort über das Bair., wo es auch M. geblieben ist, während es nhd. F. wurde wie viele schwach flektierte Wörter (H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 93 f.). Bodenständige Namen des Insekts s. u. H e i m c h e n und H e u s c h r e c k e . Die Bed. 'Laune' tritt im 16. Jh. auf; sie geht vom Aberglauben zum Krankheitsdämon in Gestalt des Insekts aus: Axel Lindqvist, Beitr. Halle 1955, 239. Grillenfänger m. zu Grille in seiner Bed. 'Laune', demgemäß immer im übertragenen Sinn 'Mensch der wunderliche Einfalle hat und sich entspr. benimmt'. Seit Rist 1653 Friedejauchz. Teutschl. 90 rasch behebt geworden und bald zu Bed. wie 'einsamer Kauz, Sonderling', später auch zu 'Griesgram, Murrkopf' entwickelt. grillisieren schw. Ztw. 'seinen Launen nachhängen' : Mischbildung wie g a s t - , h a l b - , h a u s - , s c h i m p f i e r e n usw. Greifbar seit Moscherosch 1660 Gesichte 1, 471, doch wohl schon im 16. Jh. entstanden. Grimasse f . Anord. gñma 'Maske' erlaubt auf gleichbed. got. *giïma rückzuschließen, das, früh ins Span, entlehnt, mit der abschätzigen Endung -äceum span, grimazo ergab. Hieraus im 16. Jh. frz. grimace. F. 'verzerrte Miene'. Dies wird seit 1688 als Plur. G r i m a c e n zurückentlehnt, wohl als Wort der Bühne. Der Sing. G r i m a s s e nicht vor Lavater 1776: H.Schulz 1913 Fremdwb. 1, 266. Engl, grimace ist dem gleichlautenden frz. Wort entlehnt. grimm Adj. Adv., mhd. grim(me), ahd. asächs. afries. ags. grimm, engl, grim, anord. grimmr 'grimmig', dän. grim, norw. mundartl. grem 'häßlich'; dazu g r i m m i g , mhd. grimmec, ahd. grimmig, asächs. grimmag: zum st. Ztw. ahd. asächs. grimman, das in Ablaut zu g r a m und seiner Sippe steht, s. d. D e r G r i m m ist junge Substantivierung des Adj. g r i m m , gekürzt aus mhd. der grimme muot, daher M.\ W.Schulze 1935 Zs. f. vgl. Sprachf. 62, 198. Aus germ. Nachbarsprachen entlehnt sind prov. grim 'betrübt' und ital. grimo 'runzlig'. Grimmen n. (in B a u c h g r i m m e n ) , spätmhd. grimme m.: zu ahd. krimman, mhd. krimmen st. Ztw. 'drücken, kneipen', das, beeinflußt
Grippe
durch ahd. asächs. grimman st. Ztw. 'wüten' (s. grimm), seinen Anlaut geändert hat. Die heutige Verbreitung zeigt die Wortkarte 'Bauchweh' (s. d.) von Walter Hoffmann bei Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1965): im Alemannischen, um Koburg. S. auch S c h m e r z , Weh. Grind m. 'Ausschlag, Wundschorf', mhd. grint(d), ahd. grird. G r i n d 'Kopf' gilt vom Südosten Schwabens bis nach Tirol hinein Grindweh: W. Hoff mann, Wortkarte 'Kopfweh' bei Mitzka, Dt. Wortatlas III. Dazu nnl. grind, grint 'grober Sand ; grobes Mehl' (mnl. grinde auch 'Schorf, Grind'). Zum st. Ztw. ags. grindan 'reiben, kratzen, knirschen; mahlen, schärfen, schleifen', engl, grind 'mahlen'. Got. grindafraßjis 'kleinmütig' setzt *grinda- 'zerrieben' voraus. Mit Ablaut entspricht G r a n d , s. d. Urverwandt sind lat. frendere '(zer)knirschen, zermahlen, sich zürnend beklagen', lit. gréndíiu 'reibe', alb. grundê (aus *gh^ndha} 'Kleie', gr. Chondros (aus chrondros) 'Graupe, Korn, Pille'. *ghrend(h)- ist Erweiterung der idg. Wurzel *gher- 'scharf über etwas streifen, reiben', die unerweitert in G r u n d erscheint, s. d. grinsen Ztw. 'lachen; weinen'. Zu mhd. grinnen 'knirschen' (s. g r e i n e n ) ist mit -zen (aus ahd. -azzen, germ, -atjan) frühnhd. grinzen gebildet, das so noch zu Anfang des 19. Jh. steht und mundartl. z. B. in Ostpreußen und ElsaßLothringen bis in die Gegenwart gilt. G r i n s e n hält als ostmd. Form mit Stieler 1691 Einzug. Grippe f . 'Influenza' aus frz. grippe 'Laune, Grille', nnl. griep 1782 nicht aus russ. chrip 'Heiserkeit' (so Wiek 24; Schmeller-Frommann 1872 Bayer. Wb. 1, 1006, die „russische Grippe oder Influenza"; A. Streicher 1836 Schillers Flucht 49; Campe 1813 Wb. z. Verd. 375). Ital. influenza 'Beeinflussung' (urspr. durch die Sterne: Steudel 12), seit 1500 auch 'Ansteckung' (H. Schulz Fremdwb. 1,292), Name der 1743 von Italien über Europa greifenden Seuche, in Deutschland 1782 nachgewiesen (Ebstein, Jb. der Samml. Kippenberg 3, 107). Schnurrer, Chronik d. Seuchen II, 1825, 462: 1743 Frankreich, wo damals der Name zuerst aufkam; H. Orth, Mediz. Wochenschr. 1958, 462; C. Schelenz ebda. 1959, 63: 1768 attaqué... tout Paris d'une gripe... un nom nouveau. Von Seuchenstößen nennt Chamisso den von 1833 (Gedicht „Nach der Grippe"), J. v. Laßberg von 1839, 41 (Beri. Sitz.-Ber., phil.-hist. Kl. 1931, 1090 f., 1095), Bismarck von 1871 Grippe (Westphal Bism. als Gutsherr 57). Seit 1889 wiegt I n f l u e n z a vor (H. Fischer, Schwäb. Wb. 3,841.4,35). 1890 kämpft die Zs. d. Sprachv. 6, 32 für Grippe gegen Influenza. Im 1. Weltkrieg nur Grippe. An P i p s (s. u.) angelehnt ist oberpfälz. G r i p s :
grob
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Zaupser (1789) 33; Kurrelmeyer, Journ. of Engl, and Germ. Phil. 19, 513. S. E i n f l u ß . grob Adj. Adv., nur deutsch: mhd. g(e)rop, ahd. g(e)rob 'dick, ungeschickt, unfein', mnd. mnl. imi. grof. Spätanord. gröfr 'groß, grob' ist aus dem Nd., engl, gruff 'mürrisch' aus dem Nl. entlehnt. Die ahd. und mhd. Formen zeigen die Vorsilbe ge-; ohne sie ahd. (h)riob, ags. hrèof, anord. hrjüfr 'schorfig, rauh' neben ahd. (h)ruf, mhd. ruf 'Schorf', bair. R u f f f. 'Kruste auf rasch getrocknetem Erdreich', mnd. roue'Wundkruste', anord. hrüfa 'Wundrinde', hryfe 'Schorf'. Außergerm. vergleichen sich altkeit. *kreu(p)anä in kymr. crawen, korn. crevan 'Kruste', lit. nukrùpes 'schorfig', kraupüs 'rauh', lett. k'raüpa 'Grind': sämtlich zur Wurzel *kreup- 'Schorf; sich verkrusten'. Somit ist grob zunächst von der Haut gebraucht worden. Grobian m. Als humanistische Scherzbildung bietet der Voc. Iheut. (Nürnb. 1482) e4a „bauer / rusticus, grobianus". Brant 1494 Narrensch. 72,1 beflügelt das Wort: „Eyn nuwer heylig heisßt Grobian / Den will yetz fyren yederman": er faßt die an grob gehängte Endung nach dem Vorbild von Heiligennamen wie C a s s i a n , Cyp r i a n , D a m i a n . Murner und Sachs greifen Wort und Bild auf, die Literatur der Zeit erhält damit ihr kräftigstes Schlagwort. Scheidt 1651 Grobianus 3032 zerlegt es in g r o b e r J a n und bildet danach G r o b h a n s ; das. 2283 tritt zuerst das Adj. g r o b i a n i s c h auf, das nachmals zum Kennwort der Zeit wird. Im gleichen Geist die Nachbildungen G r o b h a r d u s Scheidt 2678, S c h w e i n h a r d u s Wickram 1539 Loosbuch M l b , G r o b i t e t /. 'flegelhaftes Benehmen' Scheidt 1068, g r o b i t e t i s c h (im Wortspiel mit g r a v i t ä t i s c h ) Fischart 1, 434 Hauff en; später E h r b a r t ä t 1597 Schildbürger 379, A l b e r t ä t , L i e b e t ä t , S c h w u l i t ä t (s.d.). Grog m. Der engl. Admiral Vernon, der wegen seines Rocks aus Kamelhaar (engl, grogram aus frz. gros grain) den Übernamen Grog führte, befahl als erster, den Rum der Matrosen zu verdünnen. Danach ist seit 1770 engl, grog als Scherzname des heißen Getränks aus Rum, Wasser und Zucker aufgekommen, bei uns seit 1784: Forster, Cooks Reise 2, 370. Kluge 1924 Neuphilol. Mitt. 25, 124. grölen Ztw. geht von Magdeburg und Braunschweig aus, wo es im 15. J h . grälen lautet: Chron. dt. Städte 16,103. Zu mhd. gräl m. (Herkunft ?), das im späteren Mittelalter vom Heiligtum der Gralsritter zu einem bürgerl. Turnierfest gesunken war, bei dem in einer Zeltstadt Gäste bewirtet wurden, wobei der Lärm die Hauptsache war. Danach 1767 Versuch eines brem.-nsächs. Wb. 2, 632f.: „ G r a a l , ein rauschendes Lärmen . . . In Hamburg ist g r ö l e n lärmen, laut seyn,
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groß
G e g r ö l . . . ein Gelaut, strepiius hominum vociferantium". A. Götze 1924 Neuphilol. Mitt. 25, 118; ders. 1928 Nd. Zs. f. Volksk. 6, 190. Groll m. Unter g r e l l ist die Sippe mit der Ausgangsbed. 'zornig' entwickelt, zu der sich das im Mhd. des 14. J h . zuerst auftretende grolle m. 'Zorn' stellt. Dazu nhd. grollen Ztw., mhd. grüllen 'zornig murren'. Weiterhin vergleichen sich ags. gryllan 'knirschen', mengl. grillen 'ärgern'. Groom m. Engl, groom 'Bursche, Reitknecht' wird kurz nach J o c k e i entlehnt und zuerst von Heyse 1835 gebucht: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 256. Gros1 n. 'Hauptmasse' aus gleichbed. frz. gros m. (zu mlat. grossus 'dick') als Wort der Heeressprache entlehnt, seit Lohenstein 1689 Arminius 1, 34a literarisch. Gros2 n. 'zwölf Dutzend'. Frz. la grosse (douzaine) ist seit dem 16. J h . Handelswort bei Waren, die in Posten von 144 Stück gehandelt werden; entspr. ital. grosso, nnl. gros. Bei uns erscheint Groß seit Marperger 1702 Kaufm.Mag. 557. Durch nl. Vermittlung wird in Niederdeutschland gros allg.: Brem. Wb. 2 (1767) 549; Adelung tritt für ô ein, wobei der Gedanke an Gros 1 , groß oder G r o ß h u n d e r t im Spiel sein mag. Für den Genuswandel sind Vorbilder wie D u t z e n d und S c h o c k verantwortlich. Groschen m. Lat. grossus 'dick' steht im Namen des seit 1266 in Tours geprägten denarius grossus oder grossus Turonensis (s. Turnóse). Mit der Münze verbreiten sich ital. grosso, frz. gros, spätmhd. gros(se), daraus verniederdeutscht grot (engl, groat). Einem tschech. Lautgesetz, das s zu s wandelt und im 14. J h . tschech. gros ergibt, folgt die böhm. Kanzlei des 14. J h . mit grosch(e), was gemeindeutsch wurde, weil der böhmische Groschen Vorbild des deutschen ist. Hübner 1922 DWb. 4, 1, 6, 447ff.; Wiek 24; Bielfeldt 25. groß Adj. Das Wort für 'groß', das in gr. mégas, Stamm megal-, lat. magnus, magis vorliegt, deckt den Begriff auch im Germ. : got. mikils, anord. mikill, ags. micel, jünger mycel, mengl. müchel, engl, much, anfr. asächs. mikil, ahd. mihhil; in schwed. myeken, norw. mykjen, dän. megen lebt es noch. An seine Stelle tritt als westgerm. Neuerung ahd. mhd. grö%, asächs. gröt, nl. groot, afries. grät, ags. gréât, engl, great. Dem westgerm. *grauta- entspricht anord. grautr 'Grütze' (s. G r i e ß und G r ü t z e ) : als Grundbed. ist 'grobkörnig' anzunehmen, die z. B. ags. gréai in der Anwendung auf Salz und Hagel zeigt. Sie wandelt sich (wie bei grob) zu 'umfangreich, dick' ; kennzeichnend ist, daß mhd. grö% 'schwanger' bedeuten kann, wie auch im Engl, seit 1200 great loith child steht. Ahd. ist schon im 8. Jh.
großartig
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die heutige Bed. erreicht. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu 'groß', 'größer'. großartig Adj. steht als Ersatz für grandios (s. d.) seit Mengs 1762 Schönheit und Geschmack 41. Das bei Adelung und Campe noch fehlende Adj. wird erst mit der Romantik häufiger: Zs. f. d. Wortf. 2, 69. Großhändler m., Lehnübersetzung des frz. marchand en gros, ersetzt seit etwa 1700 das um 1600 aufgenommene Fremdwort Grossierer, das frz. marchand grossier nachbildet. Erst nach 1800 gilt Grossist. Auch die dem Frz. nachgeschaffene Formel ins große, im großen handeln unterstützt die Bildung der Subst.: A. Hübner 1936 DWb. 4 , 1 , 6, 641. Großherzog m. 1669 hat Pius V. den Herzog von Florenz zum gran duca (im Lat. der Kurie magnus dux) ernannt. 1676 spottet Fischart, Garg. 392 „aber diß wollen wir dem Großhertzogen, nein, Grösthertzogsten zu Rom vorbehalten haben". Im Bienenkorb (1679) 144b kommt Fischart darauf zurück: „da er (Pius) den Hertzogen von Florentz nie präuchlicher Weiß hat auf moscovitisch zum Großhertzogen gemacht" (Großfürst für russ. velikyi knjaz' das. 47 b). Vom 16. bis 18. Jh. wird der Titel im Deutschen vorwiegend von den Großherzögen von Toskana verwendet; als Napoleon 1806 Murat das Großherzogtum Berg verlieh, nahm eine Anzahl deutscher Fürsten den Titel an: Hübner 1926 DWb. 4, 1, 6, 648. Großhundert η. Ί 2 0 Stück'wieGroßtausend *1200 Stück'. Neben dem für die Idg. gesicherten dezimalen Hundert haben alle Germanen das duodezimale Hundert gekannt: s. Dutzend und Schock. Wulfilas' hund 1.Kor. 16, 6 wird durch die got. Glosse taihuntëwi 'dezimal' erläutert. Anord. heißt tolfrœtt hundrad '12 mal 10', tirasti hundrad '10 mal 10'. In England (bes. Worcester, Norfolk, Somerset) heißt es long oder great hundred, entspr. im Kymrischen von Wales. Die Lex Salica liefert ein Subst. tualepti 'Zwölfheit' im Sinn von 'Großhundert'. In den Rechtsbüchern der Ripuarier und Langobarden ist 12 die Grundzahl für gerichtl. Bußen. In deutscher Handelssitte hat sich das Großhundert vor allem an der Seeküste gehalten, bei Torf, Brettern, Fischen, Früchten und Eiern. Sprachlich kommt es nicht immer zum Ausdruck. Köbel 1632 Rechnen und Visieren 120 kennt einfaches hundert für Ί 2 0 ' im Stockfischhandel, ähnlich Coleras 1666 Oecon. 326; Friese 1668 Rekenk. 174 kennt hundert für '6 Stiege, 120 Stück' bei Dielen, Latten, Sparren usw.; Overheide 1668 Schreibk. 304 „ein Großtausend in Schullen, nordische Deelen, Wagenschotte, Zitronen". Unser von Adelung aus dem gemeinen Leben aufgenommenes Wort seit Deter 1664 Arithm. nova : „ein Großhundert K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aufl.
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Großmutter
ist 6 Steige als Bretter, Dehlen, Wagenschoß, Latten, Posen, Wallnüsse, Schullen, Ruchen, Klippfisch, Kese usw." Kluge 1913 Urgerm. 266; 1920 Sprachgesch. 70; Th. Frings, Beitr. 83, 3: mag im germ. Seehandel, zunächst Ostsee entstanden sein. großkotzig Adj. Adv. 'vornehmtuerisch, prahlerisch, anmaßend' gelangt aus Berliner, brandenb. und sächs. Umgangssprache gelegentlich zu einem Schriftsteller wie M. Kretzer 1893 Irrlichter 1, 246. Ein Großkotz ist ein Mann, der große Bogen spuckt. M. Fränkel, in Sprachwart 1966, 87 : nicht zu hebr. kazin 'reich'. Großmacht/, zus.-gerückt aus große Macht seit Stieler 1691, der es demgemäß mit summum Imperium umschreibt. Erst seit etwa 1860 steht G. (nach dem Vorbild von frz. grande puissance) von bestimmten großen Staaten. Das Adj. großmächtig als verstärktes mächtig oder als gesteigertes groß (aus den unverbunden zus.gerückten beiden Adj.) ist schon durch die ganze frühnhd. Zeit häufig: Zs. f. d. Wortf. 3, 231.11, 112; Ruppel 1911 Rückbildung dt. Subst. 36. Großmogul m. Pers. Mugäl 'Mongole' ist in Indien Gattungsname aller fremden Mohammedaner geworden. Die Könige von Delhi aus dem Haus Timur heißen zuerst port, o grao Mogor; über frz. grand mogol gelangt die Bez. im 18. Jh. zu uns; heute auch in dt. Mundarten als Schelte geschwollener Tröpfe: Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 1494. Großmut f. löst erst in Fischarts Tagen das spätmhd. grôçmûetekeit ab; großmütig Adj. spielt schon bei den Mystikern des 14. Jh. eine Rolle als Gegenwort zu kleinmütig. Großmutter f., Großvater in. Das Begriffspaar wird durch ahd. ano m., ana f. (s. Ahn) gedeckt; entspr. noch in obd. Mundarten: schwäb. èni m., ara f.; österr. sèni m., änl f.; tirol. riëra m., nûra f. Altertümlich auch awm m. im Niederlahngau (zu anord. äi 'Urgroßvater', got. awö 'Großmutter', lat. avus 'Ahnherr'). Im mittleren Westen vielfach Neubildungen aus dt. Wurzel: henneb. herb (Herrlein), frèh (Fräulein), rheinhess. herch», fraucha, oberhess. ellervater, -mutter (eller), rheinfr. altvater, -mutter, westfäl. iestofaar, -moar. G r o ß v a t e r und G r o ß m u t t e r kommen im 12. Jh. an Mittelrhein und Mosel auf, mnl. grooihere, grootvrovwe. Frz. grand'mère erscheint erst im 13., grand-père im 16. Jh. Die Siebenbürger, die damals das moselfränk. Gebiet verlassen, nehmen die Vorformen ihrer grüßfüatr und grüßn schon mit. Belege treten erst seit 1399 auf, fast so spät wie die für entspr. nl. grootvader, -moeder, engl, grandfather, -mother; Großeltern bei uns kaum vor 1676: Gg. Rollenhagen, Tobias V. 2870. In Niederdeutschland sind die fremdbestimmten Wörter vielfach mundartl. ge18
Großstadt
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Grummet
worden: braunschw. jrötafäar, jrötmudr·, pomm. S c h a c h t , dann für die ges. Bergwerksanlage; grötfadr, -mödr\ nicht überall mundartecht: so in poln. gruba; vgl. a. F u n d g r u b e : Wolf waldeck, grüsmoter, altmärk. großmauder. In 1958 Bergmspr. 131 u. 209. Teilen Nordthüringens ist große m. 'Großgrübeln schw. Ztw., ahd. grubilön 'bohrend vater', f . 'Großmutter', dagegen beruht schwäb. graben, genau nachforschen': Iterativbildung bad. grösate n. 'Großmutter' auf G r o ß ä h n - zum st. Ztw. g r a b e n (wie k l i n g e l n zu k l i n lein. — Vgl. A m m e , A h n , F r ä u l e i n , g e n , s u d e l n zu sieden). Damit hat sich eine Hebamme. schwundstufige Ablautform von k r a b b e l n verGroßstadt f . seit Jean Paul und Campe, rück- mengt, die außerhalb des Hd. rein erhalten ist gebildet aus G r o ß s t ä d t e r m. (Val. Herberger in Bedeutungen wie '(tastend) umhergreifen, 1609 Himml. Jeras. 109) oder g r o ß s t ä d t i s c h herumwühlen': nd. grubbeln, nl. groblelen Ma., Adj. (Gerstenberg 1766 Schlesw. Lit.-Briefe 87). engl, grubble, norw. gruvla. Dieselben Verhältnisse bei K l e i n s t a d t und seiGrude /. 'Strohasche, glühende Asche, Koksner Gruppe : Ruppel 1911 Rückbild. dt. Subst.38f. staub, Koks von Braunkohlen', mnd. (zuerst Großtat f . Das schon mhd. vorhandene Adj. 1417) grudelfavilla. In Halle heißt 1482 und grô%-tœtic 'groß handelnd', wohl dem lat. magni- 1670 der Knecht, der das unter die Salzpfanne fica nachgebildet, führt im 17. Jh. zu der Rück- geworfene Stroh g r u d e t e 'schürte', G r u d e r . bildung G r o ß t a t : Ruppel 1911 Rückbild. dt. Dies M. begegnet 1343 in Barth in Pommern als Berufsbezeichnung, 1418 als Familienname. Subst. 39 f. grotesk Adj. Zu ital. grotta (s. G r o t t e ) gehört Das F. wird von Gg. Rollenhagen, Froscha grottesco Adj. Damit werden Wandgemälde röm. meuseler (Magdeb. 1596) Ζ 2 verhochdeutscht Fundstätten gekennzeichnet, wie sie Goethe 1796 zu G r a u d 'Asche'. In nd. Mundarten ist grüde Benv. Gellini (Weim. Ausg. I 43, 85) schildert. ein tief in den Feuerherd gehendes Loch, in dem Über frz. grotesque gelangt das Wort zu Fischart man Töpfe in Kohlenrückständen warm hält. 1576 Garg. 17 „grubengrotteschische krüg", wird Danach im 19. Jh. G r u d e f e u e r u n g , - h e r d , aber erst seit 1728 von Malereien, nach 1750 als - k o k s , - o f e n : Kurt Müller 1933 Barther Perallg. Kunstwort verwendet: H. Schulz 1913 sonennamen 61; Arth. Hübner 1935 DWb. 4 , 1 , Fremdwb. 1, 256f.; H. Lamer 1933 Wb. der An- 6, 627. tike 441; G r o t t e ß k e n 1610 Nürnberg, W. SeiGruft f . Der Grenzgraben zwischen Sachsen bicke, in: Muttersprache 1964, 253. und Thüringen heißt 979 girophti (Mon. Germ, Grotte /. Gr. krypte (kamdra) 'bedeckter Gang; hist., Diplom. 2, Nr. 191), eine Flur in GeGewölbe' (s. G r u f t ) ergibt bei früher Entlehnung markung Lipsheim im Elsaß 1268 üf die grufi: (volks)lat. crupta 'Korridor, Grotte, Gruft'; hier- beides deutlich Verbalabstr. zu g r a b e n . Wenn aus ital. grotta; zur lautlichen Entwicklung s. in ahd. Glossen seit dem 10. Jh. die Schreibung R o t t e . Im Lat. der Kaiserzeit erscheint Aus- kruft und die Bed. 'crypta' überhandnimmt, so sprache mit m (y), die im Kirchenwort K r y p t a hat sich ebenso deutlich Anlehnung an das unter bis heute gilt. Als Kunstausdruck steht ital. G r o t t e behandelte gr.-lat. Wort vollzogen, das grotta von den unterirdischen Wandgemälden in als altlat. crupta in karol. Zeit zu uns gelangt ist. den Thermen des Titus, die durch Rafael bekannt Daß sich mhd. gruft durchsetzt, wird dadurch werden. Bei uns tritt G r o t t e 1479 auf: ist ein begünstigt, daß schon mlat. grupta erscheint. — enge grotte oder holen unter ¿1er erden im veils: Zur Bedeutung 'Begräbnis' vgl. g r a b e n . die Nürnberger Palästinareisenden Tucher u. Grummet n. Mhd. gruonmät f . 'zweite Mahd Rieter, von Wallfahrtszielen am Berge Sinai. des Grases' gehört zu germ. *grö- 'wachsen'. Marjetta Wis, Neuphil. Mitt. 64, 129 mit Be- In der verdunkelten Zus.-Setzung ist der Tondeutungsentfaltung im Nhd. S. g r o t e s k . vokal vor Doppelkons, verkürzt (wie in B r o m Grube /., gemeingerm. Ableitung zu g r a b e n b e e r e , H o f f a r t , Winzer), der unbetonte Vo(s. d.): ahd. gruoba, anfr. gruova, mnl. nnl. groeve, kal der zweiten Silbe zu e geworden (wie in anord. gröf f., norw. gröv 'Bach, Flußbett', got. a l b e r n , D r i t t e l ) , nm zu mm angeglichen (wie gröba f . 'Grube, Höhle'. Mengl. gröfe, gröve beruht in S t i m m e , v e r d a m m e n , Z i m m e t ) . Die auf Entlehnung aus dem Mnl., schwed. grübe ist Wortgeographie bietet die Darstellung von jung aus dem Nhd. entlehnt. Im alten Nieder- Gisela Ruppenthal, D. zweite Grasschnitt in deutschland war gröve Gassenname: in Lübeck dt.Synonymikl950; G r u m m e t und seine Laut1259 Fossa piscatorum, 1397 Vischergröve; in varianten ist schriftsprachlich und gilt in den Höxter heißt die von einem Bach durchflossene Mundarten weithin, nur das Alemannische mit Hauptstraße bis heute die G r u b e . Zur Bedeu- der (einst auch alem.) Nachbarschaft bis über tungsgeographie 'Gruft, Begräbnis' s. g r a b e n . den Main um Würzburg herum (altes Bauern— Bergmänn. steht es neben dem jung. Zeche wort ohne Kanzleisprachstörung), dazu einige zun. für eine 'gegrabene Vertiefung', den Restinseln in Nordwestdeutschland hat den Typ
grün
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A m a h d , Ohmd (s. d.), der Norden weithin Mahd (s.d.), zweiter S c h n i t t u. ä., E t t g r o n (aus germ. *id 'wiederum', urverwandt mit lat. Herum). Grù{n)mat n. ist zuerst im 13. Jh. belegt, und zwar in Niederösterreich. Der Umlaut, ζ. B. am Niederrhein und in Westfalen, geht auf *gruon mit unbetontem -mat zurück, so auch bei öhmd. gruon- bedeutet hier nicht 'grün* (das verwandt ist), sondern 'sprossend', vgl. Schweiz. Gruen ». 'junger Trieb', mhd. Adj. gruo 'grün', st. F. gruo 'Wiese', auszugehen ist also vom germ. Verbalstamm grö- 'wachsen'. Grummet bedeutet mithin zunächst das Abmähen des nach der Heuernte sprießenden Grases. Dies geschah als Übergang zur zweiten Mahd statt des Abweidens zwischen dem 8.—11. Jh. Das Wort mag vom Bair. ausgegangen sein. Das neutrale Geschlecht, im Gegensatz zu Mahd, ist von jenen Gruen, Ettgron, also einem germ. *gröna herzuleiten. Vgl. W. Steinhauser, Zs. f. Mundartfg. 1952, 1; R. Bruch, Beitr. z. Gesch. d. dt. Spr. 1958 Tübingen, 406. Wortatlas XIV. grün Adj. Ahd. gruoni, asächs. gröni, afries. ags. grêne, engl, green, anord. grœnn führen auf germ. *grö-ni: mit Suffix -ni abgeleitet aus der germ. Wz. *grö in ahd. gruoen, mhd. grüejen, ags. gröwan, engl, grow, anord. gröa 'wachsen, gedeihen'. Dazu Gras mit seiner Sippe. Grand m. Mhd. grünt (d), ahd. grünt, asächs. afries. ags. grand 'Boden, Abgrund; Erde, Ebene; Tiefe, Meer', engl, ground, anord. grunn 'Untiefe', grunnr 'Grund', grund f . 'Ebene, flaches Land', got. grundu-waddjus 'Grundmauer', afgrundipa 'Abgrund' führen auf *ghfn-tu- 'Sandboden'. Dies zur Wurzel *gher- 'scharf über etwas streifen, reiben', die auch in gr. chrainö (aus *ghpi-iö) '(be)streiche' erscheint und zu der mit Dentalerweiterung die Sippe von Grind gehört; s. d. und Grand. H. Kunisch, Das Wort Grund (Münster 1929). Vgl. Zinsli 1945 Grund und Grat. Gründer m. Als nach Beendigung des deutschfranz. Krieges 1871 zahlreiche Aktiengesellschaften leichtsinnig gegründet wurden, begann die dt. G r ü n d e r z e i t . Vorausgegangen war 1868/69 ein österr. Gründungsschwindel, zu dessen Abwehr der wesentliche Wortschatz schon entwickelt war: Ladendorf 1906 Schlagwb. 112; Gombert 1907 Bemerk. 13. Gründonnerstag m. 'Donnerstag der Karwoche'. Die Beziehung auf den Genuß grüner Kräuter (s. Ostereier) beruht auf irrender Volksdeutung. Der grüene donerstae, um 1200 dem lat. dies viridium 'Tag der Grünen' nachgebildet, erscheint zuerst in Erfurt um 1220 (Ebernand, Kaiser u. Kaiserin 1917), auch danach nur in md. Gedichten (Albertus, Hlg. Ulrich 534; Elisabeth 2920.40; Passional 103,67 Hahn), erst nach 1400 auch im obd. Westen und Süd-
Gruppe
westen. Hier ist der alte Name mhd. antlä^tac 'Tag des Erlasses (der Kirchenbußen)': die öffentlichen Büßer (das sind die virides nach Luk. 23, 31) schritten nach 40tägiger Buße zum Abendmahl. Bischof Burchard v. Worms bekundet zu Beginn des 11. Jh., für quadragêna sage das Volk carèna, -Ina (zu ahd. kara 'Trauer' ; s. K a r f r e i t a g ) : darin mit A. M. Koeniger, Schwab. Landesztg. Nr. 31 vom 16. April 1946 den Ursprung des G r ü η - zu sehen, ist kaum nötig. Grandriß m. erscheint zuerst bei Faulhaber 1632 Continuatio des math. Kunstspiegels 16 und bleibt lange ein Wort der Techniker und Baumeister, die auch in A u f r i ß und R e i ß b r e t t , - s c h i e n e , -zeug Erinnerungen an r e i ß e n 'zeichnen', Riß "Zeichnung in Linien' bewahren. Grünkohl m. ist der wesentl. nord- und md. Name der Brassica oleracea, die sonst Kohl schlechtweg oder B l a u - , B r a u n - , K r a u s - , W i n t e r k o h l heißt. Die Vorstufe g r ü n e r Kohl istlandschaftl. erhalten: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 221. Grünspan m. mhd. grüenspän, gleichbed. vom 13. bis 19. Jh. S p a n g r ü n : beides Lehnübersetz, des mlat. viride hispanicum, nach Spanien benannt, weil im Handel von da Kupferoxyd zuerst nach Deutschland kam. Um 1300 ist mhd. grüenspän ins Tschech. entlehnt worden; das älteste dt. Zeugnis : grüenspät, ain chraut spängrüen (Prag um 1260) zeigt schon die auch weiterhin geläufige Anlehnung an S p a t : Arth. Hübner 1935 DWb. 4,1, 6, 960f. ; Gerh. Eis 1939 Meister Albrants Roßarzneibuch 30. grunzen Ztw. ahd. grunnizön, mhd. grunzen aus germ. *grunnatjan, ags. grunnçttan, mengl. grünten, engl, grünt: Intensivbildung zu frühnhd. grunnen 'grunzen', ags. grunnian 'knirschen', das (wie gleichbed. lat. grunnlre aus grundlre und gr. grtfzein (γρύζειν)) lautmalend ist: O. Hauschild 1910 Zs. f. d. Wortf. 12, 41 f.; P. Kretschmer 1924 Glotta 13, 135. Gruppe /. Aus lat. co- 'mit' und einer Ableitung von afränk. *rlp 'Seil' entsteht gallo-rom. *co-repare, später *croppare, prov. gropar 'verknüpfen'. Rückbildung dazu ist prov. grop m. 'Knoten', das als gruppo ins Ital. gelangt und hier die Bedeutung 'Vereinigung' annimmt. Als Lehnwort aus dem Ital. tritt im 17. Jh. frz. groupe m.'Vereinigung, Gruppe' auf, das in dieser Schreibung seit 1708 in dt. Texten erscheint, zuerst bei P. J. Marperger, Kaufm.-Mag. 561; das M. G r u p p noch bei Bodmer 1746 Mahler d. Sitten 1, 263. Der Wandel zum F. G r u p p e (vollzogen bei Chr. L. Hagedorn 1762 Betracht, über d. Mahlerey 663) folgt Vorbildern wie T r u p p e , s. d. Als Ausdruck der bildenden Künste war G. zu uns gelangt. Im 19. Jh. ist es durch L. Strümpell 1844, H. v. Treitschke 1859 und Ferd. Tönis1
gruseln
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Gully
nies 1887 zu einem Kernwort der GesellschaftsGnano m. In der peruan. Keschua-Sprache lehre geworden: H . L . Stoltenberg 1939 Nachr. hat huanu neben der umfassenden Bedeutung d. Gieß. Hochschulges. 13, 64ff. 'Mist' die engere 'Dünger von Seevögeln', wie er gruseln Ztw. Zu mhd. grüsen (s. G r a u s ) ge- sich auf Inseln und Klippen in mächtigen Lagen hört die Intensivbildung mhd. griuseln 'Grausen findet. Über span, guano gelangt das Wort 1601 empfinden'. Die Form ohne Umlaut und Di- in den dt. Gesichtskreis: R. Loewe 1933 Zs. f. phthongierung scheint unter norddeutschem vgl. Sprachf. 60, 152f.; Palmer 41. Einfluß Schriftdeutsch geworden zu sein. gucken schw. Ztw. dringt seit dem 15. Jh. Grus m. 'Zerbröckeltes, Schutt, Kohlenklein', durch und gilt im 16. Jh. In obd. Md. entspricht die nd. Form, der bei Goethe GTaus 'Stein- gücken mit Umlaut des u, der obd. vor ck -schutt* entspricht; mhd. grü^ 'Sand-, Getreide- lautgesetzlich unterblieben ist (vgl. d u c k e n , korn', ags. grüt 'grobes Mehl', engl, grout 'dünner s c h l u c k e n , s p u c k e n ) . Da das Wort in Schweiz. Mörtel'. Nächstverwandt mit G r i e ß und Ma. nicht mit kch vorkommt, muß ahd. *guckan aus westgerm. *guggjön stammen (s. G a upe). G r ü t z e , s. d. grüßen schw. Ztw., mhd. grüe^en (obd. grü- In Nürnberg gilt eine Weiterbildung gutzen (aus etzeri), ahd. grwçen (obd. gruozen) 'anreden, *guckezen), im N d . ein unverwandtes klken. Auf angreifen', asächs. grötjan 'anreden', mnd. dessen Einfluß beruht der Anlaut von nordd. gröten 'zum Kampf auffordern, grüßen', mnl. k u c k e n . Vgl. K u x . groeten, grueten, nnl. groeten, afries. greta 'grüßen, anklagen', engl, greet 'grüßen', anord. groeta 'weinen machen'. Germ. *grötjan ist Kausativ zum st. Ztw. got. grêtan, anord. grata, ags. grietan 'weinen, klagen', schott. greet 'weinen', asächs. grätan mhd. grämen 'schreien' (s. g r ä ß l i c h ) , für das nach Ausweis seiner idg. Verwandten (aind. hrädate 'tönt', hräda- m. 'Geräusch', gr. kéchlada 'rausche, brause', kachläzö 'klatsche, plätschere', air. ad-glädur 'ich rede an') die Ausgangsbed. 'schallen' anzusetzen ist. Demnach bedeutet * grötjan ursprünglich 'zum Reden bringen' : das war der Sinn der grüßenden Anrede in der alten Zeit, die noch keine hohlen Höflichkeitsformen kannte. — G r u ß m., mhd. ahd. gruo%, mnd. gröt, nl. groet ist im 12. Jh. aus dem Ztw. rückgebildet. Vorher hat unsem Altvordern ein W o r t für 'Gruß' gefehlt: Wh. Bruckner 1939 Schweiz. Arch. f. Volkskde. 37, 65ff.
Guckindiewelt m. seit Voß 1784 Luise 1, 592; daneben das zunächst nd. K i e k i n d i e w e l t als Gieck in die Welt Bretzner 1790 Leben e. Lüderl. 1, 214. Satzname wie Gernegroß, Springinsfeld, Störenfried, Taugenichts, Tunichtgut, Wagehals. Das urspr. einleitende 'ich' ist weggeblieben wie vor b i t t e und d a n k e . Guckkasten m. kaum vor Lessing 1759 Lachm. 6, 106; gebucht seit Adelung. Gagel f. 'Kapuze' s. K u g e l 1 . Gnillotine /. Das auf seinen angeblichen Erfinder, den Arzt J. J. Guillotin (1738—1814), getaufte Fallbeil der Frz. Revolution wird bei uns zuerst von Lichtenberg 1792 so benannt; g u i l l o t i n i e r e n (nach frz. guillotiner 1790) seit Brentano 1800: H . Schulz 1913 Fremdwb. 1,258. Guitarre s. G i t a r r e . Gnlasch n. 'Pfefferfleisch'. Zu magy. gulya 'Rinderherde' stellt sich gulyds 'Rinderhirt'. Das von den Hirten im Kessel gekochte einfache Mahl hieß gulyds hus 'Fleisch' oder g. lé 'Saft, Suppe'. Später werden beide verkürzt (s. K u t s c h e ) . Über Österreich dringt G u l a s c h 1850 bei uns ein. Gulden m. Die unter F l o r i n behandelte Goldmünze heißt mnl. gulden florijn; auf dt. Boden begegnen die Formeln guldin pfennvnc und aureus denarius. Aus dem nach obd. Regel umlautlosen A d j . (ahd. asächs. guldin, afries. gelden, ags. gylden, anord. gullinn, got. gulpeins) entwickelt sich der Münzname mhd. guldin, nhd. nl. gulden. Frühnhd. guidein, gülden zeigen bair.österr. und md. Lautstand. Von gülden geht dän. gylden aus. Nach Erstarrung des Namens und entspr. Sachwandel wird eine Bildung wie S i l b e r g u l d e n möglich.
Grütze /. 'Getreideschrot; aus Körnern bereiteter Brei': mhd. grütze, ahd. gruzzi, mnd. grütle, görte, mnl. gort(e), nnl. gort, ags. grytt, engl, grit 'Grütze', urspr. 'Grobgemahlenes', dazu viele Sinnverwandte in verschiedenen Ablautstufen. Verwandt mit G r i e ß und g r o ß , s . d . Ital. gruzzo 'Haufe zusammengetragener Sachen' ist aus einer germ. Sprache entlehnt, ebenso mlat. grütum 'Mehl', dessen Weiterbildung volkslat. *grütellum über afrz. gruel 'Grütze' das gleichbed. engl, gruel ergeben hat. Auf *ghreud-, einer Erweiterung der Wurzel *ghriu-\ *ghrau'scharf darüber reiben' (s. G r a u s ) beruhen auch lat. rüdus, -eris 'zerbröckeltes Gestein', lit. grúdSiu 'stampfe', graudùs 'brüchig', grúdas 'Korn', lett. grûSu 'stoße', grüdenes 'Graupen', urslav. *gruda'Erdscholle'.—Grütze 'Verstand' beruht auf Umbildung von frühnhd. kritz (hess. gritz), Gully m. n. Schacht zum Abfangen von das sich aus ' K i t z e l ' zu 'Vorwitz, Scharfsinn' Schlamm und Sand, in städt. Straßen eingebaut. entwickelt hat und zu frühnhd. kritzeln 'kitzeln, Dt. Städte folgen darin dem Vorbild von London, jucken' gehört. demgemäß ist das Wort aus dem Engl, entlehnt.
gültig
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Hier ist gully seit dem 17. J h . auf Wasserbauten übertragen; urspr. bedeutet es 'Schlund' und geht über afrz. goulet zurück auf lat. guh 'Schlund'. gültig s. g e l t e n . Gummi n. m. Altägypt. kmj.t ist über gr. k&mmi, lat. eummi, mlat. gummi ins Spätmhd. gelangt, zuerst 1485 „Gart der Gesuntheit" cp. 77: gumme 'harzige Pflanzenausschwitzung', cp. 201: gummi; als 'Klebsaft aus Bäumen'. 1520 Braunschweig Nd. J b . 39, 103; Luther 1521 Weim. Ausg. 7, 254 „myrren, der ain starcker kiener ('kienener') gesafft ist auß den bömen in Arabia fließend wie ain gummi", dann als Arznei: Paracelsus 1525 gummi η. (Werke I 2, 482). Die Entwicklung von 0. arabicum und elastieum bei H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 258. Vgl. K a u t s c h u k . Gummischuhe Plur. seit 1842 eingeführt, heute im größten Teil Deutschlands so benannt. S. G a l o s c h e und Kretschmer 1918 Wortgeogr. 221 ff. Gundelrebe f., Gundermann m. Glechoma hederacea, ein Kraut mit kriechendem, an den unteren Knoten wurzelndem Hauptstengel. Dieser klammert sich an den Grund, wie die Rebe an Stamm und Mauer. Danach ist für die Pflanze (vielleicht in freier Nachbildung des mit. hederá ierrestris, das gleichbed. E r d e f e u , engl, groundivy usw. geliefert hat) der ahd. Name *grund(e)rêba vorauszusetzen. Das erste r schwand vor dem zweiten: so entsteht im 9. J h . grundereba, das über mhd. grunderebe zu nhd. G u n d e l r e b e geführt hat. Im 12. J h . wird der Pflanzenname nach dem Vorbild des Männernamens Oundram umgebildet zu gunderam. Umdeutung des 17. J h . ist G u n d e r m a n n : E. Björkman 1902 Zs. f. dt. Wortf. 3 , 2 8 7 ; R. Loewe 1936 Beitr. 60,164; Marzell Wb. 2, 699. Über westfäl. hidráwe s. R e b e . Günsel m., früher auch /. 'Ajuga reptans L.\ daneben g e l b e r G ü n s e l 'Ajuga chamaepitys' und H e i d e g ü n s e l 'Ajuga genevensis'. Mhd. (seit dem 13. Jh.) curisele entlehnt aus lat. ital. consol(i)da (von consolidare 'festmachen'), dies Lehnübersetzung des gr. stfmphyion als Name von Pflanzen, die das Zuheilen befördern. Denselben Ursprung haben frz. (seit dem 14. Jh.) consou(l)de und engl. (1807) consound 'Beinwell, Schwarzwurz'. Aus dem Dt. weiterentlehnt ist poln. gqdziel. Der roman. Anlaut ist bei uns behandelt wie in G a l m e i , G a n t , G a r d i n e usw. Gunst /. mhd. mnd. gunst m. f. 'Wohlwollen, Erlaubnis' aus *ge-unst zu ahd. gi-unnan 'gönnen'. Dafür ahd. unsi f. Dazu mit Ablaut ahd. anst, got. ansts, ags. èst 'Gunst', anord. isl. äst 'Liebe'. Germ. Stamm *un-, *an- mit Suffixverbindung* -s-t 'zugehörig zu' (wie D i e n s t , s . d . ; E r n s t , s.d., u.a.), während mhd. gunt
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gut
'Gunst', anord. gfund, urnord. afunp 'Mißgunst' das einfache Abstraktsuffix -ti- zeigen. S. gönnen. Gurgel /. Der Begriff war durch ahd. qvMrcha(la), mnd. quêrke, anord. kverk 'Gurgel' gedeckt. Aus dem damit urverwandten lat. gurgulio m. 'Luftröhre' wird auffällig früh (z. B . weit vor K ö r p e r , s. d.) ahd. gurgula, mhd. gurgel, mnd. nl. gorgel entlehnt. Gurke f. Mittelgriech. dgüros zu äöros 'unreif' gelangt vor 850 ins Slavische; Zum Unterschied zur reif gegessenen Wassermelone, Wiener Umurken zu neugriech. Dim. angüri; dies und weitere dt. Formen: W. Steinhauser, Slavisches 95. Poln. ogurek, heute ogórek, dringt an versch. Stellen bei uns ein. Johannes dictus Kurke 1362 Urk.-B. der Stadt Freiberg i. Sa. I 408 gehört nicht hierher (Bielfeldt 29).Vom östl. Niederdeutschland vordringend, steht gurken oder pluzern bei Freigius 1579 Quaest. phys. 839, augurken bei Chytraeus, Nomencl. lat.-sax. (Rostock 1582) Kap. 117. Auffallend früh steht unser Wort bei W. H. Ryff, Confectb. (Frankfurt a. M. 1544) 156. Die 156. Die landschaftl. Verbreitung zeigen österr. omorken, umuAe, aus dem Russ. lüb. agurke; brem. ostfries. augurke, nnl. augurk, dän. agurk, schwed. gurka. Sorb, kórka und lett. agurk'is stammen aus dem Deutschen: Wiek 25f., wohl auch tschech. okurka. Dagegen gelten im dt. Süden und Westen seit dem 13. J h . Abkömmlinge von lat. cucumer, eris-: oberpfälz. ostfränk. kümerling, schwäb. guckummer, gommer, mrhein. südhess. kum?, in Koblenz und Aachen kumkumf, nnl. komkommer. Nunmehr Wortatlas X V I I I . Bielfeldt a. a. O. Gurt m. mhd. gurt (auch in über-, umbe-, underguri): Rückbildung zum schw. Ztw. g ü r t e n , mhd. gürten, gurten, ahd. gurtan, -en, asächs. gurdian, afries. gerda, ags. gyrdan, engl, gird, anord. gyrda neben dem gleichbed. st. Ztw. got. bi-, ufgairdan. Dazu G ü r t e l m., frühnhd. auch f., mhd. gürtel m. f., ahd. gurtil m., gurtila f., mnd. gördel, afries. gerdel, ags. gyrdel, engl, girdle, anord. gyröill neben gjgrd, got. gaîrda f. Mit G a r t e n (s. d.) zur Wurzel *gherdh'umgürten'. Die gleichbed. Wurzeln *iös- (in gr. zönnymi und zòne), *kenk- (in lat. cingö) und *kert(in air. ciss 'Gürtel') haben keine germ. Folgeformen ihres Sinnes hinterlassen. Die Sitte des Gürtens war für uralte Tracht kennzeichnend. Guii m. ahd. mhd. gu% (55), mnd. göte, ags. gyte: zu g i e ß e n . gut Adj. ahd. mhd. guot, ags. göd, anord. gödr, got. göds. ;.,In allen älteren germ. Sprachen hat g u t noch eine kräftigere Bed., etwa 'trefflich'. Grundbed. ist 'passend', wie die unter g ä t l i c h genannten Etyma beweisen. Wegen der Stei-
Gutachten
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gerung s. b a ß , b e s s e r . Vgl. F. Nietzsche, Werke 7, 303 ff. Das Nd. zeigt im Typ güd weithin eine andere Ablautstufe als germ, ö, vgl. Mitzka, PBBeitr. 1934,312. Die Lautgeographie stellt der Dt. Sprachatlas für 'gut', 'der gute' dar. Gutachten n. Zu g u t als Ausdruck der Billigung (wie in G u t d ü n k e n ) stellt sich frühnhd. gmtachten in Kanzleiformeln wie „nach Ihrer Gnaden G." (Überlingen 1585: H. Fischer 1911 Schwab. Wb. 3, 960). Das N. erstarrt im Sinn des frz. mémoire und wird seit Henisch 1916 gebucht. Gütchen N. 'Kobold', ein ostmd. Wort, liter, durch Goethe 1832 Faust 6848. Früh bei Siber 1579 Gemma gemm. 226 „cobalus/ein Güttgen; vorher im md. Nachtsegen des 14. J h . : (behüte mich) vor den swarsen unde wizen, dl dl guten sint genant. Zs. f. dt. Alt. 41,341. Wie mhd. güt(t)el 'Kobold' Verkl. zu G o t t : K. v. Bahder, Beitr. 22, 534. S. G ö t z e , H e i n z e l m ä n n c h e n , Kobold. Guttapercha f . Mal. getah 'Baumsaft', kam seit 1843 nach Europa, percha ist der alte, jetzt
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Habergeiß
poetische Name von Sumatra (M. A. Jaspan, Univ. Western Australia, briefl.). Von den europ. Bezeichnungen verläßt das mal. Vorbild nur frz. gomme-gutte, hier übersetzt der zweite Teil den ersten: Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 712; Kahlo, Mutterspr. 1960, 31. Gymnasium n. Gr. gymnásion 'öffentlicher Platz für Leibesübungen', die nackt (gr. gymnós) vorgenommen wurden; dann 'Versammlungsplatz der Philosophen'. In diesem Sinn um 1250 von den Gründern der ersten Universitäten aufgenommen. Von den Humanisten gern verwendet zur Vermeidung der unklass. Wörter Studium und universitas ; seit Wimpfeling (Straßburg 1501) von Lateinschulen (vgl. A k a d e m i e ) : S. Nyström 1915 Dt. Schultern. 1, 23. Gymnastik /. Die gymnastike téchnë der Griechen (zu gymnós 'nackt') erscheint schon bei Plautus im alten Rom als gymnastica ars. gymnastisch Fischart 1575 Garg. 280, von den antiken Leibesübungen. Erneuert seit 1764 von Philanthropen wie Basedow, Guths Muths: E. Mehl in „Muttersprache" 1952,143; 1956, 3.
H Haar m. '(nicht zubereiteter) Flachs*. Mhd. har, ahd. haro, Gen. harwes, afries. her, anord. hgrr, Dat. hgrvi, norw. mundartl. horr, dän. her führen auf germ. *hazwa- 'das Abgekämmte' zur Wurzel *hes- 'kämmen' in aslav. iesati 'kämmen, (Beeren) abstreifen', Ut. kasà 'Haarflechte', kastfti 'kratzen', lett. hast 'harken', apreuß. kexti 'Zopfhaar', gr. keskion 'Werg'. S. H e d e . Haar n. 'crinis', mhd. ahd. asächs. anord. här, ags. hwr, nnl. haar 'Haar': germ. Stamm *hera(nicht verwandt mit dem vorigen; germ. *hèzahätte anord. hsër ergeben : Detter 1898 Zs. f. dt. Alt. 42, 65). Nächstverwandt lit. íergs 'Borste', Sértis 'haaren', aind. *sala (idg. *ìcóro-) in kapúcchala 'Haar am Hinterkopf'. Weitere Anknüpfungen, z. B. an anord. skgr 'Rand, Haar', sind unsicher: Walde-Pokorny I 427; Mayrhofer, R. 181. — Eine alte Abi. zu H a a r , ahd. här(r)a, afränk. *härja, ags. hiere "härene Decke, grobes Gewand', drang ins Roman, und ergab frz. haire 'Bußkleid, Haardecke', das auf engl. hair 'Haar' eingewirkt hat. S. H e r i n g . Haarbentel m. als Männertracht löst nach Mitte des 18. Jh. den Zopf der Männer ab. Einen Zopf haben, heimschleifen u. ä. bedeutet 'berauscht sein'. Wie Zopf steht auch H a a r b e u t e l für 'Rausch', zuerst in e. Brief Bürgers von 1773 (Strodtmann I 139). Auch A f f e , B a l l e n , F a h n e , die man etwa einem Betrunkenen auflädt oder anhängt, stehen für 'Rausch': H.
Fischer, Schwab. Wb. 3, 1171; 6, 1260; DWb. 4, 2, 24; 16, 81. Habe /. ahd. haba, ni. have 'Besitz': zu h a b e n . haben Ztw. ahd. haben, asächs. hebbjan, ani. hebon, afries. hebba, habba, ags. habban, anord. hafa, got. halan. Der gemeingerm. Stamm *habai- gehört als Durativ mit gramm. Wechsel zu der unter h e b e n behandelten Verbalwz. *haf in got. hafjan 'heben', lat. capere 'ergreifen', wie w ä h r en (ahd. wërén) zu ahd. wêsan 'sein'. Keine Verwandtschaft mit lat. habere, vgl. g e b e n . Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu 'ich habe', 'haben' (1. 3. Plur., Inf.), 'hast' 'habt,' 'hatten' (3. Pers.), 'hätten' (3. Pers.), .hättest. Haber s. H a f e r . Haberteldtreiben n. nächtliches Rügegericht gegen Sünder, die sich an der Volkssitte vergangen haben, ohne daß man sie gerichtlich fassen könnte; am längsten in Oberbayern lebendig geblieben, einst als Friedloslegung weit verbreitet. Ehe der Haberfeldmeister dem Schuldigen sein Sündenregister verliest, wird dieser in ein Hemd gezwungen, das an Stelle eines Bocksfells getreten ist. H a b e r ist der unter H a b e r g e i ß entwickelte Name des Bocks, F e l d entstellt aus F e l l : H. Jaekel 1906 Zs.d.Sav.-Stift.f. Rechtsgesch. 40 Germ. Abt. 121. Vgl. B o c k s h o r n . Habergeiß f . Der Name des 'männl. Tiers' kapro-, der in lat. caper zu 'Ziegenbock', in gr. kapros 'Eber' abweichend entwickelt ist, tritt auf in ags. hasfer, anord. hair 'Bock', sowie in
Habgier
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Hader
einem der ältesten dt. Zeugnisse (Lex Salica V) Wieland 1774 Abder. 6,10. Ein Adj. h a b s e l i g als haper, hébr. Zur Gleichung mit Hafer s. d. ; 'reich' wohl nur bei Ludwig 1716 und Frisch 1741. die Tierbezeiclmung *haber überlebte nur in Hachse, H e c h s e f., bair. haksn, bezeichnet der Erweiterung häberling, ostfränk. schwäb. urspr. die Achillessehne, nachmals auch den für 'jähriger Ziegenbock' und in affektisch defor- Fersenbug, Unterschenkel und Fuß von Mensch mierten Kosebezeichnungen: durch diminutiv. und Tier. Geschlachtete Rinder usw. werden an In umgelautet in thür., hess., nordbair. heppe(r), dieser Sehne aufgehängt, darum sieht Gg. lautgerecht in nddt.-westf. hippe. So und als Weitzenböck 1934 Teuth. 7,166 im ersten WortHipplein ist der Stamm im Frühnhd. wieder teil germ. *hanh-, ahd. häh-, ags. afries. höhbelegt. Häufiger ist er in Volksbenennungen (s. h ä n g e n ) . Zweiter Wortteil ist S e h n e (s. d.), für die wegen ihrer dem Meckern ähnlichen nach dem einsilbigen Bestimmungswort früh Fluggeräusche als *(Himmels)ziege' bezeichnete verstümmelt: ahd. hahsa, mhd. hähse, während Bekassine: pom. Haverzeg, altmärk. Hawerbuck, in ags. höhsinu f . 'Fersensehne', afries. höxene meckl. Hawerblarr ; bereits ags. hseferblsete ' Bocks- 'Kniekehle', anord. hä-sin 'Flechse' die Zus.blökerin'; vor allem aber im obd. Habergeiß (seit Setzung erkennbar geblieben ist. Vgl. F l e c h s e , 1482 bei.) für versch. Vögel und Dämonen. Suo- O c h s e n z i e m e r . lahti, 1903, Vogelnamen 276; Rein (s. Ziege). Hackbrett ». urspr. 'Brett zum Hacken von Habgier, -Bucht /. kommen kurz vor 1760 auf Fleisch u. dgl.', allein so spätmhd. und in vielen an Stelle der älteren Bed. von Geiz, s. d. Ma. Nach der äußeren Ähnlichkeit wird danach habhaft Adj., mit Suffix - h a f t vom F. H a b e das mit Holzschlegeln geschlagene Musikgerät abgeleitet, bedeutet frühnhd. 'mit Habe verse- genannt, zuerst in Cleve 1477 bei Schueren, hen, wohlhabend' ; so noch Schweiz. Die schrift- Teuth. 138 Verdam. In Augsburg seit 1512: sprachl. allein gebliebene Wendung „einer Sache H. Fischer 1911 Schwäb. Wb. 3, 1010. h. werden" seit Londorp 1619 Ada pubi. 1,135. Hacke /. 'Ferse; Absatz am Schuh; Fersenteil Habicht m. Das ausi, t tritt nicht vor 1460 am Strumpf': haken¡ealees zuerst im 12. Jh. auf und ist zu beurteilen wie in M o n d , H ü f t e (Ahd. Glossen 3, 439, 68), dem Mhd. wie dem usw. Ahd. habuh, mhd. habeeh, asächs. habue, gesamten Obd. fehlend; nhd. „auf den Hacken" mnd. havec, mnl. havik, ags. h(e)afoc, mengl. 1663 bei dem ostpreuß. Freiherrn v. Eulenburg hauk, engl, hawk, anord. haukr (aus *hgbukr) (Arch. f. Kulturgesch. 8, 205), heute vorwiegend vereinen sich auf germ. *habuka-, das im finn. ein Wort des Nordens, das in Schlesien, dem Lehnwort havukka erscheint. Darin steckt die- Erzgebirge, Vogtland, Thüringen und Hessen an selbe Bildungssilbe wie in westgerm. *kranuka- südl. F e r s e grenzt: Kretschmer 1918 Wortgeogr. (s. K r a n i c h , Lerche). Mit den nächsten außer- 223f. Neben dem F. H a c k e steht H a c k e n m. germ. Verwandten (russ. kóbec, poln. kobuz 'Name (wie bei K a n t e , K a r r e , R a h m e n ) , ohne daß von Falkenarten') führen die germ. Wörter landschaftl. Abgrenzung möglich wäre. Mnl. entauf *gabh-, 'fassen'. Wie in jüngeren Namen spricht hac(ke) m., nnl. hak, fries, hakke. Norw. ( H ü h n e r r ä u b e r , S t ö ß e r , S t o ß f a l k , - v o g e l , hak beruht auf Entlehnung aus dem Nd. Dazu g e f l ü g e l t e r T e u f e l ) war der Habicht schon die Verkl. anord. hökill 'Kniegelenk am Hinterden Germanen der gefährliche Räuber: Suolahti bein'. Germ. *hak-: *hök- weisen auf *kog1909 Vogelnamen 360. 'Bug'. Der nächste außergerm. Verwandte ist habilitieren reü. Ztw. 'an einer Hochschule als lat. com 'Hüfte', air. coss 'Fuß'. S. K i s s e n . Privatdozent eine Lehrtätigkeit eröffnen', urspr. hacken schw. Ztw., mhd. mnd. hacken, ahd. aüg. 'sich geschickt erweisen' (nach mlat. habili- haechön, afries. hackia, ags. haecian, engl. hack. tare 'geschickt machen'), so Mengering 1638 Im Ausgangspunkt steht das Bearbeiten mit Soldatenteufel 199; im akad. Bereich seit Neh- krummen Krallen oder mit der krummzähnigen ring 1684 Manuale 463. Die Lehrtätigkeit be- Hacke, was Verknüpfung mit H a k e n , H e c h e l gann formlos nach Erwerbung des Lizentiaten- usw. ermöglicht. Postverbal sind H a c k e f . grads; Habilitationsbestimmungen sind zuerst (mhd. hacke), H ä c k e r l i n g m. (seit 1509 Braunin Preußen 1819 erlassen worden. Die Sache schweig Nd. Jb. 39,104) und H ä c k s e l . Seit frühkehrt im Norden, in der Schweiz und Italien nhd. Zeit werden h a c k e n , H a c k e , F l e i s c h - , wieder: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 260. H o l z h a c k e r in Süddeutschl. bevorzugt, wähHabseligkeiten Plur. gebildet wie A r m - , rend nordd. h a u e n , A x t , Beil, - h a u e r gelten: S a u m - , T r ü b s e l i g k e i t , die mit selig nichts Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 116; zu tun haben, sondern auf Bildungen wie Kretschmer 1918 Wortgeogr. 233 f. D r a n g - , L a b s a l zurückweisen. Der Sing. „HabHader1 m. Das Germ, kennt eine w-Abl. *hapuseligkeit / opulentia, habentia" seit Stieler 1691 ' Kampf', die westgerm. nur als erstes Glied von hält sich mundartl., z.B. Zaupser 1789 Bair.- Namen wie Hadumär (Catumèrus bei Tacitus für oberpfälz. Id. 35. Der Plur. herrscht vor seit germ. *Chathu-mèrus) erhalten ist. Anord. er-
Hader
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Hag
scheint einmal (bei dem ältesten Skalden Bragi) bed. es urspr. 'Behälter'. Verwandt scheint air. Akk. hgd 'den Kampf', sonst ist Hgd Name einer cüan (aus *kopno-) 'Seehafen'. Kluge 1911 SeeWalküre und Hgör der eines mytholog. Königs mannsspr. 340f. S. f l e c h t e n . sowie von Balders Bruder. Ihnen liegt wohl Hafer m. Avena sativa L. Der Anbau, in *Hapus als Name eines germ. Kriegsgottes vor- Mitteleuropa seit der Bronzezeit nachweisbar, aus. Man vergleicht damit den thrako-phryg. scheint von den Gebirgsländern des Balkans ausMännernamen Kótys (zugleich Name einer Göt- zugehen: H. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzentin). Mit Sicherheit sind verwandt gr. hotos namen 1, 631. Das germ. Wort fehlt afries., ags. 'Groll', koteïn 'zürnen', air. caih m. 'Kampf', und got. Die hd. Formen sind ahd. habaro, mhd. wozu der gall. Völkername Catu-rlges 'Kampf- haber(e)\ die Form H a f e r ist erst in nhd. Zeit könige' und Cata-launi (frz. Châlons). Die r-Abl. aus dem Nd. übernommen: asächs. habere, aslav. kotora 'Kampf' vergleicht sich unserm mnd. mnl. haver(e), nnd. häwer, nnl. haver, anord. H a d e r , das (nachdem germ. *hapu- durch hafri, isL Mz. hafrar, norw. schwed. dän. havre. K a m p f , K r i e g , S t r e i t längst verdrängt und Nordengl. haver ist dem Nord, entlehnt, im Engl, nur in Namen wie H a m ( m ) e r und H e d w i g , hat oats (ags. äte 'Unkraut') das Erbwort verunkenntlich genug, geblieben war) seltsam spät drängt (wie bei Mohn). Hafer wurde ursprüngim 14. Jh. ostmd. auftaucht und durch Luther lich nur als Viehfutter gebaut: K. Classen 1931 Schriftdeutsch wird. H a ß ist unverwandt. Idg. Forsch. 49, 253. Man sieht in dem nur germ. Hader2 m. 'Lumpen', mhd. hader 'zerrissenes Wort (die Kelten wie die Slaven brauchen unverStück Zeug', ahd. hadara f. "Lappen, Schafpelz' wandte Benennungen) eine Ableitung von dem Nebenform auf -1 in mhd. hadel 'Hader' (woraus unter H a b e r g e i ß entwickelten Namen des frz. haillon) u. asächs. haihilln 'lumpicht'; ab- Ziegenbocks: 'Bocksgetreide'. lautend hudeln (s. d.) Außerdt. vergleichen sich Haff n. wie zahlreiche Seewörter urspr. nd. adän. hjad 'unordentl. Frauenzimmer', hjatte Ostnd. ist die Bed. 'Küstenbucht hinter Neh'sudeln', schwed. mal. haska 'hudeln', norw. rung' verengt aus dem älteren 'Meer'. Diese Bed. mdal. haska 'zusammengrapsen'. Die außer- zeigen afries. hef, ags. hœf (Plur. heafu), anord. haf germ. Verwandten zeigen eingefügtes n: lat. n. ; westnd. 'Wattenmeer', mnd. 'Meer, Meerescento 'aus Lappen zus. genähtes Kleid', gr. bucht'. Auch die lautlich entspr. mhd. hap, hales *kéntrám 'Lumpenrock, Flickgedicht', aind. η. und habe f . bedeuten 'Meer' neben 'portus'. kanthä 'geflicktes Gewand'. Die ahd. Glossierung Etym. 'sich Erhebendes' wie im Sinn von lat. mit 'Schafpelz' u. die durch Parallelen (Ziege alturn 'hohe See' zu h e b e n (s. H a f e n 1 und 2) zu 8. d., Höhen s. Geiß u. a.) erhärtete Urverwandt- ziehen. Zu diesem Stamm gehört der germ. Name schaft mit der Ziegenbenennung Hattel, Eitte d. H a v e l . H. Heeger, Nd. Korr.-bl. 73, 45. (s. H a b e r g e i ß ) spiegeln den kulturgeschichtl. Haft m. 'Fessel, Band' ahd. haft m. n., ags. interessanten Wandel der (Ziegen)Fellkleidung hceft, anord. hapt. Zur germ. Wz. *haf in h e b e n zu 'Lumpen' mit dem Aufkommen der Web- 'fassen, ergreifen'. — Vgl. H e f t e l . kunst. Eingehender K. Rein (s. Ziege). Haft f . 'Gefangenschaft' ahd. mhd. haft (iHaten1 m. 'Topf' in G l ü c k s h a f e n , zu ahd. Stamm), ahd. asächs. hafta f . Dazu das Adj. havan, nur in obd. und einem Teil der md. Ma., ahd. mhd. asächs. haft, ags. hceft 'gefangen', selten mfränk. ( h e f f e n Pilgerf. d. träum. Mönchs anord. haptr m. 'Gefangener', hapla f . 'Ge1647). Schriftsprachl. im Gewerbe (dazu H a f n e r fangene'. Die Wz. *haf (s. h e b e n ) hat in diesen 'Töpfer'). Zu der in h e b e n enthaltenen Wz. Bildungen ihre alte Bed. bewahrt, vgl. lat. germ. *haf, vorgerm. *kap fassen. captus, capñvus, air. cacht, kymr. kaeth 'GeHalen 2 m. 'portus', ein dem Obd. urspr. frem- fangener'. S. - h a f t . des Wort, erst in nhd. Zeit aus dem Nd. entlehnt. -haft Adj.-Suffix (in s c h m e r z - , l e b h a f t Obd. Stadtnamen wie F r i e d r i c h s - , L u d w i g s - usw.), urspr. ein selbständiges Adj. 'verbunden h a f e n sind jung gegenüber nd. wie B r e m e r - , mit', das schon vor ahd. Zeit zum Suffix wurde, C u x h a v e n . In frühnhd. Zeit übersetzen die vgl. got. audahafts 'mit Glück behaftet, glückWb. lat. portus mit S c h i f f l ä n d e , A n f u r t ; selig'. Im Kern eines mit dem unter H a f t f . dies ist Luthers Wort, der nur Ezech. 26, 16 entwickelten Adj. hafta-, lat. captus. am haue bietet. Fischart sagt vereinzelt Anf u r t Hag m. ahd. mhd. hac, hages 'Umzäunung, h a f e n . Seit 1470 begegnet obd. habe, seit Frisius umzäuntes Grundstück, Hain, Dornstrauch', (Zürich 1541) Meer-, S c h i f f h a f e n . Einfaches vereinzelt auch 'urbs' (daher die Orte namens H a f e n dringt im 17. Jh. durch; es entspricht Magen u. die auf -hag, -hagen). Außerhalb des mnd. (seit 1269) havene f., engl, haven aus ags. Hd. vergleichen sich asächs. hago, ags. haga, engl. hcefene (11. Jh.), dies entlehnt aus anord. hçfn f . haw 'Einfriedigung', anord. hagi 'Weideplatz', 'Hafen'. Als Ableitung zu h a b e n und h e b e n außerhalb des Germ. lat. caulae 'Schranken', aus der Wz. vorgerm. *kap in lat. capere usw. abret. caiou 'Schanzen', kymr. cae 'Zaun', korn.
Hagebuche
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kè 'Gehege', gall, caii 'Schranken', caio 'Umwallung' (hieraus frz. quai 'Flußdamm', J . Trier 'Flechtwerk des Anlegeufers'). Die Wurzel *kaghhat urspr. '(einf)assen' bedeutet, nachmals Besonderung auf 'Flechtwerk, Hürde' erfahren. Marzell Wb. 1,1219. Hagebuche, H a i n b u c h e /. Das Birkengewächs Carpinus betulus L. wird oft als Hecke angepflanzt. Wegen der glatten Rinde und der Ähnlichkeit der Blätter wird es nach der unverwandten Buche benannt: mhd. hagenbuoche, ahd. haganbuohha, nnl. haagbeuk, mnd. hageböke. Hieraus (unter Anlehnung an dän. ame 'Achei, Spelze', s. Ahne) dän. (seit 1663) avnbeg, daraus schwed. (1740) avenbok, während schwed. (1640) hagebok dem Nd. entlehnt ist. - S. h a n e b ü c h e n . Hagebutte f . Die Frucht der Heckenrose (Rosa canina) heißt mhd. butte f . Das Wort ist verwandt mit B u t z e n 'Kerngehäuse' und gilt z. B. im Elsaß bis heute. Es wird im 15. Jh. verdeutlicht zu hagebute (Diefenbach 1857 Gfoss. 152 a), wobei mhd. hagen 'Dornstrauch' vorgetreten ist. Mit Kürzung, wie sie in Männernamen üblich ist (Hein aus H e i n r i c h ) ist westobd. % a (H. Fischer 1911 Schwäb. Wb. 3,1036) zum Namen der Frucht, hegamark zu dem der daraus hergestellten Marmelade geworden. Auf Kontraktion beruht nordd. hän(e)-, hambutten. Das ostfränk. Wort ist H i e f e (ahd. hiafo, mhd. hiefe) /., ostobd. gilt H e t s c h e p e t s c h (nach Schmeller-Frommann 1872 Bayer. Wb. 1192 aus gleichbed. tschech. iipek): Kretschmer 1918 Wortgeogr. 225. Die Wortkarte'Hagebutte' von Gerlinde Paet.zer zu Mitzka, Dt. Wortatlas (Diss. Masch. Marburg 1949) weist solche Synonyme in großer Fülle nach. Hagedorn m. 'Weißdorn', gemeingerm.: mhd hage(n)dorn, ani. haginlhorn, ags. hœg-, haguporn, engl, hawthorn, anord. hagßorn. Urspr. 'Dornstrauch, der zu Hecken benutzt wird'. Durch Vermittlung von Ortsnamen wie H a g e - , H e i d o r n entstehen die entspr. Familiennamen. MarzeU Wb. 1,1219. Hagel m. Ahd. asächs. hagal, ags. hagol, hœgel, anord. hagl n. führen auf gemeingerm. *hag(a)la-. Das einzelne Hagelkorn heißt frühnhd. hagelstein wie ags. hœgelstân, anord. haglsteinn, mundartl. auch kiesel(stein); dazu es k i e s e l t (E. Alberus 1542 Der Barf. Münche Eulensp. Kap. 249); vgl. Kies 1 . VieUeicht geht H a g e l selbst von e. Bed. 'Kiesel' aus, wenigstens steht der Herleitung aus vorgerm. *kaghlo-, gr. kàchlëx 'Kiesel' nichts im Weg. Zur landschaftl. Abgrenzung gegen gleichbed. G r a u p e l n , S c h a u e r , S c h l o ß e n s. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 226f. Die Wortkarte 'hageln' von Christa Förster bei Mitzka-Schmitt, Dt.
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Häher
Wortatlas V bietet weite Flächen außer mit diesem Stichwort noch für sehloßen, kiesein, schauern, graupen (s. Graupe), steinen u. a . hager Adj. (dafür obd. r a h n ) , urspr. ein nd. Wort, das in nachklass. Zeit ins Mhd. vordringt und vor Schottel 1663 kaum als nhd.gebucht wird. Germ. *hag(a)raz vereinigt sich mit lit. nukaSéti 'ganz entkräftet werden' und awest. kasu- 'klein, gering' auf eine idg. Wurzel *ka£- 'abmagern'. Hagestolz m. mhd. hagestolz, älter hagestalt, ahd. hagustalt, eig. 'Hagbesitzer' (zu got. staldan 'besitzen') : ein germ. Rechtswort, das vor Übersiedlung der Angelsachsen nach England schon bestand. Gemeint war im Gegensatz zum Besitzer des Hofs (den der älteste Sohn erbte) der eines eingefriedigten Grundstücks, zu klein, um darauf einen eignen Haushalt zu gründen. So steht schon in ahd. Glossen hagustalt für 'eaelebs', hagustaltlip für 'eheloses Leben'. Darum bed. das über *haistaud entlehnte afrz. hétaudeau 'Kapaun'. Es entsprechen norw. dial, haugstalt 'Hagestolz, Witwer', schwed. dial, hogstall 'Witwer'. Andere Bed.-Entw. zeigt anord. haukstaldr "Krieger, Fürst', asächs. hagustald 'Knecht, Diener, junger Mann', ags. hœgsteald, hagosteald 'Jüngling, Krieger'. In den urnord. Runeninschr. findet sich das Wort je einmal in der Form hagustaÂaR(ixa -staldaR)\màhagustaldiR: BuggeOlsen, Ν orges Indskrifter II 563 ; Jöhannesson, Isl. etymolog. Wb. 1022. J. Trier, Heide 2 96: 'der im Hag, d. h. in der Gefolgschaft des Herrn Verpflegte'. Häher m. Die überall vertraute Art ist der E i c h e l h ä h e r , in den Wäldern vor allem des Südens kommt auch noch der unscheinbare N u ß h ä h e r vor. Der Volksmund meint mit diesem Namen aber gewöhnlich den ersten, der nach der Wortkarte 'Eichelhäher' von Monika Schütze bei Mitzka, Dt. Wortatlas I I I (1954) als N u ß h ä h e r , N u s s e r e r u. ä. am oberen Main bis nach Böhmen, weithin in Österreich gilt. Größere Flächen von den zahlreichen Synonymen zu Eichelhäher nehmen e i n : H e r r e n v o g e l i m Saarland, Schwarzwald, in Oberhessen; H o l z s c h r e i e r im Brandenburgischen mit der Altmark; H o l t s c h r a k (nach der Stimme) ist mecklenburgisches Eigen wort. Die Kurzform H ä h e r in jener besonderen Bedeutung gilt in breitem Streifen von Mainz—Mannheim—Stuttgart an bis Würzburg—Regensburg—Passau und zum Chiemsee. Ahd. hehara f., mhd. heher f . m. und in gramm. Wechsel damit mnd. hëger, ags. higora, higre führen auf westgerm. *hëharôn, *higurön. Damit stimmen die anord. Reihernamen hêri (aus *heharo) und hegri, die mit ahd. heigaro (s. R e i h e r ) durch Ablaut verbunden und von ags. hrägra nicht zu trennen sind. Reiher und Häher sind gleichmäßig nach ihrem rauhen
Hahn
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Geschrei *kraikr-, *krikr- benannt gewesen. In Mhara ist das erste r durch Dissimilation geschwunden, in ahd. hèra, alem. hêr(e), hêrevogel ist Kontraktion eingetreten und Umdeutung zu H e r r e n v o g e l angebahnt. — Als geschickter Nachahmer von Tierstimmen hat der Häher im 13. Jh. den Namen des Spötters aus der volkstüml. Dichtung erhalten, M a r k o l f . Der vielfältig gestaltete Typ Markolf herrscht nach jener Wortkarte (von Flandern mit seiner alten Tierdichtung her) im Rheinland mit Nachbarschaft. Im Reineke Vos ist Markwart de Hegger daraus geworden: Suolahti 1909 Vogelnamen 198ff.; E. Christmann 1930 Der Häher in den pfälz. Ma.: Zs. f. Volkskde. 40, 217ff. Die Form M a r k w a r t ist heute allein nach jener Wortkarte im Mittelpommerschen erhalten. Wortatlas XV. Hahn m., Henne f., Huhn n. Die Idg. hatten den Hahn noch nicht gezähmt. Erst zu Kampfspielen und als Tagverkünder geschätzt, wird er zu versch. Zeiten als Nutzvogel entdeckt und einzelsprachl. benannt. Gemeingerm. *hanan(mit Lautsubst. als finn, kana früh entlehnt) lebt in ahd. asächs. hano, mhd. mnd. mnl. dän. schwed. bane, afries. ags. got. hana, anord. hani. Neben d a s M . tritt (wie nd. krön zu germ. *krana' Kranich', mnd. swön zu *swana- 'Schwan') der ablautende -es-Stamm *hönes- n. in ahd. mhd. huon, asächs. mnd. hön, nl. hoen, anord. hèns(n) η. Plur.; daneben mit derselben Stufe des Ablauts *höniön f . in anord. hèna, dän. hene, schwed. höna. Germ. *hanan- ist urverwandt mit air. canim 'singe', mir. cétal 'Gesang', lat. canö 'singe', canörus 'wohlklingend', carmen (aus *eanmen) 'Lied', gr. kandssein 'mit Geräusch fließen', kanaché 'Getön', tochar. kan- 'Singweise'. Aus dem Germ, entlehnt ist mit Lautsubstitution finn, kana 'Hahn'. Derselbe Stamm liegt vor in lat. galli-ánium 'Hahnengesang', gr. éi-kanós 'Frühsinger, Hahn'. So lit. gaidys, altruss. pëtîlû, alb. këndés 'Hahn' zu giedóti, péti, kendóú 'singen'. In Teilen Österreichs heißt der junge Hahn Singerl. Das F. H e n n e bleibt auf die westgerm. Sprachen beschränkt: mhd. mnd. mnl. henne, ahd. henin, Gen. hçnna (aus *hanenä, -iâs) und hfnna (aus *han(e)nl, -iäs), afries. ags. henn, nnl. mengl. engl. hen. Als das F. 'die zum Hahn Gehörige' gebildet wurde, konnte *hanannicht mehr als 'Sänger* empfunden werden. Namen des kleinen, jungen Huhns s. u. H ü n k e l , K ü c h l e i n . Die Fülle der lautmalenden und Kinderwörter, die in dt. Mundarten H a h n usw. bedrängen, bei Suolahti 1909 Vogelnamen 228 ff. In md. und obd. Volkssprache ist H a h n fast nur für den Drehzapfen an Brunnen und F aß geblieben, dem das 15. Jh. Hahnengestalt gegeben hatte, wie der Wetterfahne und dem Hahn
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Hain
am Gewehr (engl, cock): M. Heyne 1901 Nahrungswesen 366; F. Holthausen 1942 Beitr. 66, 270. Wortatlas XV: H a h n , H e n n e , G l u c k e . Hahnenkamm m. Der sonst K l a p p e r t o p f genannte Rachenblütler heißt wegen Form und der Blüte mit Hochblatt gr.-lat. aledorolophus (zu gr. aliktör 'Hahn' und lóphos 'Kamm'), lat. crista galli. Die Lehnübersetzung H a n e n k a m p zuerst in Bautzen 1694 bei J. Franke, Eortus iMsatiae 138. Entsprechend nnl. hanenkam, schwed. (1683) hanekamb, dän. (1688) hanekam. Hahnrei m. mnd. (15. Jh.) hanerei, hanreyge·, aus Niedersachsen seit dem 16. Jh. als hanrey, hahnreh ins Frühnhd. getragen. Ausgangsbed. ist 'verschnittener Hahn, Kapaun'. Von da wird die nhd. Bed. 'betrogener Ehemann' erreicht, wie in den Wendungen „einem Hörner aufsetzen, Hörner tragen": den Kapaunen setzte man, um sie aus der Schar herauszukennen, die abgeschnittenen Sporen in den Kamm, wo sie fortwuchsen und eine Art von Hörnern bildeten. Der (untüchtige und darum) betrogene Ehemann wird also 'Kapaun' gescholten. So heißt der Gatte der untreuen Frau frz. bélier 'Widder' (eig. 'verschnittener Schafbock'), cerf 'Gehörnter' (eig. 'Hirsch') und coeu 'Kuckuck'. Der zweite Wortteil von H a h n r e i , der 'Kastrat' bedeuten muß, klärt sich von ostfries. hänrüne 'Kapaun; betrogener Ehemann' aus: hier ist rune, nnl. ruin 'verschnittenes Pferd' zweiter Wortteil (s. w r i n s c h e n ) . In nd. Mundarten, die dieses ui (gespr. öi) entrunden, entstehen Formen wie rein, die Doornkaat-Koolman 1884 Wb. der ostfries. Spr. 3,71 nachweisen. Weiteres bei Dunger, Germ. 29, 62ff.; Zs. f. d. Wortf. 1, 64. 3, 228. 14, 155. Hai m. aus nnl. haai seit Hulsius 1624 Schifffahrt 7, 145 in obd. Reisewerke übernommen. Das nl. Wort ist (wie schott. hoe) aus gleichbed. isl. hai entlehnt, das auf anord. här m. zurückgeht, dessen Vokal nach Snorris Edda nasaliert war. Germ. *hanha- ist nächstverw. mit aind. sat¡kú 'spitzer Pflock, Pfahl', das daneben auch schon ein unbekanntes Seetier bezeichnet. Die Doppelbed. greift auf das Anord. über, wo här zugleich 'Ruderdolle' bedeutet. Zu dieser Art von Doppelbed. vgl. N a d e l , das zugleich eine Art kleiner Fische und bestimmter Libellen bezeichnet, oder anord. gedda 'Stachel; Dorsch', norw. geir 'Spitze; kleiner Fisch'. Anders Kroes, Germ.-rom. Ms. 1955, 78. Vgl. L u r c h . Hain m. Ahd. hagan 'Dornstrauch', mhd. hagen 'gehegter Wald' entwickelt md. im 14. Jh. die kontrahierte Form hain, die in viele, namentl. thür. Ortsnamen eingeht. Das Appellativ in der Bed. 'geweihter Wald; Lustwäldchen', oft bei Luther, ist dessen obd. Zeitgenossen Unverstand-
Hainbund
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lieh (Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 113, 116) und stirbt auch Schriftdeutsch bald wieder ab. Klopstock erneut es in der Ode an Ebert 1748, seither vor allem Dichterwort. J . Trier: 'offener ,grasreicher Niederwald', s. Loh. — Vgl. H a g . Hainband m. die am 12. Sept. 1772 in einem Eichengrund vor Göttingen zwischen J. H. Voß, Hölty, J. M. Miller u. a. gestiftete Dichterfreundschaft, „Hain" benannt nach Klopstocks Ode „Der Hügel und der Hain" 1767, worin H a i n als Symbol german. Dichtkunst steht im Gegensatz zum H ü g e l , dem Parnaß der Alten. Den Namen erweitert Voß 1804 zu H a i n b u n d in seiner Ausgabe von Höltys Gedichten, Vorrede S. XXIX. Haken m. mhd. häke, ahd. häcko, häko neben
mhd. hägge, ahd. häg(g)o. Ablautend einerseits asächs. haeo, mnl. engl, schwed. hake, ags. haca, isl. haki, anderseits mnd. afries. hök, mnl. hoec, houc, ags. hòc, engl, hook; mit derselben Ablautstufe schwed. mundartl. hök 'Ecke, Vorsprung' und anord. hèkja (aus *hökiön-) 'Krücke*. Die nächsten außergerm. Verwandten vermutet man in russ. kögot' 'Klaue; Fänge des Raubvogels; gekrümmte Eisenspitze' und obersorb. kocht 'Dorn, Stachel des Schlehdorns, Weißdorns'. Zur Wurzel *keg-: *kek- 'kleiner Pflock, besonders zum Aufhängen; Haken, Henkel'. halali der weidmänn. Ruf am Ende der Hetzjagd, ist im 18. Jh. aus gleichbed. frz. halali entlehnt. Für den frz. Ruf vermutet man maur. Ursprung: das arab. Bekenntnis lä ilah illa'lläh 'es gibt keinen Gott außer Allah' war zum Kampfruf geworden : Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 59 d. Anders Helen Adolf 1949, Studies in Philology XLVI, 4, Okt. aus hebr. HalHi nafeshi 'eih-ifhoväh 'preise, meine Seele, den Herrn' Psalm 146, 1, ins Franz. durch Psalmensingen, vielleicht durch Kardinal de Retz übertragen? halb Adj. ahd. halb, asächs. afries. mnl. half, ags. healf, anord. kalfr, got. halbs. Das subst.
F. bedeutet in got. halba, anord. halfa, asächs. halba, ahd. halba, mhd. halbe 'Seite'. Urverw.
ist aind. kälpate 'gelingt, fügt sich'. Die aktive Bedeutung ist wohl 'verteilen, zuteilen'. Got. halbs könnte ursprünglich den Sinn 'geteilt' vertreten. Zu idg. *(s)kuelp- 'schneiden', 'geordnet, geschnitten'. Schon gemeingerm. ist unsere Zählweise i y 2 a n d e r t h a l b , anord. halfr annarr, ags. öper healf; 2 % d r i t t e h a l b , anord. halfr fir idi, ags. pridda healf; 3 % v i e r t e h a l b , anord. halfr fjôrdi, ags. fêorpa healf : Behaghel 1923 Dt. Syn-
tax 1,443. Mhd. anderhalp, spätmhd. anderthalp mit jungem t wie innerthalben, (n)iendert; auch das Vorbild von d r i t t h a l b usw. mochte wirksam sein. In prädikativer Verwendung sind die Formen h a l b und h a l b e r gleichwertig ge-
Halbwelt
worden; damit hat h a l b e r die Beziehung auf einen bestimmten Numerus und ein bestimmtes Genus verloren: „wir waren, sie war halber t o t " : Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Sprache 532 f. -halb, - h a l b e n Präp. 'wegen' aus gleichbed. mhd. halp, halbe(n): urspr. Kasus des unter h a l b entwickelten Subst. mhd. diu halbe (beweisend got. in pizai halbai 'in dieser Hinsicht') und darum (Behaghel 1924 Dt. Syntax 2, 48) mit Gen. verbunden: mhd. min, din, der hërren,
sêhens
halp. Im 15. Jh. tritt h a l b e r 'wegen' an die Stelle, wieder eine erstarrte Kasusform; ebenso der Dat. Plur. h a l b e n , der an Stelle des Instr. Sing. ahd. halb (Präp. seit Notker) getreten ist. Halbbruder m., -schwester f . sind in alter Sprache des Nordens möglich: anord. halfbrödir, afries. halfbröther, mnd. halfsüsken. Die lebenden Bildungen sind seit dem 17. Jh. von Norddeutschland aus vorgedrungen, Belege bieten Schottel 1641 Sprachk. 365; Stieler (1691) 1975; Amaranthes 1715 Frauenz.-Lex. 728; Hippel 1794 Kreuz- und Querz. 2, 284. Auf hd. Sprachraum gelten alt nur die Bildungen mit S t i e f - . Halbtisch m. spätahd. halpfisc, mhd. halpvisch,
mnd. halfvisk: Name versch. Fische (Rotauge, Karausche, Scholle), die nach Größe, Wert oder Gestalt nicht für voll gelten. halbieren Ztw. Spätmhd. halbieren gilt zunächst von der Tracht, die das frz. mi-partir kennzeichnet. So ist h. unter den bei g r i l l i si er e η entwickelten Mischbildungen die älteste. Das Trachtenwort wird im 15. Jh. zum Fachausdruck der Rechenkunst (im Sinn des mhd. halben, ags. helfan, engl, halve), zunächst neben m e d i e r e n (nach lat. mediare); H a l b i e r u n g seit 1514 : Schirmer 1912 Wortschatz der Mathem. 30. Aus dieser Fachsprache tritt das Ztw. um 1500 in den freieren Gebrauch des Alltags. Halbinsel f . Dem gr. chersónésos 'Festland-
insel' entspricht lat. paeninsula nur halb. Lehnübersetzungen des lat. Worts (das in engl, peninsula übernommen wird) sind frz. presqu'île und nnl. schiereiland. Dem dt. Sprachgefühl hätte F a s t i n s e l widersprochen: in Straßburg 1537 begegnet „ein halb Insel", H a l b i n s u l zuerst in Nürnberg 1678. Dem Nhd. folgen dän. halve, schwed. halvö. Das Island, bleibt außerhalb mit seinen alten Wörtern nes und skagi: W. Betz 1944 Beitr. 67, 301 ; und oddi, dän. odde, schwed. udde: Wolf-Rottkay, in: Kratylos X 190. Halbschwester s. H a l b b r u d e r . Halbwelt f . 1855 schreibt der jüngere Alex. Dumas ein Lustspiel, dessen Titelwort Le Demimonde er als 'die Klasse der aus ihrer Klasse Ausgeschlossenen' bestimmt. In vergröbertem Sinn erlebt frz. demi-monde 1868 oder kurz vorher (DWb. 4, 2, 220) Lehnübersetzung zu H a l b welt.
Halde
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Halde f . ahd. halda 'Bergabhang': Ableitung aus dem Adj. ahd. hald, ags. heald, anord. haldr 'geneigt'; bergmännisch (Abraum-) H al de. Wurzelverw. mit h o l d und H u l d . Mit lit. Salís 'Seite, Gegend' zu *£el- 'neigen'. Hälfte f . Einem ahd. *halb-ida entspricht mnd. helfte, mnl. afries. anord. helft: stimmloses / ist neben t aus stimmhaftem ν entstanden, das hd. b entspricht. Die glückliche Bildung dringt im 15. Jh. ins Ostmd. : 1421 erscheint helfte im Schles. (Lexer, Mhd. Handwb. 1,1231), 1429 in Leipzig (Cod. dipl. Sax. regiae 8, 114), 1483 in Thüringen (Lexer, Nachtr. 234). Luther verwendet helfft Mark. 6, 23 u. ö., seinen obd. Zeitgenossen muß es mit halb(leü) verdeutlicht werden (Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 109). haltel (aus halpteil) war Schweiz. Wort (Id. XII 1518); in Hessen, Nassau und Österreich gilt H a l b s c h e i d (ahd. halpgisceid: Ahd. Glossen 2, 274, 16), das der Ostmd. Schönaich 1754 Neol. Wb. als unverständlich verhöhnt. Halfter1 f . m. n. 'Zaum zum Halten eines Tieres', mhd. halfter f., ahd. half tra, mnd. halchter, anfr. heliftra, mnl. halfter, halchter, nnl. halster, ags. hœlfter, -tre, engl, halter: westgerm. Ableitung zu dem unter H e l m 2 entwickelten Stamme mit Grundbed. 'Handhabe'. Halfter2 f., H u l f t e r , H o l f t e r 'Pistolenbehältnis am Sattel', nhd. entwickelt aus mhd. hulfter 'Köcher', Abi. von hulft, ahd. huluft 'Hülle, Decke, Futteral'. Mit Labialerweiterung (vgl. gr. kalyptein 'umhüllen') zum idg. Verbalstamm *ícel- 'bergen, verhüllen', zu dem mit germ. Suffix -stra- (F. Kluge 1926 Nom. Stammbildungsl. § 94a) got. hulistr n. 'Hülle, Decke', ags. heolstor, helustr m. 'Dunkel, Versteck', nd. holster 'Hülle' gehören. Nächstverwandt mit h e h l e n , s. d. Th. Frings, Festschr. f. E. KargGasterstädt 389. halkyonisch Adj. Während der Brutzeit des Eisvogels (gr. alkyon) um die Wintersonnenwende herrscht nach altgr. Sage auf der See Windstille (Lukian, Alkyon 1, 58; in Wielands Übersetzung 5 [1788] 266). Die schon Aristoteles (Hist. anim. 5, 8) geläufige Vorstellung liefert den lat. Ausdruck dies (h)alcyonei (Ovid, Metamorph. 11, 410), sie ist dt. Humanisten vertraut (Er. Alberus 1552 Vom Wintervogel Halcyon) und wird Theologen zum Bild der Kirche in den Stürmen der Welt. Das geflügelte Wort, dem Kreis um Hartleben geläufig, erlangt durch Nietzsche 1886 neue Schlagkraft: Büchmann 1912 Gefl. Worte 88; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 261 ; Zs. f. d. Wortf. 2, 69. 3,146. 7, 45.10, 34. 15, 127. 186. Halle f . 'von Säulen getragener (Vor-)Bau', ahd. asächs. halla, ags. heall, engl, hall, anord. hçll: zu germ. *hel- 'verbergen' (s. hehlen). Ur-
Hallimasch
verwandt ist lat. cella zu celare. Die Meinung, daß die Doppelung aus -In- stamme, ist durch keinen Beleg gesichert. Vgl. aind. S&lä 'Hütte, Haus, Stall' und air. cuüe (aus *koljä 'Keller'. Das im Ahd. ganz seltene Wort taucht in md. Urkunden des 13. Jh. neu auf, gewinnt Verbreitung durch Luther, dessen obd. Zeitgenossen es mit Vorlaub, Fürschopff, Ingang u. ä. verdeutlicht wird (Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 100, 109), lebt im 17. Jh. wesentlich als Bibelwort und kommt durch Klopstocks Oden „Der Rheinwein" 1753, „Kaiser Heinrich" 1764 neu in Aufnahme, außer durch die Bibel gestärkt auch durch die Shakespeare-Übersetzungen. Dasselbe Wort ist vielleicht H a l l e als 'Siedehaus der Salzwerke', so schon in ahd. halhüs 'salina', mhd. halgräve 'Vorsteher und Richter eines Salzwerks' neben halle 'Salzquelle'. Der früher behauptete Einfluß des kymr. halen 'Salz' ist nicht beweisbar: Edw. Schröder 1915 Nd. Korr.-Blatt 35, 54f.; H. Güntert, Labyrinth (1932) 29; Zs. f. Ortsnamenf. 1,187. 3, 38. 40.175. 4,135.141. Das germ. Hallenhaus ist am getreuesten im niedersächs. Bauernhaus erhalten, es war früher auch im Süden verbreitet. halleluja, kirchenlat. alleluja aus hebr. hallelujah 'preist Jahwe*. hallen Ztw. s. hell. Hallig f . 'flache, gegen die Flut nicht geschützte Insel' vor der Westküste Schleswigs, seit 1758 in hd. Texten: Kluge 1911 Seemannssprache 348. Zu H o l m 1 (s. d.): Löfstedt, Nordfries. Dialektstudien (Lund 1931), Jargensen, Nd. Mittgen. VI, 58. Zu *(s)kel 'austrocknen, dörren', nordfries. hall, häl 'seicht', westf. hœl, mnl. hael 'trocken, mager, ausgetrocknet', lett. kälst vertrocknet. Nordfries. Umlaut -e wird vor II zu a : Krogmann, Nd. Mittigen 8, 23, Lund. Hallimasch m. der eßbare Pilz Armillaria mellea Quél. (Agaricus melleus Vahl., das Beiwort nach dem honiggelben Hut). Als H a l l i m a s c h bei Hayne 1830 Schwämme 38, H a l l i m a s c h w a m m F. Holl 1833 Wb. dt. Pflanzenn. 44, H a l i m a s c h J . F. Castelli 1847 Wb. d. Ma. in österr. u. d. Enns 163, auf Wiener Märkten auch halawatsch und halamarseh. Die letzte Form führt zur Deutung, wenn man erfährt, daß der Pilz, reichlich genossen, abführend wirkt (H. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzenn. 1, 396) und daß das mhd. Adj. hœl(e) 'glatt, schlüpfrig' (ahd. häli, ags. htelig, anord. hall, schwed. hol, unbekannter Herkunft) österr. häl lautet: Schmeller-Frommann 1872 Bayer. Wb. 1, 1073. So verstanden ist H a l l i m a s c h eine Art Gegenpol zur H a g e b u t t e , die seit dem 15. Jh. weithin A r s c h k i t z e l (frz. gratte-cul) heißt. Armillaria mellea heißt in Nordböhmen W e n z e l - und M i c h a e l i s c h w a m m , weil sie Ende SeDtemher am ehesten
hallo
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Halunke
zu fìnden ist (Wenzeltag ist der 28., Michaelitag 223 Iranger oder halsseisen bieten: E. v. Künßder 29. Sept.). Bei Sonneberg in Thüringen heißt berg 1926 Rechtssprachgeogr. 31 ff. der Pilz S c h u l m e i s t e r , wir wissen nicht warhalsen Ztw. 'umarmen' schon gemeingerm.: um. S t ù a k s c h w a m m a l a im Egerland und ahd. halsön, asächs. helsian, ags. healsian, anord. S t u b b l i n g i m Warthebruch deuten darauf, daß halsa. Seemann, h a l s e n 'ein Schiff vor dem der Filz an Baumstampfen wächst. Ähnlich heißt Wind wenden' gehört zu H a l s in der seemänn. anderwärts Pholioia mutabilis. Bed. 'Ecke des Segels'. Entspr. schon anord. hallo der endbetonte Imperativ zu ahd. halón halsa und hals: Kluge 1911 Seemannsspr. 348ff. 'holen', eines mit holla (s. d.). Vom Zuruf an halsstarrig Adj. frühnhd. 'wer die Halsstarre, den Fährmann (hol über) auf Jagd und Fern- einen steifen Hals hat'. Von da auf den Willen sprecher übertragen. Aus dem N. als allo ins übertragen unter Einfluß von mhd. halsstarc, Dan. u. Schwed.; zuletzt Subst. Hailoh n. 'Ge- frühnhd. halsstark 'hartnäckig'. S t a r r h a l s heißt schrei, Lärm, Getümmel'. Axel Lindquist, Satz- an der Zwiebelpflanze der noch nicht blühende, wörter 1961, 90. auffallend starre Stengel. Schwed. halsstarrig Hallore m. 'Salzwerkarbeiter'. Auf die Stadt (seit 1640) beruht auf Entlehnung aus dem Nhd. H a l l e a. d. Saale bezogen sind um 1484 humaHalt m. n. Seit dem 16. Jh. vereinzelt aus nist. lat. Mllonem A. Sg., bailones Pl., dazu ist Formeln wie H a l t g e b i e t e n , h a l t m a c h e n , N. Sg. *hallo zu fordern. Seit 1642 erscheint der in denen halt urspr. Imperativ zum Ztw. h a l t e n erstarrte Gen. PI. hallorum, aber danach war ist. Vgl. K e h r t , R e i ß a u s . schon 1630 der dt. PI. H a l l o r e n gebildet. H a l halt Adv., urspr. Kompar.-Adv. ahd. halt, l o r e n : Zs. f. d. Wortf. 10, 205; B. Sommerlad asächs. hald 'geneigt' zum Positiv spätahd. 1929 Thür.-Sächs. Zs. f. Gesch. u. Kunst 18, 92. hatío Adv. 'sehr'; heute obd. 'eben'. Zu idg. Zur Wortbildung vgl. b u r s c h i k o s , P f i f f i k u s , *kel, aind. êrayti 'lehnt an': Kroes, Germ.-rom. Schwulität. Ms. 1955, 346. hald für germ. *haldiz, got. haldis, Halm m. Ahd. mhd. mnd. mnl. nnl. dän. anord. heldr 'vielmehr'. Das durch Auslautgesetz schwed. balm, ags. healm, engl. ha(u)lm, anord. geschwundene -iz war das kompar. Element wie halmr führen auf germ. *halma- 'Stroh, Getreide-, in germ. *batiz 'besser' (s. b a ß), lat. magis 'mehr'. Grasstengel'. Mit lat. eulmus (aus *fcohmos) Zur Bed. und Syntax s.O. Behaghel 1928 Syntax 'Halm, Strohhalm, Strohdach'; gr. hilamos, 3, 182. Aus halte ich gekürzt sind schles. haldich halóme (unter Vorausnähme des a aus *£oi-) (G. Hauptmann heilig), Drechsler, Mitt. d. Ges. * Rohr' (daraus entlehnt ind. kaláma- 'eine Reis- f. schles. Volkskunde 20, 71; Mitzka, Schles. Wb. art; Schreibrohr' und lat. calamus 'Rohr, Stengel, — Daraus leitet A. Linquist, Satzwörter, GötePfropfreis', woraus wieder akymr. calamen, borg 1961, 24 h a l t ab, doch sprechen die alten kymr. calaf, mbret. coloff, bret. colo 'Strohhalm'); Formen für idg. *kel-, slav. *solma (aus *£ohmä) /. 'Stroh' in bulg. halten st., einst redupl. Ztw., mhd. halten, sláma, serbokroat. slàma, russ. solóma; apreuß. ahd. haltan, asächs. haldan, mnd. holden, mnl. salme 'Stroh', lett. salms 'Strohhalm', Mz. salmi nnl. houden, afries. halda, ags. healdan, engl. 'Stroh' aus idg. *Hohmos, *fcohmä 'Halm, Rohr'. hold, anord. halda, dän. holde, schwed. Mila S. Kalmus. 'halten', got. haldan 'hüten, weiden': dies als Halma n. ein schon im Altertum bekanntes Grundbedeutung erwiesen auch durch ahd. hirta Brettspiel, benannt nach gr. Mima (άλμα) η. haltente, ags. heorde healdan, anord. Mida geitr. 'Sprung', dies zu hdllomai 'springe', das mit Daraus konnte die alt verbreitete Bedeutung gleichbed. lat. salio zur idg. Wurzel *sel- 'sprin- '(einen Stamm) lenken' unmittelbar hervorgehen, während der außergot. Übergang zu gen' gehört. Hals m. Mhd. ahd. asächs. nd. nl. afries. anord. '(fest)halten', wofür obd. bis heute h e b e n , auch nnord. got. hals, ags. heals, engl, mundartl. halse im urverwandten aind. kaldyati 'treibt; hält, führen auf germ. *halsa-. Urverwandt ist gleich- hält dafür' vollzogen ist. Germ. *Mldan gehört bed. lat. collus aus *colsus, idg. *kl'olsos zur ver- als nach denselben Lautgesetzen wie S c h n e e und S e e aus germ. *aiw gebildet, das im Got. unverändert vorliegt. Es ist Kasusform zu got. aiws m. 'Zeit', vielleicht in der Formel ni aiw 'nie' zum Adv. geworden, aus der die positive Bed. durch Rückschluß gewonnen sein mag. Doch vgl. gr. (kypr. phok.) atfei 'immer' zu aim 'Zeit'. S. e w i g , n i e , Behaghel 1924 Dt. Syntax 2, 90; (1928) 3, 187, 198. jeder Pron., spätmhd. ieder, mhd. iewêder, iegewêder, ahd. iotoêdar, eohwêdar, eogiwëdar asächs. iahwëthar, ags. âhwœôer, seghwœder. Voraus liegt *eo-gihwêdar 'immer jeder von beiden'. Dabei gehörte eo urspr. zum Ztw.: 'das tut immer jeder von beiden'. Erst seit mhd. Zeit wird j e d e r in bezug auf mehr als zwei Größen verwendet. S. j e d w e d e r , w e d e r und 0 . Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 388 sowie dessen Gesch. d. dt. Spr. (1928) 650. jedweder Pron., mhd. ietwëder 'jeder von beiden' (auch schon auf mehr als zwei Größen bezogen) aus ieg(e)wëder: die ungewohnte Lautfolge gw wird über dw zu tw. S. j e d e r und Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 389. jeglich Pron., mhd. iegelich, ahd. iogilih aus iogihwêlïh (s. welch). Das Wort ist durch gleichbed. nhd. j e d e r zurückgedrängt: Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 390; 1928 Gesch. d. dt. Spr. 342. Jelängerjelieber m. n. Name verschiedener Pflanzen. Zuerst heißt 1500 der rote Nachtschatten (Solanum dulcamara) Ye lenger ye lieber, nnl. hoe langer hoe liever: seine Rinde schmeckt erst bitter, dann um so süßer, je länger man sie kaut, daher auch B i t t e r s ü ß , lat. amara dulcís (zu dieser Antithese überhaupt, seit Sappho: F. R. Schröder G RM 21, 288). 1517 folgt die Feldzypresse (Teucrium chamaepitys)·, bei ihr zielt der Name auf den Duft: 'je länger man an der Pflanze riecht, desto lieber wird sie einem'. In Aachener Ma. heißt das Stiefmütterchen We langer we lewer·, im Nahegebiet
Jesuit
und in Teilen Badens heißt die Kulturform von Viola tricolor so, in bad. schwäb. Ma. umgestaltet zu E n g e l l i e b e l e u. ä. Hier hat das Wohlgefallen an der Pflanze den Namen gegeben: 'je länger man sie sieht, desto lieber gewinnt man sie'. Ähnlich bei Vergißmeinicht, Ehrenpreis und mancher andern schönen Pflanze, die landschaftlich J e l ä n g e r j e l i e b e r heißt, wie bei der Lichtnelke, soweit sie J e - l ä n g e r - j e - f r e u n d l i c h e r genannt wird. Nicht eine besonders lange Blütezeit, sondern Duft und Schönheit haben im 19. J h . das Geißblatt Lonicera caprifolium zum häufigsten Träger des Namens gemacht: R. Loewe 1936 Beitr. 60, 399ff.; H. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1 , 1 6 5 . jemals Adv., erst nhd., dem mhd. è males 'vormals' nachgebildet. S. n i e m a l s und Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 497. jemand Pron. mhd. ieman, ahd. eoman 'irgendein Mensch', -d ist nach η angetreten wie in ( n ) i r g e n d , w e i l a n d , v o l l e n d s . Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 399. jemine Interj., aus lat. Jesu domine entstellt, um eine Übertretung des zweiten Gebots zu vermeiden, darin vergleichbar mit s a c k e r l o t , s a p p e r m e n t , m e i n e r S i x , frz. parbleu. Ach jemini zuerst bei Grimmelshausen 1669 Simpl. 2, 624, der die Entstellung noch durchschaut. jener Pron. Zum idg. Pron.-Stamm *eno-: *ono- (s. a n d e r ) gehören mit gr. éné 'der übermorgige Tag', (e)keinos 'jener', énioi 'einige', lit. anàs, añs 'jener', aslaw. onü 'er', hethit. annk 'jener', aind. aná- 'dieser', anord. enn, inn 'der' u. ahd. (obd.) çnêr, mhd. (obd.) fner 'jener'. Dazu mit noch aufzuklärendem Anlaut got. j-ains, ags. geon, engl, yon, afries. jen, mnd. jene, ahd. jçnër, mhd. jçner 'Ule'. Aus spätmhd. der jener ist nhd. d e r j e n i g e entwickelt. jenigch Adj. 'rotwelsch'. Das zum Zigeun. dSan- 'wissen' gebildete Adj. auf - i s c h erscheint als j e n i s c h bei Wiener Kellnern 1714 (Kluge 1901 Rotwelsch 1, 176), als j ä n i s c h bei Jean Paul 1800 Anh. z. Titan 1, 108; j . bedeutet 'kluge Sprache': S. A. Wolf 1955 Wb. d. Rotw. 2346. Das Wort lebt in eis. und schwäb. Ma. jenseits Präp. Adv. mhd. jçnsît 'auf jener Seite' (mhd. auch jçne site). Jeremiade f. Zu den Klageliedern Jeremiä im Alten Testament ist nach einem Vorbild wie I l i a d e zu Anfang des 18. J h . frz. jérémiade f. 'Klage' gebildet. Bei uns nicht vor 1784: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 310. Jesuit m. Seit 1533 bildet sich um Loyola die Compañía de Jesus, 1540 wird sie von Papst Paul I I I . als Societas Jesu bestätigt. Die Mitglieder werden vom Volk mit dem Scheltnamen J e s u i t 'Betbruder' belegt, der in den Nieder-
jetzt
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landen schon 1619 nachzuweisen ist. Canisius und Suarez wehren sich gegen den mißgünstigen Namen; gleichwohl hat er über die ganze Erde gegriffen, sogar in amtlichen Gebrauch, nur nicht in den der Kirche und des Ordens selbst : A. Götze, Sitz.-Ber. der Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1917, 9. — J e s u i t e n r i e c h e r e i /. von J. G. v. Zimmermann 1788 Unterred. mit Friedrich d. Gr. 87f. in Umlauf gesetzt: Ladendorf 1906 Schlagwb. 146f. Vorbild ist K a f f e e r i e c h e r , Berliner Scheltname der Spürbeamten, durch die der König verhütete, daß Bürger ohne Brennschein Kaffee brannten: Gombert 1906 Zs. f. d. Wortf. 7, 6f. Jetzt Adv. Die mhd. Adverbien ie (s. je) und etto, ze (s. zu) vereinen sich im 12. Jh. zu iezuo, ieze 'eben, jetzt, soeben, alsbald'. Lautgesetzl. Entwicklung führt zu i t z o , i t ζ und (mit demselben Lautvorgang, der mhd. ie zu nhd. je umgestaltet) zu frühnhd. j e t z . Daran tritt t wie in A x t , H a b i c h t , O b s t , P a l a s t , zu g u t e r L e t z t . Gleichzeitig mit iezuo erscheint im 12. Jh. die obd. Nebenform iezö (wie dò, zwo neben duo, zivuo), die als j e t z o noch in der klass. Dichtersprache, als ieze in schwäb. bair. Mundart bis heute lebt. Die Form setzt Tonlosigkeit der zweiten Silbe voraus, während iezuo unter Nebenton Diphthong entwickelt hat. Iezunt, seit Herbort v. Fritzlar belegt und als j e t z u n d bis ins 18. Jh. häufig, schließt sich an Zeitadv. an wie mittunt 'quondam,' bei Notker oder mhd. sïdunt 'seitdem', die t angenommen haben unter Einfluß von Ortsadv. wie enönt 'ultra,', hinönt 'eitra'. Die Weiterbildung j e t z u n d e r steht unter Einfluß von Adv. wie hernachher, hereinher: Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Sprache 218. 265. 330f.; v. Bahder 1929 Beitr. 63, 431 ff. Jetztzeit /. Bei Schnüffis 1696 Maultrommel 220 begegnet j e t z i g e Z e i t , seit Schubart 1789 Vaterl. Chron. 164 J e t z t w e l t : nach diesen Vorbildern wagt Jean Paul 1807 Levana 1, 103 J e t z t z e i t , unschön in seiner Konsonanthäufung ( J e t s t t s e i t ) , entbehrlich neben G e g e n w a r t , darum von Jochmann 1828 Über die Sprache 173, Schopenhauer, Nietzsche und Wustmann mit Recht bekämpft: Zs. f. d. Wortf. 2, 70. 266. 6, 114. 11, 116. Jiddisch Adj. seit dem 19. Jh. vom Deutsch der Juden Osteuropas, das auf ostmd. und ostfränk. Grundlage ruht (von hier die Form des Adj. j ü d i c h ) , hebr. Bestandteile namentlich in der Sprache der Männer aufweist und mit hebr. Zeichen geschrieben und gedruckt wird. Engl. Yiddish (seit 1886) ist aus dem Dt. entlehnt. Job m. 'Gelegenheit zu einer Arbeit', lediglich zum zeitweiligen Geldverdienen. Oxford English Diet. 6, 586: Etymologie unbekannt, wohl
Johannisbrot
mündlich vor der Literatursprache 1627; dt. nach dem 2. Weltkrieg. Jobber m. Zu engl, job 'stoßen' gehört job 'Schlag, Coup, geschäftl. Vorstoß', dazu jobber 'Börsenspekulant', stockjobber 'Aktien-, Effektenhändler'. Bei uns wird S t o c k j o b b e r e y durch Moser 1778 Patr. Phant. 3, 40 bekannt; J o b b e r 'Börsenspekulant' ist daraus gekürzt: Schirmer 1911 Wb. d. d. Kaufmannsspr. 90. Joch n. mhd. joeh, ahd. joh (hh) 'Joch zum Tragen; Bergjoch', auch 'soviel Land, als man mit einem Ochsengespann an einem Tag pflügen kann' (s. J u c h a r t ) . Entspr. asächs. juk-, mnl. joc, juc, nnl. juk, ags. geoc, geoht, ioe, engl, yoke, anord. schwed. ok, dän. aag, got. juk. Aus dem Germ, entlehnt finn, juko, jukka 'Joch'. Urverwandt sind gleichbed. akorn. ieu, akymr. iou, kymr. iau, lat. iugum, gr. zygón, aslaw. igo (aus jügo), lit. jùngas, lett. jûgs, aind. yugá-, hethit. jugan. Sämtlich zur idg. Wurzel *ieu- 'verbinden' und seiner Erweiterung *jßug- 'zusammenjochen' im Ztw. lat. iungö, gr. zeygnymi, lit. jùngti, aind. yunákti, yuñjati 'schirrt an', dessen germ. Entsprechung vor Einsetzen der erhaltenen Denkmäler verklungen ist. Jockei m. Engl, jockey 'Bereiter' ist Verkl. von Jock, der schott. Entsprechnung von Jack ' Hänschen'. In Berichten über engl. Wettrennen erscheint J. bei uns seit 1787, eingebürgert wird es mit dem ersten Berliner Rennen 1830: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 311; A. B. Stiven 1936 Englands Einfluß S. 40. Jod n. Den chemischen Grundstoff hat Courtois 1811 in der Asche des Seetangs entdeckt und nach gr. iödes 'veilchenfarbig' frz. iode benannt, weil er sich bei Erhitzung in veilchenblauen Dampf verwandelte. jodeln Ztw., Hirtenruf (Umschlag der Stimme, Wechsel hoher : tiefer Töne) in den Alpen. Dann im 19. Jh. virtuoserVolksgesang.Zuerst 1796 in einem tiroler Lokalstück von Schikaneder. W. Senn, Jb. d. österr. Volksliederwerkes 1961, 150. Entlehnt dän. jodle, schwed. jod(d)la. S. j o h l e n . Joghurt n. die nach bestimmtem Verfahren gesäuerte Milch heißt nach türk. jogurt. Johannisbeere /. so benannt, weil sie schon um den Johannistag (24. Juni) reift. Neben dem von Livland bis zur Ostschweiz gangbaren Namen (Johansbeer Siber 1679 Oemma 67) ist im Südwesten J o h a n n i s t r a u b e volkstümlicher ( J o h a n n i s t r ü b l i in der Westschweiz), in Österreich R i b i s ( e ) l (lat. ribes): Kretschmer 1918 Wortgeogr. 243. Johannisbrot n. Die Hülsen von Ceratonia siliqua, sonst B o c k s h o r n genannt, heißen nach Johannes dem Täufer, dessen Kost (Mark. 1, 6) sie nach der Legende vervollständigen. In den deutschen Gesichtskreis tritt die morgenländ.
Johanniswürmchen
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Frucht zuerst im 14. Jh. (Ahd. Glossen 3, 669, 38), dann wieder zu Ende des 16. J h . durch Pilgerreisen (hg. von Röhricht S. 137, Breitenbach 1483 ,,by Lymizo sint groisse weide mit ytel bäumen, die Sant Johannes broidt dragen" ; S. 339, Rindfleisch 1496 „in weiden von Johansbrott"). Seitdem bleibt der Name häufig, auch bei den germ. Nachbarn: nl. St. Jans brood (boom), engl, (seit 1698) St. Johns bread, dän. Johannesbrod(trœ), schwed. Johannesbröd. Entsprechend bei Romanen, Baltoslaven und Ugrofinnen: H. Marzeil 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 898 f. Johanniswürmchen n. Der um den Johannistag (24. Juni) fliegende Leuchtkäfer Lampyris heißt Johans Würmlein seit Mathesius 1666, Luther NA. 141, 20. J o h a n n i s f u n k e , - k ä f e r , - v o g e l , G l ü h w ü r m c h e n , G l e i m ( c h ) e n u. a. m. vgl. G l ü h w ü r m c h e n . johlen schw. Ztw. 'jo schreien', mhd. jölen 'laut singen', schon mit Ablehnung, wie sie auch g r ö l e n trifft, ebenso jolen in Zürich 1666 (J. Frisius, Diet, lat.-germ. 231 a ). Dagegen mnd. jölen 'jubeln'. Vom gleichen Ausgangspunkt abweichend entwickelt ist j o d e l n , s. d. Jolle f . Name einmastiger Fahrzeuge auf Nord- und Ostsee, nd. (seit 1620) auch jölle, jelle, gelle, nnl. (seit 1699) jol, engl, yawl, jollyboat, dän. jolie, schwed. julle. Frz. jol, yole, russ. jal(ik) scheinen dem Nd. entlehnt zu sein. Ursprung dunkel. Kluge 1911 Seemannspr. 397. Joppe f . mhd. jop(p)e, juppe, schöpe, tjoppe f . m. 'Wams, Jacke; Weiberrock'. Arab, dschubba Obergewand mit langen Ärmeln' ergibt älter ital. giuppa 'Jacke, Wams' und gelangt von da (wie in andere europ. Sprachen) auf mündl. Weg um 1200 nach Oberdeutschland: s. S c h a u b e und Suolahti 1929 Frz. Einfluß 111 f. Jot η. ags. (seit 1070) jußi Name des Buchstaben j, im 17. J h . neben J o d geläufig: nach hebr. jod, woher auch gr. iòta η. 'i'. Es ist der kleinste Buchstabe, darum nach Matth. 6, 18 n i c h t ein J o t a 'nicht das geringste'. „Ein jota" seit 1688 belegt bei H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 311; vorher „das minste J o d t " Opitz 1631 Grotius 379. Journal n. Dem mlat. diurnale (zu dies 'Tag') entspricht ital. giornale, nordital. eornal, das als frühnhd. eornal erscheint, wie andere Fachwörter der ital. Buchhaltung. Im 17. Jh. tritt J o u r n a l an die Stelle, das allmählich in alle Bed. des frz. journal einrückt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 312. Vgl. T a g e b u c h . jovial Adj. Wer unter dem Zeichen des Jupiter steht, dessen Stern dem Menschen Fröhlichkeit verleiht, heißt spätlat. joviälis, frz. jovial. Paracelsus gebraucht 1620 jovisch 'vom Planeten Jupiter, martialisch' vom Planeten
jucken
Mars (zuerst b. Paracelsus, Weimann) abhängig. Nach dem ersten j o v i a l i s c h seit 1590, nach dem zweiten j o v i a l seit 1776. J o v i a l i t ä t 1790 nach frz. jovialité. — Entspr. stellt sich m a r t i a l i s c h zu Mars, dem Namen des römischen Kriegsgotts. Jubel m. Hebr. jdbil 'Widder(horn)' trifft sich in der Vulgata mit lat. jübilum 'Bauern- und Hirtenruf', mit solchen wurde jedes 60. Jahr eingeblasen, nach mos. Gesetz ein Erlaßjahr. Nachdem Bonifaz VIII. 1300 das Jubeljahr (mhd. jûbeljâr) kirchlich eingeführt hatte, wurde jübilaeum auf Gedenkfeiern anderer Art übertragen. Mlat. jubilare (s. j a u c h z e n ) ergibt afr. jubiler 'jauchzen', das als jubilieren seit etwa 1260 in mhd. geistlichen Texten auftritt, spätmhd. entsteht daraus jubel m., frühnhd. juibeln. J u b i l a r 18. Jh. aus mlat. jubilârius. H. Grundmann, Festschr. Trier 477. Juehart, J u c h e r t , J a u c h e r t m. spätahd. jühhart, ags. gycer, mhd. jüchert 'Ackermaß': mit ahd. giuh, mhd. jiueh n. /. 'Morgen Landes' zu nhd. J o c h 'soviel Land man mit einem Joch Ochsen an einem Tag zu pflügen vermag'. Das Grundwort erinnert an das von mhd. ëgerte 'Brachland' (vgl. A r t a c k e r unter A r t ' ) , der Stamm an das urverw. lat. iügerum 'Morgen Landes' (von da ü). Dies hat auch sachlich eingewirkt, da die Germanen das Feldmessen von den Römern gelernt haben. Neben dem oberpfälz.-bair.-schwäb. J . steht fränk.-md. M o r g e n , alem. T a g w e r k , M a n n s h a u e t ('soviel ein Mann in einem Tag haut'), österr. J o c h , die freilich in ihrer Größe dem röm. iügerum nur ungefähr entsprechen. juchhe Interj. An den Freudenruf j u c h , der in j a u c h z e n (s. d.) enthalten ist, tritt der Ruf he, mhd. hë als Interj. des Lachens. J u c h h e kaum vor Stieler (1691) 804; voraus geht juch heia o Fastnachtsp. des 16. J h . 336, 31; j u c h h e i s a folgt seit Kirsch 1739 Cornu eop. 2, 205. Juchten w. m. 'nach bestimmter Art gegerbtes Leder'. Tatar, üfti 'Sack', juftj aus pers. jucht 'ein Paar', weil die Häute paarweise gegerbt wurden (Muttersprache 1952, 164), ergibt russ. juft, das als mnd. juften zu uns gelangt. Diese Form lebt landschaftlich bis heute. Neben ft zeigt sich slaw. (c)ht in russ. juhf, poln. jucht, tschech. juchta, serb. jutha (Lokotsch Nr. 2128) : Wiek 31; Bielfeldt 16: aus Rußland; dt. zuerst 1674. juchzen s. j a u c h z e n . jucken Ztw. mhd. jucken, md. jucken (Schriftdeutsch ist die obd. Form geworden, in der ck den Umlaut von u hemmt, s. d r u c k e n ) , ahd. jucchen, mnl. jöken, ags. gyccan, engl. itch. Außerhalb des Westgerm, fehlen sichere Spuren des Stammes juk(k), zu dem sich auch ahd.
