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German Pages 915 [920] Year 1957
Friedrich Kluge / Etymologisches W ö r t e r b u c h
FRIEDRICH
KLUGE
ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN SPRACHE 11.—16. Auflage bearbeitet von A L F R E D
GÖTZE
17. Auflage unter Mithilfe von A L F R E D
SCHIRMER
bearbeitet von
WALTHER
MITZKA
B E R L I N 1957
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. / B E R L I N W 35 vormala G. J . Göschen'sche Verlagehandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer Karl J . Trübner — Veit & Comp.
Erste Auflage und zweite Auflage 1883, dritte unveränderte Auflage 1884; vierte verbesserte Auflage 1889, f ü n f t e verbesserte Auflage 1894, sechste verbesserte und vermehrte Auflage 1899, davon zweiter Abdruck 1905; siebente verbesserte und vermehrte Auflage 1910 (seitdem Mitarbeit von A. Götze); achte verbesserte und vermehrte Auflage 1915; neunte durchgesehene Auflage 1921; zehnte vermehrte und verbesserte Auflage 1924; elfte Auflage, mit Unterstützung von Wolfgang Krause bearbeitet von Alfred Götze 1933, unverändert bis 14. Auflage 1948; Friedrich Kluge/Alfred Götze, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, fünfzehnte Auflage 1951 [unter Mithilfe von Hans Krähe besorgt von Alfred Schirmer]; sechzehnte Auflage 1953, unveränderter Abdruck.
Archiv-Nr. 450857 — Printed in Germany — Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Übersetzung, der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, auch auszugsweise, vorbehalten. — Satz: Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35 — Druck: Thormann & Goetsch, Berlin-Neukölln
VORWORT Nach dem Abschluß des vorliegenden Buches ist es mir eine angenehme Pflicht, meinen Dank allen denjenigen zu sagen, welche sein Entstehen ermöglicht oder es beim Werden mit fördernder Teilnahme begleitet haben. Diesen Satz stellte Friedrich Kluge an den Anfang der ersten Auflage 1883 und stellen wir selber mit dem Blick auf jenen ersten kühnen Wurf eines etymologischen knappen Handbuchs und die ausbauende Leistung des besten Kenners des frühneuhochdeutschen Wortschatzes Alfred Götze. Der Strom der Etymologieforschung wirbelt noch immer heftig dahin. Es gilt hier das Schiff zu alten Zielen und neuen Ufern der Wortgeschichte in manchmal wildtobenden Gewässern einigermaßen handbuchsicher zu steuern. Der Kurs war von Kluge in der fünften Auflage 1894 über die Urverwandtschaft zu jener eingeschlagen. Die Forschung ging vom gedruckten Buchstaben weiter ins Freilicht der Volkssprache. Die 17. Auflage gibt einige Stichwörter auf, wie fremde Wörter für fremdgebliebene Sachen, z. B.: Feluke, Kumyß, Pilaw, Samum, oder solche Mundartwörter engster Geltung wie Sente, auch für solche aus der Synomymik von Tier- und Pflanzennamen ( K a l i t t e , Aberraute), wo die heutige Wortgeographie Tausende anderer nennen müßte. Wir begnügen uns mit wenigen großräumigen. Aufgenommen sind aber: Anemone, Apparat, Atom, Barras, Bereich, Brennnessel, Fuge1, Glühwürmchen, Kopfschmerz, Miniatur, Model, Modell, Moll, Mumm, Ohrwurm, Patin, Pflugwende, Poker, Rauhreif, röntgen, Salpeter, Streichholz, Stricknadel, Strophe, Torso, überseeisch, Unfug, veredeln, Virus, wiederkäuen, Zahnschmerz u. a. Mit besonderer Neigung sind im urgeschichtlichen Bereich das Hethitische und das Tocharische, jene großartigen Entdeckungen unserer jungen Jahre, herangezogen für kulturgeschichtlich so wichtige Stichwörter wie u. a. drei, du, dunkel, Ehre, ewig, Futter, kurz, säen, Schmerz, schwören, sehr, Speer, Speiche, sprechen, tapfer, tausend, Virus, Wesen, zehn. Gern ist neuer Lehre Raum gegeben, z. B. für K i p f e l , kirre, lind, Tochter; statt Konsonantendopplung vor n nehmen wir oft lieber Intensivierung an: u. a. Dreck, locken, schnell, spannen. Neugefaßt sind u. a. ähnlich, ausmerzen, ganz, Glufe, Gör, Hebamme, Heuschrecke, impfen, Kater, Lurche. Ergänzt oder berichtigt ist manches Stichwort, so aus eigener Kenntnis der Sache draußen Aalraupe, Alant, Bleiz, Einbaum, Tuckerkahn. Unter leidigem Raumzwang stehen die Zusätze aus Sprachatlas und Wortatlas. Das Hochziel bleibt die Bedeutungsgeschichte, sie wird aus mancher neuen Erkenntnis an Etymologie gefördert. Aber dabei bleibt in diesem Handbuch
die Zucht der Kernbedeutung im eigentlichen und im übertragenen Sinne. Nicht darf man ihm die sowieso nie zu erschöpfenden Nebenbedeutungen abfordern. Für die freundlichen Helfer und Kritiker habe ich den Satz des Anfanges wiederholt. Alfred Schirmer hat wiederum in der Zeit seit der letzten Auflage den Ertrag des Briefwechsels, der Rezensionen und der Fortsetzungswerke mit bewährtem Feingefühl verbucht. H.-F. Weimann hat aus seinen Paracelsusstudien manches erste Vorkommen (z.H. Chemie, Nerv, Wismut) weiter heraufgerückt. Die Stoffvermehrung von mehreren Bogen ist vor allem durch den Übergang zur Antiqua im bisherigen Umfang des Buches aufgefangen worden. Marburg
Walther Mitzka
Abkürzungen agerm. alt= Abstr. Abstraktum Ggs. = gleichbed Adjektiv Adj. = Adverb got. Adv. aglfrz. anglofranzösisch gr= ags. angelsächsisch Grdf. = altirisch hd. air. = Akk. Akkusativ hebr. = alb. albanisch hethit. = alem. alemannisch holl. = anfränk. = altniederfränkisch idg. anglonorm. == angloImp. normannisch ind. Aor. Aorist indekl. = arab. arabisch Inf. = aram. aramäisch Instr. = armen. armenisch Interj. = Attribut(iv) Attr. intr. = ion. awest. awestisch = bair. bairisch ir. = baltisch balt. isl. = (lit.,lett.,apreuß.) ital. bask. jüd. baskisch = Bed. Bedeutung Kaus. = bret. bretonisch kelt. = chald. chaldäisch klass. = dän. dänisch Kollekt. = Dat. Dativ Kompar. = dt. = deutsch Konj. dialektisch dial. = Konjunkt dor. dorisch Kons. = korn. eis. elsässisch = engl. englisch krimgot. = europäisch europ. kymr. = feminin langob. = /• fär. färöisch lapp. = finn. finnisch lat. = flekt. flektiert lett. = fränk. fränkisch lit. = Frequent. = Frequentativ lomb. fries. friesisch m= frz. französisch m. = gälisch gäl. Ma. = gall. magy. gallisch = gallorom. = galloromanisch mal. Gen. Genitiv Mz. =
= = = = = = = =
= = =
= = = = = = = =
=
= = = = = = = = = = --
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= =
germanisch Gegensatz gleichbedeutend gotisch griechisch Grundform hochdeutsch hebräisch hethi tisch holländisch indogermanisch Imperativ indisch indeklinabel Infinitiv Instrumentalis Interjektion intransitiv ionisch irisch isländisch italienisch jüdisch Kausativ keltisch klassisch Kollektivum Komparativ Konjugation Konjunktion Konsonant kornisch krimgotisch kymrisch langobardisch lappisch lateinisch lettisch litauisch lombardisch mittelmaskulin Mundart magyarisch malaiisch Mehrzahl
n= n. = nd. = nfrz. = ngr. = nhd. = nl. = nnd. = nnl. = nnord. = Nom. = nord. = norw. = 0= obd. = obl. = osk. = osset. = ostasiat. = ostgerm. = Part. = Perf. = pers. = piem. = Plur. = Plur. tant. = poln. = portug. = Pos. = Präd. = Präf. = Präp. = Präs. = Prät. = Prät.-Präs Pron. = prov. = rät. = rätorom. = Redupi. = refl. = röm. = roman. = rotw. = russ. = schott. =
neu-, niederNeutrum niederdeutsch neufranzösisch neugriechisch neuhochdeutsch niederländisch neuniederdeutsch neuniederländisch neunordisch Nominativ nordisch norwegisch ostoberdeutsch obliquus oskisch ossetisch ostasiatisch ostgermanisch Partizip Perfekt persisch piemontesisch Plural Pluraletantum polnisch portugiesisch Positiv Prädikat(iv) Präfix Präposition Präsens Präteritum Präterito - Präsens Pronomen provenzalisch rätisch rätoromanisch Reduplikation reflexiv römisch romanisch rotwelsch russisch schottisch
schw. = schwach flektierend schwäb. = schwäbisch schwed. = schwedisch sem. = semitisch = serbisch serb. = Singular Sgskyth. = skythisch slaw. = slawisch slow. = slowenisch span. = spanisch = stark flektierend st. = Stamm St. Subst. = Substantiv Suff. = Suffix Superl. = Superlativ thrak. = thrakisch
toch. trans. tschech. ugr. umbr. urgerm. uridg. ved. venet. venez. Verbaladj Verbalwz. Vergr. Verkl. Vok. vorahd.
VIII
= = = = = = = = = = = = = =
= =
-
tocharisch transitiv tschechisch ugrisch umbrisch urgermanisch urindogermanisch vedisch venetisch venezianisch Verbaladjektiv Verbalwurzel Vergrößerung Verkleinerung Vokativ voraltho chdeuts ch
Weitere Abkürzungen im Text
vorgerm. = vorgermanisch vulg. = vulgär w= westwal. = walisisch westgerm. = westgermanisch westidg. = westindogermanisch westsächs. = westsächsisch (Teil des Ags.) = Wörterbuch Wb. = Wurzel Wz. Zs. = Zeitschrift Ztw. = Zeitwort * = erschlossene Form = entstanden aus < = geworden zu >
Lautzeichen "
.
über Vokal =
Länge,
über Vokal =
Kürze,
über Vokal =
Betonung.
(h
„ c
f) haben silbischen Wert von l, m, n, r.
unter i und u = unter Vokal =
Halbvokal.
offene Aussprache, in slav. und balt. Wörtern =
Nasalierung.
und " über Konsonanten bezeichnen die Stellung am Vordergaumen (Palatalisierung). e
=
kurzes, geschlossenes e.
e
—
kurzes, offenes e.
9
=
ce —
schwach gesprochenes e (wie in Lage), ä, ce langes ä (mhd. nur als ce, also ohne ~ üblich),
ce und nord. 0 =
langes ö.
6
=
c
—
tsch.
d
—
stimmhafter Zahnreibelaut (wie in engl. that).
stimmhafter Lippen-Reibelaut (zwischen b und w).
p =
stimmloser Zahnreibelaut (wie in engl. (hing).
g
stimmhafter Reibelaut des Hintergaumens (wie in Umgangssprache
=
Wagen),
h bedeutet gotisches gleichzeitig gesprochenes hw. 1
=
vokalisiertes l.
2
=
mhd. Zeichen für das nhd. ß ( = stimmloses s).
s
bedeutet stimmloses, $ stimmhaftes sch.
^ bedeutet den Ich-Laut, x den Ach-Laut. ii bedeutet den Nasal des Hintergaumens (wie gesprochenes n in
lang).
Got. ai wird als kurzes ä, got. aü als kurzes o, got. ei als i, got. gg =
?ig, gk = tjfc gesprochen.
Dazu kommen besondere Zeichen fremder Sprachen wie hethit., aind., gr., lett., lit. (z. B. ' = Stoßton, ~ = Schleifton, ' = betonte Kürze).
Hilfsmittel A d e l u n g , Johann Christoph: Versuch eines vollständigen grammatisch-kritischen Wörterbuchs der Hochdeutschen Mundart. 1—5. Leipzig 1774—86. : Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. 1—4. Leipzig 1793 bis 1801. A h d . Wb. (s. F r i n g s / K a r g - G a s t e r s t ä d t ) . A l b e r u s , Erasmus: Novum dictionarii genus. Frankfurt a. M. 1540. A m a r a n t h e s (d.i. Gottlieb Siegmund C o r v i n u s ) : Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig 1715. A n g e r s t e i n , Johann Karl: Kurze Anweisung, die gemeinsten Schreib- und Sprachfehler im Deutschen zu vermeiden. 1. 2. Stendal 1791—93. A p i n u s , Sigmund Jacob: Glossarium novum ad aevi hujus slatum adornaium. Nürnberg 1728. A v é - L a l l e m a n t , Friedrich Christian Benedict: Das deutsche Gaunerthum. 1—4. Leipzig 1856 bis 1862. B a h d e r , Karl von: Zur Wortwahl in der frühneuhochdeutschen Schriftsprache. Heidelberg 1925. B a r t h o l o m a e , Christian: Altiranisches Wörterbuch. Straßburg 1904. B a u e r , Karl: Waldeckisches Wörterbuch hg. von Hermann C o l l i t z . Norden und Leipzig 1902. B e h a g h e l , Otto: Deutsche Syntax. 1—4. Heidelberg 1923—32. B e i t r . = Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Halle 1874ff. B e l e m n o n : Curiöses Bauern-Lexicon, Worinnen die meisten in unserer Teutschen Sprache vorkommende fremde Wörter erkläret. Freystatt 1728. B e n e c k e , Georg Friedrich: Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Ausgearbeitet von Wilhelm M ü l l e r und Friedrich Z a r n c k e . Bd. 1. 2, 1. 2. 3. Leipzig 1854—61. B e r n e k e r , Erich: Slawisches etymologisches Wörterbuch. Heidelberg 1908ff. B e r t h o l d , Luise: Hessen-nassauisches Volkswörterbuch. Marburg 1927ff. B e y s c h l a g , Daniel Eberhard: Sammlung ausländischer Wörter. Augsburg 1774. B l o c h , Oscar, und W. v. W a r t b u r g : Dictionnaire étymologique de la langue française. 1. 2. Paris 1932, 2. Auflage 1950. Bois a c q , Emile: Dictionnaire étymologique de la langue grecque. Heidelberg 1916; 4. Auflage 1950. B r a u n , Heinrich: Deutsches orthographisch-grammatisches Wörterbuch. München 1793. B r e m . Wb. = Versuch eines bremisch-niedersächsischen Wörterbuchs. Herausgegeben von der bremischen deutschen Gesellschaft. 1—6. Bremen 1767—1771 und 1869. B r ü c k m a n n , Franz Ernst: Catalogus exhihens adpellationes omnium potus generum. Helmstädfc 1722. B u c h r u c k e r , Bruno: Wörterbuch der Elberfelder Mundart. Elberfeld 1910. B ü c h m a n n , Georg: Geflügelte Worte. 25. Auflage. Berlin 1912. C a m p e , Joachim Heinrich: Proben einiger Versuche von deutscher Sprachbereicherung. Braunschweig 1791. : Zweiter Versuch deutscher Sprachbereicherung oder neue, stark vermehrte Auflage des ersten. Braunschweig 1792. : Dritter Versuch über die Reinigung und Bereicherung der deutschen Sprache (Preisschrift). Braunschweig 1794. Nachtrag dazu das. 1795. — — —: Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke. Braunschweig 1801. : Dasselbe. Neue Ausgabe. Braunschweig 1813. : Wörterbuch der Deutschen Sprache. 1—5. Braunschweig 1807—1811. C r e c e l i u s , Wilhelm: Oberhessisches Wörterbuch. 1—2. Darmstadt 1897—99.
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A -a, -ach in Bach- und Flußnamen, nach denen •wieder Orte heißen können, gehen auf altdt. aha 'fließendes Wasser' zurück, vgl. Au. h hat den im Mhd. gültigen Lautwert noch heute am Südrand des Obd., aber jene Namen sind in der Weise fest geworden, daß h vom Md. an nach Norden geschwunden ist: Fulda, Werra gegen Eisenach, Urach, Salzach, ötztaler Ache u . a . m . ; auch selbständig: württembg. bayer. Ache; doch hat die Schweiz den Flußnamen Aa (so auch Westfalen); vgl. anord. ä 'Fluß'. Andrer Herkunft sind rheinische Namen wie Andernach, da liegt ein aus kelt. -äco 'zugehörig zu' romanisiertes Suffix voraus. Aal m. Ahd. asächs. äl, ags. sei, engl, eel, nnl. aal, anord. all führen auf germ. *ela-. Außergerm. Verwandte fehlen. Wegen der Gestalt des Aales kann A h l e (s. d.) wurzelverwandt sein. Aalquappe /., der Fisch Lola vulgaris, gewöhnlich nhd. Q u a p p e (s.d.) genannt. Der Name A a l r a u p e ist seit Calvisius 1610, im 16. Jh. a(a)lrup(p), mhd. nippe und rutle bezeugt, die über ahd. *rupta zurückführen auf lat. rubeta. Ein germ. Name lebt in schwäb. treusch, alem. trusch, Irisch: John Loewenthal 1929 Beitr. 63, 436 leitet ihn von germ. *preutskön, ags. preat 'Gedränge' ab: liegt unter Steinen oder in Löchern (B. Benecke, Fische, F i s c h e r e i . . . in Ost- u. Westpreußen 1887, 89). Aar m. Ahd. aro, am, got. ara, anord. are, prn, führen auf germ. *aran, ahd. mhd. am, mnd. arn(e), amt, mnl. aren(t), ags. eam, niengl. ern(e), anord. prn auf einen u-Stamm *arn-u, der aus flektierten Formen von *aran gefolgert ist. Dies ist urverwandt mit gleichbed. aslav. orilü, lit. erli, korn. breton. er, kymr. eryr, wohl auch mit gr. örnis 'Vogel', das die Grundbed. des alten Wortes festhält. Ahd. ist aro Normalform, daneben tritt im 12. Jh. adelare 'edler Aar' auf, ein Wort der Falknerei, die die Jagdvögel in edle und unedle einteilt. Mhd. ar(e) tritt daneben zurück; im 16. Jh. ist A a r 'Weih', A d l e r 'aquila'; im 17. Jh. stirbt A a r außer in Zus.Setzungen wie F i s c h a a r aus. Es wird seitdem nur in poetischer Sprache verwendet, so von Gleim 1766, Goeckingk 1781. Suolahti 1909 Vogelnamen 34öff.; Kluge 1912 Wortf. und Wortgesch. 83 ff. K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 17. Aufl.
Aas n. mhd. ahd. asächs. äs n. = ags. ¿es 'Aas': Ableitung zu e s s e n ; germ. *esa- wie lat. esus 'gegessen' aus *ed-som, dazu lit. fdesis 'Fraß'. In der ursprgl. Bedeutung hat Gryphius 1639 Sonntagssonette 26, 9 H i m m e l s a a s 'Himmelsspeise'. S. A s e r und ä s e n . ab Adv., frühnhd. (jetzt Schweiz, schwäb., dazu schriftdt.) auch Präp. (daher a b h a n d e n eigtl. 'von den Händen') mhd. abe, ab Präp.'herab von, von weg, ab' — Adv. 'herab', ahd. aba Präp. 'von weg, von hinab' — Adv. 'herab' = got. af (ab) Präp. 'von herab, von' (auch Adv.), mnl. a f , ave, asächs. af 'von', ags. engl, o/, anord. af 'von': urverwandt mit aind. dpa 'weg, fort, ab', gr. apd, lit. apaliä 'der untere Teil', lat. ab (für *ap statt *apo). — Vgl. a b e r 1 . Abbild n. vereinzelt im 17. J h . ; wird bekannter durch Haller 1730 (Ode „Doris" V. 14), der das Wort gebrauchte und deswegen von Schönaich im Neolog. Wb. 1764 noch verspottet werden konnte. Zeugnisse für das Umsichgreifen des Wortes bieten Withofs Gedichte und K. G. Lessing, Die reiche Frau. Noch Adelung bezeichnet das Wort als ungewöhnlich. abblitzen Ztw. (meist in den Verbindungen „er ist abgeblitzt", „sie hat ihn abblitzen lassen") seit etwa 1840 bezeugt, z.B. Grabbe 1838 Hermannsschl. 128. Das Bild stammt von dem wirkungslos aufblitzenden Schießpulver: „Das Pulver war nur von der Pfanne abgeblitzt" Tieck 1834 Nov.-Kranz 4, 113. Abc n. seit etwa 1200 allgemein üblich: für mhd. äbece stehen zahlreiche Belege des 13. Jh. zur Verfügung. Dafür spätags. (11. Jh.) abecede (Anglia VIII 332), was im Zusammenhang mit lat. dbecedarium 'Gedicht, in dem jeder Vers mit einem neuen Buchstaben des Alphabets beginnt' zu beurteilen ist; entsprech. auch mhd. abecede. Auch in älteren nd. Quellen des 16. und 16. J h . abecede und abecete, aber daneben auch im deutschen Nordwesten verkürzt äbe bes. in der Zusammensetzung abebuch ( = nnl. AB-boek), woneben in nd. Gebieten wieder ein verkürztes ABook (Firmenich, Völkerstimmen III 36). Daneben beachte die Nachweise unter A l p h a b e t , F i b e l und N a m e n b u c h . Abc-Schfitz(e) m. verdeutlicht seit dem 16. Jh. ( A B C - S c h ü t z i g e n : Neander 1687 Menschen1
Abele
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2
Spiegel 78 b ) ein älteres S c h ü t z e (s.d.) im gleichen Sinn. F i b e l s c h ü t z e seit 1755. Neue Erweiterungen zur Erkenntnis 6, 178. Nyström 1915 Schulterminologie 47 u. 198 belegt A b c S c h u l e um 1700, A b e c e d a r i u s seit 1577, A b e c e s c h ü l e r seit 1592. Abele /. 'Pappel* (s. d.). Zum lat. Adj. albus 'weiß' stellt sich albulus 'weißlich'. Aus dessen Verkleinerungsform *albellus geht afrz. albel, später aubel 'Weißpappel' hervor, dessen vortoniges au beim Übergang in germ. Sprachen zu a gekürzt wird: mnl. nnl. abeel, engl, abele, m n d . abele. Heute gilt das von Voß gebrauchte Wort vom Rhein bis Pommern. Vgl. A l b e r . Abend m. Ahd. äband, as. äband, mnl. avo, avenl weisen auf idg. *eponto. Es ist verwandt mit gr. epi 'auf', epilhe (im8e) 'spät', 'hinten', opse bedeutet somit zunächst 'der hintere (spätere) Teil des Tags'. Asächs. äband mit d s t a t t d erklärt Holthausen 1921 Asächs. Elementarb. § 257 aus gramm. Wechsel. Ags. liefen, engl, eve, afries. evend, anord. aptann usw. sind in ihrer Bildung von M o r g e n beeinflußt, wie auch ags. eefnung, engl, evening dem Partnerwort moming und umgekehrt nhd. m o r g e n d l i c h dem Adj. a b e n d l i c h entspricht. Das Got. weicht in andanahti 'Vornacht' und saggqs 'Sinken' ab. Schweiz, ob» 'Abend werden' ist aus dem Subst. abgeleitet, wie arb» 'arbeiten' aus arbat. Abendrot n . ahd. abintröto schw. m., mhd. äbentnt st.m.n. Die j-Ableitung A b e n d r ö t e geht auf mhd. äbentro-te, nhd. 1587 Theatrum diabolorum I 6Gb „Abendröte, Morgenschön, Morgenröte bringt Wind oder F l u t " ; Keppler 1004 Von einem neuen Stern S. 2 b ,,in der klaren Abendröte leuchten"; mnd. aventröde. Vgl. Morgenrot, Morgenröte. Abenteuer n. unigebildet aus mhd. äventiure f . 'Wagnis': dies ein ritterliches Modewort vom Ende des 12. J h . aus frz. aventure. aber Adv.-Konjunkt. mhd. aber (aver) — abe (ave) Adv.-Konj. 'wieder, abermals; dagegen, aber', ahd. abur, avar Adv.-Konj. in beiden Bedeutungen (dazu ahd. acarön 'wiederholen' unter ä f e m ) . Vgl. got. afar Präp. 'nach' — Adv. 'nachher', anord. afar 'sehr' in Zusammensetzungen; den nsächs. Dialekten fehlte das Wort, wozu aber die Ableitung asächs. abaro, ags. eafora 'Nachkomme' (vgl. got. afar 'nachher') vorhanden ist. Verwandtschaft mit a b und seiner Sippe ist wahrscheinlich; dazu vgl. noch ind. äpara 'der Spätere', apardm Adv. 'später, künftig', aparl 'Zukunft'. Aberglaube m. im 15. J h . aufgekommen; Luther bevorzugt M i ß g l a u b e vor A b e r g l a u b e und A f t e r g l a u b e (dies auch bei Dürer 1525 Unterweisung der Messung Bl. A l b ) . Alberus 1540 unterscheidet diffideniia M i ß g l a u b und
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Abgott
superstitio A b e r g l a u b . Der Vocab. Opt. Leipzig 1504 h a t für superstüio nur M i ß g l a u b oder U n g l a u b . Die in Zürich entstandenen Wörterbücher von Frisius und Maaler wie auch oberrhein. Schriftsteller des 16. J h . kennen zwar A b e r g l a u b , bevorzugen aber ein seltsames A p o s t ü t z l e r e i (das den md. Schriftstellern wie Luther, Alberus, auch Dasypodius fremd ist); dies ist jedoch schon im 17. J h . hinter A b e r g l a u b e auch in Oberdeutschland zurückgetreten. Im Nd. besteht biglOve (Chyträus Kap. 132 bygelove). Die landschaftliche Herkunft von A b e r g l a u b e ist unklar; das erste Wortelement ist dasselbe wie in mhd. aberlist 'Unklugheit', frühnhd. A b e r g u n s t 'Mißgunst', Abername 'Spottname', A b e r w i l l e , A b e r w a n d e l ; s . n o c h Aberwitz. abermal Adv. erst nhd., für mhd. aber 'wieder, abermal', mit Suffix mal gebildet. Aberwitz m. mhd. abervitze, abewitze 'Unvers t a n d ' ; vgl. mhd. abe ' a b ' wie in mhd. abegunsi 'Mißgunst' und A b e r g l a u b e . Abfütterung f . modernes Scherzwort z. B. Kotzebue 1807 Kleine Romane (Des Pfarrers Tochter) I 7. Kirsch bucht 1718 a b f ü t t e r n 'pdbulum praebere'. abgebrannt Adj. 'wessen Haus durch Feuersbrunst zerstört ist' (z. B. 1587 Theatrum diabolorum II 167° „Abgebrante, und die durch Wolckenbrüche und Wassersnoht schaden gelitten, seyn die Jar her jhrer nicht wenig gewesen"); im 30jähr. Krieg in die Soldatensprache übergegangen als ' v e r a r m t ' : Moscherosch 1640 S. 314 „Underwegs stiesse uns auff ein gut Gesell, den ich wol kante, der beklagte sich, daß er abgebrant war, das ist nach der Feldsprach so viel als daß er u m b alles kommen und erarmet war, daß er alles zugesetzt und verlohren h a t t e " ; a m Ende des 18. J h . studentisch geworden (Zs.f.dt. Wortf. 12, 272) und von da gelegentlich literarisch: Goethe 1812 Jub.-Ausg. 23, 127 „ D a er es (das Geld) ablehnen wollte und mit einiger Schal kheit zu verstehen gab, daß er nicht so abgebrannt sei, als es aussehen möchte". Vgl. Brandbrief. abgefeimt s. F e i m . abgeschmackt Adj. (übertr.) gebucht seit Duez 1664; durch das 18. J h . geläufig; z.B. Köhler 1734 Einleitung zur deutschen Poesie S. 4; frühester Beleg Schottel lGfi3 Haubtsprache S. 1219 „abgeschmakt und kindisch"; dafür ältere Lautform a b g e s c h m a c k z.B. Grimmelshausen 1669 Simplicissimus S. 59. Vielleicht Umformung für mhd. ä-smec 'geschmacklos'. Abgott m. 'falscher Gott; etwas wie Gott Verehrtes', mhd. da% abgot, diu abgot neben der abgot, die abgote, -goler, ahd. abgot n. m. (Mz. abyot, -a, -i, -ir, entsprechend dem bed.-verwandten
Abgrund
Absage
W i c h t ) , asächs. mnl. nnl. afgod, mnd. afgol, afries. ofgod m.: eine erst christliche Bildung, denn für den Heiden gab es keine Abgötter. Wohl als Missionswort dem got. Adj. afgups 'gottlos, frevlerisch, ruchlos* entlehnt, das im Gegensatz zu gagups 'fromm' steht und zur Wiedergabe des gr. asebes 'gottlos' gebildet war. Ihm entsprechen die unabhängigen Bildungen westfläm. afgod, norw. mundartl. avgud 'gottloser Mensch': E . Karg-Gasterstädt 1944 Beitr. 67, 420 ff.
vokals dieser Verba: Leser 1914 Zs. f. d. Wortf. 15, 28; Schoppe 1923 Germ.-rom. Monatsschr. 11, 184. Ableben n., aus mhd. abelïbe. abmarachen schw. Ztw., meist s i c h a. 'sich abquälen', westfäl. sik afmarakeln, altmärk. sik (af)marach'n. 1812 begegnet rotw. a b r a c h m e n e n 'anstrengen, ängstigen' (F. Kluge 1901 Rotw. 294), das auf hebr. aram. ragam 'steinigen' beruht. Dessen Part, meragem ergab marachen: E . Weißbrodt 1939 Zs. f. dt. Phil. 64, 308. Der Begriff des Steinigens ist erweitert zu dem des Quälens. Mit anderer Erweiterung bedeutet schwäb. »narixlen 'töten': H. Fischer, Schwäb. Wb. 4 (1914) 1476. Vgl. a b m u r k s e n , abmergeln s. a u s m e r g e l n , abmurksen schw. Ztw. "(heimlich) umbringen' dringt aus leichter Umgangssprache des 19. J h . vereinzelt ins nhd. Schrifttum. Zuerst um 1800 im Student. Kreis, damit jünger als westobd. morixlen, das 1727 bei Basel auftaucht in dem offenbar studentensprachl. Sprichwort Ut vixit, iia morixit: Scherzbildung für mortuus est: A. Debrunner 1927 Idg. Forsch. 44, 150. An der Umdeutung von 'sterben' zu 'töten' mag a b m u r k s e n beteiligt gewesen sein. In md. Mundarten ist m u r k s e n 'herumarbeiten, -schneiden, -pfuschen', älter nd. m u r k e n 'töten', mnd. morken 'zerdrücken', ags. murc 'drückend' (vom Hunger), murc(n)ian 'sich grämen'.
Abgrund m. ahd. abgrunt st. m., mhd. abgrunt, mnd. afgrunt (daraus entlehnt dän. schwed. afgrund), mnl. afgront, nnl. afgrond rrt.; älter mhd. abgründe n., ahd. abgrunli, asächs. afgrundi, anfr. afgrundi, mnl. afgronde, ags. œfgrynde aus westgerm. *afgrundian. 'Stelle, an der der Grund abstürzt'. Abweichend gebildet ist das gleichbed. got. afgrundi pa f. abhanden Adv., nd. afhenden, mhd. abe banden, ahd. aha hantum, anord. af hpndum zus.-gerückt aus Präp. a b (s. d.) u. dem Dat. Plur. von H a n d in der umlautlosen Form des alten u-Stammes. Grundbed. 'von, aus den Händen', Gegenwörter v o r - , z u h a n d e n . Fügungen wie v o n a. b r i n g e n , s i c h v o n a. m a c h e n , die seit dem 15. J h . auftreten, stammen aus Landschaften, denen die Präp. a b fremd ist. Lebendig ist allein die Verbindung von a. mit k o m m e n geblieben. Abhang m. erst frühnhd. z . B . Schedel-Alt 1500 Buch d. Chroniken S. 71 b , aber erst im 18. J h . durchgedrungen z . B . Haller 1721 Alpen Str. 35 (noch beanstandet von Schönaich 1754 Neolog. Wb. S. 3); seit Heynatz 1796 gebucht. Sinnverwandt südwestdeutsch H a l d e und bair.ostfränk. L e i t e ; dichterisch seit . Klopstock Hang. Abhilfe f. eine Wortbildung vom Beginn des 19. J h . ; seit Campe 1807 gebucht. A. entspricht dem frz. remède, wie das zugehörige a b h e l f e n dem frz. remédier à qe. abhold Adj. seit dem 15. J h . in Oberdeutschland bezeugt und von Maaler 1561 bis Frisch 1741 verzeichnet; den älteren md. Schriftstellern von Luther bis ins 18. J h . fremd, ist es erst seit Wieland, Schiller u. Goethe Literaturwort: Kuhberg 1933 Verschollenes Sprachgut 33. Ablaß m. mhd. ablas m - ahd. abläq n. 'Ablaß, Erlaß, Vergebung', mnl. aflaet, nl. aflaal = got. aflêts m. 'Erlaß, Vergebung' zu aflêtan 'erlassen, vergeben', ahd. oblä^an. — Dazu ahd. auch antläs, heute tirol. antlas. Ablaut m. zuerst bei J . P. Zweigel 1568 Formularbuch 3 b ; bei Schottelius 1673 Bellum gramm. mehrfach vom ungleichmäßigen Lauf der starken Verba, als herabsetzende Bildung wie A b s c h a u m . Von J . G r i m m 1819 Dt. Gramm. 1, 10 für den gesetzmäß. Wechsel des Wurzel-
Abort m. Euphemismus für 'Abtritt' (s. d.) ursprüngl. allgemein mnd. afori 'abgelegener Ort'. Synonyma bei Popowitsch 1780 Mundarten 4. abrackern s. K a c k e r . Abrakadabra m. ( z . B . Voß, Idyllen 66) ein bes. auf Amuletten gebrauchtes Zauberwort von Nekromanten und Quacksalbern des 16. J h . ; bei Thurneysser 1583 Onomast. 181 gebucht und bei Spangenberg 1594 Adelspiegel II 3 6 6 b belegt: ein Wort des späten Mittellateins (Ducange), zufrühst bezeugt im 3. J h . n. Chr. bei Quintus Serenus Sammonicus Kap. 52. abrüsten Ztw. ( A b r ü s t u n g /.) Verdeutschung für frz. désarmer, die 1866 üblich geworden ist (Sanders 1871 Fremdwb. I, X I I I ) , aber früher schon bezeugt in der Bedeutung 'ein Gerüst abbrechen'. Absage /. spätmhd. ahesage 'Aufkündigung der Freundschaft; Fehdebrief': von der Mitte des 16. J h . bis zum Ende des 18. kaum bezeugt. Von Campe, dessen Zeit es nur als 'Lossagung von etw.' kennt, 1807 mit Erfolg als der Erneuerung würdig empfohlen in den Bedeutungen 'Aufkündigung der Freundschaft' und 'Ankündigung feindlicher Handlungen'. Zu a b s a g e n schw. Ztw. 'Gesagtes widerrufen, einem die Freundschaft kündigen, Fehde ansagen'. Das Part, a b l»
abschätzig
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g e s a g t e r F e i n d ' e i n e r d e r s i c h a l s Feind erklärt hat' mit aktivem Sinn wie t r u n k e n , g e l e r n t u. ä.: 0 . Behaghel 1924 Dt. Syntax 2, 397ff. abschätzig Adj. Zu a b s c h ä t z e n "eine Ware für minderwertig erklären' stellt sich (wie g ä n g zu g e h e n , g ä b e zu g e b e n ) das ¿-Adj. a b s c h ä t z e zuerst in Tirol 1410 (Font. rer. Austr. II 34, 465). ä wird bair.zu a (Schmeller 2 2, 492), a b s c h a t z ist als Adj. schwer kenntlich u. wird verdeutlicht durch Zusatz von - i g , zuerst in Graubünden 1431 (Schweiz. Id. 8, 1681). Das in den Ma. des dt. Südwestens bis heute lebendige Adj. wird durch Wieland ins Nhd. eingeführt (z.B. Agathon 2, 213), Lessing weist 1759 im 14. Lit.-Brief darauf hin, Jean Paul folgt 1789 Ausw. a. d. Teufels Papieren 2, 222 der Empfehlung. Seit Campe 1807 gebucht. Im älteren Bair. stehen h o c h - u. r i n g s c h ä t z i g daneben.
4
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Abt
Abstand m., nd. nl. dän. afstand, schwed. afstand. Mhd. abslän, -sten bedeutet 'auf etwas verzichten' und '(von einem Amt) zurücktreten'. In beiden Bedeutungen entspricht A b s t a n d , das im 16. J h . im rechtl. Bereich entspringt. Nur die erste Bed. lebt fort in A b s t a n d n e h m e n v o n e t w a s , die zweite ist abgestorben, ebenso die später entwickelten 'Beiseitetreten', 'Reugeld' und 'Tod*. Eine neue Entwicklung setzt damit ein, daß Phil. Zesen in Mt. Dögens Kriegsbaukunst 1648 A. als Lehnübersetzung für D i s t a n z vorschlägt. Chr. Wolff führt das gute Ersatzwort in die Fachsprache der Mathematik ein, auch im Heer und bei den Turnern hat es sich durchgesetzt. Das Ztw. a b s t e h e n im entspr. Sinn ist gefolgt.
Abstecher m. In nnl. Seemannssprache, aus der wir seit 1681 afsleeken 'mit Hilfe des BootsAbseite/, ahd.aftswia, mhd.apsiT|yös u n d lat. fägus steht. Bauchredner m. seit Adelung 1793 gebucht. B e l e g e : Bretzner 1788 Leben e. Lüderlichen I I I 223; J e a n Paul 1794 Hesperus S. 156, b a u c h r e d n e r i s c h Goethe, F a u s t I I 8227, daneben B a u c h r e d n e r e i Veit Weber 1793 Holzschnitte S. 94. Ältestes Wortzeugnis bei Casp. Franck 1576 Catalogus Hcereticorum S. 471 B a u c h r e d n e r i n 'pythonissa' („geben seltsame Antwort durch unverschämte ö r t e r des Leibs"). B a u c h r e d n e r ist Lehnübersetzung des gleichbed. spätlat. ventriloquus. Bauchschmerzen, Bauchweh s. S c h m e r z , Weh. Baude f . ' H i r t e n h ü t t e auf dem Gebirge', ein Dialektwort des östlichen Mitteldeutschlands, das der Schlesier Steinbach 1734 zuerst verzeichnet, und zwar als ' J a h r m a r k t s b u d e ' mit den Zusammensetzungen G l ü c k s - , H e r i n g s - , Käse-, Kramer-, Kreide-, Krepfel-, S p i e l - , T r i n k b a u d e . Zufrühst u m 1300 in Obersachsen bezeugt: nicht eins mit mhd. buode (s. B u d e ) , sondern jung entlehnt aus tschech. bouda, das (wie poln. buda) auf Entlehnung aus dem D t . beruht. Anders B. Schier, J b . d. Dt. Riesengebirgs-Vereins 1924, 72 ff. bauen Ztw., mhd. büwen, ahd. asächs. büan (schw. Ztw. mit Resten starker Flexion) 'wohnen, bewohnen, bebauen, pflanzen', mnl. nnl. bouwen 'bauen'. Wegen der Bedeutung 'wohnen' vgl. B a u , B a u e r und B u d e . Dem ahd. büan entspricht im Got. bauan, awestnord. büa, aostnord. b5a 'wohnen, bewohnen'. Die Wurzel ist
Bauer
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idg. *bhü, als deren Grundbedeutung nach ind. bhü, gr.cpüco, lat. fui (futurus) usw. 'sein, werden, entstehen, erzeugen' zu gelten hat; zur selben Wurzel stellen sich flg. Nomina, die für die Grundbedeutung der Wurzel wichtig sind: altind. bhümi 'Erde' — bhüti 'Dasein', gr. (püjia 'Gewächs' — cpvcns 'Natur'. Die Lautgeographie von 'bauen' bieten die Karten 64—72 im Dt. Sprachatlas. Bauer1 m. n. dem Obd. fremd (schles. ist G e b a u e r , anderwärts K ä f i g , K o r b , K r ä t z e , Steige), mhd. bür 'Aufenthalt, Käfig der Vögel'. Ahd. bür hat noch die umfassende Bedeutung 'Haus, Kammer', entsprechend anord. ags. bür 'Kammer, Hütte' (s. N a c h b a r ) , engl. bower 'Wohnung, Gemach', woneben mundartl. byre 'Viehstall', ags. byre 'Stall, Schuppen Hütte'. Ihm steht am nächsten ahd. asächs. büri 'Behausung' in Ortsnamen wie B e u r o n , B e u e r n 'zu den Häusern' B e n e d i k t - , B l a u - , K a u f b e u r e n , nd. B u e r , B ü r e n , I b b e n b ü r e n , W e s s e l b u r e n . Aus dem Germ, entlehnt ist afrz. buron 'Hütte', wonach der engl. Adelsname Byron (der Dichter sprach seinen Namen meist bmn\ öSös Büpcovos in Athen). — Vorgerm. *bhü-ro- (Ableitung auf -ro- zu der unter b a u e n entwickelten idg. Wurzel *bhü-) hat einen bildungsgleichen Verwandten in messap. (illyr.) ßupiov 'Wohnung, Haus': H. Krähe, Idg. Forsch. 47 (1929) 326 und 57 (1939) 116 f. Bauer2 m. in E r b a u e r , A c k e r b a u e r , mhd. büwcere, ahd. büäri: zu b a u e n . Bauer3 m. 'rusticus' wortgeschichtlich von B a u e r 2 geschieden: es lautet mhd. gebüre, ahd. gibüro m., das zu dem unter B a u e r 1 besprochenen bür 'Wohnung" gehört und eigtl. 'Mitbewohner, Miteinwohner", dann 'Nachbar, Mitbürger' (vgl. Geselle 'wer einen Saal mit bewohnt') und weiterhin 'Dorfgenosse, Bauer" bedeutet; mnl. gheboer, nnl. boer (vgl. Boer 'Bure'). S. N a c h b a r . Bair. *pour ist schon für das 11. Jh. vorauszusetzen: damals ist daraus ung. por entlehnt, fortlaufend bezeugt seit 1211: Melich 1933 Festschr. f. Gid. Petz 178f. — Die Lautgeographie für 'Bauern' bietet der Dt. Sprachatlas. Bauernfänger m. um 1850 zunächst B a u e r f ä n g e r : aus der Berliner Diebessprache stammend. Von da Zimmermann 1847 Diebe in Berlin S. 142. Bauer(n)wetzel s. Z i e g e n p e t e r . baufällig Adj. gebildet wie f u ß f ä l l i g und k n i e f ä l l i g (ursprgl. Partiz. auf -ende); seit frühnhd. Zeit allgemein üblich: Fincelius 1566 Wunderzeichen I B 4 a; Heberer 1610 Beschreibung S. 88; Schnüffis 1695 Maul-Trummel S. 58.
baumstark
Baum m. Mhd. ahd. boum M., asächs. mnd. nnd. böm (aus dem Mnd. entlehnt dän. bom 'Schlagbaum' und älter schwed. bom 'Stange') mnl. nnl. boom 'Baum', afries. bäm 'Baum, Galgen, Stange', ags. beam 'Baum, Balken, Galgen, Säule', engl, beam 'Baum, Balken, Strahl' führen auf wgerm. *bauma-, das auf germ. *baugma-s (s. T r a u m ) beruhen kann. Auf diese Form weisen gleichbed. got. bagms und aschwed. bagn; auch anord. badmr und barmr lassen sich damit vereinigen. Als gemeingerm. Ableitung zu b i e g e n (s. d.) bezeichnet B a u m urspr. das (im Wind) sich biegende Gewächs. Ältere Namen des Baums s. u. A f f o l t e r und W i e d e h o p f . — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu '(Apfel-)bäumchen'. baumeln Ztw. vielleicht aus der thüringischobersächs. Ma. im Lauf des 18. Jh. vorgedrungen und wohl Lautvariante zu dem mehr nd. b a m m e l n . Aber bei Luther und Mathesius (auch mnd.) dafür p a m p e l n . S. auch b u m m e l n . bäumen Ztw. erst nhd. „sich am Baum aufrichten", zunächst vom Bären, dann über die Wappenkunde vom aufbäumenden, „steigenden" Pferd; Schweiz, üfbäumen 1530 Züricher Bibel 3. Maccab.). W. Porzig, Wunder der Sprache 1950, 231. Baumfalter m. schriftsprachliche Form für mundartliches baufaller in Schwaben, z. B. Ehinger 1619 Cometen Historia (Augsburg) S. 24 „große menge Baumfalter, feurige S. Johannis würmlein, vnnd andere unbekannte fliegen in der lufft"; auch bei Fischart bezeugt. Weiteres unter F a l t e r und W e i n f a l t e r . Baumpicker s. S p e c h t . Baumschlag m. forstmännisch 'eine Anzahl Bäume, die gemeinsam geschlagen werden sollen'. Bei Malern und Kupferstechern 'die äußere Erscheinung der Bäume (vgl.: er ist von gutem Schlag, der Menschenschlag, der Viehschlag zu schlagen 'arten'), ihres Laubwerks und ihrer Wiedergabe im Bild'. So zuerst bei Adelung 1774. In dessen Umwelt führt G. Keller 1879 D. grüne Heinrich I Kap. 19 (Werke 1, 199): „nebst einigen verblaßten Farbenskizzen und einer großen, in Öl gemalten Eiche. Dies nannte er B a u m s c h l a g . . . und machte ein großes Wesen daraus. Das Geheimnis desselben hatte er im Jahre 1780 in Dresden erlernt bei seinem verehrten Meister Zink". Baumschule f . seit Stieler 1691 gebucht und mit dem 17. Jh. geläufig. baumstark Adj. von den Wb. des 18 Jh. allgemein gebucht, aber schon im 16./17. Jh. durchaus geläufig: 1584 Reisbuch des heil. Landes S. 47 b ; Aldenburgk 1627 Westind. Reise E 2 b ; Saar 1662 Ostind. Kriegsdienste (Zugab) S. 19; Praetorius 1672 Satyrus eiymol.
Baumwolle
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Beck
Bazar s. B a s a r . S. 303; Gröben 1694 Guineische Reisebeschr. be- Vorsilbe aus mhd. be-, eigtl. Verbalpräfix S. 38. Baumwolle f. mhd. (12. Jh.) boumwol(l)e, aus ahd. got. bi, das keine ausgeprägte Bedazu das Adj. b a u m w o l l e n , 1380 boumwollen deutung hat; eins mit der Präp. b e i , aus ahd. Germ. 28, 360. Herodot 3, 106 erzählt von mhd. bi (got. bi), ags. bi, engl. by. Für be- er'Bäumen, von denen die Inder ihre Kleider scheint eine kürzere Form in b a n g e , b a r m machen'. Unsre Baumwolle stammt aber von h e r z i g , b l e i b e n usw. beachten s. a c h t e n . dem Strauch Gossypium herbaceum, hieße also Beamter s. Amt. richtiger S t r a u c h w o l l e . S. B o m b a s i n , K a t beben schw. Ztw., mhd. biben, ahd. üben ; tun, Watte. Bausch m. Mhd. büsch 'Knüttel, Schlag der e der nhd. Tonsilbe (für altes i) ist nd. : mnd. Beulen gibt, Wulst' und westfäl. büsken 'Bund mnl. nnl. beven für asächs. bibön, afries. bevia Bündel' führen auf idg. *bhüs-ko-, Nächstver- neben älterem bivia, ags. bîfian, biofian, anord. wandt sind gr. wissei nachgebildet. Der Form nach ist ahd. giwifäani Adj.-Abstr. zum Part, giwi^an (s. wissen), während in mhd. gewi^en «., mnd. gewêten, nnl. geweten der Inf. substantiviert ist. Das lat. Wort ist in frz. engl, conscience bewahrt. Dem dt. Vorbild folgen dän. samvittighed, schwed. samvete, isl. samviska: F. Zucker 1928 SyneidesisConscientia (Jenaer akad. Reden 6); W. Betz 1944 Beitr. 67. 302. Gewissensfreiheit /. Das von Boethius geprägte lat. Liberias conscientiae spiegelt sich in frz. liberté de conscience, das seit 1598 nachzuweisen ist. Der Westfäl. Friede 1648 spricht von eonscientiae libertas und übersetzt das: „mit Erhaltung eines jederen Gewissens Freiheit". Die Zus.-Setzung G e w i s s e n s - F r e i h e i t seit Zesen 1661; das Gegenwort G e w i s s e n s z w a n g schon 1521: Wunderlich 1911 DWb. 4, 1, 6316ff. 6338. Gewitter n. ahd. giwitiri, asächs. giwidiri, ags. gewidere, mnl. geweder 'Unwetter, Hagel, Witterung': Kollektiv zu W e t t e r , das mundartl. vielfach 'elektrisch sich entladendes Unwetter' ist. Von da hat sich die entspr. Bed. von Gew i t t e r im Nhd. durchgesetzt, dem mhd. gewiter(e) fehlt sie noch und erscheint nicht vor Maaler (Zürich 1561). Erinnerung an die neutrale Bed. 'Witterung' ist, daß U n g e w i t t e r neben G e w i t t e r steht, wie U n w e t t e r neben W e t t e r . Euphemistisch ist die Anrede l i e b e s G e w i t t e r : Zs. f. d. Wortf. 10, 151. 13, 228. gewogen Adj. Zu mhd. gewëgen st. Ztw. 'Gewicht haben, angemessen ein' (s. wiegen) gehört das Part, gewëgen, das in Anwendung auf Münzen von '(wohl) gewogen' zu 'annehmbar, angenehm' wird und so die Bed. 'einem geneigt' erlangt.
gicksen
Wandel von gewegen zu gewogen ist md. (wie bei bewogen, gepflogen). gewöhnen Ztw. Zu germ. *wana-, anord. vanr Adj. 'gewohnt' ist das schw. Ztw. *wanjan gebildet, das in anord. venjn, ags. gewennan, ahd. giwennan (Prät. giwenita) erscheint. Nach w ist e von mhd. gewenen zu nhd. ö geworden, wie in w ö l b e n und zwölf. In Ablaut zu germ. *wanasteht ahd. giwona, mhd. gewon Adj. 'gewohnt', das in md. Mundarten als gawöna fortlebt, schriftsprachlich aber unter Einfluß des alten Part. giwent zu g e w o h n t geworden ist. So steht im Schwed. das gleichbed. Adj. van neben vand, Part, zu vänja 'gewöhnen'. G e w ö h n l i c h und G e w o h n h e i t sind ohne t geblieben. Urspr. Bedeutung von g e w ö h n e n ist nach E. Rooth, Sprakvet. sällsk. i Uppsala Förhandl. 1922/24, S. 93—106 'auffüttern, ernähren'. Vgl. Idg. Forsch. 46, 367. Gezeiten Plur. 'Wechsel von Ebbe und Flut'. Zu Z e i t (s. d.) stellt sich mnd. getide n. 'Flutzeit', dessen Verhochdeutschung d a s G e z e i t 1618 auftritt: Kluge 1911 Seemannsspr. 782. Gicht /. ahd. (seit dem 8. Jh.) fir-, gegiht(e1, mhd. gegihle, gihl, mnd. gicht, jicht, mnl. ghicht(i-), nnl. jicht'Gliederlähmung,Zuckungen, Krämpfe'. Alt nur im festländ. Westgerm., von hier entlehnt sind gleichbed. adän. aschwed. norw. isl. iki, dän. yigt, schwed. giki. Die ahd. Formen, auch gijicht, das aus gihith Ahd. Glossen 3, 171, 35 herzustellen ist, zeigen das alte Verbalabstr. und die urspr. Einheit mit ahd. jicht, mhd. gihi, jiht, •und. gicht, mnl. gichte, jechle, nnl. jicht, afries. iecht 'Aussage, Bekenntnis', die auf germ. *jehti, Verbalabstr. zu ahd. jehan 'sagen, bekennen' beruhen. Demgemäß deutet P. Lessiak 1912 Zs. f. dt. Alt. 53,101 ff. G i c h t als die durch Beschreien (incantatio) angezauberte Krankheit. Auch der G i c h t b r ü c h i g e der Lutherbibel (Matth. 4, 24 u. ö.), in Basel 1523 ( g e ) g i c h t s ü c h t i g , ist ein Gelähmter, dessen Leiden man sich als angezaubert dachte. Abweichend E.Müller-Graupa 1931 Glotta 19, 57f. — Vgl. auch g e l t , g a l t . Gickeihahn m. Der Ilaushahn heißt südwestd. gvl(er),guh u.ä. mit einem lautmalenden Namen, der mit verdoppelter Tonsilbe (vgl. K u c k u c k ) als güygel (Frisius 1541), göcker (Faustbuch 1687 Ndr. 91) erscheint, verdeutlicht (wie K l a p p e r s t o r c h ) als yickelhan (Stieler 1691), Göckel-Hahn (Frisch 1741), Gockelhahn (Abr. a Sta. Clara 1719 Bescheid-Essen 361). G i c k e i h a h n (mit thür. i aus ü) ist als Name eines Bergs, der nach seiner Gestalt so heißt, durch Goethe berühmt geworden : Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 261. gicksen schw. Ztw. mhd. giksen (geksen), ahd. yiecluitfen-. mit Iterativendung ahd. -a^en, -azzen und einem den höheren Ton andeutenden i zu einer verbreiteten lautmalenden Wurzel, die
Giebel
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z. B. in ags. geoxa m. 'Schluck, Aufstoßen', geoxian 'schluchzen, aufstoßen' und im Namen der G a n s (s. d.) weitere Vertreter h a t . Giebel1 st. m., mhd. gibel, ahd. gibil (daneben gibili «.), mnd. nnl. gevel, mnl. ghevel, got. gibla schw. m. 'Giebel', daneben ahd. gibüla, asächs. gibillia 'Schädel'; mit Ablaut anord. gafl 'Endwand eines Hauses, Spitze einer Insel', dän. gavl, schwed. gavel 'Giebel', norw. gavl 'Querseite, -wand'. G i e b e l f ü h r t auf *ghebh-l-; dieses ist im Griech. über *xef (Plur. heafu), anord. haf n- Auch die lautlich entspr. mhd. hap, habes n. und habe f . bedeuten 'Meer* neben 'porlus'. Etym. ist das Wort als 'sich Erhebendes' im Sinn von lat. allum 'hohe See' zu h e b e n (s. H a f e n 1 und 2) zu ziehen. Zu diesem Stamm gehört der germ. Name der Havel. Haft m. 'Fessel, Band' ahd. hajt m. «., ags. hoeft, anord. hapt. Zur germ. Wz. *haf in h e b e n 'fassen, ergreifen'. — Vgl. H e f t e l . Haft f . 'Gefangenschaft' ahd. mhd. haft (iStamm), ahd. asächs. hafta f . Dazu das Adj. ahd. mhd. asächs. haft, ags. heeft 'gefangen', anord. haptr m. 'Gefangener', hapla f . 'Gefangene'. Die Wz. *haf (s. h e b e n ) hat in diesen Bildungen ihre alte Bed. bewahrt, vgl. lat. captus, captlvus, air. cacht, kymr. kaeth 'Gefangener'. S. - h a f t . -haft Adj.-Suffix (in s c h m e r z - , l e b h a f t usw.), urspr. ein selbständiges Adj. 'verbunden mit', das schon vor ahd. Zeit zum Suffix wurde, vgl. got. audahafts 'mit Glück behaftet, glückselig'. Im Kern eines mit dem unter H a f t /. entwickelten Adj. hafta-, lat. captus. Hag m. ahd. mhd. hac, hages 'Umzäunung, umzäuntes Grundstück, Hain, Dornstrauch', vereinzelt auch 'urbs' (daher die Orte namens Hagen u. die auf -hag, -hagen). Außerhalb des Hd. vergleichen sich asächs. hago, ags. haga, engl. haw 'Einfriedigung', anord. hagi 'Weideplatz', außerhalb des Germ. lat. caulae 'Schranken', abret. caiou 'Schanzen', kymr. cae 'Zaun', korn. ke 'Gehege', gall. caii 'Schranken', caio 'Umwallung' (hieraus frz. quai 'Flußdamm'). Die Wurzel *kagh- hat urspr. '(ein)fassen' bedeutet, nachmals Besonderung auf 'Flechtwerk, Hürde' erfahren. Hagebuche, H a i n b u c h e /. Das Birkengewächs Carpinus betulus L. wird oft als Hecke angepflanzt. Wegen der glatten Rinde und der Ähnlichkeit der Blätter wird es nach der unverwandten Buche benannt: mhd. hagenbuoche, ahd. haganbuohha, nnl. haagbeuk, mnd. hageböke. Hieraus (unter Anlehnung an dän. avne 'Achel, Spelze', s. A h n e ) dän. (seit 1563) avnbeg, daraus schwed. (1740) avenbok, während schwed. (1640) hagebok dem Nd. entlehnt ist. — S. h a n e büchen.
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Hagestolz
Hagebntte f . Die Frucht der Heckenrose (Rosa canina) heißt mhd. butte f . Das Wort ist verwandt mit B u t z e n 'Kerngehäuse' und gilt z. B. im Elsaß bis heute. Es wird im 16. Jh. verdeutlicht zu hagebute (Diefenbach 1857 Gloss. 152a), wobei mhd. hagen 'Dornstrauch' vorgetreten ist. Mit Kürzung, wie sie in Männernamen üblich ist (H e i n aus H e i n r i c h) ist westobd. (H. Fischer 1911 Schwäb. Wb. 3,1036) zum Namen der Frucht, hfgamark zu dem der daraus hergestellten Marmelade geworden. Auf Kontraktion beruht nordd. hän(e)-, hanibutten. Das ostfränk. Wort ist H i e f e (ahd. hiafo, mhd. hiefe) f., ostobd. gilt H e t s c h e p e t s c h (nach Schmeller-Frommann 1872 Bayer. Wb. 1192 aus gleichbed. tschech. Hpek): Kretschmer 1918 Wortgeogr. 225. Die Wo.tka.te'IIagebutte' von Ge linde Paetzer zu Mitzka, D;. Wo.tatlas (Diss. Masch. Ma bu g 1949) weist solche Synonyme in g oßer Fülle nach. Hagedorn m. 'Crataegus", gemeingerm.: mhd. hage(n)dorn, anl. haginthorn, ags. hepg-, haguporn, engl, hawthorn, anord. hagporn. Urspr. 'Dornstrauch, der zu Hecken benutzt wird'. Durch Vermittlung von Ortsnamen wie H a g e - , H e i d o r n entstehen die entspr. Familiennamen. Hagel m. Ahd. asächs. hagal, ags. hagol, hcngel, anord. hagl n. führen auf gemeingerm. *hag(a)la-. Das einzelne Hagelkorn heißt frühnhd. hagelstein wie ags. hcegelstän, anord. haglsteinn, mundartl. auch kiesel(stein)\ dazu es k i e s e l t (E. Alberus 1542 Der Barf. Münchs Eulensp. Kap. 249); vgl. Kies 1 . Vielleicht geht H a g e l selbst von e. Bed. 'Kiesel' aus, wenigstens steht der Herleitung aus vorgerm. *kaghlo-, gr. kächlex 'Kiesel' nichts im Weg. Zur landschaftl. Abgrenzung gegen gleichbed. G r a u p e l n , S c h a u e r , S c h l o ß e n s. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 226f. D,e Wo t k a r t e ' h a g e l n ' von Ch ista Förster bei Miizka-Schmitt, Dt. Wortatlas V bietet weite Flächen außer mit diesem Stichwort noch für schloßen, kiesein, schauern, graupen (s. G.aups), steinen u. a. hager Adj. (dafür obd. r a h n ) , urspr. ein nd. Wort, das in nachklass. Zeit ins Mhd. vordringt und vor Schottel 1663 kaum als nhd. gebucht wird. Germ. *hag{a)raz vereinigt sich mit lit. nuka&eti 'ganz entkräftet werden' und awest. kasu- 'klein, gering' auf eine idg. Wurzel *ko,lc'abmagern'. Hagestolz m. mhd. hagestolz, älter hagestall, ahd. hagustalt, eig. 'Hagbesitzer' (zu got. staldan 'besitzen'): ein germ. Rechtswort, das vor Übersiedlung der Angelsachsen nach England schon bestand. Gemeint war im Gegensatz zum Besitzer dos Hofs (den der älteste Sohn erbte) der eines eingefriedigten Grundstücks, zu klein, um
Häher
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darauf einen eignen Haushalt zu gründen. So steht schon in ahd. Glossen haguslalt für'eaelebs', hagustalllip für 'eheloses Leben'. Darum bed. das über *haislaud entlehnte afrz. Miaudeau 'Kapaun'. Es entsprechen norw. dial. haugstali 'Hagestolz, Witwer', schwed. dial. hogslall 'Witwer'. Andere Bed.-Entw. zeigt anord. haukstaldr 'Krieger, Fürst', asächs. haguslald 'Knecht, Diener, junger Mann', ags. hcpgsleald, hagosteald 'Jüngling, Krieger'. In den urnord. Runeninschr. findet sich das Wort je einmal in der Form hagustadaR (für -slaldan) und hagustaldiR: beidemal scheint es sich um einen aus Beinamen erwachsenen Männernamen zu handeln: BuggeOlsen, Norges Indskrifler II 663. Häher m. Die überall vertraute Art ist der E i c h e l h ä h e r , in den Wäldern vor allem des Südens kommt auch noch der unscheinbare N u ß h ä h e r vor. Der Volksmund meint mit diesem Namen aber gewöhnlich den ersten, der nach der Wortkarte 'Eichelhäher' von Monika Schütze bei Mitzka, Dt. Wortatlas III (1954) als N u ß h ä h e r , N u s s e r e r u . ä. am oberen Main bis nach Böhmen, weithin in Österreich gilt. Größere Flächen von den zahlreichen Synonymen zu Eichelhäher nehmen ein: H e r r e n v o g e l im Saarland, Srhwarzwald, in Oberhessen; H o l z s c h r e i e r im Brandenburgischen mit der Altmark; I l o l t s c h r a k (nach der Stimme) ist mecklenburgisches Eigen wort. Die Kurzform H ä h e r in jener besonderen Bedeutung gilt in breitem Streifen von Mainz—Mannheim—Stuttgart an bis Würzburg—Regensburg—Passau und zum Chiemsee. Ahd. hehara /., mhd. heher /. m. und in gramm. Wechsel damit mnd. heger, ags. higora, higre führen auf westgerm. *heharön, *higurön. Damit stimmen die anord. Reihernamen heri (aus *heharo) und hegri, die mit ahd. heigaro (s. R e i h e r ) durch Ablaut verbunden und von ags. hrägra nicht zu trennen sind. Reiher und Häher sind gleichmäßig nach ihrem rauhen Geschrei *krnikr-, *krikr- benannt gewesen. In hehara ist das erste r durch Dissimilation geschwunden, in ahd. hera, alem. her(e), herevogel ist Kontraktion eingetreten und Umdeutung zu H e r r e n v o g e l angebahnt. — Als geschickter Nachahmer von Tierstimmen hat der Häher im 13. Jh. den Namen des Spötters aus der volkstüml. Dichtung erhalten, M a r k o l f . Der vielfältig gestaltete Typ M a r k o l f herrscht nach jener Wortkarte (von Flandern mit seiner alten Tierdichtung her) im Rheinland mit Nachbarschaft. Im Reineke Vos ist Markwart de Hegger daraus geworden: Suolahti 1909 Vogelnamen 198ff.; E. Christmann 1930 Der Häher in den pfälz. Ma.: Zs. f. Volkskde. 40, 217ff. Die Form M a r k w a r t ist heute allein nach jener Wortkarte im Mittelpommerschen erhalten.
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Hahnrei
Hahn m., Henne f., Huhn «. Die Idg. hatten den Hahn noch nicht gezähmt. Erst zu Kampfspielen und als Tagverkünder geschätzt, wird er zu versch. Zeiten als Nutzvogcl entdeckt und einzelsprachl. benannt. Gemeingerm. *hanan(mit Lantsubst. als finn. kana früh entlehnt) lebt in ahd. asächs. hano, mhd. mnd. mnl. dän. schwed. hatte, afries. ags. got. hana, anord. hani. Neben dasM. tritt (wie nd. krön zu germ. *krana' Kranich', mnd. swön zu *swana- 'Schwan') der ablautende -es-Stamm *hönes- n. in ahd. mhd. huon, asächs. mnd. hört, nl. hoen, anord. hgns(n) n. Plur.; daneben mit derselben Stufe des Ablauts *höniön f . in anord. hana, dän. hene, schwed. höna. Germ. *hanan- ist urverwandt mit air. eanim 'singe', mir. cetal 'Gesang', lat. canö 'singe', canörus 'wohlklingend', carmen (aus *canmen) 'Lied', gr. kandssein 'mit Geräusch fließen', kanache 'Getön', tochar. kan- 'Singweise'. Aus dem Germ, entlehnt ist mit Lautsubstitution finn. kana 'Hahn'. Derselbe Stamm liegt vor in lat. galli-cinium 'Hahnengesang', gr. ei-kanös ' Frühsinger, Hahn'. So stehen lit. gaidys, aslav. pötilü, alb. kendis 'Hahn' zu giedoti, pSti, kendoA 'singen'. In Teilen Österreichs heißt der junge Hahn S i n g e r l . Das F. H e n n e bleibt auf die westgerm. Sprachen beschränkt: mhd. mnd. mnl. hfnne, ahd. henin, Gen. henna (aus *hanenä, -¡äs) und henna (aus *han(e)nl, -iäs), afries. ags. henn, nnl. mengl. engl. hen. Als das F. 'die zum Hahn Gehörige' gebildet wurde, konnte *hanannicht mehr als 'Sänger' empfunden werden. Namen des kleinen, jungen Huhns s. u. H ü n k e l , K ü c h l e i n . Die Fülle der lautmalenden und Kinderwörter, die in dt. Mundarten H a h n usw. bedrängen, bei Suolahti 1909 Vogelnamen 228ff. In md. und obd. Volkssprache ist H a h n fast nur für den Drehzapfen an Brunnen und Faß geblieben, dem das 15. Jh. Hahnengestalt gegeben hatte, wie der Wetterfahne und dem Hahn am Gewehr (engl, cock): M. Heyne 1901 Nahrungswesen 366; F. Holthausen 1942 Beitr. 66, 270. Hahnenkamm m. Der sonst K l a p p e r t o p f genannte Rachenblütler heißt wegen Form und Farbe von Blüte und Hochblatt gr.-lat. aleclorolophus (zu gr. aUklör 'Hahn' und löphos 'Kamm'), lat. crista galli. Die Lehnübersetzung H a n e n k a m p zuerst in Bautzen 1594 bei J . Franke, Hortus Lusaliae 138. Entsprechend nnl. hanenkam, schwed. (1683) hanekamb, dän. (1688) hanekam. Hahnrei m. mnd. (15. Jh.) hanerei, hanreyge-, aus Niedersachsen seit dem 16. Jh. als hanrey, hahnreh ins Frühnhd. getragen. Ausgangsbed. ist 'verschnittener Hahn, Kapaun'. Von da wird die nhd. Bed. 'betrogener Ehemann' erreicht, wie in den Wendungen „einem Hörner aufsetzen,
Hai
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Horner tragen": den Kapaunen setzte man, um sie aus der Schar herauszukönnen, die abgeschnittenen Sporen in den Kamm, wo sie fortwuchsen und eine Art von Hörnern bildeten. Der (untüchtige und darum) betrogene Ehemann wird also 'Kapaun' gescholten. So heißt der Gatte der untreuen Frau frz. bélier 'Widder' (eig. 'verschnittener Schafbock'), cerf 'Gehörnter' (eig. 'Hirsch') und cocu 'Kuckuck'. Der zweite Wortteil von H a h n r e i , der 'Kastrat' bedeuten muß, klärt sich von ostfries. hänrüne 'Kapaun; betrogener Ehemann' aus: hier ist rüne, nnl. min 'verschnittenes Pferd' zweiter Wortteil (s. w r i n s c h e n ) . In nd. Mundarten, die dieses ui (gespr. öi) entrunden, entstehen Formen wie rein, die Doornkaat-Koolman 1884 Wb. der ostfries. Spr. 3,71 nachweisen. Weiteres bei Dunger, Germ. 29, 62ff.; Zs. f. d. Wortf. 1, 64. 3, 228. 14, 155. Hai m. aus nnl. haai seit Hulsius 1624 Schifffahrt 7, 145 in obd. Reisewerke übernommen. Das nl. Wort ist (wie schott. hoe) aus gleichbed. isl. hai entlehnt, das auf anord. här m. zurückgeht, dessen Vokal nach Snorris Edda nasaliert war. Germ. *hanha- ist nächstverw. mit aind. sarikü 'spitzer Pflock, Pfahl', das daneben auch schon ein unbekanntes Seetier bezeichnet. Die Doppelbed. greift auf das Anord. über, wo här zugleich 'Ruderdolle' bedeutet. Zu dieser Art von Doppelbed. vgl. N a d e l , das zugleich eine Art kleiner Fische und bestimmter Libellen bezeichnet, oder anord. gedda 'Stachel; Dorsch', norw. geir 'Spitze; kleiner Fisch'. Vgl. L u r c h . Haiduck s. H e i d u c k . Hain m. Ahd. hagan 'Dornstrauch', mhd. hagen 'gehegter Wald' entwickelt md. im 14. Jh. die kontrahierte Form hain, die in viele, namentl. thür. Ortsnamen eingeht. Das Appellativ in der Bed. 'geweihter Wald; Luftwäldchen', oft bei Luther, ist dessen obd. Zeitgenossen unverständlich (Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 113, 116) und stirbt auch Schriftdeutsch bald wieder ab. Klopstock erneut es in der Ode an Ebert 1748, seither vor allem Dichterwort. — Vgl. Hag. Hainbund m. die am 12. Sept. 1772 in einem Eichengrund vor Göttingen zwischen J. H. Voß, Hölty, J . M. Miller u. a. gestiftete Dichterfreundschaft, „Hain" benannt nach Klopstocks Ode „Der Hügel und der Hain" 1767, worin H a i n als Symbol german. Dichtkunst steht im Gegensatz zum H ü g e l , dem Parnaß der Alten. Den Namen erweitert Voß 1804 zu H a i n b u n d in seiner Ausgabe von Höltys Gedichten, Vorrede S. X X I X . Haken m. mhd. hake, ahd. häcko, häko neben mhd. hägge, ahd. häg(g)o. Ablautend einerseits asächs. haeo, mnl. engl, schwed. hake, ags. haca,
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Halbbruder
isl. haki, anderseits mild, afries. hök, mnl. hoec, houc, ags. hoc, engl, hook; mit derselben Ablautstufe schwed. mundartl. hök 'Ecke, Vorsprung' und anord. hSkja (aus *hökiön-) 'Krücke'. Die nächsten außergerm. Verwandten vermutet man in russ. kogof 'Klaue; Fänge des Raubvogels; gekrümmte Eisenspitze' und obersorb. kocht 'Dorn, Stachel des Schlehdorns, Weißdorns'. Zur Wurzel *keg-: *kek- 'kleiner Pflock, besonders zum Aufhängen; Haken, Henkel'. halali der weidmänn. Ruf am Ende der Hetzjagd, ist im 18. Jh. aus gleichbed. frz. halali entlehnt. Für den frz. Ruf vermutet man maur. Ursprung: das arab. Bekenntnis lä iläh illa'llah 'es gibt keinen Gott außer Allah' war zum Kampfruf geworden: Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 59 d. Anders Helen Adolf 1949, Studies in Philology XLVI, 4, Okt. aus hebr. HalHi nafshi 'eih-yehoväh 'preise, meine Seele, den Herrn' Psalm 146, 1, ins Franz. durch Psalmensingen, vielleicht durch Kardinal de Retz übertragen? halb Adj. ahd. halb, asächs. afries. mnl. half, ags. healf, anord. halfr, got. halbs. Das subst. F. bedeutet in got. halba, anord. halfa, asächs. halba, ahd. halba, mhd. halbe 'Seite'. Urverw. ist aind. kälpate 'gelingt, fügt sich'. Die aktive Bedeutung ist wohl 'verteilen, zuteilen'. Got. halbs könnte ursprünglich den Sinn 'geteilt' vertreten. Zu idg. *(s)kuelp- 'schneiden', 'geordnet, geschnitten'. Schon gemeingerm. ist unsere Zählweise 1 y 2 a n d e r t h a l b , anord. halfr annarr, ags. öper healf; 2 % d r i t t e h a l b , anord. halfr pridi, ags. pridda healf; 3 % v i e r t e h a l b , anord. halfr fjördi, ags. feorpa healf: Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 443. Mhd. anderhälp, spätmhd. anderthalb mit jungem i wie innerthalben, (n)iendert; auch das Vorbild von d r i t t h a l b usw. mochte wirksam sein. In prädikativer Verwendung sind die Formen h a l b und h a l b e r gleichwertig geworden; damit hat h a l b e r die Beziehung auf einen bestimmten Numerus und ein bestimmtes Genus verloren: „wir waren, sie war halber t o t " : Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Sprache 532 f. -halb, - h a l b e n Präp. 'wegen' aus gleichbed. mhd. halp, halbe(n): urspr. Kasus des unter h a l b entwickelten Subst. mhd. diu halbe (beweisend got. in pizai halbai 'in dieser Hinsicht') und darum (Behaghel 1924 Dt. Syntax 2, 48) mit Gen. verbunden: mhd. min, dln, der herren, sehens halp. Im 15. Jh. tritt h a l b e r 'wegen' an die Stelle, wieder eine erstarrte Kasusform; ebenso der Dat. Plur. h a l b e n , der an Stelle des Instr. Sing. ahd. halb (Präp. seit Notker) getreten ist. Halbbruder m., -schwester f . sind in alter Sprache des Nordens möglich: anord. halfbrödir, afries. halfbröther, mnd. halfsüsken. Die lebenden Bildungen sind seit dem 17. J h . von Norddeutschland aus vorgedrungen, Belege bieten
Halbfisch
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Schottel 1641 Sprachk. 365; Stieler (1691) 1975; Amaranthes 1715 Frauenz.-Lex. 728; Hippel 1794 Kreuz- und Querz. 2, 284. Auf hd. Sprachraum gelten alt nur die Bildungen mit S t i e f - . Halbfisch m. spätahd. halpfisc, mhd. halpvisch, mnd. halfvisk: Name versch. Fische (Rotauge, Karausche, Scholle), die nach Größe, Wert oder Gestalt nicht für voll gelten. halbieren Ztw. Spätmhd. halbieren gilt zunächst von der Tracht, die das frz. mi-partir kennzeichnet. So ist h. unter den bei g r i l l i s i e r e n entwickelten Mischbildungen die älteste. Das Trachtenwort wird im 15. Jh. zum Fachausdruck der Rechenkunst (im Sinn des mhd. halben, ags. helfan, engl, halve), zunächst neben m e d i e r e n (nach lat. mediäre); H a l b i e r u n g seit 1514 : Schirmer 1912 Wortschatz der Mathem. 30. Aus dieser Fachsprache tritt das Ztw. um 1500 in den freieren Gebrauch des Alltags. Halbinsel f . Dem gr. chersônêsos 'Festlandinsel' entspricht lat. paeninsula nur halb. Lehnübersetzungen des lat. Worts (das in engl, peninsula übernommen wird) sind frz. presqu'île und nnl. schiereiland. Dem dt. Sprachgefühl hätte F a s t i n s e l widersprochen: in Straßburg 1537 begegnet „ein halb Insel", H a l b i n s u l zuerst in Nürnberg 1678. Dem Nhd. folgen dän. halve, schwed. halfö. Das Island, bleibt außerhalb mit seinen alten Wörtern nes und skagi: W. Betz 1944 Beitr. 67, 301. Halbschwester s. H a l b b r u d e r . Halbwelt f . 1855 schreibt der jüngere Alex. Dumas ein Lustspiel, dessen Titelwort Le Demimonde er als 'die Klasse der aus ihrer Klasse Ausgeschlossenen' bestimmt. In vergröbertem Sinn erlebt frz. demi-monde 1868 oder kurz vorher (DWb. 4, 2, 220) Lehnübersetzung zu H a l b welt. Halde f . ahd. halda 'Bergabhang': Ableitung aus dem Adj. ahd. hold, ags. heald, anord. haldr 'geneigt' ; bergmännisch (Abraum-)Halde. Wurzelverw. mit h o l d und H u l d . Mit lit. salïs 'Seite, Gegend' zu *üel- 'neigen'. Hälfte f . Einem ahd. *halb-ida entspricht mnd. helfte, mnl. afries. anord. helft: stimmloses/ ist neben t aus stimmhaftem v entstanden, das hd. b entspricht. Die glückliche Bildung dringt im 15. Jh. ins Ostmd. : 1421 erscheint helfte im Schles. (Lexer, Mhd. Handwb. 1, 1231), 1429 in Leipzig (Cod. dipl. Sax. regiae 8, 114), 1483 in Thüringen (Lexer, Nachtr. 234). Luther verwendet helfft Mark. 6, 23 u. ö., seinen obd. Zeitgenossen muß es mit halb(teil) verdeutlicht werden (Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 109). haltel (aus halpteil) ist noch heute das Schweiz. Wort; in Hessen, Nassau und Österreich gilt H a l b s c h e i d (ahd. halpgisceid: Ahd. Glossen 2,
Halle
274, 16), das der Ostmd. Schönaich 1754 Neol. Wb. als unverständlich verhöhnt. Halfter1 f . m. n. 'Zaum zum Halten eines Tieres', mhd. halfter f., ahd. halftra, mnd. halchter, anfr. heliftra, mnl. halfter, halchter, nnl. halstet, ags. hcelfter, -tre, engl, haltet: westgerm. Ableitung zu dem unter H e l m 2 entwickelten Stamme mit Grundbed. 'Handhabe'. Halfter2 /., H u l f t e r , H o l f t e r 'Pistolenbehältnis am Sattel', nhd. entwickelt aus mhd. hulfter 'Köcher', Abi. von hulft, ahd. huluft 'Hülle, Decke, Futteral'. Mit Labialerweiterung (vgl. gr. kalyptein 'umhüllen') zum idg. Verbalstamm */cel- 'bergen, verhüllen', zu dem mit germ. Suffix -stra- (F. Kluge 1926 Nom. Stammbildungsl. § 94a) got. hulistr n. 'Hülle, Decke', ags. heolstor, helustr m. 'Dunkel, Versteck', nd. holster 'Hülle' gehören. Nächstverwandt mit h e h l e n , s. d. halkyonisch Adj. Während der Brutzeit des Eisvogels (gr. alkyön) um die Wintersonnenwende herrscht nach altgr. Sage auf der See Windstille (Lukian, Alkyon 1, 58; in Wielands Übersetzung 5 [1788] 266). Die schon Aristoteles (Hist. anim. 5, 8) geläufige Vorstellung liefert den lat. Ausdruck dies (h)alcyonei (Ovid, Metamorph. 11, 410), sie ist dt. Humanisten vertraut (Er. Alberus 1552 Vom Wintervogel Halcyon) und wird Theologen zum Bild der Kirche in den Stürmen der Welt. Das geflügelte Wort, dem Kreis um Hartleben geläufig, erlangt durch Nietzsche 1886 neue Schlagkraft: Büchmann 1912 Gefl. Worte 88; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 261; Zs. f. d. Wortf. 2, 69. 3,146. 7, 45.10, 34. 15, 127. 186. Halle f . 'von Säulen getragener (Vor-)Bau', ahd. asächs. halla, ags. heall, engl, hall, anord. hgll: zur germ. Wurzel *hel- 'verbergen' (s. hehlen). Urverwandt ist lat. cella zu gleichbed. celäre. Die alte Meinung, daß die Doppelung aus -In- stamme, ist durch keinen Beleg gesichert. — Dazu sagt die Laryngallehre, wonach hintergaumige Laute in solchen Fällen vorausliegen können (was das Hethitische überraschenderweise denkbar machte), H. Hammerich, PB Beitr. 1955, 177: aus *ki-E-l oder wo H das Zeichen für jene Laryngale ist. Grundbed. 'die Verdeckte, Geborgene', vgl. aind. sola 'Hütte, Haus, Stall' und air. cuile (aus *koliä 'Keller'. Das im Ahd. ganz seltene Wort taucht in md. Urkunden des 13. Jh. neu auf, gewinnt Verbreitung durch Luther, dessen obd. Zeitgenossen es mitVorlaub,Fürschopff, Ingang u.ä. verdeutlicht wird (Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 100, 109), lebt im 17. Jh. wesentlich als Bibelwort und kommt durch Klopstocks Oden „Der Rheinwein" 1753, „Kaiser Heinrich" 1764 neu in Aufnahme, außer durch die Bibel gestärkt
halleluja
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auch durch die Shakespeare-Übersetzungen. Dasselbe Wort ist vielleicht H a l l e als 'Siedehaus der Salzwerke', so schon in ahd. halhüs 'salina', mhd. halgräve 'Vorsteher und Richter eines Salzwerks' neben halle 'Salzquelle'. Der früher behauptete Einfluß des kymr. holen 'Salz' ist nicht beweisbar: Edw. Schröder 1916 Nd. Korr.-Blatt 35, 64f.; H. Güntert, Labyrinth (1932) 29; Zs. f. Ortsnamenf. 1 , 1 8 7 . 3, 38. 40.175. 4 , 1 3 5 . 1 4 1 . Das germ. Hallenhaus ist am getreuesten im niedersächs. Bauernhaus erhalten, es war früher auch im Süden verbreitet. halleluja, kirchenlat. alleluja aus hebr. hallelüjäh 'preist Jahwe'. hallen Ztw. s. hell. Hallig f. 'flache, gegen die Flut nicht geschützte Insel' vor der Westküste Schleswigs, seit 1768 in hd. Texten: Kluge 1911 Seemannssprache 348. Zu H o l m 1 (s. d.): Löfstedt, Nordfries. Dialektstudien (Lund 1931), Jurgensen, Nd. Mittgen. VI, 68. Zu *(s)kel 'austrocknen, dörren', nordfries. hall, hol 'seicht', westf. hell, mnl. hael 'trocken, mager, ausgetrocknet', lett. kälst vertrocknet. Nordfries. Umlaut -e wird vor II zu a: Krogmann, Nd. Mittigen 8, 23, Lund. Hallimasch m. der eßbare Pilz Armülaria mellea Quel. (Agaricus melleus Vahl., das Beiwort nach dem honiggelben Hut). Als H a l l i m a s c h bei Hayne 1830 Schwämme 38, H a l l i m a s c h warn m F. Holl 1833 Wb. dt. Pflanzenn. 44, H a l i m a s c h J . F. Castelli 1847 Wb. d. Ma. in Österr. u. d. Enns 163, auf Wiener Märkten auch halawalsch und hulamaisch. Die letzte Form führt zur Deutung, wenn man erfährt, daß der Pilz, reichlich genossen, abführend wirkt (II. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzenn. 1, 396) und daß das mhd. Adj. hai(e) 'glatt, schlüpfrig' (ahd. häli, ags. h&lig, anord. hall, schwed. hal, unbekannter Herkunft) österr. häl lautet: Schmcller-Frommann 1872 Bayer. Wb. 1, 1073. So verstanden ist H a l l i m a s c h eine Art Gegenpol zur H a g e b u t t e , die seit dem 15. J h . weithin A r s c h k i t z e l (frz. gratte-cul) heißt. Armülaria mellea heißt in Nordböhmen W e n z e l - und M i c h a e l i sch warn m, weil sie Ende September am ehesten zu finden ist (Wenzeltag ist der 28., Michaelitag der 29. Sept.). Bei Sonneberg in Thüringen heißt der Pilz S c h u l m e i s t e r , wir wissen nicht warum. S t ü a k s c h w a m m a l a im Egerland und S t u b b l i n g im Warthebruch deuten darauf, daß der Pilz an Baumstümpfen wächst. Ähnlich heißt anderwärts Pholiota mutabüis. hallo der endbetonte Imperativ zu ahd. halön 'holen', eines mit h o l l a (s.d.). Vom Zuruf an den Fährmann (hol über) auf Jagd und Fernsprecher übertragen. Hallore m. 'Salzwerkarbeiter', ahd. halhüs 'salina' (*hal 'Salz' vorgerm.), mhd. halgrave
halsstarrig
'Vorsteher davon', nhd. Hall-bube, -bursche, -kriecht, -leute, -volk. Auf Stadt H a l l e bezogen sind um 1484 humanist. lat. halhnem A. Sg., hallones PL, dazu ist N. Sg. *hallo zu fordern. Seit 1612 erscheint der erstarrte Gen. PI. hallorum, aber danach war schon 1630 der dt. PL H a l l o r e n gebildet. H a l l o r e n : Zs. f. d. Wortf. 10, 2 0 5 ; B . Sommerlad 1929 Thür.-Sächs. Zg, mnl. hüden, (mit ausl. -n nach dem Vorbild von g e s t e r n und m o r g e n ) . Westgerm. Adv., verkürzt aus der stehend verwendeten Verbindung des Pron.Stamms hi- mit dem Instr. von T a g , ahd. *hiu lagu. Vgl. die ähnlich entstandenen h e i n t und h e u e r . Der Pron.-Stamm As- erscheint got. in den Formeln himma daga 'heute', und hina dag 'bis heute' als zeitlich gewendetes 'dieser', in ags. he, him, engl, he, him, asächs. nd. he 'er' als Pers.Pron. der 3. Person. Außergerm, entspricht lat. ei- in eis, eiträ 'diesseits' (s. h e r , hier). Auch gr. semeron (aus *ki-ämeron) 'diesen Tag, heute* enthält jenen Stamm *ki-. Die Laut- und Wortgeographie von 'heute' bietet der Dt. Sprachatlas: vandage gilt im nd. Nordwesten, an dei Weiihselmündurgwieim Nl. Vgl. h e u e r . Hexe /. mhd. heese, häxe, ahd. hagzissa, hag(a)zus(sa), häzus, häzissa, in Glossen für lat. furia, striga, eumenis, erinnys; entsprechend mnl. haghetisse, nnl. heks, ags. heegtesse, engl, (mit Abwerfung der vermeintlichen Endung) hag. Nur westgerm.; wird in mhd. Zeit selten und dringt im 16. Jh. von der Schweiz neu vor. Die Zusammensetzung enthält als Bestimmungswort ahd. hag, ags. ho>g 'Zaun' und vergleicht sich insofern dem ahd. zünrila, anord. tunrida 'Zaunreiterin, Hexe'. Dem Grundwort germ. *tusjö (auch in westfäl. düs 'Teufel', norw. tysja 'Elfe;
Hexenschuß
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verkrüppeltes Weib') vergleicht sich gall. dusius 'unreiner Geist', korn. Dus, Diz 'Teufel', altlit. dväsas, heute dvasiä 'Geist': Wurzel *dhüs-: *dhu3s-. S. U n h o l d . Hexenschuß m. 'Lumbago', ags. hcpgtessan gescot (neben ylfa gescoi 'Elbenschuß', engl, elfarrow 'Elfenpfeil'), dann erst frühnhd. wieder bezeugt: ein Rest der uralten Vorstellung, der Schmerz im Kreuz beruhe auf dem Schuß einer Unholdin. Daher auch S c h u ß , A l b - , A n - , E i n s c h u ß und G e s c h o ß in heutiger Volkssprache: P. Lessiak 1912 Zs. f. dt. Alt. 53, 136ff.; L. Weiser-Aall 1937 Handwb. d. dt. Abergl. 8 , 1 5 7 6 . hie s. h i e r . Hieb m. im 15. J h . rückgebildet aus h a u e n , Prät. h i e b , wie H a n d e l aus h a n d e l n , H ä t z aus h e t z e n . Hiefe f. 'Hagebutte', mhd. hiefe, ahd. hiafo, hiufa, hiefa (noch unverschob. -p- in Ortsnamen, Braune-Mitzka Ahd. Gr. §6, Mitzka. in Th. Mayer, Vorträge u. Forschgen. I [1955J 60), asächs. hiopo, ags. heopa m., -e f., engl, hip, hep, nnl. joop, norw. mundartl. hjupa, dän. hyben. Das germ. Simplex wird frühnhd. durch die Zus.Setzung H a g e b u t t e zurückgedrängt, doch bleibt H. von der Oberpfalz bis Hessen und zum Allgäu weithin: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 225; v. Bahder 1925 Wortwahl 151. Die heute weiter zurückgegangene Verbreil ung, wie zugehörige andere Wortbildungen weist die Wortkarte Hugebut'e' (s. d.) im Dt. Wort atlas von Mitzka nach. Außergerm, vergleicht sich apreuß. kaäubri 'Dorn', das auf *keub'Dorn(strauch)' beruht. Ahd. hiufaltar, hiefaltra 'Hagebuttenstrauch' zeigt dieselbe Endung wie M a ß h o l d e r , Reck-, Wacholder. hier, h i e Adv. Mhd. hie, vor vokal. Anlaut hier, ahd. hia(r), her, asächs. her, hir, mnl. nnl. hier, afries. hlr, ags. anord. got. her, engl, here, dän. her, schwed. hör führen auf germ. *her, idg. *ice- 'hier'. Außergerm, entsprechen lat. eis, citri 'diesseits', citerior 'diesseitig', citrö 'hierher', lit. sls, aslav. sl, hethit. kl 'dies(er)'. Der gleiche Pron.-Stamm in h e r , h i n , h e i n t , h e u e r , h e u t e . Lat. hic 'hier' hat keine germ. Verwandten. Hierarchie f. Im 6. J h . schreibt Dionysios Areopagita Pari les ouranikes hierarchias ' Uber die himmlische Rangordnung (der Engel)'. Von da gelangt hierarchia ins Kirchenlatein, aus dem es als 'innerlich festbestimmte Rangordnung' in die europ. Sprachen übergeht. Daher in lat. Form noch bei Seckendorf 1685 Christenstaat 1, 450 „die Hierarchia oder das PriesterRegiment in der Rom. Kirche". Die heutige Form kaum vor Sperander 1727. Hieroglyphe /. 'Zeichen einer Bilderschrift'. Dem gr. tä hieroglyphikä (grämmata) ist, nach-
Himbeere
dem schon Fischart 1575 Hierogliphisch, Hieroglypisch gebildet hatte, im 18. J h . h i e r o g l y p h i s c h e F i g u r e n nachgeformt. Unser junges Subst. mit Genuswechsel nach frz. hiéroglyphe m. : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 267. hiesig Adj. seit Schönsleder (Augsb. 1618): für mhd. *hiewësec. S. d a s i g . Hifthorn n. mit der Umdeutung H ü f t h o r n (man trug das Horn an einem Gürtel um die Hüfte). Älteste Form H i e f h o r n : zu dem lautmalenden M. H i e f ( H i f t ) 'Stoß ins Jagdhorn'. Hilfe f. mhd. helfe, hilfe, ahd. hëlfa, hilfa, asächs. hëlpa, afries. hëlpe, ags. help(e), anord. hjalp: zum st. Ztw. h e l f e n (mhd. hilfe, half, hülfen). Daneben steht Luthers Form H ü l f e als gleichberechtigte Bildung, die frühnhd. vorherrscht und noch bei Adelung 1796 allein gilt. Hilpertseriffe Mz. 'schlaue, ränkevolle Handlungen', vorab 'Roßtäuscherkniffe', vom 16. bis 18. J h . allbekannt, heute noch im Coburgischen. Als Marstaller Kaiser Friedrichs I I . in Neapel hat Meister Albrant vor 1250 die erste deutsche Roßarzneikunde geschrieben. Mit steigender Verbreitung hat sein Buch die alte Würde eingebüßt und allerhand Trug und Listen aufgenommen. Dabei wurde der Name des Verfassers zu H i l ( d e ) b r a n d entstellt. Nach G. Eis 1939 Meister Albrants Roßarzneibuch 106 f. knüpft man H i l p e r t s g r i f f passender hier an, als an den Waffenmeister Hildebrand der Heldensage, dessen Kunstgriffe im Gefecht stets ehrenhaft blieben. Himbeere f. mhd. hintber, ahd. hintberi, dazu (z. T. in der Bed. 'Erdbeere') asächs. hindberi, ags. hindberrie, engl, mundartl. hindberry, dän. hind-, himbeer. Wie W i m p e r (s. d.), A m b o ß , e m p o r , I m b i ß aus wintbrä, so wurde aus hintber zunächst himper, - b e e r e ist nachmals aus dem Simplex hergestellt. Die Deutung 'Beere, die die H i n d e (s. d.) gern frißt' befriedigt nicht, weil sie nicht für Rubus idaeus allein gilt; 'Dornstrauch, in dem sich die Hinde mit ihren Jungen birgt' leuchtet eher ein, denn das Brombeergebüsch ist viel zu dornig, da können so große Tiere schwer eindringen. Es braucht nicht die Fliegenzeit zu sein. Nun zeigt die Synonymik von Himbeere, daß sie viel beliebter ist als die erst in den letzten Jahrzehnten in ihrem schwer zu bändigen Wucherwuchs in den Garten geholte Brombeere (s. d.). Die Himbeere zeigt viel mehr Deminutive. Übrigens haben beide Beerensträucher streckenweise Gemeinschaftsnamen, so im Spessart und im Allgäu: Lieselotte Wienesen, Die Brombeere 1952, 91. Im Benennungsmotiv läßt sich vergleichen lit. awète, lett. avene 'Himbeere' zu lit. awis, lett. avs 'Schaf': J . Sehwers 1927 Zs. f. vgl. Spracht. 54, 30, aber da braucht nicht an jenes Sichverstecken gedacht zu werden; 20*
Himmel
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wo Hirsche fehlen, können die auch von andern Tieren im Winter geschätzten Blätter zu einer Namenverbindung mit diesen anregen. H i n d l ä u f t e , mhd. hintlouf heißt die Zichorie offenbar nach der Ähnlichkeit der Blätter mit der Fußspur der Hirschkuh. Himmel m., mhd. anfr. himel, ahd. asächs. himil, mnl. nnl. hemel, afries. himel, -iti; dem Nd. entlehnt sind dän. schwed. himmel. Die l-Ableitung kann (wie in E s e l ) für ältere «-Ableitung stehen: n ist nach m des I nlauts in l ausgewichen; aber es kann auch an altes Nebeneinander von ¡/n gedacht werden, vgl. F e u e r , F u n k e , S o n n e : Fraenckel, Lit. etym. Wb. 5; H. F. Rosenfeld, Zs. f. vgl. Phon. 1955, 375. Das Ursprüngliche bieten anord. himinn, got. himins. Nd. hsewen, asächs. heban, ags. heofon, engl. heaven zeigen / für älteres m: zunächst ist mn in zus.-gezognen Formen (anord. Gen. Plur. hifna, Dat. hijnum) zu fn geworden. Nd. gilt weithin hsewen für den natürlichen, H i m m e l als Kanzelwort für den biblischen Himmel. Die Bedeutung 'Decke, Gewölbe' (in ahd. himilizi, mhd. himelze, mnd. hemelte, ags. hüsheofon, heofonröf) entspricht germ. *hemina- zu *icemeno- dem Verbalstamm *lcem- 'bedecken, verhüllen', nämlich mit einem Stein; vgl. die Bedeutungen 'Stein, Himmel' im Aind. Vgl. H a m m e r , Hemd, Leichnam. Himmelfahrt (Christi, Maria) /. ahd. hirnilfart, mhd. himelvart. Näher bei dem kirchenlat. Vorbild ascensus bleibt das mundartl. noch geltende A u f f a h r t ( t a g ) : E. Ochs 1926 Bad. Wb. 1, 80. Himmelschlüssel s. S c h l ü s s e l b l u m e . himmelschreiend Adj. Nach 1. Mos. 4 , 1 0 vox sanguinis fratris tui clamat ad me erscheint seit Stieler (1691) 2239 „Himmelschreyende, grausame Sünde". Unserm geflügelten Wort (Büchmann 1912 S. 4) sind dän. kimmelraabende, schwed. himmelskriande nachgebildet. Himmelszelt n. Das schöne Bild, nahegelegt durch Psalm 104, 2 „Du breitest aus den Himel, wie ein teppich" (so Luther 1534), zuerst bei Muskatblüt (bair. Oberfranken vor 1438): Siegfr. Junge 1932 Studien zu Muskatbl. 131. Himten m. ein Getreidemaß, erscheint im 12. J h . als mlat. hemeta, im 13. J h . als md. hemmete (F. Bech, Germ. 20, 43), lebt obersächs. als H e i m z e n (K.Müller-Fraureuth 1, 495), thür. als H i m p t e n (L. Hertel 119). Dazu mnd. hemete, nnd. hemp(t)e, himpe: O. Mensing 2, 805f. Lat. hemina (s. I m m i ) hat sich mit mnd. mette, mhd. metze (s. M e t z e ) zur halbfremden Beze.chnung eines Trockenmaßes verbunden: E. Schwentner 1932 Beitr. 56, 351 ff. hin Adv., mhd. hin(e), ahd. hina 'von hier fort, hin(weg)', mnl. hene, nnl. heen, ags. hin- 'von hinnen' in hingang, -siß 'Hinscheiden': zu dem
hinrichten
auch unter h e r , h e u t e , h i e r , h i n n e n usw. vorausgesetzten Pron.-Stamm germ. *hi-, idg. *fce- 'dieser'. Außergerm, kommt der Bildung von h i n am nächsten air. cen- 'diesseits' in cenalpande 'cisalpinus'. Hinde f . 'Hirschkuh'. Ahd. hinta, ags. anord. hind gehen auf germ. *hindö zurück. Der Dental ist ableitend, n davor aus m entstanden, wie in h u n d e r t , S c h a n d e , S u n d . Urverw. aind. säma-, lit. imulas 'hornlos', smülis m., smüle f . 'Rind ohne Hörner', gr.kemas, Gen.-ddos'junger Hirsch'. Grundform *1cemti-. Das alte F. wird durch die Endung -in neu verdeutlicht:: H i n t i n Crusius 1562 Gramm. 1, 297. S. H i m beere, Hirsch. hindern Ztw. mhd. hindern, ahd. hintiren, hintarön, ags. hinderian, anord. hindra: zur Präp. h i n t e r (vgl. ä u ß e r n , f ö r d e r n ) . hinfttr Adv. ahd. hina jure 'ferner', daneben gleichbed. f ü r h i n vom 15. bis 18. J h . Das kanzleimäßige h i n f ü r o , das um 1500 a u f t a u c h t , bildet die wenig älteren Kanzleiformen d e r o , i r o nach: H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 180; Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. 333. hingegen Adv. Konjunkt., um die Mitte de» 16. J h . dem mhd. dar engegene nachgebildet. Auch in h e r g e g e n (spätmhd. her engegene, österr. l i e r e n t g e g e n ) ersetzt h e r älteres d a r : Behaghel 1928 Dt. Syntax 3, 175. Hinkel s. H ü n k e l . hinken Ztw., mhd. mnd. hinken, ahd. hinkan, ags. hincian, anord. hinka. Daneben mit Ablaut gleichbed. mhd. hanken, mit s- schwed. m u n d artl. skinka 'lahmen', anord. skakkr 'hinkend, schief'. H i n k e n ist ahd. und mhd. stark, ebenso bei H. Sachs und obd. vielfach bis in lebende Mundart; bei uns seit Luther schwach: H. P a u l 1917 Dt. Gramm. 2, 217. Zur idg. Wurzel *(s)keijg- stellen sich auch gr. skdzo (aus *sqr}giö) 'hinke', aind. khdnjati 'hinkt', khanja- 'hinkend', khanjana- 'Bachstelze'. S. S c h e n k e l . hinnen Adv. 'von hier weg' mhd. hinnen, ahd. hinnan, hinnän, hinana, asächs. hinan(a), ags. heonan, engl, (mit suffigiertem s) hence. Zum Pron.-Stamm germ. *hi- (s. h e i n t , h e u t e , h i e r usw.), wie d a n n e n und w a n n e n zu *ßa-, *hwa-. Zusatz der urspr. nur verdeutlichenden P r ä p . v o n ist frühnhd. Pflicht geworden, um die Grenze gegen ein anderes h i n n e n klar zu ziehen, das bei Luther, Rabener, El. Schlegel, Herder. Goethe usw. aus h i e i n n e n zus.-gezogen ist, wie h a u ß e n aus h i e a u ß e n . hinrichten Ztw. bed. frühnhd. 'zugrunde richten'. Die heutige Bed. entsteht einerseits durch Kürzung der frühnhd. Wendung z u m T o d h i n r i c h t e n , anderseits verdeutlicht sie mhd. rihten, das auch allein diesen Sinn haben konnte, wie R i c h t e r 'carnijex' durch H i n - , N a c h r i c h t e r
hinten
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verdeutlicht ist. Dan. henrette s t a m m t aus dem Deutschen. hinten Adv. mhd. hinden(e), ahd. hintana, asächs. bihindan 'hinten; hinterdrein', ags. (be-) hindan '(von) hinten', got. hindana Adv. Präp. "hinter, jenseits'. Der Dt. Sprachatlas stellt die Laut- und Wortgeographie (: a c h t e r s. d.) auf den Karten 60, 61 dar. S. h i n und h i n t e r . hinter Präp. ahd. hintar, mhd. hinter, hinder, ags. hinder, got. hindar: Akk. Neutr. eines alten Kompar. auf gr. -iero-, aind. tara-, wozu got. hindumisls 'äußerster', ags. hindema 'der letzte' den Superl. auf idg. -temo- bewahren. Ahd. nt ergibt lautgesetzl. mhd. nd (s. h i n d e r n ) , doch hält sich nt gern, wenn die folgende Silbe von einem silbischen r gebildet wird ( m u n t e r , W i n t e r ) . Die Wortgeographie bietet der Dt. Sprachatlas (: a c h t e r s. d.) auf den Karten 26, 44. — Der Kompar. h i n t e r wird als Adj. gebraucht in ahd. hintaro und dieses substantiviert, so schon mhd. hinder schw. M. 'Gesäß'. Nachdem H i n t e r n zum niedrigen Wort geworden war, wurde es in akad. Kreisen durch das ähnliche Posteriora, in der Kinderstube durch P o p o (s. d.) ersetzt: H. Schulz 1909 Zs. f. d. Wortf. 10, 144. Vgl. h i n t e r . Hinterland «. landeinwärts oder flußaufwärts gelegenes Gebiet, dessen natürliche Verkehrsbeziehungen nach einem bestimmten Küstenstrich gerichtet sind. Das Kolonialwort fehlt bei Sanders noch 1885. Im Februar 1895 erhebt der Pariser Figaro erregten Einspruch gegen die Einführung von l'hinterland ins Frz., es hat sich aber (wie fertig, krach, talweg) doch durchgesetzt, so gut wie engl. ital. hinterland: Le monde moderne 1895 II 662; Zs. d. Sprachv. 13 (1898) 14. 14 (1899) 125. 17 (1902) 19. 26 (1911) 106. Hinterwäldler m. 'durch urwüchsige Derbheit und einfachste Lebensführung auffallender Mensch' wird seit 1833 gebräuchlich als Lehnübersetzung des engl.-amer. backwoodsman. Dies unübersetzt 1819 im Stuttgarter Morgenblatt, wo Back-wood 'Hinterwald' als „der übliche Ausdruck für die neuen Ansiedlungen jenseits der Alleghanygebirge" eingeführt wird: A. Gombert 1905 Zs. f. dt. Wortf. 7, 146; Ladendorf 123; Stiven S. 50f. mit Anm. 264. Hinz, H e i n z Koseform zum Männernamen H e i n r i c h (wie F r i t z , G ö t z , K u n z , L u t z zu Friedrich, Gottfried, Konrad, Ludwig); wegen der Häufigkeit der auf die alten Königsnamen zurückgehenden Namen H e i n r i c h und K o n r a d in der Formel H i n z u n d K u n z 'jeder beliebige' zwischen 1100 und 1300 fest geworden. Die Harzlandschaft liefert das von nd. Hinrik ausgehende H i n z (Heinrich I. seit 919), der früheste Beleg für Chuncilin stammt aus Weißenburg 699, (König Konrad I. seit 911) so daß nd.
Hirsch
mit hd. Sprachgut zur Formel gebunden erscheint: 0 . Meisinger 1924 Hinz und Kunz 35ff.; E. Christmann, Obd. Zs. f. Volkskde. 1944. H i n z e ist im Tierepos (Reinke de Vos 78. 906) Bezeichnung des Katers, in der Volkssprache 'Hauskatze' (so Stieler 1691 neben thür. Minz), in md. Ma. auch für das Männchen von Kaninchen und Hasen. S. L a m p e . — H e i n z , K a t z e n h e i n z u. a. heißt der Kater (s. d.) vom Vogelsberg bis Südthüringen und im Egerland. Hiobspost f . ' CJnglücksnachricht' nach Hiob 1, 14—19 im 18. J h . gebildet und durch Goethe 1773 Götz v. Berl. (Weim. Ausg. I 8, 41) beflügelt. P o s t (s.d.) steht in seiner alten Bed. 'Botschaft'. Vgl. K a i n s z e i c h e n , U r i a s b r i e f . Hippe1 f . 'Sichelmesser, Handbeil', eine ostmd. Form, die Luther 1522 Offenb. 14, 17—19 viermal für gr. drepanon verwendet und damit ins Nhd. einführt. Sonst H e p p e , H ä p e , mhd. hep(p)e, älter häppe, mnd. mnl. hepe, ahd. habba, häp(p)a, häppia, mlat. (h)apia, hapiola, germ. *hebjö-: Werkzeugname auf -jö(n)-, wohl zum idg. Verbalstamm *{s)kep- 'mit scharfem Werkzeug arbeiten', somit urverwandt mit gr. kopis 'Messer', lit. kapöne, lett. kapäns 'Hackmesser', lit. kaplys 'Hacke, Eisaxt' usw. Th. Frings 1943 Zs. f. rom. Phil. 63,174ff. erweist H ä p e als Ausdruck der alten fränk. Holzwirtschaft (nördlich *häbbia, südlich *häppia), der nach Limburg und Gelderland, Westfalen und Siegerland sowie in bair. und alem. Grenzstriche ausstrahlt. Über die Moselstraße gelangt *häppia zu den roman. Nachbarn, daher frz. (seit dem 12. Jh.) hache ' A x t , Beil'. Fläm. happe 'Holzaxt' ist früh aus den benachbarten frz.-flandr. Nachbarmundarten weiterentlehnt. Die Verkl. frz. hachette h a t engl, hatchet 'Beil' ergeben. — Vgl. S i c h e l . Hippe* /. s. H a b e r g e i ß , Z i e g e . Hirn n. mhd. kirne, ahd. hirni, mengl. hernes, engl, mundartl. harns, anord. hjarni. Das bodenständige nd. Wort s. u. B r ä g e n . Mnl. hersenen (wozu mhd. hersenier 'Kopfbedeckung unter dem Helm') erweist für ahd. hirni Entstehung aus *hirzni, *hirsni, für anord. hjarni Entstehung aus *herznan-, Zum Übergang von rzn, rsn in r(r)n vgl. H o r n i s s e . Dem so erwiesenen germ. *herzn-, *hersn- (auch in anord. hjarsi 'Kopfwirbel') steht aind. sirsan 'Kopf' am nächsten, weiter gr. kränion 'Schädel', kdra, kdrenon ' K o p f ' (älter *krasnion, *kdrasa, *karasnon), lat. cerebrum (aus *ceresrom) 'Gehirn'. Zum idg. Stamm *üer- ' K o p f ' gehört auch H o r n (s.d.). Hirsch m. Mhd. hir%, hir(t)z, ahd. kir{u)%, hirz (ursprünglich Nom. hiru%, Gen. hirzes), mnd. herie, harte, asächs. anfr. hirot, mnl. nnl. hert, afries. hert, ags. heorot, engl, hart, anord. hjgrlr (aus *herutr), schwed. dän. hjort 'Hirsch', daneben anord. hrütr (aus *lcrüd-) 'Widder' (s.
Hirschfänger
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h u r t i g ) . Germ. *herut- (auch im N a m e n Cherusci), aus *lcerud- ist auf -ud gebildet wie das a b l a u t e n d e gr. körydos ' H a u b e n l e r c h e , der geh ö r n t e Vogel': F. Kluge 1926 S t a m m b i l d . § 6 0 . Z u m gleichen S t a m m abweichend gebildet die u r v e r w a n d t e n k y m r . carw, korn. earow, b r e t . karo, lat. cervus (aus *tcenuos) ' H i r s c h ' ; gr. krws ' W i d d e r ' , karnos ' S t ü c k Vieh', alb. ka 'Ochse', poln. karw 'alter, fauler Ochse' ( d a r a u s e n t l e h n t a p r e u ß . curwis ' O c h s e ' ; vgl. a u c h den Gebirgsn a m e n K a r a w a n k e n ) , russ. korova, lit. kdrve ' K u h ' , a p r e u ß . sirwis ' R e h ' ( d a r a u s e n t l e h n t f i n n . hirvi, lapp. iuarvi ' E l e n ' ) . Im Gr. e n t s p r i c h t ferner keraös ' g e h ö r n t ' (aus *KEpocpös, zu keras ' H o r n ' ) . Die Tiere heißen n a c h ihren H ö r n e r n , der Hirsch n a c h dem Geweih. Das weiß s c h o n Isidor, Etym. 12, 1, 18: cervi dicii ahd. i aus irischer Mission möglich: L. Weisgerber 1952 Rhein. Viertelj.bl. 17, 25. Westfäl. knlte, knilte 'Kreide' zeigt n s t a t t r vor Dental. Kreis m. Ahd. mhd. krei% 'Kreislinie, Umkreis, Landeskreis, Bezirk', mnd. kreit, kret 'Kreis, eingezäunter Kampfplatz' führen auf germ. *kraita-, Daneben am Niederrhein mit hd. Lautversch. kreilz, woraus im 17. J h . entlehnt nnl. kreils, als Stufe nicht zu Ende geführter Lautverschiebung: R. Bruch, Zs. f. Mundartfg. 21, 149. Aus einer entspr. hd. Form stammen dän. kreds, schwed. kreis. Dazu mit Ablaut germ. *krlta in mnd. kril, nnl. krijl 'eingezäunter Kampfplatz', ferner mhd. krizen 'eine Kreislinie ziehen'. Grundbed. scheint 'Einritzung' zu sein, vgl. ahd. krizzön 'einritzen', mnd. krete 'Riß, Einschnitt' und k r i t z e l n . kreischen Ztw. mhd. krischen, mnl. eriseen 'scharf schreien'. Gleichbed. mhd. krljen (germ. *kritan) weist darauf hin, daß vor dem suffigierten sk von k r e i s c h e n ein germ. I ausgefallen ist. Vgl. k r e i ß e n . Kreisel m., das Kinderspiel, bei dem sich der von der Peitsche getriebene (schon von Schliemann in Troja gefundene) Kegel im Kreise dreht. Die Wortgeographie zu'Kreisel* als Kinderspielzeug (woher die technische Sprache ihr Fachwort geholt hat) bietet Otti Henk bei Mitzka, Dt. Wortatlas I (1952). Die Schriftform überdeckt Ostthüringen, Obersachsen, Ostpreußen, reicht vom unteren Lech über Nürnberg bis an die Rhön, gilt weithin in Tirol. Von anderen Worträumen nimmt Triesel, südlicher Driesel das Brandenburgische um Berlin ein, das erste auch um Soest — Iserlohn. An der Küste gilt weithin (Brumm)küsel, gerundetes Kreusel im Schlesischen von Liegnitz bis Mcseritz, um Wohlau; Tiddeltop im Ostfricsischen und südlicher; Pinndop im Norden Westfalens, im Westen Iskloot, Drieweklool (s. Kloß); im Südosten Dilldopp, wie u m Köln am Oberrhein bis nach Lothringen
Kren
Tamknopf; österr. damischer Hansl; u. a. Mhd. krinsel zu krüs 'Krug', entrandet nach Kreis. kreißen Ztw. krizen st. Ztw. 'scharf schreien, stöhnen', mnd. mnl. krilen, nnl. krijten st. Ztw. 'schreien'. Außergerm, vergleichen sich mir. grith, kymr. gryd (aus *grifus) 'Schrei'; lat. gingrlre 'schnattern' zeigt Reduplikation, bei der r — r in n — r ausgewichen ist. Sämtlich zur Schallwurzel idg. *ger- 'schreien', s. K r a n i c h usw. Eine .^-Erweiterung liegt in k r e i s c h e n vor, s. d. Die Besonderung auf die bei der Geburt ausgestoßenen Schreie und die Übertragung auf den Geburtsvorgang selbst sind erst nhd. Krematorium «. 'Haus zur Leichenverbrennung' zu lat. cremäre 'verbrennen', verwandt mit lat. carbö 'Kohle', urverwandt mit H e r d , s. d. Die öffentliche Aussprache über die Feuerbestattung beginnt 1870, der K r e m a t i o n s - O f e n wird 1874 erfunden, das erste Krematorium 1878 in Gotha errichtet. S. b e s t a t t e n und H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 403. Krempe /. '(aufgebogener) H u t r a n d ' : unter Beteiligung von Schriftstellern wie Chr. Weise 1673 und Stieler 1691 ins Nhd. aufgenommen aus nd. krernpe. Dies zu dem unter K r a m p e , K r a m p f , k r u m m entwickelten Adj. germ. *krampa-, ahd. kramph in seiner Bed. 'aufgebogen'. Krempel m. Lat. comparäre 'verschaffen' ergibt ital. comprare 'kaufen' (mit compra 'Kauf'). Daraus wird mit Umstellung des r ital. crompare, südfrz. crovmpä. Dazu mhd. grempen 'Kleinhandel treiben', grempeler 'Trödler' u n d das namentlich in den Mundarten weitverbreitete grempel, krämpel m. 'Kleinhandel; Trödlerkram' (die Vermengung mit G e r ü m p e l beruht auf Volksumdeutung). G r e m p e l m a r k t war einst in ganz Oberdeutschland und bis Hessen verbreitet. Krempel f . 'Wollkamm', nd. md. Lehnwort der mhd. Zeit: Verkleinerung zu K r a m p e ' H a k e n ' s. d. Kremser m. 'Gesellschaftswagen'. Der Berliner Hofagent Kremser (der selbst nach einem der Orte K r e m s heißt) erhielt 1825 durch Kabinettsorder die Erlaubnis, Wagen zu öffentl. Gebrauch zu stellen, die „auf eisernen Achsen laufen und auf Federn ruhen sollten". Am 20. Mai 1825 stellte er die ersten zehn Wagen am Brandenb. Tor auf, die K r e m s e r genannt wurden (wie die Luftschiffe nach ihrem Erfinder Zeppelin). Kren m. mhd. (seit dem 13. Jh.) ehren, kren 'Meerrettich', heute in hd. Umgangssprache Österreichs sowie in Teilen von Bayern und Schlesien. Aus dem Slaw. entlehnt: aslaw.chr&nü, poln. chrzan, tschech. krn, älter chrän, russ.
Krenze
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ehren, kleinruss. ehrin, sloven. serbokr. hren. Auf Entlehnung aus dem Slav. beruhen auch gleichbed. lit. krienà, Mz. kriënos, rumän. hrean, ngr. krdnos. Durch das Dt. vermittelt sind frz. cran, rätorom. cregn, ital. cren(no). Ungeklärt ist, wie die alten, wohl südeurnp. Namen der Armoraeia rusticana (kerdïn bei Theophrast, e{h)erain bei Plinius) in die Vorgeschichte des aslaw. ehrênu einzuordnen sind. Ein Wort slaw. Herk u n f t gilt neben dem heimischen auch in P e i t s c h e 'Geißel' und S c h ö p s ' H a m m e l ' : P. Kretschmer 1918 Wortgengr. 333f.; Ph. Wiek 1940 Slav. Lehnwörter 89; H. Marzeil 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 398f. — S. M e e r rettich. Krenze /., mhd. krerne, krinze, frühmhd. chrenzze schw. F. 'Korb(geflecht), geflochtene Tragbahre': Nebenform zu K r ä t z e 1 . Die dort genannte idg. Wurzel *greth- hat nasalierte Nebenformen auch in aind. granthnämi 'winde, knüpfe (einen Knoten)', granlhi-, granlha 'Knoten'. Kreole m. 'von einem Weißen mit einer Mestize erzeugter (bräunlicher) Amerikaner* und 'in den Kolonien Geborener von rein europ. Blut'; bei uns seit A. Montanus 1673 Neue Welt 423 a als K r i o l o . Diese Form entspricht dem span. criollo, das im 18. J h . durchgesetzte K r e o l e dem frz. créole. Beide beruhen auf portug. crioulo, das zu crier 'erziehen' (aus lat. creare 'erzeugen') gehört. Palmer 81. krepieren Ztw. Ital. erepare, aus dem lat. Schallwort crepäre 'krachen, platzen', entwickelt die Bed. 'zerbersten', die heute noch von Sprengund Feuerwerkskörpern gilt. Sie erscheint in dt. Kriegsberichten seit 1694. Daneben ist ital. erepare zu 'verrecken' geworden. So spielt c r e p i r e n als Soldatenwort des 30jähr. Kriegs eine Rolle und wird vom Teutschen Michel 1638 als modisches Fremdwort verhöhnt. Seit Beginn des 18. J h . wesentlich auf Tiere beschränkt: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 403. Krepp m. 'lockeres Seidengewebe, Krausflor'. Zu lat. crispus 'kraus' gehört afrz. cresp, nl. (16. Jh.) crespe, das in hd. Text seit 1594 als K r e s p erscheint. Für die seit 1715 auftretende Form C r e p ist frz. crêpe Vorbild (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 403 f.), auf dem auch engl, crape beruht. kreß Adj. 'orangerot', K r e ß w. 'Orangefarbe': nach der Farbe der Kapuzinerkresse benannt von Wh. Ostwald (f 1932). S. v e i l . Kresse 1 f . Lepidium sativum, Brunnenk r e s s e f . Nasturtium officinale. Mhd. kresse, ahd. kresso m., kressa f., mnd. kerse, karse, mnl. kersse, korsse, nnl. kers, ags. cressa m., cresse f., engl, (water-) cress führen auf ein westgerm. Wort, das in den Norden (dän. karse, schwed.
