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German Pages 755 [759] Year 1948
rtzmologisches Wörterbuch der -rutschen Sprache
Krieörich Kluge / Jilfred Götze
(Etymologisches Wörterbuch üer üeutschen Sprache
Walter üe Grupter L Co. vormals G. 3 Göfchen'sche verlagshanülung / Z. Guttentag, Verlagsbnchhanblung / Georg Reimer / Karl ?. Grübner z Veit & Comp.
Berlin 1948
Vierzehnte unocränoertt Kurtage
Archiv-Nr. 450848
Druck: Sogdan GifeviuS Berlin 58.35 Lützowstr.KO Printed. in Germany
Vorwort Am 21. Mai 1926, einen Monat vor Bottendung seines siebzigsten Lebens jahrs, ist Friedrich Kluge zu Freiburg im Breisgau gestorben. Seither ist sein Etymologisches Wörterbuch verwaist, an dem er seit seinen Studententagen unablässig gearbeitet und von dem er 1881 bis 1924 zehn starke Auflagen besorgt hat. Für die elfte Auflage hatte er, wie sein Handexernplar beweist, zahlreiche Besserungen geplant. Es ist somit in seinem Sinn, daß an seinem Hallptwerk fortgebaut wird. Der Neubau freilich, der nun anderen Händen anvertraut werden mußte, ist durchgreifender, als er ihn selbst vorgenommen hätte. Seit 1902 war Kluge blind. Es war ihm ungeheuer erschwert, die neuerscheinenden Schriften, zumal die sprachvergleichenden, zu verfolgen. Professor Wolfgang Krause in Königsberg hat die Durchsicht dieses Teils der Etymologien besorgt; für die Fassung der Wortgeschichten der historischen Zeit ist der Unterfertigte verantwortlich. Die Änderungen sind auf beiden Gebieten stark; wer sich die Mühe nimmt, zu vergleichen, wird sie auf jeder Seite spüren. Der Kundige wird auch ohne viel Worte die Gründe erkennen, warum manche neuere Vermutung noch keinen Platz auf diesen Spalten finden durfte. Betraut mit der Aufgabe und von ihr bedrückt, das große Gestern dieses Buchs mit den Erfordernissen des Heute zu versöhnen, schien es uns eher vertretbar, durch Zurückhaltung, als durch voreilige Aufriahme ungesicherter Etymologien zu fehlen. Der Verfasser hatte mit diesem Wörterbuch etwas zu seiner Zeit völlig Neues und Eigenes unternommen. Die Kritik, soweit sie diesen Namen ver dient, hat früh begriffen, daß damit eine wissenschaftliche Tat vollbracht war, vor der jedes kleinliche Nörgeln zu verstummen hatte — möge solche Einsicht auch den Nachfolgern zugute kommen! Ein Werk, das seit fünfzig Jahren der deutschen Bildung beträchtliche Dienste geleistet hat, sollte in den Stand gesetzt werden, seine Aufgabe auch künftig zu erfüllen. Dazu mußte die Fühlung mit der Sprachwissenschaft von heute hergestellt werden. Eine Fülle von Arbeit war dafür zu leisten, die im Ergebnis nicht recht sichtbar wird, weil die Masse der abgelehnten Aufstellungen ungenannt bleiben mußte, sollte sie nicht Verwirrung stiften. Jeder Stein des Baus, den der Verfasser errichtet hat, ist geprüft und wieder zum Ganzen gefügt. Den Gesichtspunkten, unter denen der Aufklärung suchende Leser an das Wörter buch herantritt, wird soweit irgend möglich Rechnung getragen. Die Tat-
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VI
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bestände werden nach bester Kraft gegliedert, die Hauptsachen deutlich heraus gehoben. Dem Suchenden sollte der höchste BLldungswert vermittelt werden, den unsere Sprachwissenschaft geben kann: geschichtliches Verständnis- der eigenen Sprache aus ihrem Verhältnis zu den verwandten Sprachen und Vertiefung des Berhältnisles zu diesen. Das Bemühen ist stets gewesen, auch Schwierigkeiten, an denen es nicht fehlt, faßlich darzustellen, und damit jedem Deutschen, der beim Nachdenken über seine Muttersprache Rat sucht, etwas zu bieten, zugleich aber auch die Grenzen aufzuweisen, über die bisher nicht vorzudringen war. Künftiger Arbeit auf dem Felde der deutschen Wort forschung sollte auf jede Weise der Weg geebnet werden. Fremdwörter mußten ausgenommen werden, einfach weil sie der Deutsche (der oft gar nicht weiß, daß es sich um Fremdlinge handelt) in einem Werk wie diesern sucht und ein Recht darauf hat, daß ihm Bescheid wird. Ziel der Darstellurlg ist zu zeigen, wie das fremde Wortgut ersetzt werden kann. Ersatzwörter haben, soweit irgend angängig, ihre eigene Darstellung erhalten.