Judaskuß
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jueehido, mnl. jöcte, ags. gycjta 'das Jucken' stellen. JudaskuB m. von Paracelsus geschaffen c. 1535 (Weimann). Der Name des Verräters auch in J u d a s l o h n , nach Matth. 26, 48, 347. Vgl. H i o b s p o s t , K a i n s z e i c h e n , Uriasbrief. Jude m. mhd. jude, ahd. judo, mit der umgelauteten Nebenform J ü d e , md. jüde, ahd. judeo. Die Form auf -eo (auch asächs. judeo, judeo) beruht auf lat. Iudaeus. Der Volksname geht aus von dem des Stammes J u d a . Judendeutseh s. jiddisch. Judenechule f. mhd. judenschuole. Als im 14. Jh. der Ausdruck aufkam, wurde in den Bethäusern die jüd. Jugend im Glauben, später auch im Rechnen und Schreiben unterwiesen. So wurde J . Ersatz für S y n a g o g e : Nyström 1916 Dt. Schultern. 1, 56. Jndo s. D s c h i u - D s c h i t s n . Jugend /. Mhd. jugent, ahd. jugund, asächs. juguâ, mnd. joget, anfr. iugind, mnl. joghei, jöghet, nnl. jeugd, afries. jogethe, ags. geogoß, iugup 'junge Schar'; engl, youth 'Jugend, Jüngling' führen auf germ. *jugunpi-, idg. *iuy,nti-, -¿¿-Bildung zu idg. *iuy,n-, s. j u η g. Der Form nach vergleicht sich aind. yuvati- 'junges Weib'. Daneben auf -tä-·. got. junds m. 'Jugend', lat. iuventa, aus *iuy,ntd, auf tüti- : lat. iuvenlus, air. öetiu (aus *ioyintüt-), zu *iuyntüt-, Grundform für anord. öska 'Jugend' ist *junhiskön. Germ. g für w wie in B r ü c k e , s. d. Juli m. Der siebente Monat, ahd. hfwimänöth und entspr. noch frühnhd. höuwmonat (Zs. f. d. Wortf. 14, 317), war nach altröm. Zählung, die das Jahr mit dem März begann, der fünfte und hieß demgemäß lat. Quinfílis (zu quintus, seil, mensis). Zur Ehre des den Kalender berichtigenden Julius Cäsar wird er umbenannt zu Iulius. Der fremde Name dringt, von Humanismus und Kanzlei begünstigt, bei uns durch; Zesens Rückkehr zu Heumond (Zs. f. d. Wortf. 14, 76) bleibt ohne Nachfolge. Jnlklapp m. 'Weihnachtsgeschenk', reichlich umhüllt dem Empfänger in die Stube geworfen, wobei der Schenker, der unerkannt bleiben will, an die Tür klopft (klappl) und J u l k l a p p l ruft. So ins Nd. der Ostseeländer entlehnt aus schwed. julklapp (Vorpommern war 1648 bis 1815 von Schweden besetzt), das seit 1741 bezeugt ist, während Neujahrsgeschenke an Untergebene und Arme viel älter sind. J u l aus dem Schwed. 'Weihnachten, Weihnachtsfest'. Jumper m. 'Schlupfjacke mit kurzen Ärmeln und rundem Halsausschnitt', von Frauen getragen; W. Fischer 1943 Dt. Wortgesch. 2, 372. Vorher Matrosenjacke: F. Kluge 1911 Seemannsspr. 401; Stiven 108. Jung entlehnt aus engl, jumper 'sportliche Strickjacke', vorher
Jungfer
'loser Überziehkittel für grobe Arbeit', so von 1853 bis 79 bezeugt. Das engl. Wort gilt als Weiterbildung zu frz. jupe; s. J o p p e . Jang Adj. Mhd. june (g), ahd. asächs. afries. jung, mnl. jone (gh), nnl. jong, ags. geong, engl. young, anord. ungr, dän. schwed. ung, got. juggs führen auf germ. *jungaz (dazu mit gramm. Wechsel der Kompar. germ. *júnhizan- in anord. eri, got. jûhisa 'jünger'), zusammengezogen aus *juwunga2 für idg. *iuy,n-kos in air. öae (älter Oie), mir. oc, kymr. iemne, bret. yaounk 'jung', gall. Jo(u)ineillus, lat. iuvencus 'junger Stier; Jüngling', aind. yuvaèd-, yuvaka'jugendlich; Jüngling'. Die einfache Wurzel idg. *t'eu- 'jung' (Posit. *juyen-, Kompar. *iey,ios-) erscheint in air. öa, öam, 'jünger, jüngst', mkymr. ieu, bret. iaou 'jünger', kymr. ieuaf 'jüngst'; lat. iuvenis 'junger Mann'; aslaw. junü, lit. jdunus, lett. jaûns 'jung', aind. yámyas- 'jünger', yáviftha- 'jüngst'. — Von j u n g auf (etw. gewohnt sein u. ä.) ist vermischt aus 'von Jugend auf gewohnt' und 'schon jung gewohnt': Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 8. Junge m. gilt nord- und md. für schriftsprac hl. K n a b e , das in der ümgangsspr. geziert klingt. Obd. dafür Bub(e); die Grenze zwischen beiden zieht Dora Blank auf der Karte 'Junge' bei Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1966), vgl. bei 'Bube*. Die „überhochdt." Form Qung(e), Qunger ist lautgesetzlich im Vogtland. Andre Synonyme sind immer in jener allgemeinen, nicht gefühlsbetonten Bedeutung Kerl (s. d.), Bengel (s. d.), Fent (zu lat. mfans) sw. Köln und von da aus in der Altmark; mit gutmütigem oder ernstem Tadel ostpr. Lorias (aus mnd. lodder 'lockerer Mensch' und Baas' Aufseher; Herr' u.a.m.). Der J u n g e ist verkürzt aus d. j. Knabe, Schüler, Gesell, vgl. Mitt. f. Gesch. v. Nürnberg 14, 43 (1509): „loca, in denen die iungen knaben underwiesen werden, damit bey den iungen mit frucht gelesen werde"; das. 46 (1510): „das sy demselben den iungen zegut vleißig obliegen". Jünger m. ahd. jungiro, mhd. jünger. Der subst. Kompar. von jung ist in Wiedergabe des mlat. junior früh zu 'Schüler, Lehrling, Untergebener' geworden, so auch ags. gyngra 'Diener, Beamter'. Dann aJs Lehnübertragung aus bibl. disäpulus verwendet, in neuer Zeit auf ähnliche Verhältnisse der Anhängerschaft ausgedehnt: Zs. f. d. Wortf. 3, 229. 8, 211; H. Eggers, Festschr. Taylor Starck 1964,62. Gegensatz Herr, s. d. Jungfer f. verkürzt aus mhd. jtmcvrouwe 'junge Herrin, Edelfräulein'. Entspr. ist proklit. F r a u über vrö verkürzt zu mhd. vor, ver; geblieben in niederrhein. Familiennamen wie Verj u t t e n , V e r l o r e n , V e r n a l e k e n , Vrewen 'Frau Juttas, Lenores, Adelheids, Evas Sohn'.
Jungfernrede
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— J u n g f e r 'Libelle', nd. jumffer, tritt bei Richey 1765 Hamb. Id. 106 neben gleichbed. N y m p h e (s. d.) auf und ist wohl Lehnübersetzung aus lat. nympha in seiner Beziehung auf Insekten. Dafür md. W a s s e r j u n g f e r seit 1743: DWb. 13, 2430. Zur Wortgeographie vgl. Libelle. — O t t e r j ü n f e r l e 'Eidechse' Müller-Fraureuth 1914 Wb. der obersächs. Ma. 2, 311. — Skand. Entlehnung: Wolf-Rottkay, in: Kratylos IX 184. Junglernrede f., dän. jomfrutale heißt (nach engl, maidenspeech) die erste Rede eines Parlamentsmitglieds. Dt. zuerst 1807: Trübners Dt. Wb. 4 (1943) 66; vgl. auch Gombert 1906 Zs. f. d. Wortf. 7, 147; Ladendorf 1906 Schlagwb. 162f.; Stiven S. 49 und Anm. 248. Jnnggesell m. Aus der Gruppe „der junge Gesell" ist gegen Ende des 16. Jh. das zunächst gleichbed. junggesell zus.-gerückt. Im 16. Jh. tritt dann die Beziehung auf den Unverheirateten ein: wie J u n g f r a u gegen F r a u 'Ehefrau', so tritt J u n g g e s e l l in Gegensatz zu Mann 'Ehemann'. Jüngling m. ahd. jungaling, asächs. jungling, ani. iungeling, afries. jongeling, ags. geongling, anord. ynglingr: gemeingerm. Bildung aus j u n g und - l i n g . Nur got. juggalaups (zweiter Wertteil got. laudi f . 'Gestalt' zu liudan 'wachsen') weicht ab: Kluge 1926 Stammbild. § 26. 66. Jüngst Adv. 'neulich': aus gleichbed. mhd. (se) jungest, ahd. si jungist, in frühnhd. Zeit gekürzt. Der Bed. 'neu' kommt der Superi, nahe auch in Fügungen wie: die jüngsten Ereignisse. Älter ist seine Verwendung für das in letzter Zukunft erwartete j ü n g s t e G e r i c h t . Juni m. Der sechste Monat, ahd. brähmänöt, hieß im alten Rom nach Juno. Iunius und sein Gen. Iuni(i) werden durch Humanisten und Kanzleien des 16. Jh. bei uns durchgesetzt. Sie waren im 17. Jh. nicht wieder zu verdrängen, weil man sich über das Ersatzwort nicht einigen konnte. Zesen schwankt zwischen B r a c h - , H e u - , L i l i e n - , R o s e n - und S o m m e r m o n d : Zs. f. d. Wortf. 14, 76. 317. Vgl. J u l i . Junker m. urspr. 'Sohn von Herzögen oder Grafen', aus ahd. junchèrro, mhd. junch&ne, entspr. nl. jonJc(he)er, woraus engl, younker entlehnt ist. Der Bildung nach vergleicht sich engl. yeoman 'Gutsbesitzer' aus ags. *geongman 'Jungmann'. Skand. Entlehnung: Wolf-Rottkay, in: Kratylos IX 184. Junktim n. 'Verbindung zweier politischer Probleme', zu \nt.iunctim, ¿Kw/ere'verbinden'. S.Joch.
Jux
Jurist m. Mlat. jurista (zu lat. tus, iuris 'Recht') ergibt seit 1300 mhd. juriste 'Rechtsgelehrter'. Die Form J u r i s t zuerst im Thurgau um 1400 in Hnr. Wittenwilers 'Ring* V. 312 und 7777. Dazu j u r i s t i s c h kaum vor Luther, J u r i s t e r e i seit Fuchsberger 1634: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 313. Jury /., nach altfrz. jurée 'Gerichtsuntersuchung' zu lat. iurare 'schwören', ins Engl., zunächst 'Geschworenkollegium', 1851 'Preisrichter'. jnst Adv. mit nl. juist, engl, just im 16. Jh. entlehnt aus lat. iuste Adv. 'gehörig'. Zuerst in Sim. Rots Fremdwb. 1671. Im 18. Jh. galt nach J. Fr. Heynatz 1775 Handb. zu rieht. Verfert. d. Briefe zuweilen frz. Aussprache, entspr. dem frz. juste. Justizmord m. Nachdem Voltaire 1770 Oeuvres 17,388 von meurtre juridique gesprochen hatte, prägt der Historiker Schlözer 1782 Staatsanzeigen 2, 271 J u s t i z m o r d auf die Hinrichtung eines Unschuldigen. Jute /. Die dem Hanf ähnelnde Jutepflanze Corehoris eapsularis mit ihrer stark gewellten Wurzel heißt nach aind. jafi 'Flechte', hindust. jhuta 'kraus'. Durch Vermittlung eines engl. Kaufmanns in Kalkutta, der sie engl, jute nannte, gelangte die Faser nach England, wo 1832 die erste Jutespinnerei errichtet wurde. In Deutschland, wohin sie bald danach eingeführt wurde, sprach man anfänglich dsehüte: Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 693. Juwel w. Zu lat. iocus (s. J u x ) gehört mlat. joeäle 'Kostbarkeit, Edelstein', auf das frz. joyau zurückgeht. Daneben tritt *jocellum, die Voraussetzung für afrz. joel, das nordfrz. einen hiatfüllenden Gleitlaut entwickelt. Daher mnl. juweel, das im 15. Jh. rheinaufwärts dringt und gleichlautend in der Kölner Gemma von 1496 erscheint. Weiterhin wiegt bei uns bis ins 17. Jh. die Form juhel vor. Der Hersteller heißt frhnhd. juhelierer, erst 1721 J u w e l i e r : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 314. Jux m. Lat. iocus 'Scherz' ist zunächst unverändert in deutsche Rede eingeschobcn, dann von Studenten zu J o c k , G u c k s , J u x entstellt worden; gebucht seit Kindleben, Stud.Lex. (Halle 1781) 87f. In Kleve 1477 begegnet j o c k e n 'scherzen' aus lat. ioeäri: Schueren, Teuthonista 56 b Verdam. Durch Vermittlung etwa von ostpreuß. jök 'Spaß' entsteht lit juökas 'Scherz'.
κ Kabale f . Neuhebr. gabbälä 'Überlieferung, Geheimlehre' begegnet seit Fischart 1681 Bienenk. 32 6 „der Juden Kabalen vnd Thalmud". Frz. cabale entwickelt die Bed. 'Ränke', die 1630 zu uns dringt. Noch lange erscheint K. neben den nach Bed. und Herkunft verwandten I n t r i g u e und F i n e s s e : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 314f. Kabel f . 'Anteil, Los',eingemeind. Wort: mnd. mnl. kavale 'Rundholz zum Losen', kavelen 'das Los werfen', nnl. kavel 'Los, Anteil am (Grund-) Besitz', afries. kavelia 'verlosen'. Das Nordgerm. hat starken Anteil an der Wortsippe: anord. kafli 'längliches Rundholz' mit meöalkafli 'Schwertgriff' (urspr. 'Mittelholz'), kçfli 'runder Stock' mit rûnakçfli 'Runenstab' und kçfla 'mit einem Knebel das Jungvieh am Saugen hindern', aschwed. kafli 'Walze, Stock', schwed. norw. kavle 'Walze, Knebel'. Den germ. Wörtern vergleichen sich baltische, z. B. lit. Sabas 'Ast, Reisig', Sabà 'Rute, Gerte', lett. SabuSt 'mit einem Knebel das Jungvieh am Saugen hindern': sämtlich zu *geb(h)- 'Ast, Holzstück', neben dem gleichbed. *geg(h)- steht, so daß neben lit. Sabaras 'dürrer Ast' gleichbed. Sägaras tritt. — S. K u f e 1 . Kabel n. 'Tau; unterseeische Leitung'. Arab. fiabl 'Seil' gelangt zu den Romanen und mischt sich mit lat. capulum 'Fangseil' (zu capto 'fasse'). Beide beeinflussen die Bed. von frz. chable 'Roll-, Ankertau' (aus vulgärlat. *catabula 'Niederwerfen', das dem gleichbed. gr. katabole entlehnt ist). Das Ergebnis kommt in der pikard. Form cable und durch Vermittlung von mnl. cabel zu Niedersachsen des ausgehenden 13. J h . ; ebendaher engl, cable und spät-anord. kabill. In unsern seemänn. Quellen wird kabel 'Ankert a u ' seit dem 15. Jh. greifbar: Kluge 1911 Seemannsspr. 404. Eine Erinnerung an den Ursprung birgt Gudr. 266 Ir ankerseil wurden da her von Arabe gevüeret. Kabeljau m. Derselbe Fisch Gadus morrhua, der frisch und jung D o r s c h , an Stangen getrocknet S t o c k f i s c h , auf Felsen gedörrt K l i p p f i s c h , in Fässern eingesalzen L a b e r d a n heißt, wird in frischem, erwachsenem Zustand K a b e l j a u genannt. Die Basken, die ihn früh auf seinen Laichbänken vor Neufundland fingen, nannten ihn mit einem roman. Wort (span. bacallao, port, bacalhäo, zu lat. baculum 'Stock' [s. B a k e l ] wie unser S t o c k f i s c h ) bakallao das als bakeljauw im älteren NI. lebt. Daraus umgestellt erscheint im 12. Jh. in den Niederlanden mlat. cabellauteus ; hierauf beruhen mnl. cabbeliau nnl. kabeljauw, frz. cabillaud, engl, cabiliau, dän. kabliau, schwed. kabeljo. Auf nd. Boden erscheint K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aufl.
seit 1360 in Lübeck, Stade, Hamburg kaplaiv, kabelow, kabbelouw, von da frühnhd. kabbelouiv seit Gesners Fischb. übers, v. Forer (Zürich 1663) 13 a . Vgl. A n s c h o w i s und L a b e r d a n . Kabine /. Um 600 n. Chr. tritt bei Isidor, Orig. 15, 12, 2 ein aus illyr. *kapanä stammendes capanna 'Erdhütte' auf, das in den roman. Sprachen fortlebt: ital. capanna 'Laubhütte', prov. cabana, span, cabana. Über frz. cabane entsteht gegen Ende des 14. Jh. engl, cabin 'Kammer an Bord für Offiziere und Fahrgäste', das als cabbin 1618 bei uns erscheint: Hulsius, Schiffahrt 15, 21. Zesens Gegenvorschlag S c h i f f s k a m m e r (Zs. f. d. Wortf. 14, 76) hat die Einbürgerung nicht verhindert: Kluge 1911 Seemannsspr. 407; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,315. Kabinett «. Als Verkl. gehört zu ital. gabbia 'Käfig' gabinetto, frz. cabinet 'kleines Gemach'. Dies erscheint 1691 als 'Nebenzimmer, Kammer' bei uns; die weiteren Bed. 'Arbeitszimmer des Fürsten, Ministers' und 'Museumsraum' folgen im 17. und 18. J h . : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 315. Über österr. K a b i n e t t 'einfenstriger Raum' im Gegensatz zum zweifenstrigen Z i m m e r s. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 606. Kabuse, Kabfise s. K o m b ü s e . Kachel /. mhd. kachel(e), ahd. chachóla 'irdener Topf', alem. chachle, schwäb. kachel 'Kochtopf', mnd. kachel, dän. kakkel, schwed. kdkel: vor der hd. Lautverschiebung von Oberitalien her entlehnt aus vulgärlat. *cac(c)ulus, -a 'Kochgeschirr', das nach Ausweis von tarent, cacéalo u. a. roman. Formen (J. Brüch 1937 Zs. f. rom. Phil. 67, 585ff.) neben lat. cac(c)abus (aus gr. kdkabos) 'Tiegel, Pfanne zum Schmoren' bestanden hat. Das gr. Wort stammt aus einer semit. Sprache. Im 13. J h . kommt in Oberdeutschland der kacheloven auf: statt des gemauerten Ofens die über der Feuerstatt aufgebauten Tonscheiben mit Vertiefungen, die die Heizfläche vergrößern. Als obd. Eindringling heißt er mnd. kacheloven, nnl. kachel: M. Heyne 1899 Wohnungswesen 240 f. Kachler s. T ö p f e r . kacken schw. Ztw., frühnhd. kacken·, nicht vor 1495 bezeugt, aber urverwandt mit gleichbed. lat. caco, gr. kakkdö, mir. caccaim, russ. kakaP usw.: sämtlich zum Lallwort *kakka'cacäre'. Sinnverwandt im 16./17. Jh. h o f i e r e n (s. d., urspr. 'zu Hofe gehen', dann'auf dem Hof seine Notdurft verrichten'); das alte grobe Volkswort s. u. s c h e i ß e n . Kadavergehorsam m. In den Constitutiones Societatis Jesu schreibt Ign. v. Loyala seinen Ordensbrüdern vor, ihren Oberen zu gehorchen 22
Kader
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„pervade ac si cadaver essentVon da wird Κ. kurz vor 1880 Schlagwort, vor allem im Kampf der Sozialdemokraten gegen den Militarismus: Ladendorf 1906 Schlagwb. 156; Büchmann 1912 Gefl. Worte 417. Kader m. 'Stammbestand einer Truppe', aus frz. cadre "Einfassung, Rahmen', dies aus lat. quadrìum 'Viereck'. Kadett m. Zu lat. caput 'Haupt' stellt sich gaskogn. capdet 'Hauptmann'. Da die von der Erbfolge ausgeschlossenen jüngeren Söhne der gaskogn. Edelleute als künftige Offiziere an den Pariser Hof kamen, wandelte sich frz. cadet zu 'Offiziersanwärter'. Entsprechend in Preußen unter König Friedrich Wilhelm I. : Geschriebene Berliner Zeitung 1713 (Buchner, Das Neueste von gestern 2, Nr. 37) „Die königliche Pagen sollen alle C a d e t s . . . seyn". C a d e t t e n - S c h u l e 1742, S e e k a d e t t (von engl. Zuständen) 1787: H. Scholz 1913 Fremdwb. 1, 316. Kadi m. Arab, qädi 'Richter', Quellwort auch für span, alcalde 'Dorfvorstand', erscheint bei uns seit 1703. Gestützt vor allem durch die Beliebtheit der Märchen aus Tausendundeiner Nacht. KSter m. ahd. chêvar, mhd. këver mit der schw. Nebenform ahd. chêviro, mhd. këvere; asächs. anfr. këvera, mnl. kever(e), nnl. kever; mit Ablaut nd. kavel, ags. ceafor, engl, chafer. Westgerm, entsprechen mit gram. Wechsel *kebra-, *kabru-, Eine Nebenform mit & zeigt Schweiz, chäber. Die westgenn. Bildung bedeutet 'Nager'; sie wird zu der unter K i e f e r m. entwickelten Sippe gestellt, zu der auch mhd. kif(el)en, nnl. keveren 'nagen' gehören. Nhd. ä für altes ê wie in Bär, gebären, verbrämen, garen, jäten, Säge, Schädel, schräg, Schwäher, schwären, spähen, Strähne u. a. Die Wortkarte von 'Käfer' bietet der Dt. Wortatlas X I I I ; 'Mistkäfer' V: weithin herrschen die Lautvarianten von Käfer, letzte Reste des alten Wandels von k- zu Is- u. ä. (Sibilierung) zeigen sich als Seiiber noch in Schleswig-Holstein, vereinzelt nach Mecklenburg und Ostfalen hinein. In Ostfriesland gilt der Typ Tiek(e) f., neben Käfer von Mecklenburg bis Pommern Worm; das Memelland hat Wöbbel (lit.); u. a. m. K a l l 1 n. md. kaf 'Fruchthülse des gedroschenen Getreides', ein vorwiegend nd. Wort: mnd. mnl. kaf, ags. ceaf, engl, chaff. Doch vgl. ahd. chêva, mhd. heve 'Hülse'. Ohne eichere Beziehungen. Kall 1 «. 'Dorf, elendes Nest', jung aus K a f f er 'ungebildeter Mensch' rückgebildet, s. d. und H. Fischer 1814 Schwab. Wb. 4,141; aber S. A. Wolf, Rotwelsch 2405: zu zigeun. gäw; ders., Zigeunersprache Nr. 821. Kallee m. Arab, qahwa, das ursprünglich 'Wein' bedeutete und seine Bedeutung in 'Kaf-
Käfig
fee' wandelte, als dieser den Wein infolge von Mohammeds Weinverbot verdrängte, ist über türk. qahvé nach Europa gekommen, -/- ist im armen. Türk, entwickelt. Zu uns gelangen 1688 Cafe über frz. café, coffée über engl, coffee. Vorher sprechen Reisewerke von chaube (Rauwolf 1582 Eigtl. Beschr. 102) oder cahwe (Olearius 1663 Reise 598). In K a f f e e b o h n e beruht das Grundwort auf Umdeutung von arab. bunn 'Beere'. Ausgeführt wurde der arab. Kaffee über Mocha am Roten Meer, daher engl, mocha seit 1773, bei uns seit Wieland 16, 96 als M o k k a . Kaffeehaus n. Das erste deutsche K. wird in Hamburg 1679 nach Londoner Muster gegründet, der Name ist darum Coffeehaus noch Schnabel 1731 Insel Felsenb. 12. Die im 18. Jh. allgemeine Bezeichnung K a f f e e h a u s hat sich in Österreich gehalten, wo das K.-Leben dauernd die größte Rolle spielte (Nicolai 1781 Reise 5, 236). Unser K a f f e e n., zuerst in Zürich 1770, ist gekürzt aus frz. Firmen wie Café Français (so Berlin 1833): Kretschmer 1918 Wortgeogr. 159; Ganz, EinfL d. EngL 111. Kaßer m. 'ungebildeter Mensch' hat mit den afrik. Kaffern nichts zu tun. Diese sind mit span, port, cafre 'Barbar' nach arab. käfir 'Ungläubiger' benannt, jenes stammt aus rabbin, kafrï 'Dörfler' (Bed.-Entw. wie bei Tölpel) zu hebr. käfar 'Dorf' (s. Kaff») und tritt zuerst 1714 auf: „sie hätten ihn vor thumm gehalten und ihn immer den thummen Kaffer genennet" Kluge, Rotw. 1,177. Von den Gaunern wandert das Wort in die Mundarten (H. Fischer 1914 Schwäb. Wb. 4,145) und seit 1831 in die Stud.Sprache: Kluge 1895 Stud.-Spr. 97; Zs. f. d. Wortf. 2, 293; Wolf Wb. 2408, 2413. Käfig m. Lat. cavea 'Umfriedung' ist dreimal entlehnt worden. Sehr alte Übernahme hat K a u e (s. d.) ergeben, gleichfalls früh ist K o j e (s. d.) ins Nd. gelangt. Erst vulgärlat. cavia konnte ahd. chçvia, asächs. k?via, mnl. kevie f . liefern; wie bei den späten Lehnwörtern B r i e f , P f e r d , S t i e f e l , Vers ergab lat. ν hd. f . Mhd. kfvje m. f . n. erweitert seine Bed. auf 'Vogelhaus, Gefängnis'; weiterhin wird j zu g wie in F e r g e , Latwerge, Mennige, Metzger, Scherge. Die nhd. Schreibung mit ä beruht auf neuer Anlehnung an das Grundwort cavea. Im 18. Jh. gilt die Endung -icht wie in D i c k i c h t , K e h r i c h t , S p ü l i c h t , T e p p i c h t . Seit B a u e r 1 (nach dessen Vorbild K. im 16. Jh. M. wird) im Mhd. die Bed. 'Käfig' erlangt hat, stehen deutsches und fremdes Wort für dieselbe Sache nebeneinander wie R o c k e n und K u n k e l , H e i m c h e n und G r i l l e , L a c h s und S a l m , S c h w a m m und P i l z , D o c k e und P u p p e , H a m m e l und S c h ö p s , Geißel und P e i t s c h e , M e e r r e t t i c h und K r e n . Mit K. sind verwandt
Kaftan
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ital. gabbia (s. K a b i n e t t ) , gaggia, frz. cage 'Käfig' (daher engl, cage), und ital. gabbiuola frz. geôle (engl, jail, gaol) 'Kerker'. S. K e b s e . Kaftan m. Pers. chaftän 'Unterpanzer' gelangt über arab. qaftan 'Gewand' ins Span. (Littmann 1924 Morgenl. Wörter 95) und von da über frz. caftan vor 1681 (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 317) zu uns. Die Anwendung auf den langen Rock der Ostjuden mag uns über serb. russ. poln. kaftan 'langschößiger Rock' erreicht haben (Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 774), die durch türk. kaftan (Olearius 1647 Persian. Reisebeschr. 126) vermittelt sind. Käfter «. Gr. skaphistêrion n. 'Trog, Mulde' (zu gleichbed. gr. skaphis f.) ergibt spätlat. capistêrium 'Mulde, Behälter', mlat. auch 'Bienenkorb'. Nur die letzte Bed. geht über auf frz. (mundartl.) chatoire und ahd. chafteri, chaftere. Die Brücke von da zu K. schlagen Ehrismann, Beitr. 18, 228 und Jud, Zs. f. rom. Phil. 38, 62, doch bleiben Zweifel angesichts der Bed. 'enges Gelaß, Kammer, Gefängnis' und der Verbreitung (Westfalen, Brandenburg, Posen, Sachsen, Thüringen, Vogtland, Nordböhmen). kahl Adj. mhd. kal, kalwer, ahd. kalo, kal(a)wêr, mnd. kale, mnl. ags. calu, nnl. kaal, engl. callow 'ungefiedert, unbehaart'; aus dem Dt. entlehnt das nicht vor 1602 bezeugte schwed. kal. Daneben die Subst. ahd. cal(a)wa, mnd. kalewe, afries. Míe, ags. calwa 'Kahlheit' und das schw. Ztw. ahd. kalawen, afries. kalia 'kahl machen'. Mehrfach, zuletzt von A. Senn 1933 Journ. of Engl, and Germ. Philol. 32, 621 ist behauptet worden, das nur westgerm., manchen dt. Mundarten fehlende Adj. sei entlehnt aus gleichbed. lat. calms. Wahrscheinlicher ist Urverwandtschaft mit aslav. golü 'nackt', glava, russ. golovà, lit. galvà, apreuß. gallü 'Kopf', sämtlich mit idg. g-. Ob die Sippe des lat. calvus (mit idg. k-) als Anlautdublette beurteilt werden darf, steht dahin. Kahm m. 'Schimmel auf gegorenen Flüssigkeiten' mit der ursprünglicheren Nebenform K a h n , frühnhd. kön, mhd. kän (Hugo v. Trimberg, Renner 9497), sonst mhd. mnd. kam, nnl. kaam, doch auch engl, mundartl. canes, keans 'Schaum auf Gegorenem'. Offenbar altes Lehnwort aus vulgärlat. cäna 'graue Schmutzschicht auf Wein' in afrz. chañes, chienes (Plur.), südfrz. cano 'Kahm'. Mit den andern Fachwörtern des Weinbaus (Essig, Kelch, Keller, Kelter, Kufe, Lauer, Pfahl, pflücken, Presse, Spund, Torkel, Trichter, Wein), mag cäna ins Urdeutsche entlehnt sein: Jud, Zs. f. rom. Phil. 38, 16. Vgl. Schimmel®. Kahn m. ein nord- und mitteldeutsches Wort, als kane seit 1168 in einer Urkunde des Magdeburger Erzbischofs Wichmann bezeugt: aquae
Kaiser
transitum (die Saalefähre bei Calbe) de navi, quam cane in vulgati appellant (Κ. Bischoff 1964 Elbostfälische Studien 90: alte Verbindung des Nordens mit der Landschaft an der mittleren Elbe). Durch Luther in die Schriftsprache gelangt, in den Wbb. nicht vor Henisch 1616. Luthers K a h n muß seinen obd. Zeitgenossen mit B a r c h e , k l e i n e s S c h i f f , Nachen, W e i d l i n g erläutert werden: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 101. 109. Gleichbed. sind A c h e n am Mittelrhein, H ü m p e l in Hessen, S c h e i c h in Würzburg, Z i l l e auf Elbe und Donau, sowie die Fremdwörter B o o t und N a u e : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 246ff.; v. Bahder 1925 Wortwahl 30f. K a h n hat Verwandte in ält. dän. kane 'Boot, Schlitten', ndän. kane 'Schlitten', schwed. mundartl. kana 'Schlitten der Lappen'; anord. kani 'Henkelgefäß, Schüssel, Art Brot', norw. mundartl. kane 'Schale mit zwei Henkeln'; dazu mit Ablaut anord. kéêna 'eine Art Boot'. Offenbar ist 'Gefäß' als Grundbed. anzusetzen und Verbindung mit mir. gann (aus *gandhn-) 'Gefäß' herzustellen. Kal m. 'gemauerter Uferdamm', nach Mitte des 17. J h . entlehnt aus nl. kaai, das mit engl. quay, dän. kai, schwed. kaj auf frz. quai beruht. Für dieses vermutet man kelt. Ursprung: air. cai 'Straße, Weg'. Gehört zu Hag s. d. Kainszeichen n. Das Zeichen, mit dem der Herr nach 1. Mos. 4, 15 Kain schützt, ist vergröbert zum Brandmal des Brudermörders. Noch Wieland im T. Merkur vom Febr. 1779 S. 169 spricht von „dem Zeichen Kains", Freiligrath 1836 'Bei Grabbes Tod' vom K a i n s t e m p e l . K . vor 1846 bei C. E. v. Houwald, Werke 1 (1859) 497; 1850 bei Paul Heyse, Francisca 3, 2. Kaiser m. mhd. afries. keiser, ahd. keisar, asächs. kêsur, ags. cäsere, got. kaisar. Die got. Form entspricht nicht dem lat. Caesar (lat. ae wurde zu got ë), sondern dem gr. kaisar: die Goten haben unter oströmischem Einfluß das Wort umgestaltet, das sie schon an der Weichselmündung aufgenommen hatten. Denn K a i s e r ist das älteste Lehnwort lat. Ursprungs im Germ. : mit den Namen der Griechen und Römer haben es die Germanen zu Beginn unserer Zeitrechnung aufgenommen, mit c als Verschlußlaut auch vor Palatal und diphthongischer Aussprache des ae. Die Bed. entwickelten sie vom Eigennamen Caesar zu 'Herrscher' (wie später in ähnlicher Lage die Slaven in kslav. kraVi, russ. korôV, lit. karalius den Namen Karls d. Gr. zu 'König' wandelten). Als sich dann die röm. Kaiser den Beinamen Caesar beilegten, wurde bei den Germanen das längst bekannte Wort auf die Bed. 'Kaiser' festgelegt, während die Romanen den lat. Titel imperator festhielten (frz. empereur). 22
Kaiserling
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Dazu auch die kelt. Wörtei für 'Kaiser': kymr. ymerawd{w)r, älter amherawdr, aus dem lat. Nom. imperätor, bret. impalaer aus dem Akk. imperätörem (ä im Vorton gekürzt: M. Förster 1941 Themse 142), akorn. emperur, mkorn. emp(e)rour (aus dem M engl, oder Frz.). Auf imperätor beruht auch alb. mbret 'Fürst'. Deutsche Vermittlung erklärt, wie mengl. heiser, anord. keisare, so auch aslaw. césar' i, rusa, car' 'Zar'. Das nhd. ai entstammt der Kanzlei Maximilians I.; nach Helvigius 1611 Orig. diet. germ, stand neben böhm.-bair. K a y s e r meißn.-sächs. K e i s e r . — K a i s e r b i r n e / . Im alten Österreich wurden die Namen erlesener Genußmittel gern mit K a i s e r zus.-gesetzt. Eine schöne Birne mit schmelzendem Fleisch, sons t Β u 11 e r b i r η e, heißt K a i s e r b i r n e schon nach Klein 1792 Prov.-Wb. 1, 220. Die in Form einer Rose gebackene Semmel (sonst R o s e n s e m m e l , -weck) heißt in Österreich K a i s e r s e m m e l (Gegensatz S c h u s t e r l a i b e r l ' Wasserweck') ; Gebäck aus bestem Teig K a i s e r b r o t schon im 17. Jh.; K a i s e r f l e i s c h ist (seit 1785 Briefe e. Eipeldauers 1, 11) ein besonders gutes Rippenstück vom Schwein (sonst R i p p e s p e e r , S c h w e i n s r i p p l e u. ä.). K a i s e r s c h m a r r n heißt der aus wenig Eiern und Milch, aber viel Mehl bereitete Eierkuchen. Auch K a i s e r w e i n spielt eine entspr. Rolle: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 155. 159. 267. 399. Kaiserling m. Der ausgezeichnete Speisepilz Amanita caesarea Pers., zuerst in Niederösterreich 1601 bei C. Clusius, Rariorum plantarum hist. 272: Germani Keyserling appellant quasi Caesareum, qwd inter fungos prinäpatum teneat. Die Deutung irrt: nach Plinius, Nat. hist. 22, 92 ist Kaiser Claudius 54 n. Chr. an Gift gestorben, das man einem Gericht dieser seiner Lieblingspilze beigemischt hatte. Danach auch H e r renschwamm (1832), Kaiserschwamm (1833), nnl. keizerling, ital. hole real, frz. royal, poln. bedlka cesarska usw. : H. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 236. Kaiserschnitt m. Nach Plinius, Nat. hist. 7, 47 ist der erste Träger des Namens Caesar durch K. zur Welt gekommen. Der Bericht hat früh Eindruck gemacht: Joh. Melber 1482 Voe. predie. D 6a „Cesar keiser, sic dictus, quod ex ventre matris eesus". Mlat. Sectio caesaria ergibt engl. Caesarean section, frz. opération césarienne, auch nhd. k a i s e r l i c h e r S c h n i t t , so Heister 1739 Chirurgie 647. K a i s e r s c h n i t t erscheint nach nl. Key sers Snet zuerst 1674 in Nürnberg: K. Quecke 1952, Ciba-Zeitschrift (Basel) Nr. 128, 4735. Kajak m. n. Das einsitzige gedeckte Männerboot der Eskimos, neben dem mehrsitzigen offenen umjak, dem Weiberboot (DWb. 14, 1, 383). Bei uns zuerst als kajakka bei Olearius
Kaktus
1656: Kluge 1911 Seemannsspr. 410; Palmer 58. Vgl. G r ö n l ä n d e r . Kajüte f . Unter K a b i n e ist frz. cabane 'Erdhütte' entwickelt; unter H ü t t e wird gezeigt, wie durch Entlehnung frz. hutte entsteht. Als Kreuzung aus beiden gilt frz. cahute 'schlechte Hütte', das pikard. c- bewahrt (sonst schon im 13. Jh. chäute). Durch Rückentlehnung entsteht mnd. kaiüte 'Wohnraum an Bord' (seit 1407 Livi. Urk.-B. 2922; gleichbed. hd. K o j ü t e Olearius 1647 Pers. Reise 60). ü beruht auf dem älteren Nl., das uns das frz. Wort vermittelt hat. Fläm. cahuyte (seit Binnaert 1702), dän. kahyt(e), älter Jcajytte, schwed. kajuta sind gleichen Ursprungs. Kakadu m. 'Haubenpapagei'. Dem mal. kakatua (aus dem Vogellaut + tua 'alt', der K. galt als der älteste seiner Art) entspricht portug. cacatua, daraus ebenso span. u. ital. Nhd. erscheint bei Andersen 1669 Orient. Reiseb. 189 ein im Auslaut umgedeutetes kakethun; im Anlaut umgedeutet engl, cockatoo. Unser K a k a d u seit Adelung 1775 stammt aus niederländisch kakatoe: die Holländer besaßen die wichtigsten Inseln in der Heimat des Vogels. Rich.Loewe 1933 Zs. f. vgl. Sprachf. 61, 120. G. Kahlo, Muttersprache 1960, 31. Kakao m. Aus cacao, dem Namen des Kakaobaums und seiner Frucht im alten Nikaragua, entsteht span, cacao, das um 1550 durch Acosta 4, 22 in Europa bekannt wird. Cacao für Stoff und Trank begegnet im Deutschen seit Quad 1598 Ench. cosm. 273: H. Schulz, Fremdwb. 1, 318; R. Loewe 1933 Zs. f. vgl. Sprachf. 61,84ff.; Palmer (1939) 68ff. Mittelamerik. Ursprungs sind auch Mais, S c h o k o l a d e , T a b a k , Tom a t e und Z i g a r r e . Kakerlak m. 'lichtscheue Küchenschabe; Albino'. Unser ältestes Zeugnis stammt aus Stralsund 1524 (F. L. v. Soltau, 100 dt. hist. Volksl. a 283) : hier wird Luther de rechte schlimme kakerlack gescholten. Das Insekt Periplaneta ist mit Schiffen aus Amerika eingeschleppt und heißt span, früh im 16. Jh. cacarucha. Hieraus soll K a k e r l a k entstellt sein, vielleicht auf dem Weg über Holland; freilich ist nnl. kakkerlak bisher nicht vor 1675 nachgewiesen. Das gleichbed. engl, cockroach gilt als Entstellung aus span. cucaracha. Vom gleichfalls lichtscheuen Albino gilt K a k e r l a k erst im 19. Jh.: Littmann (1924) 146; Palmer (1939) 60. S. S c h a b e 3 . Kaki s. K h a k i . Kaktus m. Gr. kdktos 'stachliche Planze' wird auf gelehrtem Weg zur Bez. der Kakteen, die sich in der Neuzeit von Amerika über die Erde verbreiten. Bei uns ist C a c t u s nicht vor 1766 nachgewiesen, engl, cactus seit 1607, frz. cactier erst 1791: Littmann 151; Palmer 60f.
Kalauer
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Kaidaunen
Kalauer m. I m 18. J h . erscheint frz. calem- Wien. Zillkallef in Luxemburg. Nöß,
bour 'Wortspiel', dessen Ursprung nicht hinreichend geklärt ist. Als Fremdwort im Deutschen ist Calembour(g) nachgewiesen von 1787 bis 1845 (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 318). Zuerst 1858 erscheint in Berlin dafür K a l a u e r (Ladendorf 1906 Schlagwb. 156), mit Anlehnung an den Namen der niederlausitz. Stadt K a l a u und nach dem Vorbild des Scherzworts Meidinger für 'alter Witz', dies nach Joli. Val. Meidinger 1783 Frz. Grammatik mit einer Sammlung 'Auserlesener Histörchen': Büchmann 1912 Gefl. Worte 605. Kalb n . m h d . kalp (b), ahd. chalp, kalb, asächs.
mnd. anfr. mnl. engl, calf, nnl. schwed. half, ags. cealf n., anord. kalfr m., dän. kalv. Got. ist
Nößkalf im Niederfränk. und Ostpom. Motsche-, M u t s c h e k a l b im Thüring.-Obersächs. und Schles. M e i s e n k a l b im Hess. - Thüring. D i e s e n ( k a l b ) um Sonderhausen. — Kosenamen sind u. a. B ä t s c h e l , B a m b e r l e , B u d d e l e , Busch, H a m m e l e , Husele, Mockele. Kälberkern m. Name verschiedener Kerbelaxten, zunächst der K e r b e l r ü b e (Chaerophyllum bulbosum L.), deren knollig verdickte Wurzel einem Haselnußkern (ahd. kërno) in Aussehen und Geschmack ähnelt. Mhd. kêrbelkërne ist umgestellt zu kçlberkërne, der Name wegen äußerer Ähnlichkeit auf den Schierling (mnd. wödescMrne) übertragen, daher im 15. Jh. (Mones Anz. 8,102, 40) kelbernenjcicuta. Nachdem K ä l b e r k e r n zum Namen auch des W i e s e n k e r b e l s
nur kalbö bezeugt, dem w-Stamm ahd. chalba, kalba, mhd. kalbe f . 'junge Kuh, die noch nicht gekalbt hat' entsprechend. Die Mz.-Formen ahd. (Chaerophyllum silvestre L.) mit den kropfartichalbir, kçlbir, ags. cealfru, ealfur erweisen als gen Anschwellungen seiner Stengelknoten geAusgangsformen einen neutr. s-Stamm *kalb-iz, worden war, wandelte er sich zu K ä l b e r k r o p f , *kalb-az, zu dem ahd. kilbur(ra), m h d . kilbere f., so früh bei J. Gottsched 1703 Flora Prussica ags. cilfer-, eeolforlamb (aus*fceii-uz)'Mutterlamm' 175: Beitr. 60 (1936) 406ff.; Marzell, Wb. d. dt. in Ablaut steht. Die germ. Sippe hat Urver- Pfanzennamen 1, 909. wandte in gr. delphijs, dolphós 'Gebärmutter', kälbern Ztw. nnl. kalveren, urspr. 'sich nach délphax ' F e r k e l ' , adelphós 'eo-uterinus, Bruder', Art der Kälber, bes. der Märzkälber, tummeln', aind. garbha- 'Mutterleib, Leibesfrucht': sämt- so seit dem 16. Jh. bezeugt; als 'derb schäkern' lich aus idg. *gy>elbh-: *gyMh 'Gebärmutter,seit Stieler (1691) 917 gebucht. Vgl. ä f f e n und Tierjunges'. Die Wortkarte 'weibl. Kalb' bietet Zs. f. d. Wortf. 12, 281. Maria Ptatscheck bei Mitzka-Schmitt 1957 Kalbfell w. seit etwa 1600 mit pars pro toto Deutscher Wortatlas VII: K a l b undseine Demi- für 'Trommel', bes. für die des Werbers, der nutiva streuen im gesamtdeutschen Sprach- die Rekruten nachliefen und zu der sie schworen. raum. Das movierte F. K a l b e tritt verein- So steht F a h n e , F ä h n l e i n für die darunter zelt im Thüring.-Obersächs.-Schles. und Ost- versammelte Mannschaft. fränk. auf. Davon abgeleitet K a l b e l ( e ) im Kalbsmilch f . Von den unter B r o s c h e n entObd., K a l b e n , K a l b i n , k a l m , koimbes. im wickelten Namen der Brustdrüse des Kalbes gilt Bair. und im Südosten Schlesiens. Die Karte K a l b s m i l c h im größten Teil von Nord- und bietet an großen Flächen an weiteren Synony- Mitteldeutschland. Die ältesten Belege führen men: K u h k a l b als Singularkompositum im auf Kalbes-Milch Leipzig 1715 und Kälbermilch Nordnds., Ostnd. und Ostmd. Pluralkomposita Dresden 1730: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 248. im Ostfries, und Ostpom. um Bublitz-Stolp. Auch Milch, Milchen, Milken, Milchling, Singular- u. Pluralkomposita im Ob. und SO. des Milchfleisch, - s t ü c k kommen vor; alle beThüring.-Obersächs. und Südwesten des Schle- nennen die Drüse nach ihrer Zartheit. sischen. Kießl(a) (s-Stamm von idg. gV-mKaldannen Plur. 'eßbare Eingeweide der 'Weib') im Mittelbair. K i ( e ) ß , Ki(e)ß- Schlachttiere', nd. kaldünen, ka(l)lünen, über k a l b im Niederpreuß. und an der Weich- Nord- und Mitteldeutschland verbreitet; die Absel zwischen Thoro und Warschau. K ü h e s c h grenzung gegen gleichbed. K u t t e l n , K u t t e l K ä l b l e , Kiesch im Schwäb. S t a r k e ( n ) - , flecke, F l e c k ( e ) , R a m p e n nimmt KretschS t e r k e ( n ) ( k a l f ) im Westfäl., Ostfäl., Mecklen- mer 1918 Wortgeogr. 249 f. vor. Vulgärlat. burg. und Norden Brandenburgs, an der Ostsee- *cal(i)düna 'das noch dampfende Eingeweide küste von der Flensburger Föhrde bis zur Nen- frisch geschlachteter Tiere' (zu calidus 'warm') städter Bucht, im Ostpom. um Kolberg-Dram- liefert mlat. caldüna, das in ital. caldune, frz. burg und im östl. Ostpreuß. F ä r s e , F ä r s e n - chaudun, engl, ehawdron fortlebt, ebenso in kalf im Rip. um Aachen und Märk.-Nordober- akorn. (12. Jh.) colon, kymr. calón, bret. kaloun sächs. M u t t e r k a l b im Hess., Moselfränk., 'Herz'. Mhd. mnd. kaldüne tritt im 14. Jh. auf. Rheinpfälz., Niederalem. T o c h t e r k a l b links- Aus dem Deutschen entlehnt sind dän. schwed. rhein. von südl. von Mainz bis Straßburg. Zieh- kallun, poln. kaldun, tschech. kaldoun 'Eingek a l b im Ostfränk.-Nordbair. und nördl. von weide', kroat. kalduni 'Lunge'.
Kalender
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Kalender m. Zu lat. calare 'ausrufen' gehört (wegen der am ersten Monatstag fünf- bis siebenmal wiederholten Rufe des Pontifex minor) calendae Plur. f. 'Monatserster', dazu calendar rium n. 'Schuldbuch' (der erste war Zahltag). An Stelle des N. rückt spätlat. calendärius m. 'Zeitweiser durchs Jahr'. Dies wird im 16. J h . entlehnt und (wie A l m a n a c h ) im 16. J h . als Buchtitel üblich. Svennung, Forhandlinger paa dei 8. nord, filologmede i Kóbenhavn 1936. Kalesche /., aus dem Tschech. (oder Poln.); Coler 1604 Hausbuch 3 , 1 0 9 „ein klein Wegelein mit vier kleinen Raden, da man nur ein Pferd vorspannet, in Polen nennet mans eine K o l e s s e " . Schon 1576 begegnet kolleschenknecht 'Hofkutscher* in einer pomm. Hofordnung (Kern 1,126). Wie mehrfach (s. b o x e n , F r a c k , T o r t e ) tritt deutsches a an Stelle des fremden o in calesse: diese Form entlehnt Comenius 1644 Sprachentür S. 134 aus tschech. kolesa. K a i es s e gilt in den Mundarten des Südostens von Siebenbürgen bis Oberösterreich und Schlesien, es ist auch Goethes Form. Deutsches í für tschech. s (wie G r o s c h e n ) bietet unser K a l e s c h e , als Calleche schon 1636 bezeugt, als calèche ins Frz. gelangt, als kaletsch in Elsaß-Lothringen mundartlich. Gegen die gleichbed. C h a i s e , K u t s c h e , V e r d e c k w a g e n grenzt Rretschmer Wortgeogr. 312f. K a l e s c h e ab. Wiek 81; Steinhauser 63; Bielfeldt 27. Kalfakter m. Lat. calefactor, wörtl. 'Warmmacher', ist (zuerst in Nördlingen 1499) der mit dem Einheizen betraute Schüler. In Schülermund wird daraus K a l f a k t o r , - e r ; die Bed. verschlechtert sich über 'Streber, der sich zu niederen Diensten drängt' zu 'Wohldiener, Schmeichler, Zwischenträger'. Anlehnung an K o h l e ergibt K o l f a k t o r . — Dazu k a l f a k t e r n Ztw. 'Dienste verrichten; Schwätzereien hinterbringen'. kalfatern Ztw. 'die Planken eines Schiffs mit Werg und Teer dichten'. Arab, fcafr 'Asphalt' liefert (mit Metathesis und Ersatz von r durch I) mgr. kalaphatän 'kalfatern'. Daraus wird gleichbed. arab. kalafa rückentlehnt, von Byzanz lernen aber auch die mittelmeer. Romanen Wort und Sache kennen: ital. calafatare, frz. calafater, cal(e)fater, span, calafatear; von ihnen die Germanen: nnl. (seit 1598) kal(e)faten, kal(e)fateren und (seit 1618) unser k a l f a t e ( r ) n : Kluge 1911 Seemannspr. 414. Vgl. K l a b a u t e r m a n n . Kali n. Arab, qili 'Pottasche' hat mit arab. Artikel A l k a l i e n , a l k a l i s c h usw. geliefert. Aus dem schon von Paracelsus 1626 genannten aleali η. (Weimann) ist erst im 19. J h . unser K a l i rückgebildet. Kaliber n. Gr. kàlopódion 'Schusterleisten' (wörtl. 'Holzfüßchen') wird über das Aram, ins
Kalmus
Arab, entlehnt und ergibt hier qalïb 'Form, Modell'. Das arab. Wort dringt unverändert in die mittelmeer. Sprachen und wird weitergebildet zu mlat. calibrum 'Halseisen der Gefangenen, Kumt der Zugtiere'. Dies wird in der älteren Ballistik zur Bezeichnung der Lehre, durch die der Durchmesser und damit das Gewicht von Kanonenkugeln bestimmt wird. Für das Meßgerät besteht im 15. J h . ital. calibro; es wird im 14. J h . ins Frz. als calibre entlehnt, dabei die Bed. vergröbert zu 'Durchmesser der Geschützmündung bzw. des Geschosses'. Aus dem Frz. ins Deutsche übernommen, erscheint C a l i b e r zunächst als M. bei Wallhausen 1616 Kriegsman. 90: Kluyver 1909 Zs. f. d. Wortf. 11, 219; Littmann 1924 Morgenl. Wörter 100. Kaliko m. Die ostindische Stadt Kalikut (s. T r u t h a h n ) ist wichtig als Heimat kattunener Gewebe. Von ihr geht um 1600 frz. calicot 'leinenartiger Baumwollstoff' aus, das über nnl. calico 1648 zu uns gelangt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 319. Kalk m. Sache und Wort sind den Germanen fremd. Sie bauen mit Lehmmörtel und lernen die Verwendung des Kalks beim Steinbau (mit M a u e r , Ziegel usw.) erst von den Römern kennen. Das früh übernommene lat. calx, Akk. calcem ergibt ahd. kalk, kalch, chalch, mhd. kalc, Gen. kalkes, asächs. calc, ags. cealc (engl, chalk hat die Bed. 'Kreide' angenommen, wie mhd. kalc auch 'Tünche' bedeutet). Das zweite c von lat. calcem hatte vor Palatal noch k-Klang, vgl. die alten Lehnwörter K a i s e r und K e l l e r oder got. lukarn aus lat. lucerna, während schon K r e u z aus lat. erüoem mit 2-Aussprache entlehnt wurde. Die Nebenform K a l c h in obd. und md. Mundarten beruht auf ahd. chalh für chalah (hh). — Vom altheimischen Flechtwerkbau ist ags. anord. Um 'Bindemittel' auf die neue Bauweise übertragen, daher engl, lime, norw. Um 'Kalk': Falk 1916 Reallex. d. germ. Alt.-Kde. 3, 5 f. Kalmen Mz. 'Wind-, Meeresstille'. Gr. kaüma n. 'Hitze' gerät unter den Einfluß von lat. calére 'warm sein' und wird Ausgangspunkt für die roman. Bez. der Ruhe, die bei großer Wärme einzutreten pflegt: ital. span, portug. calma f., frz. calme m. Palästinafahrer bringen seit 1521 Calmen zu uns, seit 1694 gesellt sich Calmte (nach nnl. kalmte) dazu. Engl, gilt calm. K a l m e n ( g ü r t e l ) Bind die Striche des Weltmeers, in denen Windstille vorherrscht: Kluge 1911 Seemannsspr. 416 f. Kalmus m. Die schilfähnliche Pflanze Acorus calamus L. wird wegen ihres als Heilmittel geschätzten Wurzelstocks seit Mitte des 16. J h . bei uns angebaut, war aber als ausländische Droge schon vorher bekannt. Zeugnisse für den
kalt
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Kaminfeger
Namen frühnhd. kalmuß begegnen seit I486. Von da ist unser Kamel Neutrum. — Vgl. auch Er stammt aus lat. calamus 'Rohr'. S. Halm. D r o m e d a r . kalt Adj. ahd. mhd. kalt, asächs. afries. kald, Kamelie F. von Linné benannt nach dem ags. ceald, anord. kaldr, got. holds. Die gemein- Brünner Jesuiten Jos. Kámel (Camelli), der germ. Bed. 'kalt* geht zunächst zurück auf Thea japónica 1738 aus Japan nach London 'gefroren': germ. *kalda- ist Part, auf germ, -d, gebracht hatte: Lokotsch 1927 Etym. Wb. 653. idg. -t (lat. -tus, aind. -ta), darin den Ádj. a l t , Kamerad m. Zu K a m m e r (s. d.) stellen sich gewiß, - h a f t , k u n d , l a u t , t o t , t r a u t , ital. camerata 'Stubengenossenschaft, Gesellw u n d , z a r t vergleichbar. Die Stammsilbe schaft; Genösse', frz. camarade, engl, comrade, germ, kal-, mit Dehnstufe in k ü h l und (mit nnl. kameraad. In deutschem Text steht K a m e anderer Ablautstufe) in anord. kuldi 'Kälte' r a t h zuerst im Titel der Neuwen Zeitung von (vgl. westfäl. Mide). Anord. kaldr steht neben dem erschröckl. Erdfeind, Tübingen 1564 (Weikala st. Ztw. 'frieren', entspr. ags. ceald neben ler, Zeitungen Nr. 270, S. 178). Häufig wird es calan·, dazu Schweiz, chala 'erkalten, gerinnen'. erst in der Soldatensprache des 30jähr. Kriegs: Die Wz. steckt auch in gr. gelandrós 'kalt', lat. Zincgref 1639 Apophthegm. 2, 81 „Rott- oder gelu 'Frost', gelare 'gefrieren', gelidus 'kalt'. — Spießgesellen, die jetzt auff new-teutsch CamaDer Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie raden heißen". Der Purist Schill 1644 Ehrenkr. von (das) 'kalte' (Wasser). Wortatlas XX 'sich 311 läßt K. schon als „füglich teutsch" gelten: erkälten'. H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 320. Zum ÜberKaltschale /. ein wesentlich norddeutsches gang von kollektivem Sinn auf Einzelwesen Sommergericht, nnl. (1698) kolde-schael, schwed. vgl. B u r s c h e , F a h r z e u g , F r a u e n z i m m e r , (1773) kallskdl, aus k a l t e Schale (so z. B. Paul I m m e , K a n a i l l e , R a t , S t u t e . Das Germ, hat Fleming, f 1640) zus.-gerückt, früh in Wein- im gleichen Sinn Gesell, Gesinde, ahd. gidofto k a l t s c h a l e Morhof 1682 Unterr. 2, 396: DWb. und manche dem Reckenleben entstammende 5,90; 14,1,943; Zs. f. d. Wortf. 2,28; H. Fincke, Ausdrücke, die den fremden K a m e r a d und K u m p a n haben weichen müssen. in: Zs. Süßwaren 6 (1962). Kalvinismus s. C h a u v i n i s m u s . Kamille /. Gr. chamaimêlon eig. 'am Boden Kamarilla /. Span, camarilla 'königl. Ka- wachsender Apfel' (zu charmi Adv. 'an der Erde' binettsrat', Verkl. zu K a m m e r (s. d.), kommt und melon ». 'Apfel') ist nach Plinius vom apfelzu Beginn des 19. Jh. zuerst in Baden zur Bed. ähnlichen Duft der Blüte benannt. Mlat. camo'einflußreiche Hofclique', wird von J. Görres milla wird zu camilla verkürzt unter Einfluß 1821 Europa u. d. Revolution 186 bei Schilde- des röm. Frauennamens Camilla. Mhd. kamille rung span. Zustände verwendet. Bei uns seit ist (wie A r z t , B ü c h s e , Pflaster') mit der 1848 allgemein bekannt: Zs. f. d. Wortf. 2, 62. mittelalterl. Medizin eingedrungen. Von uns 6, 107. 8, 10. 13, 102. 15, 188; Ladendorf 1906 gelangt das Wort nach Osten, ζ. B. ins Lettische. Schlagwb. 158; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,320. Wortatlas XVII. Kamiii m. Feuerstelle an einer Wand, meist Kamee /. 'Gemme mit erhabnem Bild'. Pere. chumähän 'Achat' gelangt durch arab. Vermitt- in einer Ecke, mit Rauchmantel und Schornlung in die mittelmeer. Sprachen und ergibt stein darüber, zuerst im Plan für St. Gallen 820. mlat. camahutus, span, camafeo usw. Afrz. Aus gr. káminos /.'Ofen' (verwandt mit kamára camahieu wird im 13. Jh. entlehnt zu mhd. f . 'Gewölbe', s. K a m m e r , und lat. camurus kamahü, gamahiu, gamaheü, gammi, dessen ausi, 'gekrümmt, gewölbt') über lat. camlnus sind η angesetzt ist (wie das von papegän aus afrz. ahd. kftnin, cheml, mhd. kçmi entlehnt. Alem. papegai) : Suolahti 1929 Frz. Einfluß 116. 174. chémi els. schwäb. kémet, bair. kémich haben sich Frühnhd. Formen wie gameho sind bestimmt ungestört entwickelt, während nhd. K a m i n durch ital. carneo·, daher Carneo noch bei Les- unter Einfluß von ital. camino neu entlehnt ist; sing und kmeo 'Amulett' im Judendeutsch des Paracelsus verwendet neben den alten Formen 18. Jh. Dessen frz. Entsprechung camée hat kemig{Werke I 2,185), kemmet (I 7,101) c. 1530 kämm m. (I 2, 339). In West- und Süddeutschunsre heutige Form ergeben. Kamel n. Altsemit, gamal liefert über alt- land, der Schweiz und Tirol (Kretschmer arab. gamal 'Höckertier' gr. kdmêlos und lat. 1918 Wortgeogr. 439 f.) ist K. zu 'Schorncamelus, das auf gelehrtem Weg mhd. kamèl stein* geworden; auf diese Bed. geht die jüngere ergibt und das ältere oïbende (ahd. olbenta, 'Felsenspalte' zurück, die K. in der Fachsprache asächs. olbundeo, ags. olfend(a), got. ulbandus — der Alpinisten hat. Zur idg. Verwandtschaft s. E l e f a n t —,aus dem Germ, entlehnt aslaw. vgl. H a m m e r . velïbçdû) verdrängt. Die Kreuzfahrer entlehnen Kaminfeger, -kehrer m. Ein junges Gewerbe, aus dem arab. gemei ihrer Zeit mhd. kemel(tier), das darum keine Familiennamen geliefert hat das als K ä m e l t h i e r obd. bis ins 16. Jh. lebt. und sehr unterschiedlich benannt ist: E s s e n - ,
Kamisol
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Rauclifangkehrer, Schlot-, Schornsteinf e g e r (Wortgeographie s.d.). K a m i n f e g e r u n d - k e h r e r gelten etwas über das Gebiet hinaus, in dem K a m i n die Bed, 'Schornstein' erlangt hat. Zufrühst kemmetfeyer Geiler v. Kaisersberg 1510 Has im Pfeffer Aa 7 c. Kamisol w. 'kurze Jacke'. Zu mlat. camisia 'Hemd' (s. d.) gehört die ital. Verklein, camiciuola, die frz. camisole 'Unterjacke* ergibt. Bei uns erscheint C a m i s o l zuerst im Sprachverderber 1643: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 320. Kamm m. mhd. kam (mm), kamp (b), ahd. kaml·, champ, asächs. ags. camb, engl, comb, anord. kam.br. Aus dem Germ, (unsere Vorfahren legten Wert auf gepflegtes Haar) ist finn. kampa früh entlehnt. Grundbed. 'gezahntes Gerät': germ. *kamba· beruht auf vorgerm. *gombho-, dies in aind. jdmbhah 'Fangzahn' (Plur. 'Gebiß'), jámbhyah 'Schneidezahn', gr. gómphos 'Pflock', gamph(êl)ai 'Kinnbacken, Schnabel', aslaw. zgbü, lett. zùobs 'Zahn', lit. iatñbas 'Balkenkante'. kämmen Ztw. ist Denominativ: ahd. kfrnben, chçmpen, asächs. kçmbian, ags. cemban, anord. kemba führen auf germ. *icambjan. Übrigens gilt obd. s t r ä h l e n , wie S t r ä h l m. im Obd. das Gerät zum Kämmen ist. Wortatlas XXI. Kammer /. Nächstverwandt mit lat. camur(us) 'gewölbt' ist gr. kamdra 'Gewölbe', das ins Lat. entlehnt camera 'Raum mit gewölbter Decke' ergibt. Mit dem Steinbau (s. das verwandte K a m i n ) kommt das Römerwort zu den Germanen, deren Wohnhaus die Teilung in Gemächer nicht gekannt zu haben scheint (doch vgl. Koben). So entstehen (entspr. der Sippe von frz. chambre, engl, chamber, air. camra, aslaw. komora) ahd. chamara, asächs. kamara 'Gemach', mhd. kamer(e) 'Schlafgemach, Schatz-, Vorratskammer, Kasse, fürstl. Wohnung, Gerichtsstube'. Auf die mhd. Bedeutungen weisen K ä m m e r e r , K ä m m e r e i , K a m m e r h e r r usw. M. Heyne 1899 Wohnungswesen 90f. 220. 293. 366. Dem frz. chambre entspricht K a m m e r 'Versammlung der gewählten Vertreter eines Landes'. Kammerjäger m. Für älteres R a t t e n f ä n g e r tritt zuerst bei Lauremberg 1649 Scherzged. 1045 (Druck von 1652 III 449) kamerjeger auf, von Lauremberg als neumodische Großsprecherei gerügt. Auch weiter bleibt das in ernsten Gebrauch übergeführte Scherzwort vorwiegend norddeutsch; von da dringt es in die nord. Sprachen. Kammerkätzchen n. für 'Kammerjungfer', zuerst 1630 Engl. Komödianten 2. Teil A 4a K a m m e r k e t z i g e n ; Rachel 1664 Sat. Gcd. 6, 200 K a m m e r k a t z e . Urspr. zweideutig, sofern nid. schon 1598 bei Kilian kamerkalte für 'concu-
kampieren
bina quam amator sibi soli servai cellae inclusam' steht. Kammertuch n. 'feine Leinwand', urspr. aus Cambrai (ni. Kamerijk)·, zuerst 1585 Rostocker Kleiderordn. 19. Nach nnl. kamerdoek, dies Klammerform aus älterem Kamerijksdoek. Dan. kammerdug, schwed. kammarduk stammen aus dem Nd. ; gleichbed. dän. schwed. kambrik sind durch engl, cambric vermittelt. Vgl. B a t i s t . Kamp m. nd. nl. kamp: altes Lehnwort aus lat. campus in dessen nachklass. Bed. 'eingehegtes Stück Feld'. Kämpe m. Dem ahd. kfmpfo (s. K ä m p f e ) entspricht asächs. kfmpio, ags. cempa (daraus entlehnt anord. kempa) 'Kämpfer'. Das im Nd. fortlebende Wort wird durch Schriftsteller wie Voß und Campe verbreitet. Kennzeichnend Alb. Maier 1909 Glossar zu den Märlein des Mylius (1777) 268 „ K ä m p e in der alten Sprache ein tapferer Kriegsmann; wurde verächtlich . . . Jezt können wir dieß Wort wiederum hervorsuchen, damit wir uns nicht des frz., daraus entstandenen C h a m p i o n bedienen dürfen". Durch die Ritterdichtungen und Rückert im Nhd. eingebürgert. Im Grund dasselbe Wort ist nd. kempe 'Zuchteber' (s. Keiler). Mit umgek. Bed.-Wandel ist ags. eofor 'Eber' auf Menschen übertragen und zu 'Fürst' geworden. Kampf m. ahd. champf, mhd. kämpf m. n. 'Zweikampf, Kampfspiel', ags. comp (in den Zus.-Setzungen comp-réëden, -döm), anord. kapp n. 'Wettstreit'. Ins Finn, entlehnt: kamppaus 'Kampf, Ringen', kampailla 'kämpfen, ringen'. Kein germ. Erbwort, weil nie in Namen (wie die gleichbed. hadu-, hilti-, wig- so oft), sondern vor der hd. Lautversch. entlehnt aus lat. campus 'Schlachtfeld'. S. F e l d . Kämpfe m., j ü n g e r K ä m p f e r , nd. K ä m p e (s. o.) ist ahd. chçmpf(j)o, kfmpfo, mhd. kfmpfe 'Wett-, Zweikämpfer', ags. cempa, anord. kappi 'Krieger, Held'. Das Nomen agentis drang als Kunstwort des gerichtl. Zweikampfs (den das salische Recht nicht kannte) ins Roman, und ergab C h a m p i o n , s. d. — S. auch K ä p f e r , K ä m p f e r 'Balkenkopf'. Kämpler s. K ä p f e r . Kampfer m. Der aus Formosa stammende Baum Cirmamomum camphora heißt aind. karpürah. Nebeneinander gelten austroasiatische Präfixa *kar-, *kam-, *ka-: arab. käfür, ital. cáfura, ngriech. kafurá, span, alcanfor, afrz. camphre, daraus um 1250 mhd. kampfer, engl. camphor: Mayrhofer 1954 Kurzgef. etym. Wb. d. Aind. 175. kampieren Ztw. Frz. camper "im Feld lagern' (zu lat. campus 'Feld', s. K a m p f ) wird in die Soldatensprache des 30jähr. Kriegs entlehnt und vom Teutschen Michel 1638 als modisches
Kanaille
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Fremdwort verspottet, doch schon von Schill 1644 Ehrenkr. 311 als eingebürgert anerkannt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 321. Kanaille f. Zu lat. cards, ital. cane 'Hund* gehört ital. canaglia 'Hundepack', das uns über gleichbed. frz. canaille zu Beginn des 17. J h . erreicht. J . J . v. Wallhausen 1616 Kriegsman. 204 umschreibt C a n a i l l e mit 'loß Gesindlein'. Unserm G e s i n d e l entspricht das Fremdwort anfangs auch in Berlin: Sonntagische Fama 1687, 18. Woche „Da es dann an einer großen Menge Canalie nicht fehlete". Seit Abr. a S. Clara 1689 Judas 2, 113 überwiegt die Bedeutung 'gemeiner Kerl*. Übergang vom Sammelbegriff zur Bezeichnung des Einzelwesens wie bei K a m e r a d und den dort genannten Beispielen. Kanal m. Lat. canälis 'Bohre, Rinne, Wasserlauf' (das mit K a n e e l , K a n i s t e r , K a n o n , K a n o n e , K a n ü l e , K n a s t e r usw. auf ein babyl. Wort der Bed. 'Rohr' zurückgeht) ergibt ahd. kdnäli, das in mhd. kanel, känel, alem. chännel fortlebt, ebenso im Ortsnamen K e h l (urkundl. Kenle) 'Altwasser, Nebenarm (des Rheins)'. Daneben steht ahd. *kdnäri, mhd. kdner, in Schweiz, chäner 'Dachrinne' lebendig geblieben. Im 15. J h . wird ital. canale als 'Schifffahrtskanal' (1473), als 'Leitungsröhre' und als 'gegrabener Wasserlauf' (1484) entlehnt: Marjatta Wis 1966 Ricerche sopra italianismi, Helsinki 146. Seemännisch ist Κ. seit dem 16. J h . (dem engl. Channel entspr. der Wasserweg zwischen England und Frankreich: Kluge 1911 Seemannsspr. 419). Zu der Form kandel, die in ohd. nnd nd. Mundarten für 'Kanal' und 'Dachrinne' gilt, s. K a n d e l . Zur Sache vgl. Dole. Kanapee n. 'Ruhebett'. Zu gr. konöps 'Stechmücke', das dunklen Ursprungs ist, gehört kônöpeäon 'Lager mit Mückennetz', das (über lat. cônôpëum, mlat. canopeum u. ital. canapè) frz. canapé 'gepolsterter Ruhesitz' ergibt. Bei uns fehlt das Fremdwort noch 1739 im Frauenz.Lex.; Küenen 1744 Verordn. d. Freimaurer 14 kennt es. Das dem Frz. entlehnte engl, canopy hat sich zu 'Thron-, Betthimmel' entwickelt; schwed. ¡canapé (1746) ist dem Nhd. entlehnt. Kanarienvogel m. Fringüla canaria wird seit Beginn des 16. J h . nach England gebracht. Der in Köln lebende Engländer Turner beschreibt sie 1544 Avium hist. F 4 b „quas Anglia aues canarias vocal". Gesner 1556 Hist. anim. 3, 234 bietet für canaria avicula Z u c k e r v ö g e l e : so nennen sie die Händler, weil sich die Vögel in ihrer Heimat von Zuckerrohr nähren. Canarien Vogel nicht vor Schwenkfeld 1603 Ther. Sil. 298, gebucht seit Henisch 1616. Deutsche Spielformen wie thür. kanalenvogel, nhess. kalumr-
Kaneel
(faul), eis. kardinali, kanälfogl bei Suolahti 1909 Vögeln. 133. Kan aster s. K n a s t e r . Kandare f. Zu der einfachen Zäumung, der T r e n s e (s. d.), haben die Ungarn eine zweite, über der Zunge des Pferds liegende Gebißstange gefügt, die ein schärferes Zügeln erlaubt. Magy. kantdr 'Zaum' wird im 16. J h . von den westlichen Reitern als K a n t a r e übernommen (s. T r e n s e ) ; um 1740 zeigen sie die Reiterbilder von Ridinger. Literar. als K a n d a r e seit J . T. Hermes 1778 Sophiens Reise 6, 160, der dabei erkennen läßt, daß die Sache noch nicht allbekannt ist. Gebucht zuerst von J . W. Heuberger 1806 Nothwend. Handwb. z. Erkl. aller in dt. Büchern . . . vork. fremden Wörter: W. Stammler 1943 Trübners Dt. Wb. 4, 89. Kandel /. m. weist jungen Gleitlaut d zwischen ra und { auf und geht zurück einerseits auf ahd. kannala, mhd. kannel f. : so bedeutet es vor allem Schwab, bair. ostfränk. 'Kanne' (s. d.); anderseits auf das unter K a n a l entwickelte ahd. chdnäli m.: demgemäß mhd. nd. kandel 'Kanal', alem. 'Dachrinne'. Kandelaber ra. 'hoher Armleuchter'. Zu lat. candela 'Kerze' gehört candelabrum η., das über frz. candélabre m. und mit dessen Geschlecht gegen Ende des 18. J h . zu uns gelangt, von Goethe begünstigt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 322. Kandidat m. Wer sich im alten Rom um ein Amt bewarb, erschien in der toga candida und hieß candidätus. Bei uns gilt seit 1680 C a n d i d a t 'Bewerber um einen akad. Grad'; von da bleibt der Titel nam. jungen Theologen, die schon vor der Schlußprüfung ein Amt suchten. Im 18. J h . beginnt eine Ausdehnung des Gebrauchs, die auch Zus.-Setzungen wie W a h l - , T o d e s - , H e i r a t s k a n d i d a t begünstigt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 322 f. Kandiszucker) m. Arab, qand 'Rohrzucker', Adj. qandï wird uns durch Vermittlung des ital. zucchero candito bekannt, daher im 16. J h . Zukk e r k a n d i ( t ) , so 1614 A. Tuchers Haushaltbuch 38 Lexer: Zuckercandit, und (mit volkstüml. Umgestaltung des Auslauts) Z u c k e r k a n del, zu diesem s. K o n d i t o r . Die Umstellung K a n d i s z u c k e r kaum vor Pock 1726 Kaufmannschaft 1, 75. Früchte usw. k a n d i e r e n (dem ital. candire, frz. candir vor Ende des 17. J h . nachgebildet) bed. 'mit Zucker überziehen' : Sonntagischer Postilion 1680, Nr. 38 „etliche Schalen mit candisirten Galanteryen . . . alle Schüsseln und Schalen mit Confect, Bancquet und candirten Schalen". Kaneel m. 'Stangenzimt'. Zur Sippe von K a nal (s. d.) gehört als Verkl. von lat. canna 'Rohr' mlat. canella. So heißt der Zimt vom
Kanevas
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Kanne
Niederrhein bis Ostpreußen, weil er in Röhren- Magdeburg B u r h a s e , schwäb. Schweiz. Küllform auf den Markt kommt. Über frz. can(n)elle hase. Zs. f. d. Wortf. 5, 20. 11,191. 271. Wortentsteht spätmhd. mnd. kanel. Dan. schwed. atlas XIX. kanel stammen aus dem Nd. Kanister m. Gr. kánistron 'aus Rohr geflochKanevas m. 'gitterartiges Gewebe*. Zu mlat. tner Korb' erreicht uns als byzant. Lehnwort cariava, f . 'Hanf' (s. d.) stellt sich canavacium und ergibt schles. keister 'Schulranzen', das sich n. 'grobe Leinwand'. Über ital. canevaccio er- mit T o r n i s t e r (s. d.) mengt und seinerseits halten wir 1558 C a n n e f a t z , über frz. canevas wohl die Quelle für kleinruss. kajstra abgibt. Das 1598 Canif aß, das in hansischen Kaufmanns- gr. Wort gelangt aber auch als canistrum ins Lat. briefen vereinzelt auch schon um 1400 als kan- und erreicht über ital canestro den dt. Süd(i)fas vorkommt. Bei Amaranthes 1715 Frauenz.- westen: frühnhd. kensterlein wird über 'SpeiseLex. 295 hat die unveränderte frz. Form gesiegt: korb an der Wand' zu 'Wandschränkchen' und lebt als kenSterle in Schwaben, Oberbaden, dem H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 323. Känguruh n. Macropus giganteus wurde 1770 Elsaß und der Schweiz bis heute. S. K a n a l und von Cook an der Küste von Neusüdwales entdeckt K n a s t e r . und behielt in den europ. Sprachen den Namen, Ranker 1 m. 'Spinne', heute md. und westfäl., den die Neuholländer allen Vierfüßern beilegen. mhd. kanker aus Hessen. Das gleichbed. ags. Austral. Wörter sind bei uns selten: B u m e r a n g , gângelwœfre scheint 'die im Gehen Webende' Emu, Tabu, tätowieren, Wombat. zu sein, beruht aber auf Umdeutung, wie anord. Kaninchen n. Lepus cuniculus tritt von Spa- kgngurväfa 'Spinne' lehrt: mit anord. kçngr (aus nien her in den Gesichtskreis der Römer; von *kangiz) 'Bucht, Biegung', kgngull 'Beerenbübask, unchi mag lat. cuniculus bestimmt sein: schel', schwed. mundartl. hang 'hinabhängender J. Hubschmied 1943 Roman. Helv. 20, 265ff.; schlanker Zweig', king 'lebhaft' von Pferden A. Schulten 1944 Iber. Landeskde., Kap. 13. (urspr. 'sich heftig drehend') zu germ. *kangIn alle Länder nördlich der Alpen ist das Tier 'drehen'. Damit in Ablaut anord. kingja 'den in geschichtl. Zeit eingeführt; demgemäß fehlt Hals drehen', schwed. mundartl. kynge 'Bündel'; ein germ. Name. Ahd. lör entspricht dem durch beide Ablautstufen auch in finn. Lehnwörtern: Plinius bezeugten iber. laurex. Cuniculus ergibt kangas 'Gewebe'; kinkko, kinkon 'Bündel'. Mit mhd. kün(ik)lin, mnd. konineken, frühnhd. kü- der germ. Wortsippe vereint sich eine slaw. auf niglin (Waldis), künlein (H. Sachs), das in bair.- *gengh- 'drehen, winden, flechten, weben': österr. K ö n i g h a s e (s. d.) fortlebt. Daneben ist kslaw. gqivica, serb. guiva 'Flechtwerk', slow. K a n i n c h e n mit vortonig verändertem Vokal gôi 'Riemen', russ. gui 'Kummetriemen, Tau, im Fremdwort (vgl. G a r d i n e , H a l u n k e , K a t - Seil', tschech. houSev, poln. gq£wy Mz. 'lederne t u n , L a k r i z e , l a v i e r e n , R a k e t e , s t a f f i e - Kappe am Dreschflegel'. ren} die obersächs. Form, bezeugt seit Trochus Kanker 2 m. 'Krebs an Bäumen und Menschen', 1517 Prompt. H 2 b, ins Nhd. gelangt mit der ahd. chanchar, concur, ags. cancer, engl, canker. Lutherbibel, die 3. Mos. 11, 5 und noch dreimal Mit dem Fremdwort lat. cancer hat sich offenbar C a n i n i c h e n verwendet. Luthers obd. Zeit- ein echt germ. Wort gemischt, vorgerm. *gongrogenossen muß seine Form mit Cünykel verdeut- in gr. göngros 'Auswuchs an Bäumen', gángraina licht werden (Kluge 1918. Von Luther bis Les- 'bösartige Geschwulst'. Vgl. Kuhns Zs. 26, 86. sing 113). Noch Dasypod (Strßb. 1537) bucht Kanne f., heute und seit langem über die nur kü(ne)lle, Maaler (Zürich 1561) kün(g)ele. germ. Welt verbreitet: ahd. channa, mhd. mnd. Md. nordd. K a r n i k e l bewahrt die Endung von mnl. kanne, nnl. kan, asächs. anord. schwed. cuniculus; der Einschub des r beruht auf über- kanna, ags. canne, engl. can. Gleichwohl entlehnt: korrekter Aussprache von nd. kanikel, in das lat. canna 'Schill, Ried, Rohr' (s. Kanal) hatte man r einfügte, weil in bat 'hart', swatt 'schwarz', sich über 'Röhre' zu 'Tongefäß mit Ausgußröhre' pati 'Partie' r zwischen a und Dental geschwun- entwickelt, indem der kennzeichnende Teil für den war: F. Holthausen, Beibl. z. Anglia 44, 3. das Ganze eintrat. Über Gallien gelangte das Nd. gilt kanine, kanin(e)ken; von da sind preuß.- Wort mit der röm. Töpferei früh zu uns: Th. lit. kanynké, finn, kaniini entlehnt. Das Nd. Frings 1932 Germ. Roman. 129 f. Akorn. kanna stimmt nahe zu mnl. conijn, das mit engl. con(e)y ist spätestens im 4. nachchristl. Jh. der röm. auf afrz. connin (aus cuniculus) beruht. Dazu Töpferei auf brit. Boden entlehnt: M. Förster auch nrhein. kenin, bei Spee 1649 Trutznacht. 1941 Themse 172. K a n t e /., das frühnhd. und 215 K n e i n l e i n ; daraus umgebildet westerwäld. mundartl. für 'Kanne* steht, ist ein andres kreinchen, kreinhase, oberhess. greinhase. Westen Wort: ahd. canneta, chanta aus lat. (ölla) und Südwesten bevorzugen S t a l l h a s e , im Ge- cannata 'Topf mit Ausgußrohr': J. Schnetz gensatz zum F e l d h a s e n und Hase schlecht- 1944 Zs. f. Namenf. 19,150ff. S. auch K a n d e l . weg. Im Erzgebirge gilt auch K u h h a s e , bei S. G i e ß k a n n e .
Kannegießer
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Kannegießer m. Des Dänen Holberg Lustspiel Den politiske Kandesteber, 1722 zuerst auf geführt, übersetzt Detharding 1742 unter dem Titel „Der politische Kanngießer". Seit Rabener 1760 Schriften 6, 266 „einige politische Kannengießer" ist das Wort beflügelt. Das Ztw. k a n n e g i e ß e r n prägt Bretzner 1790 Leben eines Lüderlichen 20. Von religiös-polit. Gesprächen bei Gottfr. Keller 1879 Grün. Heini. 4, 12 (Ges. Werke 3, 196). Schwed. entspricht kannsiöpare. Als Scheltwort weist Kurrelmeyer 1924 Mod. lang, notes 39,363 kannengisser schon aus Görlitz 1499 nach. Kannibale m. Das Tagebuch des Kolumbus von seiner ersten Fahrt nennt kuban. Caniba 'menschenfressendes Volk (von Portoriko)'. Gleichfalls schon 1492 bildet er span. Caníbales: R. Loewe 1933 Zs. f. vgl. Sprachf. 61, 38 ff. Uns erreicht Canibali seit M. Fracan 1508 Neue unbek. Lande G 2 b . Engl, cannibals und frz. cannibales erscheinen 1663, nnl. kannibaal 1566: Palmer (1939) 63. Lautwandel von η zu r gestattet, unser Wort mit dem Indianernamen K a r ( a ) i b e n zu verknüpfen, Wandel von r zu t schlägt die Brücke von diesem zum ungefügen Gesellen Caliban in Shakespeares 'Sturm': M. Förster, Münch. Sitz.-Ber. 1941, 1, 848. Kanon m. 'Maßstab, Richtschnur, (Kirchen-) Gesetz, Litanei, Kettengesang', entlehnt aus lat. canon 'Regel', das aus gr. kanon stammt Grundbed. 'gerader Stab'. Kanone /. Zu lat. canna 'Rohr' (s. K a n a l , K a n e e l , vgl. den Ortsnamen Cannae) gehört die Vergrößerungsform (vgl. B a l k o n , B a l l o n ) ital. cannone (woraus frz. canon), die im 16. Jh. aus der Bed. 'großes Rohr' in die von 'schweres Geuchütz' übergeht. In solchem Sinn von Rivius 1568 Büchsenmeisterei 33 a bei uns eingeführt, verdrängt K. im 17. Jh. sowohl die älteren deutschen Geschütznamen wie K a r t a u n e (s. d.): H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 323f.; Zs. f. d. Wortf. 3, 376. 4, 312. 8, 213. 12, 281. 14, 26. Gelegentlich einer Übertragung aus dem Ital. schon 1557: Marjetta Wis 1956 Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedesca, Helsinki 149. — K a n o n e n f u t t e r η. ist freie Nachbildung von Shakespeares food for powder König Heinrich IV. Teil 1, Akt. 4, Sz. 2). Die gelungene Prägung kaum vor Gurowsky 1846 Tour durch Belgien 176. — U n t e r a l l e r K a n o n e gehört nicht zu K a n o n e , sondern zu gr.-lat. canön m. 'Richtschnur'. Es übersetzt lat. sub omni canone, wobei K. der Maßstab des Lehrers zur Bewertung von Schülerarbeiten ist. Kante f . Auf lat. cantus 'eiserner Radreifen', das Quintilian, Inst. 1, 6, 8 als Barbarismus afrikanischer oder span. Herkunft bezeichnet, das aber gall, ist, beruht afrz. cant 'Ecke', das
Kanthaken
über mnl. cant das gleichbed. mnd. kant{e) m. f . ergibt. Von da dringt das Wort mit der Bed. 'scharf abgesetzter Rand' im 17. Jh. ins Nhd., darin A p f e l s i n e , A p r i k o s e , B a i , F r a n s e , G a r d i n e , M a t r o s e , R a b a t t e vergleichbar. Auch die besondere Bed. von K a n t e 'Rand aus geklöppelten Spitzen' (bei uns zuerst in Minden 1668, mit der westfäl. Leinenindustrie verbreitet wie L i n n e n ) entstammt den Niederlanden (nnl. kant) mit ihrem Spitzengewerbe (Brabanter, Brüsseler Kanten). K a n t e als 'Seite eines math. Körpers' kaum vor 1808: Schirmer 1912 Wortsch. d. Math. 36. — Ein andres K a n t e s. u. K a n n e und K a n t e n . Kantet w. 'Lineal von quadratischem Durchschnitt'. Von Jahn 1833 Merke zum dt. Volkstum 196f. als Ersatz für L i n e a l vorgeschlagen, in der Schulsprache des Nordens und Ostens durchgedrungen. Im Süden steht K a n t e l f . 'Kanne' im Weg, in österr. Schulsprache gilt Watzel (weil man es beim Linienzeichnen „wälzt"). Kanten m. 'rundes Endstück des Brots': entlehnt aus gall. *kanto 'Rand, Ecke', das in breton. kant 'Reif' und kymr. cantal 'Rand eines Reifens' fortlebt. In der weitesten Bedeutung 'Brotrinde' gilt Kante(n) in der Altmark und im Havelland, in jener engen ist es aus den Niederlanden im 12. Jh. ins Brandenburgische gelangt, von wo es weithin ausstrahlt, dort hat es Knust verdrängt: H. Teuchert 1944 Sprachreste 287 ff. Mitzka, Zs. f. Mundartfg. 1966, 39. Kanter m. 'Kellerlager, Verschlag', vor allem im Südwesten (Schweiz. Id. 2, 380; H. Fischer 3,69.6,1978), schles. dafür K e n t n e r . Lat. cant(h)èrius 'Gaul', das (unabhängig von gr. kanhelios 'Lastesel') aus einer bisher nicht festgestellten Sprache entlehnt ist, hat frz. chantier ergeben, das (mit Bed.-Wechsel wie B o c k und K r a n ) zu 'Lager der Fässer im Keller' geworden ist. Eine nordfrz. Mundart hat ihr cantier in mhd. Zeit abgegeben. Früh in Familiennamen wie G a n t e r , G e n t n e r . Kanthaken m. kurzer Eisenhaken, mit dem Auflader in nordd. Häfen Ballen und Kisten kanten und fortbewegen. Davon getrennt bietet z. B. Matthesius 1692 Hist, von Luthers Leben 96 b die Wendung „einen beim K a m m nehmen". Dabei ist Kamm urspr. der Teil des Halses von Pferden, Rindern oder Wildschweinen, auf dem die Mähne wächst, dann der Nacken, Schöpf von Menschen. Daher Schweiz. (Id. 3, 296) einen bim Chamm neme. Für dieses K a m m tritt jener K a n t h a k e n ein zuerst in hamb. Bauernkomödien von 1616, aus denen Hauschild 1928 Nd. Korr.-Blatt 41, 68 mitteilt Wo vaken hefft se mit einem Thunsteken Rechte dicht afkylt mynen Kanthaken und Oha lat dyck man maken Ein par
Kantine
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Horner up dynen Kanthaken. Eine Zwischenstufe K a m m h a k e n 'Genick' bieten erst Adelung 1776 und Hupel 1795 Id. der dt. Sprache in Liv- und Estland. Dagegen findet sich schon seit Stieler 1680 Willmut 44 „jem. beim Kanthaken nehmen", bei Richey 1743 Hamb. Id. „bym Kanthaken kriegen". Begünstigt wird die Bildermischung durch die Festigkeit des Zugriffs in beiden Fällen. Eantiue f . Frz. cantine, im 17. Jh. aus ital. cantina 'Flaschenkeller' entlehnt, aber nach Ausweis einer galloroman. Inschrift Ad canturías novas urspr. ein gall. Wort, gelangt zu uns in den Bedeutungen 'Flaschenfutteral, Feldflasche' und 'Soldatenschenke in Festungen*. Im ersten Sinn Lessing 1767 Minna v. Barnhelm 3, 7, im zweiten nicht vor Heyse 1869 Fremdwb. Kanton m. Die Staaten, die die Schweiz. Eidgenossenschaft bilden, heißen bis ans Ende des 18. Jh. O r t , G e b i e t , S t a n d . Daneben tritt seit 1574 (Marjetta Wis 1965 Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedesca, Helsinki 149) K a n t o n immer häufiger auf, nach frz. canton 'Landbezirk', mit ital. cantone 'Landwinkel' Vergrößerungsform (s. K a n o n e ) zu den unter K a n t e entwickelten roman. Wörtern der der Bed. 'Ecke'. — K a n t o n i s t ist 'Dienstpflichtiger' nach dem in Preußen bis 1814 geltenden Kantonssystem: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 325. Kantor m. aus lat. cantor 'Sänger', seit dem 4. Jh. der Leiter des Mrchl. Chorgesangs. An mittelalterl. Kathedral- und Kollegiatstiften führte den Titel der Kanoniker, der die Chorknaben im Choral unterrichtete und den gottesdienstl. Gesang anstimmte. Die deutsche Schule übernimmt den kirchl. Sprachgebrauch erkennbar seit 1418 für den Gehilfen des Schulmeisters, dem der Gesangunterricht anvertraut ist. Da er zugleich andere Stunden zu geben hat, weitet sich der Sinn schon vor der Reformation auf 'erster Lehrer nächst dem Schulleiter' : Nyström 1915 Schultermin. 93 f. Kanu n. 'Baumkahn' ist als erstes Wort aus einer amerik. Sprache in eine europ. entlehnt worden: am 26. Okt. 1492 verzeichnet Kolumbus canoa aus dem Westind. von Guanahani. Über das Span, gelangt Canoa 1520 zu uns; nachmals wird es in der frz. Schreibung canot neu vermittelt, seit 1710 als engl, canoe eingeführt: R. Loewe 1933 Zs. f. vgl. Sprach!. 61,54 ff.; Söven (1936) 98; Palmer (1939) 65. Westind. Ursprungs sind auch H ä n g e m a t t e , K a n n i b a l e , K o l i b r i , L e g u a n , M a h a g o n i , Mais, R u m u. T a b a k . Kanzel /. In der alten Kirche predigte der Bischof von seiner Kathedra herab, die am Ende des Chors hinter dem Altar stand. Verlas statt
Kapaun
seiner der Diakon eine Predigt, so geschah das von dem um einige Stufen erhöhten Lesepult mit der Brüstung, das an den Schranken (lat. cancelli) stand, die den Chorraum vom Mittelschiff trennten. Davon nahm die Kanzel den Namen an und behielt ihn, auch wenn sie nachmals Gestalt und Ort änderte: Bürkner 1912 Religion in Gesch. und Gegenw. 3, 1254. Lat. cancelli Plur. ergibt ahd. kdncella f., mit i-Aussprache des c vor Palatal spät entlehnt, etwa gleichzeitig mit K r e u z (s. d. und Kalk). Im Genus folgt das Fremdwort den ahd. Fem. auf -ala (Achsel, A m s e l , D e i c h s e l , G a b e l usw.). Noch mhd. kanzel bedeutet gelegentlich 'Altarplatz', dem engl, chancel entspr., das aus dem Afrz. entlehnt ist. Durch das Nhd. vermittelt ist lett. ¡cancele. Kanzlei /. mhd. (14. Jh.) kanzelte, urspr.'der mit Schranken eingehegte Raum einer Behörde, bes. eines Gerichtshofs' : zu lat. cancelli 'Schranken' wie K a n z e l , s. d. Neuerdings gleichbed. mit dem jüngeren Fremdwort B ü r o (s. d.) und der gegebene Ersatz dafür. Kanzler tri. Lat. cancelli (s. K a n z e l ) bezeichnet u. a. die Estrade, von der aus Kundgebungen einer Behörde verlesen werden. Mlat. cancellärius ist demgemäß: qui literas principibus missas habet exponere, dann der hohe Beamte, der Staatsurkunden verantwortlich ausfertigt und einer K a n z l e i (s. d.) vorsteht. Daher ahd. kamelläri, mhd. kamelcere, schwed. dän. kansler. Kanzlist m. mlat. cancellista, seit 1656 Cantzelist: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 327. Kap «. 'Vorgebirge'. Ital. capo 'Kopf, Spitze' (zu lat. caput 'Haupt'), das im 16./17. Jh. unverändert in obd. Texten steht (Marjetta Wis 1965 Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedesca, Helsinki 153), ergibt über frz. cap ni. kaap. Von da im 16. Jh. in nd. Seemannssprache entlehnt, hd. kaum vor Henisch 1616. Lange bes. vom Kap der guten Hoffnung, für das Zesen 1670 ohne Glück E c k d. g. H. vorschlägt: Zs. f. d. Wortf. 14, 76. Kapaun m. Den Hahn zur Mast verschneiden haben die Deutschen nach Abschluß der hd. Lautverschiebung (um 600) von den Romanen gelernt. Lat. cäpö, später cappö, zu der verbreiteten Wurzel *(s)käp- 'schneiden', auf der auch H a m m e l beruht, ergibt (wie gr. käpön, ngT. kapónion) ahd. kappo, mhd. kappe, frühnhd. kapp, kopp (so noch in Fam.-Namen). Volkslat. cappone hat frz. chapon ergeben. Auf dessen pikard. Nebenform capon beruhen engl, capon, mnl. cap(p)oen, nnl. kapoen, mnd. kappün, mhd. (seit kurz nach 1200) kapün, nhd. K a p a u n (auch dies in Fam.-Namen; dazu K a p a u n e r 'der berufsmäßig Hähne verschneidet'). Aus dem Dt. weiterentlehnt sind tschech. kapün, serbo-
Kapelle
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Kapitol(ium)
kroat. hópün. Seit frühnhd. Zeit verdeutlicht Steinbaus vor der hd. Lautversch. zu uns geman das Lehnwort zu K a p p h a h n ; früh im langt und im 13. Jh. als mhd. kçpfer, mnd. Männernamen Jhs. Capändl (Nearolog. Germ. 2, kepere, mnl. kepe 'Strebebalken' zutage tritt. F. 91 vom Ende des 15. Jh.). Rein deutsch gebildet Kluge 1916 Beitr. 41, 180. Maaler 1561 bietet ist H a h n r e i , fremd geblieben P o u l a r d e , s. d. kepfer, Henisch 1616 kepper, Stieler 1691 kapfer Kapelle1/, 'kleineres Kirchengebäude, in dem 'Kragstein'. Im 18. Jh. wird das undurchsichtige kein regelmäßiger Pfarrgottesdienst gehalten Wort umgedeutet zu K ä m p f e r . Vgl. Köper. wird'. Mlat. capello, bedeutet als Verklein.-Form kapieren Ztw. Lat. capere 'begreifen' wird seit von capa (s. Kappe) 'kleiner Mantel' den des Hönn 1721 Betrugslex. 1, 361 und Sperander hlg. Martin in Tours (t 400), dann die 1727 verzeichnet. Es ist in den Lateinschulen Oratorien der kgl. Pfalzen, in denen die Mero- aufgekommen und im leichten Stil von Schriftwinger und Karolinger dies fränk. Nationalhei- stellern wie Claudius, Iffland und Kotzebue verligtum, das sie ständig mit sich führten, auf- breitet worden: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, bewahrten (darum heißt Aachen frz. Aix-la- 327. Chapelle). Seit etwa 800 wird capella als BeKapital n. Für die auf Zinsen angelegten zeichnung eines kleinen Gotteshauses allgemein. Gelder gelten frühnhd. bis ins 17./18. Jh. hauptDas Wort ergibt ahd. kapëlla, mhd. kapëlle, dem gut, -geld, -summe u. a. Lehnübersetzungen von die fremde Betonung bleibt, und mhd. kdpelle, ital. capitale, frz. capital, aus lat. capitalis zu alem. chäpel, chápele, zu dem sich süd- und caput 'Haupt' (die Römer addierten von unten westdt. Ortsnamen wie Kappel stellen. — Viel nach oben, vgl. Summe 'das Oberste, Höchste'). späterer Zeit gehört die Übertragung auf musi- Früh im 16. Jh. kommt das unübersetzte Kakal. Einrichtungen an, die urspr. mit den Ka- p i t a l auf, gern in der lombard. Form cavedal. pellen der Gotteshäuser zus.-hängen. Im 16. Jh. K a p i t a l i s t seit 1673, k a p i t a l i s i e r e n 1841: gelangt ital. capella 'Musikergesellschaft' zu uns; Schirmer 1911 Wb. der Kaufm.-Sprache 93 f. K a p e l l m e i s t e r seit 1670: H. Schulz 1913 K a p i t a l i s m u s seit der 2. Hälfte des 19. Jh. — Fremdwb. 1, 327; G. Seeliger 1916 Reallex. d. Im 17. Jh. steht C a p i t a l bei Winckelmann 1766 germ. Alt-Kde. 3, l l f f . C a p i t ä l für Kapitell (s. d.) E. Ohmann 1960 Kapelle* /.'Schmelzschale', nicht vorHenisch, Neuphil. Mittigen. 160, 227. beruht auf Vermischung von mlat. capella, Kapitän m. Mlat. capitaneas m. 'Anführer, frz. chapelle 'Deckel der Destülierblase', mit Hauptmann' (zu lat. capul η. 'Haupt' wie Chef, mlat. cupella, frz. coupelle 'Probiertiegel' s. d.) hat die roman. Sippe von afrz. capitaine, (Verklein, zu lat. cüpa 'Faß'). ital. capitano geliefert. Aus dem Afrz. beziehen Kaper m., ein Andenken an den holländ. Ka- wir vor Ende des 13. Jh. mhd. kapitän 'Anführer', perkrieg gegen England. Fries, käp ist aus 'Kauf' aus dem Ital. 1607 C a p i t a n 'Schiffsführer', aus zum verhüllenden Ausdruck für 'Seeraub' ge- dem rnilit. Bereich bietet Kurrelmeyer 1919 worden, käpia aus 'kaufen' zu 'wegnehmen' (zu Mod. lang, notes 34, 259 Belege zuerst aus Zürich fries, ä aus germ, au s. Bake). Dazu nnl. (seit 1426. S. H a u p t m a n n und Zs. f. d. Wortf. 12, 1662) caper(tje) 'Kaperschiff', dann 'Führer eines 161. 14, 24f., 42. 75; Kluge 1911 Seemannsspr. solchen Schiffs, Freibeuter'. Das ist (seit 1665) 422f.: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 328; E. Ohdie älteste Bed. des nhd. K a p e r . Das nhd. Ztw. mann 1940 Neupbil. Mitt. 41, 160; Marjetta k a p e r n begegnet zuerst in Nürnberg 1678. Wie Wis 1955 Ricerche sopra gli italianismi nella die hd. Wörter, so beruhen auf dem Nnl. auch lingua tedesca, Helsinki 151. engl, caper 'Führer eines Freibeuterschiffs' (seit Kapitel η. Spätlat. capitulum η. (Verkl. zu 1667), cape 'zur See plündern' (seit 1676). Noch lat. capili η. 'Haupt') hatte schon mhd. capitel jünger sind frz. capre 'Freibeuter', dän. kaper, 'Hauptversammlung einer geistlichen Körperkaprt, schwed. ¡capare und isl. kapari: Trübners schaft' ergeben. Die gleichfalls kirchenlat. Bed. Dt. Wb. 4 (1943) 95. 'Hauptabschnitt einer Schrift' erscheint kurz Kaper /. Die Blütenknospe von Capparis nach 1600 in frühnhd. kapitel, das Ersatzwort spinosa, neupers. kälär, gelangt über gr. káp- H a u p t s t ü c k in gleichem Sinn seit Luther. paris und lat. capparis vor E n d e des 16. J h . zu K a p i t e l f e s t s. u. b i b e l f e s t . uns. F r ü h n h d . gappem,
kappren,
cappres (stets
Kapitell n. 'Säulenknauf'. L a t . capitellum,
eig.
Plur.) gelten nebeneinander. ' K ö p f c h e n ' h a t im 13. J h . mhd. capiUl, kaptil Käpfer, K ä m p f e r m. 'Balkenkopf'. Neben n. ergeben: Suolahti 1929 Frz. Einfluß 117. Aus dem bei Vitruv u. a. bezeugten lat. capreolus ital. capitello übernimmt Dürer 1526 captel. Zur (Verkl. zu caper M. 'Bock') 'Strebe, Stützen- Form Kapital für 'Kapitell' s. d. träger' ist gleichbed. *eapreonem für frz. chevron Kapitol(ium) n. Nach lat. Capitölium (darüber vorauszusetzen, desgl. *capreus (woraus kymr. A. Parente 1940f. Emérita 8,106ff. 9, Iff.), dem ceibr), das mit Mauer u. a. Fachwörtern des höchsten Punkt im alten Rom, steht C a p i t o -
Kapitulation
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l i u m zuerst 1676 für 'Kopf', ein Studentenscherz, der im leichten Stil z. B. Grimmelshausens und Bürgers literarisch wird. Mundartlich ist in Aschaffenburg und Frankfurt a. M. K a p i t a l zu 'Kopf' geworden: Zs. f. d. Wortf. 4, 312. 7, 268f.; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 328. Kapitulation /. Zu lat. capitulum (s. K a p i t e l ) stellt sich frz. capitulation f. '(völker)-rechtliche Festsetzung', das seit Jean de Serres 1674 Frz. Hist. 209 in diesem Sinn bei uns erscheint, seit Kirchhof 1602 Milil. Disciplina 206 in der eingeengten Bed. 'Ergebungsvertrag'. Dazu k a p i t u l i e r e n von Festungen kaum vor 1724: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 328; Zs. f. d. Wortf. 16, 188. Kaplan m. In westfränk. Latein heißen capellóni die Geistlichen, die die hlg. capella (s. K a p e l l e ) zu bewachen hatten, sodann die an (Pfalz-)Kapellen angestellten Geistlichen. Nach 860 wird es Titel der Hofgeistlichen an weltlichen und geistlichen Höfen des Karolingerreichs: G. Seeliger 1916 Reallez, d. germ. Alt.-Kde. 3, 12. In deutschem Text kapellân seit fruhmhd. Zeit, mhd. verkürzt zu kaplän, Bed. erweitert 'unselbständiger Geistlicher jeder Art'. kapores präd. Adj., aus hebr. kappäröth Plur. 'Sühnopfer', vermittelt durch den Brauch, daß am Vorabend des Versöhnungstags Hühner k. geschlagen, d. h. als Sühnopfer um den Kopf geschwungen wurden (Littmann 1924 Morgenl. Wörter 64). Daher rotw. capores 'morden' 1724, capore machen 'einen ermorden' 1726, hablares gehen 'ums Leben kommen' 1766 Kluge 1901 Rotw. 1, 184.187. 240. Wolf Wb. 2469. Von da stud, k a p o r e s gehen 1782, k. sein 1866 Zs. f. d. Wortf. 1, 44.12, 281. Schriftspr. nur in Scherzen bei Bürger, Kl. Schmidt u. ä. ; mdartl. vom Elsaß und Luxemburg bis Bayern und Schlesien, meist in Annäherung an das unverwandte k a p u t t . Kapotte /. 'Frauenhut; kurzer Regenmantel', früher auch in Bedeutungen wie 'Haube' (Zeugnis von 1832 bei H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 329), 'Soldatenmütze· (das. aus Nürnberg 1669), 'Mantel mit Kapuze' (bair. Hofordn. von 1697 bei A. Kern 1907 Dt. Hofordn. 2, 224): dies die Hauptbedeutung des zugrunde liegenden frz. capote, Verkl. von cape 'Kappenmantel'; dies aus prov. capa, volkslat. cappa 'Mantel' (s. K a pelle und Kappe). Kappe f. Ein volkslat. cappa gelangt als 'Mantel mit Kapuze' in die roman., slaw, und germ. Sprachen. Nicht vor dem 8. J h . ist ahd. kappa entlehnt, noch mhd. kappe wahrt die Bed. 'Mantel mit Kapuze', während mnl. cappe, engl. cap, nhd. K a p p e zur Kopfbedeckung, thüring. (19. Jh.) Bauernkittel geworden sind, immer im Gefolge von Wandlungen der Tracht. Im
kaputt
Gegensatz zur K a p p e war die Mütze (s. d.) mit Pelz besetzt. Nachdem pelzbesetzte Kopfbedeckungen selten geworden waren, hat der deutsche Süden K a p p e auf die gangbaren Kopfbedeckungen ausgedehnt, während der Norden M ü t z e verallgemeinerte : H. F. Foltin s . K r a n z ) . Nichtindogerm. Substrat: Hans Kuhn, Festschr. Hammerich 1962,113. Vgl. K a p e l l e , K a p o t t e , Kopf, Kuppe. kappen Ztw. als seeinänn. Fachwort für 'abhauen' in hd. seit 1627: KlugeSeemannsspr. 424f. In nd. Mundarten häufig, entspricht nl. kappen, dän. kappe, schwed. kappa, gewöhnlich kapa. Germ. *kapp 'spalten' wird bestätigt durch oberels. kchapf¡> 'in kleine Stücke zerhacken'. Hans Kuhn, Festg. f. Hammerich 1962, 116: aus unbek. vorgerm. Substrat, verwandt altslav. kopiti 'schneiden'. Kappes, K a p ρ us m. Brassica oleracea var. capitata, mhd. kappaj, kaleζ, ahd. (seit dem 11. Jh.) kabu%, capui; : entlehnt aus gleichbed. mlat. caputia, einer Weiterbildung zu lat. caput 'Haupt'. Umgangssprachl. gilt (weißer) K a p pes im Westen und Süden, von Holland (kaluiskool) bis zur Schweiz (chalis) und Tirol (kâles) für sonstiges W e i ß k o h l , K u m s t , (Weiß-) K r a u t : Kretschmer 1918 Wortgeorg. 665ff. Kappfenster n. mnd. kapvenster, seit Riemer 1678 Glückl. Bastard 1, 46 in md. Texten. In neuerer Zeit von Hannover bis Livland, aber auch in Sachsen. Urspr. das in eine Gewölbekappe gebaute Fenster: R. Bülck 1934 Nd. Korr.-Bl. 47, 67 f. Kappzaum m. 'Zaum mit Nasenband'. Zu lat. caput 'Haupt' gehört capiiium 'Haube', das in ital. cavezza die Bed. 'Halfter' entwickelt. Hierzu als Vergrößerungsform ital. cavezzone m., das in Dresden 1616 als cavezon, 1664 bei Duez als K a p p e z a n erscheint und (unter Anlehnung an K a p p e und Zaum) bei Lohenstein 1689 Ibrahim 20 die heutige Form erreicht. Dän. kapsun, schwed. kapson stammen aus nd. kapsün. Kapriole /. 'Luftsprung'. Zu lat. caper 'Bock' gehört ital. capriola 'Bocksprung', seit Mathesius 1676 Luther 19 b als Capreole entlehnt. Kapsel /. Lat. capsula, die Verklein.-Form zu capsa 'Behältnis', das unverkleinert unser K a s s e (s. d.) geliefert hat, ergibt im 16. J h . kapsei, nachdem ahd. capselin, asächs. kapsilïn 'Kästchen' aus mlat. capsella entlehnt worden waren. Lat. capsa gehört als s-Erweiterung zur idg. Wurzel *kap- in capiö 'fasse', urverwandt mit h a b e n , h e b e n usw. kaputt präd. Adj. Auf caput 'Vorderteil des Schiffs' geht frz. capoter 'kentern' zurück. Von da im Kartenspiel für den, der alle Stiche verliert, être, faire capot. Mit Spielerausdrücken wie Bredouille, Hasard, Karnöffel, labet,
Kapuze
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T r i c k t r a c k gelangt das Wort ins Deutsche, vom Pikettspiel noch Duez 1664, ebenso nnl. kapot, dän. kapui, schwed. kaputt. Im 30jähr. Krieg wird capot machen grausames Scherzwort der Soldaten für 'erschlagen', so zuerst in einem Bericht von 1643 bei Seb. Bürster, Beschr. d. schwed. Kriegs 174, und bald gehäuft: Ή. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 330. Allerweltswort für 'entzwei' seit 1666 in der Form caput, die vom Deutschen in östl. Sprachen gelangt ist. Kapuze f. Zu lat. cappa (s. Kappe) gehört mlat. capuiium 'Mönchskappe', das im 13. Jh. vereinzelt mhd. kabütze ergeben hatte. Aus dem lat. Wort entwickelt ist ital. capuccio m. 'Mantelliaube', im 16. Jh. (1479: Marjetta Wis 1965 Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedesca, Helsinki 164) entlehnt und in einem bair. Lied „Ein news Gedicht von Fürwitz der Welt" (1610) Str. 10 als junges Modewort verspottet. Aus dem Deutschen stammen nnl. ka(r)poets, dän. kabuds, norw. karpusa, schwed. karpus. — Kapuziner (ital. cappuccino) heißen die 1628 von den Franziskanern abgezweigten Bettelmönche von Anfang an nach ihrer spitzen, an die Kutte genähten Kapuze. — Zu Kapuzinerkresse( Tropaeolum maius) vgl. Treitschke 1861 Briefe 2, 169 „Auf den sonnenheißen Terrassen Salzburg gegenüber, wo die Kapuziner ihre schönen Blumen und edlen Reben pflegen". Mundartliche Namen sind Zaglhintaus im Böhmerwald, Hinnehacke in Westpreußen, Achterhacken und Swansnakke in Schleswig-Holstein, Steertnacken in Ostfriesland. Vgl. Kresse. — Kapuzinade /. ist nicht erst nach der Schwankpredigt des Kapuziners bei Schiller 1798 Wallensteins Lager 8 gebildet, sondern begegnet als frz. capueinade schon 1716: Büchmann 1912 Gefl. Worte 180. Kar n. in Alpenländern 'Gebirgskessel, Mulde'. Wohl eins mit mhd. mnd. ahd. kar anord. kçr (aus *kaz), got. kas 'Gefäß' (mit kasja 'Töpfer'), wozu mhd. bïnenkar, asächs. Vikar (daraus entstellt Bienenkorb; s. Imker), nnl. bijker, ags. bêocçre 'Bienenwirt'. Kar ist ein uraltes Wanderwort, das von Vorderasien ausgeht: assyr. käsu 'Schale', arab. ka's, aram. käs, hebr. kos 'Becher'; kaukas. kaS 'Gefäß': H. Güntert 1930 Festschr. f. F. Panzer 12, Anm. 11. Das Wort lebt im Hessischen in den Bedeutungen 'Bratpfanne, flacher Topf', Leichkar 'Sarg', Meisenkar 'Nistkasten für Meisen': Luise Berthold, Hess.-Nass. Vwb. 2, 98 (mit Karte); Festschrift für Karl Helm 1951, 238; in der Rheinpfalz Meisenkar 'kastenförmige Meisenbzw. Vogelfangfalle', Käskar 'Gefäß mit Füßen u. Abflußlöchern zur Bereitung von größeren als nur Handkäsen' (E. Christmann). Kar- s. Karfreitag.
Karavelle
Karabiner m. 'kurze Reiterflinte' vor 1600 aus gleichbed. frz. carabine, dies zu frz. carabin 'mit Gewehr bewaffneter Reiter', dessen Herkunft nicht einwandfrei bestimmt ist: Zs. f. d. Wortf. 14, 26. 46; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 331. Karaffe f. 'Tafelflasche'. Arab, garrâf 'weitbauchige Flasche' (zu gharafa 'schöpfen') ergibt über span, ganafa frz. caraffe, bei uns seit Wächtler 1709. Heute wesentlich norddeutsch: Lokotsch 1927 Etym. Wb. 689; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 331; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 265 f. Karamel m. 'Gerstenzucker'. Zu lat. calamus "Rohr' gehört als Verkleinerungsform calamellus 'Röhrchen'. Hieraus span, caramelo 'gebrannter Zucker', das über frz. caramel zu uns gelangt. Das /. Kar(a)melle bezeichnet am Niederrhein das Zuckerwerk, das in Westfalen Klümpken, in Norddeutschland Bonbon, im Südwesten Gutsei, in Karlsruhe Tropsle, in Schwaben Zuckerle, in Österreich Zuckerl heißt: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 139f. Karat n. Die Schoten des Johannisbrots (s. d.) heißen nach ihrer Horngestalt gr. kerátion. Ihre Körner liefern Gewichte für Edelsteine und -metalle, arab. qirät. Den Weg der Entlehnung zeigt cerates bei Isidor v. Sevilla (f 636). Uber frz. carat wird um 1270 mhd. garät f. entlehnt. Neue Entlehnung ergibt im 16. Jh. Formen mit k-·. 1483 Petzensteiner, Rechenb., Kap. 16 kyrat gewicht; 1489 J . Widmann, Behende u. hübsche Rechenung y l b karat gewicht; y 2 a „das höchste Karat"; 1518 H. Grammateus, Rechn. auf Kaufmannsch. E 1 b „schön lautter Goldt hielt am Strich 24 Karat"; 1626 Chr. Rudolff, Künstl. Rechnung E 7 a „der Kauff des Golds geschieht nach dem Karat, auch zuweilen nach dem Lot". Die Herleitung aus ceratium ist schon J . Kepler 1616 klar: Opera omnia 6, 691. 600 Frisch. S. Gran. Karausehe /. Die Karpfenart Cyprinus carassius, im Westen mit einem Namen roman. Herkunft benannt (s. Giebel 2 ), in den Mundarten vielformig (Wiek 69; Bielfeldt 37), aus dem Slaw. zum gr. Fischnamen koraklnos, der über lat. coraeinus gleichbed. frz. corassin, carassin geliefert hat. Frühnhd. karutzschen (Trochus 1517 J lb), carmen (Alberus 1640 Diet. Q 2») dringen sichtlich von Osten vor, wohl aus Altpreußen (ostpr. charausse 1595). Wiek 69. Dän. learuds stammt aus mnd. karusse. Bielfeldt 12, 37. Karavelle /. 'Segelschiff'. Aus lat. cärabus 'geflochtener Kahn' (das aus gr. körabos 'eine Art Schiff' stammt, vielleicht makedon. Ursprungs) ist port, caravela 'großes Schiff' entwickelt, das über ital. caravella, frz. caravelle,
Karawane
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ni. karveel zu uns gelangt. — K r a v e e l gebaut sind Boote, deren Planken sich Kante mit Kante berühren. Es ist die mittelmeerischrömische Bauweise im Gegensatz zum germ. Klinkerbau, bei dem jede Planke die Nachbarin mit ihrer Kante überdeckt. Vgl. M. Vasmer 1947 Zs. f. Slav. Philol. 19,449. In deutschem Text erscheint zuerst 1477 Karabelle: Marjetta Wis 1955 Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedesca, Helsinki 156. Karawane /. Pers. kärwän 'Kamelzug, Reisegesellschaft', zu aind. karàbha- 'Kamel' ist in alle europ. Sprachen übergegangen ist und bei uns als Wort des morgenländischen Handels im 16. Jh. auftritt, zuerst 1479 ein Karobona, das ist ein versamnung mit kamein (Marjatta Wis 1955 Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedesca, Helsinki 164), vermittelt durch gleichbed. ital. caravana. K a r a w a n s e r e i f. 'Herberge' ist an die Fem. auf -(er)ei erst nachträglich angeglichen; ursprünglich ist es pers. kärwän sarai 'Gebäude, in dem Karar wanen einkehren', s. Serail und H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 331; Littmann 111; Lokotsch Nr. 1075. Um 1616 C a r ( a ) v a t s c h a r bei dem Schwaben H. U. Krafft, Reisen 111.142 Häßler. Karbatsche f. Türk, qyrbatsch Ochsenziemer, Lederpeitsche' gelangt über vielgestaltige slaw., vielleicht auch ungar. Formen zu den nd., md. obd. Varianten, zuerst als carabatschste Messerschmid 1615 Lust. Narrheit 173. Dazu k a r b a t schen Ztw., zuerst karabazen Saar 1662 Ostind. Kriegsdienste 25. östliches Prügelgerät auch K a n t s c h u , Knute, Peitsche. Wiek 32; Steinhauser 49; Bielfeldt 23. Karbe /. 'Feldkümmel', frühnhd. karben, mhd. karwe, mnd. karve: wie gleichbed. mnl. carvi, nnl. karwij, engl. car{r)away entlehnt aus mlat. (frz. ital. span, portug.) carvi. Dies aus arab. karawijä', das seinerseits durch lat. ear(e)um aus gr. kdr(e)on vermittelt ist. Die seit Plinius, Nat. hist. 19, 164 übliche Herleitung des gr. Gewürznamens von dem der kleinasiat. Landschaft Κ a ri e η scheitert am ä des gr. Käria H. Marzeil 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 869, 1372. Aus dem Mnd. stammen norw. karvi und schwed. karv(e). Nhd. rb aus mhd. rw wie in E r b s e , F a r b e , herb, mürb, Narbe, S c h a f g a r b e , Sperber. Vgl. Kümmel. Karbonade /. Name der gebratenen Fleischklöße im östl. Mitteldeutschland, des Koteletts in Berlin und Wien. Grundbed. 'Rostbraten', entspr. dem um 1700 entlehnten frz. carbonnade aus ital. carbonata 'auf Kohlen geröstetes Fleisch' (zu lat. carbo 'Kohle'). Karch m. s. Karren. Kardätsche /. 'Wollkratze; Stallbürste' setzt ein ital. *cardeggio voraus, zur Sippe von Karde
Karfreitag
(s. d.) gebildet. Zuerst in C a r t e t s c h e n m a c h e r Fischart 1672 Prakt. 8. Das entspr. k a r d e t schen Ztw. 'Wolle krempeln', als c a r d e t z schen seit Hulsius 1606, hat sein Vorbild in ital. cardeggiare 'hecheln'. Karde f. 'Weberdistel'. Volkslat. cardus 'Distel' (aus lat. Carduus zu carrere 'Wolle krempeln', Voraussetzung auch für ital. cardo, frz. chardon) ergibt, vor Abschluß der hd. Lautversch. entlehnt, ahd. Charta, karta, mhd. karte, asächs. karda, nl. kaarde. Nhd. d gegenüber dem alten t des hd. Worts beruht auf neuer Anlehnung an die lat. Grundform, vollzogen in dem Wunsch, unser Wort von K a r t e zu scheiden. Mit den stachligen Fruchtständen dieser aus Südeuropa stammenden Pflanze, früher in Süddeutschland oft angebaut, heute verwildert, wurde das Tuch aufgerauht; der Name geht über auf das daraus gefertigte Werkzeug der Tuchmacher, eiserne Wollkrempel, s. K a r d ä t s c h e , s c h a r r e n , S c h a r t e . Vgl. H.Marzell, Wb. d. dt. Pflanzennamen 2, 142. Kardinal m. Zu lat. cardo, cardinis m. 'Türangel' gehört cardinälis Adj. 'im Angelpunkt stehend'. Angelpunkt, durch den das übrige bewegt wird, ist für die Kirche Rom, cardinales (clerici) sind seit dem 6. Jh. die der Hauptkirche nächststehenden, höchsten Geistlichen, die im 11. Jh. zur Wahlkörperschaft zus.-treten. Mhd. Ìcardenal, md. cardinal folgen diesem Gebrauch. In unheiliger Übertragung, die vom protest. England ausgeht, erscheint seit Krünitz 1776 ök.-techn. Enzykl. 5, 503 K a r d i n a l als Name eines Getränks aus Weißwein, Zucker und Pomeranzen, offenbar eine Steigerung des älteren Bischof 'Glühwein' (s. o.). Gleichfalls seit 1776 steht bei uns P r ä l a t in ähnlichem Sinn. In Brückmanns Catal. omnium potus generum (1722) fehlen die drei Weinnamen noch. karessieren Ztw. Zu ital. caro 'lieb' ist über carezza 'Zärtlichkeit' carezzare 'liebkosen, schmeicheln' gebildet, das neben gleichbed. frz. caresser bei uns eindringt und in obd. Mundarten Boden gewinnt. Zuerst Caressierer Fischart 1572 Prakt. 12: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,332. Karfiol s. Blumenkohl. Karfreitag m., mhd. karvrltac, häufiger die Klammerform kartac; auch karwoche gilt schon mhd. Bestimmungswort ist das F. mhd. kar, ahd. asächs. got. tora, ags. c(e)aru, engl, care 'Sorge, Kummer', vielleicht auch anord. kgr 'Krankenlager', wozu karg (s. d.) sowie afries. karfesta 'zur Buße fasten'; ahd. karôn, -en, asächs. karon 'wehklagen', ags. cearian 'sorgen', got. (ga)karön 'sich kümmern', anord. kärna 'verzweifelt sein'; asächs. karm 'Wehklage', ags. cearm, eierm 'Lärm, Geschrei', engl, (veraltet) ckirm 'Geräusch, Gezwitscher', mhd. mnd. kamen
Karfunkel
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'seufzen'. Außergerm, vergleichen sich air. gairid 'ruft', gäir, gairm, mkymx. kymr. bret. garm 'Geschrei', kymr. gawr 'Geschrei', lat. garrire 'schwatzen', gr. gèrys, dor. gärys 'Stimme', armen, eiearn 'Schwalbe', cicarnuk 'Nachtigall', toch. kärye 'Sorge', osset. zar¡n, zarun 'singen', zar 'Gesang'. Sämtlich zur idg. Schallwurzel *gär- 'rufen, schreien': das Gefühl ist nach seiner Äußerung benannt. Karfunkel m. Lat. carbunculus 'kleine glühende Kohle' (Verklein, zu carlo, s. K a r b o nade) ergibt in alteT Metapher den Namen des roten Granaten; in gelehrtem Afrz. heißt er earboncle. Diese oder die lat. Form liefert früh im 13. Jh. mhd. carbunkel und bald danach karfunkel. Die Umbildung scheint unter Einfluß von mhd. vunke m. 'Funken' zu stehen. Als 'bösartiges Geschwür' hält sich der med. Fachsprache gemäß K a r b u n k e l . Suolahti 1929 Frz. Einfluß 117 f. karg Adj., ahd. karag 'betrübt, besorgt', mhd. kare (g) 'klug, schlau (in Geldsachen), zäh im Hergeben', mnd. kar(i)ch 'sparsam, geizig' (daraus entlehnt gleichbed. schwed. karg, dän. karrig, älter karg), asächs. (möd)karag 'besorgt, 'traurig', mnl. carich, nnl. karig, ags. eearig 'traurig', engl, chary 'umsichtig, sparsam': Adj. auf -ig zu dem unter K a r f r e i t a g entwickelten f. germ. *karö 'Sorge', Grundbedeutung somit 'besorgt'. Der Wandel von ahd. karag zu mhd. karc beruht auf lautgesetzlicher Synkope nach r und Kürze. Kargo m. 'Schiffsladung'. Zu lat. carrus 'Wagen' stellt sich ital. caricare, span, cargar (frz. charger) 'beladen' und als Rückbildung zum Ztw. ital. carico, span, cargo 'Ladung'. Um 1400 erscheint obd. karg f., um 1411 nd. kargo m. als Lehnwort aus dem Ital. in der Bed. 'Gewicht von vierhundert Pfund'. Später sind span, und prov. Vorbilder beteiligt, die Bed. 'Ladung' und 'Frachtzettel' lösen einander ab, S u p e r k a r g o (aus span, sobrecargo) 'Beaufsichtiger der Ladung' seit 1698: Schirmer Wb. 94; Kluge Seemannsspr. 428. 770; Palmer, J . 63: aus d. Engl. Karies f., aus lat. caries 'Morschheit', zu idg. *ker- 'verletzen'. Karikatur/., 18. Jh. aus ital. caricaturara·, 1763 warnt Wieland vor der schwankenden Bedeutung des Wortes. Schulz, Fremdwb. 332. Zu ital. caricare "(übermäßig) zunehmen', hier also übertreiben, frz. 1762. Karmesin w. Der rote Farbstoff kommt von einer Schildlaus, die pers. türk. arab. qirmiz heißt. Über ital. carmesino kommt der Farbname im 16. Jh. zu uns; unter Einfluß von frz. cramoisi steht bei Hulsius 1612 Schiffahrt 3, 78 cramoisin, im 18. Jh. setzt sich karmoisin K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aufl.