Kreuz
krasse; lett. kresse) und ins Roman, (volkslat. crescö, mlat. cresso, crissonus, frz. cresson, ital. crescione) entlehnt ist. Als germ. Stamm wird *kra.ijö- angesetzt; für urverwandt gelten gr. grdstis 'Grünfutter', grdein 'nagen', apreuß. grènsings 'beißig', aind. grdsati 'frißt' zum idg. Verbalstamm *gres-: *grös-: *gr»s- 'fressen, knabbern'. Dehnstufe (idg. *greso) zeigt anord. kräs f . 'Leckerei'. Die Pflanze scheint danach zu heißen, daß sie ohne weiteres genossen werden k a n n : M. Heyne 1901 Nahrungswesen 326; Zs. f. dt. Wortf. 2, 229. 3, 302. 6, 22; J . Sehwers 1927 Zs. f. vgl. Spracht. 54, 51 f. Vgl. Kapuzinei kresse. Kresse 2 f . der Fisch Gobio fluviatilis, auch K r e ß l i n g , G r u n d e l , G r ü n d l i n g . Der Name ahd. chrësso, asächs. crësso, mhd. krësse m. ist nur deutsch. Der Stammvokal stimmt zu ahd. ehrësan 'kriechen': die Bewegungen des Fischs am Wassergrund haben etwas Schleichendes. Im Szeklerland heißt er magy. sdr-mdszo-szaka 'im Kot kriechender Widerhaken': ö . Beke 1934 Idg. Forsch. 62, 138. Krethi u n d P l e t h i : König Davids Leibwache bestand aus fremden Söldnern, wahrscheinlich Kretern und Philistern. Luther übersetzt 2. Sam. 8, 18 u. ö. Crethi vnd l'lethi. In luth. Kreisen seit 1710 (H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 404) als geflügeltes Wort für 'gemischte Gesellschaft': A. Götze 1923 Zs. f. d. Phil. 49, 287. Kretin m. zuerst bei Kant 1798 Anthr. 116 von den Schwachsinnigen des Wallis, die frz. crétin heißen. Das entspricht einem ital. cretino, lat. christianus, und ist schonender Ausdruck wie frz. innocent: die Unglücklichen gelten für besonders beschützte Wesen: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 404. Kretscham, -em m. 'Dorfschenke'. Zu aslaw. krüHma 'Schenke' stellen sich tschech. krima, wend. korima, poln. karezma 'Schenke'. Aus dem Wend. entlehnt erscheinen in ostmd. Quellen seit 1320 kreezym 'Schenke' und kreeimer ' Wirt'. Eingebürgert in Posen, der Lausitz und Schlesien. Von da geht der Fam.-Name K r e t s c h m a r aus. Auch magy. koresma beruht auf Entlehnung aus dem Slaw. Wiek 90f. Kreuz n. mhd. kriuze, ahd. asächs. krüzi, mnl. erüse, afries. kriöce. Im 8-/9. J h . entlehnt aus lat. cruce-m zu crux f . (vgl. A b t , O r d e n ) , als lat. c vor Palatal schon «-Aussprache hatte (vgl. Zeder, Zelle, Z e n t n e r , Zimbel, Zins, Zirk e l , Z i t h e r gegen K a i s e r , K a l k , K e l c h , K e l l e r , K i c h e r e r b s e , K i s t e , R e t t i c h ) , mit Dehnung der alten Kürze in der Tonsilbe (wie B r i e f , L e i e r , S c h u l e ) und mit Genuswechsel. Vorher gilt für 'Kreuz' got. galya, ags. gealga. Engl, cross, isl. kross, schwed. dän. kors 26»
kreuzbrav
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zeigen lat. Lehnwort in einer Gestalt, die auf mittelir. cross beruht. kreuzbrav Adj. Einem bei Fischart beliebten k r e u z g u t 'so gut wie das Kreuz als Zeichen des Christentums', aber auch Verstärkungen wie K r e u z d o n n e r w e t t e r , - S a k r a m e n t ist Student. k r e u z b r a v nachgebildet, das zuerst in E r f u r t 1749 Vergn. Abendst. 2, 367 begegnet und seit Zaupser 1789 Bair. Id. 44 in obd. Ma. bezeugt ist. Stud. Ursprungs sind auch k r e u z d u m m , - f i d e l ; über h ö l l i s c h , k a n n i b a l i s c h , o c h s i g , v e r d a m m t als Verstärkung s. Kluge 1895 Stud.-Spr. 68f.; Zs. f. d. Wortf. 4, 310. Vgl. 0 . Hauschild, Die verst. Zus.-Setz. bei Eigenschaftswörtern im D t . Progr. Hamburg 1899. kreuzen Ztw. (seemänn.) seit 1627 dem nl. kruisen (woher auch engl, cruise, frz. croiser, span. port. cruzar) nachgebildet, zunächst als 'hin und her fahren', seit 1821 als 'sich bei ungünst. Wind dem Ziel im Zickzack nähern'. Dazu K r e u z e r m. 'Kriegsschiff, das hin und her fahrend eine Küste schützt, den Gegner beobacht e t und schädigt', zuerst von ostind. Verhältnissen 1662, für die nl. cruiser (woraus engl. cruiser, frz. croiseur) seit 1681 bezeugt ist: Kluge 1911 Seemannsspr. 490ff. Kreuzer m. seit dem 13. J h . als Silberpfennig in Verona und Meran (Etschkreuzer) geschlagen und nach dem aufgeprägten liegenden Kreuz (daher die Abkürzung xr.) mhd. kriuzer benannt, dem lat. denarius cruciatus, cruciger(us) entsprechen. Nachmals zur kupfernen Pfennigmünze gesunken. Aus dem dt. Wort stammen tschech. krejear, slov. krajear, magy. krajedr. Kreuzfahrer m. erscheint seit Zedier 1733 Univ.-Lex. (Zs. f. d. Wortf. 12, 189) als geläufiges Wort. Es ist zu dem schon mhd. kriuzevart gebildet, neben dem seit Steinbach 1734 K r e u z z u g steht, und ersetzt mhd. kriuzeere, kriuzigeere, kriuzebruoder. kreuzfidel Adj. dem älteren k r e u z b r a v (s. d.) von Studenten des 19. J h . nachgebildet, gebucht seit Vollmann 1846 Burschik. Wb. 274. kreuzigen schw. Ztw., mhd. kriuzigen, md. erüzigen, ahd. chriuzigön, älter crücigön. Dem lat. erüeiäre 'ans Kreuz heften, martern' ist zunächst ahd. crüceön nachgebildet, in dem sich g als Gleitlaut eingestellt hat. Nur scheinbar gehört das Ztw. zur Gruppe der von Adj. auf -ig abgeleiteten; näher ist es mit t i l g e n vergleichbar. Kreuzkatalog m. 'Katalog, der Sachstichwörter und Namen zugleich u m f a ß t ' , als Ersatz f ü r engl, didionary eatalogue geprägt von Konst. Nörrenberg 1895: Die Volksbibliothek 1896 S. 28. S. B ü c h e r h a l l e .
kriechen
Kreuzschnabel m. Die Finkenart Loxia curvirostra heißt mhd. krinis mit einem Fremdnamen, der aus tschech.(-russ.) krivonus 'Krummschnabel' entlehnt, nachmals im Gedanken an g r ü n und die Vogelnamen auf - i t z (s. S t i e g l i t z ) zu G r ü n i t z umgebildet ist: Wiek 34; E. Schwarz 1932 Germano-Slavica 2, 235. Die dt. Namen Kreuz-, K r u m m s c h n a b e l , Kreuz-, Christvogel, Zapfenbeißer, Tannenvogel, -pap a g e i (Suolahti 1909 Vögeln. 140ff.) sind jünger und leiten sich teils von den hakenförmig gekrümmten Schnabelspitzen des Vogels, teils von seiner Vorliebe für die Samen der Nadelbäume her. In nordital. Ma. (in der Nähe dt. Sprachinseln) heißt der Vogel cruz nobile. kribbeln Ztw. erst frühnhd., aus mhd. md. kribeln 'kitzeln'. Zur Wurzel *g(e)reibh' ritzen'. Außergerm, vergleicht sich am nächsten gr. (lakon.) griphaslhai 'schreiben; (sich am Körper) kratzen'. Nnl. steht kriebelen 'jucken, stechen' neben kribbelen 'murren'. Vgl. k r a b b e l n und (mit demselben nd. bb) k n a b b e r n , sabbern, wabbeln. Krickente /. heißt Anas crecca nach dem Frühlingsruf des Männchens, den Kenner mit krlik wiedergeben. Der Name begegnet nicht vor dem 16. J h . und ist in Formen wie krickänt in nd. Ma. häufig. Von da s t a m m t dän. krikand, schwed. krickand. Durch Umdeutung entsteht krichentlein (Agricola 1549 De anim. subterr. 3 b), später kriechente, und dies r u f t nd. krüpänt, schwed. krypand hervor: Suolahti 1909 Vögeln. 428 ff. Die Lautgesetze haben dem immer neu an den Naturlaut angelehnten Tiernamen nichts anhaben können. Insofern vergleichen sich frz. criquet 'Schnarrhcuschrecke', gr. krlge 'Eule', krlge 'das Schwirren, Knirschen', krizö 'kreische', aslaw. *skrig- 'knirschen', *skriS- 'Geknirsch'. Krieche /. 'Prunus insititia' ahd. kriach-, criehboum, mhd. krieche, mnd. kreke (von da entlehnt dän. kreege, schwed. krikori), mnl. cri(e)ke. Frz. creque ist dt. Lehnwort. Schon Trochus 1517 Voe. rer. K l b erklärt K. als 'prunurn grecum', und die ahd. Form stimmt zu Chriah 'Grieche'. Da aber kein entspr. mlat. Name, der doch vermittelt haben müßte, nachzuweisen ist, beruht der Anklang offenbar auf Umdeutung eines germ. Worts, das uns entgeht. Zs. f. d. Wortf. 3, 381. 5 , 1 6 . kriechen Ztw. ahd. kriochan, chriuhhan, mhd. kriechen, norw. mundartl. krjuka, urgerm. *kreukan aus *greug-, Gutturalerweiterung zur idg. Wurzel *ger- 'winden'. Daneben ablautend urgerm. *krükan in k r a u c h e n , vgl. norw. mundartl. kruka 'sich niederhocken', im Vokalismus vielleicht zunächst zu K r ü c k e . Daneben mit Labialerweiterung zur gleichen Wurzel mnd. krepen, krüpen mnl. erüpen, afries. kriapa,
Krieg
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Kristall
ags. creopan, anord. krjüpa. Außergerm, ver- die verdeutlichende Zus.-Setzung kriegsgurgel gleichen sich zunächst lit. grubineti 'straucheln, (DWb. 5, 2274), die bes. in obd. Ma. bis ins stolpern', grüblas 'rauhe Unebenheiten' aus 18. Jh. beliebt bleibt: Schweiz. Id. 2, 418; *greub-, H. Fischer 4, 754. Kriegsschauplatz m. Frz. théâtre de la guerre Krieg m. mhd. kriee (g) 'Anstrengung, Streben nach etw., gegen etw. oder einen, Wider- wird seit Ende des 17. Jh. mit „Schauplatz des stand, Anfechtung, Wort-, Wett-, Rechtsstreit, Krieges"gegeben(s. S c h a u p l a t z ) . Goethe 1793 Kampf', ahd. chreg 'Hartnäckigkeit' mit widar- Belag, von Mainz (Weim. Ausg. I 33) 304 setzt kregi 'Streit' und widarkriegelin 'halsstarrig' die Lehnübersetzung K r i e g s s c h a u p l a t z durch. mnd. krlch, -ges (daraus entlehnt dän. schwed. Krimskrams m. jüngere Nebenform zu krig), mnl. crijch (gh), nnl. krijg. Den andern K r i b s k r a b s , s. d. germ. Sprachen fremd; ein gemeingerm. Wort Kring m. mhd. krinc (g) 'Kreis, Ring, Befür 'Krieg' fehlt. Sehrts Einfall (Mod. lang, notes zirk' mi t der md. Nebenform kramt (g). Das Nd. 42, 110), K r i e g als Rückbildung aus K r i e g e r hat eine Nebenform krink mit ausl. k, wie denn aufzufassen und dieses aus lat. (miles) gregarius in der ganzen Sippe k und g im Stammauslaut abzuleiten, scheitert außer an lautlichen Schwie- wechseln, s. k r a n k . Anord. kringr 'Ring', abrigkeiten daran, daß K r i e g viel früher bezeugt lautend ags. eranc-, engl, erank 'Krümmung', ist als K r i e g e r , das erst um 1300 zögernd ein- mengl. cranke, engl, crankle 's. schlängeln'. Aus setzt. Auch haben die Germanen im Gebiet des den verw. Sprachen zieht man zu der durch Kampfs, in dem sie Lehrmeister aller Nachbarn K r i n g erwiesenen Wz. *grengh lit. grçUiù, geworden sind, nicht nötig gehabt, zu Anleihen grçSti' drehen, wenden', apreuß. granstis'Bohiei'. zu greifen. K r i e g ist als germ. Erbwort aufzu- S. K r a n z . fassen. Die allerdings spärlichen ahd. Zeugnisse Kringel, K r e n g e l m. Verkl. zu K r i n g weisen auf eine Ausgangsbedeutung 'Halsstarrig- ( K r ä n g ) , schon mhd. Name eines Gebäcks, keit', die durch afries. hla'skrigä f . 'Steifheit des ebenso mnd. kringel(e) 'Kreis; rundes BackHalses' gestützt wird. So ist an Urverwandt- werk, anord. kringla f . 'Kreis'. Krinitz s. K r e u z s c h n a b e l . schaft mit lett. grinigs 'straff, drall' zu denken, das in seiner Ableitung grinums 'Härte, Strenge, Krinoline f . Als Ableitung von frz. crinière Barschheit, Zorn' ähnliche Sinnentfaltung zeigt, 'Mähne' (Sammelwort zu crin, lat. crlnis 'Haar') wie K r i e g : E. Karg-Gasterstädt 1937 Beitr. entwickelt sich über *crinerine und *crineline im 19. Jh. frz. crinoline 'Roßhaarzeug, Reif61, 257 ff. kriegen Ztw., mhd. kriegen, md. mnd. mnl. rock', das 1856 zu uns gelangt: H. Schulz 1913 krigen, nnl. krijgen, afries. kriga: westgerm. Ab- Fremdwb. 1, 405. leitung zum M. K r i e g , s. d. Von dem schw. Krippe f . Mhd. krippe, ahd. krippa für kripZtw., das mhd., md. und mnd. vorliegt, scheidet •pia, asächs. kribbia, mnl. afries. kribbe, ags. cribb sich ein starkes md. mnd. nd. krigen, dessen führen auf westgerm. *kribjön. Wegen EntVerhältnis zum mhd. schw. Ztw. kriegen nicht stehung von hd. pp aus germ. bj vgl. R i p p e , klar ist. Im Nhd. begegnet das st. Ztw. bis zum S i p p e , ü p p i g . Im Hd. besteht eine Nebenform Ende des 16. Jh., in einem Teil unsrer Mund- mit germ. -pp-: ahd. chripfa, mhd. kripfe; auch arten lebt es bis heute. Die Grundbed. 'Krieg zeigen sich landsch. Formen mit w (ü): alem. führen', in Mundarten des Südstreifens zu allen chrüpf(e), nd. krübbe (woraus dän. krybbe), mnd. Zeiten die einzige, lebt nhd. nur in gehobener krubbe (woraus älter dän. krubbe, schwed. krubRede fort. Umgangssprachlich steht k r i e g e n ba), ags. crybb. Aus dem Germ, entlehnt sind parallel dem Schriftwort b e k o m m e n (alem. ital. greppia, venez, piemont. grupia, prov. überecfio). Die Bed. 'aecipere' geht von nd. und crupia, crepcha, frz. crèche (woraus mengl. md. Mundarten aus, die werven für erwerven, creeche, engl, cratch). Die Bed. 'hölzerner delen für erdelen 'Urteil sprechen' sagen und in Futtertrog' ist mit Sachwandel hervorgegangen denen zu dem erlouben der Rechtssprache ein F. aus der älteren 'Flechtwerk': so ist Beziehung loube gehört. Die Vermutung, k r i e g e n sei aus zu mhd. krëbe, 'Korb' herzustellen: mit bh-Erdem einst häufigen e r k r i e g e n gekürzt, wird weiterung zur idg. Wurzel *ger- 'drehen, winden', dadurch gestützt, daß massenhaft Part, ohne zu der mit p-Erweiterung K r a f t (s. d.) gehört. ge- (stark k r i e g e n , schw. k r i e g t ) erscheinen, Die Krippe als Bewahranstalt für Kinder hat vorab im Sturm und Drang. Vgl. l e i d e n . den Namen nach Christi Krippe. Kristall m. Zu gr. kryos 'Frost', urverw. Kriegsgurgel /. 'roher Soldat'. Rotw. tritt 1510 mehrfach gurgeln für 'bettelnde Lands- mit lat. crusta (s. K r u s t e ) gehört krysiallos knechte' auf (Kluge 1901 Rotw. 1, 54. 76. 79), 'Eis, Bergkristall', das über gleichbed. lat. offenbar als pars pro ioto für den durstigen crystallus mlat. cryslallum ergibt. Auf dessen Gartbruder. Seit 1525 häufen sich die Belege für Plur. beruht ahd. (um 1090) cristalla, mhd.
kritteln
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cristalle f . Daneben scheint das mhd. M. cristäl(le) (seit 1200) auf frz. Vermittlung zu beruhen: Suolahti 1929 Frz. Einfluß 133. Die undeutsche Betonung ist dem Fremdwort geblieben. kritteln Ztw. Seit Stieler (1691) 705 erscheint ein Iandschaftl. g r i t t e l e n 'Einwürfe machen', dessen Anlaut nach K r i t i k , k r i t i s c h , K r i t i k a s t e r umgebildet wird. Auch ein nd. k r i d deln 'zanken' hat offenbar eingewirkt. kritzeln Ztw. Verkl. zum gleichbed. mhd. krilzen, ahd. krizzön 'einritzen', das zwei von Haus aus getrennte Wurzeln zu vereinigen scheint, germ. *kret: *krat (s. k r a t z e n ) und germ. *krel: *krait: *krit 'eine Linie ziehen' (s. Kreis). Krokodil n. Der Name des Tiers lautet mhd. (seit dem 13. Jh.) meist kokodrille m. Darin spiegelt sich mlat. cocodrillus, das seinerseits aus gr. kroködilos entstellt ist. Auf diese Form greifen die Humanisten zurück: C r o c o d i l seit Münster 1544 Kosmogr. 653: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 407. Das Neutr. setzt sich spät durch: H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 144. Krokodilsträne /. Der Glaube, das Krokodil weine wie ein Kind, um Opfer anzulocken und dann zu verschlingen, ist von den Harpyien auf das Tier übertragen und wird bei abendländ. Gelehrten des 12. Jh. sichtbar: Fr. Lauchert 1889 Gesch. des Physiologus 303. Der Ausdruck Crocodili lachrymae bei Erasmus 1500 Adagia H 3 b, von da bei den Reformatoren und Leonh. Thurneyßer 1583 Onomasl. 106 „wann der Crocodil einen Menschen fressen will, Weint er vorhin: also beginnt man auch von etlichen Leuten Crocodillen Threnen oder Zehren zu spüren, die einem gute wort geben, als ob sie mitleiden mit jhm haben, aber darnach (wann sie jhm die Zung aus dem Hals mit jhren gleißnerischen Worten gezogen) einen verrathen und verkauften". Aus der listigen Träne ist schon bei Luther die heuchlerische geworden: A. Götze 1909 Volkskundliches bei Luther 15. Krokus m. Gr. krokos 'Safran' hatte über gleichbed. lat. croeus schon ahd. cruogo, ags. crög, cröh, anord. krog ergeben. Für die altdeutsche Küche war das Färbemittel wichtig: M. Heyne 1901 Nahrungswesen 331. Im 17. Jh. wird das unveränderte lat. Wort neu entlehnt, nun als Fachausdruck der nl. Gartenkunst wie F o n t ä n e , R a b a t t e , S t a k e t . Vgl. S a f r a n . Krollhaar n. zu K r o l l e /. 'Locke' ein vorwiegend rhein. Wort. Mhd. krol, krul m., krolle, brülle f., mnl. crolle, erulle, nnl. krul /. 'Locke', daneben das Adj. mhd. krol, mnl. mengl. erul 'lockig'. Die Sippe von mhd. krolle (germ. *kruzlön-) s. u. k r a u s . Krone /. Zu gr. korönos 'krumm' (verwandt mit lat. curvus) gehört korone 'Ring', entlehnt
Kronzeuge
zu lat. coröna 'Kranz, Krone'. Hieraus das Lehnwort ahd. ags. coröna, mhd. mnd. afries. kröne usw., das auch als 'Scheitel, Tonsur, Münze mit aufgeprägter Krone' sowie als Gasthausname begegnet. Im Ags. ersetzte man das lat. coröna bibl. Texte durch cynehelm 'Königshelm' (wie man sceptrum durch cyne-gerd 'Königsstab' wiedergab); dafür asächs. höbidband, ahd. Itoubitbant'corona'. Die Namen lehren, daß die Germanen eigne Abzeichen der Königs würde hatten; mit dem lat. Wort entlehnten sie zugleich einen neuen Begriff. — Dem lat. corönäre entspricht ahd. korönön, chrönön, das heute k r ö n e n lauten würde. Unser k r ö n e n (mhd. kromen) ist erst auf deutschem Boden zu K r o n e gebildet. Kronleuchter m. Der mit Lichtern besetzte Reif in mittelalterl. Kirchen heißt mlat. corona, mhd. mnd. kröne, nl. kerkkroon, dän. lysekrone, schwed. ljuskrona. Das einfache K r o n e behauptet sich in der Umgangssprache Nordostdeutschlands; die Verdeutlichung C r o h n L e u c ht e r , zuerst beiAmaranthes 1715 Frauenz.Lex. 396, ist von Livland bis zur Schweiz schriftsprachlich geworden, während Österreich und Teile Süddeutschlands L u s t e r , L u s t e r (aus frz. lustre) bevorzugen: M. Heyne 1899 Wohnungswesen 277. 379; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 307. Kronprinz m. Neben die K u r f ü r s t e n stellen sich als deren Erben die K u r p r i n z e n . Früh im 17. Jh. wurde K r o n e r b e üblich. Aus beiden ist K r o n p r i n z zus.-gebildet, kaum vor Francis« 1669 Blumen-Pusch 357 „der junge CronPrintz war zu seinen vogtbaren Jahren gekommen". Das Wort dringt 1701 mit der Erhebung Preußens zum Königreich durch, oft bei Joh. v. Besser, der 1690—1717 brandenb. Hofzeremonienmeister war: Schriften (1732) 465. 475ff. — K r o n p r i n z e s s i n seit Amaranthes 1715 Frauenz.-Lex. 396. Kronsbeere f . 'Moosbeere', Vaccinium oxycoccus L., ungenau auch für P r e i s e l b e e r e , s. d. Zuerst bei Henisch (Augsb. 1616) 236, heute vor allem im nd. Norden und Nord-Westen: P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 378. Sonst auch K r a n - und K r a n i c h b c e r e , engl, cranberry (daraus entlehnt frz. canneberge, weiter portug. canaberge), nord. tranber, norw. Iranebcer, schwed. Iranbär, sämtlich zum Namen des K r a n i c h » (s. d.), der die Beere gern frißt. So gehört gleichbed. Iett. dsehrwenes zu dsehrwe 'Kranich', russ. Suravlicha zu Suravl' 'Kranich', tschech. Seromna zu ierdv 'Kranich', finn. kurjen-marja zu kurki, Gen. kurjen 'Kranich' usw.: ö . Beke 1934 Idg. Forschg. 52, 139 ff. Kronzeuge m. Das engl. Recht nennt hing's evidence den Verbrecher, der sich in der Hoffnung auf Begnadigung als Zeugen gegen seine
Kropf
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Genossen gebrauchen läßt. Dafür steht K r o n z e u g e seit Sanders 1876; seither ist es zu 'Hauptzeuge' geworden. Kropf m. 'vergrößerte Schilddrüse des Menschen; Vormagen der Vögel'. Ahd. mhd. kropj, mnl. crop (pp), nnl. krop 'Kropf, Busen, Kielende', ags. cropp 'Kropf, Gipfel, Wipfel, Ähre, Traubenbüschel', engl, crop "Kropf der Vögel, Spitze, Ernte', anord. kroppr 'aufgeschnittenes Schlachttier, Körper'. Das gerra. Wort drang in die roman. Sprachen: ital. groppo 'Knoten', frz. erowp 'Bräune' (aus engl, croup); zu frz. eroupe s. K r u p p e . Wz. *greub- ist unter k r i e c h e n entwickelt. Mit K r o p f nächstverwandt ist K r ü p p e l . — K r ö p f e n ist in Handwerk und Baukunst 'krumm biegen, in gebrochenen Linien führen'. Kroppzeug n. nd. kröplug, im Siebenjähr. Krieg beim preuß. Heer beliebt geworden, erscheint als K r o h p z e u g bei Hermes 1778 Sophiens Reise 4, 374. Zu nd. kröp (s. k r i e c h e n ) 'kriechendes Wesen, kleines Vieh, Pack'. Friedrich d. Gr., Oeuvres 27, 147 schreibt T e u f e l s k r o p . Zs. f. d. Wortf. 9, 66.13, 309. G r o b z e u g beruht auf jüngerer Umdeutung. Kröte /. mhd. krete, krot(t)e, krot, kröle, ahd. kreia, tiefstufig krota, mnd. krUde, krode. Rhein, gilt krade, obd. kroll (auch als gutmütige Schelte von Mädchen); K r ö t e (dreimal in der Lutherbibel) ist ursprünglich eine ostmd. Mischform ans mhd. krete und krole: o liefert die Lippenrundung, e die Zungenstellung (A. Bach 1932 Teuthonista 8, 223). Man vergleicht gr.bdtrachos, ion. br6tachos(aus *brdlh-, *brolh(r)achos'Frosch') und setzt *gy,redh- 'Frosch, Kröte' voraus. Die Wortkarte 'Kröte' von Helmut Klaus bei Mitzka, Dt. Wortat.las IV (1955) zeigt die Schriftform von Thüringen bis Schlesien, am Mittelmain, von Brandenburg über Posen bis Ostpreußen und bis an das Stettiner Haff, daneben auch in entrundeter Form als Krete, Kräte; den Typ Kroti von der mittleren Mosel bis an die Ostgrenze Österreichs, Krale um Köln, Kroddel um Aachen. Ütze, Üsse, Ütsch (verwandt mit U n k e s. d.) von der Elbmündung bis ins Westf., dazu Ilsche in Hessen; Quadux in Mecklenburg, Pädde am Niederrhein; u. a. m. — K r ö t e n 'Geld' wohl nach dem Bild der Schildkröte auf altgriech. Münzen. — Vgl. P r o t z , U n k e . Kriicbe /. Ahd. krucka, mhd. krucke, krücke, asächs. krukka, mnl. erveke, ags. cryce, engl. erulch, dän. krykke, schwed. krycka führen auf germ. *krukjö 'Stab mit Krümmung als Griff'. Nächstverwandt anord. krökr 'Haken' und wieder mit anderer Ablautstufe anord. kraki 'Stock mit Haken am Ende'. Die roman. Sippe von ital. gruccia, mundartl. croceia 'Krücke',
krumm
crocco 'Haken' ist aus dem Germ, entlehnt: Zs. f. roman. Phil. 2, 85. Krug 1 m. Ahd. kruog, mhd. kruoc (g), ags. crög, cröh 'Krug, Flasche' führen auf germ. *krögu-, Laut- und bed.-verwandt sind nhd. mundartl. K r a u c h e , mhd. krüche, asächs. krüka, mnl. erüke, nnl. kruik, ags. crüce, mengl. crouke f . Verdacht der Entlehnung ist für alle diese Wörter gegeben, vgl. auch K r a u s e und ileichbcd. got. aürkeis (aus lat. urceus). Aber auch anklingende Wörter der Nachbarsprachen mögen auf Entlehnung beruhen: man vermutet, die Sippe stamme mit gleichbed. gr. krössös und aslaw. krugla 'Becher' aus derselben unbekannten Sprache. Krug 2 m. 'Schenke' kommt im Mnd. des 13. J h . als kroch, krüch (-ges) auf. Von da stammen gleichbed. nhd. K r u g , nnl. kroeg, schwed. krog, dän. kro. Der naheliegende Gedanke, der Ausdruck beruhe auf Übertragung von K r u g 1 (etwa weil ein K r u g als Zeichen der Wirtschaft ausgehängt war), scheitert daran, daß im Gebiet von K r u g 2 die Bed. 'Auschank' fehlt (dafür fränk. thür. S c h e n k e , ostmd. K r e t s c h a m , westobd. T a v e r n e ) , während im Gebiet von K r u g 1 das Gefäß seit alters K r u k e heißt. Vielleicht steht germ. *kröga- dehnstufig neben den Vorformen von K r a g e n (s. d.), zu dem dann ein Verhältnis bestünde wie zwischen lat. gurges und gurguslium 'Kneipe', ital. gargozza 'Gurgel' und frz. gargousse 'Spelunke': W. Goldberger 1930 Glotta 18, 34. S. Nobiskrug. Kruke s. K r u g 1 . Krume f . Md. krume (von da ins Nhd. gelangt), mnd. mnl. cröme, nnl. kruim, ags. cruma, engl, crumb 'Krume, Brocken', isl. krumr, kraumr 'weiches Inneres', schwed. (in)krdm 'das Innere und Weiche von etwas' vereinigen sich auf eine Grundbed. 'was man aus einer harten Rinde herauskratzt'. Insofern vergleichen sich lat. grümus 'zusammengekratzte Erde' und gr. grymia 'Fischüberbleibsel': sämtlich zur Wurzel *greu- 'kratzen' mit Formans -mo. S. k r a u e n . Zur Abgrenzung von K r u m e und K r ü m e l gegen das hd. Synonym B r o s a m e n und österr. S c h m o l l e ( n ) s. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 308ff.; v. Bahder 1925 Wortwahl 31 ff. 43. krumm Adj. Ahd. mhd. krump (b), ahd. chrump 'gekrümmt, verdreht' (auch bildlich s. k r a u s ) . Seltnere gleichbed. Nebenformen ahd. mhd. krumpf, ahd. krampf, mhd. krimpf. Vgl. asächs. crumb, mnl. krom, ags. crumb, engl. crump 'krumm' (dazu crumple, mengl. crumplen 'verkrümmen'; auch engl, crimple 'Runzel, Falte'). Unter K r a m p f ist gezeigt, wie die Formen mit Ablaut und Kons.-Wechsel weit ver-
Krümper
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zweigt sind. Außergerm, stehen am nächsten gr. grypôs 'krumm'. S. K r o p f . Krümper m. wird 1808 zunächst scherzhaft, bald auch amtlich 'ausgebildeter Ersatzreservist des preuß. Heeres', entspr. K r ü m p e r p f e r d 'überzähliges Pferd einer berittenen Truppe'. Damit ist eine mundartl. Schelte des Krüppels belebt, die zuerst 1478 in einem bair. Lied (Liliencron. 2, 145) begegnet, zu k r u m m gehört und als schles. kremper 'alter wackliger Kerl' foitbesteht. Kruppe f. 'Kreuz des Pferds'. Unter K r o p f ist gezeigt, wie dessen Sippe ins Roman, gelangt. Das im Frz. aus altfränk. *kruppa entwickelte croupe f. 'erhöhter Teil des Rückens von Tieren' wird im 17. J h . rückentlehnt. Krüppel m. mhd. krüepel, krüp(p)el, über das Md. aus dem Nd. entlehnt: mnd. krop(p)el, krep(p)el, asächs. crupel 'contractus', mnl. cropel, cröpel, crepel, afries. kreppel, ags. cryp(p)el, kent. crepel, anord. kryppill, krypplingr. Hd. entsprechen eis. krüpfel, Schweiz, chrüpfli, schwäb. kröpf, bair. kröpf, krapf, dazu bair. krüpfen 'sich krümmen'. Sämtlich zu der unter K r o p f entwickelten Sippe, dazu auch ags. croft m. 'keines Feld', engl, croft 'Feld', mnl. krocht 'Hügel, Dünenacker' (urspr. 'Krümmung'). Kruste f. Lat. crusta 'das durch Gerinnen fest Gewordene' (zu cruor 'Blut', weitere Verwandte s. u. K r i s t a l l ) gelangt früh zu uns und ergibt ahd. krusta, mhd. kruste, mnd. korste, mnl. corste, nnl. korst. Gleichen Ursprungs sind roman. Wörter wie frz. crovie. Die Wortgeographie von 'Kruste' (Brotrinde) stellt Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1955) dar: ein breiter Keil von der Nordsee bis zur Südgrenze des dt. Sprachgebiets in den Alpen mit Rinde teilt die Gesamtfläche. Die r-Umstellung im Typ Kurste, Körste reicht von Lothringen über Moselland-Westfalen bis nach Ostfriesland; östlich jenes Rindestreifens an der Küste entlang von Schleswig bis Ostpreußen. Kürsihte, Kärste, Kirste strahlen mit der Umgangssprache von Berlin—Brandenburg aus: Mitzka, Zs. f. Mundartfg. 1955, 39. Kübel m. mhd. kübel, ahd. *kubil in miluhchubill n. 'kl. Milchkübel', ags. cyfel. Dazu ags. cyf (aus *kübi-) 'Faß' und mit -in-Ableitung (wie ahd. keççïn 'Kessel' neben ke%%ü\ vgl. K ü m m e l ) nnd. kywn, westfäl. kubm. Die Sippe ist verwandt mit der unter K o p f behandelten, am nächsten steht mlat. cüpellus, -a 'Getreidemaß; Trinkgefäß', woraus bret. kilell; auch mnd. küpe (woraus abret. kymr. clb, schwed. kupa 'Kapsel'), mnl. cüpe, nnl. kuip 'Faß, Kufe' schließen sich an lat. cüpa 'Faß' an, das somit Grundwort auch für K ü b e l zu sein scheint. Aus dem Germ, sind aslaw. kübüü 'Hohlmaß für Getreide', lit. kùbilas und lett. kubuls 'Kübel'
Küchenlatein
entlehnt, aus dem Hd. um 1000 magy. köböl. S. K o p f und K u f e . Zur umgangssprachl. Verbreitung von K ü b e l Kretschmer 1918 Wortgeogr. 1 4 4 . 1 8 6 f. 192. Küche f. Während lat. cullna (aus *cocsllnä) für 'Küche' gilt, erscheint im 4. J h . coquina (qu damals im Volkslatein wie k gesprochen), das über vulgärlat. cocina, ital. cucina frz. cuisine geliefert hat und aus dem auch air. cuien' Küche' entlehnt ist. Das alte i ist bewahrt in kymr. cegin, bret. kegin 'Küche'. Die gemein-roman. Form ist früh entlehnt zu westgerm. *k6kina, aus dem ags. cycene (engl, kitchen), mnl. cökene (nnl. keuken), mnd. kökene, ahd. chuhhina stammen, u aus o vor i ist lautgesetzlich. Ahd. hh, hd. ch für roman. k beweist Entlehnung vor der hd. Lautverschiebung. Gleich früh fand italische Koch- und Gartenkunst mit K e r b e l , K o c h , K o h l , K ü m m e l , Minze und P f e f f e r bei uns Eingang. Obd. gilt lautgerecht ohne Umlaut kuchi, kuche, bair. schles. K u c h e l , mhd. auch kuchln, das in frühnhd. kuchin fortlebt. Mhd. küchen hatte flexionslos werden müssen, darum wurde (wie in F e r s e , K e t t e , L ü g e , M e t t e , Q u i t t e ) -en als Endung der schw. Dekl. aufgefaßt und der Nom. Sg. K ü c h e neu gebildet. Etwa im 12. J h . ist magy. konyha aus dem Bair. entlehnt: Melich 1933 Festschr. für Gideon Pez S. 178f. Kuchen m. ahd. chuohho, kuocho, mhd. kuoche, mnd. mnl. koke, dazu die Verkl. schott. cooky, bair. kiechl (aus germ. *kökila-). Durch Ablaut a:ö damit verbunden mengl. cake, anord. kaka, wozu (aus *kakila-) ags. cecil, cicel. Aus germ. *kakan- ist finn. kakko, lapp. gakko entlehnt, aus *kökan- die roman. Sippe von katal. coca, churw. cocca, prov. coco, pikard. couque. Dazu wieder Cöcänia als Märchenname des Schlaraffenlandes, nach Vorbildern wie Germania gebildet und in afrz. Coquaigne, ital. Cuccagna, span. Cucana, mengl. Cockaine, mnl. Kokinje greifbar. — Die durch Ablaut a:ö als germ. erwiesene Sippe *kaka-: *köka- macht den Eindruck einer redupl. Bildung der Kindersprache (s. B u b e ) . Die Sippe von K o c h und K ü c h e ist unverwandt. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie von 'Kuchen'. Küchendragoner m. Amtlicher Name dreier Berliner Regimenter, die 1689 bis 1704 den Dienst beim Hofstaat versahen: Büchmann 1912 Gefl. Worte 497. Im Berliner Volksscherz auf derbe Köchinnen übertragen: Kaiisch 1850 Hunderttaus. Thaler 66; auch studentensprachl. verbreitet. Küchenlatein n. zuerst in münsterländ. Glossen um 1500: loqui illatine . .. coquinario more vel culinario / quat latijn oft koken latijn spreken Weißbrodt 1914 Zs. f. d. Wortf. 15, 290; 1621 im
Küchenschelle
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Kreis oberschwäb. Nonnen: Joh. Eberlin v. Günzburg 1, 28. Beflügelt durch Luther seit 1623: DWb. 6, 2504. Vgl. nnl. potjeslalijn und Glotta 23 (1934) 124. Küchenschelle f. Anemone pulsatilla L. erscheint als K u c h e n s c h e l l in Straßburg 1532 bei 0 . Brunfels, Kräuterb. 1, 143. S c h e l l e zielt (wie pulsatilla, zuerst bei dem Italiener P. A. Mattioli 1563) auf die glockenförmige, im Wind schwebende Blüte. In der K ü c h e hat die giftige Pflanze keine Verwendung, obwohl sie schon J . Th. Tabernaemontanus 1588 Neu Kräuterb. 1, 96 Nola culinaria nennt. K ü h c h e n als Verkl. ist dem dt. Südwesten, von dem der Pflanzenname ausgeht, fremd. Bestimmungsort ist vielmehr G u c k e , K u c k e f. 'hohle, halbe Eierschale' (wie frz. coque 'Schale' in coquelourde 'Küchenschelle'), die einst wohl allein den Namen der Pflanze bildete und in österr. arstgucken als Grundwort steht, wobei die Frühlingsblume durch e r s t , z u e r s t gekennzeichnet wird. Vergröbert in bair.-österr. arsgugken. Die ähnlich gestaltete Herbstzeitlose heißt bair. H e u g u g k e n . Die Fülle der Volksnamen bei H. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 293 ff. Küchlein w. Als Name des jungen Huhns (obd. hüenli, westmd. hünkel) ist westgerm. *kiuk-lna aus ags. cycen (engl, chickeri), mnl. kiekijen, küken, nnl. kieken, kuiken, mnd. küken zu erschließen. In anord. kjüklingr, schwed. kyckling, dän. kylling tritt -linga an Stelle des im Namen junger Tiere beliebten -Ina (s. F ü l l e n ) . Beide Endungen verkleinern wie -lin in ostmd. küchelin, das in Luthers Form nhd. geworden ist (Bahder 1925 Wortwahl 33f. 43f.). Der gemeinsame Stamm germ. *kjuk- bildet den Naturlaut des jungen Huhns nach, wie *kok- (ags. cocc, anord. kokr) den des Hahns. kucken s. g u c k e n . Kuckuck m. Ahd. gauh, mhd. gouch, asächs. gäk, gök, mnd. gök, mnl. gooc, ags. geac, urnord. gaukaR (als Glücksvogel auf einem Brakteaten aus Schonen: Dt. Lit.-Ztg. 1935, 1168), anord. gaukr, dän. gjeg, schwed. gök weisen auf germ. *gauka-. Im Ablaut dazu steht ahd. guckön 'Kuckuck rufen'. Die Germanen haben damit den Ruf des mehr gehörten als gesehenen Vogels nachgebildet. Der germ. Name ist auf nd. und nl. Boden früh ersetzt worden durch die treuere Nachbildung des Vogelrufs, die auch afrz. cucu, lat. cucülus, gr. kökkyx, aslaw. *kukavica, bulg. kukavica, aind. köklldh hat bilden helfen. Das Schallwort bleibt, solange es als solches verstanden wird, vom Lautwandel unangetastet: P. Kretschmer 1924 Glotta 1 3 , 1 3 3 ; E. Fraenkel 1926 Idg. Forsch. 54,269. Seit dem 13. J h . kämpft kukuk mit gouch auf hd. Boden, obd. Zeugnisse beginnen im 15. J h . Frühnhd. guck-, gutzgouch
Kuff
zeigen vor dem alten Wort das lautmalende gucken 'Kuckuck rufen' oder seine Intensivbildung guckezen > gutzen. Der eintönige Ruf gibt Anlaß, den Vogel für töricht zu halten: schon um 1000 bietet Notker gouch 'Narr': Suolahti 1909 Vogelnamen 4ff. Kuddelmuddel m. n. 'Durcheinander' nicht vor 1878. Der richtige Berliner 22 und K. Albrecht 1881 Leipz. Mundart 155, von diesem zutreffend als nd. Herkunft bezeichnet. Erinnert an nd. koddeln 'Sudelwäsche halten' und modder 'Moder', doch kann der zweite Teil als sinnloses Reimwort dem ersten beigefügt sein (wie bei nnl. hutjemutje 'Siebensachen'). Zum ersten paßt am besten hd. K u t t e l n 'Därme', mnd. kuielbank 'Bank für Fleischwaren', zu mhd. kütie, ahd. cutti' Herde Vieh', mnd. kudde' Herde, Schar' als Kollektivbildung mit der urspr. Bedeutung 'Haufen, Wirrwarr', so noch in rhein. kuddel 'von Fäden, Speisen'. Literar. zuerst K u d d e l m u d d l e r 'wer Wirrwarr schafft' Wh. Raabe, Dt. Adel (Westermanns Monatsh. 1878,
280).
Kufe 1 f. (bei Weise 1673 Erzn. 190 und bei Steinbach 1734 K u f f e ) 'Laufschiene des Schlittens'. -/- ist nach k aus -ch- entstanden, vgl. Schweiz, bair. kuechen, ahd. chuohho in slitochöho, mnd. koke 'Schlittenschnabel'. So tritt K u f e als 'Stück Holz' zu *geg(h)-: *gög(h)'Ast, Pfahl, Busch' (wie K a b e l f., s. d., zu *geb(h,)- 'Holzstück'). Germ. Verwandte sind K e g e l (s. d.), mundartl. K a g 'Kohlstrunk' und mnd. käk 'Schandpfahl, Pranger'. Außergerm, vergleichen sich lit. Sägaras 'dürrer Zweig', zaginial Mz. 'Palisaden' und lett. iagari 'Reisig', Sagas Mz. 'loses Laub'. Kufe 2 f. 'Gefäß' mhd. kuofe, ahd. kuofa, asächs. köpa. Im Corp. gloss. Lat. 5, 584 wird cöpa statt cuppa (= cüpa) als gut lat. empfohlen. Obwohl ein solches *cöpa weder im Schriftlatein noch im roman. Vulgärlatein nachgewiesen ist, scheinen die germ. Wörter dem Lat. entlehnt zu sein. Küfer m. mhd. küefer zu K u f e 2 wie lat. cüpärius zu cüpa. Zur Abgrenzung gegen B i n d e r , B ö t t c h e r , B ü t t n e r , S c h ä f f l e r usw. s. Bottich. Kulf f. 'breit gebautes Handelsfahrzeug mit zwei Masten', allen seefahrenden Germanen der Neuzeit gemeinsam: nnl.(1623) kof, kuf, nd.(zuerst 1782) kuff, engl, (seit 1794) koff, schwed. (1803) koff, dän. (1838) kof, kuf, norw. kof. Wie B r i g g (s. d.) aus brigantine, so ist K o f f verkürzt aus köpfärdle, das elliptisch für K a u f f a h r t e i s c h i f f steht (s. K a u f f a h r e r ) . Bei der Umbildung zu kuf(f) mag nl. kuf 'Raum, (Trink-) Stube' eingewirkt haben, das zu K o b e n ge-
Kugel
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hört: A. Lindquist 1938 Meijerlergs Arle. f . »vensk ordforskn. 2, 47. Kugel /. mhd. kugel(e), md. küle (s. Kaul-), mnd. nnl. kogel 'Kugel', mnl. koyhele 'Stock mit Kugelende', ags. cycgel, engl, cudyel 'Knüttel'. Dazu Kogge (ahd. coccho, mnd. kogge, engl. kog) 'breites, gerundetes Schiff'. Urverwandt mit lit. gugä 'Knopf am Sattel, Buckel, Hügel', gaügaras 'Gipfel', russ. güglja, poln. guga 'Beule': sämtlich Gutturalerweiterungen der idg. Wurzel *geu- 'biegen'. S. Kogel. Kuh /. Mhd. kuo, ahd. kuo, ehuo, asächs. kö, anfr. (Dat. Plur.) cüon, mnl. coe, nnl. koe, afries. kü, ags. cü, engl, cow, anord. kyr, norw. kyr, ko, schwed. dän. ko vereinen sich auf germ. *k(w)ö-. Dies führt mit air. bö, kymr. buw, lat. bös, griech. boüs, lett. güov-s, armen, kov, toch. A ki B ke-, aind. gduh 'Rind, Stier, Kuh', awest. gänS u. a. auf idg. gv.öu- 'Rind'. Der Name ist lautmalend: er bildet das Brüllen der Tiere nach. Sumer. gu 'Stier, Rind' (G. Ipsen 1932 Idg. Forsch. 50, 248) klingt an, vgl. Frank G. Banta Journal of Engl, and Germ. Phil. 1956, 102. Nächst dem Schaf ist die Kuh das älteste Nutztier unserer Vorfahren (vgl. B l e s s e , Bulle, F a r r e , F ä r s e , Kalb, Ochse, R i n d , S t e r k e , Stier). Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie für 'Kühe'. Kuhfuß m. Scherzwort der Soldaten für 'Gewehr', von der Form des Kolbens. Die herkömmliche Verknüpfung mit dem Nürnberger Büchsenmacher Kühfuß ist unglaubhaft, weil dieser dem 16. Jh. angehört, während K u h f u ß t r ä g e r für 'Musketier' erst 1087, K u h f u ß erst 1792 greifbar wird: P. Horn 1899 Soldatenspr. 05; F. Kluge 1901 Zs. f. d. Wortf. 1, 351. kühl Adj. Ahd. kuoli, mhd. küele Adj., kuole Adv. (vgl. f a s t , s c h o n , s p ä t ) , regelmäßig umlautlos auch in Zus.-Setz. wie koulhüs n. 'Kühlhaus', vereinigt sich mit mnd. köl, mnl. coel, ags. cöl auf westgerm. *kölja-, urspr. *kölu-. Zum gleichen Stamm, der im Nord, (kala) und Ags. {ealan) als st. Ztw. auftritt, gehört als Part, k a l t (s. d.). Auf urgerm. *kali- beruhen ags. cele, cyle, engl, cliill 'Frost'. kühn Adj. (dem Schwäb., Bair. und vielfach der Volkssprache fremd; Schweiz, chüen 'gesund, frisch von Farbe'), mhd. küene, ahd. kuoni Adj., kuono Adv. 'kampflustig, stark' (umlautlos auch die Zus.-Setzung kuonheit), mnd. keene, mnl. coene, ags. cene 'kühn, weise', engl, keen 'scharf', anord. koenn 'weise, erfahren'. Diese Bed. liegt auch im Namen ahd. mhd. Kuonrät, ags. Cenred voraus. Germ. *kön-i 'wer verstehen kann, gescheit' ist Verbaladj. zur Wz. *kan, *kun (vorgerm. *gön in gr. gegöna 'tue kund') in k ö n n e n (s. d.). K ü h n stellt sich (mit b a l d und schnell) zu den geistigen Begriffen des germ. Altertums,
kullern
die der Kampf in seinen Bereich gezogen hat. Die geltende Bed. mag entwickelt sein in Wendungen wie in (») wlge kuoni oder aus Kürzung von Zu».-Setzungen wie ags. gärcene 'speererfahren', anord. vigkmnn 'kampferfahren', skjgldkeenn 'st hilderfahren'. Kuhreigen m. Schweiz, chuereij», der festliche Alpaufzug der Sennen und Herden (so noch in bildl. Darstellungen an Stall- und Zimmerwänden), dann die musik. Begleitung dazu, so im Schweiz. Id. 6, 6 f. seit 1531 belegt, vor allem aus Appenzell. Literar. durch Bodmer 1724: P. Geiger 1912 Volksliedinteresse in der Schweiz 136. kujonleren Ztw. Aus vulgärlat. cöleöne 'Entmannter' (zu lat. cöteus 'Hodensack') ist über ital. coglione 'Dummkopf' frz. couillon gebildet, das als eujon 1567 in Westdeutschland eindringt. Das zugehörige ital. coglionare 'als Dummkopf behandeln', frz. coionner erscheint als cujonieren 'jem. einen Schuft schelten* 1038, gleich danach tritt die Bed. 'schlecht behandeln, plagen' auf und wird noch im 30jähr. Krieg eingebürgert: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 408. Der schlimme Klang führt zu Entstellungen: „ungeschickter Cujus aus der calvinischen Synagog" Ph. Nicolai 1597 Kurzer Bericht v. Calvin. Gott, Vorrede; „ein grober cujus sus" Eyring 1602 Proverb. 2, 324; „ein grober cujus" Henisch (1616) 635. Küken s. K ü c h l e i n . Kukumer s. G u r k e . Kukuruz m. 'Mais'. Türk, lpukuruz 'Zea Mays L.' gelangt durch slaw. Vermittlung (serb. kukuruz, tschech. kukurice usw.) im 19. Jh. zu uns: Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 1230. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 330 sieht darin eine lautmalende Bildung, ausgehend vom Lockruf an Vögel, die man mit Maiskörnern füttert. Wiek 91; Bernckcr 640f. Kuli m. Die Koll des wcstl. Indiens gehen seit langem als angeworbene Arbeiter in die Fremde. So ist ihr Name in beiden Indien und China appellativ geworden. Das älteste europ. Zeugnis stammt von 1548: Kluge 1911 Seemannsspr. 498; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 409; Lokotsch 1927 Etym. Wb. Nr. 1198. K u l i heißt in neuerer Gaunersprache der Hilfsschreiber. Von da ist T i n t e n k u l i Berufsschelte des Tagesschriftstellers geworden: H. Klenz 1910 Scheltenwb. 137. 150. Kulisse /. bei uns seit Lessing 1767 Hamb. Dramat. 45, der sein Coulisse dem frz. coulisse entlehnt. Dies bed. 'Schiebewand, die sich in einem Falz bewegt', älter 'Falz, Rinne', und ist über frz. couler 'rennen, laufen' mit lat. cölär« 'durchseihen' zu vermitteln. kullern s. kollern.
Kulfrnr
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Knltnr f . am Ende des 17. Jh. aufgenommen aus lat. cultura Bebauung, Bestellung, Pflege' (zu coló 'bebaue, pflege') und zwar von vornherein in doppeltem Sinn, als landwirtschaftlicher 'Anbau' wie als unsinnliche 'Pflege' der Sprache, einer Wissenschaft, kurz der G e i s t e s k u l t u r , die von Ciceros cvllura animi ausgeht: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 410; J . Stroux, Aufbau 1946 S. 111 ff. Kulturkampf m. zuerst Zs. für Theol. (Freiburg 1840) 4,176, danach von Lassalle 1858 und Virchow 1873 im Sinn eines die ganze Kultur betreffenden Kampfs gebraucht, seither Schlagwort für den Kampf des Staats gegen die Macht der kath. Kirche: Büchmann 1912 Gefl. Worte 640 f. Kümmel m. Carum Carvi L. Die vorderasiat. Pflanze heißt assyr. kamünu 'Mäusekraut', arab. kammün, hebr. kurnmön, pun. charnñn. Aus dem semit. Grundwort ist über gr. kyminön lat. cüminum abgeleitet, das auch gemeinroman. gilt und über frz. comin (seit 1600 cumin) nl. comijn ergibt. Aus dem Roman, stammen ahd. kumin, chumi, mhd. kümln m., mnd. kämen, ags. cymen, engl, cumin und (mit l für « wie E s e l , H i m m e l , K e s s e l , L ä g e l ) ahd. kumil, mhd. kümel. Luther hat die ostmd. Form K ü m m e l ins Nhd. eingeführt. Schwab, bair. gilt kümich, alem. chümi. über die Zeit der Entlehnung s. K ü c h e , M i n z e , P f e f f e r . K ü m m e l als Name eines Branntweins s. K i r s c h . Kümmelblättchen n. 'Dreiblatt', nach dem dritten Buchstaben des hebr. Alphabets gimel, der als Zahlzeichen 'drei' bedeutet. Seit 1850 als Kartenspiel der Bauernfänger Berlins bezeugt, gebucht zuerst im DWb. 1873. Kümmeltürke m. ein Studentenwort, zuerst Kindleben, Stiid.-Lex. (Halle 1781) 329 'Prahlhans, Großsprecher', seit 1790 in Halle 'Student aus dem Bannkreis der Univ.-Stadt'. Im Saalekreis wurde viel Kümmel gebaut, daher K ü m m e l t ü r k e i : Zs. f. d. Wortf. 2, 293. 3, 99. 316. In Soest bei den Gymnasiasten Bezeichnung für 'Seminarist'. Kummer m. Zur idg. Wz. *bher 'tragen' (s. B a h r e , B ü r d e , g e b ä r e n usw.) stellt sich gallolat. comboros 'Zusammengetragenes', das mhd. kurriber 'Schutt, Trümmerhaufen' ergibt. Diese Bed. lebt namentl. im westl. Nord- und Mitteldeutschland. Übertragung auf seelisch Belastendes kennen schon afrz. encombrer, aprov. encombrar 'beschweren, belästigen, in Verlegenheit setzen', afrz. aprov. encombrier'Beschwerde, Unglück'. Von da stammt kumber als seelische Last, das im 12. J h . ins Hd. eindringt und um 1200 durch die Dichter der Blütezeit Gemeingut wird.
kund
Kum(me)t ». 'Halsjoch der Zugtiere*. Die Sippe von H a m e n 'Kappzaum für wilde Pferde' dringt früh nach Osten und ergibt aslaw. *chomgtü, das im 12. Jh. über poln. chomqto n. rückentlehnt wird zu mhd. komal. K u m t gilt vor allem im nd. und md. Osten; Luther verwendet sein K o m m e t nur brieflich. Oberdeutschland und der Westen sind im ganzen bei H a m e n geblieben. Jüngeres slaw. Lehnwort des Fuhrwesens ist P e i t s c h e . Wiek 35f.; Berneker 396. Kumpan m. Mlat. companio 'Brotgenosse', Nachbildung eines germ. Ausdrucks wie got. gahlaiba, ahd. gileibo m. 'Genosse' (zu L a i b 'Brot'), gelangt im 13. Jh. über afrz. compain 'Geselle, Genosse' ins Mhd. und ergibt kompän, kumpän, die frühnhd. 'Amts-, Berufsgenosse' bedeuten, aber im 17. Jh. aus der Schriftsprache verschwinden. Bode und Mylius beleben seit 1772 K n m p a n , d a s s i e für ein altd. Wort halten. Im Volk hat sich kumpe gehalten, s. K u m p e l . Dem frz. compagnon entspr. erscheint Compan i o n 'Geselle' seit dem Eulensp. (Straßb. 1615) 64 Ndr. Die kaufmänn. Bed. 'Geschäftsteilhabor' nicht vor 1672: A. Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.-Spr. 102f.; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 367 f. Kumpel m. 'Arbeitsgenosse, Kamerad, Freund', Verkl. zum kumpe, s. K u m p a n : Dissimilation von m:l wie in K ü m m e l (s. d.). Die kameradschaftlich-gemütliche Anrede geht vom rheinisch-westfäl. Bergbau aus, verbreitet sich über alle dt. Bergbaugebiete und gelangt von da ins Heer: F. Holthausen 1929 Germ.-rom. Monatsschr. 17, 388; J . Müller 1938 Rhein. Wb. 4, 1178. 1724ff.; Haupt-IIeydemarck 1934 Soldatendeutsch 114; H. Brömse 1942 Mutterspr. 57,182. kümpcln Ztw. ein bestimmtes Verfahren, Blech zu biegen, eigentl. in Napfform zu bringen. Zu kump, der nd. Form von K u m p f , s. d. Kump! m. mhd. kumpf 'Napf, Gefäß, Gerät des Schnitters für den Wetzstein', mnd. kump führen auf germ. *kump-, das mit Kons.-Schärfung neben germ. *kumb- steht. Dies in ags. cumb, engl, coomb 'Getreidemaß', bei uns mit Anglcichung des mb zu mm in K u m m e /. 'tiefe Schale', hochalem. chumme 'Zisterne', mnd. nd. kumm(e) 'rundes, tiefes Gefäß, Wasserbehälter, Bodenvertiefung, Kasten'. Dän. kumme, norw. kum sind aus dem Mnd. entlehnt. kund Adj. 'bekannt'. Ahd. anl. kund, asächs. afries. küth, ags. cüp, engl, coulh (in uucoulh 'unbekannt, ungeschlacht, wunderlich, roh'), anord. kunnr, got. kunps führen auf germ. *kunf>a-, aus *gnlu-: Part, auf -to zum Verbalstamm der unter k e n n e n , k ö n n e n und k ü h n besprochenen idg. Wz. *g&n, *gnö, ablautend mit
künftig
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dem gleichbed. lat. nötus. Zu A d j . gewordene P a r t . s. u. k a l t , l a u t , t o t . Als Subst. K u n d e . künftig A d j . f a h d . kumftig, m h d . kümftec 'was kommend ist', zu ahd. m h d . kumft, kunjt' Kommen, A n k u n f t ' , got. gaqumps ' Z u s . - K u n f t , Vers a m m l u n g ' : Verbalabstrakt zu k o m m e n (got. qimari) mit germ. -pi-, idg. -ti- gebildet wie G i f t , S t a a t , S c h u l d usw. Zur Einschiebung des Gleitlauts f in die Gruppe mp vgl. B r u n f t , V e r n u n f t , Z u n f t . Idg. *g'Amti- auch in aind. gätih 'Gang', gr. bdsis 'Schritt' u n d lat. (in-) ventio f . S. Z u k u n f t . Kunkel f . Zu l a t . colus 'Spinnrocken' gehört als Verkl. volkslat. *colucula und (indem l vor l in n ausweicht) conucula, das in ital. conocchia, frz. quenouille fortlebt u n d aus dem über volkslat. *con(u)cella, *cocella das gleichbed. air. cuicel (mit bret. kegil, kigel, k y m r . cogail, akorn. kigel) entlehnt ist. Dem R o m a n , e n t s t a m m t ahd. chonachla, chuneh(a)la, m h d . kunkel, nnl. konkel. K u n k e 1 ist ein Wort des dt. Südens und Westens geblieben (H. Fischer 1914 Schwab. Wb. 4, 847), das Th. Frings 1931 Zs. f. Volkskde. 40, 101 gegen östliches und nördliches R o c k e n abgrenzt. Zum Nebeneinander von heimischen und entlehnten Synonymen s. K. v. Bahder 1925 Wortwahl 59. Kunst /. ahd. m h d . asächs. kunst, awfries. mnl. konst: das dem Ags., Anord. und Got. fehlende Verbalabstr. zu k ö n n e n , wie B r u n s t (zu b r e n n e n u n d G u n s t (zu g ö n n e n ) gebildet mit idg. germ. -st- 'zugehörig zu, verbunden mit', hier also mit k ö n n e n ; vgl. E r n s t , D i e n s t , G u n s t . I m Gebrauch löst K u n s t um 1270 das ältere L i s t a b : F. Dornseiff 1944 Dt. Vierteljahrsschr. 22, 231 ff. Gemäß der Grundbed. von k ö n n e n zielt K u n s t auf das Wissen im K ö n n e n u n d zeigt sich geeignet, die spätantiken Begriffe scientia und ars zu decken: J . Trier, Mitteil, des Univ.-Bunds Marburg 1931 S. 36f. kunterbunt Adj. zu K o n t r a p u n k t (s. d.), t r i t t zuerst 1499 in einem Lied von der Altenburger Bauernkirmes als contrabund 'vielstimmig' auf: Acta Germ. 1, 262. I m 18. J h . bringen es Mundartwb. f ü r H a m b u r g , Bremen und P o m m e r n unter Anlehnung an b u n t umgestalt e t zu 'gemischt, durcheinander': Rietsch, Beil. zur Allg. Ztg. 1898 Nr. 153; Zs. f. d. Wortf. 9, 254. 13, 309. Kunz Zum Männernamen ahd. Kuonräd gehört neben der Koseform Kuono das 2-Demin. Kuomo, das weiterhin vielfach in appellativen Gebrauch übergeht. Fischart 1575 Garg. 165 bezeugt, daß man mit Kuntz in Sachsen die Schweine lockt; Stieler b u c h t ( E r f u r t 1691) 953 „Kunz appellatio porcorum". Heincz adder Concz ist wegen der Häufigkeit beider Namen schon 1501 im Alsfelder Pass.-Spiel 112 'der oder
Kür
jener'. S. H e i n , H i n z , L a m p e , S c h l a f k u n z und Meisinger 1924 Hinz und Kunz 61. Kupfer n. Das den Germanen seit uralten Zeiten bekannte Metall wurde mit dem verlorenen Subst. zum Adj. e h e r n (s. d.) b e n a n n t . In den ersten J h . unsrer Zeitrechnung lernte ein Teil der Germanen von den Römern eine vielseitigere Verarbeitung des Kupfers kennen. Die Mittelmeervölker bezogen ihr K u p f e r von der Insel Zypern (gr. Ktf-pros), danach heißt es gr. kyprion, lat. (bezeugt seit 25 v. Chr.) aes cyprium, im Volkslat. (literar. erst seit dem 3. J h . n. Chr.) cuprum. Hierauf beruhen die Doppelformen westgerm. *kupx Nom., *kuppres Gen. Die lautgesetzliche Nom.-Form ergibt über *kopar ags. copar, engl, copper, anord. koparr (hieraus entlehnt finn. kupari), mnd. mnl. koper, siebenb. koffer. Der analogisch entwickelte Nom. *kuppar lebt in mnd. kopper, ahd. kupfar, mhd. kupfer. Die kelt. Entsprechungen sind mehrfachen Ursprungs. Volkslat. *coprum ergibt akorn. (12. Jh.) cober, kymr. cöbyr. Die Nebenform kymr. copr ist an engl, copper angelehnt. Bret. koevre s t a m m t aus afrz. ewevre (dies aus lat. cupreum ' k u p f e r n ' ) ; kouevr der bret. Mundart von Vannes aus frz. cuivre. Kuppe /. dringt erst im 18. J h . aus dem N d . in die Schriftsprache; hd. entsprechen verschobene Formen wie ahd. chuppha, m h d . kwpje, gupfe. Die Sippe scheint alt entlehnt zu sein aus lat. cuppa f . 'Becher' (s. K o p f , K u f e 2 ) ; nach äußerer Ähnlichkeit ist daraus ' H a u b e , Kopfbedeckung unter dem Helm' u n d weiterhin 'Bergspitze, äußerstes E n d e ' geworden, vgl. S c h n e e k o p p e . Wiek 70. Kuppel f . nhd. entlehnt aus ital. rupola, das aus mlat. cup(p)ula 'Becher', urspr. "(umgestülptes) Tönnchen', entwickelt ist und zu lat. cüpa ' T o n n e ' gehört (s. K u f e 2 ) . Auf die Bed. könnte arab. al-qubba 'gewölbtes Gebäude oder Gemach' (s. A l k o v e n ) eingewirkt h a b e n : Littm a n n 1924 Morgenland. Wörter 89. kuppeln schw. Ztw. Die Ableitung zur Nebenform von K o p p e l (s. d.) ist von k o p p e l n 'durch eine Koppel verbinden', mit dem es einst gleichbed. war, bed.-mäßig gesondert worden auf 'zus.-bringen zu geschlechtl. Verkehr'. Dazu K u p p e l p e l z 'Geschenk f ü r E h e v e r m i t t l u n g ' , sich einen K. verdienen 'eine Heirat zustandebringen'. Kur f . 'ärztliche Fürsorge' aus lat. cüra 'Sorge' in die ärztliche Fachsprache gelangt u n d seit Gersdorff 1626 Feldbuch der Wundarznei 6 1 a in dt. Texten nachweisbar. Dazu k u r i e r e n , Gersdorff 7 1 d : H. Schulz 1913 F r e m d w b . 1, 411. Kür /. ' W a h l ' . Zu k i e s e n (s. d.) gehören ags. cyre m., anord. ker, keyr n., ahd. kuri, m h d . feür(e), md. kur(e) f . 'Überlegung, prüfende
kurant
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Wahl', besonders 'Königswahl'; dazu kür-, kurvürste. Die umgelautete Form hält sich in W i l l k ü r (s. d.). Die Turnersprache schuf K ü r ü b u n g . kurant Adj. 'gangbar' von Münzen. Zu lat. currere 'laufen' stellt sich das ital. Part, corrente, das in gleicher Form seit 1527 in obd. Handelsbüchern erscheint, zu k u r a n t latinisiert und im 18. J h . durch gleichbed. frz. courant abgelöst wird. Zus.-Setzungen wie K u r a n t g e l d , - m ü n z e seit dem 17. J h . Frz. prix courant 'laufender Preis', die Überschrift der Preisberichte aus den Seestädten, h a t über nnl. prijscourant 'Preisverzeichnis' unser P r e i s k u r a n t ergeben: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 412. kuranzen Ztw. 'in Zucht nehmen, schlecht behandeln'. Mlat. carentia /. 'Bußübung mit Geißeln usw'., urspr. ein Klosterwort, gelangt über die Stud.-Sprache (Zs. f. d. Wortf. 1, 44) in die Mundarten und ergibt bair. thür. schles. ostpreuß. k a r a n z e n 'zum Gehorsam treiben, quälen', nd. k o r a n z e n 'heruntermachen' Voß 1785 Ged. 1, 294. Die hd. Lautform ist vorbereitet durch k u r r e n t z e n 'prügeln' Weise 1673 Erzn. 146, auch k u r i e r e n mag eingewirkt haben. Kürali m. Zu lat. corium n. (frz. cuir m.) 'Leder' gehört das Adj. lat. coriaceus 'ledern', dazu das F. ital. corazza, prov. coirassa, frz. cuirasse "(Leder-)Panzer', das im 15. J h . als kürisz, kürasz m. bei uns erscheint. Die schweren Reiter heißen nach ihrer Rüstung küresser 1449 in Ludw. v. Eybs Denkwürd. brandenb. Fürsten (1849) S. 119, kürisser zuerst 1474; die Form K ü r a s s i e r bucht Wallhausen 1616 Kriegsmanual 205: Zs. f. d. Wortf. 14, 45; H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 412; Mod. lang, noles 36, 487. Kurbel f . Das zu lat. curvus 'gekrümmt' gehörige f . *curva 'Krummholz' (frz. courbe), vgl. K u r v e , ergibt ein im älteren Deutsch verbreitetes K u r b e : ahd. curba, mhd. kurbe 'Winde (am Ziehbrunnen)'. Frühnhd. auch die Dat.Form kurrn 'gebogener Handgriff (am Schleifstein)'. Mit ¡-Suffix erscheint md. körbel 'hamula' im 15. J h . Unser K u r b e l ' g e b o g e n e Handhabe' setzt sich im 15. J h . durch. Kürbis m. Lat. cucürbita f . "(Flaschen-) Kürbis' vereinigt sich mit aind. carbhata m., cirbhati f . 'Cucumis utilissimus' auf *kerbheto-' Kürbis'. Die lat. Redupi. ist nach dem Vorbild von cucumis 'Gurke' eingeführt. Sie ist dem vulgärlat. *curbitia wieder verlorengegangen, das durch ält. ital. corbezza (ital. corbezzalo) vorausgesetzt wird. Das vulgä lat. Wort, mit der Sache vor der hd. Lautversch. ins Germ, gelangt, ergibt ags. cyrfet m., ahd. kurbiq m. f . n., mhd. kürbiq, -ez m. n. Über frühnhd. körbis, kürps h a t Luthers Form K ü r b i ß (Jon. 4, 6 u. ö.) gesiegt. Schreibung mit s ist schulmäßig
Kürschner
durchgeführt, wie bei der E n d u n g - n i s . Auf Entlehnung aus dem Hd. beruhen and. kurbi%, mnd. korvese, schwed. (seit 1578) kurbits. Dasselbe Wort ist enthalten in dän. grmskar, älter grms-karifue. Nl. kauwoerde (seit dem 13. Jh.) geht über afrz. coöurde (frz. gourde) auf eine vulgärlat. Form von lat. Cucurbita zurück, die gleichfalls ohne Redupi. war. küren schw. Ztw. 'wählen', zu K ü r in n h d . Zeit gebildet, nachdem k i e s e n (s. d.) abgestorben war. Kurier m. Zu lat. currere, frz. courir 'laufen* gehört afrz. courrier 'Läufer', das gegen 1200 mhd. kur(r)ier als Bezeichnung einer Figur im Schachspiel ergibt (Suolahti 1929 Frz. Einfluß 140). Erneut treten im 16. J h . frz. Courier und ital. corriere in den dt. Gesichtskreis; zuerst erscheint die Bed. 'Eilbote' bei Witeberg 1583 Heimfahrt G 2. Das Ersatzwort E i l b o t e s. o. und Zs. f. d. Wortf. 8, 62. K u r i e r z u g belegt H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 413 seit Spielhagen 1866. S. E i l z u g . kurieren s. Kur. Kurrende f . 'Bettel-, Gassenchor der armen Scholaren', in nord- und md. Städten wohl im 16. J h . eingerichtet, in Braunschweig bis 1755 nachgewiesen. Lat. corradere 'zusammenkratzen' war mlat. zu 'erbetteln' geworden, dazu corradium n., correda f . 'Almosen in natura', corredarius m. 'Empfänger solcher Almosen'. Durch Anlehnung an currere 'laufen' ist nlat. currenda(rius) spät entstanden: S. Nyström 1915 Dt. Schulterminologie 227 ff. Kurs m. Unter K o r s a r ist lat. cursus in der Bed. 'Ausfahrt zur See' erwähnt. Die Bed. 'Schiffsbahn' ist Ausgangspunkt für Wendungen wie „ihren cursum nehmen" Latomus 1617 Rel. Eist. Sem. 100. Seit Heupolds Dict. 1620 wird K u r s gebucht. Aber kaufmännisch schon 1476 corrß 'Ladezettel' bei AI. Schulte 1923 Gesch. d. Groß-Ravensbg. Handelsges. 3, 234. In der Bedeutung 'Preis' vereinzelt 1552, sonst im 15./16. J h . dafür die Lehnübersetzung L a u f . Kürschner m. mit frühnhd. rs für mhd. rs (s. B a r s c h , b i r s c h e n , h e r r s c h e n usw.) aus mhd. kürsenoere. Dies zu mhd. kürsen, ahd. asächs. kursinna 'Pelzrock', wozu gleichbed. afries. kersna, spätags. crus(e)ne, mlat. (seit dem 9. Jh.) crusna, crusin(n)a. Das ahd. Wort ist vor dem 9. J h . entlehnt aus aslaw.kürzno 'Pelz', wie auch S c h a u b e u. Z o b e l auf Entlehnung aus slaw. Sprachen beruhen: E. Schwarz, Die germ. Reibelaute s, f , ch (1926) 31 ff.; Wiek 36 f. Im übrigen zu slaw. kürzino O. Hansen 1942 Zs. f. slav. Phil. 18, 331 ff.; B. Schier, Die Namen des Kürschners (Leipzig 1949).
Kurve
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Kurve /., im 18. J h . gekürzt ans lat. evrva linea 'krumme Linie' (s. K u r b e l ) : H. Schulz 1918 Fremdwb. 1, 415. kurz Adj. ahd. mhd. kurz: vor der Verschiebung des l entlehnt aus lat. eurtus 'kurz', urspr. 'abgeschnitten' (das entspr. gr. kartos ist Part, von keirein 'schneiden'), tochar. karsl körst 'schneiden'. Jüngere Entlehnung ist ahd. kurt (so hat auch lat. porta nacheinander pforza, P f o r t e , porta ergeben). Die Form kurt ist auch asächs., anfr., afries.; vgl. nl. kort, isl. kortr. kurzum Adv. seit dem 16. Jh. geläufig, entspr. dem mnd. kortümme 'durchaus'. Dazu der nd. Fam.-Name K o r t u m , K o r t ü m ; die Umlautformen zu ' u m ' (s. d.), ahd. umbi bietet der Dt. Sprachatlas. kusch Interj. 'leg dich!' im 17. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. couche, Imp. zu coucher 'sich niederlegen' (aus lat. collocäre). K u s c h war urspr. Zuruf an den frz. abgerichteten Jagdhund: Fleming 1719 Teutsch. Jäger 177. Dazu k u s c h e n 'venire in terra jacere' Frisch 1741 Wb. 1, 560 a. Kuse 'Backenzahn' s. k a u e n . Kuß m. Mhd. mnd. asächs. nl. kus, afries. ags. anord. koss, ahd. kus, kuss mit expressiver Gemination (II. Hammerich, Beitr. 77, 187). führen auf germ. kus-. Engl, kiss, dän. kys, schwed. kyss sind nach dem Ztw. umgebildet. Auf Entlehnung aus ags. cyssan 'küssen' beruhen akorn. cussin, mkymr. cussan; von den dt. Nachbarn entlehnt ist sluv. kuS. Man nimmt Hemmung der Lautverschiebung im Schallwort an und vermutet Urverwandtschaft mit gr. kynein 'küssen', aind. eumbati 'küßt', so daß sich ein lautmalendes idg. *ku(s)- ' K u ß ' ergäbe. Unmittelbarer gibt *bu- den Schall wieder, das in bair.-österr. bus(serl), engl, buss, schwed. puss, poln. buzia den Kuß bezeichnet. Unverwandt ist gleichbed. lat. bäsium. Gemeingerm. Ableitung von K u ß ist das schw. Ztw. k ü s s e n , mhd. mnd. küssen, ahd. nl. küssen, asächs. kussian, afries. kessa, ags. cyssan, engl, kiss, anord. kyssa. Abweichend got. kukjan, das zu ostfries. kükken stimmt und wohl eine Redupi. aus Kindermund (vgl. B u b e ) darstellt. In dt. Mundarten wird K u ß außer von B u s s e r l bedrängt von alem. butsch, müntschi, schmutz, schmützli, schwäb. usw. schmatz, rhein. bäss, bunz, schmutz, schmußche, schmunz, schmökert, schnuckes, schnuß. So gilt oder galt in Leipzig heiz, in Posen musche, in Schlesien guschel, sonst M ä u l c h e n und S c h m ü t z l e i n : A. Senn 1933 Journ. of England Germ. Phüol. 32, 524. Abweichend F. Kluge 1916 Beitr. 41, 180f. Kussel /. 'verkümmerter Nadelbaum, Gebüsch', in Berlin K u s c h e l n (mit stimmhaftem i)'Kiefernschonung' (Ag. Lasch, Berlinisch 258): ein nd. Wort der ostelbischen Gebiete, bes. des
Kutsche
Flämings. Von da gelcgentl. bei Dichtcrn: Fontane, Ellernkl. 120; gern bei IL Löns. Unerklärt. Küssen s. K i s s e n . küssen s. K u ß . Küssenpfennig m. 'Geizhals': ein Kraftwort aus frühnhd. Zeit, wie gleichbed. D r ü c k e n p f e n n i g und N a g e n r a n f t . Gewissermaßen als Wahlspruch 'Ich küsse, verehre den Pfennig' gebildet. Vgl. H a b e r e c h t , S c h ü r e n b r a n d , Springinsfeld, Störenfried, Tunichtgut, Wagehals. Küste /. Lat. costa f . 'Rippe' (mit aslaw. koslü f . 'Knochen', serbokroat. kost 'Rippe' zu •/roxi- 'Bein, Knochen') entwickelt im Vulsärlat. die Bed. 'Seite' (vgl. gleichbed. frz. côté aus vulgärlat. costatum 'Ort, wo die Rippen sind'). Im 12. Jh. erscheint afrz. coste 'Rippe, Abhang, Küste' (frz. côte). Das daraus entlehnte mnl. cost(e) bedeutet 'Landstrecke, Küsteinstrecke)'. Im Nl. wird o zu u, in südnl. Mundarten entwickelt sich Umlaut (s. l ö s c h e n 8 ) . Demgemäß dringt das nl. Wort, das als kost ins Mnd. entlehnt war. als K ü s t e ins Nhd. und erscheint hier seit Duez 1664. Engl, coast ist frz. Ursprungs, dän. kyst (älter kost) und schwed. kust (1660 cosi) sind durch das Dt. vermittelt. — Der nächste nhd. Verwandte ist K o t e l e t t ». 'gebratenes Rippenstück', vor 1715 entlehnt aus frz. cnlrbitte f . 'Rippchen'. Küster m. Auf lat. custos, -ödis 'Hüter', das auf 'Hüter des Kirchenschatzes' verengt wurde, beruht mlat. custor -öris 'Wächter', woher afrz. coustre, spätahd. kustor, mhd. kuster. Im nachklass. Mhd. tritt küster auf, das seinen Umlaut aus Bildungen auf -er wie G ä r t n e r , T ö p f e r , S c h ü l e r bezieht. K.scheint als vorwiegend md. Wort mit der Reformation durchgedrungen zu sein. Martin 1628 Colloques 132 verzeichnet als gleichbed. 'Sigrist, Meßner, Kirchner, Glöckner, Kirchwarter, Kilbert'. Landschaftl. begegnet auch O p p e r m a n n . S. K ö s t e r . Kutsche f . Nach dem ungar. Ort Kocs bei Raab ist magy. koesi (szekér) 'Reisewagen' benannt, die Aussprache war kolsi. Von da G u t s c h e n w e g l i n Crusius 1562 Gramm. 248; G u t s c h e Golius 1579 Onora. 51 (zur Verkürzung vgl. G u l a s c h ) . Gleichen Ursprungs sind itili, cocchio, frz. coche, nnl. koets; aus dem Frz. weiter entlehnt ist engl, coach. Landschaftl. ist K u t s c h e ersetzt durch E q u i p a g e , C h a i s e , K a l e s c h e , V e r d e c k w a g e n , wie die Ableitung K u t s c h e r (zuerst. Kiechel 1585 Reisen 6) durch F u h r m a n n , H a u d e r e r , G e s c h i r r f ü h rer u. ä.: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 312ff. — Als Ztw. zu K. gilt im 16. Jh. k u t s c h e n . Nachdem K u t s c h i r e r zuerst bei Dilich 1598 Hist. Beschr. 51 aufgetreten war, setzt sich k u t s c h i e -
Kutte
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r e n seit K r a m e r 1678 d u r c h : H . Schulz 1913 F r e m d w b . 1, 416. Kutte /. Mlat. colla 'Mönchsgewand' erscheint als mhd. kutte zuerst bei H a r t m . v. Aue 1195 Greg. 1657. Im 13. J h . folgt Entlehnung von afrz. cote 'Kleidungsstück, Rock', dem auch engl, coat 'Mantel, Rock' e n t s t a m m t , im weltl. Bereich: Suolahti 1929 Frz. Einfluß 141. Die r o m a n . Wörter s t a m m e n aus a f r ä n k . *kutla 'grobes Wollenzeug, Decke 1 , s. K o t z e . Kutteln Plur. 'eßbare Eingeweide' t r i t t als m h d . kutel f . im 13. J h . auf, daneben kulthiec TO. 'zerschnittenes Gedärm eines Schlaclittiers'. Mit hd. t (das Verwandtschaft mit nd. kül 'Eingeweide' ausschließt) auch friihnhd. köl [Irisch. Man denkt an Verwandtschaft mit got. qipus '(Mutter-)Leib', anord. kvidr ' B a u c h ' , ags. kioid 'Mutterleib', ahd. quüi 'wcibl. Scham', womit weiterhin das gli'ichbed. lat. bolulus ' D a r m , W u r s t ' verglichen wird. K u t t e l n gilt umgangssprachlich in Süddeutschland, der Schweiz (hier f ü r den Magen des Rinds, während die eßbaren Eingeweide G e s t e l l heißen) und Österreich. Als nord- und md. Wort entspricht K a i d a u n e n (s. d.), in Hessen und Lippe R a m p e n , in Thüringen R a m p a n j e u , in H a m b u r g P a n z e n , in Königsberg F l e c k , i n S a r h s e n F l e c k e : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 249f. kuttentoll Adj. 'mannstoll', ein nd. Wort, liter. seit HelKvig 1722 Haus- und Landarzt 239. E r s t e r Wortteil ist nd. kutte 'vulva', s. K u t t e l n
Laberdan
und D W b . 6, 2741. Frisch 1741 umschreibt zutreffend 'uteri dfliramentum'. Kutter m. Engl, cutter bezeichnet als Ableit u n g von cut 'schneiden' ein die Wogen schlank durchschneidendes Schiff. Aufs Festland entlehnt als nnl. kolter, dän. schwed. kulter, nhd. K u t t e r , dies seit Claudius 1782 Sämtl. Werke 4, 200. Kuvert n. ist in seinen drei Bed. ' B r i e f u m schlag, Tafelgedeck, Bettdecke' um 1700 entlehnt aus frz. couvert m., das als subst. F'art. zu coumr 'bedecken' urspr. ' d a s Bedeckende' bezeichnet. In der ersten Bed. gilt vom 15. bis 18. J h . kopert n. aus mlat. copertum zu lat. coopertus 'bedeckt', das f ü r das Genus von K u v e r t verantwortlich ist und dessen p in österr. K o p è r d e c k e n 'Bettdecke' wiederkehrt. Nur nhd. ist k ù v e r t i e r e n ' m i t Umschlag versehen', nicht vor Gleim 1748 Br. an Ramler 1 , 1 4 3 : H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 416. Kux m. 'börsenmäßig gehandelter Bcrgwerksanteil', vordem 'der 128. Teil an Besitz und Gewinn einer gewerkschaftlichen G r u b e ' : zus.-gezogen aus mlat. cuccus, f r ü h n h d . kvkrs, (lies mit Umstellung (wie E s s i g , k i t z e l n , Z i e g e ) aus tschech. knsek, Verkl. zu kus (horrn) 'Anteil (am Berg)', das seinerseits zu aslaw. Arpoi'Ti'il, S t ü c k ' gehört. Ein Zeuge f ü r den Austausch zwischen Deutschen u. Tschechen im mittehilterl. Böhmen, hier zuerst 1327 bezeugt. Wiek 37 f. — C u x h a v e n s. K o g .
L Lab n. m h d . lap (6) 'Mittel zum Gerinnenmachen', ahd. lab 'jura', mnd. laf, nnl. leb(be), daneben ahd. käsiluppa, ags. (cien)lybb, mnl. libbe ' L a b ' , ahd. *liberön, mhd. lib(b)eren, md. ydiefern, mnd. leveren 'gerinnen (machen)'. Für hohes Alter der Gruppe sprechen mundartl. Nebenformen mit s-Anlaut wie nd. slibber, vielleicht auch Formen mit germ. p wie nd. slipper, hd. slipjer(müch) 'geronnene Milch'. Ahd. lebirmeri 'mare concretum' beweist, d a ß die Bed. 'gerinnen' alt ist. J e nö dli. her, desto schwerer ist es, Milch ohne pflanzliche oder tierische Zusätze zum Gerinnen zu bringen. Cäsar sagt Bell. Gall. 6, 22 von den Germanen: maior pars victus eorum in lacte, caseo, carne consiüiK So werden sie ein Gerinnmittel gehabt haben, das m i t L a b ursprünglicher b e n a n n t war als lat. coagulum zu co(a)ijere 'zusammenbringen': Th. Frings 1932 Germania Romana 86f. 101. Der vierte Magen des Rinds heißt L a b m a g e n , weil er die Milch gerinnen läßt u n d entspr. bei der
Käsebercitung verwendet wird. Dazu dient auch die Pflanze Gulivm, die darum seit dem 16. J h . L a b k r a u t heißt, in der Schweiz (ld. 3, 899) Chä.slabchrüt. laben schw. Ztw. mhd. laben, ahd. Inbön 'waschen, erquicken, erfrischen', asächs. labon. mnl. laven, ags. la/iati 'waschen'. Die von Tacitus berichtete Liebe der Germanen zum Baden erklärt den Bed.-Wandel von 'waschen' zu 'erfrischen'. Da das Ztw. nur westgerm. ist und zugehörige primäre Abloitungen fehlen, ist Entlehnung aus lat. laväre 'waschen' glaubhaft. Lat. v ergab germ. 6, hd. b auch in den Namen B e r n und R a b e n (aus Verona und Ravenna). Laberdan m. 'gepökelter Kabeljau', einst als Fastenspeise wichtig, auch D o r s c h , K l i p p - , S t o c k f i s c h . Zu Lapurdum, dem alten Namen von Bayonne, gehört (traclus) Lapurdnnus, frz. Labourdain als Bezeichnung der baskischen Küste an der Adour-Mündung. Von da fuhren die Basken aus, die Gadus morrhua von ihren
labsalben
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Laichplätzen vor Neufundland nach Europa brachten. Darum wurde der Fisch frz. laberdan, nnl. labberdaan genannt; im Nhd. erscheint Laperthan bei Duez 1644. Die Formen afrz. (h)abordean, nl. (1512) habourdaen, (1598) abberdaen, engl, haberdine beruhen darauf, daß das anl. 1 als Artikel angesehen wurde. Mit dem schott. Aberdeen h a t L. nichts zu t u n . Baskisch sind auch A n s c h o w i s und K a b e l j a u , s. d. labsalben Ztw. 'anteeren' (besonders das stehende Tauwerk), in hd. Text seit 1839, seemänn. schon 1796, aus nnl. lapzalven (seit 1681), urspr. ' m i t Hilfe alter Lappen teeren'. Labskaus n. norw. lapskaus 'Stockfisch mit Kartoffeln', ins Nd. des 19. J h . entlehnt aus engl, lobscouse, das als Speise der Seeleute im 18. J h . erscheint und urspr. lob's course sein soll: aus lob 'Tölpel' und course 'Gericht'. Wegen nhd. o für engl, o s. b o x e n und F r a c k . Labyrinth n. Gr. labyrinihos (urspr. ' H a u s der Doppeiaxt'), voridg. läbrys, labyrinihos, wie sämtliche griech. Wörter auf -inthos aus dem minoischen Kulturkreis. Die läbrys war bei den Kretern Symbol einer Gottheit: Brandenstein u. Kretschmer, in: Die Sprache 2 (1950) 72. 152. Gelangt über lat. labyrinthus durch die Humanisten zu uns. 1510 nennt Zwingli ein Jugendg e d i i h t „Der L a b y r i n t h " . Das Genus ist M. noch bei Schiller; es wechselt im 18. J h . zum N., weil damals viele frz. Mask. als N. übernommen werden: H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2 , 1 4 2 f . ; SchulzBasler 1942 Fremdwb. 2, 2f S. A r i a d n e f a d e n . Lache 1 f . ' P f ü t z e ' mhd. lache, ahd. lahha, laccha (bair. lacke), asächs. (in Ortsnamen) laca, mnd. lake 'stehendes Wasser in einem Flußbett, Salzlake' (s. L a k e ) , mnl. lake 'stehendes Wasser', ags. lacu f . 'Fluß, Bach', engl, mundartl. lake 'Landsee, Pfütze', schott. laich 'Sumpf', daneben mit Ablaut anord. lekr m. 'langsam fließender Bach', norw. lek ' P f ü t z e ' : nächstverwandt mit l e c k , s. d. Aus dem Germ, entlehnt sind ital. lacca 'tiefer Grund' und aslov. loky ' Regen'. Urverwandt sind air. legaim 'löse mich auf, zergehe, schmelze', logaim 'faule' und ihre Sippe, mit der sich die germ. Subst. auf idg. *leg- 'tröpfeln, sickern, langsam rinnen' vereinen. Lat. lacus 'See' (zu *laku- 'Wasseransammlung') ist unverwandt: J . U. Hubschmied 1938 Vox Roman. 3, 57. Lache2 f . 'Grenzmarke in Holz oder Stein', ahd. Iah, mhd. läche(ne), asächs. läc-, westfäl. läk; dazu mlat. lachus 'Einschnitt im Grenzbaum', ahd. lähboum 'Grenzbaum mit Merkzeichen' (daraus L o c h b a u m Jean Paul 1795 Hesperus, 16. Hundsposttag), mhd. lachenden) 'mit Grenzzeichen versehen'. Ohne sichere Beziehungen.
Lachs
lächeln schw. Ztw., mhd. lecheln 'ein wenig, lautlos lachen' h a t in frühnhd. Zeit als durchsichtige Bildung die älteren smielen, sanieren, s c h m o l l e n , s c h m u t z e ( l ) n verdrängt: K. v. Bahder, Wortwahl (1925) 142f. Vgl. s c h m u n zeln. lachen schw. Ztw., so auch mhd. mnd. nnl. lachen, ahd. (h)lahhen, afries. hlakkia, anord. hlakka, abgeleitet vom st. Ztw. ahd. hlahhan, asächs. *hlahhian (bezeugt P r ä t . Mz. hlögun, Part, bihlagan), mnl. lachen (loech, gelachen), ags. hliehhan (engl, laugh), anord. hlS'ja (hlö), schwed. dän. le, got. hlahjan (Prät. hlö), dazu uf-hlöhjan 'auflachen machen'. Rückbildung aus dem Ztw. ist die L a c h e , mhd. diu lache 'einmaliges Auflachen'. Damit gleichbed. mhd. lahter, s. G e l ä c h t e r . Außergerm, vergleichen sich u. a. aslaw. klekütati 'schreien', kliiilü 'Zähneklappern', klokotati 'glucken, gackern', gr. klössö (aus *klök}Ö) 'glucke', mir. clocc (s. G l o c k e ) . Sie führen auf *kleg-, *klög-, *khg- 'schreien, klingen' und andere Erweiterungen des idg. Schallworts *kel' r u f e n ' ; s. h o l e n . Lachs m. der germ. Name von Salmo salar L.: mhd. ahd. asächs. lahs, nd. las, ags. leax, engl, anord. schwed. lax, isl. dän. laks. Die afries. u. got. Quellen hatten keinen Anlaß, das Wort zu nennen, aus dem Nl. ist es vor Einsetzen der Zeugnisse durch das kelt.-roman. S a l m (s. d.) verdrängt. Der Fisch fehlt dem Mittel- und Schwarzen Meer, die Römer haben ihn erst in Gallien kennengelernt. Dagegen ist er in allen nördl. Gewässern häufig. So ist der germ. Name nach Lappland gelangt u. lebt dort in Luossajärvi 'Lachssee', Luossavaara 'Lachsberge'. Urverwandt ist er mit gleichbed. lit. läszis, Iett. lasis, apreuß. lasasso, russ. lösos. Das Tocharische fand in Ostturkistan keinen Lachs vor und h a t dort die Bedeutung verallgemeinert: toch. B laksi 'Fisch', den Namen muß es aus der Heim a t des Lachses mitgebracht haben. Auch die Griechen und Italiker fanden in ihrer neuen Heimat den Lachs nicht vor. Das Aind. h a t für die Zahl '100000' das Wort laksa-, im Vergleich mit iran. baevar '10000' zu ahd. im-pi ' I m m e n schwarm' mit der altägypt. Hieroglyphe 'Kaulquappe' = '100000', dem chin. Zeichen für 'Ameise' = '10000' ist jenes laksa sehr wohl von den Lachsschwärmen her denkbar: P. Thieme, Akad. Mainz geistesw. Kl. 1953, 11, 551. Das Aind. h a t eine i-Form zu rajati 'wird rot', räksä 'Lack' ist 'das Rote', dann könnte der Lachs nach seinem typisch roten Fleisch benannt sein: Mayrhofer, Zs. f. dt. Phil. 1953, 71. Vgl. L a c k . Luxemb. köppert, engl, kipper, ags. cypera, asächs. cupiro stehen für K u p f e r l a c h s : der männl. Lachs trägt kupferartige Flecken: H. Suolahti, Neuphilol. Mitte 1918, 19. L a c h s f o -
Lachter
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r e l l e bezeugt Siber 1579 Oemma 47 in der Form L a c h s f u h r als meißnisch. Zum Danziger Lachs 8. K r a m b a m b u l i . Lachter m. f . n. 'Klafter', mhd. (12. Jh.) läfter, (14. Jh.) lähter. Diese jüngere Form ist die lautgerechte; läjter beruht auf Kreuzung mit K l a f t e r , s. d. Der nächste germ. Verwandte ist ags. kecc(e)an, engl, latch 'fassen, ergreifen'. Urverwandt das gleichbed. gr. läzomai aus *ldgiomai. Wurzel *lägu- 'fassen, ergreifen'. Zur Endung germ. pro-, idg. -tro F. Kluge 1926 Stammbild. § 93. Lack m. Aind. laksd 'hunderttausend' heißen wegen ihrer großen Zahl die Insekten Cocca ilicis, deren Stich auf Quercus coccifera die harzige Absonderung bewirkt; danach heißt die Pflanze läksa (Lokotsch 1927 E t y m . Wb. 1295); das kann im Vergleich zu dem unter L a c h s (s. d.) Erörterten eine Übertragung von da aus sein. Das aind. Wort ergibt über mittelind, lakkhä, pers. lak arab. lakk, über das Arab. gelangt es in die europ. Sprachen (Littmann 1924 Morgen], Wörter 90). Von da stammen ital. lacca und mlat. laea, seit dem 14. J h . bei uns, in der Bed. 'Siegellack' seit dem 16. J h . Die Herkunft verraten Verbindungen wie Florentiner Lack. Das Ztw. l a c k i e r e n erst gegen 1700, vorher l a c k e n und l a c k z i r e n : Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2, 3f. — S. auch G o l d l a c k . Lackmus «. 'aus Flechten gewonnener blauer Farbstoff', mit der Sache im 16. J h . aus Flandern bezogen: Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2, 4. Nnl. lakmoes enthält moes 'Grünzeug, Pflanzenteig' als zweiten Teil; als ersten zeigt mnl. leeemos das Ztw. leken 'abtropfen' (s. l e c k ) : man ließ bei der Herstellung den Saft abtropfen. Lade f . mhd. mnd. ¡ade f., ahd. *hlada, anord. hlada '(Heu-)Scheuer', mengl. laße 'Ladebühne', mnl. lade 'Truhe'. Vorauszusetzen ist urgerm. *hlaPö- 'Vorrichtung zum Beladen'. Zu l a d e n 1 (s. d.). Mnd. lade ist entlehnt zu lett. lade ' K a sten'. Laden m. mhd. lade m. 'Brett, Bohle, Fenster-, Kaufladen'. Gemäß seiner Grundbed. 'Brett' verwandt mit L a t t e (urgerm. *laßpön-), s. d. In heutiger Umgangssprache ist L a d e n 'Verkaufsr a u m ' nahezu gemeindeutsch, doch bevorzugt das österr. G e s c h ä f t . Im Veralten begriffen sind balt. B u d e , österr. G e w ö l b e , moselfränk. G ä d e m c h e n : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 315. laden 1 Ztw. 'mit Tragbarem beschweren', mhd. laden, ahd. (h)ladan, anord. hlada, got. hlaßan; afries. hlada, ags. hladan, engl. lade. Zur Wurzel *klä- 'breit hinlegen' (in lit. klöju, klöti 'hinbreiten', lett. kläju, klat 'ausbreiten') gehören zwei Erweiterungen. Die eine (mit t) liegt vor in lit. kloia 'Pflaster im H o f ' : zu ihr Kluge, Etymologisches Wörterbuch- 17.Aufl.
Laffe
die germ. Formen mit got. p, anord. 3, hd. d. Die andre (mit idg. dh) in aslaw. kladç, klasti 'legen', lit. ù&klodas 'Bettdecke' und paklödi ' B e t t l a k e n ' : ihnen entsprechen die anglofries. Formen mit d. S. L a s t . laden 2 Ztw. 'wohin berufen' mhd. laden, ahd. ladön (von l a d e n 1 durch Anlaut und schw. Beugung getrennt), asächs. lathian, laööian, mnl. laden, afries. lalhia, ags. ladian, anord. lada, got. lapön 'einladen, berufen'. Die Bed. der germ. Wz. *lap (vorgerm. *lal) wird bestätigt durch got. lapons f . 'Einladung', lapa-leikö 'gern'; s. auch L u d e r . Lautlich ist Verwandschaft mit L a d e n und L a t t e möglich; die Sachbeziehung ist etwa dadurch herzustellen, daß Ladung u n d Vorladung durch Herumsenden eines Bretts oder Kerbstocks erfolgt wäre: R. Meringer 1904 Idg. Forsch. 16,114. Vgl. K l u b . Ladenhiiterm. Schweiz. L a d e n g a u m e r ' u n verkäufliche, abgelagerte Ware', ein Spaß des 17. Jh., literar. seit Weise 1673 Erzn. 16, gebucht seit Corvinus 1660 Fons lal. 1, 264». Der Anklang an frz. garde-boutique beruht schwerlich auf Zufall. Ladenschwengel m. in student. Spott auf die Ladendiener dem älteren G a l g e n s c h w e n g e l (s. d.) nachgebildet, kaum vor Laukhard 1792 Leben 2 , 1 4 7 : Kluge 1895 Stud.-Spr. 104. Ladentisch m. Das junge Schriftwort wird in Livland, Nordwestdeutschland und Österreich durch ältere oder fremde Ausdrücke abgelöst. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 315ff. nennt L e t t e , Theke, Tresen, Tonbank, Pudel. Ladentochter /. Der Schweiz. Gebrauch von T o c h t e r als 'Mädchen' (s. T ö c h t e r s c h u l e ) f ü h r t dazu, daß man in Teilen der dt. Schweiz das Ladenmädchen als L a d e n t o c h t e r bezeichnet, wie das Saalmädchen als S a a l t o c h t e r : Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. 139. Lafette /. Zu frz. fût 'Schaft' (aus lat. fustis 'Knüppel') gehört l'affût (älter affust) m. 'Geschützlade', das kurz vor dem 30jähr. Krieg als affuit in dt. kriegswiss. Werken erscheint u. in nnl. affuit bis heute lebt. Im 16. J h . h a t t e das gefeß als Fachausdruck gegolten. Der frz. Artikel wird zum Wort gezogen, das Genus nach den frz. Fem. auf -ette, die Schreibung nach der Aussprache des Kriegsvolks gewandelt: so erscheint L a v e t e 1634 Überlinger Belagerung 12 Ndr. In südwestd. Übertragung wird L. zu 'Gesicht, grober Mund': Zs. f. d. Wortf. 2, 66. 14, 27. 61; Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2, 4; H . Fischer 1914 Schwäb. Wb. 4, 919. Latte m. erst nhd. Wie manche sinnverwandte Wörter (v. Bahder 1925 Wortwahl 36) steht frühnhd. laffe 'Hängelippe, Maul' mit pars pro toto für 'Gaffer, der mit hängender Lippe oder offenem Mund dabeisteht, wenn andere sich 27
Lage
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plagen'. Auch das Vorbild von A f f e und das Verhältnis von L u m p zu L u m p e n , L e c k e r zu lecken mag auf das Scheltwort eingewirkt haben. Nächstverwandt sind nhd. laff 'schlaff, matt', mhd. erlafjen 'erschlaffen', leffel 'Ohr des Hasen', nd. laps 'läppischer dummer Kerl'. Lage f . m h d . läge, ahd. läga ' L e g u n g ' : zu l i e -
gen mit der Ablaufstufe von dessen Plur. Prät. Lägel, Legel /. n. m. 'Fäßchen, Weinbutte, Hohlmaß', m h d . lägen, lägel, lagel n., lägele, Icegele f., ahd. lägel(l)a f., m n d . leehel(k)en, mnl. lägel{e), lege l(e), von da isl. legill, dän. legel, leile,
schwed. lägel. Als Wort des karolingischen Weinbaus stammt L. aus Italien: lat. lagöna, lagüna f . 'Flasche mit engem Hals und weitem Bauch' war im 2. vorchr. Jh. entlehnt aus gleichbed. gr. Idgynos m. f., dessen (voridg. ?) Herkunft ungeklärt ist. In den germ. Formen ist n zu l gewandelt (wie in Esel, Igel, Kessel, K ü m mel), nur bair. lägen, oberpfälz. laugng, älter obersächs. Lagen f . sind bei n geblieben und bezeugen damit gesonderte Entlehnung über die Ostalpen. Das für unsre Vorzeit wichtige Wort steht im Dienste der Beförderung von Südweinen und Öl auf Tragtieren. Die Bildungen auf -el werden seit mhd. Zeit N. nach dem Vorbild der hd. Verkleinerungen. Soweit sich M. einstellt, sind Gerätnamen wie H e b e l , H o b e l , Schlegel maßgebend. Legier 'Faßbinder' begegnet seit 1290 in Fam.-Namen. Lager n. m h d . leger, ahd. asächs. legar, afries.
ags. leger, engl, lair 'Wildlager', anord. legr 'Grabstätte; Beilager', got. ligrs 'Lager, Bett': gemeingerm. Ableitung zu liegen mit der Ablautstufe von dessen Part. Prät. Der Sing, lautet L ä g e r z. B. noch bei Waldis, Ayrer, Opitz, D. v. d. Werder, Fleming und Hoffmannswaldau. L a g e r erscheint zuerst im Vogtland 1397 und ist Regelform bei Luther. Nicht die Auffassung des ä als Umlaut und der Wunsch, Sing, und Plur. zu unterscheiden, haben die junge Form zum Sieg geführt (wie Edw. Schröder 1937 Zs. f. dt. Alt. 74, 48 meint), denn auch der Plur. L a g e r begegnet bei und seit Luther nicht selten. Vielmehr war in seiner Heimatmundart mhd. e lautgesetzlich zu a geworden. Er läßt der Mundartform Eingang, weil sie Anlehnung an Lage fand. Von seiner Bibel aus hat Lager allgem. Geltung erlangt. Die Scheidung zwischen Sing, und Plur. wird erst um 1800 streng durchgeführt: Virg. Moser 1938 Zs. f. Mundartforsch. 14, 68ff. Lagune f . Zu lat. lacus 'See' gehört
lacüna
'Lache', das als ital. laguna meist auf die Gewässer Venedigs bezogen wird. Von da bei uns seit 1557: Marjatta Wis 1955 Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedesca, Helsinki 177.
Laich
Die Bed. 'Grube, Pfütze' verzeichnet Sperander 1727: Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2, 4f. lahm Adj. m h d . ahd. m n d . mnl. nnl. dän.
schwed. lam, asächs. lamo, afries. läm, engl. lame 'lahm', ags. lama, anord. lami 'lahm, verkrüppelt'. In Ablaut damit stehen mhd. lüeme, ahd. luomi 'matt, schlaff, mild', mhd. lüemen 'erschlaffen' (s. Lümmel), mnl. loemen 'vernichten', afries. lörn 'gelähmt, steif, matt', schwed. loma 'schwerfällig gehen'. Urverwandt sind russ. lom 'Bruchstück', lomöta 'Gliederreißen', apreuß. limlwei 'brechen', lett. l'imt 'zusammenbrechen', lit. äp-lama-s 'ungeschickt', lamlnti
'zähmen', lüomas ' l a h m ' , ir. leamh 'ge-
schmacklos, albern', gr. nölemes 'unermüdlich, nicht zusammenbrechend', die alle zu dem Verbalstamm Hem- 'brechen' gehören. Als dt. Ausgangsbedeutung hat 'gliederschwach' zu gelten; in der heutigen Hauptbedeutung ersetzt l a h m got. halts, anord. haltr, ags. healt, afries. asächs. halt, ahd. hals, urverwandt mit air. kymr. coli 'Verderben, Schaden'. Laib TO. als Name des geformten Brots ist älter als B r o t selbst, das erst nach Erfindung des Sauerteigs aufgekommen ist ( s . B r o t , H e f e ) . Mhd. leip (b), ahd. leib, älter hleib, afries. hlef, ags. hläf (engl, loaf), anord. hleifr (norw. leiv,
schwed. und ält. dän. lev), got. hlaifs führen auf *kloibho- 'in Pfannen gebackenes Brot'. Zu damit ablautendem *klibho- gehören L e b k u chen (s. d.) und gr. klibanos 'irdenes Geschirr, in dem man Brot buk'. Auf alter Entlehnung aus dem Germ, beruhen gleichbed. finn. leipä, lett. kläips und aslaw. chUbü, auf Kreuzung von weißruss. chUp 'Brot' mit dem unverwandten lit. kSpalas 'Laib Brot' beruht lit. klilpas 'großer Laib': A. Senn, Germ. Lehnwortstud. 48ff. Heute ist L a i b auf dem Rückzug vor B r o t : in hd. Umgangssprache nördlich der Linie Saarbrücken, Wiesbaden, Frankfurt, Fulda, Kassel, Meiningen, Bautzen lebt es nicht mehr, wie es auch dem Heliand u. dem Nl. fremd ist. Die Wichtigkeit in alter Sprache beleuchten got. gahlaiba,
ahd.
gileibo,
afränk.
*gahlebo
('Brot-) Genosse' (s. K u m p a n mit K o m p a n i e ) sowie engl, lord 'Herr' (aus ags. hläford, älter *-ward 'Brotwart'), lady 'Herrin' (aus ags. hläfdige' Brotkneterin') und lammas' Erntedankfest' (aus ags. hläfmcesse 'Brotmesse'). Nicht nötig wäre gewesen, daß Grammatiker des 17./18. Jh. Schreibung mit ai durchsetzten, um Verwechslungen mit Leib 'Körper' vorzubeugen. Laich m. n. ein zweifellos uraltes Wort, das aber erst im späten Mhd. auftaucht, entspr. mnd. lek, schwed. lek, dän. leg 'Laich', auch 'Liebesspiel'. Dazu mundartl. l a i c h e n 'sich begatten', dän. lege 'sich paaren' (von gewissen Vögeln).
Laie
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Grundbed.'Tanz, Spiel', s. f r o h l o c k e n , Leich, Wetterleuchten. Laie m. 'Nichtgeistlicher, Ungelehrter, Nichtfachmann'. Zu gr. läos m. 'Volk' stellt sich das Adj. läikos 'zum Volke gehörig', das über lat. läicus mit der röm. Mission in die meisten europ. Sprachen gelangt. Durch Entlehnung von Volk zu Volk werden roman. Formen wie *laigu, *laiju, auf denen afrz. lay (hieraus engl, lay) beruht, seit dem 10. Jh. Vorbild für ahd. laigo, m h d . lei(g)e, f r ü h n h d . ley(e), lay, m n d . leie, mnl.
leye, afries. leia. Auf gelehrter Entlehnung aus lat. läicus beruhen mnd. awestfries. lek, mnl. leec, nnl. leek, afries. lèka, spätanord. leikr, dän.
keg 'Laie'. Soweit diese (wie das gr.-lat. Vorbild) Adj. sind, treten ihnen als Subst. ahd. laihman, m n d . lèkman, isl. leikmadr, dän. kegmand, schwed.
lekman zur Seite. Die seit Stieler 1691 angebahnte nhd. Schreibung Laie folgt etym. Rücksichten (wie in B a y e r , K a i s e r , Mai). 0. Kern 1933 Arch. f. Rel.-Wiss. 30, 205ff. Lakai m. Türk, ulak 'Läufer, Eilbote' (zum Stamm ul 'gehen') gelangt über ngr. ouldkés in die roman. Sprachen : ital. lacchè, span. lacayo, frz. (seit 1400) laquais 'Diener': Lokotsch 1927 Etym. Wb. 2131. In dt. Text erscheinen 1513 lagegen 'Fußsoldaten'; die Bed. 'Diener in Livree' (Sachs 1641 Werke 2, 388 Keller) ist vermittelt durch die ältere 'Diener, der s. Herrn zu Fuß begleitet': Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2, 5; Kurrelmeyer, Morl. lang, notes 34, 411. 36,
487. Lake f . 'Salzwasser, bes. solches, in dem Heringe lagern'. Mnd. mnl. lake 'stehendes Wasser, Pfütze', die Entsprechung von hd. L a c h e (s. d.), hat sich seit dem 14. Jh. von der Küste her in einem Gebiet verbreitet, das Kretschmer 1918 Wortgeogr. 318 abgrenzt. Laken n., selten m., m n d . nnd. mnl. nnl. laken
n. 'abgepaßtes Gewebestück' (im Gegensatz zu Tuch und Zeug), asächs. lakan n. 'Tuch, Vorhang, Gewand', afries. leken, lezen, ags. lacen 'Mantel', mengl. lake, dän. lagen, schwed. spätanord. lakan n. 'gewebtes Zeug, Decke', norw. mundartl. lake 'Fetzen, Lappen; Faltmagen der Wiederkäuer'. Diesen unverschobenen Formen entsprechen ahd. lahan, mhd. frühnhd. lachen, die außer in alem. Ma. nur in L e i l a c h und S c h a r l a c h (s. d.) erhalten sind. Gemeinsam führen sie auf germ. *lakana- 'baumelnder Lappen, Zipfel'. Dieses ist als lakana 'Bettuch' früh ins Finn, entlehnt. Es gehört mit lat. languére 'matt, schlaff sein', laxus' locker', gr. legein 'ablassen, aufhören', lagónes 'Weichen', läganon 'dünner, breiter Kuchen' usw. zum Verbalstamm *(s)leg-, *(s)hg-, *(s)leng- 'schlaff,
matt sein'. Mit dem westfäl. Leinenhandel (s. Linnen) dringt die nd. Form ins Hd. Qacken-
Lama
tuch Voc. theut., Nürnberg 1482, r 8b; L a c k e n Fronsperger 1573 Kriegsb. 202) bis zu einer Linie Breslau, Bautzen, Leipzig, Weimar, Waldeck; südlich davon gelten Zus.-Setzungen mit T u c h : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 319f., L. Berthold 1927 Hessen-nass. Volkswb. 2, 13. lakonisch Adj. Adv. 'wortkarg; in schlagender Kürze'. In Piatos Protagoras 343 B gebraucht Sokrates den Ausdruck 'das lakonische Kurzwort' (brachylogia tis Lakönike) schon als geflügeltes Wort. Gr. lakonikös stellen dt. Humanisten in sonst lat. Texte; in dt. Umgebung steht l a k o n i s c h zuerst bei Val. H e r b e r g e r (f 1627): Schoppe, Mitt. d. Ges. f. schles. Volkskde. 17, 99. Lakritze /. Gr. glykyrrhiza 'Süßwurz' ergibt über lat. liquiritia mhd. lakeritze mit vortonigem o wie G a r d i n e , H a l u n k e , K a n i n c h e n , Kapelle2, Kattun, lavieren, Rakete, s t a f f i e r e n . Urspr. griech. Kunstwörter der mittelalterl. Heilkunde bewahren wir auch in A r z t , B ü c h s e , L a t w e r g e , P f l a s t e r . Mundartl. gelten heimische Ausdrücke wie obd. Bär e n d r e c k , westmd. B ä r e n z u c k e r , in Soest K l i t s c h e n u. ä. lallen schw. Ztw., m h d . lallen, md. lellen ' m i t
schwerer Zunge reden'; gleichbed. schwed. lalla, dän. lalle, das früher auch 'in Schlaf lullen' bedeutet hat; dagegen anord. lalla 'beim Gehen wanken wie ein Kind'. Außergerm, vergleichen sich lat. lalläre 'lalla singen', lallus 'Trällern (der Amme)' griech. lälos 'geschwätzig', lalla 'Geschwätz', laleln 'schwatzen', lalage 'leichtes Gemurmel', aind. lalallä 'Laut des Lallenden', lit. lalüoti 'lallen', russ. lala 'Schwätzer', slowak. lalo 'Dummkopf'. Die lautmalenden redupl. Kinderwörter können mindestens teilweise unabhängig voneinander und von l u l l e n (s. d.) entstanden sein. Lama m. 'buddhistischer Mönch' wie engl. lama aus gleichbed. tibetan. (b)lama. D a l a i L a m a als Bezeichnung der beiden höchsten Lamas in Tibet und der Mongolei ist zusammengesetzt mit mong. dalai 'Gott', ursprünglich 'Meer': ihre Macht gilt für unerschöpflich wie das Meer. Entlehnungen aus dem Tibetan. sind sonst nur T i b e t als Name eines feinen, dichten Wollstoffs und Y a k 'Grunzochse', s. d. Lama n. Das peruan. Schafkamel ist in Europa durch die Spanier bekannt geworden: nhd. L a m a , nicht vor Jos. de Acosta 1598 Geogr. u. hist. Beschr. 1, 29 nachgewiesen, geht (wie nl. frz. ital. portug. lama) auf span. llama zurück. Die Engländer hatten mit glama (1752) das palatalisierte l (span. II geschrieben) übernommen; heute schreiben sie meist llama, sprechen aber lämä. Span, llama beruht auf llama der peruan. Keschua-Sprache, deren II gleichfalls als Ij zu lesen ist. Das span. Wort ist M., das nhd. ist N. 27*
Lambertusnuß
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geworden nach Vorbildern wie K a m e l , S c h a f , T i e r, V i e h : Rieh. Loewe 1933 Zs. f. vgl. Spracht. 60, 149f.; Palmer (1939) 83f. Lambertusnuß /. 'große Haselnuß', so seit Ludwig 1716. Frühnhd. lambertische Nuß ' N u ß aus der Lombardei', mhd. Lambardle, Lämparten, Dat. Plur. zum Volksnamen der Langobarden. S. W a l n u ß . Lambris m. n. 'Wandverkleidung'. Lat. läbrusca 'wilde Rebe', das selbst unerklärt ist, liefert über galloroman. *lambrüscum frz. lambris m. 'Täfelwerk'. Von da zuerst als L a m b r i s bei Amaranthes 1773. Zur Bed. u. landschaftl. Verbreitung L. Berthold 1927 Hessen-nass. Volkswb. 2 , 1 4 f . Lamelle, Lametta Aus lat. lam{mi)na sind auch die Verkl. L a m e l l e (frz.) und L a m e t t a (ital.) entsprossen, aus lat. lämmina, läm(m)na 'Platte' s t a m m t über mlat. lama frz. lame f . 'dünne Metallplatte, flacher D r a h t ' L a h n , das zu Beginn des 18. J h . entlehnt ist. — Ein anderes L a h n s. u. L a w i n e . Lamm n. Mhd. lamp, lambes, lember, ahd. lamb, lambes, lembir, asächs. afries. engl, anord. got. lamb, mnd. mnl. nnl. schwed. dän. lam, ags. lamb, lambor, schwed. mundartl. limb führen auf den neutr. -es-Stamm germ. *lambaz-, -iz' L a m m ' . Daraus früh entlehnt glcichbed. finn. lammas, Gen. lampa{h)an. Das Wort ist auf verkleinerndes germ. -b aus idg. -bh gebildet wie gr. elaphos (aus *elnbhos) 'Hirsch', lat. columbus (aus *kolon-bhos) 'Tauber' u. a. Tiernamen. Außergerm. vergleicht sich zunächst der agall. Monatsname Elembiu. Dasselbe Grundwort ohne die Ableitung auf -bh liegt vor in lit. elnis (s. E l e n t i e r ) , aslaw. jeleni 'Hirsch', gr. ellös (aus *eln6s) 'Hirschkalb', armen, ein, kymr. elain 'Hirschkuh', air. elit (aus *eln-tis) 'Reh', toch. A yäl 'Gazelle'. Als Grundbed. ist anzusetzen 'Junges gehörntes Tier'. — Die landschaftl. Bezeichnungen für das weibl. Lamm bietet Maria Ptatschek 1957 Lamm u. Kalb, Bezeichnungen weibl. Jungtiere in dt. Synonymik. Lampe f . mhd. mnd. mnl. lampe, nnl. engl. lamp: Entlehnung des 13. J h . aus gleichbed. frz. lampe, das aus volkslat. lampade entwickelt ist. Ältere Formen wie mhd. lampade f., mnl. lamp(a)de, lampte beruhen auf lat. lampas, -adis 'Leuchte', das aus gr. lampas, -ddos 'Fackel' entlehnt ist, wie spätlat. lampäre 'leuchten' aus gleichbed. gr. lämpein. Das gr. Ztw., auf dem unsere Sippe beruht, h a t präsensbildenden Nasal und ist urverwandt mit lett. läpa 'Kienfackel' (J. Sehwers 1927 Zs. f. vgl. Spracht. 64, 9), apreuß. lopis, air. lassair 'Flamme', kymr. llachar 'glänzend' zum Verbalstamm *läp~: *hp 'leuchten'. Zur Sache M. Heyne, Fünf Bücher dt. Hausaltert. 1 (1899) 283. Vgl. A m p e l .
Land
Lampe m. Name des Hasen in der Tiersage: Kantzow 1465 Pomerania 2, 127 ; Reinke de Vos (Lübeck 1498) V. 110. 2996ff.; Micrälius 1639 A. Pommern 410; Goethe 1794 Reineke 1, 64. Eins mit dem nd. Eigennamen L a m p e , Kurzform zu L a m p r e c h t , ahd. Lantbèraht: Eccard 1716 Praef. ad Leibnitii Collect, etym. 42 „Lampe enim contractum Lamberti nomen et adhuc plebi nostrae hoc modo in usu est". Auch unverkürztes L a m p r e c h t ist Name des Hasen: Mißbrauch der Med. (1696) 350 „Deßgleichen wollen auch, nach Aussage Wolf. Franzi, die Affen gerne Martin, die Böcke Herman, die Schweine Cunrad oder Kutsch, die Gänse Thiele, die Katzen Henrich oder Mauritz und die Hasen Lamprecht genennet werden". Im Enel, ist Wat, Kurzform zu Walter, Scherzname des Hasen, im nl. Reinaert heißt er Cuwaert. S. H e r m a n n , H i n z , I s e g r i m , Reineke. Lampenfieber n. Aufregung zumal des Anfängers vor dem öffentlichen Auftreten. Kaum vor Palleske 1858 Schiller 1, 109 dem älteren K a n o n e n f i e b e r nachgebildet. Vgl. schwed. rampfeber. Lamprete f., (Petromyzon marinus) mhd. lampìride (auch umgedeutet zu lemjrid, lantfride), ahd. lamprèta, -da, -prlta, -phrida: dieser Name beruht mit mnd. lamprède, mnl. lampreide, nnl. lamprei und ags. lamprede (hier auch lempedu) auf galloroman. lamprèda, das gegen Ende des 8. J h . zuerst bezeugt ist (daraus auch frz. lamproie und engl, lamprey). Mlat. lampetra ist jünger und zeigt Umbildung nach lambere 'lecken' und petra 'Stein': der Fisch hängt sich mit seinem saugnapfähnlichen Maul an die Steine des Meeresgrunds. Aber auch galloroman. lamprèda ist schon umgestaltet; seit dem 5. J h . geht ein aus dem Gali, stammendes nauprèda voraus. L. ist das N e u n a u g e (s. d.) des Meeres. Land ». Mhd. mnd. mnl. lant (d), ahd. lant (t), asächs. nnl. afries. ags. engl, anord. dän. schwed. got. land führen auf germ. *landa- ' L a n d ' (daraus früh entlehnt gleichbed. finn, lannas). Mit Ablaut stehen daneben anord. lundr ' H a i n ' und schwed. linda 'Brachfeld', jenes Schwundstufe, dieses aus germ. *lendiön aus *lendh'freies Land, Heide, Steppe'. Urverwandt sind air. land, mkymr. llan 'freier Platz', korn. lan (aus *landhä), hieraus frz. lande f., engl, lawn (s. T e n n i s ) , breton. lann 'Heide, Steppe', apreuß. lindan 'Tal', russ. Ijädd 'Rodland, schlechter Boden', tschech. lada, -o 'Brache'. Schon im Germ, bezeichnet L a n d 'Staatsgebiet', im Mittelalter wird es 'Gebiet einheitlichen Rechts; Rechtsverband der das Land bebauenden und beherrschenden Leute; Gebiet eines Landesherrn': Herb. Meyer, Nachr. d. Ges. d.
Landauer
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Wiss. zu Göttingen, phil.-hist. Klasse 1930 S. 624f.; Jost Trier das. 1940 S. 88f.; 0 . Brunner, Land u. Herrschaft (1942) 203; F. Holthausen 1942 Beitr. 66, 275. Landauer m. gedeutet von Goethe 1798 Herrn, u. Dor. 1, 56 „ I m geöffneten Wagen (er war in Landau verfertigt)", demgemäß L a n d a u e r W a g e n Rochlitz 1799 Landmädchen 157, auch schlechtweg L a n d a u Hauff 1827 Mann im Mond 16 u. ö., entspr. engl, landau schon früh im 18. J h . An den Ursprung f ü h r t Adelung 2 (1796) 1880 „ E r wurde damahls erfunden, als Kaiser Joseph I. (1705—11) vor Landau ging". landen schw. Ztw. (nd. nl. landen, engl, land, dän. lande, schwed. landa) ersetzt seit Mitte des 17. Jh., von der Wasserkante südwärts dringend, das alte -jan-Ztw. l e n d e n (mhd. lenden, lenten, ahd. lenten, anord. lenta), das in obd. Ma. gilt und noch bei Wieland in nhd. Texten erscheint. Die umlautlose Neubildung hätte kaum gesiegt, stände nicht das Grundwort L a n d daneben. Landenge s. M e e r e n g e . Ländler m. 'Tanz aus dem Landl, d. i. Österreich ob der Enns'. Im 19. J h . neben älterem l ä n d e r n 'langsam drehend tanzen' Rochlitz 1799 Landmädchen 133. Landpomeranze f . urspr. 'Mädchen vom Land mit roten Pausbacken', aus westobd. Mundarten (H. Fischer 4, 964) wohl durch Tübinger Studenten seit Hauff 4 (1826) 105 schriftsprachlich: Ladendorf 1906 Schlagwb. 186. Frühnhd. entspricht B a u e r n - A t z e l M. Crusius 1562 Gramm. Graeea 1, 79. Landratte /. schelten die Matrosen alle, die nicht ihr Leben auf See verbringen. Nach älterem engl, land-rat seit Laube 1837 Reisenov. 5, 31. Die missingsche Lautform L a n d r a t z e schon bei Kotzebue 1790 Indianer in England 2, 8. Landschafter m. L a n d s c h a f t s m a l e r , zuerst bei Albrecht Dürer 1521 Schriftl. Nachl. 160, ist gekürzt zu L a n d s c h a f t e r seit 1777 T. Merkur, Sept. S. 277. Als Fachwort aus Künstlerkreisen bei Goethe, z. B. 1787 Weim. Ausg. I 31, 61. Landsknecht m. 'Söldner, der (im Gegensatz zum Schweizer) in kaiserl. Landen geworben ist', nach F. v. Bezold 1890 Gesch. d. dt. Reformation 69 zuerst 1486. Dabei steht K n e c h t wie in F u ß - , K r i e g s k n e c h t . Die Umdeutung L a n z k n e c h t seit 1502. Die Kürzung L a n z ( t ) (seit 1527: Wahrh. u. kurz. Bericht in der Summa 2) entspricht dem ital. lanzo neben lanzichenecco und ist welsche Schelte der deutschen Söldner und der Deutschen überhaupt: Bolte, Zs. f. dt. Phil. 17, 200. Landsmannschaft f . Lehnübersetzung aus Collegium nationale Akad. Rundschau 6 (1918) 182. K a u m vor Ludwig 1716. Zs. f. dt. Wortf. 1, 40.44.
Langohr
Landsturm m. erst nhd., daraus entlehnt dän; schwed. landstorm. In Österreich tritt 1511 eine Landsturmordnung in Kraft, die die gesamte Landesverteidigung umfaßt. In Tirol heißen im 17. J h . das 2. und 3. Aufgebot L a n d s t u r m , das letzte G l o c k e n s t r e i c h : durch Läuten der Sturmglocke wurden sie aufgeboten. Aus Basel erhalten wir 1627, aus Aulendorf 1707 ein Zeugnis für L a n d s t u r m 'Aufgebot'. Aus J . v. Müller 1787 Gesch. d. Schweiz. Eidgen. 2, 463 übernimmt Schiller 1804 das Wort in den Teil 2, 2. Von da und aus den älteren obd. Einrichtungen kennen es die vaterländ. Kräfte, die 1808 einen Landsturm für Preußen planen, den Campe 1809 richtig deutet „wozu das Zeichen mit der Sturmglocken . . . gegeben wird". Durch Kab.-Order vom 17. März 1813 wird die Truppe in Preußen errichtet. Landwehr /. mhd. lantwer, mnd. lantwere, afries. ländwere, zuerst 847 als ahd. lantweri 'Landesverteidigung'. Diese lange Zeit einzige Bed. wird im späteren Mittelalter abgewandelt zu 'Befestigungswerk im Gelände', wie es damals die Städte vor dem Mauerring hatten. E n t spr. gilt das Wort noch in der Flurnamenforschung. Seit Wolframs Parz. 768, 2 bedeutet mhd. lantwer 'Gesamtheit der zur Landesverteidigung aufgebotenen Kräfte'. Diese Bed. hält sich zäh in der Schweiz. Scharnhorst greift sie 1808 auf; durch Kab.-Order vom 17. März 1813 wird die Aufstellung einer Landwehr nach seinem Plan angeordnet. 1815 folgt die Preuß. Landwehrordnung. lang Adj. mhd. mnd. lanc (g), anfränk. lango Adv., mnl. lanc (gh;), ahd. asächs. mnd. nnl. ags. dän. lang, afries. schwed. läng, engl, long, anord. langr, got. laggs. Zuerst bezeugt im westgerm. Volksnamen Langobardi 'Langbärte'. Die nächsten außergerm. Verwandten sind gleichbed. lat. longua, gall. *longo- im Ortsnamen Longovicium und im Stammesnamen Longostaletes, air. usw. long, illyr. long- in Männernamen wie Longarus: sämtlich mit westidg. Erleichterung des Anlauts aus idg. *dlonghos in gleichbed. mpers. drang, npers. dirang, alban. gVate (aus *dlang-te). Die ganze Gruppe mit eingefügtem n zu idg. *delegh- 'lang' in aind. dirghdh, awest. daraga, apers. darga- 'lang'. langen s. g e l a n g e n . Langohr m. n. Die rotwelsche Zoologie, in der das Schaf W a r m b u c k e l heißt, die Gans B r e i t f u ß , der Fuchs L a n g w e d e l , unterscheidet Hasen und Esel als kleines und großes L a n g o h r (L. Günther 1919 Gaunerspr. 76). Die Art der Verbreitung über die Mundarten (H. Fischer 4, 985) und die ersten schriftsprl. Belege (für E s e l 1598 Schildb. 98, für H a s e Colerus"l604 Hausbuch 431) scheinen rotwelschen Ursprung zu
längs
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bestätigen. Der naheliegenden Benennung vergleicht sich lat. aurltus, das als Ad]', 'langohrig', als Subst. schon um 360 n. Chr. 'Hase' bedeutet. Kymr. ysgyfarnog 'Hase' gehört zu ysgyfarn 'Ohr'. S. A. Wolf 1955 Wb. d. Rotwelschen 192. längs Adv. Präp., ebenso mnd. langes, nnd. nnl. längs, mnl. (aVjlanges, dän. längs (ad, med, ved), schwed. längs (efier). Mhd. lenges älter langes Adv. 'der Länge nach' ist der erstarrte Gen. Sg. n. des Adj. l a n g (s. d. und e n t l a n g ) . Zur Präp. wird l ä n g s wie a b s e i t s , m i t t e n , n ä c h s t , s e i t a b , - w ä r t s u. a. Zuerst erscheint es in Köln 1340 mit Akk.: lancks dat brueh, fast gleichzeitig in Ostfriesland mit Gen.: we den andern jaget langes weges. Soweit die Präp. l ä n g s aus der Formel n a c h (der) L ä n g e (der sie den Umlaut verdankt) entwickelt ist, regiert sie den Gen. Dieser konnte beim Sg. Fem. (längs der Küste) als Dat. verstanden werden; ihn regiert 1. vielfach seit dem 17. Jh., heute in manchen Mundarten. langsam Adj. eine der ersten Bildungen auf - s a m (got. nur luslu-sama 'ersehnt'): ags. langsam, asächs. langsam, 'lange während'. Im Ahd. besteht neben langsam 'lange dauernd' ein Adj. langseimi 'zögernd', im Mhd. neben lancsam ein Adj. lancseim, Adv. lancseime, -seine 'langsam', als Bildung zu mhd. seine 'träg', anord. seinn, schwed. sen 'spät', got. sainjan 'säumen', urverwandt mit lit. at-sainiis 'nachlässig'; urverwandt mit lat. sinere 'niederlegen, geschehen lassen'. Nhd. geht 1 a n g s ei m verloren, l a n g s a m übernimmt seine Bed. langstielig Adj. nicht vor J . G. Kohl, Reisen in England 2 (1843) 92 „ihre Inschriften langstilig und breit". In der später amtlich gewordenen Schreibung erst bei L. Schücking 1863 Aktiengesellsch. 1 , 1 1 „langstielige Abhandlungen". Nach dem Inhalt auch der späteren Zeugnisse zu S t i l 'Schreibweise' gebildet und an S t i e l erst nachträglich angelehnt. Langwied(e) j. n. die lange Stange, die Vorderund Hintergestell des Ackerwagens verbindet. Ahd. mhd. lancwit n. f., anord. langvidr m. Zum zweiten Teil (ahd. witu, mhd. wit(e), anord. vidr, schwed. ved 'Holz') s. K r a m m e t s v o g e l und W i e d e h o p f . Das selten gedruckte Wort (Bahder 1925 Wortwahl 89) spielt mundartl. eine bedeutsame Rolle: H. Fischer 1914 Schwäb. Wb. 4, 988; L. Berthold 1927 Hessen-Nass. Volkswb. 2, 30f. Dafür rhein. langfart, siebenb. Iqnkert, wcstfäl. lanfer (aus langfare). langwierig Adj. spätmhd. lancwirie 'lange während', mnl. lanc-, mnd. lankwarich-, daraus entlehnt dän. langvarig, schwed. längvarig. Zu ahd. weren (s. währen) gehört das Adj. werlg 'dauernd', seit Notker wirlg (mit Brechung vor i der Folgesilbe wie e r g i e b i g , g i e r i g , i r d i s c h ,
läppisch
r i c h t i g zu g e b e n , b e g e h r e n , E r d e , r e c h t ) . Dazu lancwirig 'longaevus' erst 1419 (Diefenbach, Nov. Gloss. 239 a ), während langwerigl, -wirigl f. 'diuturnitas' unabhängig davon schon spätahd. erscheint. Solange die Zugehörigkeit zu mhd. wem empfunden wird, sind Formen wie lancwerig möglich. Der Zus.-Fall des i mit ü ermöglicht die Schreibung langwürig vom 15. bis zum Ende des 17. J h . Lanze f. Lat. lancea, als Bezeichnung des ursprünglich span. Speers, der in der Mitte einen Wurfriemen, trug, ein kelt. Wort, ergibt im 12. J h . afrz. lanee, das um 1200 als lanze ins Mhd. gelangt. Gleichen Ursprungs sind gr. galat. laggia, aslaw. IgUa, ital. laneia, span. lanza, mnl. engl, lance, nnl. schwed. lans, anord. lenz. Die Anknüpfung innerhalb des Kelt. ist umstritten. Lanzette f. Frz. lancette, Verklein, zu lance, gelangt als Ausdruck des Aderlassens zu uns und erscheint seit Albertinus 1601 Guevaras Geistl. Spiegel 390i>. Martin 1637 Parlement 261 nennt das Gerät geradezu welsches Laßeysen. Vom Aderlassen aus ist aller weitere Gebrauch entwickelt: Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2, 8. Lapislazuli s. Azur. Lappalie f. 'unbedeutende Sache'. In spöttischer Nachbildung von Kanzleiwörtern wie P e r s o n a l i a hängt Stud.-Sprache des 17. J h . die lat. Endung an nhd. L a p p e : L a p p a l i a Schupp 1659 Kalender C 10 a . L a p p a l i e n seit Prätorius 1667 Anthropod. 3, 17, der Sing, erst bei Bürger 1776: Schulz-Basler 1942 Fremdwb.2, 9. Vergleichbare Bildungen s. u. S c h m i e r a l i e n . Lappen m. Mhd. läppe m. f., ahd. lappo m., lappa f. 'niederhängendes Stück Zeug, herabhängendes Hautstück' weisen auf germ. *labba-. Germ. *lappa- spiegelt sich in asächs. lappo rn. 'Zipfel am Kleid', mnd. nrhein. läppe 'Tuch-, Lederfleck', anfränk. lap 'Kleidersaum', mnl. läppe, nnl. lap, ags. lappa 'Zipfel, Stück, Bezirk', engl. dän. lap, schwed. lapp. Germ. *lappiawird vorausgesetzt durch afries. leppa, leppe, ags. lappa, anord. leppr, dem isl. norw. lapa 'schlaff hängen' nahesteht. Außergerm, vergleichen sich gr. lobös 'Hülse, Kapsel, Ohrläppchen', air. lobur 'schwach', lat. labäre 'wanken', läbor 'Wanken unter einer Last; Mühe; Arbeit'. Die Ansicht, hd. L a p p e n beruhe auf Entlehnung aus dem Nd., ist unhaltbar. läppisch Adj., spätmhd. leppiseh, nur deutsch. L a p p e erscheint (zuerst in Straßburg 1341) als Übernahme und wird als obd. L a p p allgemein zur Schelte des äußerlich oder sittlich Haltlosen. In die Schriftsprache dringt allein das hierzu gebildete Adj., das zuerst in St. Gallen 1450 greifbar wird und über die Oberpfalz ins Md. eindringt. Hier gerät es unter Einfluß von L a p p e n
Lärche
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laß
'Fetzen' und wird zum Tadel weichlicher Hal- w e i n e r l i c h und Schulz-Basler 1942 Fremdwb. tung, Sinnesart und Rede. Heute hat l ä p p i s c h 2, 9f. breiten Rückhalt an den Mundarten von Tirol Larve f. mhd. (14. Jh.) larve. Aus dem Deutbis zur Küste, vom Elsaß bis nach Siebenbürgen. schen stammen nnl. (seit 1599) larve, dän. norw. Lärche f. Den nur in den Alpen bodenstän- larve, schwed. (seit 1582) larv. Das mhd. Wort digen Baum benennen die Römer seit der Zeit ist (wie frz. larve im 16. Jh.) aus dem klösterl. des Augustus mit einem Wort der gall. Alpen- Latein entlehnt, mit /-Aussprache des v (vgl. bevölkerung larix, -icis, das in ital. larice, rä- N e r v , P u l v e r , S k l a v e ) . Lat. lärva, erst seit torom. larsch, frz. mundartl. larze fortlebt und Horaz zweisilbig, lautet alat. lärüa und ist aus in Ortsnamen zumal der welschen Schweiz einer Grundform *läsouä entwickelt, die mit ( L a r e t , L a r s c h i , L a r z e y ) wiederkehrt. Die Ablaut zu läres, alat. läses 'Geister' gehört. Bei Bildung beruht auf idg. *dereu(o)- 'Baum', s. uns ist L a r v e unter Verdrängung altheimischer D r u i d e n , T e e r usw.; d wird zu l wie in lat. Ausdrücke eingebürgert, soweit zur Fastnacht lacrima aus *daeruma — wenn der Name über- Mummenschanz getrieben wird; es fehlt im haupt idg. Herkunft ist —. In den Alpen lernen Norden und Osten. Im Südosten hat das jünGermanen den Baum früh unter seinem lat. gere Lehnwort Maske (s. d.) die Volkssprache Namen kennen: ahd. *larihha, *lericha, -acha, erobert. Landschaftlich bezeichnet dies die vermhd. larche, lerche (Zs. f. dt. Wortf. 3,380.6,187) larvten Leute, L a r v e die Gesichtsmaske. Die setzen fc-Aussprache des lat. c vor Palatal vor- Beziehung zur Fastnacht wahren beide Wörter aus, wie K a l k , K e l c h , K e l l e r usw. In den weit hinaus. Aus der Vorstellung des künstlichen andern germ. Sprachen erscheint der Baumname Gesichts, hinter dem sich das wahre Wesen birgt, spät, weil nur in botanischen Gärten: nnl. lariks, wird L a r v e zum Fachwort der Insektenkunde: engl, larch, dän. lerketrœ, schwed. (seit 1639) 1778 steht es für heutiges P u p p e , seit 1795 für lärketräd. Zur Unterscheidung von L e r c h e ha- 'Insekt von dem Augenblick, da es aus dem Ei ben die Sprachmeister unter Führung von Ade- schlüpft, bis zur Einpuppung'. lasch Adj. 'schlaff', mnd. (15. Jh.) lasch, lasich, lung Schreibung mit ä durchgesetzt. las 'müde, matt'. Nächst verwandt mhd. erlesLarifari n. In der ital. Solmisation — dies wen 'schwach werden', engl, lazy 'träg', anord. Wort selbst beginnt mit den Notennamen sol mi lasmeyrr, lasinn 'schwach', Igskr 'schlaff', got. — sind la re fa Tonbezeichnungen. Trällernde lasiws 'schwach'. Außergerm, vergleichen sich Gesangstöne werden in Uhlands Volksliedern 950 bulg. los 'schlecht' und toch. lyäsk 'Weiche (des mit löri fä angedeutet, eine Messe im 15. J h . Körpers)': sämtlich zu idg. *les- *hs- 'schlaff, (Fichards Archiv 3, 204) mit La re fa re. Hier matt', einer Erweiterung der idg. Wurzel *le(i)ist schon die Figur erreicht, die in Wien 1719 'nachlassen'. Im Nhd. mag sich l a s c h unter als 'leeres Geschwätz' festgeworden erscheint: Einfluß des unverwandten frz. lache 'schlaff, Abr. a Sta. Clara, Bescheidessen291 „EinWax ist feige' verbreitet haben. die Welt, man truck darein was man will, so Lasche f. mhd. lasche, mnd. las(che), mnl. ists doch nichts als Lari fari und Kinderspiel". lassce 'Lappen, Fetzen', isl. laski 'HandwurzelIm Wiener Theater des 18. J h . ist L a r i f a r i stück eines Handschuhs'. Daß in vielen Teilen Name des Hanswursts. Im Frz. und Engl, fehlt Deutschlands die Zunge des Schnürstiefels der Ausdruck: Zs. f. d. Wortf. 2, 23; SchulzL a s c h e heißt, beruht auf der gleichen AnschauBasler 1942 Fremdwb. 2, 9. ung, mit der Nik. v. Jeroschin (um 1340) V. Lärm m. Der Ruf zu den Waffen, ital. allarme, 14580 den Hautlappen an einer Wunde lasche frz. alarme (s. A l a r m ) wird mit Aufgabe des m. nennt: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 322. unbetonten Anlauts entlehnt zu frühnhd. lar- L a s c h e gehört zu l a s c h (s. d.), wie L a p p e n man, lerman: Wilwolt v. Schaumburg 1507 S. zu s c h l a f f . Außergerm, vergleichen sich am 120. Das e gegenüber gemeinfrz. a stammt aus nächsten russ. löskut, lit. läskana 'Lumpen, ostfrz. Mundarten (wie in D e g e n aus frz. dague) : Lappen'. Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. 77. Luthers Läse f. 'bauchiger Tonkrug', ein md. Wort, Form L e r m a n Luk. 22, 6 muß seinen obd. Zeit- das Schottel 1663 als L a ß e ins Nhd. einführt. genossen mit A u f l a u f , A u f r u h r verdeutlicht Wohl eines mit mnd. läte 'Krug', mit diesem u. werden: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 109. l a s s e n . — S. H e i d e n l ä r m . lasieren s. Azur. larmoyant Adj. 'weinerlich'. Zu frz. larme (aus laß Adj. Mhd. ahd. la% (55) 'matt, träge, saumlat. lacrima) f. 'Träne' gehört larmoyer 'bitter selig', mnd. mnl. lat (nnl. laat 'spät', Superl. weinen'. Dessen Part, wird wichtig im Umkreis laatst 'letzt'), afries. lel, ags. Icel (engl. la,te 'spät', der im 18. J h . entwickelten Comédie larmoyante Superl. last 'letzte'), anord. latr, dän. lad, got. und in ihrem Bereich 1750entlehnt. S. r ü h r e n d , lats 'lässig, träge' führen auf germ. *lata- aus
lassen
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*lacl-, das in lat. lassus (aus *lad-tos) ' m a t t , müde, abgespannt' wiederkehrt. Die Ausgangsform steht in Ablaut mit *led- (s. l a s s e n ) ; vgl. das Nebeneinander von s c h l a f f (ahd. släf) und s c h l a f e n (Wz. slep-). Urverwandt sind gr. ledein 'müde sein', alb. i'oö 'mache müde', l'odem 'werde müde', lit. leidHu 'lasse', palaida 'Zügellosigkeit' (s. auch l e t z e n , l e t z t , v e r l e t zen). — Im Nhd. ist l a ß durch m ü d e zurückgedrängt, mit dem schon 1623 Luthers obd. Zeitgenossen sein l a ß (Luk. 18, 1 u. ö.) verdeutlicht werden m u ß : F. Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 109. lassen st. (urspr. redupl.) Ztw. Mhd. lä%en (itej), ahd. läfäan, asächs. lätan, mnd. mnl. läten, nnl. Jäten, afries. leta, ags. letan, westsächs. lietan, engl, let, anord. lata, norw. lata, schwed. lata, dän. lade, got. letan 'lassen' führen auf germ. * letalis *led-. In Ablaut dazu steht *lad-, s. l a ß . Der Stammvokal ist, wie im Engl., so auch im Nhd. verkürzt. Neben mhd. läjen steht die zus.-gezogene Form län, die ihre Präs.-Formen bildet wie gän und stän, ihr P r ä t . lie wie gie. In bair.österr. län, schwäb. lau, alem. ¡ö (Part, glö) ist die Kurzform noch am Leben. Das mhd. Part, lautet läqen, daher noch: ich habe ihn stehen lassen, es mir nicht träumen lassen, und (nach dem als Inf. mißverstandenen Vorbild): ich habe ihn gehen heißen, singen hören, schlagen wollen usw. — Die Fülle der Bedeutungen von l a s s e n ist älter als unsre Überlieferung, z. T. dem Deutschen mit den verwandten Sprachen gemeinsam: H. Suolahti 1928 Neuphil. Mi'tt. 29, 45ff. Lasso m. n. 'Fangschlinge', aus kolonialspan. lofo im 18. J h . mit Reisebeschreibungen eingedrungen: Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2, lOf. Voraus hegt span. lazo 'Schnur, Schlinge' aus lal. hqueus 'Strick als Schlinge', s. L a t z . Engl. lafo begegnet zuerst 1768: Palmer 84. Last j. Mit dem Stamm des Ztw. ahd. (h)ladan (s. l a d e n 1 ) bildet das Fem.-Suffix germ. -sti (Kluge 1926 Stammbild. § 129) ahd. {h)last, mhd. mnd. nl. engl, last, afries. hlest, ags. hlcest. Für das obd. M. L a s t (Zs. f. d. WortL 6, 69. 7, 60; Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 101) ist germ. *lasta- oder *lastu- vorauszusetzen. In anord. Mass n. (aus *klat-to-) h a t ein altes Part, auf -to die Bed. 'Wagenlast' übernommen. Das germ. Wort hat, ins Roman, entlehnt, ital. lasto, frz. laste m. 'Schiffslast', lest m. 'Ballast' ergeben. S. Ballast. Lastadie /. (Ton auf dem zweiten a). Ahd. ladaHat, mhd. lästat 'Ladeplatz (für Schiffe)' ergab mlat. lastadium, -agivm, mnd. lastadie, mnl. lastagie 'Schiffszimmerplatz, W e r f t ' : Kluge 1911 Seemannsspr. 616f. Laster w. Mhd. mnd. anfränk. mnl. nnl. afries. lasier, ahd. asächs. lastar 'Fehler, Schmähung'
Lattich
führen auf westgerm. *lahstra-. Vor st ist h ausgefallen wie in M i s t , s. d. Die E n d u n g -stra steht für älteres -tra, mit dem mnd. mnl. nnl. lachtet 'Schande, Hohn' und ags. leahtor 'Vorwurf, Sünde' gebildet sind. Andre Bildung zum gleichen Stamm ist dän. schwed. last, anord. lystr (aus *lahstu-) 'Schade, Fehler, Gebrechen, Tadel', das seinen nächsten außergerm. Verwandten in air. locht (aus Hokto-) 'Schuld, Gebrochen' hat. Der Verbalstamm germ. *lah- liegt vor in ahd. asächs. lahan, ags. lean, isl. lä 'tadeln'. F. Mezger, Zs. f. vgl. Spracht. 61, 289. Lästermaul n. wie L ä s t e r z u n g e von Luther geprägt, durch Spr. 4, 24 beflügelt. S. F e u e r eifer. Lasur s. A z u r und G l a s u r . lateinisch Adj. ahd. latinisc, mhd. latinisch. In ahd. Zeit, als t schon nicht mehr zu hd. 55 verschoben wurde, entlehnt. Die fremde Betonung ist (anders als in ags. Iceden, engl. Latin) gewahrt, 1 im Übergang zum Nhd. diphthongiert. Latinische schul tritt erstmals in Memmingen 1482 auf, Vorbild ist tütsch schul das. seit 1427: S. Nyström 1916 Schulterm. 1, 8. 41. S. J ä g e r - und K ü c h e n l a t e i n . Laterne f . Gr. lampter, Akk. lamptera 'Leuchter' ergibt lat. la{n)terna, woraus mhd. la(n)tern~ (e) entlehnt wird. Die fremde Betonung ist, anders als in engl, lantern, beibehalten, nur im nordöstl. Thüringen gilt L a t t e r . L a t e r n e als Fachwort der Baukunst ist seit 1712, Laterna magica seit 1713 belegt: Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2 , 1 1 f. Latte /. Mhd. mnd. mnl. latte, ahd. asächs. laita, nnl. lat, mengl. läppe, engl, lath weisen auf germ. *lappo, ags. Imtt, anord. latta auf germ. *lattö, die Gemination ist unklar: H . Hammerich, PBBeitr. 77, 106. Dän. legte, schwed. läkt ' L a t t e ' beruhen auf Entlehnung von nd. letke 'Lättchen'. Ins Roman, ist das Wort übergegangen als frz. latte, ital. latta ' L a t t e ' . Die nächsten germ. Verwandten s. u. L a d e n und G e l ä n d e r , L a n d e unter D e i c h s e l . Außergerm, vergleichen sich air. ir. slat, kymr. llath, bret. laz ' R u t e ' , die über *slattä auf urkelt. *slatnä zurückgehen und sich mit den germ. Wörtern auf *(s)lat'Latte' vereinigen. Hinzuziehung von toch. A lät-k, B lät-k 'abschneiden' ist lautlich unmöglich: A. J . v. Windekens 1944 Morph, comp, du Tokharien 38. Lattich m. mhd. lat(l)ech{e), ahd. latohha, lattüh, mnd. lattike, lattuke (hieraus entlehnt lett. latüks), mnl. lachtelce (nnl. latuw), ags. lactüc, leahtroc, -ric, leactrog (engl, lettuce): vor der hd. Lautverschiebung entlehnt aus lat. lactüca ' L a t tich, Kopfsalat', das mit derselben Endung wie albücus 'Asphodill', erüca 'Kohlraupe' usw. zu lac 'Milch' gebildet ist. Goethe 1787 Iub.-Ausg.