Gießen, im Äuli 1946
Alfred Götze
Inhalt Gelte
Vorwort...................... .... ..............................................................................
V
Abkürzungen................................................................................................
IX
Hilfsmittel....................................................................................................
XI
Wörterbuch................................................................................................
1-724
Sachverzeichnis............................................................................................
725
Abkürzungen = Abstr. = Adj. — Adv. = afries. -asrz. = ags. agypt. = — ahd. -amd. air. — --alat. -alcm. amerik. = — anord. -Aor. -apers. apreuß. --arab. -arkad. armen. --asächs. = aslav. --avest. -bair. bask. --biet. -durgund. öech. = --chald. -chines. --churw. = cotn. dän. = -dial. bot. -engl. = europ. — F. sinn. --fiert. = frank. Frequent. — trief. = = srz. gael. --all. --
Abftraktlun Adjektiv Adverb altsriesisch altsranzösisch angelsächsi'h ägyptisch althochdeutsch altindisch altirisch altlateimsch alemannisch amerikanisch altnordisch Aorist altpersisch altpreußisch arabisch arkadisch armenisch altsächsisch altslavisch avestisch bairisch baskisch bretonisch burgundisch czechisch chaldäisch chinesisch churwelsch cornisch dänisch dialektisch dorisch englisch europäisch Femininum finnisch flektiert fränkisch Frequentativum friesisch französisch gaelisch gallisch
gcnn. « germanisch Ggs. = Gegensatz gleichbed. gleichbedeutend got. = gotisch gr. = griechisch Grdf. = Grundform hd. = hochdeutsch hebt. = hebräisch holl. -- holländisch idg. = indogermanisch inb. = indisch indekl. — indeklinabel Jnstr. Instrumentalis Jnterj. = Interjektion intr. -- intransitiv ir. --- irisch ist. -- isländisch ital. --- italienisch jon. = jonisch jüd. -- jüdisch jur. = juristisch Kaus. -- Kausativ Mt. = keltisch «aff. - klassisch Kollekt. = Kollektivum Kompar. = Komparativ Konj. = Konjugation Konjunkt. -- Konjunktion kontr. -- kontrahiert krimgot. = krimgotisch kymr. -- kymrisch lapp. -- lappisch lat. -- lateinisch lett. = lettisch lit. -- litauisch lombard. -- lombardisch M. = Maskulinum Ma. = Mundart mb. -- mitteldeutsch mengt = mittelenglisch mgr. = mittelgriechisch mhd. = mittelhochdeutsch mlat. -- mittellateinisch mnb. = mittelnieberdeutsch mnl. = mittelnieberlänbisch moden. --- modenisch
moiigot = --N. ' nd. = 1 nfrz. = = 1 ngr. — jnfjb. = ■nl. = und. nnl. = nnord. ----nord. norw. = Mim. = -obb. = obl. — Ord. osk. osset. ostasiat. -ostgerm. = = ostidg. — Part. --Perf. pers. = Phöniz. --= piem. -Plur. Plur. tant = poln. portug. — --Pos. -Präf. = prakrt. = Präp. -Präs. -Prät. Prät.-Präs. preuß. Pron. prov. Redupl. refl. röm. roman. tufi.
= = = — -=
=-
mongolisch Neutrum niederdeutsch neufranzösisch neugriechisch neuhochdeutsch niederländisch neuniederdeutsch neuniederlänbisch neunordisch nordisch norwegisch Numerale oberdeutsch obliquus Ordinale oskisch ossetisch ostasiatisch ostgermanisch ostindogermanisch Partizipium Perfekt persisch phönizisch piemontesisch Pluralis Pluraletantum polnisch portugiesisch Positiv Präfix prLkritisch Präposition Präsens Präteritum = PräteritaPräsens preußisch Pronomen provenzalisch Reduplikation reflexiv römisch romanisch russisch
- X fächs. schott. fchw. schwäb. schwed. fern. ferb. Gfl. flyth. flav. span. stSt.