Karotte
durch. K a r m i n n. 'kostbares Rot' nach frz. carmin seit 1712: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 333. Karneval m. wird auf die dt. Fastnacht seit 1699 angewendet (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 333), vorher nur von der römischen u. venezianischen, zuerst bei Birken 1669 Brandenb. Ulysses 130. Ital. Ursprung ist damit erwiesen. Auch frz. carnaval, das nicht vor dem 16. Jh. begegnet, ist dem Ital. entlehnt. Dem ital. carnevale geht seit dem 13. Jh. die scherzhafte Zus.Setzung mlat. carne-vale 'Fleisch, lebe wohll' voraus. Sonstige Deutungsversuche : carrus navalis 'festlicher Umzug mit Räderschiff zur Wiedereröffnung der Schiffahrt im Februar' usw.; aus mlat. carne levare: levale Wegnahme des Fleisches: zuletzt N. 0 . Heinertz, Moderna Spr&k XLVII (1954) 362. Karnickel s. K a n i n c h e n . Die urspr. Berliner Wendung Der K a r n i c k e l h a t angefangen nach einer Tierfabel von F. Förster, die auf die Seeschlacht von Navarino am 20. Okt. 1827 zielt: die Engländer versenkten die türkisch-ägypt. Flotte unter dem Vorgeben, die Türken hätten den ersten Schuß getan. Es war aber nur ein Salutschuß gewesen: H. Kügler 1932 Zs. f. dt. Phil. 67,178ff. Karosse f. Als Ableitung von carrus (s. Karren) entwickelt sich über carracutium 'zweirädriger Wagen mit hohen Rädern' (Isidor) und *carrautium ital. carrozzo (urkundlich im 9. Jh.), später carroccio 'Wagen, auf dem das Feldzeichen in die Schlacht geführt wird'. Wolfram übernimmt von da karrasehe in den Parz. zur Bezeichnung von Wagen, auf denen die Schüsseln bei Festen gezogen werden. Nach ihm spielen mhd. karratsch(e), karro(t)sche durch das ganze 13. Jh. eine Rolle: Suolahti 1929 Frz. Einfl. 119. Nach ihrem Absterben wird Carotze 1600 neu entlehnt, 1668 findet Car o s se aus dem inzwischen zu 'Prunkwagen' entwickelten frz. earosse Eingang: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 334. Über die landschaftl. Verbreitung des Fremdworts s. Kretschmer 1918, Wortgeogr. 313. Karotte /. Gr. karôt&n n. 'Môhre', Mz. karôtd, gelangt als lat. caròta f. in den europ. Westen: H. Marzell, Wb. d. dt. Planzennamen 2, 62. δ wird gewahrt in ital. carota und südnl. karoot, dagegen verkürzt in volkslat. carotta (vgl. littera aus lat. litera unter L i e t r a t u r ) , frz. carotte, engl, carrot. Nn. kroot kam um 1680, als es noch karote lautete, zu uns mit andern Wörtern der nl. Gartenkunst (s. R a b a t t e , S t a k e t ) . Zum holl. Ursprung stimmt die Verbreitung in Mundarten und Umgangssprache, denen K a r o t t e z. B. in Mecklenburg und Pommern fehlt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 334; Kretschmer 23
Karpfen
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1918 Wortgeogr. 338. Rhein. K a r o t t e = "rote Rübe' (Rhein. Wb. 4, 192; 5, 1929 m. Karte). Karpfen m. mhd. karpfe, md. mnd. karpe(n), K a r p e n noch Goethe, Weim. Ausg. 4, 23, 125 (Brief an Christiane vom 6. Nov. 1812), ahd. haprfo (mit pf aus westgerm. pp), mnl. carpeir), nnl. harper, isl. karfi 'Cyprinus carpio\ Der Fisch ist im Alpengebiet seit Urzeiten vorhanden. Sein Name mag aus einer Sprache dieses Gebiets zu den einwandernden Germanen gelangt sein; vielleicht hängt er mit dem thrak. Stammesnamen Kdrpio zusammen, der zu alban. harpe 'Fels' gehört, wozu auch gr. Karpates óros 'Karpaten' : M. Vasmer 1947 Zs. f. slav. Phü. 19, 450. Lat. carpa 'Donaufisch', das bei dem Goten Kassiodor ( t 578) zuerst auftritt, ist entlehnt aus got. *harpa. Das vulgärlat. Wort, aus dem span, portug. carpa, ital. earpa, carpione stammen, liefert über prov. carpa das seit dem 13. Jh. bezeugte frz. carpe, aus dem mengl. carpe (15. Jh.), engl, carp entlehnt ist, woraus wieder kymr. harp stammt. Aus mnd. harpe entlehnt sind dän. harpe und schwed. harp (dieses nicht vor 1538). Aus dem Deutschen stammen auch lit. kárpis, lett. harpe, härpa, russ. harp (woneben horop), serb. hràp, woraus alb. hrap und rumän. crap. Alle weiteren Anklänge sind trügerisch. Die vom Germ, ausstrahlende Verbreitung über fast ganz Europa beruht auf der Bedeutung des Teichfischs als Fastenspeise. Karren m., K a r r e /., mhd. harre m. f., ahd. harro m., harra /., mnd. har(r)e (woraus entlehnt dän. harre), mnl. carre, herre /., nnl. kar. Heutige Volkssprache kennt K a r r e ( n ) im Raum von Köln und Trier sowie östlich von beiden, während der Südwesten von K a r c h (s. die unten genannten Arbeiten von Th. Frings und F. Maurer) eingenommen wird. Zu Beginn unsrer Zeitrechnung haben Germanen an ihrer Westgrenze lat. carrus 'Wagen' entlehnt, das aus gall. carros (*HfSos) stammt und mit lat. currus 'Wagen' (Verbalnomen zu curro aus */cfsö 'laufe') urverwandt ist. Es hat namentlich in Gallein eine Rolle gespielt, das bezeugen (neben afrz. carre, frz. char und dem daraus entlehnten engl, ear 'Karren, Wagen') Namen wie Karródunon bei Ptolemäus, abret. Carhent, heute Carrent, 1247 der bret. Männername Carie, ferner bret. harr, air. mykmr. car(r) 'Wagen'. Auf kelt. -ägö abgeleitet ist gallotat. carrägö f . 'Wagenburg', bezeugt seit dem 4. Jh. Durch spätlat. carrum ist gr. kárron vermittelt, durch das Galatische armen, harh« 'Wagen'. — Dazu K a r c h m. "zweirädriger Wagen', mhd. harrech, karrich. Lat. canuca, eine Ableitung zu lat. carrus, die in frz. charrue die Bed. 'Pflug' annahm, als der alte Hakenpflug (aratrum) in
Kartause
Nordfrankreich dem Zweiräderpflug germ. Ursprungs wich, ist vor diesem Wandel und bevor die Verschiebung des ausi, h zum Stillstand kam, ins Germ, entlehnt worden und hat ahd. harrüh (hh) ergeben. K a r c h gilt heute von der Pfalz und Lothringen über Elsaß und Baden bis Württemberg, noch im 17. Jh. aber auch im Raum von Köln und Trier. Auch die Schweiz hat das Wort offenbar verloren, wie es auch im Schwäb. Einbuße erlitten hat (H. Fischer 4, 218f.). S. K u l t e r , P f l u g , Sech sowie Th. Frings 1930 Zs. f. Volkskde. 40, lOOff. ; F. Maurer 1930 Hess. Blätter für Volkskde. 28, 68f. Karrete /. Zu lat. carrus (s. K a r r e n ) gehört mlat. carrecta f., das ital. caretta ergibt. Von da wird C a r e t t a 'Reisewagen' vor Ende des 16. Jh. entlehnt: Ostermann 1591 Voc. 1, 56. Der verächtliche Sinn (kaum vor Mylius 1785 P. Pickle 2,147) haftet namentlich in den ostmd. Mundarten. Karriole /. Mlat. carriola 'Frauenwagen' ergibt frz. carriole 'leichtes zweirädriges Wägelchen', das in gleichem Sinn als C a r i o l 1702 bei uns erscheint: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 335. Dazu k a r r i o l e n , nd. k a r j o l e n 'herumkutschieren' seit 1780: DWb. 5, 217. Karst m. ahd. asächs. harst, sonst nicht vorhanden. Die Vorgeschichte bleibt schwierig trotz R. Meringer 1904 Idg. Forsch. 17, 120. Man vermutet Zusammenhang mit norw. mundartl. harra 'scharren', das auf germ. *harzön zurückgeführt wird S. kehren 2 . Kartätsche /. Zu lat. charta (s. K a r t e ) gehören ital. cartaccia (vgl. Scharmützel)'grobes Papier', cartoccio 'kleine Krämertüte' und cartuccia 'kleines, geringes Papier'. Aus dem dritten entwickelt sich frz. cartouche 'gerollte Einfassung aus Papier'. Hieraus ist unser K a r t u s c h e 'Geschützpatrone' 1617 entlehnt, während K a r t ä t s c h e /. 'Artilleriegeschoß' (seit 1611) der im 16./17. Jh. üblichen engl. Form cartage ähnelt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 335f.; Kurrelmeyer 1929 Mod.lang.notes44,141. Kartaune f . Ital. eortana 'kurze Kanone' (zu ital. corto, unserm k u r z ) gelangt um 1475 als C u r t a n in die Schweiz, 1489 als K a r t u n e nach Oberdeutschland; nnl. ist kartouw. Scheidung von dem seither untergegangenen Q u a r t a n a 'Viertelsbüchse (die Kugeln zu 25 Pfund schießt)' ist nicht immer möglich: E. öhmann, Neuphil. Mitt. 1941, 84; Mar] et ta Wis 1965 Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedeska, Helsinki 159. Kartause /. Bruno v. Köln gründet den Kartäuserorden 1084 in Chartreuse bei Grenoble, lat. Cartüsia. Der Name wird mit dem Gedanken an mhd. hüs zu harthüs umgebildet, die Mönche heißen mhd. hartüser, harthiuser.
Karte
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Earte f. Das B l a t t der Fapyrusstaude heißt mit einem Namen wohl ägypt. Ursprungs gr. chartes m., lat. charla. Uber frz. carte 'steifes Blatt' wird spätmhd. karte entlehnt. Aus dem Ital. stammt die Bedeutung 'Spielkarte': 1461 vor 2 kartenspill (Marjetta Wis 1966 Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedesca, Helsinki 160). Vgl. K e r z e . Kartei f., der seit 1889 vorhandenen A u s k u n f t e i (s. d.) nachgebildet; zuerst als Name des sog. Klebeamts in Weimar nachzuweisen (Kluge 1896 Stud.-Spr. 68 4 ), noch in den neunziger Jahren zum Ersatz für K a r t o t h e k 'Kartenkasten' umgeprägt und in diesem Sinn verzeichnet seit Schirmer 1911 Wb. d. Kaufm.Spr. 96. Seither allg. sprachüblich geworden: Streicher 1928 Mutterspr. 43, 408ff. Kartoffel f. Das Nachtschattengewächs (Solanum tuberosum L.) stammt aus dem Inkareich. Die Knolle hieß dort (1538) Papas und war dort seit Jahrhunderten Massennahrung. Die Spanier nutzten sie auch auf ihren Schiffen und haben sie zuerst in ihre Heimat gebracht. Ein zweiter Einfuhrweg geht über Irland und England. In Italien bekam sie, weil sie der Trüffel ähnlich ist, den Namen Tarathopholi, Taraiouphli, der auf deutschem Boden zuerst in Briefen des Landgrafen Wilhelm IV. von Hessen 1691 auftaucht. Diese Formen führen zu dem bis um 1800 in der Gelehrtensprache üblichen eingedeutschten Namen Tartuff ein, Tartüffeln. Vereinzelt taucht um 1600 in der Schweiz Cartoufle auf, das wahrscheinlich Helianthus tuberosus meint und keinen Einfluß hatte: C- ist außerhalb sonst erst 1742 belegt. Die heutige Mundartkarte (vgl. B . Martin, 1925, Teuthonista 2, 64ff. und Deutscher Wortatlas X I ) bietet von Kartoffel abgeleitete Formen nur in Nord- und Ostdeutschland. — In rhein.-westfäl. Randgeb., im südwestl. Alemannischen, im baier.-österr. Sprachraum sagt man Erdäpfel. In kleineren Gebieten Schwabens, Thüringens, Sachsens, Schlesiens, Österreichs gilt Erdbirne. I m mittleren und südlichen Rheinland, im nördlichen Baden, in Teilen Schwabens, im Markgräflerland und in einem großen Teil Unterfrankens und im südöstl. Österreich kennt man Grundbirne. Der englische Einfuhrweg zeigt sich in den Gebieten, wo Ableitungen von Batata, das eigentlich 'Süßkartoffel' ist, so in Flandern und um Nürnberg, Erlangen. Knolle, Knülle herrscht in einem größeren Gebiete Brandenburgs; Nudel an der unteren Oder westl. bis Gransee, Erdschocke, Schocke findet sich in einem größeren Gebiete des westlichen Ostpreußen. Erdkastanie und Erdrube sagt man in Teilgebieten von Kärnten. Für weitere Einzelformen vgl. Lit. oben. In der Umgangssprache wie in bestimmten Mundart-
Käse
gebieten, die viel Kartoffeln ausführen, dringt Kartoffel gegen die mundartlich bestimmten Namen durch, z. B . im Odenwald und im Münsterlande. D t . Grundbirne ist weithin ins Slav., Magy.,Roman, entlehnt. Kretschmer, 1918 Wortgeogr. 266ff., für die Q u e t s c h k a r t o f f e l ebd. 3 8 3 f ; B . Martin in D t . Wortgeographie 2 (1963). Kartusche s. K a r t ä t s c h e . Karussell w. Zu pers. kurrä{k) 'Füllen' wird arab. kurradsch 'Spiel mit hölzernen Pferden' gebildet. Hier liegt möglicherweise der Ausgangspunkt des mittelalterlichen Ritterspiels mit Ringstechen, das über frz. caroussel und oberital. carosello im Ι δ . J h . zu uns gelangt und die Fühlung mit dem Rittertum noch lange wahrt: Sonntagischer Mercurius 1680, Woche 30 „Den 12. dieses ist das Corrusel gehalten . . . denen zwölf turnirende Cavallieren". Noch mit dem Jahrmarktskarussell des ausgehenden 19. J h . konnte ein Greifen nach Ringen verbunden sein. Namen wie österr. eis. R i n g e l s p i e l , sächs. R i n g e l r e i t e n , Reitschule, anderwärts R i n g e l r e n n e n sind geblieben: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 336; Kretschmer 2 6 6 f . ; Littmann 102. Karzer m. n. Auf die alte Entlehnung K e r k e r (s. d.) folgt die von lat. career m. im akad. Bereich, in Heidelberg 1387, in Tübingen 1477. Den Genus Wechsel hat das Vorbild von G e f ä n g n i s bewirkt, erkennbar seit 1711: Kluge 1895 Stud.-Spr. 98; Zs. f. d. Wortf. 1, 44. 2, 293. 12, 281. 16, 188; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 336 f. Kasack m. ' J a c k e ' . Türk, karnk 'Landstreicher, Nomade' ist als K o s a k Name der südruss. Steppen- und Reitervölker geworden. Ihre Tracht bietet das Vorbild für den kurzen Reitund Reiserock, der über frz. casaque als K o s a c k e in Fischarts Tagen unsere Männertracht beherrschte und neuerdings als K a s a c k in der Frauentracht gilt: Lokotsch 1927 E t y m . Wb. 1143. Kaschemme f . 'Verbrecherkneipe, schlechte Schenke' aus zigeun. katilma 'Wirtshaus': Lokotsch 1927 E t y m . Wb. 1129; S. A. Wolf 1955 Wb. d. Rotw.; Zigeunersprache Nr. 1382 und dies aus dem Slaw. ; zu Kretscham Bielfeldt 44. S. K r e t s c h a m . Kaschmir m. Aus der Landschaft dieses Namens (aind. käSmiras) im nordwestlichen Indien kommen der weiche Wollstoff und die Schals aus Ziegenwolle, die uns zu Beginn des 19. J h . über gleichbed. frz. cachemire erreichen, von dem auch nnl. cachemir und engl, cashmere ausgehen: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 3 3 7 ; Lokotsch 1116. Käse m. als wichtiges Nahrungsmittel der Germanen bezeugt Cäsar, Bell. Gall. 6, 22, so 23'
Kasematte
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daß das Wort des Plinius (Nat. hist. II, 239), der den Barbaren die Kenntnis der Käsebereitung abspricht, mindestens nicht allgemein gilt, es sei denn, Cäsar denke vielmehr an Quark. Das germ. Wort für Käse ist * justa (früh entlehnt zu finn, juusto; anord. ostr, dän. schwed. osi), zu lat. jus 'Brühe', aslav. jucha, aind. yüs(än) 'Suppe': die Wz. dazu ist *iu- 'mischen' in aind. yauii, yuváti 'vermengt', lit. jaùjù (jauti) '(das Schweinefutter) anrühren' (vgl. J a u c h e ) . Mit dem Übergang vom fließenden Sauermilchkäse zum festen Labkäse tritt spätestens im 6. Jh. lat. cäseus in den Gesichtskreis unserer Vorfahren und wird zu germ. *käsjus entlehnt. Daraus ahd. ehäsi, käsi, asächs. käsi, Mesi, mhd. kœse, mnl. cäse, ags. cëse, engl, cheese. Außerhalb entsprechen air. cäise, akorn. côs, kymr. caws, abret. cos-, mbret. quem- 'Käse' (alle aus dem Lat.), span, queso, ital. cacio. Dagegen ist in frz. fromage, oberital. formag ein vulgärlat. *formatieus 'Formkäse' an die Stelle getreten; dazu vereinzelt ahd. formizzi. Kasematte /. 'Wallgewölbe'. Die in die Festungsgewölbe eingebauten, von außen nicht sichtbaren Räume werden ital. casamatta genannt. Das Wort ist in Ravenna aus mgr. chisma, chásmaia 'Erdkluft' entlehnt. Uber frz. casemate gelangt es seit Schwendi 1593 in die militär. Fachsprache Deutschlands: Baist, Roman. Forsch. 7, 414.10,177 f. Kaserne /. in den Fremdwb. seit Stieler 16 5 Zeitungslust. Das vorausliegende frz. caserne stammt aus prov. cazerna, urspr. 'kleiner Raum auf Festungen, der die (vier) zur Nachtwache bestimmten Soldaten birgt'. Aus vulgärlat. *quaderna, lat. quaterni 'je vier'. Im Ital. wurde daraus (unter Anlehung an arma 'Waffen') caserma. Als Lehnwort von dort gilt in Bayern und Schwaben K a s e r m , K a s a r m : Zs. f. d. Wortf. 10, 128. M i e t s k a s e r n e kommt in Berlin 1871 auf: Ladendorf 1906 Schlagwb. 203. Bedeutungsverwandt das jüngere W o h n h ö h l e : W. Linden 1943 Dt. Wortgesch. 2, 405. Kasino n. Zu lat. casa 'Haus' gehOrt ital. casino, das bei Beschreibung ital. Gesellschaftshäuser, zuerst des Casino dei Nobili in Florenz 1775 in dt. Texten auftritt und von da auf unsere Offizierhäuser übertragen wird. In München 1872 geht die Bezeichnung vom Haus auf die darin versammelte Gesellschaft über: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 337. S. K l u b . Kasee f . Lat. capsa 'Behältnis' (s. K a p s e l ) hat ital. cassa ergeben, das bei uns als cassa seit Rem 1614 Tageb. hd. von Greiff 18 heimisches G e l d k i s t e , S c h a t z k a m m e r ersetzt. Die fremde Endung gilt bis Ende des 17. Jh. allgemein, in Geschäftssprache wie in bair.-österr. Umgangssprache hat sie sich erhalten. K. steht
Kastanie
im Kreis ital. Handelswörter wie Agio, B a n k , Bankerott, Bilanz, Debit(o), Diskont, Kredit, Lombard, Numero, Obligo, P o s t e n , R e s t , S a l d o , S t r a z z e usw.Diereiche Sippe, die das Wort im Nhd. wie in den westeurop. Sprachen entfaltet, bei Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufmannsspr. 96f. S. auch k a s sieren. Kasserolle f . 'Schmortiegel, Bratpfanne'. Zu afrz. casse 'Tiegel mit Stiel' gehört frz. casserole 'Schmorpfanne', woneben mundartl. castróle steht. Als C a s t r o l erscheint das Wort 1701 bei uns (H. Schulz 1913 Fremdwb. I, 338), seither gilt auch K a s s e r o l l e fast im ganzen Reich und in einem Grenzsaum Österreichs: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 633. Kassiber m. 'heiml. Schreiben der Gefangenen'. Hebr. käthabh 'schreiben' liefert über das Part, kSthibhä 'Geschriebenes' ein f.Käslfe 'Ausweispapiere' in schwäb. Kundensprache (H. Fischer 4, 247). Unser K a s s i b e r (das. 6. 2271) hat dt. Endung bekommen: Littmann 1924 Morgenl. Wörter 56; S. A. Wolf Wb. 2510. kassieren Ztw. Zu K a s s e (s. d.) wird ( e i n k a s s i e r e n kaum vor 1624 gebildet: Schirmer 1911 W'>. dt. Kaufmannsspr. 51. — Schon 1492 begegnet Eidgenöss. Absch. 3, 1, 411 c a s s i e r e n 'entlassen, abdanken' als Entlehnung aus gleichbed. ital. cassare. Dies zu lat. cassus 'leer, nichtig', adj. Part, zu earère 'entbehren', das sich mit lat. quassäre 'schütteln, zerschlagen, zerbrechen' gekreuzt haben mag. Die frz. Entsprechung casser 'zerbrechen' hatte schon 1331 köln. casseirn ergeben. Durch mnl. casseren ist engl, cashier 'entlassen' vermittelt. K a s s i e r e r ist nach ital. cassiere in Basel 1474 als C a s s i e r übersetzt: Marjetta Wis 1955 Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedesca, Helsinki 161. Kastagnette /. Die Tanzklapper ist nach ihrer Ähnlichkeit mit der K a s t a n i e (s. d.), aus dor sie gewiß ursprünglich hergestellt wurde, span. castañeta benannt. Entlehnung von da bezeugen 1618 die Span. Prakticken 19 „auf die spanische Art mit Castaneten an den Händen". Kastanie f . Mhd. k§sten(e), ahd. kestin(n)a, alem. chestinna (im heutigen Obd. khçBd), ags. ciestenbèam beruhen auf Entlehnung aus spätlat. castinea. Lat. castanea hat im 15. Jh. K a s t a n i e ergeben; diese Form hat unter Luthers Einfluß im Nhd. gesiegt. Das lat. Wort stammt aus gr. (kárya) kastáneia, das die Früchte bezeichnet, wie kdstanon den Baum. Mit armen, kask 'Kastanie', kaskeni 'Kastanienbaum' ist das gr. Wort aus einer vorderasiat. Sprache entlehnt. Die pontische Stadt Kastanis heißt nach dem Baum, nicht umgekehrt (vgl. K i r s c h e ) . S. Roßkastanie.
Kaste
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Easte /. Port, casta 'Rasse, Abkunft', urspr. (als subst. /. des lat. Adj. castus 'rein') 'unvermischte Rasse' der Iberer gegen Mauren, wenden die Portugiesen des 16. Jh. auf die abgeschlossenen Stände Indiens an, gelangt über frz. caste seit Wieland 1772 Goldn. Spiegel 2, 15 zu uns. Aus unmittelbarer Kenntnis Indiens spricht Stöcklein 1726 Weltbot 3, 42a von Casten. — Vgl. Kastengeist. kasteien Ztw. Lat. castigare 'züchtigen' (zu castus 'sittenrein') wird mit dem Christentum (vgl. Kreuz, Priester) aus der lat. Kirchensprache übernommen. Ahd. chçsfàgôn hat (wie predigen und die Masse der ahd. Lehnwörter) deutsche Betonung. Neben mhd. kfstlgen steht md. kastigen; dessen Entwicklung zu Luthers casteyen (3. Mos. 16, 29 und noch sechsmal im Alten Test.) vergleicht sich der von benedeien und (ver)maledeien. Kastell n. Zu lat. Castrum 'Festung' gehört als Verkl. castellum, entlehnt zu ahd. kástel·, so bis heute in Ortsnamen. Um 1200 folgt mhd. kastei (Gottfried von Straßburg) als Lehnwort aus dem Pikard.-Mnl. Auch in der etwas jüngeren Bed. 'Aufbau auf einem Kriegsschiff' ist das Wort aus dem Ital. im 16. Jh. entlehnt: E. öhmann, Zs. f. Mundartfg. 20, 94; Neuphil. Mitt. 1964,77; Marjetta Wis 161. Ende des 16. Jh. wird K a s t e l l aus dem Lat. oder Ital. neu entlehnt. Kastellan m. mhd. kastel(l)än 'Burgvogt' aus pikard. castelain, mhd. seha(h)telän aus ostfr. chatelain, s. F o r s t , Sechter. Beide zu fränk. Adj. casteUänus 'zu einem castellum gehörig'. Kastenmännchen n. im Rheinland und in Hessen die Münze von zwei guten Groschen oder 28 Pfennigen: mit deutscher Verkl. zu jidd. kaph chess '28', denn das preuß. Zweigutegroschenstück galt 28 Pfennig. Zuletzt für das bis 1914 gültige 26 Pfennigstück. Wolf Rotw. 2608. Hess. Kassemännchen Pfister 1886 Nachtr. zu Vilmars Id. 26; westfäl. kassmänneken 'zweieinhalb Silbergroschen'. Blieb als kleinste Münze in der Kasse, der man die bequemeren Groschen entnahm: Frankf. Allg. Ztg. 16. 6. 69. Kasten m. ahd. kasto, mhd. käste 'Behälter': dasselbe wie mhd. mnl. käste 'Kornscheuer', sowie rhein. käste 'Kornkasten, Garbenhaufen auf dem Feld'. Verwandt mit K a r , s. d. Zur umgangssprachl. Verbreitung der versch. Bedeutungen s. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 36. 303. 473 f. 626. Zum bergmänn. Gebrauch des Worts Zs. f. d. Wortf. 13, 111. Lett, käste beruht auf der Entlehnung aus dem Dt.: J . Sehwers 1927 Zs. f. vgl. Sprachf. 64, 16. Kastengeist m. Kaste (s. d.) ist im Zeitalter der Frz. Revolution Schlagwort der bürgerl.
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Kater
Aufklärung geworden. Mit dem Gedanken an die bevorrechteten Stände prägt Seume 1797 unser Wort: Zs. f. d. Wortf. 6, 116. 7, 148; Ladendorf 1906 Schlagwb. 162 f. Kastrann m. 'Hammel', mhd. (seit dem 14. Jh.) kastrün, -oun, -aun. Venez, castrone 'kastriertes Schaf' ergibt engad. éastrun, grödn. kastron usw. Von den Rätoromanen gelangt es mit deren Landwirtschaft zu den tirol. Nachbarn und verbreitet sich noch vor 1400 bis Regensburg, später auf unsern ganzen Südsaum von der Schweiz bis Kärnten. Allmählich zieht es sich wieder auf Tirol zurück: P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 228f.; E. öhmann, Neuphilol. Mitt. 1942, 24; Marjetta Wis 1966 Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedesca, Helsinki 162. Nächstverwandt sind K a s t r a t und kastrieren. Kasuar m. Der ostind. Strauß heißt mal. kasu· suwärt. In der durch nnl. casuaris vermittelten Form Kasewaris erscheint er seit Münster 1628 Kosmogr. 1603, als Casuar seit Hübner 1712. Entspr. in den meisten europ. Sprachen. Katafalk m. 'Trauergerüst'. Gr. katd, volkslat. cata 'gemäß, zum Zweck' und lat. jala 'hohes Gerüst' ergeben volkslat. *catafalicum. Ital. catafalco erreicht und über frz. catafalque 'Leichengerüst' 1773 als Catafalque. Die heutige Form setzt Schiller 1803 durch, s. H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 339 und S c h a f o t t . Katarrh m. 'Schnupfen' aus gr. katârrhûs 'Herabfluß', in dt. Text seit L. Fries 1619 Spiegel d. Arznei 117 d . Das entbehrliche Fremdwort hält sich, obwohl seit dreihundert Jahren die humoralpathologische Lehre widerlegt ist, das Gehirn stelle Schleim her, der in den Körper 'hinab' 'fließen' (katd rheln) und ihn krank machen könne: Steudel 12. — Zur Geltung von Katarrh in der Mundart anstatt Schnupfen s. d. Katastrophe f., aus griech. katd 'herab', stréphein 'wenden'. S. Strophe. . Kate s. Kot(e). Katechismus m. 'Religionsbuch zum ersten Unterricht' wie kirchenlat. catechismus, das Augustin (f 430) nach gr. katëchismôs 'Unterricht, Lehre' eingeführt hat. Gr. katèchkein 'unterrichten' ist Weiterbildung zu katècheïn 'entgegentönen', das zuerst die Stoiker für 'mündlich belehren' verwenden. Katd bedeutet 'gegen', ècheïn 'schallen'; s. Echo. Kater 1 m. Ahd. kätaro (η-Stamm), mhd. k&ter(e) ist mit mnd. mnl. kater, engl, caierwaul 'Katzengeschrei' verwandt und nimmt mit den Typen Kater, Kader in dt. Wortgeographie weithin den größten Raum ein, im Rheinpfälzischen wird letzteres regelrecht zu Karer, von Westfalen bis zur Wesermündung Bolz(e), Bolzen, am Oberrhein Rolle, in Schwaben
Kater Retting,
Railing,
in seinem Südosten
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Katzengold
Bohle; 486 denkt an K a t z b a l g m., seit 1492 als 'Tor-
vgl. noch Heim unter H i n z : Christiane Plaehn, Karte 'männliche Katze' zum Deutschen Wortatlas XIII. Das einfache t gegenüber der Geminata von K a t z e (lat. catta erweist hohes Alter für die Mask.-Bildung, d kann nicht binnendt. Konsonantenschwächung bedeuten, denn jener Rhotazismus zu -r-, -rrsetzt älteres d voraus). Da ist an das Nebeneinander von vulgärlat. t: d in K e t t e 2 (s. d.) caténa: *cadêna k:g in p r e d i g e n (s. d.) zu erinnern. Auf -er (germ, -ran-) werden auch sonst Namen männl. Tiere gebildet, vgl. Ganser, M a r d e r , T a u b e r , r geht auf ζ zurück, das in gramm. Wechsel mit s in nd. käts, köts 'Kater' steht: Kluge 1889 Beitr. 14, 686. Kater2 m. 'Katzenjammer'. K a t e r ist in Leipzig die volksübliche Eindeutschung für K a t a r r h (wie in Thüringen látter für L a t e r n e steht): Albrecht 1881 Leipz. Mundart 144. Hippel 1793 Kreuz- und Querzüge 1, 109 sagt noch „weder von einem physischen noch von einem moralischen Catarrh . . . befallen". In solche Formeln fügen Leipziger Studenten seit etwa 1860 ihre heimatl. Form, die über die Stud.Sprache weiteste Verbreitung gefunden hat, z. B. auch ins Nnl.: Kluge 1904 Zs. f. d. Wortf. 6, 262. Katheder m. «., früher /. '(erhöhter) Lehrstuhl', seit dem 16. Jh. in Kirche, Schule und Hochschule üblich: aus gleichbed. mlat. cäthedra, das auf gr. kathédra f . 'Stuhl, Armsessel; Lehrstuhl' beruht: aus katá 'nieder' und hédra f . 'Sitz' zur idg. Wurzel *sed-, s. s i t z e n . Kathedrale f . 'bischöfliche Hauptkrrche', seit J. G. Forster 1791 Ans. v. Niederrh. 1, 116 für C a t h e d r a l k i r c h e , das schon 1541 im Codex dipl. Sax. reg. 2, 3 Nr. 1422 begegnet: noch mlat. ecclesia cathedralis 'zum Bischofsitz gehörige Kirche'. S. K a t h e d e r . KStner s. Kot(e). Kä(t)scher s. K e ( t ) s c h e r . Kattun m. Arab, quin 'Baumwolle', ein Fremdwort, das aus Ostafrika stammen mag, liefert über nnl. katoen im 17. Jh. unser Wort, das noch Leibniz 1682 Ermahn. 293 C a t o e η schreibt : Η. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 342; Zs. f. d. Wortf. 8, 67.16,188. S. B a u m w o l l e und W a t t e . katzbalgen Ztw. nicht vor Geiler v. Kaisersb. 1608 Predigen und Leeren 144 b „sie lugent üch beiden zu, wie ir einander beißent und katzbalgent". Kluge sieht darin ein Bild aus einer Tierfabel, in der sich Hunde um ein gefundenes Katzenfell zanken, und erinnert an Henischs Übersetzung von Mizaldus 1682 Neunhundert Geheimnuß 129 „die Hunde, wenn sie ein Katzenfell gefunden haben, wälzen sich über demselben". Kurrelmeyer 1921 Mod. lang, notes 36,
nister der Landsknechte' nachgewiesen, und die Wendung „mit einem im K. liegen". Bahder 1925 Wortwahl 125 denkt an das Spiel „mit einem die Strebkatz ziehen", nnl. katjesspel. Es fehlen ausreichende Zeugnisse. Das M. K a t z b a l g e r "kurzes Schwert, Nahkampfwaffe der Landsknechte' ist erst vom Ztw. abgeleitet. Charier fragt Etudes Germ. 1962, 272: aus gr. kaiaboU "Niederschlag' ? Katze F. ahd. kazza, mhd. katze, mnd. mnl. afries. katle, ags. catte, anord. kçttr m., ketta f .
ein gemeineurop. Wort. Spätlat. cattus, catta 'Hauskatze' treten um 360 n. Chr. auf (R. Blankenborn 1909 Zs. f. d. Wortf. 11, 312ff.). Die Geminata -ti- mag gegenüber -t- in 'Kater' (s. d.) aus expressiver Gefühlsbetontheit herzuleiten sein. Dessen Spiegelungen sind ital. gatto, frz. chat. Weiter vergleichen eich air. gäl. cat, kymr. cath (ein ir. Fürst Cenn Caü 'Katzenkopf' regiert um 60 n. Chr.); gemeinslav. kotü 'Kater', lit. katl 'Katze', kätinas 'Kater', dazu serb. kotiti 'Junge werfen', kot 'Brut, Wurf'. Das späte Auftreten im Latein, die Art der Verbreitung und die Mannigfaltigkeit der germ. Bildungen (s. K a t e r 1 ) lassen germ. Ursprung erwägen. In Orts-, Flur- und Sachnamen ist germ. *kat(t)'Krümmung' häufig ( K e t t w i g O r t an der Flußbiegung', lat. catëia 'gekrümmte Wurfwaffe' teutonico ritu): somit 'Tier mit dem krummen Rücken'? W. Kaspers 1942 Zs. f. vgl. Spracht. 67, 218f. — Die K ä t z c h e n am H a s e l s t r a u c h heißen im Bayr.-Österr. Palmkäiela, in Ostfalen, Ostpommern, Ostpreußen Schäfchen, an der Mosel u. in Westfalen Lämmerchen, -ken, schwäb. Märzanudla: Dt. Wortatlas 10. Katzelmacher m. als Scheltname des Italieners in Wien schon 1741 volksläufig, zielt ursprünglich nur auf die Grödner in Südtirol, die bis ins 19. Jh. hölzernes Küchengerät herstellten und vertrieben, besonders G g a t z l e n 'hölzerne Schöpfkellen': Verkl. zu tirol. ggdtze 'Schöpfkelle', dies aus gleichbed. venez, cazza. Abwegig E. Trauschke 1920 Germ.-rom. Monatsschr. 8,105; A. Barth 1935 Vox Romanica 1, 22.
Katzenbuekel m. 'gekrümmter Rücken nach Katzenart als Zeichen unterwürfiger Schmeichelei'. Kaum vor Lessing 1767 Minna v. Barnhelm 3,1. Gebucht seit Campe 1808. Katzengold n. tritt schon im frühesten Md. auf als Bezeichnung des goldgelb ausfließenden Kirschharzes, das auch K a t z e n g u m m i , - k l a r heißt. Unabhängig davon wird K. im Bergbau des 16. Jh., zuerst bei Paracelsus (Werke I 8, 153), zum Namen des goldglänzenden Glimmers, sonst K a t z e n g l i m m e r . Beidemal ist damit 'falsches Gold' gemeint und an die Falschheit der Katzen gedacht.
Katzenjammer
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Katzenjammer m. nicht vor Wichmann 1768 Antriciticus 602 „es giebt eine Krankheit des Leibes, die zuweilen unglückliche Menschen mit den Katzen gemein haben und die deßwegen der K. genannt wird". Demnächst Arndt 1804 Reisen 3, 370 und K. Jul. Weber 1843 Verm. Schriften 310, der K. 1806 von livl. Baronen in Heidelberg zuerst gehört hat. Als Heidelberger, nachmals Frankfurter Wort aufgenommen von Börne, Brentano, Eichendorff, Gaudy, Görres, Goethe, Heine, Platen. M o r a l i s c h e r K. seit Jäger 1835 Felix Schnabel 263. Weiterhin im 19. J h . gekürzt zu J a m m e r und beeinträchtigt durch K a t e r 9 , s. d. In Aachen nennt man es auch G ö b b e l (Müller und Weitz 69), in Schwaben H a a r w e h (frz. mal aux cheveux), in der alten Schweiz T r ö s c h e r (Maaler 1561): Zs. f. d. Wortf. 1, 76.12, 281; Kluge 1895 Stud.-Spr. 98; 1912 Wortf. und Wortgesch. lOOff. Katzenkraut s. B a l d r i a n . Katzenmusik /. scherzhaft für 'Katzengeheul' Stieler (1691) 1313; 1799 (als Beitrag Gießens zu student. Sitte) Laukhard, Schiida 3, 93 „Als der Verfasser 1777 in Gießen studirte, bekam der Rector Höpfner ein Abendständchen und zwei Tage darauf eine K. und eine Fensterkanonade". Von Gießen, für das auch Laukhard 1799 Karl Wolfstein 1, 215; 1804 Eulerkapper 245 und Vollmann 1846 Burschik. Wb. zeugen, durch die Unruhen von 1838 und 1848 weiter getragen, durch Goethe, Lenz und Varnhagen literar. geworden. Früher beeinträchtigt durch C h a r i v a r i , K a t z - und H u n d e m e s s e , P o l t e r - , S p o t t m u s i k : Kluge 1895 Stud.-Spr. 98; Zs. f. d. Wortf. 2, 293. 3, 98. 8, 12; Ladendorf 1906 Schlagwb. 165 f. Katzentisch m. Scherzausdruck des 17. J h . für den Stubenboden: Gansler 1698 Lugenschmid 2,321 „auf dem Katzen-Tischle, wie wir zu reden pflegen, nehmlich auf dem Boden, gespeißet werden". Für den kleinen, abseits stehenden Tisch, an dem Kinder (zur Strafe) essen müssen, kaum vor Wieland, Goethe und Jean Paul; gebucht seit Campe 1808. Seither (wie K a t z e n b ä n k l e i n , - s t ü h l c h e n ) allg. auch in den Mundarten, s. die Nachweise bei H. Fischer 1914 Schwab. Wb. 4, 283. Katzoff m. 'Fleischer', 'Schlächter'. Jidd. kazzow, -uio, -ew 'Fleischer', nhebr. kassäl· 'Metzger' von bibl.-hebr. kässab 'abschneiden', nhebr. 'abhacken, schlachten'. In den Mundarten am Ober- und Mittelrhein zwischen Karlsruhe und Koblenz mit Schwerpunkten im Hessischen, außerdem häufig im rheinisch-westfälischen Industriegebiet belegt. Verstreut um Berlin, an der Oder- und Weichselmündung. In der Mehrzahl für 'Schlächter' gebraucht. Im Rotwelschen seit 1733. Davon abgeleitet selten belegtes kat-
kauern
eufen, kazofen 'schlachten'. H. P. Altliaus in Zs· f. dt. Sprache 21 (1965). kauderwelsch Adj. Längst vor den Zeugnissen für das Adj. (die bei dem Ulmer Hieron. Emser 1521 Quadrupl. C l b einsetzen und von Süden vordringen, bis Stieler (Erfurt 1691) 2423 Kuderwelsch als erster bucht) tritt ein Tuchscherer Bermannus Kudirwale in Köln 1247 (Köln. Zunfturk. 1, 222 Lösch) und ein Berchtold, Khawderwalch 1379 als Bürger von Rain am Lech auf. Es sind Rätoromanen aus dem Rheintal von Chui, dessen Name im benachbarten Tirol seit etwa 1050 Kauer lautet. Über K a u r e r ist K a u d e r w e l s c h entwickelt. Die schwer verständliche Sprache erfährt schon um 1450 bei dem Schwaben Herrn, v. Sachsenheim unverdienten Tadel : „Churwalchen ist ein pöse Sprach, bsunder in dem Engendin". 1638 hatte in Wittenberg der aus dem graubünd. Münstertal stammende Student Simon Lemnius Ärgernis erregt. Daher Luthers Zornwort: „Behüt unsere Nachkommen vor der Chauderwelschen oder Churwallen kahlen Glossen". Verwandte Ausdrücke für 'unverständlich' sind k a u d e r - , u c k e r wendsch in der Mark, k i n d e r w e l s c h bei Fischart, k r a u t w e l s c h bei Moscherosch und tirol., k l u g w e l s c h in den Dolomiten, h e c k e welsch bei Cramer 1796 Raph. Pfau 2 , 1 0 6 : A. Götze 1901 Beitr. 24, 474f.; R. v. Planta, Bündn. Monatsbl. 1931, lOlf.; Hubschmied 1943 Roman. Helv. 20, 127. Kaue s. K ä f i g , K o j e . kauen schw. Ztw. (früher stark) aus md. küwen gegenüber mhd. kiuwen (vgl. Ν au m b u r g, s. n e u , w i e d e r k ä u e n : w i e d e r k ä u e n ) , ahd. kiuwan, mnd. keuwen, nnl. kauwen, ags. cèowan, engl, chew, anord. tyggja, tyggva (k des Anlauts ist vor Velar in t ausgewichen), dän. lygge, schwed. tugga 'kauen'. Germ. *ketvw(i)an. Innerhalb des Germ, sind verwandt ahd. kêwa, mhd. ki(u)we, këwe, kouwe f. 'Kiefer, Kinnbacken, Rachen; was gekaut wird, Speise', mnd. kiwe, asächs. kio, Mz. kian, ags. cían Mz. 'Kiemen', sowie die Ableitungen mnl. coon (aus *kaunö) 'Kiefer', afries. ziäke 'Kinnbacken', mnd. küse, mnl. küze (ablautend kieze), afries. kèse 'Backenzahn'. Außergerm, vergleichen sich serb.-aslav. Suju, iivati, russ. ievdt' 'kauen', lit. Siáunos Mz., lett. iaünas Mz. 'Kiefer; Fischkiemen', armen, kiv 'Baumharz' (urspr. 'Kauharz'), pers. jävidan 'kauen', toch. swä 'essen'. S. K i e m e . kauern Ztw. mnd.küren lauern,'spähen' ; mengl. couren, engl, cower, dän. küre, schwed. küra in nhd.Bed.; isl., norw. mundartl. küra' zusammengekauert daliegen'. Nächstverwandt gr. gyrós rund, krumm', gyros 'Kreis': mit r-Suffix zu idg. *geu- 'biegen, krümmen, wölben'. Früh aus dem Germ, entlehnt ist finn, keuru 'krumm'.
Kauf
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Kant m. mhd. ahd. kauf, asächs. mnd. köp, mnl. coop, nnl. koop, afries. köp, ags. cèap, engl. cheap, anord. kaup, schwed. köp, dän. heb: zu kaufen, s. d. und T. E. Karsten 1928 Die Germanen 206. kanten Ztw. (in nd. Ma. umgelautet köpen, ζ. B. ostpreuß. képe, in md. Ma. kaufen), mhd. koufen, ahd. kaufen, koufön, asächs. köpian, köpön, anord. kaupa, got. kaupön 'Handelsgeschäfte treiben'. Das Verb zeigt die Bed.-Fülle 'Tauschhandel, Handel treiben, ein-, ab-, verkaufen*. Es geht zurück auf das Nomen agentis ahd. koufo 'Händler', ïsanchôfo 'Eisenhändler', stahilchöfo 'Stahlhändler', wofür das erst mhd. koufmann, mnl. coopman für ani. köpe, verdeutlichende Zus.-Setzung ist wie E l e n - , Maul-, Murmel-, R e n t i e r , Hirschkäfer, Samstag, Schmeißfliege, Thun-, Walfisch, Tuffstein, T u r t e l t a u b e , Windhund. Jene Zusammensetzung hat zuerst das Ags. cypeman um 890 neben cypa. Jenes koufo beruht auf früher Entlehnung aus lat. caupo 'Schenkwirt, Höker' (dazu caupönäri 'schachern'), das zwar in den roman. Sprachen fehlt, aber um 100 n. Chr. am Mittel- und Niederrhein von röm. Soldaten zu Germanen gelangen konnte: J . Brüh, Zs. f. dt. A. 83 (1961) 92. Ähnlich asächs. mangón 'handeln' aus lat. mangö ' Händler', wozu gleichbed. ags. mangere, engl, monger. As lav. kupiti 'kaufen' stammt aus got koupön. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie für 'verkaufen'. KauHahrer M. mnd. köpfarer, nnl. koopvaarder 'Schiff, das für den Kauf, die Handlung bestimmt ist; dessen Führer'. In hd. Text seit 1672. K a u f f a h r t e i /. nd. köpfärdie 'Schiffahrt, die die Handlung zum Zweck hat', aus mnd. köpvart. Dazu hd. Kauffahrdeyschiff seit 1678: Kluge 1911 Seemannsspr. 434f. Kaul- in den Zus.-Setzungen K a u l b a r s c h , -köpf, -quappe, omd. Quark-, Käsekäulchen bed. 'Kugel von geringem Umfang'. Mhd. küle, frühnhd.fomieist zus.-gezogen aus kugele, wie steil aus steigel. S. Keule, Kugel, Quappe. — Die vielgestaltige Wortgeographie von „Kaulquappe" bei Gisela Bang, Dt. Wortatlas V. kaum Adv. mhd. küme als Adj. (?) 'schwach, gebrechlich', als Adv. (ahd. chumo, kümo) 'mit Mühe, schwerlich'; dazu das Adj. kümlg 'kraftlos, mühsam'. Grundbed. ist 'kläglich', so in mengl. lame, mnd. küme, westfäl. niederhess. kyme. Ihrer Entwicklung zu nhd. 'kaum' vergleicht sich die des gleichbed. lat. aegre (Adv. zum Adj. aeger 'krank'). Die ältere Bed. zeigen ahd. ehümön, kümen 'trauern', asächs. kümian 'beklagen'; dazu noch schwed. mundartl. kaum 'Klage' und (ohne Wurzelerweit.) ags. degan (aus *kaujan) 'rufen'. Die außergerm. Verwandten s. u. K ö t e r ; vgl. Kauz.
Kavalier
Eauri(mneehel) f. Cypraea moneta, hindust. kauri, in Asien und Afrika als Geld in Umlauf, darum ins Nhd. gelangt. Gleichen Ursprungs sind engl, cowry, span. frz. cauris usw. Kaute f. 'Grube' Christmann, ZfMundartfg. 31, 194; Kroes, Germ.-Rom. Ms. 1969,86: urspr. 'Wohngrube'; nl. Kot, engl, cot 'Häuschen'. Kautsch f. 'Liegestatt mit niedrer Lehne', ersten Weltkrieg in Deutschland noch unbekannt, 1916 Kautsche in der Schweiz (Zs. d. Sprachv. 31,140). Entlehnt aus engl, couch. Frz. couche 'Lager', Rückbildung zu coucher 'niederlegen', im 12. Jh. aus lat. collocare 'legen'. — 1660f. D. Chroniken d. dt. Städte X X X I I I 8 (Gotha) S. 26: das gautschen bettstättlin. Kautschuk m. n. Ein Indianerwort cahuchu bezeichnet in Peru den dort gewonnenen klebrigen Baumsaft. Daraus gleichbed. span. cauchü, das durch den Franzosen de la Condamine 1736 als frz. caoutchouc nach Europa gelangt. Im Dt. begegnen 1761 Cachuchu, 1786 Cauchu und Kautschu. Die Form auf -k setzt A. v. Humboldt 1816 durch: R. Loewe 1933 Zs. f. vgl. Sprachf. 60,162ff.; Palmer 68f.; Κ .Wagner 1943 Dt. Wortgesch. 2, 329. S. Gummi. Kauz TO. Für die Eulenart ulula tritt im Dt. erst im 16. Jh. die Bezeichnung (stein-)küz(e) auf, die sie von der Ohreule (osto) scheidet. Da man Eulen selten sieht, nennt man sie nach ihrem Geschrei. So ist mhd. küze 'Schreihals', nächstverwandt mit mnd. küten 'schwatzen', s. kaum und K ö t e r (dort die außerdt. Entsprechungen). Als Nachtvogel, der gegen das Licht fliegt, stößt der Kauz gelegentlich gegen die Fenster nächtlich erhellter Krankenstuben. Darum und weil er gern in der Einsamkeit von Kirchen nistet, bemächtigt sich seiner der Aberglaube, benennt ihn ahd. mgla (mit -t'Jö-Suffix zu germ. *wîg- in ags. wiglian 'weissagen'), vnhlia (in gramm. Wechsel zum vorigen), mhd. klagemouter, nhd. T o t e n - , Leichen-, S t e r b e - , Kirchen-Huhn, -Vogel, - K a u z , und deutet seinen Ruf kiwitt als 'komm mit'. Weiteres bei H. Suolahti 1909 Vogelnamen 319 ff. Der Name des bei Tag unsicheren, scheuen Vogels erscheint seit dem 16. Jh. als Schelte des Sonderlings. — Nach äußerer Ähnlichkeit heißt der aufgesteckte Frauenzopf Kauz. kanzen Ztw. 'kauern' : mit diesem zur gleichen Wz. Erst nhd. belegt, doch seiner Bildung nach von germ. Alter: -zen weist über ahd. -(a)zen auf germ. *küw-atjan. Kavalier m. Zu lat. caballus M. 'Pferd', einem alten Wanderwort wohl kleinasiat. Ursprungs (E. Maaß 1926 Rhein. Mus. 74, 469; P. Kretsch· mer 1928 Glotta 16, 191) gehört ital. cavaliere 'Reiter, Ritter', das über gleichbed. frz. cavalier
Kavallerie
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kehren
am 1600 zu uns gelangt, zunächst als Titel der Kees n. 'Gletscher' als Wort der bair.-österr. Angehörigen eines ritterl. Ordens, seit 1614 allg. Alpen. Aus ahd. chës 'Eis', wie ja auch Gletals 'adliger Herr, Hofmann'. Die weitere Ent- scher (s. d.) aus einer Bezeichnung für 'Eis'. wicklung bei Fr. Schramm 1914 Schlagworte der Verwandte fehlen. Mhd. kës, kis 'fetter Boden, Àlamodezeit 32 If. steiniger Sand' (Kroes, GRMs. 1955, 78), liegt Kavallerie /. 'Reiterei', gleichen Stammes wie zu fern. Kegel m. Mhd. mnd. ktgel 'Kegel im Spiel; K a v a l i e r (s. d.). Nachdem bis über die Mitte des 16. Jh. R e u t e r e i und reisiger Zug allein Knüppel, Stock', ahd. kçgil 'Pfahl, Pflock' weigegolten hatten, taucht das roman. Kriegswort sen auf westgerm. *kagila-, Verkl. zu schwäb. 1669 in dt. Zeitungen auf, doch wird Kavalie- bair. Kag 'Strunk, Kohlstengel', nl. keg 'Keil', re y noch 1638 im Teutschen Michel als modisches ags. ceacga, engl, mundartl. chag 'Ginster', Fremdwort verspottet. Neben der auf frz. cava- schwed. mundartl. kage 'Baumstumpf' (woraus lerie beruhenden Form steht z. B. de Bry 1617 entlehnt engl, cag 'Stumpf'), norw. kage 'niedrer General Feldoberst 2 cavalleria in ital. Gestalt. Busch', anorw. Kagi als Beiname. Dazu mit K a v a l l e r i s t kaum vor Adelung 1775: Zs. f. d. Kons.-Dehnung mnl. kegghe, nnl. kegge 'Keil', Wortf. 14, 44f.; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, anord. kaggi, schwed. kagge 'Fäßchen'. Weiteres auch die bait. Verwandten, s. u. Kufe 1 . — Das344. Kaviar m. Der Rogen des Stör heißt russ. ikrd. selbe Wort liegt vor in spätmhd. kçgel 'lediges Nach Westeuropa gelangt tiirk. chävijär aus dem Kind', das sich in der stabenden Formel mit Iranischen, und zwar aus einer Mundart des Kind und Kegel wie in den Fam.-Namen Kaspigebietes; neupers. châviyâr zu chäya 'Ei' Kegel(mann), Kögel gehalten hat. Vielleicht •där 'tragend', also 'Rogenfisch, Stör' ; danach ist die Bedeutung 'Bastard' aus älterem 'Eis'Rogen, Kaviar': W. Eilers, Kaviar, in: Jñana- zapfen' (Lexer I 1535) entwickelt: im Modus MuktälvaK-Festschrift Joh. Nobel, Neu Dehli Liebine erzählt die untreue Frau, sie habe Schnee 1969, 48. Im Dt. C a v i a r bei Hulsius 1628 gegessen, davon sei ihr das Kind gewachsen (A. liegt (wie bei Bengel, Prügel, S t i f t ) allgemein Schiff. 14, 17. Kebse f . Mhd. kß(e)se, asächs. kévis, mnd. geringschätzende Bedeutung voraus. heves, mnl. kevese, ahd. chébis, kébisa, ags. áefes kegeln Ztw. 'Kegel schieben' erst nhd., dafür führen auf *kaviö- zu lat. cavea + isio; des landschaftl. bosseln (posein Steinbach 1734; Ahd. hat daneben kevia: f., hier geschwächt: südthür. boseln); bair. sc mareglen (seit Duez b im gramm. Wechsel, fielen am Niederrhein 1662). Das bair.-österr. auskegeln 'verrenken' zusammen, b blieb in hd. kébse 'eine, die in der (Kretschmer 1918 Wortgeogr. 549) gehört zu Hütte, Bettlerbude wohnt* oder 'Bettgenossin'; landschaftl. Kegel 'Knöchel, Gelenk'. f . in zugehörigem Käfig. E. Rooth, in: FestKegelschnitt m. Nachdem Dürer 1525 vom gabe f. Ulrich Pretzel 1964, 301. schnydt durch einen kegel g e s p r o c h e n h a t t e , i s t keck Adj. mhd. kêc neben quëe, ahd. chëc, chëh Kepler 1616 Weinvisierb. 114 a der erste, der (flekt. chêcchêer, chêhhéer) und quëe (quëcchêr)f ü r l a t . Sectio conica die L e h n ü b e r s e t z u n g 'lebendig'. Anlaut.ç(dasin Quecksilber, [s.d.] K e g e l s c h n i t t wagt: A. Götze 1919 Anfänge Quecke [s. d.] und erquicken [s. d.] fortbe- einer math. Fachspr. 101. Aufgenommen in nnl. steht) wird zu k nach einem obd. Lautgesetz der kegelsnede, d ä n . keglesnit. spätahd. Zeit: heute Schweiz, chech 'fest, drall, Kehle /. mhd. kël, ahd. ani. këla, ags. ceole stark', keck in Bayern, nd. dafür d r e i s t , grenzt (urgerm. *kelön-), dazu anord. kjglr (urgerm. Kretschmer Wortgeogr. 180. 604 ab; zu dessen *kelu-) 'Schiffskiel, Gebirgsrücken'. Verwandt Ablösung durch nhd. lebendig Bah der 1926 mit aind. gala 'Hals', lat. gula 'Kehle'; aind. Wortwahl 143f., heute verstärkend quick- gilämi, armen, klanem, air. gelitn 'verschlinge'. lebendig. Dagegen bewahren q ags. cwicu, engl. Kehraus m. begegnet seit Ende des 15. Jh. quick, anord. kvikr, kykr (Akk. kykkvan) 'leben- in der Wendung kerauß in der sliern 'letzter, dig'. Dies die Grundbed., deren Wandel nhd. leb- scharfer Trunk, der in der Stirn K. macht, dem h a f t und engl, lively beleuchten. *0.ik"a- hat Zecher den Rest gibt', was offenbar die Bed. kk in Formenmit kw (s. o.) entwickelt. Idg. *g"ei-, 'Schlußtanz, bei dem die Kleider der Tänzerindie z. B. in gr. zöe 'Leben', toch. Sai- 'leben' ist nen den Saal fegen' schon voraussetzt. Unerweitert zu g"îg"- in lat. vims, lett. dzïga 'Leben', mittelbar wird diese Bed. erst bezeugt durch germ. Sa- zeigt Gemination kk vor w, das Steinbach 1734 Wb. 1,50 „den K. machen//wiem nach der Lautgeographie von Quecke (s. d.) choreis facere". Bei Amaranthes 1715 Frauenz.nur in den hd. Mundarten erscheint. — Quick- Lex. 1037 dafür Kehrab. born m. 'lebendiger Quell', nach Klaus Groths kehren 1 schw. Ztw. 'wenden', mhd. ahd. kêren, Gedichtssammlung von 1852. Nd. Form des hd. ahd. kèran, chêrren, anfr. kèran 'wenden, eine Q u e c k b r u n n e n , s. auch Kochbrunnen. Richtung geben oder nehmen', afries. kêra 'wen-
kehren
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den'. Rückbildung ist ahd. kër(a) 'Wendung'. Dazu mit gramm. Wechsel anord. Iceisa 'hoch tragen, ragen mit etwas', isl. keis 'runder Bauch', norw. mundartl. keis 'Krümmung, Bewegung', kïs 'Buckel', keisa 'krumme Bewegungen machen, laufen', schwed. kesa 'fliehen': *geis- ist s- Erweiterung zur idg. Wurzel *gei- 'drehen, biegen', zu der mit ì/»-Erweiterung k e i f e n gehört, s. d. kehren2 schw. Ztw. 'fegen'. Mhd. kçr(e)n, kçrjen, ahd. kçren, kerian führen auf germ. *karjan. Das Stammwort in ahd. ubarchara 'Unreinigkeit' und isl. kar n. 'Schmutz (an neugeborenen Lämmern und Kälbern)'. Dazu als urverw. lit. Serti 'scharren', wie auch norw. kare 'scharren' bedeutet; vgl. K a r s t . K e h r e n 'mit dem Besen reinigen' fehlt der Umgangssprache eines breiten Nordstreifens von Livland bis Ostfriesland und Westfalen. Am Südsaum dieses Gebiets ist in Breslau k e h r e n neben f e g e n bezeugt, westlich davon bis zur Rheinprovinz meist k e h r e n allein. Im größten Teil Süddeutschlands wird die Besenreinigung mit k e h r e n bezeichnet; f e g e n bedeutet allgemein 'säubern'. Im Südwesten gilt f e g e n für 'reinigen', w i s c h e n für 'trocken kehren'. Der Südosten kennt vorwiegend k e h r e n für die Besenreinigung, das weithin auch im Md., mit Einbrüchen ins Nd. gilt: vgl. die Wortgeographie zu f egen (s. d.). Kehreule /. Der Flederwisch zum Fegen heißt z. B. in Nordhausen kèr-ìle: Hertel 1895 Thür. Sprachschatz 132: Verdeutlichung des einfachen E u l e 'Handbesen' (s. d.) und Spielform zu häufigerem H a n d e u l e : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 229 f. Bildlich steht K. in Sachsen und Thüringen für einen Struwwelkopf. Kehricht m. n. 'Müll', spätmhd. kerach, frhnhd. keracht, kerecht. Luthers K e r i c h (1. Kor. 4, 13, nachmals durch F e g o p f e r ersetzt) muß seinen obd. Zeitgenossen mit füget, staub, kutter verdeutlicht werden: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 109. Durch Luther ist K. schriftsprachlich geworden; umgangssprachlich ist es nur in einem engeren, nicht geschlossenen Gebiet zwischen Leipzig im Norden und Augsburg im Süden, Marburg im Westen und Böhm.Leipa im Osten bezeugt. Die Synonymik entfaltet Kretschmer 1918 Wortgeogr. 342f.; zur Wortbildung vgl. S p ü l i c h t sowie P u t z i c h t 'Abfälle beim Pilzeputzen' in der ostthür. Gegend von Schleiz. Kehrreim m. als Übersetzung von R e f r a i n Bürger 1793 Rechenschaft über die Veränd. in der Nachtf. d. Venus (Werke hg. v. Wurzbach 3, 92). R e i m (s. d.) hat darin noch die ältere Bed. 'Vers'. Kehrseite f . nach Mitte des 18. Jh. dem (seit 1729 nachgewiesenen) nnl. keerzijde 'Rückseite
keilen
einer Münze' nachgebildet, das frz. revers ersetzt. K., von Adelung 1776 und 1796 als „sehr ungeschickter Ausdruck" abgelehnt, ist von Jean Paul seit 1789, von Goethe 1818 aufgenommen worden: Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 35 f. Kehrt n. Die 2. Plur. Imp. k e h r ti als milit. Befehl steht seit Beginn des 19. Jh. neben Ztw. in der Formel k e h r t m a c h e n . Hieraus substantiviert, wie Schweiz. K e h r t u m G. Keller 1874 Leute von Seldwyla 2, 157. Vgl. H a l t , Reißaus. Kehridgch m. zuerst in Nürnberg 1482, in heutiger Umgangsspr. von Augsburg bis Vorarlberg und Elsaß für sonstiges H a n d b e s e n , -eule, -feger, -steuber, Bart-, Borst-, H a a r w i s c h : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 230 und B. Martin unter Besen. keilen schw., nord.- und md. auch st. Ztw. mit nd. f (wie H a f e n , H a f e r , H ä l f t e , H u f e ) für hd. k e i b e n , mhd. kiben, woneben kibelen, das sich in obd. k i b b e l n 'necken' fortsetzt. Verwandt sind mnd. mnl. klven, afries. zlvia, anord. kïfa 'zanken' (woneben die Rückbildung klf 'Zank'), ags. dazu das ablautende Adj. cäf 'lebhaft, bereit, tapfer'. *geibh- stellt sich als iÄ-Erweiterung zur idg. Wz. *gei- 'drehen, biegen', zu der als s-Erweiterung k e h r e n 1 gehört (s. d.) : der Streitende ist nach seinen heftigen Bewegungen benannt. Außergerm, hat die Ausgangsbed. andre Wege genommen: lat. gibbus 'gebogen; Höcker', lit. gdbus 'plump, ungeschickt'. — Vgl. die Wortgeographie von s c h e l t e n (s. d.). Keil m. ahd. mhd. mnd. kll. Die Nebenform mhd. kïdel, frühnhd. keidel führt nach Sievers, Idg. Forsch. 4, 340 auf germ. *klpla- neben ahd. kll aus germ. *kidU-. Beide mit Suffix idg. -ilo, das auch die Gerätnamen N a d e l und W e d e l bildet, zur Wurzel germ. *kl-, idg. *gêi-: *gê-, deren Ausgangsbed. 'keimen, aufbersten, aufblühen' (s. Keim) in germ. Entwicklung zu 'spalten' geführt hat. K e i l ist somit 'Gerät zum Spalten'. Über landschaftliche Sonderbedeutungen s. P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 255. 293. 296. keilen Ztw. Urspr. ein Wort der Holzfäller und Schreiner: mit eingetriebenen Keilen werden Baumstämme gespalten, Stuhlbeine und Axtstiele gefestigt. Die Gaunersprache, die bildhafte Ausdrücke liebt, wendet k e i l e n , Keile zu 'schlagen, Schläge' (Kluge 1901 Rotw. 1, 229. 344) und übersetzt das alte S t o c k h a u s , in dem die Gefangenen in den Stock geschlossen wurden, mit keil-bajis (L. Günther 1919 Gaunerspr. 103). Von da allg. geworden; Frisch 1741 bucht: „einen (abkeilen) 'verberare'". Stud.sprachl. ist k e i l e n verengt auf Werbung neuer
Keiler
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Mitglieder in die Verbindung, zuerst Erlangen 1843: Kluge Stud.-Spr. 99. Zu jidd. makeinen: S. A. Wolf Wb. d. Rotw. 2556. Keiler m. 'Wildeber im dritten Jahr', erstmals in Küchenzetteln der Grafen von Büdingen 1608 (Weigand 1878 Wb. 1, 915): das macht Entlehnung aus lit. kuilys, lett. kuilis 'Zuchteber' unglaubhaft. Älteste Schreibung ist K e y l e r : damit zeigt sich die erst 1631 auftretende Form K e n l e r als nachträgl. Anlehnung an K e u l e . Da k e i l e n als volkstüml. Kraftwort für 'schlagen' gleichfalls seit 1600 md. hervortritt, heißt der ausgewachsene Wildeber nach seinen Hauern. Mnd. heißt er kempe (s. K ä m p f e ) , anord. tarr, nächstverwandt mit z e r r e n und Zorn. Keilschrift f. Die aus keilförmigen Schriftzeichen bestehende altpers. Schrift der Achämeniden wird von Carsten Niebuhr 1776 beschrieben, ohne daß das Wort K. fiele. Nachdem für die altägypt. Hieroglyphen der Name B i l d e r s c h r i f t (s. d.) gangbar geworden war, erscheint K. für die inseriptiones euneatae erstmals Gött. Gel. Anz. 1802 S. 1481. Dann für die babylon.assyr. Schrift, aus der die altpersische übertragen ist. Keim m. ahd. asächs. kimo mit demselben Suffix germ, -man wie got. ahma 'Geist', engl. time 'Zeit', asächs. glïmo 'Glanz' zu dem unter K e i l entwickelten germ. Verbalstamm *kl-. Ohne Suffix erscheint der Stamm im got. Part. uskijans 'hervorgekeimt', mit η in got. uskeinan, ahd. asächs. klnan 'keimen', asächs. kin, mnd. klne, mnl. kêne 'Keim'; in heutiger Ma. ζ. Β. im Nd. Ostpreußens kln 'Keim', moltkine 'Malz', kint 'keimt'; mit dentaler Ableitung in ags. cip, asächs. kid, ahd. (frumi)kidi, mhd. kide, fränk. schwäb. K e i d 'Sprößling'. Die idg. Wurzel *gei-: *gi- bedeutet 'keimen, aufbersten, aufblühen', vgl. die urverwandten lett. zeiju, ziet 'hervorblühen, zum Vorschein kommen' und armen, eil ciul 'Halm, Stengel', an-ciul 'Schößling, Keim'. kein Pron. 'nullus'. 'Auch nicht einer' lautet ahd. nih(U)ein, asächs. nigên, münsterländ. nigêin: vor das Pron. ein (s. d.) ist die Entsprechung von got. nih 'und nicht, auch nicht' getreten, das (aus ni und uh zus.-gesetzt) von idg. Alter ist: aind. naca, lat. nec, neque 'und nicht'. Durch gramm. Wechsel ist die asächs. Form entstanden, die in mnd. gën, gein, gin, mnl. gheen, nnl. geen fortwirkt. Ahd. nih-ein ist neu zus.-gesetzt in einer Zeit, da Verners Gesetz nicht mehr wirkte. Über mhd. nehein lebt die Form in soloth. nekein (Schweiz. Id. 3, 316) bis heute. Seit Otfrid steht dafür (ni) dehein '(non) ullus', dessen Entstehung dunkel bleibt. Das anfangs notwendige ni, ne, en- bleibt nachmals weg, wie neben niht. Schon um 1200 hat
Keller
dehein gesiegt; frühnhd. wird es über de-chein zu k e i n , wobei die Stellung im Silbenanlaut beteiligt ist, wie in F e r k e l , s. d. Behaghel 1913 Wiss. Beih. zur Zs. d. Sprachv. 6, 178; 1923 Dt. Syntax 1, 422; Horn 1923 Sprachkörper 65 f. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie von 'kein'. keineswegs Adv. mhd. (14. Jh.) deheins wegs, bis ins 16. J h . stets, bis Steinbach 1734 gelegentlich in zwei Worten: zum Adv. gewordene Gen.-Formel wie h a l b w e g s , k e i n e s f a l l s , engl, always. Keks m., engl. Plural cakes; cake ist zunächst 'Brot mit Zutaten'; ablautend zu K u c h e n . Herkunft unsicher, *gag- nicht zu lat. coquere 'kochen'. S. K u c h e n . Kelch m. ahd. kçlich (hh), mhd. kflch, asächs. kflik, mnl. kel(e)c, afries. tzüik, tzielk, ags. cele, leœlc; von da anord. kalkr. Aus gleichbed. lat. calix, -ids entlehnt zu einer Zeit, als lat. c vor Palatal noch k-Aussprache hatte (s. K a l k ) , somit vor dem Christentum (denn K r e u z setzt schon 2-Aussprache voraus), als Wort des Weinbaus wie B e c h e r und K e l l e r . Dagegen ist frz. calice erst kirchl. Entlehnung des 10. Jh., ebenso nord, kalekr 'Abendmahlskelch'. Im 11./12. J h . ist magy. kehely 'Kelch' aus dem Bair. entlehnt: Melich 1933 Festschr. für Gideon Petz 178 f. Die erst nhd. Bed. 'Blütenkelch' beruht auf gr. kdlyx. Kelim m. teppichartiger Vorhang, 'Tischdecke'. Türk, kilim 'Teppich' gelangt, wie in die Sprachen des europ. Ostens (bulg. kilim, russ. kelim usw.) unmittelbar mit dem Teppichhandel zu uns. Noch Sanders 1871 Fremdwb. 1, 648 kennt nur K i l i m i Plur. 'grobe Teppiche*. Lokotsch 1927 Etym. Wb. 1176. Kelle /. 'Schöpflöffel; Maurerkelle'; S c h o ß - , W a g e n k e l l e 'Sitz des Fuhrmanns am Deichselende von Lastwagen'. Mhd. mnd. kelle, mnl. kele, keel, ahd. kçlla 'Schöpflöffel', ags. delle ' Feuerpfanne, Lampe' führen auf germ. *kaljö f. Dies nach N. O. Heinertz 1916 Beitr. 41, 495ff. zum Verbalstamm *gelebh- 'schabend aushöhlen' in gr. gldphö 'höhle aus', sloven. Slebili, russ. SeloUt' 'auskehlen'. Keller m. ahd. këllari, mhd. heller, asächs. ani. kêlleri (daraus entlehnt anord. kjallari), mnl. kelre: altes Lehnwort aus lat. cellärium, übernommen, als lat. c vor Palatal noch fc-Aussprache hatte (s. K a l k , K e l c h ) , mit dem röm. Steinbau wie K a m m e r , K ü c h e , Mauer, Mörtel, Pfeiler, Pflaster, Pforte, Pfosten, W a l l , Z i e g e l , Genuswandel trat ein wie bei S ö l l e r und S p e i c h e r , weil die Wörter nach Verlust der lat. Endung den ahd. Mask, auf -¿in glichen. Die ältesten Keller (Mor. Heyne 1899 Wohnungswesen 92f.) sind besondere Vorrats-
Kellner
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Kerker
und Schatzhäuser über dem Boden, mehrstöckig kentern Ztw. nd. nnl. kanteren, kenteren: zu und gewölbt, der röm. cella vinaria, olearia nach- K a n t e , s. d. Ein Seemannswort, zuerst 167B gebildet. Unterirdische Keller wurden erst nach in hd. Text vom Walfisch, der zum Abspecken dem Vorbild der gewölbten Kirchenkrypten an- auf die andere Seite gelegt wird. Vom Umkippen gelegt, als das Wohnen in Burgen und Städten des Schiffs kaum vor Röding 1794: Kluge 1911 den Raum beengte. In England fand das Wort Seemannsspr. 437 f. Norw. kantre, dän. kcentre, in alter Zeit keinen Eingang; engl, cellar stammt schwed. kantra stammen aus dem Nd. oder Nl. erst aus afrz. celier. Kerbe f . mhd. kërbe f., kërp m. 'Fuge'. Mit Kellner m. ahd. këlnari, mhd. këlnœre, mnd. anord. kjarf, kerfe n. 'Bündel', ags. cyrf 'Einkeiner, mnl. kelnare 'Kellermeister' aus mlat. schnitt' zum einst starken Ztw. k e r b e n s. d. cellenärius. Dazu die Nebenform mhd. kèllœre, Kerbel m. Gr. chairéphyllon η. (zu chairein mnd. heller, mnl. kelre, entspr. lat. cellärius 'Vor- 'sich freuen' und phijllon 'Blatt' wegen des Dufts steher der celia, der Vorratskammer'. K e l l e r der Blätter) liefert lat. caerefolium n., die ist noch Goethes Form bis 1806: Kurrelmeyer Stammform von ital. cerfoglio und frz. cerfeuil 1921 Mod. lang, notes 36, 487. 'Kerbel'. In früher Zeit, als lat. c vor Palatal Kelter /. ahd. calc(a)tûra, kçlk(e)ira, fcpîfe(e)- noch fe-Aussprache hatte (s. K a i s e r , K e l c h , terre, mhd. kaltür, kalter, kalter, dazu ahd. K e l l e r , K e r k e r , P e c h ) entsteht über *cerfilia calctürhüs, mhd. kalterhüs: mit aprov. calca- vorahd. *kêrfulja, das als ahd. kërvol(l)a, kërvola doira, alothr. chauchoir aus lat. calcatura, einer (weitere Formen Zs. f. d. Wortf. 6, 183 und bei Nebenform zu calcatörium, beide zu calcare, H. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, calcitrare 'mit der Ferse (calx) treten': bis über 330f.), mhd. mnl. kërvel(e) f . m., ags. cerfille, das Mittelalter hinaus wurden die Trauben mit älter *cerfylle, engl, chervil zutage tritt. Zu den den Füßen zerstampft: Mor. Heyne 1901 Nah- vor der hd. Lautversch. entlehnten Fachwörtern rungswesen 369 ff. Die Entlehnung ist gleich- der südl. Garten- und Kochkunst s. K a p p e s , zeitig mit der von E s s i g , K e l c h , M o s t , K o h l , Minze, P f e f f e r . Aus mnd. kervel(d)e T r i c h t e r u. a. Fachwörtern des Weinbaus voll- stammen dän. kjervel, schwed. körvel. -b- bezogen. K. ist vorwiegend md., den Winzern an gegnet in ahd. kerbüla seit dem 10. Jh. Das Ztw. Mosel, Neckar, Tauber, Main, Saale und Oder k e r b e n lautete damals noch *kêrfan. Die volkseigen. Moselfranken tragen es nach Sieben- etym. Verknüpfung (wegen der stark eingebürgen. Luthers K e l t e r wird in Worms durch schnittenen Blätter von Anthriscus cerefolium T o r k e l , in Zürich durch T r o t t e , in Basel durch Hoffm.) kann erst nachträglich vollzogen sein. — W e i n p r e s s e ersetzt (Kluge 1918 Von Luther Vgl. K ä l b e r k e r n . bis Lessing 101. 114. Zs. f. d. Wortf. 11, 271. kerben Ztw. mhd. kerben (mit st. Part, nrhein. 2851. P r e s s e war, bevor es sich der Buchdruck gekurben), ein urspr. st. Ztw. ahd. *kërfan, *karf, dienstbar machte, weithin 'Kelter'. Zu solchem kurbum, korban; dazu mnd. nl. kerven, afries. Wortschatz s. W e i n . kërva, ags. ceorfan, Part, corfen, engl, carve Kemenate /. ahd. chçminâta, asächs. kçmi- 'schneiden, schnitzen'. Nächstverwandt K e r b e näda, mhd. kçm(e)nàte, mnd. mnl. kemenade f., afries. kerf, ags. cyrf 'Abschnitt', anord. kurfr 'heizbares Zimmer, Schlaf-, Frauengemach'; 'Stumpf, kurzes Stück'. Sämtlich zur Wurvgl. P e s e l , S t u b e . Mlat. (camera) caminata, zel *gerbh- 'ritzen' in gr. grdphö 'ritze ein, Part, zu caminare 'mit Feuerstätte versehen' schreibe', aslaw. Zrfbü, SrëMjï 'Los' (ursprünglich (s. K a m i n ) , seit dem 6. Jh. nachweisbar, wird 'gekerbtes Stäbchen'), russ. Sérebej 'abgeschnitwährend der ahd. Zeit entlehnt: Mor. Heyne tenes Stück', apreuß. girbin 'Zahl' (ursprüng1899 Wohnungswesen 119. 220 u. ö. Gleichen lich 'Kerbung'). Ursprungs sind ital. camminata 'Saal', frz. Kerbtier n. Das fremde I n s e k t (s. d.) ersetzt cheminée '(Zimmer mit) Kamin', woraus engl. Campe 1791 Proben einiger Vers, von dt. Sprachchimney. Durch das Deutsche vermittelt tschech. bereich 33 durch K e r b t i e r , das 1792 Allg. poln. russ. komnata 'Zimmer'. Lit.-Ztg. 1, 336 „vollends unerträglich" gekennen Ztw. ahd. chçnnan, ahd. mhd. kennen, scholten, von Jean Paul seit 1796 gebraucht und alt weniger üblich als die Zus.-Setz. ahd. bi-, empfohlen wird: Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. irchçnnan mhd. he-, erkennen, beide auch in der Ersatzwörter 36. Bed. des nhd. k e n n e n . Das entspr. got. (us)· Kerf m. 'Insekt': aus K e r b t i e r mit nd. / kannjan, ags. (ge)cennan bed. 'bekanntmachen'. (s. k e r b e n ) künstlich gebildet von F. L. Jahn Diese Doppelbed., die anord. kenna in sich ver- 1833 Merke z. Dt. Volksthum 263. Aufgenomeinigt, rührt daher, daß germ. *kannjan Faktitiv men von L. Oken 1836 Allg. Nat.-Gesch. 6, 10. zum Prät.-Präs. kann, Inf. kunnan 'wissen' ist; Kerker m. ahd. asächs. karkäri, mhd. kare r k e n n e n ist refi, 'sich wissen machen'. Weitere kcere, kerkœre, kerker, mnl. carker, eaerker, afries. Verwandte sind k ö n n e n und k ü h n . S. k ö n n e n . kerkener, ags. carcern (mit Anlehnung an cern,
Kerl
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ero 'Haus'), got. karkara. Früh entlehnt aus lat. earcerem (gespr. karkere), als lat. c auch vor Palatal noch k-Aussprache hatte (s. K a l k , K e r b e l usw. gegen Kreuz). Aus volkslat. carcar stammt air. carear, kymr. carchar, korn. carhar sowie die Sippe von frz. chartre. Junge Entlehnung hat zu K a r z e r geführt, s. d. Kerl m. Zur Sippe von aind. járati 'altert, vergeht', npers. ser, armen, cer 'Greis', gr. gérôn 'Greis', gèraléos 'alt' gehört germ. *lcarla'Mann' in urnord. *karlaz (gesichert durch das früh entlehnte lapp. kàllês: Wolf v. Unwerth 1918 Lit.-Bl. 39, 93), anord. karl 'alter Mann, Mann (Ggs. Weib), Mann aus dem Volke, Unfreier, Diener', norw. kar 'Mann', kail 'alter Mann', ags. carl 'Kerl, Mann' (aus dem Anord. entlehnt), ahd. karal 'Mann, Ehemann, Geliebter', mhd. karl. Diese hd. Form hat sich als Name gehalten; mit der Bed. 'König' ist sie ins Slaw.entlehnt worden (s. K a i s e r ) . Bei uns hat sich als Appellativ die urspr. md. nd. Form K e r l durchgesetzt. Sie geht auf germ. *kërlazurück, mit *kar1a- durch Ablaut verbunden, vorausgesetzt durch ags. ceorl 'Unfreier' (davon ceorlian 'einen Mann nehmen'), engl, churl 'Bauer, Kerl, Tölpel', afries. tzêrl, tzirl, nl. kerel, mnd. kêrle 'freier Mann nicht ritterl. Standes'. Neben dieser rechtlichen Bed. bleibt 'Ehemann, Geliebter' lebendig, so daß K e r l immer den Mann in voller Mannheit bezeichnet, wie es Rud. Hildebrands Artikel 'Kerl' DWb. 5, 570ff. herausarbeitet. Dazu Zs. f. d. Wortf. 1, 12. 44. 6, 109. 327. 11,115. S. J u n g e . Kern m. mhd. kêrne, ahd. kërno, anord. kjarni führen auf germ. *kërna-. Damit durch Ablaut verbunden (wie K e r l mit K a r l , B r e t t mit B o r d ) ist germ. *kurna- (s. Korn). Lautlich zu diesem gehört ags. cyrnel m. n. 'Samenkorn, Kern'. kernen s. k i r n e n . Kerze /. mhd. forze, ahd. forza, älter charza '(Wachs-)Kerze'. Aus mnd. forte ist asächs. *forti zu erschließen; daraus um 960 entlehnt anord. forti (dän. kjerte). Daneben sind asächs. forzia, mnd. mnl. herse, nnl. kaars Entlehnungen aus dem Hd. (s Lautersatz für hd. z). Ahd. charza ist vor der hd. Lautverschiebung entlehnt aus lat. Charta (s. K a r t e ) . Die Bedeutungen 'Leuchtkörper' und 'Schreibstoff' begegnen sich auch in engl, taper, ags. tapor 'Kerze', über *tapürus entwickelt aus lat. papyrus {ρ vor ρ ist in t ausgewichen): bis vor kurzem waren im Tessin und in Spanien Kerzen in Gebrauch, die aus einem spiralig gewickelten Streifen Birkenrinde bestanden, der vor Gebrauch in öl getaucht wurde. Birkenrinde aber wurde in alter Zeit häufig als Schreibstoff benutzt: G. Rohlfs 1918 Sprache u. Kultur 18; 0 . Schräder 1929
Kette
Reallex. 2, 362. Umgangssprachlich ist K e r z e wesentlich ein Wort des katholischen Südens und Westens gegenüber L i c h t im protestantischen Norden und Osten: Kretschmer 326f. Auch sonst liefert das Lat. den Germanen Bezeichnungen für Leuchtkörper: F a c k e l aus jacula, got. lukarn 'Leuchte' aus lucerna. Kessel Mhd. fofôel, ahd. fofôil, asächs. fotil, mnd. mnl. nnl. ketel, afries. Zetel, zitel, ags. cietel, engl, chetile, anord. fotill (daraus entlehnt engl. kettle), schwed. kettel, kittel, dän. kedel, got. *katils oder *katilus (überliefert nur Gen. PL katiU) führen auf germ. *kalila-: gemeingerm. Entlehnung aus lat. catil(l)us, Verkl. zu catlnus 'Napf, Schüssel, Wasserkessel der Handfeuerspritze', aus dem ahd. fofôî(n), mhd. (alem.) chfföi 'Kessel', tirol. cadin, fläm. cadijn stammen. Aus dem Germ, weiterentlehnt sind finn. kattila und aslaw. kotllü, aus dem Slaw. lit. kätilas und apreuß. catils. Nach J . Brüch 1926 Festschr. f. P. Kretschmer 10 haben germ. Söldner die Bezeichnung des Kessels der ihnen wohlbekannten röm. Feuerspritze auf jeden Metallkessel übertragen. Schon in der germ. Bronzezeit sind Kessel aus Südeuropa zu uns gelangt; ihren germ. Namen spiegeln ahd. ags. hwër, anord. hvërr, urverwandt mit gleichbed. air. coire, idg. hiker- 'Schüssel-, Schalenartiges'. Kesseltreiben n. K e s s e l in weidmänn. Sinn ist der rings geschlossene Platz, wohin das Wild getrieben wird. Dazu K e s s e l j a g e n seit Täntzer 1682 Jagdgeheimn., Vorw.; K e s s e l t r e i b e n zuerst in einem Brief vom 6. August 1870 bei Roon, Denkwürdigk. 2, 441. keß Adj., das heute in der Bed. 'fein, schneidig' von Berlin ausstrahlt (Ag. Lasch 1927 Berlinisch 172 ff.), ist urspr. Gaunerwort und bedeutet 'in Diebssachen erfahren; zuverlässig'. S.A.Wolf 1956 Wb. d. Rotwelsch. 2518 belegt keß seit 1807. Das ist der jidd. Name des hebr. Buchstaben Π (eh), des Anlauts von kochem 'gescheit' (s. d.). Damit ist k e ß ein frühes Buchstabenwort. Ke(t)scher, K ä ( t ) s c h e r , K e s s e r m. eine best. Art Netze der Fischer an Nord- und Ostsee. Mlat. captiäre 'greifen' liefert über frz. chasser 'jagen' engl, catch 'fangen'. Das dazu gebildete engl, catcher 'Fischhamen' wird früh entlehnt zu dän. ketser (älter kedseï), mnd. kesser. Mit neuer Entlehnung entsteht unser Wort. Kette 1 f. 'Schar' (bes. von Rebhühnern) mit den älteren, mundartl. noch geltenden Formen kitte, kütte. Dies die mhd. Form, die zu mnd. nl. kudde, ahd. kutti 'Herde, Schar' (von Schafen und Schweinen) stimmt. Außergerm, scheint sich zunächst lit. guta 'Herde' zu vergleichen. Über die Formenfülle des F., den Sieg des weid-
Kette
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männ. K e t t e und die Verdrängung durch nhd. H e r d e s. Κ. v. Bahder 1926 Wortwahl 64f. Kette2 /. Lat. caténa (aus *catesnä, verwandt mit cassis 'Jägergarn', aus *catsis) ergibt, am Niederrhein als Wort der röm. Schiffahrt (s. A n k e r ) entlehnt, mnl. keten(e) nnl. keten. dazu das westl. Westf. Eine weitere Entlehnung, auch noch vor der hd. Lautversch., geht von vulgärlat. *eadena aus, das über frz. chaîne auch engl, chain geliefert hat. Sie ergibt asächs. kedina, mnd. kfdene, ahd. kçtïna, chftìnna, mhd. kçten(é). Zur Vorstufe t : dvgi.k: g i n p r e d i g e n : Nörrenberg, Nd. Jb. 1948, 327. Vgl. weiter K a t e r . Im alten Lehnwort wird der Akzent zurückgezogen, wie in A b t , E s s i g , F e n s t e r , M ü n s t e r , M ü n z e , S c h ü s s e l usw. Im 16. Jh. schwand sodann das ausi, η: mhd. -en wurde als schw. flektierte Endung aufgefaßt (vgl. B ü t t e , Ferse, Küche, Lüge, M a t t e , Quitte). Ketzer m. mhd. (seit Beginn des 13. Jh.) ketzer, nd. ketter (mit Umsetzung wie nd. tins aus Z i n s , s. d.), so nl., dän. k(j)œtter, schwed. käitare. Nach gr. katharós 'rein' nannte sich die manichäische Sekte der Katharer, lat. Cathari, die im 12. Jh. vom Osten nach Italien gelangte und hier Gazari hieß. Dabei steht ital. ga- für lat. ca- wie in garzuolo für caräiolum u. ä., 2 für mgr. θ. Katharer wird Sammelname für eine Anzahl dualist. Sekten des Abendlands; von da entwickelt sich das dt. Wort seit seiner Übernahme aus Ital. und Kirchenlatein zu 'frevelhafter, verworfener Mensch', bes. 'Sodomit', an mhd. kötzer 'Schänder' aus *quetzer angelehnt: H. Collitz 1925 Germanica, Festschr. f. Ed. Sievers 116; anders E. öhmann 1939 Neuphilol. Mitt. 40, 213; Gipper-Schwarz, Hb. z. Sprachinhaltsfg. 1, 295. keuchen schw. Ztw. vermischt aus mhd. küchen 'hauchen' und klchen 'schwer atmen'. Das erste hat seine nächsten Verwandten in mnl. cochen, nnl. kuchen, ags. cohhettan, mengl. coughen, engl, cough 'husten'. Das zweite beruht auf einer lautmalenden Wz. germ. *kik, die in den westgerm. Sprachen auch nasaliert vorliegt und so vor allem im Namen des K e u c h h u s t e n s greifbar wird: mnd. kinkhöste, holst, kinghosten, nnl. kinkhoest, fries, kinkhoast, engl, chincough (für chinkcough). Die Vermengung zeigt sich in frühnhd. keuchen 'schwer atmen' seit Anfang des 16. Jh., un vermengtes k e i c h e n hält sich daneben bis ins 19. Jh. (Rückert). Adelung setzt 1796 allein k e i c h e n und K e i c h h u s t e n an. Von da gesehen macht k e u c h e n den Eindruck einer hyperhd. Schreibung, was es sprachgeschichtlich nicht ist. S. h a u c h e n . Keule f . mhd. kiule (ahd. küli Beitr. 20, 331) 'Keule, Stock, Stange': verwandt mit nhd. K a u l e aus mhd. küle 'Kugel'; dazu anord. küla
kichern
f . 'Beule'. Die nhd. Bed. 'Stock mit verdicktem Ende' ist aus der älteren 'verdicktes Ende' entwickelt. Urgerm. * kulàn-, *kuwulôn-> *kugulön-, s. K u g e l . Daneben ein ablautender Stamm urgerm. keula-, s. K i e l 2 (dort auch die außergerm. Entsprechungen). K e u l e bezeichnet in der Metzger- und Umgangssprache den Hinterschenkel des Schlachttiers in Nord- und Mitteldeutschland; süddeutsch dafür mit ähnlichem Bild S c h l e g e l , s. d. und Kretschmer 1918 Umgangsspr. 271. kensch Adj. Adv. mhd. kiusch(e) 'keusch, rein, schamhaft, sanftmütig, vernünftig', ahd. küski Adj., küsko Adv. bedeutet schon bei Notker 'sittlich gut', asächs. küsko Adv. 'demütig geneigt', mnl. cuusc 'sauber', nnl. kuis afries. küsk 'keusch'. Ags. cüsc 'tugendhaft' ist literar. Entlehnung aus dem Asächs., dän. schwed. kysk stammen aus mnd. küsk. Im Laufe der Zeit wird die Bedeutung auf die Urtriebe zu Nahrung und, zuletzt allein, zu sexus eingeschränkt. Das vorausliegende lat. conscius wird mit westg. *küskeis, zuerst ins Ahd. in der Reichenau entlehnt, das von dem aus jenem Südwesten kommenden Pirmin gegründet wird; von dort wird es bis ins As. übernommen. Die Bedeutung ist zunächst 'das Geziemende', ohne den Sinn des Maßhaltens (honestum). Die Mundarten entwickeln die Bedeutungen: bair.-österr. 'schlank, leicht, verletzbar', hess. wie mnl. konkret 'sauber'; im Roman, 'zurückhaltend, ehrerbietig': Th. Frings u. Gertraud Müller, Festschrift. f. Karl Helm 1951, 109. Khaki m. 'graugelber Stoff', ursprünglich für die Tropen. Zu pers. häk 'Staub, Erde' gehört das Adj. hakl 'staub-, erdfarben', entlehnt zu gleichbed. hindost, hkâkï. Das daraus stammende engl, khakee, -ki wird zum Namen eines graugelben Stoffs, mit dem zuerst 1857 ind. Truppen bekleidet werden. Im 19. Jh. nach Europa gelangt, wird das engl. Wort um 1900 in Deutschland, durch den ersten Weltkrieg in aller Welt bekannt: Littmann 124; Lokotsch Nr. 787; Stiven 87.132. Kicher(erbse) f . Cicer arietinum L. Lat. cicero, Mz. von cicer ». 'Kichererbse' wird vor der hd. Lautversch., als noch ¿-Aussprache des lat. c auch vor Palatal galt, entlehnt zu ahd. chihhira und (mit Anlehnung an das ganz verschiedene gr. kichörion, ital. cicoria 'Zichorie') kichúrra f., mhd. kicher, mnd. mnl. keker. Jüngere Entlehnung ergibt spätahd. cisa, mhd. ziser, nnl. sisser(erwt). Eine Form ohne r (ital. cece, frz. chiche) wirkt fort in mengl. chiche, chick-pea ' Kichererbse'. kichern Ztw. erst nhd.; dazu nnl. giechelen, limb, kicheln, ahd. kichazzen 'lachen': eine in österr. kicheizen noch lebende Nebenform zu ahd.
Kiebitz
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Kiel
kachazzen, mhd. hacheen·, vgl. mhd. koch m. kienforMn Adj. Ausfall des η zeigen auch K ü h 'lautes Lachen', mhd. kochen 'laut lachen', t a n n e 'picea' (Kirsch 1723 Cornucop.) und sämtlich mit ch aus germ, hh (nach Ausweis des K ü h f i c h t e 'Kiefer' (Nemnich 1795 Polygl.ags. ceahheitan 'lachen'). Unverwandt westfäl. Lex. 4, 984). Unkenntlich gewordene Zus.kükstern 'kichern' (Woeste 1882 Wb. d. westfäl. Setzungen sind auch S c h u l z e , S c h u s t e r , Ma. 126). Das den Lachlaut nachahmende idg. V i e r t e l , W i m p e r . *ha ha entzieht sich ganz oder teilweise der kieken Ztw. 'sehen' aus nd. Mundart gelegentl. Lautverschiebung. So vergleicht sich ahd. in nhd. Texte gelangt; ihm entspricht mnd. kachazzen usw. mit aind. kakhati 'lacht', armen. kiken. Sonst ist eine germ. Verbalwz. *ki- nur xaxank'. lat. cachinnus 'schallendes Gelächter', als 'bersten, aufspringen' nachzuweisen, s. Κ e i m. gr. kachdzö 'lache laut', aslaw. chochotati 'lachen', Ob. nd. kaken urspr. bedeutet 'die Augen öffnen' ? russ. chochot 'Gelächter'. — Dazu K i e k e r m. 'Femrohr', seit Richey 1755 Kiebitz m. mhd. (13. Jh.) gïbi%, gûoiç; mnd. Hamb. Id. 365 gebucht, aus nd. Mundart auch klvit, kiwit, mnl. nnl. kievit heißt der gehäubte bei J. Brinckman, Werke 4, 151. Dazu die nd. Regenpfeifer (Vanellus cristatus) in Nachbildung Redensart eenen im kyker hebben 'sein Augenseines Warn- und Lockrufs Mbit, biwit, kihbit. merk auf ihn richten' und das daraus entlehnte Darauf, nicht auf Entlehnung, beruht die Ähn- schwed. ha n&got i kikaren. Dazu nd. K i e k i n lichkeit mit russ. (ibiz, öibez: Wiek 33. Die Nach- d i e w e l t , vgl. G u c k i n d i e w e l t . ahmung des Naturlauts wird ungenau durch Kieke f . Saxo Gramm. 1200 Hist. Danica 631 Iautgesetzl. Entwicklung, nam. in frühnhd. schildert ein Wärmen der Füße durch calidum lageybitz, gaubitz, geubitz, bair.-österr. geibitz, terculum cistula crebris foraminibus distincla inschwäb. geifitz, Schweiz, gifitz, giwix. Die Schrift- clusum. In nd. Quellen des 16. Jh. treten irdeform ist ostmd., hier ist die Endung nach der ne und kupferne Kohlentiegel, oben und an den von Vogelnamen slaw. Ursprungs wie G i r l i t z , Seiten durchlöchert, als Fußwärmer auf. Sie heiK r i n i t z , S t i e g l i t z , W o n i t z umgebildet. ßen dort kike(f), in Rädleins Europ. SprachAndre Namen des Vogels bei Suolahti 1909 schatz (Leipzig 1711) 533 b K i c k e , Gicke, Vögeln. 264ff., über seine volkskundliche Be- bei Voß 1781 Siebz. Geburtst. 56 und Klein 1792 deutung A. Wirth 1936 Handwb. d. dt. Aber- Prov.-Wb. F e u e r k i e k e . Verwandte findet das glaubens 6, 1304f. — Ein rotw. k i e b i t s c h e n Wort in gleichbed. dän. ild-kikkert und westfäl. 'visitieren' (Kluge 1901 Rotw. 1, 380), kibischen fürklpe (Woeste 1882 Wb. d. westfäl. Ma. 312: Mathesius, Sarepta Τ 1/8 b, 1689 führt zu K i e - k nach k ist in ρ ausgewichen, zugleich liegt b i t z 'Zuschauer beim Spiel': Ag. Lasch 1927 vielleicht Anlehnung an K i e p e 'Korb' vor). Berlinisch 174. Bielfeldt 22: slov. Girlitz. Sachlich vergleichbar sind schwäb. G l u t h a f en Kiefer m. mhd. hiver, kivel{e), in neueren und Schweiz. G l u t h u n d ; s. auch S t u b e . Mundarten kiefe 'Kieme', nd. keve 'Kiefer, Kiel 1 m. mhd. kil m. n. 'Federkiel', ahd. nicht Kieme'. Daneben mit andrer Ablautstufe asächs. nachgewiesen. Nrhein. kijl im 15. Jh. sowie kaflos Mz. 'Kiefern', ags. ceafl, mengl. chavel heutiges mrhein. keil weisen auf altes kil·, westfäl. 'Wange, Kinnbacken', anord. kjaptr, kjçptr kwiale (Woeste 153b) stimmt zu mengl. quille, 'Kiefer', wozu norw. kjava 'sich zanken' (ur- engl, quill 'Federkiel, Stengel'. Jede weitere Ansprünglich 'die Kiefern rühren'). Die germ. Wort- knüpfung fehlt. sippe, zu der auch K ä f e r (s. d.) gehört, setzt Kiel 3 m. 'Schiff'. Mhd. kiel, ahd. asächs. Mol, teils idg. ph, teils bh voraus. Auf *geph- beruht mnl. kiel, ags. ceol, anord. kjöll 'Schiff' führen awest. zafara 'Mund, Rachen', auf *§ebh- lit. auf germ. *keula-, daraus entlehnt finn, keula Sebiu,Sëbèti 'langsam essen', asruss. zobati 'essen', 'Steven'. Benennungen von Schiffen und Geserb. zobati 'Körner fressen', air. gop, ir. gob fäßen berühren sich vielfach, s. K a h n und 'Schnabel, Mund'. S c h i f f . Einige mit K i e l ablautende Formen s. Kieler f . 1409 bezeugt (W. Fleischer, Namen u. K e u l e und Kugel. Mayrhofer R. 182. Kiel 8 m. 'Grundbalkendes Schiffs', von K i e l 2 u. Mundart im Raum von Dresden 1961, 305). Die Lutherbibel setzt diese md. Form durch. verschieden (anord. kjçlr gegen kjöll l), im GegenDafür obd. F ö h r e , F o r c h e , K i e n b a u m . In satz zu jenem auf germ. *këlu- zurückzuführen, der Rheinpfalz erscheinen (in kathol. Gegend) das sich in mnd. mnl. kel, kil, engl, keel, schwed. 1526 K i e n f e r n h o l t z , 1636 K i e f e r n (Plur.): köl spiegelt. Falls ags. seipes cele 'rostrum navis' E. Christmann 1963 Pfälzer Heimat 4, 114. hierher gehört, könnte K i e l ' eines mit K e h l e Mathesius 1662 Sarepta 8 0 b kinforen, ostfränk. (s. d.) sein, das auch sonst gern übertragen gekinfir, nordböhm. kimfer stützen die von Frisch braucht wird. In nd. Seemannssprache begegnet 1741 Wb. 1, 613 c zuerst vermutete Herleitung K i e l 8 nicht vor 1682, was Entlehnung vom aus K i e n - F ö h r e (s. K i e n und Föhre), ahd. Norden her nahelegt, der auch England unser kienforha (Ahd. Glossen 3, 39, 18), wozu mhd. Wort geliefert zu haben scheint. In nhd. Texten
Kielkropf
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kiesen
K e y l 1590, K i e h l 1647: Kluge 1911 See- alter Zeit so wichtige Kienspan ist der erste mannsspr. 440f. Frz. quille, span, quilla, ital. Bed.-Träger: Ahd. Gl. 1, 144, 30 „fax, jaculal chiglia 'SchiffsMel' sind aus dem Germ, entlehnt. fachia, ehm liuhtendi". Nach seiner HerstellungsKielkropf m. 'Mißgeburt, Wechselbalg' kommt art heißt er auch mhd. spille (s. s p l e i ß e n ) , im 16. Jh. in md. Quellen auf (auch nd. kllkrop) nhd. S c h l e i ß e : Mor. Heyne 1899 Wohnungsund wird durch Luther in die Schriftsprache wesen 123. 200. 276; s. F a c k e l . Aus 'Kienspan' eingeführt. Der Volksglaube, solche Kinder wird K. einerseits zu 'Nadelholzharz', anderseien aus dem Wasser hervorgegangen (gleich- seits zu 'Kienföhre' (s. K i e f e r /.). Auch lat. bed. bair. W a s s e r k i n d , oberpfälz. W a a s e r - plnus und taeda vereinigen die Bed. 'Fackel' und b u t t e ) , erlaubt, beim ersten Bestandteil an md. 'harzreicher Baum'. Dazu K i e n a p f e l 'Kiequii f., frühnhd. kil m. 'Quelle' zu denken. Der fern-, Tannenzapfen' (zum Anheizen). zweite Wortteil K r ö p f zielt auf die vom AberKiepe f. 'Tragkorb', aus nd. Mundart in glauben betonte Dickhalsigkeit und Gefräßig- nordd. Umgangssprache gelangt (Abgrenzung keit solcher Geschöpfe. und Synonymik bei Kretschmer 1918 WortKielschwein n. Der starke Balken, der längs geogr. 272ff.), durch Dichter wie Claudius, über dem Schiffskiel hegt und die Masten trägt, Hölty und Voß auch schriftsprachlich. Es entspr. führt im Seemannsdeutsch den Scherznamen mnd. läpe, ags. cypa, cype 'Korb', engl, mundsuÄft, wie andere Teile des Schiffs aap, bock, kalf, artl. klpe 'Fischreuse'. Dazu mit Ablaut norw. pard heißen. Deutlicher anord. kjölsvmn, bei mundartl. kaup 'hölzerne Kanne', kaupa' Knolle'. uns 1702 K i e l - S c h w e i n , 1742 K e h l s c h w e i n Germ. *küp- (aus *küpp-) ist Labial-Erweiteusw.: Kluge 1911 Seemannsspr. 445f. rung zu idg. *geu- 'biegen, krümmen, wölben'. Kieme /.für die Atmungswerkzeuge der Fische Hans Kuhn, Festg. f. Hammerich 1962, 115: hat Adelung durchgesetzt, der sich auf nd. unbekannt vorgerm. Lehnwort: Gefäßnamen Zoologen stützt, wie vor ihm Kirsch 1739 wandern. Mhd. keibe 'Mastkorb' ist fernzuhalten, Cornucop. 1, 129 „Fisch-Ohren oder Kiehmen/ es gehört zur Sippe des gleichbed. ital. gabbia. branchia". K i e m e (so zuerst 1587 bei Bas. Kies 1 m. mhd. kis m. n. 'steiniger Sand' Faber aus Sorau, Epitome quatuor libr. Conr. wesentlich obd. und md. (nd. dafür G r a n d , Gesneri de hist, animalium) ist ostmd. und nd. bair.-österr. vielfach S c h o d e r , s. S c h o t t e r ) . Form für K i m m e : so schreibt Schottel (1663) Dazu mhd. kisel, ahd. kisil, nd. kesel, ags. ciosol, 1344 „Kimme f. an Fäßeren und Tonnen, it. an ásel, engl, ehesil chisel (dän. schwed. kisel sind Fischen". Damit ist ihm die Grundbed. 'Ein- aus dem Nhd. entlehnt), das mit der Bedeutung schnitt' schon klar: es ist dieselbe Kimme, die 'Kieselstein' die von 'Hagel(stein), Schloße' verals Visier auf dem Gewehrlauf sitzt und als bindet. Dazu k i e s e i n 'hageln', frühnhd. kisseln, Kerbe in den Dauben den Faßboden hält (vom z. B. im Faustbuch (1587) 72; vgl. H a g e l . Zur Faßboden her ist seemänn. kimme, kimming umgangssprachlichen Verbreitung P. Kretschzu 'Gesichtskreis' entwickelt). Die von der Seite mer 1918 Wortgeogr. 227. Gleichbed. mit Kiegesehene Daube mit ihren Einschnitten kann sel ist nd. k(e)iser-, keserling, so im Namen der dem K a m m verglichen werden; so mag Kimme Grafen v . K e y s e r l i n g . Außergerm, dazu apreuß. (mengl. chimbe, engl, mundartl. chimb, schwed. sixdo 'Sand', lit. Siezdrà 'Grand, Korn', üesdros mundartl. kirnb, kimbe) in Ablaut zu K a m m 'grober Sand': sämtlich zu *§eis- 'Kies'. stehen, zumal in schwed. Mundarten auch der Kies2 m. 'Geld'. Nicht aus dem Hebr. (S. A. Hahnenkamm kim heißt. Sachlich bleibt die Birnbaum, Z. f. dt. Phil. 74 (1955), 249; in der Abgrenzung von K i e m e schwierig, weil die Gaunersprache 'Geld' (Kluge 1901 Rotw. 1, 340. Alten in den Atmungswerkzeugen die kauenden 481: seit 1820), in dt. Stud.-Spr. gelangt, seit Kinnbacken der Fische sahen und darum gleich- 1831 belegt: Kluge 1895 Stud.-Spr. 99. Zu Kies 1 bed. Ableitungen zu k a u e n (ags. ñun, cëon, = 'Stein', gaunerspr. zunächst 'Silbergeld': S.A. asächs. kio, mnd. kiwe, kewe, mnl. kieuwe), Wolf Wb. d. Rotw. 2602. K i e f e r m. (frühnhd. kif, kife, kifel, pomm. Kieselgur /. 'Bergmehl, Infusorienerde'. Zweikève) und K i n n (asächs. kinni, Voc. theut., ter Bestandteil Gu(h)r /. 'feuchte, aus dem GeNürnb. 1482, q 4 " „Mnlein im üsch/brantia") stein ausgärende Masse', das in mineralog. bilden. Das 16. bis 18. Jh. sagt mit schlimmer Schriften von Mathesius 1562 bis Goethe auch Zoologie F i s c h o h r e n . selbständig begegnet. Fem.-Abstr. zu g ä r e n : Kien m. Ahd. chien, ehm, kien, kên 'Kien- Veith 1871 Dt. Bergwb. 256. span, Fackel; Nadelbaum', mhd. kien, mnd. ken, kiesen st. Ztw. mhd. kiesen, ahd. asächs. ags. cën (mit ë2) 'Fackel aus harzreichem Nadel- kiosan, afries. kiasa, ags. ceosan, engl, choose, holz' in Ablaut zu ags. clnan st. Ztw. 'spalten' anord. kjösa, got. kiusan 'prüfen, wählen'. Germ. (dessen Sippe s. u. Keim): Luick, Hist. engl. Wz. *keus:*kti2 (vgl. e r k o r e n und K u r /. Gramm. § 68. 90. Der für die Beleuchtung in 'Wahl') aus idg. *geus : *gus in lat. gus-tus,
Kietze
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gus-täre, gr. geúesthai 'genießen, schmecken', aind. Wz. jus- "erwählen, gern haben'. Aus germ, got. kausjan 'kosten', aslav. kusiti, frz. choisir "wählen'. Kietze1, Κ ö t z e /. das fränk. hess. pfälz. Synonym für Kiepe 'Tragkorb', das in Formen wie Icéis, kits, kitse osti, bis Thüringen, nördl. bis Göttingen nnd Waldeck, siidl. bis Schwaben reicht. Mit älterem thiir. kötze, mrhein. kütz vereinen sich alle auf eine Grundform kœze: mit dem Suffix fem. Gerätnamen ahd. 4ssa, germ, isjözu Kot(e): Kluge 1926 Stammb. §85; H.Fischer 4, 660f. 853f. 6, 2400; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 273f. Kietze2 s. Kitze 2 . Kikeriki n. so erst im 19. Jh., im 18. K i k r i , im 17. auch K e k e r l e k y h (Eselskönig 1620 Wackern. Leseb. 3, 1, 612) und K ü k e r l ü k ü h (Prätorius 1662 Philos. Colus 29). Im 16. Jh. Tutterhui (Mathesius 1592 Ehesp. Pp. 4 a ), Guck guck g u r i t h (Rollenhagen 1595 G u c k g u c k g u r i t h (Rollenhagen 1595 Froschm. H 4 b ): alles Schallnachahmungen. S. iah und Hauschild 1909 Zs. f. d. Wortf. 11, 165ff. Die verwandten Sprachen bieten viel Vergleichbares, z. B. für den Ruf lat. eücuru, lit. kakarykü, kleinukrain. kukurikujür den Hahn aind. kurkula-, gr. Mkorros, kikkos, für 'krähen', ngr. kukurizö, russ. kukorékaV, bulg. kukurlgam usw. Kilt, K i l t g a n g m. alem. 'nächtlicher Besuch von Jungburschen bei Mädchen', eis. quëlte f . 'Abendbesuch bei Nachbarn', Fehlt in mhd. Zeit. Ahd. (St. Gallen 817) chmltiwërch 'Arbeit bis zur Nachtzeit', ags. cwield 'Abend' (auch in cwieldhréaâe 'Fledermaus', -sçten 'erste Nachtstunden', -tul 'Abendzeit'), anord. kveld, norw. hvald, schwed. kväll 'Abend' führen auf germ. *kueldaz, *kyœlâiz 'Ende des Tages'. Weiterhin ist Qual verwandt. Außergerm, vergleichen sich lit. gälas 'Schluß', lett. gals 'Ende, Äußerstes'. Bei uns durch das jüngere Abend verdrängt, s. d. Kilo n. Zu griech. chilioi Ί000', gekürzt aus Kilogramm, das 1795 von der frz. Nationalversammlung als Gewichtseinheit festgesetzt wurde. Kimme s. Kieme. Kimono m. 'Morgenrock mit weiten Ärmeln', aus japan. kimono 'Gewand' wohl erst zu Ende des 19. Jh. entlehnt. Kind n. Ahd. kind weist auf germ. *Unpa-, asächs. kind auf *Μηδά-, die in gramm. Wechsel stehen. Anord. gilt ein ablautendes kundr m. 'Sohn', auf gleicher Stufe steht das Adj.-Suffix germ. *-kunda- 'stammend von' (in got. himinakunds 'himmlisch', qinakunds 'weiblich', ags. feorraneund 'von fern stammend'). Wie a l t , k a l t , l a u t , t r a u t usw. altes Part, auf -to, und zwar zur Wz. *kun, *kên, *kan 'erzeugen', zu der auch got. kuni, ahd. ehunni, mhd. künne n. 'Geschlecht' E l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Anil.
Kinn
(s. König) und ags. cennan 'erzeugen' gehören. Dem germ. *kên entspr. idg. *§en in gr. génos η. 'Geschlecht', gignesthai 'werden', gone f . 'Geburt', lat. genus, gignere, gens, lit. gentis 'Verwandter', aind. jan- 'êzeugen', jánah η. 'Geschlecht', janúh η. 'Geburt, Geschöpf, Geschlecht', jantúh m. 'Kind, Wesen, Stamm'. Aind. jâtâh 'geboren' entspricht genau dem germ. *kunda-, Anord. kind f . ist wie lat. gens ein i-Stamm und hat wie dies die alte Bedeutung 'Nachkommenschaft, Geschlecht', dazu noch 'Art, Stamm, Leben'. Zum Begriff Kind: E. Hermann 1935 Ind. Forsch. 53, 102. K i n d e s k i n d s. u. Helf e r s h e l f e r . Die Lautgeographie 'Kind' bieten die Karten 17, 38, 75 des Dt. Sprachatlas. Kindergarten m. nannte Fr.Fröbel 1840 seine Vorschule für kleine Kinder in Blankenburg und wurde damit Vorbild auch für engl, kindergarten und kindergartener. Fröbel begründet die Wahl des Worts, das bei Jean Paul 'Kinderheimat' bedeutet, Ges. pädag. Schriften 2, 460. Gutzkow 1850 Ritter v. Geist 3,158 wendet dann die neue Bed. an. S. K i n d e r h o r t . Kinderhort m. 'Erziehungsanstalt, die sonst unbeaufsichtigte Kinder in der schulfreien Zeit aufnimmt und beschäftigt'. 1871 von Prof. F. X. Schmid-Schwarzenhagen in Erlangen nach dem Vorbild von K i n d e r g a r t e n (s. d.) empfohlen. Bald danach K n a b e n - und M ä d c h e n h o r t , dazu H o r t n e r i n . Kinkerlitzchen Plur. Frz. quincaille 'Flitterkram' tritt im 18. Jh. in den dt. Gesichtskreis und wird außer durch - c h e n um die Endung -Iitz erweitert, deren verkleinernde Bed. Weise 1908 Zs. f. d. Wortf. 10, 56ff. darstellt. So erscheint im Febr. 1775 Teutsch. Merkur 137 „Kopfputz, der mit mehr Ginkerlitzgen behangen war"; seit Müller 1790 Herr Thomas 1, 213 steht die Form K i n k e r l i t z c h e n fest. Neben der Grundbed. 'zweckwidriger Tand' entwickelt sich in nd. Mundart (Danneil 1859 Altmärk. Wb. 100 b ) die abgeleitete 'Flausen, Blendwerk, Täuschung' : was flittert, ist Firlefanz und Trug. Kinn n. mhd. kinne, ahd. asächs. kinni (auch 'Kinnlade'), ags. einn, engl, chin; die ältere Bed. 'Wange' (so got. kinnus f., anord. kinn, schwed. kind 'Backe') besteht fort in K i n n b e i n 'Bakkenknochen', ahd. kinnizan(d), mhd. kinnezan 'Backenzahn', ahd. kinnibacko 'Kinnbacke'. Germ. *kinn- aus *kenw-, doch kommt statt dieses gewohnten Ansatzes Gemination aus Laryngalschwund in Betracht: L. L. Hammerich, PB Beitr. 77 (1955) 177. Zu idg. *genyr in gr. génys f . 'Kinn(lade), Kinnbacken; Schneide des Beils, Beil', géneian η. 'Kinn(lade)', geneiás f . 'Kinn; Bart'; lat. gena 'Wange', denies genuini 'Backzähne'; mkorn. kymr. bret. gen 'Kinnlade)', ir. gin. Gen. geno 'Mund'; toch. A San21
Kinnlade
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wem 'die beiden Kinnbacken': K. Schneider 1941 Idg. Forsch. 68,170. J. Trier, Venus S. 190 (vgl. Wange). Kinnlade /. dringt im 18. Jh. durch, zunächst als Bezeichnung des Unterkiefers, der im 17. Jh. L a d e , also 'Behälter' schlechthin, heißt. Die urspr. md. Zus.-Setzung bezeichnet den Unterkiefer als Behälter für die Zähne. Kino ». 1906 wird in Berlin das erste ständige Lichtspielhaus errichtet. Sein schwerfälliger Name K i n e m a t o g r a p h wird vom Volke gekürzt zu K i e n t o p p , bald auch zu K i n o . Vorbilder sind A u t o und K i l o , daher der Geschlechtswandel: Zs. f. Deutschkde. 48 (1934) 737; Dt. Wortgesch. 2 (1943) 390. Zu gr. kïnéô 'ich bewege'. Kiosk m. türk. kiöschk 'Gartenhäuschen' erscheint bei uns seit Goethe 1787 Triumph der Empfindsamkeit: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 344. Kiptel m. n. 'Hörnchen'. Lat. eippus 'Pfahl' gibt früh entlehnt ahd. chipf, kipf(a), mhd. kipf(e) 'Wagenrunge'. Nach deren Gestalt heißt das in zwei Spitzen auslaufende, längliche Brot η Bayern d e r K i p f : Schmeller I a 1273. Dieses Brot erscheint seit etwa dem Jahr 1000 (Schweiz. Id. 2, 390) in lune moäum factus und ist so über ganz Deutschland und Frankreich (frz. croissant) verbreitet. In Jansen Enikels Fürstenbuch 95 (Wien 1280) heißt diese Form chipfen, seither K i p f ( e ) l in Österreich, im alten Vorderösterreich und der Schweiz. Wo dafür G i p f e l gilt, beruht das auf volksetym. Anlehnung an G i p f e l m.: Mor. Heyne 1901 Nahrungswesen 30. 277; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 152. 238. Kippe /. 'Gemeinschaft' in Wendungen wie K i p p e ( s ) m a c h e n , h a l t e n , f ü h r e n '(bei Handel oder Spiel) gemeinsame Sache machen': aus jidd. kubho 'Kammer, Zelt' rotwelsch, von da mundartl. (im Südwesten): H. Fischer 4, 389; S. A. Wolf 1966 Wb. d. Rotwelsch. 2119. kippen schw. Ztw. 'stürzen' Ztw. Neben lat. eippus 'Pfahl' (s. K i p f e l ) ist nach Wadstein, Beitr. 22, 24 *eippäre vorauszusetzen, dessen Tochterformen frz. reeeper, prov. cepa, ags. foreippian in der Bed. '(die Spitze) abhauen' übereinstimmen. Entspr. treten frühnhd. Jdpfe 'Spitze', kipfen 'die Spitze abhauen' auf, zu denen K i p p e und k i p p e n als md. nd. Formen gehören. Dazu kann K i p p e 'Zigarrettenrest' (1946f.) gestellt werden. Kippe als Name einer Turnübung bezeichnet das Aufstemmen aus dem Hang in den Stütz. Kirche f . Mhd. kirche, alem. kilche (vgl. P f l a u m e ) , ahd. kirihha, chirihha,asächs.kirika, mnd. mnl. afries. kerke, ags. ciriee, engl, church, anord. (als Lehnwort aus dem Ags.) kirkja, dän. kirke, schwed. kyrka führen auf westgerm. (6.