Latwerge
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26, 297 „der Salat von Zartheit und Geschmack wie eine Milch; man begreift, warum ihn die Alten laetuca genannt haben". Zwischen Lat. und Ahd. haben Formen wie lattica und Idttüca vermittelt. — Seit ahd. Zeit mischen sich mit den Wiedergaben von lat. lactuca solche von lapaiium (aus gr. Idpadon 'Ampferart, deren Genuß den Leib öffnet', zu lapdzein 'erweichen'), das spätlat. als lap{a)tica und lattica erscheint. Über diese Mittelform ist ahd. huofletihha, mhd. huofleteche 'Huflattich' entstanden. Auch Vermengung mit A t t i c h (s. d.) kommt vor: Beitr. 61 (1927) 208 ff. Latwerge f . mit A r z t , B ü c h s e , L a k r i t z e usw. ein Wort der mittelalt. Heilkunde, das vom Griech. ausgeht: ekleiktón, ékleigma n. 'Arznei, die man im Mund zergehen läßt' (zu lelchein 'lecken', s. d.) ergibt unter Anlehnung an lat. electus 'erlesen' spätlat. electuärium, das in frz. électuaire, engl, electuary 'Latwerge' fortwirkt und mhd. electuärje ergeben hat. Geläufiger sind die durchs Afrz. vermittelten mhd. latwèrge, -wèrje, -wärje mit Verlust des unbetonten Anlauts, mit a in der minderbetonteu ersten Silbe (s. L a k r i t z e ) und Angleichung von et zu l(t) wie L a t t i c h . Vgl. ital. lattovaro. Latz m. Lat. laqueus 'Strick als Schlinge' (zu lacio 'ich locke') ergibt ital. laccio 'Schnur', afrz. laz 'Nestel, Schnürband'. Von Süden und Westen dringen mhd. laz 'Band' und frühnhd. late 'Schnürstück am Gewand' ein. S. L a s s o . lau Adj. Mhd. lä, läwes, ahd. läo (flekt. läwer), mnd. nnl. lauw, mnl. laeu, älter dän. loa 'lauwarm' führen auf germ. *hlèwa-. Daneben wird germ. *hlewia- vorausgesetzt durch ags. (ge)hléow 'warm, sonnig', engl, lew, anord. hleer 'mild' (vom Wetter). Die Ablautstufe germ. *hlewa- tritt in Lee zutage, s. d. Auch bair. läunen 'tauen' u. Schweiz, lüm 'mild' (vom Wetter) sind verwandt. Die germ. Sippe führt auf idg. *tèleu-, Erweiterung des idg. Stamms *icel-, der in asächs. halöian 'brennen' erscheint. Urverwandt sind lat. calere 'glühen', calidus 'warm', cal(d)or 'Hitze', kymr. clyd 'warm', lit HHi 'warm werden', éiltas 'warm', aind. sardd- 'Herbst', osset. särd 'Sommer'. Für die Übertragung von l a u auf sittliches Gebiet ist Offenb. 3, 16 Vorbild: „quia lepidus es et nec frigidus nec calidus." Laub n. Mhd. loup (b), ahd. loub, asächs. mnd. löf, mnl. nnl. loof, afries. läf, ags. lèaf, engl. leaf, anord. lauf, dän. lev, schwed. löv, got. lauf n. 'Laub' (daneben got. laufs m. 'Blatt') führen auf germ. *lauba-. Die germ. Wortgruppe vereinigt sich mit lit. lupit, lupiti 'abhäuten, schälen', lett. lupi 'schälcn, berauben', Idupit 'schälen, abblättern; rauben', lit. lupinai Mz. 'Obstschalen', lupsnls 'abgeschälte Tannenrinde', russ. lupl(vulgärlat. pavone) ergab schw. Beugung. Mnd. paw(e)lün, pagelün mit ihren mundartl. Folgeformen weisen zurück auf *päwenhön, das sich an das Lehnwort pawelüne 'Pavillon' äußerlich -anlehnt. Verdeutlichung mit H a h n und Vogel zeigen eis. pföuhän, nd. päwenhän, mengl. peeoek, «ngl. peacock, anord. päfugl, schwed. päfägel, dän. paafugl. Dem lat. pävo entspricht gr. taös, das dem alttamul. loghai näher kommt. Indien ist die Heimat des Vogels, die Namen sind lautmalend. H. Suolahti, Vogelnamen (1909) 225f. pfauchen schw. Ztw. Zur lautmalenden Interj. mhd. pfüch stellt sich pfüehen, das z. B. Frauenlob vom Wildschwein gebraucht. P f a u c h e n bei . Stieler 1691 von Katzen, in den Wb. des 18. Jh. lieber p f u c h z e n , b e i G . Frey tag u. a. mit ostmd. Anlaut f a u c h e n , während G. Keller bei ¡ p f a u c h e n bleibt.
Pfeidler
Pfehe f . Cucumis melo L. Gr. (sikyos) pepön 'reife Gurke' — Melonen werden in reifem Zustand gegessen im Unterschied zu den unreif genossenen Gurken — ergibt lat. pepo, -önis. Daraus ahd. (10. Jh.) pepanno, später mit Ausweichen des zweiten p zwischen p und n ahd. asächs. pedena; (seit dem 11. Jh.) pfedemo m. Die Verschiedenheit des Anlauts kann auf doppelter Entlehnung (nach und vor der hd. Lautverschiebung) beruhen, wahrscheinlicher auf Weitergabe eines etwa rhein-fränk. *pedamo an obd. Mundarten. Mhd. beben, pfedem(e), pfeben m., dies erst im 15. Jh. bezeugt und wohl aus älterem pfedem entwickelt, indem Lippenund Zahnlaut die Plätze tauschten. Das nhd. F. P f e b e stammt aus der stets häufigeren Mz. Für die nhd. Form hat Luther 4. Mos. 11, 6 entschieden; seinen obd. Lesern wird sie mit erdäpffel verdeutlicht, vgl. H. Marzeil 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 1264. Pfeffer m. Mhd. pfeffer, ahd. pfeffar, nd. nl. peper, afries. piper, ags. pipor, *piopor, *peopar, engl, pepper; aus dem Ags. sind entlehnt anord. piparr, norw. pipar, aus dem Nd. schwed. pepper, dän. peber. Die germ. Wörter sind vor der hd. Lautverschiebung und vor Abwanderung der Angeln und Sachsen entlehnt aus lat. piper, das auch in ital. pepe, frz. poivre, bret. pebr, pibr, kymr. pybyr, pubyr, air. piobhar, aslaw. piprü, poln. pieprz, lit. pifhras und finn. pippuri fortwirkt. Das lat. M. stammt aus gr. peperi, das über pers. Vermittlung auf aind. pippalf 'Beere, Pfefferkorn' zurückgeht. Wie früh Germanen das Gewürz geschätzt haben, wird daran deutlich, daß Alarich 410 n. Chr. der Stadt Rom Schonung gewährte u. a. gegen Lieferung von 3000 Pfund Pfeffer. Den Briten ist das Gewürz schon vor 400 bekannt gewesen. Zur Sache J. Hoops 1916 Reallex. d. germ. Alt.-Kde. 3, 406f. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie von 'Pfeffer'. Pfefferkuchen m. 'stark gewürzter Honigkuchen'. Ahd. pheforzeltun (Ahd. Glossen 2, 635, 6) wird im 15. J h . abgelöst durch mhd. pfefferkuoche (M. Heyne 1901 Nahrungswesen 274). Heute vorwiegend ein Wort des Nordostens, sonst b r a u n e r K u c h e n , L e b k u c h e n , L e k k e r l i : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 363ff. Pfefferminze f . 'Mentha piperita\ mnl. pepermunt: s. Minze. Bezeugt seit Reuß 1781 Biet, botan. 1, 235. Pfeffersack m. Schelte der Kaufleute, früh bei Wicel 1536 Annotaten 2, 236, auch Familienname. Seit der Entdeckung des Seewegs nach Ostindien spielte der Pfeffer als Ware eine wichtige Rolle. Pfeidler m. 'Hemdenmacher, -händler', österr. Bildung zu P f e i d , bair.-österr. pfoal
Pfeife
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'Hemd', das selbst ein uraltes Wanderwort ist. Gr. balle, das urspr. in Kleinasien gebräuchlich war (über seine Vorgeschichte Thumb 1906 Zs. f. d. Wortf. 7, 261) und sich schon dort von '(Ziegen-)Fell' zu 'Rock aus Fell' entwickelt hatte, wird vor Abschluß der germ. Lautversch., etwa gleichzeitig mit H a n f und dem Namen der G r i e c h e n , als *baiia entlehnt und ergibt got. paida, ags. päd, asächs. peda 'Rock', ahd. mhd. pfeit 'Rock, Hemd'. Aus dem Germ, stammen gleichbed. finn. paita, lapp. bajdde, vielleicht auch alb. petke, petek'Kleidung'. F. Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 116. Pfeife f. mhd. pflfe, ahd. pfif{1)a, md. plfe, asächs. anord. pipa, mnd. mnl. afries. ags. pipe, nnl. pijp, engl, pipe, schwed. pipa, dän. pibe: vor der hd. Lautverschiebung und vor Abwanderung der Angelsachsen entlehnt aus vulgärlat. *pipa 'Schalmei', einer Rückbildung aus lat. pipäre 'piepen' (von Vögeln), der auch frz. pipe 'Rohrpfeife' entstammt. Die T a b a k s p f e i f e hat sich eines längst vor der Sache vorhandenen Namens bemächtigt. Der Schrei des Vogeljungen ist Ausgangspunkt auch für das st. Ztw. p f e i f e n , das uns als mhd. pfifen, md. pifen, mnd. mnl. pipen, nnl. pijpen, ags. pnpian, engl. pipe, schwed. pipa, dän. pibe greifbar wird. Entspr. Bed. haben gr. pippizein, armen, bibem, lit. pypine usw. Hervorbringen von Pfeifentönen mit gespitztem Mund heißt nord- und nordwestdeutsch f l ö t e n , nnl. fluilen, im übrigen Gebiet p f e i f e n : Kretschmer, Wortgeogr. (1918) 364. Pfeil m. mhd. ahd. pfil, asächs. nd. pil, mnl. pile, pijl (nnl. pijl), ags. pil (engl, pile 'Lanze, Grashalm, Pfahl'); von da spätanord. pila (schwed. dän. pil): in westgerm. Zeit entlehnt aus lat. pilum 'Wurfspieß mit Eisenspitze'. Das Lehnwort verdrängt heimisches S t r a h l 'Pfeil ohne Eisenspitze' und die mit lat. arcus 'Bogen' urverw. Sippe von got. arhazna f. 'Pfeil', anord. gr, Gen. grvar, ags. earh, engl, arrow. Den roman. Sprachen ist die Sippe von pilum früh verlorengegangen. Sein mask. Geschlecht dankt P f e i l dem mlat. pilus m., auch Vorbilder wie Ger, S p e e r , S p i e ß , S t r a h l mögen mitgewirkt haben. Pfeiler m. mhd. pfilcere, ahd. pfiläri, asächs. pileri, mnd. pilere, mnl. pilare, nnl. pijler, mengl. piler, spätanord. pilärr, schwed. pelare, dän. pille: vor der hd. Lautverschiebung entlehnt aus vulgärlat. *pilare n., einer urspr. adj. Ableitung von lat. pila 'Pfeiler'. Das lat. Wort lebt fort auch in ital. piliere, frz. pilier, engl, pillar. Es ist ins Germ, entlehnt mit F e n s t e r , K a l k , K a m m e r , Keller, Mauer, P f l a s t e r , Pforte, P f o s t e n , S ö l l e r , S p e i c h e r , W a l l , Ziegel und anderen Ausdrücken des röm. Steinhaus.
Pferd
Pfennig m. mhd. pjenni(ri)c, -ges, ahd. Pfenning, pfenting, pfanting, asächs. pfnding, mnl. penninc, pennich (gh), nnl. penning, afries. panni(n)g, penni(ng), ags. pceneg, -ing, pen(d)ing, penig, engl, penny, anord. p?n(ri)ingr, schwed. pänning m., dän. penge Mz.: einer der vielen Münznamen auf -ing, s. S c h i l l i n g . Als aslaw. penggü, pln$d&, lit. plningas 'Münze, Geld' aus got. *panniggs entlehnt wurde, fehlte der Dental noch, der in ahd., asächs. und ags. Formen eingeschoben ist, weil man sie nachträglich an P f a n d angelehnt hat. Aber die übliche Herleitung von P f a n n e , also 'Münze in Pfännchenform' lehnt B . Schier 1960 Beitr. 72, 311 ff. ab, weil pfannenförmige Brakteaten erst seit der Mitte des 12. J h . hergestellt wurden. Er befürwortet statt dessen die bereits von 0 . Schräder 1886 Linguist.-hist. Forschungen zur Handelsgesch. 118 vermutete Herkunft von lat. pannus 'Stück Tuch, Lappen' (s. P f a n d ) unter Hinweis auf die in der Frühzeit mehrfach bezeugte Verwendung von Gewandstoffen als Tausch- und Zahlungsmittel. Die Endung -ing ist zu -ig vereinfacht, weil im Wort Nasal vorausging: Edw. Schröder, Zs. f. dt. Alt. 37, 124. Die Abkürzung -3) stammt von lat. denärius 'Münze im Wert von zehn As'. Pferch m. Mhd. pferrieh 'Einfriedigung', ahd. pferrih, pfarrih (hh), mnd. Pirk, park, mnl. par(ri)c, per(ri)e, nnl. park, ags. pearroc 'Hürde, eingezäuntes Land', engl, parrock 'Pferch' beruhen auf früh entlehntem mlat. parrieus, das durch diese Entlehnung für das 4. J h . gesichert ist und eine gallorom. Ableitung von iber. *parra 'Spalier' darstellt, das im gleichlautenden span. Wort fortlebt. Bezeugt ist mlat. parrieus 'eingeschlossener Raum, Gehege' im 8. J h . in den Leges Rip.; im 12. J h . ist gleichbed. frz. parc daraus hervorgegangen; s. P a r k . Pferd n. Mlat. paraveredus 'Postpferd zum Dienst auf Nebenlinien', eine späte Bildung ausgr. pari 'bei' und spätlat. veredus 'Postpferd auf Hauptlinien' (zur kelt. Vorsilbe jto, ve 'unter, bei' und reda 'vierrädriger Reisewagen', vgl. kymr. go-rwydd 'Roß' und die unter r e i t e n dargestellte Sippe), wird etwa im 6. J h . entlehnt und ergibt ahd. pfarifnt, pfär(fr)lt, mhd. phärvrit, pharit, phärt (-des), asächs. perid, mnd. pered, p$rt, mnl. pe(e)rt, paert, nnl. paard. Die unverschobenen Formen und hd. pferit scheinen durch eine mlat. Zwischenform paredrus vermittelt zu sein. Roman, v gab im späten Lehnwort / wie in B r i e f , K ä f i g , S t i e f e l , V e r s , V e s p e r ; auch in ital. pälajreno, span. palafren, afrz. palafreid, engl, palfrey 'Zelter' begegnet dieses f , das auch der irischen Lateinaussprache gemäß ist. In dem ihnen vorausliegenden mlat. palafredus ist r vor r in i ausgewichen, entspr.
Pferdebahn
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in mnl. palefroot, engl, palfrey. P f e r d gilt vorl e g e n d fränk. und sächs.; die Grenze gegen •Gaul und R o ß ziehen Kretschmer 1918 Wortgeogr. 36. 61. 600 und Wrede 1926 Dt. Sprachatlas Bl. 8, 32. Pferdebahn /. für älteres P f e r d e e i s e n b a h n , so Th. Storni, Auf der Reise (Werke 3 2 0 163) und M. Heyne 1877 DWb. 4, 2,1963. Die Klammerform P f e r d e b a h n galt in Berlin, Leipzig usw., dafür südd. T r a m ( b a h n ) , österr. T r a m w a y . Pfette f . spätmhd. pfette: aus spätlat. patena 'Firstbaum' vor 600 über die Westschweiz entlehnt, wesentlich ein Wort des Westobd. geblieben, doch auch als hess. pgtt und ostmd. fette über die Zimmerplätze hinaus volksverständlich als 'waagrechter Längsbalken im Dachstuhl, dem Firstbaum parallel': J . Trier 1940 First 67. 94. Das vorausliegende lat. patena 'Krippe' ist •entlehnt aus gleichbed. gr. pdthne; dies mit Hauchumstellung aus hom. att. pdthne. Wz. *bhndh-nä ist als 'Flechtwerk' urverwandt mit b i n d e n , s. d. Das in Scherhölzern stehende Langholzgefäß gab den Namen für das Langholz auf Gabelstützen. Pfetter s. P a t e . pfetzen schw. Ztw., mhd. phetzen, dafür westmd. p e t z e n : nach Kretschmer 1918 Wortgeogr. 298 ein wesentl. fränk. Wort, das von ElsaßLothringen bis Henneberg und Salzungen gilt. In den Nordwesten dieses Raums gehört der Beleg, mit dem vor 1150 die Wortgeschichte beginnt: Hartmanns Rede vom Glauben 2488 der manigen Wollüste, da du da% fleisch mite phezzis. Während hier die Bed. 'kitzeln' gilt, taucht das Ztw. im 15. Jh. als 'zwicken' wieder auf. Frühnhd. ist es vorwiegend Fachwort des Strafrechts; von da stammen die meisten mund..artl. Verwendungsarten. Solange die Grundbed. nicht feststeht, läßt sich auch über die Herkunft des Ztw. nichts Sicheres sagen. Die Teuth. 10, 128 gewagte Deutung ist schon wegen des mhd. e unmöglich. Ptiesel s. P e s e l . Pfifferling m. Der häufige Speisepilz Cantharellus cibarius, der an die fünfzig verschiedene Namen trägt, heißt wegen seines an Pfeffer erinnernden Geschmacks ahd. (11. Jh.) phifera (Ahd. Glossen 3, 486, 16), mhd. (seit 1350) phifferling, mnd. mnl. peperlinc, nnl. peperling. Ursprünglich scheint der Name dem Pfeffermilchling (Lactarius piperatus) mit seinem schärferen Pfeffergeschmack zu gelten: H. Marzeil 1941 Wb. d. dt. Pflanzenn. 1, 781 f. Die Bed. 'Wertloses' seit dem 16. J h . : Schoppe 1928 Mitt. d. schles. Ges. f. Volkskde. 29, 301; Zs. f. d. Wortf. 2, 196. 4, 196. 6, 273. 12, 124. — Einer «der vielen Namen des Eierpilzes oder Gelblings
Pfirsich
(Cantharellus cibarius) ist R e h l i n g m. Daß er zu R e h gehört, machen die gleichbed. R e h g a i ß (Bayern und Böhmerwald) sowie R e h f ü ß c h e n (nordostdt.) glaubhaft: H. Marzell 1943 Der Biologe 12, 180; ders., Wb. d. dt. Pflanzennamen 1 (1943) 781 ff. pfiffig Adj. neben P f i f f m. 'Kunstgriff' Lessing 1778 Lachm. 10, 103. Diese Bed. von P f i f f (Rückbildung von p f e i f e n ) wird auf den Lockpfiff des Vogelstellers zurückgeführt. Vgl. Kniff. Pfiffikus m. burschensprachl. Subst. von p f i f f i g , wie das jüngere L u f t i k u s ernsthaften Vorbildern wie P r a k t i k u s nachgebildet. Zuerst in Neukirchs Samml. 2, 241; Hazard 1706 Lebensgesch. 150 führt einen verschmitzten Advokaten Crurnfificus ein. Kluge 1895 Stud.Spr. 112. Pfingsten Mz. Gr. pentekoste (hemera) f . 'der fünfzigste (Tag nach Ostern)' ergibt got. paintekuste f., das von arian. Glaubensboten des 6. Jh. mit E r t r a g , P f a f f e , P f i n z - , S a m s t a g , t a u f e n , T e u f e l u. a. donauaufwärts und rheinabwärts getragen wurde: ahd. (frühes 9. Jh., alem.) fona fimfchustim (mit Übersetzung des ersten Wortteils), asächs. (10. Jh.) te pinkoston, mnd. pinkesten, pinxter(en), mnl. pinxter(en), pinster, nnl. pinkster(en), afries. pinkostra, pinxtera (hier überall die Endung abgewandelt nach dem Vorbild von O s t e r n , s. d.), anord. pikkisdagar, schwed. pingst, dän. pinse. Gleichen Ursprung hat aslaw. p§tikostij. Bei der Einbürgerung über kirchenlat. pentecoste hätte das Lehnwort die hd. Lautversch. nicht mehr erfahren (s. P a p s t , p r e d i g e n , P r i e s t e r , P r o p s t ) , auch wäre es (wie ags. pentecosten, engl. Pentecost zeigen) nicht so stark umgestaltet worden: F. Kluge 1909 Beitr. 35, 146f. Das Kirchenwort quinquagesima, das u. a. in der Pikardie und Wallonie fortwirkt, greift mit mnl. cinxene, südnl. sinksen auf germ. Gebiet über. Pfingsten ist ein erstarrter Dat. Plur. (wie O s t e r n und W e i h n a c h t e n ) , der Formeln wie mhd. vor den pfingesten entspricht. Entsprechend sagt noch Luther der tag der Pfingsten, während er in den Formeln a u f f , nach Pfingsten den Artikel ausläßt und damit maßgebend wird: O. Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 66. Pfingstrose s. P ä o n i e . Pfinztag s. D o n n e r s t a g . Pfirsich m. Der wohl aus China stammende, über Persien eingewanderte Baum und seine Frucht vulgärlat. persica, ist vor der hd. Lautversch. zugleich mit K i r s c h e und P f l a u m e eingebürgert, aber erst seit dem 12. Jh. bezeugt als mhd. pfersieh: lat. p ist verschoben, e erhalten wie in mnd. persik, nnl. perzik, ags. persic,
Pfister
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-oc, norw. dän. ferslcert, schwed. persica. Das nhd. i stammt aus dem Ostmd. : pfirsich zuerst im Voc. (heut. (Nürnb. 1482) y 8 b ; pfirsching (mit der Endung von B e s i n g , S c h i r l i n g , W i r s i n g ) Amaranthes 1715 Frauenz.-Lex. 1472; vgl. siebenbg. firzçrtk. Schriftsprachl. ist rs nicht zu rsch geworden, weil die Silbengrenze die Laute trennt (wie in F e r s e , H i r s e , Mörser). Pfister m. 'Bäcker' aus gleichbed. lat. pistor -öris (zu pinsere 'stampfen') vor der hd. Lautverschiebung entlehnt zu ahd. pfistür, mhd. pfister, vorwiegend'Klosterbäcker'. Lat.pistrlna 'Bäckerei' ergibt ahd. phistrïna f. Die Heimat ist das Obd. mit dem Ostfränk., und das Mittelfränk. (pister)-, das Mnl. hat pister, pester. Auch der Fam.-Name P f i s t e r ( e r ) geht von den Klosterbäckereien aus: E. öhmann, Zs. f. Mundartfg. 20, 101. Pflanze /. mhd. pflanze, ahd. pflanza, anfränk. anord. schwed. planta, mnd. mnl. ags. dän. plante, nnl. engl, plant: entlehnt aus lat. planta 'Setzreis', woher auch ital. pianta, span. planta, frz. plante, kymr. plant und ir. cland stammen. Das lat. F. ist als Rückbildung zum Ztw. plantare 'die Erde um den Setzling festtreten' verwandt mit planta 'Fußsohle'. Die Entlehnung hat gleichzeitig mit der von K ü m m e l , P f i r s i c h , P f l a u m e , W i c k e und andren Fachwörtern der Gärtnerei vor 600 stattgefunden. — Unserm schw. Ztw. p f l a n z e n entsprechen mhd. pflanzen, ahd. pflanzön, mnd. mnl. nnl. planten, ags. plantian, engl, plant, anord. planta, dän. plante im Sinn des lat. plantare. Pflaster n. Gr. émplastron n. (zu emplastôs, Part, zu empldssein 'aufschmieren') hat lat. emplastrum 'Wundpflaster' ergeben, aus dem gleichbed. ital. empiastro, frz. emplâtre stammen. Aus dem der Haut aufgeklebten, von der Umgebung abstechenden Heilpflaster ist im Galloroman. 'freier, unbebauter, von der Umgebung sich abhebender Platz' geworden. Mlat. emplastrum gewinnt von dem klebenden Aufstrich her die Bedeutung 'Bindemittel für Steinbau'. Vor der hd. Lautverschiebung gelangt das roman. Wort zu den Germanen: ahd. pjlastar, mhd. pflaster bedeuten 'Heilpflaster; Mörtel; Fußboden'; ihnen entsprechen asächs. plastar, mnd. pläster (hieraus lett. plästeris), mnl. planster, ags. plaster, anord. plästr. Mit dem Aufkommen der Steinpflasterung im 14. J h . entsteht die neue Bedeutung 'Straßenpflaster': M. Heyne 1899 Dt. Hausaltert. 1, 78. 252. Andre Fachwörter der mgr. Heilkunst s. u. Arzt. Pflaume f. Prunus insititia L. in veredelter Gestalt wird in Deutschland zur Römerzeit bekannt. Lat. prünum ergibt, vor der hd. Lautver-
Pflicht
schiebung entlehnt, ahd. pfrüma, mhd. pfrüme, frühnhd. pfraume, mnd. mnl. prüme, nnL pruim, siebenb. präum. Wie in der alem. Form von K i r c h e (s. d.) wird das r des lat. Worts zu l in ahd. pjlümo 'Pflaumenbaum', mhd. pflüme f., mnd. ags. plüme, anord. plöma f. Das m dieser Formen scheint auf Angleichung an den Anlaut zu beruhen. Der Geschlechtswandel hat sich schon auf roman. Boden vollzogen, wie bei cerasum, morum, pirum, pomum. Zur Abgrenzung von Z w e t s c h g e s. d. und P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 365 f. Pflaumenmus n. heißt der dicke Brei aus zerkochten und durchgeschlagenen Pflaumen wesentlich in Nord- und Mitteldeutschland. Di& Grenze gegen Z w e t s c h g e n m u s , -kraut, P o w i d l usw. zieht P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 367 f. pflegen schw. Ztw., einst stark (woran dieAbleitung G e p f l o g e n h e i t erinnert): ahd. plegan 'sorgen für etw., sich annehmen, behüten,, betreiben, die Gewohnheit haben zu; versprechen, verbürgen', mhd. pflegen, asächs. plegan 'verantwortlich sein, einstehen für', mnl. pleghen, nnl. plegen, afries. plega 'gewohnt sein'. Dazu mit grammat. Wechsel mnl. plien 'einstehen für', ags. pleon (aus *plehan) 'der Gefahr aussetzen,, sich wagen', pleoh m. 'Wagnis; Kummer', afries. ple 'Gefahr; Obhut'. Aus dem Dt. entlehnt ist afrz. prov. plevir 'versichern, verbürgen'. Engl, pledge 'Pfand' stammt aus gleichbed. afrz. ple(i)ge (mlat. plevium), das gekreuzt ist aus asächs. plegan und lat. praebere. Die Sippevon westgerm. *plegan 'sich einsetzen für' hat keine gesicherten Verwandten außerhalb. Dievielen Anknüpfungsversuche mustert J . Trier 1944 Beitr. 67, 143 ff. Keiner überzeugt. Pflicht 1 /. Mhd. ahd. pfliht, mnd. mnl. nnl. afries. plicht 'Obhut, Fürsorge, Sorgfalt', ags. pliht 'Gefahr, Wagnis, Schaden', engl, plight 'Pfand' führen auf westgerm. *plehti-, Verbalabstrakt zu pflegen (s. d.) wie M a c h t , Gew i c h t zu mögen und wägen. Auf Entlehnung aus dem Mnd. beruhen schwed. plikt, dän. pligt. Die reiche Bed.-Entfaltung läßt sich auf dieGrundbed. des Ztw. zurückführen. J . Trier 1944 Beitr. 67,136ff. Pflicht 2 /. 'Schutzdach im Vorschiff': ahd. pflihta, mhd. pflihte, mnd. plicht, mnl. nnl. plecht, nordfries. pliucht, ags. *pliht (erschlossen aus plihtere 'Ausguckmann'), norw. mundartl. plikt, plitt, dän. pligt 'Ruderbank vorn im Boot', schwed. plikt 'Vorder- oder Achterraum im offnen Fahrzeug'. Die mancherlei jüngeren Bedeutungen entfaltet F. Kluge 1911 Seemannsspr. 620 f. Das Wort hat sich erkennbar vom Mittelrhein aus verbreitet; Quelle ist lat. *plecta
Pflock
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Pförtner
/ . * F l e c h t w e r k ' : P . Melchers 1940 Beitr. zur 1925 W o r t w a h l 138; Nachweise bei J . Trier 1944 F l u r n a m e n f o r s c h , f. E u g e n F e h r l e 169 f. Beitr. 67, H O f f . P f l u g s c h a r f . n. m h d . pfluocschar, nl. ploegPflock m. s p ä t m h d . pfloc (-ekes), pflocke m., schwed. plogskär m n d . pluck, plugge, nl. (seit 1511) plug(ghe), Schaar, mengl. ploughschare, engl, plug, norw. schwed. plugg, d ä n . pleg (mit usw. G r u n d w o r t a h d . scaro, m h d . schar, ags. U m l a u t aus der Mz.), m i t vielen B e d e u t u n g e n , scear, engl, share ' P f l u g s c h a r ' ; zu s c h e r e n . P f l u g w e n d e /. ' R a n d des Ackers, wo der die alle auf ' H o l z n a g e l ' zurückweisen. Dasselbe P f l u g g e w e n d e t w i r d ' . Die W o r t g e o g r a p h i e dieist der Fall bei der N e b e n f o r m schwed. pligg ' S c h u h z w e c k e ' , n o r w . pligg 'kleiner Stachel, ses f ü r das B a u e r n r e c h t wichtigen Begriffes g i b t Keil'. Dem O b d . v o n H a u s aus f r e m d , in seinem die K a r t e v o n H e d e C h r i s t m a n n bei Mitzka, D t . U r s p r u n g d u n k e l . „ E i n e n Pflock z u r ü c k s t e c k e n " W o r t a t l a s IV (1955): u . a. e r k l ä r t dazu die v o m Pflug, dessen Tiefgang m i t einem Stell- Siedelgeschichte die V e r b i n d u n g von r h e i n . Vorhaupi (als Fürhöfi u. ä.) zum B r a n d e n b u r pflock geregelt wird. gischen ( H e f t l a n d , Vörliöft); a b e r a u c h Österp f l ü c k e n schw. Ztw., m h d . pflücken, m d . reich h a t große Flächen m i t Fierhap usw. Aus pflocken, m n d . n d . plücken, mnl. plocken, plucken, Anwand (westf. obersächs. schles., z. T. obd.) n n l . plukken, ags. ploccian, pluccian, plyccan, wird a n der u n t e r e n Weichsel Alwand (die Aale engl, pluck, a n o r d . plokka, plukka, schwed. f a n g e n sich in d e n F u r c h e n ) , o s t p o m . Alwende; plocka, d ä n . plukka; ni. plok m. ' H a n d v o l l ' , u. a. m . westf. plok ' H a n d v o l l , Büschel, u n b e s t i m m t e P f n ü s e l m. ' S c h n u p f e n ' , oberels. Schweiz., v o n Menge'. Den obd. M u n d a r t e n bleibt p f l ü c k e n F r . T h . Vischer 1879 als Schweiz. E r i n n e r u n g f r e m d ( d a f ü r das a l t e b r e c h e n ) ; U m l a u t des im R o m a n „ A u c h E i n e r " v e r w e n d e t , v o n d a « vor ck wäre d o r t unmöglich. Zu l a t . piläre ' d e r weithin b e k a n n t m i t Einschlüssen in K ä r n t e n , H a a r e b e r a u b e n ' g e h ö r t gleichbed. volkslat. m h d . phniusel; Paracelsus h a t 1527 pfnisel m. *püüccäre, das in ital. piluccare ' T r a u b e n ab- ' S c h n u p f e n ' ( W e r k e I 4, 295), pfnüsel m. (I 8, beeren', p r o v . pelucar, f r z . éplucher ' a u s k l a u b e n , 268). W e i m a n n , Zs. f. M u n d a r t f g . 23 (1955) 156 - z u p f e n ' , mengl. pilken ' z u p f e n ' f o r t l e b t . Mit und W o r t k a r t e ' S c h n u p f e n ' s. d . : germ. *fnusd e m r ö m . Wein- u n d O b s t b a u (s. P f l a u m e , 'niesen' ist in dieser B e d e u t u n g in n f r ä n k . p f r o p f e n , W e i n usw.) u n d der Geflügelzucht fniezen e r h a l t e n . Der Ü b e r g a n g v o n /- zu p/(s. F l a u m , P i p s ) k o m m t das r o m a n . W o r t in t r i t t i m H o c h a l e m . ö f t e r a u f . V a r i a n t e n sind den d t . N o r d w e s t e n u n d v e r b r e i t e t sich erkenn- assimil. Pflüsel, Pfliesel. Die G r u n d f o r m f ü r b a r v o n d o r t a u s : T h . F r i n g s 1932 Germania P f n ü s e l h a t sich in osttirol. Pfnause, Pfnausn Rom. 202. 208; J . B r ü c h 1938 Zs. f. r o m a n . schw. M. e r h a l t e n , d a z u m h d . u n d k ä r t n . Philol. 68, 331 f f . pfnausen'schnauben'. S. S c h n u p f e n . P f o r t e f . L a t . porta ' T o r ' wird i m 8. J h . e n t P f l u g m. Der P f l u g der Urzeit b e s t a n d aus einem s t a r k e n A s t h a k e n ; i h m gelten Bezeich- l e h n t zu f r ä n k . pforta: die i m 6. J h . vollzogene n u n g e n wie got. höha m., a h d . huohili 'aratiun- Verschiebung des l zu 2 k o n n t e das L e h n w o r t cula' ( u r v e r w a n d t m i t lit. §akà, aind. sâkha nicht m e h r ergreifen, w ä h r e n d der A n l a u t die ' A s t ' ) sowie a n o r d . ardr, l a t . arätrum, gr. aratron länger w i r k s a m e Verschiebung von p zu pf noch ' P f l u g ' ; got. arjan, a n o r d . er ja, ags. asächs. e r f u h r . Als i m 5./6. J h . l a t . porlicus m i t dem südl. erian, a h d . erran, l a t . aräre, gr. aröein ' p f l ü g e n ' . S t e i n b a u n a c h O b e r d e u t s c h l a n d k a m , ergab es Als neuere E r f i n d u n g der R ä t e r f ü h r t Plinius, pforzih. Md. u n d m r h e i n . w i r k t e die VerschieNat. hisl. 18, 172 den R ä d e r p f l u g ein, der als b u n g des t s p ä t e r , die des p gar n i c h t : d o r t beplövus oder plövum bei den L a n g o b a r d e n des gegnet in m h d . Zeit porze, m u n d a r t l . di porz. 7. J h . erscheint u n d in l o m b a r d , pid, tirol. plof Auf E n t l e h n u n g n a c h A b s c h l u ß der h d . L a u t f o r t l e b t . Vielleicht b e s t e h t V e r w a n d s c h a f t eines verschiebung b e r u h t a h d . porta, m h d . porle: G r u n d w o r t s *plohum, -gum ' R ä d e r p f l u g ' m i t Th. Frings, Oerm. Rom. (1932) 12. 101. 209. W o n o r d i t a l . ploxemum, -num ' W a g e n k o r b ' u n d sich (wie in ags. port m. ' T o r ' u n d m e h r f a c h i n weiterhin m i t l a t . plaustrum, plöstrum ' F r a c h t - kelt. S p r a c h e n ) männliches Geschlecht d u r c h w a g e n ' . Mit der Sache gelangt das W o r t zu den gesetzt h a t , ist E i n f l u ß v o n l a t . portus ' H a f e n ' G e r m a n e n u n d ergibt u r d e u t s c h *plög-. D a r a u s im Spiel, das n a c h d e m Wirken der A u s l a u t g e a h d . m h d . pfluoc, -ges, asächs. a n f r . n n d . plög, setze v o n l a t . porta u n d i h r e n F o l g e f o r m e n afries. m n d . plöch. Von d a ist über a n o r d . plögr schwer zu scheiden war. s p ä t a g s . plög, plok (engl, plough) e n t l e h n t , das P f ö r t n e r m. m h d . portencere, 1420 pfortener. u m 1000 ags. sulh ( u r v e r w a n d t m i t l a t . sulcus Das niemals häufige W o r t wird d u r c h das zu ' F u r c h e ' ) ablöst. Aus d e m Germ, e n t l e h n t sind Beginn des 18. J h . e n t l e h n t e frz. portier (Schulzaslaw. plugü, lit. plügas. Die l a n d s c h a f t l i c h e Basler 1942 F r e m d w b . 2, 601) aus dem G e b r a u c h S y n o n y m i k des Pflügens e n t f a l t e t K . v . B a h d e r a u ß e r h a l b der D i c h t u n g v e r d r ä n g t . 1887 erK l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 17. Aufl.
36
Pfosten
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pfropfen
Pfragner, Fragner m. ' K r ä m e r ' , heute auf setzt das preuß. Kriegsministerium P o r t i e r durch P f ö r t n e r und öffnet damit dem guten bair.-österr. Mundart zurückgedrängt, alt auch W o r t neuen R a u m : W. Linden 1943 Dt. Wort- alem. und fränk., mhd. phragner, ahd. phragagcsch. 2, 384. In der Fachsprache der Ärzte gilt näri: zu ahd. phragana f . 'Schranke', mhd. P f ö r t n e r f ü r ' u n t e r e r Magenmund': Ilyrtl 109f. phragen ' H a n d e l ' . Ob hierzu nd. dän. pranger E s ist Lehnübersetzung von gr.-lat. pylorus, bei 'Pferdehändler', dän. prange ' m i t landwirtsch. Celsus 4, 1, 7 bezeugt. Als der Name entstand, Erzeugnissen handeln', schwed. prängla 'prawar er sinngemäß: die ältesten griech. Anato- chern', norw. pranga, isl. pränga 'Kleinhandel men sahen den Magendarmkanal vom archos, treiben, Geld zus.-kratzen'? H e r k u n f t dunkel. Pfriemen, P f r i e m re. 'spitzes Werkzeug zum dem Mastdarm her, so daß für sie der pylöröx Stechen', m h d . pfrieme, m n d . prème, nini. a m Mageneingang s t a n d : Steudel 9. 19. Pfosten m. mhd. pl»sl(c), alul. pjoslo, mnd. priem(e), nnl. priem vereinigen sich auf germ. mnl. nnl. afries. ags. engl, poul-, dän. schwed. posl *preu-man-. Dessen m beruht auf Angleichung sind spät durch das Mnd. vermittelt. Vor Ab- an den Anlaut. Ursprünglicher sind gleichbed. wanderung der Ags. und vor Abschluß der hd. mnd. prèn(e), prln, ags. préon, engl, precn ' EisenLautverschiebung zu allen Westgerm, entlehnt gerät zum E n t f e r n e n von Tuchflockcn', isl. aus lat. postis m. '(Tür-)Pfosten', das als *por- prjönn 'Stricknadel', die auf germ. *preu-nansti-s 'Hervorstehendes' (zu släre) gedeutet wird. weisen. Eine dritte Bildungsweise (germ. *prcuprycl'Dolch' Rom. Einfluß hat früh auch auf den germ. Holz- lti-) zeigen schwed. pryl und nfränk. bau gewirkt, wie P f a h l und P f o r t e bestätigen. Schueren,Teuthonista(Kleve 1477) 240 Verdam. Dasdurch P f o s t e n verdrängte a\\d.(lur)slu(o)dil, Außergerm. Beziehungen sind nicht gesichert. iuhd. stu(o)del m. (zu s t e h e n ) lebt noch in süd- Die Wortkarte ' P f r i e m e n ' von Olly Schulz bei Mitzka, Dt. Wortatlas II (19D3) bietet das Schriftostdt. Mundarten. Pfote /., unter Einfluß von F u ß auch m. wort von Thüringen bis Brandenburg (Priem), hd. kaum vor Luther und bei ihm nur außerhalb weiter bis an die untere Warthe und Netze, eine der Bibel, vorher mnd. (15. Jh.), nrhein. (14. größere Fläche h a t auch die md. Mitte OstPriem Jh.) pöte /., mnl. poot, pote m., nnl. pool ' P f o t e ' . preußens. Vom Dän. her reichen Prien, Das gleichbed. dän. norw. pote ist aus dem Mnd. nach Schleswig hinein, um Kiel auch als Preen, entlehnt. Das d t . Wort, altbodenständig in den Preem. Zu den großräumigen Synonymen A h l e , 2 Mundarten von Lothringen und Luxemburg bis O r t , S ä u l e s. d. Der Typ Eis des Küstenzur Rheinpfalz und von den Rheinmündungen strichs im NW. zeigt sich an der nl. Grenze als ostwärts, fehlt in alter Zeit dem Osten, isl in der Else, Ilse und in der Schweiz auch vom RoSchweiz, Baden und W ü r t t e m b e r g bis heute manischen her als /lise. — P f r i e m m. in der selten und fehlt dem gesamten Südosten gänz- Bedeutung'Pfriemenginster' mhd. /i/nmme, ahd. lich. Das deutet auf E i n f u h r aus Westen. Die phrimma, brim(m.)n Zs. f. d. Wortf. 3, 273. Nach germ. Formen vereinen sich auf vorgeschichtl. mnd. brente, nini. breni{me) zu schließen, ist ani. *paula. Auf dieselbe Form weisen afrz. poue b das Urspr., pfr- und der Diphthong beruhen 1 (hieraus engl, paw), prov. paula, katal. pota, auf Anlehnung an P f r i e m . Mit dum ablautenden ahd. bräma (s. B r o m b e e r e ) auf die Grundgaliz. po(u)ta. Im Kern des damit umschriebenen Gesamtgebiets, bei Arel (Arlon) in Südbel- bed. 'Dnriistrauch' zu vereinigen. Pfropfeu m. 'Stöpsel' kaum vor Ludwig 1716, gien, steht seit Römertagen die Inschrift Divis Manibus Corobilho Pauluni, in der Nähe Namen wesentlich norddeutsch, verhoclideutsclite Form wie Paulo, Paula, Paulina auf gleich alten des gleichbed. nd. propp(rn) (hieraus lett. propia), Steinen. Paulo ' P f o t e ' ist benannt, wie nach mnd. mnl. prop(pe). Dies erklärt Krctschmer ihm die Deutschen Augenbraun, Bart, Bein, 1918 Wortgeogr. 368f. als Mischbildung aus F u ß , Hirnschal, Knie, Schenkel, S t a u ß usw. Er einem lautmalenden p r u m p s e n 'vollstopfen' e n t s t a m m t einer unbedingt bodenständigen und stoppen (s. s t o p f e n ) , wobei nd. propprn A r e l e r S i p p e . d e r e n s ä m t l i c h e N a m e n i n F o r m und 'ein Reis einsetzen' (s. p f r o p f e n ) eingewirkt Beugung unkeltisch sind. Damit gelangen wir auf haben mag. Engl, prop ' s t ü t z e n ' liegt begrifflich vorkelt. *pauta ' P f o t e ' als Quelle des gallnrom. ganz ab. pfropfen schw. Ztw. 'ein Edelreis zum Verwie des germ. Worts. Der Anlaut p ist (wie bei p f l ü c k e n ) nachträglich verhochdeutscht, wachsen auf einen Wildling pflanzen', m h d . dagegen -/- unverschoben geblieben, ö ist be- pjmplen, md. prop/en, projfen, nd. nl. proppen: wahrt (wie in S c h o t e , N o t e ) , während sonst abgeleitet von lat. propagare 'ausdehnen, erVor l gern gekürzt worden ist. Th. Frings, Ger- weitern, fortpflanzen' zu propagol /. 'Ableger', mania Rom. (1932) 179f.; ders., Zs. f. roman. übernommen als ahd. pfropju, p/roj/o 'Setzling, Phil. 66 (193G) 371 ff.; J . Briich, Wiener Stud. Senker'. Im Roman, bestanden Doppclformen 64 (1936) 173 ff. mit propp- u n d prop-: darauf b e r u h t das Neben-
Pfründe
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einander von ahd. pfropfo und pfroffo, wnd. proflen. das heute in L u x e m b u r g , im Rheinland, an der E r f t und in Hessen g i l t ; oind. fntjipen, in seinem Süllrand pfroplen. In dieser Form ist das Wort hochsprachlich und so überall b e k a n n t « n d gebräuchlich. Das Lehnwort ist längs der Maas und Mosel an den Niederrhein gelangt und von da rheinaufwärts gewandert. E s traf auf glciclibed. i m p f e n und p e l z e n s. d. Innerdeutsche Wanderungen erklären Mischformen wie süddt. prup/rn, dem der westmd. Anlaut geblieben ist. 1222 erklärt eine rhein. Urkunde vineam plattl-ure quud 110s appt Ilamus projen. A l t e Souderbedeutungen bewahren ni rhein. jiruf/pn 'den Weinberg mit Rebsenkern besetzen', prpw/a ' B n c h e n r e i s e r zum Weiterwachsen in den Hoden g r a b e n ' im heutigen Bonn und zu prgfa 'Gartengemüse pflanzen, säen' in W u p p e r t a l : T h . Frings, Germania Horn. ( 1 9 3 2 ) 7 0 f . — Zur Wortgeographie vgl. die W o r t k a r t e 'veredeln' (s. d.). Pfründe /. L a t . praebdnda n. Mz. 'Darzureichendes', das (urspr. welllich gemeint) in ital. prebetula, frz. prelwnde /. 'kirchl. Pfründe' fortl e b t , ist unter Einfluß von lat. prmnilere 'versorgen' abgelöst worden durch gallorom. ;iröVfiiJn /. ' R e i c h n i s ' . Ans der grundherrl. Gutswirtschaft des karoling. Westfrankens gelangt deren F a c h w o r t zur Kirche (die bis dahin von slipendia gesprochen h a t t e ) und bedeutet seit dem 9. J h . 'was einem (Kapitel-)Geistlichen als Gegenleistung für seine geistl. Dienste gereicht wird'. Von Nordfrankreich wandert das junge K i r c h e n w o r t an den Rhein und (wie in die kelt.) in die germ. Volkssprachen. E s lautet asächs. anord. prövenda, mnl. pruveude. E t w a gleichzeitig ist P r o p s t e n t l e h n t : im Gegensatz zu ihm erlangt unser Wort bei innerdeutscher E n t lehnung rheinaufwärts nachträglich die Merkmale der hd. Lautversch., daher ahd. pfrövinla. Die germ. E r s t b e t o n u n g wirkt Verkürzung zu ahd. pjruonla, mhd. pjrumide, afries. prondn. Das » der Mittelsilbo wirkt Umlaut in mhd. pfrüende. Kürzung v . D o p p e l k o n s . f ü h r t z u n h d . P f r ü n d e . U . S t u t z 1901 Zs. f. dt. W o r t f . 1, 3 6 1 f f . ; T h . Frings, Germania Rom. ( 1 9 3 2 ) 3 9 . 4 6 . 6 2 . 84.
208.
pfuschen
liegt. E r wendet sein Wissen v e r k e h r t an, a u c h indem er s t e i d e l für s t e i l e i n f ü h r t : H . Schröder 1923 Beitr. 4 7 , 1 6 6 . PfühJ m. n. ' m i t F e d c m gefülltes K i s s e n ' , mhd. pfülwe, ahd. pfulivi(n) n., pjulwo m., asächs. puli(ui), mnl. pSlu, pGl(v)we, nnl. peluw, ags. pyl(w)e m„ pylu /., engl, pillow: früh e n t lehnt aus lat. pulvinus m. ' P o l s t e r , Kissen', das so heißt, weil es urspr. m i t pulvis gefüllt war, s. P u l v e r . Wie bei K a i s e r , K ä s e , M e i l e P a g e 2 ' P f e r d ' und P f u n d ist mit P f ü h l ein Römerwort übernommen, das in der r o m a n . Welt kaum noch eine Rolle spielt. Die E n t l e h nung ins Westgerm. geschah vor Abschluß der hd. Lautverschiebung und so früh, daß lat. v noch den W e r t eines w h a t t e (s. P f a u , W e i h e r , W e i l e r , W e i n gegen B r i e f , K ä f i g , V e i l c h e n , V e r s , V e s p e r ) . Sachlich gehören in den gleichen Lehnbereich F l a u m , K i s s e n , P i p s . Im Md. ist w geschwunden; Luthers F o r m i s t P f ö l gegen P f u i w e bei gleichzeitigen W o r m sern und Zürichern. Alem., teilweise auch bair., ist w nach l zu b geworden (wie in f a l b und g e l b ) , daher P f u l b e bei J . E c k (Ingoist. 1637). Auch Angleichung zu P f u l m ( e n ) ist süddeutsch. Verhärtung zu / begegnet w e s t m d . : P ü 1 v Aschaffenburg, P i l f Oberhessen. Die heutige Schriftform ist s p ä t im 18. J h . erreicht worden; das Geschlecht s c h w a n k t bis heute. pfui I n t e r j . Von der Gebärde des Ausspeiens geht ein Ausdruck des Absehens aus, der über viele Sprachen greift, ohne d a ß Urverwandts c h a f t oder E n t l e h n u n g vorliegen m ü ß t e : gr. pky, lat. /«, frz. ji, engl, jie, nnl. ¡oei. I l d . nd. pfui gelten seit etwa 1 2 0 0 , daneben mhd. ß(a), phi. Vgl. f i e s . Pfund w. mhd. pfunl (d), ahd. pfunl (t), asächs. mnd. afries. ags. anord. dän. schwed. got. pund, mnl. ponl (rf), nnl. pond, engl, pound: mit k a u f e n und M ü n z e früh zu allen Germanen gelangt aus lat. pundö (indekl.) ' P f u n d ' (mit pondus n. ' G e w i c h t ' zu pendere 'wägen'), das in den roman. Sprachen durch die N a c h k o m m e n von lat. llbra ' W a a g e ; P f u n d ' verdrängt ist. L a t . o ist vor Nasal -+- Kons, zu u geworden wie in K u n k e l (aus m l a t . conucla). Aus dem Germ, früh weiterenflehnt ist finn. punta. Weil e i n P f u n d P f e n n i g e ein gangbares S t r a f m a ß war, wurden Verbote „bei dem P f u n d " erlassen. S o wird P f u n d zu ' S t r a f e ' , besonders zur B e z e i c h nung de* Streiche mit dem Weidmesser, die J ä g e r oder J ä g e r i n n e n dulden m u ß t e n , wenn sie eine Weidmannsregel verletzt h a t t e n : D W b . 4 , 1, 1, 6 3 4 ; 7, 1 8 1 2 ; 14, 1, 617. — Die Lautgeographie von ' P f u n d ' stellt der D t . S p r a c h a t l a s auf K a r t e 62 dar.
I'fuhl m. Mhd. a h d . pfuol, mnd. pöl, pul, mnl. nnl. poel, afries. ags. pöl, engl, pool führen auf westgerm. *ptila-. Dän. pal, schwed. pöl sind aus der nd. Mz. entlehnt. Außergerm, vergleicht man lit. bald ' B r u c h , S u m p f ' , aslaw. blnto (aus urslaw. *bolto-) ' M o r a s t ' , auch im rumän. Ortsnamen Baltn-Albä, a l b a n . bal'lS ' S c h l a m m , S u m p f ' . Mundartl. verbreitete F o r m e n wie p(f)tldel gelten in Landschaften, die d zwischen Vokalen eingebüßt h a b e n : wer dort Irül für pfuschen schw. Ztw. zur I n t e r j . p f u ( t ) s c h , B e u t e l sagt, pflegt zu wissen, daß büdel voraus- die lautmalend vom Aufzischen der R a k e t e s t e h t , 8t«
Pfütze
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Physikunkus
aber auch von reißendem Zeug bei schlechter über gr. pharao in die Sprachen Westeuropas Arbeit. Ausgangsbed. 'rasch und darum lieder- gelangte. Daraus vereinfacht P h a r o als N a m e lich, nicht zunftgerecht arbeiten'. Zuerst findet des Glücksspiels, in dem der Herzkönig frz. sich P f u s c h e r m. bei J o h . Mathesius (f J o - pharaon hieß: Lokotsch 1927 E t y m . Wb. 1650. achimsthal 1568), Syrach 2, 136", das Ztw. erst Pharisäer m. Die jüd. Sekte der 'Abgesonin Breslau 1572 (G. Schoppe 1926 Neuphil. Mitt. derten' h a t bes. nach Luk. 18, lOff. das Urbild 27, 11). Mit dem ostmd. Anlaut /- w a n d e r t das der Selbstgerechtigkeit geliefert. W o r t p a a r ins W e s t m d . : f u s c h e n und F u Philippika f . 'Donnerrede, Strafpredigt'. N a c h s c h e r am Rhein, in Lothringen und Luxemburg, den Reden des Demosthenes gegen Philipp von hier neben westmd. p u s c h e n und P u s c h e r , Makedonien (Philippika) nennt Cicero 44 v. Chr. die in Teilen Nordbadens und Hessens wiederseine Reden gegen Marcus Antonius Philippicas begegnen. Ostmd. /-, westmd. p- weisen auf orationes. Hieronymus (f 420) n i m m t nach obd. pf-, D a m i t verbietet sich Herleitung von B ü c h m a n n 1912 Gefl. Worte 366 das Wort f ü r B u s c h , die Frisch 1741 versucht (Zs. f. dt. ' S t r a f r e d e ' a u f ; bei uns wird es durch Wieland Wortf. 8, 195). Das Richtige sieht zuerst Adeund Platen beflügelt. lung 1777. Mit ostmd. Anlaut entlehnt sind Philister m. Die hebr. PeliUlm werden in dän. fuslce, schwed. fuska und fuskare (zuerst Luthers Altem Testament H u n d e r t e von Malen 1683). P h i l i s t e r genannt, während vorluth. u n d Pfütze f . m h d . pfütze, a h d . p(f;uzza, buzza, k a t h . Bibel P h i l i s t ä e r sagen wie die Vulgata puzze, juzze f., pfuz(z)i, puzzi m., mnd. pütt m., Philistaei. In Kampfschriften des späteren 16. putte f., nd. pütt(e), a n f r ä n k . putte rn., mnl. put, und des 17. J h . wird P. für 'Gegner von Gottes pit, pet m., putte, pitte m. f., nnl. put, afries. pett, Wort' gebraucht. Wenn sich die Studenten der ags. pytt m., engl, pit, anord. pyttr m., norw. Zeit, zumal die Theologen in J e n a , als Gottes m u n d a r t l . putt, pytt, schwed. putt, dän. put. auserwählte Schar empfanden, so fiel der ScheltDem Got. fremd. Aus urnord. *pütia- ist finn. name P. ihren geborenen Feinden, den S t a d t puutio entlehnt, aus a f r ä n k . *puti s t a m m t afrz. soldaten, zu. Diese Bed. ist f ü r J e n a seit 1687 puiz, frz. puits. P f ü t z e wird durch seine Verbezeugt, f ü r Halle, Wittenberg, Leipzig, Köln breitung wie durch den Mangel germ. Verwandter und Wien im 18. J h . Als in J e n a 1689 ein Stuu n d Ableitungen als Lehnwort erwiesen: es dent bei einem A u f r u h r totgeworfen wurde, rügte s t a m m t aus lat. puteus ' B r u n n e n ' , das vielleicht Superintendent Gg. Götze die T a t mit den Worüber 'ausgestochene Grube' mit lat. putäre ten Rieht. 16, 9 „Philister über dir, S i m s o n " : 'schneiden' (in a m p u t i e r e n usw.) zu vermitteln d a m i t war der Bed.-Wandel z u ' B ü r g e r der Univ.ist. U r v e r w a n d t mit ahd. urfür 'Verschnittener', S t a d t , Spießbürger, Nichtstudent' a n g e b a h n t . urfüren, ags. fyran 'verschneiden*. Das lat. Wort Eine Fülle von Bibelworten ließ sich nun witzig lebt in den roman. Sprachen fort, so in ital. anwenden. Die neue Bed. h a t zu einer Bereipozza 'Lache', aus dem altaleni, puzze, puzza, cherung des dt. Denkens geführt, seit Goethe den buzza f . entlehnt ist. Die oben genannten M. Begriff 1774 ins Geistige und Sittliche gewendet s t a m m e n u n m i t t e l b a r aus lat. puteus. Zum Teil und H n r . Leo um 1860 den B i l d u n g s p h i l i s t e r sind sie unter Einfluß von mnd. mnl. gote 'Gosse' (s. d.) hinzugefügt hat. Die Bedeutung 'engzu /. geworden. Die E n t l e h n u n g geschah vor Abherziger Spießbürger' ist im 19. J h . ins Engl, wanderung der Ags., so f r ü h , d a ß lat. ü noch übergegangen, im 20. J h . zeigt sie sich auch bei kurz und t noch Verschlußlaut war. Die westfrz. Philistin. Zs. f. d. Wortf. 1 , 4 6 . 5 0 ff. 369.2,293. germ. Kons.-Dehnung h a t von tj über ttj zu tt 12, 285. 288; Kluge 1912 Wortf. und Wortgesch. geführt, das auf hd. Boden (wo auch p- zu pf20ff.; Büchmann 1912Gefl. Worte 1 6 f . ; S c h o p p e wurde) tz ergab. Die alte Bed. ' B r u n n e n ' h a t sich 1922 Germ.-roman. Monatsschr. 10, 193ff.; lange erhalten, z. T. bis heute. Lohan, Dt. Rundschau 1922, 289; Götze 1928 Phantasie f . Gr. phantasia 'Vorstelluftgs-, EinDt. Studentenspr. 8 f ; H . Woerth, Muttersprache bildungskraft' gelangt über lat. phantasia nach 1955,184. Westeuropa. Aus dem L a t . s t a m m t m h d . fanPhilisterium n. u m 1813 von Studenten getasie 'Einbildung, Trugbild' bei Frauenlob ( t 1318). Mlat. fantasiari Ztw. u n d fantasia m. bildet, nach Vorbildern wie M i n i s t e r i u m : werden im 15. J h . Vorbilder f ü r f r ü h n h d . fanta- Kluge 1895 Stud.-Spr. 114. sieren und fantast. Dies ist eines der wenigen Physikunkus m. 'Sonderling' zerspielt aus lat. F r e m d w ö r t e r bei L u t h e r ; im Titel einer Schrift physicus. Seit 1520 in vielen Spielarten bezeugt, von 1527 ersetzt er es durch S c h w a r m g e i s t . zuerst visegunklen ' N a r r e n ' Schades Satiren u n d Vgl. e i n b i l d e n . Pasqu. 2 , 1 3 3 . Gebucht seit Sim. Rot 1572 „ P h y Pharao m. nach dem a l t ä g y p t . Titel des sicuncus . . . Spottwort gegen denen, die etwas Königs per-a'a 'großes Haus, Palast, H o f , der in natürl. Dingen wissen wollen". H e u t e Schweiz.
piano
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fisigäuggis, eis. fisigunggus, schwäb. fisigunk (daneben spirigu(n)kes) 'Naseweis', bair. filigunkes. piano Adv. Lat. planus 'eben' ergibt ital. •piano, als musik. Fachwort bei uns seit Sperander 1727 gebucht. Das gleichzeitig von C. G. Schröter in Nordhausen und dem Franzosen Marius erfundene H a m m e r k l a v i e r hat sich mit diesem Namen nicht durchsetzen können. Weil man es (im Gegensatz zu S p i n e t t und K l a v i c h o r d ) leise und stark anschlagen kann, heißt es frz. clavecin d forte et piano. F o r t e p i a n o wird im 19. J h . zu P i a n o gekürzt. Dessen ital. Verkleinerung P i a n i n o komm« für'Klavier mit senkrecht gestellten Saiten' um 1850 auf. picheln Ztw. P e g e l m. (s. d.) entwickelt sich von 'Wasserstandsmarke' landschaftl. zu 'Marke am Trinkgefäß'. Dazu altmärk. pägeln, obersächs. bixaln 'stark trinken'. Damit vermengt ein gleichbed. p i c h e l n (zuerst 1768 Brem. Wb. 3, 310) und ein Student, p i c h e n 'trinken' (seit Kindleben, Halle 1781). B i c h 'Bier' (Kluge 1895 Stud.-Spr. 83 seit 1825) scheint erst aus dem Ztw. rückgebildet zu sein. pichen s. P e c h . Pick, P i e k m. 'heimlicher Groll', seit dem 17. Jh. über das Nd. aus nl. eenen pick hebben leghen iemanden. Dies seit 1598 nach frz. pique, das sich (wie ital. picea) von 'Spieß' zu 'Groll' entwickelt hatte. Im dt. Süden ist auch mit Entlehnung unmittelbar aus dem Roman, zu rechnen. Pickel m. 'Eiterpustel', ein wesentl. norddt. Wort: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 371. Zuerst in der schles. Form pücklich bei Schweinichen ( t 1616) Denkwürd. 419 österley. Verkl. zu mhd. pic, bic 'Stich'. Pickelhauhc /. Zu B e c k e n (s. d.) gehört mhd. lecken-, beckelhübe, mnd. pekelhüve, die unter dem Topfhelm des 13. Jh. getragene Blechhaube, nachmals zu einer selbständigen Helmform entwickelt. Entspr. mlat. bacinetum, bacilletum, ital. bacinetto, frz. bassinet 'flacher Helm'. Die nhd. Gestalt des Worts ist durch P i c k e l 'Spitze' bestimmt, was erst nach Umbildung der Helmform geschehen konnte. Pickelliering m. Die lustige Person auf der Bühne heißt gern nach einem Lieblingsgericht der Masse: H a n s w u r s t , Jean Potage, Jack Pudding, Maccaroni. So schuf sich (nach Wh. Creizenach, Die Schausp. d. engl. Komödianten XCIIIff.) Robert Reynolds, der Führer der „Bücklingshäringskompagnie", seit 1618 in Deutschland, für seinen Gebrauch eine Abart der komischen Gestalt; 1620 erscheinen die „Engl. Comedien und Tragedien sampt dem Pickelhering". Vorbild für Reynolds war Spencer, der sich in seiner Clownrolle Hans von Stockfisch genannt hatte. Der Name, seit 1648 auch als nl. Pickelharing, bed. 'eingepökelter Hering', vgl.
Pietist
Golius 1582 Onom. 322 „Bickelhering / halee conditaneum"; nl. (seit 1598) pekelharing. picken schw. Ztw., mhd. bicken 'stechen', ahd. (ana)bickan, mnd. pëcken, mnl. pecken, picken, nnl. pikken 'hauen', mengl. pikken, engl, pick 'stechen, auslesen', anord. pikka, schwed. picka, dän. pikke: zur Interj. p i c k , die Schall und Tun des Vogelschnabels nachahmt. S. B i c k e . Picknick n. Gesellschaftsschmaus im Freien, zu dem die Beteiligten die Genußmittel gemeinsam beisteuern. Frz. pique-nique, nach Ménage 1692 Dict. étym. „neueren Ursprungs", Reimbildung wie pêle-mêle, erscheint 1753 in Schönaichs kom. Epopöe „Der Baron oder das Picknick". Auch nnl. engl, picnic stammen aus dem Frz. piekfein, auch p i k f e i n , Adj. dringt seit Goltz 1860 Typen d. Gesellsch. 2, 148 vom Nd. vor. Die Zus.-Rückung mit f e i n ist jung, l aus ü entrundet: zu püken 'pflücken' (nächstverwandt mit ags. pycan 'picken') gehört nl. puik, nd. pük 'ausgesucht, erlesen', das im hansischen Handel Gütebezeichnung war, meist im Heringshandel, zuerst als mnl. puuc für Delfter Leinwand: Ag. Lasch, Berlinisch 207. Norw. mundartl. pyk 'fein' ist aus dem Nd. entlehnt. piepen Ztw. Die Nachahmung des Lauts junger Vögel greift gleichmäßig über viele Sprachen und spottet der Lautgesetze: frühnhd. (Maaler 1561) pypen, nd. plpen, engl, peep, lat. pip(i)are, ital. pipare, gr. pippisein, lit. pypiù (pypti), tschech. pipati. Vgl. P f e i f e . Pier m. 'Landungsbrücke', in hd. Texten seit 1880, zuerst in der Schreibung P e e r , entlehnt aus gleichbed. engl, pier, das seit dem 14. J h . bezeugt ist und sich mit mlat. pera deckt: Kluge 1911 Seemannsspr. 615. piesacken schw. Ztw. Zu mnd. pese 'Sehne' stellt sich nd. ossenpesek 'Ochsenziemer'. Die Grundbed. 'mit dem Ochsenziemer bearbeiten' ist damit für p i s a k k e n gegeben, das zuerst Richey 1755 Hamb. Id. 186 als „plagen, Stöße geben, abdreschen" bietet. Durch Lindner 1762 Beitr. zu Schulhandlungen 224 und Blumauer 1794 Herkules 114 wird es literar.; Campe bucht 1809 p i s a c k e n 'plagen' als norddeutsch. Herleitung aus dem Lit. oder Poln. (Wiek 42) ist abwegig, weil das Ztw. nicht in balto-slaw. Nachbarschaft wurzelt. Pietist m. Phil. Jak. Spener richtete bald nach seiner Übersiedlung nach Frankfurt a. M. (1666) gottesdienstl. Hausandachten ein, die er Collegia pietatis nannte und 1675 in s. Buch Pia desideria empfahl. Ihre Teilnehmer werden seit etwa 1674 P i e t i s t e n gescholten. Vorbild mag das ältere D e i s t sein (frz. déiste seit 1563). Als sich seine Bewegung in Leipzig 1686 einen neuen Mittelpunkt schuf, sprang alsbald auch der
Pik
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Scheltname dahin über. 1692 nahm ihn Spener in seinem „Ebenbild der Pietisterei" auf. S. Mucker. Pik n. Im frz. Kartenspiel heißt die bei uns S c h i i p p e n genannte Farbe pique nach dem Spieß mit schwarzem Blatt. Danach bei uns seit Frisch 1741. Gleichon Ursprungs ist P i k e /. 'Spieß, Lanze' um 1500 entlehnt aus gleichbcd. frz. pique, einer Rückbildung zu piquer 'stechen': Schulz-Hasler 1942 Fremdwb. 2, 528. Von der P i k e a u f d i e n e n ist vor Ende des 17. J h . zur festen Redensart erstarkt. pikant Adj. Zu frz. piquer 'stechen' gehört als Part. Präs. piquanl, das in seiner Bcd. etwa nnserm 'prickelnd' entspricht (vgl. engl, prick 'Stachel'). Bei uns, zunächst in frz. Schreibung, von stark reizenden Speisen (wofür obd. r ä ß ) seit dem 17. Jh., auf Geistiges übertragen vor Ende des 18. J h . : Zs. f. d. Wortf. 2, 207. 7, 254. 8, 86. Pike s. P i k . Pilger m. Lat. perrgrinus 'ausländisch* (lat. pereyre, -i 'in der, in die, aus der Fremde', urspr. 'was außerhalb des ager Romanus geschieht') kommt schon 360 n. Chr. als Subst. peleynnus 'der Fremde' vor, mit Ausweichen des ersten r wie itnl. albe.ro, nlberyo, Geltrvda. Im 8. J h . tritt dt\u\.j>iligrlm m.'peregriniis' auf: in dem nach der hd. Lautversch. entlehnten Kirchenwort, das (wie null, pelyrijm, nnl. pelyrim, afries. piluyrim, mengl. pilgrim, anortl. pllugrimr) urspr. die nach Kom wallfahrenden Ausländer bezeichnet, ist roman. I übernommen; e der Tonsilbe ist zu t, n zu m gewandelt unter Einfluß des Männerna mens ahd. 1'iHyrlm (aus bili- 'Schwert' und grlm 'Helm'). P i l g r i m bleibt in gehobener Sprache, als Alltagsform tritt im 15. J h . P i l g e r auf: offenbar hat man -in in mhd. pilger'm als Verlcl.-Endung gefaßt. Seniler 1909 Zs. f. d. Wortf. 11, 36; Schatz 1925 Beitr. 49, 125. Pille /. Zu lat. pila 'Ball', das als Kollektiv zu pilvs 'Haar' urspr. 'llaarknäuel' bedeutet, gehört als Verkl. lat. piliila '(Arznei-) Kiigelchen', das als spätmhd. pillule, frühnhd. pillel(e) bei uns erscheint. Die nhd. Form (seit Paracelsus 1541, Werke I 11, 299) erklärt R. Loewe 1899 Zs. f. vgl. Sprachf. 35, 610 aus Silbenvereinfachung (wie S c h w i b b o g e n ) . Pilot m. Zu gr. peddn n. 'Steuerruder' gehört predötes m. 'Steuermann', das über altital. pedota, jünger pilolo frz. pilote ergibt. Nhd. P i l o t seit Mathesius 1562 Sarepta 98. Vermittlung von ul. pilont ist möglich: E. öhmann 1940 Neuphil. Mitt,. 41, 151; 1956, 57. Pilz m. Gr. böliles 'Pilz' liefert über lat. boletus venez. boleo, rätorom. bulieu, voges. bvlo. Ins Westgerm, wird das Wort vor der hd. I.autversch. entlehnt. Lat. I ist zu j verschoben, e
Pinasse
wird zu i, nachmals i (s. E s s i g , K e t t e , Münze), o davor zu u, später umgelautet und entrundet (s. B i m s , G i m p e l , G i p f e l , k i r r e , K i s s e n , K i t t , S c hl i n g e l , s p r i t z e n , S t r i p p e Zille): demgemäß nd. hülle, ahd. buli%, mhd. büle%, bülz. Die Schreibung mit i beginnt im 16. Jh., die mit ü begegnet noch 1741 bei J . L. Frisch 1, 152 (; . P für roman. b stammt als umgekehrte Schreibung aus Landschaften, die keine Fortis p- kennen und hat sich festgesetzt wie in P a n i e r , P o k a l , P o s a u n e , P r a n k e ; noch Lessing und Adelung schreiben B i l z , das in Fam.-Namen überwiegt. Zum Wandel von 5 zu 2 vgl. Münze. — Im dt. Süden gilt S c h w a m m für 'Pilz': Kretschmer 1918 Worfcgeogr. 372 f. pimpeln schw. Ztw. vom Jammern und Ängstlichtun des Verzärtelten, geht von ostmd. Mundart aus. Hier mit Lippenrundung pimpeln Weise 1678 Pol. Näschcr 46; pimpeln bei Chr. Reuter 169öf. Schlampampe 33. 119 weist darauf, daß vom lautmalenden bim auszugehen und daß das fortwährende Klagen dem Gebimmel kleiner Glocken verglichen worden ist. Westfäl. pempen bcd. 'die Glocke mit nur einem Schlag anschlagen'. Pimpernelle, B i b e r n e l l e /. Name des Doldenbliitlers Pimpinella und des Rosengewächses Sanguisorba (diese auch als Salatpflanze gelegentlich angebaut). Zu lat. piper 'Pfeffer' gehört als Pflanzenname mlat. *piperinella, der z. B. in frz. pi(m)prenelle fortlebt. Von da spätmhd. pimpenelle, während das schon im 11./12. J h . auftretende ags. pipeneale, spätahd. bibinella durch lat. *bipennvl/i (zu bipennis 'zweiflüglig') abgelenkt zu sein scheint. Pimpf m. urspr. Schelte des Halbstarken, der noch keinen P u m p f (s. P u m p e r n i c k e l ) zustande bringt. In einem Marburger Studentenlied heißt es (noch bei Lebzeiten des Theologen A. F. C. Vilmar, t 1868): „In Marburg, ich sag's ohne Glimpf, Verdruckt jeder Besen die Pimpf, Wenn sie woli'n zum Tanze gehn". Ein dortiger Zweizeiler sagt um 1880 „Leis, wie Zephyrs Geflüster, entschlüpft dem Fräulein der Teepimpf, Aber mit Boreas Wucht entfährt dem Jüngling der Bierpumps". Um 1900 gilt in Gießen der Zuruf P i m p f als Tusch. Seit etwa 1920 wird das Wort, ohne verächtlichen Beiklang, in der Jugendbewegung üblich: A. Götze 1935 Mutterspr. 50, 7ff. Pinasse f. Zu lat. pinus f. 'Fichte' gehört *plnäcea, frz. pinasse 'Boot aus Fichtenholz'. Im gleichen Jahr 1598 erscheint nl. pimui»se (heute pinas) und P i n a s s e 'kl. Kriegsschiff' in einer hd. Reisebeschr.: Kluge 1911 Seemannsspr. 616 f.
Pinke
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Pinke f . 'Geld'. Rotw. in landschaftl. und Sondersprachen. P i n k e p i n k e wie offenbar einfaches P i n k e nach dem Klang des Geldes: L. Günther 1919 Gaunerspr. 61. Nicht aus dem Hebr.: S. A. Birnbaum, Zs. f. dt. Phil. 74 (1955) 249. pinkeln schw. Ztw. 'harnen*. Neben nl. pink 'kleiner Finger', worin man kindl. Laltform für F i n g e r sieht, steht ostfries. pink 'penis', dessen Bed. für abgeleitet aus 'Finger' gilt. Dazu seit dem 16. J h . norddt. p i n k e i n , dän.pmAc.schwed. pinka, ferner P i n k e l s c h e r b e n ' N a c h t t o p f I'oc. opt. 1604; B i n k e l t o p f , B i n k k a c h e l i n L u t h e r s Tischreden (Ph. Dietz 1870 Wb. zu Luthers deutschen Schriften 1, 306). Pinne /. 'Pflock, HolznageF: die unverschobene Form verdrängt seit dem 18. J h . frühnhd. mhd. pfinne, ahd. pfinn. Mnd. pin(ru>), ags. pinn 'Pflock, Stift', engl, pin 'Nagel, Stecknadel', anord. pinni 'Pflock, Nagel, Spitze, Zwecke' führen auf germ.*jwnn aus *bend-n-. Auf *bnd-no, jünger *benno-, führt der gall. Name des Gardasees Bennäcus, lat. (lacus) Benäcns 'der Gehörnte' (wegen der weit vorspringenden Halbinsel Sirmione): mit mir. benn ' H o r n , Gipfel', bcnnach 'spitzig', kymr. bann, mbret. ban 'Erhebung' zur Wurzel, *bend'vorspringende Spitze'. — P i n n e 'Hebelarm des Steuerruders' zuerst in einem hd. Sectext von 1647: Kluge 1911 Secmannsspr. 617. Pinscher m. früher Pintscher, auch P i n ( t ) s c h (wie S c h n a u z und S p i t z neben S c h n a u z e r und S p i t z e r stehen): die dem Pudel nächstverwandte Hundeart, als A f f e n - , R a t t e n - , R e h - und Z w e r g p i n s c h e r viel gehalten. Zuerst als P i n s c h e r in einem Brief Zelters an Goethe vom 6. Mai 1816 (Riemers Ausg. 2, 264), der (wie die späteren Zeugnisse) die engl. Herkunft sowie das Stutzen von Ohren und Schwanz betont. Demnach zu engl, pinch 'kneifen', das über norm, pincher und afrz. pincier aus galloroman. *pinctiäre s t a m m t und dem gleichbed. frz. pincer entspricht (dazu P i n c e - N e z 'Klemmer* und P i n z e t t e 'Kornzange'). Pinsel 1 m. Lat. penicillus 'Pinsel', urspr. Verkl. zu peniculus 'Schwänzchen' (zu penis) ergibt vulgärlat. *penicellvs, woraus frz. pincenu (über afrz. pincel-, hieraus engl, peneil). Das seit 1200 auftretende mhd. bensei, pinsel entstammt teils dem Lat., teils dem Frz. Das i vor Nasal wie in G i n s t e r , Minze, P f i n g s t e n , Zins. Pinsel 2 m. Aus nd. pin 'hölzerner Schnhnagel' (s. P i n n e ) und sül 'Schusterahle' (s. S ä u l e ) ist P i n - S u h l , P i n s u l e zus.-gesetzt, das aus der Berufsschelte des Schusters (Klenz 1910 Schelten-Wb. 143) zu 'Geizhals' geworden ist und so bei Schottel 1663, Richer 1755 H a m b . Id. 185
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Pirat
und Adelung 1777 als nd. erscheint. Der Schlesier Steinbach verzeichnet s t a t t dessen 1734 P i n s e l 'niederträcht. Mensch'; in seines Landsmanns Günther Lebens- und Reisebeschr. 76 erscheint 1732 zuerst die Zus.-Setzung E i n f a l t s p i n s e l , deren sich seit 1744 (Avanturiers 199) die Studenten bemächtigen. Pinte /. 'Flüssigkeitsmaß, Kanne*. In Glossaren des 15. J h . (L. Diefenbach 1857 Glons. Itil.-germ. 436») erscheint hd. nd.jiint(c) für nilat. pin(c)ln. In Schwaben steht um 1560 (Zimin. Chron. 2 3, 247) „versuchten die Pinten" in einer Geschichte, die in Frankreich spielt. Das weist auf Entlehnung aus gleichbed. frz. pinte, prov. pinta, urspr. 'die Gemalte'. Bei einem mit Eichmarke versehenen Gufäli ist Herkunft von lat. pingere 'malen' glaubhafter als die sonst erwogene von mnl. pinte 'Pflock', das mit P i n n e (s. d.) verwandt ist. Nach dem Krug als Wirtshauszeichen ist Schweiz, pinte zu 'Schenke' geworden: Schweiz. Id. 4, 1399. Pionier m. weist Kurrelmeyer 1929 M od. hing, notes 44, 143 f. aus einem dt. Werk über Befestigungswesen von 1663 nach. Quelle frz. pionnier, abgeleitet von pion 'Fußsoldat', das wie ital. pedone 'Fußgänger' auf lat. I'edo 'Großfuü* zurückgeht. I'ips m. Lat. pîluïla 'zähe Feuchtigkeit, Verschleimung' wird zu vulgärlat. pipita, das als Name der Geflügelkrankheit im Oberital. und Rätorom. fortlebt. Zugleich mit F l a u m , m a u s e r n , p f l ü c k e n kam das Wort noch in Römertagen über die Alpenpässe nach Oberdeutschland. Durch die hd. Lautverschiebung entstand über ahd. mhd. p f i / f c , 4z alem. schwäb. pfi/fis. Daneben galt gall. pippita (frz. pépie), das ebenso früh längs Maas und Mosel an den Rhein drang und rhein. nl. pips ergab, das südwärts bis Lothringen reicht. Im Elsaß treffen beido Formen zusammen: oberels. gilt pjijzer, unterels. pips(er). Noch bunter wird das Bild durch Formen wie ahd. mhd. pjipflz, die über frühnhd. pfipfeß, pfip/s in obd. Mundarten fortwirken. Adelung empfiehlt noch 1798 die Mischforra I ' f i p p s . Durchgesetzt hat sich der aus Westen über den Rhein vorgedrungene P i p s , nur obd. Mundarten sind bei verschobenen Formen geblieben. Für altes 5; sollte ß stehen; s hat sich wie in a u s , b i s , B i m s u. a. Wörtern durchgesetzt, bei denen keine obliquen Formen einwirken konnten. — P i p s in der Bedeutung 'Schnupfen' (s. d.) im Raum von Köln zeigt gewiß zunächst scherzhafte Übertragung auf den Menschen. Pirat m. 'Seeräuber', mhd. beratte, perate, frühnhd. birrate, piral(e). Zu gr. peirân 'versuchen, überfallen' gehört peiratäs 'Seeräuber, Kaper', das über lat. pirata in die roman.
Pirol
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Sprachen gelangt ist und ital. pirata, frz. (seit dem 15. Jh.) engl, pirale ergeben hat. Unsere frühesten Zeugnisse lassen keinen Zweifel, daß uns P i r a t als Mittelmeerwort durch das Ital. vermittelt ist: Hnr. v. Neustadt (Wien um 1300) Apoll. 15403 Sy waren rauber au ff dem, mer: Die hieß man beratten (andere Lesung: peraten)\ Niki. v. Wyle (Stuttg. 1470) Transl. 307, 11 von den birraten zu allen orten bekrieget ; Zimm. Chron. (schwäb. um 1560) 2 1, 141, 9 „under wegen . . . durch die piraten gefangen". E. öhmann 1956 Neuphil. Mitt. 57, 67. Pirol m. Mhd. witewal, mnd. mnl. wedewale, frühnhd. wiltvol, weidwail, witwalch, nnl. wielewaal, mengl. wudeuiale, engl, mundartl. whitwall, woodwale führen auf wcstgerm. *ioidu-, *wuduwalün. Erstes Glied ist *widu 'Holz' (s. K r a m m e t s v o g e l und W i e d e h o p f ) , zweites ein Vogelname, der in engl, hickwall 'Grünspecht' wiederkehrt. Der alte Name ist zurückgedrängt durch P i r o l , mhd. (bruoder) piro. Damit wie mit den Spielformen (bruder) Pirolf, Berolft, Hillrof, Tyrolt, Gerolf, Wyrök wird der flötende Paarungsruf des Vogels nachgebildet. Der lautmalende Name wird gedeutet zu Bierholer, Biereule, Bierhahn, Herr von Bülau, Junker Bülow, Schulz von Tharan, Koch von Kulau, Gugelfliehauf, Weihrauch(vogel). Der Zugvogel Oriolus trifft spät im Frühjahr ein und nährt sich gern in Obstgärten, darum heißt er P f i n g s t - , K i r s c h v o g e l , B e e r h o l d : Suolahti 1909 Vogelnamen 169ff. pirschen s. b i r s c h e n . pissen schw. Ztw. Im 12. J h . tritt afrz. pissier auf, das mit prov. pissar und ital. pisciare auf ein lautmalendes Wort der Ammensprache zurückgeht. Seit dem 13. J h . dringt das roman. Ztw. zu den Germanen und ergibt engl, piss, afries. pissia, nl. pissen. In Nieder- und Mitteldeutschland ist p i s s e n seit dem 14. J h . bezeugt (sechsmal in Luthers Altem Test.), während obd. Volkssprache b e i b r u n z e n bleibt. — P i s s o i r n. (spät im 19. Jh.) ist mit A p p a r t e m e n t , K a b i n e t t , K l o s e t t , T o i l e t t e , W. C. eines der vielen Hüllwörter, die wir meinen aus der Fremde holen zu müssen. — Die Rückbildung P i s s e /. ist schon mhd.: Diefenbach-Wülcker, Hoch- u. nd. Wb. (1885) 802. Pistazie f . Aus pers. pislah 'Frucht der Pistazie' über gr. pistdkè, lat. pistacia im 16. Jh. zu uns gelangt: Littmann 1924 Morgenl. Wörter 15. Pistole f . Zu der lautmalenden Bildung tschech. pisk 'Pfiff' ist pislal 'Pfeife' gebildet, das nach Erfindung der Feuerwaffen die Bed. 'kurzes Handrohr' annimmt und während der Hussitenkriege zu den Nachbarn gelangt: Wiek 42f. P i s t o l e zuerst in schles. Geschichtsquellen
Plaid
zwischen 1421 und 1429: Kurrelmeyer 1921 Mod. lang, noies 36, 488. Demgegenüber tritt M. Vasmer 1947 Zs. f. slav. Phil. 19, 450 für roman. Ursprung ein. Geschlossene Belcgreihe seit Wallhausen 1616 Kriegsman. 27: Zs. f. d. Wortf. 14, 26. 46. 78. Wie die P i s t o l e eine kleine Waffe, so ist frz. pislole eine kleine Goldmünze. Bei uns zuerst als P i s t o l e t Fischart 1575 Garg. 420 Neudr. Placken m. 'Flecken', mhd. placke m. 'Fleck, Gegend', mnl. placke, nnl. plak 'Fleck, Klecks', engl, mundartl. platch 'Flicken' (neben gleichbed. patch). Aus den ihrem Ursprung nach dunklen dt. Wörtern, die schwerlich aus lat. pläga (s. P l a g e ) stammen, sind frz. plaque, placard usw. entlehnt. Zur gleichen Sippe wohl auch obd. B l e t z 'Flicken', das vor z ein k verloren hat. placken schw. Ztw. 'lästig, kleinlich plagen* Intensivbildung des 15. Jh. zu (sich) p l a g e n , wie b ü c k e n , n i c k e n , s c h m ü c k e n zu b i e g e n , n e i g e n , s c h m i e g e n . Vgl. ags. plagian 'sich bewegen, beschäftigen'. Ein nd. p l a c k e n 'flicken' gehört zu P l a c k e n m., s. d. und Zs. f. d. Wortf. 11, 93. Plage /. mhd. 'himmlische Strafe, Mißgeschick, Qual, Not', mnd. pläge, spätahd. spätanord. pläga, mnd. pläghe, nnl. plaag, norw. plaage, dän. plage, schwed. pläga: um 1000 mit dem Christentum übernommen aus lat. pläga 'Schlag', das als Entlehnung aus gleichbed. dor. pläga gilt. Dies gehört zu dem mit lat. plangere '(die Hand auf die Brust) schlagen, trauern' verwandten gr. plessein 'schlagen' und ist urverwandt mit f l u c h e n , s. d. Das lat. F. lebt fort in ital. piaga, span. plaga, llaga, frz. plaie. Engl. plague 'Pest* beruht auf d. Altfrz. — Das schw. Ztw. p l a g e n (mhd. md. mnd. mnl. plägen, nnl. plaagen, engl, plague, dän. plage, schwed. pläga) wird gemeinhin als Ableitung vom F. gefaßt, kann aber ebensogut auf Entlehnung des lat. plägäre 'schlagen, peinigen' beruhen. Beide Wörter gehen von der religiösen Vorstellung der vom Herrn gesandten Strafe aus und werden erst im 16. Jh. verweltlicht; den alten Sinn des F. übernimmt K r e u z . Auf der Wortkarte 'sich beeilen' (s. d.) hat um Köln herum sich plagen jene besondere Bedeutung. — P l a g e g e i s t m. ist (wie P l a g e t e u f e l und Q u ä l g e i s t ) als unreiner Geist gedacht, der den Besessenen quält. Die Zus.-Setzung wird uns aber nicht vor F. v. Logau 1654 Sinnged. 3, 5, 48 greifbar und ist da schon weltlich blaß geworden. Plaid n. m. '(Umschlag-)Tuch, Überwurf, Reisedecke': mit frz. engl, plaid aus gäl. plaide, das seit Beginn des 16. Jh. für den großgewürfelten Mantel der Bergschotten bezeugt ist. Bei
Plakat
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plärren
uns seit 1772: Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2, spät ostmd. P l a n e (aus plahene) durch, so Goethe 1820 Weim. Ausg. 2 , 1 2 , 22. 646 f. Planke f. mhd. md. planke, blanke, mnd. mnl. Plakat n. nl. plak (s. P l a c k e n ) ergibt im 15. J h . frz. plaque, prov. placa 'Platte, Täfei- afries. dän. planke, nd. nnl. engl, plank, spätchen', dazu prov. *placat, das in die Niederlande anord. schwed. planka. Als Wort erst der Bezurückgelangt und hier die Rolle des älteren festigungskunst, dann des Schiffbaus wird es M a n d a t übernimmt. Als 'obrigkeitlicher An- von Volk zu Volk weitergegeben; Quelle pikard. schlag' erscheint P l a k a t seit J . Fischart 1578 planke (afrz. planche) 'Holzbohle, Umplankung, Ehzuchtbüchl. 191 in nhd. Text. Die Entwick- Befestigung'. Dessen Grundwort lat. planca lung führt über 'Maueranschlag' zu 'Geschäfts- 'Bohle, Brett' ist aus dem Gr. entlehnt; wegen anzeige' und 'Werbe', dabei ist seit etwa 1830 vulgärlat. palanca 'Pfahl, Bohle' gilt phälaggai frz. Einfluß beteiligt: Schulz-Basler 1942 Fremd- 'Planken' als Ausgangspunkt. Dies ist urverwandt mit B o h l e , s. d. wb. 2, 547 f. plänkeln schw. Ztw. 'Vorpostenkämpfe fühPlan 1 m. 'Fläche', mhd. plan, blän, um 1200 ren', zuerst als b l e n k e l n 'oft umsonst oder auf entlehnt aus gleichbed. mlat. planum n., Subst. Kleinigkeiten schießen' in Regensburg 1763 zum lat. Adj. planus 'eben', urverwandt mit (Heppe, Wohlredender Jäger), p l ä n k e r n MuF e l d , s. d. Dieselbe Quelle hat afrz. piain m. säus 1778 Physiogn. Reisen 2, 169, „ein plän'freier Platz, Aue, Kampfplatz', das seit Wolfr. kelnder Husar" Pfeffel 1789 Poet. Vers. 6, 147. v. Eschenbach auf Geschlecht u. Bed. des dt. Häufiger erst, als sich in den Napoleon. Kriegen M. wirkt. Das Adj. mhd. plan 'eben' erscheint die geschlossene Truppe in lockere Schützenum 1295 als Entlehnung aus dem lat. Adj., gilt ketten auflöste und P l ä n k l e r für frz. tirailseit frühnhd. Zeit als 'verständlich' und hält sich leur eintrat. Voraus geht ein lautmalendes mhd. so bis an die Gegenwart. Das Ztw. ahd. mhd. blenkeln, z. B. Minnes. 3, 280 nu blenkel dln planen 'einebnen' ist durch p l a n i e r e n verdrängt. lambüre 'rühre deine Trommel'; ihm entspricht Plan 2 m. 'Grundriß; Vorhaben', zuerst bei in Bayern u. Oberschwaben bis heute plenkeln Sperander 1727 als Fremdwort u. noch lange mit 'mit dem Plenkel dreschen', einem starren Näselung gesprochen, so daß es Ramler noch Flegel, mit dem höchstens drei Drescher zu1774 durch E n t w u r f ersetzen wollte. Quelle ist sammen dreschen können. Daher: des is e Plenkgleichbed. frz. plan, älter plant, aus lat. planta lerei 'die Arbeit geht nicht recht voran'. Der 'Fußsohle' (das über 'Fußfläche, -ebene' zu ver- Vergleich mit dem Schießen auf allzu vereinmitteln ist mit P l a n 1 ) entwickelt zu 'Grundriß' zelte Ziele lag nahe. (ital. pianla d'un edijicio). Vom Grundriß geht plantschen schw. Ztw., seit F. C. Fulda 1776 P l a n im 18. J h . auf schriftstellerische u. künst- Samml. u. Abst. germ. Wurzelwörter 79 als oberlerische Entwürfe über, um schließlich zum bloß sächs. gebucht, bei Adelung 1777 ,,Es regnet, gedachten Vorhaben zu verblassen. Das Ztw. daß es plantscht". Verwandt mit p l ä t s c h e r n ; p l a n e n , zuerst bei Wächter, Sagen der Vorzeit lautmalend wie m a n s c h e n und p a n ( t ) s c h e n . (1787), hat sich auf Campes Vorschlag für proPlanwagen m. ostmd. 'Wagen mit P l a n e ' , s. d. j e k t i e r e n durchgesetzt. plappern schw. Ztw., eine frühnhd. Bildung, Plane /. älter P l a h e , B l ä h e , B l a c h e , auch beflügelt durch Luther 1522 Matth. 6, 7. Zur P l a u e , B l a u e 'grobes Leintuch zur Bedeckung lautmalenden Interj. b l a b , auf die auch gleichbes. von Wagen', mhd. blähe, ahd. blaha 'grobes bed. ahd. blabbizön, mhd. blepzen hinweisen, Leintuch'. Das dt. Wort führt mit aschwed. desgl. alem. plappen, engl. blab. Nahe steht bla(n) f., schwed. blä(no)r, älter dän. blaa (heute b l a f f e n 'bellen'. blaar) 'Werg, Hede' auf germ. *bldhwö-. Damit Plappert m. Ahd. bleih-faro 'blaß' wird zu in gramm. Wechsel steht germ. *blagwo-, das gleichbed. frz. blafard und führt zu mlat. blafmundartl. bläg(e), bläk ergeben hat. Neben ahd. fardus, mnl. blaffaert 'Weißpfennig' (wie mnl. blaha ist *blahha anzusetzen, daß in hochalem. blanke 'albus'). Als nd. blaffert gelangt der Münzblaxxa fortlebt. Auf germ. *blähjön- beruht name ins Deutsche zurück. Die obd. Umformung anord. blxja mit dän. ble 'Laken, Bettuch' und plappert beruht auf Anlehnung an das Schallnorw. bloeje 'Windel'. Urverwandt ist lat. floc- wort p l a p p , das den Klang nachahmt, mit dem eus (aus *bhlökos) 'Wollbüschel'; Grundform geringe Münzen auf den Tisch fallen. Der obd. *bhlök- 'Woll-, Wergflocke; Gewebe'. — Das Name gilt vom 14. bis 18. Jh. Schweiz., eis., bad., Wort fehlt bei Luther und spielt bei unsern schwäb., bair. für Scheidemünzen und wird nachKlassikern keine Rolle. Um so wichtiger ist es mals durch B a t z e n verdrängt. der Volkssprache des Südens und der Mitte. plärren schw. Ztw. mhd. bieten, blerren, frühNorddt. Zeugnisse bleiben selten, seemänn. gilt nhd. Herren 'schreien, blöken': lautmalend wie P r e - , P e r s e n n i n g . Als Schriftform setzt sich mnl. bleren 'blöken' und engl, blare 'brüllen*
Platin
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(s. b r ü l l e n ) . Nhd. ä h a t sich vor r durchgesetzt wie in - w ä r t s lind - w ä r t i g , p für mhd. b wie in den gleichfalls lautmalenden p l a p p e r n und p l a t z e n : Zs. f. d. Wortf. 12, 4. 35. 39. 46. Die Nachahmung des Schaflauts *ble- ist auch in b l ö k e n enthalten. Infolge stets neuer Nachahmung des Schaflauts ist die Lautverschiebung unterblieben. Insofern lassen sich auch aslaw. russ. blüjv, blfjati, lett. blèju, biet, gr. blèchóomai 'blöke', bièche 'Geblök' usw. vergleichen. Platin n. Neben dem unter P l a t t e erörterten afrz. piate stellt span. piata /., das von 'Metallplatte' zu 'Silber' geworden ist. Dazu ist platina /. Verkl.: das silberweiße Metall wurde meist in Form kleiner Körner gefunden. Das 1736 in Tcru entdeckte Edelmetall erscheint in nhd. Text zuerst 1751 als P l a t i n e : Palmer 113. Neutr. wird das Wort bei uns durch Vermittlung eines neulat. (aes) platlnum. plätschern schw. Ztw. Zur Interj. p l a t s c h , die einen klatschenden Fall oder Schlag nacha h m t , gehört spätmhd. blalschm. Dazu seit Stieler (1691) 1403 die Iterativbildung p i a t ile h c r e n 'rie sono ei mvrmure aquae ex allo cadentis'. P l ä t s c h e r n kaum vor Geßner und Wieland. platt Adj. Auf gr. platys 'breit' (urverwandt mit F l a d e n und F l u n d e r ) beruht vulgärlat. *plattus, weiterhin ital. piatto und frz. plat 'eben, flach', auf diesem mnl. nnl. mnd. pht(tt). Mhd. Uni 'flach' erscheint nur 1285 einmal an der frz. Sprachgrenze (Bruder Hermann, Leben d. Gräfin Jolande v. Vianden 2702 Meier). Die Zus.Setz. blat[e)jwo^, -hvof als Bezeichnungen sagenhafter Mißgestalten sind dem platypous im gr. Vorbild der Herzog-Ernst-Sage nachgebildet. Jini. und mnd. plat dringen langsam südwärts: 1477 begegnet plat in Kleve, auf hd. Boden ist p l a t t nicht vor Ilenisch (Angsb. 1616) nachgewiesen. Den hd. Mundarten bleibt es fremd: ö h m a n n , Mhd. Lehnprägung 1951, 27. Plattdeutsch n. gleichbed. mit N i e d e r d e u t s c h , geht ans von nnl. plat in Wendungen wie ik scgtj'l uw plat oder opt platte, das zunächst "verständlich, deutlich' bezeichnet und von da auf den Ausdruck in vertrauter Sprache übergeht. Im Sinn von 'lingua vernaevla' erscheint in goede platten duytsche erstmals in Titel und Vorwort des nl. Neuen Testaments (Delft 1524). Wie später das Ansehen der Mundart sinkt und die Schriftsprache in den Verkehr dringt, gelangt der Ausdruck auf nd. Gebiet und zeigt sich dem älteren (neder-)sassisch rasch überlegen, weil er eindeutig ist, während sassisch Nordalbingien bald ein-, bald ausschließt. Das Adj. p l a t t im entspr. Sinne t r i t t in Pommern seit 1656 auf, doch bleibt das Wort der Sprache der Wissenschaft und hd. schreibender Kreise
Platz
fremd, auch nachdem es Stieler 1691 erstmals gebucht h a t : Ag. Lasch 1917 Beitr. 42, 134ff.; 0 . Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. 159. Platte Zu dem unter p l a t t erschlossenen vulgärlat. Adj. *plaüus ist (vielleicht unter Einfluß von gr. plä ej. 'Platte') ein mlat. F. platta gebildet, das zu spätahd. platta, Malta 'Steinplatte; Tonsur' entlehnt ist. Gleichen Ursprungs ist afrz. plate /. 'Brustschutz der Ritterrüstung', um 1200 entlehnt zu mhd. pht{te), blat(le): H. Suolahti 1929 Frz. Einfluß 186. — Die in siidwcstdt. Mundarten verbreitete Wendung die P l a t t e p u t z e n 'sich davonmachcn' ist nur äußerlich an unser F. angeglichen. Urspriingl. gehört sie zu talmud. p'lat 'Flucht' (s. P l e i t e ) und pv.2 'sich zerstreuen'. — Das schw. Ztw. p l ä t t e n t r i t t zuerst als mnd. pletten auf. In hd. Umgangssprache grenzt sich p l a t t e n , p l ä t t e n gegen b ü g e l n heute wortgeogr. a b : b ü g e l n und B ü g e l e i s e n sind süd- und md„ im Norden gelten p l ä t t e n u. P l ä t t e i s e n , doch wird ( a u f b ü g e l n auch dort von Anzügen und Zylindern gesagt. Vordem bestanden auch sachliche Unterschiede: P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 373ff. Platteise /. Die Schollenart l'levroneeles platessa, die im Mittelländ. Meer, Atlant. Ozean, in Nord- und Ostsee vorkommt, nennt Ausonius (4. Jh.) plalessa. Das späte Wort beruht auf E n t lehnung aus einer nicht belegten gr. Ableitung von gr. platys (s. p l a t t ) . Auf roman. Boden t r i t t Sul'fixtausch ein (*}iUillcem für platissa): pikard. pladis wird Qucllwort für afrz. plaiz, engl, plaice, und. plud(d)ijs, -ixe und spätmhd. blat(t)lse. Plätleisen n. Amarant lies 1715 Frauen?..-Lex. 1500 „Platt-Eisen, Ist ein nach der Platte geformtes und zusammen geschmiedetes Eisen, welches glühend in die Platte gestecket wird", somit der heutige P l ä t t b o l z e n . Den Wandel zu 'Plättglocke' und die Abgrenzung gegen B ü g e l e i s e n umschreibt Kretschmer 1918 Wortgeogr. 373f. S. P l a t t e . Plattform /. Im Festungsbau des 17. J h . 'Geschützdamm': Wallhausen 1616 Kriegsman. 219, wie der Plur. l'lateformes Zs. f. d. Wortf. 14, 64 zeigt, entlehnt aus gleichbed. frz. platejorme. P l a t t c f o r m e bleibt die Schreibung des 18. J h . , bis Goethe in Dicht, und Wahrh. von der P l a t f o r m des Straßburger Münsters spricht. Seither ist das Wort von engl, platform. auch inhaltlich beeinflußt worden. Platz m. Gr. plateia (hodos) "breiter Weg, breite Straße' (Fem. zum Adj. platijs, s. p l a t t ) liefert über lat. plätea, mlat. plätea 'Straße, Hof' die roman. Sippe von ital. piazza, frz. place., die f r ü h ins Engl, und Nl. dringt. Mhd. pla(t)z, blaz m. 'freier R a u m ' seit Ende des 13. J h . Im 14. J h . t r i t t thür. platzbecke m. 'Fladenbäcker' auf, noch jünger sind P l a t z , P l ä t z c h e n ' d ü n n e r Kuchen'
platzen
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(Zs. f. d. W o r t f . 11, 2 0 0 ; W i e k 72). Bei E n t l e h n u n g aus lat. placenta ' K u c h e n ' wäre höheres Alter zu e r w a r t e n ; ein slaw. F r e m d w o r t (man h a t an poln. placek m. ' f l a c h e r K u c h e n ' g e d a c h t , das vielmehr selbst aus dem D t . s t a m m t ) wäre schwerlich so weit nach Süden u n d Westen ged r u n g e n wie P l a t z . So ist dies wohl aus der H a u p t b e d . abgezweigt (wie a u c h F l e c k lands c h a f t l . beide Bed. vereinigt). Dazu s t i m m t die s t e t e B e d e u t u n g der flachen F o r m . platzen schw. Ztw. m h d . platzen, blähen ' l a u t aufschlagen': lautmalend wie platschen, p l a t s c h e n und m h d . blesl.cn ' p l a t s c h e n ' . P l a t z r e g e n m. ' n i e d e r p l a t s c h e n d e r Regen' seit E n d e des 15. J h . plaudern schw. Ztw., s p ä t m h d . plüdern, N e b e n f o r m zu blädern, blödem, 'rauschen': Schallwort wie nd. pladdern ' p l a t s c h e n ' , m n d . pladderen ' s c h w a t z e n ' , schwed. pladder 'loses Geschwätz', d ä n . bladre 'platschcn', älter ' s c h w a t z e n ' ; lat. blaleräre '(dumm) dahers c h w a t z e n ' , gr. phlcdön ' S c h w ä t z e r ' , phledun ' G e s c h w ä t z ' . F ü r die n h d . F o r m h a t die L u t h e r bibel mit sechsmaligem p l a u d e r n entschieden. plauschen schw. Ztw., mit p l a u d e r n s t a m m v e r w a n d t , von der O s t s c h u e i z bis K ä r n t e n , vor allem a b e r in bair.-österr. Ma. v e r b r e i t e t und v o n d a im 19. J h . in die S c h r i f t s p r a c h e gelangt. K o c h 1835 meint F . L. J a h n 1, 444 (Denknisse 32) es erläutern zu m ü s s e n : „ D e r Postmeister w ü r d e gewiß noch eine Weile so f o r t g e p l a u s c h t h a b e n , wie die ö s t r e i c h e r vertrauliches Plaudern n e n n e n . " G o m b e r t , Anz. f. d t . A l t . 13, 15. P l a u z e s. L u n g e . Pleite /. H e b r . pelelä ' E n t r i n n e n , R e t t u n g ' wird in d t . Vokalisation pleite ' r e t t e n d e F l u c h t ' . Die B e d . ' B a n k r o t t ' ( g e m e i n t ist urspr. die F l u c h t v o r der S c h u l d h a f t , die dem Zahlungsunfähigen d r o h t ) erscheint in Berliner Verbrechersprache 1847 (Kluge 1901 R o t w . 1, 384f.), in d t . U m g a n g s s p r a c h e K l a d d e r a d a t s c h 1856, 173. W e r pleite geht, ist in j ü d . Aussprache ein P l e i t e g e i ( h ) e r ; der Q u e r g e d a n k e a n den Vogel ist o f f e n b a r j ü n g e r , als die U m d e u t u n g zu f l ö t e n gehen, s. d. und L i t t m a n n 1924 Morgenl. Wört e r 54; S. A. Wolf 1956 Wb. d. Rotwelschen 249. Plempe /. ' S e i t e n g e w e h r ' seit Duez 1664; bei Comenius 1656 Lex.Januale Yyy 2 " die Nebenf o r m P l a m p e . Hierher a u c h , wenn die Messerklinge im Norden des Kreises J e r i c h o w igmp(a), im Süden plema h e i ß t : M. B a t h e 1932 H e r k u n f t der Siedler in den L a n d e n J e r i c h o w S. 60. Z u m Z t w . p l a r a p e n ' b a u m e l n ' , wozu a u c h o b d . P l e m p e l m. ' h i n u n d her g e s c h w a p p t e s , d a h e r schlechtes, schales G e t r ä n k ' . Dies s e i t A b r . a S t a . Clara 1695 J u d a s 3, 228. plentern schw. Z t w . ' d e n W a l d v o n den B l e n d e r n , d e n l i c h t r a u b e n d e n B ä u m e n , befrei-
plötzlich
en'; dazu P l e n t e r b e t r i e b , - w a l d , - W i r t s c h a f t . Die forstlichen F a c h w ö r t e r sind in bair. F o r m e n festgeworden (hier seit 1819: SchmellerF r o m m a n n 1, 459, b l e n d e r n schon 1774 im Vollst. Forst-, Fisch- u. J a g d l c x . 1, 1008), m i t p- und t für n h d . b- und d. Pleuelstange f . ' S c h u b s t a n g e im Kurbelget r i e b e ' : seit e t w a 1850 mit h y p e r h d . p- zu B l e u e l (s. d.): in der wassergetriebenen S t a m p f mühle wurden Flachs und llanf mit schweren S t a m p f e n geschlagen. Auch d o r t schon w u r d e eine Drehbewegung in ein Hin und Her u m gesetzt, ganz wie s p ä t e r bei D a m p f m a s c h i n e n u. dgl.: Schweiz. Id. 5 (1905) 2 4 7 f . ; E . Ochs 1940 Bad. W b . 1, 262f. Plicht s. P f l i c h t 2 . Plinse /. Sorb. blinc, mline (zu idg. *mel' m a l d e n ' ) ' d ü n n e r Buchweizenkuchen, in der P f a n n e gebacken u n d gerollt', gelangt als F l i n z e nach P r e u ß e n , als F l i n s e n in die Altm a r k , als P l i n z e , P l i n s e nach Schlesien, Sachsen, T h ü r i n g e n : K r e t s c h m e r 1918 W o r t geogr. 186; Wiek 78. Mathesins 1562 Sarepta9«> bildet blinzebeckcrin, S c h o t t e l 1663 bucht P l i n z e . Nnl. gilt ¡lensje. Plombe /. 'Bleiverschluß, ( Z a h n - ) F ü l l u n g ' . Zu lat. plumbum 'Blei' g e h ö r t frz. plomber ' m i t Blei verschließen', das im 18. J h . p l o m b i e r e n ergibt. Durch die R ü c k b i l d u n g P l o m b e (seit Campe 1801) ist die E n t l e h n u n g von f r z . plumbage vermieden worden. Plötze / . Der R o t k a r p f e n Leuciscus rulilus (nach d e m der P l ö t z e n s e e im N o r d w e s t e n von Berlin heißt) t r ä g t einen slaw. N a m e n , weil der F i s c h f a n g des Ostgebiets in slaw. H ä n d e n lag. Vgl. a u ß e r k a s c h u b . plocica, Verkl. zu ploe ' P l a t t f i s c h ' , noch poln. ploe, plocica, osorb. plo'ica ' R o t a u g e ' , russ. plolva, plolica usw., woraus im 15. J h . o s t m d . plölze e n t s t a n d e n ist. Dieselbe K a r p f e n a r t heißt in Westfalen B l e i e r , in Bayern R o t t e i n , a m Chiemsee R o c k e r n , in Österreich R o t a l t e l , R o t a u g e , in Tirol R o t k a r p f e n , in Vorarlberg F u r n , in B a d e n R e t t e i n , in der Schweiz S c h w a l ( e n ) : Wiek 43. plötzlich A d v . löst seit Beginn des 14. J h . älteres g ä h l i n g a b . Es b e r u h t auf dem n o r d i l t . Schallwort plolz m. ' h ö r b a r a u f f a l l e n d e r Schlag* ( L u t h e r k e n n t a u c h eine gleichlautende I n t e r j ) , das in nl. plots seinen n ä c h s t e n V e r w a n d t e n h a t . G r u n d b e d . ist s o m i t 'auf einen Schlag*. L u t h e r g e h t von der F o r m blo'zling (1522 Ap.Gesch. 9, 3 u. ö.) zu p l ö t z l i c h über. Beide müssen seinen obd. Zeitgenossen mit „in e i n e m N u , Augenblick, schnell, g ä h l i n g " v e r d e u t l i c h t w e r d e n : Kluge 1918 Von L u t h e r bis Lessing 101. 107. In B e d e u t u n g e n wie Schweiz, eis. 'gleich, s o f o r t ' , s c h w ä b . ' s e h r ' ist p l ö t z l i c h
Pluderhose
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seither in obd. Mundarten eingeführt: v. Bahder 1925 Wortwahl 43. 126. Nnl. plotseling ist dem dt. Wort nachgebildet, dän. pludselig, schwed. plötslig sind ihm entlehnt. Pluderhose /. dän. pludderbukser, mnl. jlodderbroek. Das unter p l a u d e r n berührte Ztw. b l o d e r n 'rauschen' entwickelt auch die Bed. 'flattern'. Über die Mode weitfaltiger, pludriger Hosen wird seit dem 10. J h . geklagt; in immer neuen Stößen ist diese Tracht zurückgekehrt, besonders von den Landsknechten begünstigt. Ausdrücke wie F l u d e r - , B i o d e r h o s e n (Arch. d. hist. Vereins v. Unterfranken 47, 316) werden im 16. J h . zurückgedrängt durch P l u d e r h o s e n , bisher zuerst nachgewiesen aus dem Sundgau 1536: Hist. Volks]. 4,146 I.iliencron. — Im südl. Schlesien heißt die Schlüsselblume (s. d.) P l u d e r h o s e , nach dem Kelch, von dem die gelbe Blütenkrone abgefallen ist. plump Adj. Zum Schallwort p l u m p , das einen dumpfen Fall begleitet, gehört nl. nd. plomp Adj. 'dick, grob, stumpf', das als plump ins Engl. u. Neunord, entlehnt ist und gegen Ende des 15. J h . in unverschobener Form nach Oberdeutschland- gelangt, wo die bodenständigen Formen p f l u m p f ( e n ) , p f l u m p f i g daneben stehen. Plumpe s. P u m p e . Plumpsack m. ein altes Kinderspiel: Ign. Zingerle, Das dt. Kindersp. im Mittelalter (1868) 161. Der heutige Name zuerst bei Sylvanus 1728 Das verwöhnte Mutter-Söhngen S. 83 „bald spielte man die stille Music, bald die heimliche Frage, bald Plump-Sack". Gebucht seit Campe 1809 „Wir wollen Plumpsack spielen . . . Den Plumpsack geben, bekommen". Auch obd. (Schweiz. Id. 7, 634: E. Ochs, Bad. Wb. 1, 271; H . Fischer, Schwäb. Wb. 1, 1073) vielfach mit p, also urspr. nicht zu p l u m p (obd. p f l u m p f ) , sondern zu lat. plumbum. Das schon nach unsern ersten Zeugnissen übliche geknotete Taschentuch mag an Stelle eines geschwungenen Beutels getreten sein, der mit Blei beschwert war. Als der Ursprung vergessen war, konnten Entstellungen eintreten, wie die zu K l u m p s a c k : so Hermes 1778 Sophiens Reise 6, 24; H . Sohnrey 1888 Phil. Dubenkropps Heimkehr 104. Plunder m. mhd. (seit 14. Jh.) Munder, plunder 'Hausgerät, Kleider, Wäsche, Bettzeug' h a t seine Vorbilder in mnd. plunderwäre 'kleines Hausgerät, Kleider', mnl. plunder, plonder 'gebrauchter Hausrat, Bettzeug, Kleider'. Das schw. Ztw. p l ü n d e r n t r i t t als mhd. plündern gleichfalls erst im 14. J h . auf. Älter sind mnd. nl. plünderen, wieder sitzen die Verwandten um die Wasserkante: fries. plunder je, pbnderje und (als Entlehnungen aus dem Nd.) engl.
plustern
plunder, dän. plyndre (älter plundre), schwed. norw. plundra. Grundbcd. 'Hausgerät u. dgl. fortführen*. Der Bed.-Wandel läuft umgekehrt wie bei afränk. *rauba 'erbeutetes Kleid', auf dem frz. robe 'Gewand' beruht (s. R a u b ) . Mit andrer Wendung ist oberbair. hochalem. p l ü n d e r n zu 'umziehen' geworden. F ü r verwandt gelten mnd. plunde, plunne ' K r a m ' , mnl. plundwäre 'kleiner Hausrat', nnl. plunje (aus *plundje), fries. plunje, plonje 'Kleider'. Weitere Beziehungen unsicher, außergerm. Verwandte fehlen: offenbar eine junge Wortgruppe. Plundermilch /. Von Westfalen bis Göttingen ein nd. Name der dicken Milch, der sich aus dem in Hamburg und Holstein danebenstehenden P l u m p e r m i l c h erläutert: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 172. Plunze /. 'Blutwurst', vorwiegend bair.-österr. (Zs. f. d. Wortf. 8, 220), doch auch im obd. Westen (II. Fischer, Schwäb. Wb. 1, 1226), kaum je vor dem 16. J h . Schmeller 2 1, 459 weist auf slaw. Ursprung: am nächsten kommt poln. pluca 'Lunge, eßbare Eingeweide', das in anderer Entwicklung zu P l a u z e (s. L u n g e ) geführt hat, s. d,; doch vgl. auch M. Vasmer 1947 Zs. f. slav. Phil. 19, 450. Plüsch TO. 'samtartiges Gewebe, Halbsamt', einst mit leinenem Grund und kamelshaarenem Einzug. Im 17. J h . entlehnt aus frz. peluche f . 'Wollsamt', einer Rückbildung aus afrz. peluchier 'zupfen', das fortlebt in frz. éplucher 'ausklauben'. Quellwort ist galloroman. *pilüccäre, Ableitung von lat. piläre 'enthaaren'; dies zu lat. pilus ' H a a r ' , s. p f l ü c k e n . Schwed. dän. norw. plys(ch) beruhen auf dem Nhd., nnl. pluche auf dem Frz. Bezeugt ist P l ü s c h bei uns zuerst aus Nürnberg 1678, doch ist es mindestens vierzig J a h r e älter, weil schwed. plys schon 1640 auftritt. Seit Beginn des 18. J h . spielt P l ü s c h eine Rolle im galanten Leipzig, erst danach in Breslau, 1741 in Berlin, wo J . L. Frisch die H e r k u n f t richtig bestimmt. Plusmacher m. seit Moser 1759 Herr u n d Diener 159 'gewinnsüchtiger Finanzmann, der skrupellos Uberschüsse erstrebt; Ausbeuter': Zs. f. d. Wortf. 6, 223. 1 3 , 1 0 3 ; Ladendorf 1906 Schlagwb. 244 f. plustern schw. Ztw. 'die Federn sträuben', nd. plustern, mnd. plusteren, mnl. pluusteren, pluysleren: Iterativ zu nd. plüsen, mnd. pluysen, nnl. pluizen 'zupfen', wozu auch dän. pluske '(zer)zausen'. Die weiteren Beziehungen der wohl lautmalenden Wortgruppe sind ungewiß. Aus dem Nd. ist p l u s t e r n mit unverschobenem p und unverändertem ü ins N h d . gelangt, zuerst bei J . C. Coler, Hausbuch (1604) 474 „Wenn die Stieglitze krank sein, so plustern
Pöbel
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Poker
sie sich, wie auch andere Vögel t h u n " . F l a u - 'aufblasen', urspr. der Sprenglaut der aufges t e r n erscheint vereinzelt im 19. J h . blasenen Backen. S. B ö . Podagra n. 'Fußgicht, Zipperlein'. Aus gr. Pöbel m. mhd. (seit 1200) bovel, povel, mnd. mnl. popel, nnl. gepeugel, engl, people, dän. poüs, Gen. podôs m. ' F u ß ' und âgra f . ' F a n g ' ist pobel, schwed. (seit 1678) pobel. Lat. populus podägra f . zus.-gesetzt, das aus 'Fußschlinge' in h a t afrz. pueple ergeben, worauf frz. peuple die Bed. '(lähmende) Fußgicht' übergegangen 'Volk' beruht. Daneben steht ostfrz. pöble, das ist und über mlat. podagra mhd. pödägra n. erdie mhd. Formen ergeben hat. Unmittelbar geben hat. Podex m. Lat. pödex (ablautend zu pëdere) aus dem L a t stammen die mnd. und mnl. Wörter, auf dem Frz. beruht das engl. Aus dem gelangt vor Ende des 17. J h . in nhd. Texte: Nhd. entlehnt sind die nnord. Formen. Dem an- Anz. f. dt. Alt. 15, 18f.; Zs. f. dt. Wortf. 8, 87. lant. roman. p entsprach (wie bei P a p s t , P e c h , 202. 10, 145f. Die Umkehrung dexpo in stud. P e r l e usw.) bis ins 16. J h . dt. 6; p h a t sich durch Quellen des 18. J h . : Kluge 1895 Stud.-Spr. 62. neue Anlehnung an das Grundwort durchgePoesie f . Zu gr. poïeln 'schaffen' stellt sich setzt. In P ö f e l — P ö b e l wechselt / mit b (wie poietès 'Schöpfer, Dichter', über gleichbed. lat. in S c h w e f e l — S c h w e b e l , Z w i e f e l — poêta um 1200 entlehnt zu mhd. poète: H. Z w i e b e l , s a u f e r — s a u b e r ) . Bis ins 17. J h . Suolahti 1929 Frz. Einfluß 187. Gr. poiésis f . überwiegt f . Luther beginnt mit P ü b e l , P u b e l 'Dichtung', das vom gleichen Ztw. ausgeht, lieund gelangt über P o b e l zu P ö b e l . Damit meint fert über gleichbed. lat. poèsis im 16. J h . frz. er pöwel, seine Schreibung stellt eine Spielart poésie 'Dichtkunst, Gedicht'. J . Fischart überder inlaut. Spirans dar. Sprachmeister des 17./ nimmt das F . 1575 als P o e s e i ; seit 1578 ist 18. J h . setzen die buchstabierende Aussprache seine Form P o e s i e . M. Opitz setzt sie 1624 mit b durch; volksnahe Sprache bleibt im Süden durch: A. Maas 1905 Zs. f. dt. Wortf. 6, 279ff. bei /, sonst bei w. So ist Luthers P ö b e l heute Pogge s. F r o s c h . allgemein durchgesetzt; seinen obd. ZeitgePohlrock m. Unter P e k e s c h e ist auf das nossen mußte es mit „gemeines Volk" u. ä. Kleidungsstück polnischer Herkunft verwiesen, verdeutlicht werden. — Ein andres Wort ist das seit Erasm. Alberus 1540 als P o h l e r o c k B o f e l , B a f e l , B o w e l m. 'verlegene, minder- 'vestis ad pedes usque promissei' begegnet, später wertige Ware': es s t a m m t aus gleichbed. tal- auch P o l a c k heißt und 'langes Kinderkleid' bemud. babel, bafel. deuten k a n n : Anz. f. dt. Alt. 15, 22; Zs. f. d. pochen schw. Ztw., mhd. bochen, puchen, mnd. Wortf. 12, 286. boken, buken, puggen, nnd. pukken, mnl. boken, Pokal m. Gr. baûkalis f . 'Gefäß' ergibt über büken, nnl. beuken, engl, poke 'stoßen, stechen', spätlat. baucalis ital. boccale 'Becher', das im dän. mundartl. böge 'stoßen', norw. mundartl. 16. J h . entlehnt und seit Maaler 1561 gebucht boka, buka 'schlagen, klopfen', schwed. boka ' E r z wird. S. B e c h e r . Anlaut, p für roman. b h a t pochen', mundartl. 'schlagen, stoßen': laut- sich seit H. Sachs durchgesetzt wie in P a n i e r , malende Ableitung zur Interj. p o c h , die einen P i l z , P o s a u n e , P r a n k e . Ital. boccale kann klopfenden Schlag nachbildet. Die im Mnd. und auch ein Weinmaß sein ; daraus entlehnt Schweiz. Frühnhd. verbreitet Bed. 'trotzen, prahlen' geht bug(g)el 'Maß für Wein, zwei Schoppen haltend', aus vom Schlagen ans Tor und auf den Tisch. seit 1519 bezeugt: E . ö h m a n n , Neuphilol. Mitt. Sie hält sich im Namen des P o c h s p i e l s , in dem 1941,145. der wagende Spieler herausfordernd erklärt: Pökel m. 'Salzlake', mit ( e i n ) p ö k e l n aus „Ich poche." S. P o k e r . dem Nd. ins Nhd. gelangt, aber im Obd. u n d Pocke f . ein nd. Wort, dem westmd. poche in Teilen des Md. nicht durchgedrungen. Seine (Crecelius 662; Schmeller 2 1, 381), frühnhd. nächsten Verwandten sind mnd. mnl. (seit Bepfoche (DWb. 7, 1786 f.) entsprechen und das ginn des 15. Jh.) pêkel, engl, (seit 1440) pickle seine nächsten Verwandten in mnd. mnl. pocke, (s. P i c k e l h e r i n g ) . Wohl zum Namen des holl. ags. pocc hat. Aus dem Mnd. ist lett. bakas, pakas Fischers Willem Beukelz (sprich: Bökels) -j- BierMz. 'Pocken' entlehnt. Obd. Entsprechung vliet 1397, der das namentlich f ü r die Fischerei B l a t t e r : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 377f. wichtige Verfahren des Einsalzens wirksam ausDie Bed. 'beutelartige Geschwulst' ist aus gebildet h a t : Gg. Schoppe 1938 Germ.-rom. 'Beutel, Tasche' entwickelt: insofern sind die Monatsschr. 26, 73. 247 f. Poker m. Zu engl, to poke 'schlagen, stechen' nächsten germ. Verwandten mnd. pükel 'Beutel', ags. pocca m. 'Tasche, Sack'. Germ, -kk- kommt in Nordamerika und von da in England sind wohl Intensiva. Daneben aus -k- gleich- das Kartenglücksspiel auf, das wohl Anfang des bed. ags. pohha, mhd. pfoch 'Beutel': Ve- 20. Jh.s auch in Deutschland beliebt wurde. larerweiterungen zur idg. Wurzel *bu-, *bhu- Ztw. p o k e r n . S. p o c h e n .
Polder
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Polder m. 'eingedeichtes Land', zu Beginn des 18. J h . entlehnt aus nl. polder, für das Verwandtschaft mit P f u h l vermutet wird. Ein mark, polder 'Hühnerstall' (Teuchert 1932 Brandenburgia 41, 8 ) stammt aus gleichbed. nl. Qioender-)polder, dies über frz. poulailler aus mlat. pullärium 'Hühnerbehälter'. Über ein drittes P o l d e r nl. Ursprungs, das märk. für 'Kamin', auch in der Zus.-Setzung kienpolder 'Nische mit brennendem Kienspan' steht, s. Combert, Anz. f. dt. Alt. 15, 2 2 ; Seelmann, Nd. J b . 47, 41. Polei m. 'Mentha pulegium'. Der gr. Name dos Krauts blechön ergibt mit Vokalentfaltung und volksetym. Anlehnung an pülex 'Floh' (auf der auch unsere Lehnübersetzung F l o h k r a u t beruht) lat. pulegium, -éjum. In ahd. Zeit entlehnt zu polaia, poleige, pulei, mhd. polei, mnd. polleie, pollege, mnl. pol{l)eye, ags. polle(g)ie: Zs. f. d. Wortf. 5, 22. 6, 193. Police /. 'Versicherungsschein': um 1600 aus ital. polizza als P o l i z z e (so in Österreich bis ins 20. J h . ) , aus frz. pólice als P o l i c e entlehnt. Die roman. Wörter beruhen auf mlat. apodlxa 'Quittung', das auf gr. apódeixis 'Nachweis' zurückgeht. Polier m. 'Vormann der Maurer und ZimmerIcute': aus frz. parlier 'Sprecher' der Bauhütten im 15. J h . entlehnt. Es erscheinen parlierer in Frankfurt a. M. 1429 u. 1436, in Nürnberg 1439 und 1464, parlier am Oberrhein 1471, barlier in Basel 1496. Seitdem darf das Fremdwort für eingebürgert gelten. Das erste r des spätmhd. parlier ist vor dem zweiten geschwunden wie in f o d e r n 'fordern' und K ö d e r ; o der ersten Silbe dankt das M. der Anlehnung an das Ztw. p o l i e r e n (s. u.), das seinerseits auch in bair.österr. Formen wie p a l i e r e n und b a l l i e r e n auftritt. In denselben Landschaften heißt der Handwerker bis heute P a l i c r . Goethes Form war P o l i r e r ; erst im 19. J h . ist die heutige Form durchgedrungen: K . Krause 1938 Wörter u. Sachen 19, 158. polieren schw. Ztw. L a t . pdllre 'abputzen, glätten' hat unmittelbar oder über afrz. polir nach der Mitte des 13. J h . mhd. polieren ergeben: H. Suolahti 1929 Frz. Einfl. 189. Lat. po-lio gehört zu linio 'beschmiere', bezeichnet also ein Glätten durch Überstreichen. Urverwandt ist L e h m , s. d. Polizei /. Gr. politeia f. 'Bürgertum, Staatsverfassung, -gewalt* ergibt lat. politla 'Staatsverwaltung', mlat. policía 'Aufrechterhaltung der Ordnung in einer Stadt'. Im 15. J h . wird das F . als alem. policy, frühnhd. policey übernommen. Bis ins 17. J h . gelten abstr. Bedeutungen wie 'Regierung, Verwaltung, Ordnung, Sittenaufsicht in Staat und Gemeinde, Staat, Politik'.