= = = = = = = = = = = = —
sächsisch schottisch schwach flektierend schwäbisch schwedisch semitisch serbisch Singularis skythisch slavisch spanisch start flektierend Stamm
Subst. = Suff. = Superl. — thrak. — trans. = umbr. = ung. = urgerm. = uridg. = venet. = Berbaladj.-Verbalwz. -ÄerN. --
Substantivum Suffix Superlativ thrakisch transitiv umbrisch ungarisch urgermanisch urindogermanisch venetianisch Verbaladjektiv Verbalwurzel VerNeinerung
Bok. = Vokativ vorahd. = voralthochdeutsch vorgerm. -- vorgermanisch vorhd. -- vorhochdeutsch vulg. -- vulgär Wal. -- walisisch Westgerm. — westgermanisch westidg. --- westindogermanisch westsächs. -- wepsächsisch Wb. -- Wörterbuch Wz. = Wurzel Ztw. -- Zeitwort
Ein Stern (♦) vor einem Wort zeigt an, daß dies nicht bezeugt ist und bloß auf Grund sprachgeschichtlicher Tatsachen als möglich zu gelten hat.
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•a, -ach häufig zur Bildung von Bach- und stirbt Aar außer in Zus.-Setzungen wie Fisch-, Flußnamen verwendet, nach denen wieder Orte Hühner-, Stockaar fast aus. Es muß — heißen können. Im ganzen ist -ach (Urach, nun seinerseits als edleres Wort — von Gleim Steinach, Salzach, Rotach, Schwarzach) mehr 1756, Gökingk 1781 usw. neubelebt werden: oberd., -a mehr mb. und ndd. (Fulda, Werra, Suolahti 1909 Bogelnamen 345 ff.; Kluge Schwarza): aus ahd. aha 'fließendes Wasser' = 1912 Worts, und Wortgesch. 83 ff. got. ah»a 'Fluß' (weiteres unter Au), woher AaS N. mhd. ahd. asächs. Ls N. — ags. Ls auch die Flußnamen Aa (Schweiz und Westfal.), 'Aas': Ableitung zu essen; germ. 6sa- aus Ohe (Hess.), Aach (Baden), Ach (Bayern und ett&- (wie tat. eaus 'gegessen' auS ßtto-s). Wegen Württemberg). Vgl. -aff. der ursprgl. Bedeutung beachte Gryphius 1639 Aal M. Ahd. asächs. LI. ags. »I. anord. all Sonntagssonette 26, 9 HimmelsaaS 'Hirnführen auf flenn, »eia-. Außergcrm. Ver melsspeise'. S. Äser und äsen. wandte fehlen, wie denn die idg. Sprachen ab Adv., frühnhd. (noch jetzt schweiz. schwäb.) wenig gemeinsame Fischnamen haben (s. Lachs, auch Prap. (daher noch abhanden eigtl. 'von Münne). Vielleicht liegt Wurzelverwandt- .den Händen') mhd. abe ab Präp. 'herab von, schaft mit Ahle vor wegen der pfriemen von weg, ab' — Adv. 'herab', ahd. aba Präp. förmigen Gestalt des Aals. i 'von weg, von hinab' — Adv. 'herab' got. af Aalraupe F., der Fisch gadus Iota, seit (ab) Präp. 'von herab, von' (auch Adv.), mnl. Calvisius 1610, im 16. Ih. a(a)lrup(p), mhd. af ave, asächs. af 'von', ags. engl. of, anord. af nippe und nitte, die über ahd. *rupta zurück 'von': urverwandt mit aind. Lpa 'von-weg', führen auf lat. nibcta: der Fisch wird mit der gr. dirö, lit. apaCiä 'der untere Teil', tat. ab Kröte verglichen, wie auch in nd. Aalquappe, (für *ap statt *apo). nnl. kwabaal (s. Quappe). Die mittel- und AB - ab als Bezeichnung der Anfangs nrhein. Bez. rufolk, mnd. rufölke, dreht die gründe im Syllabieren (und Buchstabieren): Bestandteile um. Der germ. Name lebt in Becher 1668 Methodus Didactica S. 83b „ein schwäb. treusch, alem. trüsch, Irisch: John Kind das Ab ab lehren"; Stoppe 1729 Ge Loewenthal 1929 Beitr. 