Kirchspiel
Jh.) *kirika mögen in merovingischer Zeit entlehnt sein. Vgl. die christlichen Lehnwörter (z. B. B i s c h o f , E n g e l , Er-, P f i n z - , S a m s t a g , Heide, P f a f f e , P f i n g s t e n , t a u f e n , T e u f e l , Woche). K i r c h e erscheint 718 im eis. Ortsnamen Chirihhünmläri, nach den Verschiebungserscheinungen vorahd. Zeit, nach seiner Verbreitung vor Abwanderung der Angelsachsen (um 450). Auf das Griech. geht lat. ecclèsia (ital. 'chiesa, frz. église), aslaw. erüky, russ. cérkov' zurück. Es ist aus gr. kyriake (oikia 'Haus') (Sophocles 1914 Greek Lex. 698; N. Jokl 1927 Idg. Forsch. 44, 40) über dessen Volksform *kyrikê entwickelt. Belegt ist fürs 4. Jh. kyrikón η.: das F. mußte aber im Gr. weichen, weil es neben kyriake (hêméra 'Tag') doppeldeutig war. Auch kyrikón wurde bald verdrängt, indem ekklêsia, vom Neuen Testament als 'Gemeinde' geboten, den räumlichen Sinn mit übernahm (P. Kretschmer, Zs. f. vgl. Sprachf. 39, 641). Richtig sagt im 9. Jh. Walahfrid Strabo von unserm Wort „ab ipsis Grecis kyrica": Zs. f. dt. Alt. 26, 99. Zum Wandel des Geschlechts Th. Frings 1932 Germania Rom. 38; M. Förster 1941 Themse 686; M. Vasmer 1944 Griech. Lehnw. im Serbo-Kroat. 34; J . Knobloch, in: Orbis 9 (1960): nicht aus arian. got. Mission, wohl von griech. Kaufleuten. Kirchenlicht n. Als „Licht der Welt" bezeichnet Christus Matth. 6, 14 die Seinen, lumen ecclesiae heißt im Mittelalter Augustin, als K i r c h e n l i c h t e r rühmt Mathesius 1670 Hist. ν. Luther 211 die Wittenberger Theologen. Den spöttischen Klang wird die Ausdrucksweise nicht los, seit 1617 die Epist. obsc. vir. 2, 32 Jak. van Hoogstraten als lux theologorum verhöhnt haben: Büchmann 1912 Gefl. Worte 46. Kirchhof m. Mhd. kirehhof, mnd. kerkhof bezeichneten jeden Hof um eine Kirche, unabhängig davon, ob er als Begräbnisplatz diente oder nicht. Die frühnhd. Beschränkung auf den christlichen (nie jüdischen) Begräbnisplatz eignet dem dt. Norden und Westen, die Grenzen zieht Kretschmer 1918 Wortgeogr. 276 ff. Der Ausdruck wird durch F r i e d h o f bedrängt, soweit die Begräbnisstätten nicht mehr bei den Kirchen liegen, durch G o t t e s a c k e r , soweit ein Feldgrundstück dem neuen Zweck geweiht wird. Im Engl, entspricht churchryard; ags. cyric-tün war 'Begräbnisplatz'. — Ein Synonym, ist K e r p e r i c h m . neben K i r f e r i c h der Westerwald. Name des Kirchhofs: aus K i r c h p f e r c h . Dazu auch K e r f i c h , K i r f e c h in Lothr., Luxemb. und Thüringen : Kretschmer 1918 Wortgeogr.276.278. Kirchspiel w. 'Bezirk, in dem ein Pfarrer predigen und die kirchlichen Amtspflichten ausüben darf', mhd. kir{ch)spü, mnd. ker(k)spel, mnl. afries. nnl. kerspel; wie B e i s p i e l (s.d.)
Kirchweih
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aus Uspel. Kirchspiel geht im 13. Jh. vom rhein. Nordwesten aus, wo auch nl. dingspil 'Rechtsgebiet', rhein. Geld-, Menschenspiel gelten. Westfäl. spiai kann 'eine Menge Menschen' bedeuten. Zum Bed.-Wandel s. Gebiet. Kirehweih f. ahd. kirihioihl 'Kirchenweihung', mhd. kirchwïhe auch schon 'Jahrmarkt, Fest überhaupt*. Mondarti. Formen wie alem. chilbi, chilw, hess. kerbe usw. zeigen b aus w. Kirmes f. mhd. kirmisse "Kirchweihfest' für unbezeugtes *kirehmësse, worin man Klammerform für *hirchmhmësse 'Gottesdienst zur Kirchenweihe' vermuten möchte. Die Drittkonsonanz ist erleichtert wie in nnl. kermis aus mnl. kercmisse, mhd. kir(ch)spil, kir(ch)mhe, bair. kirke aus mhd. kirchtoc. S. Messe. kirnen Ztw. 'buttern', ein vorwiegend nd. Wort, das seine nächsten Verwandten in gleichbed. nl. kamen, engl, churn, schwed. kärna hat. Vorauszusetzen ist germ. *kirnjan 'buttern' neben *kirnjön f. 'Butterfaß' (in gleichbed. ags. «Yen, eyren, engl, churn, anord. kirna /.), beides Ableitungen zu germ. *kërna- (s. Kern; Kluge 1926 Stammb. § 81), das sich früh zu 'Milchrahm' entwickelt hat, wie das Zus.-Treffen von nhd. (oberpfälz.) kern, mnd. kerne, isl. kjarna in dieser Bed. beweist. Heute geht kirnen in der Herstellung von Kunstbutter auf das Verfahren, womit das geschmolzene Pflanzenfett durch Zusatz von Milch butterähnlich gemacht wird. kirre Adj. Neben *guersu- in lett. quit 'matt werden', lit. gùrti 'sich legen' (vom Wind) steht * ran nicht bisnach Ostpommern. In den übrigen Gebieten gedehnte Silbe in der Länge, so nd. kämen. gilt Sech (s. d.). Stammt wohl aus vorrömischer AuBergerm. vergleichen sich aind. gdmati, awest. Zeit des Donauraumes. — Frings, Germ. Rom., jamaiti 'geht', toch. käm und (mit lautgesetz153f.;ders., Grundlegung einer Gesch. d. dt. lichem Wandel des -mi- zu nj-) lat. veniö (aus Spr., S. 26 u. Kt. 23; Wortkarte bei Foerste, *g%em}ö), gr. bainö (aus *gKwijö). — Der Dt. Dt. Philologie im Aufr. Bd. 1, 1845; Teuchert, Sprachatlas stellt die Lautgeographie von Die Sprachreste d. niederl. Siedlungen 241; B. 'kamen' auf den Karten 78—82 dar, handschr. noch 'kam', 'gekommen'. Kratz s. Pflug, Sech. Kommentar m. 'Erläuterung(sschrift)', im Kombüse /. 'Schiffsküche'. Im 16. Jh. tritt mnd. kabüse 'Bretterverschlag (auf dem Schiff)' 18. Jh. eingedeutscht aus gleichbed. lat. comans Licht. Während sich die Form in nl. kabuis mentärius. Die Mz. lautet schon im 16. Jh. (vgl. Büse, D ü n e , K l ü v e r , S t ü b e r , Süden), C o m m e n t a r i e n : H. Schulz, Fremdwb. 1 (1913) engl, caboose 'Schiffsküche' hält, entwickelt das 361. Lat. commentärius (liber) gehört zum Ztw. Nd. des 18. Jh. kambüse, das sich in gleichbed. commentari 'überdenken'; daneben commentum frz. cambuse spiegelt. K o m b ü s e , dem nl. kom- 'Erfindung, Erdichtung', spätlat. auch 'Erbuis, älter kombuus, entspricht, seit Vischer 1720 klärung', das ein im 16./17. Jh. bei uns beliebtes Glossar zur Robinson-Übersetzung. Zur Auf- C o m m e n t ergeben hat. Sämtlich zu lat. mens hellung der Vorgeschichte dient, daß nd. ka- 'Verstand', urverwandt mit m a h n e n , s. d. buus im Brem. Wb. 2 (1767) 713 'Kernhaus' beKommentar s. K o m t u r . deutet. Von allen Seiten wird Zus.-Setzung mit Kommißbrot ». Lat. commissa, Plur. zu comhüs wahrscheinlich: Kluge 1911 Seemannsspr. missum n. 'anvertrautes Gut', ergibt frühnhd. 472. kommiß f . 'Heeresvorräte'. So wird in der ReuKomet m. Gr. kometës eig. 'Haar tragender terbestallung Karls V. verboten, „in die Kom(Stern)' (zu kómè f . 'Haar') ergibt über lat. co- miß zu greifen" und befohlen, „alles dasjenig mètes, -eta mhd. komète. Verdeutschungen wie ehrbarlich zu bezahlen, was aus der Kommiß B e s e n - , H a a r - , S c h w a n z - , S c h w e i f - , S t r o - gegeben wird" (P. Horn 1899 Sold.-Spr. 26; Zs. b e l s t e r n (Zs. f. d. Wortf. 8, 69. 14, 76) sind f. d. Wortf. 14, 62). Aus der Fülle der Zus.Setzungen ( K o m m i ß - G e l d e r , - h a f e r , -meinicht durchgedrungen. komisch Adj. Zu gr. kömos m. 'Umzug voll s t e r , - m e t z g e r , -sack) hält sich K o m m i ß Mutwillen' gehört kòmikós Adj. 'witzig, lächer- b r o t , das H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 364 zulich', das uns über lat. cömicus zu Ende des eist aus Straßburg 1652 belegt. 16. Jh. erreicht. Zur Entwicklung und Sippe Kommode /. Zu lat. commodus, frz. commode H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 368f. — Vgl. Adj. 'angemessen, bequem' gehört die SubstanKomödie. tivierung la commode, mit der ein Pariser SchreiKomma «. Gr. kómma 'Abschnitt' (zu k&ptein ner seine Schiebkastenschränke empfahl; von 'schlagen') gelangt über lat. comma im 17. Jh. Liselotte 1718 als „große Taffei mit großen zu uns und erscheint seit Hornschuh 1634 als Schubladen" eingeführt. Bei uns seit Zachariä Name des Satzzeichens, von Gueintz 1641 mit 1764. Umgangsspr. halten sich nd. D r a h k a strichlein, seit Harsdörffer 1647 mit Beystrich- s t e n , schles. S c h u b , österr. S c h u b l a d k a s t e n , lein übersetzt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 360; alem. T r u h e : A. Götze 1909 Zs. d. f. Wortf. 11, 263; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 366; KretschE. Leser 1914 Zs. f. d. Wortf. 16, 38 f. Kommando n. Neben lat. commendare steht mer 1918 Wortgeogr. 303f. vulgärlat. commandäre (mit a wie M a n d a n t , Kommunist m. 1827 engl, communists or sociaMandat), worauf ital. span, comando, frz. com- lists (Wiss. Annalen 3,1964, 661). Aus lat. commander, commandant beruhen. Die roman. Wör- munis (s. gemein). Hnr. Heine griff sie und ter erscheinen 1614/16 bei uns (Zs. f. d. Wortf. C o m m u n i s m u s 1840 auf, Gutzkow spricht
Komödie
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1842 von dem „sonderbaren Neuwort Communismus", B. Auerbach 1846 von dem „nagelneuen Ketzerwort Communist" : Ladendorf 1906 Schlagwb. 175f.; Zs. f. d. Wortf. 8, 13. Mhd. commune f . 'Gemeinde* stammt aus dem Lat. Komödie /. Gr. kömöidia 'Lustspiel' (s. k o misch) gelangt über lat. comoedia als friihnhd. comedi(e) zu uns. H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 367 belegt C o m e d i e n zuerst aus dem Humanisten Albr. v. Eyb 1472. Zu griech. ode 'Gesang'. Vgl. L u s t s p i e l , Melodie, T r a g ö d i e . Kompagnon s. K u m p a n . Kompanie /. Mlat. companium n. 'Gesellschaft* (urspr. 'Brotgenossenschaft', zu con'mit' und parvis 'Brot') gelangt, nachdem eine erste Entlehnung von afrz. compaignie zu mhd. cumpänle verklungen war, als Wort des ital. Handels im 14. Jh. nach Oberdeutschland und wird demgemäß in kaufmänn. Büchern noch 1662 Compagnia geschrieben. Als milit. Fremdwort dringt 1590 frz. compagnie ein: so behauptet sich das Wort über den 30 jähr, bis zum Weltkrieg: A. Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufmannsspr. 102f.; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 367f.; H. Suolahti 1929 Frz. Einfluß 137; Zs. f. d. Wortf. 14, 24 f. 42. 75. Kompaß m. Zu ital. compassare 'abschreiten, abmessen' gehört compasso 'Zirkel'. So heißt die Magnetnadel wegen der kreisrunden Büchse (bussola, frz. boussole), in der sie drehbar aufgehängt ist. Vom Ital. greift das Wort über alle Kultursprachen, nachdem Flavio Gioja v. Amalfi 1302 die entschuldende Verbindung der Magnetnadel mit der Windrose vorgenommen hat: Kluge 1911 Seemannsspr. 474. Er ist als anord. leiöarsteinn im Norden schon 1240 bekannt: W. Vogel 1915 Reallex. d. germ. Alt. 3, 70; E. öhmann 1940 Neuphil. Mitt. 41,148. Anord. leid zu unserm l e i t e n bedeutet 'Weg, Reise, Fahrt'. kompetent Adj. 'zuständig', 18. Jh. zu lat. petere 'streben', dies also gemeinsam = com-. Kompliee m. 'Helfershelfer' Lat. complex 'Verbündeter' (der zweite Wortteil zu lat. plicäre 'zus.-falten', urverwandt mit f l e c h t e n , s. d.) erscheint im Plur. complices seit 1600 in dt. Rechtssprache. Als Entlehnung aus frz. complice 'Mitschuldiger' seit Scheibner 1695 gebucht. Heynatz 1776 Handb. 687 verlangt frz. Aussprache: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 370. Kompliment n. Der Anhang (complementum) alter Moralbücher handelte von der Höflichkeit. Danach wird im 16. Jh. span, complimiento zu 'Höflichkeitsbezeugung'. Bei uns erscheint die Mz. complimenten seit Aeg. Albertinus 1598 Guevaras Güld. Sendschr. 1187 tt . Nachmals gewinnt das gleichfalls vom Span, ausgehende frz. compliment 'feierliche Anrede, Schmeichelei' Ein-
Konfession
fluß auf den dt. Ausdruck. Moscherosch und die Sprachreiniger bekämpfen ihn: F. Schramml914 Schlagw. d. Alamodezeit 71ff. Komplott n. Frz. complot erscheint im 12. Jh. als 'Gedräng, Aneinanderschmiegen'. Es ist rückgebildet aus dem Ztw. comp(e)loter 'zusammenknäueln', das zu pelote 'Kugel, Knäuel' gehört (daher auch frz. peloton 'kleiner Knäuel; Menschengruppe; Rotte, Soldaten, die zugleich feuern'). Frz. complot entwickelt sich über 'Vereinbarung' zu 'heimlicher Anschlag'. In diesem Sinn wird es entlehnt zu engl, complot. Aus London meldet der Sonntagische Postilion 1680, Nr. 6 „Sr. Walter h a t . . . ein neues Complot der Papisten entdecket." Seit Liebe 1686 wird C o m p l o t bei uns verzeichnet, nun (soweit wir Angaben erhalten) in frz. Betonung. Kompost, Kompott m. Die aus lat. compositum n. 'Zus.-Gesetztes' hervorgegangenen roman. Wörter sind auf versch. Wegen, zu versch. Zeiten, in versch. Bed. zu uns gelangt: mlat. compostum 'Dünger' wird zu spätahd. kúmpost, ital. composta 'Eingemachtes' zu gleichbed. mhd. kumpóst, auch 'Sauerkraut' (ins Slaw. übernommen als kapusta 'Kohl'), ostpreuß. Kumst 'Kohl', älter frz. composte 'eingemachtes Obst' zu gleichbed. friihnhd. compost, das den frz. Lautwandel zu compote im 18. Jh. mitmacht. Kompromiß m. 'Vereinbarung bei gegenseitigem Entgegenkommen'; tadelnd über frz. com· premettre 'bloßstellen' aus lat. compromittere 'sich gegenseitig etwas versprechen', dt. k o m promittieren. Komtur m. Mlat. commendator, afrz. commendeor 'Vorsteher der Niederlassung eines Ritterordens' (mlat. commenda) ergibt mhd. kommentür, das sich namentlich im Schwäb. lange hält, indes anderwärts das gleichfalls schon mhd. cumtiur zu K o m t u r führt. Konditor m. In nhd. 'Zuckerbäcker' zuerst 1646, lat. conMtor 'Hersteller würzhafter Speisen' (zu lat. condire 'einlegen, einmachen', bei uns seit 1580 als c o n d i e r e n ) Arab, qand 'Kandiszucker' (s. K a n d i s z u c k e r und Z u c k e r ) ist Grundwort von k a n d i e r e n (ital. candire, frz. candir 'überzuckern'); dazu K a n d i t o r als Name des Zuckerbäckers, der im 18. Jh. daneben in der Volkssprache,weithin bis heute, gilt. H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 372; Kretschmer Wortgeogr. 304. Fincke Zs. „Süßwaren" 1957,6; 1525 Conditor 'Urheber, Anfertiger' (Weimann). Kondor m. Der größte bekannte Geier, in den Kordilleren Südamerikas heimisch. Peruan. cuntur gelangt über span, condór zu uns und begegnet seit 1601 in nhd. Texten: Palmer 77. Engl, condores seit 1604, frz. condurs etwa 1677. Konfession f . 'relig. Bekenntnis', 16. Jh. zu lat. confitëri 'bekennen', fatêri.
konfiszieren
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konfiszieren Ztw., seit 1636 aus lat. confiscare 'für die kaiserliche Schatzkammer ( F i s k u s ) einziehen'. Schulz, Fremdwb. 377. Lat. fiscus 'geflochtener Korb, Geldkorb, Kasse'; zu *bhid' binden'. König m. mhd. künic, künec (g), ahd. asächs. kuning, ags. eyning, engl, king; dazu mit Suffixablaut anord. konungr, neunord. kung. Aus einer germ. Sprache des 2./3. J h . stammt gleichbed. finn, kuningas; auch aslav. kunç(d)zl "Fürst* ist aus dem Germ, entlehnt; lit. künigas 'Pfarrer' und lett. Mings 'Herr' beruhen auf mnd. kunig. Got. gilt reiks 'König' (s. R e i c h ) . Germ. *kuninga-z 'König* ist abgeleitet von germ. *kunja(got. kuni, ahd. asächs. kunni, mhd. künne) 'Geschlecht', Grundbed. somit 'Herrscher aus vornehmem Geschlecht*, -ing, -ung bezeichnen Zugehörigkeit, besonders Abstammung. Die alte Zugehörigkeitsbildung ist (wie got. piudans, gr. koiranos) schon voremzelsprachlich über 'primus inter pares' zu 'Herrscher über . . . , Erster i n . . . ' geworden. Anders F. R. Schröder, IngunarFreyr 1941, 33: *kunjas, vgl. lat. genus, — 'Erzeuger', in mythologischer Deutung des Sakralkönigtums 'Partner der Muttergöttin'. S. Nation. Könighase m. 'Kaninchen'. Das aus lat. cuniculus entstandene königlein wird bair.österr. verdeutlicht zu kiniglhaas (Hügel 1863 Wiener Dialekt), K ö n i g e l h a s e (F. Raimund, Dram. Werke' I, 33, 2, 163). Das Nahmenbüchlein zum Gebrauch der Stadtschulen in den k. k. Staaten (Wien 1847) 30 schreibt K a n i n chen statt Königlhasen vor. Für Bayern verzeichnet Schmeller l 2 , 1259 kini'hàs, für das alte Nürnberg H a s e n k ü n l e i n . — Dazu K ö n i g t u m als Ersatz für frz. royauté von Wieland, N. teutscher Merkur, Nov. 1792, S. 290 geschaffen, Ihm sind dabei das ältere K a i s e r t u m und engl, kingdom Vorbilder. Wielands Wagnis wird sogleich allseitig begrüßt: Feldmann 1912 Zs. f. d. Wortf. 13, 268. Campes Einspruch hat dem Wort nicht geschadet: Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 37. Königskerze f. die Pflanze Verbascum, besonders V. thapsus und thapsiforme (früher Candela regis), frühmhd. (Ahd. Glossen 3, 646, 38) kungeskerze, frühnhd. (L. Diefenbach, Gloss, lat.germ. 673 b ) konigis kercz. Dem dt. Namen entlehnt ist dän. kongekjert, ihm nachgebildet sind dän. kongelys, schwed. kungsljus, norw. konglys. Der Stengel hat zur Anfertigung von Wachskerzen gedient, s. J . Wigand, Catal. herb, in Borussia nascentium (1683) 66: Candelaria appellatur, quia cera Mita candelae vieem praestat. Die Fülle dei' landschaftl. Namen bei R. Hildebrand 1873 DWb. 6, 1712 und H. Fischer 1914 Schwab. Wb. 4, 604.
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Konsul
konkav Adj. 'eingebogen hohlrund', 18. Jh., zu cavus 'hohl', mit diesem urverwandt. Konkordat ». 'Staatsvertrag mit dem Papst', zu lat. concordare'übereinstimmen'. S. Akkord, Rekord. konkret Adj. 'sinnlich wahrnehmbar', 18. J h . philosophisch aus lat. concretus 'verdichtet' zu cresco 'wachsen' (urverwandt mit Herde). können Prät.-Präs., mhd. künnen, kvnnen, ahd. kunnan (Sg. kan, Plur. kunnum, Prät. konda) 'geistig vermögen, wissen, kennen, verstehen', dann 'imstande sein*. Entspr. ags. cunnan (1. Sg. carni), anord. kunna, dagegen got. kunnan (Sg. kann, Plur. kunnum) '(wieder)erkennen'. In alter Zeit hat k ö n n e n nur geistige Bed. im Gegensatz zu ( v e r ) m ö g e n . Dem Germ, ist außer dem Stamm kann- (auch in got. kunnan schw. Ztw. 'erkennen', ags. cunnian 'erforschen, versuchen'; vgl. k e n n e n , k ü h n , k u n d , K u n s t ) ein Stamm knë: knö geläufig: ags. cnäwan, engl, know; ahd. bi-, irchnäan 'erkennen', wozu ahd. urehnät f. 'Erkennung', anord. knä 'kann'; auf germ. *knöpla- 'Erkenntnis' weist das Denominativ ahd. beknuodelèn 'vernehmbar werden'. — Das zweite w von got. usw. kann, kunnum, kunnan ist suffixal und urspr. nur präsensbildend: kunnum entspricht genau dem aind. jänimdh 'wir erkennen' (jänami 'ich erkenne'), idg. *§ñ-n3-mó(s); *gñ- ist die regelrechte Tiefstufe zu *§en-, Präsentisches « zeigt auch lit. iinóti (St. *§n-nä) 'wissen' und air. ath-gnin 'erkennt*. Dazu ohne »-Suffix und mit Hochstufe aslaw. znati 'wissen', lat. cognosce, gr. gignèskô (Aor. é-gnô-n) 'erkenne', aind. jnäta 'erkannt*, air. gnäth 'bekannt*. — Da germ, kunnum wie der Plur. eines Prät.Präs. wirkte, wurde dazu ein Sing, kann neu geschaffen. K. Weißgräber, Bed.-Wandel des Prät Präs. „kann"(Königsberg 1929) mit H. Ammanns Anzeige Idg. Forsch. 61 (1933) 167. S. k e n n e n . Konsonant s. M i t l a u t e r , zu lat. sonare 'klingen'. Konsorten Plur. 'Schicksalsgenossen' aus lat. consors, -sortis. Bei uns zuerst als (mit)consorten bei Schertlin v. Burtenbach, Briefe an die Stadt Augsburg (Augsb. 1862) 106 vom 16. Juli 1646. Konstitntion /. 'Staatsverfassung'; L e i b e s k o n s t i t u t i o n Grimmelshausen 1676 = K o n s t i t u t i o n 1796 bei Goethe, Lehrjahre: Schulz, Fremdwb. 384. Zu lat. statuere 'fest hinstellen', aus stare 'stehen'. Vgl. S t a t u r . konstruieren Ztw., 16. J h . aus lat. construere 'zusammenschichten', urverwandt mit s t r e u e n ('ausbreiten'), S t r e u , S t r o h . Konsul m. (aus lat. consul) im Bereich des Mittelmeers seit 1460: Rieter, Reisen 124. 131. Bei uns noch lange ein Wort der Reisewerke: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 384.
Konterbande
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Konterbande f . 'Schleichhandel; Schmuggelware' aus ital. contrabando (wörtlich: 'gegen die Bekanntmachung') 1489 entlehnt, unter Kaufleuten schon im 15. Jh. bekannt. Bei weiterer Einbürgerung meist in der frz. Form contrebande gebraucht. Die Verdeutschung B a n n w a r e schlägt Campe 1800 vor; geläufig wird sie erst durch die Heeresberichte seit 1914 : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 385; W. Linden 1943 Dt. Wortgesch. 2, 397. Konterfei n. Das Part, zu mlat. contrafacere 'nachbilden' ergibt afrz. contrefait 'verfälschtes Gold, Metall', das kurz nach 1200 als conter-, cunter-, gunterfeit ins Mhd. entlehnt wird. Nachdem frz. -t verstummt ist, begegnet auch mhd. kunterfei. In frühnhd. Zeit wird frz. contrefait in der neuen Bed. 'Bild' entlehnt, so begegnet konterfei seit Mathesius 1562 Sarepta 83: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 385; Suolahti 1929 Frz. Einfluß 138. Vgl. A b b i l d . Kontinent s. F e s t l a n d . Konto n. 'Guthaben'. Zu lat. computare 'zusammenrechnen' gehört ital. conio m. 'Rechnung', das mit andern Kunstwörtern der ital. Buchführung (Agio, b r u t t o , Giro usw.) am Ende des 15. Jh. entlehnt, seit dem 18. Jh. auch übertragen gebraucht wird: A. Schirmer 1911 Wb. d. Kaufmannsspr. 107 f. Kontor n. Zu frz. compter 'zahlen, (be)rechnen' (aus gleichbed. lat. computare, s. K o n t o ) wird im 14. Jh. comptoir m. gebildet, das zuerst 'Zahltisch', dann'Schreibstube' bedeutet. Über pikard. contor wird mnl. contoor entlehnt, das im 15. J h . ins Nd. dringt, zunächst als 'Rechen-, Zähltisch, Pult', seit 1450 auch als 'Handelsniederlassung'. Im heutigen Sinn gilt kaufmännisch bis ins 17. Jh. S c h r e i b s t u b e , seither stellt sich von Frankreich C o m p t o i r ein. K o n t o r i s t seit der 2. Hälfte des 17. Jh. Kontrapunkt m. 'Kunst des mehrstimmigen Tonsatzes', urspr. 'Satz einer Gegenstimme zur Melodie', punctus contra punctum (wobei P u n k t die alte Art, Noten zu bezeichnen bedeutet). Mlat. contrapunetum tritt im 14. Jh. auf, in dt. Text erscheint C o n t r a p u n c t 1511: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 387. — Vgl. k u n t e r b u n t . Kontrast m. 'Gegensatz': ital. contrasto gelangt als Malerwort zu uns (Gottsched 1760 Handiez. 429) und wird von da zum literar. Fachwort (Sulzer 1771 Allg. Theorie d. schönen Künste I, XII). K o n t r a s t i e r e n wird gleichzeitig dem frz. contraster in dessen trans, und intrans. Bed. 'in Gegensatz stellen' und 'in Gegensatz treten, abstechen' nachgebildet. Die roman. Sippe geht von lat. contra 'gegen' und stäre 'stehen' aus: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 387f. Kontur f., auch m. n. Ital. contorni 'Umfassungslinien' (zu mlat. tornus 'Drehscheibe') er-
Kopf
gibt frz. contours 'Umrisse', das als Wort der bildenden Künste bei Hübner 1712 im Plur. C o n t o u r s auftritt, aus dem der Sing, nicht vor Winckelmann 1756 gewonnen scheint. Nach wechselnden Vorbildern (die Natur, der Komtur, das Futur) erhielt er versch. Genus: Zs. f. d. Wortf. 8, 61. Konversation f . Das im Frz. seit dem 12. Jh. belegte conversation ist bei uns Schlagwort der Alamodezeit, das als 'Unterhaltung' seit 1590 auftritt und unser 17. Jh. füllt. 1704 gibt Joh. Hübner erstmals das „Reale Staats-, Zeitungsund C o n v e r s a t i o n s - L e x i c o n " heraus, in dem er „allerhand zum täglichen politischen Umgang mit gescheuten Leuten unentbehrliche Stücke" mitteilt. Das oft aufgelegte Nachschlagewerk wird 1795 Vorbild für das gleichbenannte Unternehmen des Verlegers Brockhaus: A. Götze 1929 Festschr. f. D. Behrens 114ff. Das Ztw. k o n v e n i e r e n 'sich unterhalten' erscheint schon 1464 als Entlehnung aus lat. conversari: Script, rer. Siles. 11, 69. Konzert n. Auf. 17. Jh. durch Viadana, Concerti di chiesa berühmt. Von da Prätorius 1619 dt. Concert: H. H. Eggebrecht, Studien ζ. musik. Terminologie 1955: ital. concertare ist eine entwicklungsbedingte Umdeutung von lat. conserere 'Zusammenfügung', 16. Jh. ital. concerio 'Ensemblemusik'. Koog s. Kog. Köper m. Zu der unter K ä p f e r dargestellten Sippe gehört nl. (1599) keper 'Balken, Sparren im Wappen'. Nl. nd. keper (und danach dän. kiper, schwed. kypert) ist zum Namen von Geweben geworden, bei denen sich die Fäden des Einschlags mit denen der Kette schräg kreuzen, wie die Sparren im Dach oder im Wappen. Noch Frisch, der Dt. Wb. 1 (1741) 510»> die nl. Herkunft bezeugt, schreibt K e p e r . Das Brem. Wb.2 (1767) 845 bietet K ö p e r (mit ö vor p). Kopl m. mhd. köpf 'Trinkgefäß, Hirnschale', mnd. kopp, ahd. köpf, chuph 'Becher' (daneben wird die Bed. 'Kopf' vorausgesetzt durch ahd. chupfa, westgerm. *kuppjön 'Mütze') ; ags. cuppe, engl, cup 'Becher, Obertasse', ags. engl, cop 'Gipfel, Spitze' (mengl. copp vereinzelt auch 'Kopf'); anord. koppr 'Geschirr in Becherform: kl. Schiff'. Das germ. Wort für 'Kopf' war H a u p t (s. d.), erst nhd. hat Kopf gesiegt. Dessen reiche Bed.-Entfaltung hat ihr Vorbild in der roman. Sippe des zugrunde liegenden lat. cuppa 'Becher': prov. cobs 'Schädel', afrz. cope 'Gipfel* neben ital. coppa 'Becher'. Beachte Giebel zu gr. kephale ' Haupt', frz. tête aus lat. testa, anord. kollr 'Kopf' zu holla 'Topf', got. hairnei 'Schädel' zu anord. hverna 'Kochgeschirr', dän. pande 'Pfanne' und 'Stirn'. Dazu wohl frühnhd. kaupe 'Federbusch der Vögel' aus ahd. *küba
köpfen
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Korduan
(span. prov. cuba). Das lat. F. hat ein germ. M. Kopra /. 'getrockneter Kokosnußkern', mit geliefert wie cucurbita und tequia unser K ü r b i s der Sache im 19. Jh. aus Indien eingeführt: und Ziegel. Substrat wie K a p p e (H. Kuhn). hindost, khoprä zu khapnä 'trocknen'. — Vgl. Grind. Koralle /. Mhd. coral(lus), cornile, -elle m. kurz köpfen seit dem 15. J h . f ü r m h d . (ent)hovheten: vor 1200 entlehnt aus afrz. coral (frz. corail), beide mit privativem Sinn (wie h ä u t e n , schä- das aus lat. corall(i)um stammt. Dessen ältere Form cüralium n. entspricht dem gr. küralion len, schinden). Kopfhänger m. nach Jes. 68, 6, Jer. 48, 89 und 'Koralle'. F. Pax 1940 H. G. Bronns Klassen u. Sir. 19, 23 im 18. Jh. als Schelte für Pietisten Ordn. des Tierreichs II 2,3, 179; Mayrhofer gebüdet, vgl. Mucker und H. Sperber 1930 Dt. R. 18 D: Wb. II 368: ein volksetymologisch verändertes Wanderwort aus dem Mittelmeerkreis, Vierteljahrsschr. 8, 615. Kopfsalat m. heißt der aus Lactuca saliva ca- nur dort kommt die rote Koralle vor. pitata bereitete Salat (und danach die Pflanze Koran m. Arab, qur'än 'Lesung, Vortrag' ist selbst) im dt. Norden und Westen. Im Süden als Name des islamischen Religionsbuchs in alle und österr. H ä u p t e l s a l a t . Zur Abgrenzung, europ. Sprachen gelangt, zu uns im 16. Jh. mit die darauf beruht, daß sich süd- und md. ver- dem arab. Artikel: Hnr. v. Eppendorf 1540 Türk. schiedentlich H a u p t gehalten hat, wo nordd. Kaiser Ankunft 85 „des Türcken Gesatz, das nur Kopf gilt, sowie über das Gebiet von g r ü - man A l k o r a n nennet"; oft bei Er. Alberus, Der n e r , B l ä t t e r - , L a t t i c h - , S t a u d e n s a l a t s. Bariüser München Eulespiegel u.Alcoran,1542. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 306f. Korb m. ahd. churp m., churba (aus *korbia) Kopfschmerz m. Die Wortkarte 'Kopfweh' von f . : entlehnt aus gleichbed. lat. corbis f . m. Dessen Mitzka, Dt. Wortatlas III (1954) weist eine viel- idg. Verwandtschaft s. u. K r i p p e . Vom lat. gestaltige Wortgeographie nach: der nd. Westen Akk. corbem gehen aus ahd. chorp, korb (Mz. h a t zum Nl. hin Kopfpein,
Koppien,
in Köln mit korba, korbt), m h d . korp (b), m n d . nl. s p ä t a n o r d . korf, isl. karfer, norw. schwed. korg, dän. kurv.
ripuar. Guttaralisierung Kopping; im Emsland Kopsehr (s. sehr), sonst gilt im Nd. Kopwehdage, daneben in Schleswig-Holstein, um Hannover Kopweh, so auch in Nordhessen. Die Mitte Althessens bis zur Ostgrenze des Omd. hat Kopfschmerzen, gewöhnlich im Plur. Von Kopfwehtage gibt es Reste vom Spessart über Thüringen bis nach Ostböhmen. Südlich davon gilt vorwiegend Kopfweh,
im Obd. m i t
Schädelweh,
um Ulm bis Voralberg mit Grindweh. Das Omd. hat kleine Räume mit Kopfangst, Kopfmarter, Kopfnot,
Kopfpein
(a. d. Saale),
Kopfreißen,
sogar s. Berlin noch Koprieten, -rießen. Zu Eauptweh vgl. H a u p t . S. B a u c h w e h , Zahnschmerz. Kopie /. Lat. còpia 'Fülle, Vorrat' ist im Kanzleilatein über 'Vervielfältigung' zu Abschrift' geworden und erscheint seit 1380 als copie, copey in amtl. und kaufmänn. Quellen. K o p i e r e n (nach lat. cöpiäre 'vervielfältigen') folgt im 15. Jh.: Schirmer 1911 Wb. d. d. Kaufmannsspr. 110. Koppe s. K u p p e . Koppel /. w. Lat. còpula 'Band' ergibt afrz. co(u)ple, lat. copulare 'fesseln' afrz. copier. I m
Das lat. Wort lebt in ital. corba, frz. corbeille (aus lat. corbicula) usw. fort; durch dt. Vermittlung gelangt es früh zu Balten und Slawen. Gleichbed. sind K r ä t z e , Zeine, schwäb.alem. K r e b e , fränk. Mane, ferner Respe und Schanze. Verwandte Entlehnungen aus dem Lat. s. u. Kelch und Schüssel; K r a t t e m. ahd. kratto, mhd. kratte 'Korb', heute in obd. Mundarten lebendig: verwandt mit ags. cradol, engl, cradle 'Wiege'. — Die Redensart „das Wasser geht über die Körbe" gehört zu K o r b 'Faschinenwerk an Dämmen und Deichen': F. Kluge 1911 Seemannsspr. 481; ders. 1926 Stammbildungsl. § 81/82; Hj. Falk 1915 Reallex. d. germ. Alt.-Kde. 3, 91; Wh. Schulze 1933 Kl. Sehr. 496—508. — Vgl. B i e n e n k o r b , durchfallen. Kordel f . Auf gr. chórele, lat. chorda, älter corda
'Darm, Darmsaite, Fessel', urverw. mit G a r n , beruht frz. corde f . und darauf (mit nl. koord und engl, cord 'Schnur') mhd. mnd. korde, das sich bis heute behauptet als altenburg. kurde 'Strick' (Hertel 1895 Thür. Sprachsch. 144) und in der Fachsprache der Seiler als K o r d e 'starker Bindfaden' (Kretschmer 1918 Wortgeogr. 120). Die Verkl. frz. cordeile ist als rhein. kordel und mnd. kordeel seit Beginn des 15. Jh. bei uns nachgewiesen und heute von Lothringen und der Pfalz rheinab (doch in Wesel gilt täuke) und mainaufwärts das umgangssprachl. Wort für B i n d f a d e n , s. d. Korduan m. Ziegenleder von Córdova in
13. Jh. sind die beiden entlehnt zu mhd. koppel, kuppelf. n. 'Band, bes. Hundekoppel; (Hunde-) Schar' und kop(p)eln, kuppeln schw. Ztw. 'an die Koppel legen, verbinden' : Suolahti 1929 Frz. Einfluß 127 f. Die nordd. Bed. 'eingehegtes Stück Land', älter 'Feldmaß von best. Größe', beruht auf frz. couple 'Joch Landes', urspr. 'so viel als ein Paar (couple) Ochsen in einem Tag pflügt'. S. k u p p e l n . Spanien (frz. Cordoue), als m h d . kurdewän
aus
Koriander
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afrz. cordovan im 13. Jh. entlehnt: Suolahti 1929 Frz. Einfluß 139. Der S c h u s t e r heißt afrz. cordouanier, woraus engl, cordwainer. Koriander m. Die Pflanze heißt wegen des ihr eigenen Wanzengeruchs gr. koriannon (zu kóris m. 'Wanze'). Daraus wird lat. coriandrum mlat. coliandrum. Während die zweite Form schon ahd. kullantar, mhd. kuliander ergeben hat, ist coriander bei uns erst nach 1460 nachgewiesen: H. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1,1169 f. Korinthe /. Die kleinen griech. Rosinen heißen nach ihrem Ausfuhrhafen frz. raisin de Corinlhe. Den Sinn des Namens durchschaut Tabernaemontanus 1693 Wasserschatz 237 „kleine Roseinlin oder Corinthische Weinbeerlin". Schon die Kölner Gemma von 1496 bietet carentken, mnl. entspricht córente, carint, afrz. corauntz, engl, currant. Von den nrhein. Häfen ist die verkürzte Bezeichnung der Ware eingedrungen. Kork m. Korkstöpsel kommen in dt. Apotheken gegen Ende des 17. Jh. auf, vorher verwendete man Wachs- u. Wergverschlüsse; Wein und Bier zapfte man vom Faß. Mnd. 1419 8 stucke korckes 'Korkholz' (W. Stieda, Hildebr. Veckinchusen 243); Korckboem 1613 in Westfalen bei Murmellius, Pappa Β 6 a , entlehnt aus nnL kurk, das aus span, alcorque 'Frauenpantoffel mit Korksohle' stammt, weil der in den nördlichen Ländern unbekannte Kork nach dem Schuhwerk benannt wurde, dessen wesentlichster Bestandteil lange Zeit aus einer Korksohle bestand. Span, alcorque entstammt seinerseits dem Mozarabischen (der Sprache der Christen unter der arabischen Herrschaft in Spanien) und geht auf lat. quercus 'Eiche' zurück. Die landschaftliche Abgrenzung des umgangssprachl. K o r k gegen P f r o p f e n , S t o p f e n , S t ö p s e l und Z a p f e n (P. Kretschmer 1918 Wortgeogr.368ff.) ist der Annahme eines Eindringens von Nordwesten günstig. S. P a n t o f f e l , v e r k o r k s e n . Kormoran s. S c h a r b e . Korn n. Ahd. mhd. asächs. afries. anord. krimgot. korn 'Getreide' (mhd. auch 'Kornfeld, -halm'), mnl. cor(e)n, ags. com (engl, com bedeutet in Amerika 'Mais'), got. kaúrn(ö) führen auf germ. *kurna- 'einzelnes Getreidekorn, Kern, Frucht'. Zur Bed. 'Kern' vgl. ahd. bçrikorn, mhd. trüben-, wtnkorn 'Kern der Weinbeere'; ahd. wechseln korn- und këmapful 'malum Punicum'. Germ. *kurna- ist Tiefstufe zu *kema- (s. K e r n ) und geht auf *§¡nó zurück. Außerhalb vergleichen sich air. grän, kymr. grawn, akorn. gçn, bret. greun 'Körnchen', lat. gränum 'Korn; Kern', aslaw. zriwo'Korn', apreuß. syrne 'Fruchtkern', lit. Sïrnis, lett. zirñis 'Erbse'. — Die Wortkarte 'Roggen' von H. Höing (vgl. unter Roggen) zeigt Korn in der Bedeutung 'Roggen'
Körper
in der breiten Mitte Deutschlands von Krefeld und dem mittleren Elsaß über Hessen — Thüringen — Schlesien und im Süden über Mittelbaden, das Maingebiet, Niederbayem bis zur Steiermark, österr. Troad 'Roggen' ist eigentlich G e t r e i d e (s. d.). Über K o r n in der Bed. 'Kornbranntwein' s. K i r s c h ; in dieser Bed. steht bei Fontane mehrfach K o r n u s . Kornblume f . Centaurea cyanus L. ist mit dem Getreidebau aus ihrer Heimat in den östlichen Mittelmeerländern zu uns gelangt. Von allen Germanen nach dem Standort benannt: frühnhd. (seit 1486) kornblúme, mnl. combloeme, nnl. koreribloem, engl. (1678) cornflower, schwed. (1643) komblomma, dän. (1648) komblomster. Dabei steht K o r n teils für 'Getreide' allgemein, teils für die landesübliche Brotfrucht, also in Bayern, Mittel- und Norddeutschland für 'Roggen'. Dieselbe Bedeutung hat es in schwed. komblomma, während schwed. korn 'Gerste' bedeutet. Die gesamtdt. Wortgeographie behandelt Brunhild Reichert, Kornblume u. Margerite in dt. Synonymik, Diss. (Masch.) 1966 Tübingen: den Typ K o r n b l u m e gibt es überall, im Nd. ist R o g g e n b l u m e verbreitet, T r e m s e in Westfalen, Ostfriesland u. Mecklenburg, S c h i m m e l b l u m e in Ostpommern. Einer kleinen Fläche G e i ß b e i n (nach d. dürren Stengel) in Hessen entsprechen Z i e g e n b e i n in Thüringen u. in Schlesien. G e t r e i d e b l u m e (Trad-) hat Niederösterreich, R o g g e n r o s e , - f a h n e das Südbair. u. a. M. — Wortatlas V. Kornelkirsche f . Cornus mas L. heißt ahd. churniboum, daneben (nach lat. corneolus) cornulr, curnilboum, aber auch arliz-, erlieboum. Die kirschenähnliche Steinfrucht erscheint als Cornell K i r s c h e n bei B. Zorn 1714 Botanologia medica 229. Das gleichbed. K o r n e l l e folgt dem frz. corneille, dies dem lat. cornicula. Zum Synonym A r l e s b a u m : H. Fischer 1904 Schwäb. Wb. I 104. 314. Die Blätter ähneln denen der Erle, so daß der Baumname schon in ahd. Zeit mit çrila verbunden worden sein mag. E. Björkman 1902 Zs. f. d. Wortf. 2, 214 sieht in A. den Baum von Arles an der Rhone (gall. lat. Ar(e)lätS) und erinnert an die gleichbed. Bezeichnungen welscher K i r s c h b a u m , Welschkirsche. Kornrade s. R a d e n . Körper m. Aus dem Stamme corpor- des lat. corpus n. 'Leib' (urverwandt mit ahd. (h)rêf 'Mutterleib', s. R e f f 3 ) ist im 13. Jh. mhd. korper entlehnt, neben dem bald danach körper auftritt, dessen Umlaut nicht befriedigend erklärt ist. In spätmhd. frühnhd. körpel ist r nach r in 2 ausgewichen; durch neue Angleichung ans Lat. ist die Form wieder beseitigt worden. Begünstigt wurde die Entlehnung durch die Kirche mit Abendmahl und Leichnamverehrung, viel-
Korporal
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leicht auch durch die Heilkunde. Das germ. Wort f ü r 'Körper' s. u. L e i c h e , L e i c h n a m . Korporal m. Zu lat. caput, ital. capo ' H a u p t ' stellt sich caporale ' H a u p t m a n n ' . Im 16. J h . unmittelbar entlehnt, spielt K a p o r a l in älterer Sprache und obd. Mundarten (Schmeller 2 1 , 1295; H. Fischer 4, 647) eine Rolle. Im Frz. wird unter Einiluß von corps daraus corporal, das zuerst 1616 bei uns erscheint: Wallhausen, Kriegsmanual 204 „Corporal welcher über 60 oder 60 commandiret". Zs. f. d. Wortf. 12,150. 14, 24. 44. 76. Korrespondenz f . Mlat. correspondentia, wörtl. 'Mitantwort' ergibt 1581 C o r r e s p o n d e n z 'freundschaftlicher Verkehr' und ist bald danach auch in Bed. 'Beziehungen, Zus.-Kunft, heiml. Einverständnis' möglich, im Sinn von 'Briefwechsel' seit Hainhofer 1610 Briefe 1: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 397 f. Der Teutsche Michel verspottet 1638 das Fremdwort, Harsdörfer findet 1644 das Ersatzwort B r i e f w e c h s e l , s. d. Korridor m. 'Gang in einem Gebäude' aus ital. corridore (zu lat. currere 'laufen', somit urspr. 'Laufgang') zuerst 1663 bei Beschreibung eines ital. Spitals (Arch. f. Kulturgesch. 8,178), im dt. Bauwesen seit Beginn des 18. Jh., umgangssprachl. vor allem im mittleren Norddeutschland eingebürgert, doch auch in Bayern, Baden und der Schweiz möglich: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 207. Korgar m. Zu lat. cursus in seiner Bed. 'Ausfahrt zur See' gehört mlat. cursarius, wozu ital. corsaro, älter corsare von den Seeräubern des Mittelmeers. In dt. Reisebeschr. 1460 kursêr, 1491 kursari, 1621 kurschir usf.: Kluge 1911 Seemannsspr. 482; Zs. f. d. Wortf. 16, 191; E. ö h m a n n 1940 Neuphil. Mitt. 41, 151. Als 'Seeräuberschiff' ain Cürser und Raubschif 1521: Marjetta Wis 1956 Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedesca, Helsinki 172. Korsett w. Frz. corset gehört zu corps 'Körper' wie unser L e i b c h e n zu L e i b . C o r s e t t g e n beginnt in Leipzig 1726 heimisches M i e d e r zu verdrängen; S c h n ü r b r u s t , - l e i b , - m i e d e r sind etwas älter. Zur umgangssprachl. Verbreitung Kretschmer 1918 Wortgeogr. 60. 306. 611. Korvette /. 'leichtes Kriegsschiff, kleiner als die Fregatte', zuerst als Courvette bei Jablonski, Allg. Lex. d. Künste 1721. Entlehnt aus frz. corvette 'Rennschiff', das im 16. J h . zuerst in dem an Flandern grenzenden Gebiet a u f t r i t t : Ableitung von mnl. korf ' A r t Schiff'. Den Ursprung zeigt die mnl. Wendung te corve (s. K o r b ) varen 'auf den Heringsfang gehen'. Kosak s. K a s a c k . koscher Adj. Hebr. käSer 'in rechtem Zustand, tauglich' ist jüd.-dt. eingeengt auf 'rein gemäß
Kosten
den Speisegesetzen' und wieder erweitert auf 'sauber, ehrlich, mit rechten Dingen zugehend'. In dt. Text seit 1737. An der Einbürgerung haben hallische Studenten Anteil: k a u s c h e r Kindleben 1781 Stud.-Lex. 117, ebenso obd. Mundarten: H. Fischer 4, 660. S. A. Wolf Wb. d. Rotw. 2884. Kosel f . 'Mutterschwein', ein Wort der obd. Mundarten: Schmeller I a 1302; H. Fischer 4, 660; Schweiz. Id. 3, 625. Die Belege reichen nicht vor 1490 zurück; Deutung unsicher. S. S a u . kosen Ztw. Entlehnung aus lat. causa ist ahd. kösa f . 'Rechtssache' (das auch ags. ceas(t) 'Streit, Vorwurf' ergeben h a t ) ; dazu ahd. kösön, mhd. kosen 'verhandeln'. Schriftsprachl. ist das einfache Ztw. im 17./18. J h . so gut wie abgestorben, die Zus.-Setzung l i e b k o s e n (s. d.) lebt allein. Aus ihr mit entspr. veränderter Bed. wird k o s e n neu gewonnen. Altertümelnde Bestrebungen (Lessing 1769 Wb. zu Logau 55; Mylius 1777 Hamiltons Märchen 11 u. ö.) und das Drängen der Dichter auf kurze Stammwörter (Bürger, Dias: T. Merkur 1776 I I 161) sind an der Belebung beteiligt. Heynatz 1797 Antibarb. tadelt k o s e n als Günstling der Modeschriftsteller, Adelung t u t es 1776/96 als mundartlich a b : im östl. Hessen, westl. Thüringen und in der Zips ist altes kosen am Leben geblieben: Alb. Maier 1909. Das Glossar zu den Märlein des Mylius 285ff. — Das Nd. und Md. Ostpreußens verwendet kosen für 'sprechen'. K o s m e t i k / . 'Schönheitspflege', zum engl. Adj. cosmetic 17. Jh., aus griech. kosmètikós 'verschönernd', kósmos 'Ordnung'. Oxford Engl. Diet. 2, 1030; 1796 Lichtenberg kosmetisch. Schulz, Fremdwb. 399. Kosmopolit s. W e l t b ü r g e r . Kossat, K o s s ä t e m. aus nd. Ma.: mnd. kotsête (koste) 'der eine Kote besitzt', ags. cot-setla ' L a n d m a n n ' . Bestimmungswort ist mnd. kate, kote, ags. engl, cot ' H ü t t e ' (s. K o t ( e ) und K ö t e r ) , das Grundwort gehört zu s i t z e n und bed e u t e t 'seßhaft' (s. I n s t e ) . Kost f., frühnhd. auch m., mhd. kost(e) 'Zehrung, Vorrat'. Im nord, wie im dt. Wort trifft sich alte Bed. 'Kosten' (s. d.) mit der jüngeren 'Kost'. Im Nord, h a t sich das Lehnwort kostr 'Aufwand, Lebensrnittel' mit dem Erbwort kostr 'Wahl, Lage, Umstände' gemischt, das dem got. kustus 'Prüfung, Beweis' und gakusts 'Probe' zunächst s t e h t : postverbal zu k i e s e n , s. d. und k o s t e n ' . Außergerm, vergleicht sich am nächsten lat. gustus 'Geschmack'. Kosten Plur. Zu lat. constare 'zu stehen kommen' gehört mlat. costus m., costa f . 'Aufwand', dessen Sippe im Roman (ital. costo m., span. costa f., frz. coût m.) reich entfaltet ist. Von da
kosten
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entlehnt spätahd. kosta f., mhd. kost(e) f . m. 'Aufwand, Preis, Wert'. kosten 1 Ztw. Lat. constare 'zu stehen kommen' ergibt vulgärlat. *eostäre, afrz. co(u)ster. Daraus wird mhd. kosten entlehnt, das kurz vor 1200 (etwa gleichzeitig mit P r e i s und Sold) vom Mittelrhein vordringt und mit kost(e), kost(e)bœre, kost(e)lich, kost(e)rïch ritterl. Mode-
wort wird: Suolahti 1929 Frz. Einfluß 129. Gleichen Ursprungs sind gleichbed. nl. kosten, engl. cost, anord. kosta, afries. kesta 'bezahlen, erwerben', ags. cystan 'ausgeben, auslegen, den Wert erhalten'. kosten 2 Ztw. mhd. kosten, ahd. asächs. kostön, ags. costian (engl, fehlend), anord. kosta: germ. Ztw. der Bed. 'erproben, prüfend beschauen, versuchen'. Es gehört wie die unter K o s t genannten germ. Wörter zu k i e s e n (germ. Wz. *kus, vorgerm. *gus) und ist seiner Bildung nach eins mit lat. gustare. Mhd. (md.) wird die Bed. 'erproben' auf den Geschmack eingeengt, durch Luther (Joh. 2, 9 u. ö.) wird die engere Bed. nhd. Seinen obd. Zeitgenossen muß Luthers k o s t e n durch v e r s u c h e n , s c h m e c k e n , kiesen verdeutlicht werden: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 109. Köster m. mnd. köster (auch Fam.-Name), mnl. coster, nnl. koster, afries. kostere ist vom heute
gleichbed. K ü s t e r (s. d.) zu trennen. Das vorausliegende asächs. kostaräri beruht auf mlat. costürärius, älter co(n)sütürärius abgeleitet von co(n)sütüra (afrz. costure, frz. couture) 'Näherei'.
Der Köster war Aufseher der kirchlichen Kleiderkammer und danach benannt. Entspr. ist engl, vestry 'Sakristei' über frz. vestiaire aus lat. vestiärium 'Kleiderkammer' entwickelt. Aus dem nd. Worte ist lett. k'esteris, Westens entlehnt: J . Sehwers 1927 Zs. f. vgl. Sprachf. 64, 174f. Kostgänger m. friihnhd. aus der Wendung 'zur Kost gehen' gebildet, demgemäß 'der m i t jem. zur Kost geht, Tischgenosse', so seit der Straßb. Gemma von 1606; häufiger 'der bei jem. zur Kost geht, Tischbursche': Amaranthes 1716 Frauenz.-Lex. 2026. kostspielig Adj. Ahd. (ga)spilden 'verschwenden, vertun' (daraus entlehnt frz. gaspiller, damit nächstverwandt ags. spildan 'zerstören', anord. spilla 'verderben') ist früh untergegangen, schon mhd. stand das Adj. spildec 'verschwenderisch' allein. Es wurde an Spiel angelehnt, für *kost-spildec erscheint zuerst in Isenburg bei Frankfurt a. M. 1729 k o s t s p i e l i g . Westmd. Aktensprache hat das Wort offenbar begünstigt. Kot m., früher auch n., 'Straßenschmutz'. Luthers Form hat gesiegt über frühnhd. K a t , Q u a t : K. v. Bahder 1925 Wortwahl 66f. Gleichbed. mhd. quät, quöt, köt, kät, ahd. quäl, chwät,
Kottfleisch
mnd. afries. quâd, ags. cwêad 'Dung* sind früher bezeugt als das nächstverwandte Adj. mhd. (md. nrhein.) quät 'böse, ekelhaft', mnd. quad, mnl. qwaet (d), nnl. kwaad 'böse, häßlich, verderbt', mengl. cwèd 'schlimm*. Der Volksname der Q u a d e n (mit ä für älteres è) ist wohl mit dem Adj. zu verknüpfen. Verwandte bieten die balto-slaw. Sprachen, z. B. aslaw. gadü 'Kriechtier, Gewürm' (ursprünglich 'ekelhaftes Getier'), poln. gizd 'Ekel, Schmutz; unreiner Mensch', lit. géda 'Schande', apreuß. gldan (Akk.) 'Scham' : sämtlich ¿Λ-Erweiterungen zur idg. Wurzel *guöu-, *gy¡ü- 'Kot, Ekelhaftes', die unerweitert vorliegt in aind. gü-tha-, awest. gw-tìa, armen. ku, koy 'Kot'. — Luthers Wort hat das gleichbed. H o r b (ahd. horo, Gen. horwes); entsprechend bis etwa 1600 auf die Ortsnamen zurückgedrängt. D r e c k (s. d.), das wie anord. prëkkr ursprünglich 'Exkremente' bedeutet, hat sich als derbes Wort behauptet. S c h m u t z (s. d.) war erst 'Feuchtigkeit', dann 'Fett'. S. Q u a t s c h . Kot(e), K a t e /. aus nd. kot(e), entsprechend nl. kot 'Hütte', z. B. im Namen der holl. Malerfamilie Hondecoeter, ags. cot n., cote f . Aus der
einsilbigen Form entspringt engl, cot 'Hütte, Stall', wozu cottage mit roman. Endung (mlat. cotagium, afrz, cotage). Aus der zweisilbigen Form stammt engl, cote in dove·, sheep-cote 'Taubenschlag, Schafstall, -hürde'. Ferner vgl. anord. kot n. 'Hütte', norw. kot 'kleines Zimmer, Verschlag'; dazu mit j-Ableitung anord. kytja 'kleine Hütte' (germ. *kut-). Daneben eine ablautende Form ags. eyte, norw. mundartl. keyta 'Waldhütte aus Rinde oder Reisig, Fischkorb'; damit wohl nächst verwandt nnd. Míe 'Köhlerhütte' u. ä. (germ. *kautjön-). Nd. sind auch die Ableitungen K ö t ( n ) e r , K ä t n e r und K o s s a t . Man sieht in K o t ( e ) eine Dentalerweiterung der idg. Wurzel *geu- 'biegen' und setzt als Grundbedeutung 'Höhlung* an. Bei Kaiserslautern liegt das im 8. Jh. entstandene Dorf K o t t w e i l e r . In der dortigen Landschaft gelten heute die Bedeutungen 'Gutleuthaus', Feldsiechenhaus (Leprosarium): E. Christmann briefl. Kotelett s. Κ Uste. Köter m. ein md. nd. Wort, das im 18. Jh. von Norddeutschi, ins Nhd. gelangt: Mylius 1786 P. Pickle 2, 128. Westgerm. *kautarja'Kläffer' hat germ. Verwandte in k a u m und K a u z (s. d.), mnd. küten 'schwatzen', ags. cyta 'Rohrdommel', engl, kite 'Weihe', isl. kyta 'zanken'. Außergerm, vergleichen sich air. guth 'Stimme', lit. gaudSiù 'heule', gâudas 'Klage', aslaw. govoriti 'lärmen', russ. gütor 'Rede', gr. yó(f)os 'Klage', aind. givate 'tönt': sämtlich zur lautmalenden Wurzel idg. *gou 'schreien'. Kottfleisch s. K u t t e l n .
Kotze
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Kragen
Kotze /. m h d . kotze, a h d . bozzo m,., chozza f . gdrjaii 'brüllt': sämtlich zur Schallwurzel idg.
'grobes, zottiges Wollzeug; Decke, Kleid', umbichuzzi n. 'Obergewand'. Daneben asächs. hol, Mz. kottos 'woliner Mantel, Rock', afränk. *koUa. Aus dem Afränk. entlehnt frz. cotte 'Kleid', prov. span, portug. cota 'Rock', mlat. eotta 'Mönchskutte' (s. K u t t e ) . Mengl. cote, engl, coat 'Rock' stammen aus dem Afrz. Wahrscheinlich besteht Zusammenhang mit Schweiz, ehüz 'borstiges, struppiges Haupthaar', ehoder 'Lumpen', chüder 'Abwerg', schwäb. K a u d e r 'Werg', K a u d e r e r 'Flachs-, Garnhändler', vielleicht auch mit gr. leudos η. 'Frauengewand'. Wurzel *g%eud-, *gtiud- '(zottiger) Stoff'. Eötze f . 'Korb' mhd. kœtze: verwandt m K i e t z e ? Aus nd. kötse ist lett. Mods 'Korb' entlehnt.
*ger- '(heiser) schreien'. krächzen Ztw. Weiterbildung zu k r a c h e n (wie ags. cracettan zu cracian·, vgl. ächzen), die erst als frühnhd. krackitzen 'heiser schreien' ans Licht tritt. Vorher gleichbed. mhd. krochzen, ahd. krokkeszen, chrocchezan, in Ablaut zum Stamme von k r a c h e n . Kracke /. 'hinfälliges Pferd', nhd. nicht vor Stieler 1691, gleichbed. nl. kraak reicht ins 16. Jh. zurück und gehört zu kraken 'zus.krachen'. Obd. vergleicht sich (alter) K r a c h e r 'gebrechlicher Mann'. Kraft /. mhd. ahd. asächs. anfr. dän. schwed. kraft, mnl. nnl. kracht, afries. kreft, ags.
crœft,
engl, craft, anord. kraptr, krgptr (aus germ. *krafti-, *kraftu-). Die alte Sprache zeigt vielkotzen Ztw. im 16. J h . zus.-gezogen aus kopp- fach freiere Bedeutungen: 'Heeresmacht, Fülle, geistige Fähigkeit, Kunst'. Ags. crœft bedeutete (e)zen, Intens, zu spätmhd. koppen 'speien'. neben 'Kraft, Geschick, Kunst, Tüchtigkeit' Kraal s. Kral. Krabbe f . wie E b b e , k n a b b e r n , k r i b b e l n , auch 'List, Betrug'. Daher hat das zugehörige R o b b e , s c h r u b b e n u. a. Wörter mit bb aus Adj. ags. crmftig 'stark, geschickt' in engl, crafty dem Nd. : m n d . krabbe, mnl. crabbe, ags. erabba, die Bedeutung 'schlau, listig' angenommen. Daengl, crab, anord. krabbi, somit ein Wort der neben mit Dehnstufe, ohne -t, anord. brmfr 'stark, meeranwohnenden Germanen, von denen die tapfer', norw. krœv 'tüchtig' (germ. *krëfia-). roman. Nachbarn im 13. Jh. frz. crabe 'Art Die Kraft hat ihren germ. Namen vom Zusamkleiner Seekrebse' entlehnt haben. Gr. ¡cárabos menkrampfen der Muskeln bei Anstrengungen lat. cärabus 'Seekrebs' ist nicht urverwandt, und vom Sich-Winden beim Ringen usw.: auch kann das germ. Wort nicht aus Südeuropa *grep- : *g(e)rèp- gehören als p-Erweiterungen entlehnt sein. Es beruht mit k r a b b e l n und zur idg. Wurzel *ger- 'drehen, winden', die mit K r e b s (s. d.) auf *g(e)rebh- 'kriechen, in- 6Ä-Erweiterung in K r i p p e vorliegt. dem man sich festhakt', das neben der Wurkraft Präp. ist Dat. Sg. des F. K r a f t , vor zel *gerbh- 'ritzen' in gr. grdphö 'schreibe', dem eine Präp. erspart worden ist: frühnhd. üs grámma 'Buchstabe' usw. steht; s. k e r b e n . kraft gedächter frlheit, u n d entsprechend b e i , krabbeln Ztw. mit nd. Lautstufe gegen mhd. d u r c h , in K r a f t . Ebenso sind (nach) b e s a g e , krappein·, daneben krabelen, f r ü h n h d . krabeln. (nach) l a u t , (an) s t a t t , (von) wegen zu Die Form mit bb mag auf volksetym. Anleh- Präp. geworden: 0 . Behaghel 1924 Dt. Syntax nung an das nächstverwandte K r a b b e (s. d.) 2, 31; ders. 1928 Gesch. d. dt. Sprache 351. beruhen, denn auch nord, zeigt sich einfacher Kraftfahrzeug, -wagen n. m. f ü r das von Benz Laut: anord. krafla 'mit den Händen kratzen' 1885 gebaute A u t o m o b i l . Die gr.-lat. Misch(hieraus entlehnt engl, crawl 'krabbeln, kriechen') bildung hat sich zäh gehalten, vollends ist die brafsa 'mit den Füßen scharren'. S. k r a u l e n u. umgangssprachliche Kürzung A u t o in Geltung grübeln. geblieben. Ersatzwörter wie Aut, Schnauf eri, Krach m. a h d . m h d . krach, postverbal zu S e l b s t ( f a h r ) e r haben sich nicht behauptet, k r a c h e n , s. d. Für Krisen bei Banken usw. nachdem seit 1917 K r a f t f a h r z e u g und -wasteht K. seit 1857, zum Schlagwort wird es seit gen amtlich eingeführt sind: Dt. Wortgesch. 2, dem „Großen Krach" in Wien 1873, wobei engl. 332.387. Die Umgangssprache begnügt sich meist crash mitgewirkt haben mag. Frühnhd. ent- mit Wagen. spricht rumor (1. Sam. 5, 11): Büchmann 1912 Kraftrad n. für älteres M o t o r r a d wird von Gefl. Worte 18; Ladendorf 1906 Schlagwb. 177 f. 0 . Sarrazin 1918 Verd.-Wb. 196 empfohlen, setzt krachen Ztw. a h d . krahhön, m h d . krachen, nl. sich in der Heeressprache durch, wird dort zu kraken 'aufknacken, sprengen, knistern' (daraus K r a d (Mz. K r ä d e r ) verkürzt: Mutterspr. 54 entlehnt nordfrz. craquer), ags. cracian, engl. (1938) 303. Dazu K r a d f a h r e r , seit 1935 auch crack 'krachen, brechen'. Gleichbed. ags. cear- K r a d s c h ü t z e : das. 53 (1938) 37; W. Linden cian, engl, chark, westfäl. kurken zeigt Umstel- 1943 Dt. Wortgesch. 2, 387. lung des r wie Bord neben B r e t t , f o r s c h e n Kragen m. mhd. (seit etwa 1100) krage 'Hals neben f r a g e n . Außergerm, vergleichen sich lit. von Tier und Mensch; Nacken; Bekleidung des girgSdêti 'krachen', armen. karkaS 'lärmen', aind. Halses', m n d . krage, mnl. craghe, nnl. kraag
Krähe
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'Hals, Schlund; Kragen'. Dem Ahd., Asächs., Got. und Anord. fehlt das Wort; isl. kragi 'Halsbedeckung' ist dem Mnd. entlehnt. Ags. *craga wird vorausgesetzt durch mengl. crawe 'Kröpf der Vögel'. Daneben als Lehnwort aus dem Nl. engl, crag 'Hals, Nacken; Kröpf'. Außergerm, vergleichen sich air. bräge 'Hals, Nacken', kymr. breuant (eu über ou aus abrit. äg) 'Schlund, Gurgel', Ut. gurklps 'Kröpf', gr. brónchos, bróchthos 'Schlund, Gurgel': *g%rögh- ist ¡^-Erweiterung der idg. Wurzel *(ß.er· 'verschlingen; Schlund', die unerweitert vorliegt in kymr. barns 'gierig', lat. vordre 'verschlingen', vorax 'gefräßig', lit. gérti 'trinken' usw. S. K ö d e r . — Mhd. krage ist auch Scheltwort des Toren; dazu G e i z k r a g e n (s. Geizhals). Krähe /. Die Fülle der lebenden, friihnhd. und mhd. Formen, die Rud. Hildebrand 1873 DWb. 5, 1966ff. vorführt, geht auf vier ahd. Formen zurück: kräja, kräwa, kraha und krä. Diese sind mit drei versch. Gleitlauten und mit Kontraktion entstanden aus *krä-ön aus *grä(altes ä ist nicht zu ö gewandelt, weil das ahaltige Gekrächz immer neu zur Nachahmung reizte), das zum starken Ztw. krœ(j)en (s. k r ä hen) gehört. Zur Grundform stimmen asächs. kräja, fries, krie, mnl. crä(ie), ags. cräwa, cräwe, era, engl, crow, so daß die Krähe westgerm. als 'Kräherin' aufgefaßt erscheint (der Hahn als 'Sänger'). krähen Ztw. mhd. brœ(je)n (Prät. kräte), ahd. kräen, mnd. krêien, mnl. cra(e)yen, nnl. kraaien, ags. cräwan (Prät. crèow), engl, crow: westgerm. st. Ztw. (got. dafür hrükjan), urspr. nicht allein vom Hahn (s. K r ä h e ) , doch früh auf ihn bezogen: ahd. hanakrät, asächs. hanocräd, ags. honcrêd 'Hahnenschrei'. Lautmalend sind russ.kslav. graju, grajati, daraus lit. mundartl. gróju, gróti 'krächzen'. Krähenauge s. H ü h n e r a u g e . Krähwinkele! /. Orte auf - w i n k e l wie das westfäl. V o h w i n k e l (s. F u c h s 1 ) gibt es vielfach im dt. Sprachgebiet, so auch verschiedene Cra-, Kra-, Kreh-, Krön-, K r a m - , Grau-, K r ä h w i n k e l in Thüringen, Bayern, Württemberg, Baden und im Rheinland, die auf ahd. chräwinehü 'abgelegene Einzelsiedlung, wo Krähen nisten' beruhen. Den Namen, der ihn belustigte wie K u h s c h n a p p e l , greift Jean Paul 1801 heraus: ein Landstädtchen K r ä h w i n k e l erhebt er zum Schauplatz seiner Satire 'Das heiml. Klaglied der jetzigen Männer'. 1803 macht Kotzebue daraus das typische Klatschnest des Lustspiels 'Die deutschen Kleinstädter' ; 1809 kehrt er zu dem Namen zurück. G. Keller greift ihn 1874 auf (Leute von Seldwyla 2,165): damit ist K r ä h w i n k e l e i für jede kleinstädt. Gesinnung und jeden daraus entspringenden
Kram
Schildbürgerstreich ermöglicht: Büchmann 1912 Gefl. Worte 197; Edw. Schröder 1929 Germ.rom. Monatsschr. 17, 24—36. Krakeel m. 'Lärm und Streit', mnd. krakele, nnl. krakeel(en), älter dän. krakel, dän. kraküsk, schwed. krakel: zuerst in Bayern 1595 (Westenrieders Beitr. 3, 113: „Von wegen der österreichischen Bauern Gregeil") und in Frankfurt a. M. 1629 (Diefenbach-Wülcker 1886 Hoch- u. nd. Wb. 714: „hat vnderwegs albereit angefangen Crackel zu machen"), während der erste nd. Zeuge für K r a k e h l 'Zwist, Zank' J. G. Schottelius, Ausführt. Arbeit (Braunschw. 1663) 1360 ist. König Friedrich Wilhelm I. schreibt 1726 kraquell. Dem Berliner F. Nicolai fällt 1781 das Wort in Nürnberg auf: A. Lasch 1927 Berlinisch 182. Wohl von den Landsknechten verbreitet, die roman. Wörter durch Umsetzen des r und Wiedergabe des stimmlosen g mit k umgestaltet haben. Voraus scheinen zu liegen ital. gorgogliare, gorgogliare 'gurgeln, strudeln; polternd, lärmend singen', gorgogliata 'Lärm von vielen Leuten, die durcheinander reden oder singen': G. Weitzenböck 1937 Zs. f. Mundartf. 13, 22 f. Nicht überzeugend nimmt L. Spitzer im Neophilologus 1937 S. 108f. frz. Ursprung an. Zur Rolle von K r a k e e l in der Stud.-Sprache Zs. f. d. Wortf. 1, 41. 4, 312. 12, 282. 15, 262. Kral m. n. das umzäunte Dorf der Neger, Kolonialnl. kraal aus portug. curral, corral, engl. 1731 Kraal (NEngl. Diet. 6, 2, 764). Bei uns vor allem bekannt durch F. Freiligraths 'Löwenritt'. Vgl. D. Westermann, Dt. Lit. Zeitung 69, 2, 77. Kralle f . ahd. crai (Κ. J. Heinisch, Zfdt. Sprache 20, 119) zuerst um 1170 in bichrellen. Außerdeutsch vergleichen sich schwed. mundartl. kralle 'kriechen, kitzeln', krälla 'kriechen': wohl mit II aus zl zu ahd. krësan st. Ztw. 'kriechen' (s. K r e s s e ) , so daß K r a l l e als 'Gekrümmte', k r i e c h e n als 'sich krümmen' zu fassen wäre. Kram m. mhd. kräm m. 'ausgespanntes Tuch, Zeltdecke, Bedachung eines Kramstandes, Krambude, Handelsgeschäft, Ware, gekauftes Geschenk, Geld dafür', kröni(e) f . 'Krambude,Ware', ahd. eräm 'Marktbude', mnd. kräm(e) 'Zeltdecke, mit Leinwand bedeckte Handelsbude, die in Krambuden ausgelegten Waren, Kramhandel, (mit Gardinen umgebenes) Wochenbett', mnl. eräme, craem 'Zeltsegel, Kaufladen, -ware, Himmel-, Wochenbett', nnl. feraam'Kram, Krambude, -laden'. Auf Entlehnung aus dem Mnl. beruht afries. kräm 'Wochenbett'. Aus dem Mnd. entlehnt sind spätanord. schwed. dän. kram 'Waren (minderen Werts), die in offener Bude verkauft werden'. Auf dem hansischen Handel beruht poln. kram, auf diesem lit. krömas 'Kaufladen, Ladengeschäft, Handlung; Warenkoffer, -korb
Krambambuli
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der Hausierer'. Nach allem bedeutet urdeutsch *kräma- 'Zeltdach, das der reisende Kaufmann über seinen Wagen spannt' : das ist allen bisher angenommenen außergerm. Beziehungen ungünstig; gr. karáma 'Wagenzelt' (in einer Hesychglosse), das bedeutungsmäßig zu vermitteln wäre, beruht auf Umstellung aus kamára 'Gewölbe'. Zu bleiben scheint einzig der Gedanke an eine s-lose Nebenform zu germ. *skerma-, s. Schirm. Krambambuli m. ein Lautspiel (wie R u n k u n k e l 'altes runzliges Weib') zum Namen des Danziger Wacholderbranntweins (mit Anklang an kranewit 'Wacholder', s. K r a m m e t s v o g e l , und rotw. B l a m p , B(l)embel 'geistiges Getränk': K. Freimer 1942 Beitr. 66, 366) geprägt, der im Haus Zum Lachs gebrannt wurde (daher Danziger Lachs: Lessing 1767 Minna 1, 2). Zuerst 1745 in dem Lied 'Der Krambambulist' von Christof Friedr. Wedekind (1709—77), der unter dem Namen Cresc. Koromandel schrieb. Die urspr. 49, 1747 auf 102 vermehrten Strophen wurden auf die Weise des 1740 zuerst auftretenden Kanapeelieds gesungen. Beide Lieder folgen dem Vorbild Henrici-Picanders, der 1734 ein Loblied auf den Schnaps verfaßt hatte (Ernstscherzh. Ged. 6, 1751, 271). Studentensprache wird K. auf jeden Alkohol ausgedehnt; aus westfäl., schwäb. und eis. Mundart ist krampampel 'Schnaps' bezeugt: Zs. f. d. Wortf. 2, 24. 8, 62. 12, 282; Otto Deneke 1922 Gött. Nebenstunden; Max Friedländer 1930 Zs. f. Volkskde. 40, 93 ff. Krammetevogel m. Ahd. kranawitu 'Kranichholz'(s. K r a n , K r a n i c h , P i r o l , W i e d e h o p f ) ist ein in österr. kranawet nock lebender Name des Wacholders (s. d.). Von seinen Beeren lebt die Wacholderdrossel (Turdus pilaris) und heißt darum seit dem 13. Jh. kranemtevogel, seit dem 15. Jh. kramat(s)vogel, krom{e)tvogel, nd. nl. kramsvogel, woraus dän. kramsfugl, schwed. kramsfdgel entlehnt sind. Mit dem Namen des Wacholders wechselt landschaftlich der des Vogels: in der Schweiz heißt er R e c k o l t e r v o g e l : Suolahti 1909 Vogelnamen 62ff.; Hoops 1915 Reallex. d. germ. Alt. 3, 95f.; bair. Kennzeichen ist Kranemttu. Varianten für 'Wacholder' (s. d.). Krampe f . bair.-österr. K r a m p e n m. '(Tür-) Haken, Klammer; Haue', asächs. krampo 'Haken, Klammer', engl, cramp 'Klammer, Balkenband': mit unterschobenem ρ ins Nhd. aufgenommen (wie K ä m p e , K l e m p n e r , S t e m p e l , Tümpel), wobei Schriftsteller wie Olearius und J. Moser (Zs. f. d. Wortf. 13, 55) beteiligt sind. Ahd. entspricht kramph m. 'Haken'. Die germ. Gruppe beruht auf einem Adj. germ. *krampa(s. K r a m p f , K r e m p e , krumm). Daraus entlehnt frz. crampon 'Klammer'.
krank
Kramp! m. ahd. kramph(o), mhd. krampf, asächs. nl. kramp, engl, eramp: westgerm. Bezeichnung des Krampfs, Subst. zu ahd. kramph Adj. 'gekrümmt', anord. krappr (aus *krampr) 'schmal, eingezwängt'. Zur Sippe des germ. Adj. *krampa-gehören K r a m p e , K r e m p e , k r u m m . In Ablaut dazu stehen ahd. krimphan, mhd. krimpfen 'krümmen', mhd. krimpf Adj. 'krumm'. Außergerm. scheinen verwandt poln. mundartl. grçby 'runzelig, rauh', grçba, grçba 'Erhöhung, Hügel', aslaw. grgbü 'ungebildeter Mensch', lett. grumbt 'Runzeln bekommen'. Daneben liegen unnasalierte Formen vor in K r a p f e n (s. d.), isl. korpa 'Runzel, Falte', ir. gerbach 'runzlig', russ. gorb 'Buckel, Höcker', lit. grubüs 'holprig, hart'. Kran m. 'Hebevorrichtung' spätmhd. krane, mnd. kran, mnl. crâne, nnl. kraan. Der alte Name des K r a n i c h s (s. d.) ist im 14. Jh. bei der hansischen Frachtschiffahrt auf das Hebezeug übertragen worden, wie schon gr. gíranos und lat. grüs Vogel- und Gerätnamen zugleich waren. Auch K r a n i c h bed. gelegentlich 'Gerät zum Heben und Wenden von Lasten': Helfft 1836 Enc. Wb. der Landbaukunst 210. Ähnliche Übertrag. b e i B ä r , Bock, H a h n , R a m m e , S t o r c h s c h n a b e l . Lat. ariès bed. außer 'Widder' auch 'Sturmbock', cicônia außer 'Storch' auch 'Richtscheit' und 'Wasserheber'. Kranich m. Ahd. chranuh, -ih, mhd. kranech, mnd. kranek, ags. cranoc, cornuc vereinen sich auf westgerm. *kranuka- und zeigen eine Bildungssilbe, die auch in got. ahaks 'Taube' und ahd. habuh 'Habicht* (s. dies nnd F. Kluge 1926 Stammbild. § 6l b ) Vognlnamen ableitet' Ohne diese Endung erscheinen gleichbed. ahd. asächs. krano, mhd. krane (s. K r a n , K r a m m e t s vogel), mnd. kran, mnl. erane, nnl. kraan, ags. cran, engl, crane. Dehnstuñg mhd. kruon, mnd. krön, westf. krüne 'Kranich'. Mit germ. *krana(n) sind urverwandt armen, krunk, gr. gêranos, akorn. korn. bret. kymr. gara,η 'Kranich', agall. Irigaranos 'mit drei Kranichen', lit. garnys 'Reiher; Storch'. Die Dehnstufe kehrt wieder in lat. grüs 'Kranich'. Zum gleichen Stamm *ger'heiser schreien' über eine Grundform *geru- gebildet sind lit. gérvé, apreuß. gerwe, aruss. ieravlï 'Kranich'. Der westidg. Kranichname beruht auf dem Schrei gruh, kruh des Vogels: H. Suolahti 1909 Vogelnamen 392. krank Adj. mhd. kranc(k) 'schmal, schlank, gering, schwach, nichtig'. Ahd. *krank ist nicht bezeugt (die Bed. 'krank' deckt s i e c h , für das k r a n k als Hüllwort eintritt, wie spätlat. infirmits [ital. infermo] für lat. aegrotus, vulgärlat. male habitus, frz. malade), doch aus chrancholön 'schwach werden, straucheln' (vgl. nhd. k r ä n keln) zu erschließen. Westgerm. *kranka- Adj. gehört zu ags. cringan 's. winden wie ein tödlich
Kranz
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Verwundeter, im Kampf niederstürzen': über 'hinfällig' ist die Bed. 'ae^roiws' erreicht worden. Zur gleichen Wz. *kring, *krink gehören mhd. krangel 'Kreis', krinc (g) 'Kreis' sowie Schweiz. ehranch m. '(Straßen-)Biegung'. Vgl. k r i e c h e n . Das Faktitiv k r ä n k e n , mhd. kranken 'schwach, kraftlos machen', dann 'plagen, bekümmern' ist zu k r a n k gebildet, wie s t ä r k e n zu s t a r k . Kranz m. spätahd. tram, mhd. kram "runder, gewundener Kopfschmuck' ; in dieser Bed. auch spät-anord. mnd. kram, isl. spätmnl. kram. Wohl zu einer Dentalerw. *grend zu idg. *ger'drehen, winden'. Foltin, in Dt. Wortforschung III hg. L. E. Schmitt. Krapfen m. ahd. kräpfo, mhd. kräp(f)e 'Haken, gebogene Klaue, Kralle'. Nur deutsch (doch vgl. engl, craple 'Klaue, Kralle'), vor der hd. Lautversch. als grap(p)o ins Roman, entlehnt: ital. grappa 'Klammer, Kralle', frz. grappin 'Enterhaken'. Nasaliert erscheint der Stamm in ahd. krampho m. 'Eisenhaken' (vgl. das daher entlehnte frz. crampon 'Klammer'), somit nächstverwandt mit der Sippe von K r a m p e , K r a m p f . Dasselbe Wort ist K r a p f e n als Gebäck, ahd. chräpho, mhd. kräpfe, md. kräpe mit den Verkl. obd. K r ä p f e l , md. K r ä p p e l : von der hakenförmigen Gestalt. M. Heyne 1901 Nahrungswesen 277; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 360. Krapp m. Die Färberröte wird im 16. Jh. von den Niederlanden her bekannt und frühnhd. krappe f . benannt nach mnl. erappe. Dies entspricht dem hd. brapfe 'Haken' (s. K r a p f e n ) : Rubia tinctorum ist nach ihren hakenförmigen Stacheln benannt. Aus dem Nl. stammen auch gleichbed. frz. grappe, dän. krap, schwed. krapp. Kräppel s. K r a p f e n . kraB Adj. aus lat. crassm 'dick, weitgehend' im 18. Jh. entlehnt, noch von Heynatz 1797 Antibarb. verpönt. Seit 1616 findet sich ignorantia crassa in dt. Text, seit 1710 die Formel „grasser Ignorant", wobei Vermischung mit frühnhd. graß (s. g r ä ß l i c h ) eingetreten ist. Stud.-sprachl. k r a s s e r F u c h s (zuerst Halle 1781) meint zunächst 'junger Student ohne Lebensart': H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 401. Krätze1 f . 'Traggestell, Rückenkorb', mhd. krçzze, ahd. chrçzzo 'Korb' (aus germ. *krattian mit -tt- aus -in-), daneben alem. chrátsen f . (aus *krätia-) und ahd. kratto 'Korb' (aus *kraddan-). Das vorausliegende idg. *greth- (Dentalerweiterung der idg. Wz. *ger- 'drehen, winden' erscheint auch in ags. cradol m., engl. cradle 'Wiege' (ags *kradula- 'Geflecht'). Außergerm. vergleicht sich aind. grathnami 'winde, knüpfe (einen Knoten)'. Krätze2 /. mhd. kratz, kratze: zu k r a t z e n . kratzen schw. Ztw., mhd. kratzen, kratzen, ahd. krazzön, nd. krallen, mnl. krçtten, schwed. K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aufl.
Kraut
kralta: germ. *kraltôn, vorgerm. * gradi-. Vor der hd. Lautverschiebung ist ital. grattare, aus airänk. *kraltön frz. gratter entlehnt. Daneben mit einfachem Dental norw. krat 'kleiner Abfall, Abschabsel' und mit Ablaut (vorgerm. *gfd-) anord. krota 'gravieren', norw. feroto'ausschneiden'. Außergerm, ist die Wurzel *gred- 'kratzen' nur im Alb. vertreten: geruaA, kruah 'kratze, schabe'. Aus einer Vorstufe von alb. krùs(ê) 'Schabeisen' ist gleichbed. lat. grosa entlehnt. — S. a u f k r a t z e n . Krätzer m. 'Wein, der im Hals kratzt, Rachenputzer' Stieler 1691, beflügelt durch J. Paul 1804 Flegelj. 1, 165; 1809 Katzenberger 142. Im 17. Jh. und mundartl. K r a t z e n b e r g e r für geringe Sorten. kranchen Ztw. 'kriechen', in md. Quellen seit B. Ringwaldt 1686 Laut. Wahrh. 21 u. ö., entspr. in den Mundarten. Setzt altes krüchen fort, die md. Entsprechung von mhd. briuchen, ahd. chriuhhan. S. k r i e c h e n . kranen schw. Ztw. 'mit gekrümmten Fingern kratzen', mhd. krouwen, ahd. krouwön, chrou· won, mnd. mnl. nnl. krauwen, afries. kräwia 'kratzen', upkräwia 'sich aufwärts krümmen'. Dazu K r ä u e l m. 'Gabel mit hakenförmigen Spitzen', mhd. kröuwel, ahd. hrouwil, Schweiz. chröuel 'Kralle, Karst', asächs. krauwil, nnl. krauwel, afries. kräwil, kraul 'Haken, Gabel'. Sämtlich zur Wurzel *greu- 'kratzen', s. Krume. kraulen schw. Ztw. 'Hand über Hand schwimmen', kurz vor 1930 entlehnt aus amerik. crawl 'im Kriechstoß schwimmen', nach engl, crawl 'kriechen', das aus gleichbed. anord. krafla entlehnt ist. Verwandt mit k r a b b e l n . kraus Adj. mhd. mnd. krüs 'gelockt', mnl. kruis, nnl. kroes 'zerzaust, verwirrt', mengl. crous 'kraus, zornig'; münsterländ. krûsig 'lebhaft, mutig' vom Hahn, der kampfbereit mit dem Schnabel klappert. Sonst aus alter Sprache nicht beizubringen; dennoch echt germ., der Stamm kríí, vorgerm. *gru, gesichert durch die gleichbed. Ableitung mhd. krol (II) aus germ. *krüzlö (s. Krolle). Vgl. G e k r ö s e . Krause f . 'Krug, irdenes Trinkgefäß' mhd. krüse, mnd. krüs, nl. kroes, ags. crüse (Z. f. d. Wortf. 14,190), mengl. crome. Fremder Ursprung eines westgerm. *krüsa ist möglich, doch kann gr. kròssós 'Krug' kaum als Quellwort gelten. S. K r ä u s e l . Kräusel f . Verkleinerung zu K r a u s e f., somit 'kleiner Krug', was alem. krüseli bis heute bedeutet. Sonst ist K. zum Namen des K r e i s e l s (β. d.) der Kinder geworden. Kraut n. mhd. ahd. krüt, asächs. mnd. krûd, mnl. cruut (ß), nnl. kruid 'Gemüse', kruit 'Schießpulver' (diese Bedeutung seit dem 14. Jh. auch 26
Krautfischer
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im Dt., zumal in der Formel K r a u t u n d L o t 'Pulver und Blei', sowie in Zus.-Setzungen wie B ü c h s e n - , Z ü n d k r a u t ) . Germ. *krûda- führt auf *gnrùtó-. Man verweist auf die Wendung ins K r a u t s c h i e ß e n und vermutet Urverwandschaft mit gr. bryö 'sprosse, strotze', hryon 'Moos', émbryon 'Kind im Mutterleib'. Aus alem. sürkrüt ist im 19. Jh. frz. choucroute entlehnt. Zu den umgangssprachl. Bedeutungen v o n K r a u t s. Kretschmer 367f. 666ff. S. K o h l , R o t - , Sauerkraut. Krautfischer m., Krautnetz n. Frenasen 1906 Hilligenlei 78. 369: zu dem an der Unterelbe üblichen nd. kraut aus älterem *kravet 'Krabbe, Garneele' : Richey 1756 Hamb. Id. 416. Dazu der Name der unterelbischen Insel K r a u t s a n d . Verwandt mit K r a b b e und K r e b s . Krawall m. ist Schlagwort seit dem Aufruhr von Hanau am 24. Sept. 1830, der G r a b all genannt wurde mit Umbildung von bair. grelell 'Lärm' (zu r e b e l l e n 'lärmen'). Aus hess. Gebiet stammen die ersten Zeugnisse: Niebergall 1837 Des Burschen Heimkehr 2, 6; Vollmann 1846 Burschik. Wb. 118. Das rasch über Deutschland verbreitete Wort dringt in die Nachbarsprachen: tschech. dän. craval, schwed. krawall usw. Scheinbar anklingendes frühnhd. crawallen 'Lärmen' (z. B. in Rottweil 1667) beruht auf Umbildung des lautmalenden mlat. charavallium, frz. charivalli 'Katzenmusik, Straßenlärm' und ist von K r a w a l l zu trennen: Zs. f. d. Wortf. 3, 316. 6, 369. 8, 13. 9, 157; Ladendorf 1906 Schlagwb. 181 f.; H. Fischer 4, 718; A. Senn 1933 Journ. of Engl, and Germ. Philol. 32, 523; F. Kainz 1943 Dt. Wortgesch. 2, 272. Krawatte /. Der Volksname der Kroaten (aslav. Chürvatinü) lautet frz. Cravate. Dazu la cravate (ital. croatta, cravatta) 'Halsbinde auf kroatische Art', bei uns „die Cravattes und Halstücher" seit 1694: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 401f. kraxeln Ztw. Als Wort der Ostalpen ist seit dem 17. Jh. österr. krägeln 'strampeln, klettern' bezeugt. Dazu die s-Erweiterung k r a x e l n Zaupser 1789 Bair. Id. 44; Höfer 1815 österr. Wb. 2, 160; Schmeller 2 (1828) 380. Kreatur /. Lat. creatura 'Geschöpf' (zu creare 'schaffen') ergibt afrz. creature. Die frz. wie die lat. Form ist schon vor 1200 häufig als mhd. creatiur(e), ereatür(e). Diese hat gesiegt, sowohl weil md. jedes tu zu w wurde, als auch weil Theologie und Humanismus die lat. Form begünstigten. Der Vorwurf knechtisch ergebenen Sinnes erscheint zu Ende des 17. Jh. in dem Wort: Zf. f. d. Wortf. 8, 62; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 402; Suolahti 1929 Frz. Einfluß 130. Krebs m. Mhd. krçbeç, ahd. krfbi¡¡, asächs. krfbit, mnd. krevet, kreft, mnl. crevet, nnl. kreeft
Kreide
sowie das entlehnte wallon, graviche und die Verwandtschaft mit K r a b b e weisen auf westgerm. *krabita-. Daneben mit Ablaut ahd. chrila$o, krebaj, mhd. krebe%(e). Mit K r a b b e und k r a b b e l n (s. d.) gehört K r e b s zu *g(e)rehh'kriechen, indem man sich festhakt'. Frz. écrevisse 'Krebs' (worauf engl, craw-, crayfish 'Krebs' beruht), ist entlehnt aus der Verkl. afränk. *krabltja, frz. crevette 'Garnele' wohl aus mnl. crevet. Nach der Ähnlichkeit mit der Krebsschale heißt der Brustharnisch K r e b s : so übersetzt Luther 1522 Eph. 6, 14 gr. thörax. Seit 1826 begegnet K r e b s bei dt. Buchhändlern als Schelte der unverkauft zurückkommenden Bücher: Wh. Hauff, Werke hgg. v. M. Drescher Bd. 2, S. 256 und 258 des 5. Teils sowie Bd. 2, S. 71 des 6. Teils und Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.-Spr. 112. 'Krebs als Geschwulst' ist der urspr. Sinn des seit Rädlein 1711 gebuchten K r e b s s c h a d e n ; dabei ist K r e b s Lehnübersetzung des von Hippokrates geprägten gr. karkinöma, lat. carcinòma. kredenzen schw. Ztw. 'vorkosten' zuerst bei Hnr. Wittenweiler, Ring 6873 u. 8340 Wießner (Ostschweiz vor 1450), wenig später in Schwaben bei Herrn, v. Sachsenheim, Möhrin 3364: zu K r e d e n z f . 'Anrichte(tisch)', das im 15. Jh. aus gleichbed. ital. credenza entlehnt ist: E. öhmann, Neuphil. Mitt. 1941,109f. Das ital. F. war über 'Treu und Glauben' aus 'Glauben' entwickelt und gehört zu lat. credere 'glauben': durch das Vorkosten wurde die Unschädlichkeit des Dargereichten beglaubigt. Über 'vorkostend darreichen' gelangt man zu der späteren Bed. '(Speise und Trank) reichen'. Kredit m. Im 16. Jh. wird das aus lat. crèditum 'Darlehen' entwickelte ital. credito 'Leihwürdigkeit' entlehnt. 1477 erscheint in Oberschwaben (Al. Schulte, Große Ravensb. Handelsges. 3, 53) „angesaechenn das wier ain guoto credit haind", 1518 in Augsburg (Math. Schwartz, Buchhalten 3 b ) „wirt zu Spott und schand, vnd kombt vmb sein Credito vnd glauben". Auf dem Ital. beruht auch frz. crédit, dessen Form und Betonung seit etwa 1597 bei uns gilt. Damit mischt sich gleichfalls schon vor Ende des 16. Jh. der lat. Buchhaltungsausdruck K r e d i t für älteres G l a u b e n (so noch Henricpetri 1577 Generalhist. 236), Gegenwort zu D e b e t (s. d.) als Überschrift der Habenseite. Daraus das K r e d i t 'Haben, Guthaben': A. Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.-Sprache 112. Kreide /. Lat. (ferro) creta 'gesiebte Erde' (zu cernere 'sichten') ist durch ein naheliegendes Mißverständnis mit dem Namen der Insel Kreta verknüpft worden: die gebräuchlichste Kreide kam von Kimolos im kret. Meer. Volkslat. creda ergab (wie gleichbed. ital. creda, afrz. croie, frz.
Kreis
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craie, bret. creiz) spätahd. asächs. fenda, mhd. krtde (wie S e i d e und S e i d e l auf vulgärlat. seda nnd stdulus beruhen), während mnl. krijt, mnd. krlte (hieraus lett. krils) aus älterer Entlehnung t bewahren (vgl. K e t t e ) . Nhd. et, älter » aus lat. è wie in F e i e r , S e i d e , Speise. Schon zur Römerzeit wurde im Rheinland Kreide gebrochen. Lat. è> ahd. ì aus irischer Mission möglich: L. Weisgerber 1952 Rhein. Viertelj.bl. 17, 26. Westfäl. kniie, knitte 'Kreide' zeigt w statt r vor Dental. Kreis m. Ahd. mhd. kreiç 'Kreislinie, Umkreis, Landeskreis, Bezirk', mnd. kreit, krët 'Kreis, eingezäunter Kampfplatz' führen auf germ. *kraita-. Daneben am Niederrhein mit hd. Lautversch. kreitz, woraus im 17. Jh. entlehnt nnl. kreits, als Stufe nicht zu Ende geführter Lautverschiebung: R. Bruch, Zs. f. Mundartfg. 21, 149. Aus einer entspr. hd. Form stammen dän. kreds, schwed. kreis. Dazu mit Ablaut germ. *kñta in mnd. krlt, nnl. krijt 'eingezäunter Kampfplatz', ferner mhd. krlzen 'eine Kreislinie ziehen'. Grundbed. scheint 'Einritzung' zu sein, vgl. ahd. krizzön 'einritzen*, mnd. krete 'Riß, Einschnitt' und k r i t z e l n . kreischen Ztw. mhd. krischen, mnl. crlscen 'scharf schreien'. Gleichbed. mhd. krlzen (germ. *krìian) weist darauf hin, daß vor dem suffigierten sk von k r e i s c h e n ein germ, t ausgefallen ist. Vgl. k r e i ß e n . Kreisel m., das Kinderspiel, bei dem sich der von der Peitsche getriebene (schon von Schliemann in Troja gefundene) Kegel im Kreise dreht. Die Wortgeographie zu'Kreisel' als Kinderspielzeug (woher die technische Sprache ihr Fachwort geholt hat) bietet Otti Henk, Zum Dt. Wortatlas XII. Die Schriftform überdeckt Ostthüringen, Obersachsen, Ostpreußen, reicht vom unteren Lech über Nürnberg bis an die Rhön, gilt weithin in Tirol. Von anderen Worträumen nimmt Triesel, südlicher Driesel das Brandenburgische um Berlin ein, das erste auch um Soest — Iserlohn. An der Küste gilt weithin (Brumm)küsel, gerundetes Kreusel im Schlesischen von Liegnitz bis Meseritz, um Wohlau; Tiddeltop im Ostfriesischen und südlicher; Pinndop im Norden Westfalens, im Westen Iskloot, Driewekloot (s. Kloß); im Südosten Dilldopp, wie um Köln am Oberrhein bis nach Lothringen Tanzknopf; österr. damischer Hansl; u. a. Mhd. kriusel zu krüs 'Krug', entrundet nach Kreis. kreißen Ztw. krlzen st. Ztw. 'scharf schreien, stöhnen', mnd. mnl. kriten, nnl. krijten st. Ztw. 'schreien'. Außergerm, vergleichen sich mir. grith, kymr. gryd (aus *grilus) 'Schrei'; lat. gingrlre 'schnattern* zeigt Reduplikation, bei der r — r in w — r ausgewichen ist. Sämtlich zur Schallwurzel idg. *ger- 'schreien', s. K r a n i c h
Kren
usw. Eine «^-Erweiterung liegt in k r e i s c h e n vor, s. d. Die Besonderung auf die bei der Geburt ausgestoßenen Schreie und die Übertragung auf den Geburtsvorgang sind erst nhd. Krem s. Creme. Krematorium n. 'Haus zur Leichenverbrennung' zu lat. cremare 'verbrennen', verwandt mit lat. carbö 'Kohle', urverwandt mit H e r d , s. d. Die öffentliche Aussprache über die Feuerbestattung beginnt 1870, der K r e m a t i o n s - O f e n wird 1874 erfunden, das erste Krematorium 1878 in Gotha errichtet. S. b e s t a t t e n und H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 403. Krempe f . '(aufgebogener) Hutrand': unter Beteiligung von Schriftstellern wie Chr. Weise 1673 und Stieler 1691 ins Nhd. aufgenommen aus nd. krempe. Dies zu dem unter K r a m p e , K r a m p f , k r u m m entwickelten Adj. germ. *krampa-, ahd. kramph in seiner Bed. 'aufgebogen'. Krempel m. Lat. comparare 'verschaffen' ergibt ital. comprare 'kaufen' (mit compra 'Kauf'). Daraus wird mit Umstellung des r ital. erompare, südfrz. croumpá. Dazu mhd. grfmpen 'Kleinhandel treiben', grçmpeler "Trödler* und das namentlich in den Mundarten weitverbreitete grfmpel, krämpel m. 'Kleinhandel; Trödlerkram' (die Vermengung mit G e r ü m p e l beruht auf Volksumdeutung). G r e m p e l m a r k t war einst in ganz Oberdeutschland und bis Hessen verbreitet. Krempel f . 'Wollkamm', nd. md. Lehnwort der mhd. Zeit: Verkleinerung zu K r a m p e 'Haken' s. d. Kremser m. 'Gesellschaftswagen*. Der Berliner Hofagent Kremser (der selbst nach einem der Orte K r e m s heißt) erhielt 1826 durch Kabinettsorder die Erlaubnis, Wagen zu öffentl. Gebrauch zu stellen, die „auf eisernen Achsen laufen und auf Federn ruhen sollten". Am 20. Mai 1826 stellte er die ersten zehn Wagen am Brandenb. Tor auf, die K r e m s e r genannt wurden (wie die Luftschiffe nach ihrem Erfinder Zeppelin). Kren m. mhd. (seit dem 13. Jh.) ehren, krên 'Meerrettich', heute in hd. Umgangssprache Österreichs, Bayerns, Schlesiens (Wortatlas). Aus dem Slav, entlehnt: serb.-kslav. chrinü, poln. chrzan, tschech. kren, älter chrën, russ. ehren, kleinruss. chrin, sloven, serbokr. hren. Auf Entlehnung aus dem Slav, beruhen auch gleichbed. ht. krienà, Mz. kriënos, rumän. hrean, ngr. krdnos. Durch das Dt. vermittelt sind frz. cran, rätorom. cregn, ital. cren(no). Spätahd. mhd. krén, daraus schles. krien, nordost-tirol. -ξί-. P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 333f.; Ph. Wick 1940 Slav. Lehnwörter 89; H. Marzeil 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 398; W. 20»
Kreole
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Steinhäuser, Slawisches 1962, 36; Bielfeldt 46. S. M e e r r e t t i c h . Kreole m. 'von einem Weißen mit einer Mestize erzeugter (bräunlicher) Amerikaner' und 'in den Kolonien Geborener von rein europ. Blut' ; bei uns seit A. Montanus 1673 Neue Welt 423a als K r i o l o . Diese Form entspricht dem span. criollo, das im 18. Jh. durchgesetzte K r e o l e dem frz. créole. Beide beruhen auf portug. crioulo, das zu crier 'erziehen' (aus lat. creare 'erzeugen') gehört. Palmer 81. krepieren Ztw. Ital. crepare, aus dem lat. Schallwort crepare 'krachen, platzen', entwickelt die Bed. 'zerbersten', die heute noch von Sprengund Feuerwerkskörpern gilt. Sie erscheint in dt. Kriegsberichten seit 1694. Daneben ist ital. crepare zu 'verrecken' geworden. So spielt crep i r e n als Soldatenwort des 30jähr. Kriegs eine Rolle und wird vom Teutschen Michel 1638 als modisches Fremdwort verhöhnt. Seit Beginn des 18. Jh. wesentlich auf Tiere beschränkt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 403. Krepp m. 'lockeres Seidengewebe, Krausflor'. Zu lat. crispus 'kraus' gehört afrz. cresp, nl. (16. Jh.) crespe, das in hd. Text seit 1694 als K r e s p erscheint. Für die seit 1716 auftretende Form Cr e ρ ist frz. crêpe Vorbild (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 403f.), auf dem auch engl, crape beruht. kreß Adj. 'orangerot', K r e ß n. 'Orangefarbe': nach der Farbe der Kapuzinerkresse benannt von Wh. Ostwald ( j 1932). S. v e i l . Kresse 1 f . Lepidium sativum, B r u n n e n k r e s s e /. Nasturtium officinale. Mhd. brçsse, ahd. krfsso m., krçssa f., mnd. kerse, karse, mnl. kersse, korsse, nnl. kers, ags. cressa m., eresse f., engl, {waler-) cress führen auf ein westgerm. Wort, das in den Norden (dän. karse, schwed. krasse; lett. kresse) und ins Roman, (volkslat. cresco, mlat. cresso, crissonus, frz. cresson, ital. crescione) entlehnt ist. Als germ. Stamm wird *krasjö- angesetzt; für urverwandt gelten gr. grdstis 'Grünfutter', grdein 'nagen', apreuß. grënsings 'beißig', aind. grásati 'frißt' zum idg. Verbalstamm *grës-: *grös-: *gns- 'fressen, knabbern'. Dehnstufe (idg. *grëso) zeigt anord. kreis /. 'Leckerei'. Die Pflanze scheint danach zu heißen, daß sie ohne weiteres genossen werden kann: M. Heyne 1901 Nahrungswesen 326; Zs. f. dt. Wortf. 2, 229. 3, 302. 6, 22; J. Sehwers 1927 Zs. f. vgl. Sprachf. 64, 61 f. Vgl. Kapuzinerkresse, Kresse" /. der Fisch Gobio fluviatilis, auch K r e ß l i n g , G r u n d e l , G r ü n d l i n g . Der Name ahd. chrêsso, asächs. crêsso, mhd. krêsse m. ist nur deutsch. Der Stammvokal stimmt zu ahd. chrêsan 'kriechen': die Bewegungen des Fische am Wassergrund haben etwas Schleichendes.
kreuzen
Im Szeklerland heißt er magy. sár-mászó-szaka 'im Kot kriechender Widerhaken': ö . Beke 1934 Idg. Forsch. 62, 138. Krethi u n d P l e t h i : König Davids Leibwache bestand aus fremden Söldnern, wahrscheinlich Kretern und Philistern. Luther übersetzt 2. Sam. 8, 18 u. ö. Crethi vnd Plethi. In luth. Kreisen seit 1710 (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 404) als geflügeltes Wort für 'gemischte Gesellschaft': A. Götze 1923 Zs. f. d. Phil. 49, 287. Kretin m. zuerst bei Kant 1798 Anthr. 116 von den Schwachsinnigen des Wallis, die frz. crétin heißen. Das entspricht einem ital. cretino, lat. christianus, und ist schonender Ausdruck wie frz. innocent: die Unglücklichen gelten für besonders beschützte Wesen: Ή. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 404. Kretscham, 'Wirtshaus', wohl schon im 12. Jh. an der oberen Saale und dem oberen Main aus dem Sorb, entlehnt; 1233 Leipzig curtschema-, nach Böhmen, Pommern, Preußen weitergetragen. Bielfeldt 43: kre- bleibt unerklärt. Kreuz n. mhd. kriuze, ahd. asächs. krüzi, mnl. erüse, afries. kriöce. Im 8./9. Jh. entlehnt aus lat. cruce-m zu crux f . (vgl. A b t , Orden), als lat. c vor Palatal schon 2-Aussprache hatte (vgl. Z e d e r , Zelle, Z e n t n e r , Z i m b e l , Z i n s , Zirkel, Z i t h e r gegen K a i s e r , K a l k , K e l c h , Keller, Kichererbse, Kiste, Rettich),mit Dehnung der alten Kürze in der Tonsilbe (wie B r i e f , L e i e r , Schule) und mit Genuswechsel. Vorher gilt für 'Kreuz' got. galga, ags. gealga. Engl, cross, isl. kross, schwed. dän. kors zeigen lat. Lehnwort in eineT Gestalt, die auf mittelir. cross beruht. kreuzbrav Adj. Einem bei Fischart beliebten k r e u z g u t 'so gut wie das Kreuz als Zeichen des Christentums', aber auch Verstärkungen wie K r e u z d o n n e r w e t t e r , - S a k r a m e n t ist student. k r e u z b r a v nachgebildet, das zuerst in Erfurt 1749 Vergn. Abendst. 2, 367 begegnet und seit Zaupser 1789 Bair. Id. 44 in obd. Ma. bezeugt ist. Stud. Ursprungs sind auch k r e u z d u m m , - f i d e l ; über h ö l l i s c h , k a n n i b a l i s c h , o c h s i g , v e r d a m m t als Verstärkung s. Kluge 1896 Stud.-Spr. 68f.; Zs. f. d. Wortf. 4, 310. Vgl. O. Hauschild, Die verst. Zus.-Setz. bei Eigenschaftswörtern im Dt. Progr. Hamburg 1899. kreuzen Ztw. (seemänn.) seit 1627 dem nl. kruisen (woher auch engl, cruise, frz. croiser, span. port, cruzar) nachgebildet, zunächst als 'hin und her fahren', seit 1821 als 'sich bei ungünst. Wind dem Ziel im Zickzack nähern'. Dazu K r e u z e r m. 'Kriegsschiff, das hin und her fahrend eine Küste schützt, den Gegner beobachtet und schädigt', zuerst von ostind. Verhältnissen 1662, für die nl. cruiser (woraus engl.
Kreuzer
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cruiser, frz. croiseur) seit 1681 bezeugt ist: Kluge 1911 Seemannsspr. 490lf. Kreuzer m. seit dem 13. Jh. als Silberpfennig in Verona und Meran (Etschkreuzer) geschlagen und nach dem aufgeprägten liegenden Kreuz (daher die Abkürzung xr.) mhd. kriuzer benannt, dem lat. denarius cruciatus, cruciger(us) entsprechen. Nachmals zur kupfernen Pfennigmünze gesunken. Aus dem dt. Wort stammen tschech. krejcar, slov. krajcar, magy. krajeár. Kreuzfahrer in. erscheint seit Zedier 1733 Univ.-Lex. (Zs. f. d. Wortf. 12, 189) als geläufiges Wort. Es ist zu dem schon mhd. kriuzevart gebildet, neben dem seit Steinbach 1734 K r e u z z u g steht, und ersetzt mhd. kriuzœre, kriuzigœre, kriusebruoder. kreuzfidel Adj. dem älteren k r e u z b r a v (s. d.) von Studenten des 19. Jh. nachgebildet, gebucht seit Vollmann 1846 Buischik. Wb. 274. kreuzigen schw. Ztw., mhd. kriuzigen, md. arteigen, ahd. chriuzigön, älter crücigön. Dem lat. cruciare 'ana Kreuz heften, martern' ist zunächst ahd. crüceön nachgebildet, in dem sich g als Gleitlaut eingestellt hat. Nur scheinbar gehört das Ztw. zur Gruppe der von Adj. auf -ig abgeleiteten ; näher ist es mit t i l g e n vergleichbar. Kreuzkatalog m. 'Katalog, der Sachstichwörter und Namen zugleich nmfaßt', als Ersatz für engl, dictionary catalogue geprägt von Konst. Nörrenberg 1895: Die Volksbibliothek 1896 S. 28. S. B ü c h e r h a l l e . Kreuzschnabel m. Die Finkenart Loxia curvirostra heißt mhd. krinis mit einem Fremdnamen, aus dem Tschech. zu kfivy 'krumm', also 'Krummschnabel' bedeutet. Bielfeldt 48: alttschechisch kfivonosec, obersorb. kfiwonosak 'Krummnase'; aber lautlich schwierig. Nachmals zu g r ü n und die Vogelnamen auf - i t ζ (s. S t i e g l i t z ) zu G r ü n i t z umgebildet ist: Wiek 34; E. Schwarz 1932 Germano-Slavica 2, 235. Die dt. Namen K r e u z - , K r u m m s c h n a b e l , Kreuz-, Christvogel, Zapfenbeißer, Tann e n v o g e l , - p a p a g e i (Suolahti 1909 Vögeln. 140ff.) sind jünger und leiten sich teils von den hakenförmig gekrümmten Schnabelspitzen des Vogels, teils von seiner Vorliebe für die Samen der Nadelbäume her. K r i e m s u. ä. Mitzka, Schles. Wb. 740. kribbeln Ztw. erst frühnhd., aus mhd. md. kribeln 'kitzeln'. Zur Wurzel *g(e)reibh' ritzen'. Außergerm, vergleicht sich am nächsten gr. (lakon.) griphasthai 'schreiben; (sich am Körper) kratzen'. Nnl. steht kriebelen 'jucken, stechen' neben bribbelen 'murren'. Vgl. k r a b b e l n und (mit demselben nd. bb) k n a b b e r n , sabbern, wabbeln. Krickente /. heißt Anas crecca nach dem Frühlingsruf des Männchens, den Kenner mit krlik
Krieg
wiedergeben. Der Name begegnet nicht vor dem 16. Jh. und ist in Formen wie krickänt in nd. Ma. häufig. Von da stammt dän. krikand, schwed. krickand. Durch Umdeutung entsteht krichentlein (Agricola 1649 De anim. subterr. 3 b), später kriechenie, und dies ruft nd. krüpänt, schwed. krypand hervor: Suolahti 1909 Vögeln. 428 ff. Die Lautgesetze haben dem immer neu an den Naturlaut angelehnten Tiernamen nichts anhaben können. Insofern vergleichen sich frz. criquet 'Schnarrheuschrecke', gr. krigê 'Eule', krïgé 'das Schwirren, Knirschen', krizö 'kreische', urslav. *skrig- 'knirschen', *skrìi- 'Geknirsch'. Krieche /. 'Prunus insititia' ahd. kriach-, criéhboum, mhd. krieche, mnd. krëke (von da entlehnt dän. krœge, schwed. krikon), mnl. cri(e)ke. Frz. crique ist dt. Lehnwort. Schon Trochus 1517 Voc. rer. Κ l b erklärt Κ. als 'prunum grecurn', und die ahd. Form stimmt zu Chriah 'Grieche'. Da aber kein entspr. mlat. Name, der doch vermittelt haben müßte, nachzuweisen ist, beruht der Anklang offenbar auf Umdeutung eines germ. Worts, das uns entgeht. Zs. f. d. Wortf. 3, 381. 6,16. kriechen Ztw. ahd. kriochan, chriuhhan, mhd. kriechen, norw. mundartl. krjuka, urgerin. *kreukan aus *greug-, Gutturalerweiterung zur idg. Wurzel *ger- 'winden'. Daneben ablautend urgerm. *krükan in k r a u c h e n , vgl. norw. mundartl. kruka 'sich niederhocken', im Vokalismus vielleicht zunächst zu K r ü c k e . Daneben mit Labialerweiterung zur gleichen Wurzel mnd. krëpen, krüpen mnl. erüpen, afries. kriapa, ags. crèopan, anord. krjüpa. Außergerm, vergleichen sich zunächst lit. grubin&i 'straucheln, stolpern', grüblas 'rauhe Unebenheiten' aus *greub-. Krieg m. mhd. kriec (g) 'Anstrengung, Streben nach etw., gegen etw. oder einen, Widerstand, Anfechtung, Wort-, Wett-, Rechtsstreit, Kampf', ahd. chrig 'Hartnäckigkeit' mit widarkrêgi 'Streit' und widarkriegelïn 'halsstarrig' mnd. krich, -ges (daraus entlehnt dän. schwed. krig), mnl. crijch (gh), nnl. krijg. Den andern germ. Sprachen fremd; ein gemeingerm. Wort für 'Krieg' fehlt. Sehrts Einfall (Mod. lang, notes 42, 110), K r i e g als Rückbildung aus K r i e g e r aufzufassen und dieses aus lat. (miles) gregarius abzuleiten, scheitert außer an lautlichen Schwierigkeiten daran, daß K r i e g viel früher bezeugt ist als K r i e g e r , das erst um 1300 zögernd einsetzt. Auch haben die Germanen im Gebiet des Kampfs, in dem sie Lehrmeister aller Nachbarn geworden sind, nicht nötig gehabt, zu Anleihen zu greifen. K r i e g ist als germ. Erbwort aufzufassen. Die allerdings spärlichen ahd. Zeugnisse weisen auf eine Ausgangsbedeutung 'Halsstarrigkeit', die durch afries. hlaskrigä f . "Steifheit des
kriegen
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Halses' gestützt wird. So ist an Urverwandtschaft mit lett. grïnîgs 'straff, drall' zu denken, das in seiner Ableitung grïnums 'Härte, Strenge, Barschheit, Zorn' ähnliche Sinnentfaltung zeigt, wie K r i e g : E. Karg-Gasterstädt 1937 Beitr. 61, 257 ff. kriegen Ztw., mhd. kriegen, md. mnd. mnl. krlgen, nnl. krijgen, afries. krlga: westgerm. Ableitung zum M. K r i e g , s. d. Von dem schw. Ztw., das mhd., md. und mnd. vorliegt, scheidet sich ein starkes md. mnd. nd. krîgen, dessen Verhältnis zum mhd. schw. Ztw. kriegen nicht klar ist. Im Nhd. begegnet das st. Ztw. bis zum Ende des 16. Jh., in einem Teil unsrer Mundarten lebt es bis heute. Die Grundbed. "Krieg führen', in Mundarten des Südstreifens zu allen Zeiten die einzige, lebt nhd. nur in gehobener Rede fort. Umgangssprachlich steht k r i e g e n parallel dem Schriftwort b e k o m m e n (alem. Überecho). Die Bed. 'aceipere' geht von nd. und md. Mundarten aus, die werven für erwerven, dilen für erdeten 'Urteil sprechen' sagen und in denen zu dem erhüben der Rechtssprache ein F. Ionie gehört. Die Vermutung, k r i e g e n sei aus dem einst häufigen e r k r i e g e n gekürzt, wird dadurch gestützt, daß massenhaft Part, ohne ge- (stark k r i e g e n , schw. k r i e g t ) erscheinen, vorab im Sturm und Drang. Vgl. l e i d e n . Kriegsschauplatz m. Frz. théâtre de la guerre wird seit Ende des 17. Jh. mit „Schauplatz des Krieges" gegeben (s. S c h a u p l a t z ) . Goethe 1793 Belag, von Mainz (Weim. Ausg. I 33) 304 setzt die Lehnübersetzung K r i e g s s c h a u p l a t z durch. Kriminalist m. 'Lehrer des Strafrechts', um 1700 aus lat. criminalis, dies zu crimen 'Verbrechen' gebildet; urverwandt wohl mit dt. s c h r e i e n , als zunächst 'Geschrei, laute Beschwerde'. Schulz, Fremdw. 404 kriminal 'auf Verbrechen bezogen'. Krimskrams m. jüngere Nebenform zu K r i b s k r a b s , s. d. Kring m. mhd. krinc (g) 'Kreis, Ring, Bezirk' mit der md. Nebenform kranc (g). Das Nd. hat eine Nebenform krink mit ausi, k, wie denn in der ganzen Sippe k und g im Stammauslaut wechseln, s. k r a n k . Anord. kringr 'Ring', ablautend ags. erane-, engl, crank 'Krümmung', mengl. eiranke, engl, crankle 's. schlängeln'. Aus den verw. Sprachen zieht man zu der durch K r i η g erwiesenen Wz. *grengh lit. grçÎiù, grçSti' drehen, wenden',apreuß. jransíí's'Bohrer'. S. K r a n z . Kringel, K r e n g e l m. Verkl. zu K r i n g (Kräng), schon mhd. Name eines Gebäcks, ebenso mnd. kringelte) 'Kreis; rundes Backwerk, anord. kringla f . 'Kreis'. Krinitz s. K r e u z s c h n a b e l . Krinoline f . Als Ableitung von frz. crinièrt 'Mähne' (Sammelwort zu crin, lat. crtnis 'Haar')
Krokodil
entwickelt sich über *crinerine und *crineline im 19. Jh. frz. crinoline 'Roßhaarzeug, Reifrock', das 1856 zu uns gelangt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 405. Krippe /. Mhd. krippe, ahd. brippa für krippia, as. kribbia, mnl. afries. nnl. kribbe, ags. cribb führen auf westgerm. *krihjön. Wegen Entstehung von hd. pp aus germ, bj vgl. R i p p e , S i p p e , ü p p i g . Im Hd. besteht eine Nebenform mit germ. -pp-: ahd. chripfa, mhd. kripfe·, auch zeigen sich landsch. Formen mit u (ü): alem. chrüpf(e), nd. krübbe (woraus dän. krybbe), mnd. krubbe (woraus älter dän. krubbe, schwed. krubba), ags. crybb. Aus dem Germ, entlehnt sind ital. greppia, venez, piemont. grupia, prov. crupia, crepcha, frz. crèche (woraus mengl. creeche, engl, cratch). Die Bed. 'hölzerner Futtertrog' ist mit Sachwandel hervorgegangen aus der älteren 'Flechtwerk': so ist Beziehung zu mhd. krëbe, 'Korb' herzustellen: mit ift-Erweiterung zur idg. Wurzel *ger- 'drehen, winden', zu der mit p-Erweiterung K r a f t (s. d.) gehört. Die Krippe als Bewahranstalt für Kinder hat den Namen nach Christi Krippe. Krise f., zu griech. ¡crisis 'Entscheidung' (Hippokrates) über frz. crise; griech. krinö 'entscheide', urverwandt mit lat. cerno und dt. R e i t e r 'Sieb'. S. K r i t i k . Kristall m. Zu gr. krtfos 'Frost', urverw. mit lat. crusta (s. K r u s t e ) gehört krystallos 'Eis, Bergkristall', das über lat. crystallus mlat crystallum ergibt. Zu dessen Plur. ahd. (um 1090) cristallo,, mhd. (¡ristaile f . Daneben scheint das Mhd. M. cristalice) (seit 1200) wohl durch frz. Vermittlung. Suolahti 1929 Frz. Einfluß 133. Die Betonung blieb dem Fremdwort c r i s t a l l i n i s c h 1527 bei Paracelsus (Weimann). Kritik /., dt. 17. Jh. von frz. critique, s. K r i s e . kritteln Ztw. Seit Stieler (1691) 706 erscheint ein landschaftl. g r i t t e l e n 'Einwürfe machen', dessen Anlaut nach K r i t i k , k r i t i s c h , K r i t i k a s t e r umgebildet wird. Auch ein nd. k r i d deln 'zanken' hat offenbar eingewirkt. kritzeln Ztw. Verkl. zum gleichbed. mhd. kritzen, ahd. krizzon 'einritzen', das zwei von Haus aus getrennte Wurzeln zu vereinigen scheint, germ. *kret: *krat (s. k r a t z e n ) und germ. *krèt: *krait\ *krit 'eine Linie ziehen' (s. Kreis). Krokodil n. Der Name des Tiers lautet mhd. (seit dem 13. Jh.) meist kokodrille m. Darin spiegelt sich mlat. cocodrillus, das seinerseits aus gr. krokódilos entstellt ist. Auf diese Form greifen die Humanisten zurück: C r o c o d i l seit Münster 1544 Kosmogr. 653: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 407. Das Neutr. setzt sich spät durch: H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2,144. — K r o k o d i l s t r ä n e . Der Glaube, das Krokodil
Krokus
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weine wie ein Kind, um Opfer anzulocken und dann zu verschlingen, ist von den Harpyien auf das Tier übertragen und wird bei abendländ. Gelehrten des 12. Jh. sichtbar: Fr. Lauchert 1889 Gesch. des Physiologus 303. Der Ausdruck Crocodili lachrymae bei Erasmus 1600 Adagia H 3 b, von da bei den Reformatoren und Leonh. Thumeyßer 1683 Onomast. 106 „wann der Crocodil einen Menschen fressen will, Weint er vorhin: also beginnt man auch von etlichen Leuten Crocodillen Threnen oder Zehren zu spüren, die einem gute wort geben, als ob sie mitleiden mit jhm haben, aber darnach (wann sie jhm die Zung aus dem Hals mit jhren gleißnerischen Worten gezogen) einen verrathen und verkauften". Aus der listigen Träne ist schon bei Luther die heuchlerische geworden: A. Götze 1909 Volkskundliches bei Luther 16. Krokus m. Gr. krókos 'Safran' hatte über gleichbed. lat. crocus schon ahd. cruogo, ags. crög, cröh, anord. krog ergeben. Für die altdeutsche Küche war das Färbemittel wichtig: M. Heyne 1901 Nahrungswesen 331. Im 17. Jh. wird das unveränderte lat. Wort neu entlehnt, nun als Fachausdruck der nl. Gartenkunst wie F o n t ä n e , R a b a t t e , S t a k e t . Vgl. S a f r a n . Krollhaar n. zu K r o l l e /. 'Locke' ein vorwiegend rhein. Wort. Mhd. krol, krul m., krolle, brülle f., mnl. crolle, erulle, nnl. krul f . 'Locke', daneben das Adj. mhd. krol, mnl. mengl. crul 'lockig'. Die Sippe von mhd. krolle (germ. *kruzlön-) s. u. k r a u s . Krone f. Zu gr. korônôs 'krumm' (verwandt mit lat. curvus) gehört koronè 'Ring', entlehnt zu lat. corona ' Kranz, Krone'. Hieraus das Lehnwort ahd. ags. coróna, mhd. mnd. afries. kröne usw., das auch als 'Scheitel, Tonsur, Münze mit aufgeprägter Krone' sowie als Gasthausname begegnet. Im Ags. ersetzte man das lat. coróna bibl. Texte durch cynehelm 'Königshelm' (wie man sceptrum durch cyne-gerd 'Königsstab' wiedergab); dafür asächs. höbidband, ahd. houbitbant 'corona'. Die Namen lehren, daß die Germanen eigne Abzeichen der Königswürde hatten; mit dem lat. Wort entlehnten sie zugleich einen neuen Begriff. — Dem lat. coronare entspricht ahd. korönön, chrönön, das heute k r o n e n lauten würde. Unser k r ö n e n (mhd. krœnen) ist erst auf deutschem Boden zu K r o n e gebildet. Kronleuchter m. Der mit Lichtern besetzte Reif in mittelalterl. Kirchen heißt mlat. corona, mhd. mnd. kröne, nl. kerkkroon, dän. lysekrone, schwed. ljuskrona. Das einfache K r o n e behauptet sich in der Umgangssprache Nordostdeutschlands; die Verdeutlichung C r o h n L e u c h t e r , zuerst beiAmaranthes 1716Frauenz.Lex. 396, ist von Livland bis zur Schweiz schriftsprachlich geworden, während Österreich
Kroppzeug
und Teile Süddeutschlands L u s t e r , L ü s t e r (aus frz. lustre) bevorzugen: Heyne, Wohnungswesen 277. 379; Kretschmer, Wortgeogr. 307. Kronprinz m. Neben die K u r f ü r s t e n stellen sich als deren Erben die K u r p r i n z e n . Früh im 17. Jh. wurde K r o n e r b e üblich. Aus beiden ist K r o n p r i n z zus.-gebildet, kaum vor Francisci 1669 Blumen-Pusch 357 „der junge CronPrintz". Das Wort dringt 1701 mit der Erhebung Preußens zum Königreich durch, oft bei Joh. v. Besser, der 1690—1717 brandenb. Hofzeremonienmeister war: Schriften (1732) 466. 476ff. — K r o n p r i n z e s s i n seit Amaranthes 1716 Frauenz.-Lex. 396. Kronsbeere /. "Preiselbeere' (s. d.), früher im Norddeutschen geläufig, heute noch im NW., zu mnd. krön 'Kranich', ablautend zu as. krano, dazu mundartlich Krammbeere (auch für 'Moosbeere'). Die 'Moosbeere' (Vaccinium oxycoccus) meinen engl, cranberry (daraus entlehnt frz. canneberge, weiter portug. canaberge), nord, tranber, norw. tranebœr, schwed. tranb&r, sämtlich zum Namen des K r a n i c h s . So gehört gleichbed. lett. dsehrwenes zu dsehrwe 'Kranich', russ. Suravlicha zu iuravV 'Kranich', tschech. èerovina zu ierdv 'Kranich', finn, kurjen-marja zu kurki. Kronsbeere wirr früher im Dt. die Moosbeere bezeichnet haben. Dt. Wortatlas 10; B. Peters, Onomasiologie u. Semasiologie der Preißelbeere, Marburg [künftig]. Kronzeuge m. Das engl. Recht nennt king's evidence den Verbrecher, der sich in der Hoffnung auf Begnadigung als Zeugen gegen seine Genossen gebrauchen läßt. Dafür steht K r o n zeuge seit Sanders 1876; seither ist es zu 'Hauptzeuge' geworden. Kropl m. 'vergrößerte Schilddrüse des Menschen; Vormagen der Vögel'. Ahd. mhd. kröpf, mnl. crop (pp), nnl. krop 'Kröpf, Busen, Kielende', ags. cropp 'Kröpf, Gipfel, Wipfel, Ähre, Traubenbüschel', engl, crop 'Kröpf der Vögel, Spitze, Ernte', anord. kroppr 'aufgeschnittenes Schlachttier, Körper'. Das germ. Wort drang in die roman. Sprachen: ital. groppo 'Knoten', frz. croup 'Bräune' (aus engl, croup); zu frz. croupe s. K r u p p e . Wz. *greub- ist unter k r i e chen entwickelt. Mit K r ö p f nächstverwandt ist K r ü p p e l . — K r ö p f e n ist in Handwerk und Baukunst 'krumm biegen, in gebrochenen Linien führen'. Kroppzeug n. nd. kröptüg, im Siebenjähr. Krieg beim preuß. Heer beliebt geworden, erscheint als K r o h p z e u g bei Hermes 1778 Sophiens Reise 4, 374. Zu nd. kröp (s. k r i e c h e n ) 'kriechendes Wesen, kleines Vieh, Pack'. Friedrich d. Gr., Oeuvres 27, 147 schreibt T e u f e l s k r o p . Zs. f. d. Wortf. 9, 66.13,309. G r o b z e u g beruht auf jüngerer Umdeutung.