Polterabend
Dann engt sich der Begriff ein auf die Sorge für Ordnung in Staat und Gemeinde sowie auf diese Ordnung selbst. Um 1800 ist P o l i z e i (wie ital. polizvi, frz. engl, police) in die uns geläufige konkrete Bcd. übergegangen. Polka /. Der Tanz ist um 1835 in Prag übernommen. Der Name bedeutet 'polnischer Tanz' und stammt aus tschech. polka 'Polin'; vgl. frz. polonaise und poln. mazurek (woraus unser M a s u r k a). Pollen m. 'Blütenstaub': im 14. J h . in der Bed. 'feines Mehl' entlehnt aus lat. pollen n. 'Staubmehl', das seinerseits verwandt ist mit lat. polenlu 'Gerstengraupen', pulvi» 'Staub' u. puls 'Brei'. Polo(spicl) n. In der ind. Balti-Spraehe ist polo 'Ball'. Hierzu der gleichlautende Name des Hockeyspiels zu Pferde, der über engl, polo im 19. J h . zu uns gelangt ist: Lokotsch 1927 Etyni. Wb. 1661); Stiven S. 99 mit Anm. 781. Polonäse /. 'polnischer Tanz': aus gleichbed. frz. polonaise übernommen seit Stoppe 1738 Neue Fabeln 1, 47. Polster n. Mhd. frühnhd. polsler, lolsler, ahd. polslar, mnd. nl. bolsler, bulster, ags. engl. dän. schwed. bolsler, anord. bolstr führen auf germ. *bolhslra-: zum Verbalstamm germ. *bdg-, idg. *bhel- 'schwellen' (s. B a l g ) mit Endung -slra gebildet, wie ahd. galslar 'Lied' zum Verbalstamm *gal- 'singen' (s. N a c h t i g a l l ) . Die nächsten außergerm. Verwandten sind apreuß. balsinis 'Kissen', pobalso 'Pfühl' (urspr. 'was unter dem Kissen ist'), lett. pabälsts 'Kopfkissen', slow, blaüna 'Bettpfühl', serbokroat. bläzina 'Federbett'. — Heute unterscheidet man im größten Teil des Sprachgebiets das mit Federn gefüllte K i s s e n von dem aus Roßhaar oder Seegras u. dgl. hergestellten, festgestopften P o l s t e r (einzige Ausnahme K e i l k i s s e n ) . Nur im obd. Südosten gilt P o l s t e r , im äußersten Südwesten K i s s e n unterschiedslos für beide: in Teilen des Bair.-Österr. ist das Lehnwort K i s s e n (s. d.) nicht durchgedrungen, daa in Teilen des Alem. das heimische P o l s t e r zurückgedrängt hat. Vgl. auch P f ü h l . Polterabend m. 'Vorabend der Hochzeit', urspr. vielleicht P o l t e r g e i s t a b e n d (wie S o n n a b e n d Klatnmcrform für S o n n t a g a b e n d ist): die Polter- oder Rumpclgeistcr übten in der Nacht vor der Hochzeit geräuschvollen Unfug, den die Sitte lustig nachbildet, indem alte Töpfe vor dem Haus der Braut zerschlagen werden. Zuerst als pullernacht bei dem aus Anhalt stammenden Trochus, Voc. rer. (Leipzig 1517) D 2 b ; pollerabend kaum vor Seb. Franck 1534 Weltbuch 152. Klein 1792 Prov.-Wb. 2, 63 bezeugt P. für den Harz, Voß 1795 Luise 3 V. 732 für Nordwestdeutschland. Gleichbed. R u m -
poltern
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p e l n a c h t (wozu oberhess. romplwän 'Hochzeitwagen mit Aussteuer' Crecelins 703); W a l z e r a b e n d alias H o l a b e n d Stieler 1691; W a l g e r a b e n d in thür. Ma.; R a m m e l - A b e n d oder W e l t z e r - A b e n d Amaranthes 1715 Frauenz.L e x . 1586; livl. I l i i h n e r a b e n d ; siebenbg. S c h a i w ö m t : v. Bahder, Zs. f. dt. Ma. 1907, 193. 316; DWb. 1 3 , 1 0 7 1 . 1235. 1243. 1251. poltern schw. Ztw. tritt als bvldern, boldern im Mhd. des 15. J h . , als bold(c)ren in Kleve 1477 auf. P o l t e r n ist Luthers Form (Jer. 47, 3 u. ö.); darin ist d nach Kons, zu l geworden wie in h i n t e n , h i n t e r , u n t e n , u n t e r . Die nächsten gcrm. Verwandten sind mnd., älter nnl. balderen, norw. mundartl. baldra: mit dhPräsens zur idg. Wurzel *bhel- 'lauten, schallen, brüllen', zu der mit germ. -II- b e l l e n gehört, s. d. Polyp m. Gr. polypous m. 'Viclfuß' dient seit Aristoteles zur Bez. des Tintenfischs. ü b e r lat. polypus gelangt im 16. J h . (Schweiz. Id. 3, 1276) der Tiername zu uns. Von da geht der mediz. Sprachgebrauch aus, der Wucherungen im Nasenrachenraum P. nennt. Nachdem die Stud.-Sprache des beginnenden 19. J h . das Wort P o l i z e i zu P o l i c e , P o l i s e zerspielt hatte, setzt sich nach seiner Mitte dafür P o l y p durch; der Gedanke an die Fangarme des Tiers mag mitgespielt haben. Vorangegangen war die Gaunersprache, in der 1818 P o l i p e e für'Polizei' gilt; von da P o l y p und P o l i im Berner Mattenenglisch: Kluge 1895 Stud.-Spr. 115; 1901 Rotw. 1, 3 3 4 ; Zs. f. d. Wortf. 2, 66. 12, 286; S. A. Wolf 1956 Wb. d. Rotwelschen 253. Pomade /. aus ital. pommatu, bei uns seit 1604 als l'omata, 1620 Pomade: Schulz-Basler 2, 588. Damit zus.-geworfen P o m a d e /. 'Gemächlichkeit', in Sätzen wie „das ist mir P . " entwickelt aus dem präd. Adj. p o m a d e , älter p o m a l e 'bequem': aus poln. po malu 'allmählich' (zu po 'nach' und maly 'ein wenig') seit dem 16. J h . über die Mundarten des dt. Ostens eingedrungen, nhd. seit Olearius 1645 Reise 123 „wenn sie Pochmeli oder unlustig seynd". Wiek 9 3 f . Pomeranze /. Auf pers. näräng 'bittere Apfelsine' (s. O r a n g e ) geht ital. arancia zurück, das mit pomo 'Apfel' zus.-gesetzt mlat. pomarancia ergibt und in einem ital.-dt. Vokabalar 1423 der pomeranz: Marjetta Wis 1955 Ricerche gli sopra italianismi nella lingua tedesca, Helsinki 216. P o m e r a n z e seit Paracelsus 1525 (Werke 1 13, 69). Zesen schlägt 1645 G o l d a p f e l dafür vor: Zs. f. d. Wortf. 14, 78. S. L a n d p o m e r a n z e und Kretschmer 1918 Wortgeogr. 82ff. Pomp m. Gr. pompe /. 'feierlicher Aufzug' (zu pimpein 'senden') ergibt lat. pompa, das ins Mhd. des 13. J h . als pomp(e) /. m. entlehnt wird. I m 17. J h . folgt Übernahme des auf den gleichen
Porst
Ursprung zurückführenden frz. pompe f., das noch Lessing als F . verwendet. Aus dem Airz. stammt engl. pomp. Pomuchel m. Der Ostseefisch Gadus morrhua L. heißt kaschub. pomuchel 'Fisch, der über den Seegraswiesen lebt' (aus Präp. po 'auf' und aslaw. mühü 'Moos'): Wiek 44. Im 16. J h . ins Dt. übernommen, begegnet P o m u c h e l neben D o r s c h (s. d.) zuerst bei Konr. Gesncr 1556 De piseibus 114. 169 und kehrt als P o m o c h e l bei Canitz 1734 Ged. 255 wieder. Popanz m. 'Schreckgestalt'. Das gleichbed. tschech. bubäk (Wiek 45) gelangt im 16. J h . ins Ostmd.: popenz Mathesius 1586 Sarepta 2, 9 9 a . Nach Prag 1619' führt Londorp 1, 1430b „ein inane terriculamentum und Popantz, den Leuten eine vergebliche Forcht und Grauen zu machen". — M. Vasmer 1947 Zs. f. slaw. Phil. 19,451 denkt eher an ein slaw. *boboniä als Quelle des deutschen Wortes (vgl. poln. za-bobon 'Götze, Aberglaube', ukrain. za-bobon 'Aberglaube'). — Den Mundarten des Südwestens bleibt das Lehnwort dauernd fremd. Deutsches p- aus slaw. bwie in P e i t s c h e . Popo m. Das im 17. J h . eingebürgerte P o d e x (s. d.) wird auf seine erste Silbe gekürzt; diese wird verdoppelt, wie auch sonst in K i n der- und Ammensprache üblich. Literar. seit Hermes 1776 Sophiens Reise 6, 137. Auch die nächsten Belege weisen in den Nordosten, aus dem Bernd 1820 Dt. Spr. in Posen 216 das Wort zuerst bucht: Zs. f. d. Wortf. 1, 264. 2, 17. 10, 146. Porphyr m. die dunkelrote Gesteinrart, zuerst als P o r p h y r s t e i n bei Toxites 1574 Onomast. 439. Durch ital. porfiro vermittelt aus mlat. porphyreum, das auf gr. porphyroüs 'purpurf a r b i g ) ' beruht, einer Ableitung von porphyra f. 'Purpurschnecke'. Paracelsus verwendet die lat. Form porphyrius 1526 (Werke 1 3, 312). S. Purpur. Porree, m. Allium porrum L. Aus dem Mittelmeergebiet stammende Lauchart, ahd. /orro, phorro, asächs. porro: früh entlehnt aus lat. porrum, das mit gr. pröson 'Lauch' auf gleichbed. *pfSo- beruht. Die nhd. Form ist neu entlehnt aus frz. porrie, das ein volkslat. *porrata voraussetzt. Die als Suppengrün und Gemüse beliebte Pflanze verfügt über viele Volksnamen: II. Marzeil 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen, 1, 202f. Porst m. Mhd. borse, mnd. anord. dän. schwed. pors bezeichnet in erster Linie Myrüa gale, in zweiter Linie (als S c h w e i n e p o r s t u. ä.) den wilden Rosmarin. Diese wildwachsende Pflanze (Ledum paluslre) wird im Norden und in England als Ilopfenersatz beim Bierbrauen benutzt, wie am Niederrhein unter dem Namen
Port
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grüt (daher de G r u y t e r als Fam.-Name): Heyne 1901 Nahrungswesen 345. 350; Hoops 1905 Waldbäume 256. 650. Port m. Lat. portus 'Hafen' ergibt, über afrz. port vor Ende des 12. Jh. entlehnt, mhd. pori(e): Suolahti 1929 Frz. Einfl. 189. Entlehnung zur Römerzeit spiegeln die Namen von Orten wie P o r z am Rhein und P i e s p o r t 'Pigontii portus' an der Mosel. Auch ags. engl, port 'Hafen' ist Erinnerung an die Römerzeit. Porte s. P f o r t e , Portier s. P f ö r t n e r . Porto n. 'Postgebühr' aus ital. porto 'das Tragen'. S. f r a n k . Portulak s. B ü r z e l . Portwein m. Als wichtiger Ausfuhrhafen hat Porto an der Douromündung (portug. o porto 'der Hafen') dem portug. Rotwein seinen Namen frz. vin de Porto, dän. schwed. portvin usw. geliehen. Über engl, port-wine gelangt er zu uns, 1738 als P o r t s w e i n bei Stoppe, N. Fabeln 273, der noch eine Erläuterung für nötig hält. Porzellan n. Die urspr. nur in China und Japan hergestellte Töpferware fand im 16. Jh. über Italien den Weg zu uns. P. zuerst 1477 in Übers, zu Marco Polo, Nürnberg: schusseln von porzelane (Marjetta Wis 1955 Ricerche gli sopra italianismi nella lingua tedesca 218). Ital. porcellana bezeichnete die Seemuschel Concha Veneris. Da diese mit der Porzellanmasse Ähnlichkeit hat, lag es nahe, ihren Namen auf jene zu übertragen. Die Muschel ist nach ihrer Ähnlichkeit mit dem weibl. Geburtsglied mit einer Ableitung zu lat. porcus 'Schwein' benannt, das schon bei Varro ( t 27 v. Chr.) die Bed. 'weibl. Scham' angenommen hatte. Entspr. afrz. pourcelaine, frz. porcelaine, engl, porcelain. Posaune f . Lat. büclna (aus *bou-eanä, zu bös 'Rind' und canere 'singen', s. B a k e ) liefert über afrz. boisine, buisine die germ. Namen des Instruments: mnl. busine, basine, basüne (hier zuerst ü statt t der Endung, vgl. A l r a u n e , D a u n e , K a r t a u n e ) , nnl. bazuin, mnd. bas(s)üne, mhd. busüne usw. P o s a u n e ist Luthers Form (Jes. 27, 13 u. ö.) und durch ihn Schriftdeutsch geworden. Anord. basün, bosün und ihre Folgeformen stammen aus dem Mnd. p- für roman. b- hat sich durchgesetzt wie in P a n i e r , P i l z , P o k a l , P r a n k e . Suolahti 1929 Frz. Einfluß 74 f. Pose /. 1. 'Federspule', ein unerklärtes nd. Wort, das seit J . H. Voß 1771 Der siebzigste Geburtstag V. 99 in hd. Schriftsprache erscheint. Da P o s e n auch 'Bettfedern' sein können, stand „nach Posen reisen" scherzhaft für 'schlafen gehen'. — 2. 'künstliche Haltung': im 19. Jh. als Fachwort der Künstlersprache entlehnt aus frz. pose f . 'Legung, Ziererei', Rückbildung aus poser 'ausruhen, auf einen Platz stellen', das
Postschwede
auf lat. pausäre 'ruhen' zurückgeht und seinen Sinn unter Einfluß von lat. pönere 'setzen, stellen' gewandelt hat. Posse /. spätmhd. possen m. 'Figur', frühnhd. bosse, posse 'Zierat, Beiwerk an Kunstdenkmälern'. Dem ahd. bö%an 'stoßen' (s. A m b o ß ) entspricht afränk. *bötan 'ausschlagen, sprießen' mit *bötja 'Sproß', woraus gallorom. *bottia 'Schwellung'. Hierzu frz. (ouvrage ä) bosse 'erhabene Arbeit', das vor 1445 zu uns gelangt, zuerst in Bedeutungen wie 'Scherzfiguren an öffentlichen Brunnen', dann 1520 bei Paracelsus: gerissne bossen 'getriebener Unfug'. P o s s e n r e i ß e n (urspr. auf dem Reißbrett) seit Wicel 1542 Obdormitio 124 a, P o s s e n r e i ß e r seit Kirchhof 1563 Wendunmut 1, 430, p o s s i e r e n 'scherzen' 1520 Paracelsus (T 1, 315) und H. Sachs, wozu p o s s i e r l i c h seit Fischart 1571. P o s s e n s p i e l , das noch Wieland 1774 Abderiten 3, 3 bietet, erscheint seit Gottsched verkürzt zum gleichbed. P o s s e : Biltz in Herrigs Arch. 73, 38. Post /. Lat. posita (mansio) 'festgesetzter Aufenthaltsort' ergibt über ital. *posita, posta f . frühnhd. post f., so zuerst 1521 bei Paracelsus (Werke 17,55). Maaler in Zürich 1561 P o s t b o t , - r e y ß , - r o ß . Entspr. ist P o s t e n m. aus ital. posto und dies aus lat. positus abzuleiten. 148J P o s t m e i s t e r : Öhmann 1956 Festgabe f. Frings 121. Postille f . urspr. Erklärung eines biblischen Textes, dessen Wortlaut abschnittweise vorangestellt war, daher mlat. post illa (lexlus verba). Frühnhd. postill zuerst im Titel von „Doctor Keiserpergs Postill", Straßburg 1522. Postillion m. Ital. postiglione 'Postknecht' (zu posla f . 'Post') wird im 15. J h . entlehnt zu gleichbed. frz. postülon. Bei uns erscheint das ital. M. zuerst in Schwaben kurz nach 1560: Zimm. Chron. 2 3, 518 Barack. Später wirkt auch das frz. M. ein, das 1591 engl. postil(l)ion ergeben hat. S. S c h w a g e r . Postkarte f . Im Nov. 1865 empfahl Hnr. Stephan dem Dt. Postverein die Einführung des P o s t b l a t t s . In Österreich führte ein Vorschlag des Volkswirts Eman. Herrmann am 1. Okt. 1869 zur Einführung der C o r r e s p o n d e n z k a r t e . Am 25. Juni 1870 drang im norddt. Postgebiet Stephans Gedanke durch, im Krieg wurde er in Form der F e l d p o s t k a r t e Gemeingut. Den Namen P o s t k a r t e , der das erste Glied von Stephans Vorschlag mit dem zweiten der österr. Vorgängerin verbindet, bestimmt das Amtsblatt der Dt. Reichspostverwaltung Nr. 57 vom 21. Juni 1875: Götze 1917 Nomina ante res 10 f. Postschwede m. scherzhaft für 'Briefträger', eine Erinnerung an die Schwedenzeit. Erstmals erscheint in Rheydt bei Düsseldorf 1644 „Peter ufm Poel oder der Schwede", der einige
postwendend
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Male auch „der P o s t " heißt und auf den der Rheydter Familienname S c h w e d e n zurückg e h t : H. Müllers, Rheydter Ztg. vom 30. J a n . 1944. postwendend Adv. Adj. 'sofort(ig)': aus der Formel m i t w e n d e n d e r Post im 19. J h . entwickelt, etwas später als das gleichbed. u m g e h e n d , s. d. Potentat m. 'Machthaber', zu Beginn des 16. J h . entlehnt aus lat. potentatus 'Oberherrschaft' (zu potens 'mächtig'). Entsprechend frz. polentat seit dem 14., engl, potenta'e seit dem 15. J h . Der Bedeutungswandel vergleicht sich dem von M a j e s t ä t . Ein studentisches Potentaten 'Gelder' (Zs. f. dt. Wortf. 12, 286) zielt auf die den Münzen aufgeprägten Herrscherköpfe, s. M o n a r c h . Der norddt. Scherzausdruck P o t e n t a t e n ' F ü ß e ' ist in Berlin zerspielt aus dortigen P o t e n ' P f o t e n ' : Der richtige Berliner (1882) S. 76. Potenz f . Lat. sinus 'Busen' wird zur trigon. Funktion, P o t e n z e n 'Produkte aus gleichen Faktoren'. Pott TO. 'Topf', mnd. (seit dem 12. Jh.) pot, put (1170 Köln: pot, Muttersprache 1952, 288. 291), nd. pott. Venantius Fortunatus, der in den Jahrzehnten vor 600 am Merowingerhof wirkt, h a t potus 'Trinkbecher', das sein -tirrender Anlehnung an lat. pölus ' T r a n k ' d a n k t , aber ein vulgärlat. *pottus 'Topf' voraussetzt, daraus erst seit dem 12. J h . frz. pot. Vgl. pers. pötos par pötos um 1300 'Topf für Topf' in der Alchemie (O. v. Lippmann, Beitr. z. Gesch. d. Naturwissenschaften u. Technik II 1953, 100). Ein Gefäß wird nie nach einem Trank ben a n n t . Auf dem Frz. beruhen mit dem dt. Worte mnl. pot (tt), nnl. engl, pot, afries. ags. pott, spätanord. pottr 'irdene Schüssel zum Kochen', schwed. potta 'irdener Topf, Nach! geschirr'.dän. pot 'Hohlmaß', potte 'Tongefäß'. Die Grundbedeutung ist 'rund, geschwollen'. Dem Mhd. fehlt das Wort, Köln war noch nd.; die mundartl. Verbreitung weist auf Einzug von Westen her. P ö t t e r , seltener pot(te)bakker und P o t t m a c h e r , heißt der Töpfer in Niederdeutschland vom Rhein bis zur Ostgrenze Pommerns. Gegen md. T ö p f e r setzt sich der nd. Handwerker- und Familienname an der ifc/ichLinie a b : K. v. Bahder 1925 Wortwahl 19f.; H. Suolahti 1929 Frz. Einfl. 190; Th. Frings 1932 Germ. Rom. 124ff.; ders. 1936 Zs. f. roman. Phil. 56, 371 ff. — P o t t h a r s t m. 'gedämpftes Rindfleisch, das in Stücke geschnitten ist', westfäl. pottha{r)s(t) 'Stück Fleisch, Wurst', anderwärts 'Pökelstücke vom Schwein' (Woeste 204), a n der Ruhr 'Kostprobe vom hausgeschlachteten Schwein, Schlachtschüssel' (Rhein. Wb. 6, 1057), mnl. potharst 'in einem Topf geK l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 17. Aufl.
Pracher
bratenes Lendenstück'. Das Bestimmungswort ist P o t t . Das Grundwort ist ahd. harst(a) 'Röstpfanne', herslen, mnd. harsten, ags. hierstan 'rösten', ags. hearstepanne 'Röst-, Bratpfanne'. Die nächsten gcrm. Verwandten sind H e r d (s. d.), got. hauri 'Kohle' und anord. hyrr 'Feuer'. Außergerm, vergleichen sich am nächsten lit. kdrsta-s 'heiß', lett. karset 'wärmen', armen, xarsem 'koche', aind. kusaku ' b r e n n e n d ' : idg. Wurzel *ker- 'brennen'. Pottasche /. Laugensalz wurde dadurch gewonnen, daß gebrannte Pflanzenteile in einem Topf gekocht wurden. Daher nl. (seit 1598) potasch; von da dän. potaske, schwed. pottaska, engl, (seit 1648) potash. Bei uns seit Ludwig 1716. Auf dem germ. Wort beruhen ital. potassa, frz. potasse. Pottharst s. P o t t . Pottwal m. Catodon macrocephalus fällt durch seinen blockartigen Kopf auf, den nd. Matrosen einem riesigen Topf verglichen. Der nhd. Name (kaum vor Hübner 1776) entspricht dem nl. potswal (seit 1598). Daneben P o t t f i s c h , dän. schwed. potfisk, nl. potviseh, potshoofd. potz Interj. I m 15. J h . kommen Flüche auf wie potz angst, jammer, marter, die sich auf Christi Passion beziehen. Für potz finden sich auch bot2, bocks, kotz, entstellt aus G o t t e s . Geblieben sind Verbindungen wie p o t z b l i t z , p o t z t a u s e n d , dies urspr. ein Fluch bei Gottes sieben Sakramenten (potzsiebenschlapperment 1630); die Siebenzahl ist zur Tausend übersteigert: H. Schulz 1909 Zs. f. d. Wortf. 10, 154. Stieler (1691) 207 durchschaut den Ursprung von p o t z : Est enim profanatio nominis divini. Vgl. s a c k e r l o t , s a p p e r l o t , frz. parbleu (für par Dien), engl, zounds (für God's wounds), good gracious (für God gracious). Poularde f . 'gemästete Junghenne', im 18. J h . entlehnt aus frz. poularde 'Masthühnchen'. Dies abgeleitet aus frz. poule ' H u h n ' , in dem lat. pullus 'junges Tier', spätlat. ' H u h n ' fortlebt. Während engl, poulard seit 1732 bezeugt ist, t r i t t bei uns P o u l a r d e seit Zedier 28 (1741) 1928 auf. Mundarten deuten es um zu schwäb. polläckle, steir. pollakel. Pracher m. 'Bettler' erscheint zuerst 1559 als Scheltwort in einer Breslauer Handschrift (G. Schoppe 1926 Neuphil. Mitt. 27, 12), wird durch M. Opitz u. A. Gryphius Schriftdeutsch, verbreitet sich über ostmd. Mundarten und gelangt ins Nd., aus dem nl. pracher, dän. prakker, schwed. prackare stammen. Im Kreis Neustettin heißt ein alter Flurname prachetog 'ärmlicher Fang von Fischen' (R. Holsten, Monatsbl. f. pomm. Gesch. 48, 37). Das alles weist auf Entlehnung aus einer slaw. Nachbarsprache 3«
Pracht
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(Wiek 45f.). Als Ausgangspunkt bietet sich altpoln. mundartl. pracharz'Bettler' (vgl. ukrain. prochaty 'bitten, betteln'), dem lit. präüifs, akt. P a r t . Präs. zu praSyti ' b i t t e n ' nahesteht (A. Senn 1933 Journ. of Engl, and Germ. Phil. 32, 627). Die baltoslaw. Wortsippe ist u r v e r w a n d t m i t lat. precärl ' b i t t e n ' , s. f r a g e n . Pracht /. mhd. nur brahl m. ' L ä r m , Geschrei', selten praht, erst, im 14. J h . md. braht / . ; ahd. prahl, asächs. brahl m. ' L ä r m ' . Mnd. prachl m. f . 'Herrlichkeit' und nl. (seit 1698) prachl ' S t a a t , P r u n k ' beruhen auf Entlehnung aus dem Ild. Gleichbed. dän. prägt, schwed. (seit 1560) prakl Bind aus dem Mnd. weiterentlehnt. Germ. Verw a n d t e sind asächs. brahhim ' L ä r m , Menge' und ags. breathm, bearhtm 'Schrci, Geräusch', ohne das ableitende l mhd. brach, m n d . brak m., anord. brak n. 'Gekrach, L ä r m ' , braka 'lärmen,' das auf *bra{j- ' k r a c h e n ' f ü h r t wie lat. fragor m. 'Krachen, Getöse' und suffrügium 'Abstimmung, Beifall', urspr. 'losbrechender Lärm der beistimmenden Menge'; air. braigim 'farzen' (aus *bhragiö), schott.-gäl. braim, k y m r . korn. bram, bret. bramm ' F u r z ' ; lit. braszketi 'prasseln, krachen' (aus *bhrag-skö), lett. bräst 'brausen', Iräzct ' s t ü r m e n ' . prägen schw. Ztw. b e d e u t e t urppr. 'brechen machen, gebrochene Arbeit hervorbringen' und ist Bewirkungswort zum st. Ztw. b r e c h e n . Mhd. prcnchen, brachen, ahd. prähhen, brähhen führen auf *brähhjan zurück. Vgl. ags. ä-bräcian 'einpressen'. Unsere Aussprache mit -g- s t a m m t aus md. Landschaften, deren Bewohner ihr -ch- in hd. -g- umzusetzen gewohnt waren. pragmatisch Adj. 'nach dem ursächlichen Zus a m m e n h a n g geordnet und dargestellt', im 17. J h . entwickelt aus lat. pragmaticus, gr. pragmaliktis. Dies zu prägma, Gen. -atos 'das Handeln', besonders in Staatsgeschäften. Daher die P r a g m a t i s c h e S a n k t i o n von 1718, durch die Kaiser Karl VI. seine Erbfolge zu sichern suchte. Bei Polybios, dem Schöpfer des Ausdrucks pragmalike hislorla, fehlt der Sinn, in dem seit Beginn des 18. J h . von p r a g m a t i s c h e r G e s c h i c h t s s c h r e i b u n g gesprochen wird: er meint damit die tatsächliche Geschichte im Gegensatz zur fabelhaften der Vorzeit. prahlen schw. Ztw. ersetzt in der Bed. 'großt u n ' mhd. givden und giijten: v. Bahder 1926 Wortwahl 112ff., ahd. momen 'prahlen' (s. r ü h m e n). Zuerst begegnet prölen ' g r o ß t u n ' im Alsfelder Passionsspiel (oberhess. 1501), p r a h l e n wird von Luther (Psalm 94, 3) in die Schriftsprache eingeführt, der auch das Mask. pral 'Prahlerei' verwendet, zu dem das Ztw. gehört wie mnd. prälen 'viel sprechen' zu präl m. ' L ä r m , P r u n k ' , nl. pralen zu praal. F ü r das Subst. ver-
Pranger
m u t e t m a n Verwandtschaft m i t p r a l l e n u n d prellen. Prahlhans m. k a u m vor Moscherosch 1650 Ges. 2, 725; gebildet wie F a b e l - , F e d e r - , G a f f - , K a r s t h a n s n. a., die Stieler 1691 daneben verzeichnet. Kluge 1913 Abriß d. Wortbild. § 44. S. S c h m a l h a n s . Prahm m. 'Lastschiff mit flachem Boden; F ä h r k a h n ' . Aslaw. pramü, älter tschech. prdm ' F a h r z e u g ' (zur idg. Wz. *per: *por, s. fahren) gelangt an der oberen Elbe ins Hd. und erscheint 1325 im Pirnaer Urk.-B. 338 a navis qme archa vel prom dicilur. An der Ostsee seit 1368, von der Hanse nach Holland, dem Norden und England getragen: Kluge 1911 Seemannsspr. 623; Wiek 46 f. Praline f . nach frz. praline ' g e b r a n n t e Mandel'. Die gefüllten Schokoladenzeltchen h a t der Koch des Marschalls du Plessis-Praslin ( t 1675) erfunden; jünger und nur deutsch ist die Schreibung und Betonung Praliné. prall Adj. 'vollgestopft., s t r a m m , s t r a f f ' : ein nd. Wort, seit Frisch 1741 und Richey 1755 regelm. gebucht, aber auch schon durch die afries. Ableitung pralling ' I l o d e ' vorausgesetzt. Im 18. J h . durch norddt. Schriftsteller wie Voß verbreitet, früh bei Wieland 1795 Werke 22, 283 (Wasserkufe). Zu p r a l l e n . prallen Ztw. m h d . prellen ( P r ä t . pralle) ' a n prallen, zurückfahren'. Weitere Beziehungen s. u. p r a h l e n und p r e l l e n . prangen schw. Ztw., m h d . f r ü h n h d . brangen, prangen, m n d . prangen, daraus entlehnt dän. prange, älter auch prange, schwed. m u n d a r t l . prânga 'prangen'. Aus dem danebenstehenden M. mhd. branc, prank, mnd. pranlc 'Prahlerei' entlehnt ist älter dän. prang ' P r a c h t , L ä r m ' . Die nächsten germ. Verwandten s. u. P r u n k . Außergerm. vergleicht man lit. brangits 'teuer, kostbar'. Zum Wandel von mhd. br- zu nhd. pr- s. P r a c h t ; auch bei p r a n g e n h a t L u t h e r f ü r die geltende Form entschieden. Pranger m. Die Schandsäule m i t Halseisen, an die der Schuldige zur Schau geschlossen wird, heißt mlat. statua. Zur Verdeutschung bietet die Weichbildglosse des 14. J h . (Grundriß d. germ. Philol. 3 [1900] 94) mnd. prenger, das in Olmütz und Brünn latinisiert wird zu prangerium, während pranger noch vor 1400 in Leobschütz, bald danach in Bamberg erscheint. So gelangtes 1507 in die Bambg. Ilalsgerichtsordn., 1532 in die Carolina, als deren W o r t es gleichbed. K a k , S c h r e i a t , S t a u p e und H a l s e i s e n verdrängt. Auch in Nachbarsprachen wird das Rechtswort entlehnt: magy. pellniger ' P r a n g e r ' . Der Anlaut pr ist nd., in f r ü h n h d . Quellen erscheint pjranger. Der hd. Anlaut kehrt wieder in m h d . pjrçngen 'pressen, drängen, be-
Pranke
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drücken', bair. (gc)pfreng 'eng* (s. P f r a n g n e r ) , un verschobene Formen in mnil. jirawjfe'Schranke, Maulkorb', prangen 'drücken, klemmen', prang 'Druck, Beschwerde', nnl. pranger 'Zwangsnasenzange der Zugtiere'. Diese Sippe zeigt, daß das Strafgerät nach dem drückenden Halseisen benannt ist. German. Verwandte sind got. anapraggan 'bedrängen', schwed. prang 'enger Gang zwischen zwei Häusern', mengl. •prenzen 'pressen', prangle 'drücken', engl, mundartl. prong 'Tischgabel'. Urverwandte in außergerm. Sprachen sind nicht gesichert. Auf alte Lehnbeziehlingen weisen altital. brnnco 'Riegel', lit. bra.i>(k)tns 'Strangholz am Pferdegespann, Ortscheit', alban. prange 'Block zum Fesseln', ngriech. präyija 'Querriegel, Kette' und türk. branka ' K e t t e des Galeerensträflings': T h u m b 1902 Germ. Abhandl. f. Paul 261; E . v. Künßberg 1926 Rechtssprachgcogr. 30f. Pranke /. spätmhd. pranke, zuerst (bald nach 1300) bei dem Tiroler Hnr. v. Burgeis, Der Seele Rat V. 2545 von der Tatze des Bären, so auch im Namen der Pflanze Branca ursina 'Bärenklau': Tabernämontanus 1588 Kräuterb. 281. E. ö h m a n n , Zs. f. Mundartfg. 1952, 96 vermutet Entlehnung aus südrom. branca, das zu den obd. Kachbarn und als Jägerwort ins Nhd. gelangt sei. Das vorausliegende spätlat. branca 'Pfote' ist gall. Ursprungs und zeigt braus *ur-. Urverwandt sind lit. rankä und aslaw. rqka ' I l a n d ' . Nhd. p- für roman. b- wie in P a n i e r , P i l z , P o k a l , P o s a u n e . Prärie /. 'große, baumlose Grasebene', besonders in Nordamerika (s. S a v a n n e ) . In nhd. Text seit 1826, während engl, prairie bis 1082 zurück verfolgt werden kann: Palmer (1939) 159. Beide aus frz. prairie 'Wiese', einer Samnielbildung zu gleichbed. pre, das aus lat. prätum 'Wiese' entwickelt ist: Gamillscheg (1928) 715. Präsident m. Lat. praesidens, das nachmals die Lehnübersetzung V o r s i t z e n d e r hervorgerufen hat, erscheint entlehnt seit Seb. Franck 1534 Weltchron. 67 a, gebucht seit Sim. Rot 1571: Germ. 29, 390. prasseln schw. Ztw. Zur Sippe von b e r s t e n (s. d.) gehört das westgerm. Intensitiv ags. brastlian, ahd. *braslalön, mhd. brasleln 'krachen, lärmen'. In den frühnhd. Formen brasteln, brastlel(en) wird die Drittkonsonanz erleichtert; zuerst bieten Handschriften des 15. J h . brasslen, das durch Luther (Jer. 46, 22) siegt, während obd. Ma. bei brastle" geblieben sind. Anl. p setzt sich durch wie bei P r a c h t , p r ä g e n , p r a n g e n , p r a s s e n usw. prassen schw. Ztw. ist um 1500 aus dem Nd. ins Frühnhd. gelangt. Die Bed. 'üppig leben' geht aus der älteren 'lärmen' hervor; beide Bed. sind auch in nnl. brassen und mnd. bras m. ver-
Preis
einigt; auch das Subst. gelangt ins Obd. in Wendlingen wie ,,im Praß liegen". Schwed. brassa (seit 1582) 'üppig leben' und 'heftig dreinschlagen' beruht auf Entlehnung aus dem Mnd. Unverkennbar ist von einem germ. Stamm der Bed. ' L ä r m ' auszugehen. Nur äußerlich berührt sich das heimische Wort mit mnd. ni. brassëren 'prassen' aus frz. brasser 'durcheinanderrühren, brauen'. P r a s s e n ist Luthers Form (Luk. 16, 13 u. ö.) und biegt durch ihn (s. p r a s s e l n ) . Pratze /. Aus lat. brachium'Arm' ist gleichbed. ital. braccio entwickelt, das von Kärnten bis zur Schweiz über die Alpen gedrungen und zu bratze 'Tatze' erst des Bären, dann anderer Tiere, scherzhaft des Menschen geworden ist. Literar. seit Albcrtinus und Abr. a Sta. Clara. Prau /. offenes Boot piit flachem Boden, aus gleichbed. mal. përàhu in Rcisewerken des 19. J h . Gleichzeitg nl. pravw, engl. ( M a l a y ) prow. Lokotsch 1927 Etym. Wb. 1651. predigen schw. Ztw., mhd. bredi(g)en, prçdi(g)en, brègen, ahd. bredi(g)fm, prçdi(g)îm, asächs. predikon, mnd. mnl. prediken, anfränk. *prcdigon, nnl. prediken, precken, ags. prëdician, anord. prëdika, schwed. predika, dän. prœ(di)ke. Spätlat. predicare und predigäre treffen sich in Westfalen: Nörrenberg, Nd. H. 1948, 150. 327; vgl. K a t e r , K l e t t e . Aus lat. prae 'vor' und dieäre ' k u n d t u n ' gebildet, ist lat. praedieäre, mlat. predicare 'öffentlich bekanntmachen, laut sagen*. Durch kirchlichen Gebrauch, der es dem gr. homilein gleichsetzt, ist das Ztw. gemeinrom. geworden: ¡tal. predicare, afrz. precchier, frz. prêcher (woraus engl, preach); auch air. pridchim 'predige'. Wulfila bietet dafür laisjan 'lehren' und mèrjan 'verkünden'. Daneben P r e d i g t f., mhd. brediye, predige, ahd. irpdiga, prfdiga, mnd. predike (hieraus entlehnt lett. spredik'is), anfränk. prëdigvnga, nnl. preek, schwed. predikan, dän. prœ(di)ken, denen mlat. pracdica /. vorausliegt. Damit hat sich mlat. predicóla (homilía, concio) gemischt, worauf mhd. predigäl(e) und mnl. predieäde beruhen. In obd. Ma. gelten bis heute Formen wie P r e d i ( g ) . Für nhd. P r e d i g t hat Luther entschieden; das ausl. I ist zu beurteilen wie in Dickicht, Habicht, Kehricht, Spülicht. Der aus lat. ae verkürzte Tonvokal in Ztw. und F. war zunächst offen ; geschlossenes e entstand durch Einwirkung des folgenden i. Daß sich p im Anlaut durchgesetzt hat, danken die Wörter neuer Anlehnung an das Lat. Preis m. Lat. prëlium ' Wert, Preis einer Sache* (N. eines Adj. *prit¡os, das zur idg. Präp. *preti 'gegen' im Sinne des Entgelts gehört) ergibt afrz. pris ' W e r t , Ruhm, Herrlichkeit, Glück, Verdienst, Rühmenswertes, Kampfpreis'. Darauf beruhen (wie engl, price 'Preis, Wert' und 36'
Preiselbeere
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mnl. prijs) mhd. mnd. pris und (selten) Iris, kurz vor 1200 entlehnt (spätanord. prlss entstammt dem Mnd.) und sogleich zur religiösen Bed. 'Lob Gottes' gewendet. Die Bibel veranlaßt die heutige Verbreitung des M., Luthers obd. Lesern muß sein P r e y ß (Luk. 2, 14 u. ö.) in Basel 1523 mit lob, rhüm erläutert werden. Der Sinn 'was für eine Sache gezahlt wird' erscheint bei uns erst seit dem 15. Jh. Da ist zuerst auf nd. Boden das urspr. ritterliche Wort bürgersprachlich: E. öhmann D. Deutschunterricht 1956, 29. — Mit dem M. nur äußerlich zus.-gefallen ist die erste Silbevon p r e i s g e b e n . Die aus dem 16. Jh. stammende Formel ist Lehnübersetzung des frz. donner en prise 'als Beute geben', wobei prise 'Ergreifung, Fang' auf lat. prehendere 'nehmen' (s. P r i s e ) beruht und die Bildung mit en 'als' aus dem Kirchenlat. stammt: E. Lerch 1941 Roman. Forsch.55, 57ff. Preisellteere f . Vaccinium vüis idaea ist auf dt. Boden altheimisch und wächst von je wild in den Wäldern; der Kultur entzieht sich die Beere bis heute. Die einzige hd. Benennung beruht auf tschech. bruslina 'Beere, die sich leicht abstreifen läßt', zu aslaw. obrusiti'abreißen': Wiek 47. Das slaw. Wort wird umgestaltet zu mhd. *briu%elber, worauf auch die mundartl. Nebenformen P r e u s e l - , P r a u s - , B r a u s b e e r e beruhen. Zum Verlust der Lippenrundung vgl. ereignen, Kreisel, Schleife, spreizen, s t r e i f e n . Von den volkstüml. Namen greift über mundartl. Geltung hinaus nur K r o n s b e e r e (s. d.). Ostfränk. ist M o ß j o c k e (Zehner 1622 Nomencl. 218), tirol. G r a n t e n , bair. R a u s c h g r a n t. Kuen 1923 Herrigs Archiv 78, 113. S. Rausch. preisen Ztw. Kirchenlat. pretiäre 'schätzen' (zu lat. prltium, s. P r e i s ) wird stammbetont zu afrz. preisier 'schätzen, anschlagen, hochschätzen'. Daraus um 1200 mhd. mnd. mnl. prisen, das noch im 13. J h . starke Formen (Prät. preis, Part, geprlsen) entwickelt. Schon das Afrz. verwendet preisier (hieraus engl, praise 'loben', dagegen engl, prise, prize 'schätzen' aus endbetontem afrz. prisier) auch als 'rühmen', aber noch nicht in bezug auf Gott. Das Mhd. gibt dem Ztw. früh diese Wendung (1213 bei Walther v. d. Vogelweide 26, 3); der Bibelsprache dankt p r e i s e n seine heutige Verbreitung. preisgeben s. P r e i s . Preisschere f . mit gutem Bild für die schwierige Lage des ländlichen Käufers zwischen hohen Industrie- und niederen Landwirtschaftspreisen: W. Linden 1943 Dt. Wortgesch. 2, 404. prellen schw. Ztw. Als Ableitung zum Adj. p r a l l (s. d.) bedeutet frühnhd. prellen (z. B. Luther 17, 117. 30 II 635 Weim.) 'mit einem gespannten Fell oder Tuch in die Höhe schnellen',
Presse
als rohe Belustigung oder als Strafe für Menschen noch bei Comenius 1658 Orbis piclus 259. Die Jägersitte, den gefangenen Fuchs mit dem Prellnetz emporzuschleudern (Cervantes, Don Quichote III 3, 17), ist bei uns seit Krämer 1676 Ital.-dt. Wb. 1, 198a bezeugt. Hier knüpft die Bed. 'betrügen' an: der hochgeworfene Fuchs hofft auf Befreiung, wird aber enttäuscht. Diesen Wortgebrauch bilden seit 1739 Studenten aus, denen F u c h s (s. d.) 'angehender Student' bedeutet. Diese Füchse werden um das Ihre geprellt, indem man sich von ihnen ungebeten bewirten läßt: Kluge 1895 Stud.-Spr. 115. Von da wird die Bed. 'betrügen' literarisch seit Hagedorn 1742 Oden 1, 6. Vom gleichen Ausgangspunkt entwickeln sich s c h n e l l e n und bair. s c h ü t z e n , eig. 'in die Höhe schießen lassen', zu ähnlicher Bed.: H. Schulz, 1907 Zs. f. d. Wortf. 9,102ff.; vgl. das. 1, 46f. 2, 293.12, 286. — S. A. Wolf 1956 Wb. d. Rotwelschen 255. Premiere s. U r a u f f ü h r u n g . preschen schw. Ztw. 'eilen; zur Eile treiben', volkssprachlich weit verbreitet, besonders in Nord- und Ostdeutschland. Dasselbe Wort wie b i r s c h e n (s. d.), mit Umstellung wie b r e n n e n , b r e s t e n , B r u n n e n gegen B e r n s t e i n , b e r s t e n , B o r n . — S. e i l e n . Presenning /. 'geteertes Segeltuch zum Schutz des Schiffdecks' (dafür in dt. Binnenschiffahrt auch P e r s e n n i n g ) . In dt. Seetexten seit 1732, das entspr. nl. presenning seit 1681. Quelle das veraltete frz. preeeinte f . 'Umhüllung', älter porceinle (zu afrz. poreeinare 'rund einschließen'): Kluge 1911 Seemannsspr. 626. m Preßbengel m. Die Hebelstange, mit der die Spindel einer Presse angezogen wird, heißt B e n g e l ; so in der Sprache des Buchdrucks seit 1630 fortlaufend bezeugt: H. Klenz, 900 Druckerspr. 21. Die Verdeutlichung P., im eigentlichen Gebrauch kaum vor Ludwig 1716, erscheint ins Lustige gewendet schon bei J. Fischart 1590 Catalogus Cat. Vorr. „An alle Leser, auch Buchtrucker vnd Preßbengels verwandten". Im 19. J h . Schelte der Tages-Schriftsteller. Presse f . ahd. pressa, mhd. (wln)presse'Kelter' nach mlat. pressa. Aus afrz. presse 'Menschenmenge, Gedräng' (das auch dem engl, press vorausliegt) wird bald nach 1200 das gleichbed. mhd. presse entlehnt. Seit etwa 1500 stellt sich, wieder nach frz. Vorbild, die Bed. 'Buchdruckerpresse' ein. Bezeichnung für 'Gesamtheit der Druckschriften' wird P r e s s e vor Beginn des 19. J h . ; erst um 1850 folgt die Einengung auf 'Gesamtheit der Zeitungen und Zeitschriften'. Anstalten, die junge Leute schnellstens für eine bestimmte Prüfung drillen, heißen P. seit etwa 1870.
Preßfreiheit
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Prcßfreiheit f . t r i t t nach Gombert (Anz. f. dt. Alt. 15, 39) zuerst 1774 auf. Das Schlagwort erstarkt im Kampf gegen die Zensur aller Druckwerke (s. P r e s s e ) , in dem König Friedrich Wilhelm II. 1788 von P r e ß f r e c h h e i t spricht: Ladendorf 1906 Schlagwb. 249; Zs. f. d. Wortf. 6, 119. 8, 17. 13, 294. pressieren schw. Ztw. 'sich beeilen' üblich neben es pressant haben in Schwaben und nordöstl. Nachbarschaft, auch in der Schweiz. Die Wortgeographie bietet die Wortkarte 'sich beeilen' s. d. Priamel n. f . Mlat. praeambulum (zu lat. praeambuläre 'vorangehen') wird über spätmhd. preambel lautgesetzl. zu frühnhd. priamel. Damit werden im 15. J h . die ersten Improvisationen der Orgel- und Kirchenmusik bezeichnet. Der Name geht über auf die von Hans Rosenplüt aus älteren Formen der Stegreifdichtung geschaffene Literaturgattung: K. Euling 1905 Das Priamel bis Hans Rosenplüt 40ff.; 1928 Reallex. d. dt. Lit.-Gesch. 2, 723 f. Frz. préambule und daraus entlehntes engl, preamble sind wie dt. Präambel f . 'Vorrede' geblieben. prickeln schw. Ztw. aus dem Nd. ins Nhd. gelangt. Die hd. Entsprechung pfrëcken begegnet vereinzelt in Thüringen 1480: v. Bahder 1925 Wortwahl 129. Schriftsprachlich ist p r i k k e l n im 18. J h . geworden. Zu seiner außerdt. Sippe gehören nnl. prikk(el)en 'stechen, sticheln', prikkel 'Stachel', ags. prica ' P u n k t , Stich', pricel 'Stachel', prician 'stechen, durchbohren', engl. prick 'stechen; Stachel', anord. prika 'Stange; schlagen' mit vielen Folgeformen. Über Alter und Herkunft dieser germ. Wörter steht nichts fest. Außergerm. Verwandte sind nicht gesichert. Priel m. f . 'kleiner Wasserlauf im W a t t ' , seit J . H. P r a t j e 1769 Altes u. Neues aus den Herzogth. Bremen u. Verden 1, 156, gebucht als nd. prïl(e) seit 1771 Brem. Wb. 5, 441; nl. priel t r i t t spät auf, und zwar in nieders. Bereich um Groningen. Ursprung unaufgeklärt: E. Schwentner 1933 Nd. Korr.-Bl. 46, 66ff. Priem m. Nnl. pruim 'Pflaume' (s. P f l a u m e ) entwickelt im Munde holl. Matrosen die Bed. 'Stück Kautabak', weil der in den Mund geschobene Tabak in Gestalt und Farbe der Backpflaume gleicht. Im 18. J h . gelangt der Scherzausdruck mit Fahrensleuten an die dt. Wasserkante: J . F. Schütze, Holst. Id. 3 (1802) 237 „ P r ü n t j e s (holl.) eine Prise Rauchtobak, in den Mund zu nehmen und auszusaugen. Eine Liebhaberei, die unsre Herren Landsleute, welche viel zur See waren, sich nicht gut und gern abgewöhnen lassen. Sie ziehen in der Regel den R u m dem Wein vor, u n d stopfen den Rauch-
Primel
tobak lieber in den Mund als in die Pfeiffe". Bald ist P r u m m , P r e m k e , P r ü m k e n usw. von Ostfriesland bis Ostpreußen verbreitet, landeinwärts bis zum Hunsrück und nach Südhannover. Literarisch seit P. Heyse, Ges. Werke (Bln. 1873ff.) 10, 372 „sie schieben noch ein Priemchen in die Backe". Dazu p r i e m e n 'Tabak kauen' nach nnl. pruimen. — S. Pfliemen. Prießnitz(umschlag) m. 'kalte Kompresse mit Wollwickel', benannt nach Vinzenz Prießnitz (geb. 1799 in Gräfenberg bei Freiwaldau in Österr.-Schlesien, gest. 1851), einem völlig ungeschulten Bauernsohn, der das Wasserheilverfahren an sich erprobt und ausgebildet hat. Sein Geschlecht f ü h r t den Namen nach dem Dorf P r i s n i t z in Mähren, das seinerseits nach tschech. brlia 'Birke' heißt. Priester m. Gr. presbijteros 'der Ältere' (zu présbys 'alt') ist, zunächst in der Anrede, Ehrennahme der geistl. Gemeindevorsteher geworden; vgl. A b t , P a p s t. Über lat. presbyter wird das Kirchenwort gemeinroman. ; das dem frz. prétre vorausliegende prestr(e) ergibt ahd. prestar, jünger priester, asächs. prestar, afries. prester(e), mnl. mhd. priester. Aus dem Deutschen weiterentlehnt istlett.pnesiens. Die Einreihung der engl.Formen ist unmöglich. Ags. prèost aus vulgärlat. *pre(b)ost- wird vielmehr auf lat. praepositus beruhen. Anord. prestr mag aus dem Ags. entlehnt sein. Die Entlehnung des dt. Worts erfolgt nach Abschluß der hd. Lautversch., etwa zu Beginn des 8. J h . ; ahd. éwart(o) wird durch das Fremdwort verdrängt. Aus roman. è ist ie entwickelt wie in B r i e f , F i e b e r , F l i e t e , R i e m e n 'Ruder', S p i e g e l , T i e g e l , Z i e c h e , Z i e g e l ; das aus dem Diphthongen entstandene l wurde trotz der folgenden Doppelkonsonanz nicht gekürzt wegen der Silbentrennung, vgl. B i e s t , Riester, Kloster, Ostern, pusten, düster, Rüster. Primaner m. Unsere Sitte, die Stufen der Lateinschule mit lat. Ordnungszahlen zu bezeichnen,gehtin die Reformationszeit zurück; (classis) prima war (außer in Württemberg) die oberste Stufe, in Österreich die unterste Gymnasialklasse. Deren Schüler heißen primarii zuerst in Breslau 1528, primani zuerst in Heidelberg 1587, mit einem Fachwort, das der lat. Soldatensprache entnommen ist (primäni 'Soldaten der ersten Legion'): Nyström 1915 S c h u l t e r n . 1, 207 f. Primel f . Nlat. primula vèris 'Erste (Blume) des Frühlings' wird im 18. J h . verkürzt zu P r i m e l , zuerst bei Bürger 1773 Nachtf. d. Venus. Im Engl, entspricht primrose (aus nlat. primula ròsa). Die Wortgeographie zeigt dies Synonym zu S c h l ü s s e l b l u m e (s. d.) als vorherrschend im N W . links der Elbe von Hitzacker ab bis zur
Printe
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ni. Grenze, weiterhin in »Schlesien, sonst ver- j streut. Printe /. nnl. prent ' P f e f f e r k u c h e n ' (bes. aus Aachen), so benannt, weil er urspr. in die Gestalt eines Heiligen gepreßt w a r ; zu p r e n t e n 'drucken', s. d. In Aachcn selbst (Jos. Müller und Wh. Weitz 1836 Aachener Mundart 188) s t e h t prent f . ' K u p f e r , Abdruck von Blumen oder Figuren; Pfefferkuchen, der eine Figur darstellt' neben dem Ztw. prente 'Leinwand drucken'. Prinz m. Lat. prineeps (aus *prlmo-eaps 'diu erste Stelle einnehmend, der das erste Stück von der Beute, von (lern Braten n i m m t ' ( ? ) ; vgl. gr. géras 'Ehrengabe, eig. Alter(svnrrecht)'). Ergibt afrz. prince ' F ü r s t ' , das um 1215 entlehnt wird zu gleichbed. mhd. prinz(e): Suolahti 1929 Frz. Einfluß 194. Die junge Bed. ' F ü r s t e n s o h n ' , die sich im 17. J h . a n b a h n t und auch für engl. prince gilt (aber Prince o/ Wales ' F ü r s t v. W.'), ist noch bei Goethe 1785 Wh. Meisters theatr. Sendung 213. 294 Maync nicht durchgeführt. — Das F. lautet f r ü h n h d . P r i n z i n (Zs. f. d. Wortf. 1 5 , 2 0 2 ) ; das unveränderte frz. princesse dringt im 15. J h . über den Niederrhein; die d t . Weiterbildung P r i n z e s s i n kaum vor Beginn des 17. J h . : H. Fischer, Schwab. Wb. 1, 1423. 6, 1694. Prise /. L a t . pre(he)ndere 'fassen' ergibt gleichbed. frz. prendre. Dazu prise f., das schon innerhalb des Frz. die Bed. 'feindl. Schiff, das von einem Kaper aufgebracht wird', erlangt hat, in der es seit 1556 in hd. Seetexten erscheint: Kluge 1911 Scemannsspr. 628. Auch die Sonderbed. "kleiner Griff S c h n u p f t a b a k ' liegt schon frz. vor; bei uns seit Wächtler 1714. S. P r e i s . Prisma ». gr. prisma 'dreiseitige Säule', urspr. 'Zersägtes' (zu priein 'sägen'). In d t . Fachtexten seit 1539: Schirmer 1912 Wortsch. d. Math. 54. Pritsche f . Ahd. britissa 'cancile' (Zs. f. d. Wortf. 1, 341) ist mit Hilfe des Fem.-Suffixes germ. -isjö (Kluge 1926 Stammbild. § 85) abgeleitet von ahd. brët, plur. brilir. Mhd. *britze wird erwiesen durch die Zus.-Sct.zungen britzelmeister 'Pritschmeistcr' und britzelslnhen 'Schlag mit der Pritsche'. F r ü h n h d . britzschen /. begegnet seit Trochus 1517. Wandel von mhd. z zu nhd. (sc/i auch in f l e t s c h e n , g l i t s c h e n , k l a t s c h e n , k n u t s c h e n usw. Privatdozent m. urspr. ein Gelehrter, der Privatkollegien (s. K o l leg) hält im Gegensatz zu den öffentl. Vorlesungen der beamteten Hochschullehrer. Ein älterer Name Privatdoctores seit dem 16. J h . ; die Hallischen S t a t u t e n von 1G97 reden von privatim docentibus; P. seit etwa 1750. Ita!. libero docenle ist junge Nachbildung des dt. Worts. A. Götze 1919 Akad. Fachspr. 18. Privatschule /. im 16. J h . aus mlat. sckola privata übertragen, bezeichnet den Gegensatz zur 'gemeinen Schule'. Zuerst in Rostock 1534;
Proletarier
über die f r ü h n h d . Bed. ' I n t e r n a t ' Nvström 1915 Schulterm. 1, 54f. P r i v a t s c h ü l e r zuerst in der Hess. Schulordn. von 1618: das. 211. Probe /. s p ä t m h d . probe nach gleichbed. mlat. proba. Durchs Roman, (ita). prora, afrz. prnve, von da engl, prnoj) vermittelt sind mnl. proeve, prouve, nnl. proei, proeve, mnd. pröve (von da spätanord. pröfi). P r o b i e r e n begegnet in der Bed. ' d a r t u n , beweisen' seit Frauenlob ( t 1318). Es ist mit Anlehnung an die Ztw. auf - i e r e n dem lat. probüre 'billigen' nachgebildet: Suolahti 1929 Frz. Einfl. 199. profan Adj. 'unheilig, weltlich, gemein': zu Beginn des 17. J h . entlehnt ans gleichbed. lat. pnfänus. Dies ans pro 'vor' und fänum n. 'Heiligtum'. S. F a n a t i k e r . P r o f a n i e r e n schw. Ztw. dem frz. profaner 'entweihen' nachgebildet seit Rot 1571. Professor m. L a t . prnfessor bezeichnet seit der frühen Kaiserzeit den öffentlichen Lehrer, nachklassisch meist den Rhetor. In akad. Fachsprache heißen seit etwa 1400 sacrae Iheoloyitte proiexsores die Theologen, wobei der Gedanke an lat. profHeri 'bekennen' und die Nachbarschaft des kirchl. eonfessor geholfen haben mögen. Die wcltl. F a k u l t ä t e n haben sich der Amtsbezeichnung im 16. J h . bemächtigt, nachdem der alte Doktortitel durch Verleihung an Außenstehende unzulänglich geworden w a r : A. Götze 1929 Akad. Fachspr. 11 f. Zu P r o f e s s o r im Bereich der Schule N v s t r ö m 1916 Schulterm. 1, 121 ff. Profil n . 'Anfriß, Querschnitt; Seitenansicht*. Zu lat. fllv.m ' F a d e n ' gehören ital. lilo 'Strich' und profilare 'aufzeichnen'. Rückbildung aus dem Ztw. ist ital. profilo 'Seitenansicht', aus dem gleichbed. frz. profil s t a m m t . Im Nhd. erscheint die ital. Form 1627, die frz. 1631. In beiden ist P. zunächst Fachwort der Mathematik, der Baukunst, des Festun«. r sbaus und der Feldbefestigung. Engl, profile seit Mitte des 17. J h . Winckelmann und Lessing grenzen P r o f i l auf 'Seitenansicht des menschl. Gesichts' ein: Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2, G73. Profit m. ' N u t z e n , Gewinn', obd. k a u m vor Mitte des 16. J h . , mnd. seit etwa 1400, mnl. profijt seit 1309, so auch in Kleve 1477: mit dem nrhein. Handel entlehnt aus gleichbed. frz. profit', dies aus lat. pröfectus ' F o r t g a n g , Vorteil'. — p r o f i t i e r e n schw. Ztw., im 17. J h . dem frz. profiter nachgebildet, das seit dem 12. J h . begegnet. Prof os s. P r o p s t . Proletarier rn. Zu lat. proies (aus *pro-oles) 'Sprößling' gehört pröletärius 'Bürger, der dem S t a a t nur durch Besitz von Kindern dient'. Frz. prolétaire erhält durch die Saint-Simonisten polit. Inhalt. Das Fremdwort erscheint bei uns seit L a u b e 1833 Das neue J a h r h . 2, 235 u n d wird
promovieren
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prüfen
d u r c h das S t u r m j a h r 1848 b e f l ü g e l t : L a d e n d o r f 6G; Kluge 1911 S e e m a n n s s p r . 629 f. I h m e n t 190ß Sohlagwb. 2 6 4 f . ; Zs. f. d. W o r t f . G, 56. 8, sprechen engl, provost, nnl. (seit 3681) provoost. 17. 12. 24«. 13, 274. 15. 2 0 3 f . Prosit, Prost n. Der l a t . Zuruf prosit 'es möge promovieren Z t w . L a t . promovere "vorwärts- n ü t z e n ' löst seit L i n d e n e r 1558 Rastbiichl. 34 b r i n g e n ' wird bei Plinius u n d Sueton von militär. das ältere sil saluti beim Z u t r u n k a b . S p c r a n d c r Aufstieg g e b r a u c h t . D a r a n k n ü p f t kirchenlat. k e n n t 1727 P r o s i t als "Glückwiinschungsformel promovere ad sacerdotem an, das den allgemeinen bei Speise u n d T r a n k ' , Student. G r u ß f o r m e l ist Begriff ' b e f ö r d e r n ' liefert. Die Hochschulen ver- P r o s t schon 1711: Kluge 1895 S t u d . - S p r . 1 1 6 ; wenden erst das lat. Ztw., bald auch das F r e m d - Zs. f. d. W o r t f . 1, 47. 12, 286. Protz TO. u r s p r . ein W o r t f ü r ' K r ö ' e ' (s. d.), w o r t p r o m o v i e r e n von der B e f ö r d e r u n g zu aloe?lm, schwed. pusta. Die hd. Entsprechung p f a u s t e n tritt seit dem 17. J h . auf. Häufiger die nächstverwandten mhd. pfüsen 'niesen, schnauben', pfiusel m. ' K a t a r r h ' (s. P a u s b a c k , P f n ü s e l , S c h n u p f e n ) . Germ. Verwandte sind ferner ags. pos n., engl, pnse 'Sehnnpfen', anord. püstr 'Ohrfeige', schwed. mundartl. pysa 'schnanben', norw. püs 'Geschwidst': «-Erweiterungen zur idg. Wurzel *bu-: *bhu- 'aufblasen', die unerweitert. in Bö beeegnet. Velarerweiterungcn derselben Wurzel s. u. P o c k e . Puter s. T r u t ha Ii n. Putsch m. in der Bed. 'Stoß' ein Schweiz. Mundartwort lautmalenden Ursprungs, das zuerst in Zürich 1431 auftritt (Schweiz. Id. 4,
Pyramide /. Altägypt. *pimar (so erschlossen von K. Lang, Anthropos 18/19, 551) en;ab mit Metnthesis gr. pyrnmis (dazu P. Kretsehmer, Glotta 10, 243; II. Diels, Zs. f. vgl. Spracht. 47, 193), das, vermittelt durch lat. pyrnmis, -idos und in lat. Flexion seit Krant 1494 Narrensch. 15, 31 in dt. Text erscheint. Als math. Fachwort seit Dürer 1625 Unterw. d. Mess. G l b : I Zs. f. dt. Wortf. 14, Beih. S. 57. 15, 205.
quabbelig Adj. Ein lautsymbolisch zu verstehendes nd. q u a p p i g 'bauschig' erscheint 1768 Brem. Wb. 3, 395, q u a b l i c h um 1650: Ag. Lasch, Berlinisch331. Literar. wird q u a p p e l i c h t durch Bode 1774 Tristr. Shandy 2, 67 und Müller 1787 Waldheim 1, 112. Ein Schwab, q u a p p e l i g 'vollfleischig' (H. Fischer 4, 890) ist seit 1831 gebucht, obersächs. q u a b b e l i g 'fleischig, feist, weich' seit K. Albrecht 1881 Leipz. Ma. 187®. Dazu Q u e b b e /. 'mooriger, mit Wasser gesättigter Boden unter trocken scheinendem Erdreich': ein nd. Wort, zuerst gebucht von Dähnert 1781 Plattd. Wb. 308». Dazu mnd. quebbich, balt. q u e b b i g 'schlammig' Livl. Id. (1795) 184; Danneil 1859 Altmiirk. Wb. 166 b . Literar. als q u e b b i g t seit Arndt, 1814 Ansichten 59f. Verwandt ist gleichfalls lautsymbolisches Q u a p p e .
Quacksalber m. bei uns seit Fischart 1570 Barf. Sekten- und Kuttenstreit 465, dazu Q u a c k s a l b e /. 'schlechte (vielleicht quecksilberhaltige) Heilsalbe' Thumeysser 1583 Onom. 45. Das Mask. entlehnt aus gleichbed. nnl. kwnkzulrer, dies zu mnl. quacksnlrm: zu kwakken 'schwatzen, prahlen' und zalj 'Salbe' (vgl. ahd. snlbäri 'Salbenhändler, Arzt'), somit 'Prahlarzt'. Gleichen Ursprungs sind engl. qunrksalver (woraus gekürzt qvnck), dän. kvaksnlrer, schwcd. kracksidrare (seit 1622). Quader m. Lat. quiidrus (Inpis), zu quntluor 'vier', ergibt mhd. quäder(steiri) m., lat. quadruirt mhd. qväder n. quaken schw. Ztw., älter auch q u a c k e n : eine erst frühnhd., in einem westmd. Wb. 1429 auftauchende, lautmalende Bildung. Gleichen Ursprungs nnl. kwaken 'quaken wie ein Frosch',
putzen schw. Ztw. frühnhd. buhen 'schmücken' zu älterem bulz m. 'Unbilligkeit der Nase; Schnuppe an der Kerze', somit urspr. in Wendungen wie die Nase, das Licht putzen. Nnl. poetsen, schwed. putsa sind aus dem Nhd. entlehnt. putzig Adj. Zu mhd. buhe m. ' P o p a n z ' t r i t t ein nord. p u t z i g 'drollig' zuerst bei Richev 1755 Hamb. Id. 197 und im Brem. Wb. 3 (1768) 386, literar. seit Hermes 1776 Sopli. Reise 3, 166. Dän. pudsig ist aus dem Dt. entlehnt. Pyjama n. m. 'Schlafanzug': hindosti.n. pnejäma 'lose Hosen, um die Hüften geknüpft', werden in Indien vielfach von Frauen versch. Klassen sowie von männl. und weibl. Mohammedanern getragen. Bei uns erst im 20. J h . , etwas älter, engl, pyjama: Lokotsch 1927 E t y m . Wb. 1606.
Quäker
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wozu kwakken 'Geräusch machen', engl, quack, dän. hmkke, schwed. (seit 1684) kväka. Unverwandt sind aslaw. kvakati und lat. coaxäre: es lag nahe, das Froschgeschrei nachzubilden, wie Aristophancs (Frösche 209) mit gr. kodx koäx. Auch das Entengeschnatter ist erst einzelsprachlich mit nhd. q u a k e n , schwed. mundartl. koaka nachgebildet worden. Quäker m. Die von G. Fox 1649 gestiftete Religionsgesellschaft nennt sich Society of Friends. Der Spottname engl, quaker 'Zitterer' (zu engl. quake, ags. cwacian 'zittern') wurde Fox 1650 gegeben, weil er die Seinen aufforderte, to tremble at the word of the Lord. Die engl. Belege häufen sich seit 1653. Nhd. seit Schottel 1663 Hauptspr. 1379 „Quaker m. ein Zitterer / sectarius ex Anglia". Qual /. mhd. quäl(e), käl(r), köl(e) f., quäl m. 'Qual, Beklemmung, Marter', ahd. asächs. quäla, mnd. mnl. quäle, nnl. kwaal 'Qual, Pein'. In Ablaut damit ahd. asächs. quala 'Qual', ags. ewalu 'Tötung, Zerstörung', anord. kvgl 'Pein, Plage', dän. schwed. kval. Daneben mit wi-Erweiterung mhd. qualm m. 'Beklemmung', ahd. asächs. qualm 'Pein, Untergang'. ags. ewealm 'Tod, Mord; Qual, Pein, Pest', engl, qualm 'Schwäche, Übelkeit', dän. kvalme, schwed. kvalm 'Übelkeit'. Sämtlich zum Stamm des st. Ztw. ags. cwelan 'sterben', mnl. mnd. quelen, ahd. quelan, mhd. queln 'heftige Schmerzen haben', das in mundartlichen Resten wie quälen, quallen 'jammern, weinen' fortlebt. Faktitiv zum st. Ztw. ist das schw. q u ä l e n , mhd. queln, ahd. quellan, anord. kvelja (aus *qvaljan) 'zu Tode peinigen'. Germ. *kuel(:*kuel- :*kual-) f ü h r t auf idg. *g'-lel-\ dazu auch air. al-bail 'sterbe', aslaw. Sali 'Schmerz', apreuß. golis 'Tod', lit. gelä (aus *g^ilä) 'Schmerz', gilti 'schmerzen', gälas ' E n d e ' , armen, kelern 'peinige'. S. K i l t ( g a n g ) . Qualle /. 'Meduse', nd. qualle, nnl. kwal. Zur Wz. von ahd. quellan 'schwellen, aufquellen'. Qualm m. im Hd. erst 1544 bezeugt (W. H. Ryff, Spiegel d. Gesundh. 10 b „Dampff vnd durchtringenden Qualm"), doch alt nach Ausweis des anklingendem gött. quulm 'dicker Qualm' (G. Schanibach 1858 S. 165). Gleichbed. nnd. nnl. kwalm, mnd. quallem. In Soest bedeutet Q u a l m auch 'Haufe, Schar' z. B. von Vögeln (F. Holthausen 1929 Germ.-rom. Monatsschr. 17, 68). In hd. Umgangssprache gilt Q u a l m 'dicker, sich ballender Rauch' nur in Nord- und Mitteldeutschland, während der gesamte Süden nur R a u c h kennt (daher auch die späte Bezeugung von Q u a l m im Hd.): P. Kretschmer, Wortgeogr. (1918) 382. Ohne -m steht daneben älter dän. kval ' D a m p f ' . Grundbedeutung 'das Hervorquellende'. Zu q u e l l e n .
Quarre
Quappe f . kann die A a l q u a p p e (s. d.) sein. Die Fischer können ähnlich schleimhäutige, weichfleischige Fische mit Quappe bezeichnen, so auch Seequappe (Zoarces) und den Seelump (Cyclopterus lumpus), der aber nicht gegessen wird, beides Meerfische. Die K a u l q u a p p e (s. d.) wird gewöhnlich durch diese oder andere Bestimmung als solche bezeichnet. Bei all diesen geht die Benennung auf den sehr weichen Körper, den die Wurzel *gVelhä 'Frosch' meinen m a g ; altpreuß. gabawo 'Kröte'. Quarantäne /. Venedig weigert 1374 zum erstenmal pestverdächtigen Schiffen die Einfahrt. Daraus entwickelt sich um 1400 eine Reisesperre seuchenverdächtiger Ankömmlinge auf quaranta giorni 'vierzig Tage': Steudcl 16. Beim Zählen ist lat. quadräginta 'vierzig' über volkslat. *qvadrainta zu gallorom. quarranta verkürzt. Dazu im 12. J h . die frz. Ableitung quaranlaine f., die uns im 17. J h . als Fachwort der Seuchenabwehr erreicht. Quark m. spätmhd. twarc (g), quarc, zwarc 'Quarkkäse'. Entlehnung aus gleichbed. russ. tvarogü, poln. tvarög (hochstufig neben awest. tüiri- n. 'käsig gewordene Milch, Molke', gr. tyros 'Käse') ist sicher: außer dem späten Auftreten und dem Mangel germ. Verwandten spricht dafür die vom östl. Mitteldeutschland ausgehende Verbreitung des Worts. Dafür bair.österr. T o p f e n , kärtn. tirol. S c h o t t e n , alem. Z i e g e r , B i b b e l e s k ä s , westmd. M a t t e , M a t z , thür. nd. H o t t e , nordd. w e i ß e r Käse, Kretschmer 1918 Wortgeogr. 559ff. Wandel von tw zu qu ist md. im 14. J h . vollzogen wie in q u e r u n d Q u i r l ; vgl. Z w e h l e , Z w e t s c h e , Zwinger. Quarre f . 'weinerliches Kind; zänkische F r a u ' , beides nd. verbreitet, zumal in dem Sprichwort erst 'ne Parre un denn 'ne Quarre ' m a n soll erst heiraten, wenn man eine Familie ernähren kann' (aus Göttingen 1858 Schambach 163, aus der Altmark 1859 Danneil 165), literarisch durch den Gießener J . B. Schupp 1663 Schriften 263. 645. Das F. ist rückgebildet aus dem schw. Ztw. q u a r r e n 'anhaltend weinen wie kränkliche Kinder' (Schambach a. a. 0.), westfäl. kw^rken 'widerlich schreien' (F. Holthausen 1919 Germ.rom. Monatsschr. 17, 67) zum st. Ztw. ahd. queran 'seufzen' neben kerrean 'knarren, schreien, grunzen, wiehern, rauschen, knurren', m n d . kerren, karren, ags. ceorran 'knarren, krachen', norw. karra 'schnattern, gackern': alle mit dem Namen des K r a n i c h s und des K r a n s zur idg. Wurzel *ger- 'heiser schreien' in aind. jdrate 'rauscht, tönt, knistert, r u f t ' , jarä 'das Rauschen', lit. gürti 'gellen' und alb. nguröii 'heulen' (vom Winde).
Quart]
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Quart n. mhd. quarl(e) n. f. 'der vierte Teil von etw.': mit mnl. quarte, qua(e)rt, afrz. quarte, ital. quarto aus lat. quarta (pars) und quartum, dem subst. Neutr. von lat. quartus 'der vierte'. Quartier n. mhd. quartier n. um 1210 entlehnt aus afrz. quartier m. 'Viertel, der vierte Teil'. Dies aus lat. quartärius m. 'Viertel eines Maßes' zu quartus 'der vierte'. Q u a r t i e r m e i s t e r seit Schertlin v. Burtenbach 1632 Briefe an die Stadt Augsburg (1852) 10; quattermeistere schon in Köln 1475: Ann. d. hist. Ver. Niederrh. 49,124. Quarz m. mhd. quarz zuerst im 14. J h . als Fachwort des böhm. Bergbaus (Germ. 1, 348), zwischen 1360 und 85 Frenczil Quercz in Iglau als mittelbarer Berufsname eines Bergmeisters (F. Jelinek, Mhd. Wb. 560): entlehnt aus gleichbed. kwardy, einer westslaw. Nebenform zu tschech. tvrdy, poln. twardy 'Quarz', sämtlich zu aslaw. tvrüdü 'hart': Wiek 47 f. 103. Bergwörter tschech. Ursprungs sind auch D ü s e und K u x . Durch das Nhd. vermittelt sind schwed. (seit 1624) dän. kvarls, nnl. kwarts, engl. frz. quartz, ital. quarzo. Vgl. K o b a l t und N i c k e l . quasseln Ztw. Zum nd. Adj. dwas 'töricht', zu dem ablautend auch d ö s e n , D u s e l und D u s s e l gehören, und dessen Anlaut Wandel zu qu- erfährt (s. Q u a l m , Q u a r k , Q u a r z , q u e r , Q u i r l ; vgl. Z w e h l e , Z w e t , s c h ( g ) e , Zwinger), werden drei schw. Ztw. der Bed. 'töricht reden' gebildet. Das einfache q u a s e n begegnet seit 1768 Brem. Wb. 3, 397, ein mit fc-Suffix gebildetes q u a a s k e n bei Strodtmann 1756 Id. Osnabr. 175, q u a s s e l n mit Z-Suffix seit Schambach 1858 Gött. Wb. 163 b und Danneil 1859 Altmärk. Wb. 166». Es dringt mit Q u a s s e l e i 'Geschwätz' und Q u a s s e l s t r i p p e 'Fernsprecher' von Berlin aus in die Umgangssprache: Ag. Lasch, Berlinisch 188.210. 295. Quast m., Q u a s t e f. Mhd. qua.st(e), lcost(e) m. f. 'Büschel, Wedel von einem Baum, Laubbüschel besonders des Baders, Federbüschel', mnd. mnl. quasi, nnl. kwast, anord. kvQsir (Gen. kvastar), dän. kost (älter kvost), schwed. kvast (älter kvaster, koster, kvwster), norw. kvost, kvasl führen auf germ. *kwastu-. Daneben wird germ. *kwastavorausgesetzt durch das früh entlehnte finn. vasta 'Besenreis, Badequast'. Damit in Ablaut stehen gleichbed. mhd. queste, ahd. quesla f. 'Laubschürze', asächs. quest 'Laubbüschel'. Sämtlich mit ¿-Erweiterung zu idg. *gVos-: *gV,es-: *gus- 'Gezweig, Laubwerk', die unerweitert vorliegen in dän. norw. kvas 'kleine abgehackte Zweige', norw. tang-kvase 'Tangbündel'. Germ, st kann auf sd oder st beruhen. Ein d liegt vor in aserb. gvozd 'Wald', tschech. hvozd 'Berg', alb. geth(i), gede m. 'Laub, Zweig, Blatt', altes t in
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Quecke
gr. bötrychos 'Laub der Bäume, Geringel, gekräuseltes Haar'. Daneben steht p-Erweiterung in lat. vespix 'dichtes Gesträuch' und aind. guüpitä- 'verflochten, verschlungen', die germ. Verwandte in mnl. quispel, quespel, mnd. md. quispel 'Quast, (Spreng-)Wedel' haben. Fernzuhalten sind asächs. kosp, ags. eysp 'Fessel', cyspan 'binden' sowie anord. kvistr 'Zweig'. Quatember m. mhd. quatember, kotember f. aus kirchenlat. quatuor tempora: die zur Priesterweihe bestimmten vier Wochen des Jahrs, in denen vom Mittwoch an gefastet wird. Daher auch F r o n - , W e i h f a s t e n , s. DWb. 1 4 , 1 , 701. Quatsch m. Laur. Albertus 1573 Gramm. 25 Ndr. nennt die Niederdeutschen scherzhaft die Q u a t l ä n d e r nach ihrem häufigen Adj. q u a t 'schlecht, böse', das sich auch in den Beispielen, mit denen Hochdeutsche des 16. J h . das Nd. kennzeichnen, neben d a t und w a t immer vordrängt; mnd. quät(d) 'böse, schlecht', mnl. qwaet, nnl. kwaad, afries. quäd, ags. ewead. Dazu q u a t s k e n 'Wertloses schwatzen', das lautgerecht zu q u a t s c h e n wird, zu dem Q u a t s c h als Rückbildung gehört, die von Berlin aus ins Reich dringt: Ag. Lasch, Berlinisch 209. Derselbe Stamm in K o t s. d. Anders M. Gottschald in Trübners Dt. Wb. 5, 255: nd. twatsch, dwatsch läßt hd. regelrecht q u a t s c h erwarten; q u a t s c h e n müsse dann auf *quackezen zurückgehen. Quecke f. Agriopyrum repens, das lästige Gras mit schwer auszurottendem Wurzelstock. Die Laut- und Wortgeographie dieses sprachgeschichtlich ergiebigen Bauernwortes behandelt zuletzt Iris Nordstrandh, Brennessel und Quecke, Lund 1954: Das Nd. bewahrt inl. -k-, indem dort vor w nicht geminiert wird, jung ist daraus regelrecht rip. Queche entstanden. Bei der Umwandlung der ripuar. jungen -k- in zikt 'Zeit' usw. in t gerät auch das urgerm. -k- in nd. Queke in diesen Wandel (Adoptivform) im Mittelfränk. Luxemburgs; aber nicht lautgesetzlich ist Quette, Qualle im Rhein- und Ostfränkischen, dies läßt sich nur auf Siedlung von dort des 8. J h . zurückführen. Wie z w e r c h : q u e r entsteht der Typ Zwecke im Elsaß, in Mittelbaden, Zweck in Böhmen. Inl. -kw- ist in Queckfei u. ä. im Westen Westfalens erhalten. Die Niederländer tragen im 12. J h . ihr Pede ins Brandenburgische, das nach Mittelpommern ausstrahlt, damals ist auch so Pein in die Marschen bei Hamburg mitgebracht worden. Das Nl. hat daneben kweek erst seit dem 17. J h . vom Rheinland her. Österreich hat Baier aus slow, pir(a) 'Spelt' = russ. pyrej 'Quecke'. Zu germ. *kwikw- 'lebendig' (s. k e c k , q u e c k ) : das Unkraut heißt nach seiner unverwüstlichen Lebenskraft. Ahd. qtiecca, ags. cwice, engl.
Quecksilber
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quetschen
Quentchen «. 'Viertellot', urspr. ' F ü n f t e l l o t ' : gmtseh, dän. biikka, kvleka, kveka, schwed. norwee. kvike; u r v e r w a n d t is i]at. vivus 'lebend'. zu lat. quintus 'der f ü n f t e ' stellt sich mlat. *quinllnus, *quenlinus, worauf m h d . quintin, Quecksilber n. Mlat. argenium vivum, das in mnd. quenlln beruhen. ital. urgento vivo und frz. vif-argent fortlebt, quer Adj. Im 14. J h . wird auf md. Gebiet erfährt f r ü h Lehnübersetzung zu ahd. quecsilbnr, mnl. quicsilver, airs. aoicseoljor. Aus mild. tu), das sonst zu zw verschoben ist. zu qu (s. quieksulver entlehnt ist spätanord. kviksiljr mit Q u a r k , Q u a r z , Q u e c k e usw.). So wird mhd. seinen Folgeformen. Zum Wandel des Anlauts twerh zu querh, nachmals zu q u e r (vgl. b e (schwäb. K e c k s i l b e r ) s . ( v ) e r q u i c k e n , k e c k , f e h l e n , s c h i e l e n ) . Die Entwicklung im H d . f ü h r t zu z w e r c h , s. d. Die Seetnannssprache Quitze. h a t adverbielles -s in d w a r s ' q u e r ' . Quehle /. md. Form für Z w e h l e , s. d. querfeldein Adv. Eine Bewegung, die von quellen st. Ztw., nihd. quellen, ahd. qvillan, der Bahn abweicht, geht friihnhd. „über zwerchs dazu als Faktitiv q n e l Ien schw. Ztw. 'abkochcn', feld", so Seb. Frank 1538 Chron. d. Teutschcn ablautend gött. quullern 'sprudeln' (Schanibach 3 a . D a f ü r „querfeld durch gemöß, wasser, 1868 S. 165). Außerhalb des Dt. vergleicht sich weider, berg vnd t h a l " Mathesius 1566 Luther das P a r t . ags. Collen in collenferlid 'geschwollen, 88 a , „querfeld hinein setzen" das. 155 b . Die stolz', außerhalb des Genn. aind. gdlali 'träufelt Formel „qver Feld ein" ist erreicht in Leipzig herab', gr. bljjrin 'aufwallen', Dellni als Name 1096: Chr. Reuter, Schelmuffsky, Vollst. Ausg. eines Springquells bei Eryke. Idg. Verbalstamm 13 Ndr. Die Schreibung in einem Wort, die *p, engl, ralh 'schnell', ahd. rat, rad mit den Adv. ags. rade, rade, mnd. rade, ahd. rato, rado 'celeriter\ nnl. ras, aber auch rad (rad spreken, met radde tong). Für urverwandt gelten air. relhim "ich laufe' und seine Sippe. Fernzuhalten sind Bildungen mit anlautendem hr, z. B. r ö s c h , s. d. Dagegen ist r i s c h mit gleichbed. r a s c h verwandt. Zur Abgrenzung von r a s c h gegen s c h n e l l und g e s c h w i n d in heutiger Umgangssprache: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 385. 613. rascheln schw. Ztw., nicht vor Lohenstein 1661 Cleopatra 66 V. 2216 „Daß euch ein Espenlaub, ein Rauch, ein raschelnd Stroh . . . erschrecket"; auch die nächsten Zeugnisse sind ostmd. Iterativ zum lautmalenden schles. r a s c h e n 'Geräusch verursachen'. Im Vokalspiel mit r a s c h e l n (vgl. b i m b a m b u m , p i f f p a f f p u f f ) stehen die noch jüngeren r i s c h e l n (zuerst aus Göttinger Mundart bei Schambach 1858) und r u s c h e i n (seit Campe 1809), die helleren und dumpferen Klang andeuten. Rasen m. Mhd. rase, frühnhd. ras sind die wesentlich ostmd. Formen, die dem mnd. wrase 'Rasen' entsprechen, das in gött. iräsen und nhess. fräsen abweichend entwickelt ist. Die nicht näher deutbare Grundform germ. *wraso kommt dem gleichbed. germ. *waso (s. W a s e n ) nahe, ohne mit ihm verwandt zu sein. R a s e n , zuerst um 1270 im Jüng. Titurel 341, begegnet danach lange nur bei Thüringern, Obersachsen, Lausitzern, Deutschböhmen und Schlcsiern. In die Schriftsprache dringt das der Lutherbibel fehlende Wort langsam im 16./17. J h . Erst im 18. J h . ist W a s e n auf Süddeutschland zurückgedrängt, wo R a s e n noch heute nicht F u ß gefaßt hat. rasen Ztw. mhd. (selten) rasen 'toben', nd. rasen: ein nd. md. Wort, das im Hd. bis zum Ende des 13. J h . fehlt. Konr. v. Megenberg 1349 Buch d. Natur 400 nennt r. ein thür. Wort; Luthers r a s e n (Apg. 26, 24 u. ö.) m u ß seinen
räß
obd. Zeitgenossen durch t o b e n verdeutlicht werden. Es entsprechen mnd. mnl. rasen, nnl. rasen, ags. räseitan 'wüten', reesan 'stürzen, eilen, angreifen, losstürmen', anord. räsa 'sich mit Schnelligkeit bewegen', dän. rase und schwed. rasa mit nhd. Bedeutung. Daneben ablautend anord. norw. schwed. rasa 'gleiten, stürzen'. Ein zugehöriges Subst. lebt in mnd. ras n. 'heftige Strömung', ags. ries m. 'Lauf, Sprung, Ansturm, Angriff', anord. ras f . ' L a u f ' (daraus entlehnt gleichbed. engl, race), daneben anord. ras n. 'Sturz, Eile'. Frz. raz 'reißende Strömung in e. Kanal' stammt aus dem Germ. Für urverwandt gelten armen, efam 'bin in unruhiger Bewegung', gr. eröein (aus *erösein) 'fließen, strömen, sprudeln', eröe (aus *rösä) 'Wurf, Schwung', lat. rörärii 'Plänklertruppe'. Voraus liegt ein idg. Verbalstamm *rös-: *res-: *ns'strömen'. Zum Part, r a s e n d stellt sich R o s e n m o n t a g , s. d. R a s e r e i , mhd. raserle, wird mit fremdem Suffix schon im 13. J h . gebildet. rasieren schw. Ztw. Volkslat. räsäre, Intensivbildung zu lat. rädere 'scharren, schaben, kratzen, scheren', ergibt im 12. J h . frz. raser 'kahl scheren, rasieren', aus dem im 16. J h . gleichbed. nl. raseren hervorgeht. Hierauf beruht nhd. r a s i e r e n , vom Sprach verderber 1644 als modisches Fremdwort bekämpft. Der 30 jähr. Krieg begünstigt es in seiner Bedeutung 'dem Erdboden gleich machen'. Aus afrz. raser in diesem Sinn s t a m m t engl, raze 'zerstören', aus dem zugehörigen afrz. rasour das engl, razor 'Rasiermesser', während für 'rasieren' engl. shave (s. s c h a b e n ) gilt. Mhd. dafür Sehern (schermefäer). Raspe f . 'Reibeisen' erst nhd., nach frz. raspe (jetzt räpe) /. Insofern eines mit R a p p e f . 'Reibeisen', gegen Ende des 18. J h . entlehnt aus gleichbed. frz. räpe, das selbst germ. Ursprungs ist, s. r a f f e n , R a p p ( e ) . Raspel /. 'grobe Feile für Holz, Horn, Leder usw.', kaum vor L. Fronsperger 1578 Kriegsbuch 1, 112 a „Raschpel oder Holtzfeyl": Rückbildung aus dem schw. Ztw. r a s p e l n , das seit J . Geiler v. Kaisersberg 1517 Brösami. 1, 25 b in Bedeutungen wie 'kratzend zusammenscharren, -raffen' nachweisbar ist. Es ist Iterativ zu r a s p e n , ahd. raspön, das als schw. Bildung neben dem st. Ztw. ahd. hrespan 'rupfen' steht. Dies gehört mit mnd. respelen, afries. hrespa, ags. gehrespan 'reißen' zur Sippe von r a f f e n , s. d. räß Adj. ahd. rä%i, mhd. rce%e, md. re%e 'reißend, wild, heftig, hitzig; keck, m u n t e r ; scharf von Geschmack, herb': aus *ured-, Erweiterung von *ure- 'reißen'. Daneben *uräin hom. rheia Adv. 'leicht, mühelos', gr. rhäidios
Basse
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'reißend, rasch, hemmungslos, leicht', rhäistone 'Leichtigkeit': E. Schwyzer 1927 Idg. Forsch. 45, 260. Über Geltungsbereich und Rückgang des namentlich im älteren Obd. häufigen Worts, das heute auf Mundarten und Umgangssprache des Südens beschränkt ist: Bahder 1926 Wortwahl 74. Basse f . Nach Oberhummer 1935 Forsch, u. Fortschr. 11, 265 steht im Ausgangspunkt arab. ra's 'Kopf, Ursprung', Grundwort für span. port, raza, ital. razza, frz. engl. race. Das frz. Wort, seit Beginn des 16. J h . dort eingebürgert, gelangt vereinzelt im 17. J h . in fremder Schreibung zu uns. Bei häufigerem Gebrauch im 18. J h . (Zs. f. dt. Wortf. 8, 91) verflacht sich die Bed. zu 'Sorte, Gruppe'. Als biologischer Begriff wird R a s s e zuerst von Kant 1776 verwendet, eingebürgert erst im 19. J h . Aus lat. ratio leitet L. Spitzer R. ab : 1944 Amer. Journal of Philology 62, 129; ders., Essays in historical semaniics (New York 1948) 147. — R a s s e n k a m p f m., seit B. Auerbach 1849 Tagebuch aus Wien 112, wird (beflügelt durch Gobineau 1853 Essai sur l'inégalité des races humaines) in den 70er Jahren zum Fahnenwort der antisemit. Bewegung: Ladendorf 1906 Schlagwb. 258. — Das Adj. r a s s i s c h 'auf die Rasse bezüglich' wird 1922 von der Rassenforschung eingeführt. Das ältere r a s s i g bedeutet 'von guter Rasse, von ausgeprägt edler Art'. rasseln schw. Ztw. Mhd. r a d e l n teilt als Weiterbildung zu r a ^ e n 'toben' dessen Sinn. Weiterhin wird das Schriftwort in seiner Bed. umgefärbt durch Anlehnung an nd. ratein 'klappern', nd. nl. ratel 'Rassel, Klapper', die nächstverwandt sind mit ags. hralele 'Rasseltopf', engl, rattle 'Klapper, klappern'. Die darin enthaltene germ. Wz. *hrat fügt sich zu gr. kradalnein 'schwingen, schwenken', doch kann bei derartigen Lautmalereien ebensogut Neubildung wie Urverwandtschaft vorliegen. Luthers obd. Zeitgenossen wird sein r a s s e l n (Offenb. 9, 9 u. ö.) mit braspeln, rauschen verdeutlicht: Andr. Schütt 1908 Adam Petris Bibelglossar 66; Karl Bachmann 1909 Einfl. v. Luthers Wortsch. 72. Rast f . mhd. rast(e), ahd. rasta 'Ruhe, Verweilen', daneben ahd. mhd. auch die Bed. 'Wegstrecke', die anord. rgst, got. rasta ausschließlich haben. Vgl. asächs. rasta, resta 'Ruhe-, Totenlager', mnd. roste, rüste (s. R ü s t e ) , mnl. rüste, ags. rœst, engl. rest. Ohne den ableitenden Dental erscheinen got. razn, anord. rann, ags. rcen, ren, afries. ern ' H a u s ' . Die ganze Sippe gehört als s-Erweiterung zum idg. Verbalstamm *erê-, *rè- 'ruhen', s. R u h e . Die Bed. von R a s t als Wegmaß, die das aus dem Got. entlehnte
Ratsche
spätlat. rasta teilt, s t a m m t aus der Zeit der Völkerwanderung. S. Meile. Raster m. 'in Glas geätztes und eingefärbtes Liniennetz': im 19. J h . entlehnt aus lat. rastrum n. 'Karst, Hacke', das im Mlat. die Bedeutung 'Rechen' angenommen hatte, aus der älteren Druckersprache, wie R a s t r a i m. 'Notenlinienzieher', r a s t r i e r e n . Gleichen Ursprungs ist R a s t e r , älter R a s t r u m , als Name des Leipziger Braunbiers: Zeichen des Brauhauses war ein eiserner Rechen mit Bierkrug darauf. J . Fischart 1575 Geschichtklitt. 86 Ndr. weiß Bescheid: „Leipsisch Rechenrastrum". Rat m. ahd. mhd. rät (t) ' R a t , vorhandene Mittel, Vorrat an Lebensmitteln'. Diese Bed. wahren teilweise nhd. G e r ä t , H a u s r a t , U n r a t , V o r r a t . Das alte M. H e i r a t (s. d.) bedeutet urspr. 'Hausbesorgung'. Dazu asächs. räd m. ' R a t , Hilfe, Vorteil', anl. rät (d), mnl. raet (d), nnl. raad, afries. red, ags. rsed m. ' R a t , Vorteil, Macht', anord. räd n. ' R a t , Erwägung, Mittel, Bestimmung, Macht, Heirat', dän. raad n., schwed. räd m. Got. fehlt das Wort, doch ist der germ. Ansatz *rceda- gesichert. Das M. ist abgeleitet vom redupl. Ztw. r a t e n , md. raten, ahd. rätan, asächs. rädan, mnd. nl. räden, afries. reda, ags. reedan 'raten, lesen' (über das Runenraten als älteste Art des germ. Lesens s. l e s e n ) , engl, read 'lesen', anord. räda 'raten, zuwege bringen', dän. raade, schwed. räda, got. garedan 'Vorsorge treffen', urredan 'aussinnen', mit Ablaut rödjan, anord. rseda 'reden'. Die nächsten außergerm. Verwandten sind aind. rädhnöti, rädhyati ' m a c h t (passend) zurecht, bringt zustande, gelingt, befriedigt', awest. räSaiti ' m a c h t bereit', aslaw. raditi 'sorgen' (hieraus entlehnt lit. rodyti 'zeigen'), air. immrädim 'überlege, überdenke', akymr. amraud 'Sinn', nkymr. amrawdd 'Gespräch': sämtlich dh-Erweiterungen zu dem in lat. reor, reri 'berechnen, meinen, dafürhalten' enthaltenen Stamm idg. *re-, *ra-, der auch in R e d e vorliegt, s.d. — r a t s c h l a g e n schw. Ztw. mhd. rätslagen, ahd. rätslagön setzt die Kreisform f ü r Beratungen voraus und erhält Licht aus alten Rechtsformeln wie: einen Kreis, Ring schlagen, das Gericht spannen. Zum Part, g e r a t s c h l a g t Zs. f. dt. Wortf. 1, 303. Ratonkuchen m. Das sonst meist N a p f - oder T o p f k u c h e n genannte Hefengebäck heißt westdt. weithin R a t o n - , R a d o n - , R o d a n - , R o ( n ) d o n k u c h e n u . ä. Erster Wortteil ist frz. raton m. 'eine Kuchenart. N. Törnqvist, Stud. Neophil. 17, 131: Zu nl. rate 'Honigwabe' oder frz. rotonde 'Pelerinenmantel'. Ratsche /. 'Rassel, Klapper', erst nhd., zu mhd. ratzen 'klappern' (s. r a s s e l n ) , tsch aus
Rätsel
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älterem (t)z auch in f l e t s c h e n , g l i t s c h e n , klatschen, knutschen, Pritsche, quetschen, quietschen, rutschen, tätscheln, z w i t s c h e r n und in F a m . - N a m e n wie F r i t s c h und W i t s c h e l . Rätsel n. Die alte G a t t u n g ist bei den Germanen einzelsprachlich b e n a n n t : got. frisahls /., a h d . tunkal n., rätissa, -ussa, -iska (F. Kluge 1926 Stammbildungsl. § 137. 160b), m h d . rätische, rwl(e)sehe, f r ü h n h d . rälersch f . n. Mit a n d r e r E n d u n g (F. Kluge a. a. 0 . § 143) zum gleichen S t a m m (s. R a t , r a t e n ) a h d . *rätislin., m h d . rälsel, rcelsd(e), asächs. rädisli n., rädislo m., m n d . rèdelse, die ihre nächsten Verwandten im Nordwesten h a b e n : mnl. raedsel, räles (aus *rädeles), nnl. raadsel, ags. rèsele (aus *rxdsele), rseJels: hier haben s und l den Platz getauscht wie im Mnd. und Mnl. Mengl. rèdel, engl, riddle danken ihre s-Losigkeit einem Suffixtausch (s. F e s s e l 1 ) . Von Norden vorrückend erreicht rälsel, rcetsel im 15. J h . hd. Boden; L u t h e r s R e t z e l (so seit 1523: Rieht. 14, 12 u. o.) hilft der nhd. F o r m zum Durchbruch, die noch seine w e s t m d . und obd. Zeitgenossen durch R ä t e r s c h ersetzen: F . Kluge 1918 Von L u t h e r bis Lessing 102. R a t t e /. Von den beiden Arten ist die Hausr a t t e (Mus railus) über die ganze E r d e verbreit e t und in E u r o p a seit J a h r t a u s e n d e n vorhanden. Die W a n d e r r a t t e ( M u s decumanus) s t a m m t aus Persien, setzt 1727 bei A s t r a c h a n über die Wolga, wird 1732 über Indien nach E n g l a n d verschleppt und erreicht 1750 Ostpreußen, 1809 die Schweiz. Wanderungen spiegelt auch die N a m e n g e b u n g : kymr. heißt die R a t t e llygoden Ffrengig 'französ. Maus', neuir. francaeh und galluch 'gallische Maus' (Thurneysen, Keltorom. 75), aisl. vpL*k müs. Mit W a n d e r u n g m u ß auch unsere Namengebung rechnen, wenn tt in hd., nd. und roman. Formen wiederkehrt: ahd. ralla f., rato m., m h d . ralle f., rat m.; asächs. ratta, m n d . rolle, mnl. ratte, nnl. rat, rot m., ags. rcet(l), mengl. nengl. rat, anord. rottu- im Beinamen Roltu-hyrggr, schwed. ritta, dän. rotte, norw. isl. rotta, ital. ratto, span. portug. rato, frz. rat. Schwierig bleibt, d a ß nach Abschluß der hd. L a u t v e r s c h . gleichbed. ahd. ratza, m h d . ratz(e) a u f t r e t e n und d a ß in lebenden Mundarten R a t z auch 'Marder' und ' I l t i s ' b e d e u t e t . Man d e n k t an eine Koseform *ratizo (vgl. H i n z , S p a t z , W a n z e ) : P a l a n d e r 1899 Ahd. Tiern. 74f. Rattenkönig m. wird von Gesner 1563 Tierbuch 109a beschrieben als eine bes. große R a t t e , die sich vom Raub anderer R a t t e n n ä h r t . Diese Vorstellung liegt einem reformatorischen Scheltw o r t R. zugrunde, so zuerst 1524 (Sat. u n d P a s q u . 3, 113 Schade). Später wird daraus eine Bezeichnung alter R a t t e n , die
rauben
sich m i t den Schwänzen ineinander verwirrt haben u n d so von ihren J u n g e n verpflegen lassen: Ncmnich 1794 Polygl.-Lex. d. N a t . Gesch. 3, 658. K a u m vor J e a n P a u l 1795 Hesp. (Hempel 10, 621) s t e h t R. in dem von da gewonnenen und heute gewohnten Bild f ü r etwas u n e n t w i r r b a r Verschlungenes. Ratzel n. Nach R a t z m. als N a m e n versch. Tiere mit s t a r k e m Gesichthaar (s. u. R a t t e ) heißen Menschen mit starken, zus.-gewachsenen Augenbrauen R a t z e l gT.'synophrys'.Als Räzel und R ä t h s e l bei Goethe I 27, 232. 361 (Dicht, u. W a h r h . I I 8. 9). Solchen Menschen werden dämonische Eigenschaften zugeschrieben: P r ä torius 1666 Anthropod. 1, 336 „ d a ß manche Leute etlichen alten Weibern a m Gesichte abmercken wollen, welche des N a c h t s zu Mahren werden; als wenn ihre Augenbrauen g a n t z gleich zu gehen, u n d das Plätzgen über der Nase, als das sonsten glat ist, auch r a u c h mit H a a r e n bewachsen a u ß s i e h e t " ; daher das. 335 R ä t z e l 'Nachtgeist'. Diese Bed. b e s t ä t i g t Schmeller 1 2, 194 aus der Oberpfalz. R a u b m. mhd. roup (b) '(Sieges-)Beute, Geraubtes, Räuberei, Plünderung, E r n t e eines Felds', ahd. roub, asächs. röf (in nödröf 'gewaltsame Entreißung'), mnl. nnl. roof, afries. räf, ags. rèaf ' B e u t e , Kleidung, R ü s t u n g ' , anord. reyfi n. 'Vlies, abgerissene Wolle', valrof (aus *-rauf) 'Kriegsbeute'. Dän. rov, schwed. rof beruhen auf E n t l e h n u n g aus m n d . röf. Das germ. Subst. ist in zwei Bed. ins R o m a n , ged r u n g e n : einerseits als ital. ruba ' R a u b ' (dazu rubäre ' r a u b e n ' , frz. dérober 'stehlen'), anderseits als ital. roba, frz. robe f . ' G e w a n d ' (hieraus engl, robe 'Rock, Kleid'); schon a f r ä n k . *rauba f . (in walu-raupa ' B e r a u b u n g der Gefallenen' Lex Bajuv.) h a t t e die Bed. '(erbeutetes) Kleid' entwickelt. Die Subst. gehören zum st. Ztw. ags. rêofan 'brechen, zerreißen', berëofan 'berauben', anord. rjüfa 'brechen' (bes. von Vertragsbruch). Daneben das schw. Ztw. r a u b e n , s. d. Die nächsten außergerm. Verwandten sind aind. röpayali ' v e r u r s a c h t Reißen, bricht a b ' , räpyati ' h a t Reißen im Leib', röpa- n. 'Loch, Höhle', lat. rumpere 'brechen', rüpes ' K l i p p e ' , rupex 'klotziger Mensch, Rüpel', lit. rüpeti 'sich um etw. k ü m m e r n ' , rüp man 'es k ü m m e r t mich' (urspr. 'es zerreißt, bricht mir das Herz'), rüpas, rupùs ' r a u h ' : sämtlich zum idg. Verbalstamm *reup- 'aus-, zerreißen, brechen', p - E r w e i t e r u n g zur idg. Wurzel *reu- 'aufreißen, graben, r a f f e n ' in R i e m e n 1 usw. Vgl. r a u f e n und E. Wadstein 1903 Idg. Forsch. 14, 402ff. S. G a r d e r o b e . rauben schw. Ztw. In älterer Sprache stehen Bildungen auf -ön neben solchen auf -jan : m h d . rovben, ahd. roubön, asächs. röbon, m n d . Töven (daraus entlehnt dän. reve, schwed. röva), mnL
Räuber T
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öven, nul. roven, afries. rävia, ags. rêafian, engl. bereave 'rauben', anord. reyfa 'reißen, pflücken', raufa 'zerbrechen, -reißen', got. biraubön 'ausziehen'. Ableitung von R a u b (s. d.) oder Kausativ zu dem dort entwickelten st. Ztw. germ. *riuban. Ins Roman, entlehnt als ital. rubare, prov. raubar, span. robar 'rauben', frz. dérober 'stehlen'. Räuber m. mhd. roubœre, rouber, röuber, ahd. rot/bare, mnd. mnl. röver, nnl. rover, ags. rcafere, engl, reaver, anord. raufari, reyfari, dän. rarer, schwed. rövare. Seit Frisch 1741 die Bed. 'Schnuppe an der Kerze'; so Jean Paul 1793 Grönl. Proz. 103. Adelung kennt dafür auch D i e b ; entspr. nl. dief aan de leaars. Raubgier f . Während r a u b g i e r i g seit Maaler 1561 gebucht wird, erscheint R a u b g i e r erst mehr als 200 J a h r e später bei Adelung. Entspr. Verhältnisse erweist Ruppel 1911 Rückbildung dt. Subst. aus Adj. 27f. f ü r B l u t - , G e l d - , Lob-, Ruhmgier. Raubritter m. 'Ritter, der vom (Straßen-) R a u b lebt, sich aus dem Stegreif n ä h r t ' . Bisher nicht nachgewiesen vor F . C. Schlosser, Weltgesch. 7, 452. 9, 44. Raubstaat m. Nachdem im Melch. Striegel (1793) 222 von einem Allianztraktat mit dem „algierischen K a p e r s t a a t " die Rede gewesen war. sprach Börne seit 1822 mehrfach (3,132. 5, 291) von Tunis, Algier und Tripolis als „den Raubs t a a t e n ' . Als bei der Aufführung von Gutzkows 'Zopf und Schwert' in Donaueschingen für „Renß, Greiz, Schlciz und Lobenstein" gesagt werden mußte „Algier, Tunis und Tripolis", urteilte Held 1846 Dem deutschen Volke 263 „das h a t im Grunde nicht viel auf sich; denn Algier, Tunis und Tripolis sind auch keine üblen R a u b s t a a t e n " . Das setzt die Übertragung auf die ihre Hoheitsrechte mißbrauchenden dt. Kleinstaaten schon voraus, die z. B. Treitschke 1859 Briefe 2, 32 geläufig ist: „Vernichtung des Bundestages und der 34 Raubstaaten". Gombert 1902 Zs. f. d. Wortf. 3, 327; Ladendorf 1906 Schlagwb. 259. Raubvogel m. 'avis rapax\ Zuerst bei Fischa r t 1570 Nachtrab V. 3. In den Wörterbüchern seit Stieler 1691. Besonderungen wie R a u b m ö w e , - s c h w a l b e nicht vor dem 19. J h . : H. Suolahti 1909 Die dt. Vogelnamen 22. Rauch m. Mhd. rouch, ahd. rouh (hh), asächs. mnd. nd. rök, anfränk. rouc, mnl. rooe, nnl. rook, afries. rêk, ags. rleS, mundartl. rêë, engl, reek, anord. reykr, schwed. rök, dän. reg führen auf germ. *rauki- aus *rougi-, auf dem auch alb. rë 'Wolke' beruhen kann. Das germ. M. gehört mit Ablaut zu r i e c h e n , s. d. — Dem schw. Ztw. r a u c h e n entsprechen mhd. (md.) rouchen, ahd. rouhhan '(be)räuchern', mnd. röken, mnl. röken,
rauh
nnl. rohen, afries. reka, ags. riecan, anord. reykja, schwed. röka, dän. rege, die auf germ. *rauk-jan führen, das sich als Kausativ neben r i e c h e n stellt (wie b e u g e n neben b i e g e n ) . T a b a k r a u c h e n 'ihn in Rauch aufgehen lassen' erscheint 1678 für älteres T a b a k n e h m e n , s a u g e n , s c h l ü r f e n , t r i n k e n : E. Richter 1928 Zs. f. vgl. Sprachf. 55, 138ff. Dazu R a u c h e r und N i c h t r a u c h e r . rauch Adj. Das Adj. r a u h (s. d.) entwickelt lautgesetzlich ein Nebeneinander der unflektierten Form mhd. rüch neben flektiertem rüber (wie h o c h , n ä c h s t neben h o h e r , n a h e r ) . Das Adj. r a u c h hält sich in der Bed. 'behaart' bis ins 19. J h . , dazu werden (schon bei Luther) flektierte Formen wie r a u c h e r gebildet, so daß eine Spaltung in r a u c h und r a u h eintritt, die die nhd. Grammatiker gutheißen: H . Paul 1916 D t . Gramm. 1, 376. — R a u c h w e r k n., mhd. rüchwäre 'Kürschnerhandwerk', enthält das Adj. in der Bed. 'haarig, mit Haaren bewachsen'. Als rauehwerck 'edle Pelzware' erscheint es 1529, es bleibt bis ins 18. J h . die Nebenbedeutung 'grob, zottig', was keine Herabsetzung zu sein braucht. R a u c h h a n d e l ist eine erst nhd. Klammerform aus R a u c h ( w e r k ) h a n d e l : B. Schier, Zur Geschichte des Wortes „Rauchware" 1950. Räude /. Hautkrankheit bes. des Viehs. Mhd. Hude, rüde, ahd. riudi, rüda, älter hrüda 'scabies, Impetigo, ulcus', asächs. hrülho, mnl. rüde, nnl. ruii, ags. hrüde f . 'Räude, Krätze', anord. hrüdr m., norw. ru(r) 'Schorf' sind mit dem Suffix der Krankheitsnamen (germ. -apan, -ipan, -idan) gebildet. Weitere Verknüpfungen sind nicht gesichert. raufen schw. Ztw., mhd. roufen, ahd. rouf(flen, raufen 'raufen, rupfen', md. rönfen (vgl. g l a u b e n , H a u p t ) , mnd. r&pen, asächs. röpian, mnL röpen, ags. rlepan, engl, rip 'reißen', got. raupjan 'ausrupfen'. R a u f e /. 'Futterleiter', spätmhd. roufe, mnd. reepe, ist Rückbildung aus dem Ztw. Intensivbildung dazu ist r u p f e n , s. d. Germ. *raup- beruht auf *roub-: *reub-, einer Auslautdublette zu idg. *reup- in R a u b , s . d . Außergerm, vergleichen sich ir. roh 'wühlendes Tier', lat. rubidus 'rauh, roh', rubeta 'Kröte'. Raugrat m. mhd. rügräve, Titel wie mhd. mltgräve. Urspr. wohl 'Graf in rauhem, d. h. unbebautem L a n d ' . rauh Adj. Mhd. rüch, rüher, ahd. ruh, rüher, mnd. rüge, rüwe, mnl. rü, ruueh, nnl. ruig, ruw, ags. rüh (Gen. meist rüwes) 'rauh, grob, haarig; unbereitet, ungezähmt', engl, rough 'rauh, grob' vereinen sich auf westgerm. *rüh(w)a-. Ostund nordgerm. ist das Wort nicht bezeugt; auf Entlehnung aus dem Mnd. beruhen dän. ru 'ungehobelt' und schwed. rugg 'das Rauhe a n Fellen und Stoffen'. Außergerm, vergleichen
Rauhbein
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sich lit. rukti 'sich runzeln' u. aind. rüksä- 'rauh, trocken, mager'. Idg. *reuk- gilt als Erweiterung des Verbalstamms *reu- 'aufreißen, -wühlen'. Zur Abspaltung des nhd. Adj. rauch s. d. Rauhbein «. Schelte des Ungeschliffenen. Engl. rawboned 'fleischlos, klapperdürr' wird volksetym. zu rauhbeinig. „Die Rauhbeinigen" ist von etwa 1800 bis 1830 Spottname der Berliner Bürgerpolizei im Gegensatz zum preuß. Heer in seinen glatten Lederhosen und Gamaschen. Die Rückbildung R a u h b e i n , noch nicht in Kaltschmidts Gesamt-Wb. 1851, mag norddeutschen Stud.-Kreisen entstammen: Westfäl. ruchschuoken ist von Pferden mit stark behaarten Beinen, also gewöhnlichen Schlags, auf Menschen übertragen. Rauhreif m. Die Wortkarte 'Rauhreif* von Ilse Sander bei Mitzka, Dt. Wortatlas III (1954) zeigt im Nordrand Böhmens und Nachbarschaft Reim, Anreim; weithin im Böhmerwald und in Österreich Rimm, das als Ruhrimm am Niederrhein erscheint. Das Nd. hat seine Formen Riep, Ru(ch)riep; in West- und Ostfalen, Ostfriesland gilt Ruhfrost, auch um Aachen Rauhfrost. Das Alem. hat außerhalb des diphthongierenden Schwaben im Westen Riffe, im Süden Riefe. Tirol hat um Innsbruck Pfreim, Bayern um die Isarmündung Greim, um Regensburg Anhang (Ohang), also an den Baumzweigen, Kärnten wieder Reim und dazu Reinfrost. Rauke f. Lat. erüca 'Senfkohl' ergibt ital. ruca (sonst gilt die Verkl.: ital. ruchetta, frz. roquette, nnl. raket, engl, rocket). Von da unser R a u k e , kaum vor 1574: H. Fischer 1920 Schwab. Wb. 5,186. Raum m. Mhd. ahd. asächs. ags. anord. got. rüm, nnl. ruim, engl, room, norw. röm, dän. schwed. rum 'Raum, freier Platz, Lagerstätte, Sitzplatz, Bett' sind Substantivierungen des gemeingerm. Adj. *rüma- 'geräumig': got. rüms, anord. rümr, schwed. dän. rum, ags. afries. mnd. rüm, nnl. ruim, ahd. rümi, mhd. (ge)rüm, nhd. geraum, geräumig. Auch die Entsprechungen des schw. Ztw. räumen gehen durch mehrere germ. Sprachen; sie setzen germ. *rümian 'roden' voraus. Adj. Bildungen auf germ. -ms-, idg. -mosind auch arm und warm. Die idg. Wurzel *reu'weit; Raum'wird vorausgesetzt auch von awest. rava- 'Raum, Weite', toch. ru- 'öffnen', lat. rüs 'Land', aslaw. ravlnü 'eben'. — Über die Schwierigkeiten, die Luthers Raum Mark. 2, 2 u. ö. seinen obd. Zeitgenossen bereitete, s. A. Schütt 1908 Ad. Petris Bibelglossar 66 und K. Bachmann 1909 Einfl. von Luthers Wortsch. 72. Raune m. 'verschnittenes Pferd', s. Hahnrei, R e u ß , W a l l a c h , wrinschen. raunen schw. Ztw. mhd. rünen, ahd. rünen, asächs. rünön, -ian, ags. rünian, engl. roun(d)
Raute
'flüstern, heiml. u. leise reden', anord. reynai gemeingerm. Abi. zum Fem. germ. *rünö'dumpfes, heimliches Gemurmel, Geheimnis'. S. Rune und Alraun. Raupe f. 'Insektenraupe', urspr. wohl nur die behaarte. And. rüp(p)a, spätmhd. rüp(p)e, mnd. mnl. rüpe weisen auf germ. *rüb-jö- (s. Robbe). Die Form mit au (ou) ist ins Westobd. nur entlehnt, alt ist dort die mit w, vor Verschlußfortis auch gekürzt zu u. Schwierig bleibt schwäb. üd (auch in ruepen 'die Bäume von Raupen reinigen'). Häufiger ist in Schwaben Graswurm (ahd. grasaururm), R a t z e , in der Schweiz Tüfels-chatz (mit dem Blick auf die Behaarung), sonst K o h l - , K r a u t w u r m , Wurm. Rausch1 m. Name verschiedener Pflanzen, vor allem 'Binse, Mäusedorn, Brüsch, Preiselbeerstaude': mhd. rusch(e), mnd. tisch, rüsch m., nl. rusch, ags. risc(e), resc(e), rysc(e) f., engl, rush 'Binse', färöisch ryski, norw. rusk, ryskje 'Schmiele'. Für urverwandt gelten lit. rezgii 'stricke, flechte', rezgis 'Korb', aslaw. rozga 'Rute, Zweig', lat. restis, aind. räjju- 'Tau, Seil': sämtlich zum idg. Verbalstamm *rezg- 'flechten, winden'. Rausch2 m. s. Tauschen. rauschen schw. Ztw., mhd. rüschen, riuschen, mnd. rüschen, mnl. ruusscen, nnl. ruischen, ags. hryscan 'krachen, sausen, schwirren', mengl. rouschen, engl, rush 'rauschen, stürmen'. Lautmalende Bildung ohne außergerm. Beziehungen. Rückgebildet ist daraus R a u s c h m. '(leichte) Trunkenheit'. Hd. zuerst als reuschlin bei K. Scheidt 1551 Grobianus 2557, nd. rüsch seit 1563. Rauschgelb n. 'rotes Arsenik', frühnhd. reuschgeel in Bergwerksbüchern seit 1546; entspr. nnl. rusgeel. Erster Teil lat. russus (ital. rosso) 'rot'. räuspern schw. Ztw. spätmhd. riuspern, rüspern, frühnhd. rusperen, räuspern, ryspern, reißperen: Iterativ zu gleichbed. mhd. riuspen, nd. rüspen. Mit andrer Endung steht daneben mhd. riuspeln,frühnhd. reusplen,in Böhmen rauspeln. Voraus geht ahd. girüspit/inhorruit (aper). Außergerm. vergleicht sich lat. rüspäri 'suchen', urspr. 'aufreißend, durchwühlend nach etwas forschen', das fortlebt in ital. ruspare 'scharren' (von der Henne), woneben ruspo 'rauh, neugemünzt; ungezogener Mensch', ruspio 'rauh', rospo 'Kröte'. *reus- ist Erweiterung des verbreiteten Verbalstamms idg. *reu- 'aufreißen'. Raute f. Ruta graveolens, ahd. (Zs. f. d. Wortf. 6, 194) rüta, mhd. (das. 6, 22) mnl. rüte, nid. ruite 'Fensterscheibe'. In ahd. Zeit entlehnt aus lat. rüta, das seinerseits aus gleichbed. gr. rhyte entlehnt sein kann. Ags. rüde scheint durch keltoroman. Vermittlung gleichfalls auf lat.
Razzia
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füla zurückzugehen. Engl, rue ist durch frz. rue vermittelt. Auf dem Mnd. beruhen dän. rude und schwcd. ruta, auf dem Schwed. finn. ritulu. — D e n k t man die Spitzen der vier Krnnblätter der Raiitenblüte durch Gerade verbunden, so erhält man die Figur eines Rhombus, der darum seit 1539 (Schirmer 1912 Wortsch. d. Math. 63; Götze 1919 Anf. e. m a t h . Fachsprache 143) R a u t e heißt; im bleigefaßten Fenster aus kleinen Scheiben haben diese aus älterer Zeit diese Figur, jetzt ist die kleine Oberscheibc mit rechtwinkligem Zuschnitt R a u t e genannt. Anwendungen in B a u k u n s t und Heraldik gehen der m a t h . bei s p ä t m h d . mnd. mnl. rüte voraus. In obd. Volkssprache entspricht W e c k , im Kartenspiel (Rauten 'carreau' seit Duez 1664) E c k s t e i n : Zs. f. dt. Phil. 60 (1935) 330ff. Vgl. nd. Rvleribur ' K a r o b u b e ' bei F . Reuter, Läuschen II 8. Razzia /. Arab. ghäzija ist der Streif- und Kriegszug eines S t a m m s gegen den andern. In Nordafrika, wo der Anlaut r-Klang gewinnt, lernen die Franzosen den Arabern die grausame Sitte ab, ihr razzia erscheint bei uns 1841: Schindler 2 2, 900; L i t t m a n n 1924 Morgenl. Wörter 67. Realschule f . zuerst von P f a r r e r Chr. Semler in Halle 1706 f ü r seine lateinlose Lehranstalt verwendet, die er noch 1705 „Mathematische Ilandwerksschule" n e n n t : N y s t r ö m 1916 D t . Schulterm. 1, 45. Rehe /. mhd. rebe f . m., ahd. reba f., rebo m. ' R e b e , Ranke, Schlingschößling'. Auf eine ablautende Form asächs. *räba weist mnd. wlnräve, dazu nach Holthausen 1930 Idg. Forsch. 48, 259 westfäl. hüdräwe 'Gundelrebe' (s. d.; der erste Wortteil ' H a u t ' , weil Gleckoma hederaeeum zur Wundheilung aufgelegt wurde, das Nl. macht daraus volksetymologisch hondsdrnj). Verwandt sind dän. r e r ü n j ' s c h w a r z e Rauschbeere, Krähenbeere', schwed. reva 'Ausläufer der Pflanzen', vinrel 'Weinranke', jordref 'Gundelrebe'. Sämtlich zum Verbalstamm *rep- in lat. repere, lit. replioH, lett. räpl 'kriechen'. rebellieren Ztw. und Rebellion /. (aus lat. rebelläre 'sich auflehnen' und rebellio f . 'Erneuerung des Kriegs, Aufstand') treten seit 1615 und 1546 bei uns auf, das nachmals auf die Mundart zurückgedrängte Adj. r e b e l l i s c h seit 1570: Mod. lang, notes 38, 405; Zs. f. d. Wortf. 16, 205. Rehensaft m. f ü r 'Wein' zuerst in einem Weing n i ß von E n d e des 15. Jh., angeführt von Fischa r t 1575 Garg. 125. Die Nachbildung T r a u b e n s a f t kaum vor Wieland 1771 Amadis X I I Str. 17. Auch G e r s t e n s a f t f ü r 'Bier' (seit Brockes 1748 l r d . Vergn. 9, 145) ist Nachbildung von Rebensaft.
recht
Rebhuhn w. Der Anklang von a h d . rëb(n)huon (10. Jh.), mhd. rëphuon an ahd. reba ' R e b e ' ber u h t auf nachträglicher Anglcichung: Germanen haben den Vogel benannt, längst bevor er in d t . Rebbergen nisten konnte. An nd. rap 'schnell* angeglichen ist mnd. raphöne (von d a e n t l e h n t mnl. raphoen, norw. dän. raphone, schwed. rapphöna); voraus liegt *reve-hön. Der german. Sippe u r v e r w a n d t ist eine balto-slaw.; russ. rjahka, slow. )ercb, serb. jareb (aus aslaw. jalabï) ' R e b h u h n ' , lett. lauka-iibe 'Feldhuhn 1 . Der Vogel ist nach seiner F a r b e b e n a n n t , vgl. aslaw. rebü, niss. rjab ' b u n t ' . Wz. *er. Aus dem Germ, weiterentlehnt sind lett. rrnze, estn. roos, finn. ruusu. Alle diese Formen setzen ö voraus, sind also erst entlehnt, nachdem im 6. Jh. lat. o in offener Silbe gedehnt und die Diphthongierung von germ. ö zu ahd. wo (s. S c h u l e ) zum Stillstand gekommen war. Dazu stimmt, daß in zwei karol. Garteninventaren von 812 die Rose noch fehlt: J. Hoops 1916 Reaüex. d. germ. Alt.-Kde. 3, 531. Klösterlichen Ursprungs ist auch die Wendung „etw. unter der Rose ('im Vertrauen') sagen". Sie übersetzt mlat. sub rösä färi: über dem Tisch war eine Rose aufgehängt oder gemalt, unter der bleiben sollte, was am Tisch gesprochen wurde. R o s e als Krankheitsname verdrängt bei uns älteres Ant o n i u s f e u e r im 17. Jh.; nl. ronse 'erisypebis' begegnet schon bei Hadr. Junius 1567 Nomen cL 462 a . Der Name geht von der roten Färbung aus, die die Hautkrankheit hervorruft. Vgl. R o t lauf und J. Sehwers 1925ff. Zs. f. vgl. Spracht. 53, 107. 54, 50 f. Rosenkohl m. Brassica oleracea gemmifera heißt nach den kugeligen Knospen in den Blattachseln, die ihr in Wien den Namen ( K o h l - ) S p r o s s e n eingebracht haben. Gebucht nicht vor Campe 1809, nach der mundaril. Verbreitung (schweiz. rösVchöl, eis. röseleköl, schwäb. roseköl nsw.) gewiß älter. Rosenkranz m. seit dem 15. Jh. Wiedergabe von kirrhenlat. rosorium 'Schnur mit größeren und kleineren Perlen, an denen die Katholiken ihre Vaterunser und Ave-Mana abzählen'. Mittelalterliche Frömmigkeit verglich die Gebete den Blumen, wie auch Gebetbücher G i l g e n g a r t oder Hortulus animae hießen: Religion in Gesch. u. Gegenw. 5 (1913) 26. Rosenmontag m. der Montag zwischen Sonntag Estomihi und Fastnacht, ein nrhein. Wort: aus rasen(d)montag, im 18. Jh. belegt als 'am rasenden Montag'. Zu r a s e n , köln. rgse 'tollen*. Rosinante f . (eigtl. m.) 'elender Gaul', eines der wenigen geflügelten Worte aus dem Span.:
Rosine
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Don Quijote (im gleichnamigen Roman des Miguel de Cervantes, 11616) gab seinem Pferde den aus span. rocin 'Klepper' und antes 'früher' zns.-gesetzten Namen, um anzudeuten, daß sein Streitroß früher ein bloßer Reitklepper gewesen sei: Büchmann 1912 Gefl. Worte 318. Rosine /. Auf lat. ractmus, volkslat. *racimus 'Kamm der Traube, Beere, Traube' beruht (wie ital. racimolo 'Weintraube') frz. raisin (sec) 'Rosine', das die pikard. Nebenform rosin entwickelt. Hieraus mnl. rosine, mnd. rosin(e): nächst Holland war Hamburg der wichtige Umschlagplatz für den Rosinenhandel. Mhd. rosin f. steht zuerst in der Christ-Herre-Chron. (thür. vor 1288), friihnhd. rosein in einer Nürnberger Chron. um 1400; Luthers Form ist R o s i n . Heute ist R. für 'getrocknete Weinbeere' fast schon gemeinhochdeutsch; im Südsaum behauptet sich die aus arab. zabib durch ital. zibibbo vermittelte Z i b e b e ; heimische Namen sind M e e r t r a u b e im Elsaß, W e i n b e e r i n in Österreich und Oberpfalz: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 395 ff. Rosmarin m. Die mittelmeerische Küstenpflanze mlat. ros rnarinus (wörtlich 'Meertau') erscheint als roßmarin in Nürnberg 1482, als rosenmarin in Augsburg 1486. Etwa gleichzeitig gelangt das Wort unter naheliegenden Angleichungen in Nachbarsprachen: nl. (1598) ros-, rozemarijn, engl, rosemary, dies entlehnt über afrz. rosmarie. Roß n. Ahd. (h)ros (ss), mhd. mnd. ros, ors, asächs. hros und mit Ablaut Tiers, mnl. ors, nnl. ros, afries. hors, hars, ags. mengl. hors, dazu der ags. Männername Horsa, engl, horse, anord. hross, selten hors, schwed. dän. mundartl. hors, ros (dazu schwed. horsgök 'Heerschnepfe') führen auf germ. *hersa-, *hursa: mit expressiver Gemination (H. Hammerich, PBBeitr. 77, 187) hrussa-, vorgerm. *kru-td-s, Part, zu einem verlorenen Ztw., das 'springen' bedeutet hat und mit gleichbed. aind. kur.iati zu einer Dentalerweiterung des idg. Verbalstamms *(s)ker- 'springen' gehört. Im Got. wird statt dessen aifoa-gesetzt, das in asächs. ehu-, ags. eoh, anord. jör wiederkehrt und als der idg. Name des Pferds erwiesen wird durch gleichbed. air. ech, agall. epo- im Namen der Pferdegöttin Epona und in Männernamen wie Epognatus, dazu die Verkl. akorn. akymr. abret. ebol, nbret. ebeul 'Füllen', lat. equus, gr. hippos, lit. aSvä ('Stute'), aind. asvah, awest. aspö, tochar. yuk, yakwe. Es ist schon im Ahd. verloren, im Mhd. dringt P f e r d durch (s. d. und Gaul), R o ß bewahrt aber obd. die umfassende Bed. 'Pferd': F. Wrede 1926 Dt. Sprachatlas 8. Ans dem Germ, entlehnt sind die roman. Wörter frz.norm. harousse, frz. rosse, prov. rosa, ital. rozza 'Mähre', mlat. runcinus, afrz. roucin, span.
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Roßtäuscher
mein (s. R o s i n a n t e ) . 0 . Paul 1939 Wörter u. Sachen 20, 41. Roße /., auch R o ß m. n. 'Honigwabe* mhd. rä%e f., rä% n., ahd. rä%a f. (Ahd. Glossen 2, 622, 1). Ein vorwiegend md. Wort (obd. gilt W a b e , s. d.), entspr. anl. (Psalmen 18, 11) rata (für *hräta, erwiesen durch vulgärlat. fräta 'Honigwabe' in den Reichenauer Glossen), nnl. raat f. Ein germ. Erbwort (frz. rayon de miel beruht auf Entlehnung). Als Grundbed. ergibt sich 'Geflecht' aus mhd. rä%e (afrz. ré Roman. Forsch. 1, 445) 'Scheiterhaufen', mnd. kalkrose 'geschichtetes Holz zum Kalkbrennen'. Nach Berneker, Slaw. Wb. 605 ist die Sippe urverw. mit aslaw. kleinruss. krada 'Scheiterhaufen'. Vgl. H. Schuchardt, Sitz.-Ber. der Berl. Akad. 1917, 156ff.; L. Spitzer 1917 Lit.-Bl. 38, 328; v. Bahder 1925 Wortwahl 133 f. Rösselsprung m. urspr. die Aufgabe, mit dem Springer (obd. Rö ßlein) alle Felder des Schachbretts zu durchlaufen und dabei kein Feld zweimal zu berühren; dann ein Rätselspiel, bei dem ein Schachbrett oder eine willkürliche Figur vermengter Silben nach dem gleichen Grundsatz zum Satzganzen zu ordnen sind. Gebucht nicht vor Campe 1809, in scherzhaftem Vergleich schon bei Jean Paul 1795 Hesp. 2 , 1 1 . rößen s. r ö s t e n 2 . Roßkamm m. Pferdehändler seit dem 16. J h . allgemein, greifbar seit Kirchhof 1563 Wendunmut 1, 214. Ahd. roscamp ist 'Kamm zum Putzen der Pferde': das Gerät gibt den Übernamen des Händlers ab, der die Pferde zum Verkauf herausputzt (auch in Fam.-Namen wie R o s - , R o ß k a m , - k a m p , - k ä m p f ) . So heißt der Schuster K n i e r i e m , B e c h , P e c h d r a h t , der Bauer F l e g e l usw. Roßkastanie f. Aesculus hippocastanum L. wird im 16. J h . aus den Balkanländern in Mittelund Westeuropa bekannt. Der dt. Name zuerst bei G. Handsch, P. A. Mattiolis New Kreuterbuch verdeutscht (Prag 1563) 74 C: „Die Türken nennens Roßcastanien, darumb das sie den keichenden Rossen seltr behulfflich sindt". Auch die Auffassung des Baums als Kastanie stammt von den Türken, die ihn at ('Pferd') kestänesi nennen: entspr. ital. castagne cavalline, frz. châtaigne d'i cheval, nnl. paardenknrstengeboom, engl, horse-chestnul, dän. norw. heste castanie, russ. knnskoi kastan. Tatsächlich ähneln sich ja nur die Früchte in Gestalt und Farbe: R. Loewe 1938 Beitr. 62, 52ff.; H. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 132f. Roßtäuscher m. mhd. rostiuscher, -tüscher 'Pferdetauscher, -händler' (s. T a u s c h ) , seit dem 13. Jh. als Fam.-Name. R o ß bewahrt (wie in R o ß k a m m ) seine umfassende Bed.