53, 436 vermittelt ihn dichte II 136 „das a. b. ab der Wissenschaften über germ. *)>reutskön mit ags. t>reat 'Ge kennen"; Musäus 1782 Märchen II03 „das sehr dränge'. vernünftige moralische a-b-ab"; Goethe 1821 Aar M. Ahd. aro, got. ara, anord. aro führen Weim. Ausg. I 3, 180 „und so wäre manches auf germ. *aran, ahd. mhd. arn, mnd. arn(e), Wunder »vie AB, Ab auszusprechen". amt, mnl. arent, ags. eam, mengt. em(e), Abbild N. vereinzelt im 17.Ih.; wird be anord. yrn auf einen u-Stamm *am-u, der kannter durch Haller 1730 (Ode „Doris" B. 14), aus flektierten Formen von *aran gefolgert der das Wort gebrauchte und destvegen von ist. Dies ist urverwandt mit gleichbed. aslav. Schönaich im Neolog. Wb. 1754 noch verspottet orilu, lit. er^lis, körn. Breton, er. kymr. eryr, werden konnte. Zeugnisse für das Umsichgreifen wohl auch mit gr. öpvi< 'Bogel', das die des Wortes bieten Withofs Gedichte und K. G. Grundbed. des idg. Worts festhält. Ahd. ist Lessing, Die reiche Frau. Noch Adelung be aro Normalform, daneben tritt im 12. Ih. zeichnet daS Wort als ungewöhnlich. abblitze« Ztw. (meist in den Verbindungen „er adelare 'edler Aar' auf, eine Folge der Falknerei, die die Jagdvögel in edle und unedle einteilt, i ist abgeblitzt", „sie hat ihn abblitzen lassen") Mhd. ar(e) tritt daneben zurück; im 16. Ih.! seit etwa 1840 bezeugt, z. B. Grabbe 1838 ist Aar 'rnilvus', Adler 'aquila'; im 17. Ih. HermannSschl. 128. Das Bild stammt von dem «luge. Etymologisches Wörterbuch.
1*. Ausl.
1
Abc wirlungslos aufblitzenden Schießpulver: „DaS Pulver war nur von der Pfanne abgeblitzt" Tieck 1834 Nov.-Kran- 4, 113. Abe N. seit etwa 1200 allgemein üblich: für mhd. äbece stehen zahlreiche Belege des 13. Zh. zur Verfügung. Dafür spätagf. (11. Jh.) abecede (Anglia VIII 332), welche Be zeichnung im Zusammenhang mit lat. abecedarium 'Gedicht, in dem jeder Vers mit einem neuen Buchstaben des Alphabets beginnt' zu beurteilen ist; entsprechend auch mhd. äbSeede. Auch in alteren nd. Quellen des 15. und 16. Jh. abecede und abecete, aber daneben auch im deutschen Nordwesten verkürzt äbe bes. in der Zusammensetzung ab€bucb (— nnl. AB* boek), woneben in nd. Gebieten wieder ein verkürztes A-Book (Firmenich, Völkerstimmen III 36). Daneben beachte die Nachweise unter Alphabet, Fibel und Namenbuch. Vgl. Walther, Nd. Korrespondenzbl. III 93 und Schlutter Zf. f. d. Worts. 14, 137. A-eschü- M. verdeutlicht seit dem 16. Zh. (ABC-Schützigen Neander 1587 Menschenfpiegel 78b) cjn älteres Schütze im gleichen Sinn. Fibelschütze seit 1755 Neue Erweite rungen zur Erkenntnis 6, 178. Nyström 1915 Schulterminologie 47 u. 198 belegt Abe-Schule um 1700, AbecedariuS seit 1577, Abeceschüler seit 1592. Abele F. 'Pappel'. Zum lat. Adj. albus 'weiß' stellt sich albulus 'weißlich'. AuS dessen VerNeinerungSform *albellus geht afrz. albel, später anbei 'Weißpappel' hervor, dessen vor toniges au beim Übergang in germ. Sprachen zu a erleichtert wird: nml. nnl. abeel, engl. abele, mnd. abele. Heute gilt daS von Voß gebrauchte Wort vom Rhein bis Pommern.^Bgl. Alber. Abend M. Ahd. äband, mnl. fivent weisen auf idg. *cponto. Es ist verwandt mit gr. tiri 'auf', dirtOc 'hinten', 'spül', bedeutet somit zunächst 'der Hintere (spätere) Teil des TagS'. Asächs. äband mit d statt ö erNärt Holthausen 1921 Asächs. Elementarb. § 257 aus gramm. Wechsel. Ags. äsen, engl. eve, anord. aptann usw. sind in ihrer Bildung von Morgen be einflußt, wie auck) ags. äfnung, engl. evening dem Gegenwort moming und umgekehrt nhd. morgendlich dem Adj. abendlich entspricht. Das Got. biegt in andanahti 'Vornacht' und saggqs 'Sinken' aus. Schweiz öbe 'Abend werden' ist aus dem Cubst. abgeleitet, wie arba 'arbeiten' aus erbat. Abendrot N. in der älteren Sprache nur selten bezeugt und erst am Ende des 18. Zh. geläufig, z. B. Schmidt v. Werneuchen 1796 Gedichte S. 253. Alter Abendröte mhd. äbentrcete: 1587 Theatrum diabolorum I C6b „Abendröte,. Morgenschön, Morgenröte bringt