Kröte
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Kröte /. mhd. krèie, krot(t)e, krot, kröte, ahd. krêta, tiefstufig krota, mnd. krêde, krode. Rhein, gilt krade, obd. krolt (auch als gutmütige Schelte von Mädchen); K r ö t e (dreimal in der Lutherbibel) ist ursprünglich eine ostmd. Mischform aus mhd. krëte und krote: o liefert die Lippenrundung, S die Zungenstellung (A. Bach 1932 Teuthonista 8, 223). Man vergleicht gi.bátrachos, ion. brótachos(aus*bráth-, *bróth(r)achos'Fiosch') und setzt *gyredh- "Frosch, Kröte' voraus. Die Wortkarte "Kröte* von Helmut Klaus bei Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1956) zeigt die Schriftform von Thüringen bis Schlesien, am Mittelmain, von Brandenburg über Posen bis Ostpreußen und bis an das Stettiner Haff, daneben auch in entrundeter Form als Krete, Kräte\ den Typ Krott von der mittleren Mosel bis an die Ostgrenze Österreichs, Erate um Köln, Kroddel um Aachen. Otze, Osse, Ütsch (verwandt mit U n k e s. d.) von der Elbmündung bis ins Westf., dazu Itsehe in Hessen; Quadux in Mecklenburg, Pädde am Niederrhein; u. a. m. — K r ö t e n 'Geld' wohl nach dem Bild der Schildkröte auf altgriech. Münzen. S. F r o s c h , P r o t z , U n k e . Krfieke f . Ahd. krueka, mhd. krucke, krücke, asächs. krukka, mnl. crucke, ags. cryce, engl. crutch, dän. krykke, schwed. krycka führen auf germ. *krukjö "Stab mit Krümmung als Griff'. Nächstverwandt anord. krökr 'Haken' und wieder mit anderer Ablautstufe anord. kraki 'Stock mit Haken am Ende'. Die roman. Sippe von ital. gruccia, mundartl. croccia 'Krücke', crocco 'Haken' ist aus dem Germ, entlehnt: Zs f. roman. Phil. 2, 85. Krag 1 m, Ahd. bruog, mhd. kruoc (9), ags. crög, croh 'Krug, Flasche' führen auf germ. *krôgu-, Laut- und bed.-verwandt sind nhd. mundartl. K r a u c h e , mhd. krüche, asächs. krüka, mnl. crüke, nnl. bruik, ags. cruce, mengl. crouke f . Verdacht der Entlehnung ist für alle diese Wörter gegeben, vgl. auch K r a u s e und gleichbed. got. aúrkeis (aus lat. urceus). Aber auch anklingende Wörter der Nachbarsprachen mögen auf Entlehnung beruhen: man vermutet, die Sippe stamme mit gleichbed. gr. krôssôs und aslaw. icrugla ' Becher' aus derselben unbekannten Sprache. Krug 9 m. 'Schenke' kommt im Mnd. des 13. Jh. als kroch, krüch (-ges) auf. Von da stammen gleichbed. nhd. K r u g , nnl. kroeg, schwed. krog, dän. kro. Der naheliegende Gedanke, der Ausdruck beruhe auf Übertragung von K r u g 1 (etwa weil ein K r u g als Zeichen der Wirtschaft ausgehängt war), scheitert daran, daß im Gebiet von K r u g ' die Bed. 'Auschank' fehlt (dafür fränk. thür. S c h e n k e , ostmd. K r e t s c h a m , westobd. T a v e r n e ) , während im Gebiet von K r u g 1 das Gefäß seit alters K r u k e
Krüppel
heißt. Vielleicht steht germ. *kröga- dehnstufig neben den Vorformen von K r a g e n (s. d.), zu dem dann ein Verhältnis bestünde wie zwischen lat. gurges und gurgustium 'Kneipe', ital. gargozza 'Gurgel' und frz. gargousse 'Spelunke': W. Goldberger 1930 Glotta 18,34. S. Nobiskrug. Kruke s. K r u g 1 . Krume /. Md. brume (von da ins Nhd. gelangt), mnd. mnl. crome, nnl. kruim, ags. cruma, engl, crumb 'Krume, Brocken', isl. krumr, kraumr 'weiches Inneres', schwed. (irijkrâm 'das Innere und Weiche von etwas' vereinigen sich auf eine Grundbed. 'was man aus einer harten Rinde herauskratzt'. Insofern vergleichen sich lat. grümus 'zusammengekratzte Erde' und gr. gryméa 'FischüberbleibseP : sämtlich zur Wurzel *greur 'kratzen' mit Formans -mo. S. k r a u e n . Zur Abgrenzung von K r u m e und K r ü m e l gegen das hd. Synonym B r o s a m e n und österr. S c h m o l l e ( n ) s. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 308ff.; v. Bahder 1925 Wortwahl 31 ff. 43. krumm Adj. Ahd. mhd. krump (b), ahd. chrump 'gekrümmt, verdreht' (auch bildlich s. kraus). Seltnere gleichbed. Nebenformen ahd. mhd. krumpf, ahd. krampf, mhd. krimpf. Vgl. as. crumb, mnl. nnl. krom, ags. crumb, engl. crump 'krumm' (dazu crumple, mengl. crumplen 'verkrümmen'; auch engL crimple 'Runzel, Falte'). Unter K r a m p f ist gezeigt, wie die Formen mit Ablaut und Kons.-Wechsel weit verzweigt sind. Außergerm. stehen am nächsten gr. grypós 'krumm'. S. K r ö p f . ¿romper m. wird 1808 zunächst scherzhaft, bald auch amtlich 'ausgebildeter Ersatzreservist des preuß. Heeres', entspr. K r ü m p e r p f e r d 'überzähliges Pferd einer berittenen Truppe'. Damit ist eine mundartl. Schelte des Krüppels belebt, die zuerst 1478 in einem bair. Lied (Liliencron. 2, 145) begegnet, zu k r u m m gehört und als schles. kremper 'alter wackliger Kerl' fortbesteht. Kruppe /. 'Kreuz des Pferds'. Unter Kröpf ist gezeigt, wie dessen Sippe ins Roman, gelangt. Das im Frz. aus altfränk. *kruppa entwickelte croupe f . 'erhöhter Teil des Rückens von Tieren' wird im 17. Jh. rückentlehnt. Krüppel m. mhd. krüepel, hrüp(p)el, über das Md. aus dem Nd. entlehnt: mnd. krop(p)el, krep(p)el, asächs. crupel 'contractus', mnl. cropel, cröpel, crepel, afries. kreppel, ags. cryp(p)el, kent. crepel, anord. kryppill, krypplingr. Hd. entsprechen eis. krüpfel, Schweiz, chrüpfli, schwäb. kröpf, bair. kröpf, krapf, dazu bair. krüpfen 'sich krümmen'. Sämtlich zu der unter Kröpf entwickelten Sippe, dazu auch ags. croft m. 'keines Feld', engl, croft 'Feld', mnl. krocht ' Hügel, Dünenacker' (urspr. ' Krümmung').
Kruste
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Kruste /. Lat. crusta 'das durch Gerinnen fest Gewordene' (zu cruor 'Blut', weitere Verwandte s. u. K r i s t a l l ) gelangt früh zu uns und ergibt ahd. krusta, mhd. kruste, mnd. korste, mnl. corsie, nnl. korst. Gleichen Ursprungs sind roman. Wörter wie frz. croûte. Die Wortgeographie von 'Kruste' (Brotrinde) stellt Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1966) dar: ein breiter Keil von der Nordsee bis zur Südgrenze des dt. Sprachgebiets in den Alpen mit Rinde teilt die Gesamtfläche. Die r-Umstellung im Typ Kurste, Körste reicht von Lothringen über Moselland-Westfalen bis nach Ostfriesland; östlich jenes Rindestreifens an der Küste entlang von Schleswig bis Ostpreußen. Kürschte, Kürste, Kirste strahlen mit der Umgangssprache von Berlin—Brandenburg aus: Mitzka, Zs. f. Mundartfg. 1966, 39. Kübel m. mhd. kübel, ahd. *kuiü in miluh· chulül n. 'kl. Milchkübel', age. eyfel. Dazu ags. cyf (aus *kübi-) 'Faß* und mit -{«-Ableitung (wie ahd. kççsjïn 'Kessel' neben ktföil·, vgl. K ü m m e l ) nnd. kywn, westfäl. kubm. Die Sippe ist verwandt mit der unter Kopf behandelten, am nächsten steht mlat. cüpellus, -a 'Getreidemaß; Trinkgefäß', woraus bret. kïbell; auch mnd. küpe (woraus abret. kymr. eil, schwed. kupa 'Kapsel'), mnl. cupe, nnl. kuip 'Faß, Kufe' schließen sieh an lat. cupa 'Faß' an, das somit Grundwort auch für K ü b e l zu sein scheint. Dem Germ, sind russ.-kslaw. kübilü 'Hohlmaß für Getreide', lit. kùbilas und lett. kubuls 'Kübel' entlehnt, aus dem Hd. um 1000 magy. köböl. S. Kopf und K u f e . Zur umgangssprachl. Verbreitung von K ü b e l Kretschmer 1918 Wortgeogr. 144.186f. 192. KQehe /. Während lat. culina (aus *cocslinä) für 'Küche' gilt, erscheint im 4. Jh. coquina (qu damals im Volkslatein wie k gesprochen), das über vulgärlat. cocina, ital. cucina frz. cuisine geliefert hat und aus dem auch air. culen 'Küche' entlehnt ist. Das alte i ist bewahrt in kymr. cegin, bret. kegin 'Küche'. Die gemein-roman. Form ist früh entlehnt zu westgerm. *kókina, aus dem ags. cycene (engl, kitchen), mnl. cökene (nnl. keuken), mnd. kökene, ahd. chuhhim stammen, u aus o vor t ist lautgesetzlich. Ahd. hh, hd. ch für roman, k beweist Entlehnung vor der hd. Lautverschiebung. Gleich früh fand italische Koch- und Gartenkunst mit K e r b e l , K o c h , K o h l , K ü m m e l , Minze und P f e f f e r bei uns Eingang. Obd. gilt lautgerecht ohne Umlaut kuchi, kuehe, bair. schles. K u c h e l , mhd. auch kuchin, das in frühnhd. kuchin fortlebt. Mhd. küchen hatte flexionslos werden müssen, darum wurde (wie in F e r s e , K e t t e , L ü g e , M e t t e , Q u i t t e ) -en als Endung der schw. Dekl. aufgefaßt und der Nom. Sg. K ü c h e neu gebildet. Etwa im 12. Jh. ist magy. konyha aus dem Bair.
Küchlein
entlehnt: Melich 1933 Festschr. für Gideon Pez S. 178 f. Kuchen m. ahd. chuohho, kuocho, mhd. kuoche, mnd. mnl. koke, dazu die Verkl. schott. cooky, bair. kiechl (aus germ. *kôki1a-). Durch Ablaut a:ö damit verbunden mengl. eake, anord. kaka, wozu (aus *kakila-) ags. cecil, cicel. Aus germ. *kdkan- ist finn, kakko, lapp. gakko entlehnt, aus *kökan- die roman. Sippe von katal. coca, churw. cocca, prov. coco, pikard. couque. Dazu wieder Cöcänia als Märchenname des Schlaraffenlandes, nach Vorbildern wie Germania gebildet und in afrz. Coquaigne, ital. Cuccagna, span. Cucaña, mengl. Cockaine, mnl. Kokinje greifbar. — Die durch Ablaut a:ö als germ, erwiesene Sippe *kaka-: *köka- macht den Eindruck einer redupl. Bildung der Kindersprache (s. Bube). Die Sippe von K o c h und K ü c h e ist unverwandt. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie von 'Kuchen'. S. K e k s . Küchendragoner m. Amtlicher Name dreier Berliner Regimenter, die 1689 bis 1704 den Dienst beim Hofstaat versahen: Büchmann 1912 Gefl. Worte 497. Im Berliner Volksscherz auf derbe Köchinnen übertragen: Kaiisch 1860 Hunderttaus. Thaler 66; auch studentensprachl. verbreitet. Küchenlatein n. zuerst in münsterländ. Glossen um 1600: loqui illatine . . . coquinario more vel culinario / quai latijn oft koken latijn spreken Weißbrodt 1914 Zs. f. d. Wortf. 16,290; 1621 im Kreis oberschwäb. Nonnen: Joh. Eberlin v. Günzburg 1, 28. Beflügelt durch Luther seit 1623: DWb. 6, 2604. Vgl. nnl. potjeslatijn und Glotta 23 (1934) 124. KQeheusehelle f . Anemone pulsatilla L. erscheint als K u c h e n s c h e l l in Straßburg 1632 bei O. Brunfels, Kräuterb. 1,143. S c h e l l e zielt (wie pulsatilla, zuerst bei dem Italiener P. A. Mattioli 1663) auf die glockenförmige, im Wind schwebende Blüte. In der K ü c h e hat die giftige Pflanze keine Verwendung, obwohl sie schon J . Th. Tabernaemontanus 1688 Neu Kräuterb. 1, 96 Nola culinaria nennt. K ü h c h e n als Verkl. ist dem dt. Südwesten, von dem der Pflanzenname ausgeht, fremd. Bestimmungsort ist vielmehr G u c k e , K u c k e f . 'hohle, halbe Eierschale' (wie frz. coque 'Schale' in coquelourde ' Küchenschelle'), die einst wohl allein den Namen der Pflanze bildete und in österr. arstgueken als Grundwort steht, wobei die Frühlingsblume durch e r s t , z u e r s t gekennzeichnet wird. Vergröbert in bair.-österr. arSgugken. Die ähnlich gestaltete Herbstzeitlose heißt bair. H e u g u g ken. Die Fülle der Volksnamen bei H. Marzoll 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 293 ff. Küchlein n. Als Name des jungen Huhns (obd. hüenli, westmd. hünkel) ist westgerm. *kiuk-lna
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kucken
Kuh
aus ags. cycen (engl, chicken), mnl. kiekijen, mnd. köke 'Schlittenschnabel'. So tritt K u f e als küken, nnl. kieken, kuiken, mnd. küken zu er- "Stück Holz* zu *geg(h)-: *§Sg(h)- "Ast,
schließen. In anord. kjüklingr,
schwed. kyck- Pfahl, Busch' (wie K a b e l f., s. d., zu *§eb-
ling, dän. kylling t r i t t -Unga an Stelle des im (h)- 'Holzstück'). Germ. Verwandte sind K e g e l
Namen junger Tiere beliebten -Ina (s. F ü l l e n ) . Beide Endungen verkleinern wie -lin in ostmd. küchelin, das in Luthers Form nhd. geworden ist (Bahder 1926 Wortwahl 33f. 43f.). Der gemeinsame Stamm germ. *kjuk- bildet den Naturlaut des jungen Huhns nach, wie *kok- (ags. cocc, anord. kokr) den des Hahns. kucken 8. g u c k e n . Kuckuck m. Ahd. gauh, mhd. gouch, asächs.
(s. d.), mundartl. K a g 'Kohlstrunk' und mnd. käk 'Schandpfahl, Pranger'. Außergerm, vergleichen sich lit. iägaras 'dürrer Zweig', Saginiaï Mz. 'Palisaden' und lett. Sagari 'Reisig', iagas Mz. 'loses Laub'. Kule 2 f . 'Gefäß' mhd. kuofe, ahd. kuofa, asächs. köpa. Im Corp. gloss. Lat. 5, 584 wird cöpa s t a t t cuppa (= cüpa) als gut lat. empfoh-
len. Obwohl ein solches *cöpa weder im Schrift-
gäk, gök, mnd. gök, mnl. gooc, ags. géac, urnord. latein noch im roman. Vulgärlatein nachgewie-
gaukaB (als Glücksvogel auf einem Brakteaten aus Schonen: Dt. Lit.-Ztg. 1935, 1168), anord. gaukr, dän. gjeg, schwed. gök weisen auf germ. *gauka-, Im Ablaut dazu steht ahd. guckön 'Kuckuck rufen'. Die Germanen haben damit den Ruf des mehr gehörten als gesehenen Vogels nachgebildet. Der germ. Name ist auf nd. und nl. Boden früh ersetzt worden durch die treuere Nachbildung des Vogelrufs, die auch afrz. eucu, lat. cucülus, gr. kókkyx, aslaw. *kukavica,
bulg.
kukavlca, aind. kökilah hat bilden helfen. Das Schallwort bleibt, solange es als solches verstanden wird, vom Lautwandel unangetastet: P. Kretschmer 1924 Glotta 13,133; E. Fraenkel 1926 Idg. Forsch. 64,269. Seit dem 13. Jh. kämpft kukuk mit gouch auf hd. Boden, obd. Zeugnisse beginnen im 15. Jh. Frühnhd. guck-, gutzgouch zeigen vor dem alten Wort das lautmalende gucken 'Kuckuck rufen* oder seine Intensivbildung guckezen > gulzen. Der eintönige Ruf gibt Anlaß, den Vogel für töricht zu halten: schon um 1000 bietet Notker gouch 'Narr': Suolahti 1909 Vogelnamen 4 ff. Kuddelmuddel m. n. 'Durcheinander', vor 1856 bei H. Heine, Matratzengruft 36 Erden· kuddelmuddel.
1852 in Hamburg
Kuddelmuddel.
Humoristischer Kalender·, H. Grünert, ZfMundartfg. 31, 262. Vgl. nd. koddeln 'Sudelwäsche halten' und modder 'Moder', doch kann der zweite Teil als sinnloses Reimwort sein (wie bei nnl. hutjemulje 'Siebensachen'). Zum ersten paßt hd. K u t t e l n 'Därme', mnd. kutelbank 'Bank für Fleischwaren', zu mhd. kütte, ahd. cutti 'Herde Vieh', mnd. kudde 'Herde, Schar' als Kollektivbildung mit der urspr. Bedeutung 'Haufen, Wirrwarr', so noch in rhein. kuddel 'von Fäden, Speisen'. Literar. zuerst K u d d e l m u d d l e r 'wer Wirrwarr schafft' Wh. Raabe, Dt. Adel (Westermanns Monatsh. 1878, 280). Kufe 1 f . (bei Weise 1673 Erzn. 190 und bei Steinbach 1734 K u f f e ) 'Laufschiene des Schlittens'. -/- ist nach k aus -ch- entstanden, vgl.
sen ist, scheinen die germ. Wörter dem Lat. entlehnt zu sein. Küfer m. mhd. küefer zu K u f e * wie lat. cüpärius eu cüpa. Zur Abgrenzung gegen B i n d e r , B ö t t c h e r , B ü t t n e r , S c h ä f f l e r usw. s. Bottich. Kuff f . 'breit gebautes Handelsfahrzeug mit zwei Masten', allen seefahrenden Germanen der Neuzeit gemeinsam: nnl.(1623) kof, kuf, nd.(zuerst 1782) k u f f , engl, (seit 1794) k o f f , schwed. (1803) k o f f , dän. (1838) kof, kuf, norw. kof. Wie B r i g g (s. d.) aus brigantine, so ist Koff verkürzt aus köpfärdle, das elliptisch für K a u f f a h r t e i s c h i f f steht (s. K a u f f a h r e r ) . Bei der Umbildung zu kuf(f) mag nl. kuf 'Raum, (Trink-) Stube' eingewirkt haben, das zu K o b e n gehört: Axel Lindqvist 1938 Meijerhergs Ark. f . svensk ordforskn. 2, 47.
Kugel /. mhd. kugel(e), md. kule (s. Kaul-), mnd. nnl. kogel 'Kugel', mnl. koghele 'Stock mit Kugelende', ags. cycgel, engl, cudgel 'Knüttel'. Dazu Kogge (ahd. coccho, mnd. kogge, engl. kog) 'breites, gerundetes Schiff'. Urverwandt mit lit. gugà 'Knopf am Sattel, Buckel, Hügel', gaügaras 'Gipfel', russ. gúglja, poln. guga 'Beule': sämtlich Gutturalerweiterungen der idg. Wurzel *geu- 'biegen'. S. Kogel. Kuh f . Mhd. kuo, ahd. kuo, chuo, asächs. kö, anfr. (Dat. Plur.) cüon, mnl. eoe, nnl. koe, afries. kü, ags. CM, engl, cow, anord. kyr, norw. kyr, ko, schwed. dän. ko vereinen sich auf germ. *k(w)ô-. Dies führt mit air. bö, kymr. bwo, lat. bö-s, griech. boüs, lett. güov-s, armen, kov, toch. Ahi Β fee-,aind. gáuh 'Rind, Stier, Kuh', awest. gäuS u. a. auf idg. gMu- 'Rind'. Der Name ist lautmalend: er bildet das Brüllen der Tiere nach. Sumer. gu 'Stier, Rind' (G. Ipsen 1932 Idg. Forsch. 50, 248) klingt an, vgl. Frank G. Banta Journal
of Engl,
and Qerm.
Phil.
1956,102. Nächst dem Schaf ist die Kuh da* älteste Nutztier unserer Vorfahren (vgl. B l e s s e , Bulle, F a r r e , Färse, Kalb, Ochse, Rind, S t e r k e , Stier). Der Dt. Sprachatlas bietet die Schweiz, bair. kueehen, ahd. chuohho in slitochöho, Lautgeographie für 'Kühe'.
Kuhfuß
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Kuhfuß m. Scherzwort der Soldaten f ü r 'Gewehr', von der Form des Kolbens. Die herkömmliche Verknüpfung mit dem Nürnberger Büchsenmacher K ü h f u ß ist unglaubhaft, weil dieser dem 16. J h . angehört, während K u h f u ß t r ä g e r für 'Musketier' erst 1687, K u h f u ß erst 1792 greifbar wird: P. Horn 1899 Soldatenspr. 65; F. Kluge 1901 Zs. f. d. Wortf. 1, 351. kühl Adj. Ahd. kuoli, mhd. küele Adj., kuole Adv. (vgl. f a s t , s c h o n , s p ä t ) , regelmäßig umlautlos auch in Zus.-Setz. wie kuolhüs n. 'Kühlhaus', vereinigt sich mit mnd. köl, mnl. coel, ags. cól auf westgerm. *kölja-, urspr. *kölu-. Zum gleichen Stamm, der im Nord. (kala) und Ags. (calati) als st. Ztw. auftritt, gehört als Part, k a l t (s. d.). Auf urgerm. *kali- beruhen ags. cele, eyle, engl. chiU 'Frost'. kühn Adj. (dem Schwäb., Bair. und vielfach der Volkssprache fremd; Schweiz, chüen 'gesund, frisch von Farbe'), mhd. küene, ahd. kuoni Adj., kuono Adv. 'kampflustig, stark' (umlautlos auch die Zus.-Setzung kuonheit), mnd. kœne, mnl. coene, ags. cène 'kühn, weise', engl, keen 'scharf', anord. kœnn 'weise, erfahren'. Diese Bed. liegt auch im Namen ahd. mhd. Kuonrât, ags. Cènrëd voraus. Germ. *kön-i 'wer verstehen kann, gescheit' ist Verbaladj. zur Wz. *kan, *kun (vorgerm. *gön in gr. gégona ' t u e kund') in k ö n n e n (s. d.). K ü h n stellt sich (mit b a l d und s c h n e l l ) zu den geistigen Begriffen des germ. Altertums, die der Kampf in seinen Bereich gezogen hat. Die geltende Bed. mag entwickelt sein in Wendungen wie in (si) wtge kuoni oder aus Kürzung von Zus.-Setzungen wie ags. gärcene 'speererfahren', anord. vigkœnn 'kampferfahren', skjgldkaenn 'schilderfahren'. Kuhreigen m. Schweiz, chuereija, der festliche Alpaufzug der Sennen und Herden (so noch in bildl. Darstellungen an Stall- und Zimmerwänden), dann die musik. Begleitung dazu, so im Schweiz. Id. 6, 6f. seit 1631 belegt, vor allem aus Appenzell. Literar. durch Bodmer 1724: P. Geiger 1912 Volksliedinteresse in der Schweiz 136. kujonieren Ztw. Aus vulgärlat. cöleöne ' E n t mannter' (zu lat. còleus 'Hodensack') ist über ital. coglione 'Dummkopf' frz. couilUm gebildet, das als cujon 1567 in Westdeutschland eindringt. Das zugehörige ital. coglionare'als Dummkopf behandeln', frz. coïonner erscheint als cujonieren 'jem. einen Schuft schelten' 1638, gleich danach tritt die Bed. 'schlecht behandeln, plagen' auf und wird noch im 30jähr. Krieg eingebürgert: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 408. Der schlimme Klang führt zu Entstellungen: „ungeschickter Cujus aus der calvinischen Synagog" Ph. Nicolai 1697 Kurzer Bericht v. Calvin. Gott, Vorrede; „ein grober cujus sus" Eyring 1602
Kümmel
Proverl·. 2, 324; „ein grober cujus" Henisch (1616) 636. Küken s. K ü c h l e i n . Knkumer s. G u r k e . Kakuruz m. 'Mais'. Türk, kulcuruz 'Zea Mays L.' gelangt aus serbokroat., bulg. serb. kukuruz im 19. J h . zu uns: Lokotsch 1927 E t y m . Wb. Nr. 1230. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 330 sieht darin eine lautmalende Bildung, ausgehend vom Lockruf an Vögel, die man mit Maiskörnern f ü t t e r t . Wiek 91; Berneker 640; J . Hubschmid, Schläuche 1955,118: voridg.; J . Schröpfer, in: Südwestdt. Schulblätter 1164, Nr. 2: slaw. kokora 'Baumknüppel', wegen der starrenden Maiskolben. Bielfeldt 20: aus serbokroat. bulg. kukuruz (mit stimmh. s), westpreuß. kukuritz aus poln. kukuryca. Kuli m. Die Koli des westl. Indiens gehen seit langem als angeworbene Arbeiter in die Fremde. So ist ihr Name in beiden Indien und China appellativ geworden. Das älteste europ. Zeugnis s t a m m t von 1548: Kluge 1911 Seemannsspr. 498; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 409; Lokotsch 1927 E t y m . Wb. Nr. 1198. K u l i heißt in neuerer Gaunersprache der Hilfsschreiber. Von da ist T i n t e n k u l i Berufsschelte des Tagesschriftstellers geworden: H. Klenz 1910 Scheltenwb. 137. 150. Kulisse f . bei uns seit Lessing 1767 Hamb. Dramat. 45, der sein C o u l i s s e dem frz. coulisse entlehnt. Dies bed. 'Schiebewand, die sich in einem Falz bewegt', älter 'Falz, Rinne', und ist über frz. couler 'rennen, laufen' mit lat. colare 'durchseihen' zu vermitteln. kullern s. k o l l e r n . Kultur f . am Ende des 17. J h . aufgenommen aus lat. cultura 'Bebauung, Bestellung, Pflege' (zu colö 'bebaue, pflege') und zwar von vornherein in doppeltem Sinn, als landwirtschaftlicher 'Anbau' wie als unsinnliche 'Pflege' der Sprache, einer Wissenschaft, kurz der G e i s t e s k u l t u r , die von Ciceros cultura animi ausgeht: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 410; J . Stroux, Aufbau 1946 S. 111 ff. Kulturkampf m. zuerst Zs. für Theol. (Freiburg 1840) 4,176, danach von Lassalle 1858 und Virchow 1873 im Sinn eines die ganze Kultur betreffenden Kampfs gebraucht, seither Schlagwort für den Kampf des Staats gegen die Macht der kath. Kirche: Büchmann 1912 Gefl. Worte 640 f. Kümmel m. Carum Carvi L. Die Vorderasiat. Pflanze heißt assyr. kamünu 'Mäusekraut', arab. kammün, hebr. kammön, pun. chamán. Aus dem semit. Grundwort ist über gr. k^minön lat. cümlnum abgeleitet, das auch gemeinroman. gilt und über frz. comin (seit 1600 cumin) ni. komijn ergibt. Aus dem Roman, stammen ahd. kumîn,
Kümmelblättchen
-
412
chumï, mhd. kiimïn m., mild, körnen, ags. cymen, engl, cumin und (mit l für » wie E s e l , H i m m e l , K e s s e l , Lägel) ahd. kumil, mhd. kümel. Luther hat die ostmd. Form K ü m m e l ins Nhd. eingeführt. Schwab, bair. gilt kümich, alem. chümi. Uber die Zeit der Entlehnung s. K ü c h e , Minze, P f e f f e r . K ü m m e l als Name eines Branntweins s. K i r s c h . VgL K a r be. Kümmelblättchen n. 'Dreiblatt', nach dem dritten Buchstaben des hebr. Alphabets gimel, der als Zahlzeichen 'drei' bedeutet. Seit I860 als Kartenspiel der Bauernfänger Berlins bezeugt, gebucht DWb. 1873. Wolf Wb. 3011. Kümmeltürke m. ein Studentenwort, zuerst Kindleben, Stud.-Lex. (Halle 1781) 129 'Prahlhans, Großsprecher', seit 1790 in Halle 'Student aus dem Bannkreis der Univ.-Stadt'. Im Saalekreis wurde viel Kümmel gebaut, daher K ü m m e l t ü r k e i : Zs. f. d. Wortf. 2, 293. 3, 99. 316. In Soest bei den Gymnasiasten Bezeichnung für 'Seminarist'. Kummer m. Zur idg. Wz. *bher 'tragen* (s. B a h r e , B ü r d e , g e b ä r e n usw.) stellt sich gallolat. comboros 'Zusammengetragenes', das mhd. kumber 'Schutt, Trümmerhaufen' ergibt. Diese Bed. lebt namentl. im westl. Nord- und Mitteldeutschland. Übertragung auf seelisch Belastendes kennen schon afrz. encombrer, aprov. encombrar 'beschweren, belästigen, in Verlegenheit setzen', afrz. aprov. encombrier 'Beschwerde, Unglück'. Von da stammt kumber als seelische Last, das im 12. Jh. ins Hd. eindringt und um 1200 durch die Dichter der Blütezeit Gemeingut wird. H. Götz, Abh. Sachs. AK. phil.-hist. 49,126. Knm(m)et n. 'Halsjoch der Zugtiere'. K n m t gilt vor allem im nd. und md. Osten; Luther verwendet sein Κ o m m e t nor brieflich. Oberdeutschland und der Westen haben im ganzen H a m e n , dessen Verwandtschaft zweifelhaft ist. K. aus poln. chomqi n. zu md. komat 12. Jh. : Steinhäuser, Slawisches 1962,151. Vasmer Wb. 3, 269; Bielfeldt 47: 12. Jh. aus dem Sorbischen: obersorb. khomot, niedersorb. chomot. Kumpan m. Mlat. companio 'Brotgenosse', Nachbildung eines germ. Ausdrucks wie got. gahìaiba, ahd. gileibo m. 'Genösse' (zu L a i b 'Brot'), gelangt im 13. Jh. über afrz. compain 'Geselle, Genösse' ins Mhd. und ergibt kompän, kumpän, die frühnhd. 'Amts-, Berufsgenosse' bedeuten, aber im 17. Jh. aus der Schriftsprache verschwinden. Bode und Mylius beleben seit 1772 K u m p a n , das sie für ein altd. Wort halten. Im Volk hat sich kumpe gehalten, s. K u m p e l . Dem frz. compagnon entspr. erscheint C o m p a n i o n 'Geselle' seit dem Eulensp. (Straßb. 1616) 64 Ndr. Die kaufmänn. Bed. 'Geschäftsteilhaber' nicht vor 1672: A. Schirmer 1911 Wb. Kaufm.Spr. 102; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 367.
-
Kunkel
Kumpel in. 'Arbeitsgenosse, Kamerad, Freund', Verk. zu kumpe, das schon 1684 im Unterharzer Bergbau übl. war: Wolf 1968 Bergmspr. 33; s. K u m p a n : Dissimilation von m:l wie in K ü m m e l (s. d.). Die kameradschaftlich-gemütliche Anrede geht vom rheinisch-westfäl. Bergbau aus, verbreitet sich über alle dt. Bergbaugebiete und gelangt von da ins Heer: F. Holthausen 1929 Germ.-rom. Monatsschr. 17, 388; J. Müller 1938 Rhein. Wb. 4, 1178. 1724ff.; Haupt-Heydemarck 1934 Soldatendeutsch 114; Brömse Mutterspr. 57, 182. kümpcln Ztw. ein bestimmtes Verfahren, Blech zu biegen, eigentl. in Napfform zu bringen. Zu kump, der nd. Form von K u m p f , s. d. Kumpf m. mhd. kumpf 'Napf, Gefäß, Gerät des Schnitters für den Wetzstein', mnd. kump führen auf germ. *kump-, neben germ. *kumb-. Dies in ags. cumb, engl, coomb 'Getreidemaß', dt. nib zu mm in K u m m e /. 'tiefe Schale', hochalem. chumme 'Zisterne', mnd. nd. kumm(e) 'rundes, tiefes Gefäß, Wasserbehälter, Bodenvertiefung, Kasten'. Dän. kumme, norw. kum aus dem Mnd. kund Adj. 'bekannt'. Ahd. ani. kund, asächs. afries. küth, ags. eüp, engl, couth (in uncouth 'unbekannt, ungeschlacht, wunderlich, roh'), anord. kunnr, got. kunßs führen auf gern. *kunpa-, aus *grito-: Part, auf -to zum Verbalstamm der unter k e n n e n , k ö n n e n und k ü h n besprochenen idg. Wz. *gBn, *gnö, ablautend mit dem gleichbed. lat. nötus. Zu Adj. gewordene Part. s. u. k a l t , l a u t , t o t . Als Subst. K u n d e /.; als m. ahd. hundo 'der Bekannte', mhd. künde; in geschäftlicher Beziehung 'Wirtshausgast' bei Wickram, 'Käufer' bei Mathesius; übertragen 'pfiffiger Kerl'. künftig Adj.fahd. kumftïg, mhd. kümftec 'was kommend ist', zu ahd. mhd. kumft, kunft 'Kommen, Ankunft', got. gaqumps 'Zus.-Kunft, Versammlung': Verbalabstrakt zu k o m m e n (got. giman) mit germ, -pi-, idg. -tí- gebildet wie G i f t , S t a a t , S c h u l d usw. Zur Einschiebung des Gleitlauts f in die Gruppe mp vgl. B r u n f t , V e r n u n f t , Z u n f t . Idg. *g%mti- auch in aind. gátih 'Gang', gr. básis 'Schritt' und lat. (in-) ventio f . S. Z u k u n f t . Kunkel f . Zu lat. colus 'Spinnrocken' gehört als Verkl. volkslat. *colucula und (indem Ï vor I in η ausweicht) conucula, das in ital. conocchia, frz. quenouille fortlebt und aus dem über volkslat. *con(u)cel1a, *cocella das gleichbed. air. cuicel (mit bret. kegü, kigel, kymr. cogail, akorn. kigel) entlehnt ist. Dem Roman, entstammt ahd. chonachla, chunch(a)la, mhd. kunkel, nnl. konkel. Κ u n k e l ist ein Wort des dt. Südensund Westens geblieben (H. Fischer 1914 Schwäb. Wb. 4, 847), das Th. Frings 1931 Zs. f. Volkskde. 40, 101
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Kunst
gegen östliches und nördliches R o c k e n abgrenzt. Zum Nebeneinander von heimischen und entlehnten Synonymen s. K. v. Bahder 1926 Wortwahl 59. Kunst f. ahd. mhd. asächs. kunst, awfries. mnl. konsl: das dem Ags., Anord. und Got. fehlende Verbalabstr. zu k ö n n e n , wie B r u n s t (zu b r e n n e n und G u n s t (zu g ö n n e n ) gebildet mit idg. germ, -st- 'zugehörig zu, verbunden mit', hier also mit k ö n n e n ; vgl. E r n s t , D i e n s t , G u n s t . Im Gebrauch löst K u n s t um 1270 das ältere L i s t ab: F. Dornseiff 1944 Dt. Vierteljahrsschr. 22, 231ff. Gemäß der Grundbed. von k ö n n e n zielt K u n s t auf das Wissen im K ö n n e n und deckt die spätant. Begriffe scienlia u. ars: Trier, Mitt. Univ.-Bund Marburg 1931, 36f. - FachL im Bergbau als 'Maschine'; Wolf 1958 Bergmspr. 130. konterbnnt Adj. zu K o n t r a p u n k t (s. d.), tritt zuerst 1499 in einem Lied von der Altenburger Bauernkirmes als contrabund 'vielstimmig* auf: Acta Oerm. 1, 262. Im 18. Jh. bringen es Mundartwb. für Hamburg, Bremen und Pommern unter Anlehnung an bunt umgestaltet zu 'gemischt, durcheinander' : Rietsch, Beil. zur Allg. Ztg. 1898 Nr. 163; Zs. f. d. Wortf. 9, 254.13, 309. Kunz Zum Männernamen ahd. Kuonräd gehört neben der Koseform Kuono das z-Demin. Kuomo, das weiterhin vielfach in appellativen Gebrauch übergeht. Fischart 1575 Garg. 166 bezeugt, daß man mit Kuntz in Sachsen die Schweine lockt; Stieler bucht (Erfurt 1691) 953 „Kunz
appellatio
porcorum".
Heines
adder
Concz ist wegen der Häufigkeit beider Namen schon 1601 im Alsfelder Pass.-Spiel 112 'der oder jener'. S. H e i n , H i n z , L a m p e , S c h l a f k u n z und Meisinger 1924 Hinz und Kunz 51. Kupfer n. Das den Germanen seit uralten Zeiten bekannte Metall wurde mit dem verlorenen Subst. zum Adj. e h e r n (s. d.) benannt. Im Altertum bezog man das Kupfer von der Insel Zypern (gr. Kijpros, vgl. den alten Namen der Insel unter ehern), danach heißt es gr. ktfprion, lat. (bezeugt seit 26 v. Chr.) aes cyprium, im Volkslat. (literar. erst seit dem 3. Jh. n. Chr.) cuprum. Hierauf beruhen die Doppelformen westgerm. *kupt Nom., *kuppres Gen. Die lautgesetzliche Nom.-Form ergibt über *kopar ags. copar, engl, copper, anord. koparr
(hieraus entlehnt finn, kupari), mnd. mnl. koper, siebenb. koffer. Der analogisch entwickelte Nom. *kuppar lebt in m n d . kopper, ahd.
kupfar,
mhd. kupfer. Die kelt. Entsprechungen sind mehrfachen Ursprungs. Volkslat. *coprum ergibt akorn. (12. Jh.) coler, kymr. cobyr. Die Nebenform kymr. copr ist an engl, copper angelehnt. Bret, koevre stammt aus afrz. cuevre
kuranzen
(dies aus lat. cupreum 'kupfern'); kouevr der bret. Mundart von Vannes aus frz. cuivre. Kuppe /. dringt erst im 18. Jh. aus dem Nd. in die Schriftsprache; hd. entsprechen verschobene Formen wie ahd. chuppha, mhd. kupfe, gupfe. Die Sippe scheint alt entlehnt zu sein aus lat. cuppa f . 'Becher* (s. K o p f , K u f e ' ) ; nach äußerer Ähnlichkeit ist daraus 'Haube, Kopfbedeckung unter dem Helm' und weiterhin 'Bergspitze, äußerstes Ende' geworden, vgl. S c h n e e k o p p e . Wiek 70. H. Kuhn (s. K a p p e ) : Substrat zu verschob, hubil "Hügel'. Kuppel /. nhd. entlehnt aus ital. cupola, das aus mlat. cup(p)ula 'Becher', urspr. '(umgestülptes) Tönnchen', entwickelt ist und zu lat. cupa 'Tonne' gehört (s. K u f e " ) . Auf die Bed. könnte arab. al-qubba 'gewölbtes Gebäude oder Gemach' (s. A l k o v e n ) eingewirkt haben: Littmann 1924 Morgenländ. Wörter 89. kappein schw. Ztw. Die Ableitung zur Nebenform von K o p p e l (s. d.) ist von k o p p e l n 'durch eine Koppel verbinden', mit dem es einst gleichbed. war, bed.-mäßig gesondert worden auf 'zus.-bringen zu geschlechtl. Verkehr'. Dazu K u p p e l p e l z 'Geschenk für Ehevermittlung'. Kur f . 'ärztliche Fürsorge' aus lat. cüra 'Sorge' in die ärztliche Fachsprache gelangt und seit Gersdorff 1626 Feldbuch der Wundarznei 61a in dt. Texten nachweisbar. Dazu k u r i e r e n , Gersdorff 71d: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1,411. Kür f . 'Wahl'. Zu k i e s e n (s. d.) gehören ags. cyre m., anord. ker, keyr n., ahd. kuri,
mhd.
kür(e), md. kur(e) f . ' Überlegung, prüfende Wahl', besonders 'Königswahl'; dazu kür·, kurmrste. Die umgelautete Form hält sich in Willk ü r (s. d.). Die Turnersprache schuf K ü r ü b u n g . kurant Adj. 'gangbar' von Münzen. Zu lat. currere 'laufen' stellt sich das ital. Part, corrente, das in gleicher Form seit 1627 in obd. Handelsbüchern erscheint, zu k u r a n t latinisiert und im 18. Jh. durch gleichbed. frz. courant abgelöst wird. Zus.-Setzungen wie K u r a n t g e l d , - m ü n z e seit dem 17. Jh. Frz. prix courant 'laufender Preis', die Überschrift der Preisberichte aus den Seestädten, hat über nnl. prijscouranl 'Preisverzeichnis' unser P r e i s k u r a n t ergeben: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 412. koranzen Ztw. 'in Zucht nehmen, schlecht behandeln'. Mlat. carentia f . 'Bußübung mit Geißeln usw'., urspr. ein Klosterwort, gelangt über die Stud.-Sprache (Zs. f. d. Wortf. 1, 44) in die Mundarten und ergibt bair. thiir. schles. ostpreuß. k a r a n z e n 'zum Gehorsam treiben, quälen', nd. k o r a n z e n 'heruntermachen' Voß 1786 Ged. 1, 294. Die hd. Lautform ist vorbereitet durch k u r r e n t z e n 'prügeln' Weise 1673 Erzn. 146, auch k u r i e r e n mag eingewirkt haben.
Küraß
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KSraC m. Zu lat. eoriurn n. (frz. cuir m.) 'Leder' gehört das Adj. lat. coriaceus 'ledern', dazu das i 1 , ital. corazzo, pro v. coirassa, frz. cuirasse '(Leder-)Panzer', das im 16. Jh. als kürisz, kürasz m. bei uns erscheint. Die schweren Reiter heißen nach ihrer Rüstung küresser 1449 in Ludw. v. Eybs Denkwürd. brandenb. Fürsten (1849) S. 119, kürisser zuerst 1474; die Form K ü r a s s i e r bucht Wallhausen 1616 Kriegsmanual 205: Zs. f. d. Wortf. 14, 45; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 412; Mod. lang, notes 36, 487. Kurbel f . Das zu lat. curvus 'gekrümmt' gehörige f . *curva 'Krummholz' (frz. courbe), vgl. K u r v e , ergibt ein im älteren Deutsch verbreitetes Κ u r b e : ahd. curia, mhd. kurbe 'Winde (am Ziehbrunnen)'. Frühnhd. auch die Dat.Form kurm 'gebogener Handgriff (am Schleifstein)'. Mit l-Suffix erscheint md. körbel 'hamuía' im 16. Jh. Unser K u r b e l 'gebogene Handhabe' setzt sich im 15. Jh. durch. Kürbis m. Lat. cücürbita f . '(Flaschen-) Kürbis' vereinigt sich mit aind. carbhafa m., cirbhati f . 'Cucumis ulilissimus' auf *kerbheto- ' Kürbis'. Die lat. Redupi. ist nach dem Vorbild von cucumis 'Gurke' eingeführt. Sie ist dem vulgärlat. *curbiiia wieder verlorengegangen, das durch ält. ital. corbezza (ital. corbezzolo) vorausgesetzt wird. Das vulgärlat. Wort, mit der Sache vor der hd. Lautversch. ins Germ, gelangt, ergibt ags. cyrfet m., ahd. kurbij m. f . n., mhd. kûrbiç, -ez m. ». Über frühnhd. körbis, kürps hat Luthers Form K ü r b i ß (Jon. 4, 6 u. ö.) gesiegt. Schreibung mit s ist schulmäßig durchgeführt, wie bei der Endung -nis. Auf Entlehnung aus dem Hd. beruhen and. kurbiς, mnd. korvese, schwed. (seit 1678) kurbits. Dasselbe Wort ist enthalten in dän. grceskar, älter grœs-karffue. NI. kauwoerde (seit dem 13. Jh.) geht über afrz. coöurde (frz. gourde) auf eine vulgärlat. Form von lat. cucurbita zurück, die gleichfalls ohne Redupi. war. küren schw. Ztw. 'wählen', zu K ü r in nhd. Zeit gebildet, nachdem k i e s e n (s. d.) abgestorben war. Kurier m. Zu lat. currere, frz. courir 'laufen' gehört afrz. courrier 'Läufer', das gegen 1200 mhd. kur(r)ier als Bezeichnung einer Figur im Schachspiel ergibt (Suolahti 1929 Frz. Einfluß 140). Erneut treten im 16. Jh. frz. courier und ital. corriere in den dt. Gesichtskreis; zuerst erscheint die Bed. 'Eilbote' bei Witeberg 1683 Heimfahrt G 2. Das Ersatzwort E i l b o t e s. o. und Zs. f. d. Wortf. 8, 62. K u r i e r z u g belegt H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 413 seit Spielhagen 1866. S. E i l z u g . kurieren s. Kur. Kurrende f . 'Bettel-, Gassenchor der armen Scholaren', in nord- und md. Städten wohl im
Kuß
16. Jh. eingerichtet, in Braunschweig bis 1765 nachgewiesen. Lat. corrodere 'zusammenkratzen' war mlat. zu 'erbetteln' geworden, dazu corradium η., correda f . 'Almosen in natura', corredarius m. 'Empfänger solcher Almosen'. Durch Anlehnung an currere 'laufen' ist nlat. currenda(rius) spät entstanden: S. Nyström 1915 Dt. Schulterminologie 227 ff. Kurs m. Unter K o r s a r ist lat. cursus in der Bed. 'Ausfahrt zur See' erwähnt. Die Bed. 'Schiffsbahn' ist Ausgangspunkt für Wendungen wie „ihren cursum nehmen" Latomus 1617 Rei. Hist. Sem. 100. Seit Heupolds Diet. 1620 wird K u r s gebucht. Aber kaufmännisch schon 1476 corrß 'Ladezettel' bei Al. Schulte 1923 Gesch. d. Groß-Ravensbg. Handelsges. 3, 234. In der Bedeutung 'Preis' vereinzelt 1652, sonst im 15./16. Jh. dafür die Lehnübersetzung L a u f . Kürschner m. mit frühnhd. rS für mhd. rs (s. B a r s c h , b i r s c h e n , h e r r s c h e n usw.) aus mhd. kûrsenœre. Dies zu mhd. kürsen, ahd. asächs. kursinna 'Pelzrock', wozu gleichbed. afries. kersna, spätags. crus(e)ne, mlat. (seit dem 9. Jh.) crusna, crusin(n)a. Das ahd. Wort ist vor dem 9. Jh. entlehnt aus aslaw.*fcûrzno 'Pelz', E. Schwarz, Die germ. Reibelaute s, f , ch (1926) 31 ff. ; Wiek 36 f. Im übrigen zu slaw. kürzino O.Hansen 1942 Zs. f. slav. Phil. 18, 331 ff.; B. Schier, Die Namen des Kürschners 194ä; Bielfeldt 64. Kurve f., im 18. Jh. gekürzt aus lat. curva linea 'krumme Linie' (s. K u r b e l ) : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 415. kurz Adj. ahd. mhd. kurz: vor der Verschiebung des t entlehnt aus lat. curtus 'kurz', urspr. 'abgeschnitten' (das entspr. gr. kariös ist Part, von kelrein 'schneiden'), tochar. karst-, kärst 'schneiden'. Jüngere Entlehnung ist ahd. kurt (so hat auch lat. porta nacheinander pforza, P f o r t e , porta ergeben). Die Form kurt ist auch asächs., anfr., afries.; vgl. nl. kort, isl. kortr. kurzum Adv. seit dem 16. Jh. geläufig, entspr. dem mnd. kortümme 'durchaus'. Dazu der nd. Fam.-Name K o r t u m , K o r t ü m ; die Umlautformen zu 'um' (s. d.), ahd. umbi bietet der Dt. Sprachatlas. kusch Interj. 'leg dichl' im 17. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. couche, Imp. zu coucher 'sich niederlegen' (aus lat. collocare). K u s c h war urspr. Zuruf an den frz. abgerichteten Jagdhund: Flemingl719Teutsch.Jägerl77.Dazukuschen 'aentre in terra jacere' Frisch 1741 Wb. 1, 660a. Kuse 'Backenzahn' s. k a u e n . Kuß m. Mhd. mnd. asächs. nl. kus, afries. ags. anord. koss, ahd. kus, kuss mit expressiver Gemination (H. Hammerich, Beitr. 77, 187). führen auf germ, kus-. Engl, kiss, dän. kys, schwed. kyss sind nach dem Ztw. umgebildet.
Kussel
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Aul Entlehnung aus ags. cyssan 'küssen' beruhen akorn. cussin, mkymr. cussan; von den dt. Nachbarn entlehnt ist slov. kuS. Man nimmt Hemmung der Lautverschiebung im Schallwort an und vermutet Urverwandtschaft mit gr. kynein 'küssen', aind. cúmbati 'küfit', so daß sich ein lautmalendes idg. *ku(s)- 'Kuß' ergäbe. Unmittelbarer gibt *bu- den Schall wieder, das in bair.-ôsterr. bus(serl), engl, buss, schwed. puss, poln. buzia den Kuß bezeichnet. Unverwandt ist gleichbed. lat. bäsium. Gemeingerm. Ableitung von K u ß ist das schw. Ztw. k ü s s e n , mhd. m n d . küssen, ahd. nl. küssen, asächs. kussian, afries. kessa, ags. cyssan, engl, kiss, anord. kyssa.
Abweichend got. kukjan, das zu ostfries. kükken stimmt und wohl eine Redupi. aus Kindermund (vgl. B u b e ) darstellt. In dt. Mundarten wird K u ß außer von B u s s e r l bedrängt von alem.
Kutteln
'gebratenes Rippenstück', vor 1716 entlehnt aus frz. côtelette f . 'Rippchen'. Küster m. Auf lat. cusios, -ödis ' H ü t e r ' , das
auf 'Hüter des Kirchenschatzes' verengt wurde, beruht mlat. custor -öris 'Wächter', woher afrz. coustre, spätahd. kustor, mhd. kuster. Im nach-
klass. Mhd. tritt küster auf, das seinen Umlaut aus Bildungen auf -er wie G ä r t n e r , T ö p f e r , S c h ü l e r bezieht. K.scheint als vorwiegend md. Wort mit der Reformation durchgedrungen zu sein. Martin 1628 Colloques 132 verzeichnet als gleichbed. 'Sigrist, Meßner, Kirchner, Glöckner, Kirchwarter, Kilbert'. Landschaftl. begegnet auch O p p e r m a n n . S. K ö s t e r . Kutsche f . Nach dem ungar. Ort Kocs bei Raab ist magy. koesi (szekér) 'Reisewagen' benannt, die Aussprache war kotH. Von da G u t s c h e n w e g l i n Crusius 1562 Gramm. 248; G u t s che Golius 1679 Onom. 61 (zur Verkürzung vgl. Gulasch). Gleichen Ursprungs sind
butsch, müntschi, schmutz, schmützli, schwäb. usw. schmatz, rhein. bäss, bum, schmutz, schmußche, schmunz, schmökert, schnuckes, schnuß. So gilt ital. cocchio, frz. coche, nnl. koets; aus dem Frz.
oder galt in Leipzig heiz, in Posen musche, in Schlesien guschel, sonst M ä u l c h e n und S c h m ü t z l e i n : A. Senn 1933 Journ. of Engl, and Oerm. Philel. 32, 624. Abweichend F. Kluge 1916 Beitr. 41,180f. Kassel f . 'verkümmerter Nadelbaum, kümmerliches Gebüsch', in Berlin K u s c h e l n (mit stimmhaftem S) 'Kiefernschonung' (Ag. Lasch, Berlinisch 268): ein nd. Wort der ostelbischen Gebiete, bes. des Flämings. Aus dem Bait., vgl. lit. kuszlas 'klein, kurz, schlecht': E. Schwentner, Nd. Korr.bl. 1928,13; Bielfeldt 12, 60. Küssen s. K i s s e n . küssen s. K u ß .
Küssenpfennig m. 'Geizhals': ein Kraftwort aus frühnhd. Zeit, wie gleichbed. D r ü c k e n p f e n n i g und N a g e n r a n f t . Gewissermaßen als Wahlspruch 'Ich küsse, verehre den Pfennig' gebildet. Vgl. H a b e r e c h t , S c h ü r e n b r a n d , Springinsfeld, Störenfried, Tunichtgut, Wagehals. Küste f . Lat. costa f . 'Rippe' (mit aslaw. kosti f . 'Knochen', serbokroat. kost 'Rippe' zu *kost- 'Bein, Knochen') entwickelt im Vulgärlat. die Bed. 'Seite' (vgl. gleichbed. frz. côté aus vulgärlat. costatum 'Ort, wo die Rippen sind'). Im 12. Jh. erscheint afrz. coste 'Rippe, Abhang, Küste' (frz. côte). Das daraus entlehnte mnl. cost(e) bedeutet 'Landstrecke, Küsteinstrecke)'. Im Nl. wird o zu «, in südnl. Mundarten entwickelt sich Umlaut (s. löschen"). Demgemäß dringt das nl. Wort, das als kost ins Mnd. entlehnt war, als K ü s t e ins Nhd. und erscheint hier seit Duez 1664. Engl, coast ist frz. Ursprungs, dän. kyst (älter kost) und schwed. kust (1660 cost) sind durch das Dt. vermittelt. — Der nächste nhd. Verwandte ist K o t e l e t t w.
weiter entlehnt ist engl, coach. Landschaftl. ist K u t s c h e ersetzt durch E q u i p a g e , C h a i s e , K a l e s c h e , V e r d e c k w a g e n , wie die Ableitung K u t s c h e r (zuerst Kiechel 1685 Reisen 6) durch F u h r m a n n , H a u d e r e r , G e s c h i r r f ü h rer u. ä.: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 312 ff. — Als Ztw. zu K. gilt im 16. Jh. k u t s c h e n . Nachdem K u t s c h i r e r zuerst bei Dilich 1598 Hist. Beschr. 51 aufgetreten war, setzt sich k u t s c h i e ren seit Kramer 1678 durch: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 416. Kutte f . Mlat. cotta 'Mönchsgewand' erscheint als mhd. kutte zuerst bei Hartm. v. Aue 1195 Greg. 1667. Im 13. Jh. folgt Entlehnung von afrz. cote 'Kleidungsstück, Rock', dem auch engl, coat 'Mantel, Rock' entstammt, im weltl. Bereich: Suolahti 1929 Frz. Einfluß 141. Die roman. Wörter stammen aus afränk. *kotta 'grobes Wollenzeug, Decke', s. K o t z e . Kutteln Plur. 'eßbare Eingeweide' tritt als mhd. kutel f . im 13. J h . auf, daneben kutelvlec
m. 'zerschnittenes Gedärm eines Schlachttiers'. Mit hd. t (das Verwandtschaft mit nd. küt 'Eingeweide' ausschließt) auch frühnhd. kötfleisch. Man denkt an Verwandtschaft mit got. qißus '(Mutter-)Leib', anord. kviär 'Bauch', ags. kioii 'Mutterleib', ahd. quiti 'weibl. Scham', womit weiterhin das gleichbed. lat. botulus 'Darm, Wurst' verglichen wird. K u t t e l n gilt umgangssprachlich in Süddeutschland, der Schweiz (hier für den Magen des Rinds, während die eßbaren Eingeweide G e s t e l l heißen) und Österreich. Als nord- und md. Wort entspricht K a i d a u n e n (s. d.), in Hessen und Lippe R a m p e n , in Thüringen R a m p a n j e n , in Hamburg P a n z e n , in Königsberg F1 e c k, in Sachsen F l e c k e : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 249 f.
kuttentoll
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Labyrinth
kuttentoll Adj. 'mannstoll', ein nd. Wort, liter, seit Hellwig 1722 Haus· und Landarzt 239. Erster Wortteil ist nd. kutte 'vulva', s. K u t t e l n und DWb. 6, 2741. Frisch 1741 umschreibt zutreffend 'uteri deliramentum'. Kutter m. Engl, cutter bezeichnet als Ableitung von eut 'schneiden' ein die Wogen schlank durchschneidendes Schiff. Aufs Festland entlehnt als nnl. kotier, dän. schwed. ¡cutter, nhd. K u t t e r , dies seit Claudius 1782 Sämtl. Werke 4, 200; Ganz, Einfl. d. Engl. 126. Kuvert n. ist in seinen drei Bed. 'Briefumschlag, Tafelgedeck, Bettdecke' um 1700 entlehnt aus frz. couvert m., das als subst. Part, zu couvrir 'bedecken' urspr. 'das Bedeckende' bezeichnet. In der ersten Bed. gilt vom 16. bis 18. Jh. kopert n. aus mlat. copertum zu lat. coopertus 'bedeckt', das für das Genus von K u v e r t verantwortlich ist und dessen ρ in österr. K o p é r decken 'Bettdecke' wiederkehrt. Nur nhd. ist
k u v e r t i e r e n 'mit Umschlag versehen', nicht vor Gleim 1748 Br. an Ramler 1,143: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 416. Kui m. 'börsenmäßig gehandelter Bergwerksanteil', vordem 'der 128. Teil an Besitz und Gewinn einer gewerkschaftlichen Grube', heute Aktie = 1000. Teil. Im 15. 16. wird viel damit gehandelt. Zu gucken = lat. speculari, vergucken = verspekulieren. Im Norden mit Κ : Kukus, Kukus u. ä., im Süden Guckus, Guggis u. ä. ; dazu schweizerdt. guggis 'bankrott'; Zwickau 1556 Kickus, der Basler Übersetzer Guggus 1959: Judy Mendel, Mod. Lang. Notes 76 (1961) 336. Früheste Belege im sächs. Erzgeb.: 1472 Schneeberger Bergrechnung, 1476 Freiberger Bergurteile. Der bisher mit 1327 angesetzte Kuttenberger Beleg ist Lesefehler: Herb. Wolf 1958 Bergmspr. 204. Bielfeldt 27: tschech. Herkunft unsicher.
Lab n. mhd. lap (b) 'Mittel zum Gerinnenmachen', ahd. lab 'jura', mnd. laf, nnl. leb(be), daneben ahd. käsiluppa, ags. (, engl, mildew, schwed. mjöldagg. Bestimmungswort kann das unter Honig (s. i), kymr. meno 'schlaff'. Mit Hoch- afries. ags. mos 'gekochte, besonders breiartige stufe idg. *mor-, germ. *marwia -in mhd. mar, Speise; Essen, Mahlzeit' führen auf westgerm. maneer, ahd. maro, marawi, mnl. mçru 'miirb', *mösa- 'Speise', das offenbar in Ablaut zu gleichags. mearu 'zart, weich, zerbrechlich', anord. bed. germ. *mati- (s. M a s t d a r m , M a ß h o l d e r , mçrja 'zerschlagen', norw. mareη 'morsch', - l i e b , m ä s t e n , Messer) steht, sofern es Aber außerhalb lat. morbus 'Krankheit', mortärium *mossa- aus *mäd-to- oder *môd-so- ent'Mörser', gr. maralnö 'entkräfte', marasmós 'Ver- standen ist. — Dazu Gemüse, mhd. gemüese, fall'. S. B r a t e n , M a r m o r , Mord, m o r s c h , ahd. *gimuosi. Die Ableitung setzt die alte, umMörser, Mur(e). — Wandel von mhd. rw zu fassende Bed. von Mus voraus. Zur Sache nhd. rb auch in E r b s e , F a r b e , h e r b , N a r b e , M. Heyne 1901 Nahrungswesen 266f.; Fuhse S c h a f g a r b e und Sperber, 1916 Reallez, d. germ. Alt.-Kde. 3, 284. Zur murkeen s. a b m u r k s e n . Abgrenzung gegen Brei usw. Kretschmer Murmel f . Die Schnellkugeln der Kinder, im 1918 Wortgeogr. 173 f. 367; A. Senn 1933, alten Berlin K i e l e r , K n i p p , K l i p p k i e l e r Journ. of Engl, and Qerm. Philol. 32, 525. (zu Kugel) genannt, wurden im 18. Jh. aus 528 f. Marmorabfällen hergestellt und heißen seither Musche f. 'Schönpflästerchen'. Die Mode, sich nordd. Murmel zu ahd. murmul neben marmul schwarze Taffetpflästerchen auf die Haut zu (s. Marmor), im Genus durch Kugel bestimmt: kleben, gelangt vor Mitte des 17. Jh. aus FrankAg. Lasch, Berlinisch 160. 238. 293. Die Grenze reich zu uns und reicht bis ins 19. Jh. 1642 ergegen westd. K l i c k e r usw. zieht Kretschmer scheint dafür Mosch /. (d. i. frz. mouche aus lat. 1918 Wortgeogr. 344; W. Mohr, Murmelspiel, musca 'Fliege'), gleichzeitig auch schon Musche in Festschr. J. Trier 1964, 47 : Synonyma u. 'Täuschung': mit den Plastern wurden Flecken ihre Benennungsmotive. und Narben verdeckt : Schulz-Basler 1942 Fremdmurmeln schw. Ztw., mhd. murmeln, ahd. wb. 2,162. murmiüön, -rön: zur lautmalenden Wurzel idg. Muschel /. Lat. müsculus 'Mäuschen' zeigt *mormor-, *murmur- 'murmeln, dumpf rauschen' bei Plautus u. a. die Bed. 'Miesmuschel'. Über in lat. murmurare (dazu frz. murmurer, woraus roman. *muscula früh entlehnt sind ahd. asächs. engl, murmur), gr. mormyrevn, lit. muriti, -ènti, mitäcula, ags. musc(el)le, mhd. muschel. Diese aslaw. mrümrati 'murmeln', aind. murmura- Form des Wortes ging von den Klöstern aus 'knisterndes Feuer'. Ohne Redupi. s. m u r r e n . und bezeichnete zunächst eine eßbare Muschel Murmeltier w. Ahd. murmunto m., mur- als Fastenspeise. Das auf roman. *muscula bemuntin ». entspringen dem lat. mure(m) montais) ruhende afrz. mousle (frz. moule f . 'Miesmuschel') 'Bergmaus', worauf zunächst rätorom. lomb. ergibt mnl. mussel(e), nnl. mossel, mnd. mussei. murmont beruht, sodann ital. marmotta, span, Demgemäß gelten mossel, mussei in nrhein. und portug. marmota, frz. marmotte (woraus nnl. nd. Volkssprache. Auf Entlehnung aus dem Mnd. engl, marmot). Die ahd. Zeugnisse stammen beruhen schwed. seit 1587 mussla, dän. musling sämtlich aus der Schweiz: in den Alpen ist das (älter mussei). Wort nach der hd.Lautveisch.aus einer roman. Mugelman(n) m. Arab, muslim Part, 'der dem Nachbarsprache entlehnt. Die gewöhnliche mhd. Islam (s. d.) anhängt' erhält im Pers. die Adj.Form mürmendin (zur Endung s. Schwein) Endung -an: muslimän wird von den Türken entspricht der hochalem. Verkl. múrmenden übernommen und in die Sprachen Europas ver(Schweiz. Id. 4,416). Vielleicht in Anlehnung an breitet. Bei uns erfolgt volksetym. Anlehnung m u r m e l n weicht der dritte Nasal in l aus; ver- an Mann; entspr. in engl, mussulman, Mz. -men. deutlichend tritt im 14. Jh. - t i e r hinzu, wie in Museum ». Neben dem griech. Adj. mouseHos E l e n - , Maul-, R e n t i e r (s. K a u f m a n n ) . 'den Musen geweiht' steht mous&ion ». 'MusenAus dem Hd. stammen nnl. mormel{iier), dän. sitz*. Daraus lat. muséum η. 'Ort gelehrten Tuns', murmeldyr, schwed. murmeldjur: Palandar 1899 das uns durch die Humanisten zugeführt wird. Ahd. Tiernamen 67. Gleichbed. Schweiz, mungg In dt. Text erscheint seit 1586 m. 'Studierzims. Schweiz. Id. 4, 332. mer', 1642 'Kunst-, Altertumssammlung', 1770 murren schw. Ztw., mhd. mnd. murren; mnl. 'gelehrte Zeitschrift': Schulz-Basler 1942 Fremdmarren, anord. murra, aschwed. morra, marra. wb. 2,162. Ohne Redupi. neben gleichbed. m u r m e l n , s. d. Musik /. Gr. mousikê (téchnê), lat. mùsica Weitergebildet zu ags. murc(n)ian 'klagen, wird als 'Musenkunst' zu 'Tonkunst'. In lat. sorgen'. Außergerm, kommt am nächsten ir. Form mit dem Ton auf der ersten Silbe steht muirn (aus *mumi-) 'Lärm, Sausen'. das Fremdwort von ahd. Zeit bis ins 16. Jh.,
Musikant
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Mut
bei Dichtem noch länger. Daneben beginnt im bed. 'habe mir zugemessen, besitze als mir Zu17. Jh. der Einfluß von frz. musique (woraus geteiltes: Raum, Zeit, Gelegenheit, Kraft'. — mit Kückziehung des Tons engl, music), das Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie bald überwiegt und die neuen Bed. 'Tonstück, zu *muß\ 'mußt', 'müßt'. Aufführung* heraufführt: Schulz-Basler 1Θ42 Muster n. Frühnhd. (obd. seit etwa 1460) Fremdwb. 2,162. muster η., munstre f. 'militärische Musterung; Musikant m. Zuerst 1670 in e. Hess. Hoford- Äußeres, Gestalt; Probe' beruht auf ital. mostra nung bei A. Kern. 1907 Dt. Hofordn. 2, 88. Zu f. 'das Zeigen, Sehenlassen, Probestück)', das dem um hundert Jahre altern Musikus mit über gleichbed. volkslat. móstra f. auf lat. monital.-lat. Endung, die aus K o m ö d i a n t usw. sträre 'zeigen' führt. Den Kampf der Forgeläufig war. Musiker seit dem Ende des 18. men zeigt Oberschwaben: Al. Schulte, Große J h . : Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2, 162. Ravensb. Handelsges. 3, 9 (1474) „das man in send. . . . rezebta von tuchen per Saragoca mit musmsch s. Mosaik. Muskat m. Die Samenkerne von Myristica den monstra"; 3, 338 (1478) „nach monister"; fragrans heißen mlat. muscätum 'Moschusduft' 3, 359 (1480) „die munstra"; 3, 284 (1505) „per (s. Moschus) und nux muscäta. Über afrz. mostra gesendet". Unser Ztw. mustern in (note) muscate (woraus engl, museal) entsteht milit. Sinn (dazu J . Sehwers 1925 Zs. f. vgl. früh im 13. Jh. mhd. muscat, muschät(e) f.: Sprachf. 53,103) erscheint zuerst in der Schweiz Suolahti 1929 Frz. Einfluß 164. — Muskateller 1476. Zu lat. monstrum stellt sich afrz. monstre m. als 'Wein von würzigem (eig. Muskat-)Ge- 'was vorgewiesen wird, Probe', das über mnl. schmack' wird zu Beginn des 14. Jh. aus ital. monster das mnd. monster, munster ergeben hat. Daraus entlehnt sind dän. monster, schwed. moscatello übernommen. Muskel m. erst nhd., aus gleichbed. lat. müs- mönster, norw. mynster: E. öhmann, Neuphil. culus entlehnt, das Verkl. zu müs 'Maus' ist. S. Mitt. 1941, 85. — Dazu Adj. m u s t e r h a f t . Maus und Muschel. muster Adj. 'frisch, kräftig', häufiger unMuskete /. Auf lat. musca 'Fliege' geht der muster 'schlecht aufgelegt' (K. Euling 1921 Name eines wie mit Fliegen gesprenkelten ra- DWb. 11, 3, 1195). Dafür frühnhd. musterig, schen Sperbers zurück, ital. moschetto. Mit musterlich 'frisch, kräftig', in obd. Mundarten gutem Bild wird mlat. muschet(t)a Bezeichnung bair. mustlerlich 'gesprächig', schwäb. muSper eines Wurfgeschosses. Sie wieder wird übertra- 'frisch, wohlauf', alem. buipsr 'munter': nach gen auf die Luntenflinte, die Herzog Alba 1567 A. Götze 1925 Teuthonista 1, 378 aus mhd. als span, mosquete an Stelle der Arkebuse ein- *muns(boere 'Freude bringend' zu mhd. munst f. führt. Bei uns zuerst Moscheten Marjetta Wis 'Freude', Abstr. zu ahd, menthan, mundan, 1965 Ricerche sopra gli italianismi 196. Aus dem asächs. mendian 's. freuen'. Dies mit Minne Nhd. ist Muskete weiter entlehnt in die bait. (s. d.) zur idg. Verbalwz. *nten: *mon in got. munan 'denken'. Krähe, Beitr. 71,244; Th. Sprachen. Mulle /. mhd. muoçe, ahd. rnuoqa, md. mü%e Anderson, ZfMundartfg. 29, 64. mnl. *moete 'freie Zeit, Bequemlichkeit, UnMut m. Mhd. ahd. muot 'Kraft des Denkens, tätigkeit', ahd. auch 'Möglichkeit, angemessene Empfindens, Wollens; Sinn, Seele, Geist; GeGelegenheit zu etwas'. Zum germ. Prät.-Präs. mütszustand), Stimmung, Gesinnung; Über-, *môtan (s. müssen). — müßig Adj. mhd. Hochmut; Gedanke einer Tat, Entschluß, Abmûeçec, ahd. muoçig 'wer Muße hat'. sicht', asächs. afries. môd, mnd. mot, mû, nd. Musselin m. 'feines Baumwollgewebe' gelangt mod, maud, anfr. muod, mnl. moet (d), nnl. moed, zu uns 1715 aus frz. mousseline f., woraus auch ags. mod 'Mut, Gemüt; Sinn, Geist, Stimmung; engl, muslin. Älter sind ital. mussolina und Stolz, Mut', engl, mood 'Stimmung, Sinn', amussolo: dies der ital. Name der Stadt Mosul nord. mödr 'aufgeregter Sinn, Zorn', norw. dän. am Tigris, der Heimat des Gewebes. schwed. mod, got. mois 'Mut, Zorn' führen auf müssen Ztw. Aus mhd. muelen 'bestimmt sein, germ. *môda- 'starke Seelenstimmung, heftige sollen, mögen, können, dürfen, notwendiger- Erregung'. Der nächste außergerm. Verwandte weise tun, müssen'; ahd. muoçan 'mögen, kön- ist gr. mssthai 'streben'; mit ihm zum Vernen, dürfen, müssen' (s. Muße), asächs. mòtan balstamm *mö "heftigen und kräftigen Willens 'Platz finden, Veranlassung haben, sollen, müs- sein heftig streben'. Dazu mit Ablaut gr. maisen', mnd. mgten, mnl. nnl. moeten, afries. mòta, esthai 'trachten', maimáein 'heftig verlangen'. ags. motan 'müssen, dürfen, können* (Prät. Zur Bed. Elis. Meyer, Diss. Leipzig 1926. moste, engl, must mit Präs.-Bed.), got. gamötan — Nhd. gemut, wohlgemut aus mhd. wol 'Raum haben, Platz finden' führen auf das ge- gemuot 'mutig' neben einfachem gemuot 'Sinn meingerm. Prät.-Präs. *mötan, ö-Stufe des idg. habend, gesinnt'. — Gemüt n. mhd. gemüete, Verbalstamms "med- (s. messen) mit der Ur- ahd. gimuoti bedeutet als Kollektiv zu Mut
muten
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urspr. 'Gesamtheit der Gedanken und Empfindungen'. S. müde, mühen. muten schw. Ztw. Zu Mut in der Bed. 'Absicht' ahd. muotön, mhd. muoten, md. muten 'etw. haben wollen'. Frnhd. im Bergbau speziaisiert 'an einem unbelehenen Ort Erz abbauen', dann 'Bergbauerlaubnis einholen', auch inskand. Sprachen eingedrungen; Herb. Wolf 1958 Bergmspr. 196. Mhd. muoutnge 'Begehren' auch als Bergbauwort, entspr. m u t b a r , M u t e r (als Fam.-Name Muther), M u t b u c h , -schein. Im Handwerk des 18. Jh. bedeuten m u t e n 'Meisterrecht nachsuchen', Mutgeld, -groschen 'Abgabe des Jungmeisters an die Innung'. Aus dem Nhd. stammen schwed. muta, norw. mute 'um Berechtigung zum Grubenbau nachsuchen'. mutmaßen schw. Ztw. spätmhd. muotmâçen, im 15. Jh. elsäss. aufkommend, zu muotmä^e f . "Bemessung nach dem Sinn'. Mutt w. ahd. mutti, mhd. müt(te), mut(te), asächs. muddi, mnl. mudde, ags. tnydd n. 'Scheffel' : über roman. *modiu entlehnt aus alt. modius m. 'Trockenmaß von 8,75 Litern Inhalt'. Über das Anwachsen des Maßes und sein Verhältnis zu Metze Luschin v. Ebengreuth 1916 Reallex. d. germ. Alt.-Kde. 3, 288. Matter /. ahd. mhd. muoter, asächs. mödar, anfr. muoder, afries. möder, ags. mödor, engl. mother (mit th vor er wie father, weather), anord. medir: das gemeingerm. Wort für 'Mutter', das die Goten nicht haben, die dafür aijei (ahd. eidl) verwenden, wie atta für fadar. Ähnlich wird in nd. Ma. M u t t e r durch mame, möm(e) ersetzt, entspr. steht schon im Eulensp. 1515 Mum. Germ. *möder weist auf gemeinidg. *mâtér- in aind. mätdr-, toch. mâcar, alb motrë 'Schwester', gr. meter, lat. mäter, aslav. moti. Gen. matere, air. mäthir, lit. mótyna 'Mutter' (mote 'Ehefrau'), apreuß. mote 'Mutter'. Verwandt ist außer Muhme auch gr. maia 'Mütterchen'. Dem idg. *mätir- liegt ein kindl. Lallwort mâ zugrunde. Analoge Bildungen auf - t e r s. u. Schwester, T o c h t e r , V a t e r . — M u t t e r 'Sinkstoff' in Essig-, W e i n m u t t e r s. Moder. Mutterkorn n. heißt die überwinternde Dauerform des Schlauchpilzes Claviceps purpurea, der auf Roggenähren schmarotzt, wegen ihrer Wirkung auf die Gebärmutter. Zuerst begegnet M u t t e r k o r n (dem nl. moederkoren, dän. moderkorn entsprechend) bei B. Zorn 1714 Botanologia medica 628. Gleichbed. K o r n m u t t e r (wie lat. secalis mater) seit G. H. Zincke 1744 ökon. Lex. 1, 1482. Mutterkrebs m. 'schalenloser Krebs', urspr. "Krebs zur Zeit des Schalenwechsels', ist an M u t t e r /. nur äußerlich angeglichen. Erster Wortteil ist nd. muter 'Mauser' (zu lat. mutare). X l u g e , Etymologisches Wörterbach. 20. Aufl.
Mütze
Eine verbreitete Volksetymologie führt über die Vorstellung 'weich wie Butter' zu Β u 11 e r k r e b s. S. d. und m a u s e r n . Mutterschwein n. mhd. muotersmn, (dafür asächs. köswln), nur schriftdt., nirgends mundartlich, dafür aber M u t t e r s a u , S a u m u t t e r , M u t t e r l o s , schwäb. seit 1400 Schwein(s)m u t t e r . Zur Synonymik s. Sau. Mutterseele f . verstärkende Bildung für Mutt e r (wie Menschenseele für Mensch) seit Campe 1809, der als erster auch m u t t e r s e e l e n allein und m u t t e r s e l i g a l l e i n verzeichnet, da nun für Menschenseele, Mensch. Beide Formen sind im 18. Jh. geläufig; G. Keller schreibt seelenallein, frühnhd. m u t t e r a l l e i n : Zs. f. d. Wortf. 3, 246. PN Mudersele Zerbst 1341 (K. Bischoff briefl.). Muttersprache f . frühnhd. mutter spraeh(e), nd. (zuerst nach lat. lingua materna) 1424 möder· spräke, nl. (seit 1700) moedertaal, engl, mother tongue, dän. modersprog, schwed. modersprâk. Demgegenüber scheinen die roman. Zeugnisse: mlat. (zuerst in Straßburg 1119) materna lingua, Dante f 1321 ital. palar materno, frz. langue maternelle, span, lengua materna usw. zeitlich einen Vorsprung zu haben. Im 14. Jh. sind isl. mödurmäl und schwed. modhor male vorhanden, auch dän. modhurmal läßt sich für den Anfang des 14. Jh. erschließen. Das germ. Wort mag von mlat. materna lingua mit seinen roman. Abkömmlingen ausgehen. Gemeint ist die dt. Heimsprache (Mundart) im lothr. Grenzgürtel des 11. Jh.: K. Heisig, Zs. f. Mundartforschg. 22 (1954) 144. Im Lat. galt patrius sermo, das (wie patria) im rechtlichen Denken wurzelt. Hd. M u t t e r s p r a c h e wird uns erst 1622 greifbar: deyner muter sprach bei Kasp. Güthel, Dialogue oder Gesprächbüchl. C 2 b . 1525 bietet Luther, Weim. Ausg. 18, 123 aus rechter mutter sprach, 154 die rechte mutter spräche. A. Daube, Der Aufstieg d. Muttersprache 1940; L. Weisgerber 1938, 1948 Die Entdeckung der Muttersprache im europ. Denken. Mütze f . spätmhd. (15. Jh.) mutze, mütze aus mhd. (seit 13. Jh.) al-, armue, mnd. mutze, musse, musche, älter malmuse, -mutze, mnl. muts(e), mutsche, älter almutse, nnl. muts, spätanord. myssa, schwed. mòssa, älter mysse, älter dän. myts(e), norw. messe. Im Roman, entsprechen alrz. aumuce, frz. aumusse, prov. almussa, span. almucio, sizil. almúziu. Wieder älter ist mlat. (seit 11. Jh.) almucia 'amictus, (elsäss., wohl nach schwarzer Sorte), quo canonici caput humerosque tegehant', mit arab. Artikel umgebildet aus arab. mustakah 'Pelzmantel mit langen Ärmeln', in dem pehl. mustak, eine ältere Form von pers. muStä 'Pelzmantel' fortlebt. Der Pelzbesatz bleibt lange kennzeichnend für die Klei32
mutzen
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dungsstücke, die die Romania von Süditalien und Spanien her, uns über die Alpen wie über die Nordwestgrenze erreicht haben. Dabei konnte die Kapuze wegbleiben und die almucia zu obd. M u t z e ( n ) 'Wams, Jacke' werden, das mundartlich von der Schweiz bis Hessen, von Lothringen bis Tirol gilt. Oder das Kleidungsstück konnte zur Kopfbedeckung zusammenschrumpfen und das Wort die schriftsprachliche Entwicklung nehmen, die von der Geistlichkeit zu Laien und Frauen geführt hat. Zur Abgrenzung gegen H a u b e und K a p p e Kretschmer 1918 Wortgeogr. 346ff. 612; zur Herkunft Justi 1901 Zs. f. dt. Alt. 46, 420ff.; K . Lokotsch 1927 Etym. Wb., Nr. 1620; W. Goldberger 1930 Glotta 18, 50. Deutscher Wortatlas X I I . H. F . Foltin, in: Dt. Wortforschung I I I hg. L. E . Schmitt. mutzen schw. Ztw. 'verdrießlich sein' aus *mukzen (wie B l i t z aus mhd. Miez, s c h m a t z e n aus smackezen). Dagegen nhd. a u f m u t z e n 'vorwerfen, tadeln' aus mhd. (üf)mützen, -mutzen '(heraus)putzen'. A u f m u t z e n ist somit ein 'Herausstreichen' in tadelndem Sinn. Die Gruppe m u t z e n 'beschneiden, kürzen, stutzen', M u t z 'gestutztes Pferd', M u t z p f e i f e 'Stummelpfeife' beruht auf Entlehnung aus den roman. Nachbarsprachen. Dem frz. mousse 'ab-
Näber
gestumpft' liegt eine Grundform *muttius voraus, Ableitung vom Stamm *muttil·- 'ohne Horner, abgestumpft', der ohne ^-Ableitung im Südostfrz. und in den roman. Mundarten der Westalpen lebt. Myriade /. Zu gr. myrlos Adj. 'unendlich viel* gehört myriás, Gen. -ádos f. 'Zahl, Menge von 10000'. Als 'Unzahl' führt Bodmer 1732 M y r i a de ein, Klopstock 1748 Mess. 1 , 8 nimmt den Ausdruck auf, den die Gegner noch lange verspotten: Zs. f. d. Wortf. 8, 8 1 . 1 3 , 29; Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2 , 1 6 8 ; Ganz, Einfl. d. Engl. 148. Myrrhe f. Zu altsemit. murr 'bitter' ist der Name des bitter schmeckenden Harzes gebildet, den die Griechen als mijrrha f. aufnehmen und der mit der Bibel (Matth. 2, 11 u. ö.) früh zu den Germanen gelangt: ahd. asächs. myrra, mhd. mirre, ags. myrre. Hoops 1916 Reallex. d. germ. Alt.-Kde. 3, 291. Myrte /. Zu demselben Stamm wie M y r r h e , altsemit. murr 'bitter', gehört der Name von Myrtus communis, der über gr.-lat. myrtus spät in den dt. Gesichtskreis tritt: V. Hehn, Kulturpfl. und Haust. 8 223ff.; Littmann 1924 Morgenl. Wörter 17. Bräutl. Schmuck war R o s m a r i n ; 1683 soll eine Tochter Jakob Fuggers in Augsburg als erste Deutsche einen Myrtenkranz getragen haben.
Ν na Partikel, anord. (selten) nä, dän. naa, schwed. nd. Das Spätahd. kennt eine Fragpart. na in der Mitte und am Ende verneinter Fragesätze, die im Mhd. völlig abstirbt. Mit Fischart 1676 Garg. 402 „Na, na, genug von dem" setzt nhd. n a ein, das seither Ausdruck des Staunens, Zögerns, Verzichts, Unglaubens, der Ungeduld usw. geworden ist. Nabe f. Mhd. nahe, ahd. naba, asächs. naba, mnd. mnl. engl, nave, nnl. ( n ) a a f , ags. nafa m., nafu f., anord. ngf, schwed. dän. nav führen auf germ. *nabö-. 'Nabe' bedeuten auch die urverwandten aind. ndbhya-, awest. nabä und apreuß. nobis : die Idg. kannten den Wagen, wie auch A c h s e , D e i c h s e l , J o c h , L ü n s e und R a d erweisen. Auch die Benennung der Radnabe nach dem Körperteil (s. N a b e l ) ist uralt: apreuß. nobis und aind. näbhi- /. vereinen beide Bedeutungen, lett. naba f. ist'Nabel'. S. N ä b e r . Nabel m. Mhd. nobel, ahd. nabalo, -tilo, mnd. mnl. navétte), afries. navla, ags. nafela, engl. navel, anord. nafli, schwed. dän. navle führen auf germ. *nabalan-, Zum idg. Stamm *nSbh-, *ombh-, *mbh- 'Nabel' gehören die gleichbed. {-Bildungen gr. omphalós, lat. umbilicus, air.
imbliu, Gen. imblenn (aus * mbhliien-), mir. imlecan, ohne das ableitende I gleichbed. aind. näbhi-, awest. näfa-, pers. näf und lat. umbo 'Schildbuckel'. Die apreuß. und lett. Entsprechung s. u. N a b e . Nabel und Nabelschnur hatten sakrale Bedeutung, Aind. nabhi- bedeutet auch 'Verwandtschaft', awest. nabä-nazdüia'der verwandtschaftlich Nächststehende'. Sonst pflegen die idg. Namen für Körperteile unabgeleitete Bildungen zu sein (Auge, F u ß , H e r z , N a s e , N i e r e , Ohr), doch vgl. das Verhältnis von A c h s e l zu A c h s e . Näber, Ν ab er m. Der Bohrer der Germanen war eine Spitze, mit der sie Radnaben bohrten und die sie mit einer Zus.-Setzung aus N a b e und Ger benannten: napakaira lautet das Wort bei früher Entlehnung ins Finn., entspr. anord. nafarr, ags. nafugär, asächs. nabugér, mnl. naveghe(e)r, ahd. nabu-, nabagèr. Wie bei engl, adder 'Natter' geht anlaut. κ verloren in engl, auger, mnl. avegheer, nnl. avegaar; wie bei E s s i g werden die Verschlußlaute im Wortinnern umgestellt bei ahd. nagaber, mhd. nageber, negber (wobei das Vorbild von N a g e l mitgewirkt haben mag). Frühnhd. gelten Formen wie nabi(n)ger, nebiger, naper, nep(p)er, neber: dieses Schwanken be-
nach
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günstigt den Sieg des im 15. Jh. gebildeten B o h r e r in der Schriftsprache: v. Bahder 1926 Wortwahl 69. 147. nach Präp., mhd. nach, ahd. näh, mnd. mnl. nä, nnl. na, afries. nêi, ni, ags. nêah, got. nika. Die Präp. ist verwandt mit dem Adj. n a h (s. d.) und mit dessen gemeingerm. Adv. urspr. bedeutungsgleich (vgl. N a c h b a r ) . J. Endzelin 1936 Zs. f. vgl. Sprachf. 62, 23ff. nachahmen schw. Ztw. Zu O h m , mhd. äme, öme 'Maß' stellt eich mhd. àmen '(ein Faß) durchmessen', wozu naehomen 'nachvisieren, nachmessen' bei Luther; von da Alberus 1640 Diet. Ee l b . Über 'nachmessend gestalten' wird im 16. Jh. der Sinn des lat. imitäri erreicht. Nachbar m. mhd. nächgebür, ahd. nähgibür(o), nl. nabuuT, ags. «ehhebür, engl, neighbour·. westgerm. Zus.-Setzung, die ihre Grundbed. 'wer nahe mit einem zus.-wohnt' bewahrt hat. Das ä der Tonsilbe ist vor Doppelkons, gekürzt (vgl. z w a n z i g , h e r r l i c h , H o c h z e i t , G r u m met). Der Vokal des zweiten Wortteils (mhd. gebür, s. B a u e r 3 ) ist seit dem 16. Jh. zu α geworden (vgl. B r ä u t i g a m , H e i m a t , M o n a t , U r b a r und Namen wie D i t t w a r , N e c k a r , S c h u b a r t : Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. 344). Im Fam.-Namen N a c h ( g e ) b a u e r ist die volle Form geblieben. nachdem Konjunkt. Ahd. nach diu da% lebt mit Ersatz des Instr. diu durch dem hauptsächlich auf nd. und nfränk. Gebiet fort; seit dem 14. Jh. wird der Schlußteil gespart. So steht nach dem zuerst bei dem Westfalen Hnr. v. Hesler 1320 Apokal. 11380. Seine Verwendung gliedert sich nach den beiden Bed. der Präp. n a c h in Entsprechung und zeitliche Folge: Behaghel 1928 Dt. Syntax 3, 211 ff.; Gesch. d. dt. Spr. 361 ; Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 49. Nachen m. Mhd. nache, ahd. nahho, asächs. naka, ags. naca, anord. npkkvi 'Schiff, Boot' führen über germ. *nakwa- auf idg. *naguo- oder *nog%-. Urverwandt aind. ndgha· 'Baum, Berg'. Grundbed. 'Einbaum'. Aus dem älteren Nl. stammt wallon, naque 'Boot'. Wie im Norden und in England ist das Wort im dt. Osten und in der Schweiz früh seinen vielen Bedeutungsverwandten erlegen ( B o o t , G o n d e l , K a h n , Weidling). Im Schrifttum bleibt es selten bis zu Wieland und Schiller; in Landschaften, die (wie Ostmitteldeutschland) K a h n als Alltagswort verwenden, hat N a c h e n gehobenen Klang. Umgangssprachlich gilt es heute am Nieder- und Mittelrhein, ostwärts bis Westfalen und Siegerland, über Wiesbaden und Darmstadt bis Aschaffenburg, in ganz Baden und Teilen von Württemberg. Mundartlich hat es in Verbindungen wie d e n , e i n e n N a c h e n sein w- verloren (s.
Nächste
N ä b e r , N ö r z , O t t e r 2 ) , uns greifbar zuerst in der Kölner Gemma von 1496. Seither gelten spätmnl. ake, nnl. aak, fries. äk(e), westfäl. äk(era), rhein. äche(n), luxemb. ächen, ächer; entspr. Formen in Lothringen, Elsaß, Baden und Schwaben. Nachfahr s. V o r f a h r . nachgerade Adv., mnd. nägerade 'allmählich' mit der älteren Nebenform näräde, worin man mnd. rät 'Reihe' vermutet. Das ergäbe eine Grundbed. 'allmählich in der richtigen Reihenfolge', die noch vorliegt bei Andersen 1669 Orient. Reiseb. 191 „wurden gleichwol 13 lebendige Personen nach gerade in die See geworffen". Die Bed. 'schließlich' ist schon erreicht bei Lauremberg 1662 Scherzged., Beschl. 16 „Ein Bage altydt gespannt werd na gerade schlap." Nachharke s. H a r k e . Nachmittag Wortgeographie im Dt. Wortatlas XVI. Nachricht /. im 17. Jh. gekürzt aus frühnhd. nachrichtung f., demgemäß 'Mitteilung zum Danachrichten'. Von da erweitert auf 'Mitteilung' allgemein. Nachrichter m. mhd. nächrihter 'der nach dem urteilenden Richter die Todesurteile und Leibesstrafen vollzieht'. Älter, einst häufiger als S c h a r f r i c h t e r (s. d.), beide verhüllend für Henker. Nachruf m. versucht Zesen 1648 als Ersatzwort für E c h o . In der Bed. 'Nekrolog' noch Campe 1813 fremd, erst nach Mitte des 19. Jh. durchgedrungen. Nachruhm m. 'Ruhm bei der Nachwelt', von Schottel 1641 Sprachkunst 602 gebildet, von Morhof 1682 Dt. Gedichte 177 aufgenommen, seit Stieler 1691 gebucht. Nachsatz m. neben V o r d e r s a t z von Schottel 1641 Sprachkunst 662 gewagt, von Stieler 1691 aufgenommen: E. Leser Zs. f. d. Wortf. 15, 84. nachschlagen s. G e s c h l e c h t . Nachschrift f . 'nachträglich Geschriebenes' begegnet in amtlicher Sprache seit 1621 für R e p l i k (Landgerichtsordn. 19 § 6), als Lehnübers. des lat. postscriptum seit Krämer 1678. Die schulmäßige Bed. in N a c h s c h r i f t einer Predigt, einer Vorlesung usw. ist aus der entspr. Bed. von n a c h s c h r e i b e n im 18. Jh. entwickelt und seit Adelung gebucht. Nächste m. subst. Superi, zu n a h e ; vgl. ahd. nähisto m. 'Nachbar', mnd. negest, nèist, ags. nîehst, nèxt(a), engl, next, anord. n&str; got. dafür néhundja m., wie lat. proximus, frz. prochain. — N ä c h s t e n l i e b e /., nicht in der Lutherbibel, ist gewonnen aus 3. Mos. 19, 18, Gal. 5, 14 „Liebe deinen Nächsten als dich selbst." 32'
nachstellen
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nachstellen schw. Ztw. Mhd. mnd. erscheint stellen nach "Netze, Schlingen legen für Tiere', das frühnhd. zu 'auflauern' auch in bezug auf Menschen wird. N a c h s t e l l e n 'insidtäri', zuerst in einem Voc. des 16. Jh., wird durch Brant, Luther und Sachs eingebürgert: v. Bahder 1925 Wortwahl 121. Nacht /. Mhd. ahd. asächs. anfr. naht, mnl. nnl. afries. nacht, ags. neahi, nikt, engl, night, anord. nätt, ngtt, norw. mundartl. natt, noti, schwed. natt, dän. nat, got. nahts führen auf germ. *nahl-, idg. *noU- 'Nacht'. Urverwandt sind gleichbed. aind. nak(t)-, näkti-, alb. nate, gr. nyx (Gen. nyktós), lat. nox (Gen. noctis), air. -nocht, kymr. akorn. nos, bret. noz, lit. naktis, lett. nahts, apreuß. naktin, aslaw. noütl. Ferner vergleichen sich toch. n(a)ktim 'gegen Abend', air. in-nocht 'heute Nacht', kymr. peu-noeth 'jede Nacht', mkymr. trannoeth 'am folgenden Tage'. Daß N a c h t den idg. Sprachen gemeinsam ist, während sie in den Namen für 'Tag' auseinandergehen (s. T a g , aber auch Lenz), beruht wohl darauf, daß man in der Urzeit nach Nächten statt nach Tagen zählte, weil die Beobachtung des Monds, an dem man Monat und Jahr maß, in der Nacht lag. Reste der alten Zählung zeigen W e i h n a c h t e n sowie engl, fortnight 'vierzehn Tage', sennight 'acht Tage' (vgl. A b e n d und S o n n a b e n d ) . Nur wenige Grundbegriffe der Zeitrechnung wie J a h r und M o n a t reichen über die einzelspachliche Benennung zurück. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu 'Nacht'. nachten mundartl. Zeitadv. der Bed. 'gestern (abend)': aus mhd. nehten 'gestern abend', das mit einem (unter Einfluß von m o r g e n angefügten) η auf dem ahd. Gen. Sg. nahti beruht und urspr. 'des Nachts' bedeutet: Osthoff, Idg. Forsch. 20, 213. — Vgl. h e i n t . Wortgeographie s. g e s t e r n . Nachtigall /. Ahd. nahtagala, mhd. mnd. mnl. nachtegal(e), asächs. nahtigala, nnl. nachtegaal, ags. nihtegale (von da anord. nihtigala), mengl. nightengale, engl, nightingale vereinen sich auf westgerm. *mhtagalön 'Nachtsängerin'. Der zweite Wortteil gehört zu galan 'singen' (s. g a l s t e r n , gellen), wie in eis. steingall, -gellel 'Wasserläufer', engl, yajfmgale 'Grünspecht'. So gehören lat. luseinia (lusci- 'in der Dämmerung'), gr. aêdôn 'Nachtigall' zu canere und aeidein 'singen'. Dän. nattergal, älter nakte{r)gale und schwed. näktergal sind aus dem Mnd. entlehnt. Frühnhd. hieß der Vogel nachtgal; das nhd. i der Mittelsilbe dankt seinen Ursprung dem g wie in B r ä u t i g a m und R ü d i g e r : Paul Schmidt Zs. f. dt. Alt. 51, 280. Komplizierte Entwicklung setzt die These einer italo-germ. Ausgangsform von Szemerényi, Glotta 1961, 218 voraus.
Nacken
Nachtschatten m. die Giftkräuter Solanum nigrum und S. dulcamara, dann auch die ganze Familie der Nachtschattengewächse, zu der Bilsenkraut, Kartoffel, Stechapfel, Tabak, Tollkirsche und Tomate gehören. Ahd. nahtscata Mz. galt von der nächtlichen Dunkelheit, wurde von da auf gespentisch wirkende Tiere wie die Nachtschwalbe (Camprimulgus europ.) und auf Nachtschmetterlinge übertragen. Dän. natskade bedeutet 'Nachtrabe', schwed. nattskata 'Fledermaus'. Die Anwendung auf Pflanzen ist dem ahd. nahtscato, mhd. nahtschate gemeinsam mit md. mnd. nachtschade. Sie gilt den schwarzen Beeren der einen und den dunkelblauen Blüten der andern Art. Die Fülle der mundartl. Namen bei M. Gottschald 1943 Trübners Dt. Wb. 4, 739, die Entlehnung ins Lett, bei J . Sehwers 1927 Zs. f. vgl. Sprachwiss. 54, 52. Nachtisch m. Das nach der Mahlzeit Aufgetischte heißt in Anlehnung an lat. mensa secunda (M. Heyne, Nahrungswesen 1901 S. 84) N a c h t i s c h seit Frisius 1541 Diet. 784 b . Daneben im 16./17. Jh. S c h l e c k s p e i s . D e s s e r t führt Lauremberg 1652 Scherzged. 1, 269 als modisches Fremdwort ein, in der Handschrift (1649) fehlt die Stelle noch. Das frz. dessert m. gehört zu desservir 'die Speisen abtragen' und bezeichnet, was man beim Aufheben der Tafel genießt. Als subst. Part, ist D e s s e r t im Nhd. Neutr. geworden wie F o r m a t , K o n f e k t , K u v e r t . nachts Adv., der temporale Gen. von N a c h t , Neubildung nach tages: got. nahts, gr. 'nyktós', westgerm. *(dages endi) nahtes in ags. dœges ond nihtes, asächs. dages endi nahtes, ahd. tages inti nahtes·, hd. seit dem 11. Jh. auch des nahtes (Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 590), wobei das Vorbild des M. T a g deutlich wird. Nachwelt f . Den Ausdruck n a c h g e b o r n e W e l t (so Schottel 1641 Sprachkunst 602) zieht Zesen 1648 Dögens Baukunst zusammen auf N a c h w e l t . Harsdörffer 1651 Erquickstunden 3, 7 nimmt die Bildung auf, Stieler bucht sie. N a c h w e l t wird Vorbild für das erst gegen Ende des 18. Jh. auftretende M i t w e l t . Dagegen begegnet V o r w e l t seit Opitz. Nacken m. mhd. nac(ke). Gen. nackes, ahd. (h)nac(h) 'Hinterhaupt, Nacken', anord. hnakkr, hnakki 'Hinterhaupt', dän. norw. nakke, schwed. nacke 'Nacken'. Daneben mit Ablaut mnd. mnl. necke, nnl. nek, afries. hnêkka, ags. hnëcca m. 'Nacken, Hals', engl. neck. Im Schwäb.-Fränk. gilt für 'Nacken' meist A n k e , im Bair. Gen ä c k ; abweichend bedeutet bair. N a c k e n 'Knochen'. Allerorten begegnet N a c k e n für 'Bergrücken, -vorsprang'. Außergerm, vergleicht man kelt. *knukko- 'Buckel, Knauf, Hügel' in air. cnocc, ir. enoe, abret. cnoch, kymr. enweh: L. Weisgerber 1939 Rhein. Viertel]ahrsbl. 9, 41,
nackt
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ferner toch. kñuk 'Genick'. — Zur Wortgeographie s. G e n i c k . nackt Adj. Mhd. nacket, ahd. naekot, -vi (u aus w; ck durch westgerm. Konsonantendehnung unmittelbar vor w wie in Axt), mnd. mnl. naket, nnl. naakt, afries. nakad, ags. naeod, engl. naked, urnord. Akk. Sg. m. nakola(n), anord. ngkkvidr, aschwed. nakuper, got. naqaßs 'nackt' (mit naqaßei /. 'Nacktheit') führen auf idg. *nog%odho-, Urverwandt sind gleichbed. lat. nüdus (aus *nogvedos), air. noeht, mkorn. noyth, kymr. noeth, bret. noaz (aus * nog" tos), hethit. nekumansa aus *negVwents. Neben den dentalen steht die no-Bildung idg. *nogeno-, germ. *nakina- in mnd. afries. schwed. norw. naken, anord. nakinn, dän. negen, älter nagen, wie in awest. magnò, aind. nagná- 'nackt* mit nagndtä 'Nacktheit'. Nhd. n a c k e n d , mhd. (seit dem 13. Jh.) nackent wirkt wie eine Kreuzung aus n- und Dentalbildung, doch liegt (wie bei genung, Leichnam, nun, schmunzeln, sonst) junger w-Einschub vor, bei dem die flektierten Formen nackedem, -den vorangehen, so daß Vorausnahme des auslautenden Nasals vorliegt. Unerweitertes idg. *nogtt- 'nackt' erscheint in anord. nekkva 'nackt machen' wie in aslaw. nagü 'nackt', dem mit Dehnstufe (aus *nögo-) gleichbed. lit. núogas entspricht. Weiter hinaus vergleichen sich gleichbed. gr. gymnós, lymnós, armen, merk, hethit. nekumama mit geflissentlichen Entstellungen des durch Tabu geschützten Worts (kultische Nacktheit). Die Wortgruppe ist lehrreich auch dadurch, daß sie den Gegensatz des nicht Nackten birgt, somit Kleidung schon für die älteste Zeit voraussetzt (s. bar).
nähen
tirol. gnajfezen, gnapsen, schwäb. najfze usw. weithin lebt: v. Bahder 1925 Wortwahl 24. Nagel m. mhd. nnl. nagel, ahd. asächs. nagal, mnl. naghel, afries. neil, ags. nœgl, engl, naü, anord. nagl(i). Got. *nagls ist aus dem schw. Ztw. ganagljan 'annageln' zu erschließen; ihm entsprechen n a g e l n , mhd. nagelen, negelen, ahd. ntgilen, asächs. nçglian, ags. nœglian, anord. negla. Während im Anord. nagl 'Fingernagel' von nagli 'hölzerner, eiserner Nagel' getrennt wird, vereinen die meisten germ. Wörter beiderlei Sinn; der ältere ist 'Nagel an Finger oder Zehe', wie die Vertreter in den verwandten Sprachen erweisen, die außer aind. ahghri- (mit r aus Î) 'Fuß' des ableitenden I entbehren. U. a. entsprechen lat. ungius 'Nagel an Finger und Zehe', ungula'Klaue, Huf'; gr. ónyx, -yehos'Nagel; Kralle'; aslaw. noga, russ. nogd 'Fuß', lit. nägas 'Nagel', nagà 'Huf', lett. nags 'Nagel', apreuß. nage 'Fuß'; air. ingen, akymr. eguin, kymr. korn. çmn, bret. ivin 'Nagel': idg. Wurzel *nogho-: *ngho-, Daneben arisch *nokho- in aind. nakhá-, pers. ηάχηη 'Nagel, Kralle'. — S. N e l k e .
Nagelfluh f . zuerst bei Adelung 1777 als N a g e l f l ü h e . Noch 1798 nennt er es „ein nur in der Schweiz übliches Wort": der Gemengstein, aus dem die Einsprengungen wie Nagelköpfe hervorstehen, ist zuerst im westl. Voralpenland beobachtet worden (Schweiz. Id. 1, 1186), wo sich das alte F. F l u h (s.d.) lebendig erhalten hatte. Nagelzwang m. schmerzender Neidnagel: Zehner 1622 Nomencl. 328. nagen Ztw., mhd. nagen, ahd. (seit dem 11. Jh.) nagan, älter gnagan st. Ztw., asächs. ags. gnagan, engl, gnaw, anord. schwed. gnaga. Die Formen mit ani. » sind aus denen mit gn (idg. Nadel /. Zur germ. idg. Wurzel *we- (s. n ä h e n ) ghn) hervorgegangen. Daneben mit ani. k (idg. ist auf germ, piò-, idg. tlä- (F. Kluge 1926 Stamm- g) ahd. asächs. knagan, mnl. cnaghen (st. und bildungsl. § 97 a) die gemeingerm. Bezeichnung schw.), mnl. knagen, norw. mundartl. knaga. des Nähgeräts gebildet: mhd. nädelfe), ahd. näd- Von den außergerm. Verwandten stehen am (a)la, asächs. näthla, afries. nëdle, ags. nèëdl, nächsten awest. aim-ynixta 'angenagt, angefresangl. mdl, engl, needle, anord. nal, schwed. näl, sen' und lett. gùëga 'wer mit langen Zähnen ißt'. dän. naal, got. nèpla. d und 2 sind umgestellt nah Adj., mhd. nach (flekt. naher), ahd. asächs. in ahd. nälda, mnd. naide, mnl. naelde, nnl. näh, nd. nl. nä, afries. nei, ags. nèah, engl, nigh naald, afries. neide. Aus dem Germ, entlehnt ist Adj. 'nahe' (wozu der Kompar. ags. near, afries. finn, neula, karel. niekla, aus dem Urnord. finn. niär, asächs. ahd. nahör 'näher'; Superi, ags. nallo 'Nadel'. Außergerm, entsprechen abret. nléhst, engl, next, mnd. nêgest, nê(i)st, ahd. nänotuid, bret. nados, akymr. notuid, kymr. nod- hist); anord. nä- (in Zus.- Setz.), Kompar. nxrri, wyid, air. snâthat 'Nadel'. Vgl. S t e c k - , S t r i c k - Superi, nsëstr·, got. nèh(a) 'nahe', nêh/is 'näher'. nadel. Die nächsten außergerm. Verwandten sind lit. nafzen schw. Ztw. Dem ags. hnappian, engl. pra-nókti 'einholen', lett. näkl 'hinkommen'. Die nap 'schlummern, nickend schläfrig sein' ent- weiteren Beziehungen sind umstritten. S. n a c h spricht mhd. napfen '(ein)nicken', das in obd. und N a c h b a r . Mundarten fortlebt. Dazu ist Frequentativnähen schw. Ztw., nur deutsch und nl.: mhd. bildung ahd. (h)naffesen, naffazen 'dormitaré',ncejen, ahd. näjan, mnd. neien, mnl. naeyen, frühnhd. naffatzen, naphizen u. ä., das im Nhd. nnl. naaien. Einst weiter verbreitet, wie die Abdurch Luthers s c h l u m m e r n verdrängt ist, aber leitung N a d e l (s. d.) beweist. Zum idg. Verals kämt, napfazen, steir. napfezen, napsen, balstamm *në(t)- 'mit dem Faden arbeiten'
nahr-
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stellen sich lat. nere 'spinnen', nèmen, nêtus 'Gespinst, Gewebe', gr. néô 'ich spinne', ènne 'spann', eúnnélos 'gut gesponnen', nènia 'Faden', nësis 'das Spinnen', nëtron 'Rocken', aind. nïvi, nivl 'umgebundenes Tuch, Schurz', kymr. nyddu, korn. nethe, mbret. nezaff 'nähen', kymr. noden 'Band', bret. neud-enn 'Faden', lit. ntftis 'Weberkamm', lett. nltes 'Weberhefteln', urslaw. *nitl, *niSta 'Faden'. Noch häufiger sind Folgeformen des gleichbed. idg. *snè(i)-, die mit anord. snsëlda (aus *snMdüa) 'Handspindel' ins Germ, greifen. Daneben *snö- in aschwed. snoß, schwed. mundartl. snod 'Schnur', ags. snöd, engl, snood 'Kopfband', die in lett. snäte 'leinene Decke', air. snäthe 'Faden' und aind. snäyati 'umwindet, bekleidet' ihre nächsten außergerm. Verwandten finden. — Für 'Leder nähen' besaß das Germ, ein besonderes Wort mhd. siuwen, mnd. süwen, das in engl, sew auf 'nähen' allg. ausgedehnt, dagegen bei uns im 16. Jh. durch n ä h e n verdrängt worden ist; s. S ä u l e 2 und v. Bahder 1925 Wortwahl 75. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu 'nähen'. nähr- erster Wertteil von n a h r h a f t ist mhd. war, ahd. nara f . 'Errettung, Erhaltung, Unterhalt' (s. auch nähren). Zum zweiten Teil s. - h a f t . N a h r u n g f., mhd. narunge, ist Ableitung zu nar. nähren schw. Ztw. mhd. nçrn, nfrigen, ahd. rieren, nerian, asächs. ags. nçrian, afries. nera, got. nasjan 'retten', ahd. nara 'Heil, Nahrung'. Kausativ zu g e n e s e n (s. d.), somit 'genesen machen, heilen, retten, am Leben erhalten'. Nährstand s. L e h r s t a n d . Naht /. Ahd. mhd. mnd. nät, mnl. naet (d), nnl. naad weisen auf germ. *nè-di-: zu n ä h e n wie S a a t , S t a d t , T a t zu s ä e n , s t e h e n , t u n (Kluge 1926 Stammbild. § 128»), oder wie gr. nësis 'das Spinnen' zu néein 'spinnen'. — Dazu ahd. nät-äri, -eri, mhd. näteere 'Näher, Schneider' mit dem F. mhd. nâtœrîn 'Nähterin'. S. N a d e l . naiv Adj. Lat. nätivus 'angeboren, natürlich, ursprünglich' ergibt frz. naïf, das schon Elis. Charlotte 1711 in einem dt. Brief verwendet, das aber erst um die Mitte des 18. Jh. bei uns häufiger wird und erst damals die frz. Schreibweise aufgibt: Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2, 169ff. Zur Bed.-Entwicklung vgl. albern. Name m. mhd. mnd. mnl. name, ahd. asächs. anfr. ñamo, nnl. naam, afries. ags. nama m., engl. name, anord. nafn (aus *namn), dän. nam, norw. schwed. namn, got. namö n. Daneben dehnstufig mhd. lenuomen, benüemen, mnd. n&men, mnl. noemen, afries. nömia für n e n n e n , s. d. idg. Wurzel *en{o)men-, *(o)nomen, *wömen- 'Name'. Urverwandt sind gleichbed. aind. näma-, awest. näma, toch. A ñom, Β ñem, lat. nömen, aslaw. im(, apreuß. emmens, emnes.
Napí
Vokalvorschlag zeigen armen, anun, gr. ónoma, alb. emên, air. ainm, akymr. anu, kymr. enw. Das anlautende η ist vor m in I ausgewichen in hethit. läman 'Name', lamanu 'nennen'. Außerhalb des Idg. vergleichen sich finn.-ugr. näm, nam, nèm, namma, magy. nèv 'Name'. Damit ist N a m e eins unsrer urtümlichsten Wörter. Namenbuch, - b ü c h l e i n n. eine obd. Bez. für 'Abcbuch, Fibel': Rosegger 1898 Waldjugend 143. Zuerst bei Konr. Dangkrotzheim, Nambuoch 1435: H. Fischer 4, 1938. 6, 2659. Namenkunde f. junge Bildung, die noch 1889 im DWb. fehlt. Gewiß verkürzt aus E i g e n n a m e n k u n d e wie B a h n h o f aus E i s e n b a h n h o f , F e d e r h a l t e r aus S t a h l f e d e r h a l t e r . S. E i g e n n a m e . namens Adv. im 18. Jhd. umgebildet aus älterem m i t N a m e n : Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 518. Die Gen.-Form N a m e n s hat sich in frühnhd. Zeit gegen mhd. namen durchgesetzt: H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 37. Namenstag m. kaum vor F. v. Logau 1654 Sinnged. 2, 4, 33 Eitner: 'Tag, dessen Kalendername zugleich der Taufname des Namensträgers (so in der Schweiz) ist'. Es ist der Todestag des Namensheiligen, der Tag, an dem er für den Himmel geboren ist. S. G e b u r t s t a g . Namensvetter m. 'Verwandter nur im Namen', kaum vor Reiske 1764 Demosth. 1, 56. Sonst auch N a m e n s b r u d e r . namentlich Adj. Adv. mhd. name(n)lich Adj., namenlìche(n), mnd. nemplïken (Zs. f. d. Wortf. 15,294) Adv. Das t als Gleitlaut zwischen η und l stellt sich wie bei e i g e n t l i c h (s. d.) ein, zuerst im 15. Jh., doch ist t bis ins 17. Jh. nicht fest. Die Bed. ist urspr. die des älteren mit, hl namen : wenn auf einen Appellativbegriff die Nennung nur eines Teils der zugehörigen Namen erfolgt („Gießener Gelehrte, namentlich Liebig und Behaghel"), so ist das eine bevorzugende Heraushebung des Bedeutsamsten. So ist n a m e n t l i c h zu 'vornehmlich' geworden. nämlich Adv. mhd. name(n)llche hebt nach Appellativbezeichnungen die Namen der damit eingeführten Größen hervor, drückt also genauer aus, was erst nur angedeutet war: daher der erläuternde Sinn. Behaghel 1928 Dt. Syntax 3, 217. — Der n ä m l i c h e 'der namhaft gemachte, bekannte': das von Gottsched 1758 und von Adelung noch 1798 getadelte Pron. wird von Wieland, Lessing und Herder durchgesetzt. NapI m. mhd. napf, ahd. (h)napf, asächs. hnapp, mnd. mnl. nnl. nap, ags. hnœpp, anord. hnapper m. 'Schale, Becher'. Verwandt mit H u m p e n s. d. Die germ. Sippe drang ins Roman. : nappa im Waltharius, ital. nappo, afrz. hanap (auch Ahd. Glossen 3, 11), volkslat. (h)anappus 'Trinkbecher' Corp. gloss, lat. 5,
Naphtha
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664. 583. Auf volkslat. Aus hanaphus akorn. (12. Jh.) hanaf. Napf ist wesentlich ein Wort des Nordens und der Mitte; Spucknapf reicht weiter: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 350. 482f. 612. Naphtha η. zuerst bei Xylander 1580 Plutarch 383 b für gr. naphtha f., das letzten Endes aus aasyr. nap tu 'Erdöl' stammt: Lokotsch 1927 Etym. Wb. 1538; Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2, 175; W. Brandenstein 1940 Orient. Lit.-Ztg. 345ff. Vgl. Asphalt. Narbe f. frühmhd. narwa, mhd. narwe, md. nar(e), mnd. nar(w)e: subst. F. des Adj. asächs. naru, nnl. naar, ags. nearu, engl, narrow 'eng* (s. Nehrung), somit 'Verengung, Zus.Ziehung (der Haut über die Wunde)'. Nächstverwandt nnl. nerf 'Narbenseite des Leders; Blattrippe'. Mit Wz. *ner ist asächs. naru über *nar(g)wö- zu vermitteln; dazu steht in gramm. Wechsel *narhw(j)ö, das mit Labialismus über *narf(j)ö- die mehrfach auftretenden Formen narfe, mrve und nnl. nerf ergeben hat: v. Bahder 1926 Wortwahl 16. Außerhalb des Germ, vergleicht man lit. nér-ti 'hineinschlüpfen', nar-và 'Zelle der Bienenkönigin', lett. närs, näre 'Zwinge'. Wandel von mhd. ru> zu nhd. rb wie in E r b s e , herb, mürb, S c h a f g a r b e , Sperber. Luthers obd. Zeitgenossen wird Narbe Gal. 6, 17 mit wunde, malzeychen verdeutlicht (Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 110), heute gilt z. B. tirol.Mos!, s. Maser(n), auch schwäb. und alem. ist Narbe nicht volksüblich: Schütt 1908 A. Petris Bibelglossar 62; K. Bachmann 1909 Einfluß v. Luthers Wortsch. 68. Die Wortgeographie zu 'Narbe' gibt Ingo Reiffenstein bei Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1955): weite Bereiche nehmen Masern (s. d.), Schramme (s. d.) ein; seltsam ist Leimzeichen von Aachen bis ins Saarland. Es gehört zu nd. iAktèken, ni. litteken zu ahd. Uh-hamo, lihmo also 'Körpermal, -zeichen'; dazu Leimeicken, Lenk-, Lin- (DWb. VI, 712,762,1054). — Unserm narbig entspricht schwed. narig 'rauh' (v. d. Haut): Axel Lindqvist 1941 Meijerbergs Arkiv f. svensk Ordforskn. 4,159f. Narde f. Von aind. ndlada- "indischer Duftstoff', nddos im Bibelgriech., ob aus semit. Wörtern ist fraglich, über lat. nardus ahd. riarda, mhd. narde: Suolahti 1929 Frz. Einfl. 165. Mayrhofer R. 185; Wb. 129, 140: die Heimat der Pflanze ist Indien. Narkose /. Gr. ndrkösis 'Lähmung, Betäubung' (s.Narzisse) erscheintals Narcosis 1709 in einem dt. Wb., Narkose nicht vor 1863, narkotisch 'einschläfernd'schon bei Paracelsus 1526 (I 2, 21). Narr m. ahd. narro, mhd. mnd. narre, nnl. dän. nar. schwed. narr 'Verrückter': ein ursDr.