Rost
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Rotkehlchen
Rost 1 m. 'eratis', mhd. ahd. asächs. röst m. gilt als Dentalerweiterung der verbreiteten idg. 'Rost, Scheiterhaufen, Glut' neben ahd. rösta Wurzel *reu- 'aufreißen'. /. 'craMeula, sartago', dazu Zus.-Setzungen wie rot Adj. unsre älteste, zugleich die in den idg. ahd. rösitsarn, -pfanna und die Ableitung Sprachen verbreitetste Farbenbezeichnung. Ahd. r ö s t e n schw. Ztw., mhd. rœsten, mnd. ahd. mhd. röt, asächs. röd, mnl. root (d), nnl. rood, rösten 'auf dem Rost braten'. In den verwandten afries. räd, ags. read, engl, red, anord. raudr, dän. Sprachen entsprechen mnl. roost TO., rooste f., red, schwed. röd, got. raups, mit Ablaut ags. reod, rooslen, nnl. rooster, roosten, roosteren. Dan. reste anord. rjödr führen auf vorgerm. *raudho-: 'Metall glühen, um es zu reinigen', norw. roste *reudho- 'rot'. Daneben steht vorgerm. *rüdh-, 'dasselbe' mit Subst. roste 'Metallmasse zum auf dem mit R o s t 2 (s. o.) die folgenden germ. Rösten', schwed. rosta mit Subst. rost 'Röstofen' Wörter beruhen: ahd. rutihhön 'rötlich sein', beruhen auf Entlehnung aus dem Dt. Aus afränk. mhd. röten 'rot werden', röt 'rot', got. gariudei *raustjan 'rösten' entlehnt ist afrz. (12. Jh.) 'Schamhaftigkeit', ags. rudu 'Röte', rudian rostir, frz. rôtir 'braten' (wozu als Rückbildung 'rot sein', engl, rud 'Röte' und 'röten', ags. rôt 'Braten'). Aus dem Afrz. weiterentlehnt ist ruddue, engl, ruddock 'Rotkehlchen'. Die nächengl, roast 'rösten'. Ital. arrostir 'rösten' stammt sten außergerm. Verwandten sind lit. raüdas, aus dem Dt. Die Hcrleitung ist nicht gesichert; aslaw. rudü, gall. Anderaudus, air. rüad, akorn. am ehesten sind R o s t und r ö s t e n nach dem rud, bret. ruz, lat. rubidus, rüfus, aind. röhilaknisternden Geräusch benannt. Dann vergleichen (für *rödhita-), awest. raodita- 'rot', aslaw .rudgti «ch das Adj. r ö s c h , mhd. rosch, rösehe, ahd. 'rot werden', lat. rubere 'rot sein', lit. rudeti rSse, 'knisternd, spröde' u. ags. (ge)roseian 'beim 'rosten', ritdas 'braunrot', aslaw. rüdrü, lat. Feuer trocknen', vielleicht auch lit. rüzgiu ruber, gr. erythros, aind. rudhirä- 'rot'. — Der 'brause, schnurre'. S. r ö s c h . Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu Rost 2 TO. 'aerugo'. Mhd. ahd. asächs. mnd. 'roten' (Dat. Plur.). schwed. rost, mnl. ro(e)st, nnl. roest, ags. rüst, Rotang TO. der Rohr liefernde Strauch Calaengl, roust, rust, schott. roost, dän. norw. rust mus rotang: im 19. Jh. entlehnt aus mal. rötan, führen auf germ. *rud- 'rot' (s. d.) aus wie gleichbed. engl, rattan, dän. schwed. nnl. *rudh-, Zu dem konsonantisch ausl. Stamm, rotting, span, rota, frz. rotang, rotin. Pflanzennicht erst zum Adj. wird mit dem Suffix -st namen mal. Ursprungs sind auch B a m b u s , 'zugehörig zu' R o s t geschaffen: die Urbedeu- M a n g r o v e , Sago. tung ist also 'das mit Rot verbundene' (vgl. Rötel TO. mit Ton verbundener roter EisenAngst, Dienst usw.): H. Krähe PBBeitr. 77, 241. kalk zum Zeichnen und Färben. Mhd. rwteUßtein): Zum gleichen Stamm gehört (als *rudhszu r o t . Vgl. engl, ruddle 'Rötel'. men-) ahd. ros(a)mo 'aerugo', worauf mhd. Rotgießer m. 'Kupfergießer' im Gegensatz rosemie) m. 'Sommersprosse, Fleck, Makel' beruht. Nahverwandte Bildungen sind anord. zum Zinngießer. Zuerst 1412 Monum, medii hrosm-hvalr, rostungr, die das durch seine Rost- aevi hist, res gestas Poloniae illustrantia 7, 405. Rotkappe f . heißt der Speisepilz Boletus rufus farbe auffallende Walroß bezeichnen. Die nächsten Verwandten sind lit. rüstas (aus Schaeff. nach seinem braun- oder ziegelroten *rudh-stos) 'bräunlich', riisvas 'rotbraun', raüs- Hut. Weil sein beim Anschneiden bläuliches vas 'rot', lett. rüste 'braune Farbe', rüsa, aslaw. Fleisch schwach rotviolett, später grau-schwarz anläuft, nennt man ihn im Bayer. Wald F a r b rüzda 'Rost'. v e r k e h r e r (wie frz. bolet-ä-peauchangeante). rösten1 schw. Ztw. s. u. R o s t 1 . rösten2 schw. Zw., von r ö s t e n 1 bis zum Zu- Warum er in Teilen Niederbayerns Z i m m a sammenfall mit diesem beeinflußt, alem. rëtsd m a n d l heißt, ist nicht festgestellt: H. Marzell 'miirb werden lassen' vom Flachs und Hanf. 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 620f. Mhd. rostzen 'faulen machen' führt mit gleichbed. Rotkehlchen n. Der älteste deutsche Name mnd. röten, anfr. *rötjan (daraus entlehnt frz. von Lusciola rubecula, die überall nach ihrer rouir), ni. reten, schwed. röta, norw. reyta auf roten Brust und Kehle heißt (engl, robin redgerm. *rautian, Bewirkungsztw. zum schw. Ztw. breast, nnl. roodborstje, schwed. rödhake, frz. mhd. ratzen 'faulen' mit gleichbed. ahd. rö^en, rouge-gorge, ital. petti-rosso, russ. krasno-seika), asächs. roton, afries. (fer)rotia, ags. rotian, engl. ist ahd. rötil(o), mhd. rcetel. In alem. rötele, rot, anord. rotna, Part, rotinn (woraus entlehnt wald-, winterrötele lebt er noch im 16. Jh. Baii.engl, rotten), schwed. rutten, dän. rudden 'ver- österr. tritt damals rotkropf, rotkröpjlein hervor. fault'. Verstreute Spuren des vorausliegenden R o t k e h l c h e n ist urspr. ostmd. und zuerst in Nomens germ. *raut- sind mhd. rô?i 'mürbe', Leipzig 1517 bezeugt. Dän. redkjelk stammt aus westfäl. ruatsk 'brüchig', ruutejül 'morsch', isl. dem Deutschen. In Teilen Thüringens sind die rot, schwed. röta, dän. rede 'Fäulnis'. *reud- Komp.-Glieder umgestellt zu kälredchen, entspr. K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 17. Aufl.
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Rotlauf
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Rübezahl
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die von rötzagel 'Rotschwänzchen' zu zälrSdchen: Nebenbedeutung 'falsch, untreu': S. A. Wolf
1956 Wb. d. Rotwelschen 270. Anknüpfung an Suolahti 1909 Vogelnamen 39ff. Rotlauf rn. zuerst in einer Glosse Frankfurt R o t t e wäre nur bei altem ö möglich, durch a. M. kurz von 1419 herisipula/das roit lauff Reim auf spödt 'spät' (Pamph. Gegenbach hg. (L. Diefenbach, Nov. Gbss. 1867, 155 a ); entspr. v. K. Goedeke 1856, 343) ist aber für Basel in allen frühen Zeugnissen von der R o s e (s. d.) 1510 ö gesichert. Aus dem Dt. entlehnt ist im als Hautkrankheit des Menschen und erst spät 17. Jh. schwed. rotvälska. S. w e l s c h und k a u vom S t ä b c h e n r o t l a u f der Schweine. Der gr. d e r w e l s c h . Arzt Dioskurides hatte um 50 n. Chr. (De materia Rotz m. mhd. ro(t)z '(Nasen-)Schleim', ahd. medica 4, 87 Wellmann) den Krankheitsnamen roz, älter hroz 'mucca, muem, vomex, phlegma, inerysipelas aus erythros ' r o t ' und püas n. ' H a u t ' rheuma', ags. hrot 'Rotz; Schaum'; dazu mhd. eingeführt. Die Lehnübersetzung R o t l a u f ent- rützic, rotzic, ahd. ruzzig, rozzig, asächs. hrottag hält als Grundwort ahd. louft f . 'Schale, Rinde', 'rotzig'. Daneben ahd. hrütan, asächs. hrütan, das in mundartl. L ä u f e l f . 'Rinde, Schale' afries. hrüta 'röcheln', ags. hrütan 'lärmen, (Luise Berthold 1927 Hess.-nass. Volkswb. 2, 56) sausen, schnauben', anord. hrjöta, norw. rjota erhalten ist. R o t l a u f ist an Lauf m. 'cursus' 'knurren, brummen, schnarchen', schwed. ryta erst nachträglieh angelehnt. 'brüllen', älter dän. ryde 'brüllen', rude 'schnarRotspon m. 'Rotwein', ein mecklenb. Wort, chen'. Der nächste außergerm. Verwandte ist erst durch Fr. Reuter verbreitet. Die von Klenz, gr. k&ryzo 'Schnupfen'. Erläuterungen zu Reuters Stromtid I, 21 verRowdy m. 'gewalttätiger Strolch'. Im Engl, tretene Deutung 'spanischer Rotwein' (vgl. der Verein. Staaten kommt, dunklen Ursprungs, G r ü n s p a n ) scheitert daran, daß deutlich 1819 rowdy für den rauhen Hinterwäldler auf französ. Weine gemeint sind. Vielmehr zu mhd. und wird bald zur Schelte des Straßenpöbels. spän m. in seiner Bed. 'hölzernes Gefäß': Rot- Seit Kürenberger 1855 wird R. ins Nhd. überspon wurde vom Faß gezapft, nicht auf Flaschen nommen und zu Formeln wie „literarisches gezogen. Rowdytum" erweitert: New Engl. Dict. 8, 1, Rottanne f . heißt die F i c h t e (Picea excelsa) 846; Ladendorf 1906 Schlagwb. 274.
nach ihrer rötlichen Rinde im dt. Südwesten, zuerst rote Thannen bei Hier. Bock, Neu Kräuterb. 2 (Straßb. 1546) 68 b . Gegensatz W e i ß t a n n e 'Äbies alba' nach der grauweißen Rinde, zuerst Weiß Thanneribaum bei dems. 1551 das. 421 b .
Rübe f . obd. (mit lautgesetzl. Unterbleiben des Umlauts von wo vor b) R u b e , ahd. (Zs. f. dt. Wortf. 2, 233; Zs. f. roman. Phil. 63,176f.)
ruoba, ruoppa (aus germ. *röbjö-), m h d . ruobe, rüebe, mnd. röve, nnd. röwe, mnl. roeve, dän. roe, rapa'. Rotte f . Aus mlat. rupta, rutta (s. R e u t e r , aschwed. rSva, schwed. r8va 'Brassica
R o t w e l s c h ) entsteht afrz. rote 'Schar, (Heeres-) Abteilung, Gefolge', das als mhd. rot(t)e, rot f . für uns zuerst in der Wetterau 1205 greifbar wird. Aus dem Afrz. stammen auch mnl. rote und mengl. route, engl, rout, anord. roti 'Schar'. Zur lautlichen Entwicklung vgl. G r o t t e . rotten1 schw. Ztw. 'ausrotten' nach dem älteren md. roten, Nebenformen zu mhd. riuten 'reuten'. rotten2 schw. Ztw. 'verrotten, faulen' erst nhd., aus gleichbed. nd. nl. rotten. S. r ö ß e n . rotwelsch Adj. 'gaunersprachlich; unverständlich', R o t w e l s c h n. 'die (dem Außenstehenden unverständliche) Sprache der Bettler und Verbrecher; Trugsprache'. — Zuerst um 1300 bei dem mrhein. Geistlichen, der im Ordensland das Passional dichtet (Hahns Ausg. 221, 22: Der
Daneben gleichbed. ahd. räba, mhd. räbe, Schweiz. räb(en) mit b aus westgerm. bb; germ. *rebjö-. Es ist vorgeschichtl. Beziehung zu lat. räpa, räpurn anzunehmen, wozu sich gleichbed. gr. rhdpys,
rhdphys,
aslaw. r&pa, lit. rope stellen.
Vielleicht darf man auch gleichbed. kymr. erfin, bret. irvin vergleichen (falls aus *arbino-, älter *rabino-). Den ostidg. Sprachen fehlt die Sippe; Verdacht der Entlehnung (wie bei H a n f ) liegt nahe. Vgl. K o h l - , R u n k e l - , S t e c k - , Z u c k e r r ü b e . Aus dem Dt. ist das Wort in die balt. Sprachen entlehnt.
Rübezahl m. zusammengezogen aus älterem rüebenzagel, wobei Zagel (s. d.) 'Schwanz' ist. Als Schachtelhalm zwischen den Rüben deutet es A. Wrede, Muttersprache 1952, 290. Für dies lästige Unkraut bietet H. Marzell, Wb. d. dt. kuniginnen röt walsch Was in verborgen). Da- Pflanzennamen 2, 245 Löwen-, Sau-, Ratten-, nach in Tirol 1411, Basel um 1450, Bayern 1475 Katzen-, Fuchs-, Schafschwanz, aus Schlesien und bald allgemein. Grundwort ist W e l s c h P f e r d e z ä l ; 1485 roszzagel, schon das 13. Jh. in seiner Bed. 'unverständliche Sprache', Be- bietet pherdeszail, pherdis zagel Gloss. 3, 537, 59. stimmungswort ein selbst rotwelsches röt Andere Deutungsversuche (Übersicht bei A. 'Bettler' (Rotboß 'betlerherberg' im Uber Vagat. Götze 1929 Lit.-Bl. 50, 411 ff. und H. Dittrich 1510 bei Kluge 1910 Rotw. 1, 54). röt hat die 1933 Jb. d. Dt. Riesengeb.-Vereins 22, 61 ff.,
Rubin
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vgl. Md. Blätter f. Volkskunde 8, 1933, 131) befriedigen nicht. Rubin m. Zu lat. rubeus 'rot' stellt sich mlat. rübinus als Name des roten Edelsteins. Über airz. rnbin gelangt rubin um 1200 in mhd. Dichtungen: Suolahti 1929 Frz. Einfluß 214. Rübsen m. gekürzt aus R ü b s a m e n , mhd. ruobesame 'Rübensaat': die gelbblühende Kohlpflanze Brassica napus, die um ihrer ölhaltigen Samen willen angebaut wird (vgl. Raps). Eis. rübesot (Ch. Schmidt 1901 Histor. Wb. d. eis. Ma. 286a) zeigt S a a t als zweiten Bestandteil. Zur nhd. Verkürzung vgl. M a n n s e n , W e i b s e n (aus M a n n s - , W e i b e s n a m e n ) sowie H. Paul 1916 Dt. Gramm. 1, 238f. und 0 . Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. 346. ruchbar Adj. mit Erleichterung der Drittkonsonanz aus älterem r u c h t b a r , dies mit nd. cht für hd. ft (s. a n r ü c h i g ) zu nd. nicht, mnd. ruchte n. 'guter oder schlechter Ruf', das dem mhd. ruofi m. 'Leumund' entspricht, zu r u f e n . Das Adj. stammt wahrsch. aus der sächs. Kanzlei, von da bei Luther (Matth. 9, 31 u. ö), dessen obd. Zeitgenossen es mit außgerufft, lautprecht erläutert wird: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 110; v. Bahder 1926 Wortwahl 53. ruchlos Adj. mhd. ruochelös 'unbekümmert, sorglos', mnd. rökelös, ags. receleas 'nachlässig', engl, reckless 'sorglos'. Zu mhd. ruoche f . 'Sorge, Sorgfalt', von dem in anderer Entwicklung unser g e r u h e n ausgeht. Die Bed. von r u c h l o s ist gesunken, indem es auf Leute angewendet wurde, die auf Geheiligtes keine Rücksicht nehmen. Ruck m. ahd. mhd. ruc, Gen. ruckes 'schnelle Orts Veränderung', mnd. ruck, nnl. ruh, anord. rykkr. Dazu r ü c k e n schw. Ztw. Mhd. rücken (obd. rucken), ahd. rucken, rucchan, mnd. mnl. rucken, nnl. rukken'rücken', ags. roccian'wiegen, schaukeln', engl, rock 'schaukeln', anord. rykkja, 'reißen, rücken', schwed. rycka, dän. rykke führen auf germ. *rukkian. Man vermutet Verwandtschaft mit R a h e , s. d. rück- in jungen Zus.-Setzungen wie R ü c k f a h r t , - g ä b e , - l ä g e ist aus z u r ü c k (s. d.) entstanden, das auch außerhalb der Zus.Setzung zur Verkürzung neigt: „taumle rück zur Hölle" Schiller. Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. 349. rucken schw. Ztw. von Tauben, deren Laut mhd. mit rucku nachgebildet wird. Gleichbed. frühnhd. ruckeln, ruckern, rückern, rukzen, ruckausen, mhd. ruckezen. Lautmalend auch nd. rüküken, nnl. roekoeken, frz. roucouler 'girren', lat. ruglre 'bellen', gr. rhysein 'bellen'. Rücken m. (in volksnaher Sprache durch B u c k e l bedrängt). Mhd. rück(e), ruck(e), ahd. rucki, älter hrukki, asächs. hruggi, anfr. ruggi,
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Rücksicht
mnl. rugghe, nnl. rüg, afries. hregg, ags. hrycg 'Rücken, Rückgrat, Anhöhe', engl, ridge, anord. hryggr, dän. ryg, schwed. rygg führen auf germ. *hrugja- (vorgerm. *krukio-). Ablautend anord. hrüga f . 'Haufe aufeinandergelegter Dinge'. Außergerm, vergleichen sich mir. crüach f . 'Haufe, Schober, Hügel', kymr. crug 'runde Anhöhe', korn. abret. cruc 'Hügel' (aus *krök-), abrit. *crücion 'Berg' in lat. Penmcrucium 'Berggipfel'; lit. kriàuklas 'Rippe'; lat. crux, crucis 'Krummholz, Marterpfahl, Kreuz': zur idg. Wz. *kreu-k- (Erweiterung von *(s)ker- in lat. curvus 'krumm') von aind. kruncati 'krümmt sich'. Rückfall m., r ü c k f ä l l i g Adj., beide seit Ausgang des 17. Jh. Zum lat. Adj. recidivus (zu recidere 'zurückfallen'), das Celsus von der febris récidiva gebraucht, gehört das subst. F. récidiva, das im 16. Jh. frz. récidive f . ergibt. Dessen Lehnübersetzung ist R ü c k f a l l , während r ü c k f ä l l i g unmittelbar aus lat. recidivus übersetzt sein kann. Echter Volkssprache bleibt das Wortpaar fern, sowohl in seiner ärztlichen wie in der daraus abgeleiteten sittlichen Bedeutung. Rückgrat s. G r a t . rücklings Adv., mhd. rückelinges, -lingen, ahd. (h)ruckilingun, mnd. rugghelings, mnl. rugghelinghe, nnl. ruggelings. Bestimmungswort ist R ü c k e n ; das Grundwort kehrt wieder in ags. bœcting 'rückwärts', ahd. chrumbelingun 'in krummer Richtung'. Nächstverwandt sind mnd. lenge 'langes Bindseil', ags. lohe f . 'Riemen', anord. lengja 'Streifen', dän. kenge 'Seilstrippe'. Außergerm, vergleichen sich lit. lenzes Mz. 'Leitseil, Zugband', lett. lüziklis 'Gelenk', lüks 'Krummholz, Radfelge', apreuß. lunkis 'Winkel', aslaw. IqJcü 'Bogen', sämtlich zum Verbalstamm *lenk- 'biegen'. Das ahd. -lingun ist Dat. Plur. Formen auf -linges begegnen früh im Nd. und sind hier als Gen. Sg. zu fassen. Dem Nhd. ist r ü c k l i n g s durch die Lutherbibel (1. Mos. 9, 23) vermittelt. Grundbed. ist 'in Richtung auf den (eigenen) Rücken'. Bei Ztw. der Bewegung entwickelt das Adv. schon ahd. den Sinn 'mit dem Rücken voran' : ruckelingen giengen si dare. Rucksack m. allgemein erst nach Mitte des 19. Jh. aus Alpenmundarten (SchmeUer22, 80) aufgenommen, daher die im Obd. lautgesetzl. Umlautlosigkeit des u vor ck. In der Schweiz (Id. 7, 635) begegnet ruggsack schon seit 1551. In jüngster Zeit ist rucksack ins Engl, entlehnt. Rücksicht f . stets im übertragnen Sinn des lat. respectus (wie b e r ü c k s i c h t i g e n in dem von respicere). Die Lehnübersetzung hat Lessing 1759 gewagt (Sämmtl. Sehr. 5, 168 Lachmann) und gegen Gottscheds Tadel durchgesetzt. Ihm helfen Geliert, Adelung (seit 1777) und die Klassiker, in deren Tagen auch r ü c k s i c h t s l o s 80*
Rüde
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Rüge
allgemein geworden ist. R ü c k s i c h t s v o l l fehlt irklas 'Ruder am Handkahn': sämtlich zu idg. noch bei Campe 1809. *ere-: *er(e)- 'rudern, Ruder', einem der ehrRüde m. 'männlicher Hund, Jagdhund' be- würdigsten Zeugen uralter Flußschiffahrt. Das ruht auf mhd. rü(e)de, ahd. rudio 'großer Hund, Ruder an der rechten Seite des germ. Boots Bauern,- Schäfer,- Hetzhund'; ihnen ent- (Beitr. 23, 224) gab ihm zugleich Richtung und sprechen gleichbed. mnd. mnl. rode, nnl. reu. Fortbewegung nach Art der Paddel und des Daneben ohne Umlaut (vgl. ahd. grävo neben Wrikkens. Von da hat sich r o j e n zur Bed. 'mit grävio) mhd. rüde, ahd. rudo, mnd. mnl. rode, Riemen fortbewegen' entwickelt, wie auch ags. rodhund 'Dogge'. Die Mundartformen hess. R u d e r im binnenländ. und literar. Gebrauch rütte, hochalem. rütt zwingen zur Annahme die Riemen meint, während seemänn. R u d e r eines ahd. *rutto (germ. *rupian), das durch mnd. stets 'Steuer(ruder)' bedeutet, im Einklang mit rodde, ags. ryßpa, mengl. ryththe 'großer Hund, nnl. roer und engl, rudder. Zugleich blieb Raum Kettenhund' bestätigt wird. Im übrigen ist die zur Entlehnung von lat. remus, s. R i e m e n 2 . westgerm. Konsonantdopplung durch FormRul m. mhd. ruof, ahd. (h)ruof ( f f ) , md. ruf, übertragung wieder beseitigt. Die gelegentlich mnd. röp, raup, mnl. nnl. roep, ags. hröp 'Ruf, bezeugten Formen mit anlaut. hr- sind keine zu- Geschrei, Klage', anord. hröp 'Verleumdung', verlässige Grundlage der Wortdeutung. Das got. hröps 'Ruf, Schrei'. Dän. raab und norw. nächstliegende bleibt, die westgerm. Wort- schwed. rop sind vom Mnd. her beeinflußt. Das gruppe an lat. rutilus 'rötlich' anzuknüpfen Ztw. r u f e n , heute stark, alt auch schwach, (s. rot). — Die westf. Wortfläche mit Rüe in der urspr. redupl., lautet mhd. ruofen und rüefen, allgemeinen Bedeutung 'Hund' ist scharf gegen ahd. {h)ruof(f)an, md. rufen, röfen, asächs. hrödie Nachbarschaft abgegrenzt, nur gilt die laut- pan, anfr. ruepen, -on, mnl. nnl. roepen, afries. gerechte Mundartform zu 'Hund' im südöstl. hröpa, ags. hröpan, hrcepan 'rufen, schreien, und nördl. Rand und im Westen des Münster- heulen', anord. hröpa, hröpa 'verleumden', got. landes, die sonst also im Innern vor dem in hröpjan. Spätanord. hröpa, schwed. ropa und seiner Bedeutung jüngerem R ü d e gewichen ist: dän. raabe stehen unter Einfluß des mnd. röpen. Karte 35 des Dt. Sprachatlas, die zu 'Hund' auch Nächstverwandt sind R u h m (s. d.) und anord. die Lautgeographie bringt. skrap 'Geschwätz', außergerm. lit. skrebeti 'raRudel n. tritt im 17. Jh. (kaum vor Täntzer scheln', aslaw. skrobotü 'Geräusch', gr. krimbala 1682 Jagdgeheimn. 39) als Jägerwort auf. Älter 'Kastagnetten': sämtlich zur idg. Schallwurzel und verbreiteter ist gleichbed. R o t t e , mit dem *kar-: *karä 'laut preisen, rühmen'. S. G e r ü c h t sich doch R u d e l lautlich nicht vermitteln läßt. und r u c h l o s . Rufe f. 'Kruste einer Wunde', in den MundDie aus Bayern und Schwaben gemeldete Form ruedel zeigt obd. Diphthongierung des «vorDen- arten verbreitet. Mhd. ahd. ruf, älter hruf f., tal; auszugehen ist von altem ü. Man setzt für mnd. mnl. rove, anord. hrufa f. 'Schorf' zu ahd. R u d e l eine Grundbed. 'sich (geräuschvoll) be- riob, ags. hreof, anord. hrjüfr 'aussätzig'. Verwegende, dichtgedrängte Schar' an und ver- wandt mit lett. Maüpa 'Grind', lit. kraupüs knüpft es mit der Sippe des verbreiteten Ztw. 'rauh', kymr. erawen 'Kruste'. alem. rodlen, bair. rodeln, rudeln, 'rütteln, Rüffel m. 'Verweis': Rückbildung des 19. J h . schütteln, rollen, kugeln': Schweiz. Id. 6 (1909) aus dem schw. Ztw. r ü f f e l n 'derb tadeln', das 621. 626. selbst erst in Leipzig 1727 erscheint: Chr. F. Ruder w. Mhd. ruoder, md. rüder, röder, ahd. Henrici (Picander), Ernst-scherzh. Ged. 1, 413. ruodar, mnd. röder, rö(e)r, mnl. roeder, afries. „Darum besucht das Frauenzimmer, Wer da des röiher, ags. rödor, engl, rwdder führen auf west- Hobelns noch bedarff, Den riefeln sie gewißlich germ. *röpru-. Anord. rosdi n. 'Ruder' ist ab- scharff". Die hier vorausgesetzte Bed. 'Rauhweichend gebildet, rödr m. bedeutet 'das Rudern'. hobel' hat R u f f e l in nd. Ma.: J . ten Doornkaat Schwed. roder und dän. norw. ror beruhen auf Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. 3 (1884) 60. Von Entlehnung aus dem Mnd. Die Bildung ent- da geht das Wortpaar offenbar aus, wenn auch spricht der von anord. arfir 'Pflug' neben got. hd. r i f f e l n 'durch die Riffel ziehen, durcharjan 'pflügen' oder von anord. laupr, ags. hecheln' eingewirkt haben mag. Dän. reffel leapor 'Seife' zum Verbalstamm *lau- in lat. 'harter Verweis' mit refle 'rüffeln' sind junge laväre 'waschen': F. Kluge 1926 Stammbild. Entlehnungen aus dem Nhd. § 93 a . Das Ztw., zu dem *röpru- gehört, s. u. Ruf ine s. R u i n e . r o j e n . Außergerm, entsprechen aind. aritrah Rugby n. eine Form des Fußballspiels, von m. 'Ruder', gr. eretes, 'Ruderer', eressö, att. Wm. Webb Ellis 1823 auf dem Spielplatz von erettö 'rudere', eretmds 'Ruder', Iri-eres 'Drei- Rugby bei Birmingham eingeführt. ruderer', lat. remus 'Ruder', air. rä- 'rudern', Rüge f. Mhd. ruoge, rüege, mnd. wröge, wröeh, imb-rä- 'zu Schiffe fahren', lit. iriü, irti 'rudern', afries. uorögie 'Anklage', anord. rög 'Streit, Zank,
Ruhe
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Verleumdung', got. wrohs 'Klage, Anklage' mit mhd. rüegen, ahd. mögen, asächs. wrögian, mnl. wroeghen, nnl. wroegen, afries. wrögia, ags. wrcegan, engl, bewray, anord. regja, got. wröhjan 'anklagen, beschuldigen' führen auf germ. *wrög-: *wröh-. Dazu mit Ablaut der Männername germ. *Wragja in got. Wraia und ahd. Ragio. Außergerm. vergleicht man lit. rekiü 'schreie', aslaw. rekq 'sage', rSH 'Rede'. Im Obd. ist r ü g e n schon im 16. Jh. fast abgestorben; Luthers obd. Zeitgenossen wird es mit s e h e n d e n , S c h a n d e n t d e c k e n verdeutlicht: F. Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 110; A. Schütt 1908 Petris Bibelglossar 66; K. Bachmann 1909 Einfl. v. Luthers Wortsch. 73; W. Kuhberg 1933 Verschollenes Sprachgut 58. Buhe f . Mhd. ruo(we), ahd. ruowa, mnd. röwe, rouw(e), mnl. roe, ags. röw, anord. rö führen auf germ. *röwö-, aus *röuä-, die ablautenden Nebenformen mhd. mnd. räwe, ahd. räwa auf germ. *rewö-, aus *reuä-, Außergerm. Verwandte sind gr. eröe 'Ruhe', eröeö 'lasse ab', ardmenai 'ruhig sein', awest. airime Adv. 'still, ruhig', kymr. araf 'ruhig, mild, langsam'. Sämtlich zum idg. Verbalstamm *ere-: *re- 'ruhen'. S. R a s t . — r u h e n schw. Ztw. ahd. ruowen, räwen, mhd. ruowen, räwen 'ruhen' ist Denom. zu Ruhe. Ruhm m. mhd. ruom, ahd. (h)ruom, asächs. hröm, mnd. röm, mnl. nnl. roem 'Ehre, Lob'. Gleichbed. ags. *hröm wird vorausgesetzt durch hrcemig 'sich rühmend, frohlockend', got. *hröms durch die Männernamen Römarlgus und Rümili. Zur selben Wz. mit andrer Ableitung gleichbed. ahd. *{h)ruoä in Namen wie R ü d i g e r , R u d o l f , R u p ( p ) r e c h t , asächs. *hröth- in R o b e r t und Hröthsvith, ags. hrced, hröd(or), anord. hröSr, got. *hröp in den Namen Rudaldus, Ruderigus, -sindws, -bald und im Adj. hröpeigs 'triumphierend'. Die urspr. Bedeutung ist 'Selbstlob, kriegerisches Sichrühmen'. In christlicher und dann höfischer Wertung nimmt das ahd. as. Subst. und Verb, den abschätzigen Sinn 'prahlen' an. Mit der Bedeutung 'Lob anderer' wird der Sinn wieder positiv, das Wort also in seine Würde wieder eingesetzt: H. Bach, ruom, rüemen, enordhistoriein: Festschrift f. H. Hammerich 1952, 13. Die nächsten außergerm. Verwandten sind aind. carkarti 'erwähnt rühmend', kirti- f . 'Erwähnung, Ruhm, Kunde', gr. keryx 'Herold': wie germ. *hrö- zum idg. Verbalstamm *kar-: *karä- 'laut preisen, rühmen', der für lautmalend gilt. — S. R ö m e r und R u f . Ruhmgier f . (seit Steinbach 1734) und R u h m s u c h t (Opitz 1624) sind Rückbildungen aus r u h m g i e r i g (Schottel 1663) u n d r u h m s ü c h t i g (Dasypodius 1535).
rülpsen
ruhmredig Adj., umgedeutet aus mhd. ruomreilee 'sich Ruhm bereitend', das aus mhd. ruomreitieheit 'Prahlerei' und md. rümereden 'sich rühmen' erschlossen wird. Im 16. Jh. entstellte man das unverständlich gewordene Grundwort zu - r ä t i g , - r e t i g und - r e i ß i g . Luthers Formist r h u m r e t t i g , H. Sachsens r u m r e t i g . Die heutige Form erscheint kaum vor 1650. Ruhr /. ahd. (h)ruora, mhd. ruor(e), asächs. hröra, mnl. roere, nnl. roer f . 'heftige, eilige Bewegung', danach 'Bauchfluß, Ruhr als Krankheit': zu r ü h r e n . Die Bed. 'heftige Bewegung' noch in A u f r u h r . Zum medizin. Fachwort gehört einerseits mhd. ruortranc 'Abführmittel', anderseits R u h r k r a u t als Name von Pflanzen, die gegen Ruhr helfen sollen, z. B. der Schafgarbe. Entspr. R u h r a l a n t , - b e e r s t r a u c h , -kirsche, -kolben, -nuß, -rinde, -würz (ahd. rürwurz Zs. f. d. Wortf. 3, 298). Rührei n. Eier, mit dem Quirl durcheinandergerührt und in Butter gebraten, heißen nd. rörei Brem. Wb. 3 (1768) 530, hd. R ü h r e y Ämaranthes 1773 Frauenz.-Lex. 2, 2954, entspr. dän. rereeg, während dem schwed. äggröra E y e r r ü h r (so Adelung 1793 Wb. 1, 1991) entspricht. Neben dem heute im ganzen Sprachgebiet üblichen R ü h r e i gilt in Südostdeutschland e i n g e s c h l a g e n e E i e r , in Österreich E i e r s p e i s ( e ) : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 397 ff. rühren schw. Ztw. Mhd. rüeren, ahd. (h)ruoren, asächs. hrörian, mnd. rören, rüren, mnl. nnl. roeren, afries. hrera, ags. hrwran, anord. hröra, schwed. röra, dän. rere führen auf germ. *hrözian. Man vergleicht aind. frayati 'kocht, brät', awest. xrgv,Tw,yeili 'erschüttert', gr. kerännymi 'mische', kräler 'Mischkrug', und setzt idg. *fceräi' mischen, durcheinanderrühren' an. rührend Adj. Lessing spricht 1754 (Lachm.Muncker 6, 6f.) von der Comedie larmoyante: „Die erste Veränderung brachte dasjenige hervor, was seine Anhänger das rührende Lustspiel, und seine Widersacher das weinerliche nennen." Zu den Anhängern gehört Geliert, dessen Gebrauch von r. unter dem Einfluß von frz. iouchant steht. Gegen w e i n e r l i c h für r. erklärt sich Adelung 1768 (s. l a r m o y a n t , w e i n e r l i c h ) . Älter ist r ü h r e n d e r R e i m als metr. Fachwort: seit Ad. Puschmann 1571 Gründl. Bericht des dt. Meistergesangs 21 Ndr. versteht man darunter Reime gleichlautender Wörter in ungleicher Bed. (ich scheine: die Scheine): zu mhd. rüeren 'hart, feindlich anrühren'. rülpsen schw. Ztw. tritt, neben gleichbed. r ü l z e n , im 17. Jh. auf. Ein Mask. rülz 'roher Kerl' ist schon spätmhd. (Lexer 2, 533f.); dennoch wird nicht r ü l p s e n 'sich wie ein Flegel
Bum
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benehmen' sein, sondern umgekehrt rülz 'Kerl, der hemmungslos rülpst'. Für das Ztw. wäre dann lautmalender Ursprung zu vermuten. Zs. f. d. Wortf. 9, 59.11, 95. Rum m. Seit 1651 ist engl, rumbullion "großer Aufruhr' aus Devonshire bezeugt. Siedler von da bringen das lautmalende Wort nach Barbados, wo es die Bed. 'Zuckerbranntwein' annimmt, weil dieser besonders erregend wirkte. Auf Barbados wird das viersilbige Wort gekürzt zu rum, im New Engl. Dict. seit 1664 bezeugt u. alsbald entlehnt zu frz. nnl. rum: R. Loewe 1933 Zs. f. vgl. Spracht. 61, 76f. In nhd. Text seit 1673: Palmer 117. rummeln schw. Ztw., spätmhd. rumelen, rummeln, mnl. *rommelen (zu erschließen aus rommelinghe f . 'Getöse'), nnl. rommelen 'lärmen, rasseln, toben, brummen; durcheinanderwerfen', dän. rumle, schwed. rumla 'lärmend zechen'. Aus dem Ztw. ist das erst nhd. M. R u m m e l rückgebildet. Ferner stehen anord. rymja 'lärmen', rymr 'Lärm'. Die Sippe ist lautmalenden Ursprungs, vgl. nnl. rommelzoo 'Mischmasch'. rumpeln schw. Ztw., mhd. rumpeln 'lärmen, poltern, geräuschvoll fallen'. Interativbildung wie gleichbed. mengl. romblen, engl, rumble. Die Grenze gegen r u m m e l n (s. d.) ist nicht sicher zu ziehen. Rumpt in. mhd. (selten) rumph, md. mnd. rump, mnl. nnl. romp 'Leib ohne Kopf und Gliedmaßen'. Das nächstverwandte isl. rumpr hat die Bed. 'Steiß' entwickelt, entsprechend norw. schwed. rumpa 'Schwanz', dän. rumpe 'Steiß, Schwanz'. Aus dem Nord, entlehnt ist gleichbed. mengl. rumpe, engl, rump 'Rumpf, Steiß'. Als Ausgangsbed. gilt 'Baumstumpf, abgehauenes Stück': von hier aus hat man Urverwandtschaft mit aslaw. rqbü 'Lappen', *rqbiti 'hauen' vermutet. Aus der Vorstellung des Unvollständigen entwickelt sich 1849 R u m p f p a r l a m e n t (engl, rump-parliament war das von Cromwell 1648 verkleinerte Unterhaus). R u m p f steht auch von Leblosem wie dem S c h i f f s r u m p f . Nd. benrump ist 'Bienenkorb', K o r n - , S c h ü t t r u m p f der Trichter über dem obern Mahlstein der Mühle (doch s. S c h ü t t e r u m p f ) . In der heutigen Hauptbed. galt ahd. botah, mhd. botech wie ags. bodig, engl. boäy. Über das Vordringen von R u m p f s. K. v. Bahder 1925 Wortwahl 18. 43f. S. B i e n e n k o r b . rfimpten schw. Ztw. mhd. rümpfen, mnd. rump 'rümpfen, runzlig machen'. Ahd. *rumpfen fehlt, dafür das st. Ztw. rimpfan, mhd. rimpfen, mnd. rimpen, spätmnl. nnl. rimpelen, ags. hrimpan 'runzeln', hrympel, engl, rimple 'Runzel'. Wieder mit andrer Stufe des Ablauts mhd. rampf, mnd. ramp 'Krampf', engl, mundartl. ramp 'Krümmung', norw. ramp 'magerer Kerl',
Rune
rampa 'Krampf'. Die nächsten außergerm. Verwandten sind lit. kremblys 'Pilz', gr. krdmbos 'eingeschrumpft', kràmbè 'Kohl': *krembist nasalierte Nebenform zu *kereb- '(sich) krümmen'. rund Adj. Lat. rotundus 'scheibenrund' (zu rota 'Rad') ergibt afrz. roont, r(e)oni, woraus mnl. ront (d), engl, round. Das Adj. mhd. runl (d) findet sich, nachdem es in tavelrunde und runttavele längst eingeführt war, ein vereinzeltes erstes Mal bei Herrn. Damen vor Ende des 13. Jh., wird danach rasch häufig und verdrängt gleichbed. sinewèl, wie die Fremdwörter M ü h l e , b u n t , F i e b e r , P f l a s t e r , F l a m m e die heimischen K ü r n , f e h , R i t t e n , S c h w e d e , L a u c h verdrängt haben. Runde f . ist zunächst Abstr. zum Adj. r u n d und begegnet (auch als R ü n d e ) seit dem 15. Jh. Daneben stellt sich um 1600 ein gleichlautendes Lehnwort. Arab. arobt 'fünf oder mehr Soldaten, die eine Wache bilden' ergibt im 13. Jh. span. robda, das sich über rolda zu ronda entwickelt. Hieraus frz. ronde, das kurz vor dem 30jähr. Krieg ins Nhd. gelangt. Wallhausen 1617 Corp. milit. 108 schreibt noch ronde, Grimmelshausen 1669 Simpl. 317 R u n d e . W. Meyer-Lübke 1929 Germ.-rom. Monatsschr. 17, 390. Rundfunk m. 'Übertragung drahtloser Sendungen' : für das fremde R a d i o eingeführt durch Verfügung 418 im Amtsblatt d. Reichspostminist. vom 4. Juli 1924: Zs. d. Sprachv. 39 (1924) 76; 40 (1925) 172ff. Dazu R u n d f u n k g e r ä t , - h ö r e r , - s e n d e r , -Störung usw.: W. Linden 1943 Dt. Wortgesch. 2, 389. Rundreise f . Lehnübersetzung von frz. tournée, noch nicht bei Campe 1809 und 1813. 1812 schreibt Reinhard an Goethe (Briefe S. 128): „Rundreise, so will ich das französische tournée campisiren." R u n d r e i s e b i l l e t ersetzt im letzten Viertel des 19. Jh. frz. bittet circulaire. Rundteil n. beruht (wie frz. rondelle f . 'runder Gegenstand') auf vulgärlat. *rotundella 'Kügelchen', wird aber (wie nnl. rondeel) an Teil angelehnt. In älterer Sprache ist rundel, R o n d e l meist 'runder Schild, rundes Befestigungswerk', in neuerer 'Gartenbeet', österr. R o n d e l l , bair. R u n d e l l haben noch lange an die Herkunft erinnert. Rune m. 'verschnittenes Pferd' s. H a h n r e i , Wallach, wrinschen. Rune /. Mhd. rüne, ahd. asächs. got. rüna, ags. anord. rün 'Geheimnis, Rat, Beratung, Schrift, Rune' führen auf germ. *rünö-. Dazu das Sammelwort ahd. asächs. girüni, ags. geryne 'Geheimnis', got. garüni 'Geraune, Beratung'. Germ. Verwandte sind auch mhd. rienen 'jammern', ags. rèonian 'klagen, murren,
Runge
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sich verschwören, planen', norw. rjöna 'schwatzen'. Ob air. rün, kymr. rhin 'Geheimnis' aus dem Germ, entlehnt oder mit den germ. Wörtern urverwandt sind, ist unentscheidbar. Aus germ. *rünö- früh entlehnt ist finn. runo 'Lied'. Während r a u n e n (s. d.) in ungebrochener Entwicklung fortlebt, ist mhd. rüne vor der Diphthongierung des ü abgestorben. Einzig Schweiz. R a u n (alem. rün) f . 'geheime Abstimmung' lebt bis ins 19. Jh. Im 17. Jh. wird R u n e auf gelehrtem Weg neubelebt, wie dän. rune, schwed. runa in der Bed. 'Zeichen der ältesten nordeurop. Schrift', die es seit Olaus Wormius, Runir seu Danica literatura antiquissima (Kopenh. 1636) hat. Auf ihn bezieht sich J. G. Schottelius, Ausführl. Arbeit (1663) 1163.1389, der R u n e bei den dt. Forschern der Folgezeit einführt. •— Vgl. A l r a u n . Runge /. 'Stemmleiste am Wagen; das aufrechte Rundholz, das die Wagenleiter hält', mhd. mnd. runge, ahd. runga (im rheinfränk. Glossar der Hildegard), mnl. ronghe, nnl. rong 'Sprosse der Leiter am Wagen', ags. hrung 'Leitersprosse, Speiche, Querstange', engl, rung 'Stab, Runge, Sprosse', got. hrugga 'Stab'. Dem gesamten Nord, ist das germ. Wort früh abhanden gekommen. Man faßt es als 'Rundstab' und stellt es zur Sippe von R i n g , s. d. Die nächsten außergerm. Verwandten sind dann umbr. cringatro 'Schulterband', aslaw. krqgu,' Kreis' und (o)kruglü 'rund'. In geschichtlicher Zeit dringt R u n g e von Norden nach Süden vor: um 1215 hat es Hessen und Thüringen erreicht, 1340 Schlesien, 1432 den Schwarzwald. Heute gilt es mundartlich auch im Elsaß und in der Schweiz. Die süddt. Entsprechung Kipf ist nie in die nhd. Schriftsprache gelangt; heute ist sie auf die Mundarten südwärts vom Vogtland und vom bad. Bauland beschränkt. Aus Westdeutschland istRungeinvieleroman. Mundarten gedrungen; auch lett. runga 'Knüppel' beruht auf Entlehnung aus dem Dt. Runkelrübe /. nicht vor Adelung 1777, wie denn der Anbau der Zuckerrübe erst durch die Kontinentalsperre 1806 belebt worden ist. Aus dem Dt. stammen engl, (nicht vor 1784) runcle, dän. runkelroe, schwed. (1870) runkelrova, lit. runkulis, poln. runkla usw. Beta vulgaris var. Cicla L. hat auffallend runzlige Samen, sie ist nach dem unter R u n z e l (s. d.) entwickelten F. R u n k e 'Runzel' benannt. Namen nach ihren Samen tragen auch Mohn, Rübsen, schwarzer und weißer Senf, Spinat und Weizen: 0 . Hauschild 1939 Germ.-rom. Monatsschr. 27, 234; H. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 585. Runks m. 'ungeschliffener Kerl' (so Stoppe 1733 Parn. 272) aus frühnhd. runckes, das seit dem 16. Jh. mit lat. Endung als runcus 'Gro-
Rüpel
bian' erscheint, so noch bei Frisch 1741. Im Schülerlatein des 15. Jh. ist runcus 'Brotranft'; der grobe Kerl und das unförmige Stück Brot tragen gleiche Benennung. An vielen Orten Thüringens vereint R u n k s bis heute beide Bedeutungen: L. Hertel 1895 Thür. Sprachschatz 200. Nd. kann auch ein plumper Hund runks heißen. Runge /., R u n s m. 'das Rinnen; Wasserrinnc, Bachbett'. Heute vor allem ein Wort der obd. Mundarten; aus dem älteren Schweiz, bei Schiller 1803 Teil 2, 2. Früher allg.: frühmhd. runs(t), runse, ahd. runs(a). Zu r i n n e n ; vgl. R i n n s a l . Nächstverwandt got. runs m. 'Erguß', ags. ryne m. 'Lauf' (zur Wz. *ren). rünstig Adj. in b l u t r ü n s t i g aus mhd. bluotruns(ec) Adj. 'wund': zu ahd. mhd. Uuotruns(t) m. /., das aus der abstr. Bed. 'Rinnen von Blut' in die konkrete 'blutende Wunde' übergegangen war. S. R u n s . Zu risen 'fallen' gehört gleichbed. mhd. bluotrisec, das sich mit b l u t r ü n s t i g kreuzt zu spätmhd. Uuotristic, frühnhd. (Luther) blutrüstig. Runzel f . mhd. runzel, ahd. runzala: Verkl. zu gleichbed. mhd. runze, ahd. ruma. Nach Ausweis von gleichbed. mhd. runke, anord. hrukka (aus *hrunkö) steht ahd. ruma für *hrunksa (vorahd. *hrunkita). Die Konsonanz ist erleichtert wie in B l i t z und L e n z , s. d. Das hr- als germ. Anlaut wird gestützt durch das aus dem Germ, entlehnte vulgärlat. fruncetura 'Runzel' (Reichenauer Glossen, Südfrankr., 7. Jh.) zu gallorom. *fruncire, afrz. froncir 'runzeln' aus fränk. *hrunkjan. Andre Stufen des Ablauts zeigen anord. hrokkva (aus *hrenkwan) st. Ztw. 'sich kräuseln, krümmen' und sein Kausativ hrekkva (aus *hrankwjan) schw. Ztw. 'schlingen, kräuseln' mit ihren neunord. Folgeformen. Nahe außergerm. Verwandte sind nicht gesichert. Rüpel m. Zum Männernamen R u p r e c h t (ahd. Hruodprehi aus germ. *hröpis 'Ruhm' und *berMas 'glänzend') gehört als Kurzform rüapal mit p aus Geminata, die durch Angleichung von d an p entstanden war; gleichen Ursprungs sind Fam.-Namen wie R u p p e l , R ü p p e l , R ü p e l . Im 16. Jh. wird der Vorname zu 'Grobian' zuerst in Straßburg 1559: M. Montanus, Titus u. Gisippus E ij „Schaw zu wie ein so grober Rüppel, Hat Schülin an wie ein Ackerbaur". Im gleichen Jahr erscheint in Augsburg das Ztw. r ü p e l n 'jem. einen Flegel schelten': B. Ochinus, Apologen verdeutscht durch Christoph Wirsung 5, 80. Schriftsprachlich wird R ü p e l durch die Bühne, auf die es zuerst J. Ayrer, Dramen 4, 2706, 26 Keller (Nürnberg um 1600) bringt. Vollends eingebürgert haben es die ShakespeareÜbersetzungen Wielands, Eschenburgs und der Romantiker. Vgl. Metze.
Rupfen
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Rüster
Rupfen m. 'grobes Gewebe'. Ein Wort vor wretten, ags. wrötan, engl, root, anord. röta 'wühu allem Bayerns und des östl. Schwabens, zum len' (münsterländ. frö te 'Maulwurf' s. d., eig. Ztw. r u p f e n im 12. Jh. gebildet. Der von der 'Wühler'). Dazu ist R ü s s e l mit dem germ. -ila Hechel abgeraufte Abfall von Flachs und Hanf der mask. Gerätnamen gebildet (wie F l ü g e l , gibt Säcke, Packtuch und Scheuerlappen. Kaiser- S c h l ü s s e l , W i r b e l zu f l i e g e n , s c h l i e ß e n , chron. (Regensb. 1147) 14800 rupfin tuoch von w e r b e n : Kluge 1926 Stammbild. § 90), es beBauernkleidung. Indem neben dem Adj. das zeichnet urspr. die wühlende Schnauze des anfangs nötige Subst. (eiuc m., wät f., tuoch n.) Schweins. Die germ. Wz. *wröt 'wühlen', wegbleibt, entsteht R u p f e ( n ) m. f . n. 'Lein- vorgerm. *uröd, kehrt wieder in lat. rädere wand aus Werg'. — S e i d e n r u p f m. 'Rohseide' 'nagen', röstrum 'Schnabel, Schnauze, Rüssel'. ist ein äußerlich dem Rupfen ähnliches Seiden- Mit andrer Ablautstufe (idg. *uerd-, *ured-) vergleichen sich aind. avradanta 'sie wurden gewebe. Zuerst in Altbayern 16, 26. rupfen schw. Ztw. mhd. rupfen, ropfen, ahd. weich, mürbe', awest. varadva- 'weich, locker', ropfön, mnd. roppen, fläm. rippen, mengl. aslaw. vridü, russ. vered 'Wunde'. rüppen, engl, rip 'reißen', anord. ruppa 'losRußwurm m. Scherzname für Schmied, reißen': Intensivbildung zu r a u f e n (s. d.). Dazu Köhler, Essenkehrer, der auch zum Fam.-Namen r u p p i g Adj., das 1768 vom Brem. Wb. 3, 560 geworden ist: H. Fischer 1920 Schwäb. Wb. aus nd. Mundart beigebracht wird, aber erst 5, 499. seit Bode 1786 Tom Jones 1, 189 in nhd. Text Rüste f . aus spätmhd. rust f . 'Ruhe', einer erscheint. Dazu wohl auch R u p p s a c k als dem Nd. entstammenden Nebenform zu R a s t Schelte norddt. Herkunft. (s. d.): mnd. mnl. rüste, nnl. rust. Hd. nur in der Rüsche f . 'gefälbelter Besatz'. Eine Art auf- Wendung z u r R ü s t e gehen. recht stehender Halskrause nannten die Franrügten schw. Ztw., mhd. rüsten, rüsten, ahd. zosen wegen der dichten Fältelung ruehe 'Bienenkorb' (aus gall. rüsca 'Rinde, aus Rinde Herge- (h)rusten aus *hrustjan, mnd. rüsten (daraus entstelltes'). Im 19. Jh. gelangt das frz. Wort ins lehnt älter dän. ryste, dän. rüste, schwed. rusta), mnl. nnl. rüsten, ags. hrystan, hyrstan: abgeleitet Nhd. Ruß m. mhd. ruoj, ruost, ahd. ruo%, rous;, md. von ahd. firust, ags. hyrst f . 'Schmuck, Schatz; rü%, asächs. hröt, mnd. rot, rüt, mnl. nnl. roet. Ausrüstung, Behänge, Waffen'. Dies zum st. Landschaftlich wirken die alten Nebenformen Ztw. ags. hreodan 'schmücken', anord. hröda nach: oberpfälz. rous, wett. roußt: L. Berthold 'säubern, ein Schiff entladen', dem sich etwa 1943 Hessen-nass. Volkswb. 2, 942. Neben den lit. kräudinu 'lasse laden oder packen' vergleicht, Bildungen auf Dental stehen gleichbed. auf m während die weiteren außergerm. Beziehungen in asächs. afries. ags. hrüm, engl, room, wozu der im — Dunkel bleiben.*, Rüster f . Ulmus eampestris L. und Ulmus sprechende Name des Küchenmeisters Rümolt im Nib.-Lied. Auf -m gebildet ist auch gr. montana Sm., in Deutschland heimisch, führen karymnön 'das Schwarze' zur idg. Wurzel *ker- außer der dem Lat. entlehnten Benennung U l m e für dunkle, schmutzige Farben, die sonst uner- und deren germ. Entsprechung E i m e , I l m e weitert begegnet: aind. karata 'dunkelrot', pers. (s. Ulme) noch einen dritten Namen. Dessen Oardeh 'schwärzlich', karl, karäh 'Schmutz', lit. heutige Form R ü s t e r (nicht vor 1580: J. WiHrnos 'Sumpf'. — In hd. Umgangssprache wird gand, Catäl. herb, in Borussia nasc. 88) ist zus.das Schriftwort R u ß eingeengt durch R a h m 2 gesetzt. Das Grundwort entspricht dem engl. (s. d.), das norddt. weithin, süddt. vereinzelt tree, got. triu 'Baum' und kehrt in A f f o l t e r gilt. Mundartlich ist hamb. sät, lüb. sott (mnd. (s. A p f e l ) , F l i e d e r , H e i s t e r u. a. wieder. Das ags. anord. sät, engl, sool) 'Ruß', eigentlich Bestimmungswort bezeichnet als mhd. rust, 'Angesetztes', wie aslaw. sazda, lit. süodSiai Mz., rüst (Zs. f. dt. Wortf. 2, 218) unsern Baum; es lebt im Orts- und Fam.-Namen R u s t fort. Die lett. suodri 'Ruß'. Rüssel m. mhd. rüe^el; Kürzung des sonst zur alten Formen schwanken, ermöglichen aber den Länge entwickelten Diphthongen ist verbreitet Ansatz *reus-, von dem zu Urverwandtvor -el(vgl. K r ü p p e l , T r o d d e l ) . Ahd. *ruo%il, schaft mit ir. rüaimm 'Betula alnus, Alnus älter *wrös>il ist nicht belegt, wie auchlandschaftl. glutinosa' zu gelangen wäre: Ahd. Glossen 3, das nur dt. Wort seine Grenzen hat: Güntzel, 41, 1; J. Hoops 1905 Waldb. u. Kulturpfl. 168. Hauptschlüssel der dt. und ital. Spr. (Augsb. 261; Schweiz. Id. 6 (1909) 1558; H. Fischer, 1648) nennt R ü s s e l nürnbergisch, während in Schwäb. Wb. 5 (1920) 501; F. Kluge 1926 Leipzig S c h n a u z e gelte. Ihm nächstverwandt Stammbild. § 94 b; Dt. Wortgesch. 1 (1943) 34. sind, ohne i-Ableitung, gleichbed. nd. wröte, — In Mecklenburg versteht man in der Mundart ags. wröt, ferner das urspr. redupl. Ztw. ahd. unter R ü s t e r auch den A h o r n (s. d.). Diese ruofäen, mnd. wröten, nl. wroeten, nordfries. Namengemeinschaft der beiden für bäuerliche
rüstig
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Säbel
Wirtschaft gleichgültigen Baumarten stammt christl. Missionssprache auch 'Kreuz', engl, rood, aus ihrer Gemeinschaft als Straßenbäume. anord. röda, dän. rode, norw. mundartl. -röda, rüstig Adj. ahd. Qi)rusiig, mhd. rüstec 'be- •roe, -ree, schwed. rod führen auf germ. *röda-, reitet, gerüstet, kampfbereit', mnd. nnl. rustidh. *rödö{n). Aus der zweiten Form ist finn. ruoto *ret-: Zum heutigen Sinn hat sich r ü s t i g schon bei 'Stange' früh entlehnt. Man setzt Luther erweitert (vgl. f e r t i g , hurtig), der alte *röt-: *ni- 'Stange, dünner Baumstamm' an und geht im 17. Jh. in der Schriftsprache unter. In vergleicht aslaw. ratiSte, ratoviste'Lanzenschaft', Tirol bedeutet r ü s t i g bis heute 'geputzt, schön lat. retae 'Bäume im oder am Fluß', retäre 'den Fluß von Bäumen reinigen', rätis 'Floß'. gekleidet'. Spätmhd. ruole bezeichnet auch das GeschlechtsRüstzeug n. von Luther 1522 geprägt: Ap.- glied. Weidm. R u t e ist seit dem 17. J h . der Gesch. 9, 15 „(Saulus) ist mir ein außerweit Schwanz von Hund, Fuchs, Wolf, Marder usw. Rüstzeug" für gr. öti oxeüos iKAoyfjs Ecrriv rutschen schw. Ztw. spätmhd. rutschen poi oötos- Der Gen. ¿KAoyijs (für ¿kAektöv) ist 'gleiten' aus älterem rützen. tsch an Stelle von ein Hebraismus, den die lat. Bibel mit vas elec- (t)z wie in f l e t s c h e n (s. d.). Weitere Bezieiionis beibehält. Später folgen auch Katholiken hungen fehlen. wie A. Stifter 1841, L. Anzengruber 1881 und rütteln schw. Ztw. mhd. rüteln IntensivbilM. v. Ebner-Eschenbach 1889 Luthers Wortdung zu gleichbed. mhd. rütten 'schütteln' laut, der anfangs Mühe hatte sich durchzu(s. z e r r ü t t e n ) , das zu der unter r e u t e n und setzen: den obd. Zeitgenossen mußte in Basel r o d e n behandelten Wz. gehört. Schweiz. 1523 R ü s t z e u g mit werckzeug verdeutlicht roden 'losrütteln, -zerren', das mit gleichbed. werden: F. Kluge 1918 Von Luther bis Lessing afries. rothia auf ein schw. Ztw. germ. *röpön 110. Von der Prägung her ist übertragener Geweist, setzt für das Ztw. r e u t e n eine Grundbrauch des Worts bevorzugt geblieben. bed. '(Bäume) losrütteln' voraus. Das zugeBäte f. Mhd. ruote 'Gerte, (Zucht-)Rute, hörige obd. Subst. R i e d 'gerodete Stelle' (aus Zauberstab, Stange, Ruder', ahd. ruota, asächs. germ. *reupa-) beweist mit afries. rothia 'roden' röda 'Pfahl, Schandpfahl, Kreuz', mnd. afries. für das Ztw. r e u t e n (mhd. riuten) eine sonst rode, mnl. roede, nnl. roe(de), ags. röd 'Rute, nicht nachgewiesene Wz. *rut 'lockern, losStange; Rute Land; Schandpfahl', erst in reißen'. Schweiz. Id. 6, 616. 1729. 1801.
Saal m. Ahd. mhd. sal m. n., asächs. seli m., ags. sele m., salor, sasl n., anord. salr m. führen auf germ. *salaz, *saliz n., die alte Bezeichnung des germ. Einraumhauses, auch des bäuerlichen: K. Rhamm, Altgerm. Bauernhöfe im Übergang vom Saal zu Fletz u. Stube, 1908. Daneben ahd. asächs. selihüs 'Saalhaus', asächs. gastseli, ags. gcestsele. Das Got. bewahrt die verwandten saljan 'Herberge finden, bleiben', salipwös f. PI. 'Herberge, Speisezimmer'. Diesem entspricht ags. selp, anl. asächs. selitha, ahd. selida, mhd. selde 'Wohnung'. Urverwandt sind mit Ablaut aslaw. selo n. 'Hof, Dorf', selitva f. 'Wohnung', lat. solere 'pflegen, gewohnt sein'. Der germ. Sippe entsprang die roman. von frz. salle, ital. sala f. 'Saal', sahne m. 'großer Saal', saletia f. 'kleiner Saal', dies als österr. Salettl 'Gartenhaus, Pavillon' zurückentlehnt. Die Bed. 'Flur' haben S a a l und V o r s a a l umgangssprachl. weithin angenommen, die Grenzen zieht Kretschmer 1918 Wortgeogr. 207f. 508f. S. S a l o n . Saat f. 'das Säen, die Aussaat'. Ahd. mhd. mnd. sät f., asächs. säd n., mnl. saet (d) m. n.,
nnl. zaad, afries. sed, ags. sied n., engl. seed. anord. säd, scedi n. 'Saat, Same, Ertrag', säd f , 'Abfall von Korn, Spreu', got. mannaseps 'Menschensaat, Menschheit' führen auf germ. *se-di, *se-da-, Ableitungen aus der in säen und S a m e enthaltenen idg. Wz. *sei- 'säen'. Daneben wird *sato- vorausgesetzt durch kymr. häd 'Saat', akorn. linhad 'Leinsamen', mkorn. häs (s aus älterem d) 'Saat'; Vokaldehnung erst im 5. Jh. Sabbat m. Hebr. schabbath 'Feiertag' (zu sehabdth 'aufhören etw. zu tun, ruhen') ist über gr. säbbaion, lat. sabbatum n. zu uns gedrungen. Das Genus hat sich nach dem Vorbild von T a g gewandelt. S. S a m s t a g , S c h a b b e s . sabbern schw. Ztw. 'den Speichel fließen lassen' mit nd. und ostmd. Ib. Kaum vor Frisch 1741 (Ag. Lasch, Berlinisch 253). Vergleichbar sind mnd. sabben 'geifern', sabbelen 'sudeln'. S. S a f t . Säbel m. weist W. Kurrelmeyer 1920 Mod. lang, notes 35, 405 seit 1428 nach; kurz darauf steht sewel im Neidhart Fuchs 793. Die nächst-
Säbeitbaum
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folgenden Belege stammen von der poln. Grenze und zeigen bis 1505 die Form sehebel. Das weist auf eine erste Entlehnung aus poln. szäbla. In den Türkenkriegen des 16. Jh. hat dann auch dessen Quellwort magy. szablya(zu szabni'schneiden') unmittelbar eingewirkt. Von da ist das Wort auch in andre slaw. und in einen Teil der roman. Sprachen gedrungen. Aus dem Frühnhd. ist im 17. Jh. frz. sabre entlehnt, das engl, sabre, säber ergeben hat. Aus portug. säble stammt säbel im Mal. der Molukken. Das a der Tonsilbe wahren schwäb. alem. Sab el noch bei Schiller und Hebel: Zs. f. dt. Wortf. 5, 276. 14, 33f. 70; Wiek 50f. Säbenbaum s. Sebenbaum. Sa(c)charin n. Aind. sdrkarä, das über arab. sukkar unser Zucker (s. d.) ergeben hat, gelangt früh über Persien nach Griechenland: gl. sdkeharon, lat. saecharum liefern den ehem. Namen des Stoffs, nach dem Fahlberg 1879 das von ihm erfundene Saccharin benennt. Dafür S ü ß s t o f f seit dem ersten Weltkrieg. Sache /. Mhd. sache, ahd. sähha, asächs. anfr. säka, mnd. mnl. säke, nnl. zaäk, afries. seke, ags. sacu 'Verfolgung, Streit, Krieg, Prozeß', engl. säke 'Ursache, Grund', anord. sgk, schwed. sak, dän. sag führen auf germ. *säkö-, daraus früh entlehnt finn. lapp. sakko 'Pflicht; Geldbuße'. Daneben wird germ. *sakjön- vorausgesetzt durch got. sakjö, ags. scecc, ahd. secchia. Die Bedeutung hat sich (wie bei Ding und frz. chose aus lat. causa) durch Verallgemeinerung entwickelt. Im Ausgang steht 'Rechtshandel, -streit', woran S a c h w a l t e r , W i d e r s a c h e r , in Sachen A gegen B, schwed. rättsak, söka sak med nägon 'Streit anfangen' erinnern. Demgemäß zum st. Ztw. got. asächs. sakan, anord. säka 'anklagen', ags. sacan, ahd. sahhan '(vor Gericht) streiten', ursprünglich 'eine (Rechts-) Spur verfolgen, suchen'. Das Ztw. steht in Ablaut mit suchen; dort die außergerm. Verwandten. Sachsengänger m. bezeichnet seit etwa 1870 die ländlichen Arbeiter und Arbeiterinnen aus dem Osten, die im Frühjahr in die Provinz Sachsen und ihre Nachbargebiete wandern, um dort vor allem die Zuckerrüben zu bearbeiten; daher auch Rübenwanderung. sacht Adj. Adv. Das Adv. s a n f t (s. d.) hat schon in asächs. säfto seinen Nasal unter Ersatzdehnung verloren. Nd. und nl. wird ft zu cht (wie in a n r ü c h ( t ) i g , s. d.), der Vokal wird vor Doppelkons, wieder verkürzt: mnl. saechte, sachte; seit dem 14. Jh. findet sich sachte in nrhein. Glossaren, 1507 in Köln, weiter im 16. Jh. bei Nord- und Mitteldeutschen (nicht bei Luther), 1588 bei Fischart. Laur. Albertus 1573 Gramm. L 4b nennt s a c h t thür., Güntzel, Hauptschlüssel (Augsb. 1648) meißn.; dem Obd.
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säen
bleibt es fremd, wie es Adelung noch 1798 ablehnt: v. Bahder 1926 Wortwahl 53f. Gegen Ende des 18. Jh. dringt von Norddeutschland die scheinbare Verkl. s a c h t c h e n vor, derwahrscheinlich ein mnd. Adverb, sachtllken zugrunde hegt: F. Kluge 1913 Abriß d. dt. Wortbild. § 69. Sack m. Assyr. säkku 'Sack, Büßergewand' hat phön. hebr. sak 'Sack, grobes Gewand, Hüftenschurz' geliefert, das früh gr. säkkos ergibt. Lat. saccus, das auch den roman., kelt. und slaw. Sprachen das Wort vermittelt hat, bringen röm. Kaufleute etwa schon zu Cäsars Zeit mit Arche, K i s t e , Sarg, S c h r e i n zu allen Germanen: got. säkkus, ags. sacc, engl, sack, asächs. mnd. sak (kJc) ahd. mhd. mnl. sac (kk), nnl. zäk, daneben (vielleicht über volkslat. *saccium) ags. scecc, mengl. sech, anord. sekkr, schwed. sack, dän. sœk. In süddt. Umgangsspr. steht S a c k für den an Kleidungsstücke genähten Beutel. Daher auch S a c k g e l d , - t u c h , -uhr. Die Grenze gegen Tasche ziehtKretschmer 1918 Wortgeogr.514f. Säckel m. ahd. seckil, mhd. seckel 'Geldbeutel' : in ahd. Zeit entlehnt aus gleichbed. lat saccellus, das als Verkl. neben sacculus (zu saccus) steht und auch afrz. sachel, engl, satchel geliefert hat. sacken schw. Ztw., a b - , wegsacken'sinken': seemänn. und allg. nd., vom heutigen Sprachgefühl irrig zu S a c k bezogen. Es entsprechen nnl. zäkken, mengl. saggen, engl, sag, dän. säkke, norw. sakka, schwed. sacka 'sinken': Intensivbildung zu der in sinken (s. d.) enthaltenen idg. Wurzel *sengV'- 'fallen', zu der auch mnd. (sik) sacken 'sich senken, sinken', norw. säkk 'Senkung' und schwed. mundartl. säek 'Tal' gehören. sackerlot Interj., im 17. Jh. entlehnt aus dem Frz. Hier ist sacrelote entstellt aus sacré nom (de Dieu). Mit noch weitergehender Entstellung sapperlot. Entspr. nl. (17. Jh.) säkker-, sapperloot. — S a c k e r m e n t und s a p p e r m e n t stammen aus lat. sacramentum. Beteuerungen bei der geweihten Hostie sind auch bair. gotts leichnam, ital. corpo di Cristo; ihnen zunächst steht nl. gans sakkerlysjes (aus Gods sacre calice). Stieler 1691 verzeichnet die Flüche Götz sackerment, Botz siébensackerment, Götz hundertsacker, Botz schlapperment. S. potz. Sackgasse f. 'Straße, die nur einen Ausgang hat' seit Kramer 1719, verdeutl. Zus.-Setzung für S a c k , das im 17. Jh. dasselbe bedeutet; daneben blinde, S t r u m p f g a s s e . Dafür bei Serz 1797 Teutsche Idiotismen 4 8 a „das Gäßchen kehr um"; norddt. K e h r w i e d e r , so z. B. in Hildesheim. Sadebaum s. Sebenbaum. säen schw., früher redupl. Ztw., mhd. sœ{jé)n, ahd. säwen, sä(j)en, asächs. säian, mnl. sa(e)yen, nnl. zaaien, afries. Part, sên 'gesät', ags. säwan, engl, sow, anord. sä (sera 'säte'), schwed. sä, dän.
Saffian
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saa, got. saian (saisö 'säte'). Zum germ. Ztw. *sejan zur idg. Wurzel *se(i)- 'entsenden, werfen, fallen lassen', landwirtschaftlich verengt auf 'säen', stimmen am nächsten gleichbed. aslaw. s&i, sgjati, lit. seti, lat. sero, seri, satum, tochar. säry- 'säen'; entferntere Verwandte s. u. Saat, Samen. S. s e i c h e n , s e i h e n . Saffian m. Pers. sachtijän 'Ziegenleder' (Siebenb.-sächs. Wb. 2, 345f.) ist über türk. sahtjan nach Europa, um 1700 ins Deutsche gelangt. Die slaw. Formen (bulg. saktijan, poln. safian) vermitteln den Übergang von ht zu f . Das erste nhd. Zeugnis führt nach Leipzig 1716: die dortige Ledermesse bezog poln. Waren. Wiek 51. Safran m. Lat. crocus als Pflanze hatte ahd. chruogo, kruago ergeben. Der aus seinen Blütennarben hergestellte Würz- und Farbstoff, arab. za'farän, gelangt über Süditalien und Frankreich zu uns und heißt bald nach 1200 mhd. saffrän, sapharan m., vermittelt durch span. azafran, afrz. safran (hieraus engl, saffron), ital. zafferano: Suolahti 1929 Frz. Einfluß 222. Saft m. mhd. (seit dem 14. Jh.) saft, vorher saf, ahd. saf, Gen. saffes, mnd. mnl. nnl. engl. sap, ags. seep. Aus dem Nhd. entlehnt sind schwed. (seit 1642) dän. saft. Germ. *sapa'Saft' hat außergerm. Verwandte in aind. sabar'Milch, Saft, Nektar' und lat. sa(m)- iüeus 'Holunder'. Das vorausliegende idg. *sab- ist Nebenform der idg. Wurzel *sap- 'schmecken' in lat. sapere 'schmecken', sapor 'Geschmack', sapa 'eingekochter Most', dem germ. *sat)an- 'Saft (der Bäume)' entspricht, vorausgesetzt durch anord. safi, norw. save, sevje, schwed. sav(e), dän. sav 'der in den Bäumen aufsteigende Saft'. Sage f . mhd. sage, ahd. saga f . 'Rede, Aussage, Erzählung, Gerücht': Abstr. zu s a g e n (s. d.) wie ags. sagu, engl, saw 'Ausspruch, Sage'. Vgl. anord. saga, PI. sggur '(dargestellte oder erlebte) Geschichte'. Die heute geltende Einengung auf Kunde von Ereignissen der Vergangenheit ohne geschichtl. Beglaubigung beginnt im 14. Jh. (DWb. 8, 1647), setzt sich aber erst im 18. Jh. durch, auchin G ö t t e r - , H e l d e n - , V o l k s s a g e . Den alten, weiten Sinn bewahren A b - , A u s - , Zusage. Säge f . mhd. sege, ahd. sega, mnl. seghe aus germ. *segö-. Daneben ahd. saga, mhd. mnd. sage, mnl. saghe, nnl. zaag, ags. saga, sagu, engl. saw, anord. sgg, norw. sag, dän. sav, schwed. säg, die auf germ. *sagö- beruhen. Daraus früh entlehnt finn. saha 'Säge'. Die nhd. Schreibung mit ä (für mhd. e wie bei B ä r , j ä t e n , K ä f e r , S c h ä d e l , S t r ä h n e ) hat sich festgesetzt, weil mundartliche Formen wie bair. säg die Vorstellung erweckten, es liege Umlaut vor. Tatsächlich stehen ahd. sega: saga in demselben Ablautverhältnis, wie ahd. rehho: ags. raca
Sahne
(s. R e c h e n ) oder engl, neck: nhd. N a c k e n . Verwandte von Säge s. u. Messer, P f l u g schar, Scharte, Schere, scheren, Sech, Segel, Segge, S e n s e , S i c h e l : alle zur Wurzel *sekr\ *so- 'schneiden', die westidg. reich vertreten ist: lat. seeö 'schneide', secüris 'Beil', s(a)eena 'Hauedes Opferpriesters', aslaw. slkg 'schneide', lit. ¿-seMi'eingraben', alb. sate (aus *sekti-) 'Karst'. Ein gemeinidg. Wort f ü r ' Säge' fehlt, obwohl das Gerät steinzeitlich ist. Sagemühle /. 'durch Wasser getriebenes Sägewerk', zuerst als sag-, segmül in Oberösterreich 1312, Graubünden 1361 und Nürnberg 1464: Lexer 2, 847. Danach unter Gustav Wasa 1662 in Schweden sägmölla für das bodenständige schwed. sägkvarn: A. Götze 1935 Lit.-Blatt 56, 314. Auch dän. savrmlle steht unter dt. Einfluß. sagen schw. Ztw., mhd. sagen, mnl. saghen, ahd. sagen, daneben beruhen auf germ. *sagjan asächs. seggian, mnl. segghen, nnl. eeggen, afries. sedsa, ags. seegan, engl, say, anord. norw. segja, schwed. säga, dän. sige. Got. Entsprechungen entgehen uns. Germ. *sag(w)-, mit gramm. Wechsel aus idg. *sekV--. *sokV- 'sagen', älter 'bemerken, sehen; zeigen' hat nahe Verwandte an lit. sakyti 'sagen', sekml 'Erzählung', päsaka 'Märchen', aslaw. so&li 'anzeigen', akymr. hepp 'sagt er', air. inchosig 'bezeichnet', lat. inquü 'sagt(e) er', inseque 'erzähle', insecliönes 'Erzählungen', gr. innefpe (für *en-sepe) 'sage an'. Dem Germ, entlehnt ist span. sayon 'Gerichtsdiener', ursprünglich 'Ansager'. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu 'sag', 'sagen' (Inf.), 'gesagt'. S. s e h e n , s i n g e n , Skalde. Sago m. Mal. sägü 'mehlartiges Pflanzenmark der Palme Metroxylon laeve', von Marco Polo 1295 nach Venedig gebracht, wird bei uns erst spät im 18. Jh. zu Suppen und als Arznei verwandt. Der Name vermittelt durch engl. nnl. sago: Lokotsch 1927 Etym. Wb. 1761. Sahne f . spätmhd. (md. nd.) sane, mnl. sane, nnl. zaan. In neuerer Zeit das Wort Nieder- und Mitteldeutschlands, das südwärts bis zu einer Linie Beuthen, Markneukirchen, Weimar, Eisenach, Kassel, Koblenz, Trier gilt, vielfach neben dem andern Hauptausdruck R a h m (s. d.), doch als Wort der maßgebenden Städte im Vordringen: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 399. S e n n (s. d.) ist unverwandt und kann nicht als Zeuge einst größerer Verbreitung gelten. Mit dem Blick auf das österr. Synonym O b e r s und engl. head of milk hat man Urverwandtschaft mit aind. sanu 'Oberfläche, (Berg-)Rücken' erwogen; dagegen macht N. Törnqvist (Nd. Mittig. 5 [Lund 1949] 178ff.) Entlehnung aus dem Roman, wahrscheinlich: südmnl. säne f . über das Pikardische aus afz. saln m. 'Fett', 12. Jh. säime f .
Saibling
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'Sahne', zu lat. saglna, volkslat. *saglnem 'Fett'. Aus dem Südnl.: 1944 H. Teuchert, Nl. Reste der Siedlung des 12. Jh. S. 67. Dazu N i d e l m. f. '(süße) Sahne' in alem., schwäb. und bair. Volkssprache. Nachweise bei M. Heyne 1889 DWb. 7, 741 f.; P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 400. 402: H. Fischer 4,2029. 6,2682 f. Die Zeugnisse setzen erst im späten Mittelalter ein, doch gehört wohl das Wort mit S e n n , Zieger u. a. zu den Ausdrücken der alpinen Milchwirtschaft, die die einwandernden Alemanen von der gall. Vorbevölkerung übernommen haben: L. Weisgerber 1939 Viertel]ahrsbl. 9, 44. — Die Wortgeographie bietet Kristine Nielsen bei Mitzka-Schmitt, Dt. Wortatlas V. — Vgl. S c h m a n t . Saibling m. der Fisch Salmo salvelinus L. in bair. Lautform, -Tbl- am Bodensee, -Iml- im Allgäu. Sonst S ä l m l i n g 'salmenartiger Fisch, einjähriger Lachs'. S e l m l i n g zuerst in Kolmar 1656: J. Wickram, Werke 4, 165 Bolte. Zu S a l m , s. d. Saite f. mhd. seite, ahd. saita 'Saite, Strick, Fessel'. Daneben ahd. seit n., seito, mnd. sede, ags. säda m. 'Saite, Band; Strick, Halfter': Bildung auf idg. -t zur Wurzel *sei-: *d-: *s»i'binden; Strick'. Gleich gebildet sind aslaw. stti, lit. saltas, siltas, lett. saite, aind. setu-, setdr'Fessel'. Dieselbe Wurzel in S e h n e , Seil und Siele (s. d.), ferner in asächs. simo, afries. ags. slma 'Band, Kette, Strick', anord. simi, -a, isl. seimr'Tau', denen sich außergerm. ir. slm 'Kette', gr. himas 'Riemen',himonia 'Brunnenseil', aind. simä, simdn- 'Scheitel, Grenze' vergleichen. Sakerlalk m. Arab. saqr 'Jagdfalk' ergibt mlat. sacer, das bei Albert d. Gr. die vornehmste Falkenart bezeichnet. Mit der Beizjagd wird mhd. sacker wichtig. In wechselnden Formen, bei uns in der verdeutlichenden Zus.-Setzung S a k e r f a l k , lebt das Wort in den europ. Sprachen: Suolahti 1909 Vogelnamen 333f.; Lokotsch 1927 Etym. Wb. 1799. Sakko m. 'einreihiger kurzer Überrock', S a k k o a n z u g 'Straßenanzug des Herrn': eine schein-ital. Bildung vom Ende des 19. Jh.; das Ital. kennt nur vestito a giacca. Voraus gehen im Nhd. des 19. Jh. S a c k 'kurzer modischer Männerrock ohne Taille' mit S a c k f o r m und S a c k p a l e t o t , die ihre Vorbilder in amer.-engl. sack und sack-coat (seit 1849) haben: W. Fischer 1943 Dt. Wortgesch. 2, 364f. Sakristei /. Mlat. sacristia f. 'Nebenraum der Kirche' (zu lat. sacer 'geweiht') ergibt gleichbed. mhd. sacristie, zuerst bei Berthold v. Regensburg (t 1272): Suolahti 1929 Frz. Einfl. 217. -aal Abl.-Silbe in D r a n g - , L a b - , M ü h - , S c h i c k s a l , mhd. irre-, trüebesal. Von Haus aus kein selbständiges Wort (wie - h e i t , - s c h a f t , - t u m ) , sondern als -sl (got. swartizl 'Tinte') eine
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Salat
Endung, die erst im 7./8. Jh. die Gestalt -(i)sal angenommen hat und mit -sei in E i n s c h i e b sel, W e c h s e l eins ist. Vgl. -selig. Salamander m. Gr. salamdndrä ergibt über lat. sälamandra f. mhd. Salamander m. f., frühnhd. S a l a m a n d r a (Ostermann 1591 Voc. anal. 358). Nach mittelalterl. Glauben lebt der gescheckte Molch im Feuer, bei Paracelsus ist er der Elementargeist des Feuers: sälamandra f. in den 1530 er Jahren (Werke I 14, 124). Von da wird S. zum gemurmelten Zauberwort eines student. Trinkritus, bei dem Schnaps brennend an den Mund geführt wurde. Vielleicht dachten die Studenten dabei an Theokrits Pharmakeutrien V. 58, wo die Liebende ihrem Schatz Zauber bereitet: „Morgen z e r r e i b ich den Molch Und bringe dir schlimmes Getränk dar". In einem Basler Trinklied von 1829 tritt der Schnapsgott Salamander auf. Den Schnapssalamander schildert (ohne das Wort zu nennen) Raginsky, Der flotte Bursch (Leipz. 1831) S. 73 unter r e i b e n , für Heidelberg 1841 bezeugt die Sitte to rub a Salamander Cornelius-Howitt Student-life in Germany 354. Den Ehrensalamander im Bier beschreibt als erster Vollmann 1846 Burschikoses Wb. 74. 403, der ihn aus München 1841 kennen dürfte. Bei ihm ist S. das vor dem Trinken gesprochene Wort und zugleich der Name der Trinksitte. Auch die Zus.-Setzung B i e r s a l a m a n d e r kennt er. In Jena ist der erste Salamander im Sommer 1843 auf dem Burgkeller gerieben worden. Seither allgemein: Kluge 1895 Stud.-Spr. 52ff. 119f.; 1912 Wortf. und Wortgesch. 117 ff. Salami f . 'stark gewürzte Schlackwurst', entlehnt aus dem ital. saldme m. 'Pökelfleisch, Schlackwurst', zu lat. säl, sälis 'Salz'. Bei uns seit H. L. H. Fürst Pückler 1840 Südöstl. Bildersaal 3, 111 „Ein Stück Salami aus echtem Bologneser Eselsfleisch". Salär n. Lat. sälärium (zu säl, sälis 'Salz') war im alten Rom die den Soldaten gelieferte Salzmenge, danach die Salzzuteilung für reisende Beamte. Daraus wurden in der Kaiserzeit 'Besoldung des Offiziers' und 'Tagegelder des Beamten', seit Sueton (f 150 n. Chr.) 'Jahrgehalt'. In diesem Sinn erscheint salarium in sonst dt. Text zuerst in Wesel 1616. Die Entwicklung seit dem 18. Jh. steht unter Einfluß von frz. salaire m. 'Lohn'. Engl, salary 'Besoldung' ist aus gleichbed. anglo-norm. salarie entwickelt: Nyström 1915 Dt. Schultern. 1, 175; Zs. f. dt. Wortf. 8, 94. Salat m. Ital. (in)salata f. 'Eingesalztes, Salat' wird entlehnt zu spätmhd. salät m. Zum Genuswandel H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2,148f. Über die umgangssprachl. Verschiedenheiten in der Benennung von Lactuca savila Kretschmer 1918
Salbader
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Wortgeogr. 305f. Das nhd. Wort ist ins Lett. entlehnt: J. Sehwers 1917 Zs. f. vgl. Sprach! 54, 41. Salbader m. tritt 1628 im mittleren Osten auf: Martin, Colloques 58 „der mir salbader mit fleiß erzehlte". Das. 89 wird „ich stecke der Saalbader gantz voll" umschrieben mit de telles histoires. Die Bed. 'fauler Witz, alberne Rede, flache Weisheit' gilt noch lange uneingeschränkt: Schwenter 1636 Erquickstunden 5 „Waar ists, es seynd vil Saalbader vnd Kindische Spiel in diesem Werck"; 556 „Ist diß ein Salbader vnd ihr habt ihn nicht gewußt"; Harsdörffer 1644 Frauenz.-Gespr. 1, 189; 1653 Erquickst. 3, 199 „eine Sache, die man uns mehrmahls erzehlet, wird ein Salbader genennet". Demgemäß bietet Stieler 1691 die Bed.-Angabe vetus eantilena ('alte Leier'). Dazu gleichbed. S a a l b a d e r e y seit Rist 1647 Friedewünsch. Teutschl. 39, und das Adj. s a l b a d e r i s c h seit 1664: Warmund, Geldmangel 121 „stulte, sive ut inferiores
obsc. vir. 3, 14 „vetus üle Cicero et alii veleri
Sal-
baderi". Demgemäß Frisch 1741 „ein Schimpfwort, wann einer etwas zu erzehlen anfängt, das jedermann gegenwärtig sieht und weiß, nugator, sonderlich von dem gegenwärtigen Zustand der Witterung". Alle bisherigen Deutungsversuche sind unzulänglich, auch der von Virgil Moser 1934 Germ.-rom. Monatsschrift 22, 62—64. Salband n. im Ostmd. des 16. Jh. lautgesetzl. entwickelt aus mhd. (14. Jh.) selbende n. 'eignes, gewobenes (nicht geschnittenes) Ende der Gewebe', von westmd. Mundarten als selbend u. ä. bewahrt, entspr. mnd. mnl. seifende. Der alte Name ist E g g e 1 (s. d.), damit zus.-gesetzt engl. seivage, selvedge, nl. m u n d a r t l . zelfegghe, nnl. seifegge, n n d . sülfegge. Mit a n d e r m zweiten Bes t a n d t e i l nnl. (seit 1598) zelfkant, fries. Selfkant,
nnd. sülfkante. Die ostmd. Form wurde umgedeutet zu S a l - B a n d , danach S a l - L e i s t e seit Amaranthes 1715 Frauenz.-Lex. 1686. Im Henneberg gilt S p e i d e l , am Neckar P r a i s e l , in der Schweiz E n d i , in Österreich T u c h e n d . Salbe f . m h d . salbe, a h d . salba, asächs. m n d . m n l . salve, n n l . zalf, ags. sealf(e),
salfia, engl.
salve. Auf Entlehnung aus dem Mnd. beruhen dän. salve, schwed. salva. Weiter greift das schw. m h d . salben,
Butter', olpe, olpls 'Ölflasche', alb. galpe 'Butter', toch. A sälyp, B salype 'Fett, Butter, Öl', aind. sarpi- 'zerlassene Butter, Schmalz', srprä- 'geölt'. Idg. Wurzel *selp-: *solp- 'Fett'. Salbei m. f . Nach lat. salvus 'gesund' heißt die Heilpflanze lat. salvia (Plinius, Nat. Mst. 22, 147), mlat. salvegia. Hieraus ahd. salbeia, salveia,
m h d . salbeie,
salveie (vgl. P o l e i ) . Die
Synonyma in verwandten und benachbarten Sprachen beruhen z. T. auf roman. Nebenformen wie salvia u n d
savia.
Salbuch n. 'Urkundenbuch für die zu einer Gemeinschaft gehörigen Grundstücke, Einkünfte und Schenkungen'. Bestimmungswort ist mhd. sal f . 'rechtliche Übergabe eines Guts', ahd. ags. anord. sah 'Übergabe', engl, sale 'Verkauf'. Weiter greift das Ztw. mhd. sel(le)n, a h d . seilen, asächs. sellian, afries. sella, ags. sellan, siellan, engl, seil, a n o r d . selja ' ü b e r g e b e n ' ,
Saxones got.
loquunlur: up olt Saalbaterisch". Aus beiden mag für das Mask. eine Bed. 'alter Schmöker' erschlossen sein: Weise 1673 Erzn. 3 „ein neuer Simplicissimus oder sonst ein lederner Saalbader". Hieran schließt die jüngere Bed. 'Schwätzer', in der -er als Endung der Nomina agentis gesiegt hat, doch nicht vor 1689 Epist.
Ztw. s a l b e n ,
salopp
-
a h d . got.
salbön
(dazu got. salböns f . 'Salbe'), asächs. salbön, m n d . m n l . salven, n n l . zalven, afries. salvia,
ags.
sealfian, engl. dän. salve, schwed. salva. Germ. *salbö- f ü h r t auf idg. *solpa in gr. elpos ' ö l , F e t t ,
saljan 'opfern', ursprünglich 'nehmen machen'. Außergerm, entsprechen gr. elein 'nehmen', elör 'Beute'; lat. cönsilium 'Ratsversammlung', eonsülere 'den Rat versammeln', cönsul usw. Dazu die -wo-Ableitung air. selb f., kymr. helw m. 'Besitz', gall. Luguselba als Frauenname 'Eigentum des Lugus', wozu air. tuasilbiu 'weise zu, zeige vor', doselbi 'du behältst'. Wurzel *sel- 'nehmen, ergreifen'. Salizin s. Salweide. Salm m. Lat.-gall. salmo, das in nordspan. engl, salmon, frz. saumon fortlebt, dringt während der Römerzeit über den Rhein und ergibt a h d . asächs. salmo, m h d . m n d . m n l . salme, n n l .
zalm. Seinem Ursprung gemäß ist S a l m das Wort des Westens (am Rhein zahllose Gasthöfe zum Salmen), während im Osten das heimische L a c h s herrscht, s. d. Die Unterscheidung verschiedener Entwicklungsalter des Fischs mit Hilfe der Namen S a l m und L a c h s ist künstlich und begegnet nicht vor dem 16. Jh.: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 314f. S. S a i b l i n g . Salmiak s. A m m o n s h o r n . Salon m. Ital. sälone bedeutet als Vergrößerungsform von sala (s. Saal) urspr. 'großer Saal': Goethe, Ital. Reise 27. Sept. 1786 (Jub.Ausg. 26, 67) „Der Audienzsaal des Rathauses (von Padua) mit Recht durch das Augmentativum Salone betitelt". Über frz. salon dringt im 18. Jh. mit der frz. Form des Gesellschaftslebens das Fremdwort bei uns ein, vorwiegend in der Bed. 'Besuchs-, Empfangszimmer': Kretschmer 1918 Wortgeogr. 508f. Auch engl. saloon ist durch das Frz. vermittelt. salopp Adj. Adv. 'unsauber, nachlässig in Kleidung und Auftreten' seit etwa 1800, das zugehörige F. S a l o p p e 'Umschlagtuch, Morgengewand für Frauen' schon 1759 bei G. W. Rabener, Sämmtl. Sehr. 6, 11; gleichbed. west-
Salpeter
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622
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Same(n)
fä!. salappdauk Germ.-rom. Monatsschr. 17 Ortsnamen wie S ä l e n , S a h l e n b a c h , - g r u n d , (1929) 68. In südwestdt. Mundarten spielt Sa- -hof (Zs. f. dt. Wortf. 3, 381), entstellt in l o p p e f . 'Schlampe' dieselbe Rolle wie frz. S e l i g e n s t a d t (Zs. f. dt. Phil. 49, 288). Außerla salope. Das A d j . ist entlehnt aus frz. salope germ. vergleichen sich die westidg. Weiden'sehr schmutzig, schlampig,' einem Volkswort n a m e n mir. sail (Gen. saileeh, S t a m m *salik-), Nordfrankreichs, in dem sich frz. sah 'schmut- bret. halegen, k y m r . helygen; l a t . salix (Gen. zig' (während der Kreuzzüge entlehnt aus salicis; hierzu das in der Weidenrinde gefundene mhd. sal 'trübe', s. S a l w e i d e und Salz) mit Salizin). Der Baum ist nach der schmutzigengl, sloppy 'schmutzig, nachlässig' gekreuzthat. grauen Farbe seiner Blätter benannt: germ. Salpeter m. Das Wort für salpetersaures Salz *salwa-, ahd. salo 'dunkelfarbig', ags. salu stammt aus lat. sal 'Salz' undägypt.wiraus hebr. 'dunkel, schwärzlich' engl, sallow 'blaß', isl. solr neter ' S a l p e t e r ' ; m h d . salniUr, salliter, m i t 'gelblich', auch im asächs. Bachnamen SaluheJci Dissim. von l > b, p gegen n salbeter, Salpeter: u. a. Flußnamen (s. Sole), wieder mit westidg. P. Forchhammer, Modern Language Notes 67 V e r w a n d t e n : air. Salach 'schmutzig', saile, lat. sallva 'Speichel'. Stehendes Beiwort von lat. (1952) 68. salix ist cäna 'die Graue'; im Lit. entspricht Salse s. Sauce. Salsierchen n. Frz. sauciere ist, bevor au aus Sel-vltis 'Grauweide'. Salz n. Mhd. ahd. sab, asächs. afries. engl, älterem dl entstanden war, zu uns gelangt, im 15. Jh. erscheint es als mnd. salser, seither fast anord. dän. schwed. got. salt, mnl. sout, nnl. nur in der Verkl. (wie K a n i n c h e n , M ä d - zout, ags. sealt f ü h r e n auf *sald-, Ausl. -d c h e n , Veilchen). Luther kennt saltzsirichen wird vorausgesetzt auch von S ü l z e (s. d.) und 'Beigußnapf Glosse zu 4. Mos. 7, 14. In ostmd. vom redupl. Ztw. ahd. salzan, sieh, ags. Part. Mundarten unter Einfluß von Salz umgedeutet sealten, got. saltan, saisalt (sonst s c h w a c h : n h d . zu 'Salzfäßchen, -meste' (DWb. 8, 1703. 1716), s a l z e n , doch Part, g e s a l z e n , ags. sieltan, anord. salta, -ada), dem lat. salb, -ere m i t II aus so auch S a l z i r Stieler (1691) 1676. Saltner m. 'Wald-, Feld-, Weinberghüter', Id entspricht, dazu Part, salsus aus *saldtos. d spätmhd. saltner aus Tirol, später auch in der erscheint auch in lit. saldüs, aslaw. sladükü 'süß' Ostschweiz: Schweiz. Id. 7 (1913) 871. Zu lat. (über 'gewürzt' aus 'salzig'). Es fehlt den übrigen saltus 'Waldgebirge' gehört mlat. salt{u)arius idg. Wörtern für 'Salz': air. salann, kymr. holen, 'Aufseher über die Wirtschaft in Wald und akorn. haloin-, lat. sät, sälis; gr. hals, Gen. halös; Feld'. Es ist nicht zu entscheiden, ob oberital. armen, al (gräzisiert im Namen des salzhaltigen saltar(o) oder dessen rätoroman. Entsprechung Flusses Alys), aslaw. soll (s. Sole); lett. säls, das Alpenwort geliefert haben: E. öhmann, apreuß. sal. Im Awesta und Rigveda kommt kein Neuphil. Mitt. 1941, 27f.; Ann. aead. scient. Name des Salzes vor. Idg. *sal(d)- ist nach Wh. Fenn. B 53 (1944) 2, 22. Das n ist nach dem Schulze 1913 Kl. Sehr. 118f. das schmutziggraue Mineral: es kam ungereinigt in den Handel Vorbild dt. Berufsnamen eingefügt. Salve /. Als Entlehnungen teils aus lat. der Urzeit. — Die Lautgeographie von Salz salvere 'gesund sein', teils aus dem aus lat. stellt der Dt. Sprachatlas auf den Karten 83—86 salütäre entwickelten frz. saluer 'begrüßen' dar. — Vgl. germ. *salwa-, ahd. salo 'dunkelt r e t e n u m 1200 m h d . salfieren u n d saluieren a u f : farbig' unter S a l w e i d e . Suolahti 1929 Frz. Einfluß 217. Die erste Form -sam Adj.-Suffix, schon in ahd. heil-, löbo-, erscheint seit 1431, nun unter Einfluß von lat. fridusam usw., got. lustusama ' e r s e h n t ' . Das salväre 'retten', in der Bed. 'sich sichern': Suffix war urspr. ein selbständiges Wort der Script, rer. Siles. 6 , 1 0 1 „änalles salviren". Hier- Bed. 'von gleicher Beschaffenheit'. Vgl. got. aus nhd. (sich) s a l v i e r e n '(sich) in Sicherheit sama, anord. samr, same (daraus entlehnt engl. bringen' Zs. f. d. Wortf. 14, 61. Selbständige the same), ahd. samo 'derselbe', ags. same, asächs. Entlehnung des 16. Jh. ist S a l v e f . 'feierl. Be- sama, samo, ahd. sama Adv. 'ebenso' (s. g l e i c h grüßungsschießen' (aus der lat. Grußformel sam). Die außergerm. Verwandtschaft s. u. salve; entspr. ital. salva frz. salve f.), im Heer- s a m m e l n . wesen entwickelt zu 'gleichzeit. Abfeuern vieler Same(n) m. m h d . säme, ahd. asächs. sämo, Geschütze oder Gewehre'. älter nnl. (1598) saemen, in allen andern germ. Salweide f . m h d . saleioide, a h d . sälewlda, Sprachen vor Beginn der Überlieferung abgem n d . salmde 'Salix caprea': verdeutlichende storben. Mit uralter männl. Konkretendung Zusammensetzung für gleichbed. mhd. salhe, ahd. (F. Kluge 1926 Stammbildungsl. § 88) zu der sal(a)ha (Zs. f. dt. Wortf. 2, 212), afränk. salha auch von S a a t und s ä e n vorausgesetzten idg. (entlehnt zu frz. saule 'Weide'), ags. sealh, salig, Wurzel *sei- 'entsenden, werfen, fallen, lassen', engl, sallow, anord. norw. selja, dän. selje, silje, landwirtschaftlich verengt auf 'säen'. Gleichschwed. sälg. Das einfache Wort ist enthalten in gebildet lat. semen, aslaw. s8m%, apreuß. semen
Sämischleder
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'Same', lit. Mz. semens, -ys 'Flachssaat' aus *semen-, *semn-, Auf *selo- beruht air. Sil, auf *setlä- lit. seklä 'Saat'. S. s e i c h e n , seihen. Sämischleder n. mhd. (1420) semisch leder 'bes. geschmeidiges Leder, mit Fett (ohne Lohe) gewalkt'. Frühnhd. auch semische schlich; entspr. mnd. semes(ch), mnl. seems(c), dän. semsilceder), schwed. sämsk. Wohl aus demNamen S a m l a n d herzuleiten; aus dem Deutschen stammen poln. zamesz, tschech. zdmü 'Sämischleder' und gleichbed. russ. zämSa. sammeln schw. Ztw. mhd. mnd. samelen, nnl. zamelen, dissimiliert aus der w-Ableitung mhd. mnd. mnl. samenen, ahd. samanön, asächs. samnön, afries. samnia, ags. samnian, anord. samna 'sammeln'. Zum Adv. ahd. asächs. anord. saman, got. samana 'bei-, zusammen', urspr. 'nach demselben Ort hin'; dies zum Pron.Stamm sama in got. sama, engl, same usw. (s.-sam). Urverwandt sind aind. samana 'zusammen', sama- 'derselbe', gr. hdrna 'zugleich', hömos 'derselbe', homalös 'gleich, eben', lat. simul 'zugleich', similis 'ähnlich', aslaw. samü, air. som 'selber', samail 'Gleichnis, Bild', kymr. hafal, korn. bret. haval 'ähnlich, gleich'. Vgl. samt, sanft, zusammen. Sammelsurium n. 'Mischmasch'. Nd. sammelsür n. 'saures Gericht aus gesammelten Speiseresten', gebildet wie nd. sioartsür 'Gänseklein mit Essig und Blut' (Fr. Reuter), zeigt bei Richey (Hamb. 1755) und im Brem. Wb. 4 (1770) 587 die abfällige Bed. 'ekelhaftes Gemüse von versch. Sachen'. Hierzu mit scheingelehrter Endung (vgl. B r i m b o r i u m , F i d i b u s , H a l lore, Lappalie, Runks) sammelsurium 'Sprachmischung' Lauremberg 1649 Scherzged. in hsl. Fassung V. 860; „das Sammelsurium oder Geschmier" Prätorius 1664 Philos. Salust. 54a. Seither rasch verbreitet, wohl mit Hilfe norddt. Studenten. Samstag m. Von den Namen des letzten Wochentags ist der wesentlich md. und nd. S o n n a b e n d , mhd. sun(nen)äbent, der jüngste A b e n d 'Vorabend eines Feiertags' (s. F e i e r a b e n d ) wird in der Verbindung S o n n t a g a b e n d auf den ganzen Vortag des Sonntags ausgedehnt. Die Verbindung erscheint um ihr mittleres Glied gekürzt schon in ahd. sunnün aband. Bei S a t e r t a g liegen mit mnd. säter(s)daeh, afries. saterdei, mnl. saterdagh, ags. scetern(es)dosg, engl. Saturday, air. dia sathairnn, kymr. dydd Sadwrn, korn. di Sadorn, breton. ze Sadorn spätlat. Säiurni dies (alttosk. Saturno Arch. f. n. Spr. 180, 139) voraus, das seinerseits gr. Kronau hemSra wiedergibt. Somit spiegelt S a t e r t a g ein von den christl. Romanen aufgegebenes Römerwort des Nordwestens, über Köln aus Gal-
Sandale
lien vor Abwanderung der Angeln (um die Mitte des 5. Jh.) übernommen. Die arianische Mission des Südostens hat vor der hd. Lautversch. Samst a g gebracht. Neben gr. säbbaton ist (auch nach Ausweis des aslaw. sgbota und seiner slavolit. Folgeformen, des magy. szombat und rum. sämlätä) ein vulgärgr. sdmbaton vorhanden gewesen, das über got. *sairibatö die verdeutlichende Zus.Setzung ahd. sambaqtag liefern konnte: Wh. Schulze, Kl. Schriften (1933) 281 ff. 515. Bei seiner Wanderung donauaufwärts und rheinabwärts ist S a m s t a g auf den Süden und Westen des dt. Sprachgebiets beschränkt geblieben, vgl. auch frz. samedi: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 460ff.; Th. Frings, Idg. Forsch. 45, 276; E. Schwyzer, Zs. f. vgl. Spracht. 62, l f f . Doch Gamillscheg Wb. 784: aus septimus. — Die Wortgeographie bietet A. Awedisian im Dt. Wortatlas V von Mitzka-Schmitt. S. K i r c h e . Samt bei Luther S a m m e t , mhd. samlt, mnd. sammit, mnl. samijt: ein ursprünglich in Ostrom hergestelltes, sechsfädiges Seidengewebe, nach gr. Mx 'sechs' und mitos 'Faden' mgr. exdmiton, xdmetos benannt, das uns über mlat. (e)xamitum und afrz. samit kurz nach 1200 erreicht. In Italien ist der geschorene Samt mit stehenden Fäden auf gezwirntem Grund erfunden und seiamito benannt. Von Südosten sind eingedrungen aslaw. aksamitü, poln. aksamit, tschech. aksamit: M. Heyne 1903 Hausaltert. 3, 230. samt Adv. Präp. mhd. samt, älter sament, ahd. samant Adv. 'zusammen', Präp. 'zusammen mit'. Dazu s ä m t l i c h Adj. aus frühnhd. spätmhd. samentlich (s. s a m m e l n ) . Luthers Form ist semptlich (Matth. 27, 62 u. o.), die seiner obd. Zeitgenossen same(n)tlich, doch ist ihnen allsampt geläufiger: K. Bachmann 1909 Einfl. v. Luthers Wortsch. 78. Sand m. obd. früher und jetzt meist «., so in Ecks Bibel (Ingoist. 1537). Ahd. sant (t), mhd. mnl. sant (d), asächs. sand m. «., afries. ags. sond, anord. sandr m. führen auf germ. *sanda- m. n., bestätigt durch das daraus entlehnte finn. santa 'Sand'. Wie in h u n d e r t , R a n d , S c h a n d e ist germ. n vor d aus m entstanden: vorgerm. *sam(a)dho- spiegelt sich auch in gr. amathos m. 'Sand'. Mit dem gr. Wort deckt sich gleichbed. bair. tirol. samp, mhd. sampt aus ahd. *samat; dazu engl, mundartl. samel 'Sandboden'. Das anl. s- dieser Wörter ist vielleicht schon früh aus ps- vereinfacht worden; vgl. gr. psämatos neben sdndalon. Daß ps- seinerseits Tiefstufe einer idg. Wz. *bhes- ist, lehrt aind. psäti, bäbhasti 'zerkaut', bhdsman 'Asche'. Sandale f . Gr. amathos ist kleinasiatischer Herkunft, von da auch npers. sändäl 'Schuh'. Es bedeutet ursprünglich 'Schuh des (lydischen Gottes) Sandal': P. Kretschmer 1927 Idg. Forsch. 45,
Sandelholz
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Sardelle
270. Seine Verkl. gr. sanddlion wird entlehnt zu senftmüelec begegnet, während das Subst. senftlat. sandalium, dessen Mz. im 15. Jh. den mhd. müetecheit lautet. Sang m. s. singen. Dual sandaly ergibt, zu dem nhd. S a n d a l e f . spät gebildet ist. S a n d a l i e n n o c h i n Wien 1706: Sange (1) f . in dt. Mundarten weit verbreitet, Zs. f. dt. Wortf. 8, 216. Gleichen Ursprungs sind bair. schwäb. als 'Handvoll Hanf oder Flachs; ital. sandalo m., frz. (13. Jh.) sandale f., nnl. Weihbüschel', tirol. 'Handvoll Mohnköpfe', (seit 1598) sandaal, dän. schwed. (1788) sandal. Westerwald, auch Z w i e b e l s a n g e , meist aber Sandelholz n. Der ind. B a u m Pteroearpus 'Ährenbüschel'. So auch ahd. sanga, frühnhd. santalina liefert das Farbholz aind. candana, mhd. mnd. sänge, mnl. sanghe, engl, mundartl. das über pers. iändäl und arab. sandal zu sangle. Mit armen, ung, Gen. dngoy 'kleine StrohGriechen und Römern gelangt. Ital. sandalo stückchen; Bund Stroh mit einzelnen, in den erscheint 1477 der Sandel (Marjatta Wis 1955 Ähren zurückgebliebenen Körnern' zur idg. Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedesca, Wurzel *sonko- 'Ähren-, Strohbüschel'. Sanikel m. spätahd. m h d . sanikel-, die U m Helsinki 233), 1485 als sandelholtz im „Gart der bellifere Sanicula europaea, gut gegen alle offnen Gesuntheit" cp. 374. Schäden. Aus mlat. sanicula zu lat. sänäre Sandwich n. 'belegtes Brötchen', benannt nach 'heilen'. John Montague, Barl of Sandwich (1718—92), Sanskrit n. die aind. Kunst- und Literaturder sich am Spieltisch mit entrindeten Schinkensprache. Aus aind. sams-kjrta- n. 'zusammengebröten sättigte, um sein Spiel nicht unterbrechen ordnet, vollendet'. zu müssen. Bei uns gebucht seit D. Sanders 1871 Saphir m. m h d . saphir(e) wie ital. saffiro: der Fremdwb. 2, 467. Sandwichmänner tragen vor Name des blauen Edelsteins geht (wie B e r y l l , der Brust und auf dem Rücken je ein Plakat. Opal, Smaragd) von Indien aus und wandert Nach demselben John Sandwich, der unter über Vorderasien, Griechenland und Italien zu König Georg III. (1760—1820) erster Lord der uns: Littmann 1924 Morgenl. Wörter 16; SuoAdmiralität war, nannte der Weltumsegler Cook lahti 1929 Frz. Einfl. 222. 1778 die Hawai-Gruppe Sandwich-Inseln. Das Sappe f . Ital. sappa 'Karst', das wohl arab. gräfliche Haus heißt nach der alten Hafenstadt Sandwich in Kent. Zum Grundwort (ags. wie) Herkunft ist, ergibt über piemont. sapa im s. Weichbild. Den Ortsnamen haben die 15. Jh. gleichbed. frz. sape. Dazu im 16. Jh. saper Angelsachsen aus der festländischen Heimat 'untergraben' mit der Rückbildung sape 'untermitgebracht: Sandwig heißt ein Dorf bei Flens- irdische Höhlung, Untergrabung der feindl. Mauer oder Stellung, Laufgraben'. Uns erreicht burg. die Sippe zufrühst mit s a p p i r e n Wallhausen sanft Adv. und Adj., dies mit dem Vokal des 1617 (Zs. f. dt. Wortf. 14, 63). Das F. S a p p e alten Adv.: mhd. senfte Adj., sanfte Adv.; ahd. k a u m vor 1653 ( M o d . lang, notes 44, 144). Dem semfti Adj., samfto Adv.; asächs. säfti Adj., später durch P i o n i e r verdrängten S a p p e u r säfto Adv.; ags. scefte Adj., softe Adv. ' s a n f t ' ;
engl, soft 'weich'. Mit germ. *sam-pia kommen im Begriff des friedlichen, freundlichen Beisammenseins, auch des Zusammenstimmens überein anord. semja, samda 'zusammenstellen, vereinigen, einig werden um, ordnen, zustande bringen', sama, samda 'passen, sich schicken', got. sarnjan 'gefallen, zu gefallen suchen', samjan sis 'vergnügt sein mit'. Außergerm, vergleichen sich aind. samayati 'ebnet, bringt in Ordnung' und säman- m. n. 'gute, beschwichtigende Worte; Milde': mit s a m m e l n , s a m t , s ä m t l i c h , z u s a m m e n zur idg. Wurzel *sem'eins'. Vgl. sacht. Sänfte /. 'Tragsessel', nur deutsch, im 16. Jh. durch Bed.-Wandel aus der Abstr.-Bildung gewonnen, die neben s a n f t steht wie Güte neben gut. So ist Weiche aus 'Weichheit' zur Bezeichnung des weichen Körperteils zwischen Brustkorb und Becken geworden. Sanftmut f . kaum vor Luther 1522 Gal. 5, 23: Rückbildung aus dem Adj., das schon als mhd.
geht 1661 S a p p i r e r voraus (das. 145). Zum Weiterziehen der Baumstämme dient die Sap i n e , auch S a p p e l m.\ österr. Wb. 1951, 170. sapperlot, sapperments. s a c k e r l o t . Sardelle /. Der Mittelmeerfisch Clwpea pilchardus heißt gr. sardine, lat. ital. sardina, frz. (13. J h . ) sardine, bei uns sardien (Gemma Köln
1495 U 5a, S a r d i n l i n 1521 Zs. f. d. Phil. 25, 217 f.) Der den Alten unbekannte Fisch Engraulis encrasichölus, in eingelegtem Zustand als Anschovis (s. d.) in den Handel gebracht, heißt eingesalzen Sardelle: roman. Verkl. zu Sardine, ital. sardella, bei uns als S a r d e l l e gebucht seit Frisius (Zürich 1556), in dt. Text als sartelli PI. 1584 Reisb. d. hlg. Landes 375 b. Die heutige Form seit Ostermann 1591 Yoe. anal. 351. Die gangbare Deutung (Amaranthes 1715 Frauenz.Lex. 1694 „Sardelle ist ein kleiner Fisch, der von der Insul Sardinien, bey welcher er gefangen wird, die Benennung hat") ist kaum zu halten: gr. sardinos steht schon in einem AristotelesZitat bei Athenaios 321 A. Daß die Athener so
Sardine
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früh Fische von der sardischen Küste bezogen hätten, ist unwahrscheinlich. — Mit naheliegendem Bild steht neuerdings S a r d e l l e n für die Frisur von Kahlköpfen, die langgehaltene Strähnen ihres Haarkranzes kunstvoll über die Glatze kleben. Sardine s. S a r d e l l e . sardonisch Adj. immer nur in Verbindung mit G e l ä c h t e r : bei der Urbevölkerung Sardiniens (lat. Sardoni) bestand die grausame Sitte, die alten Leute zu töten; dabei sollte gelacht werden. Das war der berüchtigte risus Sardonius, ein krampfartiges Lachen, an dem die Seele unbeteiligt ist. Von da ital. riso sardonico, frz. ris sardonien, sardowique, engl, sardonic laughter, smile, grin. Bei uns seit 1580 „Sie lachten ein Sardonisch Gelächter" Xylander, Plutarch211b: W. de Porta 1875 Illustr. dt. Monatshefte з. Folge, Bd. 5, S. 593f.; Büchmann 1912 Gefl. Worte 328; Schoppe 1914 Zs. f. dt. Wortf. 15, 208; Eug. Fehrle 1930 Zs. f. Volkskde. 40, 3. Sardonyx m. Der Karneol wurde zuerst bei Sardes, der Hauptstadt Lydiens, gefunden und heißt danach gr. sardö, lat. sarda, spätlat. (lapis) sardinus, afrz. sardine. Von da mhd. sardin m. seit kurz nach 1200: Suolahti 1929 Frz. Einfl. 220. S a r d e r ist Luthers Form (2. Mos. 28, 17 и. ö.). Bei ihm (Offenb. 21, 20) Sardonich für den heute S a r d o n y x genannten Halbedelstein, den Wolfram (Parz. 791, 12) sardonis nennt: über lat. sardonyx aus gr. sard-onyx m. 'Sarder von Nagelfarbe'. Sarg m. Gr. sarkophägos 'Fleischfresser' heißen nach Plinius, Not. hist. 36,131 und Theophrast, Das Feuer 6, 46 Särge aus dem Stein von Assos (heute Behräm-Kalessi) in Kleinasien, die das Fleisch der darin beigesetzten Leichen allmählich vernichten: Lamer 1932 Umschau 36, 598. Über lat. sarcophagus entsteht ein verkürztes *sarcus (wie aus lat. pröpägo ahd. pfropfo, s. pfropfen), dies wird Grundform von afrz. sarcou, nfrz. cercueil (vor allem in Nordwestfrankreich: K. Gernand, Die Bezeichnungen des Sarges im Gallo-romanischen, Gießen 1928), mnl. serc, sarc, nnl. zerk, afries. serk, asächs. mnl. sark (daraus entlehnt lett. zärks), ahd. sarc (obd. sarch), saruh, mhd. sarch (Gen. sarches) und sarc (Gen. sarkes). Doppelformen bestehen bis ins Nhd. Die weite Verbreitung von S a r g erklärt sich aus seinem Vorkommen in den alten Volksrechten. Auch lat. cisia 'Sarg' (s. K i s t e ) ist ins Germ, übernommen (ags. eist, cest 'Sarg', cistian 'einsargen', schwed. likkista, nihein. kis-fat 'Sarg'), Fremdwort ist auch mhd. arke 'Sarg' (s. Arche) und der zweite Bestandteil von ahd. sarhscrini (s. S c h r e i n ) . Wie arca und cisia, so ist sarcophagus auch in allg. Bed. ("Trog, Behälter') übernommen. Neben K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 17. Aufl.
Satte
ihm hält sich im Südwesten T o t e n b a u m als heimisches Volkswort, daneben T o t e n t r u h e Kirsch 1739 Cornu cop. 2, 319. Zur Wortgeographie A. Bretschneider 1930 Idg. Forsch. 48, 191 ff. Sarraß m. Aus poln. za 'für' und raz 'Hieb, Stoß' (Wiek 52) ist an der poln. Sprachgrenze im östl. Niederdeutschland eine Bezeichnung des schweren Säbels entstanden, die 1738 als S a r r a s literar. wird: Der im Irrgarten der Liebe herum taumelnde Cavalier 599 f. Satan m. Hebr. sätan 'Widersacher' gelangt über gr. Satan, Gen. Satanäs, lat. satanas in die Sprachen der Welt, zu den Germanen als got. satana(s), ags. satan, engl. Satan, ahd. mhd. satanäs, mhd. satän. Im Ahd. wird S. als Name behandelt und steht meist ohne Artikel, der sich im Muspilli und bei Otfrid zögernd einstellt, in der Lutherbibel nur noch zweimal fehlt. Dabei hat T e u f e l (s. d.) als Vorbild gewirkt: Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 51. Satertag s. S a m s t a g . Satin m. Der Seidenatlas stammt wie die Seide aus China. Der Ausfuhrhafen Tseu-tung in Fo-kien hieß arab. Zaitün, das von da ausgeführte Gewebe atlas zaitüni (s. A t l a s 1 ) . Die Spanier übernehmen Wort und Sache als aeeituni, setuni, die Franzosen als zatony, satin. Von da mhd. satin: Lokotsch 1927 Etym. Wb. 2188; Zs. f. d. Wortf. 15, 208. satt Adj. Mhd. ahd. sat(t), asächs. anfr. sad, mnd. mnl. sat {d), nnl. zad, ags. sced 'satt', engl. sad 'traurig', anord. sadr, got. saps 'satt' führen auf germ. *sada-, idg. *sdtö-, -¿o-Part. (vgl. l a u t ) zur idg. Wurzel *sä-: *sa- 'satt, sättigen'. Dehnstufig got. sößs, afries. sede 'Sättigung', got. söpjan, ags. scedan 'sättigen'. Sonst lautet das Ztw. ahd. satön, ags. sadian, anord. sedja. Nhd. s ä t t i g e n , spätmhd. set(t)igen ersetzt mhd. set(t)en, wie nhd. h u l d i g e n , p e i n i g e n , v e r eidigen für mhd. hulden, pinen, vereiden stehen, neben denen das entspr. Adj. auf -ig ebenfalls fehlt. Außergerm, vergleichen sich u. a. air. säith 'Sattheit', säithech 'satt', lat. satur 'satt', sat(is), gr. äden 'genug', aatos (aus *ns9to-) 'unersättlich', detai 'sättigt sich', aslaw. sytü, lit. sotüs 'satt', sotis 'Sättigung', armen, yag (aus *säu-) 'reichlich', aind. asinvd-, dsinvan 'unersättlich'. Satte f. Für 'Gefäß, in dem Milch aufgestellt wird, um sich zu setzen und sauer zu werden' gilt nordostdt. zwischen Westpreußen, Harburg und Thüringen S a t t e , nordwestdt. zwischen Bremen, dem Eichsfeld und Köln S e t t e f.: zu nd. se£/e»'(sich) setzen'. Die Grenzen gegen Asch, Kump, Napf, Schale, Schüssel, Weitling zieht P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 350ff. Die Belege reichen nicht über das 18. J h . zurück; 40
Sattel
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das gleichgebildete mnd. satte (Beleg aus Waldeck 1386 bei Bauer-Coffitz 1902 Waldeck. Wb. 167) bedeutet 'Gesetz, Anordnung'. Abwegig H. Schröder 1923 Beitr. 47,167. Vgl. S a t z . Sattel m. Mhd. satel, ahd. saful, salal, mnd. mnl. afries. dän. schwed. sadel, nnl. Zadel, ags. zadel, ags. sadol, engl, saddle, anord. SQÖUII führen auf germ. *sadula-, bestätigt durch die Ableitung asächs. saduleri m. 'Sattler' und das früh entlehnte finn. satula 'Sattel'. Germ. *sadulaist mit s i t z e n (germ. *set-) kaum unmittelbar zu verknüpfen, sondern entlehnt aus einer idg. Nachbarsprache, die ein *sadula- zur idg. Wurzel *sed- 'sitzen' bilden konnte. Aslaw. sedlo 'Sattel' ist aus *sedülo- entwickelt: in Reitwesen und Lederverarbeitung Keßen sich die Germanen vielfach von ihren östlichen Nachbarn anregen. Nach den vorgeschichtlichen Funden gelten die Reitervölker des Südostens als Erfinder des Sattels, während die Germanen Casars, der Trajan- und Markussäule ihn noch nicht kennen. Sattel f . mhd. satel(e), ahd. satala, md. sadel: ein Getreidemaß. S a t t e l als hess. und thür. Ackermaß ist ursprünglich 'soviel man mit einer Sattel Getreide besäen kann'. Voraus liegt mlat. satellum n., Verkl. von lat. satum 'Gesätes'. sättigen s. s a t t . Saturei f . Die Würzpflanze Satureja hortensis, meist B o h n e n k r a u t , frühnhd. hünerfüll, joseplin, sergenkraut, garten-, zmbelhysop genannt, erscheint als spätmhd. saterje, dem mlat. ital. satureja entsprechend. Satz m. mhd. saz, Gen. satzes 'Ort, wo etw. sitzt oder gesetzt ist; Stellung, Lage; Gesetz; Vorsatz': Ablautbildung zu s i t z e n , s. d.; vgl. Satte. Sau f . mit S c h w e i n der einzige Name des Tiers, der außereurop. Beziehungen hat. Ahd. asächs. ags. sü, anord. syr vereinen sich auf germ. *sü, das mit lat. sü-s, gr. hys, alban. {H, air. socc, toch. sutvo 'Schwein', lett. suvens 'Ferkel', awest. hü 'Eber' auf idg. *sü(w)- 'Schwein' führt. Aind. sü-kard 'Schwein, Eber' weist der Etymologie die Richtung: es ist urspr. 'sw-Macher', das erste Wortglied der Naturlaut, von dem der Tiername ausgeht. Mit germ. g ags. sugu, asächs. suga, mnd. mnl. söge, nnl. zeug und, mit einer bei Koseformen gangbaren Doppelung, norw. dän. schwed. sugga. Entspr. Erweiterung auch im Kelt.: air. hwch, akorn. hoch, mbret. ho(u)ch aus urbrit. *hukk-os, *hokkä, das die Grundlage für ags. hogg bildet. Die flekt. Formen mhd. siuwe- haben frühnhd. ihr w verloren, wie dröuwen, houwen, triuwe. Im Paradigma sind die umgelauteten Sing.-Formen (z. B. Dat. sew noch bei H. Sachs) beseitigt, wie bei B a n k , M a u s , N o t u. a. fem. ¿-Stämmen. Der schw. Plur. S a u e n , im 18. Jh. auch für zahme Schweine,
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Sauce
ist seit Adelung auf weidmänn. Gebrauch beschränkt. Zu der Bed. 'As im Kartenspiel' kam S a u zu Ende des 16. Jh., als das Kartenbild von der Schellenvier, die es vorher geziert hatte, auf das Schellendaus als niederste Spielkarte überging. Zu S a u ' G l ü c k ' s . S c h w e i n und g e f a l l e n . — Die Laut- und Wortgeographie zu Sau bietet die Wortkaxte 'Mutterschwein' von H. J. Schwab bei Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1955): Sau von Thüringen bis zur Ostgrenze, in Ostpreußen Su, sonst an der Küste mit -jo-Suffix Sog, -Mutt(e) („dick") in Ostfriesland, Oldenburg, großenteils Westfalen, Docke („grobe Masse") in Nordhessen; Krem (zu einem Tierlaut 'grunzen'?) um Köln; Loos (unerklärt) in der Rheinpfalz und am Bodensee, Lous in Ostschwaben; Fadlsau im Osten; Dausch („Saukartenglück") in Nordschwaben und am mittleren Main; Kosel am oberen Neckar; Mor (nach schwarzer Sorte) im Elsaß und Südbaden. sauber Adj. mhd. süber, süver, ahd. sübar, sübiri 'rein, hübsch', asächs. sübri, sübar (in unsübarnussi f.), mnl. süver, nnl. zuiver, ags. syfre 'makellos'; dazu syferness f . 'Nüchternheit'. Über das Westgerm, reicht das Wort nirgends hinaus, in Deutschland hat es nur im Westen und Süden das heimische r e i n zurückgedrängt (handschriftliche Karte des Deutschen Sprachatlas). Alles stimmt zur Annahme alter Entlehnung: lat. sobrius (aus *sö(d) 'ohne' und ebrius 'trunken') hat sich zu vulgärlat. suber 'mäßig, besonnen' entwickelt; ü für lat. ö auch in L a u e r und M a u l b e e r e ; die ags. Bed. vermitteln den Übergang. Die umgelauteten Formen (ags. syfre usw.) weisen auf die lat. «-Formen zurück. Saubohne f . Vicia faba ist die einzige Bohnenart, die in vorgeschichtl. Zeit in Mittel- und Nordeuropa gebaut wurde; ihr gilt der gemeingerm. Name B o h n e ebenso wie lat. faba, gr. ktfarnos: Hoops 1905 Waldb. u. Kulturpfl. 401. 464. Nach Einführung der Gartenbohne (Phaseolus vulg.) sank Vicia faba zum Viehfutter; der Name S a u b o h n e , den in frühnhd. Zeit Hyoscyamus niger und Portulaca oleracea getragen hatten, geht auf sie über (erkennbar seit Ludwig 1716). Sauce f . Afrz. salse '(gesalzene) Brühe' hat zu Beginn des 13. Jh. mhd. salse f . ergeben, das bis ins 18. Jh. gilt und in Nachbarsprachen entlehnt ist (bulgar. bis heute ssalza). Nach dem Lautwandel innerhalb des Frz. folgt im 16. Jh. neue Entlehnung. Entspr. dem ostfrz. -ja- erscheint Schweiz, sasz 1521, gemäß dem schrift-frz. sauce Schweiz. saus(s)en vor Mitte des 16. Jh., Sos seit Golius 1582 Onomast. 363: Schweiz. Id. 7, 870. 1378f.; H. Fischer 1920 Schwäb. Wb. 5, 549. 1462. Heute eingedeutscht Soße.
sauer
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sauer Adj. Ahd. mhd. mnd. ags. sur, md. sü(w)er, mnl. suur, nnl. zuur, engl, sour, anord. sürr, norw. dän. schwed. sur führen auf germ. *süra- aus *süro-. Aus dem Anfr. ist gleichbed. frz. sur entlehnt; dazu im 12. Jh. die Verkl. surelle 'Sauerampfer' (nnl. zuuring). Außergerm. Verwandte bieten die baltoslaw. Sprachen: lit. sûras 'salzig', suris 'Käse', süris 'Salzigkeit', aslaw. syrü 'feucht, roh', daneben *sduroin aslaw. surovü 'roh'. Die alte Zusammensetzung ahd. sürouge, ags. sürlege, anord. süreygr 'triefäugig' lehrt (wie die baltoslaw. Bedeutungen), daß der Wortbegriff von käsig gerinnenden, schleimig-nassen Widrigkeiten ausgeht. Sauerdorn s. B e r b e r i t z e . Sauerkraut n. Columella 12, 49, 3 beschreibt in Salzlake eingelegte Oliven (hac conditura compositis olivis). Im dt. Mittelalter wird das Verfahren auf den gehobelten, mit Salz eingemachten Weißkohl übertragen, der im Faß eine saure Gärung durchmacht; das Wort 1536 bei Paracelsus (110,163). Der fremde Name Kumpost gilt bis heute weithin (Kretschmer 1918 Wortgeogr. 569ff.). Dafür stehen saurer K a p pes und S a u e r k o h l , soweit Brassica oleracea capitata alba Kappes und Weißkohl heißt. Im Gebiet von W e i ß k r a u t erscheint bei Kirchhof 1663 Wendunmut 1, 222 sauwer Kraut, fast gleichzeitig auch schon saurkraut oder gumpest Zimm. Chron. 2 4, 100. Aus dem Alemann. frz. choucroute, gekreuzt mit frz. chou 'Kohl'. Sauerstoff m. (nnl. zuurstof) zuerst bei Girtanner 1791 Neue ehem. Nomenclatur, Lehnübersetzung des frz. oxygène 'Säureerzeuger'. S. Stick-, Wasserstoff. sauersüß Adj. gebildet wie dummdreist und t a u b s t u m m : Opitz 1624 Poeterey 52 „Auß den sawersüssen nöthen". 1668 s ä u e r l i c h - s ü ß Erasmus Francisci 1, 419b. Sauertopf m. 'mürrischer Mensch' seit J . Mathesius 1563 Ehestand 0 l a . S a u e r t ö p f i g , -isch ist zunächst die gestockte Milch, die Massen kleiner Knollen oder Tupfen aufweist (s. Topfen): mit ihrer Oberfläche wird das Gesicht des Überlaunigen zuerst verglichen. Schon im 16. Jh. wird das Wort auf die Essigbereitung umgedeutet, was nahe lag, weil seit alters (M. Heyne 1901 Hausaltert. 2, 379) ein Gefäß in jedem Haushalt die Weinreste dafür aufnahm. Darauf zielen von vornherein Schelten des Mürrischen wie E s s i g - K r u g bei J . Rachel 1664 Satir. Ged. 2, 33; sürkrüke 1770 Versuch e. brem.-niedersächs. Wb. 4, 1104; sürpot J . F. Danneil 1859 Wb. d. altmärk.-plattdt. Ma. 217. Saufeder f. 'Fangeisen aus hölzernem Schaft und spitzer Klinge, der Feder'. Das Abtun des Wilds vergleicht alter Jägerspaß einem Kitzeln. Mit anderm Spaß stand Saufedern für 'Bett-
Säule
stroh' : statt auf Flaum meint man auf Schweinsborsten zu ruhen. Obd., vorab schwäb.: eine Sache steht auf Saufedern 'ist auf Stroh, nicht haltbar gegründet, steht mißlich'. saufen st. Ztw. Mhd. süfen, ahd. süfan, mnd. mnl. süpen, nnl. zuipen, ags. süpan, anord. süpa, schwed. supa führen auf idg. *süb-. Daneben steht *süp- in aind. swpaA'Brühe, Suppe'. Beide gelten als Erweiterungen der idg. Wurzel *seu'Saft, Feuchtes', die den Laut wiedergibt, mit dem man Flüssiges aufschlürft. Diese Grundbedeutung ist alt überall möglich und hat sich in engl. sup, norw. supe erhalten. Ihr nahe stehen mhd. süfen 'mit dem Löffel essen'; von da aus ist im 14. Jh. Suppe gebildet, s. d. Gut erhalten ist die Grundbedeutung in der Intensivbildung supfen, s. d. und seufzen. Die Bedeutung 'bibere' ist noch ahd. selten neben 'haurire, sorbere, rnergi'. saugen st. Ztw., mhd. mnd. sügen, ahd. asächs. ags. sügan, mnl. süghen, nnl. zuigen, anord. süga, schwed. suga, dän. suge. Germ. Verwandte sind siech (s. d.), mhd. soc (g), mnd. soch (g), anord. sog 'das Saugen', ags. sogeda 'Aufstoßen, Sodbrennen, Magensaft'. Außergerm, vergleichen sich lat. sügere 'saugen', sücus 'Saft', lett. sinkt, kymr. sugno 'saugen': mit verschiedenen Gutturalerweiterungen zur idg. Wurzel *seu- 'Feuchtes; Saft ausdrücken, schlürfen'. säugen schw. Ztw. Faktitiv zu saugen: germ. *saugjan 'saugen machen', asächs. sögian, ahd. sougen, mhd. söugen. Säugling TO. tritt im 14. Jh. als md. sügelinc auf und wird Schriftwort durch Luther, der es elfmal in der Bibelübers. verwendet. Freilich ist es wesentlich Fachwort der Ärzte und Statistiker geblieben; heutige Umgangssprache ersetzt S. durch B a b y : Kretschmer 1918 Wortgeogr. 18; Zs. f. dt. Wortf. 4,198. 12,125. Säule1 f. dafür bair. schwäb. rheinfränk. siebenbg. Saul, so auch Ecks Bibel (Ingoist. 1537), Schweiz, sül, mhd. sül (Mz. siule), ahd. sül (Mz. süli), asächs. anl. sül, afries. sele, ags. syl, anord. sül(a). Dazu mit Ablaut gleichbed. got. sauls f. Sichere außergerm. Entsprechungen fehlen. Säule2 f. 'Ahle des Schuhmachers', mhd. siule, ahd. siula 'Pfriem': zur idg. Wurzel *siü-: *siu'(Leder) nähen', s. nähen, Ahle. Dies ist wesentlich obd., während Säule im Md. und westl. Nd. gilt: westfäl. sül und süggel (aus süwel). Das vorausliegende Ztw. ist hd. im 15. Jh. abgestorben (K. v. Bahder 1925 Wortwahl 75): mhd. ahd. siuwen, mnd. süwen, afries. sia, ags. siow(i)an, engl, sew, anord. syja, dän. schwed. sy, got. siujan 'nähen'. Außergerm, entsprechen aind. stvyati 'näht', lat. suö, aslaw. sij,'), nnd. snitjen, snidjen, älter *snitten. Daraus entlehnt dän. snitte, schwed. mundartl. snitta. Germ. *snittön steht als Intensivbildung neben dem st. Ztw. s c h n e i d e n , wie n u t z e n neben ( g e ) n i e ß e n oder s t u t z e n 'plötzlich innehalten' neben s t o ß e n . Schnitzer m. ist alt in den Bed. 'Bildschnitzer, Holzbildhauer' (ahd. snizzäre, mhd. snitzare) und begegnet seit Ausgang des Mittelalters als 'Schnitzmesser' in vielen Handwerken. Die Bed. 'grober Fehler' seit Luther 1545 Wittenb. Ausg. 8, 228» und Zesen 1644 Helik. Hechel, Vorrede. Adelung mag Recht haben, wenn er 'einmaliges Schnitzen, entstellende Schnittführung' in den Ausgangspunkt stellt, doch liegt auch s i c h s c h n e i d e n 'sich irren' nahe. Wenn mundartl. gleichbed. S c h n i t z m. neben S c h n i t z e r steht (H. Fischer 1920 Schwäb. Wb. 5, 1079 f.), so ist an das Nebeneinander von F e h l u n d F e h l e r zu erinnern. schnobern schw. Ztw. 'schnüffeln', auch im übertragenen Sinne, zu s c h n o b e n , dies nhd. aus s c h n a u b e n entwickelt. S c h n o b e r n zuerst bei Kirsch 1739 Cornu cop. 2, 287. Schnodder m. 'Nasenschleim' mhd. snuder, frühnhd. schnuder (nnl. snot). Dazu s c h n o d d r i g Adj., urspr. jemand, der sich noch nicht einmal die Nase zu putzen versteht und schon darum nicht mitreden sollte; danach Schelte des Vorlauten, nach Mitte des 19. J h . von Berlin aus verbreitet, mit nd. dd wie K l a d d e , M o d d e r , P a d d e , p l a d d e r n : Zs. f. d. Wortf. 2,308; A. Lasch 1928 Berlinisch 210. S. s c h n e u z e n . Zu germ. *snüß- erscheint auf der Wortkarte 'Schnupfen' in dieser Bedeutung schwäb. Schnüder, Geschnüder, zu ahd. snuderata heute Schnuderete, Schnüderie, mit binnendt. Konsonantenschwächung dazu Schnuderede. Die gedehnte Stufe germ. snüp- ist heute in kärnt.steir. Schnaudn erhalten. Dazu schwäb.-schweiz. schnüdern, schniedern 'Schnupfen haben', ostnd. tchnoddern: K. H. Weimann, Zs. f. Mundartfg. 1955, 154. schnöde Adj. mhd. mnd. sncede 'verächtlich' (ahd. *snödi unbezeugt), mnl. snöde, nnl. snood 'niederträchtig, boshaft', anord. snaudr 'kahl, bloß, arm', norw. snau, schwed. mundartl.