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Aberwitz Wind oder Flut"; Keppler 1604 Bon einem neuen Stern S. 2b „in der klaren Abendröte leuchten". Nachbildungen der schon früher be legten Morgenrot, Morgenröte. Abenteuer N. umgebildet aus mhd. äventiure F. 'Wagnis': dies ein ritterliches Modewort vom Ende des 12. Jh. aus frz. aventure. aber Adv.-Konjunkt. mhd. aber (aver) — abe (ave) Adv.-Konj. 'wieder, abermals; da gegen, aber' ahd. abur avur Adv.-Konj. in bei den Bedeutungen (dazu ahd. avarön 'wieder holen' unter äfern). Vgl. got. afar Präp. 'nach' — Adv. 'nachher', anord. afar 'sehr' in Zusammensetzungen; den sächs. Dialekten fehlt das Wort, wozu aber die Ableitung asächs. abaro, ags. eafora 'Nachkomme' (vgl. got. afar 'nachher') vorhanden ist. Verwandtschaft mit ab und seiner Sippe ist wahrscheinlich; dazu vgl. noch ind. äpara 'der Spätere' — aparfcm Adv. 'später, künftig' — apari 'Zukunft'. aber, über Adj. (oberd.), äfer (fränk.), äper (tirol.) 'von Schnee frei, bloßgelegt', — ags. »beer, äbere 'offenbar'. Dazu mit anderem ersten Glied norw. afberr 'aufge taut' ; zürn zweiten Glied s. bar Adj. 'nackt'. Aberglaube M. im 15. Jh. aufgekommen; Luther bevorzugt Mißglaube vor Aber glaube und Asterglaube (dies auch bei Dürer 1525 Unterweisung der Messung Bl. A lb). Alberus 1540 unterscheidet diffidentia Mißglaub und superstitio Aberglaub. Der Bocab. Opt. Leipzig 1504 hat für euperatitio nur Mißglaub oder Unglaub. Die in Zürich entstandenen Wörterbücher von Frisius und Maaler wie auch oberrhein. Schriftsteller des 16. Jh. kennen zwar Aberglaub, bevor zugen aber ein seltsames Apostützlerei (das den mb. Schriftstellern wie Luther, AlbeniS, auch DafypodiuS ftemd ist); dies ist jedoch schon im 17. Zh. hinter Aberglaube auch iit Oberdeutschland zurückgetreten. Im Nd. be steht biglöve (Chyträus Kap. 132 bygelove). Die landschaftliche Herkunft von Aberglaube ist unNar; das erste Wortelement ist dasselbe wie in mhd. aberlist 'Unklugheif, frühnhd. Abergunst 'Mißgunst', Abername 'Spott name', Aberwille, Aberwandel; s. noch Aberwitz. abermal Adv. erst nhd., für mhd. aber 'wieder, abermal', mit Suffix mal gebildet. Aberraute F. Gr.-lat. abrotanum 'Stabwurz' gelangt früh zu uns und ergibt ahd. avarü^a, frühnhd. abrausch, obd. affrusch M.; s. auch Ebritz. Unverschobenes asächs. abarata, aberüthe, mnd. äverrüte, nnl. averuit gerät unter Einfluß von Raute F. und ergibt ahd. Aberraute. Aberwitz M. nrhd. aberwitze abcwitze 'Un-
Abfütterung verstand'; vgl. mhd. abe 'ab' wie in mhd. abegunst 'Mißgunst' unter Aberglaube. Abfüttermig F. modernes Scherzwort z. B. Kotzebue 1807 Kleine Romane (Des Pfarrers Tochter) I 7. abgebrannt Adj. 'wessen Haus durch Feuers brunst zerstört ist' (z. B. 1587 Theatrum diaboloramII167c „Abgebrante, und die durch Wolckcnbrüche und WasserSnoht schaden gelitten, seyn die gar her ihrer nicht wenig gewesen"); dann int 30jLhr. Krieg in die Soldatensprache über gegangen als 'verarmt' (Moscherosch 1640 S. 314 „Underwegs stiesse uns auff ein gut Gesell, den ich wol kante, der beklagte sich, daß er abgebrant war, da- ist nach der Feldsprach so viel als daß er umb alles kommen und erarmet war, daß er alle- zugesetzt und Verlohren hatte"; vgl. Rotwelsch I 155); schließlich am Ende des 18. Jh. studentisch geworden (Goethe, Dicht, u. Wahrh. 