Nase
nur hd. Wort umstrittener Herkunft. Ableitung aus einem spätlat. närio 'Nasenrümpfer, Spötter' hat F. Diez, Etym. Wb. 646 empfohlen: dann müßte ahd. narro für *narrio stehen (wie Graf für altes grafio). Auch für das Verhältnis dieses * narrio zu urspr. närio stünden Parallelen zu Gebote: A. v. Blumenthal, Hesych-Studien (1930) 43. Narretei /. 'Narrenposse', zuerst als Narrthey bei Äg. Albertinus 1603 Guevaras Sendschr. 2 , 1 6 8 b : gekürzt ausgleichbed. Narre(n)teiding. Dessen Grundwort s. u. Teiding. Narrile! m. 'Narr', im 16. Jh. bei Herrn, v. Sachsenheim, bis ins 17. Jh. immer wieder auftauchend, auch in der Form Narrfex: Scherzlatein, wie Versifex dem lat. carni-, pontifex nachgebildet. S. Fex. Narwal m. "Delphinart = See-Einhorn', nhd. aus dän. schwed. narhval. Zu was- + 'Wal', wie anord. nashyrningr 'Nashorn'; wohl aus Volksetymologie anord. nähvalr 'Leichenwal', angeblich nach der schwarzweißen Haut: W. P. Lehmann, in: Skandinavien Studies, Univ. Washington 1965,101. Narzisse /. Die Pflanze ist urspr. persisch und heißt nargis. Der Name gelangt ins Griech. und wird wegen des betäubenden Duftes der Blüte angelehnt an gr. narkän 'starr, gelähmt werden' (wozu narkotisch und Narkose; die Beziehung erkannte schon Plutarch, Symp. 3, 1). So entsteht nárkissos bei Homer usw., das seit Vergil als narcissus im Lat. erscheint. Der gr.-lat. Mythus vom Jüngling N. (bei Pausanias und Ovid) ist erst aus der Blume entwickelt. Als Arzneipflanze (die Zwiebel dient als Brechmittel: Narzissenzwibel 'bulbus vomitorius' Stieler 1691) gelangt sie in die dt. Apotheke und heißt Narcissenröszlin bei Bock 1646 Kräuterb. 287, Narcissen seit Maaler 1661. Aus dem Dt. weiterentlehnt ins Lett.: J . Sehwers 1927 Zs. f. vgl. Sprachf. 54, 63f. naschen schw. Ztw. ahd. nascön, mhd. naschen, schwed. mundartl. nasica, dän. naske 'Leckerbissen genießen'. Daneben einerseits nnd. gnaschen, dän. gnaske, adän. knaske 'knabbern', anderseits schwed. snaska 'naschen'. Hier liegt derselbe Anlautwechsel n-: gn-: kn-: snvor, wie bei den unter nagen behandelten Wörtern. Nase /. Ahad. nasa, mhd. nase, mnd. nase, nfse, mnl. nose, nöse, nnl. neus, afries. nose, ags. nosu, engl, nose, anord. ngs, norw. nos, dän. ncese, schwed. näsa 'Nase' führen auf idg. *nas- wie gleichbed. aslaw. nosü, aind. nas-. Der aind. Nom. Dual, nasä 'Nase' erweist für den Nom. Sg. *näs die Grundbedeutung 'Nasenloch'. Die dehnstufigen Kasus des alten kons. Stamms ergeben wie lit. nósis und lat. näsus, -i, näris (meist
Nasenstüber
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Natur
Mz. näres, -ium) auch germ. Formen wie ags. dien. Erschien einer der Inhaber nicht am Frei»ose /. 'Vorgebirge', norw. nos 'Schnabel, tisch, so „nassauerte" ein nicht Berechtigter: Schnauze', färöisch nösi 'junger Seehund'. Wei- Schoppe 1928 Mitt. d. schîes. Ges. f. Volkskde. teres bei F. Holthausen 1942 Beitr. 66, 273. Auf 29, 301; Edw. Schröder 1938 Hess. Blätter f. germ. *nasja- beruhen mnd. mnl. ness, ags. ncess, Volkskde. 36,167 f. Von der Stud.-Sprache (Dt. anord. nfs (hieraus entlehnt engl, ness), dän. Burschenspr. 1862 S. 38) weithin getragen: nœs, schwed. näs 'Vorgebirge'. S. noch N ü s t e r . Frischbier 1883 Preuß. Wb. 2, 91. Doch fehlt — Nase als Name von Chondrostoma Nasus ist eine Bestätigung für jene Freitische. Es ist an dasselbe Wort: der Fisch heißt nach seinem vor- gaunersprachl. nassenen 'schenken', frühnhd. stehenden Oberkiefer (Schweiz. Id. 4, 800). Zu- naß 'liederlich, ohne Geld' zu denken, zu jidd. erst als mlat. naso um 1060 im Ruodlieb, ubd. noss(n)en 'schenken' : W. Stammler, Kl. Schriften weit verbreitet (Zs. f. d. Wortf. 6, 74; H. Fischer 1964,167; S. A. Wolf, Wb. d. Rotwelschen 1956, 4,1963), nd. nese. — Bilder wie „eine gute Nase 228. Ähnlich F r e i b e r g e r , K l a g e n f u r t e r , haben" stammen von Jagd und Jagdhund, s. P a s a s u e r ; vgl. D r ü c k e b e r g e r . naseweis. nafikalt Adj., kaum vor Voß 1795 Luise 3, 2, Nasenstüber m. dän. nœsestyver, schwed. 329: addierende Zus.-Setzung wie d u m m d r e i s t , e nässtyver. Zuerst bei Zesenl640 Helicon 1, O 6 t a u b s t u m m . Nation f . vor Ende des 14. Jh. entlehnt aus als N a s e n s t i e b e r : zu s t i e b e n 'schnellen' etwa wie Nicker 'Schläfchen' zu (ein)nicken. lat. nätiö(nem), das als Ableitung von nätus Die nicht vor Schoch 1658 Stud.-Leben 17, 16 'geboren' (älter *gnâtus; s. König) die blutbegegnende Form N a s e n s t ü b e r beruht auf um- mäßige Einheit des Volkskörpers bezeichnet. gekehrter Schreibung entrundender Land- Erstmalig bucht Simon Rot 1571 Fremdwb. 331 schaften; sie hielt sich durch Anlehnung an das öhmann „Nation, Ein Volck das in einem Landt erbornist". In der Lutherbibel nur einmal: Stücke unverwandte S t ü b e r . naseweis Adj., mhd. seit dem 13. Jh. nasewis zu Esther 5, 8 „wie wir pflegen gegen alle Nation". Natron ». Altägypt. ntr hat bei Übernahme vom Jagdhund 'spürkräftig, gut witternd', so noch C. Gesner, Tierbuch (Zürichl663) 86 b . Auf über gr. nitron, lat. (sal) nilrum spätmhd. Entlehnung aus dem Hd. beruhen mnd. (Zs. f. frühnhd. S a l ( n ) i t e r sowie ehem. Ausdrücke dt. Wortf. 15, 294 aus dem Münsterland um wie N i t r o g e n 'Stickstoff' ergeben, bei Ver1500) nesewis, nnl. (16. Jh.) neusemjs (heute mittlung durch arab. nafrün (span. frz. engl. wijsneus), dän. nœs(e)vis, schwed. näsvis. Was natron) unser N a t r o n , das bei Paracelsus 1526 beim Spürhund ein Lob war, wird beim Men- anatron n. (Weimann, mit weiterer Bed.), natron, schen zum Tadel seit S. Brant, Narrensch. natrum bei A. C. Ernstingius, Nucleus totius (Basel 1495) 110 a , 47. So gebucht von P. Dasy- medicinae 174, 2, 225, Klaproth seit 1810.Luther podius, Diet. (Straßb. 1536) 148 b : „ein Naß- übersetzt hebr. nether Jer. 2, 22 mit L a u g e ; bis weysser, der klug ist zu verspotten/naswiw- 1630 schwankt er zwischen Seife, S a l p e t e r , Alaun, Kreide. Iws". Natter /. mhd. näter(e), ahd. nätara, asächs. Nashorn ».Lehnübersetzung des gr.-lat. rhinoeerus, zuerst unter einem Bild Dürers 1515 „das nädra, mnl. nääre, ags. niedre. Daneben mit Nashorn ist in der Groß als der Helffant". Neu Wegfall des anlautenden η (das vom Sprachvorgeschlagen von Münster 1644 Kosmogr. 631 gefühl als Auslaut des vorausgehenden unbe„von dem thier Rinoceros genannt, das man zu stimmten Artikels empfunden wurde) nd. nl. Teutsch Naßhorn möcht nennen". Seit Gesner engl, adder (s. N ä b e r , N a c h e n , Otter). Got. *nèdrô f . fehlt, dafür mit andrer Stufe des Aballgemein S. R h i n o z e r o s . naß Adj. Mhd. ahd. na% (55), asächs. nd. anfr. lauts nadrs m., entspr. anord. nadr(a). Urvernl. nat, got. *nats, zu erschließen aus (ga)-natjan wandt sind air. nathir (aus *nalrik-), kymr. '(be)netzen', führen auf germ. *nata- 'naß'. Das neidr (aus *natrl), akorn. nader 'Natter', Anglofries. und Nord, haben außer in Namen lat. matrix 'Wasserschlange'. *nètr-: *mtr(Axel Lindqvist, Studier 1956, 69) in vor- 'Schlange' stellt man zum Verbalstamm *(s)nëgeschichtl. Zeit verloren. Verb. germ. *natjan, 'drehen, sich winden'. In nhd. N a t t e r ist der so Got., s. n e t z e n . N a ß geht in seiner Bed. un- Stammvokal vor -er verkürzt wie in B l a t t e r , verändert durch alle Sprachalter. Das Adv. tritt F u t t e r , J a m m e r , M u t t e r , Schacher. stets zurück. — N a ß n., mhd. na% 'Flüssig-, Natur f . Lat. nätüra hat ahd. natura ergeben. Feuchtigkeit' ist das subst. N. des Adj. Daneben Auch für mhd. natür(e) bleibt das lat. Wort maßNässe f., mhd. ahd. neççi, na%(%)i, mnd. gebend, doch begegnen seit dem 13. Jh. bençtte 'Nässe', alt. dän. nœtte 'Harn'. weisende Reime für mhd. natiur(e), das auf afrz. nassauern Ztw. Für die in Göttingen studie- nature beruht. Unter dauernder Anlehnung an renden Nassauer bestanden zwölf Staatsstipen- das lat. Grundwort behauptet sich nhd. N a t u r .
Naturbursche
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—Die Ableitung n a t ü r l i c h schwankt mhd. zwischen den Formen natürlich und natiurlïch·, die erste ist häufiger: Suolahti 1929 Frz.Einfl.166f. Naturbursche m. als Rollenfach seit 1841 Allg. Theaterlex. 5. 346; so auch Gutzkow 1850 Vor- und Nachmärzliches 73. Aus der Bühnensprache verallgemeinert. Naturgeschichte /. Lehnübersetzung des lat. naturalis historia, das bei Plinius freilich 'Naturforschung' bedeutet. Bei uns geht N a t u r h i s t o r i e zeitlich voran; neben ihm erscheint N a t u r g e s c h i c h t e seit Adelung 1777. Auch N a t u r w i s s e n s c h a f t ist ein Wort der Aufklärung, zuerst bei Christ. Wolff 1720 Vernünft. Gedanken von Gott § 631. Dazu im 19. Jh. Naturwissenschaftler. naturwüchsig Adj. prägt Hnr. Leo 1833 Stud, und Skizzen zu e. Naturlehre des Staates 1 für ein freies, organ. Wachstum (im Gegensatz zum mechanisch Gemachten). Heftig umkämpft, wird n a t u r w ü c h s i g alsbald zum Modewort: Ladendorf 1906 Schlagwb. 217. Naue f . in alem. Mundart m., mrhein. N ä h e f., mhd. näwe, nœwe f . m. 'Lastboot, Fährschiff'. Wie A n k e r und R i e m e n 'Ruder' Lehnwort der Römerzeit: nœwe stammt aus lat. nävis, näwe aus nävem. Daneben spiegeln frühnhd. naffe, nave das ital. nave. Neben diesem sind afrz. nef, prov. nau roman. Entsprechungen von lat. nävis. Ihm und dem air. nau, gr. naüs, aind. näu 'Schiff' urverwandt ist das gleichbed. anord. Dichterwort nör; dazu naust 'Bootsschuppen' und ags. nöwend, 'Schiffer', das wohl als Reimwort zu röwend 'Ruderer' aus jenem alten Wurzelnomen gebildet ist. Kluge 1911 Seemannsspr. 586 ; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 247 ; Th. Frings 1932 Germ. Bom. 74ff.; E. öhmann 1940 Neuphil. Mitt. 41,147. Dazu H o h e n a u /. größte Gattung der Frachtschiffe auf der Donau, zuerst gebucht bei Jacobsson 1782 Technol. Wb. 2, 268. Aus h o c h und dem unter N a u e behandelten, aus lat. nävis entlehnten obd. Wort für 'Schiff': Kluge 1911 Seemannspr. 377. Naupe /. 'Laune, Schrulle', frühnhd. nauppe, westmd. und obd. auch in Formen wie nuppe, nüpe, nnl. nop. Eines mit N o p p e 'Wollknötchen am Gewebe', md. mnd. nop(pe). Nebel m. Mhd. nëbel, ahd. nëbul; asächs. nêbal, westfäl. nüvü, mnd. mnl. nnl. nevel, afries. nêvïl 'Nebel', anord. njöl 'Nacht' führen auf germ. *nebula-. Daneben germ. *nibila- in ags. nifol 'dunkel', anord. nifi- (Niflheim 'Unterwelt'): F. Holthausen 1942 Beitr. 66, 273. Außergerm, stehen am nächsten lat. nebula 'Dunst, Nebel' und gr. nephélè 'Wolke, Nebel', vgl. weiter aind. näbhas- 'Nebel, Dunst, Gewölk, Luftraum, Himmel', abulg. nébo 'Himmel'. Idg. Wurzel *nebh- 'feucht; Wasser; Dunst'.
necken
Heute ist das Wort im Engl, und Nord, untergegangen. Die dt. Wortgeographie von N e b e l bietet Ilse Sander bei Mitzka, Dt. Wortatlas I I : an der Küste nach Osten bis Köslin gilt auch Dak. so auch am Frischen Haff, am Niederrhein Gries, M u t t , D u f t , dies auch in Luxemburg, in den Alpen B r e n t a , K i l b , R a i n , R ä c h , im Ostial. D o h m , s. Berlin D o l k , w. Berlin Miest s. M i s t , Wolke. Nebelspalter m. 'Dreispitzhut', obd. Scherzwort des 19. Jh., zuerst bei T. Tobler 1837 Appenz. Sprachsch. 330. Für Schwaben bezeugt durch G. Keller 1856 Leute v. Seldw. 1, 284 und H. Fischer 1914 Schwäb. Wb. 4, 1979; für das Elsaß durch Charles Schmidt 1896 Wb. d. Straßb. Ma. 78 und Martin-Lienhart 2, 640; für Lothringen durch E. M. Mungenast 1939 Zauberer Muzot 439. Kluge 1924 Neuphil. Mitt. 25,126. Vgl. W o l k e n k r a t z e r . neben Adv. Präp., mhd. ahd. neben, gekürzt aus mhd. enëben, ahd. inêben, asächs. an ëban, ags. on efn (daraus engl, anent): westgerm. Verbindung der Präp. in (an) mit dem Subst. ahd. èbani 'Gleichheit'. Aus der Grundbed. 'in gleicher Weise' ist über 'zusammen' die Bed. des räuml. Nebeneinander entwickelt. Wer mit einem andern zusammen weilt, befindet sich zugleich neben ihm: Behaghel 1924 Dt. Syntax 2,30. Nebenbahn s. K l e i n b a h n . Nebenbuhler m. für das fremde R i v a l seit Güntzel 1648 Hauptschlüssel 94 a . Dafür S e i t e n b u h l e ( r ) bei Gryphius und Harsdörffer (DWb. 10, 1, 393), M i t b u h l e r bei Zesen und J . Moser (Zs. f. d. Wortf. 13, 57), N e b e n s t e c h e r bei Stubenberg 1660 V. menschl. Vollk. 18. Die zweite schles. Schule entscheidet für N e b e n b u h l e r . Nebensache f . bildet Schottel 1641 Sprachkunst 502 dem älteren H a u p t s a c h e nach und gewinnt damit einen Ersatz für gr.-lat. parergum. N e b e n s ä c h l i c h kaum vor Stieler 1691. Nebensonne f . Ersatz für gr.-lat. parëlion. früh bei Fincelius 1667 Wunderzeichen 3 E 6 b , aufgenommen von Morhof 1682 Dt. Ged. 360. nebst Präp. N e b e n wird, wie a b s e i t s , v e r m i t t e l s t u. andere Präpositionen gleichen Ursprungs, in genetiv. Form übergeführt, früh in mnd. neffens, nevens 'nahe bei'. Nordwestl. Einfluß führt zu frühnhd. n e b e n s , woraus mit ausi, t nach s (wie s e l b s t , s o n s t ) n e b e n s t und mit Ausfall des « (wie in s i e b z e h n für s i e b e n zehn) n e b ( e ) s t . necken schw. Ztw. erst seit Geliert und Hagedorn durchgedrungen, nicht vor Steinbach 1734 gebucht. Bei Stieler 1691 nur das nach seinem Ursprung ungeklärte h o h n e c k e n , so allein auch in md. Werken des 17. Jh. Luther kennt weder n e c k e n noch h o h n e c k e n , da-
Neffe
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gegen begegnet md. necken 'reizen, beunruhigen' seit dem 14. Jh., mhd. neckisch 'boshaft' seit Hugo v. Trimberg 1300 Renner 7030, daneben nac-haft 'bösartig', nac-heit 'Tücke'. Vgl. schwed. norw. nagga 'nagen, beißen, plagen, ärgern', norw. mgg 'Nagen, Groll, Haß'. Intensivbildung zu nagen. Nelle m. Idg. *népôt 'Enkel' geht, sofern es überhaupt (nach Leumann, Festgruß an Böhtlingk 77) zu idg. *potis 'Herr' gehört, von der Bed. 'schutzlos' aus. Die Sippe ist gemeinidg.: aind. ndpät 'Abkömmling, Enkel, Sohn', naptt 'Enkelin, Tochter', alit. nepuotis 'Enkel', gr. anepsiós 'Geschwisterkind' (P. Kretschmer 1940 Glotta 28, 266), lat. nepös 'Enkel', air. nia, Gen. niath (Stamm nepöt-) 'Schwestersohn'. Zu ihr gehört germ. *nêfô(d), Nom. Sg. (mit Fem. *niftï, s. Nichte) in ahd. nêvo, mhd. néve, frühnhd. nefe (Neffe seit Schottel, durchgesetzt von Gottsched), asächs. nëbo, mnl. neve, afries. nëva, ags. nëfa, anord. nëfi. Die Bed. schwankt zwischen 'Schwester-, Brudersohn, Enkel, Vetter, Oheim' (vgl. B r a u t , N i c h t e , Oheim, S c h w a g e r , Vetter). Luther ververwendet N. für 'Enkel, Vetter, Schwestersohn' (Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 101. 110); noch zur Zeit Frischs (1741) gilt die heutige Bed. nur im vornehmen Kreis, allgemein wird sie erst spät im 18. Jh. Derbair. schwäb. Schweiz. Ma. fehlt das Wort seit dem 16. Jh. (H. Fischer 4, 1985f.; Schweiz. Id. 4, 677; v. Bahder 1925 Wortwahl 82). Engl, nephew 'Neffe' beruht auf frz. neveu, dies auf lat. nepötem. Neger m. Aus lat. niger Adj. 'schwarz' ist durch Vermittlung von span, negro frz. nègre m. 'Schwarzer' entlehnt, das seit Beginn des 17. Jh., wenn auch selten, bei uns erscheint. Während noch Hulsius 1606 Schiffahrt 7 die span.-portug. Form Negro bietet (die in engl, negro seit Mitte des 16. Jh. gilt), stellt Ens 1618 Lustgart 1, 99 den frz. Plur. Negree in seinen Text, gegenüber dem längst eingebürgerten Mohr (e. d.) ein Stück Ausländerei. Die verächtliche Nebenform Nigger (in Amerika seit Ende des 18. Jh.) gelangt 1834 zu uns: Schulz-Basler 1942F remdwb. 2,191; Palmer (1939) 167 ff. nehmen st. Ztw. mhd. nëmen, ahd. nSman, asächs. ani. ags. got. nimm, afries. nema, nima, anord. nema. Nächstverwandt scheint lett. mundartl. nemt 'nehmen' (Endzelin, Zs. f. vgl. Sprachf. 43, 24), falls dies Wort nicht unter dt. Einfluß steht. Fraglich zu griech. némô 'teile (mir) zu'; nómos 'Gesetz'; lat. nemus 'Hain* (Laubgewinnung, J. Trier, J. Grimm als Etymologe 1964; Venus 66, 74; lat. n u m e r u s ) ; dagegen Walde-Hofmann I 159. Zur Bed.-Verschiedenheit vergleiche man etwa anord. fa "nehmen, bekommen* und verschaffen, geben'.
neigen
N ä h m e f., ahd. näma, in An-, Land-, N a c h n a h m e usw. Nehrung f . frühnhd. auch N ä r i n g , aus mhd. (1350) Nerge 'kurische Nehrung', norw. mundartl. nœring m. 'steiles Kan': zum Adj. germ. *narwa·, asächs. nam, ags. nearu, engl, narrow 'eng', das auch in der anord. Geländebez. N(j)grvasund 'Gibraltar' erscheint. Verwandt mit N a r b e , s. d. T. E. Karsten 1928 Die Germanen 73; R. Schmittlein 1938 Zs. f. Namenf. 14, 245f. mit Anm. 5. Neid m. mhd. nit (d) 'feindselige Gesinnung, Kampfgrimm; Groll, Eifersucht, Mißgunst, Arg', ahd. nid, nìdh, nith 'Haß, Zorn, Neid', asächs afries. nith "Haß, Neid', mnl. nijt (d), nnl. nijd, ags. nid 'Streit, Feindschaft; Angriff, Krieg; Haß, Übel, Verdruß, Unterdrückung; Kummer, Betrübnis', anord. nid 'Hohn, Schmach', norw. mundartl. nid 'Schande, Verdruß, Ärger', dän. nid 'Mißgunst', got. neip 'Neid'. Das gemeingerm. Wort steht (wie H a d e r , K r i e g , S t r e i t ) vielfach in Männernamen. Außergerm, vergleicht sich nur air. nïih 'Kampf'. Man setzt Wz. *nlt- 'niederkriegen, befeinden, heruntermachen, schmähen' an und vermutet Verwandtschaft mit *ni- 'nieder'. Neidhammel m. Der altdeutsche Männername Nldhart 'kühn im Kampf' wird als Vorname des Dichters Neidhart v. Reuental sprichwörtlich: aus 'Neider (der Bauern)' wird 'neiderfüllter Hasser'; landschaftl. noch vorhanden. In gleicher Bed. tritt im 16. Jh. md. neidthemel m. auf, 1741 bucht F r i s c h N e i d h a m m e l ' lividulus'. Das gleich gebildete S t r e i t h a m m e l ist jünger. Neidnagel m. Kilian 1599 Diet. 338 b bucht nl. nijdnagel mit der Erläuterung 'vulgi enim opinio est, ei cuius cutis extra unguem se solvit, invideri plerumque al· aliquo'. Derselbe Volksglaube hat zu frz. Ies envies 'Neidnagel' geführt. Als Eindringling von Nordwesten und Norden (Richey 1755 Hamb. Id. 174) erreicht N e i d n a g e l im 17. Jh. hd. Gebiet; die nd. Form N i e d n a g e l (die lautlich mit N i e t n a g e l , s. N i e t e 1 , zusammenfiel) bei Duez 1664, Stieler 1691 und Lessing 1767. N i e t n a g e l beruht auf Anlehnung an n i e t e n 'drücken, schmerzen'; die gleiche Vorstellung in N o t n a g e l , Nagelzwang und nl. dwangnagel; vgl. engl, agnail aus angnail. Anders Kroes GRM 1955, 79. neigen schw. Ztw., mhd. nlgen st. Ztw. 'sich neigen' — neigen schw. Ztw. 'nlgen machen, erniedrigen, beugen'; entspr. ahd. (h)mgan — neigen (daneben hnëgèn'geneigt sein': W. Schulze 1933 Kl. Sehr. 599 f.), asächs. hnlgan — hnégian, ags. hnlgan — hnxgan, anord. hnlga — hneigja, got. hneiwan (für *hneigwan) — hnaiwjan (für *hnaigwjan). Das schw. Ztw. ist Kausativ zum starken. Germ. Wz. *hnlg aus *kneigWh.
nein
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Dazu lat. cöniveo (-nw- aus *kneig,-h-) 'schließe die Augen, blinzle', nitor (aus *kneigV-hitör) 'stemme, stütze mich'. nein verneinendes Antwortadv., mhd. ahd. nein, asächs. mnd. wen, mnl. nnl. neen 'nein': entstanden aus der Negativ-Partikel germ. *ne, *ni (auch in n i c h t , n i c h t s , n i e , n i e m a l s , n i e m a n d , N i e t e , n i r g e n d , n o c h Konjunkt., n u r ) und dem Neutr. des unbest. Artikels. Auf die Frage „Bringst du die Kinder?" lautet die Antwort „nicht eins". Mit vergleichbarer Substantivierung lat. non 'nicht', altlat. noenurn für *ne oinom. Adj. geblieben sind afries. ags. nän, engl, no, none, anord. nçinn 'kein'. Die Bedeutung 'nein' findet abweichende Deckungen in afries. ags. nä, engl, no, nay, anord. norw. nei, dän. schwed. nej, got. ne. Wie dieses zeigen air. ni 'nicht', lat. né '(daß) nicht', gr. né- in nêgretos 'unerwecklich', aind. (ved.) na 'nicht' die unter Starkton gedehnte Satznegation idg. *ne neben altem *ne in ahd. asächs. afries. ags. ne, ni 'nicht', dem lat. ne- in nefandus 'nicht aussprechbar, ruchlos', aslaw. ne, lit. nè, awest. apers. na, aind. ηά 'nicht' entsprechen. Die Wortnegation idg. *n- s. u. un-. Nektar m. aus Homers néktar η., das Od. 6, 93 u. ö. als 'Göttertrank' neben ambrosía f . 'Speise der Unsterblichen' steht. Vor Mitte des 16. Jh. über lat. nectar η. in die dt. Dichtersprache aufgenommen: Zs. f. d. Wortf. 15,195. Zu idg. nei-'Tod', aind. tj 'hinüberretten' Bed. 'das über die (Todes) Vernichtung Hinüberrettende': P. Thieme, Verh. sächs. Ak. d. W. ph.hist. 98 (1952); W. Meid, Idg. Fgen. 1969, 188. Nelke /. über neilke(n) aus mnd. negelkln, -ken (hieraus dän. nellik, schwed. nejlika, lett. neg'el'ke'ne), nd. negelke, der Entsprechung von md. N ä g e l c h e n (Luthers Form ist nelichen), obd. N ä g e l e i n , ahd. negelli, mhd. negel(l)ïn. Die Gewürznelke erinnerte an die Gestalt der alten, handgeschmiedeten Nägel. Auch anord. nagli 'Nagel' kann 'Gewürznelke' bedeuten. Vom Gewürz ist der Name im 15. Jh. auf die Gartennelke (Dianthus caryophyllus) wegen deT Ähnlichkeit des Dufts und der Blütenform übertragen. Wenn landschaftlich Syringa vulgaris N ä g e l e , N ä g e l c h e n heißt, so ist wieder die Form der Blüten maßgebend gewesen. — Auch mlat. elavdlus und span, clavel bedeuten 'Gewürznelke'. H. Marzeil Wb. d. dt. Pflanzennamen 2, 101. nennen schw. Ztw., mhd. ahd. nennen, woneben bis ins Frühnhd. nemmen mit verschiedener Angleichung des mn aus namnjan 'nennen', das im Got. vorliegt und dem ahd. nftnnen, asächs. nçmnian, afries. nemna, ags. nçmnan, schwed. nämna nahe geblieben sind, während anord. netna dän. nsëvne umgeformt sind.
Nerv
Gemeingerm. Ableitung zu N a m e (s. d.) wie gr. onomalnein zu ónoma, lat. nominare zu nömen. Nenner m. in der Bruchi ichnung: Lehnübersetzung des mlat. denominator, von Petzensteiner 1483 gefunden, im 16. Jh. von Köbel und Adam Riese, im 17. von Kepler angewendet, durchgesetzt von Chr. Wolff 1716 Math. Lex. 508: Schirmer 1912 Wortsch. d. Math. 47; Götze 1919 Anf. e. math. Fachspr. 131. Nepotismus m. 'ungerechte Begünstigung Verwandter'. Zu lat. nepös (s. N e f f e ) gehört ital. nepotismo, die zunächst den Päpsten vom Ende des 15. Jh. vorgeworfene Vetternwirtschaft. Bei uns erst zweihundert Jahre später: Mercurii Relation 1691, Nr. 31 „indem er (der neue Papst) weder Verwanthe noch LandsLeuthe an sich zuhängen begehre, wodurch dann der Nepotismus a uff ein neues supprimiert wird". Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2,195. neppen schw. Ztw. 'betrügen', N e p p e r e i f., neuerdings auch N e p p m. 'Betrug' mit Zus.Setz. wie N e p p l o k a l , aber auch N e p p u h r e n 'unechte Uhren'. Zum hebr. Stamm na'ap(h) 'unkeusch sein, ehebrechen' gehörten die Gaunerwörter N e p p e 'Dirne', n e p p e n 'Unzucht treiben', aber auch N e p p e r 'Gauner, der mit unechten Ringen oder Uhren ( N e p p s o r e 'Betrugsware') Leichtgläubige betrügt', was in Koburg 1828 als ein „Hauptgewerbe der jüdischen Gauner" bezeichnet wird: F. Kluge 1911 Rotwelsch 1,364. Begriffsbrücke ist die unrechtmäßige Vermischung. Auch in den Wortsippen des lat. adulter und griech. moichdö werden 'Ehebruch' und 'Mischung minderwertiger Metalle zu Betrügereien' vom gleichen Ausdruck gedeckt: E. Weißbrodt 1939 Zs. f. dt. Phil. 64, 308; G. Schoppe, Neuphil. Mitt. 1944, 51; S. A. Wolf 1956 Wb. d. Rotwelschen 230. Nerv m. Zu gr. neuron n. 'Sehne' gehört (mit Umstellung von y und r) lat. nervus m. 'Sehne, Flechse, Nerv' (noch nicht als Sinnesleiter), das in diesen Bed. seit 1519 bei dt. Ärzten erscheint, sich lange so erhält (auch in bildl. Gebrauch), und Ableitungen wie n e r v i c h t und n e r v i g entwickelt. Hierher auch nervus rerum (agendarum) als Bezeichnung des Geldes in Staat und Krieg, ein durch Cicero vermitteltes Wort (Büchmann 1912 Gefl. Worte 352f.).In der Medizin des Mittelalters galt ein System von 3 Arten von Adern: Venen (Blut), Arterien (luftzuführende Adern, angeblich weil bei Sektion ohne Blut); Nerven (Lebenskraftadern), wozu man die als hohl vorgestellten heutigen Nerven und die ähnlich erscheinenden Sehnen u. ä. rechnete. Zu dieser Lehre ist Paracelsus wegen des frühen dt. Beleges zu nennen: nerv m. (Werke I 2, 369). Die Lehre von den Nerven als Sinnesleiter geht
Nerz
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auf den schott. Arzt Robert Wytt 1763 zurück. Die Geniezeit gebraucht so die Wortsippe ausgiebig, schon im Zusammenhang mit Magnetismus. In diese Bewegung tritt auch n e r v ö s ein, das um 1650 als n e r v ö s aus lat. nervösus 'nervig, stark, nachdrücklich' übernommen und im 18. Jh. unter Einfluß von frz. nerveux umgebildet war: Ganz, s. W. Betz, Anglia 80,182. Nerz m. Putorius lutreola, bei uns selten, hat seine Heimat in Rußland, Polen, Litauen, wo seine Namen aus urslaw. *norïcî, eig. 'Taucher', entwickelt sind: russ. norka, poln. nurek, apreuß. waride. Sein Pelz wird seit dem 15. Jh. über Nürnberg und Leipzig eingeführt und heißt spätmhd. nerz, nörz, norz, nürz (Lexer 2, 122), frühnhd. nörtz (Götze 1925 Frühnhd. Leseb. 54, 82); Bielfeldt 46:15. Jh. aus dem Sorbischen, obersorb. nurc. In steir. irz n. 'Fischotter' (Unger-Khull 1903 Steir. Wortsch. 369) ist rials Artikel gefaßt. Nessel /. Mhd. ntföel, asächs. nftila, mnd. mnl. ags. nçtel(e), nnl. nelel, engl, nettle, schwed. mundartl. nätla, norw. netta, mundartl. auch natia, führen auf germ. *natilön, Verkl. zu gleichbed. germ. *natön in ahd. na^a neben ηβφία, noch erhalten in norw. brenne-nata, goti, nata, färöisch nota, isl. nötugras. Außergerm, ist zu vergleichen adikê (aus *nd-ikä) 'Nessel* zum Verbalstamm *ned- 'zusammendrehen, knüpfen': Urtica dioica ist als alte Gespinstpflanze benannt, ihr Name verwandt mit N e s t e l und N e t z , s. d. N e s s e l t u c h (nd. netteldök, nl. neteldoek, dän. netteldug, schwed. näitelduk) war urspr. ein leichtes Gewebe aus den Bastfasern der Brennessel: Hoops 1916 Reallez. 3, 309f. Das ί-Siiffíy ist hier nicht diminuierend, sondern in der Funktion eines Nomen agentis. In den dt. Mundarten fehlt ani. η-, das als unbest. Artikel genommen und weggelassen wird, im Typ Essel, vor allem in Teilen des Alem., Rheinfränk. und Schlesischen: dazu wie überhaupt zu 'Nessel' Iris Nordstrandh, Quecke und Brennessel (s. d.), Lund 1953. Nest «. ahd. mhd. nëst 'Nest, Lager für Vögel oder auch Säugetiere', entspr. mnd. nl. ags. engl. nest. Die Sippe ist uralt. Vor der germ. Lautverschiebung galt die Form *nizdo-, bestätigt durch aind. nïdd 'Lagerstätte für Tiere; Nest', armen. nist 'Lage, Sitz', air. net, lat. nidus (für *nizdos) 'Nest' (auffällig gleichbed. lit. lïzdas, aslaw. gnëzdo). *ni-zdos zeigt die Wz. *sed 'sitzen, sich setzen' zus.-gesetzt mit der im Aind. bewahrten Verbalpartikel ni (s. nieder), bedeutet somit 'Niederlassung' (vgl. aind. ni-sad 'sich niedersetzen, niederlassen'). Die Bed.-Verengung im Germ., Kelt., Ital. und Baltoslaw. hat offenbar zunächst bei Jägern und Vogelstellern stattgefunden.
Netz
Nestel f . m. mhd. nçstel, ahd. m?stila f., wpstilo m., asächs. nfstila f . 'Bandschleife, Schnürriemen, Binde', gleichbed. mnd. nl. nestel, afries. nestla. Verkl. zu urdt. *mst (aus *nod-st-) in agutn. nast, früh entlehnt zu finn, nasta 'Schnalle' (Suolahti 1912 Finn.-ugr. Forsch. 12, 103). Dazu mit Ablaut anord. Misi(t)w.'Schnalle, Brosche', ags. nostle /. 'Band'. Germ. *nast- zum idg. Verbalstamm *ned- 'knüpfen' wie N e s s e l und N e t z . Urverwandt lat. nödus, idg. *nödos 'Knoten'. *nast(i)la drang ins Roman, and ergab afrz. näsle, oberital. nastola, nestola, nistola 'Schnur'. In heutiger Umgangssprache ist (Schuh-) Nes t e l das Wort des Südwestens; zur Abgrenzung gegen ( S c h n ü r - , S c h u h - ) S e n k e l , S c h u h b a n d , - l i t z e , S c h n ü r r i e m e n usw.: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 435. Nesthäkchen ». 'zuletzt ausgebrütetes Vögelchen eines Nestes; jüngstes Kind einer Ehe'. Zuerst bei A. Mengering 1642 Gewissensrüge 630 „die lieben Nesthecklein und Herzkinder der Eltern"; gebucht seit Bernd 1820 Dt. Sprache in Posen 190; in ostmd. Form durchgedrungen (henneb. N e s t h ü c k e l e , schwäb. N e s t h o c k e r , Schweiz. N e s t h ö c k m., N e s t h ö c k e r li n.), Sieger über eine Fülle gleichbed. Wörter: Mathesius 1566 Luther 76 a G a c k e n n e s t l e ; Goethe 1774 Werther 42 Q u a k e l c h e n , Dicht, und Wahrh. 1, 196 N e s t q u a c k e l c h e n ; Hermes 1776 Sophiens Reise 6,557 N e s t k ü k e n und so weithin in nd. Mundarten. Daneben in Pommern Nestpük, in Lippe Nestekudderk, in Fallersleben Nestkuddel. Md. sind Nestquack, -kitterle, -batz, -katzel, nnl. heksluitertje. nett Adj. Lat. nitidus 'glänzend' ergibt über frz. net, nette (woraus engl, neat 'zierlich') ein mnl. net, das vor Ende des 15. Jh. zu uns gelangt. Schueren, Teuthonista (Kleve 1477) bietet nett neben smuck, Dürer 1506 Briefe 27. 30 verwendet „lauter und nett" von Goldringen. Modewort wird n e t t im 30jähr. Krieg: SchulzBasler 1942 Fremdwb. 2, 201. netto Adv. Lat. nitidus (s. n e t t ) ergibt ital. (peso) netto, al netto 'rein, ohne Verpackung, ohne weiteren Abzug'; hieraus über afrz. nette das engl, net 'netto'. Dafür als dt. Handelswort die Lehnübersetzung 1 ( a ) u t e r seit 1462, das Fremdwort n e t 1394, n e t o 1489, n e t t o 1549: Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.-Spr. 134. Die Gegenwörter b r u t t o (s. d.) und s p o r k o sind jünger. Netz n. Mhd. nptze, ahd. nezzi, asächs. nçt(ti), mnd. mnl. nette, afries. ags. nft(t), anord. net, engl. nnl. norw. dän. net, älter dän. need, schwed. nät, got. nati führen auf germ. *natja n. 'Geknüpftes'. Dazu mit Ablaut anord. und schwed. mundartl. not 'Zugnetz', woraus entlehnt finn. nuotta 'Netz'. Außergerm, vergleicht sich zu-
netzen
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neutral
nächst lat. nassa (aus *nedsä) 'Reuse', woneben den Vorbildern Septem und decern), air. noir, wieder mit Ablaut nödus 'Knoten', ferner bret. kymr. korn. naw, bret. nao, lit. devyriï, lett. nasfc'Band', air. nascim 'binde', forwidm' Band', devimi, aslaw. devçti (d- für η- durch Einfluß der awest. naska- 'Textsammlung', urspr. 'Bündel': 10), die den Ansatz *eneyen, *neun, *enun sämtlich zum idg. Verbalstamm *ned- 'zusam- 'neun' rechtfertigen. Man vermutet Beziehung mendrehen, knüpfen', zu dem auch N e s s e l und zum Adj. n e u , indem man die N e u n als 'neue N e s t e l gehören, s. d. Zahl' der dritten Viererreihe faßt. Viererrechnetzen schw. Ztw. mhd. nutzen, ahd. neezen,nung im ältesten Idg. ist erwiesen durch das mnd. nftten, got. naijan 'naß machen': Deno- Zahlwort a c h t , das seiner Form nach ein Dual minativ zu η a ß , germ. Stamm *nata-. Wechsel ist. S. auch v i e r und z w ö l f . zwischen β (aus germ, t) und te (aus westgerm. Nennauge n. Petromyson (s. L a m p r e t e ) hat tt, germ, ti) wie in a ß — ä t z e n , M a ß — außer dem seitlich stehenden Auge je ein NaM e t z e , s a ß — s e t z e n , v e r g a ß — e r g ö t z e n . senloch und sieben Kiementaschen, daher ahd. Netzhaut f. Wie Rufus S. 154. 163 Darem- niunouga, m h d . (Zs. f . d. W o r t f . 5 , 1 5 ) niunouge, berg-Ruelle bezeugt, hat im 3. vorchristl. J h . nnl. negenoog·, aus m n d . negenöge sind dän. neder alexandrin. Anatom Herophilus die den geneie und schwed. nejonöga entlehnt. Nicht Augenhintergrund bekleidende Hülle als erster richtiger ist die Beobachtung, die zu engl, seveneinem Fischernetz verglichen. Die mlat. Lehn- eyes, frz. sept-ceü geführt hat. Zur Wortbildung übersetzung retina (tuniea) wird im 12. J h . hei- vgl. D r e i a n g e l , D r e i e c k , D r e i f u ß , T a u misch und hält sich, obgleich die humanist. s e n d f u ß , V i e l e c k . Ärzte das nach Mustern wie divinus, libertinus, Neontöter m. Von Lantus collurio (s. D o r n matutinus gebildete Adj. ablehnen: Steudel 9. d r e h e r ) behauptet Konr. Gesners Vogelb. übers, 19. N e t z h ä u t l e i n seit J . Th. Jablonski, Allg. v. R . Heüßlin (Zürich 1557) 237 a „Nüntöder Lex. d. Künste, Lpz. 1721. oder Nünmörder wirt er geheißen, daß er alle n e u A d j . M h d . niuwe, a h d . niuwi, a s ä c h s . tag neün vögel töden sol". Anders Zedier 1732 ff. niuwi, nïgi, a n f r . nüwi, m n l . nieuwe, nüwe, nie, Univ.-Lex. 24, 298f. „es genieße dieser Vogel nnl. nieuw, mundartl. und in Zus.-Setzungen nichts, er habe denn neunerlei todt gemachet". nij, afries. nie, ags. nï(e)we, angl. néowe, engl.Dem namentlich in md. und nd. Mundarten vernew, anord. nyr, norw. dän. schwed. ny, got. breiteten Namen ist Enneoctonus nachgebildet. niujis führen auf germ. *neuja-, idg. *néuio-, Suolahti 1909 Vogelnamen 151. *nóuio-, 'neu', wie gleichbed. air. mue, später Nennnndnennziger m. J e a n Paul 1798 Panòe, gall, nevio-, novio-, a b r e t . noy,y,id, nçy,y£d, lingen. 2, 83 verwendet N. für 'durchtriebener akorn. newed, bret. nevez, kymr. neioydd, lit. Heuchler' und bemerkt dazu: „da nach den naüjas, l a t . Novius, gr. (ion.) news, aind. englischen Gesetzen jedes Schiff mit hundert návya-. D a n e b e n wird idg. *néuo-, *ηόψ>- ' n e u ' Seelen einen Schiffsprediger haben muß, so vorausgesetzt durch aslaw. novü, lat. noms, gr. laden die Ostindienfahrer, um ihn zu ersparen, (att.) néos, armen, nor, toch. A ñu, Β ñ(u)we, nur neun und neunzig". Entspr. Joh. G. Schmidt awest. nava-, aind. náva-, hethit. neua- 'neu'. 1705 Rockenphilos. 305 und schon Stieler (1691) Dem Ztw. ( e r ) n e u e n entsprechen mhd. wt(u)- 1352 „Neun und neunziger / appellantur pro-
wen, ahd. niuwon, a s ä c h s . niwian, nlgean, afries. (ur)nïa, ags. niwian, anord. nyja; außergerm.
ditores, sycophantae". V o n da i s t N. als S c h e l t e
der Einwohner bestimmter Dörfer (H. Fischer 4, lat. novó, gr. nedô. S. n e u n . — Der Dt. Sprach- 2017), der Schreiner, Lehrer, bes. aber der Apoatlas bietet die Lautgeographie zu 'neue' (Sing., theker geblieben, hier nachträglich gerechtPlur.), mit md. nau, vgl. Nauheim, Naumburg. fertigt durch die Erklärung, sie nähmen 9 9 % neuerdings Adv. so seit Ausgang des 18. J h . Gewinn, und durch die obd. Schelte P r o z e n aus älterem n e u e r D i n g e Adv. Gebildet wie t e n k r ä m e r : Hnr. Klenz 1910 Scheltenwb. 4 f ; W. Zimmermann 1924 Arzt- und Apothekeraller-, schlechterdings. neugierig erst nhd., im Mhd. niugerne zu gern. spiegel 90 f.
Wortatlas X X I : md. nd. -schierig entstellt aus neureich das nach dem ersten Weltkrieg viel dem Gen. von neu, wie in nl. mewsgierig. Nach gebrauchte Adj. hat sein Vorbild bei J e a n Paul dem Adj. N e u g i e r /. 1820 Komet Kap. 9 (Hempel 28, 210) „auf ähnneun Zahlwort. Mhd. ahd. got. niun, asächs. liche Weise und mit näherem Recht schlagen ags. nigun, mnd. nnl. negen, mnl. neghen, afries. N e u r e i c h e , wenn sie andere in ihrem eignen ni(u)gun, engl, nine, anord. niu, dän. ni, norw. Münzhause herumführen, auf der Stelle Ehrenmundartl. nie, nio, schwed. nio führen auf germ. münzen auf sich selber". Im Frz. entspricht les *nêwun. Dazu stimmen aind. náva, awest. nava, nouveaux riches. toch. ñu, armen, inn (aus *en\in), gr. *âvfa, neutral Adj. Zum lat. Pron. neuter 'keiner ennéa, alb. nenie, l a t . novem (-m aus - η n a c h von beiden' gehört ein spätlat. Adj. neuträlis
Neuzeit
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'weder Mask, noch Fem.', das sich schon mlat. zu 'keiner Partei angehörend' im polit. Sinn wandelt. Samt mlat. neviralitas im 15. Jh. entlehnt, nachmals unter Einfluß von frz. neutral neutralité geraten: Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2. 203. Neuzeit /. aus der Gruppe die neue Zeit zus.-gerttckt, seit der Mitte des 19. Jh. bei Ή. Heine und Freiligrath. nicht Negativpartikel, mhd. niht Pron.-Subst. 'nichts', ahd. niioikt, neowiht, zus.-gezogen aus ni eo mht 'nie etwas' (s. Wicht); entspr. asächs. neowiht, anfr. nieioiht, afries. näwet, ags. näwiht, näuht, got. ni waihts 'nichts'. Schon in ahd. Zeit wird das Pron.-Subst. als Verstärkung neben die Negation ni, en (s. nein) gestellt, die daneben schon im 12. Jh. ausbleiben kann und gegen Ende des 15. Jh. völlig untergeht, so daß n i c h t ihre Stelle einnimmt. Reste des Subst. bieten z u n i c h t e m a c h e n und m i t n i c h t e n (s. Niete 2 ); ferner vgl. nie, n o c h , nur. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie von 'nicht'. Nichte /. Das unter N e f f e entwickelte Fem. vorgerm. *nepti- (aind. naptt 'Tochter, Enkelin', lat. neptis 'Enkelin', altlit. neptl, tschech. neti, air. necht) ergibt germ. *nift- und lebt in anord. nipt, ags. afries. ahd. nift 'neptis, privigna'. Dazu die Verkl. ahd. niftila mhd. niftel 'Nichte, Mutterschwester, Geschwisterkind'. Nl. und nd. wandelt sich ft lautgesetzl. in cht (s. anrüchig), daher mnl. nieht(e), nnl. nicht, mn. nichte(ke). Nach vereinzeltem nef- und nichtschafften bei Fischart 1582 Garg. 94 wird die nd. Form bei Hochdeutschen des 17. Jh. gangbar, z. B. Sleidan 1642 Zwei Reden 64 „seine Kinder, seine Neven, Nichten und andere Verwandten", doch zieht Zesen 1646 K l e i n t o c h t e r vor (Zs. f. d. Wortf. 14, 77), und Schottel nennt noch 1663 N i c h t e nur als mundartl. Form für N i f t e l (v. Bahder 1925 Wortwahl 54). Obd. Volkssprache bevorzugt Base. — Ein mhd. nift m. 'Enkel' belegt Kurrelmeyer 1921 Mod. lang, notes 36, 488 aus dem Ordensland 1429. Vgl. R. Much, Zs. f. dt. Alt. 69, 46. nichts Pron.-Subst. Mhd. niht (s. n i c h t ) wurde verstärkt zu nihtesniht, das in spätmhd. nihtsit und vereinzelt auch in mundartl. Formen wie nichtst fortlebt. Im ganzen wurde aber der zweite Ausdruck der Negation entbehrlich gefunden und weggelassen. Aus dem Gen. nihtes entstand nhd. n i c h t s dadurch, daß bei vielen Verben an Stelle des alten Gen.-Objekts ein neues Akk.-Obj. trat. So wurde nihtes zum Akk. umgedeutet wie es in G o t t walte es: Behaghel, Dt. Synt. 1, 400. 483. 2, 70. — Der Dt. Sprachatlas stellt die Lautgeographie auf der Karte 73 dar.
niederdeutsch
nichtsdestoweniger Konjunkt, ist einem mnd. niehtes de (to) min nachgebildet, das seit 1463 auftritt und 'nicht deshalb weniger' bedeutet. Dem nd. de vor Kompar. steht hd. desto gegenüber: Behaghel 1928 Dt. Syntax 3. 220. Nickel m. n. von dem schwed. Mineralogen v. Cronstedt, der 1751 das Metall rein dargestellt hatte, 1754 gekürzt aus schwed. kopparnickel m., dies nach nhd. K u p f e r n i c k e l 'Verbindung von Arsenik und Nickel', gebucht seit Frisch 1741. Aus dem Namen N i k o l a u s ist Nickel vielfach zur Schelte entwickelt, namentlich ostmd. (Zs. f. d. Wortf. 3,99 ; K. MiillerFraureuth 1914 Wb. der obersächs. Ma. 2, 284). Im Erzgebirge stießen die silbersuchenden Knappen auf das Mineral, aus dem sie trotz seiner Kupferfarbe kein Kupfer gewinnen konnten und das sie darum (wie K o b a l t und W o l f r a m ) mit einem Scheltnamen belegten. nicken schw. Ztw., mhd. mnd. mnl. nicken. Verstärkende Bildung zu neigen (wie b ü c k e n zu b i e g e n , s c h m ü c k e n zu schmiegen). Genick ist unverwandt. Nicken 'schlummern' (mit einnicken) beruht auf gleichbed. mhd. nücken. nie Adv. mhd. nie, ahd. nio, neo 'nie': aus ni 'nicht' und eo 'je' zus.-gesetzt, wie asächs. nio aus ni io, ags. nä aus ne ä. In got. ni aim sind beide Wörter noch getrennt. S. k e i n , n i c h t und je. nied Präp. mhd. wide 'unter, nieder', ahd. nida 'unter(halb)': zu nieder. nieder Adv., mhd. nider, ahd. nidar, asächs. nithar, anfr. afries. nither, ags. nider, anord. nidr 'nach unten': kompar. Ableitung von der unter Nest vorausgesetzten idg. Partikel *ni 'nieder', die auch in n i e d ( e n ) lebt. Außergerm, stehen am nächsten aslaw. nizü 'unten', aind. ni, awest. nl 'nieder', nitaram 'abwärts'. Aus dem gemeingerm. Adv. abgeleitet ist das Adj. n i e d e r , mhd. nider(e), ahd. nidari, -o, asächs. nithiri, afries. nithera, ags. nidera, engl, nether, anord. ned(ar)ri, dän. schwed. nedre. Wieder jünger ist das Adj. n i e d r i g , bei Luther nidrig, bei Dasypodius (Straßb. 1535) niderig, mnd. neddrig. Dazu (er) nied rigen, bei Luther nidrigen,md.(seit 1452) niderigen, mnd.nedergen. H i e n i e d e n Adv. ist mhd.niden(e), ahd. nidana Adv. 'unter'. Entspr. asächs. nithana, ags. neoöan. Aus ags. heneo dan stammt engl, beneath 'unten, unter'. Vgl. anord. nedan 'von unten'. niederdeutsch Adj. Das älteste Zeugnis dese oefeninghe ist ghetoghen van den hoghen duutsche int neder duutsche hat v. Wijk 1910 Zs. f. d. Wortf. 12, 239 aus einem holländ. Gebetbuch von 1467 beigebracht. Auch Nederduutschlant als geogr. Begriff begegnet schon mnl., frühnhd.
niederkommen
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511
Nider teulschelant kaum vor 1480 Voc. inc. teui. r 3 a. Im Sept. 1621 fordert eine alem. Flugschrift (Schades Sat. 3, 68), daß die hoch dütsch rät in allen communen und Stetten hoher und nider dütscher nation darin wollen sehen. Als gramm. Fachwort wird Niderteutxche Sprache seit Schottel 1641 verwendet (E. Leser 1914 Zs. f. d. Wortf. 15, 10), daneben ( n i e d e r ) s ä c h s i s c h und (noch lange ohne sachliche Scheidung) n i e d e r l ä n d i s c h . S. h o c h - , o b e r - , p l a t t deutsch. niederkommen Ztw. Mhd. niderkomm 'zu Bett gehen, sich legen' ist durch Kürzung der volleren Wendung kindes niderkomen 'gebären' seit frühnhd. Zeit auf das Kindbett eingeschränkt, wie die vom Nhd. abhängigen dän. nedkomme, schwed. nedkomma 'entbunden werden* und frz. accoucher d'un enfant (zu se coucher 'sich legen'). Dazu N i e d e r k u n f t /. seit Ende des 17. Jh. Niedertracht /. Zu mhd. sich tragen 'sich benehmen' wird gegen Ende des 16. Jh. niderträehtig Adj. 'herablassend' gebildet, wozu sich im 16. Jh. das Geginwort h o c h t r ä c h t i g 'hochfahrend* stellt. Bis ins 18. Jh. bleibt n i e d e r t r ä c h t i g Gegensatz zu e r h a b e n , mundartl. gilt die Bed. 'herablassend' bis heute. Von sittlicher Gemeinheit nicht vor Mitte des 18. Jh. N i e d e r t r a c h t ist aus dem Adj. rückgebildet, erst nachdem diese jüngste Bed. erreicht war; gebucht nicht vor Campe 1809. niedlich Adj. Adv. Mhd. nietliche und asächs. niudlïco 'mit Verlangen' sind Adv., als Adj. begegnet ahd. nietsam 'wünschenswert'. Vom Nd. geht, mit unverschobenem d, das frühnhd. Adj. n i e d l i c h 'appetitlich' aus, ζ. B. bei Luther 1624 An die Ratsherren 4 „das niedliche Bislin"; mit gleicher Bed. noch spät im 18. Jh. (Zs. f. dt. Wortf. 11, 89). Von da wird n i e d l i c h im 18. Jh. zu 'klein und zierlich'. Obd. Volkssprache fehlt das Wort. Dän. nydelig stammt aus dem Nd. Voraus liegt das Subst. ahd. niot 'Begierde, Streben', asächs. niud 'Verlangen', afries. niôd 'Freude', ags. nled, néod 'Wunsch, Eifer' zur Wurzel *neudh- 'begehren, gelüsten', die auch in lit. panústi 'sich nach etw. sehnen' und naüdyti 'begehren' erscheint. niedrig s. n i e d e r . niemals Adv. Bildungen wie mhd. ê mâles 'vormals', nächmäies 'nachher' enthalten einen von è und nach abhängigen Gen. Ihnen sind nhd. j e m a l s (s. d.) und n i e m a l s nachgebildet. Dessen Bestandteile s. u. nie und mal. niemand Pron. Aus nie und man entsteht ahd. nioman, asächs. neoman, mhd. nieman, niemen. Die Form mit e in zweiter Silbe wird nhd. aufgegeben wie bei j e m a n d ; -d tritt seit dem 14. Jh. an wie bei diesem und w e i l a n d . Formen
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Niete
ohne -d finden sich bis ins 16. Jh. S. nie und 0 . Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 399 f. Niere /. mhd. nter(e) m. 'Niere, Lende', ahd. nioro, niero m. 'ren, testiculus, lumbus', mnd. mengl. nere, mnl. niere, nnl. nier 'Niere', agutn. toig-niauri 'Hode' führen auf westgerm. neuran-, anord. anorw. nyra »., norw. ryggjanyre, dän. nyre, älter niure n., schwed. njure auf germ. *neurian-. Uber *negykron- gelangt man zu *negVh-rós 'Niere, Hode', auf dem auch gr. nephrós 'Niere', pränestin. nefrônés, lanuvin. nebrudvrws 'Nieren, Hoden' beruhen. Das Schwanken der Bed. erklärt sich daraus, daß Nieren wie Hoden rundliche Anschwellungen am Unterleib sind; auch lit. inkstas vereinigt beide Bedeutungen. Der Körperteil trägt (wie F u ß , H a u p t , H e r z , N a s e u. v. a.) einen Namen idg. Alters: E. Kieckers 1926 Sprachwiss. Miszell. 4 (Acia et Comm. Univ. Tartuensis Β X, 2) Nr. 22. Dunkel bleibt das Bestimmungswort von engl, kidney 'Niere'. Im Grundwort sieht man ags. œg Έ ι \ niesen Ztw. mit der jüngeren Nebenform n i e ß e n (so ζ. B. Pictorius 1666 Leibsarzn. 7b) aus mhd. niesen (Part, genorn), ahd. niosan (Part, ginoran) st. Ztw., nnl. niezen, mnl. niesen, ags. hnora, anord. hnjösa (dazu hneri m. 'das Niesen'), mnd. mengl. nèsen; daneben anord. fnysa, ags. fnêosan, mengl. fnèsen, ni. va. fniezen 'niesen'. Germ. *hnus und *fnus scheinen miteinander urspr. eins zu sein; dazu auch mengl. snèsen, engl, sneeze 'niesen'. Die vorgerm. Nachahmungen des Nieslauts *ks(n)- eu-, *kneu-, *sneu-, *skeu sind nicht schärfer zu fassen. Die bedeutungsgemäße Abgrenzung zur Wortgeographie von S c h n u p f e n s. d. Dazu P f n ü s e l . Nieswurz f . mhd. nies(e)vmrz, ags. hnioswurt: die gepulverte Wurzel von Eelleborus und Veratrum album dient seit dem Mittelalter als Mittel zum Niesen. Zs. f. d. Wortf. 3, 296; Marzeil Wb. 2, 799. Nießbrauch rn. 'Recht der Nutzung fremden Eigentums'. Als Lehnübersetzung des gleichbed. lat. ususfructus im 17. Jh. gebildet. Während die Ersatzwörter F r u c h t n i e ß u n g und F r u c h t g e n u ß nahe beim Vorbild bleiben, verfährt N. freier. Die Wortglieder werden umgestellt; das erste gehört zu frühnhd. nießen, das durch nhd. g e n i e ß e n verdrängt ist. Niete 1 /. mhd. niet(e) m. f., mnd. net ( q u e t s c h e n angelehnt. Dieses hat tsch aus Tirol S t r u d e l . älterem óSov. Dessen rhodische Form (mit s aus d) ergibt lat. rosa, auf dem afrz. rosé usw. beruhen, hierauf wieder engl. rose. Die übrigen germ. Entsprechungen sind ahd. rosa (Zs. f. dt. Wortf. 6, 194), mhd. mnd. mnl. ags. ròse, nnl. roos, dän. rose, schwed. ros. Aus dem Germ, weiterentlehnt sind lett. rime, estn. roos, finn, ruusu. Alle diese Formen setzen ö voraus, sind also erst entlehnt, nachdem im 6. Jh. lat. o in offener Silbe gedehnt und die Diphthongierung von germ, ö zu ahd. ito (s. Schule) zum Stillstand gekommen war. Dazu stimmt, daß in zwei kaxol. Garteninventaren von 812 die Rose noch fehlt: J. Hoops 1916 Reallez, d. germ. Alt.-Kde. 3, 631. Klösterlichen Ursprungs ist auch die Wendung „etw. unter der Rose ('im Vertrauen') sagen". Sie übersetzt mlat. sub rösä fari: über dem Tisch war eine Rose aufgehängt oder gemalt, unter der bleiben sollte, was am Tisch gesprochen wurde. Rose als Krankheitsname verdrängt bei uns älteres Ant o n i u s f e u e r im 17. Jh.; nl.roose'erisypelas'begegnet schon bei Hadr. Junius 1567Aromenc¡.462a. Der Name geht von der roten Färbung aus, die die Hautkrankheit hervorruft. Vgl. R o t l a u f und J. Sehwers 1925ff. Zs. f. vgl. Sprachf. 53,107, 54, 60; Mayrhofer R.: nicht semitischen Ursprungs.
Rosenkohl m. Brassica oleracea gemmifera nach den Knospen in den Blattachsen, daher in Wien ( K o h l - ) S p r o s s e n . Gebucht nicht vor Campe 1809, nach der mundartL Verbreitung (Schweiz. R ö s l i c h ö l , eis. R ö s e l e k ö l , schwäb. R o s e k ö l usw.) gewiß älter. Niederrhein. S p r u t e n nach nL spruitjes, dazu F. N. Heinrich rösch Adj. ahd. rösc(i), mhd. rösch, rcesche S p r u y t k r i l l 1347 in Neuß (Dicks, Abtei Camp 'spröde, scharf; lebhaft, heftig', in den Mund- 1913, 265).
Rosenkranz
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608
Rosenkranz m. 'Schnur mit größeren und kleineren Ferien, an denen die Katholiken ihre Vaterunser und Ave-Maria abzählen'. Gebetskumulation von Ave Maria 11. J h . ; rosen Crantz 13. J h . Passional: Wegelagerer überfallen einen Mönch, Maria pflückt ihm jedes Ave als Rose vom Mund, reiht sie auf Silberfaden: Richert, ZfdtSpr, 21,153. Bosenmontag ra. der Montag zwischen Sonntag Estomihi und Fastnacht, ein nrhein. Wort: aus rasen{ä)montag, im 18. J h . belegt als 'am rasenden Montag'. Zu r a s e n , köln. rgse 'tollen*. Resinante /. (eigtl. m.) 'elender Gaul', eines der wenigen geflügelten Worte aus dem Span.: Don Quijote (im gleichnamigen Roman des Miguel de Cervantes, f 1616) gab seinem Pferde den aus span, rocín 'Klepper' (dt. Roß), antes 'früher' zus.-gesetzten Namen, um anzudeuten, daß sein Streitroß früher ein bloßer Reitklepper gewesen sei: Büchmann 1912 Gefl. Worte 318. Rosine f. Auf lat. raeêmus, volkslat. *racïmus 'Kamm der Traube, Beere, Traube' beruht (wie ital. racimolo 'Weintraube') frz. raisin (see) 'Rosine', das die pikard. Nebenform rosin entwickelt. Hieraus mnl. rosine, mnd. rosin(e) : nächst Holland war Hamburg der wichtige Umschlagplatz für den Rosinenhandel. Mhd. rosin f. steht zuerst in der Christ-Herre-Chron. (thür. vor 1288), frühnhd. rosein in einer Nürnberger Chron. um 1400; Luthers Form ist R o s i n . Heute ist R. für 'getrocknete Weinbeere' fast schon gemeinhochdeutsch; im Südsaum behauptet sich die aus arab. zabíb durch ital. zibibbo vermittelte Z i b e b e ; heimische Namen sind M e e r t r a u b e im Elsaß, W e i n b e e r i n in Österreich und Oberpfalz: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 396 ff. Rosmarin m. Die mittelmeerischc Küstenpflanze mlat. ros marinus (wörtlich 'Meertau') erscheint als roßmarin in Nürnberg 1482, als rosenmarin in Augsburg 1486. Etwa gleichzeitig gelangt das Wort unter naheliegenden Angleichungen in Nachbarsprachen: nl. (1598) ros-, rozemarijn, engl, rosemary, dies entlehnt über afrz. rosmarie. Roß n. Ahd. (h)ros (ss), mhd. mnd. ros, ors, asächs. Jiros und mit Ablaut hërs, mnl. ors, nnl. ros, afries. hors, bars, ags. mengl. hors, dazu der ags. Männername Eorsa, engl, horse, anord. hross, selten hors, schwed. dän. mundartl. hors, ros (dazu schwed. horsgök 'Heerschnepfe') führen auf germ. *hersa-, *hursa: mit expressiver Gemination (L. L. Hammerich, PBBeitr, 77, 187) hrussa-, vorgerm. *kru-td-s, Part, zu einem verlorenen Ztw., das 'springen' bedeutet hat und mit gleichbed. aind. kárdali zu einer Dentalerweiterung des idg. Verbalstamms *(s)ker- 'springen' gehört. Im Got. wird statt dessen alka-gesetzt, das in asächs. ehu-,
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Roßkastanie
ags. eoh, anord. jör wiederkehrt und als der idg. Name des Pferds erwiesen wird durch gleichbed. air. eeh, agall. epo- im Namen der Pferdegöttin Epona und in Männernamen wie Epognatus, dazu die Verkl. akorn. akymr. abret. ebol, nbret. ebeul 'Füllen', lat. equus, gr. hippos, lit. a$và ('Stute'), aind. aévah, awest. aspó, tochar. yuk, yakwe, Es ist schon im Ahd. verloren, im Mhd. dringt P f e r d durch (s. d. und Gaul), R o ß bewahrt aber obd. die umfassende Bed. 'Pferd': F. Wrede 1926 Dt. Sprachatlas 8. Aus dem Germ, entlehnt sind die roman. Wörter frz.norm. harousse, frz. rosse, prov. rosa, ital. rozza 'Mähre', mlat. runeinus, afrz. roucin, span. rocin (s. R o s i n a n t e ) . 0 . Paul 1939 Wörter u. Sachen 20, 41. Roße f., auch R o ß m. «. 'Honigwabe' mhd. rä%e f., rä% n., ahd. rajo /. (Ahd. Glossen 2, 622, 1). Ein vorwiegend md. Wort (obd. gilt W a b e , s. d.), entspr. ani. (Psalmen 18, 11) rata (für *hräta, erwiesen durch vulgärlat. fräta 'Honigwabe' in den Reichenauer Glossen), nnl. raat f. Ein germ. Erbwort (frz. rayon d b, ρ gegen η salbeter, salpeter: P. Forchheimer, Modern Language Notes 67 (1962) 103. Salse s. Sauce. Sateierchen n. Frz. saucière ist, bevor au aus älterem al entstanden war, zu uns gelangt, im 16. Jh. erscheint es als mnd. salsër, seither fast nur in der Verkl. (wie K a n i n c h e n , Mädc h e n , Veilchen). Luther kennt saltzsirichen 'Beigußnapf' Glosse zu 4. Mos. 7, 14. In ostmd. Mundarten unteT Einfluß von Salz umgedeutet zu 'Salzfäßchen, -meste* (DWb. 8, 1703. 1716), so auch S a l z i r Stieler (1691) 1676. Saltner m. 'Wald-, Feld-, Weinberghüter', spätmhd. saliner aus Tirol, später auch in der Ostschweiz: Schweiz. Id. 7 (1913) 871. Zu lat. saltus 'Waldgebirge' gehört mlat. salt(u)arius 'Aufseher über die Wirtschaft in Wald und Feld'. Es ist nicht zu entscheiden, ob oberital. saltar(o) oder dessen rätoroman. Entsprechung das Alpenwort geliefert haben: E. öhmann, Neuphil. Mitt. 1941, 27f.; Ann. acad. scient. Fenn. Β 63 (1944) 2, 22. Das η ist nach dem Vorbild dt. Berufsnamen eingefügt. Salve /. Als Entlehnungen teils aus lat. solvere 'gesund sein', teils aus dem aus lat. salütäre entwickelten frz. saluer 'begrüßen' treten um 1200 mhd. salfieren und saluieren auf: Suolahti 1929 Frz. Einfluß 217. Die erste Form erscheint seit 1431, nun unter Einfluß von lat. salvare 'retten', in der Bed. 'sich sichern': Script, rer. Siles. 6,101 „änalles salviren". Hieraus nhd. (sich) s a l v i e r e n '(sich) in Sicherheit bringen' Zs. f. d. Wortf. 14, 61. Selbständige Entlehnung des Í6. Jh. ist S a l v e /. 'feierl. Begrüßungsschießen' (aus der lat. Grußformel salve; entspr. ital. salva frz. salve f.), im Heerwesen entwickelt zu 'gleichzeit. Abfeuern vieler Geschütze oder Gewehre'. Salweide /. mhd. salemde, ahd. salewïda, mnd. salwide 'Salix caprea': verdeutlichende Zusammensetzung für gleichbed. mhd. salhe, ahd. sal(a)ha (Zs. f. dt. Wortf. 2, 212), afränk. salha (entlehnt zu frz. saule 'Weide'), ags. sealh, salig, engl, sallow, anord. norw. selja, dän. selje, silje,
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Same(n)
schwed. sälg. Das einfache Wort ist enthalten in Ortsnamen wie S a l e n , S a h l e n b a c h , - g r u n d , -hof (Zs. f. dt. Wortf. 3, 381), entstellt in S e l i g e n s t a d t (Zs. f. dt. Phil. 49, 288). Außergerm. vergleichen sich die westidg. Weidennamen mir. sail (Gen. sailech, Stamm *salik-), bret. halegen, kymr. helygen; lat. salix (Gen. salicis; hierzu das in der Weidenrinde gefundene Salizin). Der Baum ist nach der schmutziggrauen Farbe seiner Blätter benannt: germ. *salwa-, ahd. salo 'dunkelfarbig', ags. salu 'dunkel, schwärzlich' engl, sallow 'blaß', isl. sölr 'gelblich', auch im asächs. Bachnamen Salubeki u. a. Flußnamen (s. Sole), wieder mit westidg. Verwandten: air. Salach 'schmutzig', saile, lat. saliva 'Speichel'. Stehendes Beiwort von lat. salix ist cäna 'die Graue'; im Lit. entspricht Zêl-ûtis 'Grauweide'. S. Weide 2 (Th. Frings). Salz n. Mhd. ahd. salz, asächs. afries. engl, anord. dän. schwed. got. salt, mnl. sout, nnl. zout, ags. sealt führen auf *sald-. Ausi, -d wird vorausgesetzt auch von S ü l z e (s. d.) und vom redupl. Ztw. ahd. salzan, sielz, ags. Part. sealten, got. saltan, saisalt (sonst schwach: nhd. s a l z e n , doch Part, g e s a l z e n , ags. sieltan, anord. salta, -ada), dem lat. sallo, -ere mit II aus Id entspricht, dazu Part, salsus aus *saldtos. d erscheint auch in lit. saldüs, aslaw. sladükü 'süß' (über 'gewürzt' aus 'salzig'). Es fehlt den übrigen idg. Wörtern für 'Salz': air. salann, kymr. halen, akorn. haloin; lat. säl, sälis; gr. hals. Gen. halos; armen, al (gräzisiert im Namen des salzhaltigen Flusses Alys), aslaw. sott (s. Sole); lett. säls, apreuß. sal. Im Awesta und Rigveda kommt kein Name des Salzes vor. Idg. *sal(d)- ist nach Wh. Schulze 1913 Kl. Sehr. 118f. das schmutziggraue Mineral: es kam ungereinigt in den Handel der Urzeit. — Die Lautgeographie von Salz stellt der Dt. Sprachatlas auf den Karten 83—86 dar. — Vgl. germ. *salwa-, ahd. salo 'dunkelfarbig' unter S a l w e i d e . -sam Adj.-Suffix, schon in ahd. heil-, lobo-, fridusam usw., got. lustusama 'ersehnt'. Das Suffix war urspr. ein selbständiges Wort der Bed. 'von gleicher Beschaffenheit'. Vgl. got. sama, anord. samr, same (daraus entlehnt engl. the same), ahd. samo 'derselbe', ags. same, asächs. sama, samo, ahd. sama Adv. 'ebenso' (s. g l e i c h sam). Die außergerm. Verwandtschaft s. u. sammeln. Same(n) m. mhd. säme, ahd. asächs. sämo, älter nnl. (1698) saemen, in allen andern germ. Sprachen vor Beginn der Überlieferung abgestorben. Mit uralter männl. Konkretendung (F. Kluge 1926 Stammbildungsl. § 88) zu der auch von S a a t und säen vorausgesetzten idg. Wurzel *seir 'entsenden, werfen, fallen, lassen', landwirtschaftlich verengt auf 'säen'. Gleich-
Sämischleder
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gebildet lat. tëmen, aslaw. sëmç, apreuß. semen 'Same', lit. Mz. sêmens, -ys 'Flachssaat' aus *sèmen-, *sêrnn-. Auf *sêlo- beruht air. sîl, auf *sêtlâ- lit. sçklà 'Saat'. S. s e i c h e n , s e i h e n . Sämischleder n. mhd. (1420) semisch leder 'bes. geschmeidiges Leder, mit Fett (ohne Lohe) gewalkt'. Friihnhd. auch semische schuch; entspr. mnd. sèmes(ch), mnl. seems(c), dän. sems(lœder), schwed. sämsk. Wohl aus frz. chamois herzuleiten; aus dem Deutschen stammen poln. zamesz, tschech. zdmü 'Sämischleder' undgleichbed. russ. zámüa. W. Steinhäuser, H. f. fränk. Landesgesch. 21, 332 A. 22. gammeln schw. Ztw. mhd. mnd. samelen, nnl. zamelen, dissimiliert aus der «-Ableitung mhd. mnd. mnl. samenen, ahd. sarnanön, asächs. samnôn, afries. samnia, ags. samnian, anord. samna 'sammeln'. Zum Adv. ahd. asächs. anord. saman, got. samana 'bei-, zusammen', urspr. 'nach demselben Ort hin'; dies zum Pron.Stamm sama in got. sama, engl, same usw. (s.-sam). Urverwandt sind aind. samana 'zusammen', samó- 'derselbe', gr. hâma 'zugleich', hómos 'derselbe', homalós'gleich, eben', lat. simul 'zugleich', similis 'ähnlich', aslaw. samu, air. som 'selber', samail 'Gleichnis, Bild', kymr. hafal, korn. bret. haval 'ähnlich, gleich'. Vgl. samt, s a n f t , zusammen. Sammelsurium n. 'Mischmasch'. Nd. sammelsür n. 'saures Gericht aus gesammelten Speiseresten', gebildet wie nd. swartsür 'Gänseklein mit Essig und Blut' (Fr. Reuter), zeigt bei Richey (Hamb. 1766) und im Brem. Wb. 4 (1770) 687 die abfällige Bed. 'ekelhaftes Gemüse von versch. Sachen'. Hierzu mit scheingelehrter Endung (vgl. B r i m b o r i u m , F i d i b u s , H a l lore, Lappalie, Runks) sammelsurium 'Sprachmischung' Lauremberg 1649 Scherzged. in hsl. Fassung V. 860; „das Sammelsurium oder Geschmier" Prätorius 1664 Philos. Salust. 64a. Seither rasch verbreitet, wohl mit Hilfe norddt. Studenten. Samstag m. Von den Namen des letzten Wochentags ist der wesentlich md. und nd. S o n n a b e n d , mhd. sun(nen)abent, der jüngste A b e n d 'Vorabend eines Feiertags' (s. F e i e r a b e n d ) wird in der Verbindung S o n n t a g a b e n d auf den ganzen Vortag des Sonntags ausgedehnt. Die Verbindung erscheint um ihr mittleres Glied gekürzt schon in ahd. sunnün Sband. Bei S a t e r t a g liegen mit mnd. säler(s)dach, afries. saterdei, mnl. saterdagh, ags. soetern(es)dœg, engl. Saturday, air. dia sathairnn, kymr. dydd Sadwrn, korn. di Sadorn, breton, ze Sadorn spätlat. Säturni dies (alttosk. Saturno Arch. f. n. Spr. 180, 139) voraus, das seinerseits gr. Krónou hëméra wiedergibt. Somit spiegelt S a t e r t a g ein von den christl. Romanen aufgegebenes
Sandale
Römerwort des Nordwestens, über Köln aus Gallien vor Abwanderung der Angeln (um die Mitte des 6. Jh.) übernommen. Die arianische Mission des Südostens hat vor der hd. Lautversch. Samst a g gebracht. Neben gr. sdbiaton ist (auch nach Ausweis des aslaw. sglota und seiner slavolit. Folgeformen, des magy. szombat und rum. sämtätä) ein vulgärgr. sdmbaton vorhanden gewesen, das über got. *sambatö die verdeutlichende Zus.Setzung ahd. sambaçtag liefern konnte: Wh. Schulze, Kl. Schriften (1933) 281ff. 615. Bei seiner Wanderung donauaufwärts und rheinabwärts ist S a m s t a g auf den Süden und Westen des dt. Sprachgebiets beschränkt geblieben, vgl. auch frz. samedi: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 460ff.; Th. Frings, Idg. Forsch. 45, 276; E. Schwyzer, Zs. f. vgl. Sprachf. 62, I f f . Doch Gamillscheg Wb. 784: aus septimus. — Die Wortgeographie bietet A. Awedisian, in: Dt. Wortforschung II hg. L. E. Schmitt. S. K i r c h e . Samt bei Luther S a m m e t , mhd. samlt, mnd. sammit, mnl. samijt : ein ursprünglich in Ostrom hergestelltes, sechsfädiges Seidengewebe, nach gr. héx 'sechs' und mitos 'Faden' mgr. exámiton, xdmêtos benannt, das uns über mlat. (e)xamitum und afrz. samit kurz nach 1200 erreicht. In Italien ist der geschorene Samt mit stehenden Fäden auf gezwirntem Grund erfunden und seiamito benannt. Von Südosten sind eingedrungen aslaw. aksamitü, poln. aksamit, tschech. aksamlt: M. Heyne 1903 Hausaltert. 3, 230. samt Adv. Präp. mhd. samt, älter sament, ahd. samant Adv. 'zusammen', Präp. 'zusammen mit'. Dazu s ä m t l i c h Adj. aus frühnhd. spätmhd. samentlich (s. s a m m e l n ) . Luthers Form ist semptlich (Matth. 27, 62 u. o.), die seiner obd. Zeitgenossen same(n)tlich, doch ist ihnen all· sampt geläufiger: K. Bachmann 1909 Einfl. v. Luthers Wortsch. 78. Sand w. obd. früher und jetzt meist n., so in Ecks Bibel (Ingoist. 1537). Ahd. sant (t), mhd. mnl. sant (d), asächs. sand m. η., afries. ags. sond, anord. sandr m. führen auf germ. *sanda- m. n., bestätigt durch das daraus entlehnte finn, santa 'Sand'. Wie in h u n d e r t , R a n d , S c h a n d e ist germ, » vor d aus m entstanden: vorgerm. *sam(a)dho- spiegelt sich auch in gr. amathos m. 'Sand'. Mit dem gr. Wort deckt sich gleichbed. bair. tirol. samp, mhd. sampt aus ahd. *samat ; dazu engl, mundartl. samel 'Sandboden'. Das ani. s- dieser Wörter ist vielleicht schon früh aus ps- vereinfacht worden; vgl. gr. psámatos neben sándalon. Daß ps- seinerseits Tiefstufe einer idg. Wz. Hhes- ist, lehrt aind. psati, bdbhasti 'zerkaut', bhásman 'Asche'. Sandale /. Gr. amathos ist kleinasiatischer Herkunft, von da auch npers. sändäl 'Schuh'. Es bedeutet ursprünglich 'Schuh des (lydischen Gottes)
Sandelholz
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Sandal': P. Kretschmer 1927 Idg. Forsch. 45, 270. Seine Verkl. gr. sanddlion wird entlehnt zu lat. sandalium, dessen Mz. im 16. Jh. den mhd. Dual sandaly ergibt, zu dem nhd. S a n d a l e f . spät gebildet ist. S a n d a l i e n noch in Wien 1706: Zs. f. dt. Wortf. 8, 216. Gleichen Ursprungs sind ital. sandalo m., frz. (13. Jh.) sandale f., nnl. (seit 1698) sandaal, dän. schwed. (1788) sandal. Sandelholz n. Der ind. Baum Pterocarpus santolina liefert das Farbholz aind. candana, das über pers. (ändäl und arab. çandal zu Griechen und Römern gelangt. Ital. sandalo erscheint 1477 der Sandel (Marjetta Wis 1966 Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedesca, Helsinki 233), 1486 als sandelholte im „Gart der Gesuntheit" cp. 374. Sandwich n. 'belegtes Brötchen', benannt nach John Montague, Earl of Sandwich (1718—92), der sich am Spieltisch mit entrindeten Schinkenbröten sättigte, um sein Spiel nicht unterbrechen zu müssen. Bei uns gebucht seit D. Sanders 1871 Fremdwb. 2, 467. Sandwichmänner tragen vor der Brust und auf dem Rücken je ein Plakat. Nach demselben John Sandwich, der unter König Georg III. (1760—1820) erster Lord der Admiralität war, nannte der Weltumsegler Cook 1778 die Hawai-Gruppe Sandwich-Inseln. Das gräfliche Haus heißt nach der alten Hafenstadt Sandwich in Kent. Zum Grundwort (ags. wie) s. W e i c h b i l d . Den Ortsnamen haben die Angelsachsen aus der festländischen Heimat mitgebracht: Sandwig heißt ein Dorf bei Flensburg; Ganz, EinfL d. Engl. 196. sanit Adv. und Adj., dies mit dem Vokal des alten Adv.: mhd. sçnfte Adj., sanfte Adv.; ahd. sçmfti Adj., samfto Adv.; asächs. säfti Adj., säfto Adv.; ags. sœfte Adj., söffe Adv. 'sanft'; engl, soft 'weich'. Mit germ. *sam-pia kommen im Begriff des friedlichen, freundlichen Beisammenseins, auch des Zusammenstimmens überein anord. sftnja, samda 'zusammenstellen, vereinigen, einig werden um, ordnen, zustande bringen', sama, samda 'passen, sich schicken', got. samjan 'gefallen, zu gefallen suchen', samjan sis 'vergnügt sein mit'. Außergerm, vergleichen sich aind. samayati 'ebnet, bringt in Ordnung' und säman- m. n. 'gute, beschwichtigende Worte; Milde': mit s a m m e l n , s a m t , s ä m t l i c h , z u s a m m e n zur idg. Wurzel *sem'eins'. Vgl. s a c h t . Sänfte f . 'Tragsessel', nur deutsch, im 16. Jh. durch Bed.-Wandel aus der Abstr.-Bildung gewonnen, die neben s a n f t steht wie G ü t e neben g u t . So ist Weiche aus 'Weichheit' zur Bezeichnung des weichen Körperteils zwischen Brustkorb und Becken geworden. Sanftmut /. kaum vor Luther 1622 Gal. 6, 23: Rückbildung aus dem Adj., das schon als mhd.
Sardonyx
Sfnftmüelec begegnet, während das Subst. sfnftmüetecheit lautet. sanguinisch Adj. 'von heiterem Temperament', zu lat. sanguis 'Blut; Lebensfrische'. Sanikel m. spätahd. mhd. sanikel: die Umbellifere Sanícula europaea, gut gegen alle offnen Schäden. Aus mlat. sanícula zu lat. sänäre 'heilen'. Sanskrit n. die aind. Kunst- und Literatursprache. Aus aind. sams-kfta- η. 'zusammengeordnet, vollendet'. Saphir m. mhd. saphtr(e) wie ital. saffiro: der Name des blauen Edelsteins geht (wie B e r y l l , O p a l , S m a r a g d ) von Indien aus und wandert über Vorderasien, Griechenland und Italien zu uns: Littmann 1924 Morgenl. Wörter 16; Suolahti 1929 Frz. Einfl. 222. Sappe /. Ital. zappa 'Karst', das wohl arab. Herkunft ist, ergibt über piemont. sapa im 16. Jh. gleichbed. frz. sape. Dazu im 16. Jh. saper 'untergraben' mit der Rückbildung sape 'unterirdische Höhlung, Untergrabung der feindl. Mauer oder Stellung, Laufgraben'. Uns erreicht die Sippe zufrühst mit s a p p i r e n Wallhausen 1617 (Zs. f. dt. Wortf. 14, 63). Das F. S a p p e kaum vor 1653 (Mod. lang, notes 44, 144). Dem später durch P i o n i e r verdrängten S a p p e u r geht 1661 S a p p i r e r voraus (das. 145). Zum Weiterziehen der Baumstämme dient die S a p i n e , auch S a p p e l m.: Osten. Wb. 1951,170. sapperlot, aapperment s. s a c k e r l o t . Sardelle f . Der Mittelmeerfisch Clupea pilchardus heißt gr. sardine, lat. ital. sardina, frz. (13. Jh.) sardine, bei uns sardien (Gemma Köln 1495 U 5a, S a r d i n l i n 1521 Zs. f. d. Phil. 25, 217f.)Der denAlten unbekannte Fisch Engraulis encrasicholus, in eingelegtem Zustand als Ans c h o v i s (s. d.) in den Handel gebracht, heißt eingesalzen S a r d e l l e : roman. Verkl. zu S a r d i n e , ital. sardella, bei uns als S a r d e l l e gebucht seit Frisius (Zürich 1656), in dt. Text als sartelli PI. 1684 Reisb. d. hlg. Landes 376b. Die heutige Form seit Ostermann 1591 Voc. anal. 351. Die gangbare Deutung (Amaranthes 1715 Frauenz.Lex. 1694 „Sardelle ist ein kleiner Fisch, der von der Insul Sardinien, bey welcher er gefangen wird, die Benennung hat") ist kaum zu halten: gr. sardïnos steht schon in einem AristotelesZitat bei Athenaios 321 A. Daß die Athener so früh Fische von der sardischen Küste bezogen hätten, ist unwahrscheinlich. Sardine s. S a r d e l l e . Sardonyx m. Der Karneol wurde zuerst bei Sardes, der Hauptstadt Lydiens, gefunden und heißt danach gr. sardo, lat. sarda, spätlat. (lapis) sardinus, afrz. sardine. Von da mhd. sardîn m. seit kurz nach 1200: Suolahti 1929 Frz. Einfl. 220. S a r d e r ist Luthers Form (2. Mos. 28, 17
Sarg
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u. ô.). Bei ihm (Offenb. 21, 20) Sardonich für den heute S a r d o n y x genannten Halbedelstein, den Wolfram (Parz. 791, 12) sardonïs nennt: über lat. sardonyx aus gr. sard-ónyx m. 'Sarder von Nagelfarbe'. Sarg m. Gr. sarkophágos 'Fleischfresser' heißen nach Plinius, Nat. hist. 36,131 und Theophrast, Das Feuer 6,46 Särge aus dem Stein von Assos (heute Behrám-Kalessi) in Kleinasien, die das Fleisch der darin beigesetzten Leichen allmählich vernichten: Lamer 1932 Umschau 36, 598. Über lat. sarcophagus entsteht ein verkürztes *sarcus (wie aus lat. prSpägo ahd. pfropjo, s. p f r o p f e n ) , dies wird Grundform von afrz. sarcou, nfrz. cercueil (vor allem in Nordwestfrankreich: K. Gernand, Die Bezeichnungen des Sarges im Gallo-romanischen, Gießen 1928), mnl. sere, sarc, nnl. zerk, afries. serle, asächs. mnl. sark (daraus entlehnt lett. zärks), ahd. sarc (obd. sarch), saruh, mhd. sarch (Gen. sarches) und sarc (Gen. sarkes). Doppelformen bestehen bis ins Nhd. Die weite Verbreitung von Sarg erklärt sich aus seinem Vorkommen in den alten Volksrechten. Auch lat. cista 'Sarg' (s. Kiste) ist ins Germ, übernommen (ags. eist, cest 'Sarg', cistian 'einsargen', schwed. likkista, nrhein. kis-fat 'Sarg'), Fremdwort ist auch mhd. arke 'Sarg' (s. Arche) und der zweite Bestandteil von ahd. sarhscrlni (s. Schrein). Wie area und cista, so ist sarcophagus auch in allg. Bed. ('Trog, Behälter') übernommen. Neben ihm hält sich im Südwesten T o t e n b a u m als heimisches Volkswort, daneben T o t e n t r u h e Kirsch 1739 Cornu cop. 2, 319. Zur Wortgeographie A. Bretschneider Idg. Forsch. 48, 191. Satan m. Hebr. säfan 'Widersacher' gelangt über gr. Satän, Gen. Satanäs, lat. satanas in die Sprachen der Welt, zu den Germanen als got. satona(s), ags. satan, engl. Satan, ahd. mhd. satanäs, mhd. satän. Im Ahd. wird S. als Name behandelt und steht meist ohne Artikel, der sich im Muspilli und bei Otfrid zögernd einstellt, in der Lutherbibel nur noch zweimal fehlt. Dabei hat T e u f e l (s. d.) als Vorbild gewirkt: Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 51. Satellit m. Aus frz. satellite (14. Jh.), dies über lat. saielles, -itis 'Leibwächter, Trabant', Mz. 'Gefolge' aus dem Etrusk., woher Tarquinius Superbus stammt, der als Schöpfer der ersten Leibwache in Rom gilt. Neubelebt unter russ. Einfluß: Seibicke, Muttersprache 1961, 90. Satin m. Der Seidenatlas stammt wie die Seide aus China. Der Ausfuhrhafen Tseu-tung in Fo-Men hieß arab. Zaitün, das von da ausgeführte Gewebe aflas zaitûnï (s. Atlas 1 ). Die Spanier übernehmen Wort und Sache als aeeituni, setuni, die Franzosen als zaiony, satin. Von K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aull.
Sattel
da mhd. satin: Lokotsch 1927 Etym. Wb. 2188; Zs. f. d. Wortf. 15, 208. Satire f., 18. Jh. zu lat. satura "volle Schüssel; Spottgedicht', zu satis 'satt' (mit diesem urverwandt). 17. Jh. ital. erklärt mit farsa dell' antico teatro (s. Farce); aber in alter Schreibung itaL satyra, engl. frz. satyre, an Satyr und Satyrspiel angelehnt. eatt Adj. Mhd. ahd. sat(t), asächs. anfr. sad, mnd. mnl. sat (d), nnl. zat, ags. sœd 'satt', engl. sad 'traurig', anord. sadr, got. saps 'satt' führen auf germ. *saÖa-, idg. *setó-, -ίο-Part. (vgl. l a u t ) zur idg. Wurzel *sä-: *sd- 'satt, sättigen'. Dehnstufig got. sops, afries. sède 'Sättigung', got. sôpjan, ags. seëdan 'sättigen'. Sonst lautet das Ztw. ahd. satön, ags. sadian, anord. sfdja. Nhd. s ä t t i g e n , spätmhd. sft(t)igen ersetzt mhd. sft(t)en, wie nhd. h u l d i g e n , p e i n i g e n , v e r eidigen für mhd. hulden, pinen, vereiden stehen, neben denen das entspr. Adj. auf -ig ebenfalls fehlt. Außergerm, vergleichen sich u. a. air. sâith 'Sattheit', säithech 'satt', lat. satur 'satt', sat(is), gr. áden 'genug', datos (aus *nsato-) 'unersättlich', áetai 'sättigt sich', aslaw. sytü, lit. sotiis 'satt', sotis 'Sättigung', armen, yag (aus *säu-) 'reichlich', aind. asinváh, ásinvan 'unersättlich'. Satte f . Für 'Gefäß, in dem Milch aufgestellt wird, um sich zu setzen und sauer zu werden' gilt nordostdt. zwischen Westpreußen, Harburg und Thüringen S a t t e , nordwestdt. zwischen Bremen, dem Eichsfeld und Köln S e t t e f.: zu nd. seMew'(sich) setzen'. Die Grenzen gegen Asch, K u m p , N a p f , Schale, Schüssel, W e i t l i n g zieht P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 350ff. Die Belege reichen nicht über das 18. Jh. zurück; das gleichgebildete mnd. satte (Beleg aus Waldeck 1386 bei Bauer-Collitz 1902 Waldeck. Wb. 167) bedeutet 'Gesetz, Anordnung'. Abwegig H. Schröder 1923 Beitr. 47,167. Vgl. S a t z . Sattel m. Mhd. satel, ahd. saiul, satal, mnd. mnl. afries. dän. schwed. sadel, nnl. zadel, ags. zadel, ags. sadol, engl, saddle, anord. sçdull führen auf germ. *saöula-, bestätigt durch die Ableitung asächs. saduleri m. 'Sattler' und das früh entlehnte finn, satula 'Sattel'. Germ. *sadulaist mit s i t z e n (germ. *set-) kaum unmittelbar zu verknüpfen, sondern entlehnt aus einer idg. Nachbarsprache, die ein *sadula- zur idg. Wurzel *sed- 'sitzen' bilden konnte. Aslaw. sedlo 'Sattel' ist aus *sedülo- entwickelt: in Reitwesen und Lederverarbeitung ließen sich die Germanen vielfach von ihren östlichen Nachbarn anregen. Nach den vorgeschichtlichen Funden gelten die Reitervölker des Südostens als Erfinder des Sattels, während die Germanen Casars, der Trajan- und Markussäule ihn noch nicht kennen. 40
Sattel
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Sattel f . mhd. satel(e), ahd. salala, md. sadel: ein GetreidemaS. S a t t e l als hess. und thür. Ackermaß ist ursprünglich 'soviel man mit einer Sattel Getreide besäen kann'. Voraus liegt mlat. satellum »., Verkl. von lat. saturn 'Gesätes*. sättigen s. s a t t . Satyr m. 'griech. Fruchtbarkeitsdämon', weinselig tanzender Begleiter des Dionys; zu lat. sator "Säer°. S. S a t i r e . Satz m. mhd. saz, Gen. satses 'Ort, wo etw. sitzt oder gesetzt ist; Stellung, Lage; Gesetz; Vorsatz': Ablautbildung zu s i t z e n , s. d. Sau /. mit S c h w e i n der einzige Name des Tiers, der außereurop. Beziehungen hat. Ahd. asächs. ags. sü, anord. syr vereinen sich auf germ. *sü, das mit lat. sü-s, gr. hps, alban. air. socc, toch. suwo 'Schwein', lett. suvêns 'Ferkel', awest. hü 'Eber' auf idg. *sü(w)- 'Schwein' führt. Aind. sü-kard 'Schwein, Eber' weist der Etymologie die Richtung: es ist urspr. 'sw-Macher', das erste Wortglied der Naturlaut, von dem der Tiername ausgeht. Mit germ, g ags. sugu, asächs. suga, mnd. mnl. söge, nnl. zeug und, mit einer bei Koseformen gangbaren Doppelung, norw. dän. schwed. sugga. Entspr. Erweiterung auch im Kelt.: air. hwch, akorn. hoch, mbret. ho(u)ch aus urbrit. *hukk-os, *hokkä, das die Grundlage für ags. hogg bildet. Die flekt. Formen mhd. siuwe- haben frühnhd. ihr w verloren, wie dröuwen, houwen, triuwe. Im Paradigma sind die umgelauteten Sing.-Formen (z. B. Dat. sew noch bei H. Sachs) beseitigt, wie bei B a n k , Maus, N o t u. a. fem. ¿-Stämmen. Der schw. Plur. S a u e n , im 18. Jh. auch für zahme Schweine, ist seit Adelung auf weidmänn. Gebrauch beschränkt. Im schwäb. bair. Kartenspiel erscheint die Sau um 1500 auf der Dauskarte = (als frühestes der Tierbilder) der geringwertigsten, dann aber allen überlegene Glückskarte. Bei Wettkämpfen erhielt man eine Sau als Preis, wohl alter Erntebrauchtum: H. Rosenfeld, in: Börsenblatt 1962, 622. Zu Sau 'Glück' s. S c h w e i n und g e f a l l e n . — Die Laut- und Wortgeographie zu Sau bietet die Wortkarte 'Mutterschwein' von H. J. Schwab zum Wortatlas VII: Sau von Thüringen bis zur Ostgrenze, in Ostpreußen Su, sonst an der Küste mit -yö-Suffix Sög, -Mutt(e) („dick") in Ostfriesland, Oldenburg, großenteils Westfalen, Docke („grobe Masse") in Nordhessen; Krem, (zu einem Tierlaut 'grunzen' ?) um Köln ; Loos (unerklärt) in der Rheinpfalz und am Bodensee, Lous in Ostschwaben; Fadlsau im Osten; Dausch („Saukartenglück") in Nordschwaben, am mittleren Main; Kosel am oberen Neckar; Mor (nach schwarzer Sorte) im Elsaß, Südbaden. — U n t e r a l l e r S a u 'u. a. Kritik' stammt aus jidd. seo 'Maßstab': S. A. Wolf, Mittigen. a. d.
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Sauerkraut
Arbeitskreis d. Jiddistik 1957, 84. S. M u t t e r schwein. sauber Adj. mhd. süber, süver, ahd. sübar, sübiri 'rein, hübsch', asächs. sübri, sübar (in unsübarnussi f.), mnl. süver, nnl. zuiver, ags. syfre 'makellos'; dazu syferness f . 'Nüchternheit'. Über das Westgerm, reicht das Wort nirgends hinaus, in Deutschland hat es nur im Westen und Süden das heimische r e i n zurückgedrängt (handschriftliche Karte des Deutschen Sprachatlas). Alles stimmt zur Annahme alter Entlehnung: lat. sobrius (aus *$ö(d) 'ohne' und ebrius 'trunken') hat sich zu vulgärlat. süber 'mäßig, besonnen' entwickelt; ü für lat. ö auch in L a u e r und M a u l b e e r e ; die ags. Bed. vermitteln den Übergang. Die umgelauteten Formen (ags. syfre usw.) weisen auf die lat. ¿-Formen zurück. Saubohne f . Vicia faba ist die einzige Bohnenart, die in vorgeschichtl. Zeit in Mittel- und Nordeuropa gebaut wurde; ihr gilt der gemeingerm. Name B o h n e ebenso wie lat. faba, gr. kyamos: Hoops 1905 Waldb. u. Kulturpfl. 401. 464. Nach Einführung der Gartenbohne (Phaseolus vulg.) sank F¿c¿a faba zum Viehfutter; der Name S a u b o h n e , den in frühnhd. Zeit Eyoscyamus niger und Portulaca oleracea getragen hatten, geht auf sie über (erkennbar seit Ludwig 1716). Sance f . Afrz. salse '(gesalzene) Brühe' hat zu Beginn des 13. Jh. mhd. salse f . ergeben, das bis ins 18. Jh. gilt und in Nachbarsprachen entlehnt ist (bulgar. bis heute ssaha). Nach dem Lautwandel innerhalb des Frz. folgt im 16. Jh. neue Entlehnung. Entspr. dem ostfrz. -/ä- erscheint Schweiz, sass 1621, gemäß dem schrift-frz. sauce Schweiz. saus(s)en vor Mitte des 16. Jh., Sos seit Golius 1582 Onomasl. 363: Schweiz. Id. 7, 870. 1378f.; H. Fischer 1920 Schwäb. Wb. 5, 549. 1462. Heute eingedeutscht Soße. ganer Adj. Ahd. mhd. mnd. ags. sür, md. sü(w)er, mnl. suur, nnl. zuur, engl, sour, anord. sürr, norw. dän. schwed. sur führen auf germ. *süra- aus *süro-, Aus dem Anfr. ist gleichbed. frz. sur entlehnt; dazu im 12. Jh. die Verkl. surelle 'Sauerampfer' (nnl. zuuring). Außergerm. Verwandte bieten die baltoslaw. Sprachen: lit. súras 'salzig', suris 'Käse', sûris 'Salzigkeit', aslaw. syrü 'feucht, roh', daneben *seuroin aslaw. surovü 'roh'. Die alte Zusammensetzung ahd. sürouge, ags. sûrïege, anord. süreygr 'triefäugig' lehrt (wie die baltoslaw. Bedeutungen), daß der Wortbegriff von käsig gerinnenden, schleimig-nassen Widrigkeiten ausgeht. Sauerdorn s. B e r b e r i t z e . Sauerklee m. Wortatlas XVII. Sauerkraut n. Columella 12, 49, 3 beschreibt in Salzlake eingelegte Oliven (hac conditura compositis olivis). Im dt. Mittelalter wird das
Sauerstoff
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Verfahren auf den gehobelten, mit Salz eingemachten Weißkohl übertragen, der im Faß eine saure Gärung durchmacht; das Wort 1536 bei Paracelsus (110,163). Der fremde Name K u m p o s t gilt bis heute weithin (Kretschmer 1918 Wortgeogr. 669ff.). Dafür stehen s a u r e r K a p pes und S a u e r k o h l , soweit Brassica oleracea capitata alba K a p p e s und W e i ß k o h l heißt. Im Gebiet von W e i ß k r a u t erscheint bei Kirchhof 1663 Wendunmut 1, 222 sauwer Kraut, fast gleichzeitig auch schon saurkraut oder gumpest Zimm. Chron. 2 4, 100. Aus dem Alemann. frz. choucroute, gekreuzt mit frz. chou 'Kohl'. Wortatlas XVII. Sauerstoff m. (nnl. zuurstof) zuerst bei Girtanner 1791 Neue ehem. Nomenclatur, Lehnübersetzung des frz. oxygène 'Säureerzeuger'. S. Stick-, Wasserstoff. sauersüß Adj. gebildet wie d u m m d r e i s t und t a u b s t u m m : Opitz 1624 Poeterey 62 „Auß den sawersüssen nöthen". 1668 s ä u e r l i c h - s ü ß Erasmus Francisci 1, 419 b. Sauertopt m. 'mürrischer Mensch' seit J. Mathesius 1663 Ehestand O I a . S a u e r t ö p f i g , - is c h ist zunächst die gestockte Milch, die Massen kleiner Knollen oder Tupfen aufweist (s. T o p fen): mit ihrer Oberfläche wird das Gesicht des Überlaunigen zuerst verglichen. Schon im 16. Jh. wird das Wort auf die Essigbereitung umgedeutet, was nahe lag, weil seit alters (M. Heyne 1901 Hausaltert. 2, 379) ein Gefäß in jedem Haushalt die Weinreste dafür aufnahm. Darauf zielen von vornherein Schelten des Mürrischen wie E s s i g - K r u g bei J. Rachel 1664 Satir. Ged. 2, 33; sürkrüke 1770 Versuch e. brem.-niedersächs. Wb. 4, 1104; sürpot J . F. Danneil 1869 Wb. d. altmärk.-plattdt. Ma. 217. Saufeder f . 'Fangeisen aus hölzernem Schaft und spitzer Klinge, der Feder'. Das Abtun des Wilds vergleicht alter Jägerspaß einem Kitzeln. Mit anderm Spaß stand S a u f e d e r n für 'Bettstroh' : statt auf Flaum meint man auf Schweinsborsten zu ruhen. Obd., vorab schwäb.: eine Sache steht auf Saufedern 'ist auf Stroh, nicht haltbar gegründet, steht mißlich'. Bauten st. Ztw. Mhd. süfen, ahd. süfan, mnd. mnl. süpen, nnl. euipen, ags. süpan, anord. süpa, schwed. supa führen auf idg. *süb-. Daneben steht *süp- in aind. süpah'Brühe, Suppe'. Beide gelten als Erweiterungen der idg. Wurzel *seu'Saft, Feuchtes', die den Laut wiedergibt, mit dem man Flüssiges aufschlürft. Diese Grundbedeutung ist alt überall möglich und hat sich in engl. sup, norw. supe erhalten. Ihr nahe stehen mhd. süfen 'mit dem Löffel essen' ; von da aus ist im 14. Jh. S u p p e gebildet, s. d. Gut erhalten ist die Grundbedeutung in der Intensivbildung s u p f e n , s. d. und s e u f z e n . Die Bedeutung 'bibere'
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Saum
ist noch ahd. selten neben 'haurire, sorbere, mergi'. gangen st. Ztw., mhd. mnd. sügen, ahd. asächs. ags. sügan, mnl. süghen, nnl. zuigen, anord. süga, schwed. suga, dän. suge. Germ. Verwandte sind siech (s. d.), mhd. soc (g), mnd. soch (g), anord. sog 'das Saugen', ags. sogeda 'Aufstoßen, Sodbrennen, Magensaft'. Außergerm, vergleichen sich lat. sügere 'saugen', sücus 'Saft', lett. sùkt, kymr. sugno 'saugen': mit verschiedenen Gutturalerweiterungen zur idg. Wurzel *seu- 'Feuchtes; Saft ausdrücken, schlürfen'. S a u g e r Wortatlas XVIII: für Kinder Dutzl, Lutscher, Nuppel, Schnuller, Zutzl u. a. sängen schw. Ztw. Faktitiv zu s a u g e n : germ. *saugjan 'saugen machen', asächs. sögian, ahd. sougen, mhd. säugen. Singling m. tritt im 14. Jh. als md. sügelinc auf und wird Schriftwort durch Luther, der es elfmal in der Bibelübers. verwendet. Freilich ist es wesentlich Fachwort der Ärzte und Statistiker geblieben; heutige Umgangssprache ersetzt S. durch B a b y : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 18; Zs. f. dt. Wortf. 4,198. 12,125. Säule1 f . dafür bair. schwäb. rheinfränk. siebenbg. S a u l , so auch Ecks Bibel (Ingoist. 1637), Schweiz, sül, mhd. sül (Mz. siule), ahd. sul (Mz. süli), asächs. ani. sül, afries. sele, ags. syl, anord. sül(a). Dazu mit Ablaut gleichbed. got. sauls f . Ohne außergerm. Entsprechungen. Umlaut aus Plur. -i, mhd. auch Sg. siule. Säule2 f . 'Ahle des Schuhmachers', mhd. siule, ahd. siula 'Pfriem': zur idg. Wurzel *s}'ü-: *sïy.'(Leder) nähen', s. n ä h e n , Ahle. Dies ist wesentlich obd., während S ä u l e im Md. und westl. Nd. gilt: westfäl. sül und süggel (aus süwel). Das vorausliegende Ztw. ist hd. im 16. Jh. abgestorben (K. v. Bahder 1926 Wortwahl 75): mhd. ahd. siuwen, mnd. süwen, afries. sia, ags. siow(i)an, engl, sew, anord. syja, dän. schwed. sy, got. siujan 'nähen'. Außergerm. entsprechen aind. sivyati 'näht', lat. suö, aslaw. Hjn, lit. siüvü 'nähe'. — Die Wortkarte 'Pfriemen' (s. d.) von Olly Schulz bei Mitzka, Dt. Wortatlas II (1963) zeigt S ä u l e in vielgestaltigen Mundartformen im nd. Nordwesten, Rheinland, in Hessen, am Bodensee, in Ostpommern. — Vgl. S a u m 1 , Öse, P i n s e l 2 . Saum 1 m. 'genähter Rand' an Gewändern usw., mhd. ahd. soum, mnd. söm, mnl. soom, nnl. zoom, afries. säm, ags. sêam, engl, seam, anord. saumr, schwed. söm, dän. sem 'Saum, Naht': zu der unter S ä u l e 2 entwickelten Wurzel auf -ma(n)gebildet wie aind. syuman- 'Naht, Riemen, Band', gr. hymen 'Häutchen', apreuß. schumeno 'Schusterdraht':F.Klugel926Wortbildungsl.§88. Saum 2 m. 'Last' (bes. in der Zus.-Setzung S a u m t i e r ) ahd. mhd. soum 'Last eines Saum40*
säumen
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tiers (auch als Maßbestimmung), Saumtier', ags. sëam 'Pferdelast'. Vor Abwanderung der Angelsachsen nach England entlehnt aus vulgärlat. sauma ' Facksattel', das über lat. sagma aus gleichbed.gr. tdgma entlehnt ist. Diese Grundbed. fehlt den roman. Entsprechungen in Frankreich und Italien: die altdeutschen Bedeutungen stimmen zu ital. salma, frz. somme 'Last' (prov. sauma 'Eselin'). Aus mlat. saumärius 'Lasttier' (das in ital. somiere, frz. sommier, apro v. saumier fortwirkt) stammt ahd. soumäri, asächs. somari, mhd. soumœre, mnd. sömere, ags. sëamere 'Säu-
mer'. Uber die Zeit der Entlehnung vgl. E s e l , M a u l t i e r , P f e r d , Z e l t e r . Palander 1899 Ahd. Tiernamen 96. sänmen schw. Ztw., obd. s ä u m e n , alem. sümen, mhd. sümen 'aufhalten, verzögern', ahd. vir-, ar-sümen 'versäumen; unterlassen'. Wie alt die im Ahd. allein bezeugten Zus.-Setzungen sind, zeigt mhd. frd-süme m. 'Säumnis' (statt *versume) aus germ. *frdsüman- m. Das schw. Ztw. ist Ableitung von einem Nomen *sümós 'nachlassend, säumend', das mit Tiefstufe neben gr. edö (aus *seudß) 'lasse' steht. Wurzel *seyä'(nach)lassen'. Saumsal /. n. mhd. sümesal f . n., súmesele f .
'Saumseligkeit' mit Ableitung - s a l (s. d.). Daraus nhd. s a u m s e l i g , mhd. (md.) sümeselic, und S a u m s e l i g k e i t (seit dem 17. Jh.). Saumtier s. S a u m 1 . Sauregurkenzeit /. seit Kindleben 1780 Hartensteins Reise 126 bezeugt als Scherzwort der Berliner Kaufleute für die stille Geschäftszeit des Sommers; vgl. Zelters an Goethe vom 19. Juli 1828 „Hier zu Lande geht es eben etwas mager her; die Kaufleute nennen's die Sauergurkenzeit"; entspr. am 31. Juli 1821. Gurken waren in diesen Wochen ein Lieblingsessen der Berliner. Seit etwa 1860 wird S. von Berlin aus Fachwort der Tagespresse für die stoffarme Zeit der Hundstage. Vgl. „die große Stachelbeerzeit" der Pariser, engl, season of the very smallest potatoes·, cucumbertime·, nnl.
kotn-
kommertijd Kluge Seemannsspr. 498; 1912 Wortf. u. Wortgesch. 116. Zu jidd. zoro joddok: S. A. Wolf, Mittlgen. a. d. Arbeitskreis d. Jiddistik 1967, 83. Saug m. mhd. süs 'Sausen, Brausen', in dem süse leben 'in Saus und Braus leben'. Die Bed. 'ausschweifendes Leben' geht aus von der älteren 'verwirrender Lärm'; vgl. anord. süs n. 'Rauschen des Wellenschlags'. Lautmalend wie s a u sen schw. Ztw., mhd. mnd. mnl. süsen, ahd. süsön 'summen, zischen, knarren, knirschen', dän. swse, schwed. susa. Es ist nicht geboten, Urverwandtschaft mit den gleichfalls lautmalenden kslaw. sysati 'pfeifen', aind. sus 'schnaufen' anzunehmen. — s ä u s e l n schw. Ztw., erst
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Schabe
nhd., nnl. suizelen nicht vor 1698: Verkl. zu sausen. Savanne /. 'baumlose Grasebene', in der Taino-Sprache von Haiti zavana, den europ. Sprachen vermittelt durch span, zavana. Frz. savane begegnet zuerst 1629, engl, savanna 1655, nhd. S a v a n n e 1668: Littmann (1924) 141; Palmer (1939) 122; H. Plischke, Festschr. Mortensen 1954,128. Saxophon n. Blasinstrument, von Adolf Saz in Brüssel 1840 erfunden, durch die Pariser Ausstellung 1844 bekannt, aber erst mit der Jazzmusik des beginnenden 20. Jh. zum Weltinstrument geworden: Leipz. Illustr. Ztg. vom 8. Mai 1931. Scha(a)r n. 'Seegebiet, vom Strande seewärts, soweit ein Mann waten kann', mnd. schare, sehore 'Gestade, Küste, Vorland', engl, shore 'Ufer, Küste' (zu s c h e r e n , s. d.). Ein Wort des Wasserbaus und der Schiffahrt, von Pommern bis Ostpreußen. Nach S c h a a r r e c h t ist das S c h a a r g e b i e t Eigentum des Uferanliegers. Ein S c h a a r d e i c h s t e h t ohne Vorland unmittelbar am Wasser: F. Kluge 1911 Seemannsspr. 703; H. Brömse 1942 Mutterspr. 67, 182 f. Schabbes m. 'Sonnabend'. Hebr. Sabbäth (s. S a b b a t , S a m s t a g ) wird im Jüd.-Dt. zu schabbes. Entwicklung von ih zu s auch im hess. rheinländ. makkes 'Schläge' aus hebr. makköth (vgl. Stuß). Gebucht wird S c h a b b e s seit Kindleben 1781 Stud.-Lex. 166; offenbar haben hallische Theologen vermittelt. Dazu S c h a b b e s - G o i 'Christ, der am S. die dem Juden verbotenen Handlungen leistet' (zu hebr. göj 'Volk, Heiden'); S c h a b b e s - S c h m u s 'müßiges Gerede': S c h a b b e s - D e c k e l 'breiter Sabbatshut; schlechte Kopfbedeckung', in Österreich 'Zylinderhut'. Bei der Minderung des Sinnes hat wohl der Nebengedanke an s c h ä b i g mitgewirkt. Schabe 1 /. Das Wollfäden und Pelzwerk zerstörende Insekt heißt mhd. schabe. Ahd. *scaba ist nicht belegt, doch sichert ags. mœlsceafa 'Raupe' das westgerm. Alter der Bildung. Neben M o t t e (s. d. und Kretschmer 1918 Wortgeogr. 339f.) ist S c h a b e das obd. Wort: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 35.101.110. Von s c h a b e n , s. d. — Nach der Wortkarte 'Motte' von Th. Schumacher bei Mitzka, Dt. Wortatlas I (1952) nimmt S c h a b e vom Elsaß über das Neckarland das Obd. ein, doch ist ein Gebiet mit Milbe (s. d.) in der Bedeutung 'Motte' s. Stuttgart bis über den unteren Bodensee in die Schweiz eingeschlossen. Neben Motte hat S c h a b e diese Bedeutung an der Mosel, in Mittelpommern und seiner südöstl. Nachbarschaft. S. s c h ä b i g , Motte. Schabe 3 /. 'Schabeisen', mhd. schabe, ahd. scaba, scapa 'Schabeisen, Hobel'; dazu gleich-
Schabe
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bed. mnd. mnl. schave f., nnl. schaaf, ags. sceafa m., anord. skafa f . Von s c h a b e n , s. d. Schabe 3 /. ,auch m. "das Insekt blatta, Küchenschabe', s. K a k e r l a k . Im Venedischen, dem Bair. benachbart, wird s'eiavo 'Slawe' dt. Schabe, obd. wie tschech. poln. Schwab(e), vgl. dt. Russe, russ. prusdk 'Preuße', poln. /ranetta, prusak. H.Lüdke, Zfd Wortfg.N. F. 4 (1960) 187. Schabe s. S c h i e f e r . schaben schw., früher st. Ztw. Das st. Part, g e s c h a h e n hat sich bis ins Frühnhd., im dt. Südwesten noch länger gehalten. Das Ztw. ist gemeingerm.: mhd. schaben, ahd. got. skaban, asächs. seaban, mnd. nnl. Schaven, mnl. scaven, ags. sceafan, engl, shave, anord. skafa, schwed. skava, dän. skave. An Hauptwörtern stehen daneben S c h a b e 1 und *, S c h ä b s , S c h a f t , S c h u p p e , ags. sceabb, anord. skabb 'Krätze', asächs. scavatho 'Räude'. Mit gr. skdptö 'grabe' und lit. sköpti 'aushöhlen' zur Wurzel *skap'schaben', s. s c h a f f e n . Bei uns ist der einst umfassende Bereich von s c h a b e n eingeschränkt, seit der Fisch geschuppt, der Tintenfleck radiert und der Bart rasiert wird. Schabernack m. Als Name eines mrhein. Rebguts tritt 1200 ge Schabernakken auf (Mrhein. Urk.-B. 2, 380). Den damit vorausgesetzten Besitzernamen trägt der Zeuge einer hess. Urkunde von 1226 Wigandus Scàbernach (Hess. Urkunden 1, 69 Baur). Im gleichen Raum lebt Schalirnnack als Frankfurter Fam.-Name 1368 (Brechenmacher 1928 Dt. Namenbuch 324), ihm entstammen die fünf Weiler, Vorwerke und Höfe S c h a b e r n a c k sowie die S c h a b e r n a c k m ü h l e bei Eugen Huhn 1849 Top. Lex. 6, 788. Überall ist ini. -δ- fest. Mhd. ν ( = /) zeigt schavernac m. 'Beschimpfung' Neidh. v. Reuenthal 64,13, das (in seiner Bed. zu'Possen' gemildert) fortlebt, als Schaffernack Nürnb. 1480 Dt. Texte des Mittelalters 14, 420, 6 Euling. Zu diesem Sch. stellen sich mnd. schavemak 'Spott', nd. (16. Jh.) schavernacken 'verspotten*. Soweit hier nhd. -bgilt, beruht es auf Einwirkung des ersten Sch. Ein drittes schavernac, zuerst in einem österr. Pseudo-Neidhart (Haupt XLVII, 12) bedeutet nach S. Singer 1920 Neidh.-Studien 18 'Südwein' und ist nach M. Heyne 1901 Dt. Nahrungswesen 373 und Kluyver 1907 Zs. f. d. Wortf. 9, 3ff. urspr. 'Wein von Chiavenna'. schäbig Adj. mhd. schçbic, daneben mit bb mnd. nnl. ostfries. schabbig, mnl. schabbich, engl, (seit 1679) shabby und (als alte Entlehnung aus dem Nord.) scabby 'räudig'. Kernstück der germ. Tierhaltung war die Schafzucht (s. Vieh). Die von Hautkrankheiten befallenen Schafe reiben sich an den andern und verbreiten so die Seuchen. Von da aus haben die germ. Ausdrücke für 'räudig, krätzig' ihr Gebiet ausgedehnt:
schachern
r ä u d i g e s Schaf (dän.-norw. skabbet faar) ist sprichwörtlich verallgemeinert. Auch nhd. s c h ä big, vom heutigen Sprachgefühl zu s c h a b e n bezogen, geht vielmehr vom F. S c h a b e 'Krätze' aus: befallene Tiere wirken häßlich. S . S c h a b e . Schablone /. Frz. échantillon 'Probe, Muster', gelangt an den Niederrhein und ergibt unter Einfluß von mnl. scampen 'behauen' in Kleve 1477 sc(h)amplioen, im 16. Jh. nl. schampelioen, nd. schampelün·, hieraus älter dän. skampelun, älter schwed. skamplun 'Vorbild, Muster, Modell'. Unter Einfluß von s c h a b e n verliert dae Wort sein m. Die Form S c h a b i o n wird bei uns nicht vor Jacobsson in Berlin 1783 greifbar, ist aber nach Ausweis des daraus entlehnten dän. schwed. skabelon älter. Schabracke /. eine Erinnerung an die Türkenkriege: tiirk. (aprale 'Satteldecke' (zu iap 'bedecken') erscheint als S c h a b e r a c k e Grimmelshausen 1669 Simpl. 242, T s c h a b r a k e n Francisci 1671 Lust. Schaubühne 2, 721. Durch das Nhd. vermittelt sind nl. schabrak, dän, skaberak, schwed. skabrak. Bielfeldt 21. Schaeh n. Die Heimat des Spiels ist Indien: es wurde durch die Perser den Arabern und durch sie im 11. Jh. den europ. Sprachen vermittelt, die es alle kennen. Der Name stammt aus pers. Sah 'König' und ist eines mit S c h a h ; ihm entspricht afrz. eschac 'Schach, schachbietender Zug', entlehnt zu mnl. scaec (nnl. schaak). Mit Umsetzung des k in hd. ch (wie bei R o c h e , s. d.) ergab sich seit etwa 1200 mhd. schäch m. — 'Schachbrett' ist mhd. schächzabel ; darin ist zabel, ahd. zabal 'Spielbrett' aus lat. tabula vor der hd. Lautverschiebung entlehnt. S. m a t t , t a n z e n . SchScher m. ahd. scähhäri, mhd. schâchœre, mnl. afries. scäker, ags. scêacere 'Räuber': zu ahd. scah, mhd. schäch, mnd. schäk, afries. skak 'Raub', wozu auch nl. schaken, mnd. schäken, afries. skéka 'rauben'. Aus dem Germ, entlehnt sind afrz. échec, comask. scac 'Raub', altlombard. scacar 'plündern'. Man setzt eine Grundbed. 'schnelles Zugreifen' an und vermutet Verwandtschaft mit dem st. Ztw. asächs. skakan 'schnellen', ags. sceacan 'sich rasch bewegen', anord. skaka 'schütteln'. Außergerm. Beziehungen sind ungesichert; unter Voraussetzung von idg. *(s)keg' eilen' vergliche sich aind. khdjati 'rührt um'. gehaehern schw. Ztw. Zu hebr. sähar 'im Land umherziehen', nhebr. 'als Händler herumziehen' (Lokotsch 1927 Etym. Wb. 1763) gehört als Part. rotw. socher 'herumziehender Kaufmann' (DWb. 10, 1, 1389; S. A. Wolf 1956 Wb. d. Rotw. 4775). In nhd. Text erscheinen eschachern Rinkart 1613 Eisl. Ritter 1439; s c h a c h e r n Scheraeus 1619Sprachenschule 231 ; G e l d s c h a c h e r e r Comenius 1639 Janua 237. Stieler (1691)
schachmatt
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1701 läßt erkennen, daß die lautliche Entwicklung durch Anlehnung an die Sippe von S c h a c h e r (s.d.) gestört ist: „Schachern, geschachert pfopr. insidias struere,praedam agere, latrocinan; deinde in commerciis fraudulenter et ad suum commodum agere, callide mercari. Judaei dicunt Sachern." Entspr. nnl. schacheren, schachelen; schacheraar. schachmatt Adj. verbindet ein pers. mit einem arab. Wort, s. S c h a c h und m a t t . Die Araber riefen esch-schäh mal 'der König ist gestorben' (Littmann 1924 Morgenl. Wörter 116). Daraus ital. scacco matto, mhd. (seit 1337) schächmat als Zuruf im Schachspiel. Aus einer westeurop. Formel (span, jaque y mate, frz. échec et mat) stammt mhd. schâch unde mat. Die übertragene Bed. "zum Sterben müde' zeigt s c h a c h ( t ) m a t t seit dem letzten Drittel des 16. Jh. — Für 'mattsetzen' bildet Luther 1621 Weim. Ausg. 7, 677, 15 schachmatten. Schacht1 m. in dieser nnd. Lautform aus dem frühen Harzer Bergbau stammend, im Erzgebirge aufgenommen u. von da aus weit verbreitet (auch dän. schwed. skakt, russ. ¡achia kommen daher), als schaht erster lit. Beleg im 13. Jh. ostmd. Passional (Röpke 688, 30). Die ältere obd. Form S c h a f t ist 1208 in der Trident. Bergordnung als xafetus bezeugt, dem engl. shaft entspricht. Das Wort hat seine Bedeutung erweitert: ursprüngl. war es die Meßstange, dann die damit festgelegte quadrat. Fläche, schließt, die Grube selbst. Die Etym. ist dunkel, Grimm, Gramm. II 208 verweist auf scacan. H. Wolf 1968 Bergmspr. 28, 104, 208. — Bedeutungsübertragung in Fahrstuhlschacht. Schacht2 m. 'Quadratrute'. Mhd. schaft 'Speerstange' geht in die Bed. 'Meßstange' über und entwickelt nach nd. nl. Lautgesetz die Form schacht (s. a n r ü c h i g ) , die in Fügungen wie schacht lands schon im 16. Jh. ein Flächenmaß bezeichnet. Mit anderm Bed.-Wandel wird die Stange zum Prügel: holst, kriggs wat mit'η Schacht. Daher bei Fritz Reuter S c h a c h t k r i e g e n 'geprügelt werden'. Schachtel /. Das germ. M., das zuerst als got. skatts 'Geld(stück)' begegnet (s. S c h a t z ) , ergibt mlat. scattila '(Geld-)Schrein', ital. (bezeugt seit Mitte des 14. Jh.) scatola 'Schachtel'. Wort u. Sache, in Tirol schon 1420 nachgewiesen, gelangen mit ital. Händlern über die Alpen. Im zweiten Viertel des 16. Jh. erscheinen obd. scat(t)el, sgatelle, später in demselben Jh. scalei, schattet, dies auch schon als 'weibl. Glied' (wie a l t e S c h a c h t e l mit Pars pro loto bis heute lebt; vgl. bair.-österr. B ü c h s e : P. Kretschmer, Wortgeogr. 1918 S. 594). In Tirol leben §gat¡ f., Verkl. Sgatlele n., in Altbayern Sgail n. 'Tüte' bis heute. Zu der jüngeren Form S c h a c h t e l führt der bei
Schade(n)
S p a c h t e l (s. d.) behandelte Lautwandel; sie tritt (gesichert durch den Reim auf W a c h t e l ) seit Ende des 15. Jh. hervor und gewinnt im 16. Jh. nach Norden zu Raum, fehlt aber z. B. noch bei Schottelius in Braunschweig 1663. — Unmittelbare Entlehnung des mlat. scatula führt zu S c h a t t u l bei Olearius 1647 Pers. Reise 2, 4. Stieler (Erfurt 1691) bewahrt in S k a t u l l e (neben S c h a t u l l e ) den fremden Anlaut. Im 18. Jh. wird S c h a t u l l e , zierlicher und feierlicher als S c h a c h t e l , zum Wort der Höfe und der Vornehmen; dabei wird frz. chatouille maßgebend für Anlaut und Zweibetonung. Virg. Moser 1938 Zs. f. Mundartforsch. 14, 70ff.; E. öhmann, Neuphil. Mitt. 1941, 115 ff. Schachtelhalm m. Equisetum wird seit alters zum Putzen verwendet, wie auf dem Lande damit heute noch Gefäße gescheuert werden. Darauf beruhen die Namen F e g e - , S c h e u e r - , Zinn-, Kannenkraut, Kandelwisch, schwed. skuregräs, norw. tvogestylk, dän. skavgrces, engl, shavegrass. Zu s c h a b e n gehört germ. *skafti- 'Schachtelhalm', zu erschließen aus norw. skjefte(gras), schwed. skäfte, skafgräs, mnd. schafrisch, -rusch, -riet, mhd. schaftel, schafthöuwe, frühnhd. schaftheu, schwäb. schäfzgehau, Schweiz, schaftelen. Dazu mit nd. cht für hd. ft (s. a n r ü c h i g ) nhd. S c h a c h t e l h a l m , zuerst bei Frisch (Berlin 1741). Der Lautwandel war mit einer Umdeutung verbunden, die dadurch erleichtert wurde, daß bei Equisetum die einzelnen Achsenglieder förmlich schachtelartig in Tüten stecken. — Volkstümliche Bezeichnungen wie die obigen und das von den Niederländern des 12. Jh. ins Brandenburgische mitgebrachte und bis Ostpreußen ausgestrahlte Hermoos aus 'herb' und mnd. mos 'Futter' nennt H. Marzell Wb. d. dt. Pflanzennamen 2, 233. S. R ü b e z a h l . Schächten Ztw. aus hebr. Sächat 'schlachten', in dt. Text seit Moscherosch 1660 Ges. 1, 424. Daneben s c h a c h t e n (z. B. Weitenauer 1768 Zweifel von d. dt. Sprache 67), das näher beim hebr. Vorbild bleibt. Der Umlaut stammt wohl aus S c h ä c h t e r m., das seinerseits an S c h l ä c h t e r angelehnt ist. In Frankfurt a. M. Ende des 15. Jh. secher: K. Bücher 1886 Bevölk. v. Frankf. 1, 643. Schadchen m. n. 'Heiratsvermittler' von gleichbed. aram. schad(dë)khân. Ν. nur in dt. Mund, nach dem Vorbild der Verkl. auf - c h e n : Littmann 1924 Morgenl. Wörter 46; G. Schoppe, Neuphil. Mitt. 1924, 64. Zu jidd. schudchon *Ehestifter, Kuppler': S. A. Wolf 1956 Wb. d. Rotwelschen 277. Schade(n) m. mhd. nnl. schade, ahd. scado, asächs. skatho, mnl. scade, afries. skatha, ags. sceadu, anord. skadi (hieraus entlehnt engl.