Schnucke
snauder 'kahl, kurzhaarig' mit dem abgeleiteten Ztw. anord. sneyda 'berauben', norw. mundartl. sneyda 'entblößen'. Mit Ablaut ags. hesnyddan (aus *snupjan) 'berauben'. Dazu anord. snoÖinn 'dünnhaarig', der Form nach eins mit mhd. besnoten, schwäb. alem. b e s c h n o t t e n 'knapp, spärlich', daneben anord. sneggr 'kurzgeschoren'. Die nächsten außergerm. Verwandten sind aind. ksnäuti 'schleift, wetzt, reibt', ksnotran 'Schleifstein', Part. Mnutä-, awest. hu-xsnuia- ' g u t geschärft', lat. noväcula 'Schermesser': idg. *ksneu-, Erweiterung der idg. Wurzel *kes- 'kratzen, kämmen'. Ausgangsbedeutung des germ. Adj. ist 'geschoren'. Der Geschorene ist zugleich der verachtete Knecht. Demgemäß zeigt noch mhd. sncede vorwiegend die aus 'verächtlich' entwickelten passiv. Bedeutungen 'ärmlich, erbärmlich, schlecht, gering'; entspr. noch bei Luther. Im 17. J h . siegt die aktiv. Bedeutung 'wer andern verächtlich begegnet'. schnökern schw. Ztw. 'schnüffeln, naschen', bei Frisch 1741 aus altmärk. nd. Mundart. Im obd. Bereich entspr. frühnhd. s c h n ö k e r e n , Iterativbildung zu mhd. snöuken 'schnobern, heimlich gehen bes. um zu naschen', schwäb. s c h n a i k e n , Schweiz, s c h n ä u g g e n : Schweiz. Id. 9, 1179ff. Schnörkel m. Zu den Nebenformen von S c h n e c k e (s. d.) t r i t t ein westmd. S c h n ö g e l , das bei Böckler 1688 Ars herald. 96 als 'Schnekkenlinie' begegnet. Das ist aber die Hauptbed. von S c h n ö r k e l von seinem ersten Auftreten bei Harsdörffer 1644 Frauenz.-Gespr. 4, 253 bis Adelung 1798. So vermutet Schuchardt 1901 Zs. f. d. Wortf. 1, 77, jenes S c h n ö g e l sei durch Vermischung mit S c h n i r r e 'Schleife' und Z i r k e l 'Kreis' zu seinem r gekommen, das auch die älteren Nebenformen S c h n e r k e l und S c h n i r k e l aufweisen. Aus 'Schneckenwindung' ist 'Verzierung in Baukunst und Musik, Possen' geworden. Zum Festwerden des gerundeten Tonvokals vgl. n ö r g e l n . Dän. snirkel, snerkel sind aus dem Nhd. entlehnt. schnorren schw. Ztw. mit jüd.-dt. Aussprache für das im 18./19. J h . weit verbreitete Volkswort s c h n u r r e n 'betteln'. Urspr. 'als Bettelmusikant mit Schnurrpfeife und Maultrommel einherziehen', wie schwäb. schnurren noch spät 'mit Musik betteln' bedeuten k a n n : H. Fischer 5, 1090. Durch das 18. J h . ist s c h n u r r e n oft als Gaunerwort verzeichnet. Dazu S c h n u r r a n t m. 'Bettelmusikant, Bettler' mit fremder Endung wie L i e f e r a n t . K a u m vor Goethe 1771 Weim. Ausg. 4, 1, 262. S. A. Wolf 1956 Wb. d. Rotwelschen 295. Schnucke /., bes. H e i d s c h n u c k e , aus gleichbed. nd. snucke: im nordwestl. Niederdeutschland (Lüneburg, Bremen, Ostfriesland) üblich,
schnüffeln
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seit Schottel 1662 gebucht, im 18. J h . mit den Nebenformen S c h n a c k e und S c h n i c k e . Lautmalend wie viele Tiernamen: nd. snukke{r)n 'schluchzen', nukkern in Lüneburg und Groningen von der Stimme der Schafe und Lämmer: Hnr. Schröder 1904 Beitr. 29, 558. schnüffeln schw. Ztw., erst nhd., nach nd. nl. snuffeien 'beriechen' zu nl. snuf 'Beriechung'. Vgl. engl, snuff, sniff 'schnauben, schnüffeln', snivel 'schnüffeln' und 'Nasenschleim' (ags. snofl). S. S c h n u p f e n . schnullen schw. Ztw. 'saugen', S c h n u l l e r m. 'Saugpfropfen, -läppen': überall in hd. Mundart und Umgangssprache. Daneben ohne s- nd. nulken 'saugen', von F. Holthausen 1929 Germ.-rom. Monatsschr. 17, 470 aus Osnabrück beigebracht. Das Ztw. begegnet auch in Bedeutungen wie 'abküssen, mit Lust essen, Tabak rauchen, harnen, schmutzige Reden führen'. Ältere Zeugnisse für die offenbar lautmalende Wortgruppe fehlen. Schnupfen m. spätmhd. snupf(e) m. f., mnd. snuppe. Die darin enthaltene germ. Wz. *snup(p)- mit expressiver Gemination, *snüb-, mit gram. Wechsel *snüf-, wozu außer S c h n u p pe noch anord. snoppa f. 'Schnauze' gehört, steckt auch in s c h n a u b e n und s c h n ü f f e l n . Weiterhin besteht Bez. zu den germ. Wz. *snüt und *snüp (s. schneuzen). Luther verwendet (doch nicht im Text der Bibel) S c h n u p p e n ; diese Form noch bei Goethe. Güntzel 1648 Hauptschlüssel der dt. Spr. nennt S c h n u p f e n ein Leipziger Wort, dem in Nürnberg S t r ä u c h e n , in Straßburg P f n ü s e l entspreche. K.-H. Weimann Wortkarte 'Schnupfen' beiMitzka, Dt. Wortatlas II. Jene erstgenannte Wurzelgruppe schuf (gefühlsbetonte) Synonyme im dt. und im skandin. Raum, geht mit ihren Formantien b, t, p auf idg. *sneu- 'fließen' zurück (nicht auf *skneu-); dazu aind. snäti 'schwemmt', lat. natare 'schwimmen', aind. snäuti 'triefen', gr. neö (Fut. netisomai) 'schwimme', mir. snuad 'Fluß', aind. snapayati 'schwemmt', aind. snapana'zum Baden dienend', gr. ndö (aus cvapico) 'fließe'. S c h n u p f e n , S c h n u p p e n und Varianten zeigen sich im gesamten Fränkischen (außer Niederfr.), im Omd., Ostnd. u. Niederalem. Als Gebildetenwort über den Mundarten überall. Umgangssprachlich in später Zeit, nach der Lautverschiebung, mit -pp- bis in die Schweiz übernommen, dort darüber die hochspr. Form mit -pf-, Nd. Vekalsenkung zeigt der verbreitete Typ Schnoppe(n), binnendt. Konsonantenbeschränkung Schnubbe(n). Varianten mit -a- luxem bg., egerländ. Sehnappen, Schnapfen. Zu alem. P f n ü s e l (s.d.),bair.Südosten: Strauka zu germ. *strük- 'Schnupfen', mundartl. Katarrh in Bayern und Altösterreich. Vgl. noch s c h n a u K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 17. Aufl.
Schnur
fen, S c h n a u z e , s c h n e u z e n , S c h n o d d e r , P i p s : K. H. Weimann, Zs. f. Mundartfg. 1955, 148. Schnupftabak m. im 17. J h . gebildet, im Unterschied zu K a u - u n d R a u c h t a b a k ; mehrfach bei Grimmelshausen, gebucht seit Duez 1664 als S c h n u p t a b a c k . Als erster Schmipfer gilt König Franz II. von Frankreich (f 1560). Dazu S c h n u p f t a b a k b ü c h s e Stieler 1691, S c h n u p f t o b a c k d o s e Kirsch 1739 Cornu cop. 2, 287. Schnuppe /. am Docht, ins Nhd. entlehnt aus nd. snuppe. Das Entfernen des ausgeglühten Dochtendes wird als Reinigung gefaßt auch in nl. snuiten, engl, snuff 'die Kerze schneuzen'. S. S t e r n s c h n u p p e . schnuppe präd. Adj. 'gleichgültig', urspr. 'so wertlos wie der verkohlte Abfall des Dochts', insofern eins mit S c h n u p p e f. Bezeugt zuerst 1878 im Richtigen Berliner, seither von Berlin aus verbreitet, wo auch andere Wertlosigkeiten (pipe, pomade, wurst) als Ausdruck der Gleichgültigkeit stehen: A. Lasch 1928 Berlinisch 207. Schnur1 f. 'Faden', mhd. ahd. snuor, mnd. norw. snör, mnl. nnl. snoer, schwed. mundartl. dän. snor. Dazu die Ableitungen ags. snere f. 'Harfensaite', anord. sneri n. 'gedrehtes Seil', got. snörjö f. '(aus Stricken geflochtener) Korb, Netz'. Aus dem Germ, entlehnt ist finn. nuora 'Schnur'. Ablautend gleichbed. mhd. ahd. snar(e), mnd. mnl. snare, nnl. snaar, anord. snara, sneri-, hieraus entlehnt ags. sneare, engl. snare 'Schlinge'. Idg. Wurzel *(s)ner- 'drehen, winden' in lit. nerti 'einfädeln', näras 'Schlinge', tochar. nre, üre 'Faden'. Mit Erweiterung (*snerk-) ahd. snar(a)ha, ags. snearh 'Schlinge'. Zur landschaftlichen Synonymik von S c h n u r in hd. Umgangssprache s. P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 120f., von B i n d f a d e n B. Martin 1927 Teuthonista 4, 282. Schnur2 /. 'Schwiegertochter', ahd. snur(a), mhd. snu(o)r, mnd. snore und ablautend mnd. mnl. snare, nl. snaar, afries. snore, ags. snoru (im Engl, ausgestorben), anord. snor, sner, krimgot. sehnos. Dazu die gleichbed. Ableitung ahd. *snurihha, md. snurche, snorche, hess. snerche. Das Wort ist andern lautl. Zus.-Fall mit S c h n u r 1 zugrunde gegangen (K. v. Bahder 1925 Wortwahl 60.153), der Verfall wird alem. zuerst sichtbar, sofern das Basler Neue Test. 1523 Luthers S c h n u r (Matth. 10, 35 u. ö.) mit sonszfraw verdeutlicht. Heute ist S c h n u r auch schwäb. und bair. abgestorben; es lebt in einigen Alpenmundarten und md. von Sachsen bis Hessen (Luise Berthold Hess.-Nass. Volkswb. 3, 383), ferner als siebenbg. snirich. Außer dem Kelt., Tochar. und Balt. weisen alle idg. Sprachzweige das Wort auf. Die altertümlichste Form 43
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schnüren
bietet gr. nyös (aus idg. *snusos). Umbildung nach lat. socrus liegt vor in lat. nurus, -üs; aind. snusä ist nach den Fem. auf -ä umgebildet. Außerdem vergleichen sich armen, nu, aslaw. snücha, vielleicht auch alb. wii.se 'Braut'. schnüren schw. Ztw., mhd. snüeren, ahd. *snuorjan, nd. sndren, nl. snoeren: zu S c h n u r 1 .
Weidmann, s c h n ü r e n steht seit dem 18. Jh. vom Lauf einiger Wildarten, die (wie der trabende Dachs, Fuchs, Wolf usw.) mit dem Hinterlauf genau in die Spur des Vorderlaufs treten. Ursprünglich bedeutet es 'schnurgerade laufen'. Schnürleib s. K o r s e t t . Sehnurrant s. s c h n o r r e n . Schnurrbart m. dringt mit der im Heer begünstigten Barttracht im 18. Jh. in die Schriftsprache aus nd. snurbaard, das 1770 im Brem. Wb. 4, 902 greifbar wird und dort neben snurre 'Schnauze' steht. Dem entspricht gleichbed. obd. schnorre, so daß S. im Kern eines ist mit dem im Süden heimischen S c h n a u z b a r t . Dies zuerst bei Irenaeus 1578 Prognoslicon 0 3 a. Kleins Prov.-Wb. 1792 kennt gleichbed. österr. R a t schenbart, pfälz. S c h n o r r e s , henneb. S c h n o r r w i c h s . — Als Pars pro ioio steht md. S c h n u r r b a r t für 'Häscher', zuerst im Stud.Roman Salinde (Jena 1718): Zs. f. d. Wortf. 1, 48. 3, 100. 12, 289; Kluge 1895 Stud.-Spr. 123. Schnurre f . 'Knarre des Nachtwächters' Knigge 1805 Reise auf d. Univ. 90. Danach heißen S c h n u r r e n die Häscher selbst in Halle, Göttingen, Jena und Tübingen: Kindleben 1781 Stud.-Lex. 175; Heine 1, 5. 3, 16. 486 Elster; Zs. f. d. Wortf. 12, 289. schnurren schw. Ztw., m h d . snurren
'rau-
schen, sausen'. Dazu nhd. S c h n u r r e /. und die Ableitung s c h n u r r i g ; vgl. ahd. snurring, mhd.
snürrinc,
snurrwre
'Possenreißer'.
—
S c h n u r r e , S c h n o r r e f . 'Maul, Schnauze' sind echt obd., wenn auch ahd. mhd. unbezeugt. — s c h n u r r e n 'betteln' s. s c h n o r r e n . Schnurrpfeiierei f . Die S c h n u r r p f e i f e beschreibt Frisch (Berlin 1741) als 'schnurrende Pfeife der Kinder', sonst ist sie auch das Gerät der Bettelmusikanten. Demgemäß bedeutet nd. snurrplperijen 'Spielwerk, läppische Kleinigkeiten'. S c h n u r r p f e i f e r e i e n in nhd. Text seit Reiske 1764 Demosthenes 1, 285. S c h n u r r p f e i f e r hat Nietzsche 6, 266 aus dem Fem. rückgebildet: Zs. f. d. Wortf. 15,143. Schnürsenkel s. Senkel. Schnute /. bleibt näher als nhd. S c h n a u z e beim nd. snüte. Auffällig ein auch Schweiz, snüte, dazu stimmt später Übernahme von Schnuppen 'Schnupfen' (s. d.). Vgl. S c h n a u z e , s c h n e u zen.
Schöffe
Die Endung germ. -ra- wie in A c k e r , B a u e r , F i n g e r , W u c h e r usw. Nächstverwandt mit ahd. scubil 'Büschel von Haaren oder Stroh, Haufen, Menge', ags. scyfel(e) 'Frauenhaube'. Schobergehört m i t S c h a u b , Schopf, Schupp e n zu einer verbreiteten germ. Sippe. Der Wurzelauslaut wechselt zwischen idg. b, bh und p. Die außergerm. Verwandten entbehren des anlautenden s-: serb. Supa 'Büschel, Haare', russ. tschech. iup, (ub 'Schopf' zu Wz. *(s)keup-, *(s)keub(k)- 'Büschel, Schopf, Quaste'. Schock n. mhd. schoc m. 'Haufen; Anzahl von 60 (Münzen oder andern Gegenständen), ein halbes Großhundert', asächs. scok (Freckenhorst: tein scok garvano);
mnd. nnl. schok
n.
'60 Stück'. Dän. skok, schwed. skock gelten als Entlehnung aus dem Mnd. Der Gebrauch als feste Zahl zeigt sich als a l t e s S c h o c k = 20, n e u e s S c h o c k = 60, l e i c h t e s S c h o c k = 40, in der allgemeineren, möglicherweise älteren Bedeutung als „Dingzahl" wie M a n d e l in mengl. schokke 'Garbenhaufen', somit nächstverwandt mit mhd. schocken 'Korn in Haufen setzen', schocke, obd. schocke 'Heuhaufen', wie noch in schwäb. und alem. Mundart. Verwandt mit H o c k e f . 'Getreide-, Heuhaufen', dort auch die außergerm. Verwandten. Vgl. D u t z e n d und G r o ß h u n d e r t : F. Sommer, Zum Zahlwort, Sitzungsber. d. Bayer. Ak. d. W. phil.-hist. 1950, 7. schofel Adj. Hebr. f ä f ä l 'lumpig, wertlos, gemein' ergibt gleichbed. jidd. schophol, das im Rotw. eine Rolle spielt (F. Kluge 1901 Rotw. 1, 344; E. Bischoff 1915 Wb. d. Geheimspr. 80; S. A. Wolf 1956 Wb. d. Rotwelschen 297), mundartlich weit verbreitet ist (M. Heyne 1899 DWb. 9, 1439; H. Fischer 1920 Schwäb. Wb. 5, 1095 f.) und durch Vermittlung der Studentensprache (C. W. Kindleben 1781 Stud.-Lex. 175) zu Dichtern wie G. K. Pfeffel und G. Keller gelangt. Nnl. dän. sjofel sind aus dem Nhd. entlehnt. Das M. S c h o f e l 'Ausschußware', seit 1782 auf minderwertiges Schrifttum übertragen, wird bekannt durch A. v. Kotzebue 1803 Kleinstädter 4, 2 „waren Sie rasend, als mein Oheim seine Lesebibliothek auskramte, zu sagen, es sei lauter Schofel?" Schöffe m. 'beisitzender Urteilsfinder', mhd. schepfe, scheffe(n), ahd. scefjin(o), scaffin, asächs. scepino, anl. scepeno, nnl. schepen, Mz. schepenen.
Die Bezeichnung findet sich seit den Tagen Karls d. Gr., der das Schöffenamt geschaffen hat. Die Bildungsweise des Worts weist auf frühere Zeit, wenn auch weder got. *skapja (dem mhd. schepfe entspr.) oder *skapeins (gebildet wie mhd. scheffen) noch anord. oder ags. EntSchober m. mhd. schober, ahd. scobar, scober sprechungen bezeugt sind. Germ. *skapjan (s. 'Haufen' besonders von Garben, Stroh oder Heu. s c h a f f e n ) bedeutet '(ver)ordnen', somit be-
Schokolade
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zeichnet S c h ö f f e urspr. den, dessen Urteil zwischen den Partien Ordnung schafft. Aus dem Germ. (Frank.) stammen mlat. seablnus, frz. ¿chevin, aus dem Langobard. ital. scabino. Schokolade f. Mexikan. chocolatl wird im 16. J h . entlehnt zu span. chocolate m. 'Kakaotrank mit Zucker'. Aus dem Span, wird (wie portug. engl, chocolate, frz. chocolat) nl. chocolate entlehnt und dringt 1605 ins Nhd.: J . de Acosta, America S. 125 „Man macht einen Trank auß dieser Frucht, den sie Chocolate nennen". Unter Einfluß von limonade entsteht nnl. chocolade f. Wie H ä n g e m a t t e , L e g u a n , O r k a n u. a. überseeische Wörter danken wir S c h o k o l a d e (diese Form nicht vor Schiller 1783 Fiesko 2, 2) dem Nl.: Rieh. Loewe 1933 Zs. f. vgl. Sprachf. 61, 93ff.; Palmer (1939) 122. Krämer 1678 bucht S c h o c k o l a t a , Stieler 1697 Zeitungslust C h o c o l a t e , Amaranthes 1715 Frauenz.-Lex. 147 C h o c c o l a t e . Der amerik. Pflanzenwelt entstammen außer K a k a o (s. d.) auch A n a n a s , B a t a t e , Guajak, Kautschuk, Kokain, M a h a g o n i , M a i s , T a b a k , T a p i o k a , Tom a t e , Z i g a r r e : Littmann 1924 Morgenl. Wörter 146ff. Scholar m. 'Schüler', nach lat. scholäris Adj. 'zur Schule gehörig'; das Subst. schon im Mlat. Scolares in dt. Text zuerst Tübingen 1557: Nyström 183. Scholle1 f. Mhd. schölle f. m., ahd. scolla f. neben scollo m., mnd. schölle, schütte, mnl. scolle 'Rasenstück, Erd-, Eisscholle', nnl. schol 'Eisscholle', älter schwed. skolla 'Stück Blech' führen auf germ. *skullön- f., skullan- m. Deren II beruht auf älterem In (wie in E l l e aus ahd. elina, Müller aus mhd. mülneere): zur idg. Wurzel *skel- 'spalten' (s. S c h a l e , S c h i l d ) als Part. Perf. Pass. 'Gespaltenes'. — Die Wendung „an die Scholle gebunden" ist Lehnübers. des lat. glebae adscriptus. Scholle2 f. der Fisch Pleuronectes platessa. In Thüringen begegnet der Name nicht vor P. Eber und Kasp. Peucer 1558 Vocabula, in Anhalt seit Trochus 1517 Prompt. J l b . Älter mnd. schölle, schütte, mnl. scolle, sculle, mengl. schütte. Eins mit S c h o l l e 1 : die Gestalt des Fischs muß die alten Fischer an flache, schwimmende Eisschollen erinnert haben. So vereinigen gr. rhombos und lat. rhombus die Bedeutungen 'Viereck von bestimmter Gestalt' und 'Plattfisch'. F l u n d e r (s. d.) hat Verwandte, die 'flach sein' bedeuten. Herleitung von S c h o l l e aus lat. solea u. seinen Folgeformen ist unmöglich. Schöllkraut s. S c h e l l k r a u t . schon Adv. mhd. schön(e), ahd. scöno steht als umlautloses Adv. neben dem umgelauteten Adj. s c h ö n (s. d.), wie f a s t neben f e s t . Die nhd. Bed., der höfischen Dichtung noch fremd,
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Schöngeist
bahnt sich in der Prosa des 13. J h . an. Die Ausgangsbed. 'auf schöne Weise' wandelt sich zu 'in gehöriger Weise', 'so daß nichts mehr mangelt'. Aus Sätzen wie „alles ist schon bereit" wird dann der Sinn des lat. iam entnommen. Denselben Wandel erlebt nl. schoon seit etwa 1500. Nachdem sich s c h o n bed.-mäßig von seinem Adj. entfernt hatte, übernahm s c h ö n die alte Bed. des Adv. mit. Dän. skjant 'obgleich' ist dem dt. s c h o n in o b s c h o n nachgebildet, dazu 0 . Behaghel 1928 Dt. Syntax 3, 49. 51. 236. 244. — Laut- und Wortgeographie (: man) bietet der Dt. Sprachatlas. schön Adj. Mhd. schcene (das Adv. s. u. schon), ahd. asächs. anfr. sköni, mnd. schöne (daraus entlehnt dän. skjen, schwed. skön), mnl. scöne, nnl. schoon, afries. skene, ags. sclene, jünger scene, seyne 'schön', engl, sheen 'glänzend', got. *skaun(ei)s (überliefert nur Nom. PI. m. skaunjai) 'anmutig' führen auf germ. *skauni-, bestätigt durch das früh daraus entlehnte finn. kaunis 'schön'. Grundbedeutung ist 'ansehnlich' (wie l a u t 'was gehört wird', r e i n 'was gesiebt werden kann'): Verbaladj. zur idg. Wurzel *(s)keu-: *(s)keu- 'auf etw. achten, merken'. Zur Bildung auf -ni vgl. grün und rein. Germ. Verwandte sind s c h o n e n (s. d.) und ahd. asächs. sköni 'Glanz', got. skaunei f. 'Gestalt', isl. skjöni 'weißes Roß', anord. skyn 'Ordnung, Bescheid, Einsicht', skynja 'untersuchen, verstehen'. Vorgeschichte und außergerm. Verwandte s. u. s c h a u e n . — Der Dt. Sprachatlas bietet die Laut- und Wortgeographie zu 'schöne' (Plur.) auf den Karten 49, 50. Schönbartspiel n. 'Maskenspiel': mit Anlehnung an s c h ö n umgedeutet aus spätmhd. schemebart m. 'bärtige Maske', woneben schemehoubet 'Gesichtsmaske'. Bestimmungswort mhd. scheme rn. 'Schatten, Larve, Maske'. S. S c h e men und Maske. schonen schw. Ztw. mhd. (seit dem 12. Jh.), mnd. schönen 'auf schöne Art, sorg-, behutsam behandeln'. Ableitung aus dem Adj. schön. Ebenso mnl. (ver)scönen. Dän. skaane, schwed. skona sind aus dem Mnd. entlehnt. Schoner m. 'zweimaliges Segelschiff', in hd. Seetexten seit 1779 (Kluge 1911 Seemannsspr. 699 f.), mit nnl. schooner (gangbarer schoener) entlehnt aus engl, schooner, das von Nordamerika ausgeht, wo 1713 der erste S. gebaut wurde. Zu mundartl. to scoon 'Steine über das Wasser gleiten lassen'. Aus dem Nd. entlehnt sind dän. skonner(t), schwed. skonert, skonare; aus den germ. Nachbarsprachen stammen frz. schouner, span. ital. skuna. Schöngeist m. Frz. bel-esprit übersetzt Thomasius 1687 Welcher Gestalt man d. Franzosen nachahmen solle 28 s c h ö n e r Geist. In einem 43*
Schönpflästerchen
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Wort zuerst S c h ö n g e i s t e r c h e n Schubart 1775 Dt. Chron. 787. Zur Entwicklung Feldmann 1905 Zs. f. d. Wortf. 6, 333f. S. F r e i g e i s t . Schönpflästerchen n. Die kleinen Pflaster aus schwarzem Taffet, die nach dem Vorbild der frz. mouche (bei uns als M o s c h seit Martin Martin 1642 Colloques 91) zuerst Fehler der Haut decken, nachmals die umgebende Haut weißer erscheinen lassen sollen, heißen bei Grimmelshausen 1669 schwartze Pflästerlein, bei Amaranthes 1715 Frauenz.-Lex. 1295 SchminckPflästerlein, bei Frisch 1741 S c h ö n f l e c k l e i n , danach S c h ö n h e i t s p f l ä s t e r c h e n . Die Klammerform S c h ö n p f l ä s t e r c h e n kaum vor Rabener 1755 Satiren 4, 269. S. M ö r d e r . Schopf m. mhd. schöpf 'Haar oben auf dem Kopfe'. Ahd. *scopf und got. *skuppa- fehlen, dafür ahd. got. skuft, anord. skopt 'Haupthaar': verwandt mit S c h a u b und S c h o b e r , hier die außergerm. Verwandten. Ital. ciuffo 'Schopf' beruht auf Entlehnung aus dem Germ. Im Kern dasselbe Wort ist obd. S c h o p f m. 'Schuppen', benannt nach seiner Bedeckung mit Strohbündeln, ahd. sco(p)f m„ ags. scypen f . 'Stall' (engl. shippen), scoppa m. 'Scheuer' (engl, shop 'Kramladen'). S. S c h u p p e n . schöpfen Ztw. Got. ga-skapjan, anord. skepja 'schaffen' ergibt mit westgerm. Kons.-Doppelung ags. scieppan, afries. skeppa, mnl. sceppen, asächs. skeppian, ahd. scepfen, mhd. schepfen, schuof, geschaffen. Hier erfolgt Spaltung in zwei verschiedene Zeitwörter. Einerseits wird zu schuof, geschaffen ein neues, regelmäßiges Präs. schaffen 'creare' gebildet, worauf ahd. scaffön 'bewirken' (s. s c h a f f e n ) einwirkt. Anderseits wird zu schepfen ein schw. Prät. und Part, der Bed. 'haurire' gebildet. Für e nach s stellt sich hier in spätmhd. Zeit ö ein; bei A. v. Eyb (t 1475) ist es durchgeführt. Vgl. - s c h a f t und 0 . Behaghel 1920 Beitr. 44, 515. Schöpfer m. ahd. scepfäri, mhd. schepfcere: zu ahd. scepfen, s. s c h ö p f e n . Schöppe m. nd. Form von S c h ö f f e , s. d. Schoppen m. Zur Sippe von s c h ö p f e n (s. d.) gehört mnd. schöpe(n) f . 'Schöpfkelle (des Maurers), Füllkelle (des Brauers)', das nach Frankreich entlehnt wird und dort als Bezeichnung eines Gefäßes und Getränkemaßes von wechselnder Größe seit dem 13. Jh. belegt ist; heute gilt frz. chopine. Die nordfrz. und lothr. Mundartform chopenne gelangt in die dt. Mundarten Elsaß-Lothringens, Badens, Württembergs und der Schweiz. Nidwaiden und Uri bewahren das F. Literarisch S c h o p p n. seit Frischlin 1586 Nomencl. 155, S c h o p p e n m. kaum vor Moscheroch 1650 Gesichte 2, 201. Noch Frisch 1741 nennt S. „absonderlich im Elsaß und desselben Nachbarschafft gebräuchlich". Dort auch s c h ö p -
Schorlemorle
p e l e n 'gern trinken': Campe 1807 Reise in die Schweiz 281. Schweiz. Id. 8, 1018 ff. Schöps m. Zu aslaw. skopili 'verschneiden' gehört skopici 'Verschnittener', tschech. skopec 'verschnittener Schafbock': Wiek 54f. Das slaw. Mask. ergibt über gleichbed. *skopiz mhd. schöp(e)tz, schöpeq, doch nur in einem ostmd. bair. österr. Grenzsaum, während im übrigen Sprachgebiet (wie heute noch: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 228f.) vorwiegend H a m m e l gilt. Für Luthers S c h ö p s (3. Mos. 3, 6; Tob. 7, 9) setzen Eck und die Zürcher Bibel m ä n n l i c h e s S c h a f . Oberpfälz. schätz ist aus mhd. schöpetz entwickelt. Schorf m. mhd. mnd. schorf, schönes (nhd. ist die dem Auslaut zukommende Schreibung verallgemeinert wie bei Hof und Wolf), ahd. scorf- (in scorfwurz f . 'Grindwurz'), mnl. scorf(t), nnl. schürft, ags. seeorf 'Grind'. Gleichbed. engl. scurf ist bestimmt durch anord. *skurfr, dies erschlossen aus anord. skurfötir 'grindig'. Das Subst. ist postverbale Bildung zu einem st. Ztw., das nur in ags. seeorfan 'nagen, ritzen', geseeorfan 'schaben, zerschneiden' erhalten ist. — Auf der Wortkarte 'Narbe' (s. d.) von J . Reiffenstein bei Mitzka, Dt. Wortatlas IV (1955) hat von Schleswig bis Vorpommern Baaf neben der Bedeutung 'Schorf' auch jene. S. s c h a r f und s c h ü r fen. Schorlemorle n. Getränk aus Weißwein und Selterwasser, süddeutsch in Beziehung zu S c h o r l e als Schelte des Aufgeregten gebracht. Schon 1271 ff. tritt Scorlemorle, Schorlemurle im Lüneburger Gebiet als Familienname auf (H. Sudendorf, Urk.-Buch z. Gesch. d. Herzöge v. Braunschweig u. Lüneburg 1 [1859] 74. 76; Zschr. d. Hist. Ver. f. Niedersachsen 1897, 100; Hinweis von R. Zoder in Hildesheim). Murmellius, Pappa puerorum (Köln 1513) c 5" nennt scormorrium als neuen Namen sed fortassis non ab re ficta für das Münstersche Bier G r u s s i n k (igruyssynck). Die Ausgabe Deventer bei A. Paeffraed (kurz nach 1613) liest scomorrium, versteht also das Wort nicht. Zur Sache Rob. Krumbholtz 1898 Gewerbe der Stadt Münster 138. Dazu die stud. Sitte, den M u r l e p u f f zu trinken: Fischart 1575 Garg. 148, als Curie Murle Puf in Wittenberg vor 1600: A. Wichgrav, Cornelius Relegatus, deutsch von J. Sommer (Magd. 1605) E 6°. Als S c h u r l e m u r l e für Niederaltaich 1740 bezeugt durch Weigand-Hirt 1 2, 781, für Würzburg vor 1874 durch O. Peschel, Völkerkunde 113. Völlig abweichend kuri muri machen 'kurzen Prozeß' Sachs 1564 Fabeln 364, 84; wieder anders Schory Mory 'fleischliche Vermischung' im Tagebuch e. Nürnberger Scharfrichters 1600 (Kluge 1901 Rotw. 1, 129). Weise 1902 Zs. f. d. Wortf. 2, 10 und Spitzer 1927
Schornstein
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Zs. f. vgl. Spracht. 54, 222 stellen S. neben Bildungen wie frz. pêle-mêle, engl, huggrymuggry, bei denen der Silbenteil vom Tonvokal an wiederholt, der Anlaut durch m abgelöst wird. DWb. 9, 2054; Schmeller 22, 461; H. Fischer 5, 1200; Littmann 1924 Morgenl. Wörter 112.
Schotte
Schoßhund m. hd. als Schoßhündle seit Frisius (Zürich 1556) mit der Umschreibung Melitaei canes, weil (nach Plinius) Malta solche Hunde lieferte wie später Bologna (Bologneser Hündlein Amaranthes 1715 Frauenz.-Lez. 240; Abr. a Sta Clara 1723 Lauberhütt 9), nd. als skoethündelyn seit Lauremberg 1649 Scherzged. 1, 62. Heute
spätahd. westfäl. schötmöppel, nl. schoothond, dän. skjedescorsteen. hund, engl, lap-dog. Schote 1 f . mhd. schöte, ahd. scöta, mnd. schöde Anord. skorsteinn beruht auf Entlehnung aus Schornstein m. m h d . schor(ri)stein, scor(eri)stein, mnd. schorstèn, mnl.
dem Mnd. Grundbed. wohl 'Strebestein', zu 'Hülle, Balg einer Pflanze, in denen die Samen mnd. schore, nl. schoor, engl, shore 'Stütze, sitzen': zur Wz. *skü 'bedecken', die unter Strebe'. Wurzelverw. mit s c h e r e n . Volks- S c h e u e r behandelt ist. Hierher wohl auch got. etymologisch wurde das Wort, wie bes. die *skauda- 'Fußbekleidung aus Leder' in skaumhd. Nebenform schürstein zeigt, mit s c h ü r e n daraip 'Schuhriemen'. In der engeren Bed. verknüpft. Westfäl. totsten bedeutet ursprüng- 'Samenhülse der Erbse' ist nhd. S c h o t e der lich 'aufschießender Steinbau'. Zu Geltungs- Name eines Gemüses, dessen Grenzen Kretschbereich und Synonymik von S c h o r n s t e i n vgl. mer 1918 Wortgeogr. 445ff. absteckt. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 436ff.; A. Götze Schot(e)2 /. 'Tau, womit ein Segel angeholt 1923 Zs. f. dt. Phil. 49, 288. Entspr. eingegrenzt wird', in hd. Seetexten nicht vor 1702 (Kluge ist die Geltung v. S c h o r n s t e i n f e g e r : Kretsch- 1911 Seemannsspr. 703), an den Küsten schon mer 443 f. mittelalterlich: m n d . schöte, nl. schoot, ags. Schoß1 m. 'Schößling, junger Trieb', mhd. scêata, anord. skaut ; von roman. Sprachen in schoç ( j i ) n., ahd. scoçn., scosßaf.: zu s c h i e ß e n , gleicher Bed. übernommen: frz. écoute, älter s. d. Afränk. *skot ist entlehnt zu frz. écot escote, span. escota, ital. scotta. Es ist die un3 'Baumstrunk'. — Weiterbildung S c h ö ß l i n g verschobene Form von S c h o ß : von der unteren Ecke des Segels ist der Name auf das daran m., m h d . schü^elinc. Schoß2 m. 'Steuer, Abgabe', mhd. (md.) scho%, befestigte Tau übergegangen. nl. schol, ags. sceot, scot, engl, shot 'Rechnung, Schott n. 'Scheidewand, die das Schiff in eine Zeche' (aber engl, scot 'Abgabe' ist aus gleich- Anzahl geschlossener Räume teilt'. In einem bed. anord. skot n. entlehnt). Dem Germ, ent- hd. Seetext zuerst in Altona 1742: F. Kluge 1911 stammt afrz. escoi, frz. écot 'Zeche'. Die germ. Seemannsspr. 704. Das nd. Wort entspricht dem Wörter sind Bildungen zum Ztw. s c h i e ß e n , hd. S c h u ß im Sinn von 'Eingeschossenes'. das in ags. scëoian und anord. skjöta eine NebenSchotte f . f r ü h n h d . schotte(n), mhd. schölte, bed. 'Geld zuschießen, beisteuern' zeigt. Luthers ahd. scotto m. Beim Käsen wird die Milch mäßig S c h o ß (Luk. 20, 22 u. ö.) wird seinen obd. erwärmt und durch Vermischung mit Lab zum Zeitgenossen mit zinß, sieur, rent verdeutlicht: Scheiden gebracht. Die Flüssigkeit, die zurück-
Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 111.
bleibt, wenn man den Käsequark herausnimmt,
Schoß 3 m. mhd. schö% m. f . n., ahd. scö%(o), ist die M o l k e , s. d. Sie wird gekocht und mit
seôça m. /. 'Kleider-, Rockschoß; Schoß als Kör- Milchessig vermischt. Dadurch erfolgt eine perteil', mnd. schöl, mnl. scoot m., scöte f., afries. zweite Scheidung; die nun sich ausscheidende scât m., ags. scêat 'Ecke, Zipfel' (wovon abge- Flüssigkeit heißt in Teilen der Schweiz und des leitet ags. scête 'Tuch', engl, sheet), anord. skaut Elsaß die S c h o t t e . Dagegen ist sehwäb. und n., got. skauts m. oder skaut n. 'Saum des Ge- bair.-österr. der S c h o t t e n der Name der nun wands'. Aus dem Germ, entlehnt aslaw. skutü herausgenommenen Quarkmasse, die westobd. 'Kleidsaum', span. escote 'runder Kleidaus- Zieger heißt, s. d. Gelegentlich wird auch die schnitt', aus dem Hd. lombard, scoss 'Schoß'. Bezeichnung für die zweite Molke auf die erste Die Grundbed. 'Ecke', gestützt durch ahd. übertragen u. umgekehrt. Dieser Wortgebrauch driscö5 'dreieckig', macht die Verbindung mit und seine Schwankungen setzen sich in den s c h i e ß e n nicht unmöglich: jede Ecke schießt roman. Nachbarsprachen fort, mit deren Forvor. Vom Unterteil eines Kleidungsstücks ge- men rätorom. oberital. scota, ital. scotta die braucht, wechselte S c h o ß seinen Vorstellungs- unsern auf lat. *excocta (materia) zurückgehen, inhalt mit dem Wandel der Tracht. Vom Ge- während westschweiz. sav. kweta auf lat. cocta wand ist der Ausdruck auf den davon bedeckten 'gekochtes Getränk' beruhen. Der Weg des FachKörperteil übertragen (umgekehrt s. Mieder). worts von Italien über die Aloen nach OberMask. Genus hat sich im Nhd. spät durch- deutschland ist damit gegeben: P. Kretschmer, Wortgeogr. (1918) 563; H. Fischer, Schwäb. Wb. gesetzt: Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 100.
Schotter
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6 (1920) 1120; Th. Frings, Germ. Rom. (1932) 69; Hubschmied, Vox Romanica 1 (1935) 6. Schotter m. 'von Flüssen abgelagertes Geröll; zerkleinertes Hartgestein', eine Straße (be)s c h o t t e r n 'sie mit Kies und Steinschlag decken'. Die mit S c h u t t und s c h ü t t e n verwandten Wörter begegnen zuerst an Main und Mittelrhein: von da o (statt obd. u) der Tonsilbe. Techniker und Naturforscher nehmen vor der Mitte des 19. Jh. S c h o t t e r auf, mit Straßen- und Bahnbau wird es häufig. Literarisch wird S c h o t t e r a u f w u r f durch A. v. Warsberg 1878 Odyss. Landsch. 1, 64. schraffieren Ztw. Ital. sgraffiare, das nach Meyer-Lübke, Rom. etym. Wb. 8010 wohl selbst germ. Herkunft ist, erscheint (vermittelt durch mnl. schraeffeeren) zuerst in Kleve 1477: Schueren, Teuth. 229. Über frühe Umdeutungen des Sinnes und der Form s. Schweiz. Id. 9, 1571f. schräg Adj. f r ü h n h d . schrege, nd. schreg, nl.
(mundartl.) schraag. Noch von Steinbach 1734 als mundartl. bezeichnet. Ahd. *scregi ist aus den Zus.-Setzungen scregibant, scregehöri (alem. 10./11. Jh.) zu erschließen. Dazu obd. S c h r ä g e n m. aus mhd. mnd. schräge 'kreuzweis stehende Holzfüße unter Tischen usw.' Zur germ. Wz. *skrag 'schräg sein', s. s c h r ä n k e n . Schramme /. m h d . schram(me) 'Schwertwunde', mnd. schramme, mnl. scramme, nnl.
schrappen
Wortgeogr. 471 ff. Das entspr. ahd. scranc m. 'Hintergehung, Betrug' weist auf das Ztw. s c h r ä n k e n , s. d. —Bei md. und obd. Schriftstellern des 16./17. Jh.s taucht Almer f . 'Schrank, Kasten' auf, mhd. almer, almosre m. aus lat. armarium ( = frz. armoire), dissimiliert almarium (frz. aumaire). Das
Wort gilt in zahlreichen Lautvariationen noch in der Schweiz, Bayern, in der Oberpfalz, im Erzgebirge und im Schlesischen. Das vorwiegend süddeutsche Wort für S p i n d , S c h r a n k usw. K a l t e r m. ist gemäß den mundartl. Lautgesetzen aus G e h ä l t e r 'Behältnis' entwickelt, zu g e h a l t e n 'aufbewahren': Kretschmer 1918 Wortgeogr. 476. Südlich von Würzburg gilt P ä l t e r („Behälter"): Erika Bauer, Zs. f. Mundartfg. 1956 Karte S. 246. Schranke s. S c h r a n k . schränken Ztw. mhd. schrenken 'schräg stellen, verschränken, flechten', mnd. schrenken, ahd. skrenkan 'schräg stellen, hintergehen', skrankön 'gespreizt gehen', asächs. giskrankod 'gespreizt', ags. screncan 'jem. ein Hindernis in den Weg legen', mengl. schrenchen 'betrügen'. Mit S c h r a n k zur germ. Wz. *skrank aus *skrang, die nahe zur Wz. *skrak (s. schräg) gehört. E i n s c h r ä n k e n mit seiner abweichenden Bed. ist junge Ableitung zu S c h r a n k e . Schranz
m.
mhd.
schranz(e)
m.
f.
'Riß,
schräm; dazu mit Ablaut nd. häm 'Schramme', Schlitz; geschlitztes Gewand; Geck, der solche anord. skräma 'Beil; Wunde', schwed. skräma, Kleider trägt', hierzu nhd. H o f s c h r a n z e . Die norw. skraama 'Schramme': zur vorgerm. Wz. Grundbed. 'Riß' deutet auf Zus.-Hang mit *{s)kre 'schneiden' in lat. *crena, ital. crena, S c h r u n d e . Meist wird eine Doppelwurzel rätorom. crenna 'Einschnitt'. Die Wortkarte *skrant: *skrand vorausgesetzt; eher liegt in 'Narbe' (s. d.) von J. Reiffenstein bei Mitzka, schranz(e) eine Ableitung (ahd. *scrantussa) vor, Dt. Wortatlas IV (1955) zeigt S c h r a m m e in vgl. älter nl. schrantse 'Riß', schrantsen 'zerdieser Bedeutung um Karlsruhe, weithin am reißen, zerbeißen, schmausen', ostfries. schrantoberen Main, in Obersachsen und im Schlesi- sen 'reißen, raffen, gierig essen', westfäl. schrantschen, nördlich von Wien, im Burgenland. sen 'fressen': v. Bahder 1925 Wortwahl 132. — S c h r a m m als dt. Fam.-Name ist urspr. Über- Dazu S c h r e n z m. urspr. 'Lumpen (zur Papiername des mit einem Wundmal Gezeichneten. bereitung)', seit Zedier 1740 Univ.-Lex. 26, 640 Schrammelmusik f . S c h r a m m e i n Mz. in neben L ö s c h p a p i e r , jetzt 'dünne Pappe; geBayern und Österreich 'volkstümliche Musik' ringste Papiersorte': zu S c h r a n z (s.d.), aus (zwei Geigen, Harmonika und Gitarre), die auf dessen Grundbed. 'Riß' sich 'Zerrissenes' entden österr. Volksliedvertoner Joh. Schrammel wickelt hat. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 329. (f 1893) zurückgeht. Schrapnell w. 'Sprenggeschoß mit KugelSchrank m. m h d . schranc 'was absperrt, Git- füllung': aus gleichbed. engl, shrapnel, benannt ter, Schranke; Abgesperrtes, verschlossener nach dem engl. Oberst Shrapnel, der es 1803 Raum, Schrank'. Aus den Bedeutungen, die erfunden hat. Bei uns seit etwa 1872, von unser F. S c h r a n k e (mhd. schranke, österr. vornherein mit frz. Betonung: Stiven 63. heute S c h r a n k e n m., z. B. an der Bahn) noch schrappen schw. Ztw., erst nhd., aus nd. erkennen läßt, entwickelt sich die heutige s c h r a p p e n . Dies ist Intensitiv zu nl. schrapen, wesentlich erst in frühnhd. Zeit und längst schrauben 'kratzen', vgl. ags. scrapian, engl. nicht überall. Die Grenze gegen Spind im scrape 'kratzen, schaben', anord. skrapa (afrz. Nordosten, K a s t e n im Süden, Schaff in Ost- escraper 'abkratzen' ist aus dem Nd. entlehnt). preußen, S c h a n k (s. d.) in Hessen, Thüringen Dazu ags. screpan 'schrapen, kratzen', mnl. und Teilen des Mittel- und Ostfränkischen, schrepen, mhd. schrien. Außergerm, entsprech. K a l t e r in Bayern zieht Kretschmer 1918 lett. skrapt 'schaben, schrapen, kratzen', lit.
Schrat
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skrebeti 'rascheln', russ. skresti (skrebu), skrobàV 'schaben, kratzen'. S. s c h a r f , s c h r ö p f e n , schrubben, Skorbut. Schrat m. 'Waldteufel, Kobold, Poltergeist', mhd. schrat(e), ahd. scrato. Verkl. S c h r ä t ( t ) e l , S c h r e t e l m., mhd. schrelel n. Gleichbed. obd. S c h r e t z m., mhd. schräg, schräg, schräwa%, schrawaz, ahd. screz (Mz. -zze), scraz m. Außerdt. vergleichen sich anord. skratii m. 'Zauberer, Ungetüm', schwed. mundartl. sUralte 'Kobold, Gespenst'. Man verknüpft die M. mit (m)nd. schrade 'dürr, mager', norw. skreda, skradd 'verschrumpftes, verkümmertes Geschöpf, Knirps': Dentalerweiterungen der idg. Wurzel *sker"schrumpfen; rauhe Haut, Kruste; vertrocknet', die unerweitert vorliegt in norw. schwed. skare 'hartgefrorene Kruste auf dem Schnee'. Das elbische Wesen ist nach seinem Aussehen benannt. Schraube /. spätmhd. schrübe, mnd. schrüve, nfränk. (1477) schruyve, nnl. (seit 1598) schroef, dän. skrue, schwed. skruv, norw. mundartl. skrue, skruv, isl. skrüfa. Dem germ. Altertum ist die Walze mit eingeschnittenem Gewinde fremd, dt. Belege vor 1361 fehlen, der Wechsel zwischen b und / (frühnhd. schwäb. schrauf, bair. schraufn, Schweiz, schrüf) findet ältere Vorbilder in roman. Bed.-Verwandten. Lat. scrofa 'Sau' (das zuerst am Schraubstock gesehene Schraubengewinde ist geringelt wie ein Sauschwanz) hat sich gekreuzt mit dem aus lat. scrobis 'Grube, Loch; weibl. Scham' hervorgegangenen volkslat. *seroba 'weibl. Scham, Schraubenmutter'. Auf frz. Boden erscheint im 9. Jh. scrofa, im 14. Jh. afrz. escroue 'Schraubenmutter', aus dem germ. *skrüva, hd. *skrüba entlehnt sein mag. Engl, screw 'Schraube' beruht unmittelbar auf afrz. escroue; die frz. Bndform écrou bedeutet noch 'Schraubenmutter'. Bed.-Stützen liefern ital.-sizil. scrufina, rätorom. scroy 'Schraube(nmutter)'; portug. porca, span. puerca 'Schraubenmutter' (aus lat. porca 'Sau'). Schreck m. mhd. schrecke, postverbal zum Ztw. s c h r e c k e n , in dem verschiedene Bildungen der alten Zeit zus.-gefallen sind. Aus dem schw. Ztw. ahd. scricken, Prät. serietà 'aufspringen' entwickelt sich im 11. Jh. ein gleichbed. screckan, das sein Part. (erschrockeno 'obstupefacti') nach der 4. starken Reihe bildet. Dazu das Kausativ ahd. screkön, mhd. (erschrecken 'aufspringen machen, in Furcht setzen'. Formen mit ö aus e begegnen vom 16. bis zum 18. Jh. ; den Entscheid für e gibt Adelung. Zum Bed.-Wandel vgl. ( s i c h ) e n t s e t z e n ; Reste der alten Bed. enthalten H e u s c h r e c k e (s. d.) und die S c h r e c k s t e i n e in Wasserläufen; mundartl. steht s c h r i c k e n von springendem
Schiein
Glas. Die Wz. ist wesentlich hd., doch vergleichen sich mnd. schricken 'springen, tanzen', mnl. scricken 'mit großen Schritten laufen', nnL schrikken 'erschrecken', norw. mundartl. skrikka 'hüpfen'. Idg. *skreg- gilt als Erweiterung der unter s i c h s c h e r e n entwickelten idg. Wurzel *sker- '(herum)springen', zu der auch mir. screoin (aus *skregni-) 'Schrecken, Furcht' zu gehören scheint. In seiner jungen Bed. 'horrere' hat s c h r e c k e n das auf gemeingerm. Grundlage ruhende Synonym ahd. egisön verdrängt: von Bahder 1925 Wortwahl 94. Schrei s. s c h r e i e n . schreiben st. Ztw., mhd. schriben, ahd. scriban, asächs. scriban, anl. scrivan, afries. skrlva. Mit der röm. Schreibkunst (gegenüber der älteren des Runenritzens, s. B u c h , l e s e n , r a t e n , R u n e ) entlehnt aus lat. scribere, etwa gleichzeitig mit B r i e f und T i n t e . Das Fremdwort setzte sich zunächst im Obd. fest, während das Ags. bei dem für das Einritzen der Runen geprägten wrltan blieb (s. r e i ß e n , Riß). Im Got. gilt ufmeljan 'unterschreiben'. Abweichende Entwicklung zeigen ags. scrlfan 'eine (geistliche) Buße auferlegen, die Beichte abnehmen', engl. shrive 'beichten (lassen)', ags. scrift, engl, shrift 'Beichte', anord. skript 'Beichte, Strafe': Zimmer, Zs. f. dt. Alt. 36, 145. schreien st. Ztw., mhd. schrl(e)n, ahd. asächs. scrlan, mnd. sehnen. Daneben das schw. Ztw. nd. schrewen, nnl. schreeuwen 'schreien' aus germ. *skraiwian 'schreien machen'. Dem Mnd. entlehnt ist schwed. skria, vielleicht auch das gleichlautende norw. Wort. Aus dem Ztw. rückgebildet ist S c h r e i m., mhd. schrl, schrei, schre, ahd. screi 'Ruf, Geschrei'. Engl, scream 'kreischen' weist auf gleichbed. ags. scrieman, germ. *skraimian. Ohne s- die germ. Verwandten anord. hrina 'schreien' (vom Schwein), hrinr, hreimr 'Schrei', hrimnir 'Eber; Habicht', hreidi, hridr 'Ochse'. Außergerm, vergleichen sich lett. krina 'Sau' und namentlich lat. crimen n. 'Beschuldigung, Anklage', ursprünglich (wie ags. hream) 'Notruf, feierliches Geschrei des in seinem Recht Gekränkten'. Idg. *(s)krei- ist Erweiterung der Schallwurzel *ker- in lat. cornix f . 'Krähe', corvus, gr. körax m.'Rabe'. — DieLautund Wortgeographie des (gefühlsbetonten) Wortes 'schreien' bietet der Dt. Sprachatlas. Schrein m., früher n., mhd. mnd. schrin, ahd. scrini, mnl. scrine, nnl. schrijn, afries. skrln, ags. serin 'Kiste, Koffer, Käfig, Kästchen für Wertsachen, Heiligenschrein', engl, shrine 'Schrein, Altar, Tempel'. Aus dem Ags. stammt anord. skrln 'Sarg mit der Leiche eines Heiligen am Hauptaltar einer Kirche'; dän. schwed. skrin. Das Wort ist (wie A r c h e , K i s t e , S a c k , S a r g ) früh aus dem Lat. entlehnt. Dabei hat lat. scrinium
Schreiner
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(das in ital. scrigno 'Schubkästchen' und frz. icrin 'Schmuckkästchen' fortlebt) im festländ. Westgerm. *skrlnia- ergeben, während die ags. und nord. Formen *skrina- voraussetzen. Demnach ist mit zwei Entlehnungen zu rechnen: Träger der engl.-nord. sind nach Ausweis der Bedeutungen die Geistlichen. Das lat. Wort bezeichnet ursprünglich ein rundes Behältnis, eine rollenförmige Kapsel zum Aufbewahren von Papieren, Büchern, Salben. Es stellt sich mit aslaw. kriniea 'Gefäß' zur Basis *(s)kerei-, die zur idg. Wz. *(s)ker- 'drehen, biegen' gehört. Zum M. ist S c h r e i n nach Vorbildern wie käste und sch(r)anc in mhd. Zeit geworden. Das von der alten Kirche begünstigte Wort tritt im reformatorischen Kreis zurück. Luther setzt es nie in seiner Bibelübersetzung, es fehlt (im Gegensatz zu S c h r e i n e r ) bei Frisius 1541ff, und Maaler 1561. In hd. Umgangssprache geht es ständig zurück; lebende Mundart kennt es kaum noch. Schreiner m. mhd. schrincere zuerst in Regensburg 1224, mlat. scrinärius bei uns erst in Ulm 1487. Die anfangs dürftigen Hausmöbel der Deutschen wurden vom Zimmermann (holzmeister, -man) hergestellt. Als die Ansprüche stiegen, wurden die nun nötigen Sondergewerke nach den wichtigsten Geräten benannt: Tischl e r im gesamten Osten, S c h r e i n e r im Westen und Süden, soweit das Lehnwort S c h r e i n (s. d.) galt. Die alten Belege aus Österreich bezeugen seit 1277 schrincere, tischer in Wien nicht vor 1404. In der Schweiz verdrängt der heute geltende binar den bodenständigen T i s c h m a c h e r seit dem 16. Jh. Damit sind die Grenzen erreicht, in denen S c h r e i n e r heute gilt: Leo Ricker, Landschaftl. Synonymik d. dt. Handwerkernamen (Frbg. 1917) S. 102ff. mit Karte 3; P. Kretschmer, Wortgeogr. (1918) 526ff.; Schweiz. Id. 9 (1929) 1625f. schreiten st. Ztw. Mhd. sehnten 'schreiten, sich aufs Pferd schwingen', ahd. scritan, asächs. skridan, skrlthan 'schreiten, gehen, weichen von', liskridan 'zergehen', mnl. senden, nnl. sehrijden, afries. urskrida 'überfahren', ags. scridan 'sich bewegen, kriechen, gleiten', anord. skrida 'sich langsam vorwärts bewegen, kriechen (von Würmern)', schwed. skrida, dän. skride führen auf germ. *skripan, mit gramm. Wechsel *skridan. Voraus liegt *skreit-, Dentalerweiterung der idg. Wurzel *sker- "drehen, biegen'. Die Bedeutung 'schreiten' ist aus dem Begriff der bogenförmigen Bewegung zu verstehen, wie die nächsten außergerm. Verwandten bestätigen: lit. skriesii 'drehen', skrytis 'Felge', apskritüs 'rund', skritulys 'Kreis, Kniescheibe', skritinys 'Kugel', apreuß. seritayle 'Felge,' lett. skritulis 'Rad'. — S. auch S c h l i t t schuh.
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schrill
Schrift f . mhd. mnd. nnl. schrift, ahd. serift, scripft, mnl. serift, stricht, afries. dän. schwed. skrift 'Niedergeschriebenes; Bibel; Art und Formen der Buchstaben', ags. scrift 'bestimmte Strafe, Buße; Lossprechung, Beichte, kirchliche Strafe, Malerei, Gemälde': Verbalabstr. zu s c h r e i b e n (s. d.), unter Einfluß von lat. scriptum. Schriftleiter m. als Ersatz für das fremde R e d a k t e u r seit etwa 1890 empfohlen, aber auch bekämpft: W. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 47. Durch das S c h r i f t l e i t e r g e s e t z 1933 amtlich beglaubigt: W. Linden 1943 Dt. Wortgesch. 2, 386. Schriftsprache f . zugleich mit dem Aufblühen der nhd. Literatur im 18. Jh. aufgekommen, seit 1798 verzeichnet von Adelung, dem es 1780 noch fehlt. Oft in Wielands Aufsatz „Was ist Hochdeutsch?" (im T. Merkur 1782) und bei Bürger „Über deutsche Sprache" 1783. Wichtig Heinse 1787 Ardingh. 1, 53 „die Geistlichen, Vornehmern und Kaufleute reden, was man Schriftsprache nennen kann". S. Mundart. Schriftsteller m. seit Stubenberg 1660 Von menschl. Vollkommenh. 224. 303, der daneben 194 u. ö. S c h r i f f t - V e r f a s s e r , 193 u. ö. S c h r i f f t e n - V e r f a s s e r verwendet. Die Bed. 'Verfasser literarischer Werke' festigt sich seit Weichmann 1723 Poesie der Niedersachsen 2 Vorr., während Stieler 1691 nur R e d e s t e l l e r 'orator' und B r i e f s t e l l e r 'epistolographus' kennt. Dagegen reicht S c h r i f f t ( e n ) s t e l l e r in der Bed. 'Konzipient, der für andere Rechtsund Bittschriften aufsetzt' bis ins Bair. Landrecht (1616) 51 zurück; so auch Frisch 1741. Im heutigen Sinne galt im 16. Jh. B u c h d i c h t e r , -Schreiber, im 17. S c h r i f t l e r , S c h r i f t v e r f a s s e r , im 18. S c r i b e n t . S. V e r f a s s e r und Zs. f. d. Wortf. 3, 202. 9, 185. Schrifttum n. 'Bücherwelt, literarische Leistung, Literatur'. Seit H. Heine 1827 Reisebilder 2, 78 begegnet S c h r i f t e n t h u m . Die auf zwei Silben gekürzte Form kaum vor F. L. Jahn 1833 Merke z. Volkst. 226. Gebucht wird S c h r i f t e n t h u m 1851 von J. H. Kaltschmidt, Gesammt-Wb. 843. Der Sprachverein hat seit seinem Bestehen S c h r i f t t u m als Ersatzwort für L i t e r a t u r begünstigt: Zs. d. Sprachvereins 1 (1887) 181. schrill Ad]'. Ein schon frühnhd. nachgewiesenes sehrallen, schreiten 'Laut geben' wandelt sich nach Mitte des 18. Jh. in s c h r i l l e n , das namentlich vom Ton der Grille verwendet wird und sichtlich unter Einfluß von engl, to shrill 'hell tönen' steht. Erst danach erscheint das Adj. s c h r i l l im Sinne des engl, shrill (mengl. shrille) in nhd. Texten. Nd. s c h r e l l
Schrippe
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'scharf von Geschmack und Ton' liegt seitab, wohl aber begegnet nl. schril seit dem 17. J h . Nächstverwandt sind schwed. skrälla, norw. skrella 'schallen', isl. skrölta 'schreiten', ags. scrallettan 'laut schreien'. Falls skrell- auf *skredl- beruht, sind mir. scret 'Schrei', ir. sgreadaim 'ich schreie' zu vergleichen: Zupitza, Zs. f. vgl. Sprachf. 36, 243. Schlippe /. nd., bes. berlinischer Name des Weißbrots von der Form des bair. Kipfes, benannt nach der oben aufgerissenen Rinde: zu frühnhd. schripffen 'kratzen, aufreißen'. Zur Sippe von s c h r a p p e n (s. d.) wie das gleichgebildete ags. scripta 'Fels, Klippe, Spitze'. Schritt TO. mhd. schril, ahd. scrit, md. sehret, asächs. skridi, mnd. schrei, schreie, mnl. screde, scerde, nnl. schred(e) 'Schritt', ags. sende 'Lauf', anord. skridr 'langsam gleitende Bewegung'. Schwed. dän. skridt beruhen auf Entlehnung aus dem Nhd. S c h r i t t ist Verbalabstr. zu s c h r e i t e n , s. d. Schrittmacher m. heißt seit 1899 bei Radrennen derjenige, der dem Rennfahrer auf einem Kraftrad voraneilt, um den Luftwiderstand zu brechen. Vorher nach engl. Vorbild P a c e m a k e r : Stiven S. 97 mit Anm. 756. I m Zeitungsdeutsch des 20. J h . ins Politische gewendet: Schrittmacher der Sozialdemokratie usw. Schrittschuh s. S c h l i t t s c h u h . schroff Adj.: frühnhd. Rückbildung aus mhd. schroffe, älter schrove m. 'schneidender Stein, Klippe', das in gleichbed. obd. S c h r o f e fortlebt, während das Adj. den obd. Mundarten fehlt. Dazu frühmhd. schruffen 'spalten' und, mit verschiedenen Stufen des Ablauts, mhd. schraf m. 'zerklüfteter Fels', schravel 'spitz', ahd. screvön 'einschneiden', screvunga 'Einschnitt', mnd. schreve 'Ritzung, Strich', ags. semf 'Höhle', norw. skarv, skjerf 'Klippe', schwed. kreva 'Kluft'. Andre Bildungen zu *sker(e)p-, Erweiterung der idg. Wurzel *sker- 'schneiden', s. u. S c h a m o t t e , S c h e r b e , Scherflein, schürfen. schröpfen schw. Ztw. mit erst frühnhd. ö (vgl. L ö f f e l , s c h ö p f e n ) für mhd. schrepfen. In engster Beziehung zu ags. screpan 'kratzen', wozu als Intensitiv nd. s c h r a p p e n , mhd. schrapfen. S. s c h a r f , s c h r a p p e n . Zur Sache M. Heyne 1903 Körperpflege 112; Sudhoff 1919 Reallex. d. germ. Alt.-Kde. 4, 139 f. Schrot n. mhd. schröt m. 'Hieb, Schnitt, Wunde; abgeschnittenes, abgesägtes Stück', ahd. scröt 'Schnitt', mnd. schröt, sehrät 'abgeschnittenes Stück'. Nnl. schroot 'Schrotkugeln' ist aus dem Nhd. entlehnt, norw. skröt 'Abfall', älter dän. skrot 'abgeschnittenes Stück' und schwed. skrot 'kleine Eisenstücke' beruhen auf
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schrumpfen
dem Mnd. Nächstverwandt sind afries. skred 'Schnitt', ags. scread(e) f. 'Fetzen, Stück, Abschnitt', engl, shred 'Schnitzel, Fetzen', anord. skrödr 'zerfetztes B u c h ' : zu s c h r o t e n Ztw., mhd. schroten, ahd. scrötan, md. schräten, mnd. Schraden, schröden, mnl. scröden, nnl. schroeien st., dagegen schw. ags. screadian 'abschneiden, schälen', engl, shred 'zerreißen'. Ohne s- entspricht anord. hrjöpa 'abschälen, berauben, entladen'. Auf *{s)kreut- beruhen mit der germ. Wortsippe gr. kroutoümai 'kehre aus', lat. scrütillus 'gefüllter Schweinsmagen', scrötum (aus *scroutum) 'Hodensack', scrautum 'Köcher', scrütäri 'untersuchen': Dentalerweiterungen der idg. Wurzel *{s)ker'schneiden' in s c h e r e n usw. Mhd. schroten bedeutete auch 'Kleider zuschneiden', daher schrötcere 'Schneider' (s. d.) und S c h r ö t e r als norddt. Fam.-Name. Seit frühnhd. Zeit heißt der H i r s c h k ä f e r (s. d.) obd. S c h r ö t e r 'Abschneider'. Schrott m. 'Altmetall': dasselbe Wort wie S c h r o t (s. d.), mit Kürze gemäß nrhein. Aussprache. Gebucht kaum vor B . Buchrucker 1910 Wb. d. Elberfelder Ma. 145. Dazu das schw. Ztw. v e r s c h r o t t e n 'zu Schrott machen; als Altmetall verwerten'. schrubben schw. Ztw. 'scheuern' mit seinem Nomen agentis S c h r u b b e r m. 'Scheuerbürste mit kurzen, harten Borsten an langem Besenstiel' aus dem Nd. ins Nhd. aufgenommen, daher bb wie in E b b e , K n u b b e , K r a b b e , R o b b e . Zur Verbreitung Kretschmer 1918 Wortgeogr. 447 f. Vgl. mnd. nl. schrobben 'kratzen', mengl. scrobben 'striegeln', engl. scrub (mundartl. auch shrub), dän. skrubbe, schwed. skrubba 'hart reiben, zurechtweisen'. Zu s c h r a p p e n , s. d. Schrulle f. in nhd. Text kaum vor Mylius 1785 Peregr. Pickle 4, 283, vorher Plur. S e h r o l l e n 'Launen' 1742 Rob. Pierot, der amer. Freibeuter 1, 86. Aufgenommen aus nd. Mundart, für die Richey 1754 Hamb. Id. 242 S c h r u l l e n 'tolle Einfälle' nachweist. Dies aus mnd. (15. J h . ) schrill, schrol rn. 'Anfall von toller Laune, heiml. Groll', das mit nnl. schrollen 'unzufrieden sein, schimpfen' verknüpft wird. Dessen Sippe s. u. s c h r i l l . Zs. f. d. Wortf. 2, 309. 3, 331. 12, 48. schrumpfen schw. Ztw., in hd. Form, daneben v e r s c h r u m p e l t mit unverschobenem p. Das schw. Ztw. hat im 17. J h . gleichbed. mhd. schrimpfe, schrampf verdrängt, dessen Part, verschrumpffen noch Luther 1523 Hiob 7, 5 verwendet. In derselben Ablautreihe stehen mnd. schrimpen, mnl. scrompelen, nnl. schrompelen, engl, mundartl. shrump, dän. skrumpe, schwed. skrympa (aus *skrimpa) 'schrumpfen', norw.
Schrunde
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skramp 'magrer Mann, Gaul', skrumpa 'magre Kuh': zur Verbalwurzel *skremb- 'drehen, krümmen, sich zusammenkrümmen, schrumpfen'. Schrunde f . 'Riß, Spalte', mhd. schrunde, mnl. sehronde, ahd. scrunta 'Riß, Scharte, Felshöhle', daneben gleichbed. ahd. scruntunna, -ussa, -issa (s. S c h r a n z ) . Zu ahd. scrintan, mhd. mnd. schrinden 'bersten, aufspringen, Risse bekommen'. Nächstverwandt sind ostfries. schran (aus schrand) 'scharf, rauh', schrander 'scharfsinnig', norw. skrinn (aus germ. *skrenpa-) 'dürr, mager, unfruchtbar', norw. mundartl. skrinda 'Kerbe', skrunda 'Kiste'. Während das Ztw. schrinden der Schriftsprache verlorengegangen ist, wird sehrund in den hd. Wörterbüchern seit Dasypodius 1535 und Alberus 1540 gebucht. Steinbach verzeichnet 1734 S c h r u n d e als landschaftlich, Adelung nennt es „im Hd. selten", doch steht es noch bei Mörike, Scheffel und G. Keller. Mundartlich lebt es im Hd. und Südfränk., als schronne in Nassau, schrunge in Hessen, schrung in Köln, schrong in Aachen. Schub m. mhd. schup: zu s c h i e b e n . Schubbejack, S c h u b i a c k m. 'lausiger Bettler; Schuft' begegnet seit dem 17. Jh. als nl. schobbejak, 1719 in M. Kramers nl./hd. Diel. 1, 33BC: schobbejack, schobbers 'Schubjack, Schubbert, Schuft'. Von Nordwesten verbreitet sich das Wort nach Osten (Hamburg 1754, Holstein 1779, Greifswald und Halle 1781) und Süden (Jülich-Berg und Koblenz 1792, Schaffhausen 1812), noch in der Schweiz S c h o b i a c k mit dem für nl. Herkunft kennzeichnenden o. Dieser Ursprung verbietet, in S c h u b i a k die slaw. Endung -ak zu vermuten (Zs. f. dt. Wortf. 10, 47 f.). Bestimmungswort ist nl. schobben, nd. schubben 'reiben, (sich) kratzen'. J a c k e /. als Grundwort anzusetzen (mit Richey, Id. Hamb. 243) ist unmöglich, weil dann die Mz. auf - e n enden müßte (sie lautet aber S c h u b i a c k e , nd. S c h u b i a c k s ) und weil auch die so erreichbare Bed. 'Reibjacke' nicht befriedigt. Grundwort ist vielmehr (wie bei T e e r j a c k e , s. d.) der aus J a k o b gekürzte Vorname J a c k . Vollends geboten ist diese Auffassung gegenüber dem von Ostfriesland bis Ostpreußen verbreiteten S c h u b j a c k 'Pfahl, den man in baumarmen Gegenden auf der Weide einschlägt, damit sich das Vieh daran reiben kann', danach 'Mensch, der jedem im Weg steht' (vgl. S c h o t e n t o f f e l , urspr. 'Vogelscheuche im Schotenfeld', dann 'Tölpel'). Schubs TO. 'Stoß', zu s c h i e b e n , nd. s c h ü wen. Dazu mhd. schupf 'Schwung, schaukelnde Bewegung', zu mhd. schupfen 'in schwankender Bewegung sein', ahd. scupfa 'Schaukelbrett'. Intensitiv zu s c h i e b e n . S c h u b s und s c h u b -
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Schuh
sen mit jungem -s wie H o p s , K l e c k s , M u c k s für älteres H u p f , K l e c k , M e c k , in Berlin auch M a r k s für M a r k : Ag. Lasch, Berlinisch 296. schüchtern Adj. Den Sinn unseres 'schüchtern' trägt das auf germ. Grundlage (vgl. schwed. blyg) beruhende mhd. bliue, Adv. blüc, das schon im späteren Mhd. nicht mehr allgemein verstanden wird, frühnhd. nur noch im Südwesten begegnet und der Schriftsprache seit dem 17. Jh. fehlt, verdrängt durch einen nd. Eindringling. Zu mnd. schüchteren 'verscheuchen, auseinandertreiben' (vgl. ags. ä-seyhtan 'vertreiben, verscheuchen') stellt sich Luthers schochter, schüchter 'scheu gemacht' (von Tieren). Der Anhalter Trochus bucht 1517 schüchtern 'stupidus' (vom Pferd), der Wetterauer Alberus 1540 schüchter, schüehter 'trepidus', die Mitteldeutschen Waldis, Mathesius und Kirchhof führen s. 'aufgeschreckt' in Vers und Prosa ein, Schottel bucht 1663 schüchtern. Die Endung von s c h ü c h t e r n (so gebucht seit Steinbach 1734) hat sich entwickelt wie in a l b e r n . Westfäl. schücht 'scheu', nrhein. schuchten 'verjagen' deuten darauf hin, daß das Wort mit S c h e u verwandt ist. Lautlich entspricht mhd. schiu(he)zen, frühnhd. schauchzen 'Scheu empfinden'. Altes ü ist vor cht verkürzt: v. Bahder 1925 Wortwahl 46 f. Schult m. Der Ruf des Uhus, als nd. schuf üt 'schieb aus' gedeutet, Meiert seinen Namen mnd. schüvüt, mnl. seuvuit: Suolahti 1909 Vogelnamen 311. Auf den lichtscheuen Raubritter übertragen, erscheint nd. schufft, schofft seit Helvig 1611 Allg. Sprach-Kde. 294 als Schelte armer Edelleute und bleibt über das 17. Jh. hinaus darauf beschränkt. Im Nd. des 18. Jh. werden nach dem Brem. Wb. 4, 725 f. schuvut und schuft gleichmäßig für 'Lumpenhund' gebraucht. Demgemäß im Nhd. von sittlicher Gemeinheit, entspr. nnl. schoft. schütten Ztw. zu mnd. schoftit, nd. schoft, nl. schuft 'Vierteltagwerk', zu S c h u b : 'in einem Schub arbeiten', heute 'hart arbeiten'. In nd. md. Mundarten lebendig, von da aus in der Umgangssprache. Schuh m. mhd. schuoch (h), ahd. seuoh, asächs. sköh, mnl. scoe(n), nnl. schoen, afries. sköch, ags. scöh, engl, shoe, anord. slcör, dän. schwed. sko, got. sköhs 'Schuh, Sandale' (aus dem Germ, früh entlehnt gleichbed. lapp. skuova). Dazu die Sammelbildung 'ein Paar Schuhe, Schuhwerk' in ahd. giseuohi, asächs. gisköhi, ags. gescle (aus *gi-sc&hi), got. gasköhi. Außergerm. Beziehungen sind nicht gesichert; etwa mit dehnstufigem ö(u) neben dem ü von S c h e u e r (germ. *skürja): dann gehörte unser Wort als 'Umhüllung (des Fußes)' zur idg. Wz.
Schuhu
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Schummer
*skeu- "bedecken, umhüllen' und wäre urver- 8, 20 „Die Füchse haben ihre Gruben" gewandt mit aind. skunati 'bedeckt', armen, fiw bildet, demgemäß auf das evang. Deutschland 'Dach, Decke', gr. skijnia Mz. 'Brauen', beschränkt. Bald in den verächtlichen Sinn von skijlos 'Tierhaut', lat. obscwrus ' d u n k e l ' 'Pedant', später in den von 'Schulmeister' (urspr. 'bedeckt') usw. S. auch S c h u s t e r . übergeführt. — Nachdem F u c h s 'angehender Student' (s. d.) zum Lieblingswort der akad. Schuhu s. U h u . Schuld / . m h d . schult (d), schulde u n d sult, Welt geworden war, wird S c h u l f u c h s seine sulde (vgl. s o l l e n ) , a h d . sculd(a), scult 'Ver- Vorstufe und bezeichnet (zuerst in Schweidnitz pflichtung zu einer Leistung, Zahlung, (Geld)- 1715 bei J. C. Günther, Werke 4, 40 Krämer) Schuld, Verpflichtung zu Buße, Sünde', asächs. den Abiturienten, bevor er Mulus wird. Nach sculd, ags. scyld '(Geld-)Schuld, Sünde, Veran- dem 18. Jh. ist es mit der Blüte des Worts in lassung, warum etwas sein soll': westgerm. allen Bed. vorbei. Verbalabstr. zur Wz. *skal 'sollen'. Endung idg. Schulter f . m h d . schulter, schulder, ahd. ti, germ. bei Wz.-Betonung pi, sonst di, ahd. t, scultra, sculter(r)a, -arra, -irra, m n d . schulder(e) d: Kluge 1926 Stammbild. § 127. Die Wz. (hieraus entlehnt dän. skulder, schwed. skuldra), kehrt außergerm. wieder in lit. skolä 'Schuld', mnl. scouder(e), n n l . schouder, afries. skuldere f., skllti 'in Schulden geraten', skeleti 'schuldig àgs. sculdor m., gescyldru Mz., engl. Shoulder sein', sowie in apreuß. skallisnan 'Pflicht'. führen auf *sk\-dhrä 'Schulterblatt als Grabschuld präd. Adj., ist aus dem präd. gestell- gerät', s. S c h u l t e r . Die nächsten außerten Subst. hervorgegangen. Dabei ist aus ist t' germ. Verwandten sind gr. skalis 'Schaufel' schuld durch Verschiebung der Wortgrenze ist und skdllein 'graben, behacken' zum idg. schuld hervorgegangen. Reste des Artikels Verbalstamm *(s)kel- 'schneiden'. — In Mundweist Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 6 nach in arten vornehmlich des Westens und Südens basl. tschuld si, eis. wer isch dra d' schuld ? gilt S. (wie schon mhd.) vom Vorderschinken Schule f . m h d . schuol(e), a h d . scuola, m d . des Schweins. Schon in Basel 1523 wird S., das schule, schäle, m n d . mnl. schäle, nnl. engl. Luther 1. Mos. 9, 23 u. ö. vom Menschen geschool, ags. scöl, a n o r d . sköli, norw. skule, d ä n . braucht, durch A c h s e l ersetzt: Kluge 1918 Von skole, schwed. skola; finn. koulu beruht auf Ent- Luther bis Lessing 114. Die Wendung „jem. die lehnung aus einer germ. Nachbarsprache. kalte S. zeigen" ist norddt. und stimmt zu engl. S c h u l e ist klösterliches Lehnwort aus lat. to show someone the cold Shoulder. Die l e i c h t e S . schola, vermittelt durch volkslat. scäla (zur ist bei berufsmäßigen Trägern die, auf der sie Vokaldehnung vgl. Brief und Dom). Die leichtere Lasten tragen. Entlehnung ist wohl im 6. Jh. vollzogen, etwa Schultheiß m. m h d . Schultheis, -heize, a h d . gleichzeitig mit der von K l o s t e r , M ö n c h und sculdheiço, -heizo, asächs. sculdhëtio, n d . schulte, N o n n e . Auf spätlat. schola 'Kriegshaufen' be- mnl. scout(h)êt(é), scout(e), n n l . schout, afries. ruht gleichbed. asächs. scola, ebenso ags. scolu skeltä(ta), ags. scyldh&ta, m l a t . scultêtus ' d e r 'Schar, Truppe, Menge, Heer', engl, shoal Verpflichtungen zu einer Leistung befiehlt'. Als 'Menge, Schwärm'. Lat. schola 'Unterrichts- Vollstreckungsbeamter zuerst bei den Langoort; Anhängerschaft eines Lehrers; Gesamtheit barden, auf dt. Boden seit dem letzten Drittel der Amtsgehilfen' ist mit Bed.-Verengung ent- des 8. Jh., erst in rät. und alem., danach in lehnt aus gr. ctxoAt) /. 'Einhalten, Ruhe, (ge- bair. Denkmälern, etwas später im fränk. Belehrte) Muße, Ort wo man ihr lebt, Lehran- reich, hier sogleich in der vielseitigen Ausprästalt; Vortrag'. Das gr. Wort, verwandt mit gung, die G. Seeliger 1919 Reallex. d. germ. S c h e m a (gr. axfiuoc 'Haltung, Grundriß, Ent- Alt.-Kde. 4,144 umschreibt: von Grafen, Grundwurf') und gr. echein 'halten, haben', gehört herren, Bischöfen bestellt und nach der Ver(wie Sieg) zur idg. Wurzel *segh- 'halten, fest- schiedenheit der herrschaftl. Gerechtsame aushalten'. einander entwickelt, neben der alten exekutiven Schüler m. obd. S c h u l e r (im Fam.-Namen Wirksamkeit mit niederer und hoher Gerichts'der das zum Unterhalt der Schule bestimmte barkeit betraut, Ortsvorsteher im Dorf, BürgerGrundstück bewirtschaftet'), mhd. schuolcere, meister in der Stadt, Hauptmann im Heer. ahd. scuoläri. Voraus liegt mlat. scholaris m. Schulze s. S c h u l t h e i ß . 'Scholar' (s. d.), das subst. Adj. lat. scholaris Schummer m. 'Dämmerung', mnd. schummer; 'zur Schule gehörig'. dazu s c h u m m e r n schw. Ztw. 'dämmern', Schulfuchs m. 'in seine Bücher vergrabener s c h u m m e r i g Adj. 'dämmerig',Schummerung Stubengelehrter' zuerst bei Mich. Schäfer, f . 'Dämmerung', aus nd. und ostmd. Mundarten Fünf Regimentsregeln in sieben Predigten er- in die nhd. Schriftsprache gelangt, hier zuerst klärt (Tüb. 1608) 249 „zu Schreibern oder Schul- verzeichnet von Frisch (Berlin 1741), beliebt füchsen machen", in Anlehnung an Matth. bei K. Gutzkow (geb. Berlin 1811) und Schrift-
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Schund
stellern seiner Sprachlandschaft. Über das S c h u m m e r s t ü n d c h e n als anhaltischen Volksbrauch A. Bretschneider 1943 Dt. Wortgesch. 3, 121. — Die Wortgruppe steht in Ablaut mit s c h i m m e r n , s. d. Schund m. nur deutsch, literar. kaum vor Lindener 1558 Katzipori 233: junge Bildung zu s c h i n d e n (wie B u n d zu binden). Ausgangsbed. 'Inhalt der Grube des Abdeckers, der zugleich Kloakenreiniger war', dann 'Widerwärtiges, Wertloses'. Aus dem gleichen Bereich wie R a c k e r und schäbig. Schupf s. Schubs. Schuppe /. mhd. schuop(p)e und (um Ver-
kürzung vor Doppelkons., vgl. G r u m m e t , m u ß t e , M u t t e r , v e r r u c h t ) schuppe, ahd. scuobla,
scuop(p)a,
mnd.
schöve.
Urspr.
immer von den Schuppen des Fischs, die abgeschabt wurden: zu s c h a b e n (s. d.) wie Knappe neben K n a b e , R a p p e neben Rabe. Schupfenheer
b e i S c h e r f f e r , schupfichten
Panzern
schurigeln
Schur m. f . n u r h d . : m h d . schuor, m d .
schür.
Zu erwarten wäre mhd. *schur, auf das nur ungewisse Spuren weisen: vor r ist u früh zu uo geworden. Schur ist ablautende Bildung zum st. Ztw. scheren (s. d.) in seinen Bedeutungen 'schneiden' und 'plagen'. Als 'Schererei, Plage' tritt es schon in Augsburg 1200 auf; hierzu die Wendung „jem. etwas zum Schur tun". schüren schw. Ztw., mhd. schür(ge)n, schür-
ten, md. schurn 'einen Anstoß geben; Feuer entzünden; anfeuern', ahd. scurigen 'stoßen': zu m h d . schor, a h d . scora ' S c h a u f e l ' , g o t .
winpi-
skaürö f. 'WurfSchaufel'. An außerdt. Ztw. vergleichen sich ags. scorian 'wegstoßen; abschlagen', anord. skora 'steuern, treiben', aschwed. skora, adän. skere 'zerbrechen, aufpflügen', norw. skeyra, skyra 'losgehen'. Urverwandt sind u. a. gr. skyros, skyros m. 'Abfall beim Behauen von Steinen', lit. skiauri 'durchlöcherter Kahn als Fischbehälter', lett. skurinät 'zausen', aind. skäuti, skunäti 'stört, stöbert': sämtlich zu idg. *skeu- 'schneiden, trennen, kratzen, stochern, stöbern', einer Erweiterung der Wz. *sek- 'schneiden' in Säge, Sech, Sichel. — s c h ü r e n hat spät seine endgültige Form gefunden; noch bei dem 1749 verstorbenen J. E. Schelgel, Ästhet. Sehr. 66, 27 „der Teufel hat sein Spiel und schercht zuweilen zu". Im Übergang vom Ahd. zum Mhd. hat sich die dt. Ausgangsbed. 'stoßen' verengt auf 'Feuer durch Stoßen besser brennen machen', bei der es geblieben ist. Im (zunächst geistlichen) Bilde zuerst um 1275, Pass. 368, 17 Köpke: Daf vüwer
bei Lohenstein sind Verhochdeutschungen ohne sprachgeschichtl. Berechtigung. S c h u p p e hat sich als Luthers Form (Apg. 9, 18 u. ö.) durchgesetzt. Seine obd. Zeitgenossen schwanken zwischen schupe und schup(p)e: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 102, E. Karg-Gasterstädt 1943 Zs. f. roman. Phil. 63, 176. Der im Alem. begegnende Anlaut tsch erklärt sich aus falscher Worttrennung in Sätzen wie „der Fisch hat Schuppen". Schüppe, Schippe f. erst nhd., vgl. nl. scho(e)p 'Spaten'. Heute das nord- und westdt. Wort für sonstiges S c h a u f e l (s. d.), vom slner minne Geschürt mit guten werken wart. I n S p a t e n sachlich unterschieden. Mit seinem weltlichen Bildern kaum vor A. v. Haller 1728. pp zeigt das Wort nd. md. Lautstand, doch schürfen schw. Ztw. '(die Erdoberfläche) fehlt Schippe im äußersten Norden, während leicht abkratzen, nutzbare Lagerstätten aufes im Südwesten weit in obd. Gebiet vorge- suchen' als Fachwort des Bergbaus, mhd. drungen ist: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 410ff. schür(p)fen 'aufschneiden, ausweiden; (Feuer Das der Herleitung von s c h u p f e n entspr. obd. anschlagen', wozu schürpfmre m. 'Schinder, pf tritt in Schepfe (L. Hertel 1895 Thür. Marterknecht, Henker', ahd. scurfen, scurphen Sprachschatz 208 aus Salzungen) zutage. Im 'aufschneiden, ausweiden', ags. seeorpan 'kratKern eines mit dem Gerätnamen ist S c h i p p e n zen, nagen', Verwandt mit scharf und S c h o r f , 'Pik' in der frz. Spielkarte (mnd. schuppen, s. d. Die nächsten außergerm. Verwandten sind nl. Schoppen): das Bild des Spatens hat bei uns mir. cerb 'scharf, schneidend', cerbaim 'schneide'. Scherbe, Scherflein, den Spieß mit schwarzem Blatt ersetzt. S. Pik. S. S c h a m o t t e , Schuppen m. erst nhd., nach dem Md. und schroff. Nd.: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 409. Entspr. schurigeln schw. Ztw. Neben s c h i e b e n hatte ags. scypen, engl, mundartl. shippen 'Stall'. unsere Sprache ein eigenes Wort für 'schiebend Dafür ahd. scopf, mhd. frühnhd. obd. schöpf, vorwärtsbewegen': ahd. scurgan, mhd. frühnhd. höchstalem. schoff 'Gebäude ohne Wände, schürgen, o s t m d . schürgen, schirgen, Schergen, d a s offener Anbau an Haus oder Scheuer, Vordach', in md. und obd. Mundarten weithin lebt, aber wie ags. sceoppa 'Halle, Hütte', engl, shop schriftsprachl. schon bei Adelung fehlt. Es ist 'Laden'. Aus dem Germ, ist mit Lautstand -pp- trotz weiter Verbreitung an seinen schwankenentlehnt afrz. escoppe, frz. échoppe 'kleine Bude'. den Lautformen zugrunde gegangen. Auf sein Die nächsten germ. Verwandten sind S c h a u b , Iterativ s c h u r g e l n 'hin- und herstoßen' führt Schober und Schopf, s. d. Die außergerm. man das zuerst in Meißen 1613 (J. A. Müller, Sippschaft s. u. Schober. Gesch. d. Fürstenschule 2, 160) auftauchende
Schurke
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Schute
s c h u r i g e l n zurück, das Anlehnung an S c h u r mundartl. skot: zu s c h i e ß e n , s. d. Vgl. 'Quälerei, Verdruß' gefunden hat: v. Bahder S c h o t t . 1925 Wortwahl 77. — S. auch s c h ü r e n . Schüssel f. Mhd. schüfäel(e), ahd. scu^ila, Schurke m. erst nhd. Nnl. schurk, dän. -ula, asächs. skutala, mnd. schötele, mnl. scotele, schwed. skurk, poln. szurek beruhen auf dem nnl. schotel, ags. scutel 'Schüssel', engl, scuttle dt. Worte, das uns nicht vor Schottelius 1663 'Korb', anord. skutül 'kleiner Tisch, Tischblatt' Ausführt. Arbeit 1410 greifbar wird, aber ge- beruhen (wie ital. scodella 'Napf', afrz. escuele, wiß älter ist und mit dem ahd. Glossenwort frz. ecueile; altkorn. scudel, bret. skudell, kymr. fiur-scurgo (Steinmeyer-Sievers 2, 293, 25) yscudell 'Schüssel') auf (volks)lat. scütula, scüverknüpft werden darf, das den Teufel und tella 'Trinkschale', Verkl. zu scutra 'flache seine Gehilfen als Schürer des höllischen Schüssel, Schale, Platte', das vielleicht als Feuers brandmarkt. Es ist Nomen agentis zu 'Gefäß aus Leder' zu scütum '(lederner) Schild' s c h ü r g e n (s. schüren), Grundform germ. gehört. Das Wort ist mit der röm. Kochkunst *skurgjo, westgerm. *skurggjo. Nhd. k nach (s. K o c h und K ü c h e ) spätestens im 6. Jh. ins Kons, aus westgerm. gg wie in l i n k , m u n k e l n , Germ, gelangt, zugleich mit B e c k e n , K e s s e l und P f a n n e . Wegen der Bedeutung vgl. R i n k e n , s c h l e n k e r n , Zinken. T i s c h . Lit. skutide'hölzerne Büchse mit Deckel' Schurz TO., S c h ü r z e /., mhd. schürz m. und lett. skutelis 'Schüssel' sind durch das Mnd. 'gekürztes Kleidungsstück, Schurz'. Nächst- vermittelt. verwandt das Adj. ahd. scurz, ags. scort, engl. Schuster m. Lat. sütor 'Flickschuster' wird short 'kurz', urspr. 'abgeschnitten'. Vom Adj. nach Abschluß der hd. Lautverschiebung entabgeleitet das Ztw. s c h ü r z e n , mhd. schürzen lehnt und ergibt mit der üblichen Endung der 'abkürzen, das Gewand im Gürtel aufnehmen Nomina agentis ahd. sütäri, mhd. sütcere, ags. und dadurch unten kürzen', mnd. schärten, sütere, nordengl. schott. souter, anord. sütari. afries. (up)skerta 'kürzen', ags. scyrtan 'kürzen; Uns sind von da die obd. Fam.-Namen S a u t e r , zu kurz kommen, verfehlen'. Auf ein F. germ. S u t t e r , S ü t t e r l i n , S i t t e r l e geblieben. In *skurtjön 'abgeschnittenes, gekürztes Gewand' appellativem Gebrauch tritt vor das Fremdwort weisen mnd. schärte, mnl. scorte, nnl. schart die heimische Verdeutlichung in mhd. schuoch'Schürze', ags. scyrte, engl, shirt 'Hemd' (da- sütmre; daraus nhd. S c h u s t e r . Die heimische neben beruht engl, skirt 'Rock, Schoß', mengl. Bezeichnung des Handwerkers, mhd. schuohskirt 'Frauenrock' auf Entlehnung des anord. würhte (zu wirken), ist in Fam.-Namen wie skyrta 'Hemd'). Mit weiterentwickelter Bedeu- S c h u b a r t , S c h u b e r t , S c h a u b e r t , S c h u tung stehen daneben ags. scortian 'kurz wer- c h a r d t lebendig geblieben. Sachlich vgl. die den, nachlassen, abnehmen, zu kurz kommen', alten Lehnwörter S o c k e , S o h l e sowie das anord. aschwed. skorta, dän. skorte 'mangeln', jüngere S t i e f e l . — S c h u s t e r s R a p p e n Plur. anord. skort{r) 'Mangel'. Ablaut zeigt mhd. scherzhaft für 'Schuhe', in der Wendung „auf scherze(l) 'abgeschnittenes Stück', vorgerm. Schusters Rappen reiten" schon dem 17. J h . *sker-d-, Dentalerweiterung der idg. Wurzel geläufig. Voraus geht mhd. er ritet slner muoter *sker- 'schneiden'. Außergerm, vergleichen sich voln und er rltet der zwelßoten pfert (schwed. am nächsten lit. skerdiiü 'schlachte', skerdSiu apostlarnas hästar); jünger ist per pedes apostolo'bekomme Risse, springe auf', lett. sk'erSu rum. S. Borchardt-Schirmer 1954 Sprichw. 'spalte', apreuß. scurdis 'Bicke, Haue', russ. Redensarten, vgl. auch S c h n e i d e r k a r p f e n . oskörd 'großes Beil'. — Vortuch, Fürtuch n. Schute 1 /. Bezeichnung für Schiffe verschie'Schürze', z. T. auch 'Serviette'. Spätmhd. gilt dener Größe, Bauart und Bestimmung: mnd. vortuoch, das als fartuch ins Poln., als fartuk ins (seit 1262) nnd. schüte, schüte, mnl. (seit 1364) Russ. entlehnt und aus einer slaw. Sprache als scüte, nnl. schuit, mengl. shoute, älter nengl. kvartükas, -tugas ins Lit. gelangt ist. Im 15. Jh. shout, spätanord. sküta, schwed. skuta, dän. tritt fürtuoch an die Stelle, das in westfäl. skude vereinen sich auf germ. *skütiön f., mit füäördöük, ostpreuß. ferdök fortlebt und als Volks- s c h i e ß e n zu vermitteln wie norw. sküt m. 'vorwort im gesamten Südsaum unsres Sprachge- springende Klippe'. Nach ihrem weit auslabiets eine Rolle spielt. So muß 1847 Wiener denden Vordersteven mögen die ersten Schuten Schulkindern eingeprägt werden, daß sie S c h ü r - benannt worden sein; durchs Wasser geschossen ze statt F ü r t u c h zu sagen haben: P. Kretsch- sind sie sicher nicht. Uns werden sie greifbar mer 1918 Wortgeogr. 20; A. Senn 1933 Journ. in Dortmund 1262, Hamburg 1353, Hannover of Engl, and Germ, philol. 32, 516. 528. 1368, Stettin 1467, überall im Raum der hanSchuß m. mhd. schu% (55), ahd. seu% (55), sischen Binnenschiffahrt wie an den Küsten der mnd. schöte, mnl. scote, nnl. scheut, afries. skete, Nord- und Ostsee. In der Blütezeit der Hanse ags. scyte, anord. skutr, norw. skut, dän. schwed. wird ihr dt. Name von Volk zu Volk verbreitet.
Schute
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Nhd. Reisebeschreibungen zeigen Scutt zuerst 1690. — Im 19. J h . wird ein weit ausladender Frauenhut (zunächst verächtlich) S c h u t e genannt, spät nach dem Biedermeier, mit dessen Hutformen wir heute den Namen verbinden. Schute2 f. 'Spaten', mnd. schüte, im Hannövr. und Osnabr. üblich: Brem. Wb. 4 (1770) 722. Vereinzelt in hd. Text: Luederl773 Küchengarten 466. Schutt m. erst nhd., dafür mhd. sehüt f., ags. scydd m. 'Anschwemmung, angeschwemmtes Erdreich, Aufschüttung' (so noch im Namen der Nürnberger Pegnitzinsel sowie der Donauinseln G r o ß e und K l e i n e S c h ü t t zwischen Preßburg und Komorn): zu s c h ü t t e n , s. d. schütteln schw. Ztw., mhd. schütelen, ahd. seutilön: Iterativbildung zu s c h ü t t e n . schütten schw. Ztw., mhd. schül(t)en, ahd. skullen 'schütteln, erschüttern', asächs. skuddian 'heftig bewegen, mit Schwung ausgießen', afries. skedda 'schütteln, stoßen', mit Ablaut ags. scüdan 'eilen'. Nächstverwandt ist s c h a u d e r n , s. d. Außergerm, vergleicht sich aslaw. skytali sg 'umherschweifen' und (ohne s-) lit. kuteti 'aufrütteln', kutrüs 'hurtig'. Zur Wurzel *(s)kut- 'rütteln'. schütter Adj., mhd. schiler, md. scheter, ahd. (Notker) sketer, Adv. skeiero 'dünn', vorgerm. *skidro-, urverw. mit aind. chidrd- 'durchlöchert', gr. skidaros 'dünn, gebrechlich', lett. Sk'idrs 'undicht': Dentalerweiterungen der idg. Wurzel *skei- 'schneiden, trennen, scheiden' (s. s c h e i d e n , s c h e i ß e n ) . Das Adj. ist gebildet wie b i t t e r , f i n s t e r , h e i s e r usw. Nhd. ü für altes i (wie in f l ü s t e r n , f ü n f , g ü l t i g , R ü f f e l usw.) ist begünstigt durch das anlautende sch und begegnet zuerst um 1800 in Wien. Das bei Luther und den Klassikern fehlende s c h ü t t e r ist durch Österreicher wie Anzengruber und Rosegger neu belebt und in unsern Tagen von Österreich her geradezu Modewort geworden: K. v. Bahder 1925 Wortwahl 76. schüttern s. e r s c h ü t t e r n . Schütterumpf m. Zu R u m p f in seiner Bed. 'Korntrichter in der Mühle' (so westfäl. rump) stellen sich die Fam.-Namen K o r n - , S c h ü t t r u m p f , urspr. mittelbare Berufsnamen des Müllers. Wh. Raabe kennt die westfäl. Form Schüdderump aus einem Bericht über die Pest in Schöningen 1625, bei der die Pestleichen von der so benannten Bahre, ohne berührt zu werden, ins Grab geschüttet wurden. Wenn Raabe in seinem Roman 1870 die Totenbahre zum Leichenkarren umgestaltet, so folgt er der Schilderung, die A. Manzoni 1825 in seinen Promessi Sposi Kap. 34 von den Mailänder Pestkarren des 17. J h . gibt: W. Fehse 1937 Wilhelm Raabe 334f.; M. Gottschald 1954 Dt. Namenkde. 629.
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Schwabenstreich
Schutz in. mhd. schuz (tz) 'Umdämmung, Schutz'. Zu nhd. s c h ü t z e n , s. d. Schütze m. mhd. schütze, ahd. scuzz(i)o, nd. schütte, afries. sketta, ags. scytta, anord. scyti, dän. skylte, schwed. skytt: zu s c h i e ß e n , s. d. — Die Bed. 'Anfänger im Lernen' (s. A b c - S c h ü t z ) begegnet zuerst 1418 als Wiedergabe von lat. Uro 'Neuling', 1482 als Übersetzung von mlat. scuto 'junger Schüler' (das frühnhd. schütze schon voraussetzt): Nyström 1915 Dt. Schulterm. 1, 237ff. In diesem S c h ü t z e sieht Schmeller 2 2, 493f. eine Lehnübersetzung des lat. Uro, das man irrig mit ital. tirare, frz. tirer 'schießen' verknüpft habe. schützen schw. Ztw., mhd. schützen 'um-, eindämmen, beschützen', das nach Ausweis des mhd. beschüten 'beschützen' auf ahd. *skutisön zurückzuführen ist. Die Grundbed. erscheint in mhd. schüt(e) f. 'Erdaufschüttung' (s. S c h u t t ) ; der Bed.-Wandel ist in Krieg u. Heer vollzogen: das zeigen die vielen mit fränk. *skolgebildeten Ortsnamen im frz. Westen (an der alten Grenze gegen Goten u. Bretonen). Vgl. Werk. Schutzengel m. Lehnübersetzung von kirchenlat. angelus tutelaris: seit Schottel 1641 Sprachkunst 36. Literarisch durch Abr. a Sta Clara 1719 Bescheidessen 377; 1723 Lauberhütt 110. Danach bei Klopstock, Messias (Halle 1751) S. X . 2. 32. 70. 102 u. Wieland 1756 Sympathien (Ausg. d. Akad. 2, 465, 5). Schutzgeist m. das weltliche Gegenbild des S c h u t z e n g e l s (s. d.), kaum vor J . A. Cramers Wochenblatt „Der Schutzgeist" 1746f. Seit 1752 bei Wieland: Ausg. d. Akad. 1, 305. 367. 417f. Schutzgott m. gebucht seit Kirsch 1718. Von Wieland 1752 (Ausg. d. Akad. 1, 354) dem im Vers unhandlichen S c h u t z e n g e l vorgezogen. Schutzheiliger m. im 19. J h . für ( S c h u t z - ) P a t r o n , das üblicher geblieben ist. Schwabenalter n. das Alter von 40 Jahren, in dem die Schwaben verständig werden: zuerst bei Wieland in einem Brief aus dem Jahr 1773 (Zs. f. d. Wortf. 8, 134), in dem er selbst das S. erreichte. Den von Goethe brieflich am 6. Sept. 1787 erwähnten, noch bei Adelung und Campe fehlenden Volksscherz behandelt Ladendorf 1906 Schlagwb. 283. Albr. Keller 1907 Die Schwaben in der Gesch. des Volkshumors 69 und 110 erinnert an das Wort des schwäb. Humanisten Joh. Bohemus, der 1520 Ornnium gentium mores 61b über seine Landsleute urteilt: Sero resipiscunt. Schwabenstreich m. 'lustig dummer Streich', zuerst bei Günderode 1781 Reise durch den Schwarzwald 18. Gebucht seit Campe 1810, prächtig umgedeutet in Uhlands Schwäb.
schwach
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Kunde 1814. Über die schon im 16. Jh. umlaufenden S c h w a b e n s t ü c k e (so H. Fischer 5, 1224 schon 1616) Albr. Keller 1907 Die Schwaben in der Gesch. des Volkshumors 63ff.; zur Wortgeschichte Ladendorf 1906 Schlagwb. 282 f. schwach Adj. Adv., mhd. swach 'schlecht, gering, unedel, niedrig, armselig, verachtet; kraftlos', mnd. swak 'biegsam, dünn; gering', mnl. swac (ck), nnl. zwak. Dan. svag ist aus dem Mnd. entlehnt, schwed. svag aus dem Dan. Nächstverwandt sind mnd. swaken 'wackeln', anord. sveggja '(ein Schiff) wenden', norw. mundartl. svag(r)a 'schwanken, schlenkern', svagra 'sich biegen', svagga 'schwankend gehen': sämtlich zur Wurzel *sueg-\ *suek'biegen; drehend schwingen, schwenken', woneben gleichbed. idg. *sueng-\ *suenk in s c h w a n k , s. d. Schwachmatikus m. für 'Schwächling' scherzhaft gebildet in Anlehnung an s c h a c h m a t t und gr.-lat. Wörter wie A s t h - , M a t h e - , P h l e g - , R h e u m a t i k u s . Die alten Belege weisen auf Göttingen (Bürger 1787: Zs. f. d. Wortf. 14, 265) und Halle 1790, stud. Kreise sind beteiligt: Kluge 1895 Stud.-Spr. 36. 124; K. Schreinert, in öhmannfestschrift, Ann. scient. Fennicae 1953 (Helsinki). Schwade /. 'Reihe gemähten Grases oder Getreides', mhd. mnd. swade, mnl. swa(e)t, swäde, nnl. zwad(e), afries. swethe 'Grenze', ags. swced, swadu 'Stapfe, Spur, Pfad; Narbe', engl. swath(e), anord. svpdu in svgdusär 'Streifwunde'. Grundbed. 'durch Schnitt gezogene Spur'. Außergerm. Verwandte sind nicht gesichert. — Die Wortkarte 'Grasschwade' von Hildegard Hartmann bei Mitzka, Dt. Wortatlas III (1954) stellt die Wortgeographie der z. T. altertümlichen Synonymik dieses von Kanzleisprache usw. unbeeinflußten Bauernwortes: die größten Flächen nimmt nd. Schwad, Schwatt ein, doch der Westrand vom Emsland bis zum Weserknie hat Matt zu 'mähen', s. d. und M a t t e ; Westf. hat Gain. Im Md. gilt der Typ Schwad(e), die Endung -(e)n weist nur kleine Räume auf. Die Leitform Mad(e) gilt im Süden des Md. und im Obd.; Schar im mittleren Elsaß, Schwang in der Rheinpfalz; Schlag, Schlacht (zu s c h l a g e n ) von der Eifel bis ins Saarland; Oematt, Gemade in Hessen und in der Eifel, dort im Süden Gang, Jank. S. J a h n . Schwaden, Schwadern m. mhd. mnd. swadem, -en 'Dunst'. Dazu nordfries. sweas, ags. swadul 'Rauch', ahd. swedan st. Ztw. 'schwelend verbrennen'. Nächstverwandt mit ahd. smdan 'brennen', anord. svida, sveid 'sengen, brennen': zur idg. Wurzel *sueid- 'glänzen, schimmern' in lat. sldus 'Gestirn'. S. Schwede.
Schwägerin
Schwadron f. Nach ital. squadra waren die Ableitungen der Reiterei im 16. J h . ( G e - ) S c h w a d e r (s. d.) genannt worden. Nachdem im ital. Heerwesen squadrone (urspr. 'großes Viereck') an die Stelle getreten war, folgte eine neue Entlehnung: S q u a d r o n Wallhausen 1616 Kriegsk. zu Pferd 65f. Schwadron von Schiffen erst 1684: Zs. f. d. Wortf. 14, 25. 45; Mod. lang, notes 38, 407. schwadronieren Ztw. ist zunächst ein Ausdruck der Fechtschule für wildes planloses Fechten. Jacobsson 1794 Technol. Wb. 7, 283 erklärt: „mit dem Degen oder Säbel, rechts und links, immer um sich herum hauen, um die Feinde von sich abzuhalten". Wenn Kindleben 1781 Stud.-Lex. 177 die Bed. 'unnützes Zeug reden, viel Worte machen' verzeichnet, die als erster Goethe 1775 Urfaust V. 1379 verwendet, so sind stud. Kreise an der Übertragung beteiligt. Wie sie sich vollzogen hat, zeigt Lichtenberg 1787 Briefe 2, 314: „Einwürfe gegen seine Sätze werden seiner Vertheidigung die gehörige Richtung geben, da er jetzt blos schwadronirt, und wohl noch nicht selbst weiß, wohin er seine individuellen Hiebe richten soll". Der Gedanke an älteres s c h w a d e r n 'viel schwatzen' mag mitgewirkt haben, zumal auch S c h w a d r o n (s. d.) aus älterem ( G e - ) S c h w a d e r entwickelt ist. — S c h w a d r o n i e r e n in der Bed. 'eine Schwadron aufstellen' weist Kurrelmeyer 1929 Mod. lang, notes 44, 145 f. seit 1753 nach. Schwager m. mhd. mnd. swäger 'Schwager; Schwiegervater', ahd. swägur 'Sohn des Schwiegervaters, Schwager', mnl. swägher, nnl. zwager. Afries. swäger, dän. svoger und schwed. sväger beruhen auf Entlehnung aus dem Mnd. Weil das dem Nord- und Ostgerm, fehlende Wort ursprünglich die Bedeutungen 'Schwager' und 'Schwiegervater' vereint, sieht man mit Wh. Schulze 1933 Kl. Schriften 60 ff. darin eine Vriddhi-Bildung zu S c h w ä h e r , s. d. Voraus liegt idg. *swekurös 'zum Schwiegervater gehörig', außergerm. vergleicht sich gleichbed. aind. sväsurd-. Zu Beginn des 18. Jh. wird S c h w a g e r (urspr. 'Bruder der Geliebten') zur stud. Anrede an den Nichtstudenten (im Gegensatz zu B r u d e r als Anrede der Studenten untereinander). Aus der sachnotwendig häufigen Verbindung S c h w a g e r P o s t i l l o n (so noch Bürger 1773 D. Raubgraf) gewinnt zuerst Philo 1722 Ruhm des Tabaks 69 die Bed. 'Postillion'. Vgl. S c h w ä g e r s c h a f t t r i n k e n im 6. Buch von Goethes Dichtung und Wahrh.; Zs. f. d. Wortf. 1, 48. 3, 94. 100. 6, 225. 12, 289. Schwägerin f. mhd. swcegerinne. Das alte Wort für „Schwester der Frau, des Mannes" ist Ges c h w e i , s. d. Die Neubildung S c h w ä g e r i n , mhd. noch selten, steht fünfmal in Luthers
Schwäher
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schwanen
Altem Testament, wo Eck Frau des Brüders, die Hochwasser und gestauten Wasserläufen. Kaum Züricher Bibel von 1537 Brüders Frau, Gschwei jemals nd. Zum st. Ztw. schwellen (s. d.) mit vorzieht: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing dem Vokal von dessen Sg. Prät. 102. Der Westmd. Alberus bucht 1540 geschweig Schwamm m. m h d . swam (mm), swamp (rnb), neben schwegerin; den Endkampf der Wörter ahd. swam (mm), swamb, mnd. swamp, -pes, ags. schildert K. v. Bahder 1925 Wortwahl 146. swamm 'pflanzlicher Schwamm, Pilz', anord. Schwäher m. 'Schwiegervater', noch volks- svgppr 'Schwamm, Pilz; Ball', soppr 'Ball', got. üblich in Teilen der Schweiz, Hessens, der Ober- swamm = gr. spöggos, hier zuerst auf das Gebilde pfalz und im Fränk.-Henneberg.; dazu tierischen Ursprungs übertragen; urspr. 'der S c h w e ( h ) r als Fam.-Name. Mhd. sweher, Schwimmende': W. Henzen, Wortbildung 129 swmher, sweger, swer 'Schwiegervater', ahd. Anm. Innerhalb dieser begrifflich zusammengeswehur, swer 'Schwiegervater; des Gatten Bru- hörigen Gruppe liegen drei lautlich verschiedene der', mnl. sweer 'Schwiegervater', afries. sioiä- Bildungen vor, deren got. Stammformen als ring 'Schwiegervater, -söhn', ags. sweor, älter *swamma-, *swamba- u n d *swampu- anzusetzen swehor 'Schwiegervater; Vetter', aschwed. sver, sind. In S c h w a m m sind die beiden ersten sv&r 'Schwiegervater', got. swaihra 'Schwieger- Formen zusammengefallen. Nächstverwandt vater' führen auf germ. *swehura-, idg. *sue- sind westfäl. swampen 'auf- und niedergehen' fcwros. Außergerm. entsprechen gleichbed. aind. (von schwammigem Boden) und engl, swamp svasura-, awest. xvasura-, armen, skesrair, gr. 'Sumpf'. Mit Ablaut entspricht S u m p f , s. d. hekyrös, alb. vjeher, vjef, lat. socer (aus *svecer, Außergerm, vergleicht sich gr. somphös 'schwamälter *svecur), kymr. chwegrwn, korn. hwigeren, mig, locker, porös', das mit der germ. Wortsippe lit. sesuras, aslaw. svekrü, russ. swekor. Die auf dem gleichbed. idg. Ad]. *suombhö-s begleichfalls schon idg. F.-Bildung s. u. Schwie- ruht. Heute steht S c h w a m m als heimisches ger. Die Wörter enthalten den Stamm idg. *sue-, Wort im Kampf mit dem fremden Pilz; beider wozu auch got. swes, ahd. asächs. swäs 'eigen' Abgrenzung in hd. Umgangssprache vollzieht und lat. suus 'sein' gehören. P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 372 f. In der Schwalbe f . 'hirundo', ein gemeingerm. Vogel- Sprache der Wissenschaft gilt S c h w a m m allein n a m e : m h d . swalwe, -be, swal(e), ahd. swal(a)wa, für spongia. Eine Art dieser am Grund von Geasächs. afries. anord. schwed. svala, mnd. wässern sitzenden Tierstöcke dient zur Reiniswale(we), n n d . swal(w)e, mnl. zwalewe, nnl. gung und zum Auslöschen von Geschriebenem. zwaluw, ags. swealwe, engl, swallow, dän. svale „Schwamm drüber" heißt es ursprünglich von führen auf germ. *swalwön-, Außergerm, ent- Wirtshausschulden. sprechen russ. solowej (aus *solmji), poln. slowik, Schwan m. Mhd. swan(e), asächs. m n d . ags. tschech. slavik 'Nachtigall'. Vorauszusetzen ist engl, swan, mnl. swane, nnl. zwaan, anord. svanr, ein Vogelname *suolui-, *suolen-. dän. svane, schwed. svan, norw. mundartl. Schwalbenschwanz m. heißen nach der svana, svon, daneben mit Ablaut m n d . swön, Schwanzform, bei der die äußersten Federn ahd. -suon in Frauennamen, führen auf eine länger sind als die mittleren, verschiedene Tiere gemeingerm. Ableitung zur idg. Wurzel *suen-: und Geräte. Für den Tagfalter Papilio machaon *suon- 'rauschen, tönen', die außergerm. in lat. ist der Name gebucht seit Popowitsch 1780 sonus 'Schall', sonäre (aus *suenäre) 'tönen', Mundarten 527. Der S c h w a l b e n s c h w a n z als air. senim 'Spielen, Tönen', aind. svana- 'GeMännerrock ist dem gleichbed. engl, swallow räusch' usw. erscheint. Der Vogel führt den tail nachgebildet: W. Fischer 1943 Dt. Wort- Namen nach dem S c h w a n e n g e s a n g , s. d. Er kommt ursprünglich nur dem Singschwan gesch. 2, 360. Schwalch m. 'Öffnung des Schmelzofens' (bei (Cygnus musicus) zu. S. H a h n . Glockengießern; von da in Schillers Lied von der schwanen schw. Ztw., nur deutsch, zuerst 1514 Glocke) aus mhd. swalc(h) m. 'Schlund': zu im Schichtbuch d. St. Braunschweig 132 Scheller: schwelgen. Ome hadde so etwes geswanet, hd. seit J . Micyllus, schwalken Ztw. 'dampfen, rauchen' (von Tacitus (Mainz 1535) 221a, danach viele JahrLampe, Ofen) im westl. Norddeutschland: zehnte ausschließlich bei lateinkundigen SchriftKretschmer 1918 Wortgeogr. 123. Dazu nd. stellern. Aus den Univ.-Städten seit Ende des Swalk 'Lichtdampf'. Zu schwelen. 18. Jh. in die Mundarten gedrungen, hier stets Schwall m. mhd. swal (II) zuerst im Hegau mit tonlangem a (wie Schwan), darum nicht mit 1293 Hugo v. Langenstein, Martina 194° 84 Der verschobener Silbengrenze aus mnd. es (Gen.) weite breite, lengi, swal, danach in der Steier- wänet mir (so Axel Lindqvist 1913 f. Beitr. 38, mark kurz vor 1320 Ottokar, Chron. 23654 (bei 329; 39, 398), sondern Scherzübersetzung des der Sündflut) het sieh da% mer sö wiien Mit über- lat. olet mihi 'es ahnt mir' (allerdings eine von swal eriko^en, dann schnell allgemein, meist von Singer veranstaltete Übersetzung aus dem Dt.),
Schwanengesang
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das alter Studentenwitz mit lat. olor 'Schwan' verband: Zs. f. dt. Wortf. 3 (1902) 234. Schwanengesang m. 'letzte Dichtung eines dem Tode nahen Dichters'. So seit Seb. Franck 1538 Chronik, Vorr. Das Wort beruht auf dem im Altertum geltenden, von Äschylus, Agam. 1445, Cicero, De oratore 3, 2, 6 u. a. geformten Glauben, der Schwan singe bei seinem Tod melodische Klagelaute. Engl, swansong beruht auf einer Lehnübers. Carlyles von 1830. Schwang m. mhd. swanc, Gen. swanges, häufiger swankes 'Schwung, Hieb; lustiger Streich; Erzählung davon', ahd. hinaswanch 'impeius', mnd. swank, mnl. swanc, nnl. zwang 'Schwung', afries. ags. sweng 'Streich, Schlag'. Dan. schwed. svang sind aus dem Mnd. entlehnt. Durch eine ähnliche Besonderung wie bei S t r e i c h entsteht nhd. S c h w a n k , die regelrechte Fortsetzung des mhd. swanc, während S c h w a n g Angleichung an s c h w i n g e n zeigt, mit dem es (wie S c h w u n g ) in Ablaut steht und dem es einst im vollen Umfang seiner Bed. entsprach. Seit dem 18. Jh. ist es im freien Gebrauch durch S c h w u n g abgelöst und auf feste Wendungen beschränkt wie i m S c h w a n g s e i n , in S. k o m m e n . — Zu S c h w a n g in der Bedeutung 'Grasschwade' s. S c h w a d e . Zu idg. suenk-, s. s c h w i n g e n . schwanger Adj., mhd. mnd. swanger, ahd. swangar, nnl. zwanger 'trächtig', ags. swangor 'schwer, langsam, träg'. Aus dem Mnd. ist dän. svanger entlehnt. Außergerm, vergleichen sich lit. sunkits 'schwer', sunkstü, sunkti 'schwer werden', älter lit. sunkinga 'schwanger': sämtlich zur Wurzel * suenk--. *sunk- 'schwerfällig, schwanger; schwer sein'. Zu trennen sind mhd. swanger 'schwankend', ags. swancor 'geschmeidig'; s. s c h w a n k . Schwank s. S c h w a n g . schwank Adj., mhd. (seit Beginn des 13. Jh.) mnd. (selten) swanc, swankes 'schwankend, biegsam, beweglich', gleichbed. mhd. swankel, swanger-, ags. swancor 'geschmeidig'. Mit gleicher Ablautstufe, doch andrer Wendung des Sinns ('nach innen geschwungen') anord. svangr 'dünn, schmal, verhungert', dän. svang 'taub' (vom Getreide), schwed. mundartl. svang, svanger 'dünn, eingefallen, hungrig, leer, kernlos', norw. svang 'leer, mit eingesunkenem Magen, hungrig'. Die nächstverwandten Subst. sind engl, mundartl. swank 'Bodensenkung' und dän. schwed. svank 'Tal, Höhlung, Einbiegung'. Außergerm, vergleicht sich am nächsten air. seng 'schlank', ursprünglich 'biegsam': mit S c h w a n g , s c h w i n g e n und S c h w u n g zur idg. Wurzel *sueng- 'biegen, drehend schwingen, schwenken'. Vgl. s c h w a c h . Andern Ursprungs ist s c h w a n g e r . K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 17. Aufl.
Schwär
schwanken schw. Ztw., spätmhd. swanken, mnl. swancken, nnl. zwanken: wie s c h w e n k e n (s. d.) abgeleitet vom Stamm des Adj. s c h w a n k , s. d. Heute wird s c h w a n k e n durchweg intr. gebraucht, s c h w e n k e n trans., wie es der gewöhnlichen Bed. der Ableitungen (germ. *swankön und *swankjan) entspricht. Alte Sprache wahrt die Grenze nicht immer streng; in den Mundarten findet s c h w a n k e n wenig Stütze. Schwanz m. mhd. swanz; aus dem Hd. entlehnt sind mnd. swans, dän. schwed. svans, nnl. zwans. Zu mhd. swanken gehört als Intensivbildung *swankezen, swan(k)zen, hierzu als Rückbildung swanz, urspr. 'der Schwankende, Bewegliche', das hd. seit dem 13. Jh. auftritt, zunächst von Schlangen, Drachen und Vögeln, bald auch von Vierfüßern gebraucht und so seit Beginn der nhd. Zeit ganz gewöhnlich wird, weil das gleichbed. Erbwort Zagel (s. d.) erotischen Nebensinn entwickelt hatte, ein Geschick, dem später auch S c h w a n z nicht entgehen sollte, weshalb vielfach Schweif begünstigt wird: K. v. Bahder 1925 Wortwahl 104f. schwänzen schw. Ztw. Zu *swankezen (s. S c h w a n z ) gehört rotw. schwentzen 'herumschlendern, gehen', das im Liier Vagat. 1510 (Kluge 1901 Rotw. 1, 55) zuerst erscheint und als swensen 'über Land laufen' 1724 (das. 184) wiederkehrt. Über die umfassendere Bed. 'bummeln' gelangt die Stud.-Sprache seit Mitte des 18. Jh. zu s c h w ä n z e n "(eine Vorlesung) versäumen' (Kluge 1895 Stud.-Spr. 125), das, nachmals auf Versäumnis von Schule und Gottesdienst ausgedehnt, durch Hagedorn und Schiller schriftsprachlich wird. schwappen schw. Ztw. von Flüssigkeiten 'schwanken; über den Rand schlagen; schwankend gießen': seit dem 16. Jh. zur wenig älteren Interj. s c h w a p p , die lautmalend ein klatschendes Schlagen bezeichnet. Früher als beide wird vor Ende des 15. Jh. die Weiterbildung schwaplen greifbar: Ch. Schmidt 1901 Hist. Wb. d. eis. Ma. 317. Merkwürdig nahe kommen manche Gebrauchsweisen von mhd. sweben (s. s c h w e ben) unserem s c h w a p p e ( l ) n : DWb. 9, 2371. Der Flußname Swabalba vor 737 in der Rheinpfalz, benachbart der gleichzeitig genannten Trubalba wird von E. Christmann, D. Siedlungsnamen der Pfalz u. Trubalba als 'schwappende Alb', jene als 'trübe A.' gedeutet; heute Schwolb, Sualb. Schwär m. ahd. swero 'dolor-, ulcus', mhd. swer 'körperl. Schmerz, Krankheit', in md. Quellen 'Geschwulst', entspr. mnd. swere m., swer n., mnl. swere, nnl. zweer. Luthers Form schwere (so 1523 ffiob 2, 7) wird von Eck 1537 durch gschwer, von den Zürchern 1530 ff. durch 44
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Schwärm.
geschwär ersetzt: das sind die frühnhd. gangbaren Formen (entspr. mhd. geswer, ahd. gaswer), die im 17. Jh. durch S c h w ä r ( e n ) langsam zurückgedrängt werden. Sämtlich zu mhd. swern 'schmerzen; schwellen; eitern', ahd. sweran 'dolere' mit swer(a)-do 'körperlicher Schmerz', mnd. mnl. sweren 'schmerzen; eitern', nnl. zweren: mit awest. xvara 'Wunde, Verwundung' zur idg. Wurzel *suer- 'schwären, eitern'. S. G e s c h w ü r ; unverwandt ist s c h w e r . Als etymolog. durchsichtige Bildung hat S c h w ä r ahd. mhd. frühnhd. eisz(e) verdrängt: v. Bahder 1925 Wortwahl 130 f. Schwärm m. mhd. swarm,
ahd.
swar(a)m
'Bienenschwarm'. Dies die Ausgangsbedeutung auch für asächs. mnd. swarm, mnl. swarm, swerm, nnl. zwarm, zwerm, ags. swearm 'Schwärm,
Menge', engl, swarm 'Schwärm', anord. svarmr 'Taumel', isl. svermr, dän. svcerm, älter
svarm,
schwed. svärm 'Schwärm'. Germ. Verwandte sind mhd. swm'Gesumme', norw. suerra'wirbeln, kreisen', anord. svarra 'brausen', ferner s c h w i r r e n und s u r r e n . Außergerm, vergleichen sich lit. surmä 'Schalmei', aslaw. svirali 'pfeifen', lat. susurrare 'summen, zischen', aind. sváraíi 'tönt': sämtlich zur lautmalenden idg. Wurzel *suer'surren'. — S c h w a r m g e i s t m. 'Phantast' beruht auf Luthers Schrift von 1527 „Das diese Wort Christi (Das ist mein Leib etc.) noch fest stehen widder die Schwermgeister". S. P h a n tasie. Schwarte f . Mhd. swart(e) 'behaarte Kopfhaut, Menschenhaut, behaarte oder befiederte Tierhaut; Speckhaut, Rinde; Schwartenbrett', mnd. afries. swarde, mnl. swarde, nnl. zwoord,
ags. sweard, swearp 'Schwarte, Haut, Rinde', engl, sward 'Schwarte; Rasendecke', anord. svgrdr 'behaarte Menschenhaut (besonders auf dem Kopfe), Walfischhaut; Grasnarbe', dän. sveer (älter sweerih), norw. svor, schwed. sval
führen auf germ. *swardu-. Außergerm, vergleicht sich lett. schwere (aus *scherdwe, urbalt. *sverdvé) 'dicke Haut, Ferkelschwarte'. — Zu 'Rasendecke' hat sich S c h w a r t e entwickelt in
Schwedenkopf
nen wir (neben b r a u n , g e l b , r o t ) einen unsrer ältesten Farbnamen erschließen. — Die Lautgeographie von 'schwarz' bietet der Dt. Sprachatlas. schwärzen schw. Ztw. 'schmuggeln'. In rotwelschen Quellen erscheint bereits 1350 swerze 'Nacht': F. Kluge 1901 Rotw. 1, 2. Das Ztw., ursprünglich 'bei Nacht Waren über eine Zollgrenze schaffen' wird vorausgesetzt durch T o b a c k s s c h w a r z e r 1756: Buchner, Das Neueste von gestern 3, S. 79. 1780 nennt Adelung s c h w ä r z e n obd. Hier gilt es weithin in Grenzmundarten: H. Fischer 1920 Schwäb. Wb. 5, 1248. Von da 1828 in Goethes Faust V. 4914. Für das Adj. s c h w a r z setzen Zus.-Setzungen wie S c h w a r z a r b e i t , - S c h l a c h t u n g die Bedeutung 'nächtlich, heimlich' voraus. schwatzen, s c h w ä t z e n schw. Ztw. Seit etwa 1400 tritt mhd. swatzen und (mit sekund. Umlaut) swätzen auf, geswetze schon um 1300. Wohl unter Einfluß von spätmhd. smetzen 'plaudern' entwickelt aus mhd. swateren 'rauschen, klappern', das selbst lautmalend sein mag. Nnl. zwetsen und dän. svadse sind aus dem Hd. ent-
lehnt. Zur Synonymik mit ' s p r e c h e n ' s. d. schweben schw. Ztw., mhd. sweben, ahd. sweben 'sich in oder auf dem Wasser oder in der Luft hin und her bewegen', mnd. mnl. sweven, nnl.
zweven
'schweben',
ags.
for(d)swefian
'Glück, Erfolg haben'; dän. sveeve und schwed. swäva beruhen auf Entlehnung aus dem Mnd. Westgerm. *swiben ist Durativbildung zum st. Ztw. germ. *swlban, dessen Faktitiv im schw. Ztw. ahd. swibön vorliegt. Die germ. Verwandten s. u. Schweif und s c h w e i f e n . Wz. *sueip-, das auch von lett. svaiplt 'peitschen' und svipaste, svipstis 'Hasenfuß, Windbeutel, Zierbenger vorausgesetzt wird, ist Erweiterung der idg. Wurzel *suei- 'biegen, schwingen' in mnd. ostfries. sw&ien 'sich schwingend bewegen', mnd. sweimen 'sich schwingen' usw. Schwede f . 'Wundpflaster', mhd. mnd. swede, frühnhd. thür. Schwede 'Pflaster'. Daneben ahd. swedil 'Umschlag', nnl. zwadel 'Windel', ags. sweSel 'Binde, Wickel', engl, swaddle 'Wickel'
engl, sward (of the earih), anord. jardar-, grassvgrdr, dän. jord-, grensvmr. — Scheltname für und das Ztw. ags. swadian,
(be)swedian
'wik-
alte Bücher, vorab die in Schweinsleder gebun- keln, einwinden', engl, swathe 'wickeln'. Falls ursprünglich 'wärmendes Pflaster', kann Zudenen, ist S c h w a r t e im 17. Jh. geworden. schwarz Adj. Mhd. ahd. swarz, asächs. mnd. sammenhang mit S c h w a d e n 'Dunst' bemnl. afries. engl, swart, nnl. zwart, ags. sweart, stehen. S c h w e d e ist durch das Lehnwort anord. svartr, älter dän., schwed. norw. svart, P f l a s t e r verdrängt, wie frühnhd. fe(c)h, kürne, got. swarts führen auf germ. *swarla-. Daneben lauch, sinwel durch die entlehnten b u n t , schwundstufig anord. sorti 'Dunkelheit, dichter M ü h l e , F l a m m e und r u n d . Nebel', sorta 'schwarze Farbe', sorina 'schwarz Schwedenkopt m. 'Kopf mit kurz geschorenem werden'. Außergerm, vergleicht sich lat. *sordus Haar' (bes. bei Soldaten, im Gegensatz zur als Grundlage von sordére 'schmutzig, unflätig Perücke): Goethe 1832 Faust II 6734. Nach sein', sordidus 'schmutzig' und sordés 'Schmutz'. König Karl XII. von Schweden (f 1718) im In idg. suordos 'schwarz, schmutzfarben' kön- 18. Jh. benannt, von Kindleben 1781 Stud.-
Schweder
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Lex. 116 dem student. K r a u s k o p f gleichgesetzt. Vgl. T i t u s k o p f und R. F. Arnold, Chronik des Wiener Goethe-Vereins 27, 11. Schweder m. 'Kalbsmilch', nd. sweder, nnl. zwezerik, ein Wort der Kochbücher des 17. und 18. J h . Nach Kretschmer 1918 Wortgeogr. 248 vielleicht zu oberhess. schwadern 'hin- und herschwanken', schwadcher 'Geschwulst, bes. am Halse'. Schwefel m. mhd. swevel, swebel, ahd. sweual, swebal, asächs. swebal, ags. swejel, swebel, got. swibls; in Ablaut damit mnd. mnl. swavel. Auf Entlehnung aus dem Mnd. beruhen älter dän. svavel, dän. svov(e)l, schwed. svavel. Aus dem Germ, entlehnt ist gleichbed. aslaw. iup(e)lü. Ablaut u. gramm. Wechsel (/ :b) beweisen, daß das Wort im Germ, alt ist. Die germ. Doppelformen *swefla-: *swebla- können entwickelt sein aus *swelfla-: *swelbla, indem l vor l wegdissimiliert wurde. So gelangt man zu *suelplos 'Schwefel', aus dem (mit anderer Dissimilation) über *suelpros gleichbed. lat. sulpur entwickelt ist. In *suelplo-s sieht man p-Erweiterung zum Verbalstamm *suel- 'langsam verbrennen' (s. s c h w e l e n ) . Die nhd. Form mit f muß nicht durch nd. Einfluß erklärt werden, wie die ahd. u. mhd. Doppelformen zeigen. Oberpfälz. schwelfel dankt sein erstes ! junger Vorwegnahme des zweiten. Das -g- von aköln. awestfäl. swegel, ags. swebel beruht auf Dissimilation: in * swebel wich der zweite Lippenlaut (5) dem ersten (w). Schwefelbande f. in Jena 1770 Name einer als roh berüchtigten Studentenverbindung, nachmals in Leipzig und Halle Spottwort der Landsmannschaften und Korps für nichtschlagende Verbindungen („Sulphuria", zuletzt'üble Gesellschaft'): Ladendorf 1906 Schlagwb. 283; Büchmann 1912 Gefl. Worte 505; Zs. f. d. Wortf. 3, 100. 8, 102. Schwegel /. 'Flöte', ahd. swegala "Rohr, Flöte', dazu swegal&ri 'Flötenbläser' (das im Fam.Namen S c h w e g l e r fortlebt), swegalön 'tibicinari', mhd. swegelen 'die Flöte blasen', ags. sweglhorn, got. swiglön 'pfeifen', swiglja m. 'Pfeifer'. Weitere Beziehungen sind nicht gesichert. Schweif m. mhd. sweif 'schwingende Bewegung, Gang, Umschwung; umschlingendes Band, Besatz am Kleide; Schwanz', ahd. sweif 'umschlingendes Schuhband', anord. sveipr 'Schlingung, Falte, Band, gekräuseltes Haar': zu s c h w e i f e n . Die ostmd. Form S c h w o f hat die Bedeutung 'niedriges Tanzvergnügen' angenommen und ist seit etwa 1825 durch Leipziger, Jenaer, hallische und Berliner Studenten verbreitet worden. Dazu C h r i s t e l - , K u h s c h w o f 'ländliche Tanzerei', schwofen 'tanzen',
Schwein
S c h w o f er'leidenschaftlicher Tänzer', S c h w o f b e s e n 'Tänzerin'. schweifen schw., früher st., urspr. redupl. Ztw., mhd. sweifen, swief, ahd. sweifan, smaj 'rundum drehen, schwingen, winden; sich schlängeln', asächs. swepan, swep, afries. swepa 'fegen', ags. swäpan 'fegen, treiben; schwingen, stürmen', engl, swoop 'sich stürzen', anord. sveipa 'werfen, einhüllen', norw. sveipa, schwed. svepa, dän. svebe (älter svebe) 'wickeln'. Die nächsten Verwandten s. u. s c h w e b e n und S c h w e i f ; ferner nd. swipe, nnl. zweep, anord. svipa 'Peitsche', ags. engl, swift 'schnell', got. midjasweipains 'Fegung der Weltmitte, Sintflut', awest. xsaewayat 'schwingend': sämtüch zu idg. *sueib-, das als ¡»-Erweiterung zur idg. Wz. *suei- 'biegen, drehen, schwingen, lebhaft bewegen' gehört. S. W e i f e . schweigen st. Ztw., mhd. mnd. swlgen, ahd. swlgen, asächs. swigon, mnl. swxghen, nnl. ewijgen, afries. smgia, ags. swlgian, sugian, suwian 'schweigen, still, ruhig sein': alte Durativbildung wie l e b e n , s c h w e b e n , w ä h r e n . Mit dem schw. Bewirkungswort s c h w e i g e n , mhd. ahd. sweigen 'zum Schweigen bringen' sowie mhd. swige st. /., ags. smg 'Schweigen' und mhd. swlge schw. f., ags. swlge 'Stille' zu germ. *swig-, *suik-. Daneben *suig- in gr. slge /. 'das Schweigen', slgäö 'schweige', ags. swlcan 'weichen, aufhören, nachlassen', geswican 'ablassen, sich enthalten' und ahd. swlhhan 'ermatten, nachlassen'. *sy,lk- und *sulg- sind Erweiterungen der Wurzel *sui'schwinden, nachlassen, schwach und schweigsam werden', die unerweitert vorliegt in anord. svia 'nachlassen', siiina, ahd. swinan 'abnehmen, schwinden', mhd. swlnen 'ohnmächtig werden, verstummen'. Das urspr. Wort für 'schweigen' (Wurzel *iake- in lat. tacere, got. pahan, ahd. ¿lagen) ist mit mhd. dagen verklungen. Schwein n. Mhd. ahd. asächs. mnd. afries. ags. smn, mnl. swijn, nnl. zwijn, engl, swine, anord. svln, dän. schwed. svin, got. swein führen auf germ. *smna-, idg. *s(u)wlno-, eine adj. Bildung zum lautmalenden germ. idg. *sü(w)(s. Sau), der aslaw.süinü, lat. suinus, gr.hyinos 'schweinern' entsprechen. Die Endung -mo bezeichnet ursprünglich die Zugehörigkeit, bei Tiernamen das Junge von Tieren (vgl. F ü l l e n und got. gaitein 'junge Ziege' zu gaits 'Geiß'). Die Substantivierung haben auch das Aslaw. bei svinija, das Apreuß. bei swintian 'Schwein' vollzogen. Sie lag nahe, weil von den Schlachttieren das Schwein am jüngsten sterben muß. — Die Redensart S c h w e i n h a b e n für 'Glück haben' rührt daher, daß bei Schützenfesten und Wettrennen der alten Zeit der Schlechteste eine Sau als iron. Trostpreis erhielt. 44
Schweiß
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Schweiß m. Mhd. swei% 'Schweiß, Blut', ahd. swei% 'sudor', asächs. mnd. afries. swet, mnl. sweet, nnl. zweet n. 'Schweiß', ags. swät m. n. 'Schweiß, Blut, Schaum; Mühe, Arbeit' führen auf germ. *swaita-. Daneben wird *swaitan- vorausgesetzt durch anord. sveili 'Schweiß' (dichterisch auch 'Blut'), norw. sveite 'Schweiß' (mundartl. auch 'Blut der Schlachttiere'), schwed. svett, dän. sved. Idg. *sueid-: *suoid' Schweiß' ist Wurzel auch für gleichbed. aind. sveda-, awest. xvaeda-, armen, k'irtn, gr. hidos, hidrös, alb. dirse, djers'e, lat. südor, -öris, kymr. chwys, korn. whys, bret. e'houez, lett. sviedri Mz. Die Bedeutung 'Blut' hält sich in dt. Weidmannssprache als deren einziger urzeitl. Bestandteil; hier auch s c h w e i ß e n 'bluten' mit frühnhd. S c h w e i ß w u r s t 'Blutwurst'. Dazu s c h w e i ß e n schw. Ztw., mhd. swei^en, sweizen 'Metall in Weißglut mit Metall zus.-hämmern', ahd. sweizen 'braten, rösten', ags. swsetan 'schwitzen, bluten', sowie anord. sveitlr 'mit Schweiß bedeckt' (dicht, auch 'blutig'). S. schwitzen. Schweizer m. mhd. (14. Jh.) Swlzer 'Einwohner der Schweiz, Zuwanderer von dort' seit 16. Jh. 'Türhüter' vor allem beim Papste, seit 17. Jh. 'Beaufsichtiger der Kühe in Milchwirtschaften', so früh im Odenwald (Fürstenauer Kanzleiprotokoll vom 15. Sept. 1629) „Hans Rasch der Schwitzer oder Kuhewerter". Dazu S t a l l s c h w e i z e r m. 'der solche Milchwirtschaft im Stall (nicht auf freier Weide) betreibt' und S c h w e i z e r e i f . 'Milchwirtschaft', dies seit A. v. Klein 1792 Prov.-Wb. 2, 149. Schweizerdegen m. im 16./17. Jh. 'zweihändiges Schwert der Schweizer Söldner'; danach 'Schriftsetzer, der zugleich drucken kann' seit Geßner-Hagen 1740 Buchdruckerkunst unter Degen. Klenz 1900 Druckerspr. 96 will an D e g e n 'junger Gehilfe' anknüpfen: das ist unmöglich, weil D e g e n 1 (s. d.) unbekannt war, als das Fachwort aufkam. schwelen schw. Ztw. 'ohne Flamme langsam brennen', im 18. Jh. ins Hd. übernommen aus nnd. swelen, mnd. swelen 'schwelen, (Heu) dörren'. Dazu afries. swela, ags. swelan st. Ztw. '(ver)brennen, sich entzünden', auch ahd. swilizön 'sengen, rösten', mnd. swalm 'Qualm' und s c h w ü l , s. d. Außergerm, vergleichen sich lit. srAlti, lett. svelt 'sengen', gr. heile, hele 'Wärme, Licht', eläne 'Fackel', elene 'Leuchte', aleä 'Sonnenwärme'; tochar. A. slam 'Flamme'. Sämtlich zu der unter S o n n e entwickelten idg. Wurzel *suel- 'brennen'. Wohl hierher s c h w a l k e n Ztw. 'dampfen, rauchen' (von Lampe und Ofen) im westl. Norddeutschland: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 123. Dazu nd. swalk 'Lichtdampf'.