8. Buch S. 169 „er lehnte das Dar lehen ab und gab mit einiger Schalkheit zu ver stehen, daß er nicht so abgebrannt sei, als er auSsehen möchte"). Dgl. Brandbrief. abgefeimt s. Feim. abgeschmackt Adj. (übertr.) gebucht seit Duez 1664; durch das 18. Jh. geläufig; z.B. Köhler 1734 Einleitung zur deutschen Poesie S. 4; frühester Beleg Schottel 1663 Haubtsprache S. 1219 „abgeschmakt und kindisch"; da für ältere Lautform abgeschmack z. B. Grim melshausen 1669 Simplieissimus S. 59. Bielleicht Umformung für mhd. ä-smec 'geschmack los'. Abgott M. mhd. ahd. abgot N. 'Abgott, Götzenbild'; man beachte die Bewahrung des älteren Genus von Gott bis ins Mhd.; vgl. got. afgufrs 'gottlos' (Ggs. zu gagü^a 'fromm'); also Abgott (nnl. afgod) eigtl. 'Mißgott, fal scher Gott', s. Aberwitz. Abgrund M. mhd. abgrunt M. meist abgründe N. - ahd. abgrunti N. 'Abgrund' eigtl. 'herabgehender Grund'; vgl. nnl. afgrond, got. afgrondijia F. 'Abgrund'.
abhanden (kommen) Stieler 1691: wohl eine junge Nachbildung zu älterem vorhanden; im 16/17. Jh. dafür vielfach von Abhänden kommen. Abhang M. erst frühnhd. z. B. Schedel-Mt 1500 Buch d. Chroniken S. 71b, aber erst im 18. Jh. durchgedrungen z. B. Haller 1721 Alpen Str. 35 (noch beanstandet von Schönaich 1754 Neolog. Wb. S. 3); seit Heynatz 1796 ge bucht. Sinnverwandt südwestdeutsch Halde und bair.-ostfränk. Leite; dichterisch seit Klopstock Hang. abhold Adj. seit dem 15. Jh. in Oberdeutschland bezeugt und von Maaler 1561 (auch Frisch 1741) verzeichnet; den älteren mb. Schrift
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abschätzig
stellern wie Luther fremd, ist es erst seit 1750 Literaturwort (noch Heynatz 1775 Handbuch 181 bevorzugt abgeneigt). Abhülfe F. eine Wortbildung vom Beginn des 19. Jh.; feit Campe 1807 gebucht, aber von Stieler 1691 bis auf Adelung nicht ver zeichnet noch belegt. ablaug Adj. im Beginn des 17. Jh. nach lat. oblonguS gebildet und seit Frisch 1741 ge bucht (noch nicht bei Stieler 1691). Belege aus Kepler 1616 gibt Götze 1919 Keplers Deutsch 14. Ablaß M. mhd. äblä^ M. ahd. LbUtz N. 'Ablaß, Erlaß, Bergebung' - got. Mlets M. 'Erlaß, Bergebung' zu afMtan 'erlassen, vcrgeben', ahd. obll^an. Ablaut M. zuerst bei I. P. Zweigel 1568 Formularbuch 3b ; bei Schottelius 1673 Bellum gramm. mehrfach vom ungleichmäßigen Lauf der starken Verba, als herabsetzende Bildung wie Abschaum. Bon I. Grimm 1819 D. Gramm. 1, 10 für den gesetzmäß. Wechsel des Wurzelvokals dieser Verba: Leser 1914 Zs. f. d. Worts. 15, 28; Schoppe 1923 Germ.-rom. Monatsschr. 11, 184. abmergeln s. auSmergeln. abmurksen Ztw. ein durch das 19. Jh. langsam in die Höhe kommendes Wort, das zufrühst um 1800 (in student. Literatirr) bezeugt ist. Literaturbelege fehlen noch im 18. Jh. In den mb. Munbarten mit mannigfaltigen Bebeutungen bezeugt: murksen 'herumarbei ten, herumschneiden, herumpfilschen'. Laut variante schwäb. abmorexeln Kurz 1855 Sonnenwirth 10 abrnurxeln. Verwandt mit nd. murken 'töten*. Abort M. Euphemismus für 'Abtritt' (s^d.) ursprgl. allgemein mnd. afort 'abgelegener Ort'. Synonyma bei Popowitsch 1780 Mund arten 4. Abracadabra M. (z. B. Loß, Idyllen 66) ein bes. auf Amuletten gebrauchtes Zauberwort votl Nekromanten und Quacksalbern des 16. Jh.; bei Thürneysser 1583 Onomast. 