Schädel
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scathe), dän. shade, schwed. skada 'Nachteil, Verderben'. Neben den en-Bildungen ein gleichbed. es-Stamm in got. skapis (aus *sla(hes-) n. Mit Ablaut anord. sköd ». 'Ungemach, Elend', skedr 'schädlich'. Ein Nomen agentis in ahd. scado, asächs. skatho, ags. sceada m. 'Schädiger, Feind'. Das Ztw. s c h a d e n , schwach mhd. nnl. schaden, ahd. skadön, -èn, asächs. skathon, anfr. scathan, -on, mnl. scaden, afries. skçthia, ags. sceaôian, anord. skçôja mit dem urnord. Imperativ skapi 'beschädige'; stark ags. scieddan, anord. skada, got. skapjan, sköp. Außergerm, vergleicht sich mit Sicherheit nur gr. askèdes 'schadlos, unversehrt'. Wurzel *skèth-: *skdlh-·. *sköth- 'schädigen'. — Das präd. Adj. s c h a d e 'bedauerlich' ist in mhd. Zeit aus dem M. entwickelt. SeMdel m. mhd. sehêdel (auch als Trockenmaß), hirnschêdel, mnl. scedel 'Deckel, Augenlid', nnl. Ma. scheel 'Deckel', engl, skull, schwed. mundartl. skulle 'Schädel'; den andern germ. Sprachen fremd (dafür ahd. gëbal = gr. kephalê, s. Giebel), in obd. Mundarten dafür Hirn. Noch Frisch 1741 bucht Schedel 'caput' als „vulg. und spöttlich"; ohne Vorbehalt bei Stieler 1691 und Steinbach 1734. Germ. *skiplaaus idg. *skitlo- gehört unter die Dentalerweiterungen der idg. Wurzel *skei- 'schneiden' (s. s c h e i d e n ) : R. Hildebrand, in: Dt. Wortfg. I I I hg. L. E. Schmitt. — Für 'Kopfschmerz' (s. d.) gilt neben K o p f w e h weithin im Obd. S c h ä d e l weh. A u g e n s c h ä d e l für 'Augenbraue' (s. d.) zwischen Bamberg und Nürnberg zeigt noch die alte Bedeutung 'Deckel'. Schadenersatz m. zus.-gebildet aus der Formel „einen Schaden ersetzen". Gebucht seit Campe, doch nicht von ihm gebildet: Zeichnung der Univ. Jena (1798) 102. Schadenfreude /. Für libitinariorum vota (Seneca, De benefieiis 6, 38, 4) sagt Ostermann 1691 17oc. anal. 15 Schadenfrewd. Schadenfroh schon bei Barth, Weiberspiegel (Leipz. 1666) M 8». Κ. Heisig in Zs. „Eine heilige Kirche" 193. Schal n. Mhd. schäf, ahd. scäf, asächs. anfr. scäp, mnd. schäp, mnl. scaep, nnl. schaap, afries. skép, ags. scèap, engl, sheep führen auf westgerm. *skepo-m n. Das ungedeutete Wort ist nach Edw. Schröder 1898 Zs. f. dt. Alt. 42, 69 ein Zeugnis des Fortschritts, den die Schafzucht bei den Westgermanen früh gemacht hat. Ostgerm. gilt L a m m (s. d.), anord. fier, schwed. fär, dän. faar (die Mz. in anord. Fœr-eyjar, dän. Fœreer 'Schafinseln') aus germ. *fahaz, idg. *po&OS 'Wolltier', wozu gr. pôkos m. 'abgeschorene Wolle', ablautend pékos 'Schaffell mit der Wolle' (s. lat. pecus unter Vieh). S c h a f hat bei uns das idg. *oy,is zurückgedrängt; landschaftlich hat es sich in Aue /. 'weibliches Schaf' erhalten,
S chäff 1er
s.d. H. Palander 1899 Ahd. Tiernamen 121; E. Hahn 1918 Reallex. d. Germ. Alt.-Kde. 4, 88 ff. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautund Wortbildungsgeographie zu 'Schäfchen' auf den Karten 68, 69. Schälerstunde /. Lehnübersetzung des frz. heure du berger. Seit Rädlein (Leipzig 1711) 760». Schall n. 'Gefäß, Faß*. Auf den Verbalstamm *skab- 'schnitzend gestalten' geht mit s c h a f f e n , - s c h a f t , S c h e f f e l und s c h ö p f e n (s. d.) auch westgerm. *skap n. zurück. Es erscheint in afries. skçp, mnl. schap, asächs. skap 'Bottich' und ahd. skaph, skaf, mhd. schaf, schaffes 'Gefäß (für Flüssigkeiten)'. Aus mnd. schap, das aus der Grundbed. 'Ausgehöhltes' früh in die von 'Schrank' übergegangen war, ist spätanord. skap 'Spind' entlehnt. Die frühere Annahme, alle diese Gefäßbezeichnungen stammten aus lat. scap(hyium 'Becken, Schale, Geschirr', scheitert an dem ablautenden Fem. mnd. schope 'Schöpfkelle', mhd. schuofe 'Schöpfgefäß': durch den Ablaut ist die Sippe als echt germ, gesichert. — Hd. S c h a f f , das in älterer Sprache für alle offene Böttcherware mit senkrechten Wänden gilt, fehlt in Luthers ostmd. Heimat, damit in seiner Bibel und im Nhd. Umgangssprachl. hält es sich im gesamten Süden von Siebenbürgen bis Baden, nordwärts bis Schlesien und zum Vogtland. Neben S c h a f f 'Behältnis' (s. d.) gilt westobd. S c h a f t (mit jungem -t wie H ü f t e , S a f t , W e r f t ) 'Regal, (vorn offener) Schrank, Rahmen', auch in den Zus.-Setzungen B ü c h e r - , G e s c h i r r - , H a f e n - , K ü c h e n s c h a f t : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 74, 160, 474. Vgl. S c h ä n k . sehaüen Ztw., mhd. schaffen, ahd. scaffan, -ön 'bewirken, ordnen, tun'; daneben gleichbed. mhd. schöpfen usw. (s. S c h ö f f e , s c h ö p f e n , S c h ö p f e r ) : mit lat. scabo 'kratze', scaber 'rauh, krätzig', scobis 'SchababfalF, alat. scdbres 'rauh, schäbig'; russ. skobel' 'Schabeisen', skoblit' 'schaben' ; lit. skabö 'schneiden, hauen', skabùs 'scharf', skobti 'aushöhlen', lett. skabrs 'splittrig, scharf' zur Wurzel *skab-, die in der Urzeit von der Arbeit mit dem steinernen Schaber galt, nachmals zum umfassenden Sinn 'schaffen' erweitert wurde, während die Nebenform *skap- (s. s c h a b e n ) in der Grundbedeutung erhalten blieb. — In heutiger Umgangssprache ist s c h a f f e n das südwestdt. Wort für 'arbeiten', das bair.-österr. für 'befehlen, bestellen'. Die Grenzen ziehen Kretschmer 92 f., Jos. Müller 1931 Nachr.-Bl. f. rhein. Heimatpfl. 3, 92; F. Beranek 1965 im Stifterjahrbuch 4, 124: ( a b schaffen. Schattier m. 'Böttcher' mhd. scheffelcere: zu S c h a f f (s.d.), vor allem in der Südhälfte
Schaffner
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Bayerns, doch auch von der Oberpfalz bis ins Allgäu. Dazu S c h ä f f l e r t a n z , der altbair. Fastnachttanz der Böttchergesellen: Schmeller »2, 376f.; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 145,147. Schaffner m. mhd. schaffendere 'Anordner, Aufseher, Verwalter', neben gleichbed. schaffœre: zu s c h a f f e n . Vgl. S c h ö f f e . Schafgarbe f. heißt der Korbblütler Achillea millefolium L. seit 1470, weil ihn die Schafe gern fressen. Auch der Schweiz. Name L ä m m lizung und der schles. L ä m m e r k r e i t i c h stellen diese Beziehung her. Mhd. mnd. garwe, ahd. gar(a)wa, mnl. garwe, gherwe, nnl. gerwe (mit er aus ar vor Lippenlaut), ags. gearwe, engl. yarrow weisen auf Benennung durch die westgerm. Schafzüchter. Dan. garbe ist aus dem Nhd. entlehnt. Verwandtschaft mit gar (germ. * garwar) ist möglich: dann hieße die Pflanze 'die Bereitgestellte' wegen ihrer ausgedehnten Verwendung als Wundkraut. Maizell Wb. 1, 82. Schafott n. Das unter K a t a f a l k (s. d.) entwickelte volkslat. *catafalcium hat eine mlat. Nebenform *exeatafalicum 'Gerüst', auf der westeurop. Wörter wie frz. échafaud 'Baugerüst' und engl, scaffold 'Gerüst' beruhen. Uns erreicht die roman. Wortsippe über das daraus entlehnte nnl. schavot ». 'Tribüne', seit Ende des 15. J h . auch 'Gerüst, auf dem Missetäter erst zur Schau gestellt, dann gerichtet werden'. S c h a u o t t 'Blutgerüst' bietet 1587 die Beschr. v. d. Königin in England (bei Buchner, Das Neueste von gestern 1, Nr. 9), S k a v o t 'Schaugerüst' J . Lauremberg 1649 Scherzged. 317 Schröder, E c h a f a u d Scheibner 1695, S c h a f f o u t die Voss. Ztg. 1728, Nr. 100, S c h a v o t t e Geliert 1747 Kranke Frau 1, 11. Dan. skafot und schwed. chavott sind durch das Nhd. vermittelt. Das Ersatz wort B l u t g e r ü s t wagt Ph. Zesen 1661 Verschmähte Majestät 147. Schaft m. mhd. schaff, ahd. scaft 'Speer, Lanze', asächs. skafl 'Speer', anfr. scaft 'Pfeil', ags. sceaft m., engl, shaft, anord. skapt n. 'Stange, Spieß' (vgl. S c h a c h t 2 ) . Zunächst stehen gr. skèptron 'Stab, Zepter', wozu dor. (Pindar) skäplon 'Stab', (Grammatiker Hesych skäpos 'Zweig', lat. scäpus 'Schaft', alb. Skop aus *skäp-, uspr. 'Geschabtes' (zu s c h a b e n , s. d.). Der Schaft der Urzeit war ein mit dem steinernen Schaber seiner Rinde beraubter und geglätteter junger Baum. •Schaft Ableitungssilbe. Zu der unter s c h a f fen (s. d.) entwickelten Wurzel *skal·- gehört ahd. scaf m. «., mhd. Schaft f. 'Beschaffenheit' (ags. gesceape, engl, shape 'Gestalt'), das schon im älteren Ahd. Abstrakta wie fiant-, friuntscaf bilden hilft. Seit dem 9. J h . tritt -t an (s. S c h a f t ' ) : spätahd. Iota-, bruoderscaft, mhd. ritterschaft konnten aus Zustandsbezeich-
schal
nungen ('Beschaffenheit eines Boten, Ritters') zu Sammelbegriffen ('Gesamtheit der Brüder, Ritter') werden; B ü r g e r - , J u d e n - , K n a p p s c h a f t sind von vornherein so gemeint. In den verwandten Sprachen entsprechen asächs. mnl. -scap, nnl. schap, anord. -skapr, schwed. -skap, dän. -skab. Daneben asächs. -scepi, -scipi, afries. -skip(i), ags. -sci(e)pe, engl. ship. Schah m. Pers. iah 'König' (s. S c h a c h ) ist als Bezeichnung des Herrschers von Persien im 19. J h . in die europ. Sprachen gedrungen: Lokotsch 1927 Etym. Wb. 1762. Schakal m. Cards aureus heißt aind. érgalá. Über pers. Sägäl gelangt der Tiername zu Olearius 1647 Reisebeschr. 278 und Andersen 1669 Orient. Reisebeschr. 46. Späteres Vorkommen kann auch durch türk. iakal vermittelt sein. schäkern schw. Ztw. Aus jidd. chek 'Busen, weibl. Schoß', wozu seit Anfang des 18. J h . schäkern, (t)schekern, schäkern 'kosen, tändeln, Mutwillen treiben' belegt ist. Die Bed. 'lügen' in rotw. schäkern liegt zu fern. S. A. Wolf Wb. 4787. Das Synonym zu 'Elster' S c h a k e l s t e r , S c h a c k e l s t e r nimmt zwar eine große Fläche von der nächsten Umgegend Berlins bis ins Obersächsische ein, kann aber nur auf die Vogelstimme bezogen werden. Schal m. Pers. Ιάϊ 'Umschlagtuch', nach dem Ort der ersten Herstellung, der ind. Stadt Schäliät benannt, ergibt 1662 engl, shawl (von da nnl. sjaal, frz. châle). 1810 erscheinen Wort und Sache in Wien, kurz danach in Berlin (Königin Luise). 1813 bucht Campe „Shawl (sprich Schaal)" Lokotsch 1802; Stiven 43; W. Fischer 1943 Dt. Wortgesch. 2,377; Ganz, Einfl. d. Engl. 196. schal Adj. Zum Verbalstamm *skel- 'austrocknen, dörren' gehören (mit gleichbed. gr. skéllein und skeletós 'ausgetrocknet; Skelett' sowie sklérós 'trocken') mengl. shalowe 'matt, seicht', engl, shallow 'seicht, flach' sowie schwed. skäll 'dünn, fade, säuerlich' (von der Milch), 'mager' (vom Boden). Dem schwed. Adj. am nächsten steht mnd. spätmhd. schal 'fade' (vom Geschmack), 'trüb, unklar' (vom Aussehen), nd. schal 'trocken, dürr'. Das seit dem 13. J h . belegbare, urspr. nd. Wort tritt in md. Quellen seit dem 14. J h . auf. Im 16. J h . wird s. von Mittel- und Norddeutschen wie Scheidt, Spangenberg, Ringwald und Rollenhagen gebraucht. Bei Luther nur außerhalb der Bibel, gebucht seit Alberus 1540. Dazu mhd. (13./14. Jh.) schaln, verschaln 'trüb werden', nl. (seit 1598) verschalen 'schal werden'. Mundartl. gilt s. in Hessen, am Main und im Nd., obd. dafür s e i g e r : v. Bahder 1925 Wortwahl 38f.; Luise Berthold, Hess.-nass. Vwb. 3, 81. S. h e l l i g e n .
Schale
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Schale1 /. 'Hülse von Frucht, Ei usw.', mit S c h a l e 1 äußerlich zus.-gefallen, soweit altes ä in offner Tonsilbe gedehnt ist. Ahd. scala, mhd. schal, mnd. schale, mnl. scale, ags. scealu 'Schale', engl, shale 'Schieferton'. Dazu got. skalja f . 'Ziegel', urspr. 'Schindel, Schuppenartiges', anord. skel f., ags. (angl.) scell, engl, shell 'Schale, Muschel' (s. S c h e l l f i s c h ) , nl. schil f . 'Schale, Hülse'. Aus germ. * skalja- stammen ital. scaglia, afrz. escaille, engl, scale, frz. écaille 'Schuppe'. Man zieht die germ. Sippe zu einer Wz. *skel- 'schneiden' (s. S c h a l e ' , S c h e l f e , S c h i l d , Scholle 1 ); dazu auch russ.-kslaw. skollka 'Muschel', russ. skalina 'Rinde'. Sch. in der Bed. 'Rinde' des Nadel-, Laubbaums vgl. Luise Berthold, Hess.-nass. Volkswb. 3, 83. — Von S c h a l e 1 abgeleitet ist s c h ä l e n schw. Ztw., ahd. scfllen, mhd. schein, nd. schellen 'abstreifen, abschälen'. Dazu wieder westfäl. schelle f . 'weiche Schale von Obst und Kartoffeln': H. Güntert 1932 Labyrinth 40f. Vgl. S c h e l l f i s c h . Schale2 f . 'Trinkschale', mit altem ä aus germ, ê: mhd. schäle, ahd. asächs. skäla, anord. skäla f . 'Trink-, Waagschale'. Der nhd. verwischte Unterschied gegen S c h a l e 1 ist mundartl. bewahrt (Holthausen 1886 Beitr. 11, 651. 666): westfäl. aier-Säle gegen Säle 'Trinkschale', nordfries. skal 'Muschelschale' gegen skeel 'Napf', dän. schwed. skal 'Waagschale' gegen dän. skaal, schwed. skál 'Trinkschale'. Das germ. Grundwort *skêlô bezeichnet nach Paulus Diaconus urspr. nur die aus Schädeln hergestellten Trinkschalen: *skelä- ist ursprünglich die von den übrigen Kopfknochen getrennte Hirnschale, dehnstufig zur Wurzel *skel· 'schneiden' (s. Schale 1 ). Nhd. ist das Gebiet von Schale* stark eingeschränkt durch das Fremdwort T a s s e . Umgangssprachl. herrscht „eine Schale, ein Schälchen, Schalerl Kaffee, Tee" von Thüringen bis Siebenbürgen: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 621f. Schälhengst m. frühnhd. schelhengsi Luther 1631 Sir. 33, 6: verdeutlichende Zus.-Setzung mit mhd. schel(e), ahd. scelo m. 'Zuchthengst; männl. Elentier'. Dazu b e s c h ä l e n . Die unter S c h a l k entwickelte idg. Wurzel *(s)ícel- 'springen' hat im Germ, die Bedeutung 'bespringen' angenommen. Schalk m. ist in der Bedeutung 'Knecht' gemeingerm.: mhd. nnl. schalk, ahd. asächs. anfr. mnl. afries. scalc, ags. scealc (daneben scielcen 'Magd'), spätanord. skalkr, dän. schwed. skalk, got. skalks. Aus dem Germ, entlehnt ist ital. scalco 'Küchenmeister, Vorschneider'; auch M a r - und S e n e s c h a l l haben den Weg übers Roman, genommen. Der Ursprung bleibt schwierig trotz H. Güntert 1932 Labyrinth 40f.
schalten
Ausgeschlossen ist Entlehnung aus air. scolóc 'Erdarbeiter, Leibeigner' (mit ban-seál 'Sklavin'). K. Brugmann, Idg. Forsch. 19, 385 vermutet eine Grundbedeutung 'Springer, Laufbursche' und Dissimilation aus germ. *skal-(s)ka: dann bestünde Verwandtschaft mit b e s c h ä l e n , S c h ä l h e n g s t (s.d.), mhd. schei 'springend, auffahrend, aufgebracht' schellec 'springend, zornig, wild', außergerm. mit aind. çalabhà'Heuschrecke', çâlûra- 'Frosch', lit. üuolys 'Galopp', lett. suolis 'Schritt'; idg. Wurzel *(s)fcel'springen'. — Die nhd. Entwicklung zu freundlicherem Sinn („eine Person, die mit Heiterkeit und Schadenfreude jemand einen Possen spielt" Goethe) vergleicht sich der von S c h e l m , etwa auch der von R a n g e . Schall m. ahd. seal (II), mhd. schal (II). Dazu s c h a l l e n schw. Ztw., mhd. schellen 'tönen lassen', anord. skjalla 'rasseln' mit skgll 'Bellen, Lärm' ; aus dem Ztw. entlehnt die roman. Sippe von ital. squillare 'klingen'. Nächst verwandt ist lett. sleali 'helltönend, laut, klar (von der Luft)', lit. skäliju 'fortgesetzt bellen', tschech. skoliti 'belfern'. Neben *skel-: *skol- stand idg. *kel- : *kalr in h a l l e n , hell. S. S c h e l l e , s c h e l t e n , verschollen. Schalmei /. Zu gr. kalamos 'Rohr' (urverwandt mit H a l m , s.d.) gehört kalamaia 'Rohrpfeife'. Es ergibt, von Kreuzfahrern des 12. Jh. nach Frankreich gebracht, gleichbed. afrz. ehalemie und (noch vor 1300) mhd. schal(e)ml(e). Durch das Hd. vermittelt sind mnd. mnl. schalmei(d)e, nnl. schalmei, dän. skalmei(e), schwed. skalmeja. Das zunächst ritterliche Blasinstrument gelangt unter sachlichen Veränderungen im 15. Jh. zu Spielleuten, Türmern und Hirten; von der Schäferdichtung des 17. Jh. her haftet an ihm bis heute der schäferliche Klang. — Zum Fortleben in den Mundarten: Luise Berthold, Hess.nass. Volkswb. 3, 88; Dt. Volkskundeatlas Frage 123. Schalotte /. Bei Askalon im südl. Palästina ist die Zwiebelart (cepa) ascalonia heimisch. Von da aprov. escalonha, afrz. eschaloigne, woraus mit Suffixwechsel frz. échalotte, engl. shallot. Auf dt. Sprachboden erscheint S c h a l o t t e zuerst in Zug 1687 (Schweiz. Id. 8, 654). Seit Amaranthes 1715 Frauenz.-Lex. 1703 verdrängt das Fremdwort das aus mlat. ascalonicum eingedeutschte A s c h l a u c h (ahd. asclouh Zs. f. d. Wortf. 6, 176f., mhd. aschlouch). Mundartl. wird S. entstellt zu S c h a r l o t t e , S c h ( e ) l o t t e , S c h l u t t e : H. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 195ff. schalten Ztw. ahd. scaltan 'stoßen', asächs. skaldan '(ein Schiff) fortschieben', mhd. schalten 'stoßen, schieben (bes. ein Schiff), in Bewegung setzen' (vgl. nl. schouwen). Die Entwick-
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Schaluppe
Schänk
lung zu 'lenken' im Nhd., an der die Reimformel 1836 Encycl. Wb. d. Landbaukunst 68). Die s c h a l t e n u n d w a l t e n beteiligt ist, vergleicht ältere Form ist C h a r m o t t e (D. Sanders 1871 sich der von lat. gubernäre. In S c h a l t e r m. n. Fremdwb. 1, 196). Im 18. Jh. von ital. Por'Schiebfenster', m h d . Schalter, schflter 'Riegel' zellanarbeitern in Thüringen sc(i)armotti beschimmert die Grundbed. durch, deutlicher noch nannt nach scharm, der thür. Form des schriftin der nd. Bed. 'Ruderstange' (Voß). Von sinn- sprachl. S c h e r b e n : K. Krause 1938 Wörter u. lichem 'Einschieben' geht S c h a l t j a h r (ahd. Sachen 19, 168. scalt- m h d . sehaltjär) n. aus. Die D e u t u n g h a t schamper Adj. 'zuchtlos', frühnhd. entwickelt offenbar auszugehen vom F. S c h a l t e 'Schub-, aus mhd. schantbcere 'Schande bringend' (vgl. Stoßstange, B o o t s h a k e n ' , m h d . schalte, a h d . scal- nl. schamper 'höhnisch'), tb hat ρ ergeben wie ta, *skol-dhä '(abgeschnittene) Stange' zur in Liupold aus Liutbold, wilprœte aus wiltbrcete·, Wurzel *(s)kel- 'schneiden' in Schild. J. Trier, der Nasal ist dem folgenden ρ angeglichen, der Venus 178. Vokal der Endsilbe abgeschwächt: Behaghel Schaluppe /. Zu nl. sluipen (— m h d . sliefen 1928 Gesch. d. dt. Sprache 344. 361. — Scham'gleiten, schlüpfen') gehört sloep 'Schiffsboot', p e r l i e d n. hält sich als landschaftl. Bezeichdas erst 1698 greifbar wird, aber als frz. saloupe nung von Schnaderhüpfeln und andern anzügschon 1654 ein nl. Boot bezeichnet. Weiterhin lichen Volksstrophen. f r z . chaloupe, s p a n , chalupa, i t a l . scialuppa. echampunleren Ztw. 'den Kopf waschen': Nachdem von da erstmals 1688 Cialupe in eine hindust. chhämpö, Imp. zu chhämpnä 'kneten dt. Zeitung eingedrungen war, begegnet (als Ent- und pressen' ist zu angloind. schampoo verderbt. lehnung aus dem Frz.) zuerst 1629 Schloupe Von der Behandlung beim tiirk. Bad (so in einem hd. Seetext; Schlupe gilt seit 1647, s c h a m p u i e r e n Sanders 1871 Fremdwb. 2, 477) C h a l o u p e seit Kemnitz 1648 Schwed. Krieg 1, ist das Wort innerhalb des Engl, auf das Kopf66 a : Kluge 1911 Seemannspr. 678. Gebucht waschen übertragen. S c h a u m p u n ( i e r e n ) seit wird S c h a l u p p e zuerst in Stielers Zeitungslust 1914 in Ânlehnung an S c h a u m : Lokotsch 1927 1697. Engl, sloop stammt aus dem Nl., shalopp Etym. Wb. 417. aus dem Frz., dän. schwed. slup aus dem Nd. Schampug m. österr. Scherzausdruck für Scham /. a h d . scarna ' S c h a m g e f ü h l , Be- C h a m p a g n e r (s. d.): aus diesem mit scheinschämung, Schande', mhd. scham(e), schêm(e) gelehrter Endung: Kretschmer 1918 Wort'dasselbe; Schamteile', asächs. skama 'Scham, geogr. 468. B e s c h ä m u n g ' , a n f r . scarna 'reverentia, confusio', Schande f . a h d . scanta, m h d . m n d . n n l . afries. shame 'pudenda', ags. scamu, engl, shame, schände, mnl. scande, afries. skande, ags. scand, a n o r d . skgmm, d ä n . schwed. skam; g o t . * skama f . got. skanda f.: auf germ, -pa- aus -tä- zum
zu erschließen aus skaman sik 'sich schämen', dessen Entsprechungen als schw. Ztw. auf -en, -δη und -jan wieder über alle germ. Sprachen greifen und mit ablautenden Formen wie mhd. mnd. schimen zu nhd. s c h ä m e n führen. Die W u r z e l germ. *skam-:
*skem- a u s idg.
*s£am-:
s few- hält man für eine s-Form der idg. Wurzel *jcam-: *tem- 'bedecken, verhüllen' und verweist wegen der Bedeutung darauf, daß lit. kuvetis 'sich schämen' zur idg. Wurzel *skeu'bedecken' gehört. S. H e m d , L e i c h n a m , Schande. Schamade f . Zu ital. chiamar
(aus l a t . clä-
Stamm von Scham (s. d.), dessen -m vor Dental zu η geworden ist (vgl. Rand). Zum gleichen Stamm ist auf -to- ahd. acant 'schändlich' gebildet, dem ags. scand 'Schurke' und älter dän. skand 'Teufel' bildungsgleich sind. Dazu s c h änd e η 'in Schande bringen',das als schw.Ztw. auf -jan wieder über die meisten germ. Sprachen greift. In der harmlosen Bedeutung 'schelten' (s.d.) zeigt sich s c h ä n d e n als schennen, schenga u. ä. im Rheinland, in der ersten Form weiter nach Westfalen bis über Paderborn hinaus, im Süden bis ins Lothringische und über den unteren Neckar und bis dicht vor Bamberg, so auch in Galizien. Schänk1 m. gemeinhd. 'Verkauf von geistigen Getränken', dazu A u s s c h a n k : Rückbildung aus s c h e n k e n , s. d. Schänk2 m. landschaftlich für 'Schrank', spätmhd. schanc 'Schranke, Gitter; hochstehender hölzerner Behälter mit verschließbarer Tür'. Im 16. Jh. zuerst aus Landschaften wie Hessen, die das r nur leicht anschlagen, somit zu beurteilen wie die r-losen Formen neben ahd.
märe) 'rufen'gehört chiamada /.'Ruf', das in frz. chamade die Bed. 'Trommel- oder Trompetenzeichen zu Rückzug oder Festungsübergabe' annimmt. C h a m a d e schlagen seit 1684 nachgewiesen von Kurrelmeyer 1923 Mod. lang, notes 38, 276. Beflügelt durch Moltkes Urteil über die Emser Depesche vom 13. Juli 1870 „vorher klang es wie Chamade, jetzt wie eine Fanfare" (Bismarck 1898 Ged. u. Erinn. 2, 91). Schamotte f . 'feuerfester Ton', vordem aus den gepulverten Kapseln gewonnen, in denen sprëchan, m h d . strumpf, obd. schramm, m n d . Porzellan gebrannt worden war (J. J. Helfft wrase: W. Wilmanns 1897 Dt. Gramm. 1, 141;
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Schanker
P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 474f. Heute gilt dieses S c h ä n k in hd. Umgangssprache und Mundarten von Elsaß-Lothringen bis Thüringen und Ostfranken; in Hessen: Luise Berthold, Hessen-nass. Volkswb. 3,94 mit Karte. Aber die gesamtdt. Synonymenkarte läßt die Herleitung aus einer Kreuzung von S c h r a n k und Schaff zu: Erika Bauer, Zs. f. Mundartfg. 1956, 262. Schanker m. Lat. cancer 'Krebs' ergibt frz. chancre m. 'krebsartige Krankheit; Geschlechtsleiden'. Sperander bucht 1727 C h a n c r e ; die heutige Form bei Heister 1739 Chirurgie 276. Schanze1 f . 'Glückswurf'. Mlat. cadentia 'Fallen der Würfel' (zu lat. cadere 'fallen') ergibt afrz. eheance 'Glückswurf, Spiel, Einsatz des Spielers, Wechselfall', um 1200 entlehnt zu gleichbed. mhd. schäme. Gleichen Ursprungs sind ital. cadenza, mnl. canse, nnl. leans, m n d .
käme, kanse, engl, chance. Zu diesem S c h a n z e die Wendung etw. in die S. s c h l a g e n 'aufs Spiel setzen', die schon Alberus 1540 bucht. — S. M u m m e n s c h a n z . Schanze2 f . 'Wehrbau im Felde', urspr. mit Flechtwerk gefestigt: spätmhd. schanze 'Reisigbündel, Faschine, Schanze', kaum vor G. v. Chingen (f 1608) Reisen 23 Pfeiffer. Daraus entlehnt mnd. schantze 'Reisigbündel, Schanze', entspr. nnl. schans,
schwed. skans,
dän. skanse.
Die
urspr. Bed. bewahren ostfries. schantse 'Bruchholz zur Feuerung', westfäl. schantse 'Holzbündel, Reiswelle', hess. schanze 'Reisigbündel; Schanze; Korb'. Aus dem Ital. entlehnt wie F a s c h i n e , scanso m. 'Abwehr', dessen Mz. scansi unser Fem. ergeben konnte: W. Hartnacke 1843 Neuphilol. Monatsschr. 14,76. DWb. 8, 2162 (zweifelnd) aus ital. scanda 'Gestell' und wie E. Miettinen, D. Fortleben mhd. mnd. Lehngutes, Ann. Ac. Fennicae 126 (1962) 141, 155: aus altfrz. cheance 'Wurf beim Würfelspiel', frz. chance 'Vorteil', mhd. schanze 'Vorteil, günstige Gelegenheit'. Auf Kriegsschiffen des 16. bis 18. Jh. hieß S. das erhöhte Achterdeck, das durch eine Schanze aus Hängematten längs der Reling beschützt wurde.
Schar
scharf /. ahd. skara, m h d . schar 'Heeresteil,
(Heer-)Haufen, Menge; in geordneter Verteilung umgehende Fronarbeit'; entspr. mnd. schare, mnl. scare, anord. skgr f., skari m. ' T r u p p ' . Ver-
wandt sind lat. umbr. karu 'Teil', lat. caro "(Stück) Fleisch' zu scheren, wenn 'Abteilung, Abschnitt' die Grundbed. ist. Aus dem Germ, stammt die roman. Sippe von afrz. eschiere ' S c h a r ' . Vgl. S c h a r w e r k , Scherge. Scharade f. Silbenrätsel nach Art der im 18. Jh. zu uns gelangten provenz. charade (s. Rebus), deren Namen man mit afrz. charaie 'Zauberspruch' verbindet. Scharbe f . Der Schwimmvogel und Fischräuber Graculus carbo L. heißt bei uns K o r m o r a n seit 1687: H. Suolahti 1909 Vogelnamen 397. Der roman. Name erscheint im 12. Jh. als frz. cormare(n)g, nordfrz. Entsprechung des Conus marinus der Reichenauer Glossen. Altheimisch ist mhd. scharbe, ahd. scarba und (in gramm. Wechsel damit) scarna f., anord. skarfr, ags. (mit Umstellung des r) scrcef m., germ. *skarba(n), *skarbö zum Ztw. anord. skrafa 'schwätzen', norw. skrava 'krächzen', Labialerweiterung zur idg. Wurzel *(s)ker*(s)kor-, die heisere, rauhe Töne nachbildet. Eine erweiterte Form des germ. Vogelnamens *skarbar-, auf Helgoland als nordfries. sköarwer erhalten, ergab (indem r vor r in J auswich) ags. scealfor f., scealfra m. 'Scharbe', und mit andrer Ablautstufe mnd. nnl. scholver, fries, skolfer. Scharbock s. S k o r b u t . Schäre /. 'Seeklippe'. In Ablaut zu ahd. scorro m. 'Felsvorsprung' (erhalten in alem. Geländenamen wie S c h o r r e Schweiz. Id. 8, 1204, dazu m n d . schore, ags. score, engl, shore ' K ü s t e ' )
steht ahd. tcêrra, mhd. schürre, südrheinfränk. -scher(re) in Flurnamen (E. Christmann), anord. sker, schwed. skär n. 'Klippe'. Die „finnischen Scheren oder Klippen" rücken in den dt. Gesichtskreis durch Flemings Reise von 1636: Olearius 1647 Reise 59. Als Schifferwort in nd. Ma. seit 1770 Brem. Wb. 4, 608. Gleichen Ursprungs sind dän. skjeer, nnl. scheer, schott. skerry 'Felsenriff': Kluge 1911 Seemannsspr. 682. Den Genuswandel des meist im Plur. geSchanzläuler m. nd. schanslöper 'weiter . . . brauchten Worts verursacht nhd. S c h e r e , mit Friesrock . . . der Seeleute, wenn sie die Wacht dem auch Verwandtschaft besteht: germ. auf der Schanze oder dem Hinter-Casteel haben' *skarja- 'Zerschnittenes'. ten Doornkaat Koolman 1884 Wb. d. ostfries. echar! Adj. zum idg. Verbalstamm *(s)kerSpr. 3, 98. Entspr. nnl. va. schanslöper, dän. •schneiden', zu dem P f l u g s c h a r , S c h a r skandseleber, schwed. skanslöpare. Aus nd. Ma. s c h m i d t , S c h e r e , s c h e r e n , S c h e r m a u s ins Nhd. gelangt, zuerst als S c h a n t z - L ä u f f e r usw. gehören, stellt sich mit Labialerweiterung bei Vischer 1720 Rob. Crus. 1, 260. Das Hd. von gleichbed. idg. *(s)kereb(h)- in lett. scarbs, mir. sich aus kennt Nomina agentis auf -er vor- cerb 'schneidend', eerbaim 'schneide', tochar. wiegend als Bezeichnung von Männern, weniger kärpye ' r a u h , h a r t ' , ags. seeorpan, scearp von Sachen. Vgl. S c h m ö k e r . 'kratzen', s c h ü r f e n . Hierher das Adj. germ. Scha(a)r'Abhang im Ufergewässer' s. S c h a a r . *skarpa 'schneidend' in anord. skarpr, ags.
Scharfmacher
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scearp, engl, sharp, afries. skerp, ani. asächs. scarp, ahd. skarpf, skarf. Mhd. scharpf gilt bis in friihnhd. Zeit bei obd. und einem Teil der md. Schriftsteller. S c h a r f dringt von Mitteldeutschland nach Süden; Luther u. Opitz kennen beide Formen. Etwa zur Zeit der 2. schles. Schule siegt s c h a r f in der Schriftsprache; es bleibt auch Sieger über gleichbed. r ä ß , w a c h s und z a n g e r : K. v. Bahder 1925 Wortwahl 73; Paul-Mitzka, Mhd. Gram. § 87; Braune-Mitzka, Ahd. Gram. § 146 A. 4. Anders Hans Kuhn, Festschr. K. Wagner 1960, 107. Scharfmacher m. nnl. scherpslijper. Im Herbst 1895 erklärte K. F. Freiherr v. Stumm dem Vertreter der evang. Arbeitervereine, er werde den Kaiser „scharf zu machen suchen zur Anwendung rückhaltloser Gewalt". Von da S c h a r f m a c h e r als Schlagwort in polit.-sozialen Kämpfen (Büchmann 1912 Gefl. Worte 556; Ladendorf 1906 Schlagwb. 276), nachdem vorher die Steinmetzen so geheißen hatten, die Mühlsteine schärfen. Sehartrichter m. der mit der Schärfe des Beils oder Schwerts richtet, jünger und einst seltener als N a c h r i c h t e r (s. d.), bisweilen in zwei Wörtern (dem scharppen riehler Grimms Weisthümer 2, 590; dem scharffen richter das. 608) und mit innerer Flexion (uwern scharpenrichter Rau, Kriminalrecht 201 aus Mainz 1425). Searperichlere, zuerst in der Braunschw. Femgerichtsordnung 1312, bleibt lange auf nsächs. und westmd. Rechtsdenkmäler (Köln, Eifel, Mainz, Hildesheim, Riga) beschränkt, tritt erst mit der Olmützer Gerichtsordn. 1550 aus diesem Kreis und wird noch im 16. Jh. zur allgemeinsten und sachlichsten Benennung des Amtes, nun auch auf 'Henker, Peiniger, Züchtiger* ausgedehnt: Else Angstmann 1928 Der Henker in der Volks meinung 45 ff. Scharfachfitz m. kaum vor Adelung 1777. Scharfsinn m. Während mhd. scharpfsinnec seit dem 15. Jh. belegt ist, tritt scharfsinn nicht vor Fischart 1575 Garg. 273 auf: Nichtenhauser 1920 Rückbildungen 27. Scharlach m. Gr. kyklds f . 'den Körper rund umschließendes Frauenkleid' (zu ktfklos m. 'Kreis') ergibt über arab. siqillät (woraus über afrz. delatori mhd. seit 1195 ziclät, anord. siklai{un) 'rotes Seidenzeug mit Goldmuster') pers. säqirlät 'mit Kermes oder Koschenille rot gefärbtes Kleid'. Daraus mlat. searlatum, ital. scarlatto, afrz. escaríate (woraus engl, scarlet) 'Scharlach als Stoff'. Entlehnung im Süden zu mhd. seharlät n. findet kurz nach 1200 statt; um 1260 wird das mhd. Adj. scharlätin 'scharlachrot* gebildet. Im Mnl. wird nach L a k e n scharlaken (in Gent hergestellt) gebildet, danach zuerst im 12. Jh. am Rhein mhd. Scharlach n.
Schärpe
m., scharlachen n., scharlachin Adj.: FringsLinke, Neuphil. Mittlgn. 1952, 45. Zus.-Setzungen wie scharlachkappe, -röt, -varwe, -wät gehen von den umgebildeten Formen aus : H. Suolahti 1929 Frz. Einfl. 228f. 237. Die Krankheit, die die Haut hochrot färbt, heißt im 14. Jh. mlat. jebris scarlatina. Lehnübersetzungen daraus sind frz. fièvre scarlatine, engl, scarlet-fever und nhd. S c h a r l a c h f i e b e r (seit Adelung 1777), nach 1850 gekürzt zu S c h a r l a c h m. n. Scharlatan m. Mlat. ceretanus, ital. ceretano 'fahrender Schüler', ein unerklärtes Wort des 15. Jh., ergibt unter Einfluß von ital. ciarlare 'schwatzen wie ein Marktschreier' ital. ciarlatano, frz. engl, charlatan 'Marktschreier, Quacksalber, Schwindler'. In hd. Text erscheint C h a r l a t a n seit Armatus-Rist 1642 Rettung der teutsch. Hauptsprache A b , in nd. seit Lauremberg 1652 Scherzged. 2, 375. scharmant Adj. Lat. carmen ist in seiner Bed. 'Zauberlied' Stammwort von frz. charmer 'bezaubern' geworden. Dessen Part. Präs. frz. charmant 'bezaubernd' erscheint seit Stieler 1695 Zeitungslust in unsern Fremdwb. Das subst. Fem. S c h a r m a n t e 'Geliebte' wird seit Chr. Reuter 1696 Schelmuffsky Burschenwort, beliebt in Zachariaes Renommist (1744). Zs. f. d. Wortf. 1, 41. 2, 292. Scharmützel «., ital. Lehnwort scaramuza 'Gefecht' und militär. Wanderwort, über Obd. 14. Jh. ins Nd., dorthin auch aus dem Nl. in andrer Form. Die dem Roman, näherstehende Form wird scharmutz gewesen sein.; -d ist Dim.-Suffix. E. öhmann, in: D. Wiss. v. dt. Spr. u. Dichtung 1964, 77. Scharntttzel n. Dem ital. cartoccio 'Papiertüte' (vgl. K a r t ä t s c h e ) entspricht in Triest scartoccio. Diese Form wird nach Österreich entlehnt und gerät hier unter den Einfluß von slowak. kornut, tschech. kornout 'Tüte', die (wie gleichbed. frz. engl, cornet) auf lat. *(charta) cornuta beruhen. So entsteht österr. S k a r n i z m., S k a r n i z e l n. (Wien, Cilli, Klagenfurt), weiterhin (indem der im Dt. ungewöhnliche Anlaut durch einen geläufigen ersetzt wird) S t a r n i t z e , - ( e ) l , auch S t r a n i t z e im größten Teil Österreichs, Stanitzel Siebenbürgen; S t r a n i t z e l schon bei Abr. a Sta Clara. Auf anderm Weg wird der Anlaut geebnet in S c h a r n t t t z e l , das im 16. Jh. Sachs für Nürnberg, Maaler für Zürich bezeugt; unter Einfluß von S c h a r m ü t z e l ' Gefecht' zu fränk. Schwab. S c h a r m ü t zel u. ä. entstellt: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 543 ff. Sehärpe /. In merowing. Lat. erscheint ein Fem. scrippa 'Pilgertasche', dem lat. scirpea 'Binsentasche' voraualiegt. Das aus einer jüngeren lat. Form scirpa entwickelte afrz. escherpe
Scharpie
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wird im 12. J h . (Veldeke) entlehnt über das Mnl. zu mhd. schirpe f . 'Pilgertasche': FringsLinke, Neuphil. Mittlgn. 1952, 46. Neue E n t lehnung scherpe, rhein. im 17. J h . geht von frz. écharpe 'Armbinde* aus u n d f ü h r t zu S c h a r p Duez 1644 Nomencl. S. 191, S c h ä r p e ders. 1652 S. 214; S c h ä r p e seit Nehring 1684 Manuale jur.-pol. Dabei scheint ä das helle roman, α wiederzugeben. Aus dem Nhd. stammen nnl. sjerp, schwed. skärp 'breiter Gürtel'. Scharpie f . 'Zupflinnen'. M e i ß e l (s. d.) und W i e c h e (s. d.) werden im 18. J h . verdrängt durch C a r p i e , C a r p e y Heister 1739 Chirurgie 20, entlehnt aus ni. harpie (so seit 1598). Dies entspricht dem frz. charpie f . 'gezupfte Leinwand', Part. Perf. Pass, zu afrz. charpir (aus Iat. carpere) 'pflücken, zupfen*. Mit S c h a r p i e h a t sich im 19. J h . die frz. Form durchgesetzt. Beharren schw. Ztw., mhd. mnd. scharren 'kratzen': Intensivbildung zum sinnverwandten st. Ztw. mhd. schërren, ahd. scénari, asächs. ofskêrran 'abkratzen', woneben (wieder schw.) mnd. schurren, schwed. skorra, norw. skarra (dies aus germ. *skarzön) 'Scharrlaute hervorbringen'. Die Gruppe gehört (wie H a r s c h , s. d.) mit germ. Ablautneubildung zur idg. Wurzel *(s)kars- 'kratzen' in lat. carrere '(Wolle) krempeln', Carduus 'Distel', aslaw. krasta, russ. korósta 'Krätze, Grind', Ut. kafUi 'striegeln', aind. kaçati 'kratzt', kaßya- 'scharf' (mit mittelind. Verlust des r). Scharte /. mhd. schart{e) 'durch Schneiden, Hauen oder Bruch hervorgebrachte Vertiefung oder Öffnung', mnd. skart (d), mnl. scaert, scart (d), nnl. schaarde, afries. sherd, ags. sceard, engl, shard, anord. skarö n. : Subst. des Adj. mhd. schart, ahd. scart, asächs. skard, afries. sherd, ags. sceard, anord. shardr 'zerhauen, beschädigt'. Dies zum Ztw. s c h e r e n , s. d. Ein afränk. *skërda 'Scharte' wird vorausgesetzt durch das daraus entlehnte afrz. escharde, das unter Einfluß von carde 'Weberkarde' (s. s c h a r r e n und K a r d e ) zu frz. écharde 'Splitter, Distelstachel' geworden ist. Wurzelverwandt, aber anders gebildet, sind mhd. scharte, ahd. scart-lsan 'Tiegel, Pfanne' und ihr mundartl. Zubehör: sie sind (nach Ausweis des aslaw. sk(v)rada "Tiegel, Pfanne, Herd') entwickelt aus *skordhä, nicht *skortä. Scharteke f . nur deutsch. Als Entlehnung ins frz. charte gilt mnd. scarte f . 'Urkunde', neben das im 16. J h . gleichbed. scàrtëke tritt. Dafür mag Schülerlatein nach dem Vorbild des älteren P a r t e k e (s. d.) *scartèca gewagt haben. Paracelsus verwendet 1520 scarteke f . 'Buch' (Werke 11,369), 1536 scarteglin n. 'Büchlein' (110, 235). Die Bed. ging in 'altes Buch' über, weil Pergamentblätter zu deren Einband verwendet wurden. Den Plur. Scartecken 'Schmöker' setzt
Schatten
Luther zweimal in e. Brief vom 18. J a n . 1545 (Enders-Kawerau 16,174). E r wird den Ausdruck auch mündlich gebraucht haben; von da Alberns 1539 Wider Jörg Witzelm Β 3®. Von der Lateinschule geht der Gebrauch bei Paracelsus und Th. Platter aus. Seharwenzel m. Zu tschech. iervem) ' r o t ' gehört ëervenec m. 'Roter, roter Unter, Herzbube', mit dem Kartenspiel T r i s c h a k (Bielfeldt 28) im 17. J h . entlehnt: Die österr. Verkleinerung S c h a r w e n z e l 'Bube im Kartenspiel' mag durch gleichbed. W e n z e l beeinflußt sein, das auch den Wortton bestimmt h a t . Die jüngere Bed. "Allerweltsdiener' konnte sich von 'Trumpfkarte' aus leicht entwickeln. Von 'Allerweltsdiener* wieder geht im 18. J h . die weidmänn. Bed. "Pudel' aus. Einfluß von ital. servente m. 'Diener; Verbeugung' ist im Spiel, soweit S. "Kratzfuß' bedeutet, auch an s c h a r r e n wird man gedacht haben. Das Ztw. s c h a r w e n z e l n ' s i c h dienstbeflissen zeigen' stimmt zur jüngeren Hauptbed. Soweit dabei an W e n z e l gedacht wurde, mochten Vorbilder wie h ä n s e l n 'necken', n i c k e i n 'ärgern', s t o f f e i n 'schwerfällig gehen' mitwirken: V. Pisani 1930 Idg. Forsch. 38, 243. Scharwerk n. mhd. (seit dem 14. Jh.) scharwërc, -wërch, mnd. schçrwêrk 'in geordneter Verteilung umgehende Fronarbeit' : Verdeutlichung von S c h a r * im entsprechenden Sinn. Dazu seit dem 16. J h . s c h a r w e r k e n schw. Ztw. und S c h a r w e r k e r m., das seitdem in die Bedeutung 'unzünftiger Handwerker' übergegangen ist, aber in Ostpreußen ist es der Landarbeiter, vgl.S c h a r 'Pflugschar'. S c h a r w a c h e / . i s t mhd. scharwahle 'reihum auferlegter Wachdienst; Gesamtheit der dazu aufgebotenen Männer*. schassen schw. Ztw. 'fortjagen', vor Ende des 18. J h . von Studenten entlehnt aus frz. chasser, das seinerseits ein volkslat. captiäre 'zum Gefangenen machen, jagen' fortsetzt. Zuerst bei hallischen Studenten 1781 (Kindleben, Stud.Lex. 168), im 19. J h . in die Schülersprache gesunken: Kluge 1895 Stud.-Spr. 120; Eilenberger 1910 Pennälerspr. 63; Zs. f. d. Wortf. 12, 288. Schatten, älter S c h a t t e m. (nd. dafür S c h e m e n , s. d.), mhd. schate(uie), schçte(we), ahd. scato, -awes, asächs. anfr. skado, mnd. schad(erì)e, mnl. scade, scaduwe m., nnl. schaduw, ags. scead n., sceadu f., engl, shade, shadow (die Formen auf w aus obliquen Kasus) 'Schatten', norw. skodd(a), skadda, schwed. mundartl. skadd, shada, skâdd, skäddä 'Nebel', got. skadus m. Von den außergerm. Verwandten stehen zunächst air. scäth, mkymr. cy-scawd, kymr. cy-sgod, akorn. scod, bret. squeut 'Schatten'. In der Bed. abweichend das urverw. gr. skótos 'Dunkelheit', so daß für *skot-: *skât· die Bedeutungen 'Schatten' und 'Dunkel' angesetzt werden. Zum
Schattenriß
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Gebrauch des Worts bei den Klassikern F. Kainz 1943 Dt. Wortgesch. 2, 231 f. — Ein andres germ. Wort für 'Schatten' s. u. s c h a u e n . Schattenriß m. zuerst bei Stieler (1691) 1598 für gr.-lat. seiagraphia. Riß 'Zeichnung in Linien' wie in Ab-, A u f - , G r u n d r i ß ; vgl. R e i ß b r e t t . Dan. skadered ist aus dem Nhd. entlehnt. Gleichbed. frz. silhouette, von uns nach Mitte des 18. Jh. übernommen, von Gedike im Dt. Mus. 1779, 2, 400 als unnötig bezeichnet: nach Marquis Etienne de Silhouette (t 1767), der sein Schloß an der Marne statt mit Bildern mit selbstgefertigten Schattenrissen ausstattete, die er 1757 als Finanzminister Ludwigs XV. vor den kostspieligen Miniaturen begünstigt hatte. Er wirtschaftete so knauserig, daß nach einem Witzwort Merciers in Paris ein knappes Gewand 'à la Silhouette geschnitten' hieß. Schattenspiel n. zuerst bei Stieler (1691) 2088 mit der Umschreibung 'drama umbrosum,
sciafe-
ricum\ Auf den Ursprung (vgl. Gg. Jacob, Gesch. des Schattentheaters, 1907) verweist Niebuhr 1774 Reisebeschr. 1,188 „Schattenspiele an der Wand sind in den morgenländischen Städten viel gebräuchlich". schattieren schw. Ztw. zu S c h a t t e n mit fremder Endung, seit Schönsleder, Prompt. (Augsb. 1618) allgemein. Verwandte Mischbildungen s. u. grillisieren. Schatulle s. S c h a c h t e l . Schatz m. Mhd. scha(t)z (die Abgrenzung gegen H o r t vollzieht K. v. Bahder 1926 Wortwahl 89), ahd. skae 'Geld(stück), Vermögen', asächs. scat 'Geld(stück), Besitz, Vieh', mnl. scat (ti), nnl. schal, afries. skftt 'Schatz, Geld, Vieh', ags. sceatt, anord. skaltr 'Abgabe, Reichtum, Geld', schwed.
Schauer
mit Ablaut anord. sküfr, 'Troddel, Quaste'. Die nächsten germ. Verwandten s. u. S c h o b e r , S c h ö p f , S c h u p p e n . Außergerm. Verwandte sind nur in den slaw. Sprachen gesichert, s. Schober. — S c h a u b , nd. Schooff als Fam.Name zielt auf Magerkeit der alten Träger, ist also bed.-gleich mit D ü r r : A. Götze 1928 Zs. f. d. Bildung 4, 415. Schaube /. 'langes weites Gewand für Frauen und Männer'. Von arab. dschubla 'Obergewand mit langen Ärmeln', das uns J o p p e (s. d.) geliefert hat. Im 14. Jh. erscheint im Oberdt., im 15. Jh. im Mnd. das Wort. Bis heute gelten Schweiz. schuhen, schwäb. schaupe, doch auch vom Elsaß bis Tirol begegnet das Wort. Wiek 73; Bielfeldt 18, 54: auch Herkunft aus slaw. Suba (russ. 14. Jh., aus dem Fernhandel) möglich. Schaubühne s. Bühne. Schauburg f . Nach dem Vorbild von nl. schouwburg (17. Jh.) schlägt Zesen 1645 Ibrahim 389 S c h a u b u r g für T h e a t e r vor. Schottel und Gryphius folgen ihm; heute ist das Wort z. B. in Hannover und Hamburg in Geltung. schaudern schw. Ztw., erst nhd. aufgenommen aus nd. schuddern, dies f ü r m n d . schoderen, dem
in Kleve 1477 schaideren entspricht. Nrhein. kommt im 14. Jh. schudern auf; vgl. mengl. schudderen, engl, shudder 'schaudern'. Stammverwandtist s c h ü t t e n (s. d.), mit dem die Sippe auf der Wz. *skùt 'rütteln' beruht. Dazu ahd. seiUisön 'schaudern', scutisôd 'das Beben, Zittern'. S. S c h u t t . schauen schw. Ztw., m h d . nnl. schouwen, ahd. scouivön, asächs. skauwon, anfr. scouwon, scauwon, afries. skäwia, ags. scèawian 'schauen',
engl, show 'zeigen'. Verwandt ist s c h ö n , s. d. gleichen armen, cucanem 'lasse auf germ. *skatta- mit der vorgeschichtlichen Be- schauen, zeige', coyc 'Zeigen, Schau', gr. thyodeutung 'Vieh' und expressiver Gemination, skóos 'Opferschauer'. Idg. *(s)keu·: *(s)keu- 'auf bestätigt durch das dem Germ, entlehnte aslaw. etw.achten,merken', wie zu sehen s. d.; s c h a u skotü 'Vieh, Haustier' und den gleichgerichteten en der nhd. Schriftsprache gehört der UmgangsBedeutungswandel bei Vieh (s. d.; vgl. bei-, sprache nur in Bayern, Österreich an. Hier bee i n t r e i b e n ) . Mit mnd. mnl. schade 'Zins, zeichnet es (wie nordd. k u c k e n , nd. kïken) 'den Wucher', ursprünglich 'was bei einem Geschäft Blick auf etw. richten, (unter Anspannung des herausspringt', westfäl. schçt 'Laich', nfr. Willens) spähen'. Im österr. besteht im Gruß schaden 'laichen' zur Wurzel *skat-, wo- „Auf Wiederschaun" die Neigung, s c h a u e n neben *sket- in westfäl. schá(d)en 'Ertrag geben' über diesen Begriffskreis auf den von sehen (vom Weizen), nfr. schaiden (ai aus westgerm. ö). auszudehnen. Urverwandt sind lit. skàsli 'springen', lat. scaSchauer 1 m. ' W e t t e r d a c h ' , m h d . m n d . schür, têre 'hervorsprudeln, quellen', gr. skatamizein ahd. asächs. scür m. 'bedeckter Ort, Obdach, 'springen'. Zum Bedeutungswandel von 'quellen' Schutz, Schirm', isl. skürr, schwed. mundartl. über 'hervorkommen' zu 'sich ergeben' vgl. dän. skur 'Schutzdach, Bretterschuppen': zum frz. résulter aus lat. resultare·. F . Holthausen 1942 gleichen Stamm wie Scheuer und S c h e u n e , Beitr. 66, 267. s. d. Schaub m. m h d . schoup (b), ahd. scoub 'Garbe, Schauer2 m. 'Unwetter, Regenschauer, Hagel', Strohbund', asächs. sköf, mnl. scoof, ags. scéaf, mhd. schür, ahd. asächs. ags. scür m., nl. mundengl, sheaf 'Garbe', dazu mit übertragener Bed. artl. schoer 'Platzregen', engl, shower, anord. anord. skauf 'Fuchsschwanz' (urspr. 'Büschel'), skür f., got. sküra f., in sküra windis ' S t u r m skatt, dän. skat, got. skatts 'Geld(stück)' führen Außergerm,
Schauerleute
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wind'. In Teilen des Rheinlands bezeichnet S c h a u e r die Pausen zwischen Regenfällen. Germ. Verwandte sind ags. scèor 'Sturm' und norw. sJcjera'Windstoß'. Mit der germ. Sippe vereinigen sich lat. caurus 'Nordwestwind', lit. Haurits 'wütend, stürmisch', Haurj/s, aslaw. séverü 'Nordwind', armen, curt (aus *skür-do-) 'kalt, Kälte, Schauer' auf idg. *(s)£ëuer(i)o-: *(s)tc9^ero- 'Nord(wind)'. Zur Wortgeographie Karte 'Platzregen' von Christa Förster im Dt. Wortatlas V von Mitzka-Schmitt. Schauerlente Plur. in hd. Seetexten seit 1831, vorher S c h a u e r (schon 1662), nnl. sjouwer(man) (Kluge 1911 Seemannsspr. 684) 'Tagelöhner, die beim Löschen und Laden der Schiffe helfen': zu nl. sjouwen 'hart arbeiten', fries, seewe. Diese Form erweist Zus.-Hang mit See f. und eine Grundbed. 'Lasten an oder von Bord tragen, indem man durch die See watet'. Zu trennen von S c h a u e r m. 'Werftarbeiter': zu nd. S c h a u , nl. schouw 'flaches, offenes Boot; Stechkahn, wie er beim Kalfatern usw. verwendet wird'. Die hd. Entsprechung dieses S c h a u liegt in mhd. schalle m. 'Nachen' vor. S. S c h e i c h . Sehautel f. Mhd. schüvel, ahd. scüvala, scüfla, mnd. schüf(e)le, asächs. sküfla f. 'Schaufel' führen auf germ. *sküflö-. Daneben *skuflö- in mnd. mnl. schuffel(e), nnl. schoffel, ags. sceofl, engl, shovel, schwed. skofvel 'Schaufel'. Mit dem Suffix der fem. Gerätnamen germ. -(i)lôn (Kluge 1926 Stammbild § 91) zu Wz. *skúb (skúf) 'schieben', somit urspr. 'Gerät, auf das man etw. schiebt (um es nachher weiterzubefördern)'. Den umgangssprachl. Bereich von S c h a u f e l und seine Grenzen gegen nord- und westdeutsche S c h ü p p e umschreibt Kretschmer 1918 Wortgeogr. 410; Wortatlas X V I I I . Schaukel f. und schaukeln Ztw. sind über ganz Deutschland verbreitet, begegnen aber nicht vor Schottel 1663. Luthers Formen sind S c h u c k e l und s c h ü c k e l n . Nhd. au scheint auf irrender Umsetzung eines nd. ü zu beruhen (schükel ten Doornkaat Koolman 3, 164). Belegt sind u. a. mhd. schoc, schockes m., schocke f., mnd. schucke f. 'Schaukel', asächs. scogka f. 'schaukelnde Bewegung', mhd. schocken 'sich schwingend bewegen', mnd. schocken 'sich hin und her bewegen', nd. schucken 'schütteln, schaukeln', mengl. schocken 'sich heftig bewegen'. Frz. choquer 'anstoßen' ist im 13. J h . entlehnt aus mnl. schokken. Frz. choc 'Stoß' ist im 16. J h . aus dem frz. Ztw. rückgebildet, engl, shock 'anstoßen' daraus entlehnt. Landschaftl. sind die Namen der Schaukel (wie viele Kinderspiele) sehr bunt: nl. schommel, braunschw. schwenge, altmärk. thür. oberlaus, schunkel, hess. reitel, für, schaute, rheinfränk. klunker, pfälz. gauniel, mainfränk. schwäb. gautsche, bair. rutschupfen,
scheckig
österr. hutschen, tirol. raitschen, Schweiz, riti, gi(gé)reitse, els. reil(s)el, rittel, geipfel, hutzel, gäutsch. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 403f. Schaum m. mhd. schüm, schoum, ahd. scüm, mnd. schüm(e), mnl. scüm(e) m. (hieraus entlehnt engl, scum), nnl. schuim·, anord. sküm n., norw. dän. schwed. skum n. mit ü, das auf Kürzung vor m beruht. Aus einer germ. Nachbarsprache entlehnt ist ital. schiuma. Frz. écume 'Schaum' beruht auf gallorom. *scüma, in dem sich anfr. *sküm mit gleichbed. lat. spüma gekreuzt hat. S c h a u m als Fam.-Name ist (wie S c h a u m k e l l , -1 ö f f e 1) wohl meist mittelbarer Berufsname eines Kochs. In verwandten Sprachen und manchen dt. Mundarten steht für S c h a u m die unter F e i m behandelte Sippe (Kreuzungen zwischen beiden sind frühnhd. faum und schaim: K. v. Bahder 1925 Wortwahl 69). Beide sind auf germ, -ma- gebildet (F. Kluge 1926 Stammbildungsl. § 88), germ. *skü-ma- vielleicht zu der unter S c h e u e r usw. vorausgesetzten idg. Wurzel *skeu- 'bedecken'. Die Grundbedeutung 'Bedeckendes' wird in a b s c h ä u m e n anschaulich. Schaumnein m. Lehnübersetzung des 18. J h . für frz. vin mousseux. 1779 bei Herder (Preuß. Jbr. 76, 254); Campe unbekannt; in geschlossener Belegreihe erst seit Hauff 1827 Mann im Mond 27. In Österreich steht S c h a u m w e i n für die heimischen Erzeugnisse, S c h a m p us für die fremden: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 458. Schauplatz m. für T h e a t e r seit Luther 1522 Ap.-Gesch. 19, 29, Zeuge einer Zeit, die ihre Schauspiele auf offenen Plätzen aufführte. Gleichbed. S c h a u b ü h n e s. u. B ü h n e . Die Zus.-Setzung K r i e g s s c h a u p l a t z (s. d.) hält die sinnliche Grundbed. fest. Schaute m. 'lächerlicher Narr', aus hebr. schote 'Narr' ins Westmd. des 16. J h . entlehnt, zuerst bei Kirchhof 1565 Wendunm. 2, 469. Das gleichbed. nl. schudde seit 1598. S. A. Wolf 1956 Wb. d. Rotwelschen 4830. Scheck m. 'Zahlungsanweisung auf eine Bank, Zahlschein', bei uns zuerst 1836 im Plur. Checks (Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.-Spr. 145. 167 f.) aus engl, cheque (check ist die in Amerika übliche Form), dies im heutigen Sinne seit 1774 (New Engl. Diel. 2, 321). Das engl. Wort kommt auf Wegen, die Littmann 1924 Morg. Wörter 116 erörtert, aus arab. sakk 'Vertrag', dies aus gleichbed. pers. läk; dagegen vermutet B. Fehr 1909 Sprache d. Handels in Altengland 41 Entlehnung aus afrz. eschiec 'Schachbrett' (über 'Kerbholz' oder 'Rechenbrett'). scheckig Adj. Mhd. schêcke Adj. 'gescheckt' tritt vor 1272 auf, entlehnt aus afrz. (12. Jh.) eschiec 'Schach'. Auf derselben Vorstellung beruhen ital. fatto a scacchi 'schachfeldfarben
Scheckpfeife
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würfelig' und engl, cheeky 'kariert': Suolahti 1929 Frz. Einfl. 229f. Zum Adj. schëcke stellen sich spätmhd. schicken "bunt machen' und schëckëht 'scheckig'. Auch S c h e c k und S c h e c k e als Namen gefleckter Tiere beruhen auf dem Schachspiel. Scheekpfeile f . 'kurze engl. Tabakspfeife' (Frenssen 1906 Peter Moor 124): zu engl, shag 'feingeschnittener Tabak'. Dies, gekürzt aus shag tobacco (1789: New Engl. Diet. 8, 2, 598 a) ist
eins mit engl, shag 'Wirrhaar'. Dessen Sippe s. u. Scheg. scheel Adj. Idg. *skel- 'krumm' liegt vor in gr. shells ' H ü f t e der Tiere', skoliós,
skalènós
'krumm', skolèx 'Wurm', alb. ISal'ë 'lahm', lat. scelus 'Bosheit' usw. Tritt an den Stamm idg. -ko, so entsteht bei Stammsilbenbetonung germ. *skélha-, ags. sceolh 'schräg', ahd. scëlah, mhd. schêlh, schëlhes, mnd. schèi, nhd. s c h e e l . Ostobd.
scheiden
Scheibe f . Mhd. schíbe, ahd. seiba, asächs. skiba, mnd. schive, mnl. selve, nnL schijf, afries.
skive, mengl. engl, shive, anord. skifa (daraus entlehnt engl, skive), schwed. norw. skiva, dän. skive führen auf germ. *skibö- 'vom Baumstamm abgeschnittene Platte'. *skèip- ist Labialerweiterung zu *skei- 'schneiden, trennen'. Nächstverwandt sind gr. sktpön 'abgespaltener Ast, Stock', lat. Scipio 'Stab'. Auch das schw.Ztw. Scheiben gilt in den meisten germ. Sprachen; zu mhd. schïben 'drehend bewegen' stellt sich kegel schiben 'eine Holzscheibe (später: eine Kugel) auf die Kegel rollen lassen'; bair. K e g e l Scheiben bewahrt das Alte, nhd. s c h i e b e n beruht auf Umdeutung. — S. auch S c h i e f e r . Scheich m. Arab. íaih 'Stammesoberhaupt', urspr. 'Ältester' ist in viele europ. Sprachen gelangt, zu uns nicht vor dem 19. Jh. -scheid s. Heide® f . Scheide f . Vom Ztw. s c h e i d e n (s. d.) gehen eine germ. Bildung der Bed. 'Schwertscheide' und ihre nur deutsche Wiederholung im Sinn von 'Grenze' aus. 1. Germ. *skaipi-, *skaipiö- f . ergibt sich aus anord. skeidir Plur. '(Schwert-) Scheide' und gleichbed. ags. semd, afries. skêthe,
ist h aus den flektierten Formen (mhd. schëlher usw.) in den Nom. übertragen, daher bair. s c h e l c h . Bei Endsilbenbetonung entsteht mit gramm. Wechsel germ. *skelgá-, dessen g nach stimmhaftem Laut in anord. skalgr 'schief, scheeläugig' erhalten bleibt. Neben idg. -ko ist -kVo anzusetzen, das germ, -hwa ergab, dessen w mnl. schède, asächs. scèdia, ahd. seeida, mhd. nach Verstummen des h unmittelbar hinter l trat. scheide st. und schw. f . War die Ausgangsbed. Altes Iw wurde (wie in a l b e r n , Milbe, 'Gespaltenes', so zeigt der anord. Plur., daß die S c h w a l b e usw.) zu ib. Aus flektierten Formen beiden Holzplatten, die die Klinge schützten, der wie s c h e i b e r ist alem. s c h e l b entwickelt. Auch Schwertscheide ihren germ. Namen gegeben im Namen heben sich bair. S c h e i c h und alem. haben. Das gleichbed. lat. vagina steht seit S c h e 1 b ( 1 e) vom norddt. S c h e e l ab. Diese Fam.- Plautus zugleich für 'weibliche Scham'. Zuerst Namen sind aus Übernamen von Augenleiden- bietet J . Vesling 1678 Syntagma anatom. 101 den hervorgegangen: die umfassende Bed. 'schief' die Lehnübersetzung S c h e i d e . 2. Ahd. seeida, war früh auf das schiefblickende Auge einge- mnd. scheide, schède, mhd. scheitle st. f . stehen schränkt. Zur Übertragung auf sittliches Gebiet in den Bed. 'Trennung, Abschied, Unter-, (jem. scheel ansehen, Scheelsucht, -süchtig) vgl. Entscheidung, Grenze'. Nhd. hält sich nur die s c h l i m m , das noch im Mhd. 'schief' bedeutet, letzte, auch in V ö l k e r - , W a s s e r - , Wegoder lat. obliquus, das aus 'seitwärts gerichtet' s c h e i d e . Grenzorte heißen S c h a i d t und zu 'neidisch' geworden ist. S c h e i d (nach den Orten die gleichlautenden Scheffel m. 'Hohlmaß'. Mhd. scheffel, ahd. Fam.-Namen); die ersten der westmd. Ortsscçtfil, asächs. skepil, mnl. scepel, mlat. scapilus namen auf - s c h e i d lagen an Wasserscheiden (vgl. Wispel) gehören zu mhd. schaf, ahd. scaf, oder Stammesgrenzen. asächs. skap, mnl. seap 'Gefäß für Flüssigkeiten, Scheidemünze f . kleine Münze vom Heller bis Kornmaß' (s. Schaff und Schaft*), dazu anord. zum Doppelgroschen, als S c h i e d m ü n t z bei skeppa f . 'ein Maß'. S c h e f f e l fehlt dem Hess, Grimmelshausen 1670 Courasche 112 Schölte. und einem Teil der obd. Mundarten. Luthers Als S c h e i d e m ü n z e gebucht seit K. Stieler 1691 S c h e f f e l (Matth. 6, 15 u. ö.) wird von Petri Stammbaum 1310.1750. Nach Adelung 4 (1780) 8 (Basel 1523) durch sester, symmerin ersetzt, von „geschlagen . . . um den Käufer und Verkäufer Eck (Ingoist. 1537) durch maller, metz(en). im Handel und Wandel in Kleinigkeiten zu Scheg m. 'unterster Teil des Vorstevens', in scheiden". hd. Seetexten zuerst als S c h e c h 1767 (Kluge scheiden st., vordem redupl. Ztw. Mhd. nnl. 1911 Seemannsspr. 684): mit gleichbed. nnl. scheiden, ahd. seeidan (Part, kiseeitan), asächs. scheg{ge), dän. skjeg, schwed. skägg aus germ. skëôan, mnl. seeiden, scëden, afries. skétha, ags. *skaqgia, das in anderer Entwicklung anord. scêadan, engl, shed, got. skaidan 'scheiden' füh-
skegg, norw. skjeg, schwed. skägg 'Bart' ergeben ren auf germ. *slcaipanan, mit gramm. Wechsel hat (s. S c h e c k p f e i f e ) . So ist anord. bar δ 'Bart' *skaidanan. Zu den nächsten germ. Verwandten zu 'Vordersteven' geworden. gehören s c h e i ß e n , S c h e i t , S c h e i t e l und
Schein
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Schelf
s c h ü t t e r : Dentalerweiterungen der Wurzel chinòtti 'spaltet, schneidet ab', chèda- 'Ab*skêi- 'schneiden, trennen, scheiden'. Außer- schnitt', chidrd- 'durchlöchert': sämtlich zu germ. vergleichen sich u. a. Ii·. skíedSiu, skiesti Dentalerweiterungen von idg. *skèi- 'schneiden, 'trennen, scheiden', Iterativ skáidyti, lett. trennen'. Sk'iedu, Wiest 'scheiden, trennen, zerstreuen, Scheit n. mhd. schlt (t), ahd. skit 'Holzscheit', vergeuden', sk'iedM 'in Teile zergehen'. mnd. schlt (d), nl. mundartl. schijd, afries. skld, Sehein m. Mhd. schln 'Strahl, Glanz, Hellig- ags. seid, engl, shide, anord. skld 'Scheit, Schneekeit, Sichtbarkeit; sichtbarer Beweis, Urkunde', schuh' (s. Schi). Finn. Hita 'Lattenwerk' ist ahd. asächs. mnd. afries. skln 'Glanz', mnl. früh aus germ. *sMda- entlehnt. Das Wort geseijn, nnl. schijn, ags. sein 'Schein, Glanz', engl. hört zu s c h e i d e n (s. d.), wie gr. schlza (σχίζα) -shine führen auf westgerm. *skîni- m. Daneben 'Holzscheit' zu schlzein 'spalten'. Air. sikath, mit Ablaut (germ. *skina- n.) ags. seinn 'Er- aslaw. Mitü, poln. szczyt, apreuß. staytan (für scheinung, Gespenst', anord. dän. skin '(Sonnen)- *scaytan) 'Schild' sind nur durch den Ablaut Schein', schwed. sken 'Glanz'. Beide Bildungen (*skoito-) von *skeüo- getrennt. gehören zum st. Ztw. s c h e i n e n (mhd. sehinen, Scheitel m. mhd. Scheitel, ahd. seeitüa f . ' Kopfahd. asächs. sMnan, ags. seinen, engl, shine, wirbel, Haarscheide vom Wirbel bis zur Stirn', afries. anord. sklna, scliwed. skina, dän. skinne, mnd. schêdele, anfr. scelthla f., ags. scèaôel got. skeinan), das sich mit präsent, η zur 'Weberkamm'. Mit gramm. Wechsel (wie K n o Wurzel *süi-: *süäi-: *s&3Í- 'gedämpft schim- t e n , l e i t e n , S c h n i t t , g e s o t t e n neben K n ö mern; Schatten, Abglanz' stellt. Verwandte s. u. del, l e i d e n , s c h n e i d e n , sieden) zu s c h e i S c h e m e n , s c h i e r , S c h i m m e l , s c h i m m e r n , d e n , somit 'Stelle, an der sich die Haare scheiAußergerm, stehen am nächsten aslaw. sinqti den, nach verschiedenen Seiten legen'. Dazu 'aufleuchten', séni 'Schatten'. mnl. scède 'Stelle, an der sich ein Weg gabelt', Scheingrund m. speciosus praetextus: seit ags. scëada, langob. skaida 'Haarscheitel', worSchottel (1663) 477 a. Von Frisch 1741 aufge- aus entlehnt gleichbed. lombard, scheja. Der vom Norddt. ausgehende Genuswandel beansprucht nommen, durch Gottsched belebt. scheinheilig Adj. Lehnübersetzung des nnl. Jh.e: Feldmann 1906 Zs. f. d. Wortf. 7, 64; Paul sehijnheilig, das zuerst 1657 im 'Tobias' des 1917 Dt. Gramm. 2, U l f . Entspr. stellt sich W. Gnapheus begegnet (Wh d. nl. Tool 14, 628). schwed. skäl 'Scheitel' zum Ztw. skilja 'trennen'. Das dt. Adj. nicht vor Fischarts Bienenkorb Scheiterhaufen m. nicht vor dem 16. Jh. (1581) 192 a , einer Übersetzung aus dem Nl., Erster Wortteil ist der alte Plur. zu S c h e i t n. 1583 von einem Kirchenlied (Phil. Wackernagel, (mhd. sehlter). Das dt. Kirchenl. 6, 863a) aufgenommen. Vorscheitern schw. Ztw. erst nhd. zum Plur. gebildet durch Luther 1618 Weim. Ausg. 1,186: S c h e i t e r gebildet, z. B. im Weistum von das ist der vnderseheyd der waren Heyligen vnd Pöchlam 1639 (österr. Weistümer 9, 667) iemant der scheinenden Heilgen. In der protest. Welt scheitert 'jemands Fahrzeug geht in Trümmer', bleiben auch die aus dem Nhd. entlehnten dän. während 1460 (das. 7, 927) vorausgeht: so das skinhellig u. schwed. skenhelig (dies zuerst 1640). schef hinrunn und zu scheitern wurd. Seemänn. — Nnl. sehijnheiligheid geht gleichfalls auf s c h e i t e r n 'Schiffbruch leiden' seit Stieler 1691 Gnapheus 1567 zurück (Wb. d. nl. Tool 14, 629). für älteres z u s c h e i t e r n (Luther), z e r s c h e i Diesem Muster bildet Opitz 1626 Argenis 1,150 t er η (so in hd. Seetexten seit 1676: Kluge 1911 S c h e i n h e i l i g k e i t nach, das von den Pro- Seemannsspr. 685), zu S c h e i t e r n g e h e n . testanten Olearius, Stieler und Frisch aufgeSehelch m. eines der von Luthers K a h n vergriffen wird. drängten Wörter für 'Boot', seit dem 15. Jh. für Seheinwerfer m. von Campe 1791 Sprachbe- Main und Werra bezeugt. Aus rhein- und ostreicherung 39 als Ersatz für frz. réverbère gewagt. fränk. Ma. wird S c h e i c h im 17. Jh. Uterar.; die eeheißen st. Ztw., mhd. schicen, ahd. setjan, Wörterbücher von Hnlsius 1696 bis Adelung mnd. schüen, mnl. seilen, nnl. schijten, nordfries. 1798 verzeichnen es: K. v. Bahder 1925 Wortskit, ags. scltan, engl, shiie, anord. sklta, schwed. wahl 31. Kluge 1911 Seemannsspr. 685 vermutet skila, dän. skide 'Stuhlgang haben', urspr. 'aus- darin eine Abi. zu S c h a l e , doch weist spätahd. scheiden'; dazu mhd. schise f., anord. skltr m. schaltich 'Rennschiff', bair. schältich 'Flußfahr'DurchialT. Aus dem Germ, entlehnt sind nord- zeug' mit ungeklärtem Suffix vielmehr auf Beital. scÄifo'Mist' und afrz. eschiter'besudeln'. Die ziehung zu ahd. scalta /. 'Stoß-, Ruderstange', nächsten außergerm. Verwandten sind lit. s. s c h a l ten. sMedSiu 'trenne, scheide', skystas, lett. Sfaidrs Schelf m. 'der von der Flachsee (bis 200 m 'an Durchfall leidend'. Ferner stellen sich dazu Tiefe) bedeckte Sockel der Erdteile', zu S c h e l f e kymr. ctoys 'Scholle', mbret. syuegaff 'schneiden', /. 'Hülsenfruchtschote; Obst-, Nuß-, Kartoffellat. scindo (Peri, scidi), gr. s-chizö 'spalte', aind. schale'. Mhd. schflve, ahd. scçl(i)va 'Schote' K l a g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aufl.
41
Schellack
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führen auf vorahd. *skalf-jö(n). Daneben mnd. schêlver, mnl. schëlfje(r), nnl. schilfer f. 'was sich abschält', mnd. schulvern 'abblättern'. Das vorausliegende *skel(e)p· gilt als Erweiterung der idg. Wurzel *skel- 'schneiden', s. S c h a l e 1 . In die math. Fachsprache führt J . Kepler 1616 S c h e l f e f. 'zona' ein: A. Götze 1919. Anfänge e. math. Fachspr. 157. In nhd. Schriftsprache ist das F. seit Ende des 18. J h . verklungen; obd. Mundarten ist es geläufig. Schellack m. 'Lack in dünnen Blättern', seit Jablonski 1721. Entlehnt aus nnl. schellak (zu schei 'Schuppe' : an die Schuppen des Fischs ist bei der Namengebung gedacht), von dem auch engl, shellac (zuerst 1713) ausgeht. Aus dem Nhd. stammen dän. skjellak und schwed. schällaek (zuerst 1793). Vgl. S c h a l e 1 . Schelle f. mhd. schelle, ahd. scella 'Glöckchen', got. *skilla (zu erschließen aus frühmlat. Scilla 'Glöckchen', das im gleichbed. ital. squilla fortlebt): zum st. Ztw. ahd. scëllan, mhd. schellen, ags. sciellan, anord. skjalla 'tönen'. Das st. Ztw. ist untergegangen, ebenso das Faktitiv mhd. schfllen schw. Ztw. 'ertönen machen, schallend zerbrechen'. Nhd. s c h e l l e n 'klingeln' (nicht vor 1624) ist Neubildung zu S c h e l l e /. — Zu S c h e l l e Ohrfeige' (in Thüringen, Sachsen, Vogtland, Bayern) s. M a u l s c h e l l e , aus dem es gekürzt ist. Ferner vgl. S c h a l l , s c h e l t e n , v e r s c h o l l e n , z e r s c h o l l e n , z e r s c h e l l e n und Kretschmer 1918 Wortgeogr. 104, 284ff. Schellflseh m. Der Nordseefisch Oadus aeglefinus (so von Gesner benannt) heißt nach seinem muscheligen, sich blätternden Fleisch (vgl. nd. schellen 'schälen') mnd. schellevisch, mnl. scelvisc (daraus entlehnt afrz. esclefin, frz. aigle-, aigrefin), ags. *scel-, scüfisc, anord. skelfiskr. Die Auffassung wird bestätigt durch gleichbed. russ. sloislaja treska 'aus Schichten bestehender, blättriger Kabeljau'. In hd. Text seit Gesner 1663 Fischbuch 196 Forer. S. S c h a l e 1 und 0 . Böthlingk 1897 Idg. Forsch. 7, 273. Sehellhengst vgl. S c h ä l h e n g s t . Sehellkraut n. mhd. schelkrül, -wurz, ahd. scèllaìimrz (Zs. f. d. Wortf. 3, 298. 6, 21), mnd. schellewort, mnl. schel(le)wortel(e), nnl. schelkruid, -wortel, schwed. skelört. Daneben S c h ö l l k r a u t , dessen ö unter Einfluß der benachbarten Konsonanten entstanden ist. Chelidonium (majus) führt den Namen nach gr. chelidon f. 'Schwalbe'. Eine Beziehung zwischen Pflanze und Vogel sucht Plinius, Nat. hist. 26, 60 zu begründen, indem er fabelt, die Schwalben stellten mit den Blüten die Sehkraft ihrer Jungen her. Durch oberflächliche Umbildung des lat. Namens könnte scellawurz entstanden sein, doch bleiben auch andre Wege der Deutung: H. Marzell Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 923.
Schemel
Schelm m. Finn, kalma 'Tod, Grab' (H. Suolahti 1906 Finn.-ugr. Forsch. 6,117) ist früh aus dem Germ, entlehnt: damit ist dem nur im Dt. erhaltenen Wort hohes Alter gesichert. Vorauszusetzen ist eine Bildung auf -man für ahd. scalmo, mhd. schalnw 'Tod, Pest, Viehseuche; Aas, Leichnam', dazu auf -mjan (Schweiz. Id. 8, 703) ahd. skflmo 'Todeswürdiger', mhd. mnd. schçlm(e) 'Bösewicht, durchtriebener Kerl'. Die Bildungen können, falls ags. hold n. 'Leiche', anord. hold 'Fleisch', air. colainn'Körper, Fleisch, Leiche', kymr. celain 'Leiche' für verwandt gelten dürfen, zur idg. Wurzel *(s)kel- 'schneiden' in ihrer Anwendung auf gewaltsame Todesarten gehören. Anord. skçlmir 'Teufel' mit skçlmisdrep 'Pestseuche', norw. skjelm, dän. skcelm, schwed. skälrn 'Betrüger', nnl. sehelm 'Schalk' und afrz. chelme 'Unruhstifter' sind zu verschiedenen Zeiten dem Dt. entlehnt. Im Nhd. ist der Vorwurf gemildert (wie bei A a s , K e i b , L u d e r , R a c k e r , R a n g e , S c h a l k ) . S c h e l m 'toter Tierkörper' wird zum mittelbaren Berufsnamen des Abdeckers, danach auch (weil Schinder- und Henkeramt in einer Hand liegen) zu 'Scharfrichter' : E. Angstmann 1928, Der Henker in d. Volksmeinung 60. icbelten st. Ztw., mhd. schelten, ahd. skëlian 'schmähen, beschimpfen'; asächs. *skëldan ist aus skëldari m. 'Verleumder' zu folgern; mnd. nnl. scheiden, anfr. scëldan, mnl. scelden, afries. skëlda: Dental-Präsens zum Verbalstamm *selvon ahd. skëlian, ags. sciellan, anord. skjalla 'schallen' (s. S c h a l l , S c h e l l e , v e r s c h o l l e n ) . Grundbedeutung 'Lärm erheben über etwas'. Norddt. Umgangssprache ist s c h e l t e n 'erregt tadeln' geläufig, dazu S c h e l t e Mz. Daneben bedeutet s c h i m p f e n 'Schmähworte gebrauchen'. Im Süden und Südosten nimmt s c h i m p f e n unserm Wort einen Teil seines Bereiches ab. — Die Wortkarte 'schelten' von P. Seidensticker bei Mitzka, Dt. Wortatlas I I (1963) bietet für dies gefühlsbetonte Ztw. zahlreiche Synonyme, die bei flächenmäßiger Einheitlichkeit'schelten' ohnebesondereBedeutungsnuance bedeuten: volkstümlich ist s c h e l t e n im nd. NW (schellen) neben schimpen, so auch im Wmd. vom Westerwald bis zur Elbe bei Magdeburg, als sehelde(n) in der Rheinpfalz, in Schwaben, meist neben schimpfen (s. d.) in Österreich; vgl. s c h ä n d e n , z a n k e n in weiten Räumen mit der Bedeutung 'schelten'. P. Seidensticker, Zs. f. Mundartfg. 1966, 160. Schema s. S c h u l e . Schemel m. Ahd. (fuo%-) scamü, mhd. mnd. nnl. schçmel, mnl. scfmel, ags. scfmul, anord. skemill m. beruhen auf lat. scamillus 'Bänkchen'. Daneben steht gleichbed. lat. scamellus, das ahd. scarnai, mhd. schamel, asächs. föt-
Schemen
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skamel, mnl. scamel, ags. scamol 'Schemel, Stuhl, Bank, Tisch', engl, shamble 'Fleischbank' ergeben hat. Dan. schwed. mundartl. skammel sind aus dem Dt. weiterentlehnt. Über S c h e m e l als Fachwort des Weinbaus ('vier Zeilen Rebland', aus lat. seamillus) s. Th. Frings 1932 Germania Rom. 64. Mit E. Sievers 1903 Beitr. 28, 261 sekundären Umlaut anzunehmen ist unnötig angesichts der lat. Formen, deren Zweiheit sich bei S c h a b e l l e wiederholt. Die Grenze gegen dieses und F u ß b a n k ziehen Kretschmer 211f. und B . Martin 1931 Teuth. 8,108ff. ( F u ß - ) S c h e m e l ist wesentlich mittelund süddeutsch. Schemen m. 'Schattenbild' mhd. scheme, sehim(e), md. schçme 'Schatten', mnl. sceme; vgl. asächs. scimo, ags. scima 'Schatten', anord. skimi 'Glanz', wozu mit Ablaut ahd. asächs. ani. »cimo, ags. scima 'Glanz', got. skeima m. 'FakkeP. Mit Suffix idg. -mon- zu der unter scheinen entwickelten Wz., zu der (mit demselben Bed.-Wandel) gr. skia 'Schatten' gehört. S. Schönbartspiel. Schenk m. Mhd. schenke, ahd. scçnko, asächs. skfnkio führen auf germ. *skankjan-, gestützt durch vulgärlat. scancio in den Reichenauer Glossen (Südfrankr., 7. Jh.). Aus got. *skankja entlehnt ist span, escaneiano 'Schenk'; auch gleichbed. afrz. eschançon (frz. ichanson) ist germ. Herkunft. Die Bed. entwickelt sich von 'einschenkender Diener' über 'Mundschenk' zu 'Wein, Bier ausschenkender Wirt'. S. s c h e n k e n . Schenke f. 'ländl. Wirtshaus', urspr. 'Ausschank' dringt seit dem 16. J h . von Thüringen und Sachsen aus vor. Weiter östlich gilt K r e t s c h a m , norddt. Krug. S. s c h e n k e n . Schenkel m. mhd. mnd. Schenkel, mnl. scçnkel, nnl. Schenkel, ags. scencel(n), norw. skankla: Verkl. zu gleichbed. germ. *skanka- in mnd. schfnlce, ostfries. schänke, ags. scanea 'Schenkel', engl, shank 'Unterschenkel', dän. skank 'Tierbein zwischen Knie und Fuß', schwed. skank, skdnk 'Oberschenkel; Schienenbein'. Mit hink e n , S c h e n k , s c h e n k e n , S c h i n k e n (s. d.) zur idg. Wurzel *(s)ieKj-'hinken; schief, schräg'. So gehört langob. lagi 'Schenkel' zu *lêk- 'biegen', gr. sfóios'Schenkel zu skoliós'krumm': als Wesentliches am Schenkel galt die Fähigkeit, ihn zu krümmen. — Die beiden Geraden, die einen Winkel einschließen, heißen S c h e n k e l zuerst 1707 mit Lehnübersetzung von lat. crus, das seinerseits gr. skélos wiedergibt. schenken schw. Ztw., ahd. skçnken, mhd. mnd. nnl. schenken, asächs. skçnkian, mnl. scçnken, afries. skfnka, ags. scçncan. Anord. skfnkja beruht auf Entlehnung aus dem Mnd. Die umfassende Bedeutung 'geben' stellt sieb erst im Mhd. der nachklassischen Zeit ein; es ist
scheren
für das Dt. kennzeichnend, daß sie sich aus 'zu trinken geben' entwickeln konnte. Der alte Sinn wirkt fort in westfäl. schenken 'säugen' (F. Woeste 1882 Wb. d. westfäl. Ma. 227), ebenso in engl, skink 'ein-, ausschenken', engl, mundartl. skinker 'Zapfer'. So auch im afrz. Lehnwort eschander 'einschenken'. Grundbedeutung ist 'schief halten': germ. *skankian ist abgeleitet von einem Adj. *skanka-, das in anord. skakkr 'schief' mit isl. skekkja 'schief stellen' greifbar wird. Idg. Wurzel *(s)/cenj-'schief'; s. S c h e n k e l . Scherbe f. (obd. m.), mhd. scherte, schirbe, ahd. scirbi /. n. 'Scherbe, irdner Topf', asächs. havan-skërvin 'Topfscherbe', mnd. scharf, mnl. scarf, sce(e)rf 'Scherbe', anord. skarfr 'schräg abgehauenes Brettstück', norw. skarf 'Felsklippe'. Auf Entlehnung aus einer germ. Sprache beruht mlat. scarfia 'Eierschale'. Die in ahd. skarbön, mnd. scharven 'zerschneiden', ags. scearfian 'abschneiden, zerfetzen', schwed. mundartl. sterra 'entrinden' enthaltene germ. Wurzel *skerb- entspricht einem *sker(e)p- in kslaw. Irëpù 'Scherbe', lett. êkirpta 'Scharte', Skèrpele 'Holzsplitter': Labialerweiterung der idg. Wurzel *sker- 'schneiden'. Die Scherbe ist als die 'scharfkantig Schneidende' benannt. Vgl. S c h a m o t t e , Scherflein, schroff. Scherbengericht n. für gr. oslrakismós seit Herder, Campe und Jean Paul. Schere 1 /. mhd. schœre, mnd. schere, mnl. seäre, scêre, ags. scêara, engl, shear, anord. skseri: urspr. Plur. (Dual) zu ahd. skär, das ablautend und mit abweichender Stammbildung neben dem bei P f l u g s c h a r genannten ahd. scaro steht. Dazu weiter ahd. asächs. skära, afries. skére, ags. scêar f. 'Schere, Zange': sämtlich zu s c h e r e n . Plur.-Formen sind auch ital. cesoie und forbici, frz. ciseaux, engl, scissors und shears. Zum e-Laut von nhd. S c h e r e H. Paul 1916 Dt. Gramm. 1, 186. Zu S c h e r e in der Bedeutung 'Gabeldeichsel' s. Deichsel. Schere2 f. 'Seeklippe' s. S c h ä r e . scheren^ st. Ztw., mhd. Schern, ahd. asächs. ags. skëran, engl, shear, mnl. sceren, afries. anord. skèra. Die Bed. 'scheren' ist verbreitet und (wie die Abi. S c h e r e zeigt) auch alt, als Grundbed. ergibt sich jedoch "(zer)schneiden, zerhauen', bestätigt durch das unter S c h a r t e behandelte germ. *skarda- 'zerschnitten' (aus *skor-to-) und die außergerm. Verwandten lit. sklrti 'trennen', skard 'Fetzen' und (ohne ani. s-) gr. keirein 'abschneiden', s. H a r n , G e s c h i r r . scheren2, sich, schw. Ztw. 'sich fortmachen': spätmhd. schêrn zuerst bei dem Tiroler Osw. v. Wolkenstein (·(· 1445) 6, 21. Dazu spätmnd. scheren 'schnell weglaufen', schërke 'Art kleiner Möwen' (vom unsteten Flug), nnl. zieh (weg)scheren 'sich packen', weiterhin ahd. scerön 'aus41
Scherflein
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gelassen sein', ags. sçcge-scier 'Heuschrecke', anord. skjarr 'scheu', skirra 'schrecken', skäri 'junge Möwe'. Außergerm, vergleichen sich lit. skergs 'Heuschrecke', aslaw. skorü 'schnell', gr. skairö (aus *skdriö) 'hüpfe', skaris 'Springwurm', lat. scurra 'Spaßmacher' (vgl. Scherz). Sämtlich zur idg. Wurzel *(s)ker- '(herum)springen'. — Nhd. s i c h s c h e r e n 'sich um etwas kümmern' ist wohl aus älterem 'sich springend bewegen' entwickelt. Schertlein n. als Name einer Scheidemünze ist durch Mark. 12, 42 bekannt. Luther kennt das Wort aus Erfurt, wo seit 1480 der S c h e r f als geringste Münze geprägt wurde. Seine obd. Zeitgenossen verstehen das Wort nicht: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 102. 110. Vordem geht die Münze von der Rheinmündung aus und ist als ahd. scerf, mhd. scher(p)f, mnd. scharf, scherf, mnl. scarf, nnl. scherf seit dem 12. Jh. fortlaufend bezeugt, in Pommern als scherf 1335ff.: Kurt Müller 1933 Barther Pers.-Namen 91 ff. Das Subst. gehört zu ags. seeorfan, scearfian, ahd. scarbön, scrêvôn, mnl. scharven 'Einschnitte machen' und scheint der germ. Ausdruck für die röm. Münze mit gezahntem Rand zu sein, den nummus serratus bei Tacitus, Germ. 5: Bruckner 1912 Zs. f. d. Wortf. 13, 152; Clemen 1914 das. 15, 277. S. S c h e r b e . Scherge m. Zu S c h a r f. gehört mit -janSuffix (Kluge 1926 Stammbild. § 13) ahd. scario, scaro, sceijo 'Scharmeister, Hauptmann'. Daraus mhd. schçrje und mit rg für rj (s. F e r g e , L a t w e r g e ) schçrge, das seit dem 13. Jh. bes. auf bair.-österr. Boden als Bezeichnung für Gerichtspersonen vom Amtsvorsteher bis zum Henker, seit Beginn des 16. J h . auch als strafbares Schimpfwort erscheint: E . Angstmann 1925 Der Henker in der Volksmeinung 50—53 und Karte 3. Im roman, redenden tirol. Fleimsertal wird noch im 19. Jh. der jährlich gewählte Gemeindevorsteher scario genannt: Schmeller ä 2, 465. Schermaus f. Zu ahd. skêran 'schneiden' (s. s c h e r e n 1 ) gehört skëro m. 'talpa', urspr. 'der den Boden durchschneidet'. Neben dem Maulwurf heißt S c h e r m a u s landschaftlich auch die Landform der Wasserratte (Arvicola terrestris), die lange Gänge in den Boden gräbt. Mhd. schêr(e) behauptet sich obd. S c h ä r für Luthers Maulwurf (s. d.) setzen 1527/37 die Wormser und Züricher Bibeltexte ein (Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 101). Als verdeutlichende Zus.-Setzung (vgl. H i r s c h k ä f e r , R e n n t i e r , W i n d h u n d ) tritt mhd. schermüs auf, vgl. ags. seierfemüs, das freilich mit sorex 'Spitzmaus' glossiert erscheint. Heute lebt S c h e r ( - m a u s ) in obd. Mundarten; vgl. dazu die Wortgeographie von Maulwurf (s. d.), soweit Fam.-Nainen
scheuern
wie S c h ä r , S c h e r e r , Muser dort daheim sind, können sie 'Maulwurffänger' bedeuten: A. Götze 1918 Fam.-Namen im bad. Oberland 54. 70. Scherz m. spätmhd. scherz 'Vergnügen, Spiel'. Daneben das schw. Ztw. mhd. (seit dem 13. Jh.) scherzen 'fröhlich springen, sich vergnügen'. Aus dem Hd. entlehnt sind mnd. schërs 'Spaß', nl. (15. Jh.) scherts, scherisen, dän. forskjertse, i tal. scherzo, scherzare. Dazu ablautend mhd. scharz, schürz m. 'Sprung', anord. skart η. 'prahlerisches Auftreten', skarta f. 'leichtfertiges Frauenzimmer': mit aind. kurdati 'springt', gr. kraddö, kradaino 'schwinge', kórdax 'übermütiger Tanz' Kymr. goggerdd 'Burleske' zu idg. *{s)kerd-, dErweiterung von idg. *{s)ker- 'springen', s. sich scheren. Sehen f. mhd. schiuhe 'Abscheu; Schreckbild' (aus der zweiten Bed. stammt nhd. S c h e u c h e ) ; dazu s c h e u ( c h ) e n schw. Ztw., mhd. schiuhen, ahd. sciuhen. Subst. und Ztw. sind abgeleitet aus dem Adj. mhd. schiech, ahd. *scioh 'schüchtern' (nhd. scheu ist neu an das Ztw. angelehnt); ihm entsprechen ags. seeoh, engl. shy. Germ. Grundform *skeuh(w)a-. Daneben mit Ablaut und gramm. Wechsel mnd. schû(we), nnl. schute, schwed. skygg (sämtlich aus germ. *sku(g)wa-) 'scheu'. Urverwandt ist urslaw.*S£urdä, *yordön- ge- *wat- 'Wasser', s . d . — W ä s c h e /. ist eine hört nach P. Horn zunächst zu pers. bälü erst ahd. Rückbildung aus dem Ztw.
Waschzettel
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Waschzettel m. Der Wäschezettel, auf dem man der Wäscherin die ausgegebenen Stücke verzeichnet, bei Amaranthes 1716 Frauenz.Lex. W a s c h - Z e t t u l , wird seit 1873 im Gebrauch des Buchhandels und der Presse zur Begleitreklame, die Bfichern beigegeben wird, und zur Anweisung, die Blättern von Regierung oder Parteileitung zugeht: Ladendorf 1906, Schlagwb. 333f. Wase f. md. nd. Nebenform zu Base (s. d.), mnd. wase, ahd. asächs. wasa 'Vaterschwester'. Durch mlat. (langob.) larlas 'Vaterbruder', ital. larla 'Oheim* wird ein schw. F. *baswa 'Vaterschwester* wahrscheinlich, aus dem mit einer bei Koseformen häufigen Angleichung (vgl. Pep pi aus Seppi) *waswa werden konnte. In den oben obliquen Kasus {Hatwün > *basün) fiel w lautgesetzlich aus; von da konnte Base auch als Nomin. hergestellt werden. Koseformen, die sich an V a t e r anschließen, sind beide. S. Baas. Wasen m. 'Rasenfläche, (feuchter) Boden', mhd. mnd. mnl. wase, ahd. asächs. waso 'Rasen', mnd. wasem 'Dunst'. Aus dem Frank, stammt frz. gazon, aus dem Bair.-Österr. slowen. vaia. Daneben zwei Ablautsformen in nnl. waas (urgerm. *wèsa-) 'Reif, Duft' und mnd. wös 'Schaum, Absud., Saft', ags. wös 'Feuchtigkeit, Saft', dän. os 'Dunst, aufsteigender Saft in Bäumen' (urgerm. *wösa-). Nächstverwandt ist lett. vasa 'Feuchtigkeit des Bodens'. Das Schicksal von Wasen im Nhd. ist dadurch bestimmt worden, daß es Luther nicht verwendet. Im 18. Jh. erliegt es der gleichbed. Reimwortbildung R a s e n , s. d. und seiger. Wasenmeister m. in seiner Bed. 'Abdecker' und 'Henker' eines der Zeugnisse dafür, daß einst beide Ämter in der gleichen Hand lagen. W. steht seit dem 16. Jh. obd. neben S c h i n d e r , westmd. neben F i l i e r ; der Gebrauch des Wortes gilt amtlich bis ins 18. Jh., mundartl. bis heute: E. Angstmann 1928 D. Henker in der Volksmeinung 69 f. Wasser n. mhd. wa^er, ahd. wasßar, asächs. matar, nd. nl. engl, water, afries. wetir,
wt(()er,
ags. wœter. Dem westgerm N. auf -r stehen ostund nordgerm. Bildungen auf -w gegenüber: got. watô (Gen. watins), anord. nnorw. vatn, schwed. vatien, dän. vand. Die zugrunde liegende idg. Wz. *wed: *wöd: *üd ist enthalten auch in ags. w&t, engl, wet 'feucht'. Dazu weiterhin die unter O t t e r behandelte Sippe. Außerhalb des Germ, sind verwandt noch gr. htfdör, slaw. voda (zu diesem W o d k a , eigtl. 'Wässerchen'), lat. unda, alban. ujë, arm. get, air u(i)sce. Das Wort ist ein uraltes N., das im Nom. Akk. auf -r endete, während die andern Kasus ein η-Suffix aufwiesen; dieser alte Zustand spiegelt sich am reinsten im
Wate
hethit. Nom. watar, Gen. weienas, D a t . weteni
"Wasser*. VgLaind. uddn 'Wasser' udrá/i 'Wassertier'. Im Germ, haben sich zwei verschiedene Paradigmen herausgebildet, das eine durch r, das andere durch η gekennzeichnet. Vgl. die ähnlichen Verhältnisse bei F e u e r . — Die Lautgeographie von 'Wasser* bietet der Dt. Sprachatlas. Wasserfall m. engl waterfall aus ags. wœtergefeal, s p ä t m h d . wa^erval
aus m h d . des wafers
val.
Waeser-, Windhose f. 'trichterförmiger Wasser·, Windwirbel': zu Hose in seiner älteren Bed. 'Strumpf. Vorbild ist nnl. (water)hoos: Kluge 1911 Seemannsspr. 381. Wasserkopf m. heißt der durch Gehirnwassersucht aufgetriebene Kopf zuerst bei Adelung 1786. Nachdem Tob. Smollett schon 1771 London α dropsical head genannt hatte, schilt Jul. Bachem 1882 Berlin den „Wasserkopf der Monarchie": Büchmann 1912 Gefl. Worte 648. Wasserratte f. Arvicola amphibius heißt frühnhd. Wasserratte), nd. nL waterrot, engl. waterrat. In der Übertragung auf Menschen wird W. zunächst 'tüchtiger Schwimmer', im 19. Jh. 'befahrener Seemann': Kluge 1911 Seemannsspr. 826. S. L a n d r a t t e . Wasserstoff m. zuerst bei Girtanner 1791 Neue ehem. Nomenclatur, Lehnübersetzung des frz. hydrogéné 'Wassererzeuger'. S. S a u e r - , Stickstoff. Wassersucht f. ahd. wasgarsuht, mhd. wa%¡¡ersühte, -suht, m n d . mnl. watersucht, schwed. vattensot; dän. vatersot ist aus dem D t . e n t l e h n t :
'krankhafte Ansammlung von Flüssigkeit im Körper': M. Heyne 1903 Körperpflege 128. Wat f. Zur Wz. *vedh 'weben' (in lit. áudíiu 'ich webe', got. gawidan 'binden', ahd. wetan 'anjochen') gehören ahd. mhd. mnd. wät, asächs. wäd, ags. weed, anord. väd 'Stück Zeug', Plur. 'Kleider'. Daneben steht das Sammelwort ahd. giwäti, asächs. wädi, m n d . wêde, ni. gewaad, ags. wêède, engL weed. Grundbed.
'Gewebe'. Vom 12. Jh. an wird im Hd. W a t durch Kleid und Gewand zurückgedrängt, im 17. Jh. scheidet es aus der Schriftsprache. Schon Luthers wad (nur Offenb. 3, 4; 1629 anch hier durch Kleid ersetzt) muß seinen obd. Zeitgenossen durch gewandt verdeutlicht werden. Im 19. Jh. versuchen Wunderhorn und Uhland eine künstliche Belebung, die doch mißlungen ist. S. Gewand, L e i n w a n d . Wate f. 'Zugnetz', ahd. watet, mhd. wate, m n d . wade, nl. wad(d)e,
ags. wadu, dän. vod,
schwed. norw. vad. Aus dem Germ, entlehnt sind gleichbed. finn, vaia und ital. guada. Das Wort gehört mit anord. vaöor m., norw. vad 'Angelschnur' zur Wz. von W a t (s. d.) und bedeutet urspr. 'Geflochtenes'. Urverwandt sind
waten
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lett. wadus 'großes Zugnetz', lit. vedejà 'Fischnetz für zwei Fischer', aslaw. nevodü 'Netz'. waten Ztw. mhd. ahd. waten, mnd. mnl. waden, afries. wada, ags. wadan, anord. vada 'schreiten, vorwärtsdringen (bes. im Wasser)'. Gemeingemi., nur got. nicht belegt. Außergerm. Verwandte finden sich nur im Lat.: vadum 'Furt' und vadäre 'waten' stimmen in der Gestalt der Wz.-Silbe, während das ablautende vädere 'schreiten' der Bildung nach nähersteht. Das auf lat. vadäre beruhende itaL guadare 'waten' ist in seinem Anlaut durch das deutsche Wort beeinflußt; frz. gué (afrz. guez) 'Furt' u. guéer 'eine Furt durchschreiten' weisen auf afränk. *waâ u. * wadan zurück. S. W a t t , Weed; Weddik unter Ente. — Dazu gehören die Namen auf -wedel 'Furt' wie SalzwedeL — Christmann, ZfMdafg. 31, 196. Wateehe /. 'Ohrfeige', mhd. örewetzeltn Heinrich v. Freiberg, Tristan (Nordböhmen um 1317) V. 6478. Heute bair.-österr., doch ausstrahlend bis Schlesien, Berlin, Luxemburg und zur Schweiz: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 104. 602; G. Weitzenböck 1937 Zs. f. Mundartf. 13, 24f. Urspr. gemeint als Mittel, Ohr und Gedächtnis zu schärfen, gehört Watsche zu dem unter wetzen genannten Adj. ahd. was 'scharf'. watscheln schw. Ztw., aus den Mundarten mehr in die Umgangs- als in die Schriftsprache gedrungen. Zuerst bei Sachs 1546 Fabeln 90, 44Ndr. „Nach dem watschlet daher die kröt." Gebucht seit Ludwig 1716; von den Klassikern nur bei Wieland. Wegen der Grundbed. 'wakkeln' ist vom spätmhd. wackzen 'wackeln' (Weiterbildung zum gleichbed. mhd. wachen) auszugehen. Das daraus mit Velarverlust entwickelte watschen, das in einzelnen Mundarten bis heute gilt, hat dieselbe Iter.-Endung erhalten wie wackeln. Watt 1 n. mnd. wat 'der bei Ebbe trockenlaufende Teil des Meeresbodens', in einem hd. Seetext zuerst 1694: Kluge 1911 Seemannsspr. 827. Als Küstenwort entwickelt aus 'seichte Stelle im Wasser, die man durchwaten kann'. Entspr. ahd. mnl. wai, nnl. wad, ags. weed, anord. vad 'Furt'. Aus dem Germ, entlehnt sind ital. guado, frz. gué 'Furt, seichte Stelle im Wasser'. Zu den lat. Urverwandten s. waten. Watt2 n. 'elektrische Leistungseinheit', engl, watt 1882; nach dem Erfinder der Dampfmaschine James Watt (1765) benannt. Watte f. österr. auch W a t t a , begegnet seit Hohberg 1682 Georg. 2, 433. Früher als von gelockerter Baumwolle wird es von Flockseide gebraucht, geläufiger als W a t t e war die Form Watten. Sie entspricht dem nnl. walten (nach 1699; heute meist in der Verkl. watje), aus dem das dt. Wort stammt und das seiner-
weben
seits mit engl, wad (seit 1650), frz. ovate, ital. ovate, ovatta (daher österr. W a t t a ) auf mlat. wadda (so zuerst 1380) zurückgeführt wird. Dessen Ursprung vermutet Seybold 1909 Zs. f. d. Wortf. 10, 222 in arab. ba\n 'Bauch, Inneres', latin, Plur. bofa'in 'Unterfutter, gefütterte, auswattierte Kleider'. Der Weg der Entlehnung bleibt noch aufzuklären: Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 273. Schwed. vadd stammt aus dem Engl., dän. vyt und russ. wáta aus dem Nhd. S. Baumwolle und K a t t u n . Wan m. Reseda luteoJa, heute hin und wieder auf Äckern, an Wegen; noch bis in die Gegenwart angebaut. Zn Wau, Färberwau ist got. *walda zu erschließen aus altital. guada, frz. gaude, span, gualda (Holthausen 1929 Behrensfestschr. 109). Es entsprechen mengl. wolde, engl. weld, mnl. woude. Im Deutschen gelten seit dem 13. Jh. wolde und waude, im 17. Jh. dringt Wau aus mnL wouw vor. Urverwandt ist lat. lütum 'Färberwaid' (aus *vlütum, dazu lütais 'gelb'), der Wau diente zum Gelbfärben, er kommt schon in den Pfahlbauten bei Zürich vor: E. Ploß, Zs.f.dt.Phil. 75(1956),145.S.Reseda. J . Trier, Venus 47 Fußn. 29. weben st. Ztw. Die idg. Wz. *y>ebh bedeutete zunächst 'sich hin und her bewegen', sodann (vielleicht zunächst als Fachwort der Frauensprache) 'sich vor dem Webstuhl hin und her bewegen, weben'. Das Germ, hat beide Bed.Stufen erhalten, teilweise bei denselben Wortformen; vgl. anord. vefa, ags. wefan (engl. weave), mnd. weven st. Ztw. 'weben, flechten, knüpfen', ahd. weban, mhd. wehen st. Ztw. 'sich hin und her bewegen, weben, spinnen' (germ. *wêban). Daneben steht ein schw. Ztw. germ. *wabjan in anord. vefja 'wickeln, hüllen', ags. Wfbbian, mnd. Wfffen schw. Ztw. 'weben, flechten, knüpfen', mhd. wçben schw. Ztw. 'weben* (vgl. am Schluß das nhd. schw. Ztw.). Dazu ein Subst. germ. *wabja in anord. vefr 'Gewebe, Aufzug, gewobenes Zeug', ags. webb (engl, web), asächs. webbi, mnd. webbe 'Gewebe, Webstuhl, Aufzug', nnl. web 'Spinnweb', ahd. weppi, mhd. webbe, weppe 'Gewebe, Aufzug', nhd. Gewebe, Spinnewebe. Daneben mit Ablaut ahd. wuppi 'Gewebe', schwed. mundartl. of 'Einschlag'. Eine andre Ableitung liegt vor in anord. veptr, vipta, ags. weft, wift, wefta (engl. weft) 'Einschlag', mhd. wift 'feiner Faden, Gewebe, Honigwabe' (vgl. Wabe). Außergerm, sind urverw. einerseits lit. vebüdeti 'wimmeln, sich verwirren', \abalas 'Roßkäfer', anderseits aind. ubhnati 'schnürt zusammen', ürna-vabhi 'Spinne' (wörtl. 'Wollweber'), awest. ubdaêm 'Gewebtes', pers. bäftän 'weben', gr. hyphe, hyphos 'Gewebe', hyphainein 'weben', alb. veA 'ich webe', tochar. Β wap 'weben'. S. wabern, Waf-
Wechsel
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f e i , W e s p e , W i e b e l , W i f t . W e b e n als schw. Ztw. 'sich bewegen' aus Luthers Bibel (Matth. 7, 26 usw.) der Dichtersprache des 18. Jh. geläufig. Daher Goethe 1774 Urfaust 42.161. 1436. Wechsel m. mhd. wêhsel, ahd. asächs. wëhsal, ani. wihsil, afries. wixle '(Aus-)Tausch, Handel, Geld'. Dazu anord. vixl 'Tausch' (dän. veksel, echwed. vexel haben ihren Vokal aus dem Dt. bezogen). Das Wort ist eine Ableitung mit Suffix -sia- (Kluge 1926 Stammbild. §142b) zu derselben Wz., aus der lat. vicès 'Abwechslung, Gegenseitigkeit' hervorgegangen ist (s. weichen). Im Zahlungsverkehr ersetzt W. seit 1383 ital. cambio, mlat. cambium. Die heutige Bed. 'Urkunde über eine Wechselzahlung' zuerst bei Sperander 1712 Negotiant 25; vorher steht dafür W e c h s e l b r i e f , das Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.-Spr. 209 zuerst aus Köln 1393 nachweist; dafür in Lübeck noch 1437 litera camini·. Kurrelmeyer 1922 Mod. lang, notes 37, 392f. Wechselbalg m. Bei allen Nordeuropäern gilt seit frühchristlicher Zeit der Glaube, Kinder mit dickem Hals oder blödem Gesicht stammen von Unholden und seien von diesen nach der Geburt gegen die echten Menschenkinder ausgetauscht. Bei den Germanen heißen sie anord. skiptingr, schwed. (bort)byting, dän. bytting, engl, changeling, ahd. (bei Notker) wihselinc, mhd. wêhselkint, spätmhd. wëhselbaic. Dies verbreitet Luther, der gleichbed. K i e l k r o p f und M o n d k a l b verwendet: E. Mogk 1919 Reallex. d. germ. Alt.-Kde. 4, 492; G. Piaschewski, Der Wechselbalg (Diss. Breslau 1936); H. Appel, Die Wechselbalgsage (Diss. Heidelberg 1937). Wechselreiterei f . Lehnübersetzung des nnl. wisselruiterij ist W e c h s e l r e u t e r e y Allg. d. Bibl. 11 (1768) 66; dän. vexelrytteri ist durch das Nhd. vermittelt. Bei der alten Post spielt das Reiten auf Wechselpferden eine Rolle, offenbar auch im Verkehr von Börse zu Börse. Die Entfernungen werden zu anfechtbarer Ausweitung des kaufm. Kredits mißbraucht: Jacobsson 1783 Technol. Wb. 3, 408 „ R e u t e r w e c h s e l , wenn man den Holländer mit seinem Kredit in Hamburg und den Hamburger mit seinem Kredit in Holland bezahlt, um Zeit zu gewinnen". Bei der Umkehrung W e c h s e l r e i t e r , bei uns seit Büsch 1792 Darst. d. Handl. 1, 40, mochte man zugleich an nl. ruiter 'berittener Wegelagerer' denken. Weck m. 'keilförmiges Gebäck', mhd. wçcke, ahd. wfchi (älter wçggi), asächs. wçggi, mnd. mnl. wegge 'Keil, Weizenbrötchen', ags. wecg, anord. veggr 'Keil'. Gemeingerm, nur got. nicht belegt. Grundform *wagja-, der das früh entlehnte finn, vaaja 'Keil' nahesteht. Außergerm, werden gleichbed. lit. vágis, lett. wadsis ver-
weg
glichen, die doch auch auf früher Entlehnung beruhen können. Über die umgangssprachl. Verbreitung der heute Weck benannten Gebäckarten s. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 162 ff. wecken schw. Ztw. Mhd. mnd. mnl. wçcken, ahd. wecken, älter Wfcchan, asächs. wçkkian, ags. wecc(e)an, anord. vekja, got. (us)wakjan führen auf germ. *wakjan 'wecken, wach machen'. Das ist eine Kausativbildung, die ein nirgend bezeugtes st. Ztw. germ. *wêkan voraussetzt (das scheinbar primäre got. wdkan 'wachsam sein' ist urspr. schwach). Außergerm. vergleichen sich aind. vaja 'Kraft, Schnelligkeit', vajáyatí 'treibt an' (Faktitiv wie germ. *wakjan), lat. vigil 'wach', vegère 'munter sein, erregen'. S. w a c h , w a c k e r . Wedel m. mhd. wadel, wfdel, ahd. wadal, -ol, -il, wfdil m. n. 'Büschelartiges zum Hin- und Herbewegen, Fächer, Haarbüschel', afries. wedel, widel 'Weihquast', anord. vèl(i) 'Schwanz des Vogels' (über *vfßl- aus *vaßil). Mnd. weddel 'Büschel' ist aus dem Hd. entlehnt. Grundbed. ist 'Schwankendes', s. W a d e l , w a l l e n ' . Nachdem das gemeingerm. Wort für 'Schwanz', Zagel (s.d.), durch den früh erotisch entwickelten Nebensinn unmöglich geworden und bevor S c h w a n z (s. d.) an die Stelle gerückt war, wurde im 13. Jh. obd. wadel aus 'buschiges Ende des Schwanzes' erweitert auf 'Schwanz' und demgemäß bis ins 17. Jh. häufig gebraucht, dann aber durch Entwicklung des gleichen Nebensinns schriftsprachl. unmöglich. Gehalten hat es sich in einigen obd. md. Mundarten und in der Weidmannssprache: K. v. Bahder 1926 Wortwahl 104f. — Zu - w e d e l 'Furt' s. w a t e n . weder Part, (in Verbindung mit noch), mhd. wêder, ahd. wëdar·. in der Einleitung von Doppelfragen wie weder ist übel oder ist S¡¡ gitoti 'welches von beiden ist es, schlecht oder gut?' hervorgegangen aus dem Neutr. zu ahd. wèdar 'jeder von beiden' (niwëdar — noh 'keiner von beiden — noch'). Vgl. die entspr. Entwicklung von e n t w e d e r . Dazu auch engl, whether aus ags. hweder. Ahd. (h)wêdar, asächs. hwëdar, mit anderer Vokalstufe ags. hwceder, anord. hvärr, got. hapar 'wer von beiden' gehören mit gleichbed. gr. püteros, aind. katarà, lit. katràs zu prou, germ. *hwë: *hwam w e r , was. Das Suffix ist (wie in a n d e r u. v o r d e r ) das komparativische -tero-. Weg m. mhd. ahd. wie (Gen. wèges), asächs. nl. ags. weg, engl, way, afries. wei, anord. vegr, got. wigs 'Weg': gemeingerm. Ableitung zur germ. Wz. *wêg 'ziehen, fahren' in b e w e g e n und W a g e n . weg Adv., nl. weg, ags. onweg, engl. away. Neben Verben der Bewegung steht ahd. in wëg 'auf den Weg'. Daraus wird mit Abschwächung des vortonigen Vokals (wie in mhd. enëben, en-
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Wegbreite hfnde, erüanl, emlie,
emwei)
seit Mitte des 12. vae, mir. fäe, kymr. gwae, bret. gwä, lit. lett. val,
Jh. enwêc, das noch im beginnenden Nhd. vorkommt. Doch schon im 14. Jh. ist völliger Schwund der Vorsilbe möglich; vgl. m i t t e n , t r a u n , zwischen. Wegbreite /., W e g e b r e i t m. 'Wegerich' mhd. wëgebreite, ahd. wêgàbreita, asächs. wêgabrèda, m n d . mnl. wegebrêde, ags. wegbrœde, engl, way-
bread (woraus entlehnt dän. veibred). Eine westgerm. Bildung, in der breita f . 'breiter Gegenstand' bedeutet. Somit 'am Weg wachsende Pflanze, die breite Flächen bildet'. Das M. hat sich unter Einfluß vonWegerich eingestellt, s.d. wegen Präp., gekürzt aus mhd. von . . . wegen, m n d . van . . . wegen, mnl. van . . . weghen ' v o n
Seiten' mit Gen. dazwischen. Die Formel dringt von Norden her ins Md., dann ins Obd., das erst nach 1250 erreicht wird. Zur Kürzung, (1369 Urk.-B. Arnstadt 117), vgl. (in)kraft, (nach)besage, (nach)laut,
Wehmut
(mch)vermöge,
(an)statt.
awest. vayöi, ävöi. Neuschöpfungen sind frz. ouais, gr. οά, od, oouai, ngr. bà[ï 'weh', armen. vay 'Unglück*. Dem aus der Interj. gewonnenen N. Weh entspricht ags. wä, wéë m. 'Weh, Unglück; Elend, Kummer'. Die im N. Wehweh beliebte Verdopplung schon in ahd. wêwo, -a, ags. wâwa, wêa m. 'Weh, Elend' sowie im früh entlehnten finn, vaiva 'Plage, Elend'. — Auf den Wortkarten B a u c h w e h (s. d.), K o p f s c h m e r z (a. d.), Z a h n s c h m e r z (s. d.) nimmt das Grundwort -weh den Süden von der Mosel über das Ostfränk. ins Obd. ein; das Nd. hat weithin - w e h t a g e (s. d.), was in Resten auch im Omd. erhalten ist; der Westen des Nd. hat -pien 'Pein' (s. d.), - s e h r (s. d.). — Die Lautgeographie von 'weh' stellt der Dt. Sprachatlas auf den Karten 33, 76 dar. S. a u , w e i n e n , wenig. Wehdwinde/. Name mehrerer Schlingpflanzen, des Geißblatts, des Efeus und der Winde (s. d.), deren Name das Grundwort stellt, während
Wie bei s t a t t mundartlich Gen. durch Dat. ersetzt dieser in Schriftsprache: Behaghel 1924 durch ags. widowinde, widubindae, jünger umduDt. Syntax 2,49. Anders: Pisani, Lingua 11,829; winde, engl, woodbine als Bestimmungswort ags. zu altpers. vaina < *y,ékno 'nach dem Willen' ! wuäu, älter widu 'Holz' (s. W i e d e h o p f ) erWegerich m. 'Plantago', m h d . wêgerich, ahd. wiesen wird. Zudem verrät deren Ubereinwêgarïh: im Gegensatz zu W e g b r e i t e (s. d.) nur stimmung mit anord. viôvindill und mnl. mnd. hd. Die Pflanze heißt wegen ihres Vorkommens mhd. wedewinde das germ. Alter der Bildung. an Wegen auch W e g b l a t t , - k r a u t . Zweiter wehen schw., alt redupl. Ztw., mhd. wce(j)en, Wortteil (s. Reich) ist das alte Wort für 'König', wcegen, weien, ahd. wä(h)en, wäjen, m n d . wêien, got. reiks, doch ist wêgarïh gewiß nicht als 'Weg- mnl. waeyen, nnl. waaien (daraus entlehnt dän. könig' aufzufassen, sondern den Männernamen vaie, schwed. vaja), afries. wäia, ags. wäwan, Fridur, Diotrlh nachgebildet. Vgl. Pflanzen- aschwed. ña, got. wajan. F. Kluge macht 1910 namen wieHänsel a m W e g , g u t e r H e i n r i c h , Festschr. f. W. Viëtor 106 ff. ein vorgerm. G u n d e r m a n n Mangold, und Kluge 1926 mit präsent, i glaubhaft. Zur idg. Wurzel Stammbild. § 32. Zur Wortbildung vgl. H e d e - 'blasen' (s. Wind) gehören auch aind. vati, r i c h , Weiderich. vayati, awest. vaiti, gr. ό(ρ)ησι 'er, es weht', Wegwarte /. 'Cichorium intybus L.\ mhd. (seit aslaw. vëjaii 'wehen, worfeln' mit aind. vayú-, dem 14. J h . ) weg(e)wart(e), nnl. wegwarte, wegen- lit. vëjas 'Wind' usw. waart, -wachter, schwed. (seit 1638) vägv&rda. I n Wehklage f . fehlt wie das schw. Ztw. wehandern Nachbarsprachen gelten Lehnüberset- k l a g e n den Wb. bis auf Maaler 1561 und zungen wie lit. lükestis 'Erwartung', poln. podró- dem gesamten Mhd. Seit frühnhd. Zeit verdrängt nik 'am Weg Weilende', tschech. lekanta 'War- W. als durchsichtige Bildung mhd. wuof(t): K. tende'. Die Pflanze öffnet ihre Blüten erst bei v. Bahder 1926 Wortwahl 154f. Dabei sichert Sonnenaufgang und heißt mlat. sponsa solis. das erste Wortglied dem doppeldeutigen K l a g e , Das älteste Zeugnis für die entsprechende Sage das auch 'gerichtl. Klage' sein kann, den Sinn bei uns bietet in Tirol 1411 Hans Vintler, Blume 'querimonia'. In die Schriftsprache gelangen d. Tugend 7838: vil die jehent, die wegwart Sei Wehklage und w e h k l a g e n wesentlich durch gewesen ain frawe sart Und wart in puelen (des Luther. Aus dem Nhd. stammen nnl. weeklacht, Sonnenjünglings) noch mit smerzen. Demnach dän. Vehlage, schwed. veklaga. ist Wegwarte 'die nach dem Weg der Sonne am Wehmut /. Rückbildung aus dem Adj. wehHimmel Ausschauende': R. Loewe 1939 Privat- m ü t i g , das schon durch mhd. wêmûetecheit vordruck 47 ff. ausgesetzt wird, während das F. erst im 16. Jh. weh Interj. aus einem Naturlaut entstanden, aus dem Nd. über das Ostmd. ins Obd. gelangt gemeingerm. nach Ausweis von mhd. wè, wçi, und erst durch Luther schriftsprachlich wird. ahd. asächs. afries. wê, ags. wä, engl, woe, anord. Mnd. sind wëmôd m., wèmòdich Adj. u n d wemöt f i , vœ, got. wai. Aus dem Germ, entlehnt sind dicheit f . gleich gut und früh entwickelt. In hd. ital. span, portug. guai, afrz. wai. Mit den germ. Wb. erscheint W e h m u t h nicht vor Stieler Formen gehen auf idg. *yai 'wehe' zurück lat. 1691 ; mundartlich ist es nirgends bodenständig.