Schwengel
schwelgen schw. Ztw., mhd. swelgen, -hen '(ver)schlucken, saufen', ahd. swëlgan, -àhan st. Ztw. '(ver)schlucken', asächs. farswëlgan 'verschlucken', mnl. swelghen, nnl. zweigen 'schlukken', ags. swelgan, engl, swallow, anord. svelgja, schwed. svälja 'verschlingen'. Die subst. Verwandten s. u. S c h w a l c h . In dem vorausliegenden *suelk- sieht man A-Erweiterung zur idg. Wurzel *suel- 'schlingen, essen, trinken', die unerweitert vorliegt in awest. war'genießen, verzehren, essen, trinken'. Luthers S c h w e l g e r (ei) ist seinen obd. Zeitgenossen fremd: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 111. 114. In der Schweiz gilt auch weiterhin S c h l e m m e r ( e i ) : Schütt 1908 Petris Bibelglossar 70; K. Bachmann 1909 Einfl. v. Luthers Wortschatz 77. Schwelle f . Mhd. swelle f . n. 'Balken zum Hemmen des Wassers; (Grund-)Balken, Hausschwelle' und ahd. swelli n. 'Urnen, basis' führen auf germ. *swallia-, Daneben mit andern Ablautstufen (germ. *swelliö: *sulliö) nd. swll, mnd. süll, mnd. sül(le), ags. syll, engl. sill 'Schwelle', anord. svill, syll 'Grundlage eines Gebäudes', norw. svill, schwed. syll, dän. syld 'Schwelle'. Germ. Verwandte sind anord. svalar Mz., aschwed. svali 'Balkon', isl. svoli 'Holzklotz, Baumstumpf'. Außergerm, vergleichen sich gr. selis und sélma 'Balken, Gebälk, Planke, Ruderbank' : zur Wurzel *sel- 'Balken'. S c h w e l l e ist das im Ostmd. begünstigte Wort, darum schriftsprachlich Sieger geblieben über T r i t t s c h ä u f l e i n (s. d.) und nd. nfränk. mfränk. siebenb. dörpel: K. v. Bahder, Wortwahl (1925) 70 f. schwellen st. Ztw., mhd. mnd. mnl. swëllen, ahd. asächs. ags. swëllan, nnl. zwellen, afries. swëlla, engl, swell, anord. norw. svella, schwed. svälla. Dazu das schw. Bewirkungsztw. s c h w e l l e n , mhd. ahd. swellen, anord. svella aus germ. *swallian (vorausgesetzt auch durch got. ufswalleins f . 'Aufgeblasenheit' ; Ableitungen zum st. Ztw. s. u. S c h w a l l , S c h w i e l e und S c h w u l s t ) . Germ. II wird aus In entstanden sein. Außergerm. Abkömmlinge der Wurzel *suel- 'schwellen' sind nicht gesichert. schwemmen schw. Ztw., mhd. mnd. mnl. swemmen, ags. swemman aus westgerm. *swammian (älter dän. svemme war aus dem Nhd. entlehnt): Bewirkungsztw. zu s c h w i m m e n (s. d.), somit 'schwimmen machen, ins Wasser tauchen, darin waschen, spülen'. Dazu S c h w e m m e f., mhd. nd. swem(me) 'Handlung und Ort des Schwemmens'. Schwengel m.'Gerät, das (sich) schwingt, sich schwenken läßt'. Mhd (seit 1300) mnd. swengel (daraus entlehnt schwed. svängel), mnl. swenghel, nnl. zwengel sind mit der Endung der männl. Gerätnamen (wie F l ü g e l zu f l i e g e n ,
schwenken
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S t a c h e l zu s t e c h e n usw.) gebildet zu swengen, schw. Bewirkungsztw. zum st. Ztw. s c h w i n g e n (s. d.). Unmittelbar zu diesem gehört Schwingel (daraus entlehnt dän. svingel), während S c h w e n k e t , mhd. (seit 1204) swenkel, fläm. zwenkel zum nahverwandten s c h w e n k e n (s. d.) gebildet ist. Sinnesunterschiede zwischen den drei Bildungen werden nicht deutlich. S. Galgen-, L a d e n s c h w e n g e l . schwenken schw. Ztw., ahd. mhd. mnd. mnl. swenken 'schwingen machen, in Schwung bringen, schleudern; in schwankender Bewegung sein, schweifen, schweben, sich schlingen', nnl. zwenken
'schwingen', ags. swencan
Schwieger
'schneidende Waffe'. Entspr. gehören ahd. scram 'großes Messer' und aind. krpäna'Schwert' zur idg. Wz. *(s)ker 'schneiden': W. Krogmann 1932 Zs. f. vgl. Sprachf. 59, 204. Schwertel m. ahd. swertala, asächs.
swerdula
f., mhd. swertel{e) f . m. Name verschiedener Pflanzen mit schwertförmigen, am Rand schneidenden Blättern, namentl. von IrisArten. Nachbildung von lat. gladiolus. Zs. f. d. Wortf. 3, 277 f. 297. 303.
Schwester /. Mhd. swester (e aus e vor mhd. deste, gestern, weste), ostmd. ahd. (aus -er), asächs. swestar, westfäl. süster, 'pla- ags. sweostor, swustor, urnord. swestar (zu
st wie swester susler, lesen:
gen, beunruhigen, quälen, unterdrücken', mengl. swestser), anord. systir (mit Umlaut aus der Mz.; swenche: Bewirkungsztw. zum st. Ztw. schwin- daraus entlehnt engl, sister), dän. sester, schwed. syster, got. swistar (Gen. swistrs, Mz. swistrjus: gen, s. d. schwer Adj. Adv., mhd. swcere, swäre, ahd. in diesen Formen ist zuerst t eingeschoben) verswär(i), swäro, asächs. m n d . swär, mnl. swäre, einigen sich auf idg. *suesor 'Schwester'. Dieswaer, nnl. zwaar, afries. swer, ags. swser(e), selbe Form wird vorausgesetzt durch aind. v swär, anord. svärr, dän. svcer, älter sva(a)r, svasar-, awest. x aijhar-, armen, k'oir, toch. A sar, B ser, lat. soror, -oris, aslaw. sestra, a p r e u ß . schwed. svär 'schwer', dagegen got. swers 'geachtet, geehrt' (wie lat. gravis neben 'schwer' swesiro, lit. sesuo (Gen. sesefs), air. siur, k y m r . auch 'gewichtig, würdevoll' bedeutet). Außer- chwaer, akorn. huir, korn. hoer, hör, bret. germ. vergleicht man lit. svarüs 'schwer', c'hoar 'Schwester' und gr. heör 'Tochter'. Vor sväras 'Waage, Pfund', sveriii 'wäge'; russ. dem ¿-Einschub neu geschaffen sind asächs. svora 'Koppel', gr. herma 'Ballast', areiö, airö aschwed. swiri 'Sohn der Mutterschwester', ags. 'hebe', epioros 'darüberhängend', airöra 'Waage', swiria 'Neffe, Vetter', afries. swire f . 'Vetterschaft'. Idg. *s(u)e-sor enthält den Reflexivaorter 'Wehrgehenk'. Schwerenöter m. einer, dem man die schwere stamm *s(u)e-; im Grundwort vermutet man Not (Epilepsie) anwünscht oder der das ver- idg. *ser- 'Frau' (im F. der Drei- und Vierdiente: Hermes 1778 Sophiens Reise 6, 212. zahl aind. tisrdh, cätasrah). Grundbedeutung Von Klein 1792 Prov.-Wb. 2, 150 als rhein- von S c h w e s t e r wäre dann 'Frau der eignen pfälz. Schimpfwort verzeichnet, im 19. Jh. all- Sippe'. Die Lautgeographie zu 'Schwester* stellt gemein geworden und in seiner Bed. gemildert der Dt. Sprachatlas Karte 91 dar. S. Ge(vgl. S c h a l k , Schelm): Ladendorf 1906 schwei, G e s c h w i s t e r , S c h w a g e r , Schwäher, Schwieger. Schlagwb. 284. Schwibbogen m. ahd. swibogo, m h d . swiboge Schwermut f . Rückbildung aus dem Adj. s c h w e r m ü t i g , das als swasrmüetee schon mhd. 'bogenförmige Wölbung', nach R. Loewe 1894 gilt, während S c h w e r m u t im entspr. Sinne Zs. f. vgl. Sprachf. 35, 609 mit Silbenvereinnicht vor Luther auftritt, dessen Bibelüberset- fachung aus *swibi-bogo mit *swibi, Verbalabstr. zung allein das Adj. bietet. S. K l e i n - , Miß-, von sweben als erstem Wortteil. Frühnhd. schwibboge stellt die etym. Verhältnisse auf Sanftmut. Schwerpunkt m. glücklicher Ersatz für lat. volkstüml. Wege her. Schwieger f . 'Schwiegermutter' noch volkscentrum gravitatis, auf Christian Wolff zurückzuführen, der in seinem Vollst, math. Lexicon üblich in Teilen Schwabens, der Oberpfalz, (zuerst Leipzig 1716) die Zwischenstufe „Mittel- Hessens und Siebenbürgens. Mhd. swiger, ahd. Punct der Schwere" überwinden mußte, vgl. swigar, -er, m n d . ags. sweger, mnl. swegher, anord. aschwed. sveera, got. swaihrö führen auf die Ausg. von 1734 Sp. 283. Schwert n. Ahd. mhd. swert, asächs. afries. idg. *sueicrüs 'Schwiegermutter' wie gleichbed. swerd, a n f r . swert (d), mnl. swaert, nnl. zwaard, aind. bvasrü, armen, skesur, alb. vjehere, gr. ags. sweord, engl, sword, anord. sverd, dän. hekyrd, lat. socrus, aslaw. svekry, k y m r . chwegr,
sverd, schwed. svärd (got. statt dessen hairus m.) führen auf germ. * swer da- n. -da ist Suffix, der Stamm stellt sich zu ahd. sweran (s. Schwär), dessen Bed. 'schmerzen' aus älterem'schneiden', hervorgegangen ist (vgl. das urverw. awest. xvara 'Wunde'). Somit ist S c h w e r t urspr.
korn. hweger (aus *suef:rü-): eine uralte Fem.Bildung zum Mask. S c h w ä h e r (s. d.). Die Zus.-Setzung S c h w i e g e r m u t t e r , die wohl für 'Schwieger und Mutter' eingetreten ist (wie S c h w ä h e r v a t e r im 17. Jh. für 'Schwäher und Vater'), dürfte von Niederdeutschland aus-
Schwiegersohn
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gegangen sein. Über ein seltnes S c h w i c g e r f r a u m u t t e r A. Götze 1909 Zs. f. d. Wortf. 10, 204f. Schwiegersohn m. s. E i d a m und Kretschmer 1918 Wortgeogr. 454. T o c h t e r m a n n ist auf den Südwesten beschränkt geblieben. Schwiegertochter f. ist nach dem Vorbild von S c h w i e g e r m u t t e r gebildet, wird von Stieler 1691 zuerst gebucht und ist in der ersten Hälfte des 18. J h . noch nicht völlig eingebürgert. In den Mundarten gilt neben S c h n u r (s. d.) S ö h n ( e r ) i n alem., schwäb. und südfränk.: v. Bahder 1925 Wortwahl 154. Schwiele f. Frühnhd. schwül m., schwülen f., mhd. sml(e), swel m. n., ahd. suril n., swilo m., asächs. mnl. swü n., mnd. ags. swile m. führen auf germ. *swüiz- n. zur Wz. *suel'schwellen'. Daneben mit Ablaut S c h w u l s t , s. d. und s c h w e l l e n . Das nhd. F., zuerst als S c h w ü l e n in Zürich 1561, ist aus der Mz. des alten M. entwickelt, das sich in den Mundarten weithin erhalten hat, wie sich denn das der Lutherbibel und den meisten Klassikern fehlende Wort merkwürdig spät gefestigt hat. Schwiemel m. 'Schwindel, Ohnmacht, Rausch; Leichtsinniger': mit nd. i (s. R i e s e ) aufgenommen, auch in md. Volkssprache verbreitet, kaum je literarisch. Zuerst 1417 smmel 'vertigo' (Diefenbach, Nov. gloss. 380 a) zu mnd. swimen, mhd. sweimen 'schweben'. Dazu das Stud.Wort s c h w i e m e l n 'bummeln, zechen' Kluge 1895 Stud.-Spr. 125. schwierig Adj., nur deutsch, mhd. swirio, sweric (g), mnd. swerich 'mit Schwären behaftet, schwärend', Ableitung von S c h w ä r m., vom nhd. Sprachgefühl zu s c h w e r gezogen und demgemäß umgedeutet. Noch Schönsleder Augsb. 1618 setzt schwing 'eitrig' an; die lange vorwaltende Schreibung s c h w ü r i g zeigt den Vokalismus von G e s c h w ü r . — Das F. S c h w i e r i g k e i t ist zwiespältigen Ursprungs. P. Schede 1572 Psalmen 145 Ndr. kennt schwirikait 'Eiterung', woraus bei Schottel 1663 Schwürigkeil 'Meuterei, Aufruhr', bei Duez 1664 Schwürigkeil oder Schwerigkeit 'Beschwernus, diffieultas' geworden ist. Daneben besteht seit mindestens 1350 ein mhd. swcerikeit, Parallelbildung zum mhd. swxre f. in Bedeutungen wie 'Schwere, Beschwerde; Zwist', die kurz nach 1700 den Sinn, zur Zeit der Klassiker die Form S c h w i e r i g k e i t erreicht hat. schwimmen st. Ztw., mhd. nd. swimmen, nnl. zwemmen, ahd. asächs. ags. swimman, engl. swim, anord. svim(m)a, symja, norw. mundartl. symja, svemja, dän. svemme, schwed. simma (mit Verlust des v vor o, u der Prät.- und Part.-Formen). Dazu das Bewirkungsztw.
Schwindler
s c h w e m m e n , s. d. Daneben mhd. swamen, afries. swommia schw. Ztw. 'schwimmen', norw. svamla, sumla 'plätschern', svarnra 'schwärmen, umherirren', ahd. swummöth m. 'das Schwimmen', got. swum(f)sl n. 'Teich'. Vgl. S u m p f ( S u n d scheint unverwandt). Außergerm. vergleichen sich kymr. chwyf 'Bewegung', chwyfio 'bewegen', lit. sümdyti 'hetzen' (ursprünglich 'sich schnell bewegen machen'). Die Wurzel *suem- hatte die umfassende Bedeutung 'in Bewegung sein'; s c h w i m m e n war ursprünglich '(im Wasser) herumpatschen, plätschern'. schwindeln schw. Ztw. Zu s c h w i n d e n 'abnehmen' stellen sich ahd. swintüön, mhd. swindein, urspr. 'in Ohnmacht fallen, bewußtlos werden', dann 'Schwindelgefühle haben'. Als Subst. 'vertigo' stellen sich dazu ahd. swintilöd und swintüunga, die erst spätmhd. durch swindel m. abgelöst werden. Dies ist als Rückbildung zum Ztw. zu beurteilen (wie T a u m e l zu t a u meln). Unser S c h w i n d e l 'Betrug' wird durch Bed.-Wandel gewonnen, dessen Ansätze nicht vor S. Frank 1534 Weltbuch 9 b belegbar sind, der aber schon durch Titel und Anlage von Murners „Mühle von Schwindelsheim" (1515) vorausgesetzt wird: F. Mentz 1927 Beitr. 51, 300; K. Wagner 1943 Dt. Wortgesch. 2, 336. schwinden st. Ztw., mhd. mnd. swinden, ahd. swintan 'vergehen, abmagern, bewußtlos, ohnmächtig werden', asächs. farswindan, ags. swindan 'abnehmen, schmachten'. Dän. svinde und schwed. svinna sind aus dem Deutschen entlehnt. Die nächsten germ. Verwandten sind ( v e r ) s c h w e n d e n , S c h w i n d e l und S c h w u n d . Außergerm, vergleicht man armen. ¥ andern 'zerstöre, vernichte', air. mir. a-sennad 'endlich', tochar. A. sätür 'kraftlos': idg. Wurzel *smndh'schwinden'. Schwindler m. Neben seinem M. S c h w i n del 'Taumel' entwickelt s c h w i n d e l n eine Bed. 'unbesonnen handeln, Unausführbares planen'. Hierzu stellt sich S c h w i n d l e r 'Fanatiker' bei Stieler 1691, S c h w i n d e l g e i s t in Dresden 1752 (Zs. f. dt. Wortf. 1, 39) und bei J . Moser 1778 Patr. Phant. 1, 12. 162; p o l i t . S c h w i n d l e r Schubart 1789 Vaterl. Chron. 404. Wie sich 1762 deutsche Juden in London niederlassen, nennt das Volk dort ihre zweifelhaften Geschäfte swindle, sie selbst seit 1775 smndler. 1780 tritt S c h w i n d e l e y , 1782 S c h w i n d e l für 'Wechselreiterei' ,1806 swindleriÜT 'Wechselreiter in Hamburg auf und verbreitet sich mit vielen Ableitungen rasch über das Deutsche, aus dem nnl. zwendelen, zwendelaar, zwendelarij, dän. schwed. svindel entlehnt sind. Bei dt. Gaunern gilt S c h w i n d l e r seit 1803 N. Hannöv. Magazin, Stück 67, S c h w i n d e l e y seit 1804: Kluge 1901
Schwindsucht
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Rotw. 1, 275; ders. 1908 Bunte Blätter 142ff.; Schirmer 1911 Wb. d. Kaufm.-Spr. 173. S. A. Wolf 1956 Wb. d. Rotwelschen 306. Schwindsucht f . mhd. (15. Jh.) swin(-, smnsuhi (dies zu steinen 'abnehmen'): wie das gleichbed. A u s z e h r u n g Lehnübersetzung von gr.lat. phlhisis (zu gr. phihiein 'hinschwinden'). Schwinge f . ahd. asächs. swinga, mhd. mnd. afries. ags. swinge, mnl. swinghe: zu schwingen. Grundbed. 'Gerät zum Schwingen'. Das ahd. asächs. Wort bed. 'Peitsche', das mhd. 'Schwingholz zum Flachsschwingen', seit dem 15. Jh. auch 'Schwingwanne zur Reinigung von Futter und Getreide' und 'Torflügel'. Die Bed. 'Flügel' tritt in der Falknerei seit Meichßner 1541 Handbüchl. 44a auf und ersetzt, von da in die Volkssprache eindringend, seit Duez 1652 Nomenel. 194 älteres S c h w i n g f e d e r . schwingen st. Ztw., mhd. mnd. sioingen 'schwingend bewegen, schütteln; mit geschwungenem Gerät schlagen', rückbez. 'sich schwingen, fliegen, schweben, schweifen; sich bewegen', ahd. asächs. swingan '(sich) schwingen, stürzen', mnl. swinghen, afries. swinga 'begießen', ags. swingan 'schlagen, geißeln, sich schwingen', engl, swing. Dan. svinge, schwed. svinga sind aus dem Deutschen entlehnt. Got. *smggwan wird aus dem Bewirkungsztw. swaggwjan 'schwankend machen' erschlossen (vgl. schwenken). Neben germ. *sweng- aus idg. *suenlesteht germ. *swank- aus idg. *sueng- (vgl. Schwang, s c h w a n k , schwanken) mit außergerm. Verwandten wie aind. sväjate, -ti 'umschlingt, umarmt', awest. pairisx"axta'rings umschlossen' und air. seng 'schlank' (ursprünglich 'biegsam'). Ausgangsbedeutung 'biegen; drehend schwingen, schwenken'. Schwir(re) m. f . 'Pfahl', mhd. swir, Mz. swirn 'Uferpfahl', ahd. *swiro (zu erschließen aus swirön 'bepfählen, bestätigen'), ags. swler, svnor m. f . 'Pfeiler, Pfosten, Säule, Stütze; Riegel'. Heute nur Schweiz. (Id. 9, 2132ff.), bis ins 17. Jh. auch bair. (Schmeller-Frommann 2, 646). Dazu germ. *swerhjan- in ags. swiera, simora, anord. sviri 'Hals, Nacken' (die den Kopf tragende Säule). Außergerm, vergleichen sich lat. surus 'Zweig, Sproß, Pfahl', surculus, -cellus 'Sprößling, (Setz-) Reis, Span', aind. sväruh m. 'Pfahl, Doppelpfosten, langes Holzstück'. Idg. Wurzel *suer- 'Pfahl'. schwirren schw. Ztw., mnd. swirren, nhd. kaum vor A. Gryphius, Freuden- u. Trauerspiele, auch Oden u. Sonnette (Breslau 1663) 413 „Was schwirren dort für Ketten?" Mit gleichbed. nnl. zwirrelen, ags. swörian, swörettan 'keuchen, gähnen, seufzen', dän. svirre, schwed. (seit 1759), norw. svirra 'schwirren, wirbeln', anord. sverra 'wirbeln, kreisen', svarra 'brausen'
Schwulität
zu einer lautmalenden Gruppe, von deren Gliedern schwer zu sagen ist, wie weit sie von Volk zu Volk entlehnt, wie weit sie gemeinsamer Besitz aus der Urzeit (idg. Wurzel *suer'surren') sind. Im zweiten Fall bestünde Urverwandtschaft mit aind. svdraii 'tönt', lat. susurrus 'Zischen' und susurräre 'flüstern, summen'. — S. Schwärm. schwitzen schw. Ztw., mhd. switzen, ahd. swizzen, germ. *switjan. In Ablaut damit germ. *swaitjan, s. Schweiß; dort auch die außergerm. Abkömmlinge der Wurzel *sueid'schwitzen'. Schwof s. Schweif. schwören st. Ztw. Mhd. swern, sweri(g)en, ahd. swerien, swerren (sueris, -it; swuor, suor; gisworan), asächs. ags. swerian, mnl. sweren, nnl. zweren, afries. swera, engl, swear, anord. sverja, schwed. svär(j)a, dän. sverge, älter svasrje führen auf germ. *swarjan, woneben ohne j got. swaran 'schwören' wie anord. svara 'antworten, bürgen', andsvar 'gerichtliche Entscheidung'. Diesem stehen nahe asächs. antswör, afries. ondser, ags. andswaru, engl, answer, anord. andsvar, Mz. svgr 'Antwort'. Grundbedeutung von s c h w ö r e n ist 'Rede stehen, (vor Gericht) aussagen'; der Bed.Wandel zu 'schwören' erklärt sich wohl durch Auslassung des Objekts E i d , das sich in den alten Zus.-Setzungen ahd. eidswart, -swuor, asächs. eiswaru, ags. ädswierd 'Eidschwur' als noch notwendig erweist, ebenso in der anord. Formel sverja eidum. Die umfassende Grundbed. wird bestätigt durch die urverwandten lat. serrno (aus *suermö) 'Wechselrede', osk. sverrunei 'dem Sprecher', aslaw. svara 'Zank' (urspr. 'Hin- und Widerrede'), svarü 'Kampf', svariti 'schmähen, bekämpfen', tochar. A. särttw-, B. sariw- 'antreiben, verpflichten', B. särs- 'verordnen', serp- 'unterrichten', zur idg. Wz. *suer- 'sprechen', die wohl der unter s c h w i r r e n entwickelten idg. Wz. *suer- 'surren' nahesteht. S. Schwur. schwül Adj. Aus nd. swül (nnl. zwoel) 'drükkend heiß' wird seit Zesen 1645 Adr. Rosemund 3 Ndr. schwulins Hd. eingeführt. Unter Einfluß des Gegenworts k ü h l (s. d.) findet seit Ludwig 1716 Umformung zu schwül statt. Das Adj. steht (wie ags. swol n. 'Hitze') in Ablaut zu dem unter schwelen entwickelten swelan und geht mit diesem von der Sonnenglut aus. Schwulität f . 'Bangnis', student. Scherzbildung zu schwül. Dem Ursprung am nächsten steht Der angehende Student (1767) 41 (Zs. f. dt. Wort! 3,100). Für Halle 1781 verzeichnet C. W. Kindleben 1781 Stud.-Lex. 179 Schwul i t ä t e n 'Verlegenheiten'. In Göttingen 1784 nimmt Bürger S c h w u l i t ä t in seine Ballade vom Kaiser und Abt auf. Neben dem jüngeren
Schwulst
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Sechter
in S c h w u l i b u s bei F. Kluge 1895 Stud.-Spr. von Luxemburg und Lothringen nach Trier, 38, dort auch die vergleichbaren Bildungen von dort und über die Saar an den Rhein, weiter über den Westerwald ins Bergische und nach A l b e r t ä t , E h r b a r t ä t usw. Schwulst m. Mhd. swulst f . 'uleus1 ist im N h d . Westfalen. Als zweiter Name ist lat. *secum, durch G e s c h w u l s t (ahd. giswulst, mhd. *seea (Rückbildung aus secäre 'schneiden', s. geswulst F.) abgelöst worden, nachdem Luthers Sichel) durch viele roman. Folgeformen geAltes Test, noch zweimal S c h w u l s t im alten sichert. Er gelangt vor Abschluß der VerschieSinn verwendet hatte. Ungewiß bleiben Genus bung von k zu hd. ch über die Alpen nach Südund Bed. von S c h w u l s t bei Schottel 1663 deutschland vom Elsaß und der Schweiz bis Ausführt. Arbeit 443. In der stilkrit. Bed. Kärnten. Nördlich der Mittelgebirge trifft Sech 'überladene Fülle des Ausdrucks' verwendet auf K o l t e r , beide teilen sich in die übrigen S c h w u l s t Hagedorn 1757 Poet. Wälder 1, Gebiete, ohne daß ein sachlicher Unterschied 177. An der Einbürgerung dieses Sinnes sind zwischen ihnen bestünde. Durch Herborts v. Gottsched, Lessing und Winckelmann beteiligt. Fritzlar Lied v. Troye 3443 wird Sech vor 1217 schwülstig Adj. Luthers s c h w u l s t i g 2. Petr. literarisch. Die mundartliche Formenfülle ist 2, 18 wird seinen obd. Zeitgenossen mit a u f - groß: söieh in Defereggen, säch in Henneberg, geblasen verdeutlicht (Kluge 1918 Von Luther siach in Nordhausen, sä, sei, sö in Teilen von bis Lessing 111), von ihm selbst nachmals auf- Schwaben und Österreich, saeg in Fulda, segg gegeben. Für s c h w u l s t i g im körperl. Sinn in Ostpreußen usw. Das Geschlecht schwankt tritt geschwollen ein, so daß die übertragenen seit alters ins F., neuerdings auch ins M.\ J. Gebrauchsweisen schon im 18. Jh. das Feld be- Brüch 1922 Zs. f. rom. Phil. 41,15ff.;Th. Frings 1930 Zs. f. Volkskde. 40, 104; ders. 1932 Gerhaupten. Schwung m. spätmhd. swunc (g): zu s c h w i n - mania Rom. 153 f. gen. sechs Zahlwort von höchstem Alter: ahd. Schwur m. zu s c h w ö r e n , s. d. Ahd. sind sehs, Mz. sehsi, m h d . sehs (mit U m l a u t nach nur eidsuor und meinsuuoro bezeugt, mhd. tritt der Mz. sehse\ dagegen sehzehen, sehzec), zunächst nur meinswuor auf, einfaches swuor asächs. sehs, mnl. ses(se), nnl. zes, afries. nicht vor 1270: Jüng. Titurel Str. 5873 Hahn. anord. schwed. sex, ags. siex, spätags. engl. Nd. swör wird uns nicht vor 1770 greifbar. Dem six, dän. seks, got. saihs. Außergerm, verNl. und Anglofries. fehlt eine vergleichbare gleichen sich aind. sds (aus sds), awest. xsvas, Bildung, anord. seri 'Eid' ist abweichend ge- toch. säk, armen, vec, alb. gaste, gr. hJx, bildet und fehlt den nnord. Sprachen. Schwed. lat. sex, aslaw. sesti (eigentlich 'Sechszahl'), svordom (seit 1640) ist vom Dt. abhängig. Neben lit. seil (aus *sesV), air. se, kymr. chweeh (aus dem alten Lehnwort Eid (s. d.) war das Ver- *swes). Idg. Grundformen *suelcs, *selcs, *ueHs, langen nach einer gleichbed. Ableitung vom daneben tiefstufig *ulcs in apreuß. uschts 'der heimischen schwören nicht stark. Darum be- sechste', wozu alit. usios 'Wochenbett', — Der deutet S c h w u r weithin 'Fluch', im Schwab, bis Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu heute. 'sechs'. Sebenbaum m. Juniperus Sabina L. wird als Sechter m. Lat. sextärius 'Hohlmaß, sechster Arzneipflanze in vorkarolingischer Zeit aus Teil des röm. congius' liefert die Endformen Italien nach Süd- und Mitteldeutschland, S e c h t e r und Sester. Die zweite ist bei EntFrankreich und England eingeführt; das Ca- lehnung vor der hd. Lautverschiebung geradpitulare de villis (um 794) n e n n t savinam: linig entwickelt: ahd. sehstäri, mhd. sehster Hoops 1905 Waldbäume 271. Lat. (arbor) ergab mit Erleichterung der Drittkonsonanz Sabina 'sabinischer Baum' ergab ahd. sevina, mhd. ags. sester, asächs. soster, suster. Die andere seviriboum, mhd. sevenboum, ags. saflne, engl. Form, ahd. sehtäri, mhd. sehter, erinnert an savin, entspr. afrz. savine. Das unverstandene mhd. for'eht 'Forst', sehahtelän 'Kastellan' und Bestimmungswort erleidet viele volkssprachliche darf vielleicht durch Übernahme aus ostfrz. Entstellungen: S a d e - , Salbe-, Segel-, Mundarten (Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. Siegel-, S i e b e n b a u m usw. Vgl. W a c h o l d e r . 32) erklärt werden (vgl. frz. setier und M. K. Sech n. mhd. seeh, ahd. seh (hh), m n d . sefc(e), Pope 1934 Frorn Latin to modern French § 378).
das vor der Schar die Scholle schneidende Pflugmesser. Der Räderpflug wurde durch Einsetzen des bei den Römern üblichen Vormessers verbessert. Der lat. Name culter, cultellus, der in ital. collello und frz. couieau fortlebt, dringt wie nach England (ags. culter, engl, coulter) und Holland (mnl. couter, nnl. kouter) als K o l t e r
Der Entfaltung von S. im Nhd. ist abträglich geworden, daß Luthers Wort S c h e f f e l war (das in Basel 1523 mit sester verdeutlicht wurde: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 110). Zur sachlichen Entwicklung des Hohlmaßes Reallex. d. germ. Alt.-Kde. 4, 170. — Ein anderes Wort ist alem. S e c h t e r 'Sieb' zu seihen.
See
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See m. f. Mhd. se, Gen. sewes m. f. '(Binnen-) See, Meer', ahd. se(o), asächs. seo, anfr. seo, seu, mnl. see, nnl. zee, afries. se, ags. sie, in Eigennamen auch sä-, engl, sea, anord. sjar, sjör, seer, norw. sje, schwed. sjö, dän. se, got. saiws m. 'Landsee, Sumpfland' führen auf germ. *saiwi-, älter *saiwa- (aus diesem früh entlehnt lapp. saiva, finn. saivo 'klare Stelle im See'). Aus dem Idg. ist das Wort nicht überzeugend zu deuten; es stammt wohl von einer fremden Bevölkerung, die vor den Germanen Teile Norddeutschlands bewohnt hat. S e e ist ursprünglich M., das F. tritt (nächst dem Ags.) zuerst im Nd. auf. Daher wohl hat sich F. für'Meer', M. für'Binnensee' festgesetzt; die Scheidung zuerst bei Kantzow ( t 1542) Pomerania 2, 397. Der schw. Plur. S e e n , der zunächst zum F . gehört, ist auf das M. übertragen. Das F. dringt schon in mhd. Zeit nach Mitteldeutschland, doch ist die Scheidung noch im 18. J h . nicht streng durchgeführt: Paul 1917 Dt. Gratnm. 2, 101. Bemerkenswert ist, daß S e e (als 'Meer im Gegensatz zu Land und Küste' auch in Verbindungen wie h o h e , o f f n e , N o r d - , O s t s e e ) in dt. Seemannssprache durchweg vor M e e r bevorzugt wird: Kluge 1911 Seemannsspr. 711. Vgl. H a f f . Seehund m. Germ. Bezeichnung der Robbe ist *selhaz m., worauf mit anord. selr, ags. seolh, engl, seal, nordfries. selich, mnd. sei auch ahd. seläh, selho, mhd. sele beruhen. Außergerm. Entsprechungen sind unsicher; falls mit gr. heikein zum idg. Verbalstamm *selk- 'schleppen', wäre *selhaz 'der sich mühsam Schleppende'. — Das absterbende seel (so Maaler 1561) wird verdeutlicht durch frühnhd. S e e l h u n d , mnd. nnd. selhund (woraus dän. s(ßl-, schwed. själhund). Dafür bürgert sich um 1500 S e e h u n d 'canis marinus' ein, als Eindringling aus dem Nd. und Nl. Über die ahd. Synonyma meri-hunt, -kalb, -kuo, -ohso Palander 1899 Tiernamen 64ff. — h u n d geht auf die Tierstimme, so auch die andern. Seele f. mhd. afries. sele, ahd. se(u)la, asächs. seola, siala, anfr. sela, mnl. siele, nnl. ziel, ags. säwol, engl, soul, got. saiwala. Awestnord. säl(a), isl. säl, norw. saal, aschwed. siäl, schwed. själ, dän. sjcdl beruhen auf Entlehnung teils aus dem Ags., teils aus dem Asächs. Urgerm. *saiwälö 'die vom See stammende, zum See gehörige' ist ¡-Ableitung von *saiwa-z (s. See). Bestimmte Seen galten den Germanen als Aufenthaltsort der Seelen vor der Geburt und nach dem Tode: J . Weisweiler 1940 Idg. Forsch. 57, 25 ff. Seelenverkäufer m. hat als Nomen agentis auf - e r zunächst persönl. Bed. Nd. selverköper 1770 Brem. Wb. 4, 748 ist in Nachbildung des nl. zielverkooper 'gewissenloser Matrosenmakler',
Segen
in hd. Reisewerken seit Hesse 1687 Reisebeschr. 14. Als nd. Bildung (vgl. S c h m ö k e r ) dann auch mit sachl. Bed. 'leicht kenterndes Boot' (wie sonst S e e l e n t r ä n k e r , - t ö t e r , s c h n e l l e r Tod). Bei Kluge 1911 Seemannsspr. 717 von Pregel und Weichsel 1883, DWb. 10, 1, 37 von einer Wolgareise 1872 beigebracht. Seerecht w. als Gegenwort zu L a n d r e c h t seit Schütze 1592 Hist. rer. pruss. 92 b . Heute dient der kurze Ausdruck als Klammerform zu S e e k r i e g s r e c h t und S e e h a n d e l s r e c h t . Seeschlange f. 1727 bringt die Voss. Ztg. die Nachricht, in Lindos in Griechenland sei „das Meer-Wunder" gefangen eingebracht worden. Seither entwickelt sich das Auftauchen der großen Seeschlange in sommerlich stiller Zeit zum Stichwort einer unglaubhaften Zeitungsnachricht, verhöhnt schon in den Grenzboten 1843 S. 283: Ladendorf 1906 Schlagwb. 285f. Segel n. alt und obd. auch m. Mhd. segel, sigel, ahd. segal, asächs. schwed. segel, mnl. afries. dän. seil, nnl. zeil, ags. anord. segl führen auf germ. *seglaaus *seklöm. Aus dem Germ, entlehnt ist kelt. *seglo-, auf dem gleichbed. ir. seol, kymr. hwyl und akorn. huil beruhen. Frz. cingler (12. J h . sigler), span. singlar 'segeln' stammen aus gleichbed. anord. sigla\ aus dem Dt. entlehnt sind lit. zeglas, poln. iegiel 'Segel'. Der Zus.-Hang mit anord. sägr 'abgerissenes Stück, Streifen' sichert für S e g e l die Grundbed. 'abgeschnittenes Stück' und Zugehörigkeit zur Wurzel *sek- 'schneiden' in S ä g e , S e n s e usw. Segclbaum m. ahd. mhd. segelboum 'Mast': ein vorwiegend obd. Schifferwort, von ahd. Zeit bis zum 17. J h . oft verwendet und gebucht. Von Kluge 1911 Seemannsspr. 720 f. zuletzt belegt für 'Mast' 1584, für 'Rahe' 1666. Die Zus.-Setzung bestätigt (neben der Entwicklung von M a s t , s. d.), daß das Segel in der germ. Schifffahrt nicht unbedingt alt ist: Reallex. d. germ. Alt.-Kde. 4 , 1 6 1 . Segen m. Langobard. runisch (um 600) segun, ahd. asächs. segan, mhd. mnd. Segen, mnl. seghen, nnl. zegen, ags. segn '(Segnung mit dem) Kreuzeszeichen ; Zauber': in urdeutscher Zeit als christliches (nicht kirchliches) Hauptwort rückgebildet aus dem Ztw. s e g n e n , mhd. segenen, ahd. seganön, asächs. segnön, mnl. seghenen, nnl. zegenen, ags. segnian, anord. signa 'das Zeichen (des Kreuzes) schlagen' aus lat. signäre, dessen i lautgesetzlich volkslat. e ergeben hatte (s. S e n d g e r i c h t ) . Volkslat. *sei}no- liegt auch den kelt. Entsprechungen voraus, die gleichfalls 'Segnung' und 'Zauber' bedeuten: air. sen 'Zeichen, Segen, Glück', kymr. swyn 'Zaubersegen, -spruch; Zauberei, Hexerei', swyne 'zaubern, behexen'. e zeigt auch ital. segno 'Signum', ebenso frz.
Segge
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enseigne aus lat. insignia 'Abzeichen'. Lat. Signum, ursprünglich 'eingeschnittene Marke', gehört zu secäre 'schneiden', s. S i c h e l . H. Naumann, Heil und Segen (Bonn 1943). Segge f. 'Riedgras, Schilf', urspr. ein nl. Wort, von Siedlern des 12. J h . nach Niederdeutschland gebracht. Seine nächsten Verwandten sind gleichbed. ags. secg, engl, sedge. Mit gramm. Wechsel entsprechen oberpfälz. saich, frühnhd. sacher, mhd. saher, ahd. sahar (Zs. f. dt. Wortf. 3, 275). Urverwandt sind ir. seisg 'Binse', kymr. hesg 'Schilf'. Die Pflanze ist nach ihren schneidenden Blatträndern benannt, zum Verbalstamm *sek- 'schneiden' wie Messer, P f l u g schar, Säge, S c h a r t e , scheren, Sech, S e n s e und S i c h e l : H. Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 825ff.; H. Teuchert, Die Sprachreste der nl. Siedlungen des 12. Jh. (1944) « 3 . 1 0 1 . 164. 210 f. sehen st. Ztw. gemeingerm.: mhd. sehen, md. sen, ahd. asächs. sehan, mnl. sien, nnl. zien, afries. siä, ags. seon, engl, see, anord. sjä, norw. sjaa, dän. schwed. se, got. saihan führen auf germ. *sehwan. Daneben mit Endbetonung und gramm. Wechsel asächs. sinn f. 'Gesicht, Auge, Erscheinung', afries. siöne, siüne, ags. sien 'Gesicht, Sehvermögen; Erscheinung; Pupille; Auge', anord. sjön, syn 'Sehen, Sehvermögen, Erscheinung', got. siuns /. 'Gestalt, Gesicht' (ahd. asächs. gisiuni n. 'Gesicht') aus germ. *se(g)umi-. Dehnstufiges germ. *se(g)wni- wird vorausgesetzt durch das Grundwort von s e l t s a m , s. d. Außergerm, vergleichen sich am nächsten mir. ar-secha 'er sollte uns sehen' und alb. Soh 'ich sehe'. Die idg. Wurzel *seku- 'sehen' (urspr. wohl eins mit gleichlautenden Wz. von lat. sequi 'folgen', ahd. beinsegga, asächs. segg 'Gefolgsmann': '[mit den Augen] verfolgen' > 'sehen'), zeigt die offenbar jüngere Bedeutung 'sagen' (s. d.) in gr. en(n)epö 'sage an, erzähle', lat. inseque 'sag an', akymr. hepp, mkymr. heb 'er sagte', lit. seku, sekti 'erzählen', aslaw. sociti 'anzeigen', armen, ogem, 'sage'; toch. A. säk'folgen' (G.S.Lane, Language27,1951,112). Wahrnehmung verbindet sich (wie in b e m e r k e n ) mit begleitenden Worten; auch das kausative 'sehen lassen, zeigen' begünstigt den Wandel zu 'mit Worten dartun'. So bedeutet aind. caks- 'sehen' in Zus.-Setzungen 'zeigen, erzählen', aind. khyä'sehen', jünger 'kundtun'. Merkwürdig ist, daß hethit. sakkuwäl die Bedeutung 'sehen' und nicht noch 'folgen' hat. Es könnte spätere Homonymie vorliegen: J . Fourquet, Etudes Germaniques 5 (1947) 13. Sehne f. Mhd. sen(e)we, sen(n)e '(Bogen-) Sehne; die den Kreisbogen abschneidende Gerade; Senne, Nerv', ahd. sen(a)wa, senuwa, asächs. sinewa, senewa, mnd. sen(n)e, mnl.
sehren
senuwe, senewe, nnl. zenuw, afries. sine, ags. sionu (Gen. sionwe), engl, sinew, anord. sin(a), norw. sin, dän. sene, schwed. sena führen auf germ. *senawö, *seniwö. Außergerm, vergleichen sich awest. hinu- 'Band, Fessel', lett. pasainis 'Schnur', aifsainis 'Bündel', sena 'Wand' (ursprünglich 'Flechtwerk'), lit. sena 'Wand, Grenze', ir. sin 'Kette, Halsband': mit «-Formans zur idg. Wurzel *sei-: *ssi-: *sl 'binden, Strick, Riemen', zu der mit Z-Formans S e i l gehört, s. d. und vgl. F l e c h s e , H a c h s e , Ochsenziemer, Saite. sehnen schw. Ztw., mhd. senen 'sich sehnen, härmen; liebendes oder schmerzliches Verlangen empfinden', sen(e) f. 'Sehnsucht, liebendes Verlangen, Kummer', ahd. sene 'bin schlaff, kraftlos, unlustig' (Graff 6, 239). Daneben ein gleichbed. hochalem. sanen, sänen (Schweiz. Id. 7, 999). Ahd. *sanen bleibt ohne sichere Verwandte außerhalb des Hd.; ein mnd. senenfliken 'sehnsüchtig' (aus Magdeburg 1492 bei SchillerLübben 4, 189) steht ganz vereinzelt. Außergerm. Verwandte sind nicht gesichert; ob n stammhaft oder präsensbildend ist, läßt sich nicht ausmachen. Sehnsucht f. Nur deutsch. Spätmhd. sensuht verdeutlicht das ältere gleichbed. sene /. (s. sehnen). Beflügelt wird das Wort durch Opitz, Flemming, Gryphius u. a. Dichter des 17. J h . sehr Adv. (dem Obd. fremd; dafür a r g , f a s t , g a r , r e c h t ) mhd. sere, ahd. asächs. sero, ags. säre 'schmerzlich, schwer, heftig': zum Adj. ahd. asächs. ser 'schmerzlich', afries. ags. sär, engl. sore, anord. särr 'wund', urnord. (Runenstein von Rö in Bohuslän) sairavoidar 'voller Wunden'. Dazu das Subst. mhd. ahd. asächs. ser, afries. ags. anord. sär, engl, sore, got. sair n. 'Wunde, Schmerz'. Die alte Bedeutung wahren nhd. v e r s e h r e n (s. d.), schwäb. bair. ser 'wund, schmerzhaft', nl. zeer 'verletzt; Übel, Grind'. Das germ. Adj. *sai-ra-, aus dem finn. sairas 'krank' entlehnt ist, gehört zur idg. Wurzel *sai'Schmerz, Krankheit; versehren', zu der sich anders gebildet air. säeth (aus *saitu-) 'Leid, Krankheit', säithar (aus *saituro-) 'Mühe, Arbeit, Leid', lat. sae-vus 'wütend', und lett. sivs, sievs (aus *saiuo-) 'scharf, beißend, grausam', tochar. B. saiwesmarne 'Jucken' (zu -smarne vgl. Sehnen) stellen, - s e h r ist Grundwort in zusammengesetzten Synonymen zu B a u c h w e h (s. d.), K o p f w e h (s. d.), K o p f s c h m e r z e n (s. Schmerz) im Emsland, dort auch die kollekt. Weiterbildung auf -idi in - s e h r t e u. ä. sehren schw. Ztw., mhd. seren 'verletzen', im Nhd. früh durch v e r s e h r e n ersetzt, aus dem es von neueren Dichtern wiederzugewinnen war. Die Mundarten haben von Kärnten bis Friesland das einfache Ztw. vielfach bewahrt.
seichen
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seichen schw. Ztw., mhd. (und daraus entlehnt) mnd. seichen, ahd. seihhen, nd. sehen, mnl. sehen, seihen, nnl. zeihen 'harnen': Bewirkungsztw. zu ahd. sihan 'leise tröpfelnd fließen' (s. seihen). Dazu S e i c h e , mhd. seiche f., seich m., mnl. seihe f., seic, seec m., ahd. seih m. 'Harn'. Die Einengung des Sinnes ist alt, sie wird von urverwandten Wörtern geteilt: lat. siat 'er harnt', aslaw. si cali 'harnen', sici 'Harn', hethit. sehur 'Mist'. S. säen. seicht Adj. mhd. siht(e) 'Untiefe'. Ahd. *sihti ist unbezeugt; es gehört wohl als *sinhti- zu s i n k e n , bezeichnet also Stellen, wo das Wasser in den Boden gesunken ist oder wo man leicht einsinkt. So erklärt sich auch hochalem. sieht 'sehr feucht, naß', besonders von Wiesen: Schweiz. Id. 7, 245. Seide f. mhd. ags. side, ahd. sida: aus mlat. séta 'Seide' (wohl verkürzt aus seta Serica 'serisches Tierhaar') entstanden, wie ahd. hrida 'Kreide' aus lat. créta. Das d der hd. Wörter muß aus der roman. Erweichung der Tenuis erklärt werden, die in nordital. prov. urfrz. span. seda (neben ital. seta) erscheint (wie in span. greda neben ital. ereta 'Kreide'; vgl. Seidel). Mlat. séta mag im 8. 9. Jh. am Niederrhein ins Deutsche entlehnt sein; hier ist Wandel von è zu i vollzogen wie in F e i e r , P e i n , P r e i s , Speise. Aus dem Nd. stammen lit. iydas, lett. zids, zide. Einen andern Ausdruck für S e i d e bietet das Engl.: ags. sioluc, seolc, engl, silk, wozu anord. silki. Diese Sippe entstammt wohl zunächst osteurop. Sprachen (vgl. lit. silhai, apreuß. silhas, aruss. hlhü, russ. Ulk), die ihrerseits das Wort aus einer ostasiat. Sprache entlehnt haben mögen, vgl. mongol, sirhek, korean. sir, chines, ssi, sse, worauf auch gr. serikön, lat. slricum 'Seide' zurückgeht. Daraus frz. serje'Schersche, Sarsche'. Seidel n. mhd. sidel(in), seit dem 13. Jh. in schwäb., bair. und ostfränk. Texten. Lat. sitüla 'Eimer' entwickelt -tula zu volkslat. -cla. Im Rätorom. von Welschtirol geht cl über gl in dl über; in Dolomitentälern gelten Formen wie sèdia. Bei Entlehnung aus dem tirol. Weinbau und -handel (E. öhmann, Neuphilol. Mitt. 1941, 15ff. ; ders., Ann. acad. scient. Fenn. B 53, 2, 18f.) konnte e mhd. i ergeben, das im dt. Südosten früh zu ei wurde. N. ist S e i d e l in Anlehnung an die dt. Verkl. auf - e l geworden. Schweiz, sigel und sickel 'Eimer' beruhen auf westrätorom. segla und secla. Aus dem nhd. Worte stammt gleichbed. nnord. seidel. Der Fam.-Name S e i d e l ist in den meisten Fällen Koseform zu Siegfried. Seidelbast m. 'Daphne mezereum': nach dem wie Seide glänzenden Bastgewebe umgedeutet aus mhd. zidelbast, um 1400 zitzelbast, die heutige Form seit 1551. Der sehr früh im Jahre
Seiger
blühende Strauch honigt stark in sonst blütenarmer Zeit: zu mhd. zidelweide 'Waldbezirk mit Bienenzucht' (s. Zeidler). Wegen der gleichbed. mhd. zitzelbast, zilant, ahd. *ziulinta (zweiter Wortteil ahd. linta 'Bast', s. Linde), norw. ty(s)bast ist 'Bast des (Gottes) Ziu' möglich (s. Z i e s t a g unter D i e n s t a g ) , wie das synon. isl. *tyvidr 'Tyrs Holz' sein soll. Der zähe Bast der Pflanze wurde zu Schnüren verwendet. Über ihre volkskundl. Bedeutung H. Marzell, BayT. Hefte f. Volkskde 3 (1916) 110; MarzellWissmann, Wb. d. dt. Pflanzennamen 2 (1951) 29; ders., Wb. d. dt. Pflanzennamen 2, 30. S. Zeiland. Seife f. Mhd. seife, ahd. seif(f)a, mnd. sepe (daraus dän. scebe), nnl. zeep, ags. säpe (daraus engl, soap, isl. säpa, norw. saapa, schwed. säpa) führen auf germ. *saipön-, ahd. s e i p f a . Ahd. das Alem. zeigt innerhalb der Lautverschiebung überhaupt öfters die Affrikatastufe, so schon in seifa, ags. säp 'Harz', urspr. 'das Tröpfelnde', legen die Annahme nahe, S e i f e (zunächst ein Ausdruck für Haarbeizen, die dem Haar des Kriegers rötliche Schreckfarbe geben, dann für flüssige Kaliseifen, die früh auch zum Färben (E. Ploß, Zs. f. dt. Phil. 75, 1) neben die alte L a u g e treten) gehöre mit ags. sipian, engl. seep, mhd. sifen, nnl. sijpelen 'tröpfeln' zur germ. Wz. *sip-, Plinius, Eist. nat. 28, 191 berichtet: Prodest et sapo, Gallorum hoc invenium rutilandis capillis; fit ex sebo et cinere . . . duobus modis, spissus ac liquidus, uterque apud Oermanos majore in usu viris quam feminis. Lat. säpo m. ist aber (mit seinen Abkömmlingen ital. sapone, frz. savon) durch gall. Vermittlung entlehnt aus germ. *saipön-: die den Römern unbekannte Seife ist eine germ. Erfindung; erst seit dem 4. Jh. wird lat. säpo häufig. Urverwandt ist lat. sebum 'Talg', tochar. sep-, sip-, 'salben'. Ein anderes Wort, germ. *lauf>ra- (in bair.österr. läder, tirol. löder 'Waschlappen', köln. ludder, ags. leador, engl, lather, anord. laudr, schwed. lödder 'Seifenschaum'; agall. lautron, air. löathar 'Badewanne', gr. loutron 'Bad', sämtlich zur Wurzel *low- 'waschen', s. L a u g e ) bezeichnet im Germ, ursprünglich die festen (Natron-) Seifen. — Die Lautgeographie zu S e i f e (: alem. Seipfe) bietet der Dt. Sprachatlas. Bergmännische Ortsnamen reichen im Md. bis in den böhmischen Nordrand mit dem Grundwort -seifen, zu mnd. sip'Bächlein' ags. sipian, mnd. sipen 'tröpfeln, sickern'. Seiger m. umgedeutet zu Z e i g e r , spätmhd. mnd. seiger '(Turm-)Uhr', heute vor allem ein ostmd. Wort, das von da aus auch im Jidd. erhalten ist. Die Unruhe dieser Uhren war ein waagrecht schwingender Balken mit verschiebbaren Gewichten; die Uhrenart ist mit Pars pro
seiger
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toto benannt nach mhd. seigmre m. 'Waage', dies zu mhd. seigen (Faktitiv zu slgen 'sinken', s. seihen), das aus 'sinken machen' zu 'wägen' geworden war. Der Ansicht von K. Müller-Fraureuth 1914 Wb. d. obersächs. Ma. 2, 507, S. gehe von der Sanduhr aus, die den Sand seigen 'sickern' läßt, steht entgegen, daß S. zuerst von Turmuhren gebraucht wird. seiger s. s e i h e n . seihen Ztw. Mhd. slhen, ahd. sihan st. Ztw. 'durch ein Sieb laufen lassen, leise tröpfelnd fließen' führen mit mnd. slen, afries. anord. sia, ags. sion, dän. sie auf germ. *sihwan. In gramm. Wechsel damit stehen s e i g e n , mhd. sigen, ahd. asächs. anfr. ags. slgan, mnl. slghen, nnl. zijgen, afries. anord. slga 'niederfallen, tröpfeln, herabgleiten'. Dazu alem. gesig n. 'Sumpf' bei Notker. Das entsprechendeBewirkungsztw.s.u.seichen. Außergerm, vergleichen sich aind. secate, siniäti 'gießt', seka- 'Guß', aslaw. sieati 'harnen', gr. izai 'durchseihen, -sickern', ikmds 'Feuchtigkeit', ikmainö, ikmdzö 'benetze', hethit. seSar-, aind. sisarti, sarati 'fließen', lat. serum 'Käsemolke' (Albr. Götze, Language 30, 1954, 403), vgl. dt. S e r u m . Adj., mhd. frühnhd. mnd. seiger 'langsam tröpfelnd', daher 'schal': mit mnd. sege 'triefend', anord. seigr, norw. seig, dän. sej, schwed. seg 'zäh' zu mhd. slgen 'sinken, abtropfen'. Eines der urspr. gemeinhd. Wörter (wie b i d m e n , B o t t i c h , B ü h l , Geiß, H a f e n 1 , Lefze, losen, n a f z e n , r a h n , s t a d , Wasen), die sich im Md. nicht voll behauptet haben und darum im Nhd. verdrängt worden sind, s. s c h a l und K. v. Bahder 1925 Wortwahl 38ff. Die Bed. 'senkrecht' hat s e i g e r im Bergbau entwickelt; sie beruht unmittelbar auf mhd. slgen 'absinken'. Alem. S e c h t e r s. d. ist 'Sieb', s. s i c h t e n . Seil n. Mhd. ahd. seil, asächs. mnd. afries. sei, mnl. seel, nnl. Zeel, ags. säl, engl, sole, anord. seil führen auf germ. *saila n. Dazu das Ztw. mhd. ahd. seilen, mnd. seien, afries. sela, ags. sielan, got. insailjan 'an Seile binden'. Mit andrer Ablautstufe Siele (s. d.) 'Riemen, Riemenwerk (der Zugtiere)', mhd. sil, ahd. silo, mnd. dän. schwed. sele, anord. seli, sili, afries. silräp 'Geschirrseil'. Früh aus dem Germ, entlehnt ist finn. sila 'Zugseil'. Außergerm, vergleichen sich am nächsten aslaw. silo 'Seil,' lit. *tsaile 'Verbindungsstange am Wagen', *tseilis 'Eisen, das vom Schwengel an die Achse geht'. Zur gleichen idg. Wurzel *sei-: *sdi: *si- 'binden; Strick, Riemen' gehören mit m-Formans asächs. slmo, afries. ags. slma 'Band', anord. simi 'Schnur', dazu das früh aus dem Germ, entlehnte finn. siima 'Riemen'. Ablautend anord. seimr 'Gold(draht)', isl. seimr 'Strick'. Ihnen vergleichen sich am nächsten ir. slm 'Kette' und gr. himds
seit
'Riemen', himdö 'ziehe', himoniä 'Brunnenseil'. Ableitungen auf -n s. u. S e h n e ; außerdem vgl. Saite. Seim TO. mhd. (honec)seim, ahd. (honang)seim, asächs. md. nd. sem, mnl. seem, nnl. zeem, anord. (hunangs)seimr 'dickflüssiger Honig, wie er aus der Wabe fließt', norw. mundartl. seima 'Schicht von Schleim oder zäher Flüssigkeit'. Mit andrer Ablautstufe westfäl. siamern 'sickern' aus asächs. *simarön. Germ, und außergerm. bieten sich zwei Möglichkeiten der Anknüpfung: gr. haima (aus *saimen-) 'Blut', Grundbed. 'dick Hervortropfendes', oder kymr. hufen 'Rahm' (aus *soimeno-), Grundbed. 'Schicht, Scheibe', zur Wz. *sei- 'tröpfeln'; anders N. Törnqvist PB Beitr. 75 (1953), 433: zur idg. Wz. *si, *sei 'binden', Grundbed. 'fadenziehende Masse', vgl. ahd. seim 'Band, Schnur, Faden; Nectar', as. slmo 'Strick, Seil, Fessel, Schlinge', anord. seimr 'Strick, Seil; Wabe' („Bedeutungsübertragung Wabe von Honig"), dt. wasserseim 'Alge' Gloss. 3, 529, 24; abgelehnt von N. O. Heinertz, Studia neophil. 20 (1948) 103. In obd. Mundarten scheint das Wort nie eine Rolle gespielt zu haben, mindestens ist es ihnen seit Jh.n fremd: Luthers ( H o n i g ) S e i m , zehnmal in der Bibel, wird in Basel 1523 mit vngeleuttert honig umschrieben: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 111. sein1 Fürw. Mhd. ahd. asächs. anfr. afries. ags. sin, mnl. sijn, nnl. zijn, anord. sinn, dän. schwed. sin, got. seins führen auf germ. *slna- aus idg. *s(u)ei-no-s. Außergerm, vergleicht sich messap. veinan 'suum' aus idg. *suei-no-m. S. d e i n , m e i n , sich. sein2 Ztw. aus verschiedenen Stämmen sich ergänzend. Die germ. Grundstämme sind mit übereinstimmender Bed. es: -s in ahd. mhd. nhd. is-t, ahd. mhd. s-int, nhd. s i n d , Konj. ahd. mhd. s-l, nhd. sei, Inf. mhd. ahd. sin, nhd. s e i n : vgl. got. 3. Sg. ist, PI. sind, Opt. sijau; ags. engl. 3. Sg. is, 3. PI. ags. sind. Entspr. die idg. Wz. *es in lat. es-r, gr. esti, aind. ds-ti, lat. s-unt, s-lm. Der zweite Stamm ist der mit b anlautende von nhd. mhd. ahd. bin, asächs. bium, ags. beom 'ich bin' (ags. 'ich werde'). Dieser Stamm erscheint wieder in lat. fio, gr. phyö, aind. bhü 'werden'. Den dritten Stamm, zu dem w a r und g e w e s e n gehören, s. u. W e s e n . — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu 'ist' auf den Karten 19, 20, 38, 75; 'sei' 22, 43, 75 'sind' (3. Pers.) 108—111, dazu handschr. 'gewesen', 'sind' (1. Pers.). seinig Adj. zum Poss.-Pron. s e i n , mhd. (14. Jh.) slnee; recht entfaltet erst im Nhd., wie d e i n i g und m e i n i g , s. d. seit Präp. Konjunkt., mhd. sil, ahd. sld Adv. 'seitdem; später', Konjunkt. 'da, weil', Präp.
Seite
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'seit'. Entsprechend asächs. sld(or) 'später, nachher; seit-, nachdem, wenn', ags. Kompar. sidra, Superl. sldest, -ost, -emest, Adv. sld 'spät, später', sid dann 'seitdem', siddon (aus sld dan) 'seitdem', anord. sld Adv. 'spät', sldan 'seitdem, danach', got. seißus 'spät', panaseips 'weiter, noch'. Auf mhd. sint (mit unerklärtem n: J . Franck 1902 Zs. f. dt. Alt. 46, 168ff.; vgl. s o n s t für mhd. sus) weist s i n t e m a l (aus mhd. sint dem male). Germ. Verwandte sind mhd. seine, ags. sxne, anord. seinn Adj. 'langsam, zögernd', got. sainjan 'säumen' (s. l a n g s a m ) . Außergerm. vergleichen sich lat. setius 'später', serus 'spät', air. slr 'ewig', kymr. körn. bret. hlr 'lang', aind. säyäm 'Einkehr, Abend'. Idg. Wurzel *sei-, Zur Syntax der Konjunkt. s e i t ( d e m ) 0 . Behaghel 1928 Dt. Syntax 3, 244ff. Seite f. ursprünglich von der menschlichen Flanke. Mhd. slte, ahd. slt(t)a, asächs. slda, mnl. afries. ags. slde, nnl. zij(de), engl. dän. side, anord. slda, schwed. sida führen auf germ. *sldön, Substantivierung eines alten Adj. der Bedeutung 'herabhängend', das uns greifbar wird, im ahd. Adv. slto 'schlaff', ferner in mnd. sld(e) 'niedrig', afries. slde 'niedrig, weit', ags. sld 'weit, breit; geräumig, ausgedehnt, lang', engl, side, anord. sldr 'herabhängend, lang'. Außergerm. Verwandte sind lit. sietuvä 'tiefe Stelle im Fluß', mir. sith- 'lang', kymr. hit, hyd 'Länge'. Weiterhin mit der unter s e i t genannten Sippe zur idg. Wurzel *sei-. — Die grüne S e i t e ist die rechte, so schon 1582 bei J . Fischart, Geschichtklitt. 136 Ndr. Rechts zeigt das Schiff grünes Licht, daher „grün zu grün liegen, passieren": F. Kluge 1911 Seemannsspr. 331 f. -seits in nhd. e i n e r - , a n d e r - , j e n s e i t s mit adv. s aus mhd. ein-, ander-, jensit, die akkusativische Adv. sind. Bei s e i t ( s ) als Präp. subst. Ursprungs steht urspr. der Gen., doch gewinnt daneben seit mhd. Zeit auch der Dat. Raum, offenbar nach dem Vorbild alter räuml. Präp. mit Dativ (vor, n e b e n , über): 0 . Behaghel 1924 Dt. Syntax 2, 48. Sekel m. Zu hebr. säkal 'wägen' gehört sekel 'Gewicht; Silbermünze', das über gr. siklos lat. siclus mit der Bibel in die germ. Sprachen gedrungen ist: Lokotsch 1927 Etym. Wb. 1880. Luther bietet Luk. 12, 33 u. o. sekel. Vgl. mnl. cikle, nnl. sikkel, engl, shekel. Zur Sache Reallex. d. germ. Alt.-Kde. 4 , 1 7 1 . Sekt m. Ital. vino secco (zu seeco 'trocken') ist urspr. Wein aus Beeren, die am Stock getrocknet sind („trockener Sherry", ebenso engl, dry), wird dann von süßem Südwein allgemein gebraucht, so auch frz. vin sec. Von da S e c k M. Olearius 1647 Reisebeschr. 5, 2, mit jungem -t (wie A x t , H a b i c h t , O b s t , P a l a s t , P a p s t , S a f t ) seit Schottel 1663, gern in Zus.-Setz. wie
selbander
C a n a r i e n - S e c k t 'Wein von den kanar. Inseln' La Zelande 1682 Spitzbuben 59. Aus dem frz. Wort stammen auch nl. sek und engl, sack; a cup oj sack in Shakespeares König Heinrich IV. erscheint bei Schlegel-Tieck als „ein Glas Sekt". Indem Ludw. Devrient (f 1832), die Rolle des Falstaff weiter spielend, in der Weinstube von Lutter und Wegner mit diesen Worten Champagner bestellte, wurde S e k t von Berlin aus seit etwa 1830 zu S c h a u m w e i n , s. d. Gebucht seit 1862 Pierers Univ.-Lex. 15, 728: Büchmann 1912 Gefl. Worte 298; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 457f.; A. Lasch 1928 Berlinisch 210f. Sekte f. Zu lat. sequi 'folgen' gehört neben dem Part, secütus eine subst. Bildung secta 'befolgte Grundsätze; Denkweise; Partei', die in mlat. secta f. kirchliche Färbung erhält. Hieraus frz. mnl. mnd. mhd. secte, engl, sect, dän. schwed. seki im Sinn des neutestamentlichen hairesis, wobei Vermischung mit dem Part, von lat. secäre 'schneiden' (ecclesia secta) im Spiel sein mag. Sekunde s. Minute. sela Adv., ein hebr. Wort, das im musikal. Vortrag ein Finale bezeichnet (Psalm 3, 3 u. o. Habak. 3, 3 u. ö.), wird bei uns seit dem 16. J h . im Sinne von 'abgemacht' verwendet. Ein vorwiegend schles. a b g e m a c h t sefe wird dagegen aus frz. c'est fait erklärt. selb(er), s e l b s t Pron. Mhd. selp (b), ahd. selb, asächs. anfr. mnl. afries. seif, nnl. zelf, ags. se(o)lf, sylf, engl, seif, anord. själfr, dän. selv, schwed. själv, got. silba führen auf germ. *selba-. Außergerm. gleicht nur venet. asselboisselboi 'sibi ipsi', dies auch in der Verdopplung (ahd. selb selbo): H. Krähe, Idg. Forsch. 47, 325. In der Stammsilbe vermutet man das idg. Refl.-Prom. *se-. An den adverbial erstarrten Gen. mhd. selb(e)s („ich dachte bey mir selbs" noch 1669 bei Grimmelshausen) tritt -t an (wie an mhd. bäbes, obe%, usw.): s e l b s t erscheint seit 1541 in der Lutherbibel für älteres s e l b ( s ) . Die Syntax des Pron. entwickelt Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 331 ff. Die Substantivierung zu S e l b s t n. nach dem Vorbild von engl, seif n. erscheint zuerst bei Kramer 1702 Biet. 2, 763. Nach Walz 1912 Zs. f. d. Wortf. 14, l f f . geht, wohl vom Pietismus bestimmt, ein asketischer Gebrauch voran (das böse, sündliche, verderbte, arge Selbst), wie auch das ältere engl, my better seif u. dgl. religiös gefärbt ist. Die Subst. von i c h (mhd. ein ich, min ander ich) geht von den mittelalterl. Mystikern aus. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu 'selbst'. selbander Pron. 'derart, daß ich selbst der andere, der zweite bin; zu zweit'; entspr. s e l b d r i t t 'zu dritt' usw. Entwickelt aus mhd. Fü-
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Seibend
seltsam
gungen wie: Gäwän sai;, elle fünfte nider Wolf- Vater selig" ist gekürzt aus „selig(er Gedächt-
ram, Parz. 691, 11. Seibend s. S a l b a n d . selbig Pron., spätmhd. sèlbie (g) 'derselbe', zunächst stets mit bestimmtem Artikel, der funktionslos wird und darum seit Ende des 16. Jh. schwindet: Behaghel 1923 Dt. Syntax 1,341. Selbstgespräch n. seit K. W. Ramler 1756 Einl. in d. schönen Wissensch. 2, 246; Lehnübersetzung des lat. söliloquium, das gleichbed. gr. monologia übersetzt. Das gr. Wort ist der dt. Kunstlehre durch frz. monologue vermittelt, daher ist Monolog M. selbstisch Adj. von Goethe als Ersatz für egoistisch durchgesetzt. Nach dem Vorbild des engl, selfish von Abbt (f 1766) gebildet: Campe 1813 Verd.-Wb. 280. Selbstlaut(er) m. K o n s o n a n t findet die gute Lehnübersetzung M i t l a u t e r bei Fab. Frangk, Orthogr. (1531) K 3 b . Dieser fügt dort hinzu „Das etiliche (Buchstaben) Stimmer odder Selbslauten genant werden". Gueintz und Schottel verwenden 1641 m i t - und s e l b l a u t e n d , Beilin 1657 Mit- und S e l b l a u t e r : Zs. f. d t . Wortf. 13, 88f. 15, 22f.; Mod. lang, notes 39,
355; Wh. Pf äff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 41 f. Selbstmord m. Lehnübersetzung des nlat. suicidium. Nicht vor J. C. Dannhouver 1643 Catechismusmilch 128 „Noch abschewlicher ist der Selbstmord". Aufgegriffen von Harsdörffer 1649/53, während Gryphius 1649 E i g e n m o r d sagt. — S e l b s t m ö r d e r vorbereitet durch Luther 1527 Weim. Ausg. 23, 363 „sein selbs morder". Die Zus.-Setz. bildet Thom. Sigfrid 1590: K. Baumann, Selbstmord u. Freitod, Diss. Gießen 1934. Vgl. F r e i t o d .
nis)", dies Lehnübersetzung von lat. beatae memoriae; Strümpell 1917 Über Gebrauch u. Bedeutung von sœlde, scelic u. Verwandten bei mhd. Dichtern. -selig als Endung von m ü h - , s a u m - , t r ü b selig hat mit dem Adj. selig nichts zu tun, sondern diese Wörter sind Ableitungen von Müh-, S a u m - , T r ü b s a l , -sal (s. d.) ist ein aus ahd. -isal (Gen. -sles) entwickeltes Abstr.-Suffix, das im Got. als -isl n. erscheint. S. -sal. Sellerie m. f . Apium graveolens k o m m t aus Ita-
lien nach Frankreich; in Deutschland schon im Mittelalter bekannt, aber erst seit dem 18. Jh. angebaut (Marzell). Dem entspricht der Weg des Namens: gr. sélinon (s. P e t e r s i l i e ) ergibt über lat. selinum lombard, sellero, Mz. seien, frz. céleri.
Von da die Mz. bei Grimmelshausen 1670 Ewigwähr. Kalender 206b „die selleri oder zelleri". Das in Teilen von Österreich und Bayern entspr. Zeller(er) m. beruht auf unmittelbarer Entlehnung eines mundartl. nordital. seier: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 458f. S. E p p i c h . selten Adv. Mhd. selten, a h d . sëltan, m n d . mnl. afries. seiden, nnl. zelden, ags. sëldan, -on,
-un, engl, sel om, anord. själdan, dän. sjelden, schwed. sällan führen auf germ. *selda- ; die kurze Form in den Zus.-Setzungen asächs. ags. sëldlïe, got. sildaleiks 'wunderbar' vorliegt. Setzt man eine Grundbedeutung 'für sich, alleinstehend' voraus, so läßt sich Anschluß an das idg. Refl.-Pron. *se- gewinnen; dann bestünde Verwandtschaft mit s e l b s t , s. d. — Bis etwa 1700 war s e l t e n nur Adv., wie es die nnl. und engl. Entsprechung bis heute ist. Als Adj. stand daneben s e l t s a m , s. d. Seltenheit f . als Abstr. löst seit Anfang des selig A d j . Adv., m h d . scelec, -ie, ahd. sälig,
asächs. anfr. sälig,
m n d . sälich,
sèlich,
mnl. 16. J h . m h d . sëltsœne,
ahd. seltsäni
sälliche m n d . selsem, nd. sehen,
sel(d)sen.
f . ab. I n
sälich, nnl. zalig 'selig', afries. sèlich 'fromm', seiner konkreten Bed. darf S e l t e n h e i t als ags. séelig 'glücklich', engl, silly 'einfältig', Lehnübersetzung von R a r i t ä t gelten. dän. schwed. salig 'selig': Weiterbildung zum seltsam A d j . m h d . sëltsœne, ahd. seltsäni, A d j . ahd. *säli 'glücklich, gut', m h d .
Adv. 'auf glückbringende Art', ags. unssele 'böse, boshaft', anord. ssell 'glücklich', got. sels 'gütig'. Dazu die Substantivierung ags. sxl m. f . 'Zeit, Gelegenheit; Bedingung, Lage; Glück, Freude', anord. séela 'Glück', got. sèlei 'Güte, Milde'. Fem.-Abstr. auf germ. -ida ist ahd. sälida, mhd. salde,
asächs. sältha,
ags. sield,
anord. sseld
'Glück'. Ablaut zeigen anord. seljask 'selig werden' u n d ags. scella, scélra (aus *söliza) 'besser,
stärker, geschickter, edler, glücklicher'. Mit derselben Ablautstufe lat. sölor, -äri 'trösten, lindern'. Auf der Schwundstufe urgr. si-slemi ber u h t gr. *htlemi im hom. I m p . ilethi 'sei gün-
stig, gnädig', wozu u. a. gr. hilarós 'heiter'. Wurzel *sel- 'günstig, guter Stimmung'. „Mein
Auf E n t l e h -
nung aus dem Hd. beruhen spätmnd. seltsam, nnl. zeldzaam, dän. sœlsom, schwed. sällsam.
An
den Stamm von s e l t e n (s. d.) ist ein zu sehen (s. d.) gehöriges Verbaladj. getreten: vorgerm. *sêkVni-,
germ. *sè(g)wni-,
das in ahd.
unsäni
'ungestalt' selbständig auftritt. Eine Nebenform dieses Verbaladj. mit kurzem Stammvokal, die zu germ. *siuni wird, liegt vor in got. anasiuns 'sichtbar', mnd. süne 'ersichtlich', mnl. siene 'ansehnlich': hierzu mnl. sel(t)siene, ags. sëldsïene 'seltsam'. Gleichbed. anord. sjald-sênn hat zum Grundwort das Part. Prät. von sjä 'sehen'. Aus mhd. seltscene ist nhd. s e l t s a m umgebildet im Anschluß an die Adj. auf - s a m ; vgl. l a n g s a m .
Semester
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Semester n. 'akademisches Halbjahr'. Substantivierung des lat. semeslris, älter semenstris 'sechsmonatig', zunächst in der Formel sernesire tempus, die 1614 begegnet, ein Jahr vor dem ältesten Zeugnis für das Subst. Die Halbjahrseinteilung gilt auf dt. Hochschulen seit dem 16. Jh., mlat. sprach man von dimidius annus, mutatio aeslivalis und hiemalis. Die Humanisten haben den neuen, beziehungsreichen Ausdruck eingeführt. Das Germ, kennt den Halbjahrsbegriff in anord. missen n. 'Halbjahr, Semester' zu -miss- (s. d.). Semmel /. mhd. semel(e), simel, mnd. semel, ahd. semala, simila 'feines Weizenmehl': in Römertagen mit der galloroman. Getreidekultur entlehnt aus lat. simila 'feinstes Weizenmehl', das mit gleichbed. gr. semidalis über arab. samid aus akkad. samldu 'feines Weizenmehl' entlehnt zu sein scheint. Während dem roman. Wort in Italien und Südfrankreich die Bedeutung 'Mehl' geblieben ist, wird es in karolingischer Zeit in Nordfrankreich und bei uns auf das aus Weizenmehl hergestellte Gebäck übertragen. Für mlat. simila liegt die Bedeutung "Brötchen' schon 794 im Capilulare de villis 45 vor. Afränk. *simila hat durch Rückentlehnung •afrz. sim(b)le, simel 'Weizenmehl; Brötchen' ergeben, während in frz. semoule 'Grieß' über prov. ital. semola das lat. Grundwort fortlebt. Die von einem Teil der roman. Wörter entwickelte Bedeutung 'Kleie' erscheint auch in mnl. semele, nnl. zemelen. Spätanord. simüi(a) "feines Weizenmehl', schwed. sämla, sernla, dän. simle 'Brötchen' sind durch das Mnd. vermittelt. Überall wirkt der Einfluß der röm. Mahlweise auf unsre Mühlen fort. Die alte Bedeutung "Mehl' lebt in den Mundarten des dt. Südwestens bis heute. Dem entspricht, daß in der Umgangssprache dieser Gebiete das Frühstücksgebäck B r ö t c h e n , W e c k , W e g g l i heißt, nie Semmel. semperfrei Adj. mhd. sempervn aus älterem sentbcere vrl 'vom höchsten Stand der Freien, reichsunmittelbar, zur Haltung eines Landtags und zur Teilnahme am Reichstag berechtigt'. Mhd. sent m. 'Reichs-, Landtag' ist urspr. "geistliche Versammlung' (aus gr. stfnodos lat. synodus f . 'Zusammenkunft'). Die seit dem 17. Jh. herrschende Beziehung auf lat. Semper "immer' ist volksetymologisch. senden schw. Ztw., mhd. mnd. mnl. senden, ahd. senten, sendan, asächs. sendian, anfr. ags. sendan, nnl. zenden, afries. anord. senda, schwed. sända, dän. send, engl, send, got. sandjan: gemeingerm. Bewirkungsztw. zu einem verlorenen st. Ztw. germ. *sinpan 'gehen, reisen' {s. G e s i n d e , Sinn), zu dem sich s e n d e n verhält wie w e n d e n zu w i n d e n . Grundbedeutung
Senf
'gehen lassen'. Aus germ. *sandjan früh entlehnt ist gleichbed. lapp. saddije, saddit. Sendgericht n. auch kurzweg S e n d /. m.: zu mhd. sent, ahd. sënod, afries. sineth, -uth, sind, ags. senop, si(o)noß. Neben dem unter s e m p e r f r e i genannten gr.-lat. F. synodus bestand ein volkslat. *senodu(m) mit lautgesetzl. e aus lat. i in offner Silbe (vgl. Segen). Es liegt, wie den germ. Formen, auch dem viel älteren abrit. *sened- voraus, auf dem akymr. sened, kymr. senedd, akorn. (12. Jh.) sened, mbret. senez, air. senud beruhen. Das Judicium synodale ist aus bischöflichen Visitationen hervorgegangen, die sich zu einem ständigen reisenden Sittengericht auswuchsen, das vor 800 neben das ältere gräfliche Gericht trat: A. M. Koeniger 1918 Reallex. d. germ. Alt.-Kde. 4, 167. Senesbaum s. S e n n e s b a u m . Seneschall m. 'hoher Hofbeamter'. Ahd. senescalh 'der älteste der Dienerschaft' (hieraus mlat. seniscalcus, ital. siniscalco, prov. katal. seneseal), afränk. *siniskalk, vorausgesetzt durch frz. (seit dem 12. Jh.) sénéchal. Als Rückkehrer erscheint bald nach 1200 mhd. schëneschlant, sëne-, schëneschalt, sin(e)tschalt (mit -t wie P a l a s t , s. d.). Das Grundwort s. u. S c h a l k und M a r s c h a l l . Das Bestimmungswort ist bei uns die letzte Spur der idg. Wurzel *sen(o)- 'alt' in got. sineigs 'alt', sinista 'Ältester', burgund. sinistus 'Oberpriester', anord. sina 'vorjähriges Gras', die auch für die verwandten Sprachen wichtig ist: air. sen, kymr. hen 'alt', bret. hen 'Greis', gall. Männernamen Senognätus und Seneca; lat. senex 'Greis', senätus 'Ältestenversammlung', senior 'älter', senêre 'alt sein', Senium, senectus 'Alter'; gr. hénos 'alt', dienos 'zweijährig'; lit. senas 'alt', senis 'Greis', senysté 'Alter', senéju 'werde alt' ; armen, hin, awest. hana-, aind. sdna- 'alt'. Senf m. Sinapis arvensis und seine Verwandten sind schon vor der Römerzeit als Ackerunkräuter aus dem Süden eingedrungen; der alte Name ags. cedelc, cerlic, engl, kedlock, chedlock, charlock, nd. keddik, köddik, dän. kiddike ist zwar undurchsichtig, aber zweifellos germanisch. Verwertet wurden vom Senfkraut in germ. Vorzeit die Blätter als Gemüse. Die Verwendung der schwarzen und weißen Samen zur Senfbereitung lernten die Germanen (etwa gleichzeitig mit E s s i g , K ü m m e l , P f e f f e r ) von den Römern kennen. Demgemäß sind ahd. sënef, mhd. sën(e)f, asächs. senap, ags. senep entlehnt aus lat. sinäpi (dies aus gr. sinäpi), die got. Bibel bildet kaurno sinapis Mark. 4, 31 u. ö. dem gr. kôkkon sindpeös nach. Für das gr.-lat. Wort vermutet man ägypt. Ursprung, ohne daß bisher ein altägypt. Vorbild nachgewiesen wäre: Hoops 1905 Waldbäume und Kulturpfl.
sengen
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470; Littmann 1924 Morgenl. Wörter 12 f. Senf gilt in heutiger Umgangssprache (außer in dem unter M o s t r i c h abgegrenzten Gebiet) zugleich für die zerriebenen, mit Weinessig oder Most angerührten Senfkörner: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 338 f. sengen schw. Ztw., mhd. sengen (Prät. sengete, sancte), ahd. lisenkan, -sengan, mnd. sengen, anfr. Msingon 'dörre', mnl. singhen, senghen, nnl. zengen, afries. ofsendza 'absengen', ags. sengan 'anbrennen', engl, singe 'sengen'. Die nächsten germ. Verwandten sind mhd. senge 'Trockenheit', sine (g)'Sengen', sungen, -ken 'anbrennen', sungeln, -kein 'knistern', nd. sangeren 'in der Haut prickeln', älter nnl. sengel 'Funke', norw. mundartl. sengla, -ra 'brenzlich riechen', schwed. mundartl. sjängla 'sengen', isl. sängr 'versengt', sengja 'Geschmack des Angebrannten'. Außergerm. vergleichen sich aslaw. presqciti 'trocknen', sqfiilo 'Ofen', russ. izsjaklyj 'trocken'. Wurzel *senk- 'dörren, brennen'. — Das Synonym Sengnessel 'Brennessel' s. d. Senkel m. mhd. senket 'Nestel; Anker; Zugnetz', ahd. senchil "Anker; Zugnetz': mit der Endung -ila der männl. Gerätnamen (Kluge 1926 Stammbild. §90) zu s e n k e n (s.d.), aus dessen Grundbed. 'sinken lassen' alle alten Bed. des Subst. abzuleiten sind. Mundartlich hat sich die Bed. 'Blei an Fischnetzen' erhalten, schriftsprachlich ist aus der Schnur mit metallbeschwertem Ende der S c h n ü r s e n k e l an Kleidungsstücken geworden, dessen Geltungsbereich Kretschmer 1918 Wortgeogr. 434 abgrenzt. senken schw. Ztw. Mhd. mnd. ahd. senken, asächs. senkian, afries. senza, ags. senean, anord. sekkva, norw. sökkja, dän. smnke, schwed. sänka, got. sagqjan führen auf germ. * sankwian, Bewirkungsztw. zum st. Ztw. s i n k e n (s. d.), Grundbed. somit 'sinken lassen'. senkrecht Adj. Lat. perpendicularis legte es nahe, beim Suchen nach Ersatzwörtern vom Richtblei der Bauhandwerker auszugehen: b l e i - , l o t r e c h t , s c h n u r g e r e c h t haben sich nach Schirmer 1912 Wortsch. d. Math. 66 zuerst eingestellt. Zu S e n k e l m. in seiner frühnhd. Bed. 'Senkblei' stellt sich s e n k e l r e c h t bei Schottel 1663 Ausführt. Arbeit 504, daraus verkürzt s e n k r e c h t seit J. C. Sturm 1670 Archimedes, Vorbericht; von Chr. Wolff 1710 aufgenommen und durchgesetzt, wenn auch bei ihm selbst P e r p e n d i c u l a r - L i n i e weitaus überwiegt. Die S e n k r e c h t e (oder Höhe) im Dreieck heißt in Lehrbüchern bis tief ins 19. Jh. Normale. Senn m. 'Haupt der Älplerfamilie, Betriebsleiter einer Sennerei mit Butter- und Käsebereitung', von der Schweiz ausgehend, mit den bair. Nebenformen S e n n e r , S e n d e r; dort schon
Sensenmann
mhd. senncere. Ahd. Glossen 2, 687, 53 und 720, 31 begegnet senno im Bereich des Bodensees, danach tauchen senne und sennin in tirol. Weistümern von 1462 wieder auf. Das Wort der dt. Alpen deckt sich mit oberengad. san, unterengad. son (alte Nom.), bündn. sinun (alter Akk.). Voraus liegt nach J. U. Hubschmied 1935 Vox Romanica 1, 190 gall. *sanion'Melker'. Das vorauszusetzende Ztw. der Bed. 'melken' stützt sich auf ir. sine 'Zitze'. Nach kelt. Lautgesetz ist anlaut. sp- zu s- gewandelt; kelt. *son- entspricht einem germ. *span-. Somit besteht Urverwandtschaft mit der unter S p a n f e r k e l entwickelten Wortsippe. Die auf dem früher gall. Boden der Schweiz siedelnden Germanen haben (wie die Romanen Graubündens) das kelt. Wort übernommen. S. N i d e l , Z i e g e r und E. öhmann, Neuphil. Mitt. 1941, 151. Sen(n)esbaum, -blätter 'Cassia angustifolia'. Arab. sanä ist in der Aussprache sene' in die europ. Sprachen gelangt, zu uns über mlat. sene als mhd. sen(e). F. Littmann 1924 Morgenl. Wörter 81 stellt die Genuß- und Arzneimittel zusammen, die aus arab. sprechenden Ländern ins Deutsche gelangt sind. Sensal m. 'Börsenmakler'. Das aus dem Pers. stammende Wort gelangt als simsär ins Arab. und von da über ital sensale zu uns. In Oberschwaben erscheint 1479 sensal; AI. Schulte, Große Ravensb. Handelsges. 3, 97, in Augsburg 1499 sansaria 'Maklergebühr': A. Schirmer 1911 Wb. d. Kaufm.-Sprache 174. Sense /. schwäb. alem. Säges. Mhd. segens(e), seinse, sense, ahd. segensa, -insa -ansa u. ä. sind Erweiterungen eines ra-Stamms neben s. Daneben stehen als «-Erweiterungen des s-Stamms ahd. segisna, -esna, asächs. segisna, mnl. seisene, nnl. zeis(en) aus germ. *segas-na, aus *sekösnä (wie lat. sacena 'Haue des Pontifex' aus *saces-nä). *seke-tö- wird vorausgesetzt von mnd. segede, sigde, nd. seged, sichte, mnl. sichte, nnl. zieht, ags. sigde, slde, engl, scythe, anord. sigS(i)r m., sigö f . Germ, und außergerm. Verwandte s . u . S ä g e , S e c h , Sichel. Wurzel *sek- 'schneiden': F. Specht 1941 Altdt. Wort u. Wortkunstwerk 109 ff. Sensenmann m. urspr. 'Schnitter', nachmals 'Tod' (dazu vgl. Jeremias 9, 21). In Totentanzbildern wird der Tod schon vor Ende des Mittelalters als Knochenmann mit Sense dargestellt. Ein geistliches Lied von 1637 „Es ist ein Schnitter, der heißt Tod" gestaltet das Motiv vom Blumentotentanz. Im Titel des Drucks von 1638 heißt der Tod „Menschenschnitter". S e n s e n m a n n nicht vor Harsdörffer 1649 Sonntagsandachten 1, 308. Brentano hat das 'Katholische Kirchenlied' im Wunder-
sentimental
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Sherry
horn 1, 55 nachgedichtet. Vgl. F r e u n d H e i n , lehnen, Polsterstuhl' ist wesentlich süddeutsch: P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 509. Knochenmann, Streckebein. seßhaft Adj., mhd. seßhaft: eine nur hd. Bilsentimental Adj. Engl, sentimental wird von Richardson 1753 Orandison 6, Brief 52 als neu dung zu ahd. mhd. se% n. 'Sitz, Wohnsitz', hervorgehoben, von Sterne 1768 in den Titel dem gleichbed. ags. engl, anord. set und gr. von Yorick's sentimental journey aufgenommen. hedos entsprechen. Das mit s i t z e n verwandte Bei uns trotz der guten Übersetzung e m p f i n d - N. war nie häufig, ist nach 1597 nhd. nicht mehr s a m (s. d.) seit Jacobi 1773 Briefw. 1, 112, nachzuweisen und in lebenden Mundarten auf s e n t i m e n t a l i s c h seit Schubart 1774, Dt. den Nord- und Südsaum zurückgedrängt. Das Chron. 574: Zs. f. d. Wortf. 10, 239. 12, 83; Adj. war frühnhd. beliebt, fehlt aber Luther und seiner Landschaft, ist im 18. J h . am AusBüchmann 1912 Gefl. Worte 306f. sterben (nie bei Lessing, Wieland, Schiller), seitSerail n. 'Palast (des Sultans)': pers. säräj dem wieder häufig. Die Weiterbildung s e ß gelangt über türk. seraj in die Mittelmeerh a f t i g , als mhd. se^haftec nicht selten, schwindet sprachen und über frz. sérail m. vor Ende des im 17. J h . Das seit dem 19. J h . vorkommende 17. J h . zu uns, zunächst als S e r r a i l . Bauten S e ß h a f t i g k e i t ist nicht unmittelbar zum Adj. mit pers. Namen sind auch B a s a r und K a r a gebildet, sondern folgt dem Vorbild der vielen w a n s e r e i (s. K a r a w a n e ) , türk. benannt sind F. auf - h a f t i g k e i t . K i o s k und K o n a k . Sester s. S e c h t e r . Seraph m. Zum hebr. säraph 'verbrennen' setzen schw. Ztw. Mhd. setzen, ahd. sezzen, gehört das Part, säräph 'verbrennend' mit Plur. asächs. settian, mnd. nd. mnl. selten, anfr. ags. seräphim, in der Bed. 'Läuternde' ein Geschlecht settan, afries. setta, engl, set, anord. setja, schwed. der Engel, dessen Name über gr. serapheim in sätta, dän. scette, got. satjan führen auf germ. die europ. Sprachen gelangt ist, zu uns als *satjan, Bewirkungsztw. zu s i t z e n mit der spätahd. séraphin. Aus dem Plur. rückgebildet Grundbedeutung 'sitzen lassen'. Die gleichbed. ist der mhd. Sing, sêraph m. Nach Jes. 6, 2 ff. außergerm. Bildungen zeigen z. T. andre Abverkünden die Seraphim die Ehre Gottes, daher lautstufe: aind. säddyati, aslaw. saditi, lit. bed. nhd. s e r a p h i s c h 'verzückt'. Von SerasocHnti, apreuß. saddina, air. sdidim, adsuidim. phischem fewer entzünd Er. Alberus, Barf. Münche S e t z e n steht neben s i t z e n wie l e g e n , s p r e n Eulensp. (1542) Kap. 1 5 . 1 7 . Danach bei Rolleng e n , t r ä n k e n , w e n d e n neben l i e g e n , s p r i n hagen 1603: Littmann 1924 Morgenl. Wörter 28; g e n , t r i n k e n , w i n d e n . Ins Rom. ist das germ. Lokotsch 1927 Etym. Wb. 1885. Ztw. entlehnt als prov. setjar, katal. seti 'sich Sergeant m. Auf lat. serviens, Part, zu servire setzen', woraus span. portug. sitio 'Platz, Be'dienen', beruht afrz. serjant 'Fußknecht', das lagerung'. um 1200 entlehnt wird zu gleichbed. mhd. Seuche f. mhd. siuehe, ahd. siuhhi, mnd. sarjant. Das im 14. J h . auftretende scharjant mnl. süke, got. siukei: altes Abstr. zu s i e c h zeigt im Anlaut Anlehnung an mhd. schare f. (s. d.). Als jüngere Bildung steht daneben 'Kriegsvolk', während in nhd. S c h e r s c h a n t gleichbed. mhd. siuchede, mnd. süke(de), mnl. der Anlaut der zweiten Silbe in der ersten vor- sükede, siecte, nnl. ziekte. Der nhd. Schriftausgenommen wird: Suolahti 1929 Frz. Einfl. sprache gehört S e u c h e durch Luther an, der 221; Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. 363; es in der Bibel 15 mal gebraucht, während es Zs. f. d. Wortf. 12, 149. 14, 44. seinen obd. Zeitgenossen schon fremd ist: Kluge Serum n. s. s e i h e n . 1918 Von Luther bis Lessing 102. Zum Wechsel Sessel m. Mhd. së^el 'Stuhl; Unterlage des zwischen eu und ie in S e u c h e und s i e c h Paul Edelsteins im Ring', ahd së^al, mnd. mnl. setel, 1916 Dt. Gramm. 1, 255f.; N . L i d 1935 Norsk nnl. zetel, ags. seotul 'Stuhl', engl, settle 'Sitz', Tidskr. for Sprogvidensk. 7, 170. anord. sjçtull 'einer, der etwas zum Stehen seufzen schw. Ztw., mhd. siufzen (mit z, das bringt; Beendiger', got. sitls 'Sitz' führen auf auf Einfluß der Intensitive auf - z e n beruht, germ. *setla-. Sie sind auf germ. -la-, idg. -lo- vgl. namentlich ä c h z e n ) , älter siuften, ahd. (F. Kluge 1926 Wortbildungsl. §89) gebildet süfte(e)ön zu mhd. süft m. 'Seufzer'. Dies ist zur idg. Wurzel *sed- 'sitzen' wie lat. sella (aus Abstr. zu ahd. süffan 'trinken', urspr. 'schürfen': *sedlä) zu sedêre, gr. (lakon.) hella (aus *sedla) s e u f z e n steht neben s a u f e n , wie s c h l u c h z e n 'Sitz' zu hézomai, aslaw. sedlo 'Sattel' zu sësti neben s c h l u c k e n . Mnd. entsprechen sucht und 'sich setzen'. Ferner vergleichen sich gall. suchten, nl. zucht und züchten. sedlon, sorb. sedlo 'Sitz', armen, etl 'Platz, Shagpfeife s. S c h e c k p f e i f e . Stelle' mit der gemeinsamen Urbedeutung Sherry m. 'span. Weißwein': engl. Sherry ent'Sitzgelegenheit'. S. auch N e s t , S a t t e l , s i e - stellt aus dem Namen der span. Stadt Jeres (mit deln. — S e s s e l 'Stuhl mit Rück- und Seiten- alter i-Aussprache; vgl. m a t t ) . Bei uns seit K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 17. Aufl.
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sich
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Mitte des 19. J h . : D. Sanders 1871 Fremdwb. 2, 496 f. sich Pron., mhd. sich Akk. Dat., ahd. sih Akk., anfr. sig, nd. mnl. anord. got. sik, nnl. (als Entlehnung aus dem Hd.) zieh: zum idg. Refl.-Pron. *se-, von dem auch lat. se, sibi, osk. sifei 'sich', gr. s-phi(n) 'ihnen, sich', lit. -si (beim Ztw.), aslaw. se, sebi 'sich' abgeleitet sind. Neben *se- stehen *sue- (vgl. den ähnlichen Wechsel im Anlaut von s e c h s ) und *seuein aind. sva- 'eigen, suus', awest. xväi 'sibi', gr. M (pamphyl. aus *sue), hei 'sich, ihn', alban. ve-te 'selbst', lat. sovos, suos 'sein' (refl.), air. fein 'selbst', lit. sävas, aslaw. svoj 'sein' (refl.). — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie vom Dativ 'sich' auf den Karten 36, 37. Vgl. S i p p e und S i t t e . Sichel f . mhd. sichel, ahd. sihhüa, mnd. sekele (daraus entlehnt dän. segl, schwed. mundartl. sikel), mnl. sekele, sick(e)le, nnl. sikkel, ags. sieol, engl, sickle: in die westgerm. Sprachen mit Ausnahme des Fries, vor Mitte des 5. J h . entlehnt (etwa gleichzeitig mit S t o p p e l und W a n n e ) , das einzige fremde Fachwort der Landwirtschaft, das die Angeln vor ihrer Abwanderung erreicht zu haben scheint. Das Lehnwort ist von den ital.-räto-rom.-ostfrz. Nachbarn an der langen Süd- und Westgrenze allerorten zu unsern Vorfahren gelangt. Es geht aus von *sicila, der nord-ital.-roman. Entsprechung des lat. (urspr. kampan.) secula 'Sichel' (das in ital. segolo 'Hacke' fortwirkt; lat. falx 'Sichel' lebt bei uns nur in Schweiz, falsa 'Baummesser'). Zur Wurzel *sek- 'schneiden' in S e c h , S e n s e usw. Heimische Namen des den Germanen seit Urzeiten bekannten, in seiner Gestalt von je feststehenden Geräts sind H i p p e , got. gilpa, anord. mnd. ostfries. le (wozu norw. Ijaa, schwed. lie, dän. le 'Sense'). Der fremde Händler brachte die vom röm. Eisengewerbe massenhaft hergestellte *sicila unter diesem Namen zu den westgerm. Käufern. sicher Adj. Adv., mhd. sicher, ahd. sichur(e), sichor, asächs. sikor, mnd. mnl. seker, nnl. zeker, afries. sikur, ags. sicor, engl, sicker. Auf Entlehnung aus dem Mnd. beruhen dän. sikker (älter sekker), schwed. säker. Die Westgermanen haben das Wort, bevor die Angeln um die Mitte des 5. Jh. abwanderten, entlehnt aus lat. secürus 'ohne Sorge' in der spätlat. Form sieürus, die auch in ital. sicuro fortwirkt. Der Begriffsinhalt ist urspr. rechtlich 'frei von Schuld und Strafe', erst dann 'unbesorgt, geschützt, zuverlässig'. Als Rechts wort beginnt auch die Ableitung s i c h e r n : ahd. sihhürön 'rechtfertigen', erst danach 'schützen', asächs. sikoron 'befreien'. Im Ital. ist sieurare seit 1318 fürSchiffsversicherung, seit 1384 für Warenversicherung bezeugt. Diese
sickern
Bed.-übertragung zeigt das Dt. um 1475. Dasselbe gilt für das seit dem 17. J h . bezeugte v e r s i c h e r n . E. öhmann 1956 Fragen u. Forschungen (Festgabe f. Th. Frings) 120. Auch k o s e n (s. d.) ist als Rechtswort entlehnt. Sicht f . westgerm. Abstr. zu s e h e n : mhd. md. ahd. siht, mnd. mnl. sieht, nnl. zieht, ags. sihd, engl, sight. Dän. sigt und schwed. sikt sind aus dem Mnd. entlehnt. Im Hansebereich ist S i c h t (1420ff. auch G e s i c h t ) Fachwort des Wechselverkehrs, Lehnübersetzung des ital. vista, meist mit der Bedeutung 'Laufzeit eines Wechsels'. Formeln wie auf ( l a n g e , w e i t e ) S i c h t sind von da über den Kreis der Kaufmannssprache hinausgelangt. — In nd. Seetexten bedeutet S i c h t (alt auch hier G e s i c h t ) seit dem 15. Jh. 'Sehweite'. Ins Nhd. sind Formeln wie i n , a u s , a u ß e r S i c h t nicht vor A. v. Ghamisso 1836 gedrungen. Dazu, gleichfalls als ursprünglich seemännischer Ausdruck, das schw. Ztw. s i c h t e n 1 'in Sicht bekommen, erblicken'. In einem nhd. Text zuerst bei F. Gerstäcker 1850: F. Kluge 1911 Seemannsspr. 727 f. siebten2 schw. Ztw., aus mnd. sichten 'sieben' (daneben sichte f . 'kleines Sieb') mit nd. cht für ft (s. a n r ü c h i g ) , nl. ziften, ostfries. siften, ags. siftan, engl, sift: Ableitung aus der germ. Wz. *sib- 'sieben' (s. Sieb). Schriftsprachlich wird s i c h t e n , das im 15. Jh. in nd. Glossaren auftaucht und danach langsam ins Md. wandert, durch Luther, der es Arnos 9, 9 und Luk. 22, 31 verwendet, dessen obd. Zeitgenossen es aber durch r e i t e r n , s e i h e n verdeutlicht werden muß: F. Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 102. 111; K. v. Bahder 1925 Wortwahl 47. 140f. Die obd. Entsprechung s i f t e n hat sich in Teilen der Schweiz erhalten: Id. 7, 370. Dän. sigte, schwed. sikta sind aus dem Mnd. entlehnt. — 'Sieb' ist alem. S e c h t e r , s. s e i h e n . Sicke f . "(Vogel-)Weibchen'. Schon das Mhd. kennt ein subst. Pron. ein sie 'Weib(chen)' mit der obd. Verkl. siel Megenberg 1349 Buch der Natur 195, 4, die in frühnhd. S i e l e i n n. (so H. Sachs) fortlebt. Die md. Entsprechung S i e c h e n ist schriftsprachlich nicht zu rechtem Leben gekommen, zurückgedrängt durch nd. sike, das in der Weidmannssprache seit Beginn des 18. Jh. allgemein für 'Vogelweibchen' gilt, als S i c k e f. bei Hohberg 1716 Land- und Feldleben 3, 2, 359a, in Zus.-Setz. wie W a c h t e l sie ke f . (auch hier mit Durchbruch des natürl. Geschlechts) Döbel 1746 Jäger-Pract. 2, 201b. Vgl. R i c k e . sickern schw. Ztw. nd. slkern, ags. sicerian, norw. sikra 'tröpfeln': in den Wb. seit Stieler 1691, in nhd. Text kaum vor Kant 1790 Krit. d. Urteilskr. § 58, in den Mundarten allgemein vom Rhein bis Siebenbürgen, von der See bis
sie
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zu den Alpen. Somit nicht aus dem Nd. entlehnt, sondern germ. Iterativ zu s e i h e n (s. d. und seichen) mit gramm. Wechsel wie z i e h e n —zucken. sie Pron., mhd. si(e), si Nom. Akk. Sg. /. und Nom. Akk. PI. m. f . n., ahd. siu, si Nom. Sg. /., sia Akk. Sg. f., sie PL Nom. = Akk. m., sio f., siu n. Dem ahd. si Nom. Sg. /. entsprechen genau got. si, air. si, gr. (Sophokles) M 'sie'; dazu Akk. aind. sim. Feminin zu dem idg. Pron.-Stamm s-, der innerhalb des einfachen Demonstr.-Pron. zunächst nur im Nom. Sg. m. und /. erscheint. Vgl. aind. sa 'der', sä 'die'; entspr. got. so, sö, anord. sä, sü. In ahd. sie, sio, siu (PI.) und vielleicht auch in siu Nom. Sg. f . scheint ein idg. Stamm *sio vorzuliegen, der auch in ags. sio, seo 'diese' (Nom. Sg. /.), anord. sjä 'diese(r)', sowie in aind. sya 'dieser', syä 'diese' (Nom. Sg. /.), anord. sjä 'diese(r)', sowie in aind. sya 'dieser', syä 'diese' erscheint. — Der Dt. Sprachatlas bietet 'sie' im Nom. Sing. /. und Nom. Plur. S. d i e s e r , er. Sieb n. Mhd. sip (b), ahd. sib, mnd. mnl. seve, nnd. sef, sef, säft, nnl. zeef, ags. sife, engl. sieve bezeichnen das Trockensieb der Westgermanen: J. Hoops 1919 Reallex. d. germ. Alt.Kde. 4, 171 f.; P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 459. Denselben Namen tragen wegen ihres porösen Stengels Schilf und Binse im Nord.: anord. sef n., norw. sev, schwed. säv, älter dän. sev, sev (vgl. aslaw. situ 'Schilf' neben sito 'Sieb'). Aus dem Nord, entlehnt ist engl, mundartl. seaves 'Schilf'. Das zugehörige Ztw. s. u. s i c h t e n 2 . Sieb gehört mit dem urverwandten serb. sipiti 'rieseln' zum Verbalstamm *seip- 'seihen'. S. S e c h t er. sieben Zahlw. Mhd. siben, ahd. sibun, asächs. sebun, got. sibun, anfr. sivon, mnd. mnl. engl. seven, nnl. zeven, afries. si(u)gun (g aus ni(u)gun 'neun'), ags. seofon, anord. sjau, schwed. sju, dän. syv führen auf germ. *sebun (septun der Lex Saliea gilt für Latinisierung eines echten sifun). Germ. *sibuni spiegelt sich in asächs. sibun und ags. siofon. Außergerm, vergleichen sich air. secht-n, kymr. saith, lat. Septem, gr. heptd, alb. state, russ. sjem', lit. septynl, armen. evt'n, toch. Spät, aind. saptd, die sich auf idg. *septm 'sieben' vereinigen. Uralt ist auch die Ordinalzahl der s i e b ( e n ) t e (Verlust der funktionslos gewordenen Mittelsilbe auch in s i e b ( e n ) z e h n und s i e b ( e n ) z i g ) : mhd. sibende, ahd. sibunto, asächs. sivondo, sivotho, afries. si(u)gunda, ags. siofoda, engl, seventh, anord. sj{a)unde, sjönde, schwed. sjunde, dän. syvende, älter siunde führen mit air. sechtn-ad, kymr. seithfed, lat. septimus, gr. Mbdomos, aslaw. sedmi (Bedeutung 'sieben'), lit. septintas, apreuß. sep(t)mas, toch. säptänt, pers. hafturn,
siech
aind. saptand- und saptdtha-, hethit. sipta auf idg. *sept(e)mos und *septrp,tos. — Die Wendung „im siebenten Himmel sein" begegnet seit 1838; schon im 18. Jh. ist bei uns bekannt frz. jusqu'au troisième ciel (Zs. f. d. Wortf. 10, 229. 12, 73), das aus dem Neuen Test. (2. Kor. 12, 2) stammt. Die sieben Himmel erwähnt zuerst das apokryphe Testament der zwölf Patriarchen (vor 136 n. Chr.); nachmals ist die Vorstellung über den Talmund in den Koran gelangt: Büchmann 1912 Gefl. Worte 69. Sieben f . In dem seit Ende des 15. Jh. bezeugten Karnöffelspiel (s. K a r n ö f f e l ) ist die Sieben die Trumpfkarte, die alle andern sticht, aber von keiner gestochen wird. Sie erhält im 16. Jh. das Bild des Teufels: Cyr. Spangenberg 1562 Wider die böse Siben ins Teuffels Karnöffelspil A 4b „der Teuffei heißt im Karnöffelspil Siben". Noch im 16. Jh. tritt das Bild eines bösen Weibs an die Stelle: Jod. Ammann 1688 Charta lusoria F 3. Von da ist b ö s e S i e b e n zur Schelte des bösen Weibs geworden: Sommer 1609 Ethographia mundi 2, 15 „ist denn deine Fraw so eine böse Siebene?" Zs. f. Wortf. 1, 363. 6, 98f. 379. Siebenmeilenstietel Plur. Perraults Märchen Le petit poucet (in seinen Contes de ma mere l'oye 1697) bringt das Motiv der bottes de sept lieues in die europ. Märchenwelt. Die Übersetzung der Perraultschen Märchen von 1770 S. 122 bietet unser Wort, Goethe nimmt es 1771 auf (Jub.-Ausg. 36, 3) und bleibt ihm zugetan bis 1832 (Faust I I 4: das. 14, 210). Eingebürgert durch Chamisso, Eichendorff, Heine, Jean Paul, Platen, Uhland, vollends durch Bechstein 1846 Märchenbuch 86. Siebensachen Plur. Die stabreimende Formel Sieben-Sachen steht zuerst bei den Engl. Komöd. 1 (1624) Gg 8a für 'Geschlechtsverkehr'; bei Duez 1664 Nomencl. S i e b e n s a c h e n 'pudenda, scrotum, testiculi'. Die lebendig gebliebene Bed. 'Kram, Plunder' kaum vor Schupp 1663 Schriften 188, so in den Wb. seit Krämer 1702 Dict. 2, 804°. Siebenschläfer m. Die Legende von den Septem dormientes, den Heiligen des 27. Juni, gelangt durch Gregor v. Tours in den westeurop. Gesichtskreis. Mhd. die sieben släfmre wächst seit Dangkrotzheim 1435 Namenb. 209 zur Worteinheit die sübensleffer zusammen, so fest, daß seit Kramer 1678 Dict. 2, 805a der Sing, ein S i e b e n s c h l ä f e r möglich wird (etwa wie lat. decemvir aus decem viri), der die Bed. 'Langschläfer' annimmt. Damit wird im 18. Jh. die H a s e l m a u s , der B i l c h (s. d.) wegen seines langen Winterschlafs benannt. siech Adj. Mhd. siech, ahd. sioh (hh), asächs. siok, mnd. sëk, seih, mnl. siec, nnl. zieh, afries. 45
siedeln
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siäk, ags. seoc, engl, sich, anord. sjükr, schwed. sjuk, dän. syg, got. siuks führen auf *seuka-, den gemeingerm. Ausdruck für 'krank'. Dazu S e u c h e und S u c h t (s. d.) sowie s i e c h e n , mhd. siechen, ahd. siuchan, -en, anord. sykjast, -vast 'erkranken', got. siukan 'krank sein'; mhd. socken (germ. *suken) 'kränkeln', anord. sokna 'krank werden'. Nils Lid 1934 Norsk Tidskr. f . Sprogvidensk. 7, 170 stellt die Wortgruppe zu s a u g e n (s. d.): Krankheit war in der Vorstellung unsrer Altvordern durch saugende Dämonen verursacht. Germ. *seuka- hat pass. Sinn wie das Part. *sukana-, Got. siukan bedeutet ursprünglich 'gesogen sein'. siedeln schw. Ztw. Zur idg. Wurzel *sed'sitzen' (s. N e s t , S a t t e l , s i t z e n usw.) ist *sed-tlo- 'Sitz' gebildet, das über idg. *sitlogleichbed. ags. sedel, asächs. sSdal, ahd. sedal ergibt. Dazu zwei nur hd. Bildungen, das Nomen agentis ahd. sidilo 'agricola' (s. E i n s i e d e l ) und das schw. Ztw. ahd. gisidalen 'ansässig machen', mhd. sidelen. sieden st. Ztw. Mhd. mnl. sieden, ahd. siodan, mnd. seden, nnl. zieden, afries. siätha, ags. seodan, engl, seethe, anord. sjöda, norw. sjoa, schwed. sjuda, dän. syde führen auf germ. *saup-, ebenso anord. saudr 'Schaf, Kleinvieh', got. saups 'Opfertier'; mit Umlaut anord. seyp 'brausendes Wasser', seyßir 'Kochtopf'. Mit andrer Ablautstufe (germ. *sup-) anord. sop n. 'siedendes Wasser, in dem man Fleisch gekocht hat; Fleischsuppe', sopna 'gekocht werden'. Germ. Verwandte s. u. S c h w e d e und S o d b r e n n e n . Der nächste außergerm. Verwandte ist awest. hävayeiti 'schmort'; idg. Wz. *seu'sieden, heftig bewegt sein'. Zur Abgrenzung des Gebrauchs von s i e d e n in heutiger Umgangssprache s. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 300f. Siedler s. E i n s i e d l e r . Sieg m. mhd. sie, sige, ahd. sign, sigo, asächs. anfr. sigi-, mnd. sege, mnl. seghe, nnl. zege, afries. si, ags. sige, gesig, anord. sigr, schwed. seger, dän. sei(e)r, got. sigis, in Männernamen Sigericus, Segemundus, -sindus, germ. Segimerus, Segestes. Außergerm, vergleicht sich zunächst der gall. Ortsname Segodünum und der Stammesname Segovellauni, ferner gr. echö aus *seghö 'habe, halte', aind. sdha- 'Sieg, Gewalt', sahate 'bewältigt, vermag, erträgt': sämtlich zur idg. Wurzel *segh- 'festhalten; einen im Kampf Unterlegenen gepackt halten, ihn überwältigen; Sieg'. Siegel n. mhd. afries. sigel, mnd. mnl. seghel, nnl. zegel, mengl. seel, engl, seal, dän. segl, schwed. sigill beruhen auf lat. sigillum 'Bildchen, Figürchen; Siegelabdruck', einer aus *signolom entstandenen Verkl. des lat. signum
Silbe
'Zeichen, Kennzeichen; Bild im Petschaft' (s. Segen). Älter ist I n s i e g e l , ahd. insigili, mhd. insigel(e), mnd. mnl. ingeseghel, afries. insigel, ags. schwed. insegel, mengl. inseil, anord. innsigli, dän. indsegl, das auf Kreuzung des lat. sigillum mit insigne 'Ab-, Kennzeichen' beruht. Got. sigljö f . 'Siegel' ist aus volkslat. sigillo entlehnt. Ob das erst im 13. Jh. auftretende mhd. sigel aus sigillum neu übernommen oder aus dem Ztw. sigelen rückgebildet ist, läßt sich nicht entscheiden. Siel m. n. asächs. -Sil (in Ortsnamen des 10. Jh.s), afries. nd. sil m. '(leicht gebaute) Schleuse', mnd. sil, mnl. zunächst nur im Norden slle 'Abzugskanal'. Die Sache und das Wort sind fries. Ursprungs. Der Bildung nach eins mit norw. schwed. sil 'Seihe'. Das aus dem Germ, entlehnte finn. siivilä 'Milchseihe' weist auf urgerm. *sih(w)ila-, *si(g)wila--. mit -ila, dem verbreiteten Suffix der Gerätnamen, zum germ. Stamm *sihw-, s. s e i h e n . Siele f . (auch Sille f., Sill n.) 'Riemen, Riemenwerk des Zugviehs'. Vorwiegend nd., bekannt durch Bismarcks Wort vom 4. Febr. 1881 „Ein braves Pferd stirbt in den Sielen". Formen und Vorgeschichte s. u. Seil. Siesta f . 'Mittagsruhe' im 18. Jh. (Zs. f. dt. Wortf. 8,94f.) aufgenommen aus gleichbed. span. siesta f . Dies von lat. (hora) sexta 'sechste Stunde nach Sonnenaufgang, heiße Mittagszeit'. Sigrist m. Zu lat. sacrurn n. 'das Heilige; Gottesdienst' gehört mlat. sacrista m. 'Kirchendiener', das in ital. sagrestano, frz. sacrislain usw. fortlebt. Über *segrista der Kirchensprache Frankreichs erhalten wir nach Abschluß der hd. Lautverschiebung ahd. asächs. sig(i)risto, mhd. sigrist(e) als Synonym von K ü s t e r und M e s n e r , etwa gleichzeitig mit p r e d i g e n und P r i e s t e r . Heute gilt S i g r i s t in der Schweiz, deren Nordosten und Osten jedoch M e s ( s ) m e r bietet, als Fam.-Name auch in den Nachbarlandschaften: Schweiz. Id. 7, 508ff.; H. Fischer 1920 Schwäb. Wb. 6, 1402. Silbe f . mhd. sübe, älter sillabe, ahd. sillaba: aus gr.-lat. sylldba durch Vermittlung der Klosterschulen entlehnt, etwa gleichzeitig mit B r i e f , s c h r e i b e n , S c h u l e , T i n t e : Zs. f. d. Wortf. 8, 95. 14, 80. 15, 34. Gr. syllabe 'Zusammenfassung (von Lauten)' aus syn 'zusammen' und lambdnö 'fasse'. — S i l b e n s t e c h e r m. 'kleinlicher, allzu spitzfindiger Mensch', vorbereitet bei A. G. Kästner 1740 Verm. Sehr. 100 „Denn lachen sie mit Recht, wenn einer Sylben sticht", birgt eine Erinnerung an die im 13. Jh. aufkommende und den Meistergesang beherrschende Silbenzählerei mit ihrem Beckmessertum. Schon vor 1270 höhnt Rüm%lant (v. d. Hagens Minnesinger 3, 56b) einen Sanges-
Silber
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genossen: Vil lieber Marner . . . Du häs die müseken ('Musik') an der hant, die syllaben an dem vinger Geme^en. Silber n. Mhd. silier, ahd. sil{a)bar, asächs. silubar, anfr. mnl. engl, schwed. silver, nnl. zilver, afries. selover, ags. siolufr, sioljor, anord. silfr, dän. selv, got. silubr führen auf germ. *silubra-, Vorgeschichtlicher Zus.-Hang besteht nur mit den balto-slaw. Synonymen: apreuß. siraplis, lit. sidäbras, aslaw. sirebro. Die unregelmäßigen Lautentsprechungen zeigen, daß es sich um kein bodenständiges Erbwort handelt, sondern um ein nicht-idg. Wanderwort, das Schmiede etwa aus Vorderasien (assyr. sarpu) gebracht haben mögen. Es hat bei Germanen und Balto-Slawen das idg. Erbwort für 'Silber' verdrängt. Das liegt vor in aind. rajatäm, awest. ardzala-, toch. A ärkyant, armen, arcat', lat. argentum, air. argat, dazu gall. Argenlo-rätum 'Straßburg'. Mit andrer Endung zum gleichen Stamm gehören illyr. argura- und gr. ärgyros. Der Stamm bedeutet 'weiß, licht'; es ist also d a s weiße Metall, wie Gold das gelbe. Silberling m. Matth. 26 f. wird argyria der griech., argentei der lat. Bibel von Tatian 193, 3ff. mit sildbarlingon übersetzt. Dabei ist das Suffix der Münznamen um -l- erweitert wie bei S t e r l i n g , s. d. Die Übersetzung kehrt in Glossen des 9. und 11. Jh. wieder; sie lebt, ohne für uns in mhd. Zeit greifbar zu werden, durch die Jh.e fort, so daß sie Luther 1522 aufnehmen kann. Durch ihn allgemein: Zs. f. dt. Wortf. 2, 199. 4, 202. 12, 126. Silhouette s. S c h a t t e n r i ß . Sill n., Sille f . s. Siele. Silo m. '(unterirdischer) Schachtspeicher für Getreide, Grünfutter, Erz usw.', im 19. Jh. entlehnt aus span. silo 'Kornkeller, Getreidegrube'. Dies über lat. sirus aus gr. seirds 'Grube zur Aufbewahrung von Getreide': P. Scheid 1934 Studien zum span. Sprachgut im Dt. 53. 118. Simmer n. m. ein Hohlmaß für feste Ware, in den Mundarten von der Rheinpfalz bis Kärnten, von der Schweiz bis zur Wetterau. Frühnhd. mhd. sümmer, sumer, dessen Nebenform sumber, sümber, sümbrin (auch in Bed. wie 'zylindr. Gefäß, Bienenkorb, Trommel, Wanst') auf ahd. sumbir, sumbrln "(dicht aus Stroh geflochtener) Korb' führt. Ableitung auf -in begegnet in mehreren Gefäßnamen (s. Kessel 1 ), -ber in sümber erinnert an E i m e r , Z u b e r . Simonie f . mhd. simonle seit Waither v. d. Vogelweide 6, 39, nach kirchenlat. simonia (aus dem auch afrz. simonie stammt) 'Schacher mit kirchl. Ämtern', benannt nach dem Zauberer Simon, der Apg. 8, 9 ff. die Gaben des Hlg. Geistes von den Aposteln kaufen zu können
Singrün
meinte. Vergleichbare Namengebung bei Adamsapfel, Aronstab, Hiobspost, Kainszeichen, Rotte Körah, Nimrod, Uriasbrief. simpel Adj. Lat. simplus 'einfach' ergibt über frz. simple mnl. mnd. spätmhd. simpel 'einfältig'. Dazu obd. S i m p e l 'Schwachsinniger', zuerst in Württemberg 1626: H. Fischer 1920 Schwab. Wb. 5,1407. Sims m. n. Lat. simus 'plattnäsig' liefert (neben sima 'Rinnleiste als Glied des Säulenkranzes') slmälus 'plattgedrückt' als Fachwort der röm. Baukunst. Vor Abschluß der hd. Lautverschiebung, etwa gleichzeitig mit P f e i l e r , P f l a s t e r , P f o s t e n , entlehnt zu germ. *simata-, das ahd. simiqslein 'capitellum', mhd. sim(e)s; ergibt. Dazu das Kollektiv mhd. gesime^e n. 'Gesims'. Den andern germ. Sprachen fremd geblieben. Sinau m. Alchemüla, 'Frauenmantel', nur deutsch. Die Nebenformen frühnhd. nd. sindau(we), mnd. sindouwe weisen auf mhd. ahd. *sintou 'Immertau' (s. Si n g r ü n ) . Auf derselben Beobachtung beruhen die gleichbed. Namen T a u b e h a l t , - b l a t t , - h a l t a u f , -schüssel. singen st. Ztw. Mhd. anfr. singen, ahd. asächs. ags. singan, mnl. singhen, nnl. zingen, afries. sionga, siunga, engl, sing, anord. syngva, -ja, schwed. sjunga, dän. synge, got. siggwan führen auf germ. *singwan aus *senguh- 'mit singender Stimme vortragen, singen'. Außergerm, vergleicht sich nur gr. omphe (aus *songy,ha) 'Stimme', panomphaios als Beiname des Zeus mit derselben Ablautstufe wie S a n g m., mhd. sanc (g) m. «., ahd. asächs. anfr. afries. ags. dän. sang, mnl. sanc (gh), nnl. zang, engl. norw. song, anord. sgngr, schwed. säng, got. saggws aus germ. *sangwa- aus *songuhos. Die stabreimende Formel s i n g e n u n d s a g e n , in christl. Umkreis aus kirchenlat. eantare et dicere (psalmum) entstanden, wird von Spielleuten und Minnedichtern in den weltlichen Bereich gerückt. Hier erst wird die Formel zergliedert und s i n g e n auf lyrischen, s a g e n auf epischen Vortrag bezogen. Singrün n. die Pflanze Immergrün, Vinca minor. Mhd. singrüene, spätahd. singruonl (E. Björkman 1902 Zs. f. dt. Wortf. 2, 229), mnd. singröne (daraus entlehnt dän. singren, schwed. sinngrön), mnl. sindegroen, nnl. sene-, zenegroen, ags. singröene f . sind Substantivierungen des Adj. mhd. singrüene, ahd. singruoni, ags. singröene, anord. slgrcenn 'immer grün'. Die Vorsilbe kehrt in S ü n d f l u t wieder, s. d. Ahd. sin(o), mnd. sin-, sene-, asächs. afries. got. sin-, ags. sin(e)-, sion-, anord. si- 'beständig, dauernd; unendlich, gewaltig' beruhen auf gleichbed. germ. *sim-. Urverwandt sind lat. Semper 'immer', simplex 'einfach', gr. hels, miä (aus
Singspiel
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*smiä), hin 'ein', monyx (aus *sm-) 'Einhufer, hdpax', kret. amdkis 'einmal', armen, mi 'eins', aind. sa-kft 'einmal'. Idg. Wurzel *sem- 'eins; in eins zusammen'. Singspiel n. Ein frühnhd. singespil begegnet bei Luther außerhalb der Bibel als 'Musikinstrument'. Der Wunsch, nlat. melodrama zu ersetzen, führt J. Ayrer (f 1605) zu der Formel ein singets Spiel; dafür S i n g s p i e l zuerst in Hamburg 1678: Goedekes Grundr. 2 3, 333. sinken st. Ztw. Mhd. mnd. mnl. sinken, nnl. sinken, ahd. asächs. sinkan, ags. sincan, engl. sink, anord. sekkva, norw. sökka, schwed. sjunka, dän. synke, got. sigqan führen auf germ. *sinkwan. Dazu das Bewirkungsztw. s e n k e n (s. d.), vielleicht auch s e i c h t . Die nächsten außergerm. Verwandten sind armen. ankanim (armen, k aus idg. gu) 'falle, weiche', und gr. edphihe 'sank'. Idg. Wurzel *sengu'fallen, sinken'; vgl. s a c k e n . Sinn m. ahd. mhd. mnd. mnl. afries. sin (nn), nnl. sin. Dän. sind, schwed. sinne stammen aus dem Mnd. Entlehnung aus gleichbed. lat. sensus ist unmöglich, weil neben dem Subst. das st. Ztw. s i n n e n steht. Das entspr. nhd. sinnan bedeutet 'reisen, streben, gehen', mhd. sinnen mag in seiner Bed. 'mit den Sinnen wahrnehmen' durch ahd. sin 'sensus' bestimmt sein. Die Wz. von sinnan ist dieselbe, wie die von germ. *sinßa- 'Reise, Weg' (s. G e s i n d e , s e n d e n ) , vorgerm. liegt *sentno- voraus. Die Wz. *sent- (bestätigt durch air. set 'Weg') zeigt in lat. sentire die Ausgangsbed. 'einer Richtung nachgehen' entwickelt zu 'fühlen'; eine vergleichbare Entwicklung bietet h i n t e r etw. k o m m e n . Aus dem westgerm. Mask. ist die roman. Sippe von ital. senno 'Sinn, Verstand' entlehnt. Sinnbild n. 'sinnliches Bild von etwas Abstraktem', Ersatzwort erst für gr.-lat. emblema, dann für symbolum. Zuerst in der Form S i n n e b i l d Zinkgref 1626 Apophthegm. 1, 163, als S i n n e n b i l d bei Zesen 1648 Ibrahim 170. Die endgültige Form zuerst in Harsdörffers Poet. Trichter, Nürnb. 1648. Nnl. zinnebeeide, dän. sindbillede, schwed. sinnebild sind aus dem Nhd. entlehnt. S i n n b i l d l i c h 'emblematicus' kaum vor Frisch 1741. sinnen schw. Ztw. im alem.-schwäb. Südwesten für e i c h e n mit dem Weinbau in nachröm. Zeit durch die burgund. Pforte aus Südgallien eingedrungen, dessen Fachwort für 'die Maße ausgleichen' auf lat. signäre beruht, während die Prov. Belgica und Qerm. inferior über Maas und Mosel (ex-)aequare lieferten: s. e i c h e n und Th. Frings 1932 Germania Rom. 59. 70. 169f. Heute treffen sich e i c h e n und s i n n e n an der rheinfränk./obd. Grenze.