181 gebucht und bei Spangenberg 1594 Adelspiegel II36ßb belegt: ein Wort des späten Mittellateins (Ducange), zufrühst bezeugt im 3. Jh. u. Chr. bei Quintus Serenus Sammonieus Kap. 52. abrüsten Ztw. (Abrüstung F.) Verdeut schung für frz. dösarmer, die 1866 üblich ger worden ist (Sanders 1871 Fremdwb. I, XIII), aber früher schon bezeugt in der Bedeutung 'ein Gerüst abbrechen'. Abschach N. in Lessings Nathan II 1; nach Selenus 1616 das Schach, oder Königsspiel 111 'Abzugsschach'; schon mhd. abschäch. Vgl. von Bahder Beitr. 22, 522. abschätzig ein oberd. Adj. (wozu sich im älteren Bair. die gleichgebildeten hoch- und ring-
Abseite
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Achat
schätzig finden); es ist Dialektwort in Bayern,, M. = nnl. abt (mnl. abbet), ags. abbod Schwaben und der Schweiz. In der Schweiz ist (mit auffälligem d) und jünger abbot engl. eS seit dem 16. Jh. bezeugt (z. B. Züricherlabbot 'Abs: mit geänderter Betonung in ahd. Bibel 1648 1. Samuel. 16, 9; Hottinger 1666 j Zeit entlehnt aus spLtlat. abbät-e(m) (N. Sg. Wandersmann; Dentzler 1697 Clav. Ling. Lat.), abbas) 'Abt' = ital. ab&te, frz. abb6, altir. abb Da- von Frisch 1741 und Adelung 1793 noch All. abbaith. Daß bei Entlehnungen aus dem nicht, erst von Campe 1807 verzeichnete Wort Lat. nicht immer die Nominativform zugrunde war im 18. Jh. in Mittel- und Norddeutsch- gelegt wird, londern oft auch die Stammform land unverständlich nach Lessing im 16. Lite-, der obl. Kas., wird unter Kreuz gezeigt; wegen raturbrief; es ist durch Wieland, der es häufiger des in ahd. Zeit entlehnten lirchlichen Wort(z. D. Agathon II 213) gebraucht, literatutfühig I schätze- vgl. u. a. Mönch, Nonne, Papst, und bekannter geworden. «Priester, Propst. Das seit dem 4.JH.im Abseite F. mhd. apeite F. 'überwölbter! Kirchenlatein übliche Wort beruht^äuf spLtgr. Nebenraum in einer Kirche': vollsetymologische > &ßßa, Kauf•ep,- -p (auch westfäl.) als unverschobene Form mannsspr. 7. des Nd. z. B. in Lennep. Das zugrunde Aglei FM., nd. Ak(e)lei. Die Garten liegende *apa ist feit. (= lat. aqua 'Wasser', blume spätlat. aquilegia 'Wassersammlerin' got. atea 'Fluh'). (die Blütenblätter speichern Regenwasser auf) «ffe1 M. mhd. affe ahd. affo M. (dazu im ergibt mit der üblichen Entwicklung von qu Ahd. die Femininbildungen affa affin affinna mnl. acoleic, nnl. akolei, mnb. acoleie unb 'Affin') - anord. api, ags. apa engl. ape ahd. ag(a)leia, mhd. ag(e)leie, frühnhd. ag(e)ley: (daraus entlehnt ir. gäl. apa), asächs. apo 'Affe'. Björkman, Arch. f. n. Spr. 107, 376. Sachliche und sprachliche Gründe sprechen Agraffe F. 'Spange'. Ahd. kräpfo 'Haken' dafür, daß germ. apan- aus altruss. opica, (s. Krapfen) gelangt ins Nordfrz. Bon ihm altböhm. opice, als uraltes Lehnwort auf un gehen wallon. agrafer 'greifen' und afrz. agrapo bekanntem Handelsweg zu den Germanen kam; frz. agraf(f)e aus. Dies wird zurückentlehnt O. Schrader hält für möglich, daß das durch und erscheint zuerst als 'Häcklein an einem Hesychius bezeugte leit, dßpdva (für *äßßdva?) Juwel* bei Amaranthes 1715 Frauenzimmer'Affe' vor der ersten Lautversch. in- Germ, ler. 40. entlehnt ist. Jedenfalls ist es sicher, daß es kein Agstein M. s. Bernstein. Ahle F. mhd. Sie ahd. Lia F. 