Wehmutter
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Weibsbild
Rud. Unger, Heilige Wehmut: Jb. d. Freien dt. gegangen war, wie auch got. augadaùrô 'Fenster* Hochstifts 1940 S. 337—407. (neben daúr 'Tor') schw. Bildung zeigt. GrundWehmntter f. Die Pflege der Gebärenden ist bed. 'Tag, an dem man Schmerz leidet'; früh so ausschließlich alleinstehenden älteren Frauen hat - t a g seine eigentl. Bed. eingebüßt (wie - h e i t , anvertraut gewesen, daß z. B. im Holst, moder -mal, - s c h a f t , -tum). EsTiegt Übergang vom Lünten usw. schlechthin zur Anrede der Heb- Ablauf eines Zustande in derZeit auf den Zuamme werden konnte. Zus.-Setzungen wie stand selbst vor, wie in arme Tage 'Armut', Bade-, Hebe-, K i n d e r - , P f i p p e l m u t t e r F r e u d e n t a g 'Jubel', Mühetag 'Mühsal'. — verdeutlichen diesen Sinn, am klarsten Weh- Zur Wortgeographie von W e h t a g e s. weh, mutter, in den Wb. seit Alberus 1640; Thürin- Bauchweh, K o p f s c h m e r z , Zahnschmerz. gen 1461, Luther 1. Mos. 36,17 usw.: G. Ising, Weib n. Mhd. teip, ahd. wib, mnl. nnl. teijf, Nd. Korr.-Bl. 1966,16. Mundartlich ist W. ver- asächs. afries. ags. tmf, engl, wife, anord. vif, streut im weiten dt. Osten, in dichtem Vor- dän. norw. schwed. viv führen auf germ. *mba-, kommen in Thüringen s. Rudolstadt, und mit- mit neutr. Geschlecht und der Bed. des Versamt W e h f r a u im Erzgebirge: Mirja Virkku- hüllens, zu idg. *ueip- 'drehen', got. biwaibjan nen bei Mitzka-Schmitt, Dt. Wortatlas V. 'umwinden', anord. veifa 'umwickeln' (die Frau Wehr /. 'Verteidigung'. Zur idg. Wz. *y>or in war mit einem leinenen Kopfputz geschmückt, aind. νχηόϋ, váralí 'hemmt, wehrt, umschließt'A. JÓhannesson Isl. etym. Wb. 119), dazu der gehören dieNomina gi.héryma ' Schutz', altitalisch got. Frauenname Vivildis (aus uüb-hüd, F. Holt*vero'Tor' inumbr. eeräco'beider Tür', verofe'zui hausen Got. etym. Wb. 123). Verhüllt ist bei den T ü r ' , l a t . vestibulum (aus *vero-stabulum) ' R a u m europ. Indogermanen die Braut, zur verheiratebei der Tür', aruss. vora 'Verzäunung', ir. ferenti ten Frau gehört das Kopftuch. Die andere Wort'Gürtel, Strumpfband', alle auf die Bed. 'Hem- sippe für 'Frau' mhd. Rone, ahd. as. quëna, ags. mung' zu vereinigen. Germ, stellen sich hierzu ewêne, g o t . qëns, qinö i s t m i t a i n d . gnä ' G ö t t e r weib', griech. gynê verwandt. Falk-Torp, Norw.anord. verja, vçm f., afries. mal. mnd. teere, nnl. weer, ahd. wort, tetri, mhd. wçr(e) 'Verteidigung'. dän. etym. Wb. 1390 (1910); Holger Pedersen Dazu das gemeingerm. schw. Ztw. wehren, 1942 Studia neophil. 14, 262; Axel Lindqvist 1943 mhd. Wfr(je)n, ahd. asächs. ags. wçrian, anord. Meijerbergs Arkiv 6, 81 ; W. Krogmann, Idg. Vfrja, got. warjan. — Sich zur Wehr setzenFgen. 1969, 136 (abwegig: aus nicht bezeugter Bed. für das erschlossene *imba- "Kopftuch der aus dem Turnierleben. Wehr n. Das Stauwerk im fließenden Wasser verheir. Frau'). Unter den glaubhaften Verheißt mederösterr. prueh, alem. umor, siegerl. gleichen, für die insgesamt keine Sicherheit zu dich, fränk.-hess. fach. Luthers Wort ist gewer{e). gewinnen ist, ist hier ahd. weibön 'sich hin- und Wehr hat sich von der Küste aus seit Ende des herbewegen' (s. W ei bei) zu nennen, mit dem 13. Jh. verbreitet, asächs. teerr 'Fischwehr' be- im Ablaut mnd. neund. wippen 'sich auf- und niegegnet schon im 10. Jh. Es entspricht dem gleich- derbewegen' verwandt ist: die geschäftige Hausbed. ags. teer. Aus der unter Wehr /. aufgezeig-frau der Vorzeit wäre gemeint. Die Männer sind ten Grundbed.'Hemmung' hat sich an der Küste draußen auf der Jagd u. sonstwo (DWb. 14,1,1). der Sondersinn entwickelt. Dazu nd. W u r t 'in Welbel m. 'Gerichts-, Amtsdiener', ahd. tceibil, den Marschen aufgeworfener Hügel mit Bauern- mit Endung -üo zu ahd. weibön 'sich hin und hof, und dieser selbst' (β. Werft), as. umrlh f. 'Bo-her bewegen', wie butil 'Büttel' zu biotan 'entden', afries. vmrih m. 'erhöhter Hausplatz', ags. bieten'. Gleichgebildete Bezeichnungen für word m. ». ' H o f , W i r t s c h a f t ' , m n d . wurt, worl f. Amtspersonen s. Kluge 1926 Stammb. § 18. Ein Wehrstand m. in der Verbindung mit N ä h r - vor allem alem., daneben schwäb. Wort. Darund L e h r s t a n d , s. d. Luther, der das 3. Buch über hinaus reicht allein der Gebrauch im frühvon Piatos Politela beherrscht fand von der nhd. Heerwesen. Die ostmd. Form ist in FeldDreiteilung der Stände in georgoi ka\ dêmiourgoi; webel (s. d.) schriftsprachlich geworden. árehontes und phy lakes, bildet danach Nähr-, Weibsbild w. Neben weiblich, weibisch Lehr- und W e h r a m t , dies seit Dez. 1626: Bild finden sich seit Ende des 13. Jh. mhd. FüWeim. Ausg. 19, 664. W e h r s t a n d zuerst bei gungen wie Konr. v. Würzburg, Trojanerkrieg seinem Schüler Mathesius 1671 Sarepta 47 ». 1474 uâp uni mannes bilde (dies in seiner alten Wehtag m., geläufiger Wehtage Plur. Bed. 'Gestalt'): Gen. der Identität in Fällen, 'Schmerz, Krankheit, Unglück', mhd. wëtage m.wo das regierende Nomen ein Verhältnis der Ähnlichkeit bezeichnet: Behaghel 1932 Dt. seit 1260, mnd. wêdage m. seit 1400, nl. weedagh(e) seit 1477. Das Subst. Weh verbindet sich Syntax 1, 623. Die Formel findet sich in zwei mit ahd. tago m., der schw. Nebenform zum st.Wörtern gedruckt noch 1477 bei Ortolf v. BayrM. Tag, die vorher in die Zus.-Setzungen ahd. land, Arzn. 9 a . Luthers Form ist Weibesbild ani-, endi-, flra-, giburti-, suono-, tulditago ein- Weim. Ausg. 20, 344; Weibsbild seit Stain-
Weibsen
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höwel 1473 Ciar. mul. 322. Blütezeit des Worts ist das 16. Jh., im 17. und 18. sinkt es langsam in niedrigere Schichten des Schrifttums, im 19. wird es auf die Mundarten zurückgedrängt, in denen es bis heute weithin gilt. Weibsen n. aus mhd. vñbes name (wie Mannsen aus mann(e)s name, R ü b s e n aus R ü b samen) zus.-gezogen seit Prätorius 1666 Anthr. plut. 1, 268, von dessen ostmd. Heimat aus sich die Verschmelzung ausgebreitet hat. Mhd. name steht in Umschreibungen gern für die Person selbst, so daB sich Weibsen in seiner Bed. von Weib und W e i b s b i l d kaum unterscheidet. weich Adj. Aus der in weichen (s. d.) enthaltenen Wz. germ. *wk 'nachgeben' ist das Adj. mit Grundbed. 'nachgebend' als o-Stamm mit Hochstufe des Vokals gebildet, wie bleich zu *blik 'heller Schein' in b l e i c h e n , los zu *lus 'lose sein' in v e r l i e r e n . Dem Got. und Fries, fehlt die Bildung, den übrigen westgerm. Sprachen ist sie mit dem Nordgerm. gemein: mhd. weich, ahd. weih, asächs. mnd. weh, mnl. weec, ags. mengl. wäe, anord. veikr, von da entlehnt engl. weak. Im Deutschen ist weich zu allen Zeiten häufig, in den Mundarten überall vorhanden, nur im Alem. durch (ge)lind beeinträchtigt. WeiehbUd n. mhd. mchbilde, mnd. uñkbelde, mnl. wijchbelt: Rechtswort, das kurz vor 1170 in Westfalen auftritt und seither nd. und md. von Overijssel bis Livland, von Schleswig bis Thüringen gilt, dagegen dem Fries, und Obd. fremd bleibt. Bestimmungswort ist Weich m., das zur Zeit und im Gebiet des Aufkommens von W e i c h b i l d als'selbständige Siedlung' lebte, den ersten Teil von mhd. wlchgrâve 'Stadtrichter' und mchvride 'Burgfrieden' bildet und in Ortsnamen wie B a r d o - , O s t e r w i e k , B r a u n schweig, I p s - , Green-, Norwich fortbesteht (M. Förster 1941 Themse 488): westgerm. Entlehnung aus lat. vicus 'Häusergruppe' Th. Frings 1932 Germania Romana 87), mit dem gr. oikos 'Haus' nnd got. weihs 'Flecken' urverwandt ist. Grundwort ist unser N. Bild, s. d. Zunächst ein Rechtsbegriff (Münster 1178), zu billig "angemessen, gerecht'. Aus dieser konkreten Bed. hat sich die abstrakte 'Wik-Recht' entwickelt, indem die Formel binnen mkbilede 'innerhalb der Grenzpfähle des Wik' umgedeutet wurde zu 'unter dem Wik-Recht'. W. Foerste, Bild, in Festschr. J. Trier 1964, 126; Kaspers, s. Bild. S. Wispel. Weiche1 f . mit altem ei: mhd. weiche, ahd. weihhl: Abstr. zum Adj. weich (wie Süße zu süß), demgemäß in ahd. Glossen und bei Notker zur Widergabe von lat. imbecillitas, debilitas, infirmitas. In konkr. Gebrauch wird W. zur 'weichen Stelle' z. B. des Bodens, nach-
Weichselzopf
mals verengt auf 'weiche Stelle des Körpers' z. B. zwischen den Wirbeln oder Schädelknochen, und mit abermaliger Verengung auf die ausgedehnteste derartige Stelle, die der Körpermitte zwischen Brustkorb und Becken. So seit Val. Boltz 1539 Terenz 6 a „er erwischt das Weib in der mitlen Weiche" mediam mulierem compleäitur. Weiche2 f . mit altem ï 'Zungenweiche', von Ch. Fox 1832 erfunden (engl, switch, österr. Wechsel, nnl. ivissel), in die Umgangssprache und Mundarten gedrungen mit dem Bahnwesen, das seinen jungen Bedarf an Fachwörtern (Bahn, Gleis, Zug usw.) großenteils durch Bed.-Wechsel deckt. Ausweichen mußte der Verkehr auch vor der Zeit der Eisenbahnen; auf den Straßen bedurfte es dazu kaum besonderer Vorrichtungen, wohl aber auf den Wasserwegen. Nach dem Antiqu. d. Elbstroms (1741) 66 heißen die Ausweichstellen der Elbe Weiche, zu erklären aus mnd. nord, tmk 'Bucht', das als postverbales Subst. zum Ztw. weichen (s. d.) urspr. 'Zurückweichen (des Festlands)' bedeutete. Auch in der nl. Schiffahrt gilt wijk. weichen st. Ztw., mhd. wichen, ahd. tdihhan, asächs. «eifern, mnd. mnl. mken, afries. wi(a)ka, ags. tíücan, anord. vijka, wkva, ykva; got. nicht bezeugt. Die germ. Verbalwz. *wk, auch in Wechsel und weich enthalten, bed. urspr. 'jem. Platz machen, nachgeben'. Ihre Vorstufe *uig spiegelt sich in aind. vijäte 'zittert, ist in heftiger Bewegung, eilt davon', tochar. wik'verfallen', gr. oignynai 'öffnen' (urspr. 'weichen lassen'). Daneben steht *y,ik in gr. eikein 'weichen' und lat. vices Plur. 'Wechsel'. Weichsel f . Sauerkirschen sind durch die Römer seit dem 2. Jh. nach Deutschland gelangt. Ein heimisches Wort für Prunus cerasus L. fehlt; das seit dem 11. Jh. belegte ahd. imhsila, das in mhd. iclhsel, mnd. wisset und nhd. Weichsel fortlebt, bezeichnet ursprünglich die Holzkirsche (Prunus avium L·.), wie nd. wisselbere noch. Ihr Harz liefert Vogelleim, ihr Name ist auf germ. -ila (wie D i s t e l , Hasel, Q u e n d e l , Schwertel usw.) gebildet zur idg. Wurzel *j»»£s- 'Mistel und andre leimliefernde Bäume' in gr. ixós (aus ριξοζ) 'Mistel; der daraus bereitete Vogelleim' und dem gleichbed. lat. viscum (mit sk für ks) sowie russ. usw. viSnja 'Kirsche' (woraus entlehnt lit. vy&nià, apreuß. wisnaytos): A. Götze 1917 N. Jbr. 20,1,68. Unverwandt ist der Name des Flusses Weichsel, germ. got. ahd. Wïhsila, von Balten und Slawen übernommen als apreuß. Wizla, poln. Visai, russ. Visla: M. Förster 1941 Themse 262. Weichselzopf m. Die Verfilzung des Haupthaars heißt poln. wieszczyce als Zauberwerk der Nachtgespenster (wieszczyca). In schles. Mundart
Weide
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weigern
hat. Danach tritt das Wort, das der höfischen Dichtung fremd geblieben war, schriftsprachlich zurück. Zur Zeit des Sturms und Drangs erfährt es eine Neubelebung aus obd. Mundart: Kuhberg 1933 Verschollenes Sprachgut 62 f. Weidling m. mhd. weidlinc 'Nachen zum Fischfang' (s.Weide 2 ). Das zuerst in Eßlingenl314 bezeugte Wort ist schwäb. im 17. Jh. abgestorben; es bleibt auf den alem. Südwesten beschränkt, wo es bis heute in els., bad. und Schweiz. Ma. lebt. Sinnverw. W e i d n a c h e n ist mfränk., W e i d z i l l e (s. Zille) gilt im Donaugebiet. Weife /. mhd. weife: neben älterem H a s p e l ein ostfränk. und ostmd. Wort, das im 18. Jh. ni. wij(d)e, ags. m pig, mengl. wiôi, engl, withy, mit dem Vorgewicht ostmd. Schrifttums seine anord. m dir führen auf germ. *mpwö-, idg. Blüte erlebt. Es ist im 16. Jh. gefolgert aus *mlwä. Darauf vereinen sich gleichbed. gr. w e i f e n , m h d . wifen, ahd. mfan st. Ztw. itéa (für ρειτέα), poln. witwa, apreuß. witwan, 'schwingen, winden', zu dem das schw. Ztw. akorn. gyidan 'Weidenband, -reif', bret. gwadar mhd. weifen 'schwingen machen, haspeln' als 'Weidenreif', kymr. gwden 'Weide', awest. vaêti Faktitiv gehört. Mit got. weipan 'kränzen', 'Weidengerte'. Indem man eine idg. Wz. * w waips, wipja 'Kranz' zur Verbalwz. germ. *mp, 'biegsam, drehbar' annimmt, vergleicht man idg. *wib. Außergerm. Verwandte sind lat. noch lat. vitis 'Ranke, Rebe', wrnen 'Rute, vibrare 'zittern, schwingen', lit. vaburiu 'wedle', Weide' und aslaw. -viti, lit. vyti "drehen, flech- lett. viebt 'sich drehen', tochar. wip- 'schlenten*. Roman.-germanisch: Th. Frings, Sitzgsber. kern'. S. s c h w e i f e n und W i m p e l . Sachs. Ak. phil.-hist. 108 H. 5 (1963). Weigand m. 'Kämpfer', mhd. ahd. wigant, Weide 8 f . 'pascua1, m h d . mnd. weide, ahd. asächs. Wigand, ags. wigend: Part. Präs. zu weida, ani. weitha 'Futter, Speise, Ort zum mhd. mgen, ahd. ags. tmgan, anord. vega, vä, Weiden, das Futter-, Speisesuchen (Jagd, Fisch- got. weihan 'kämpfen' (s. weigern). Die im fang)', ags. wäp 'Jagd, Umherstreifen', anord. Westgerm, abgestorbene germ. Verbalwz. *wig veidr 'Jagd, Fischfang'. Dazu w e i d e n , mhd. 'kämpfen' ist eins mit *uik 'stark, kühn weiden(en), ahd. weid(an)ôn 'Futter suchen'; sein' in lat. vincere 'siegen', air. fichim 'kämpfe', W e i d m a n n , mhd. weideman und W e i d n e r , aslaw. vëkû 'Kraft' ( = anord. veig 'Kraft'), lit. m h d . weidencere, ahd. weidiwri (Kluge 1926 vikrüs 'hurtig'. Das subst. Part. (vgl. F e i n d , Stammbild. § 10) 'Jäger', beide auch als Fam.- F r e u n d ) ist nach hoher Blüte zumal im VolksNamen. Germ. *waiß- aus vorgerm. wi-t-. epos des Mittelalters seit Ende des 13. Jh. zuDazu mit versch. Wz.-Erweiterungen air. fiad rückgegangen, lebt aber im ganzen Sprachgebiet (vorkelt. *yeid(h)ä) «Wild', fiadaeh 'Jagd', lat. bis gegen Anfang des 16. Jh., darüber hinaus venärl 'jagen', aind. vèti 'ist hinter etw. her, ver- nur auf Grund gelehrter Kenntnis mhd. Dichfolgt', lit. v$ti 'jagen, verfolgen', aslaw. vojt tungen (daher auch der volle Vokal der Endung erhalten, vgl. H e i l a n d , V o l a n d ) . Hamann, 'Krieger'. S. E i n g e w e i d e , Weih. Weiderich m. Name mehrerer Pflanzen, deren Bürger, Moser, Arndt beleben das versunkene Blätter denen der W e i d e ähneln, vor allem von Wort; weil die Theoretiker Gottsched, Adelung, Lysimachia, Lythrum und Epilobium. Das hd. Campe nicht mitgehen, dringt W. über den geWort gebucht seit Alberus 1640 Diet. EE 3», ni. lehrten Kreis (Uhland, Gervinus, Vilmar) wenig wèderik seit Kilian 1698. Zu Weide 1 wie F e l - hinaus. b e r i c h zum gleichbed. F e l b e r (s. d.). Zur Bilweigern schw. Ztw., ahd. weigarôn, mhd. dung des Pflanzennamens vgl. die älteren H e - weiger{e)n, mnd. wei(g)eren, wegeren (von da d e r i c h und W e g e r i c h . entlehnt dän. vœgre, schwed. vägra), mnl. weiweidlich Adv. Adj., mhd. weide(n)lleh(e), mnd. geren, afries. weigaria. Ableitung zum Adj. ahd. wêdelïk(e): Verbaladj. zu mhd. weiden(en) 'jagen', weigar, mhd. weiger, mnl. we{i)ger 'widerstreGrundbed. 'jagdgerecht'. Das auf das Deutsche bend, halsstarrig, tollkühn', das fläm. als weeger beschränkte Wort steht zuerst um 1200 in Str. 'wer übertrieben sorgfältig und sparsam mit 967 des Nib.-Lieds von dem zur Jagd reitenden etw. umgeht' fortlebt; mit dem Adj. zur germ. Siegfried: Dö reit der fitter edile vil weidenlïche Verbalwz. *wtg 'kämpfen' (s. W e i g a n d ) . Das dan. Schon hier ist die Auffassung als 'frisch, nd. nl. fries. Ztw. ist wegen ei statt ê der Tonwacker, stattlich' möglich, die sich bis zur Blüte- silbe der Entlehnung aus dem Hd. verdächtig. zeit des Wortes, dem 16. Jh., völlig durchgesetzt Hd. begegnet w. zufrühst alem. bei Notker um wird das Wort verdeutlicht zu wickaelzwpp nach dem Vorbild der gleichbed. Alp-, Druden-, Haar-, Hexen-, Höllen-, Juden-, Mahr-, Schrötleins-, Trollenzopf, sonst zu W i c h t e l z o p f gemäß der abergläub. Vorstellung, die auch in mundartl. Alpklatte, -schwänz, Bilwiszotte, Haarschrötel, Hollerkopf, Mahrpflechte, -klatte, -locke, -zotte, Selkenstert, dän. marelok, schwed. martova, engl. elflock lebt. Gesiegt hat die schles. Umbildung, die das poln. Leiden in Bez. zu dem Hauptstrom Polens setzt: „Weichselzopf, plica polonica" Steinbach (Breslau 1734): Wiek 62; Bielfeldt 29; Mitzka, Schles. Wb. 1476. Weide1 f. 'salix\ Mhd. mnd. mde, ahd. wda,
Weih
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1000, österr. seit 1070, bair. um 1160, eis. um 1180, damals zuerst auch mfränk.; nd. nicht vor dem Sachsenspiegel um 1220, seither allgemein. Von Anfang des 13. bis Ende des 18. Jh. ist Kontraktion des alten et zu è oit literar. geworden, so daß vom Sachsensp. bis auf Moser und Hagedom wegern fast als Norm gelten kann. Die Klassiker und Adelung haben für weigern entschieden. Weih m., Weihe f . 'müvus\ ahd. uño, mhd. mnd. uñe, mnl. wouwe 'Weih', isl. langhringvïa 'Lomme'. Die nl. Formen sind über ani. *uñwm mit den andern zu vermitteln (wie nl. sp(o)uwen mit ahd. spiwan). Neben jener ältesten Form steht (wie ahd. zweho neben zmvo) ahd. weho in W a n n e w e b e r m. 'Turmfalke'. Zugrunde hegt ein germ. Stamm *m 'auf Fang gehen', s. Weide*. Der Vogelname bed. uspr. 'Jäger'. Suolahti 1909 Vogelnamen 342. weihen schw. Ztw., mhd. ahd. mhen 'heiligen' ; asächs. mhian, got. weihan·, daneben mit gramm. Wechsel afries. uñ(g)a, anord. mgja: Ableitung zum germ. Adj. *mha- 'heilig', mhd. wich, ahd. asächs. uñh, got. toeihs (s. Weihnacht). Dazu das Subst. anord. vè η. 'Tempel', ags. wêoh, mg m. 'Götterbild', asächs. uñh m. 'Tempel'. Mit -«-Infix gehört hierher auch anord. Ving-ßörr (wörtl. 'Weihe-Thor'), ein Beiname Thors. Geht man für germ. *mha(aus idg. *y,eiko) von einer Grundbed. '(magisch, religiös) gebunden' aus, so sind lat. vincite 'binden, fesseln', vinculum 'Band, Fessel', gr. (Hesych) impsas "verbunden habend', aind. •pad-wèa 'Fußfessel' wz.-verwandt: W. Krause, Zs.'f. d. Alt. 64, 269ff.; dazuhethit. fruek-, ij.uk'schlachten': Albrecht Götze 1964 Language 403. Weiher m. '(Fisch-)Teich' mhd. wi(w)œre, wi(w)er, vñger, uñher; ahd. tm(w)äri, wäre, mweri, uñhiri; asächs. uñhiri·, mnl. vñer, umwerte), wouwer. Zu lat. wvus 'lebendig' gehört vivärium «. 'Tierbehältnis, -garten, Fischbehälter', das noch mit w-Aussprache des lat. ν (wie Weiler, Wein, Wicke gegen V a k a n z , Vers, Vesper) entlehnt wird. Schon für das 2. Jh. ist ein vivarium genannter Bärenzwinger für Köln bezeugt (DWb. 14, 1, 687), im 9. Jh. setzen die hd. Zeugnisse für die Bed. 'Teich' ein; nimmt man die Wortgeschichte als Ganzes, so ist Weiher eines unserer ältesten Lehnwörter. Auch in Westeuropa bleibt es lebendig: ital. vicaio, span, viver, portug. viveiro, frz. prov. vivier, engl, vivary, nnl. vijver. Im Dt. hat Weiher den Süden und Westen erobert, ist obd. und fränk., bleibt aber dem Ostmd. und Nd. fremd, fehlt somit dem Heliand, Luther, den schles. Dichtern, Gottsched, Klopstock und Herder; dafür Teich, s. d. In alem. Ortsnamen ist -weier aus Weiler entstanden, s. d.
weiland
Weihnacht /., W e i h n a c h t e n (aus dem D. PI.) n. (oder als PI.) mhd. ze den uñhe(n)naht(en), mnd. uñnachten. Das urspr. nur hd. Wort tritt um 1170 bei Spervogel auf: er ist gewaltic unde stare, der ze mhen naht géborn wart, md. nicht vor Ende des 13. Jh. Mnl. gilt kersmisse, -dach, nnl. kerstmis, -feest, mnd. auch kersnacht, kerstenmisse, engl. Christmas. C h r i s t t a g gilt mundartl. in Westfalen, Thüringen, Oberhessen, Luxemburg und Lothringen. Im Pommerschen herrscht Jul. Erster Wortteil ist das Adj. weih 'heilig' (s. weihen); N a c h t im zweiten Teil (s. d. und M i t t e r n a c h t ) entspricht der bei Beda bezeugten ags. Bezeichnung mödra niht 'der Mütter Nächte': wie mit O s t e r n (s. d.) ist auch hier ein vorchristl. Festname in den christl. Kalender übernommen. S. J u l k l a p p . Weihnachtsbaums. C h r i s t b a u m . Weihnachtsmann m. vorwiegend norddeutsch, zuerst bei Chr. S. Th. Bernd 1820 Dt. Sprache in Posen 36. Beflügelt durch Hnr. Hoffmann v. Fallersleben und sein Lied vom Weihnachtsmann 1836. Zugrunde liegt die Vorstellung des Kinderbischofs Nikolaus mit seinem schwerbeladenen Knecht Ruprecht: A. Götze 1922 Zs. d. Sprachv. 37,14. Weihrauch m. Ahd. wihrouh, mhd. mehrouch, asächs. wihrök, mnd. mrök, mnl. wierooc, nnl. wierook, dän. virak: zus.-gesetzt aus Adj. mh 'heilig' und Rauch, somit 'heiliges Räucherwerk'. In der Verbindung mit Subst. (vgl. Weihn a c h t ) hat sich das vorchristl. Adj. erhalten, das sonst durch das christl. heilig verdrängt ist. Während Wulfila gr. thymiama übernimmt und die ags. Mission recels ' RäucheTwerk' (daraus entlehnt anord. reykelse) sagt, bildet der hd. Missionskreis im 8. Jh. wihrouh als einziges kirchL Konkretum. Frings 1922 Germania Romana 22 f. weil Konjunkt., ahd. día uñía so (dò), mhd. die uñle, spätmhd. unie, mnd. de(r')mle, afries. hmli, mnl. ¿le uñle (dat), engl, while, whilst: von allen deutschen Bindewörtern, denen der Kasus eines Subst. zugrunde liegt, das wichtigste. Im Gegensatz zu a n s t a t t , s i n t e m a l , im F a l l , (in) maß en liegt nicht Abhängigkeit von einer Präp. voraus, sondern Akk. der Zeit. Ahd. leitete dia uñía sö zeitl. Nebensatz ein; Träger der Satzanknüpfung war sö. Es blieb früh fort, und so wurde mhd. die wile zur Konjunkt. Alldieweil und dieweil setzen sich nhd. fort, sind aber auf altertüml. Sprache zurückgedrängt. Derweil hat sich bedeutungsmäßig früh abgesondert. Behaghel 1928 Dt. Syntax 3, 339. Die begründende Funktion kommt 1. H. 15. Jh. (Tauler) auf : E. Arndt, Beitr. (H) 81,388. S. d e η η. weiland Adv. Der Instr. Plur. des Fem. Weile ist erstarrt zur Bed. 'vormals' in westgerm. Wortgebrauch, den ahd. hunlöm, tmlön,
Weile
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asächs. hmlun, ags. hmlum, engl, whilom spiegeln. Das Verfahren kehrt wieder in ahd. «»zltirn 'zur Unzeit', wehsalwm 'abwechselnd', asächs. wundrum 'wunderbar', ags. stundum 'zu Zeiten', hat aber auch idg. Vorbilder, vgl. lat. gratis (aus gratiis) 'für einen bloßen Dank'. Der volle Vokal der Endung ist seit dem 14. Jh. aus lautgesetzl. e (mhd. mlen) hergestellt wie in Eidam, jemand, niemand, Ungarn (mhd. Ungern)·, d nach η hat sich im 12. Jh. eingestellt wie in (n)irgend. Welle f. Ein idg. Verbalstamm *ky,i erscheint in lat. quiès 'Ruhe', quiêscere 'ruhen', quietus 'ruhig', wird mit 1 (wie lat. tranquillus aus Hrans-qilnot) erweitert zu got. beila, ahd. asächs. hmVa), afries. (h)mle, ags. html, engl. while, anord. hmla 'Bett', hvild 'Ruhe', aind. kälah 'Zeit, Zeitpunkt, Schicksal, Tod'. Die Bildungsweise kehrt in Seele wieder. weilen schw. Ztw., ahd. tmlön, mhd. mnd. mien, nl. wijlen, mengl. hmlen, anord. hmla, got. heüan: gemeingerm. Abi. zu Weile. In nhd. Zeit bleibt einlaches weilen merklich hinter der Zus.-Setzung verweilen zurück; erst Klopstock und die Barden bevorzugen seit 1766 wieder das einfache Ztw., wie Klopstock auch hellen für erhellen, HaJler löschen für verlöschen,Bodmer quetschen für zerquetschen, der junge Goethe decken, reichen, teilen für bedecken, erreichen, zuteilen. Kuhberg 1933 Verschollenes Sprachgut 63. Weiler m. n. ahd. mläri (nur als zweiter Teil von Ortsnamen), mhd. wller. Von lat. villa 'Herrenhof' ist ein Adj. vüläris abgeleitet, dessen substant. N. «Itere 'Gehöft, Vorwerk' nach der Übereinstimmung von afrz. viller 'Gehöft' (in heutigen Ortsnamen auch Villers, Vittiers, Vil· lars) mit prov. katal. span, portug. viUar 'Dorf schon für die Römerzeit voraussetzt und schon vor der merow. Zeit nach Deutschland gelangt ist: Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. 101, 362. Ahd. -mläri wird -wllre,hochalem.-ujíí (F1 a w i 1), im mittleren Baden und Elsaß -mre (Appenweier), pfälz. -weiher, -wer, -1er (E. Christmann, ZfMundartfg. 31,196). Wein m. got. wein, ahd. asächs. afries. anfr. ags. win, engl, wine (als Getränk, gegenüber dem aus frz. vigne entlehnten engl, vine 'Weinstock, -rebe'), anord. vin, auf den jüngeren Sprachstufen überall vorhanden, ist gemeingerm. Entlehnung aus lat. vinum, das auch in den roman, und kelt. Sprachen fortlebt: ital. span. vino, portug. vinho, frz. engad. friaul. rumän. vin, prov. katal. vi-, air. fin, akorn. gyin, kymr. bret. gwin. Das Geschlecht istiV. got. ags. anord., zunächst auch ahd. (rôt win, hms win). Die Umsetzung geht auf das Gallo-rom. zurück, vgl. afrz. Ii vins. Die Bed. 'Traube' vor 1200 ostobd.,
weinerlich
nur in Landschaften ohne Weinbau. Aus dem Germ, weiterentlehnt ist finn. vwna(jetzt'Branntwein').Urheimat des Weinstocks ist der Kaukasus : aus pont. *voino- ist der Name in die idg. Sprachen gelangt: armen, gini, alb. vêtu, gr.*foïvos, lat. vinum. Hier ist Anlehnung an den idg. Verbalstamm *uëi 'winden' (in lat. vihs 'Weinranke', vière 'ranken') möglich, unurspr. schon darum, weil das Wort in seiner pont. Heimat den berauschenden Trank, nicht die rankende Rebe bezeichnet. Röm. Weinkultur spiegeln Essig, K e l c h , Keller, K e l t e r , Kufe, Lauer, Most, Pfahl, pflücken, Fresse, Spund, Torkel, T r i c h t e r , Winzer. Mit ihnen ist auch Wein als Entlehnung aus dem Lat. zu betrachten, obwohl lautliche Beweise fehlen. Von einer germ. Bezeichnung des Weins vor Berührung mit den Römern fehlt jede Spur. Die Lautgeographie zu 'Wein' bietet der Dt. Sprachatlas. E. Alanne 1960 D. dt. Weinbauterminologie in ahd. u. mhd. Zeit; ders., 1966 Mémoires de la société néophil. 18, 2, 26. — Keltisch-got. lat. Weg: E. Schwarz, Goten, Nordgermanen, Angelsachsen 22. Weinbeere s. Rosine. Weinbrand m. Seit Art. 276 des Versailler Vertrags vom 28. 6. 1919, den deutschen Weinbrennereien den Gebrauch des Wortes Kognak (s. d.) für ihre Erzeugnisse verbietet, heißen diese nach einem Vorschlag von Ed. Engel 1921 amtlich Weinbrand. weinen schw. Ztw., ahd. weinôn, mhd. weinen, mnd. mnl. werten, afries. wênia, ags. wänian, anord. veina: got. wainahs Adj. 'elend'. Germ. Abi. *waiw>n zur Interj. got. wai, somit urspr. 'wehe rufen' (wie ächzen 'ach schreien'). Vergleichbar lett. waidèt 'jammern', lit. vainóju 'ich schelte'. Von Klopstock bis Jean Paul dauert die literar. Blütezeit des Weinens. In den Mundarten seit langem zurückgedrängt durch sinnkräftigere Wörter wie brüllen, flennen, greinen, heulen, kreischen, plärren, schreien. Wortatlas X X . weinerlich Adj. Mhd. wein(e)tich ist nach dem Vorbild von jämmerlich in frühnhd. Zeit zu weinerlich erweitert worden und erscheint so seit 1603; das aus mhd. lache(n)lich umgebildete lächerlich ist älter. Die frühesten Belege für weinerlich stammen (wie die für leserlich und fürchterlich) aus dem Md.; Luther, Zesen, Zinzendorf verwenden es. Als Ersatz für das 1760 entlehnte larmoyant (s. d.) schlägt Lessing 1764 Lachm.-Muncker 6, 6 weinerlich vor. Die Klassiker sind seit Wieland 1767, Jean Paul seit 1783 Lessings Sprachgebrauch gefolgt; Adelungs Widerspruch hat ihn nicht aufhalten können: Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 67.
Weinfalter
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Welnlalter m. 'Schmetterling'. Von den vielen Spielarten, in denen mhd. mvalter in obd. Mundarten fortlebt ( B a u m f a l t e r , Z w e i f a l t e r , F a l t e r ) gilt W e i n f a l t e r in Österreich. Belegt seit Stubenberg 1660 Von menschl. Vollkommenh. 696f. und Hohberg 1682 Oeorg cur. 1, 426. Weinkanl τη. mhd. rnnkouf, mnd. wnkop, mnl. wijncoop "Trunk zur Besieglung eines Geschäfts', ein Wort des SüdWestens, Westens und Nordens, während gleichbed. L e i h k a u f (s. d.) bair.-österr. und ostmd. gilt. Damit entsprechen die Ausdrücke den Gebieten von Wein und Obstwein. Die Sache ist seit 1218 nachgewiesen. Weinmonat m. 'Oktober', mhd. mnmänet, nl. wijnmaand. Dafür bei Karl d. Gr. ahd. windiir memänöth, zu lat. vindêmia /. 'Weinlese*. weise Adj. Mhd. wis(e), ahd. ws(i) 'verständig, erfahren, kundig, gelehrt', asächs. mnd. afries. ags. wis, mnl. nnl. wijs, engl, wise, anord. viss, dän. schwed. vis, got. -weis führen auf germ. *msa- (woraus früh entlehnt finn, viisas 'weise'), *y,eidso- zu idg. *ueid- 'sehen', s. wissen. Zum Nachleben der Bed. 'wissend' J. Trier, Mitt. d. Univ.-Bundes Marburg 1933, 33. Bedeutungseinschränkung von 'Verhalten in Arbeit und Seelenleben' zu 'allgemeine Lebensansicht' H. Kunisch in: Dt. Wortgesch. I a 213. - Die Kurzform in n a s e w e i s und w e i s s a g e n gilt, auch in der Wendung e i n e m e t w . w e i s m a c h e n aus mhd. einen eines dinges wis toun 'einen wissend machen, ihn über etw. belehren'. Im Nhd. wird zunächst der Gen. der Sache durch den Akk. ersetzt, im 18. Jh. der Akk. der Person durch den Dativ. Seit dem 16. Jh. eingeschränkt auf den Sinn 'jem. ein falsches Wissen beibringen, ihm etw. vorspiegeln'. Weise /. Mhd. ws(e), ahd. wis(a), asächs. wïsa, mnd. M»s(e), mnl. ags. wise, nnl. wijs, afries. wis, engl, wise 'Art', anord. visa 'Strophe, Vers', vis in çôru vis 'anders', norw. dän. schwed. vis führen auf germ. *msa- n., *uAsö{n) f . aus *jßdto zu der unter w i s s e n entfalteten idg. Wurzel *yeid- 'sehen'. Grundbedeutung ist somit 'Aussehen, Erscheinung', woraus sich 'Beschaffenheit' usw. entwickelt hat. Aus den westgerm. Nachbarsprachen entlehnt sind frz. guise, prov. guisa, ital. guisa. Vgl. Idee. — Als Adv.-Suffix in s t ü c k - , t e i l w e i s e hat sich -weise erst im Nhd. ausgebildet; Wendungen wie mhd. in rëgenes uñs 'wie Regen' gehen voraus. Weisel m. mhd. (13. Jh.) wisil, später wsel: zum Ztw. w e i s e n 'führen', somit 'Führer' z. B. eines Blinden, dann der Bienen, deren Königin erst später als F. erkannt worden ist. Älter die einfache Bildung ahd. asächs. wtso, mhd. uüse, ags. msa, anord. visi 'Führer (der Bienen)', die K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 20. Aull.
Weißkäse
mundartlich als nd. wis(e) m. f., md. weis f . 'Bienenkönigin' fortlebt. weisen st. Ztw., bis ins 16. Jh. immer schwach. Mhd. mnd. mnl. wisen, ahd. uñsen aus *wisjan, asächs. uüsian, nnl. wijzen, afries. msa, ags. (selten) wisan, anord. visa, norw. schwed. visa, dän. vise. Mit -jan abgeleitet vom Adj. weise (s. d.), mithin Grundbedeutung 'weise machen'. Weisheit /. ahd. mhd. mnd. uüsheit, mnl. wijsheit, nnl. wijsheid 'Zustand des Weiseseins'. Asächs. ags. nord, entspricht wisdöm, Wulfila setzt für gr. sophia das F. handugei (urverwandt mit mir. cond 'Verstand'). Ahd. uiisheit tritt bei Otfrid und Notker auf, nachdem weise und W e i s t u m den Schritt vom sachlichen zum vernunftmäßigen und sittlich-religiösen Wissen schon getan haben: J. Trier, Der dt. Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes, 1931; H. L. Stoltenberg 1941 Blätter f. Philos. 16,183; Dt. Wortgesch. (1943) 1,128f. 175. 217; 2,126.167. 229.232. Weisheitezahn m. Der söphronisler des Hippokrates, der kommt, wenn der Mensch verständig (sophrön) wird, erfährt Lehnübersetzung zu lat. dens sapientiae, der in frz. dent de sagesse (engl, widsom-tooth, nnl. versiandskies) fortlebt. Als Lehnübers. des lat. erscheint das nhd. Wort bei dem Schwarzb.-Rudolst. Arzt Cron 1717 Candidatus chirurgiae oder BarbierGeselle 156 „denies sapientiae oder WeißheitsZähne, dieweilen sie erst nach dem 20. bis gegen dem 30. Jahr hervorkommen". Gebucht seit Zedier, Univ.-Lex. 7 (1734) 574. Gegenwort M i l c h z a h n , s. d. weiß Adj. Mhd. wïç, ahd. (h)wî%, asächs. afries. ags. hunt, anfr. wit, engl, white, anord. hiñlr, norw. kvit, dän. hvid, schwed. vit, got. hieits führen auf germ. *hwita-, vorgerm. *kyeido-. Daneben nd. witt, mnd. mnl. nnl. wit, afries. hwitt mit Kürze, die auf Ablaut beruhen kann, sich aber auch zunächst in Zus.-Setzungen wie mtbrot, -kopp, -penning vor Doppelkons, eingestellt haben könnte. Idg. *kyieid- findet eine außergerm. Stütze in aind. bvindate 'ist weiß'; es gilt als Auslautvariante zur idg. Wurzel *kyeit- 'leuchten; hell, weiß' in aind. asvait 'erglänzte', êvètà- 'weiß', Mrd- 'weißlich', lit. Sviesti, aslaw. sviliti 'leuchten', svétü 'Licht'. — Die Lautgeographie zu 'weiße' (Seife) bietet der Dt. Sprachatlas. S. Weizen. Weißbäcker m. Klammerform für W e i ß b r o t b ä c k e r . In Fam.-Namen auch W e i ß b e c k . Weißkäse m. der beim Sauerwerden der Milch sich von der Molke scheidende Käsestoff, der frisch genossen wird. Έίη Ausdruck der südostdt. Umgangssprache, dafür norddeutsch w e i ß e r K ä s e , ostmd. Q u a r k , westmd. M a t t e : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 669. 54
Weißkohl
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Weif
Weißkohl m. Brassica oleraeea capitata alba, W e i ß e n (Schweiz, Oberschwaben, Wetterau, in norddeutscher Umgangssprache neben w e i ß e r Oberhessen, Hennegau, Thüringen) beruht auf mhd. weiçe, ahd. weiçi: te und ; wechselten in K o h l : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 666. diesem Wort wegen des älteren flexi vischen Weißtanne s. R o t t a n n e . weissagen schw. Ztw., mhd. mssagen, ahd. Nebeneinander von tj und ti (s. heizen). In mssagên: keine von Haus aus mit s a g e n zus.- gleicher Bedeutung entsprechen asächs. hwêti, hängende Bildung. Zugrunde liegt ahd. vñs¡(s;)a- mhd. we(i)te, mnl. weii(e), nnl. weit, afries. hwête, go (ags. u>it(e)ga 'Prophet', anord. vitki 'Zau- ags. hwmle, engl, wheat, anord. hvçiti, norw. berer'), das in ahd. Zeit durch Anlehnung an kveite, schwed. (h)vete, dän. hvede, got. haiteis, uns 'weise' und sago 'Sprecher' oder an ahd. Dat. haitja. In Ablaut mit germ. *hwaitjaforasago, asächs. wärsago 'Prophet' zu ms-sago stehen gleichbed. westfäl. wiate, mengl. hwïte, umgeformt wurde, während es urspr. als Sub- schwed. mundartl. hvite 'Weizen'. Aus dem stantivierung zu einem Adj. germ. *wïtag- Germ, entlehnt sind lit. kvietfjs, lett. kdesis (ags. wîtig) 'wissend, verständig' gehört. Für 'Weizenkorn'. Die Germanen haben die Gew e i s s a g e n der Lutherbibel setzt Eck p r o p h e - treideart nach der hellen Frucht und dem t i s i e r e n , die Zürcher Bibel von 1637 p r o p h e - weißen Mehl benannt, das sie liefert (vgl. W e i ß b r o t 'Weizenbrot'). So bedeutet alb. lard· (in tiren. Weistum n. mhd. ahd. mstuom, asächs. afries. Ablaut mit dem urverwandten got. bairhts ags. wisdöm, anord. visdömr m. 'Weisheit', so in 'hell') 'Weizen' und 'weiß' zugleich, kymr. engl, wisdom, dän. schwed. visdom erhalten, bei gwenith, bret. gwiniz 'Weizen' gehören zu gwerm uns seit frühnhd. Zeit neben dem F. W e i s h e i t 'weiß': zur Zeit, als diese Weizennamen ent(s. d.) verklungen, von dem es sich vorher auch standen, waren den Völkern Getreidearten bebegrifflich abgrenzte: J . Trier, Der dt. Wort- kannt, die dunkleres Mehl gaben. schatz im Sinnbezirk d. Verstandes, 1931. Geweleh Pron., mhd. WfVi)ch, ahd. (h)welich, blieben ist W e i s t u m in dt. Rechtssprache, hier {h)walich, mnl. WfUi)c, walc, afries. hwçl(i)k, seit dem 14. Jh. unter Anlehnung an das st. ags. hwçlc. Mit andrer Ablautstufe mhd. ahd. Ztw. w e i s e n (s. d.) umgebildet zu 'Rechts-, wü(i)ch, asächs. (h)wilik, mnd. mnl. wilk, ags. Urteilsspruch' in bäuerlichen Gemeinden, der hwilc, engl, which, anord. hvêlikr, dän. hvilken, mündlich und schriftlich weitergegeben als 'ge- schwed. vilken, got. hileiks. Zusammengesetzt setzliche Bestimmung' auch für künftige Fälle aus dem Stamm des Fragepronomens germ. verbindlich bleibt. Die Mz. W e i s t ü m e r für *hwa-: *hwe- (got. has, ahd. hwër), idg. *kyo-: 'Sammlungen älterer Rechtsdenkmäler' ist erst *kye- (s. wer) mit dem Hauptwort *lika- 'Leib* von neueren Forschern gebildet und nicht vor (s. g l e i c h , solch). Grundbedeutung somit J. Moser 1780 nachgewiesen. 'welchen Körper habend, wie beschaffen*. Uber weit Adj. Mhd. wit Adj., wlt(e) Adv., ahd. wit die Umbildung des Frage- zum RelativproAdj., wito Adv. Daneben ein (wie ahd. ferrano, nomen s. 0 . Behaghel 1912 Zs. f. dt. Wortf. 13, nidatia, obana usw. zu beurteilendes) Adv. 167 ff. Die Syntax bei dems. 1923 Dt. Syntax 1, witeno, mhd. witenfe), das in nhd. v o n w e i t e m 372, die Wortgeschichte bei S. Beyschlag 1938 fortwirkt. Das Adj. fehlt nur im Got.: asächs. Zs. f. dt. Alt. 76,173 ff. mnd. afries. ags. wd, mnl. wijt (d), nnL wijd, Weif m. 'Junges von Säugetieren, besonders engl, wide, anord. tnôr, dän. schwed. vid führen von Hunden', mhd. wëlf m. η., ahd. (h)wël{, auf germ. *tmda-, idg. *y¡i-itós 'auseinander- asächs. ags. hwêlp, mnd. nd. anfr. mnl. nnl. gegangen', aus den idg. Wurzeln *yi- 'ausein- welp, engl, whelp, anord. hwêlpr, norw. kvelp, ander' (in aind. vi, awest. w- 'auseinander') und dän. hvalp, schwed. valp (a aus S im nebentonigen *ejr 'gehen'. Außergerm, vergleichen sich aind. Grundwort von Zusammensetzungen wie adän. vtíá- 'vergangen', vita-bhaya- 'furchtlos', viti- biornawalper 'Bärenjunges') führen auf germ. 'weggehn', vüaram 'weiter, ferner', awest. vitar *hwélpor 'das Heulende, Winselnde'. Nahe steht nm 'seitwärts', vitara- 'der weitere, spätere', der westgerm. Name eines schrillenden Vogels: lat. viläre 'meiden'. nd. wilp, wolp, wölp, nL wulp, westfries. wylp, Weitsieht /. 'Aussicht in die Weite' bezeichnet ags. hwilpe, engl, whaup 'Regenpfeifer'. Beide Campe 6 (1811) 664 als neugebildetes Wort. Da- mit Labialerweiterung zur Wurzel *k\telmit ist es Rückbildung aus dem seit L. Frons- 'kläffen, winseln* in ahd. (h)wêl 'lärmend', ags. perger 1678 Kriegsbuch 1, ζ I a belegten w e i t - hwllan 'brüllen', anord. hvêttr 'gellend; gellender s i c h t i g 'weit sichtbar; weit hinaus blickend', Ton', dän. hvcel 'Schrei', norw. kvelpa 'plätdas seit Kramer 1678 als augenärztL Fachwort schern'; dazu kymr. colwyn, bret. kolen (aus *koU erscheint. igno-) 'junger Hund', lit. katé 'Hündin'. — Die WeizenTO.'Triticum', mhd. weise, ahd. weizzi; ahd. Mz. wëlfir zeigt, daß ein neutr. s-Stamm die mundartl. (dem Bair. fremde) Nebenform vorausliegt: H. Palander 1899 Ahd. Tiernamen
welk
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Weltbürger
18. Im Mittelalter ist Weif Übername geworden: 'romanisch', nl. waals 'wallonisch', ags. wielisc M. Gottschald 1964 D t Namenkde. 603. Im Hd. 'keltisch, normannisch', anord. vahkr'romanisch' ist das Wort häufig noch in Glossaren des 16. Jh., (s. k a u d e r · , rotwelsch und K. v. Bahder, die erste Bibelübersetzung verwendet es Matth. DWb. 13, 1327): Ableitung aus mhd. Walch, 16, 27 u. ö. Im 16. Jh. erscheinen die Plur.- ahd. WaJh 'Romane'. Das entspr. ags. Weälh Formen als wölfe, tcölflein: die lauti. Annähe- bezeichnet den Kelten, dann aber auch den rung an das unverwandte Wolf schadet dem (keltischen) Sklaven (dazu wylm 'Magd'); Wort. Luther setzt Matth. 16, 27 usw. hündlein, anord. Vahr 'Romanen, Bewohner Cornwalls, nur fachsprachL hält sich Weif (nd. Welpe), Sklaven'. 'Kelte' ist die urspr. Bed. des Namens, echriftsprachL ist es trotz der Emeuerungsver- der von der bei Cäsar genannten gall. Völkersuche von Wieland und Rückert abgestorben. schaft des für die Germanen offenbar wichNur das abgeleitete Ztw. weifen, mhd. weifen tigen Stammes der Volcae ( = germ. *TFaZÄöi) 'Junge werfen' behauptet sich: K. v. Bahder ausgeht, nach denen die Nachbarn die Kelten 1926 Wortwahl 146f. überhaupt benannten. Sie verschob sich, als welk Adj., mhd. wile, ahd. wilk 'feucht, mild, Romanen das vorher von Kelten bewohnte welk*, asächs. mnd. mnl. welk. Hierzu das Gallien besetzten. Vgl. W a l n u ß und die engl. schw. Ztw. welken, mhd. tcllken, ahd. (tr)- Namen Wales (ags. W/Uas) und Cornwall, ferner welkên, mnd. mnl. nnl. mengL welken. Damit L. Weisgerber Walhisk (Rhein. Viertelj.-Bl. 1948, ablautend ahd. wal(a)ch, nfränk. tcalck, mit Um- 87ff.): H. Krähe, Sprache und Vorzeit 1964, 4a stellung des I bair. läck, mnd. wlak, ags. wloec, Welt /. mhd. wêU, meist wêrlt, älter wêrelt, wlaeu 'lau'. Urverwandte nur in den baltoslaw. ahd. wSralt, woroU (das mhd. ahd. Wort hat noch Sprachen: Iett. vçlgs 'Feuchtigkeit; feucht', die ältere Bed. 'Zeitalter'), asächs. wêrold 'irvelgi 'einweichen, waschen', aprenB. welgen disches Leben, Zeitalter', anL wêrolt (d) 'saecu'Schnupfen', lit. vÜgyti 'anfeuchten', aslaw. lum'; afries. warld, wrald, ags. w(e)orold serb. vlaga 'Flüssigkeit', tschech. vlhlq) 'feucht': (daraus entlehnt anord. verçld), engl, world Wurzel *yelg· 'naß' (β. Wolke), woneben haben die nhd. Bed. Die Doppelbed. 'Welt' und gleichbed. *yelfc-in ahd. toülA'feucht, milde, welk', 'Zeitalter' läß sich schwer aus einer Grundform (ir)wëlhën 'weich, schwach werden', mnd. wëlen begreifen: die zweite Bed. knüpft an anord. 'welken'; air. fole 'Wasserflut', foleaim 'bade', çld, ags. yld 'Zeitalter' an; die Bed. 'Welt' (got. kymr. golchi, körn, golhy, bret. gwalc'hi 'waschen'.aids kann allein 'Welt' bedeuten) scheint auf Welle /. in wechselnden^Bedeutungen ist zu Nachbildung des christl.-lat. saeculum 'Zeitalter' verschiedenen Ztw. gebildet: als 'wallende zu beruhen. Als erstes Glied der Zus.-Setzung Flüssigkeit, Quelle' (mnd. mnl. wçïle, ags. ideila, gilt das unter Wergeid und -wolf angezogene anord. vflle, germ. *walljön-) stellt es sich za germ. *wera- (älter *mra-) 'Mann, Mensch' in germ. *walljan 'zum Wallen bringen, aufkochen' got. waír, anord. verr, ags. asächs. ahd. wSr (mhd. m n d . mnl. wollen, ags. wiellan, anord. 'Mann'. Damit urverw. air. fer, lat. vir, aind. norw. vflla), Bewirkungsztw. zu anord. vèlia st. wrd, lit. v¡'/ras 'Mann'. Ztw. 'sprudeln, sieden, hervorquellen', s. walWeltall η. All, das Ersatzwort des 17./18. Jh. len 1 . Welle in den drei Bedeutungen '(Beisig-) für U n i v e r s u m , wird seit Wieland 1761 Suppl. Bündel' (im hd. Westen), 'zylindrischer Körper' 1,140 und Kant 1766 Naturgesch. des Himmels (hd. nd. nl.) und 'Wasserwoge' (ursprünglich 110 verdeutlicht zu Weltall. Adelung tadelt nur. obd., ahd. telila nicht vor Notker) gehört Bildung und dunkle Bed. des Worts, Jean Paul zum st. Ztw. wellen 'wälzen, rollen', mhd. setzt es seit 1793 durch: Wh. Pfäff 1933 Kampf wêllan, ahd. wëllan aus genn. *welnan mit um dt. Ersatzwörter 67. präsenebildendem w zur idg. Wurzel *ye{Weltbürger m. Lehnübersetzung von Kosmo'drehen, winden, wälzen'. Mhd. welle dringt seit polit (das nicht vor Lessing 1747 Lm.-M. 1, 318 dem 16. Jh. nach Norden bis in den Südsaum in dt. Text erscheint) zuerst bei Birken 1669 des Nd. und verdrängt mhd. wide, bleibt aber Brandenb. Ulysses, Zuschr. 2a „Socrates hat fast ganz auf die schriftsprachliche Oberschicht . . . auf die Frage, Von wannen Er bürtig w ä r e . . . beschränkt. S. Walze. sich von der Welt oder einen Weltbürger, κοσμοWels m. Siluri» glans spätmhd. wçls, ahd. πολίτη ν sive Mundanum, genennet". Schlagwort*hwalis, urverw. mit apreuß. kalis 'Wels' (s. mäßigen Gebrauch setzt dann voraus, daß Jac. Stör); süddt. Weller m., mit gram. Wechsel. Die Friedr. Lamprecht 1741/42 in Berlin eine ZeitGermanen haben den Namen ihres größten Fluß- schrift 'Weltbürger' herausgibt, doch setzt die fischs auf den Walfisch (s. d.) übertragen, den Masse der Belege erst mit Wieland ein, der 1770 Diogenes den Begriff bestimmen läßt: Zs. f. d. sie später kennenlernten. welsch Adj. mhd. wälhiseh, wçUhi)sch 'roma- Wortf. 4,132. 6, 346ff. 8, 138; Ladendorf 1906 nisch, französisch, italienisch', ahd. wal(a)hisc Schlagwb. 336L 64»
Weltflucht
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Weltflacht /. nach 2. Petr. 1, 4 „So ihr fliehet die vergängliche Lust der Welt". Fehlt noch bei Kaltschmidt 1851. Weltkind n. gebildet nach Luk. 16, 8 „Die Kinder dieser Welt sind klüger denn die Kinder des Lichts", beflügelt durch Goethes Diner zu Coblenz 1774 „Prophete rechts, Prophete links, Das Weltkind in der Mitten". Die der Lutherbibel fehlende Zus.-Setzung steht zuerst bei Leo Jud 1532 Wackernagels Kirchenlied 3, 730 b (Nr. 838). weltklug Adj., W e l t k l u g h e i t /. derselben Bibelstelle nachgebildet wie W e l t k i n d . Gebucht seit Duez 1642. Weltliteratur /. gebildet von Goethe am 31. Jan. 1827 „Nationalliteratur will jetzt nicht viel sagen, die Epoche der Weltliteratur ist an der Zeit" (Eckermann, Gespr. 6,46 Biedermann): Ladendorf 1906 Schlagwb. 337ff.; Büchmann 1912 Gefl. Worte 159; Zs. f. d. Wortf. 12, 76. H. Beuder v. V. Melzer, Saeculum 9, 113 ff. Weltmann m. Ahd. wêroltman, mhd. wêrltman 'Mensch, der an der Welt hängt, irdisch gesinnt ist'wandelt sich im 16. Jh. wohl unter span. Einfluß zum "Mann von Welt'. Diese Bed. zuerst bei Hayneccius 1598 Almansor (Vorrede) 36. Der Gegensatz zur geistl. Haltung noch bei Grimmelshausen 1669 Simpl. 348 „daß sie keinen Mönch, sondern einenWeltmann aufi mir machen wolten' Weltmensch m. steht im 16./17. Jh. neben W e l t m a n n in dessen damaliger Bed.: Faustbuch 1587 Ndr. 13 „(Faust) wolte sich hernacher keinen Theologum mehr nennen lassen, ward ein Weltmensch". Entspr. noch Schnüffis 1695 Maultrommel 291. Welträtsel ». für das große Weltganze vom jungen Deutschland geprägt: Mündt 1834 Lebenswirren 58. Seit E. Du Bois-Reymond, Die sieben Welträtsel (Leibnitz-Rede der Preuß. Akad. vom 8. Juli 1880) von den Teilfragen, die der wiss. Weltbetrachtung zunächst ungelöst bleiben. In diesem Sinn verbreitet durch E. Häkkels Welträtsel 1899. Weltreich n. zuerst bei Zesen 1677 Nl. Leu 146 „das Weltreich, das sie aufzurichten gesonnen". Gebucht seit Stieler 1691. Weltschmerz m. bei Jean Paul, Seiina 1, 132 (das 1827 abgedruckte Werk ist 1810 begonnen) etwa für den Begriff, den Goethe in e. Brief vom 3. Dez. 1812 mit taedium vitae umschreibt. Genauer entspricht engl, world-woe. Beflügelt durch H. Heine 1831: Zs. f. d. Wortf. 8, 24.12, 77.80; R. M. Meyer 1901 Vierh. Schlagw. Nr. 46; Ladendorf 1906 Schlagwb. 341; Büchmann 1912 Gefl. Worte 197 f. Wende f . mhd. wende, ahd. wçntl 'Vorgang des Wendens, Umkehr; Grenze': Ableitung zu w e n d e n , s. d. und P f l u g w e n d e .
wenig
Wendehals m. Der Zugvogel Jynx lorquilla ist vor dem 16. Jh. von Deutschen nicht benannt worden. Seither heißt er nach den Drehungen seines langgereckten Halses. Frühnhd. windhals zu mhd. winthalsen 'über die Achsel sehen'. Ostmd. Wendehals (sächs. seit 1579, schles. seit 1603 bezeugt) stimmt zu W a g e h a l s . Gleichartig eis. dräjhälsel, renkhälsle, luxemb. dreihälsjen, helgol. dräiervink, preuß. natterwendel, tiroi. otlerfink, norw. vendehals, dän. dreiehals, nl. draaihals, älter windhals: Suolahti 1909 Vogelnamen 35 f. Wendekreis m. als Lehnübersetzung des lat. eirculus tropicus zuerst bei Dentzler 1713 Clavis 827 b ; gekürzt aus älterem S o n n w e n d k r e i s . Dafür S o n n e n w e n d e z i r k e l Stieler 1691. Wendeltreppe f . Die gewundenen Stiegen der mittelalterl. Treppentürme waren von Stein (M. Heyne 1899 Wohnungswesen 133 f. 350) und hießen demgemäß ags. windelstän, mhd. Wendelstein; so noch Luther 1523 1. Kön. 6, 8. Aus dem Gebiet von T r e p p e (s. d.) verbreitet sich W e n d e l t r e p p e seit Comenius 1641 Sprachentür 544. Erster Wortteil ist mhd. wçndel m. 'sich Wendendes', zu w e n d e n gebildet wie H e b e l zu h e b e n . Das Schloß Hornberg bei Neckarzimmern erhielt vom Enkel des Götz von Berlichingen seinen S c h n e c k e n t r e p p e n t u r m : W. Kraft, Götz v. B., Bühl-Baden (o. J.) S. 11. wenden schw. Ztw., mhd. nl. wenden, ahd. wenten, asächs. wçndian, afries. wenda, ags. wendan, anord. venda, got. wandjan: gemeingerm. -jan-Faktitiv zum st. Ztw. w i n d e n , das urspr. intrans, war. Die Bed. von w e n d e n geht auf 'winden machen' zurück. Das Part, g e w a n d t , mhd. gewant, ist urspr. 'auf die Verhältnisse gerichtet, ihnen angemessen; irgendwie beschaffen'. (Heu) wenden: Wortatlas XIV. wendig Adj. glückliches Ersatzwort für e l a s t i s c h , e l e g a n t usw., gewonnen aus den sonst allein üblichen Zus.-Setzungen a u s - , i n - , n o t w e n d i g . Von ihnen ist a u s w e n d i g , mhd. ü%w?ndec 'äußerlich, auswärtig' fest geworden in der Wendung 'etw. auswendig können'. Auch hier bedeutet es urspr. 'äußerlich', d. h. 'ohne Einsicht in ein Buch'. wenig Adj. mhd. wènec, weinec (g), ahd. wênag, weinag, mnd. mnl. wènich, weinieh, nnl. weinig, got. wainahs: Ableitung von w e i n e n (s. d.), somit urspr. 'beweinenswert, elend' und erst von da zu 'unbedeutend, klein' entwickelt. In mhd. Zeit wird der Nom. Akk. Sing, wènec substantiviert zu der Bed. 'ein Kleines' und wie vil mit dem Gen. verbunden; wie dieses ist das Subst. zum attributiven Adj. umgebildet, schon mhd. in Fällen, wo sonst der Kasus kein äußeres Merkmal hätte (mit wènec Hüten)·. Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 4. — W e n i g s t e n s
wenn
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ist genit. Umbildung aus z u m w e n i g s t e n , s. m i n d e s t e n s . — Meine W e n i g k e i t ist Lehnübersetzung aus mea parvitas der silbernen Latinität, nach langer Vorgeschichte (Götze 1907 Zs. f. d. Wortf. 9, 87 fi.) geprägt von Opitz 1624 Poeterey 20 Ndr. „weil mir meine Wenigkeit vnd vnvermögen wol bewust ist". wenn Konjunkt., mhd. Wfnne: eins mit w a n n (s. d.), mhd. wanne. Zum Nebeneinander der Formen: K. v. Bahder 1922 DWb. 13, 1868; zur Syntax der Konjunkt.: 0 . Behaghel 1928 Dt. Syntax 3, 342ff.; die Auseinandersetzung seit Gottsched bei Tamsen, s. w a n n . Vgl. wer. Wenzel m. Der böhm. Nationalheilige W e n z e s l a u s (lat. Form von Wenceslav, russ. Vjaíeslav, tschech. Václav zu aslaw. vçSte 'mehr' und ¿lava 'Ruhm') ergibt W e n z e l als häufigsten Männernamen im tschech. Landvolk. Bei der dt. Bevölkerung des Landes erlangte W. die appellative Bed. 'Diener, Knecht', weiterhin 'Bube im Kartenspiel'. So gebucht seit Adelung 1786, doch schon 1768 Der falsche Spieler 82 „ein Spiel, wo man die Däuser oder Wenzel nöthig hat". S. S c h a r w e n z e l sowie Kluyver 1912 Zs. f. d. Wortf. 13, 90; K. Müller-Fraureuth 1914 Wb. d. obersächs. Ma. 2, 408. 666; 0 . Meisinger 1924 Hinz u. Kunz 96. wer Fragepron., mhd. wir, ahd. (h)wër. Der Nom. Sg. bewahrt -r als Vertreter des alten -s; vgl. got. has 'wer'; dazu ags. hteä, engl. who. Der germ. Stamm des Fragepron. war •Atea-: *hwê- aus idg. *kyc·. *kye-, das außergerm. auftritt in lat. quo-d 'welches', gr. póteros "wer von beiden', lit. kàs, hethit. kwiS, tochar. küse, aind. kah 'wer', aslaw. küto. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu 'wer', 'was*. — Vgl. E. A. Hahn, The origin of the relative kwi-, kwo·, in Language 22 (1946) 68. — Dazu w e d e r , w e l c h , w a n n , w e n n , wie, wo. werben st. Ztw., mhd. werben, -ven, ahd. wërban, -van, älter hwêrfan 's. drehen, hin- und hergehen, s. umtun, bemühen, etw. betreiben, ausrichten'; zum Bed.-Wandel vgl. lat. ambire. Ausgangsbed. ist 'sich drehen', wie die alte Ableitung W i r b e l lehrt, s. auch W e r f t /. Das Ztw. ist gemeingerm.: asächs. hwêrban 'hin- und herlaufen', nl. werven 'anwerben', afries. htoêrva 'sich drehen, Handel treiben', ags. hweorfan, anord. hverfa 'wenden, wandeln', got. hiairban (und kiarbön) 'wandeln'. Zur Wurzel germ. *hwerf-: *hwert-, idg. *kyerp- 'sich drehen' gehören gr. karpós 'Handwurzel', karpálimos 'geschwind', tochar. korpâ 'gegen', kärp- 'sich wenden gegen'. Werd s. W e r d e r . werden st. Ztw. Mhd. werden, ahd. wêrdan, asächs. ani. werthan, afries. wërtha, ags. weorôën, anord. vêrôa, got. waírpan führen zu *werp. Die
Werft
alte Bedeutung haben lat. vertere 'wenden', aslaw. vryiëii, vraiüi 'drehen', aind. vtf 'rollen', 'sich wenden' wurde im Germ, zu 'werden, entstehen'. Gleichen Bed.-Wandel zeigen lit. vif sii 'werden', aind. sdmvft 'entstehen'. Die Ausgangsbed. 'sich wenden' haben noch - w ä r t s (s. d.), W i r t e l (s. d.) behalten. Werder, W e r d , W e r t , W o r t m. 'Insel, Uferland', mhd. wprder, wçrt (d) m. 'Insel, Halbinsel, erhöhtes, wasserfreies Land zwischen Sümpfen, Ufer', ahd. Wfrid, warid n. 'Insel', mnd. wçrde(r), mnl. waert, weert (d), nnl. waard 'eingedeichtes Land', ags. waroO «. 'Gestade, Strand, Ufer'. Oft in Ortsnamen, von denen die mit erhaltenem -er der s-Stämme wesentlich dem nd. Gebiet angehören: W. Mitzka 1932 Beitr. 56,354ff.; 1933 Zs. f. Ortsnamenf. 9, 6. Grundbed. 'umhegtes (Land)1, zu *y,er- 'abwehren'. H. Kaufmann, Gen. ON 1961, 198. S. W e h r , dazu außergerm. vergleicht sich vor allem aind. vdrütha- n. 'Schutz'. werten st. Ztw., mhd. werfen, ahd. wêr(p)fan, asächs. anfr. wêrpan, mnd. nl. werpen, afries. wërpa, ags. weorpan, engl, warp, anord. vërpa, dän. vœrpe,schwed. värpa, got. wairpan'-weden', ursprünglich 'mit drehend geschwungenem Arm schleudern'. 'Drehen' als Grundbedeutung ist noch erkennbar in nhd. s i c h w e r f e n von Hölzern, Buchdeckeln u. dgl., engl, to warp 'sich krümmen', anord. verpa 'beugen', aldri orpinn 'vom Alter gebeugt'. Außergerm. vergleichen sich am nächsten lit. verpiìt, Inf. verpti 'spinnen', varpstS 'Spule'. Auf Entlehnung aus dem Anfr. beruhen afrz. guerpir 'verlassen', frz. déguerpir 'überlassen; wegwerfen'. Den Abstand der Bedeutungen überbrückt der Rechtsbrauch des Halmwerfens als Sinnbild der Erbeinsetzung und Besitzabtretung. Werft m. mhd. ahd. warf n. 'Kette eines Gewebes, Zettelgarn'; entspr. ags. wearp, engl. warp, anord. schwed. varp in gleicher Bed., die man aus dem Ztw. w e r f e n erklärt. Namengebend wirkt das Herüber- und Hinüberwerfen des Weberschiffchens. Nhd. -t ist angetreten wie in H ü f t e aus mhd. huf ; schon Luthers Form (3. Mos. 13, 48 u. ö.) ist W e r f f t . Werft f . 'Schiffsbauplatz', in hd. Seetexten seit 1720, um 1700 aus nl. (scheepstimmer)werf entlehnt, das seit Winschooten 1681 Seeman 225 gebucht wird. Dazu engl, wharf, während dän. norweg. verft aus dem Nhd., schwed. varv aus dem Mnd. stammen. Die Sippe bedeutet urspr. 'Platz, an dem man sich hin- und herwendet', gehört somit z u w e r b e n u n d W i r b e l . — Hierher gehört auch nnd. werf f., an der Küste regelrecht (er > ar) warf, nnd. Warft, Warf (in SchleswigHolstein Nach — 'Nacht'), verhochdeutscht Werft f., bedeutet den in den Marschen auf-
Werg
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geworfenen Hügel mit dem Bauernhof und diesen selbst; synonym ist jetzt nd. W a r t s. W e h r n. Werg n. mhd. wSrch, wërc (der Doppelform wegen s. s t a r k und H. Pani 1916 Dt. Gramm. 1. 304. 309), ahd. wèrah (hh) und wêrc. Daneben ahd. äwirihhi, äwurihhi n. 'Werg, stuppa,'. Der Form nach decken sich im Ahd. nnd Mhd. W e r g nnd W e r k genau, weshalb man das erste als Abzweigung aus dem zweiten faßt. Ahd. äwirihhi 'Werg' fordert Zus.-Hang mit W e r k , sofern es den 'Abfall bei der Arbeit' meint. Auch das Kelt, hat ein Wort für 'Werg', das mit der idg. Wurzel *yer§- 'tun; Arbeit' zusammengesetzt ist: kymr. cywarch, bret. ko-arh 'Werg, Hanf, Flachs', abret. coarcholion 'aus Hanf'. Die Vorsilbe cy-, ko- 'zusammen' entspricht dem lat. com- usw. ; nachkonsonantisches gn der Wz. *werano- ist zu kk assimiliert worden, das regelrecht zu kymr.-bret. eh geführt hat. 'Arbeitsstoff' hat wie im Germ, als Grundbedeutung zu gelten; berufssprachlich ist der alte Sinn verengt worden. Wergeid n. mhd. wërgSU, afries. werield, ags. wër(é)gild, langob. virgild, mlat. weregtldus 'Wert eines Mannes; Mannbuße, die der Töter als Sühne zahlt'. Gleichbed. langob. vidrigild, afries. liudwerdene, ags. Uodgêld, norw. mangjgld, dän. schwed. manböt. Zur Sache C. v. Schwerin 1919 Reallex. d. germ. Alt.-Kde. 4, 610. Das erste Wortglied s. u. W e l t und W e r w o l f . Werk ». mhd. wërc(h), ahd. wêrc, wërah(hh); wegen der älteren Nebenformen mit ch s. Werg und s t a r k . Voraus liegt germ. *wêrka- in gleichbed. asächs. nl. werle, ags. weore, anord. verk. Weiteres über die zugrunde liegende idg. Wz. *yer§- 'tun, Arbeit' (wozu gr. érgon 'Werk') s. u. w i r k e n . Im Germ, alt ist die Beziehung auf Krieg u. Befestigung: das zeigen die auf afränk. •werfet 'Befestigung' beruhenden Ortsnamen im frz. Westen, an der alten Grenze gegen Goten u. Bretonen: La Ou(i)erche, urkundl. 1077 Wirchiae (s. s c h ü t z e n ) . S. w i r k e n . Werktag Wortatlas XVI: große Gebiete mit Alltag, Wochentag, Werkeltag, im Süden Werftag zu Werchtag. Wermut m. Artemisia absinthium trägt einen westgerm. Namen: mhd. wërmuot(e), -müete, ahd. wSr(i)muota (Zs. f. d. Wortf. 2, 230), asächs. wermöda, mnd. wermöt, -öde, ags. wërtnôd. Die Angleichung an W u r m in ahd. wormuota, mhd. wormuot (Zs. f. dt. Wortf. δ, 21), mnd. wormöde, nd. wörmd, wörmken, ags. wormöd, engl, wormwood beruht offenbar darauf, daß aus manchen Artemisia-Arten ein Wurmmittel bereitet wurde. Auch die Beziehung des wohl nicht zus.-gesetzten Worts (vgl. A r m u t ) zu w a r m scheint unursprünglich zu sein. Im linksrhein. Deutschland wird W e r m u t vor 1000 durch das Merowinger-
wesentlich
wort aloxinum verdrängt. Marzeil Wb. 1, 421, s. Alsem. Wem, W e r r e s. W a r z e . Wert1 m. 'Flußinsel' s. W e r d e r . Wert2 m. mhd. wërt (d), ahd. wêrd n. m. 'Kaufpreis, kostbare Ware, Herrlichkeit', asächs. wird 'Geld, Lohn', afries. wert, werd, ags. weord anord. verd, got. walrp η. 'Wert, Preis': gemeingerm. Substantivierung des Adj. w e r t , s. d. wert Adj. mhd. wert (d), ahd. wird 'einen gewissen Preis kostend, käuflich für etw.', dann auch 'von hohem Wert; herrlich, vornehm'. Entspr. asächs. afries. werth, ags. weord, anord. verdr, got. waírps 'wert, würdig'. Urverwandt awest. avantä- f . 'Wertgegenstand, Besitztum' zum Adj. *a-var»ta- 'Wert in sich enthaltend'; kymr. gwerth 'Preis'. Aus dem Germ, entlehnt aslaw. vrëdû, lit. vertas, apreuß. Werts 'wert'. S. W ü r d e . Werwolf m. spätahd. mhd. wërwolf, frühnhd. wär-, beer-, neerwolf, ags. (Napier, Beitr. 23, 571) wèr(e)wulf ' Wolf, in dem die Seele eines Menschen steckt'. Erster Wortteil ist ahd. wir 'Mann* (s. W e l t , Wergeid), die richtige Deutung schon zu Beginn des 13. Jh. bei Gervasius v. Tilbury, Otia imp. 896 Anglici werewolf dicunt : were enim Anglice virum sonai, wolf lupum. Bei uns ist Werwolfsglaube seit Burchard v. Worms um 1000 bezeugt: „(verwerflich der Glaube, Schicksalsgöttinnen könnten dem Menschen Kraft geben) ut quandocunque voluerit in lupum transforman possit, quos vulgaris stultitia werwolf vocat". Westfäl. entspricht B ü x e n w o l f 'Wolf in Hosen', anord. vargülfr (norw. varulv, schwed. varulv, dän. vcerulf) 'schlimmer, verbrecherischer Wolf'. Aus dem Germ, entlehnt sind mlat. guerulfus, normann. (12. Jh.) garwalf, frz. loup-garou. Denselben Glauben bezeugen gr. lykdnthröpos, lat. versipellis·. Wh. Hertz, Der Werwolf, 1862: Eug. Mogk 1919 Reallex. d. germ. Alt.-Kde. 4, 511 f.; Konr. Müller 1937 D. Werwolfsage, Diss. Marburg. Wesen ». mhd. wSsen ». 'Aufenthalt, Hauswesen, Art zu leben, Eigenschaft, Lage': subst. Inf. zum st. Ztw. ahd. wêsan, mhd. wësen 'sein', nhd. noch lebendig in den Prät.-Formen w a r , w a r e n , g e w e s e n (s. sein 1 ). Dasselbe Verhältnis besteht zwischen L e b e n n. und dem Ztw. l e b e n . Ahd. asächs. ags. wêsan führen mit afries. wesa, anord. vesa und got. wisan auf die st. Verbal-Wz. wes, die außergerm. mehrfach wiedererscheint, z. B. in aind. vásati 'er wohnt, verweilt'; tochar. wef- 'Gestalt'. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu 'gewesen'. wesentlich Adj. Adv., mhd. wêsen(t)lich Adj., -Ilche Adv. 'dem Wesen nach'. Gleitlaut t ist am Schluß der unbetonten Mittelsilbe einge-
Wespe
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vetterwendisch
schoben, zwischen denselben Eons, wie in (daraus frz. ouest), anord. vestr. Man vergleicht eigentlich, s. d. Es tritt seit dem 16. Jh. auf, lat. ves-per, gr. hespirá 'Abend' und faßt West ist aber bis ins 17. Jh. noch nicht fest. als 'Abendseite' auf; vgl. die entspr. Deutungen Wespe /. mhd. Wffse, wçbse, wfbze, wfspe, von Ost und Süd. Im Obd. ist Abend das Vfspe, ahd. wçfsa, älter wafsa, asächs. waspa, volksübliche Wort für 'Westen*. mnd. wespe, wispe, mnl. wfspe, nnl. wesp, ags. Westerhemd ». 'vom Paten geschenktes Taufwœfs, wœps, wœsp m., engl, wasp, dän. (h)veps, kleid', in nhd. Wb. seit Stieler 1691, beschrieben älter auch hvevse, norw. mandarti. (k)veps, von Amaranthes 1716 Frauenz.-Lex. 2119 f. (k)vefs, (k)veks mit einem wohl durch Analogie Mhd. wfste(r)hçmde; dazu Wfste(r) barn, ahd. gestörten Anlaut. In frz. guêpe 'Wespe' (so seit wastibarn 'Täufling im ersten Hemd'. Der germ. dem 12. Jh.) hat sich, wie der Anlaut zeigt, anfr. Stamm wasti- 'Kleid' stimmt mit Ablaut zu lat. wç&pa mit lat. vespa gekreuzt. Dies lat. Syno- vestís 'Kleid'; vgl. got. wasti f . 'Kleid' und nym hat den Sieg der nhd. Form entschieden. wasjan 'kleiden'. S. Weste. In lebenden Mundarten herrscht bunte Formenwett präd. Adj., spätmhd. wçtte 'quitt': dasfülle: schlesw.-holst. wçbs, wçbs, wops, mips, selbe Wort wie das F. Wette. Mhd. wtf(t)e, wft wispel, waus, ostfiiee. weps(e), westfäl. wiaspe n. 'Pfand(vertrag), Rechtsverbindlichkeit, Ein-, (Hörde), ιeesp9Ìt(ta) (Cronenb.), wepSe (Elberf.),Ersatz', ahd. wft(t)i, asächs. wfddi, mnl. nnl. wäsb (Siegerl.), Oberhees, wêbs, luxemb. wis(e)- wedde, afries. ags. wfdd, engl, wed, anord. vçd, bei, lothr. wiSpsl, tceSbal, eis. wêfs, wafz, waSp, got. wadi 'Pfand' führen auf germ. *wadja- n. odenw. wispel, bad. wçfts(a), thflr. wispel, wëps- Hieraus entlehnt mlat. vadium 'Verpfändung chen, wêwetzchen, wiwese, bair. wfbes, wfwessfn), beweglicher Habe'. Aus anfr. *waddi ist afrz. wèpsn, weehsl, wefz(g)en, steir. webes{e), webse, wage (frz. gage) 'Pfand; Lohn' im 11. Jh. entkämt. weSpe, wöSgge, toepsn, tirol. wespn, schwäb. lehnt. Auch ital. gaggio 'Pfand' ist germ. Herwçfe(g), wtps, Schweiz, wäspi, wächst «., wäspil kunft. Das abgeleitete Ztw. wetten greift ebenm. Germ. *wafs-, *wabis-, *wabit- aus u>bh(e)sä falls über alle germ. Sprachen; die Bedeutung gehört mit Ablaut zur idg. Wurzel *yœlh- 'verloben', die ags. wfddian mit got. gawadjön 'weben': das Insekt ist nach seinem gespinst- teilt, erweist das Fortleben der idg. Kaufehe artigen Nest benannt. Außergerm, entsprechen bei den Germanen. Urverwandt sind lat. vas, awest. vaw-Saka etwa 'Spinne', balutsch. gvdbt vadis 'Bürge', vadimönium 'Bürgschaft', praes, 'Biene, Wespe, Hornisse', lat. vespa (aus *vospa), -dis (älter praevides aus prae und vas) 'Bürge', russ.-Kslav. vosa, apreuß. wobse 'Wespe', Ut. dazu praestö 'ich stehe als Bürge, bürge für vapsà 'Wespe, Bremse', air. foich (aus brit. etwas'; lit. vadúotí 'Verpfändetes einlösen', *uuochi), abret. gyohi 'Brutbiene, Drohne', uívadúoti 'für jem. eintreten', ùivadas 'Stellakorn. guhi-en "Wespe*. — Verwandt sind Wabe, vertreter, Rechtsbeistand'. Zu idg. *y¡adhWaffel, weben, Wiebel, vergleichbar ist 'Pfand; ein Pfand einlösen'. Weiterführende Wachs. Vermutungen bei J. Trier 1942 Beitr. 66, 238. Weste /. Das ärmellose Kleidungsstück des S. Pfand. Mannes, das über dem Hemd und unter dem Rock Wetter n. mhd. wSter, ahd. wltar, asächs. getragen wird, wahrt mit landschaftl. Brust- wêdar, afries. ags. wêder, engl, weather, anord. latz, - t u c h , Leible altheimische Namen. Das vedr 'Wetter, Wind'. Legt man dem germ. auf lat. vestís, ital. veste beruhende frz. veste f., *wedra- ein vorgerm. *wedhro- mit der farblosen seit 1640 bezeugt, erscheint bei uns als Weste Bed. 'Wetter' zugrunde, so steht aslaw. vedrozuerst 1689 (H. Weiß, Kostümkunde 3, 2,1055), n. 'gutes Wetter' nahe, dazu vedrü 'heiter'. ist somit zu einer Zeit entlehnt, als das frz. Geht man von 'Wind, Sturm' als Grundbed. Wort noch das Wams (heute pourpoint) be- aus, so muß *wetró- als Grundform angezeichnete. Seit 1736 heißt das ärmellose Klei- nommen werden. Dann vergleichen sich aslaw. dungsstück frz. gilet: über die Verbreitung dieses vëtrû 'Luft, Wind' und lit. vetra 'Sturm*. S. jüngeren Fremdworts von Luxemburg bis Öster- verwittern. reich s. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 574ff. Wetterleuchten w. Unter Leich ist eine Sippe Dän. vest und tschech. vesta stammen aus dem entwickelt, der sich mhd. leichen 'tanzen, hüpfen' Nhd. Zu lat. vestís gehören hethit. ifes-, yas- angliedert. Dazu mhd. wêterleichen 'blitzen, ohne 'sich ankleiden', aind. vostra-, tochar. Β vostri, Donner', wêterleieh m., mnl. wederlijc, norw. gr. ésthos, got. wasti 'Kleid', s. Westerhemd. mundartl. weleik (aus vederleik) 'Wetter, Blitz, Westen m. mhd. wêsten, ahd. wëstan η. Blitzen ohne Donner'. Das erst nhd. Wetter'Westen'; daneben nhd. West, das ahd. und leuchten ist daraus unter volksetym. Anlehmhd. nur als erstes Glied von Zus.-Setzungen nung an leuchten umgebildet. S. Blitz. begegnet, ζ. B. in ahd. Wêstfalo, mhd. Wlstvale. wetterwendisch Adj. 'sich wendend, unbeGleichbed. mnd. mnl. afries. ags. engl, west ständig wie das Wetter', md. Ursprungs wie
wetzen
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fast jedes von Ztw. abgeleitete Âdj. auf -isch (Götze, Beitr. 24, 617). Zuerst bei Luther 1620 Weim. Ausg. 7, 8 , 1 6 „(Eck) mit seynen wetterwendischen worten", 1622 zur Verdeutschung von próskairos aus prós 'zu, gegen* und kairös 'der rechte Augenblick, Zeitpunkt, Zeit', Matth. 13, 21 und Mark. 4 , 1 7 , von Adam Petri (Basel 1623) den obd. Lesern mit unstet verdeutlicht, dem Süden dauernd fremd geblieben (A. Schütt 1908 Pétris Bibelglossar 80; K. Bachmann 1909 Einfl. von Luthers Wortsch. 89). Gebucht seit Alberus 1640 Dici. 0 3 b. Auch die weitere Verbreitung steht deutlich unter Luthers Einfluß, so daB w. als geflügeltes Wort Lutherscher Prägung zu beurteilen ist. Aus nd. Ma. vergleicht sich w i c k e n w e n d i s c h 'veränderlich': Schambach 1868 Gott. 297. wetzen schw. Ztw., mhd. wçtzen, ahd. wçzzan (aus *hwazzjan), mnd. nl. wetten, ags. hwettan, engl, whet, anord. hvetja, got. ga-hatjan 'schärfen'. Zugrunde liegt ein germ. Adj. *hwata'scharf' in ags. hwœt, ahd. was; 'scharf', anord. hvatr 'tapfer, rüstig, flink'. Neben germ. *hwata(aus *kyado-) steht germ. *hwas$a- (aus *kyad-to-) in got. hass, anord. hwss, ahd. mhd. was 'scharf'. Wz.-verwandt ist lat. triquetrus (aus *tri-qiffdros) 'dreieckig'. Mit Ablaut gehören hierher got. hôta, anord. Mt (Ntr. PI.) 'Drohung', anord. hvceta 'durchbohren', asächs. for-hwätan, ahd. hwâçan 'verfluchen'. S. W a t sche. Wichs m. 'student. Galakleid': C. W. Kindleben; Stud.-Lex. (Halle 1781) 217 „en Wix heißt bey den Studenten so viel, als en Galla, sehr geputzt". W i c h s - , W i x k l e i d belegt F. Kluge 1896 Stud.-Spr. 134 seit 1778. Schon mhd. ist wihsen 'glänzend machen', aus dem die Subst. rückgebildet sind. S. a u f w i c h s e n . wichsen schw. Ztw. tritt erst als spätmhd. wihsen neben das nach seiner Bildungsweise jüngere w a c h s e n (ahd. wahsen 'mit Wachs überziehen'). Dabei muß w i c h s e n uralt sein. In b l e n d e n neben b l i n d oder e r l a u b e n , g l a u b e n neben l i e b stehen die Ztw. auf oStufe, die Nomina auf e-Stufe. Bei wichsen (aus *wëhsjan) neben W a c h s ist es umgekehrt. Das Alte wird uns zufällig erst später greifbar. Die Bed. 'schlagen' (kaum vor Hermes 1776 Sophiens Reise 2, 483) entwickelt sich wie bei s c h m i e r e n 1 (s. d.): Putzmittel werden mit kräftigem Schlag aufgetragen. Wicht m. mhd. ahd. wiht n. 'Ding, Wesen' (besonders von Kobolden und Dämonen; vgl. B ö s e w i c h t ) , asächs. wiht m. 'Ding', Mz. 'Dämonen', mnl. nnl. wicht 'kleines Mädchen', ags. wiht f. 'Wesen, Ding, Dämon', engl, wight 'Wesen, Wicht', whit 'Kleinigkeit', anord. vêitr, vmttr, vîtr i. 'Sache: lebendes Wesen', dän. vette,
Widder
schwed. vätt(e) 'eine Art Erdgeist'. Das Got. unterscheidet waihts f. 'Ding, Sache' und niwalM n. 'nichts'. Das N. liegt unserm n i c h t ( s ) zugrunde, s. d. Die Germanen scheuten sich, übernatürliche Wesen bei Namen zu nennen und setzten dafür unser farbloses Wort, das auf *y£kti- 'Sache, Ding' beruht, bestätigt durch das urverwandte Synonym aslaw. veSti. Weitere Beziehungen fehlen. — Die Wortkarte 'Mädchen' (s. d.) zeigt W i c h t in dieser Bedeutung in Ostfriesland, im Emsland und in Westfalen um Münster. Rhein. Wb. : bis ins Ripuarische. Wichtelmännchen n. mhd. wihtelmçnlîn: verdeutlichende Zus.-Setzung für gleichbed. wihtelln, dessen Anwendung auf Wesen mit übernatürl. Kräften uralt ist. S. W i c h t und Zs. f. d. Wortf. 11,197. 209. wichtig Adj. verhältnismäßig spät aus gew i c h t i g 'Gewicht habend' (s. G e w i c h t ) rückgebildet (wie auch v o l l w i c h t i g auf älterem ν oll g e wie h t i g beruht). Die Bed. beider Formen grenzt Wunderlich DWb. 4, 1, 3, 6766 gegeneinander ab. Luthers obd. Zeitgenossen muß das 2. Kor. 4, 17 gebrauchte w i c h t i g mit schwere, lastig erläutert werden: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 112. Dän. schwed. vigtig beruht auf Entlehnung aus dem Nhd. Wicke f. Lat. vicia (auf dem ital. veicca, frz. vesce, engl, vetch beruhen) ist sehr früh, als lat. ν noch die Geltung von w (s. W e i h e r , W e i n ) und e vor i noch k-Aussprache hatte (s. K a i s e r , K r e u z ) entlehnt zu germ. *wikja, westgerm. *wikkja. Daraus sind ahd. wicka, wiccha, asächs. wikka, mhd. mnl. wiche, nnl. wik(ke) hervorgegangen, ebenso gleichbed. kymr. gwyg und bret. gweg. Der Pflanzenname gehört in die gleiche Lehnschicht mit F l e g e l , S p e i c h e r und S t o p pel. Wickel m. mhd. wickel(ln), ahd. wicMlln, wicchill n. 'Wickel, Flachs- oder Wollmenge zum Abspinnen'. Dazu das schw. Ztw. w i c k e l n , spätmhd. wickeln 'in die Form eines Wickels bringen'. Rückbildung daraus ist nhd. W i c k e l 'Windel u. dgl.': mit W a c h s , W i e c h e und W o c k e n zur idg. Wurzel *yeg- 'weben, Gewebe' in aind. vägura 'Fangstrick, Netz zum Wildfang, Garn' (dem ags. wöcig 'Schlinge, Fallstrick' entspricht); lat. vélum 'Segel, Hülle, Tuch, Vorhang', veläre 'verhüllen', vexülum 'Fahne'; air. figim 'webe', fige 'das Weben', abret. gueig, bret. gwea 'Weberin'. Widder m. Zu idg. *yel- 'Jahr' in aind. vatsard, gr. (ρ)έτοζ 'Jahr', lat. vet us 'bejahrt' gehören aind. vatsd, alb. vjete, lat. vihdus'Kalb', gr. étalon 'Jährling'; dazu auch germ. *weßru'einjähriges Tier' in got. wiprus 'Lamm', ahd. imdar, asächs. wethar, ani. wither, ags. weder, anord. ve.ftr 'Schafbock*.
wider
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wider Präp. Adv., mhd. wider, ahd. widar 'wider, (ent)gegen, zurück, wiederum', asächs. wiâ(ar) Präp. 'gegen', ni. we(d)er, ags. wid(er) 'gegen', anord. vid(r), got. wipra Präp. 'gegen, gegenüber'. Germ. *toiprö 'gegen' neben gleichbed. *wipr beruht auf der idg. Präp. *wi 'gegen', die in aind. vi 'auseinander' (wozu vitarám 'weiter') erhalten ist; vgl. idg. *ys in *de-yœ 'zwei'. Zur Unterscheidung wider: wieder J . Dückert, Beitr. (H) 81, 481: gelehrte Regelung des 17./18. Jhs. Widerpart m. mhd. widerpart(e) m. f. 'Gegenpartei, Gegnerschaft, Gegner': vor Ende des 13. Jh. zus.-gesetzt aus dem mhd. Adv.wtáer und dem aus frz. part f. 'Teil, Anteil' entlehnten mhd. parte 'Abteilung, Partei': Öhmann, A. f. dt. A. 66, 65. Widersacher m. im 15. Jh. entwickelt aus mhd. widersache, ahd. widarsahho, asächs. wißarsako, afries. witherseka 'Gegner (im Rechtshandel)'. Der zweite Wortteil ist Nomen agentis zu ahd. sahhan, got. saltan 'streiten' und hängt nur mittelbar mit Sache (s. d.) zusammen. Durch Luther, in dessen Bibel Widersacher 38 mal steht, wird es Kanzel wort zumal für 'Teufel' (1. Petr. 5, 8). Außerhalb dieses Gebrauchs nennt es Adelung 1786 veraltet, Campe empfiehlt es 1794 als Ersatz für Antagonist: Kuhberg 1933 Verschollenes Sprachgut 63. widerspenstig Adj., spätmhd. widerspfnstec (zu abspenstig und Gespenst, s. d.) hat das gleichbed. mhd. widerspœne, -spasnee abgelöst, das zu mhd. widerspän neben span, span (nn) 'Streit' gehörte. Widerton m. Name versch. Moose und Farne, spätmhd. wedertän, -tat, -tôt: umgedeutet aus mhd. widertän (Zs. f. d. Wortf. 3, 302), urspr. 'dagegen getan' : die Pflanzen sind nach dem damit geübten Gegenzauber benannt. Erst nachträglich stellt sich die Vorstellung ein, sie seien Heilmittel wider den Tod: H. Marzell, Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 491. widerwärtig Adj. mhd. widerwêrtic, -wartic, älter widerwêrt, -wart 'entgegengesetzt, widersetzlich', ahd. widarwart(ic) 'entgegengesetzt'. S. -wärts und Gegenwart. Widerwille m. spätmhd. frühnhd. widerwille 'Auflehnung' gerät unter EinfluB von ahd. willön, mhd. willen 'Brechreiz empfinden', wüle m. 'Ekel' und drängt als durchsichtige Bildung dieses wie gleichbed. frühnhd. walgung u. a. zurück: v. Bahder 1926 Wortwahl 109. widmen schw. Ztw. mhd. widemen, ahd. widimen 'ausstatten': zu ahd. widamo 'Aussteuer', s. Wittum. wie Adv. mhd. wie, ahd. wio, älter hwio, hwèo, got. haiwa. Vom Bair. über das Alem. bis zum Südmfränk. reicht wie aus*/ncê; in Norddeutsch-
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wiederkäuen
land gilt dagegen der aus hwö 'wo' mit geschwundenem -w- herzuleitende Typ hü: engl. how, ags. hü, asächs. hwö, hü 'wie': Frings, Grundlegung zu e. Gesch. d. dt. Sprache 1948 (Karte). Die Lautgeographie bietet der Dt. Sprachatlas in 'wieviel'. Wiebel m. 'Käfer', mhd. wibel, ahd. wibil, asächs. wibil, ags. wifel, engl, weavil 'Kornwurm'. Mit ostfries. wefer, ags. wibba und lit. vabalas 'Käfer' gehört germ. *webüa- zu weben (β. Wabe, Wespe), offenbar in dessen Grundbed. 'sich tummeln', vgl. mhd. weheren, webelen. Zur Wortgeographie s. Käfer. Wieche m. 'Docht, Lunte, Scharpie', ahd. wiohha, spätahd. mhd. wieche, mnd. weke (woraus entlehnt dän. voege, schwed. veke, norw. veik 'Docht'), mnl. wieke, nnl. wiek, ags. wëoce mit vielen Nebenformen, die dem zudem mehrdeutigen Wort den Weg in die Schriftsprache verlegt haben (K. v. Bahder 1925 Wortwahl 61 f.) : redupl. Bildung zur Wurzel *yeg- 'weben; Gewebe', deren Hochstufe vorliegt in mnd. wecke 'Docht, Lunte', mhd. wicke 'Docht, Scharpie', ahd. wiekill, mhd. wiekel 'vom Rocken abzuspinnende Flachsmenge' (s. Wickel), mhd. wiht 'Docht'. Die tiefstufige Bildung zur gleichen Wurzel s. u. Wocken. Entfernter verwandt ist Wachs. S. Docht. Wiedehopf m. ahd. wituhoffa, -hopfa, -hopfo, asächs. widohoppa, mhd. witekopfe, mnd. mnl. wêdehoppe. Herkömmlich wird der Vogelname als 'Waldhüpfer' gedeutet und der erste Teil zu ahd. witu ( = anord. viör, ags. wudu, engl, wood s. Krammetsvogel, Pirol) 'Holz' gezogen. Beim zweiten Glied wird neben der Beziehung zu hüpfen Entlehnung aus lat. wpupa erwogen. Suolahti 1909 Vogelnamen 11 ff. sieht in alledem Umdeutung des aus dem Paarungsruf (h)upup hervorgegangenen Namens. Den Naturlaut bilden auch nach dän. hcerpop, lett. puppukis, frz. huppe, lat. upupa, gr. épops, armen. popop, npers. püpü, in dt. Mundarten preuB. hupphupp, huppke, ossepüper, westfäl. püposse (Beitr. 57, 424), meckl. hupup, amärk. wuppwupp, münsterl. huppe, vorderpfälz. wuddwudd, tiiol. wudwud, kämt, wudi, steierm. wudlup. Eine entspr. Form wird auch für das germ. Wort vorauszusetzen sein, bevor die übrigens auch sachlich schiefe Anlehnung an ahd. witu eintrat, das zudem vorwiegend 'Holz als Stoff' bedeutet: v. Bahder Wortwahl 88. wieder Adv.: urspr. eins mit wider, s. d.; nunmehr in der Bedeutung 'wiederholt'. wiederkäuen schw. Ztw. W. Neubauer bietet in: Dt. Wortforschung in europ. Bezügen I 1958 hg. L. E. Schmitt, eine sehr vielgestaltige Synonymik dieses offenkundig von der Hochsprache aller Zeiten unbehelligten Bauernwortes, mit
Wiege
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Wildbret
solchen Leitformen wie aderkauen, edderkauen, veisa 'Schlamm', ags. was 'Feuchtigkeit', wäse f . eindrücken, hindrücken, niederdrücken, wieder- 'Schmutz, Schlamm', engl, woosy 'feucht', rücken, urkauen, kähien, kabeln, dauen (s. ver- Bedeutungsentwicklung wie bei Aue (s. d.); dauen), mäulen u. a. m.; ahd. ilarucken, mhd. dazu hethit. jteii- 'Weide, Viehweide' und awest. väs(ram. Nd. mnd. wische 'Wiese' beit(e)rücken, vgl. Ettgron bei G r u m m e t . Wiege /. mhd. wi(e)ge, ahd. wiga, *wiega{ ?), ruht auf asächs. wisca (ags. wise). S. Matte. — mnd. wêge, westfäl. waige, mnl. wieghe, nnl. wieg, Der Dt. Sprachatlas stellt Laut- und Wortgeoafriea. widze und (mit anderer Stufe des Ablauts) graphie von 'Wiese' auf den Karten 41,42,77 dar. ahd. waga, anord. vagga. Aus germ. *wagö ist Wiesel ». Zu dem unter I l t i s gesicherten finn, vaku 'Wiege' früh entlehnt. Zus.-Hang mit germ. *wis(j)o 'Iltis' gehört als Verkl. germ. Wz. *wëg in bewegen und w a c k e l n (ahd. *wisulö(n), aus ahd. wisula, mnl. wesel, ags. wagön) ist deutlich, doch bleiben lautliche weosule, wesle, engl, weasel, zu erschließen. Das Schwierigkeiten, sofern das Verhältnis von ahd. Wiesel ist kleiner als der Iltis, dabei durch mhd. ie: i: a nicht klar ist. seinen Gestank ihm ähnlich. Offenbar danach wiegen st. Ztw. 'Gewicht haben; auf der sind beide benannt: germ. *wis(j)o urverwandt Waage die Schwere prüfen', im 16. Jh. neuge- mit spätlat. vissio 'Furz, Gestank', aus dem afrz. bildet aus der 2. 3. Sg. w i e g s t , wiegt von voison 'Iltis' hervorgegangen ist. P. Lessiak 1912. w ä g e n , s. d. Zur Abgrenzung H. Paul 1917 Dt. Zs. f. dt. Alt. 63, 121 und 128; H.-F. Rosenfeld, Beitr. 80, 430. Zu urslaw. *vilasüka gehört Gramm. 2, 233. tschech. mundartlich vlaslca, dazu nimmt KonsoWiegendruck s. I n k u n a b e l . nantenumstellung aus Taburücksichten (das Wiegenfest s. G e b u r t s t a g , wiehern schw. Ztw., Intensivbildung zu gleich- Wiesel kann Krankheiten anhauchen) aus einer bed. mhd. wihen (wihenen, wihelen), ahd. wihön germ. slaw. Gleichung V. Machek, Zs. f. slaw. (für *wijön, *hwijön ?): zur gleichen Wz. wie Phil. 23 (1954) 116 an. mhd. weijen, ahd. weiön Qiweiön), dän. vie, WiftTO.'Honigwabe', mhd. wift: mit W a b e schonisch via 'schreien', engl, mundartl. wieker zu weben (wie G i f t mit Gabe zu geben). 'wiehern'. Zur lautmalenden Wz. *hm gehören Wabe hat als etym. durchsichtige Bildung mit andrer Bed.-Entwicklung ags. hmnan, engl. gesiegt: v. Bahder 1925 Wortwahl 134. whine 'jammern, winseln', anord. Λvina 'rau- wild Adj. Ahd. asächs. wüdi, afries. ags. wilde, schen, saufen'. Gleichbed. mit w i e h e r n sind engl, wild, got. wilßeis, anord. villr (meist 'verhess. thür. lachen, westfäl. frensken (mit fr- irrt') führen auf germ. *wüßja, vorgerm. *weltjo. aus WT-) und hissen, lipp. nöijen, bair. mickern, Daneben wird durch Wild n. einfaches *weltos tirol. rülen. Wortatlas XIX. Adj. vorausgesetzt, das auch dem akorn. gy/ils, Wiemen m. 'Stab zum Aufhängen des kymr. gwylü 'ungezähmt', altbret. gueU-enes Räucherfleischs über der Esse; Schlafstange der 'insula indomita' vorausliegt. Vielleicht ist auch Hühner'. Lat. wmen 'Rute zum Flechten, Wald verwandt. Flechtwerk' (zu viëre 'binden, flechten') ergibt Wild n. Die Endung idg. -os, -es, germ, -as, über prov. vime (die nordfrz. Entsprechung ist -is bildet sächl. Konkretbenennungen. Neben ausgefallen) mnl. wim(m)e 'Lattenwerk im Tiernamen wie *lambaz 'Lamm', *kalbaz 'Kalb' Rauchfang', mnd. wime 'Stangengerüst'. Zu den tritt *wilpaz, -ie, aus ahd. wild, mhd. mnd. wilt, Zeugnissen für das Fortleben des landwirtschaftl. ags. wild, wilder (später umgedeutet zu wild(d)Fachworts in rhein. Mundarten bei Frings 1932 ëor) zu erschließen. Während das Adj. wild Germania Romana 182 tritt westfäl. wim'm, germ. *wilßja aus vorgerm. *weltjo voraussetzt, wuime (mit ut aus t): Zs. f. dt. Phil. 49, 289. beruht das Subst. auf *weltos mit einfacherer wienern schw. Ztw. '(Metall, Leder) putzen', Stammbildung. Wildbret n. eine nur dt. Zus.-Setzung aus urspr. mit Wiener Putzkalk, dann auch mit andern Putzmitteln. Zunächst ein Wort der wild u. dem ja-Stamm breete n., der sich im Kasernen: Haupt-Heydemarck 1934 Soldaten- Kompositum neben den α-Stamm brät m. stellt (s. Braten). Im Ahd. war wiltbrät vorausgedeutsch 193. Wiepe f . 'Strohwisch': mit undiphth. t (s. gangen, im Anord. villi-bräd. Auf Entlehnung Riefe) und unverschobenem ρ (vgl. Kiepe, aus dem Nhd. beruhen schwed. vildbräd, dän. S t a p e l ) übernommen aus nd. wipe. Die hd. vildbrad, nnl. wildbraad. Im 12. Jh. erscheint Entsprechung ahd. wifa, mhd. wife 'Mark- mhd. wiUprcete mit 'Fleisch ohne Speck u. Knozeichen' lebt alem. fort, ζ. B. am Bodensee als chen, schieres Fleisch' als Bed. des zweiten tot/« 'Seezeichen'. Durch eine Grundbed. 'Flecht- Wortteils, 'Wildfleisch' als Bed. des Ganzen: Edw. Schröder 1934 Anz. f. dt. Alt. 53,234. Der werk' mit weifen (s. d.) zu vermitteln. Wiese f . mhd. wise, ahd. wisa. Zur selben Wz. nicht hochtonige Wortteil büBt die alte Länge gehören mit anderer Stufe des Ablauts anord. und das auslautende -e ein. Die Schreibung
Wilderer
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schwankt lange; Mundartformen wie westfäL obersächs. wilbert, schles. fränk. wilpert, schwäb. wildprecht dringen in die Schrift. Spät im 18. Jh. setzt Adelung die etym. Schreibung Wildb r e t durch. Wilderer m. mhd. wildercere 'Jäger'. Die Bildung scheint vom alten Plur. Wilder des N. Wild auszugehen; sie ist zunächst, wie Wildb r e t s c h f l t z , ohne den schlimmen Nebensinn, der seit dem 16. Jh. Oberhand gewinnt, wie er in den jüngeren W i l d d i e b , - f r e v l e r von vornherein gilt. wildern schw. Ztw. 'unbefugterweise jagen', nicht vor Adelung 1780 gebucht, hat im 19. Jh. älteres Wilddieben verdrängt. Wildernis /. mnl. wildernisse, nnl. wildernis, engl, wilderness (zur alten Mz. wilder, ags. wilder «. 'Wild, wildes Tier'). Bei uns vereinzelt neben Wildnis vom 16. Jh. bis auf Goethe (Faust II 6263). Wildfang m. spätmhd. willvanc, aber nnl. wildzang. Zwei Bildungen mischen sich: 1) aus Wild «. und F a n g m. 'das Fangen' entsteht eine Tätigkeitsbez. "Fang des Wilds, Jagdrecht, Wildbann'; 2) zu wild Adj. und F a n g 'Beute' gehört die Sachbez. 'lebendig gefangene Tiere, Vögel; herrenlose, unbändige Menschen': H. Schulz 1909 Zs. f. d. Wortf. 11, 241ff. Im Bereich der Vorgeschichte ist W. die seit der Steinzeit nachweisbare Jagdweise, Großwild in Graben zu fangen oder an Steilhängen zum Absturz zu zwingen. Lebend eingefangenes Wild, das zur Blutauffrischung dient oder in Tiergärten ausgestellt wird, heißt ebenso: Val. Palm 1941 Mutterspr. 56. H. W. J. Kroes in Levende Talen 191, 563. wildfremd Adj. tritt seit Nigrinus 1592 Von Zauberern 312 als Steigerung von f r e m d (auch wild kann 'fremd' bedeuten) auf, ist somit Bildungen wie s t e i n a l t vergleichbar, wie sich bei Steinbach 1734 s t e i n f r e m d findet. Aus 'völlig fremd* entwickeln sich Bed. wie 'gleichgültig, nicht vertraut' auf der einen, 'seltsam, unheimlich, abstoßend' auf der andern Seite. Die früh beliebte Substantivierung bedeutet 'Ortsfremder'. Das Adj. ist den Mundarten vom Aargau bis zum Niederrhein geläufig; gleichbed. nnl. wildvreemd, schwed. vildfrämmande. Wildheuer m. Zu wild 'unzugänglich, ungepflegt, herrenlos' gehört ein Alpenwort W i l d h e u ». 'Heu, das auf den Kämmen und Gipfeln der Berge gewonnen wird' und das Ztw. w i l d h e u e n 'Wildheu ernten*. Dazu Schweiz. W i l d h e u e r m., das ans Scheuchzer 1746 Schweitzerland 2, 66 in Schillers Tell IV 3 übergegangen ist. Aus Goethes Kenntnis der Schweiz stammt seine Beschreibung des Wildheuers Weim. Ausg. I 24, 368f.
willkommen
Wildschar f . m. '(derber) Reisepelz' entlehnt aas poln. wilcaura 'Wolfspelz' (Ableitung zn wäk 'Wolf' : Wiek63) seit Hermes 1778 Sophiens Reise 2, 158. Die gleichbed. Nebenform W i n d s c h u r schon bei Bob 1771 Sprachkunst 122. Vgl. B. Schier, Wort- und Sachgeschichte der Wildschur Zs. Pelzgewerbe 1950. Wolfsschur Bielfeldt 90. Wildschütz m. (zu Wild n.) tritt seit Thom. Münzer 1524|Schutzrede D 2>> (Braunes Neudr. 118 S. 36) in der Bed. 'Jäger' auf, die ohne tadelnden Beisinn noch im 18. Jh. begegnet. Die Bed. 'Wilddieb', zuerst in einem rheinhess. Zentweistum von etwa 1600 (Weisth. 1, 490 Grimm), beflügelt durch Lortzings Oper 'Der Wildschütz' 1842. Wildwachs n. m. ahd. wildi wahso, mhd. wildiwahse, mnd. wüdewasse, in Mundarten z. B. westfäL wildwass, cronenb. weiltwos, nass, wildwachs 'Sehne, Flechse, Nerv', mit vielen Nebenformen wie obd. W a l d w a c h s , ahd. waltowahso, aliowahso, frühmengl. faxwax, spätmengl. paxwax. Nach Ν. Törnqvist (Stud. Neophü. 17,132 ff.) aus walto· 'walten, regieren' und wachs (< *wahstla 'Band, Gewebe'). Wille m. mhd. wille, ahd. will(i)o, asächs. wiUio, afries. ags. willa, engl, wiü, anord. vili, got. wilja: Verbalabstr. zu wollen, verwandt mit W a h l , idg. Stammform *·μβΙ]όη. Außergerm, in aind. vâra- 'Wahl, Wunsch', aslaw. volja 'Wille'. F. Mezger, Zs. f. vgl. Spr. 1958, 225. willfahren schw. Ztw., spätmhd. *willenvären (belegt ist nur willenvam st. Ztw.) aus mhd. eines willen varen 'auf jemandes Willen Bedacht nehmen, ihn zu erfüllen suchen'. Zu mhd. vären, ahd. fârèn schw. Ztw. 'nachtrachten, -stellen', das auch sonst mit Gen. verbunden erscheint (triuwe, rehtes vären). In frühnhd. Zeit, als die Verbindung w i l l f a h r e n fest wurde, stand meist Will m. für mhd wille. S. G e f a h r und Zs. d. Sprachvereins 23 (1903) 370. willig Adj. mhd. willee, ahd. asächs. ani. afries. willig, dän. schwed. villig, auch in unsern Mundarten lebendig. willkommen Adj. spätahd. willechomen, mhd. willekomen, anord. velkominn (danach engl, welcome) : vor das Part, von k o m m e n ist der Stamm des M . Wille getreten. Älter ist das schw. M. W i l l k o m m , ahd. wiüicomo, mhd. willekome, -kume, mnd. willekome, ags. wileuma 'Wunschgast, gern gesehener Ankömmling'. In der plur. Formel mhd. sit willekomen ist nicht zu entscheiden, ob Adj. oder Subst. vorliegt. Der Ton liegt auf der zweiten Silbe, daher Kürzungen wie kämt, kuma 'grüß Gott' Lexer 1862 Kämt. Wb. 164. Afrz. wilecome, veleome, ital. bellicone 'großer Becher zum Zutrinken' beruhen auf Entlehnung aus dem Mhd., entlehnt ist auch magy. bülikom 'Trinkgefäß'.
Willkür
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860
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windelweich
Willkür f . m h d . (12. J h . ) willekür, m n d . wille- des m Amboß, e m p f a n g e n , -fehlen, - f i n d e n , kor, afries. wilkere, nl. wülekeur a n d , mit der H i m b e e r e , Imbiß.
abweichenden Bed. 'Bedingung', schwed. vilkor, dän. norw. vilkaar: zus.-gesetzt ans Wille m. und K ü r f. (s. Kur 1 ), Ausgangsbed. somit 'Willenswahl, freier Wille'. Gebildet wie mhd. willeklage "freiwillige Klage' und mnd. willemöt 'freier Wille'. Heute in nd. Mundarten lebendig, den md. und obd. fremd. wimmeln schw. Ztw., mhd. (selten) wimelen: als Iterativ (wie l ä c h e l n zu l a c h e n , s t r e i cheln zu s t r e i c h e n ) gebildet zu mhd. md. wimmert 'sich regen'. Aus derselben Wz. *wêm: *wam stammen mit gleicher Bed. ahd. wimidön,
Wimperg m. 'vor dem Wind schützender, hochgelegener Teil eines Bauwerks', ahd. wintberga,
mhd.
wintberge
/., auch
wintbwgettn
'Zinne; Schutzvorrichtung am Giebel namentlich des Strohdachs, gekreuzte Bretter; Giebel, Zier-, Staffelgiebel'. Das Grundwort gehört zum st. Ztw. b e r g e n , s. d. Wind m. Mhd. m n d . mnl. wini (