'Schuster gemeinidg. und auch kein westidg. Wort für Affe gegeben hat; so stammt mnl. simme ahle'. Dazu in gleicher Bedeutung die Ableitung aimminkei 'Affe' (daraus nnl. sim Bcharminkel) ahd. älunsa älansa F. (mit demselben Suffix druch alte Entlehnung aus lat. slmia *simiuncula wie Sense): eigtl. alesna (schweiz. älesne (anl. ♦eimmia aus lat. simia = frz. singe). — alse), woher entlehnt die roman. Sippe von S. auch Munaffe und Schlaraffe. span, alesna, ital. lesina, frz. al£ne 'Ahle'. Vgl. Asse' M. 'Tornister' neuerdings in der ags. ®1 und mit Kurzvokal eal (engl. auf den Soldatensprache, weil der Gaukler den Affen Orkneyinseln alison), anord. alr; nnl. aal eis, dithmarsch. eis 'Ahle'. Verwandt mit aind. LrL auf der Schulter tragt. Affekt M. im Anfang des 16. Jh. auf 'Pfriem, Ahle' und wohl auch mit lit. ^la, leit. tretend und von Simon Roth 1571 und Henisch Nens, preuß. ylo 'Ahle' (falls ein alter Ablaut 1616 verzeichnet: auS lat. affectus (frühe Be ei: i angenommen werden darf). In Tveutschlege: 1526 in der Polit. Kotrespond. von Straß land sind noch Säule und Pfriem als Syn burg I 263; Seb. Francks Übersetzung von onyma zu vergleichen (auch Ort, österreich. Schusterörtel). Von älteren Lexikographen Erasmus' Lob der Thorheit 100b). kennen Frisius 1541, Erasm. AlberuS 1540 Affolter M. 'Apfelbarrm' unter Apfel. After M. mhd. after ahd. aftaro M. 'Podex' und Maaler 1561 Ahle nicht. Ahn M. mhd. ane (umgelautete Nebenform eifltl. 'der Hintere' zu mhd. after ahd. aftar Adj. 'hinter, nachfolgend'; dazu got. aftana yne) ahd. ano M. 'Großvater*; dazu diminutiv 'von hinten', ags. ®fter engl. after 'nach' (ndd. alem. Ähni M. 'Großvater' und nnl. aanheer nnl. achter), got. aftra 'zurück, wiederum'. Ver- 'Ahnherr'. Ferner Ahne F. mhd. ane ahd. ana »vandtschaft mit got. afar 'hinter' und der unter F. 'Großmutter'. Die Sippe ist spezifisch deutsa-', aber behandelten Sippe steht fest. — After- den übrigen germ. Dialekten fremd (doch vgl. iii Zusammensetzungen eigtl. 'nach', woraus der anord. Ali =3 ags. Onela und got. Anila als Begriff des 'Unechten, Schlechten'; vgl. mhd. Eigennamen); vgl. auch die zugehörige eigtl. Außerhalb des afterspräche 'Nachrede, Afterrede' — after- diminutive Bildung Enkel. wort 'Verleumdung'; die altere Bedeutung Germ, stellen sich als urverwandt hinzu lat. 'nach, hinter' bewahren nhd. Aftermiete, anus 'alte Frau', altpreuß. ane 'Großmutter', -muse, -rede. Beachte noch Afterdarm lit. anyta 'Schwiegermutter', wohl arrch gr. über die BeGryphius, Horribil. Vorrede S. 6; schwab. (Hesych) dwiq 'Großmutter*,
ahnden
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deutung von Ahn s. Großmutter. Die Bedeutung 'Vorfahren' wird für Ahnen zu erst im Nd. (z. B. in Pommern) bezeugt (Be lege: Gröben 1694 Orient. Reisebeschr. 10. 34; WeichmannS*Poesie der Niedersachsen 1725 I 17. 246; H 62. 192; IV 367) und wird um 1750 schriftsprachlich. ahnden* Ztw. 'strafen' mhd. anden ahd. antön anadön 'strafen, rügen' zu ahd. ante anado M. 'widerfahrene Kränkung, verbitterte- Gefühl darüber, Zorn'; entsprechend asächs. ando 'Auf geregtheit, Zorn', ags. anda oneöa 'Eifer, Ärger, Haß', wozu andian 'eifersüchtig sein'. Da zu bewahrt da- Got. die zugrunde liegende Wz. an 'hauchen, atmen, schnauben' in us-anan 'sterben'; vgl. anord. ande (daraus schott. aynd) 'Atem, Geist' —