Sippe
Sinngedicht n. als Ersatzwort für gr.-lat. epigramma gebildet von Zesen 1649 T. Helikon. Aufgenommen von Logau 'Deutscher SinnGetichte drey Tausend, Breßlau 1654'. sinnig Adj., ahd. sinnig 'empfänglich, gedanken-, kunstreich', mhd. sinnec 'sinnreich, besonnen'. In der Zeit zwischen Stieler 1691 und Adelung 1801 mehrfach als veraltet bezeichnet, nach Heynatz 1797 von Campe als Ersatzwort für frz. traitable erneuert. Campe dankt im Verd.-Wb. (1813) 591 Voß für die Wiederbelebung. sintemal Konjunkt. Seit mhd. Zeit erscheint Sit, sini dem, male 'seit der Zeit' als paratakt. Konjunkt. Aus sit dem male da% geht die hypotakt. Konjunkt. s i n t e m a l hervor: Behaghel 1928 Dt. Syntax 3, 245. Vgl. s e i t . Sinter m. 'Metallschlacke, mineralischer Niederschlag aus Quellen, Tropfstein'. Mhd. sinter, sinder, -el n. '(Metall-)Schlacke, Hammerschlag, (Sünden-)Kruste', ahd. sintar 'scoria, purgamen, spuma', asächs. sinder 'scoria', mnd. sinder, -del, mnl. sinder, fläm. zinder, nnl. (unter hd. Einfluß) sintel, ags. sinder n. 'Schlacke, Abfall von Metall, Hammerschlag', engl, cinder 'glühende Asche, Schlacke' (das ags. Wort hat sich gekreuzt mit frz. cendre aus lat. einis 'Asche'), anord. sindr n., dän. sinder, sinner 'Schaum oder Schlacken, die auf geschmolzenem Metall schwimmen, Hammerschlag', schwed. sinder 'Hammerschlag'. Dazu s i n t e r n schw. Ztw. 'durchsickern', anord. sindra 'Funken sprühen', norw. mundartl. sinkla (aus *sind-kla) 'sich mit einer Eiskruste überziehen'. Engl. dän. sinier 'Tropfstein' ist Fachlehnwort aus dem Nhd. Germ. *sendraaus *sendhro-, -ä 'geronnene, sich verdichtende Flüssigkeit'. Urverwandt sind aslaw. s$dra 'verhärtete Feuchtigkeit; Tropfstein', serb. sedra 'Kalksinter', tschech. sddra (aus *sendhraä) 'Gips'. Sintflut s. S ü n d f l u t . Sippe f . mhd. sippe *(Bluts-)Verwandtschaft, Verwandtschaftsgrad, angeborene Art', ahd. sipp(e)a 'Blutsverwandtschaft, Friede, Bündnis', asächs. sibbia, nnd. sibb, mnl. afries. sibbe 'Verwandtschaft, Sippenband', ags. sibb 'Verwandtschaft, Liebe, Freundschaft, Friede, Glück', engl, gossip (aus godsib) 'Gevatterin', anord. Sif (aus *8ibjö) die Gemahlin Thors, der Geburt und Ehe weihte, Mz. sifjar 'Verwandtschaft', got. sibja 'Sippenverhältnis, Verwandtschaft'. Dazu die germ. Stammesnamen Semnones (aus *Seinaniz 'Stammesgenossen') und mit Dehnstufe Suebi, ahd. Sw&bä. Urverwandt mit vorgerm. *sebhiä sind apreuß. suis 'eigen, selbst', russ. osoba 'Person', sob' 'Eigenart, Charakter': Wz. *s(u)e-lho- 'von eigner Art' ist
Sirene
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bh-Ableitung vom Refl.-Pron. *se-: *s(e)ue-, S. s i c h und S i t t e . Nhd. S i p p e wird seit Steinbach 1734 mehrfach als veraltet bezeichnet. Campe empfiehlt das Wort 1810 zur Erneuerung; neuerdings hat Stefan George zur Belebung beigetragen. — Dazu S i p p s c h a f t f., mhd. sippeschajt f., anord. sifskapr m. Sirene f . Gr. seiren f., Plur. seirenes heißen in Homers Odyssee 12, 39 bezaubernd singende Meerfrauen, die den Schiffern zum Verhängnis werden. Über mlat. sirena erhalten wir mhd. sirèn(e), syrèn(e). Das von Cagniard de la Tour 1820 erfundene und sirène benannte Lärmgerät dient im 19. Jh. als Dampfpfeife in Fabriken, als Nebelhorn auf Schiffen (F. Kluge 1911 Seemannsspr. 729f.) Das 20. Jh. stellt diese S i r e n e n von Dampf auf Elektrizität um und verwendet sie seit 1939 im Luftwarndienst. Sirius m. der bedeutendste Stern im Bild des Großen Hundes (gr. kijön Oriönos), der die Tage der größten Sommerhitze beherrscht. Der Glaube an die hitzespendende Kraft des Sterns verschafft ihm den Namen S i r i u s (gr. seirios "heiß, brennend'): Suolahti 1932 Nd. Studien (Festschr. f. Borchling) 191. Sirup m. mhd. sirup, syrop, zuerst um 1300 in Hugos v. Trimberg Renner: ein Lehnwort der mittelalterl. Medizin, vermittelt durch mlat. siröpus, -üpus (daraus auch ital. s(c)iroppo, afrz. sirop, span. jarope), das seinerseits aus arab. Sarai 'Trank' stammt: Lokotsch 1927 Etym. Wb. 1838. Sitte f . mhd. site, ahd. situ, asächs. ags. sidu, anfr. sido, mnd. mnl. sede, nnl. zede, afries. side, anord. sidr, dän. send, schwed. sed, got. sidus m. führen auf germ. *sedu-, das auf *sédhus oder *setüs beruhen kann. Beides als 'Eigenart' zum idg. Refl.-Pron. *se- (s. s i c h und Sippe). Auf idg. *suèdh- beruhen die urverwandten aind. svadhä- 'Eigenart, Gewohnheit, Sitte, Heimstätte', gr. étkos 'Gewohnheit, Sitte', ethos 'Sitte, Gebrauch, Herkommen', Mz. 'Wohnort', lat. sodälis 'Kamerad', sueseö 'werde gewöhnt'. — S i t t e , einst st. m., ist (wie H i r s e und I m m e ) schw. /. geworden. Das M. reicht bis in den Anfang des 17. Jh., das F. beginnt im Md. des 14. Jh. Sittenlehre /. Ersatzwort für M o r a l (lat. philosophia moralis), gefunden von Harsdörffer 1644 Frauenz.-Gespr. 1 Ee l b ; noch im 17. Jh. aufgenommen von Butschky, Morhof, Thomasius und Stieler. Sittich s. P a p a g e i . sitzen st. Ztw., mhd. sitzen, ahd. sizzen (aus *sizjan), asächs. sittian, mnd. nnd. mnl. sitten, nnl. zitten, afries. sitta, ags. sittan, engl, sit, anord. sitja, schwed. sitta, dän. sidde, got. sitan. Der germ. Verbalstamm ist *set-, der idg. *sed-.
Skat
Urverwandt sind gleichbed. aind. d-sadat, gr. Mzomai (aus *sSdjomai), lat. sedere, aslaw. sidäti, lit. sedmi, kymr. seddu. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie von 'sitzen' (3. Pers.). Vgl. s e t z e n und N e s t . Six in der seit Stoppe 1729 Gedichte 2, 87 nachgewiesenen Beteuerung m e i n e r S i x steht verhüllend für das weit ältere m e i n e r S e e l : Zs. f. d. Wortf. 10,152. Skala f . Scala oder Meßleiter seit Ardüser 1653 Archit. von Vestungen 18 aus ital. scala 'Treppe, Leiter'. Das gleichbed. lat. scäla (für *scand-slä) gehört zu scandere 'steigen'. Kurrelmeyer 1929 Mod. lang, notes 44, 146. Skalde m. 'altnordischer Dichter', bei uns seit Schottelius (1663) 1163, beflügelt durch H. W. Gerstenberg 1766 'Gedicht eines Skalden'. Entlehnt aus anord. skäld n. 'Dichter', wie seit Beginn des 17. Jh. dän. skjald, seit Ausgang des 17. Jh. schwed. skald 'Dichter'. Vielleicht ist über germ. *skieplan. 'Dichtung' auf *sketlom zu gelangen, während air. seel, kymr. ehwedl 'Erzählung' auf idg. *sketlom führen können: beide zur idg. Wurzel *seku-, s. s a g e n . Bedenken bei S. Singer 1933 Idg." Forsch. 61, 164f. Skalp m. 'Kopfhaut des erschlagenen Feinds' seit 1735, s k a l p i e r e n seit 1777 (Palmer 124ff.). Entlehnt aus engl, scalp 'Kopfhaut', dem mengl. scalp 'Schädel' vorausgeht. Dies stammt aus dän. skalp 'Schale, Hülse', das mit dän. skulp(e) 'Schote' und anord. skalpr'Schwertscheide' zum idg. Verbalstamm *skel- 'schneiden' gehört. S. S c h a l e 1 und S c h i l d . Skandal m. Gr. skdndalon 'das losschnellende Stellholz in der Falle' (urverwandt mit lat. scandere 'steigen' und scäla 'Treppe') gelangt über 'Anstoß gebende Sache' zu der Bedeutung 'Ärgernis', die es im Neuen Testament h a t : G. Stählin, Skandalon (Gütersloh 1930). Bibellat. scandalum erscheint in hd. Text seit 1552 Sleidans Briefw. 246 „Es würd bei den Vätern ein scandalum bringen, wenn sie höreten, daß ich darvon gezogen were". Das lat. Wort hat schon im 12. Jh. mit Wechsel des Geschlechts frz. scandale m. ergeben. So erscheint es bei uns mit neuer Entlehnung seit Beginn des 18. J h . in Bedeutungen wie 'Ungelegenheit, Streit, Lärm' als bevorzugtes Wort der Studentensprache, entsprechend s k a n d a l ö s nach frz. scandaleux. Zu mundartl. S t a n d a l : H. Schröder 1923 Beitr. 47, 168f. Skat m. Zu ital. scartare 'aus dem Kartenspiel entfernen' gehört scarto 'Abwerfen zweier Karten im Tarock'. Hierzu gehört der Spielerausdruck in einer Karte s k a r t sein 'sie nicht haben'. In Tirol ist S c a r t k a r t e das Blatt, das auf die Seite gelegt wird, um dann mit einge-
Skelett
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zählt zu werden. Das erste rt des Wortes wird vor dem zweiten erleichtert: so wird S k a t um 1810—16 (nach den beiden beim Geben abgelegten Karten) zum Namen des in der Brommeschen Tarock-Gesellschaft zu Altenburg aus dem erzgebirgischen „Schafkopf" entwickelten, vom Hofadvokaten F. Hempel 1818 zuerst beschriebenen Kartenspiels: L. Nicolai 1897 Beitr. z. Wortaustausch 11; K. Bachmann 1961 Festschrift f. Ernst Ochs 344f.; W. Stammler 1964 Kl. Schriften 173: Zum Wortschatz des Skatspielers.
Slalom
dem ital. scorbuto, span. portug. escorbuto, frz. (16. Jh.) scorbut, engl, scurvy, ngr.
skormpoüto
beruhen: M. Vasmer 1907 Zs. f. dt. Wortf.9,20f. Aus dem lat. Namen sind unter wechselnden Anlehnungen entstellt nnl. (1598) scheurbuik (scheur-mond 'Mundfäule' mag eingewirkt haben), nd. (15. Jh.) scer-, schorbuk, dän. sk(j)erbug,
schwed. (seit 1620) skörbjugg, isl. skyrbjügr. Im meißnischen Binnenland tritt 1486 der S c h o r b o c k auf (M. Heyne 1903 Hausaltert. 3, 148), als S c h a r b o c k wird der Name zuerst in Köln 1534 greifbar (Euricius Cordus, Botanologicon). Skelett n. Gr. skeleiön ('Körper' söma) 'ausge- Aus hd. Seetexten belegt F. Kluge 1911 Seedörrter Körper' (zu skeleein 'dörren') erscheint mannsspr. 681 S c h a r b o c k seit 1618. J. Reichohne Vermittlung des Lat. bei Prätorius 1666 born-Kjennerud 1942 Norsk Tidskr. f . Sprogv. Anthropodemus 380 „Skeleton oder Todten- 12, 213 ff. knochen"; Sperander 1727 bietet S c e l e t u m Skorpion m. Aus lat. seorpio, -önis gelangt neben Seele t o n . Als frühnhd. Ersatzwort er- der Name des Gliederfüßlers nach der hd. Lautscheint B e i n w e r k Wurstisen 1680 Basl. Chron. verschiebung ins Deutsche: ahd.(Akk.) scorpiön, 618. mhd. sc(h)orpiön (daneben sc(h)orpe) m., mnd. schorpie f . Nach dem Insekt mit Giftstachel Skis. Schi. Skizze f . Zu gr. s-chidios 'in der Eile entwor- heißt die Stachelpeitsche 1. Kön. 12, 11 (wie fen' stellen sich lat. schedium 'Stegreifdichtung' schon bibelgr. skorpios, lat. seorpio). Name des und ital. schizzo m. 'erster Entwurf'. Dies er- Sternbilds ist S. bei uns seit Colerus 1692 Kagibt seizzo m. bei Furttenbach 1630 Archit. lender O 2 b . milit. Der Wandel zum F. vollzieht sich unter Skrupel m. Zu lat. serüpus 'scharfer spitzer Einfluß von frz. esquisse f . Gleichen Ursprungs Stein' stellen sich die Verkl. srüpulus 'Steinsind nnl. schets, dän. skitse, schwed. skits, engl. chen' und serüpulum 'kleinster Teil eines Gesketch (s. K i t s c h , Z e t t e l ) . wichts; Genauigkeit, die so ängstlich ist wie Sklave m. spätmhd. s(k)lave, dazu mnd. der Gang über spitze Steine; Gewissensbedenslaven 'als Unfreier dienen'. Entspr. schwed. ken'. Nhd. scrupel n. 'kleinstes Gewicht' begegslav, dän. mnl. engl, slave, afrz. esclaf, span. net zuerst 1537,Scrupel »».'Bedenken' seit 1680: esclavo, ital. schiavo. Das Appellativ ist sprach- Zs. f. d. Wortf. 15, 209 f. Mit dem Doppelsinn lich eins mit dem Volksnamen der Slaven, spielt Abr. a Sta Clara 1698 (das. 8, 285) „Freislaw. SlovUninü, mgr. Sklabenoi (mit einem von lich gibt es viel gute . . . Apotheker; aber man den Griechen eingeschobenen k). Man faßte findet doch zuweilen einige, die zwar viel Skrupel sklabenös als Adj. und bildete im 6. Jh. dazu in der Apotheken, aber wenig im Gewissen haein Subst. skldbos, das vor dem 8. Jh. die Bed. ben". 'Unfreier slaw. Herkunft' annahm und sie dem Skunks m. Mephilis varians, dessen Pelz bei mlat. sclavus weitergab. Auch in aind. däsd-, uns eingeführt wird, hat den Namen behalten, gr. ddos, lat. surus, ags. wealh sind Unfreie nach mit dem es die Algonkin-Indianer der Hudsonihrem Vaterland benannt. Die Deutschen haben bai nennen. In den Vereinigt. Staaten wird das Wort durch roman. Vermittlung kennenge- skunk 'Stinktier' gemieden; euphemist. sagt lernt. Sie selbst nannten die Slawen ahd. Winidä, man polecat eigtl. 'Iltis', scherzhaft woodpussy mhd. Winden, d. i. illyr. Vceneti 'Befreundete'; 'Waldkätzchen'. Bei uns gewöhnlich aus der Mz. zudem begegnet mhd. s(k)lave zuerst im Süden S k u n k s . und Westen unseres Sprachgebiets, immer erst Slalom m. n. 'Schneeschuhwettfahrt, die auf in Zeiten, da es mit der Einfuhr slaw. Unfreier ausgesucht steiler, durch paarweis aufgestellte längst vorbei war. Über diesen Handel J. Well- Fahnen (Tore) abgesteckter Strecke hinabführt'. hausen 1892 Dt. Lit.-Ztg. 13, 689f.; vgl. ferner 1928 entlehnt aus norw. slalorn 'sanft geneigte G. Baist, Zs. f. frz. Spr. 13,190; M. Vasmer 1907 Spur'. Bestimmungswort ist norw. mundartl. Zs. f. d. Wortf. 9, 21. 315; Ph. Wiek 55. Ch. slade 'einwenig geneigt' (zu slade 'Abhang'), Verlinden, L'origine de »sclavus« 'esclave', Grundwort norw. mundartl. lörn 'Schleppspur', Archivum Latinitatis Medii Aevi 17 (1943) 97. ursprüngl. 'schmaler Weg'. Zur Verdeutschung Skorbut m. die seit 1250 beobachtete Mangel- empfehlen sich Abfahrts-, Bahnlauf, krankheit. Russ. skröbot 'das Kratzen' (urver- S c h l a n g e n f a h r t und vor allem T o r l a u f : wandt mit s c h r a p p e n , s. d. und Wiek 74) Mutterspr. 46, 370. 47, 241f. 51, 58f., W. Linden gab mit Umstellung des r mlat. scorbütus, auf 1943 Dt. Wortgesch. 2, 394.
Smaragd
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sogleich
an der Einbürgerung ist Goethe führend beteiligt. Soda /. 'unreines kohlensaures Natron', im 17.- Jh. entlehnt aus gleichbed. span. mlat. soda. S o d a wurde urspr. an der span. Küste aus der Asche von Strandpflanzen gewonnen, vor allem des Seesalzkrauts, Salsola soda. Dies galt als Kopfwehmittel und hieß nach arab. sudae 'Kopfweh'. Sodbrennen n. seit 1531 bei Paracelsus (Werke T 9, 134): sotbrennen n. frühnhd. mhd. söt m. (so noch E. Alberus 1550 Fabeln 40, 73), mnd. söde, ags. seada mit der Grundbed. 'brennendes Wallen'; vgl. s i e d e n . Das engl. Synonym heariburning bed. urspr. 'Herzbrennen'. Sodomit m. Die Einwohner von Sodom trieben nach 1. Mos. 19, 4ff. widernatürl. Laster. Wie mlat. sodomita ist danach mhd. sodomit, frühnhd. sodomit(er) 'Unzüchtiger'. Sofa n. im 18. Jh. nach frz. Vorbild m., ist arab. Ursprungs wie D i w a n , M a t r a t z e , O t t o m a n e und T a b u r e t t . Arab. suffa, urspr. 'Kissen auf dem Kamelsattel' (Littmann 1924 Morgenl. Wörter 88f.) gelangt in der jüngeren Bed. 'gepolsterte Ruhebank' in die abendländ. *swö), nnl. zoo, afries. sä, sö, ags. swä, swse, Sprachen (Lokotsch 1927 Etym. Wb. 1935), zu se, engl. norw. so, anord. svä, sö, dän. saa, uns seit Nehring 1694 bei Schilderung türk. Zuschwed. sä, got. swa, swe, Ablaut auch in den stände. Vor Mitte des 18. Jh. übernimmt S o f a urverwandten Formen, z. B. alat. suad 'so', die Bed. von F a u l - , L o t t e r b e t t , die es verosk. sval, svae, umbr. sue 'wenn', osk. swä drängt, nachdem es ihr Genus angenommen hat 'und', gr. hos (aus fapcos), hop(p)ös (aus (s. auch K a n a p e e und Zs. f. d. Wortf. 7, 53. *ctp68tto5s) 'wie'. Die Grundform *suod erklärt 8, 95. 12, 197). Fast alle Klassiker sind an der Wh. Horn in Herrigs Archiv 155, 68 als Einbürgerung beteiligt. Campe versucht 1813 Kreuzung aus dem Dem.-Pron. *sod und dem vergeblich, P o l s t e r b e t t , - s i t z dafür einzuFragepron. *kuod. S. a l s , a l s o , solch. Der Dt. führen. Sprachatlas bietet für 'so' zwei Beispiele. sofern Konjunkt., seit dem 15. Jh. zur EinSocke f . Aus lat soccus 'niedriger Schuh, in leitung hypothetischer Sätze, entspr. mnd. sö den man schlüpfen kann' (durch gr. s^kchos aus vern; vgl. i n s o f e r n . Zur Entstehung: 0 . Bedem Phryg. vermittelt) sind etwa gleichzeitig haghel 1928 Dt. Syntax 3, 275. mit S c h u s t e r und S o h l e entlehnt ahd. mhd. sofort Adv., im 16. Jh. zus.-gerückt aus so mnd. mnl. soc, asächs. nnl. sok, ags. socc, engl. und f o r t , das in mnd. vort selbst schon 'alsbald' sock. Anord. sokkr, dän. sok beruhen auf Weiter- bedeutet, wie nd. förts. gabe aus dem Westgerm. Das Geschlecht des Sog TO. 'wirbelnde (urspr. saugende) Bewelat. M. wird zunächst bewahrt; aus derMz. ahd. gung des Wassers um den Hintersteven des socca, mhd. socke entwickelt sich ein mhd. mnd. fahrenden Schiffs', zu s a u g e n . In hd. Seetexten mnl. Sg. socke f . (Mz. socken). I h m entsprechen seit 1795, älter nd. söge, nl. zog 'Kielwasser': dän. sokke, schwed. socka; aus diesem weiter- Kluge 1911 Seemannsspr. 731. Auf saugende entlehnt ist finn. sukka. Weil der Schlüpfschuh Kraft des Wassers überhaupt, auch auf die vielfach aus Stoff hergestellt wurde, stellte sich Luftfahrt übertragen. die Bed. 'kurzer Strumpf' ein: M. Heyne 1903 sogleich Adv. Seit dem 17. Jh. entwickelt Körperpfl. u. Kleidg. 265f. Zu österr. ist der g l e i c h die seinem etym. Sinn naheliegende Bed. S o c k e n üblich. 'gerade, eben' („ich komme gleich von einer Sockel m. L a t . socculus bed. als Verkl. v o n Wöchnerin" Geliert). Dieselbe Bed. ist urspr. soccus (s. Socke) urspr. 'kleiner Schuh'. Von enthalten in Wendungen wie „gleich nach dem da erreichen ital. zoccolo, frz. sock als Fachwör- Mittagessen", „gleich nachher", in denen sich ter der Baukunst Bed. wie 'Säulenfuß, Fußge- der neue Sinn 'sofort' einstellen konnte. Er stell, unterer Absatz von Gebäuden'. So er- wurde (wie bei s o e b e n ) verstärkt durch hinzuscheint S o c k e l nach Mitte des 18. Jh. bei uns; I tretendes so, das urspr. (zumal im Befehl) von Smaragd m. Wie B e r y l l , O p a l und S a p h i r trägt der Smaragd einen indischen Namen, der über Vorderasien, Griechenland und Rom zu uns gelangt ist, zu mittelind, sma- mit semit. w e i t e m Wortteil. Lat. smaragdus ergibt ahd. mhd. smaragd, smarät. Einige mhd. Nebenformen weisen auf Vermittlung von afrz. esmaragde Suolahti 1929 Frz. Einfl. 239. Volkslat. smaraldus führt über afrz. esmeralde (hieraus engl. •emerald) zu frz. emeraude, während engl, smaragd die lat. Form spiegelt. Snob m. 'vornehm und wichtig tuender Geck; Mitläufer in Sachen der Kunst', seit 1867 aufgenommen aus engl, snob, das durch Thackeray 1846 zum Modewort für 'Protz' geworden war. Ursprung unsicher: angeblich wurden Bürgerliche seit dem 18. Jh. in die Cambridger Matrikel eingetragen mit dem Vermerk s(ine) n6b(ilitate). Sie wollten es den adligen Kommilitonen gleichtun und waren doch s. nob. Gleich alt ist das ebenfalls aus dem Engl, stammende schwed. snobb: Stiven S. 66 mit Anm. 416. so Adv., mhd. ahd. asächs. anfr. mnl. sö (aus
Sohle
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Sole
solch Pron., mhd. solch (solher), solch, sülieh, einer entschiedenen Handbewegung begleitet sein mochte. S. u m s o n s t und KaU6s 1931 ahd. sulih, solih, asächs. sullk, mnl. sulc, söle, selc, afries. sel(i)k, salk, anord. (mit AkzentverBeitr. 66, 76 ff. Sohle f . mhd. mnd. mnl. sole, ahd. asächs. schiebung) slikr. Wie neben hd. nd. s 0 ags. swä, sola, nnl. zool: etwa gleichzeitig mit S c h u s t e r anord. svä, got. swa steht, so erscheint f ü r s o l c h und S o c k e entlehnt aus lat. sola, neutr. Kollek- mnl. swilc, swelc, ags. swelc, swilc, swylc, engl. tivplur. zu solum 'Boden; Grundlage; Fuß-, such, got. swaleiks. Zum Suffix germ. -lika s. Schuhsohle'. Zum Geschlechtswandel M. För- g l e i c h , w e l c h , L e i c h e . In nhd. s o l c h e r ist ster 1941 Themse 686. Aus dem Mnd. weiter- ch der unflektierten Form verallgemeinert. Wohl entlehnt ist spätanord. söli m., woraus norw. hegt ahd. solihher (mit hh aus germ. k) voraus, söle, dän. saal(e), schwed. säla, sula und engl. aber in unbetonter Silbe ist noch in ahd. Zeit hh soU 'Fußsohle'. Lat. sola wirkt auch in ital. vereinfacht, so daß nhd. ch nicht auf unmittelsuola und frz. sole 'Fußsohle' fort. Aus lat. barer Nachwirkung des hh beruhen kann. In solum abgeleitet ist solea 'Schnürsohle, Sandale', minder betonter Silbe hat solich sein i verloren, das bei früher Entlehnung gleichbed. got. bevor es Umlaut wirken konnte. Eine mhd. sulja f . ergeben hat. An Urverwandtschaft Nebenform selch beruht auf Angleichung an zwischen den germ. und roman. Wörtern, die w e l c h . Sold m. Der lat. (nummus) solidus, die gedielautlich möglich wäre, ist aus kulturgeschichtl. Gründen nicht zu denken: M. Heyne 1903 Kör- gene Goldmünze der Römer, wird zu ital. soldo, perpfl. und Kleidung 264t. — Schon lat. sola afrz. solde, sout, frz. sou 'Münze', früher auch hat die Bed.'Plattfisch'entwickelt und dem ital. 'Löhnung'. Um 1160 erscheint als Entlehnung soglia, port. solha, span. suela, prov. sola, frz. aus dem Frz. mhd. scolt, Gen. soldes (zuerst sole mitgeteilt, wie denn der Vergleich der See- Ahd. Glossen 4, 363, 12) als 'Lohn für geleistete zunge mit einer Schuhsohle naheliegt. Engl. Dienste'. Unter Einfluß des Ztw. s o l l e n entsole, schwed. sola zeigen dieselbe Bed., im Hd. wickelt sich die Bed. zu 'was zu leisten ist, begegnet Solen f . seit Frisius 1641 Dict. 802 a , Pflicht, Dienst': H. Suolahti 1919 Frz. Einfluß Meersolen f . seit Gesner 1663 Fischb. übers, v. 241 f. Aus volkslat. soldus stammen akorn. sols Forer 63 b . Die Fischart heißt auch mbret. soll, 'Geld; Vieh', abret. soll, bret. saoul 'Vieh', kymr. swllt 'Vieh; Schilling'. seilhen. Soldat m. nicht vor Kasp. Güttel 1622 (Zs. Sohn m. Mhd. su(o)n, md. auch son, sün, mnd. f. d. Wortf. 16, 210), Entlehnt aus ital. soldato sone, ahd. sun(u), suno, son, asächs. afries. ags. subst. Part, von soldäre 'in Sold nehmen' (s. sunu, mnl. sone, söne, nnl. zoon, engl, schwed. Sold), woher auch frz. soldat. Durch das ital. son, dän. son (mit 0 aus der Mz. smner), urnord. Wort wird, wie mhd. soldenmre 'Söldner', so auch Akk. Sg. sunu, anord. sunr, sonr und got. sunus gleichbed. frz. saldier (aus mlat. solldärius) verführen auf germ. *sunu- 'Sohn'. Ihm verglei- drängt, das in engl, soldier fortlebt. chen sich gleichbed. aind. sünü-, awest. hunuS, Soldateska /. 'Kriegsvolk', kurz vor dem aslaw. synü und lit. sünüs. Die Stammsilbe 30jähr. Krieg entlehnt aus gleichbed. ital. von idg. *sünü- auch in den mit andrer Endung soldatesca f., wie dies zunächst ohne gehässigen (*sujü-) gebildeten toch. A se, B soyä, gr. hyiös Nebensinn. Nachdem Schiller 1792 die Wendun'Sohn'. Idg. *sünüs 'Gebären, Leibesfrucht, gen g e s e t z l o s e und z ü g e l l o s e S. geprägt Sohn' stellt sich zu Verbalstamm idg. *seu-, hatte, ist v e r t i e r t e S. zum Schlagwort von 1848 *sü- 'gebären' in aind. sute, süyate, sdvati 'ge- geworden: Ladendorf 1906 Schlagwb. 324f.; biert, zeugt', sü- 'Erzeuger', sülu- 'Schwanger- Büchmann 1912 Gefl. Worte 619. schaft', sutd- 'Sohn', air. suth (aus *sutu-) 'GeSöldner m. Zu mhd. solt (s. Sold) wird kurz burt, Frucht'. Auch B r u d e r , M u t t e r , S c h w e - nach seiner Entlehnung mhd. soldenmre ges t e r , T o c h t e r und V a t e r sind Verwandt- bildet, das in frühnhd. obd. sold(e)ner fortlebt. schaftsnamen von idg. Alter. Unser Wort fehlt Ein durch Mischung mit soldier (s. S o l d a t ) entim Alb., Ital. und in den kelt. Sprachen, den- standenes mhd. soldenier liefert unserm S ö l d n e r selben, die auch T o c h t e T verloren haben. den Umlaut. Suolahti 1929 Frz. Einfluß 240. Nhd. 0 für u vor » (wie in N o n n e , S o n n e , geSole /. 'mit Salz gesättigtes Wasser, zum Salzw o n n e n ) hat sich von Norden her durchgesetzt. sieden, Baden usw.', ins Nhd. des 16. Jh. aufObd. Schriftsteller des 16. Jh. bieten u, wie obd. genommen aus gleichbed. mnd. sole, das im Mundarten bis heute. Kern eins ist mit spätmhd. sol, sul f . 'Salzwasser, Soja(bohne) /. Sache und Wort stammen aus -brühe'. In Lüneburg, wo S a l , Sol n. das kleinste China und gelangen vor Ende des 18. J h . über Maß für die Verteilung der Sole am Sode darOstindien, im 19. Jh. durch japan. Vermittlung stellt (Nd. Jb. 6, 1880, 37), ist schon 1390 zalen zu uns. 'Salzwasser' nachweisbar. S o l e i n. 'in Sole ge-
sollen
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kochtes Ei' wird uns zuerst aus Berlin 1741 bekannt. Die dt. Wortgruppe ist auf altem Slawenboden, wo sie zuerst auftritt, aus dem Westslaw. entlehnt: aslaw. soll 'Salz', slanü (aus *solnü), russ. solonyj 'gesalzen' ohne das idg. -d, das die germ. Gruppe S a l z (s. d.) durchführt. — Die Flüsse S a a l e , S a a l a c h , S a a l b a c h , S a h l usw. heißen nach ihrem dunklen Wasser; s. Salweide. sollen Ztw., mhd. suln, soln, mnd. solen (ik sai), spätahd. solan, sulen (ich sai), anfr. sulan (sai), mnl. sullen, nnl. zullen, awest.-fries. sela (sei, sai) 'sollen, schuldig sein'. Daneben stehen entsprechende Formen mit sk-, die im übrigen germ. Bereich allein herrschen und für älter zu gelten haben: mhd. scholn, ahd. sculan, scolati (scal), asächs. sculan, mnd. Scholen (schal), afries. skela, skila, ags. sculan, engl, shall, anord. skola, skula (skal), norw. skula, dän. skulle, schwed. skola, got. skulan 'schuldig sein, sollen'. Das Schwinden des k ist als Kons.-Erleichterung an unbetonter Satzstelle zu erklären, so auch in nordengl. sai. Außergerm, vergleichen sich lit. skylù, skìlti 'in Schulden geraten', skeleti 'schuldig sein', apreuß. skallisnan Akk. PI. f . 'Pflicht'. Dazu (mit andrer Kons.-Erleichterung) lit. kalte 'Schuld', kaltas 'schuldig'. Man setzt den Verbalstamm *skel 'schulden' gleich mit dem unter S c h i l d usw. berührten *skel'schneiden': das Prät.-Präs. skal h ä t t e zunächst bedeutet 'ich habe verwundet, getötet', sod a n n 'ich schulde Wergeid', endlich 'ich soll, muß'. Schon im Anord. steht das Wort nur als Hilfsztw. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu 'sollen' (1. Pers.); 'sollte' (3. Pers.). S. S c h u l d . Söller m. Gr. heliakón 'Gebäudeteil, den die Sonne (hèlios) bescheint', erfährt Lehnübersetzung zu lat. solarium 'flaches Dach, Terrasse'. Es ist das subst. N. des Adj. sölärius 'zur Sonne gehörig', volkslat. solàrium, im Vorton gekürzt wie secürus zu secürus (s. s i c h e r ) . In den roman. Sprachen erscheint ital. solajo, solare 'Zimmerdecke, Stockwerk', rätorom. sulèr 'offner Flur', prov. solar, solier 'Stockwerk, Fußboden, flaches Dach', afrz. solier 'Speicher'. In Frankreich ist das Wort durch grenier 'Dachboden' (aus lat. gränärium zu gränum 'Korn') in die Randgebiete gedrängt. In die germ. Sprachen gelangt es vor Abwanderung der Angelsachsen mit dem röm. Geschoßbau, etwa gleichzeitig mit K a m mer, Keller, Mauer, Mörtel, Pfosten, S p e i c h e r und Z i e g e l . Es lautet ahd. solàri, -èri, solwr, f r ü h m h d . solar, mhd. solre, sölre, sulre usw., asächs. soleri, mnd. solder, anfr. mnl. solre, nnl. zolder, ags. solor, engl, sollar. Auch in Deutschland wahrt das Wort nur Eckpfeiler seines ursprünglichen Gebiets: lat. sjncàrium
Sommerfrische
'Speicher' dringt am Mittel- und Oberrhein ein, S ö l l e r bleibt am Niederrhein und in den a n roman. Gebiet grenzenden Teilen der Schweiz. Die Form S ö l l e r mit Umlaut aus dritter Silbe h a t Luthers Bibel durchgesetzt. H. Sachs schreibt soler; solder hält sich in Teilen der Schweiz, Tirol und Kärnten. In Basel m u ß es 1523 mit S a a l , S u m m e r l a u b verdeutlicht werden, Eck setzt in Ingolstadt 1637 S a a l dafür. Heute werden vielfach recht unklare Vorstellungen mit S ö l l e r verbunden: F. Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 111; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 133f.; Frings 1932 Oerm. Rom. 6. 14; Kuhberg 1933 Verscholl. Sprachgut 60. Solözismus m. 'sprachlich falscher Ausdruck', nach gr. soldikismös. Dies nach dem fehlerhaften Griechisch von Soloi in Kilikien: H. Lamer 1912 Altorient. Kultur 60. Solper, S u l p er m. 'Salzlake, in die das zu pökelnde Fleisch gelegt wird', ein nrhein. hess. Wort, zuerst in Kleve 1477: solper 'salsugo' Schueren, Teuth. 364 Verdam. Nach Vilmar 1868 Id. v. Kurhessen 288 mit S o l p e r f l e i s c h , - k n o c h e n die ausschließt Bezeichnung in ganz Althessen, bestätigt durch Kretschmer 1918 Wortgeogr. 190. 267 und Fritz Hofmann 1926 Niederhess. Wb. 236. Eines mit S a l p e t e r , der früher ausschließlich zum Einsolpern diente. Sommer m. mhd. sumer, ahd. asächs. anord. norw. sumar, mnl. sortier, nnl. zomer, afries. sumur, -er, ags. sumor, engl, summer, dän. Sommer, schwed. sommar. Als 'einen Sommer alte Tiere' reihen sich mit Hochstufe a n : anord. simull, simi(r) '(einjähriger) Ochse', norw. simla 'Rentierkuh', schwed. somel 'Rentierkalb'. AußeTgerm. vergleichen sich aind. sdmä- 'Halbjahr, Jahreszeit, Jahr', awest. hama 'Sommer', armen, am ' J a h r ' , amarn 'Sommer', air. sam(rad), kymr. haf aus akymr. (9. Jh.) ham, korn. haf, bret. hanv 'Sommer'. Sämtlich zu idg. *sem'Sommer'. Sommerfleck s. S o m m e r s p r o s s e . Sommerfrische f . Für Bozen 1511 gilt das Zeugnis, wonach Hans Ried, der Schreiber des Ambraser Heldenbuchs, sich gerne heraus in die frisch zöge (A. Götze 1912 Zs. f. d. Wortf. 13, 164f.). Man sieht in diesem Wort des Bozener Kessels für 'sommerl. Erholungsaufenthalt auf dem Lande' eine Lehnübersetzung des gleichbed. ital. frescura, doch kann die naheliegende Entwicklung auch selbständig eingetreten oder das Verhältnis umgekehrt sein. In Tirol h a t das mhd. Adj.-Abstrakt diu frische schon 1470 den Wandel zu räumlichem Sinn angetreten: Arigo, Decameron 564 Keller „(sie gingen) in dem hoffe an der frische hin vnd her"; 676 „(ein Ritter) der mit andern hern an der frische säße" (F. Wrede 1901 Zs. f. d. Wortf. 1, 78). Während F r i s c h
Sommersprosse
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der volkstüml. tirol. Ausdruck geblieben ist, verdeutlicht man ihn in Herrenkreisen der Stadt Bozen zu S o m m e r f r i s c h , das uns seit etwa 1680 greifbar wird (Zs. f. d. Wortf. 14, 2 2 2 ; Herrigs Arch. 159, 176). Zur Verbreitung im Reich hat wesentlich beigetragen Ludw. Steub 1846 Drei Sommer in Tirol: Ladendorf 1906 Schlagwb. 2 8 9 f . ; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 44. 599. Sommersprosse /. kaum vor Zesen 1670 Assenat 458 „Sonnen- oder Sommersprossen". Eine zuerst norddt. Verdeutlichung für gleichbed. frühnhd. sprusse, mnd. sprole(le), sprule(le), mnl. sproete, das die entspr. Verdeutlichung zu nnl. eomersproete erfahren hat. Zum zweiten Wortteil s. s p r i e ß e n . Unter den Synonymen (Laub-, Sommer-, Sonnenflecken, Fries e l n , K i e s e l ) ist S o n n e n f l e c k vorwiegend oberpfälz. und begegnet hier schon im 16. J h . : v. Bahder 1925 Wortwahl 148. Sommervogel m. mhd. mnd. (15. J h . ) somervogel 'Schmetterling': nächst F a l t e r das wichtigste der von dem jungen Schriftwort verdrängten Synonyme. Heimisch vor allem im Südsaum vom Elsaß bis Tirol, doch auch md. und nd. allenthalben möglich, von Popowitsch 1780 Vereinigung 515 für Schlesien beansprucht. Bevorzugt von Brockes, Hagedorn, Goethe, Wieland, doch auch noch von Grillparzer und Anzengruber. Sonde /. Frz. sonde f. ist in den beiden Bed. 'Sucheisen des Wundarztes' und 'Senkblei des Seemanns' seit Hübner 1712 übernommen. S o n d i e r e n (nach frz. sonder, dies aus volkslat. subundare 'untertauchen') verwendet Heister 1739 Chir. 12 im ärztl. Sinn; sondiren 'die Wassertiefe mit dem Bleisenkel ermitteln' weist Kluge 1911 Seemannsspr. 731 seit 1748 nach. Die übertragene Bed. 'forschen, prüfen' schon bei Sperander 1727. sonder, s o n d e r n . Die germ. Sprachen treten in die Geschichte ein mit einem Adv. der Bed. 'abseits, gesondert, für sich': ahd. suntar, asächs. sundar, anfr. sundir, afries. sunder, ags. sundor, anord. sundr, mit anderer Endung got. sundrö. Nächstverw. sind gr. dter 'ohne', aind. sanulär 'weg, abseits', wz.-verw., doch ohne i-Suffix lat. sine, tochar. sne 'ohne'. Bei uns verklingt das Adv. in frühnhd. Zeit. Der Wandel zur Präp., den manche der verwandten Sprachen kennen, ist in mhd. sunder 'ohne' eingetreten. Die Präp. erhält sich vor Zustandsbezeichnungen (sonder Fehl, Reue) bis in neuere Dichtersprache. Früh erscheint das ahd. mhd. Wort wie frühnhd. besunder, besonders, sunderlich als Konjunkt., die aus einer vorher genannten Mehrzahl von Größen eine einzelne von überragender Wichtigkeit heraushebt: Behaghel 1928 Syntax 3, 293.
Sonett
Die Konjunkt. s o n d e r n ist urspr. nur ostmd. und erweitert ihr Gebiet erst unter Luthers Einfluß im 16. J h . Das Obd., besonders das Hochalem., und das Westmd., besonders das Mfränk., halten bis über die Mitte des 17. J h . weitgehend an s u n d e r und s o n d e r fest: Virg. Moser, Frühnhd. Gramm. § 130, Anm. 6. sonderbar Adj. Adv., mhd. sunderbcere, -bar Adj., sunderbär, -bar Adv., spätahd. sundirbatr, -bare, md. sunderbere, mnd. sunderbär, nnl. sonderbaar: das Verbaladj. ahd. bäri (zu beran 'tragen') tritt an das Adv. ahd. suntar 'besonders'. Ausgangsbed. ist demnach 'sich besonders tragend'. Sie wandelt sich über 'ungewöhnlich' zu 'ausgezeichnet' („Wir rechnen es uns zu sonbarer E h r e " Tieck). Noch zur Zeit der Klassiker stellt sich der heute allein geltende Sinn ein 'nicht der vernünftigen Erwartung entsprechend'. sonderlich s. s o n d e r . Sonderling in. in frühnhd. Zeit z u s o n d e r gebildet wie ahd. jungiling zu j u n g . Zuerst bei Casp. Güttel, Dialogus oder Gesprächb. (Erfurt 1522) K 3 a „wee euch Schreybern, Sunderling vnd Gleißnern", 1525 von Luther aufgenommen: Weim. Ausg. 16, 250, 23 „die Jüden . . . wolten ein frey Volck vnd Sonderling sein". Von ihm der nhd. Schriftsprache zugeführt und in seinem tadelnden Sinn bestimmt. sondern Konjunkt. s. s o n d e r . sondern schw. Ztw., mhd. sundern, sündern, ahd. suntarön, mnd. sunderen, nnl. -sonderen, ags. (ge)sundrian, syndrian, engl, sunder, anord. sundra, schwed. söndra: Ableitung vom Adv. s o n d e r . S o n d e r n ist Luthers Form, durch ihn ist sie nhd. geworden. Das einfache Ztw. ist neuerdings zurückgedrängt durch a b - und a u s s o n d e r n , entsprechend im Nl. Geblieben ist das als Adj. gebrauchte Part, g e s o n d e r t , doch zieht die Gegenwart Zus.-Setzungen mit S o n d e r - vor ( S o n d e r m e l d u n g , - Z u t e i l u n g ) , das in amtlich eingeführten Wörtern wie S o n d e r z u g für älteres E x t r a - steht. Sonett n. L a t . sonus 'Klang' (s. S c h w a n ) ergibt afrz. son 'Lied', dazu die Verkl. sonet, entlehnt zu ital. sonetto 'kleiner Tonsatz'. In Italien gestrafft zur Kunstform aus vierzehn Versen in vier Strophen (zwei Quartette und zwei Terzette) mit strenger Reimstellung, wird das Sonett durch Dante und Petrarca zu klassischer Höhe geführt. In Deutschland verwenden es zuerst Fischart, Schede und Weckherlin. Opitz führt nach dem Vorbild des frz. sonnet (so seit Ronsard und DuBellay) den Alexandriner in das K l i n g g e d i c h t ein und hebt es zur beliebtesten Modeform seiner Zeit.
Sonnabend
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Sonnabend s. S a m s t a g . Sonne /. mhd. afries. ags. sunne, ahd. asächs. anfr. anord. sunna, md. mnl. sonne, mnl. zon, engl, sun, got. sunnö f., in der Formel al sunnin urrinnandin n. Ahd. asächs. sunno, mhd. sune m. erinnern an mä-no, ster-no, s. M o n d , S t e r n . Das germ. Wort ist mit -ew-Suffix abgeleitet von idg. *säu-, *su- 'Sonne'. Dazu mit -ei-Suffix (das in s c h w e l e n wiederkehrt) gleichbed. ags. anord. söl, dän. schwed. sol, got. sauil aus germ. *säuusl-. Die -en-Bildungen haben außergerm. Entsprechungen in awest. (Gen.) xvang (aus *suen-s) 'Sonne', xvanvani 'sonnig'. Zu den ¡-Bildungen, vgl. F e u e r , H i m m e l , W a s s e r , lat. söl, lit. lett. sdule, aslaw. slünice, kymr. haul, akorn. heuul, bret. Mol, gr. hom. eilios, att. helios, kret. dfcAtos (aus *saueliio-), aind. stivar 'Sonne'. Sonnenblume f . Name verschiedener Pflanzen, vor allem des aus Peru eingeführten Helianthus annuus, alt auch Sol indianus, nach der Gestalt des gelben Blütenkorbes S o n n e n b l u m e seit A. Lonicer 1567, bei Dichtern später auch S o n n e n r o s e : B. E. Rosenberg, Die Sonnenblume. Diss. phil. Würzburg 1938. Sonnenschirm m. geht dem R e g e n s c h i r m (s. d.) seit Dasypodius 1537 voraus, begegnet aber bis Ende des 17. Jh. fast nur bei Schilderung südlicher und morgenländ. Sitten. Sonnenuhr f . Die erste Sonnenuhr in Deutschland errichtete Gerbert von Reims (der spätere Papst Silvester II.) für seinen Schüler Otto III. in Magdeburg 996. Wie sie deutsch benannt wurde, wissen wir nicht. Sunen ur begegnet nicht vor dem 16. Jh. Eine Sonnenuhr am Portal einer roman. Kirche in England nennt sich um 1050 ags. söl-merca. Der Name ist entlehnt aus gleichbed. anord. söl-merki, dies dem lat. sölärium nachgebildet. Daneben besteht ein anord. sölmark 'Tierkreiszeichen': M. Förster, Engl. Stud. 26, 446. Sonnenwende /. mhd. sunnenwende, -wandet, -wendel, mnd. sunnenwandinge, anord. söl(ar)hvarf, urspr. 'Umkehr der Sonne'. Die ahd. Entsprechung ist zufällig unbezeugt, doch begegnet das Adj. sunnawendiger 'heliotropius'. Im Griech. entspricht Tpoirf) (Tpoual) T|EA!OIO, ohne daß Entlehnung vorläge. Mundartliche Formen wie mhd. sündwend, obd. simme(n)t weisen auf ahd. *sunninwenii (neben *sunnunwenti). Die Sonnenwendfeiern sind uraltes Erbgut; ihr Sinn ist, der ermüdet gedachten Sonne zu helfen und ihr magische Kraft zur Umkehr zu verleihen. So ist mhd. (schwäb. alem.) sunnegiht, ags. sungihte 'solslitium' als 'Sonnenbeschwörung' zu verstehen, ähnlich mnd. sunnenstavinge (zur Formel: d e n E i d s t a b e n ) . Dem lat. solslitium entsprechen mhd. sunnenstat, -stant, -standunge, -steunge, ags. sun(n)stede, anord. sölstada: die
sonst
Vorstellung, daß die Sonne an ihrem höchsten und tiefsten Punkt stehenbleibe, kennen viele alte Erzählungen idg. Völker. S o n n w e n d g e b i r g e , - j o c h , - s t e i n in den dt. Alpen (im Drittkompositum stets die verkürzte Form) heißen nach den dort abgebrannten Sonnwendfeuern. P. Lessiak 1912 Zs. f. dt. Alt. 53,160ff.; V. Stegemann 1936 Handwb. d. dt. Abergl. 8, 87 f. Sonntag m. Lat. dies solis (so z. B. Tertullian um 200 n. Chr. nach gr. hem&ra helion) liefert (wie breton. disul, kymr. dydd sul) den vorchristL Namen des ersten Wochentags: ahd. sunnün tag, mhd. sun(neri)tac, asächs. sunnundag, mnl. Sonnendach, afries. sunnandei, ags. sunnandxg, engl. Sunday, anord. sunnu(n)dagr (nie *söldagr). Die Lehnübersetzung hat vor dem 4. J h . stattgefunden: damals wurde dies solis durch kirchl. (dies) dominica (nach gr. kyriake) verdrängt, das (wie ital. domenica, span. domingo, frz. dimanche, air. domnach) ahd. fröntag, anord. dröiiinsdagr 'Tag des Herrn' ergeben hat. Sonntagskind n. 'die dominica naturn'. Die Ausgangsbed. tritt nachmals zurück hinter den überirdischen Gaben, mit denen nach dem christl. Volksglauben diese Glückskinder gesegnet sind. Bei uns erscheint zuerst die Fähigkeit, Geister zu sehen: Fischart 1574 Aller Praktik Großm. 126 (Kloster 8, 646) „Ich bin ein Sonntagskind; ich sehe kein Gespenst, ohn die Magd im Unterhembd". Seltsam Kirsch 1739 Cornu cop. 2, 300 „Sontagskinder/jui caprum orientem conspexerunt". Jünger ist G l ü c k s k i n d , s. d. sonst Adv., mhd. su(n)st, älter sus, ahd. asächs. mnl. sus, nnl. zus 'so' stimmt im Anlaut zum bed.-verwandten so. Daneben steht, zum Stamme des Pron. der gebildet, gleichbed. mnd. md. dus, mnl. düss, nnl. dus, asächs. afries. ags. engl. thus. Offenbar ist das hd. Wort aus thus durch Anlehnung an so entstanden. Umlaut in obd. nd. siis ist wohl durch das folgende Wort verursacht, das oft i s t oder n i c h t ( s ) war. Nhd. s o n s t hat als Luthers Form gesiegt; daneben sunst bis ins 17. Jh.; z. B. reimt P. Gerhardt geschriebenes u m s o n s t auf G u n s t . Seither hat sich, außer in den Mundarten, o durchgesetzt, wie schon vorher in s o n d e r und s o n d e r n . Antritt des t (wie in j e t z t , m i t t e l s t , n e b s t , s e l b s t ) reicht bis 1292 zurück; damals reimt der österr. Seifrid Helbling 2, 89 f. brüst auf sust. n wird im Obd. seit dem 14. Jh. eingeschoben. Formen ohne w leben namentlich in nd. Mundarten fort. Man vergleicht Einschub von n vor s im spätmhd. Alem. (meinst, meinster), erklärt damit aber nicht die größere Verbreitung in s o n s t . Ein ungeklärtes n auch in sint für mhd. Sit, s. s e i t , s i n t e m a l . — Der Bed.-Wandel mag
Sorbetft)
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'sich am ehesten in der elliptischen Drohung vollzogen haben „Bessere dich, sonst . . .", wo gemeint war 'wenn du bleibst wie bisher (stehe ich für nichts'), aber verstanden werden konnte 'im andern Fall (geschieht ein Unglück)'. Eine Handbewegung unterstrich die neue Bed., wie bei u m s o n s t , s. d. Sorbet(t) m. Auf arab. Sarbat ' T r u n k ' beruht türk. §erbet ' K ü h l t r a n k ' . Bei uns erscheint Serbett 1540: Hnr. v. Eppendorf, Türk. Kaiser Ank u n f t 100. Im Ital. entsteht durch Angleichung an sorbire 'schlürfen' sorbetto. Dem entspricht S o r b e t , zuerst bei Hohberg 1687 Landleben I , 329. Sorge /. mhd. mnd. sorge, ahd. sor(a)ga, afränk. sworga, asächs. anfr. sorga, mnl. sorghe, surghe, nnl. zorg, ags. anord. isl. dän. schwed. sorg, engl, sorrow, got. saürga. Mit aind. sürksati ' k ü m m e r t sich um etwas' zum idg. Verbalstamm *sy,ergh- 'sorgen, sich um etwas kümmern'. Daneben f ü h r t alb. dergSrn 'bin bettlägrig' auf eine Grundform *syx>rg{h)iö, air. serg 'Krankheit', lit. sergit, sirgii ' k r a n k sein', aslaw. sraga'Krankheit', sragü 'herb, finster' auf *serg(h)' k r a n k sein'. Als gemeinsame Ausgangsbed. ist vorauszusetzen 'körperliche, dann seelische Gedrücktheit, mürrisches Wesen als Folge von Krankheit'. Sorgenbrecher m. als Dichterwort f ü r 'Wein' zuerst bei Ewald v. Kleist 1757 Werke 1, 107 Sauer. Auch weiterhin bei Dichtern, denen gr.lat. Lyaeus (zu gr. lyein 'lösen') als Beiname des Bacchus bekannt war, den Horaz, Oden 1, 7, 22 auf den Wein übertragen hatte. S. R e b e n saft. sorgenschwer Adj. Das noch bei Adelung u n d Campe fehlende Dichterwort steht schon bei Joach. Rachel 1664. Nach Schubarts Vorgang nimmt es der junge Schiller auf: Zs. f. d. Wortf. II,124. Sorgfalt f . kaum vor Schupp 1660 Streitschr. 56 Ndr., Rückbildung aus s o r g f ä l t i g Adj., mhd. (md.) sorcveltic, mnd. sorchveldich, mnl. sorchvoudich. Hierneben steht mnd. angstevoldich, mnl. anxlvoudich. Die urspr. Vorstellung ist offenbar, daß die Träger der Eigenschaft vor Angst und Sorge Falten auf der Stirn haben. Sorte /. Lat. sors, sortis 'Los' erscheint unverändert in Nürnberg 1394 (Chron. d. dt. Städte 1, 78) „sol im von ider Rist Papirs geben ein Ort eines Guldin, da3 prima sors i s t " : Die Ware wird in verschiedene Lose 'Güteklassen' aufgeteilt. Hier wurzelt die Bedeutung ' Q u a l i t ä t ' , die mlat. sors an ital. sorta und frz. sorte weitergibt. Als Handelswort ist mnd. sorte (seit 1381) über mnl. sorte aus Frankreich entlehnt, während frühnhd. sort(e) aus Italien s t a m m t . Den Kampf der Formen zeigt in Oberschwaben AI.
Spagat
Schulte, Große Ravensb. Handelsges. 3, 124 (1479) „zehen Cystly Zukers . . . von baida Sortta", 131 „ain Sort", 157 (1480) „von allerlay Sorta" 169 „was usz ain ieder Sort gelost ist". Entsprechend dem ital. sortire erscheint g e s o r t i e r t 1478 (AI. Schulte 1923, Gesch. d. Großen Ravensburg. Handelsges. 3, 400); Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.-Spr. 178; A. Götze 1923 Zs. f. dt. Phil. 49, 288. Soße s. S a u c e . gotan Adj. Mhd. sögetän, mnd. sögedän 'so beschaffen' weicht einem spätmhd. sötän, nd. södän. Daraus entlehnt dän. saadan, schwed. sädan 'solch'. Auch a l t - , h a u s - , n e u b a c k e n und r e c h t s c h a f f e n unterdrücken die Vorsilbe g e - im zus.-gesetzten W o r t : Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. 324. soweit s. i n s o w e i t . sozial Adj. Lat. sociälis 'gesellschaftlich' (zu socius 'Genosse') ergibt frz. social, das durch Rousseaus Contrat social 1762 zum Schlagwort wird. Die einem Wort Napoleons I. nachgebildete Wendung d i e s o z i a l e F r a g e scheint bei uns seit der Julirevolution eine Rolle zu spielen: Bismarck 1881 Polit. Reden 9, 13 „Seit fünfzig Jahren sprechen wir von einer socialen Frage". S o z i a l d e m o k r a t seit Begründung der „Socialdemokratischen Arbeiterpartei" in Eisenach 1869. S. G e n o s s e ; Ladendorf 1906 Schlagwb. 290 ff.; Büchmann 1912 Gefl. Worte 469. Spachtel f . m. Zu dem aus gr. späthe (s. S p a t e n ) entlehnten lat. spatha f . 'Rührlöffel' gehört die Verkl. spatula, ital. spatola 'Schäufeichen der Apotheker und Maler'. Über die Alpen wird das ital. Wort ins Obd. entlehnt. Hier erscheinen im 15. J h . spat(e)l, im 16. J h . spattel und spathel als 'Apothekerschäufeichen' u. 'wundärztliches Gerät'. Zu Ende des 16. J h . begegnet S p a t e l auch im Md., erst im 17. J h . im Norddt. Als Werkzeug der Maler ist es bei uns seit Ende des 18. J h . bezeugt. Im Süd- u n d Mittelbair. entwickelt sich zwischen Tonvokal und t ein ch, das seit Anfang des 15. J h . sichtbar wird, z. B. im Namen V e i c h t l aus lat. Vitus. Demgemäß erscheint S p a c h t e l (wie S c h a c h t e l , s. d.) seit Seb. Franck 1543 Weltbuch 123 : Virg. Moser 1938 Zs. f. Mundartforsch. 14, 70ff. Spagat m. Zu ital. spago in. 'Bindfaden', das gleichbed. Schweiz, schwäb. spagen geliefert hat, gehört die Verkl. spagketto m. 'dünne Schnur', im 16. J h . entlehnt (späget Ostermann 1591 Voc. anal. 1, 97 b ). In heutiger Umgangssprache ist S p a g a t (meist in der Form Spggöt wie sglgf) Synonym f ü r schriftdt. B i n d f a d e n in Siebenbürgen, Österreich, im südlichen u n d mittleren Bayern, in Teilen Württembergs u n d im vormals österr. Südbaden. Mundartl. ist sein Be-
spähen
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reich noch größer, namentl. im Ostmd.: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 18. 121. 602; B. Martin 1928 Teuth. 4, 282; Schweiz. Id. 10 (1930) 54. spähen schw. Ztw., mhd. spähen, ahd. spShön, spiohön, md. spen, mnd. spe(e)n, späten, mnl. spien, jünger spieden, ebenso nnl. (d eingeschoben wie in geschieden 'geschehen', kastijden 'kasteien'). Auf Entlehnung aus dem Mnd. beruhen spätanord. schwed. speja, norw. mundartl. spceja, dän. speide, älter speie. Daneben mhd. spehe f . 'prüfendes Betrachten', spcehe Adj. 'scharfsichtig, schlau', spähe Adv. 'kunstvoll', ahd. spahl, -Ida f . 'Weisheit', speha f . 'das Ausforschen', speho m. 'Späher', ahd. asächs. spähi Adj. 'klug', anord. spä (aus *spahö) /. 'Wahrsagung', spä (aus *spahön) Ztw. 'wahrsagen', spar Adj. 'weissagend'. Urverwandt sind lat. speeiö, conspiciö, species, -spex (in au-, haruspex), speculum, gr. skSptomai (skep- umgestellt aus *spek-) 'schaue', skopös 'Späher; Ziel', skepsis 'Betrachtung', alb. paSe 'ich sah', awest. spasyeiti, 'er späht', aind. spdgati, pdpyati 'er sieht', spas' 'Späher': sämtlich zu idg. *spek- 'scharf hinsehen'. Im Nhd. war das Ztw. nach 1600 veraltet. Dichter wie Gleim, Klopstock und Wieland haben es neu aufgenommen, ohne daß es recht lebendig geworden wäre. Auch mundartlich zeigen s p ä h e n , a u s - , d u r c h - , e r s p ä h e n nur schwaches Leben. — S. auch S p i o n . Spake s. S p e i c h e . Spalier n. als Wort der barocken Gartenkunst, nach Mitte des 17. Jh. entlehnt aus ital. spalliera f . 'Lattengerüst mit daran aufgebundenen Obstarten', das zu spalla 'Stütze' (urspr. 'Schulter', verwandt mit S p a c h t e l und S p a t e n ) gehört. Zuerst begegnet Spalera in dt. Text in Ulm 1663; es folgen G a r t e n - S p a l l i r in Nürnberg 1678 und S p a l i r das. 1682. Fortan geraten Wort und Sache unter Einfluß der frz. Gartenkunst, die das geradlinige Spalier begünstigt und (nach ital. Vorbild) espalier m. 'Baumgeländer' nennt. Das dt. Wort wird n. unter Einfluß von G e l ä n d e r . Übertragung auf Menschenreihen zuerst bei einer Feuersbrunst 1787. spalten schw., urspr. redupl. Ztw., mhd. spalten, ahd. spalian, md. mnd. spalden, spolden, mnl. spalden, spouden, spouwen, nnl. spouwen, engl, mundartl. spald 'spalten'. Dän. spalte beruht auf Entlehnung aus dem Nhd. Daneben ahd. (Notker) spalt m. 'fissura, divisio', mhd. spalt m. «., spalte f., sp(lte, spilte f . 'Lanzensplitter', mnd. spelderen 'abgespaltene Holzstücke', ags. speld n. 'glühende Asche, Funke; Fackel', anord. spjald, speld 'Brett', schwed. spjäll, dän. spjeld 'Ofenklappe, Keil im Hemd', got. spilda 'Tafel'. Mit präsent, t zum idg. Verbalstamm *(s)p-(h)el-, zu dem mit Ablaut
Spanne
S p u l e , mit l-Präs. gleichbed. mhd. spülen gehört. Außergerm. Verwandte sind aslaw. rasplatiti 'spalten', russ. raspolöl' 'zerschneiden', lett. spalva 'Feder, Gefieder', spilva 'Hülse, Samenwolle, Wollgras', spilvines 'Birkenrinde', lit. spälis 'Flachsschäbe', apreuß. spelanxtis 'Splitter', lat. spolium 'abgezogene Haut, Beute', gr. spaldssein 'schneiden', spolds 'abgezogenes Fell', sphalis, psalis 'Schere', sphilas 'Scheit, Bank', aind. sphafati 'reißt, springt', sphätdyati 'spaltet', sputa- 'aufgebläht', apers. spara'Schild', toch. A spält-k, B spalk 'sich anstrengen'. Span m. Mhd. ahd. mnd. spän 'Holzspan', mnl. spaen 'dünnes langes Hölzchen, Holzlöffel', nnl. spaan 'Span, Butterstecher, Ruderblatt', afries. span, spon 'flaches Brustschild von Gold', ags. spon 'Span, Schnitzel' (auch in Ortsnamen), engl, spoon 'Löffel', anord. spann, spönn 'Splitter, Holz-, Schießscheibe, Platte als Schmuck der Schiffe, Löffel, Schindel', schwed. spän, dän. spaan, norw. spon 'Holzlöffel' führen auf germ. *spänu-, bestätigt durch das früh daraus entlehnte finn. paanu 'Schindel'. Mit gr. sphm, *sphan6s 'Keil' zur idg. Wz. *spe-: *sps- 'langes flaches Holzstück', zu der auch S p a t 1 und S p a t e n gehören. Spanferkel n. 'noch saugendes oder eben abgesetztes Schweinchen', frühnhd. spfnferklein mnd. sp?n-, sponverken, nnl. speenvarken, mhd. sp?nvarch, spünnevfrhelin, ahd. spen-, spunnifarah. Im Bestimmungswort ist eine uralte Bezeichnung der Zitze enthalten: mhd. spen, spune, spünne, ahd. spunni, mnd. spene, spone, ags. spane, spanu, anord. speni, aschwed. spini, schwed. spene. Mit apreuß. spenis, lit. spenys, air. sine beruht das germ. F. auf *speno'Zitze'. S. auch S e n n , s p a n n e n . Spange f . Mhd. mnd. spange 'Querholz, Riegel; Spange', ahd. spanga, mnl. spanghe, nnl. ags. spang, engl, spangle 'Metallblättchen', anord. spgng 'dünne Platte, Eisscholle', schwed. späng 'kleine schmale Fußgängerbrücke', dän. spang(e) 'Spange; Steg über einen Bach', norw. spong 'schmale Platte, kleine Stockbrücke, Eisgürtel' führen auf germ. *spangö-, woraus früh entlehnt finn. pank(k)u, panka 'Schnalle'. Nahe verwandt sind mnd. spengen 'beklemmen', Spenge 'knapp, eingeschränkt', fränk. späng 'knapp, selten': mit j-Formans zu mnd. span 'Spange' usw., mithin zur Sippe von s p a n n e n , s. d. Spangrün s. G r ü n s p a n . Spanne /. Mhd. spanne, spange, ahd. spanna, mnd. mnl. afries. spanne, nnl. span(ne), ags. spann, engl, span, anord. spgnn, schwed. spann, dän. spand führen auf germ. *spannö-, Abstr.Bildung zu s p a n n e n , s. d. Der abstr. Sinn ist früh eingeengt auf das Maß, das durch Span-
spannen
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"nung der rechten Hand zwischen der Spitze des Daumens und der des kleinen Fingers (größere Spanne, neunzöllig) oder der des Zeigefingers (kleine Spanne, siebenzöllig) entsteht. spannen schw. Ztw. Die schw. Ztw. mhd. mnd. spennen 'spannen', anord. sp$nna 'umschließen, -spannen, klemmen', schwed. spänna, dän. spmnde 'spannen, ansträngen, befestigen' gehen auf das Kausativ, dazu germ. *spannjan das vorliegt in zum st. redupl. ahd. spannan, Praet. spiorn (aus -nn nach Vokallänge), mhd. mnd. nnl. spannen 'spannen, sich dehnen, gespannt sein', ahd. ags. spannan 'spannen, befestigen, verbinden, anheften', afries. norw. spanna. Die Gemination ist als expressiv (gefühlsbetont) zu verstehen. Einfaches n haben mhd. spän 'Streit' (süddt. Span) mit Ablaut widerspän 'Streit', widerspmne = widerspennic, -spenstig. Die Wurzel *{s)pen zeigt sich in aslaw. plna, peti 'spannen', pato, lit. pdntis, lett. pinekls alle drei = 'Fessel'. Dazu gehört *germ. span- 'locken', ahd. st. Ztw. spanan, Prät. spuon 'verlocken', mhd. schw. Ztw. spanen, spenen 'locken, reizen, antreiben'; ab sp. 'abwendig machen', ein kinl sp. 'von der Mutterbrust entwöhnen'. Vgl. a b s p a n n e n bei Luther, a b s p e n s t i g , G e s p e n s t , S p a n f e r k e l ; weiterhin germ. spen- in der Bedeutung s p i n n e n s. d. — Die starken Formen des Prät. von s p a n n e n sind in frühnhd. Zeit geschwunden, während sich das Part, g e s p a n n e n schriftsprachlich bis ins 17. Jh., mundartlich bis heute gehalten hat. Spannkraft f. Ersatz wort für E l a s t i z i t ä t , seit Adelung 1780. Schon 1747 kommt I. Kant (Werke hg. v. d. Preuß. Akad. 1 1 , 44) der Prägung nahe: „Es ist also nicht die Menge der zugedrückten Federn, wonach die Kraft des Körpers, der sie alle spannt, abgemessen wird". Spant «., meist im Plur. S p a n t e n 'gebogene Rippen, die dem Schiff die Form geben und auf denen die Außenhaut aufliegt'. Ins Hd. vor Ende des 18. J h . (Kluge 1911 Seemannsspr. 734) gelangt aus nd. spant 'Dach- oder Schiffsrippe', das auch gleichbed. dän. scliwed. spant geliefert hat. Wohl Ableitung zu mnd. span, Gen. spannes 'Dach- oder Schiffsrippe'; weiterhin zu s p a n n e n . sparen schw. Ztw., mhd. sparn, ahd. sparen, -ön, asächs. sparon, mnd. mnl. nnl. sparen, afries. sparia, ags. sparian, engl. dän. norw. spare, anord. schwed. spara. Die heute gangbare Bedeutung 'weniger (Geld) ausgeben' ist Besonderung aus '(noch) nicht (völlig) brauchen', noch altertümlicher engl, spare 'schonen, unversehrt bewahren', das in dem Schweiz. Abschiedsgruß Spar di Gott gsund anklingt. Das Ztw. ist abgeleitet aus dem Adj. ahd. spar
Sparren
'sparsam' ('dürr' in Geländenamen wie obd. S p a r e n b e r g , westfäl. Sparbeke, nl. Spaarnwoude am Fluß het Spaarne), ags. spœr, engl. spare, anord. sparr 'sparsam, karg', wozu das heute umgedeutete Adv. s p ä r l i c h . Auch ahd. sparhenti, ags. spsèrhende sind frühe Träger des Begriffs 'sparsam'. Anfr. *sparanjan wird vorausgesetzt durch das daraus entlehnte frz. épargner 'ersparen, verschonen'. Germ. *spa-ra 'aus weitreichend' ist urverwandt mit aslaw. sporü 'reichlich', tschech. sportf 'aus-, ergiebig', armen, p'art'am 'reichlich', aind. sphirâ- 'feist': zur idg. Wurzel *spé(i)-: *spl- 'sich ausdehnen'; s. s p ä t , s p u t e n . Spargel m. Nachdem Plinius Hist. nat. 19, 145 eine in Germanien wildwachsende Spargelart erwähnt hatte, für die wir vom dt. Festland keinen heimischen Namen erfahren, kam die veredelte Pflanze im 15. J h . aus dem Süden zu uns. Zum idg. Verbalstamm *sp(h)er(e)-g- in seiner Bed. 'sprießen' gehört (mit aind. sphurjati 'bricht hervor', awest. sparaya- 'Sproß', gr. spargäö 'strotzen, geschwellt sein') gr. aspdragos 'junger Trieb; Spargel', lat. asparagus, das in die europ. Sprachen gedrungen ist: frz. asperge, engl, asparagus, dän. norw. asparges, und (mit Kürzung des unbetonten Anlauts) mlat. sparagus, ital. sparagio. Hieraus frühnhd. spargen, sparg(e) und (seit 1516) S p a r g e l , wohl nach dem Vorbild von K e r b e l . Eine Schweiz. Nebenform spars folgt gleichlautenden oberital. Mz.Formen; sparsaeh, -ich ergibt sich durch Anlehnung an Gemüsenamen wie chnoilich, chressich, lattich, rätich: Schweiz. Id. 10 1939 488ff. Sparkalk m. 'aus Gips gebrannter Kalk', frühnhd. spare-, spor-, sperkalk. Der erste Wortteil bedeutet 'Gips' auch in frühnhd. spar-, sperglas 'Marienglas' und begegnet wieder in ags. spœren Adj. 'von Kalk, von Mörtel', speerstän m. 'Gips, Kalk'. Ursprung dunkel. Sparren m. Mhd. mnl. sparte 'Stange, Balken; Querbalken im Wappen', ahd. asächs. sparro, mnd. spare, nnl. spar, awestfries. Speeren 'Balken', afries. sperfallich 'sparrenfällig', mengl. sparre, engl, spar 'Sparren, Schlagbaum', anord. spar(r)i 'Sparren, Balken', dän. schwed. sparre 'Dachsparren' führen auf germ. *spar(r)an- m., neben dem *sparriön f. zu erschließen ist aus anord. norw. sperra, schwed. mundartl. spärro 'Dachbalken'. Auf Entlehnung aus dem Germ, beruhen afrz. esparre 'großes Holzstück', frz. épar 'Sparren, Riegel; Angelhaken; lange Spiere für Mast und Rahen'; lit. späras, lett. spahre, poln. spara 'Sparren'. — Vom M. abgeleitet ist das schw. Ztw. s p e r r e n , urspr. 'mit Sparrenwerk versehen', dann 'mit einem Sparren verschließen': mhd. sperren, spirren, ahd. sperren (Prät. sparia, mhd. sparte, früh-
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Sparte
Specht
ags.
spät Adj. und Adv. Das Adj. lautet ahd.
gesparrian 'verrammeln', entlehnt aus anord. spana 'mit Sparrenwerk versehen; verhindern; (die Beine) spreizen' (dies vom Bilde der Dachsparren), dän. sperre, schwed. spärra. Sämtlich aus germ. *sparrian. Daneben setzen gleichbed. mnl. nd. speren ein germ. *sparjan voraus. Die außergerm. Verwandten s. u. Speer. Sparte f . Im 'Telephos' des Euripides sagt Agamemnon zu Menelaos: „Du hast Sparta erhalten: das verwalte. Wir aber verwalten Mykenai von uns aus". Der Vers °Hv iAaxe; ZirapTTiv KÓapEi wurde sprichwörtlich in dem Sinn 'Erfülle die Aufgabe, die dir zugefallen ist'. Treitschke rief 1895 in seiner Rede 'Zum Gedächtnis des großen Krieges' dem dt.
späti, m h d . spmte, md. spete, mnl. späde, nnl. spä(de). Got. sind spediza ' s p ä t e r ' u n d sped-
nhd. sperle), mnl. sperren, nnl. (ver)sperren,
Jüngling zu: Sparlar», nactus es, hanc
exornarl
(um)ists 'spätest' bezeugt. Daneben das umlautlose Adv. ahd. späto, m h d . späi(e), späte, m n d . späde(n), späd. Dem Engl,
md. und
Nord, in vorgeschichtlicher Zeit abhanden gekommen. Man setzt für germ. *sped- die Grundbed. 'sich hinziehend' voraus und gewinnt so Anschluß an den idg. Verbalstamm *spe(i)-, *spi- 'sich ausdehnen' (s. s p a r e n und sputen). Die nächsten außergerm. Verwandten sind lit. spUas 'Muße', lat. spatium 'Raum, Ausdehnung, Dauer', aind. sphäta- 'groß, stark'. Andern Auslaut zeigen argiv. spadion 'Rennbahn' und aind. sphärd- 'ausgedehnt, weit'. Spatel S. S p a c h t e l . Spaten m. S p ä t m h d . spat{e),
asächs.
spado,
Hier entspringt das seit Schmeller 3 (1836) 677 mnd. mnl. nnl. engl. dän. schwed. spade, afries. gebuchte S p a r t e f . 'Antheil, Aufgabe': Kluge spada, ags. spada m., spade, -u f., spätanord. 1895 Stud.-Spr. 127; Zs. f. d. Wortf. 1, 365f. -spadi führen auf germ. *spadan-. Der nächste außergerm. Verwandte ist gr. späthe 'breites Spaß TO. Mit lat. expandere (Part, expassus) flaches Holz zum Festklopfen des Einschlags 'ausbreiten' gleichbed. ist ein spätes *expassäre, beim Weben; Spatel zum Umrühren, Ruder-, zu dem sich ital. spassarsi 'sich belustigen' stellt. Schulterblatt; langes breites Schwert', dazu Dazu spasso m. 'Vergnügen', das 1600 bei uns hethit. iipalar' Spieß' (?).Das gr. wie das germ. erscheint: Kiechel, Reise 198 „die Ritter haWort ist mit dTi-Formans gebildet zu idg. ben wenig Kurzweil oder Spasso". Spaß (da*spe-, *spa- 'langes flaches Holzstück', das in neben Gespaß) tritt 1644 auf (DWb. 10, 1, S p a n vorliegt. Ahd. *spato ist unbezeugt, wie 1959) und wird seit Schottel (1663) 1418 gedenn bis heute das Wort in obd. Mundarten bucht. Das alte ä hat sich mundartl. von Bayeine geringe Rolle spielt (P. Kretschmer 1918 ern bis Westfalen weithin erhalten. SchriftWortgeogr. 412); mhd. spat{e) tritt spät auf sprachl. ä, von Adelung gefordert, stammt aus (zuerst als spat in Winterthur 1469: Schweiz. den zweisilbigen Formen. Id. 10, 683), doch schränkt sich schon damit Spat1 m. Die blättrig brechende Gesteinsart, die frühere Annahme ein, nhd. S p a t e n sei Mz. S p ä t e , mundartl. auch ipäd, tritt im 12. spät aus dem Nd. entlehnt. Sie gilt nur für die J h . als m h d . spat m. n. auf (daneben spät n. bis ins 18. Jh. häufige Form Spade(n). Ital. 'abgerissenes Stück, Splitter'). Aus dem Hd. spada 'Schwert', wozu frz. ¿pee, wird glaubhafentlehnt sind gleichbed. mnd. spät, nnl. spaath, ter aus dem Griech. hergeleitet als aus dem engl. dän. schwed. spat, mlat. spat(h)um, frz. Germ. spath, span. espato, ital. spatto. Germ. *spepa, Spatz s. Sperling. * speda- stellt sich als Weiterbildung auf idg. t zur spazieren schw. Ztw. Zu lat. spatium n. Wurzel *spe 'langes, flaches (Holz-)Stück'. Der 'Raum' gehört in seiner Bed. 'Stück Wegs' nächste germ. Verwandte ist S p a n , s. d. Die spatiäri 'sich ergehen', das über gleichbed. ital. Gesteinsart ist danach benannt, daß sie sich spaziare als spacziren ins Mhd. des ausgehenleicht spaltet. Der Name vergleicht sich dem den 13. Jh. gelangt: H. Suolahti, Frz. Einfl. aind. sphatika- 'Bergkristall' (zur idg. Wurzel 1929, 244; 1933, 122. Für das nachmals ver*sphel-, s. spalten). breitete Fremdwort (mnd. spatzeren, spasseren, Spat2TO.'Geschwulst am Pferdefuß', mhd. spat mnl. spaceren, spa(e)tsiren, spätanord. spazera) m. f., f r ü h n h d . spatt, m n d . mnl. nnl. spat n. Aus schlägt Zesen 1646 l u s t w a n d e l n vor, s. d. dem Dt. entlehnt sind gleichbed. dän. spat, Spazierstock w. zuerst bei Zesen 1645 schwed. spatt. Die ursprüngliche Bedeutung zeigt Ibrahim 127, wo die Verdeutschung W a n d e l älter nl. spat 'Krampf', woraus nnl. (ader)spat s t a b vorgeschlagen wird, ohne Erfolg, denn 'Krampfader', verwandt mit nl. nd. spatten 1715 kehrt „Spatzier-Stab oder -Stock" bei 'zucken, zappeln': mit gr. spadön 'Zucken, Amaranthes, Frauenz.-Lex. 1875 wieder. Krampf', sphadäzein 'zappeln, zucken' und Specht m. m h d . ahd. speht, m n d . specht, ist aind. spaniate 'zuckt, schlägt aus' zur idg. Wz. dem Dt. nur mit dem Nord, gemein: anord. *sp(b)e(n)d- 'zucken, zappeln'. spselr, dän. spette, norw. spett(a), schwed. K l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 17. Aufl.
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Speck
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hackspeit. Engl, speight, afrz. espoit, wallon. spoi, vielleicht auch nl. speeht sind aus dem Dt. entlehnt. Hier ist auslaut. -t nachträglich angetreten, mhd. ahd. spech (woraus afrz. espeche, frz. ipeiche) wirken mundartl. und in Ortsnamen fort; der Spessart heißt alt Speicheshart; auch schwed. hackspik bleibt ohne -t, aus germ. *spiha-. Den außergerm. Verwandten fehlt das anl. s-: lat. picus 'Specht', plea 'Elster', apreuß. picle 'Krammetsvogel', aind. pika-h 'indischer Kuckuck' führen auf *(s)piko'größerer Vogel'. Wurzelanknüpfung an Wortgruppen der Bed. 'bunt', 'Fleck', 'piepen' oder 'spitz' (vgl. die dt. Spechtsnamen B a u m p i c k e r , - h ä c k e l , H o l z h a c k e r , R i n d e n p i c k e r , Zimm e r m a n n ) bleibt unbeweisbar. Vgl. A. H. Kroppe 1932 Idg. Forsch. 50, 64. Speck m. Mhd. mnl. spec, -ckes m. n., ahd. mnd. nnl. afries. spek, ags. spie (im Engl, verdrängt durch bacon und lard), anord. spik, norw. spekk, dän. speek, schwed. spack führen auf germ. *spik(k)a-. Die nächsten außergerm. Verwandten sind aind. sphiuj-, sphigi 'Hinterbacke, Hüfte': mit g-Formans zum idg. Verbalstamm *spe(i)-: *spi- 'sich ausdehnen' (s. s p a r e n , s p ä t , s p u t e n ) in seiner Bed. 'dick, fett werden, schwellen'. Frühe Zeugnisse über den Speck als Nahrung der Germanen s. Reallex. d. germ. Alt.-Kde. 4 (1919) 204 f. Specke /. 'Knüppelbrücke, Damm(weg)', heute als Appellativ in Westfalen und dessen ostelbischem Siedlungsgebiet, an der Unterweser, in Südhannover, Hessen, Pfalz, Saarland; als Orts- und Flurname auch in Bayern, Schwaben und der Schweiz, hier schon 819 Specprucca (Brüggen bei St. Gallen). Md. Mnd. specke, asächs. (11. Jh.) spekkia führen auf westgerm. *spakkjön f. Dies zu mhd. spache, ahd. spahha 'trockner Zweig, dürres Reis, Span', mnd. spake 'Stecken', ags. spmc 'kleiner Zweig, Ranke', norw. spmk 'Span', spak(e) 'Stange': die Dämme, durch die Niederungen wegbar gemacht wurden, waren mit Hilfe von Reisigbündeln hergestellt: Zs. f. dt. Wortf. 13 (1911) 62; M. Bathe 1932 Herkunft der Siedler in den Landen Jerichow 113; Edw. Schröder 1938 Dt. Namenkde. 269; Schweiz. Id. 10 (1939) 25 f. 85. Speer m. Mhd. sper, spar(e) n., ahd. asächs. sper, afries. spiri, sper(e) 'Speer', ags. spere, speru n. 'Wurfspieß; Rohr', engl, spear, anord. sp(j)grr, sparr n. 'Speer' führen auf germ. *sper(r)u-, *sparru-. Nächstverwandt sind S p a r ren und s p e r r e n . Außerhalb des Germ, vergleichen sich lat. sparut, -um 'kurzer Speer des Landvolks als Jagd- und Kriegswaffe' sowie der Fischname lat. sparus, gr. spdros, ferner lit.
Speicher
spiriü, sptrii 'sich stemmen, stützen', ät-spyris 'Strebepfeiler', spyris 'Leitersprosse', lett. sperlies 'sich sperren, stemmen, stauen', tochar. protk-, prutk-, praulk- 'einsperren, umzingeln'. Voraus liegt idg. *sper- 'Sparren, Stange; Speer'. Speiche f. mhd. Speiche, ahd. speieha, asächs. speea, mnd. afries. speke, späke, nnl. spaak f., ags. späca m. (auch in Ortsnamen), engl, spoke, schwed. mundartl. spaik 'Radspeiche'. Seemann. ( H a n d - ) S p a k e 'Handgriff am Steuerrad' (ursprünglich die über den Radkranz verlängerte Speiche) ist die fries. Form von S p e i che (s. B a k e ) . Wegen seiner Ähnlichkeit mit der Radspeiche heißt der Unterarmknochen (lat. radius) seit dem 18. J h . S p e i c h e . Verwandt ist nhd. S p e i c h e r n a g e l m. 'langer, schmaler Eisennagel mit Kopf', tautolog. Zus.Setzung mit md. spicher, mnd. mnl. spiker, nnl. spijker, anord. spikr m., spik f. 'Nagel'. Der nächste außergerm. Verwandte ist lit. speigliai Mz. 'Stacheln': mit demselben Velar wie die germ. Wörter zur idg. Wurzel *spei- 'spitz; spitzes Holzstück', zu der unerweitert aind. sphydh 'Holzspan, Stab, Spiere beim Schiff, Art Ruder' gehört, mit andern Erweiterungen lat. spica 'Ähre', toch. A. pyäkäs, B. pyäfi 'Pfahl', lat. spina 'Dorn', gr. spilos 'Riff' u. a. Speichel m. mhd. Speichel, ahd. speihhil(a), mnd. spekele /., afries. spekle m., mnl. spekel (nnl. mit andrer Endung speeksel). Gleichbed. mhd. speich(e) m. f., mnd. speke f., nl. mundartl. speek m. und mnd. afries. spedel, ags. spädl, späld, spsesl, spätl, spädl n., engl, spold, spaltle. Auf germ. -Idrön gebildet ist germ. *spiakladrön f. in mhd. speicholser, ahd. speihhalsra, asächs. spekaldra, mnd. spekeldre, got. spaitkuldr (lies: *spaikuldr?): sämtlich zu s p e i e n , s. d. Speicher m. Vor der Zeit der Sense wurden den Halmen nur die Ähren abgesichelt, demgemäß geht der Name des Kornbodens von lat. spica 'Ähre' aus, s. S p e i c h e . Das röm. Altertum spricht von horreum und granarium; nach Vorbildern wie diesem und cellarium 'Keller', Solanum 'Söller' ist spätlat. spieärium in Germanien etwa im 4. J h . gebildet, um 490 in der Lex Salica erstmals bezeugt und im 6. Jh. (mit S e c h und S i c h e l ) durch die hd. Lautverschiebung umgeformt: ahd. spihhäri, mhd. spicher, asächs. spikari nd. spiker, nl. spijker. Dem Anglo-Fries. und Nord, bleibt das Wort fremd, ebenso den roman. Sprachen. Bei uns gilt S. vor allem im Westen, der früh den röm. Landbau übernommen hat; die Grenze ziehen P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 133 und Th. Frings, Germania Romana (1932) 6. Die Bed.Entwicklung ist dadurch mitbestimmt, daß
speien
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schon früh der Vorratsraum in das Haus einbezogen wurde. Damit ist S. gleichbed. mit ostdt. B o d e n , nordwestdt. S ö l l e r und schwäb. B ü h n e geworden. speien st. Ztw., mhd. spi(w)en, ahd. spl(w)an, splgen, sächs. ags. splwan, mnd. spi(g)en, mnl. spien, spijen, afries. spl(w)a, engl. spew, anord. spyja, dän. schwed. spy, got. speiwan 'speien'. Daneben gleichbed. mhd. spuowen und (alem.) spüwen, md. spu(w)en, mnl. spüwen, spouwen, nnl. spuwen, mundartl. spouwen. Dazu mancherlei abweichende Formen, die sich daraus erklären, daß die Wortgruppe den Spucklaut nachbilden will, vgl. E. Christmann, Zs. f. Mundartfg. 24 (1966) 61 ahd. *splran. In heutiger Umgangssprache ist s p e i e n in seinem alten Sinn stark eingegrenzt; uneingeschränkt gilt es studentensprachl. für 'sich erbrechen': P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 480 f. Verwandt sind im dt. Bereich S p e i c h e l , s p e u z e n und s p u c k e n . Außergerm, vergleichen sich aind. sthivati 'spuckt, speit aus', awest. späma'Speichel, Schleim', gr. pytö, pytizö 'ich spucke,' ptyalon 'Speichel', lat. spuere 'speien' und die gleichbed. lit. spiduju, spiduti, aslaw. plujq (aus *spujq,), pljwati: sämtlich zur idg. Wurzel *(s)p(h)ieü-: *(s)piü-, 'speie, spucke'. Speierling s. S p i e r l i n g . Speise /. ahd. splsa (nur bei Otfrid 3, 15, 8), mhd. mnd. mnl. afries. spise, nnl. spijs: als Klosterwort im 8./9. J h . entlehnt aus mlat. spesa, älter spensa, lat. expensa (pecunia), das als subst. Part, zu expendere 'aufwenden' (ursprünglich 'auswägen'; s. s p e n d e n ) die Bedeutung 'Aufwand, Lebensunterhalt' entwickelt hat. Dazu ital. spese Mz. 'Unkosten', s. S p e s e n . Volkslat. e hat ahd. I ergeben wie in F e i e r , K r e i d e , S e i d e . Zur Verbreitung von S p e i s e in hd. Umgangssprache s. P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 469 f. Dem Anord. ist das Lehnwort fremd geblieben; dän. spise und schwed. spis beruhen auf Entlehnung aus dem Mnd. Spektakel m. Lat. spectäculum n. (zu spectäre 'schauen') wird als 'Schauspiel' im 16. Jh. zu frühnhd. speclacul n. entlehnt. Am Wandel zu 'Lärm' ist die Stud.-Sprache führend beteiligt. Nach dem Vorbild dieses Synonyms und nach frz. le spectacle wird das Fremdwort um 1800 M . : Zs. f. d. Wortf. 1, 233. 11, 230. Spekulation /. mhd. speculäcie, frühnhd. speculate f . setzen den lat. Nom. speculätio (zu speculäri 'spähen') voraus. Vom Akk. speculätiönem geht um 1640 die jüngere Entlehnung speculacion aus, die zunächst mit der älteren die Bed. 'beschauliches Nachdenken' teilt. S p e c u l a t i o n 'kaufm. Berechnung' belegt Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.-Spr. 179 seit 1711.
spendieren
Spekulatius m. s. S p i e g e l . Spelt, S p e l z m. 'Triticum spelta L.' ahd. spelta, spelza, mhd. spèlte, spèlze, asächs. spelta, mnd. mnl. spelte f., nnl. ags. speit. Das gleichlautende engl, und neunord. Wort beruht auf gelehrter Entlehnung jüngerer Zeit. Auch poln. szpelta, tschech. spalta stammen aus dem Dt. Lat. spelta, belegt nicht vor dem Edictum Diocletiani 301, stammt nach Hieronymus (f 420) aus dem Pannonischen: das bedeutet in Zeiten, als Sueben und Langobarden in Westungarn saßen, Entlehnung aus einer germ. Sprache. Ein lat. Erbwort *spelta ist lautgesetzl. unmöglich: es müßte *spulta lauten, wie gr. katapéltès lat. catapulta ergeben hat. So ist spelta eines der frühesten germ. Lehnwörter im Lat. Spelta seinerseits ist Quellwort für ital. spella, spelda, span. portug. espelta, frz. (13. Jh.) épeautre. Kennzeichen der spelzartigen Weizensorten ist, daß beim Dreschen die Körner von den Hüllspelzen umschlossen bleiben; von da geht der Name des Getreides aus, der von S p e l z e 'Hüllblatt der Körner, Spreu' nicht getrennt werden darf. Hoops 1905 Waldb. und Kulturpfl. 420 will demgemäß von einer germ. Wz. *spel- (nächstverwandt mit s p a l t e n , s. d.) ausgehen, die mit verschiedenen dentalen Suffixen (vgl. ags. speld 'Splitter' neben speit 'Brett') erweitert wäre. Doch könnte, Entstehung aus germ. * speit- für S p e l z zugegeben, bei S p e l t auch spätere Rückentlehnung aus lat. spelta beteiligt sein, zumal das dt. Speltgebiet die Grenzen röm. Einflusses nirgends überschreitet. Das alte Fem. ist zum Mask. geworden nach dem Vorbild des gleichbed. D i n k e l (s. d.). Vereinzelt erscheint schon ahd. spèlzo m., anderseits begegnet das F. noch frühnhd. Spelunke f . Lat. spèlunca 'Höhle', seinerseits entlehnt aus gleichbed. gr. spelygx, Gen. -ggos, gelangt im 15. Jh. zu uns. Zuerst in Kleve 1477 (Schueren, Teuth. 368 Verdam) speluncke off tymmer onder der erden, demnächst in Nürnberg 1488 (Chron. dt. Städte 3, 141) alle in ire speiunken sich machten zur fullerei. spenden schw. Ztw., mhd. spenden, ahd. spentön, spendön, asächs. *spèndon (erschlossen aus spèndunga f . 'inpensa'), mnd. mnl. spenden, spinden, ags. ä-, forspèndan, engl, spend 'ausgeben' : etwa im 7. Jh. entlehnt aus mlat. spendere (für lat. expendere 'abwägen, ausgeben'; vgl. S p e i s e , s p e n d i e r e n , S p e s e n , S p i n d ) 'ausgeben'. Dazu S p e n d e f., mhd. spende, ahd. spènta, spènda, mnd. nd. spende, spènne, mnl. spènde, spinde, denen schon mlat. spenda, spenta, spinda f . 'Gabe' entspricht. spendieren schw. Ztw., nd. spendèren (daraus entlehnt dän. spendere, schwed. spenderà, nnl. 46*
Spengler
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Sperrsitz
spendeeren). Die Bildung ist bisher nicht vor 1603 nachgewiesen: Schweiz. Id. 10, 356; hochund nd. Mundarten haben weithin Anteil daran. Auch die urspr. stud.-sprachl. Wendung „die Spendierhosen anhaben" (Zs. f. d. Wortf. 12, 290; zuerst Nürnberg 1702: Kramer, Dt.-ital. Dict. 2,857 c) ist in Nachbarsprachen gedrungen.
kleiner ist als das Weibchen) sprinzelin, d. i. 'gesprenkelter Vogel' (zu mhd. sprenzen 'in wechselnden Farben strahlen', sprinzelln 'Hautfleck'). Die Bezeichnung entspricht dem mlat. muscetus, frz. mouehet (zu musea, mouche 'Mücke, Hautfleck'). Weitere Namen bei Suolahti 1909> Vögeln. 362 ff.
Spengler m. Als Ableitung zu S p a n g e in seinen Bed. 'Kleiderspange, (eiserne) Klammer, Schild-, Helmbeschlag' tritt mhd. spengeler auf. Unter den Bezeichnungen des K l e m p n e r s (s. d.) ist in süddt. Umgangssprache S p e n g l e r die verbreitetste. Sie gilt nach Kretschmer 1918 Wortgeogr. 283. 609 von Lothringen bis zur westfäl. Grenze und bis Österreich. In Wien wurden durch Verfügung des Stadtrats die Gewerbe der S p e n g l e r , K l a m p f e r e r und F l a s c h n e r 1557 zu einer Zunft vereinigt, doch bestand auch ferner die weitgehende Berufsteilung, die die Buntheit der Klempnernamen (auch in der Familiennamengebung) verursacht hat. — Wir schreiben die Ableitung von S p a n g e mit e, weil den Grammatikern des 17. J h . der Zus.-Hang nicht mehr bewußt war.
Sperling m. gemeingerm.: mhd. sparwe, ags. spearwa, mengl. sparwe, engl, sparrow, got. sparwa, anord. spgrr führen auf *sparwot *spar(w)un, wobei w lautgesetzl. schwinden konnte, so daß ahd. sparo, mhd. spar(e) entstanden. Urverwandt sind nkorn. frau, breton. frao 'Krähe', apreuß. spurglis 'Sperling', gr. spergoulos, spörgilos, spardsion 'kleiner Vogel', tochar. A. spar- 'ein Vogelname': zur Wurzel *spar in nhd. Sporn (s. d.), gr. spairein 'zappeln',, aind. sphuräii 'zuckt', was der Sperling bei seinem Ruf tatsächlich dauernd tut. Ahd. sparo in Ortsnamen wie S p a r e n b e r g , S p a r n b e r g . Daneben erscheint (wie H ä n f l i n g , G r ü n ling) seit dem 11. J h . die Ableitung Sperling (mnd. sparlink, sperlink) mit verkl. - l i n g , die zunächst den jungen Sperling bezeichnet und von nd. md. Mundarten her die Schriftsprache erobert. Koseform zu ahd. sparo ist mhd. spatz, mit derselben Endung gebildet, die zu Männernamen wie H e i n r i c h über Hein-izo die Koseform H e i n z e (s. Hinz) bildet bei Tieren wie R a t z , Wanze. Die Wortgeographie zu 'Sperling' stellt Lotte Müller bei Mitzka, Dt. Wortatlas II (1953) dar: Die größten Flächen nehmen Sperling mit Spatz im Omd. und Ostnd. ein. Spatz herrscht vor im Obd. und Wmd., von da aus um Berlin, ostfränk. Sperk, ahd. mhd. sperch vgl. Tiernamensuffix -k unter L u r c h ; Lüning in Westfalen, im Süden assimil. Lüling, an der mittleren Ems bü,nk, an der Niederweser Lün, in Holstein (Daek)lünk, vgl. as. hliuning, mnd. lüning zu germ. *hlu- (s. laut), also der 'Lärmende', 'der zu Hörende', zu got. hliuma 'Gehör',mitw-Assimilation(Crecelius, Nd. Korr.bl. 1879, 50, Doornkaat Koolman, Ostfries. Wb. 2, 548); um Köln—Aachen und von daher in Siebenbürgen Mösch, mnd. müsche, zu mlat. *museio 'kl. Vogel', an der Mosel Mesch, nl. musch, moseh.
Spenzer m. Name verschiedener Kleidungsstücke für Männer und Frauen, vor allem ein kurzer bequemer Männerrock. Benannt nach dem 2. Grafen George John Spencer (1758 bis 1834), Marine- und Innenminister unter Pitt und Greville, dem auf der Jagd ein Rockschoß abgerissen sein soll. Engl, spencer als 'sparsames Kleidungsstück' seit 1796 (W. Fischer 1943 Dt. Wortgesch. 2, 365ff.), bei uns nicht vor Campe 1813 Verd.-Wb. 565, als Teil der Frauentracht zuerst in Zürich kurz vor 1827 (Schweiz. Id. 10, 389), was auf Vermittlung durch frz. spencer deuten könnte, das schon kurz vor 1800 eine Frauenjacke bezeichnete: H. Weiß 1872 Kostümkde. 1252 ff. Sperber m. Die Habichtart Accipiter nisus, ags. und anord. von den Habichten sprachlich nicht unterschieden, erhält im Dt. den Namen ahd. sparwäri, mhd. sperwcere, mnd. sparwer, sperwer, mnl. sperware, nnl. sperwer. Zuerst erscheint der festländ. Name als speruarius in der Lex Salica, schon hier (wie müsäri aus müs-aro, s. B u s s a r d ) umgestaltet aus *sparw-aro 'Sperlingsaar', offenbar nach dem Vorbild der roman. Falkennamen auf -wrius(-ier). Aus dem Dt. entlehnt sind ital. spar(a)viere, afrz. espervier, frz. 6pervier. Sperlingsvögel (außer Sperlingen vornehmlich Buchfinken, Feldlerchen und Goldammern) jagt der freie Sperber, darum heißt er ags. spear-hafoc, engl, sparrow-hawk. In der Beizjagd wird er auf größeres Federwild abgerichtet, hier wird der männl. Sperber wichtig. Seit dem 12. J h . heißt er sprinze oder (weil er
sperren s. S p a r r e n . Sperrsitz m. 'guter Sitzplatz in Theater, Zirkus usw., auf den urspr. nur der Mieter ein Recht hat; Raum vor der Bühne, der solche Plätze umfaßt'. Gebucht seit Sanders 1876; früh bei Grillparzer, Hackländer usw. deutlich vom alten Österreich ausgehend. Dort war s p e r r e n 'abschließen'. Im Stadttheater von Grein (Oberösterreich), das die Zustände von 1790 spiegelt, sind Beste von Schlössern erhalten, mit denen
Spesen
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die hochgeklappten Sitze an die Lehnen geschlossen wurden. Die Mieter hatten den Schlüssel: Köln. III. Ztg., Jg. 18, Nr. 2, S. 19 vom 14. Jan. 1943. Spesen Mz. kaufmännisch für 'Unkosten', entlehnt aus gleichbed. ital. spese, Mz. von spesa 'Aufwand', gleichen Ursprungs wie das längst vorher übernommene S p e i s e , s. d. Voraus geht 1480 in Oberschwaben (AI. Schulte, Große Ravensb. Handelsges. 3, 168) „dar an gewint man nun nit fast fill, den fast große despessa dar uff ist gangen". Auch weiterhin schwankt die Form, so 1506 (K. 0 . Müller, Welthandelsbräuche 142) speis neben speiß und spexa. Um 1562 (B. Penndorf, Gesch. d. Buchhaltung 80) Conto de Spese als Uberschrift in einem dt. Handlungsbuch. Seit 1623 steht die heutige Form fest: Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm. Spr. 180. spenzen schw. Ztw. Spätmhd. spiuzen führt mit nl. spuiten, mengl. sputen, engl, spout, anord. spyta auf germ. *spüiön, *spütian. Daneben nhd. s p ü t z e n (s. spucken), ags. spyttan, engl, spit, dän. spylte, schwed. spotta, westfäl. spüatarn mit alter Kürze. S. s p i r z e n , s p o t t e n . Spezerei f. Spätlat. speeies 'Gewürz' vererbt seine Bed. auf ital. spezieria f., aus dessen Plur. spezierie 'Gewürzwaren' mhd. mnd. specene, mnl. spec(i)erle, nl. specerij entlehnt werden. Über den umgangssprachl. Bereich von S p e z e r e i ( h ä n d l e r ) Kretschmer 1918 Wortgeogr. 268. Spickaal m. 'geräucherter Aal', S p i c k g a n s f. 'geräucherte Gans', zusammen mit mnd. spikhering 'geräucherter Hering' zu mnd. spik 'trocken geräuchert', norw. spiken 'dürr, mager; geräuchert', germ. *spik(k)a 'mager, dürr', ursprünglich wohl 'lang und schmal (wie ein Holzsplitter)'. Höher hinauf bleibt die Einordnung schwierig; die Verknüpfung mit S p e c k und s p i c k e n ('der beim Speck üblichen Behandlung aussetzen') ist jung und künstlich. Nach C. Walther (Nd. Korr.-Bl. 25, 27) ist die an der nd. Ostseeküste herrschende Wortgruppe mit dem Heringsfang vom Nord, her eingedrungen, vgl. schwed. spickeflundra, -lax, -gäs, dän. spegegaas, -sild; dazu isl. speikja 'dörren'. Den umgangssprachl. Bereich von S p i c k a a l und - g a n s steckt P. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 471 ab. spicken schw. Ztw., spätmhd. spicken, mnd. mnl. specken 'mit Speck durchflechten'. Dazu S p i c k e r m. 'wer seine dürre Weisheit mit gestohlenen Gedanken schmackhaft macht, Abschreiber', nach einer schwäb. Quelle von 1617 (H. Fischer 5, 1623) „Spicker . . . welche mit fremden Federn . . . hochprangen und doch darbei der rechten Authorn ehrlichen Namen
Spiegelfechten
wissentlich verschweigen". Hierzu s p i c k e n 'abgucken', zuerst im Kampf mit den Nachdruckern bei Grimmelshausen 1669 Simpl. 691 Ndr. „Solte sich ein . . . frembdes Gut begehrender Langfinger . . . finden selbigen nachzuspicken"; seither Schülerwort: Eilenberger 1910 Pennälerspr. 65; öhmann 1930 Neuphilol. Mitt. 31, 234f. Spiegel m. mhd. nnl. spiegel, ahd. spiagal, mnd. spegel, spei(g)el, mnl. spieghel, afries. spegel. Auf Entlehnung aus dem Mnd. beruhen anord. spegill, norw. schwed. spegel, dän. speil (älter spegel); dem Ags. und Engl, fehlt das Wort, das mit der Sache aus dem Süden entlehnt ist. Lat. speculum n. (zu speciö 'sehe') war zu mlat. speglum geworden, worauf auch ital. speglio weist. Die Entlehnung hat (wegen der Behandlung von lat. e und c) kurz vor der ahd. Zeit stattgefunden. Zur Entstehung des ie vgl. B r i e f , F i e b e r , Ziegel. Im Geschlecht ist das Lehnwort den männlichen Gerätnamen auf -el angeglichen. Nach seinem Glas ist der Spiegel engl. glass, isl. gier benannt. Vor dem 13. J h . war manchen Germanen der Metallspiegel bekannt: got. skuggwa, anord. skugg-sjä, skuggi, ahd. seio-, scü-kar ('Schattenbehälter', aus ahd. seuwo, scü, ags. scu(w)a 'Schatten' und K a r 'Gefäß', s. d.), nordfries. schemstln 'Schattenstein'. — Der Name des Kuchens S p e k u l a t i u s gehört zu S p i e g e l : in der eisernen Backform erscheinen die Figuren im Spiegelbild. Anders Muttersprache 1951, 51: aus dem nl. speculaas, gebacken am Tage des hl. Nikolaus (6. Dez.), der den Beinamen Speculator hat, weil er abends durch die Fenster in die Stuben der Armen sah, um zu helfen. Aber Franck - van Wijk, Etym. Woordenbock 1936, 157: speculaas — Scherzform zu speculatie 'Wohlbehagen'. Spiegeleier Plur.: vom R ü h r e i (s.d.) dadurch unterschieden, daß die in die Pfanne geschlagenen Eier unzerrührt gebraten werden, so daß die Dotter wie runde Spiegel aus dem Eiweiß leuchten, frz. oeujs au miroir. Der dt. Name kaum vor Adelung 1780, voraus geht S p i e g e l k u c h e n bei Zincke 1731 öcon. Lex. und O c h s e n a u g e (s.d.). Die Fülle der umgangssprachl. Ausdrücke läßt sich hier kaum nach Landschaften ordnen: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 398. Spiegelfechten n. zuerst in Nürnberg 1502 Histor. Volksl. 2, 482, 102 Liliencron: Ir heftet euer spigelvechten wol vermitten. Urspr. ein Schau- und Scheingefecht, bei dem die spiegelblanke Wehr nur glitzert, nicht trifft: Geiler 1510 Sieben Schwerter F 4 a als ein Schirmer (berufsmäß. Fechter), der mit einem glitzigen Schwert ein Apparat macht und ein Spiegelfechten treibt. Als Vorspiel des ernsthaften
Spieker
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Kampfes Pauli 1522 Schimpf und Ernst Nr. 311 •(ein Schirmmeister und sein Schüler) kamen vff dem blatz züsamen vnd machten ir spiegelfechten, wie man dan thüt\ da sie schier züsam kamen, da hielt der meister sein schwert stil. Vom alten Straßburg, in das diese beiden Belege führen, geht die Entwicklung zu 'Heuchelwerk, Gleißnerei' aus, die im reformator. Kampf Kaum gewinnt: Butzer 1521 Neukarsthans 33, 28 Ndr. das vnuerständig volck zu betriegen, machen sie (die Meßpfaffen) den leüten ein Spiegelfechtern vor äugen mit iren Ceremonien vnd gauklerey. Spicker die nd., bes. seemännische Entsprechung von hd. S p e i c h e r ( n a g e l ) , s. Speiche. Spiel «. mhd. ahd. spil, mnl. nnl. spei, afries. spil, spei; dazu das schw. Ztw. s p i e l e n , mhd. spiln, ahd. spilön, asächs. spilon, mnl. nnl. speien, afries. spilia. Beides sind ursprüngl. Wörter des dt. Festlandes: von da ist ags. spilian in geschichtlicher Zeit entlehnt; älter dän. spei, dän. spil, norw. schwed. spei und dän. spüle, norw. schwed. spela beruhen auf Entlehnung aus dem Mnd.; im Got. gilt plinsjan 'orcheisthai', das aus aslaw. pl^sati 'tanzen' entlehnt ist. Grundbed. von S p i e l ist 'Tanz', mit Vorwärts-, Rückwärts- und Seitwärtsschreiten verbunden, das auch zur Umkreisung werden kann. Die Grundbed. halten das Asächs., Ahd. und Friihmhd. fest; ahd. spiläri, spiliman ist 'Schautänzer', spiliwip 'Tänzerin'. Erst mit der Verbreitung des weltlichen Gesellschaftstanzes wurde der S p i e l mann zum Musikanten und Vortragskünstler, doch bedeutet spilestube noch bei Neidhart v. Reuental 53, 25 'Tanzraum'. Die Wortgeschichte entfaltet sich gleichlaufend mit der von p f l e g e n (engl, play entspricht unserm Spiel); vielleicht sind beide wurzelverwandt: Edw. Schröder 1937 Zs. f. dt. Alt. 74, 45. — Vgl. auch J . T r i e r 1947 Beitr. 67. Spielhahn m. 'Tetrao ietrix\ vorausgesetzt durch S p i l l g e f l ü g e l 'Birkwild' einer bair. Jagdordn. von 1551 ( J . u. F. Kehrein, Wb. d. Weidm.-Spr. 1871, S. 276), als spilhan bezeugt zuerst in Zürich 1555 (Konr. Gesner, Hist. avium 475). In beiden Landschaften auch weiterhin, ebenso Schwab, und am Harz, vorwiegend •doch in den bair.-österr. Alpen, wo der Spielhahnstoß zum Hutschmuck des Burschen gehört. Der männl. Vogel heißt nach seinen glänzend schwarzen Schwanzfedern, dem S p i e l : H. Suolahti 1909, Die dt. Vogelnamen 252. Spielhölle /. um 1830 als Schelte der verderblichen Badespielbanken aufgekommen, nach deren Aufhebung 1866 ff. an Monte Carlo haften geblieben. Philipp Walburg Kramer, Die Opfer der Spielhölle. Zeitbild in vier Aufzügen (Kon-
Spießbürger
stanz 1845), ein Zeugnis aus Arndt 1858 Zs. f. d. Wortf. 6, 225; Ladendorf 1906 Schlagwb. 294. Spielraum m. zu s p i e l e n in seiner Nebenbed. 'sich bewegen', zunächst ein Fachwort der Schießkunst: Chr. Wolff 1716 Math. Lex. 1312 „Spiel-Raum oder Wind, ist der Unterschied zwischen der Mündung eines Stückes und dem größten Circul einer Kugel, die daraus geschossen wird. Man nennet ihn auch den LufftRaum, die Spielung, ingleichen das Windspiel". Der Wendung S p i e l r a u m g e b e n entspricht frz. donner du jeu. Spiere f. 'Rundholz, das als Mast, Stenge oder Rahe dient', ein nd. Seewort. Zuerst in Altona 1742 der Plur. S p e h r e n : Kluge 1911 Seemannsspr. 736. Eins mit S p i e r m. n. 'Spitze, bes. von Gras und Korn', spätmhd. spir, mnd. spir 'kleine Spitze', ags. spir 'Schößling', anord. spira 'Stiel, Rohr, dünner Baumstamm'. Zur Sippe von s p i t z , s. d. Spierling m. Sorbus domestica, ein südeurop. Baum, von den Römern über die Alpen gebracht, in Karls d. Gr. Capitulare de villis und im Entwurf des St. Galler Klostergartens von 820 erwähnt: Hoops 1905 Waldb. und Kulturpfl. 551 u. ö. Frühnhd. spirboum 'sorbus' scheint zu zeigen, daß das erste Wortglied eins mit S p i e r (s. S p i e r e ) und der Baum nach seinen schlanken Schossen benannt ist: Zs. f. dt. Wortf. 2, 199. 4, 203. 12, 127. 221; Schweiz. Id. 10, 454. — Auch S p e i e r l i n g . Spierschwalbe f. Cypselus apus, spätmhd. spierswalbe, mnd. spirsuale, seit dem 15. Jh. für mhd. splre: wohl eines mit S p i e r 'Spitze', so daß der Mauersegler nach seinen langen spitzen Flügeln benannt wäre. Doch kommt auch nd. spir '(Turm-)Spitze' in Betracht, dann wäre der Name mit T u r m s c h w a l b e vergleichbar: Suolahti 1909 Vogelnamen 20 ff. Spielt1 m. 'Kampf-, Jagdspieß'. Mhd. spie%, ahd. spio%, asächs. spiot, anord. spjöt führen auf germ. *speuta-, dessen Ursprung dunkel bleibt. Daraus entlehnt afrz. espiet. Abweichend ags. speot, s. S p r i e t . Spieß2 m. 'Bratspieß', mhd. ahd. spi%, Gen. spi^es (in alem. Mundart bis heute als Spiss von S p i e ß 1 geschieden), nl. engl, spit, ags. spitu. Das Wort (woraus frühmlat. spitus, afrz. espois, span. espeio entlehnt sind), gehört als Subst. zum Adj. s p i t z , s. d. Gleichen Ursprungs ist nhd. S p i e ß (frz. ¿pois) 'Geweihende des Wilds'. Diese Bed. ist für die ältere Sprache nicht belegt, aber vorausgesetzt durch ahd. spiifio, spizzo m. 'hinnulus', das sich in nhd. S p i e ß e r 'junger Hirsch' fortsetzt. Spießbürger m. werden die Stadtbürger nach ihrer Bewaffnung mit einem Spieß (vgl. das ältere S c h i l d b ü r g e r ) zunächst von den Stu-
SpießgeseU
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denten gescholten: Joach. Schröder 1640 Friedensposaune 39 „(Die Studenten) schelten feine eisgraue und erfahrene Männer, Matronen, keusche Jungfrauen und Bürger für Bächen, Baren, Spießbürger". Literar. wird die Schelte durch Wieland 1767 Agathon 3,129 und Hermes 1769 Sophiens Reise 1, 198; gebucht seit Adelung 1780. Während P h i l i s t e r aus dem Ostmd. stammt, ist S p i e ß b ü g e r urspr. norddt.: Dähnert 1781 Plattdt. Wb. 446 verzeichnet SpeetBörger als Spottnamen auf gewaffnete Bürger. Bei Frisch 1741 begegnet G l e v e n - B ü r g e r (zu G l e v e 'Lanze'). Das neuerdings vordringende S p i e ß e r 'Spießbürger' kennt zuerst Albrecht 1881 Leipz. Mundart 214. Es ist entweder eine kürzere Bildung wie B a h n e r , F i n a n z e r , P o s t e r oder Klammerform zu S p i e ß b ü r g e r (wie F l e i s c h e r zu F l e i s c h h a u e r ) . Spießgesell m. bedeutet bis zur Mitte des 18. Jh. 'Waffengefährte'. Seitdem sinkt es zu 'Teilhaber an bösem Tun', weil die Soldaten vor der Zeit der Volksheere in üblem Ruf standen: Zs. f. d. Wortf. 12, 52. Spi)l(e) s. S p i n d e l . Spilling m. die frühreife kleine gelbe Pflaume, Prunus insüitia var. aurea L.; so auch mhd. spillinc, älter spinlinc (zur Angleichung von nl zu II H. Paul 1916 Dt. Gramm. 1, 358), mnd. spillink, spelling, ahd. spenilinch. S p e n l i n g bedeutet in Bayern seit alters zugleich'schmächtiger, magerer Mensch'; ; das zugrunde liegende *span 'Magerkeit' gilt für urverwandt mit gr. spänis 'Mangel, Seltenheit'. Der Name 'Magerling' ist in ahd. Zeit der seit Römertagen bekannten Frucht gegeben worden, weil sie die kleinste der länglich runden Pflaumen war. Später war man der Ansicht, spenling gehöre zu ahd. spenula 'Nadel', Verkl. zu urgerm. *splna'Dorn' (urverwandt mit gleichbed. lat. spina). So wurde es möglich, im 16. Jh. spenling auf die Schlehe zu übertragen, die an einem Strauch wächst, dessen lange spitze Dornen sich mit Nadeln vergleichen lassen: R. Loewe 1938 Beitr. 62, 390ff. Spinat m. Pers. äspänäh ergibt arab. isfinäg, das (zuerst von Südspanien her) in die roman. Sprachen gelangt. Dort erfolgt, weil die Samen von Spinacia oleracea in Spitzen auslaufen, Anlehnung an die Sippe von lat. spina 'Dorn', die auch in mhd. spinät (so zuerst Ahd. Glossen 3, 665, 25) sichtbar wird. Zur Endung vgl. S a l a t . Dan. spinat, schwed. spenat stammen aus dem Dt., B i n ä t s c h , die Form südwestl. Mundarten, beruht auf ital. spinaeeie. Spind n. m. mnd. spinde f . n., nnl. spinde, mnl. spende f . 'Schrank', urspr. 'Speiseschrank, aus dem Vorräte gespendet werden' gemäß seiner Herkunft aus mlat. spenda 'Vorrats-
spinnefeind
raum, Speiseschrank' (zu lat. ex-, dispendere 'ausgeben'). Das nl. fries. nd. Verbreitungsgebiet (südwärts bis zum Raum von Trier) umschreibt Frings 1932 Germania Romana 146, der auch die reiche Bedeut.-Entfaltung in rhein. Mundarten darstellt. Gegen S c h r a n k , K a s t e n , S c h a f f in heutiger Umgangssprache grenzt das norddt. Wort, das von der Soldatensprache begünstigt und weitergetragen wird, Kretschmer 1918 Wortgeogr. 471 ff. ab. Spindel /. mhd. spinnel(e), ahd. spin(n)ilat -ala, -ula, asächs. spinnila, afries. spindel, ags. spinel, engl, spindle; aus dem Dt. entlehnt nnl. dän. schwed. spindel. Als Ableitung von s p i n n e n (s.d.) ist S p i n d e l weibl. Gerätname auf -ei, germ. -ilö(n), wie W i n d e l zu w i n d e n . Das d in S p i n d e l ist spätmhd. als Gleitlaut zwischen n und l entwickelt wie in Q u e n d e l , mhd. quenel; vgl. F ä h n d r i c h , H e n d r i k , m i n d e r , p o l t e r n . Aus *spinla entsteht durch Angleichung ahd.sptiZa, mnd. spüle, erhalten im Namen des altheimischen S p i l l b a u m s (Evonymus europ. L.), ahd. spinniliboum, spilboum, aus dessen hartem Holz man Spindeln schnitt, und in nd. Spill 'Winde' (Anker-, Brat-, Dampfspill). Engl, spül 'Winde' ist aus dem gleichbed. mnl. spüle entlehnt. Die Spindel war den Idg. bekannt, da die zu ihr gehörigen, meist tönernen W i r t e l (s. d.) in vorgeschichtlichen Bodenfunden häufig auftreten. Gleichwohl erhalten wir keinen gemeingerm. oder idg. Namen für das Gerät, das einzelsprachlich ganz verschieden benannt erscheint: lat. füsus, gr. itraktos, klöster, nethron. Spindelbanm s. S p i n d e l . Spinne f . Mhd. mnd. mnl. spinne, ahd. spinna, nnl. spin führen auf westgerm. *spennön f . 'Spinnerin' zum Stamm des st. Ztw. s p i n n e n , s. d. Der dt. Name geht gleichmäßig durch die Mundarten; abseits steht Schweiz. Spinn-, Spillmugg 'spinnendes Insekt'. Gleichbed. das Nomen agentis auf -il- germ. *spennila- in aschwed. spinnil, schwed. spindel 'Spinne'. Zum gleichen Stamm auf idg. -trä, germ. -pro ist germ. *spen-ßrö gebildet, das in dän. spinder, ags. spidra, mengl. spithre, engl, spider 'Spinne' fortlebt. Derart benennen alle Germanen das Insekt, für das sich keine gemeinidg. Benennung erhalten hat, nach dem Spinnen des Fadens, nicht nach dem Weben des Netzes. Vgl. auch Kanker1. spinnefeind präd. Adj. Die Beobachtung, daß eine Spinne die andere anfällt und aussaugt, führt Geiler 1512 Evang. 49 b zu dem Vergleich „so feind als die Spinnen". Daraus seit Pauli 1522 Schimpf und Ernst Nr. 463 s p i n n e n f e i n d. Nach dem n des Stammes fällt (zuerst in einem Lutherdruck von 1566: DWb. 10, 1,
spinnen
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2514) das n der unbetonten Silbe aus wie in Leineweber, Schweinebraten, Spinnew e b e : H. Paul 1916 Dt. Gramm. 1, 370f. Eine vergleichbare Bildung ist das jüngere k a t z e n freundlich. spinnen st. Ztw., mhd. mnd. mnl. nnl. spinnen, ahd. ags. got. spinnan, engl, spin, afries. anord. schwed. spinna, dän. spinde: wie s p a n n e n zur idg. Wurzel *spen- 'ziehen, spannen, spinnen'. Nächstverwandt sind S p i n d e l und S p i n n e , mit Ablaut und einfachem n (das zweite n ist Präsenszeichen) anord. spuni 'Gespinst'. Außergerm. vergleichen sich mkymr. cy-fliniden 'Spinne', bret. queffniden 'Spinnweb', lit. Spandau 'spanne', spèndîiu 'lege Fallstricke', ohne s-: lit. pinù 'flechte', armen, henam 'webe' aslaw. plncf, 'spanne', gr. pdtos 'Kleid'. — Spinnen mußten Männer wie Weiber in den alten Strafanstalten; daher das Student, s p i n nen 'pro poena trinken, in die Kanne steigen müssen'. Aus dem einst häufigen G e d a n k e n s p i n n e n gekürzt ist die Wendung wie „Ich habe den Weg über schon gesponnen" (Goethe 1774 Clavigo II, Jub.-Ausg. 11, 108) oder „Moritz ließ nicht ab . . . fortwährend zu sinnen und zu spinnen" (ders., Ital. Reise, Dez. 1787, das. 27,182). Daraus entwickelt sich das namentlich im dt. Südwesten häufige s p i n n e n 'im Kopf nicht recht sein'. Spinnewebe f. Das Netz der S p i n n e (s. d.) fassen die Germanen als Gewebe: mit ahd. weppi, mhd. weppe, mnd. webbe n. 'Gewebe' .zus.-gesetzt sind ahd. spinnünweppi, mhd. spinne(n)weppe, mnd. spinnewebbe. Außerdeutsch schließen sich an mnl. spinne(n)webbe, nnl. spinneweb, dän. spindelvœv, schwed. spindelväf. Zum Verlust des n in unbetonter Silbe s. spinnefeind. spintisieren schw. Ztw. 1530 bietet Luther S p i n t i s i e r w e r k 'Grübelei', 1537 P. Dasypok ansah (Adelung, Versuch 4 [1780], 1068; Th. Frings, Germ. Rom. [1932], 215; ders. PBB 59 [1935], 456f.) oder als partizipiale na-Bildung zu einem Verb *dreugan (F. Kluge, Stammbildungslehre [1926], § 227). — Zum dialektgeographischen Gegensatz *kn/*g und *drügil*draugi
u n d zu
drukno,
drokno im Heliand vgl. F. Wrede, ZfdA 43 (1899), 339. ZfdMa. 1919,12f.; Th. Frings, a. a. 0 . und PB Beitr. 50 (1926), 130ff. 60 (1936), 183ff. — dagegen: W. Krogmann, Nd. Korrbl. 57 (1934), 54ff. 1937, 24ff.: ders., Heimatfrage d. Heliand (1937) 25; F. G. Jung, a. a. 0. 34ff.; A. Bretschneider, Heliandheimat (1934), 225; P. v. Polenz, Altenbg. Sprachlandschaft (1954), 145f. E. Rooth, Nd. Mittigen. 1956, 81. — Der Dt. Sprachatlas bietet das Beispiel 'die trocknen Blätter'. Trockenwohner m. zuerst in Berlin 1863 „Proletarier, welchen die Häuserspekulanten die Wohnungen in ihren neu erbauten . . . Häusern ohne Forderung eines Miethzinses überlassen, bis jede Feuchtigkeit aus dem Neubau verschwunden ist und das Haus für zahlende Miether bewohnbar ist". Ladendorf 1906 Schlagwb. 315. Troddel f . 'Quaste, Fransenbüschel', als T r o d e l bei Zesen 1645 Ibr. 1, 596, in Nürnberg 1475 trodel m. 'Holzfaser im Werg': Verkl. zu mhd. trade f . 'Saum des Gewands, Fransen am Saum', ahd. trädo m., träda f . 'Saum'. Den verwandten Sprachen fehlt ein entspr. Wort, über die Vorgeschichte läßt sich nichts Sicheres ermitteln. Trödel m. 'Kram, Handel (bes. mit gebrauchten Sachen), Ort dieses Handels', T r ö d l e r m. '(Alt-)Händler', t r ö d e l n schw. Ztw. 'mit Wertlosem handeln; seine Zeit verlieren'. Die auf das Deutsche beschränkte Sippe taucht in frühnhd. Zeit auf. Vorgeschichte und Lautverhältnisse werden nicht deutlich. Abweichungen wie frühnhd. treudel(n), westfäl. truadl f . bleiben aufzuklären. Gleichbed. t r e n d e i n könnte Mischbildung aus t r ö d e l n und t ä n d e l n sein. Vgl. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 539 f. Trog m. nur ostgerm. nicht bezeugt. Mhd. troc (g), ahd. asächs. mnl. ags. anord. trog, nnl. troch, engl, trough,
norw. trug,
trau(g),
dän.
trug, schwed. trag. Aus dem Nord, entlehnt sind norm, trog 'Backtrog' und tro 'Krippe', aus dem langob. altital. truogo 'Trog, Kessel, Kübel', troga'Backtrog' undital. truogolo"(kleiner)Trog'.
trollen
- 793 -
Die west- und nordgerm. Formen führen auf germ. *troga- aus *dru-kä-, Dies mit ¿-Erweiterung zu idg. *dereu(o)- 'Baum', somit urspr. 'aus einem Baum gefertigtes Gerät'. Der germ. Trog war ein liegender, ausgehöhlter Baumstamm. Im Dt. sind verwandt H a r t r i e g e l , T r u h e , W a c h o l d e r usw., die idg. Sippe s. u. Teer. trollen schw. Ztw., mhd. trollen 'in kurzen Schritten laufen': zu mhd. trolle m. 'Tölpel, ungeschlachter Mensch', urspr. 'gespensterhaftes Ungetüm', anord. troll n. 'Unhold'. Ein zugehöriges Fem. liegt vor in Trolle, T r u l l e 'Dirne', mhd. trülle 'Hure'. Aus dem Germ, entlehnt sind ital. truglio 'listig' und frz. troler 'sich herumtreiben'. Trommel f . spätmhd. trum(b)el, klassisch mhd. trum(b)e, trumme' Trommel, Trompete, Posaune'. In den roman. Sprachen entspricht frz. trompe, ital. tromba: da ihnen eine lat. Grundform fehlt, hat als ihre Quelle ahd. trumba zu gelten. Dies ist lautmalenden Ursprungs. Trompete /. m h d . trum(b)et b e r u h t auf dem
Trotte
Seetexten eine Rolle spielt: Kluge 1911 Seemannsspr. 797. Mit nl. tros 'Tau' aus gleichbed. frz. trousse f . Rückbildung zu trousser aus mlat. tortiare, dies zu lat. tortus, P a r t , von torquere
'drehen'. Trost m. Ahd. m h d . m n d . tröst, mnl. nnl.
troost, afries. träst m. 'Trost', anord. traust n. 'Zuversicht' (daraus entlehnt mengl. trüst, engl. trust 'Vertrauen') führen auf germ. *trau-sta-, aus *drou-sto-, Dazu die -ja-Ableitung got. trausii n. 'Vertrag, Bündnis' sowie das Adj. anord. traustr 'wozu man Vertrauen hat, zuverlässig, stark'. Die germ. Verwandten s. u. t r a u e n und t r e u . Außergerm, steht am nächsten mir. druit (aus idg. *druzd-i) 'fest'. Die Notwendigkeit, für den christl. Begriff 'consolatio' einen germ. Ausdruck zu schaffen, hatte die kirchl. Führer Altenglands dazu geführt, ags. fröfor 'Hilfe' (aus *prö-lhrä 'Vorwärtsbringen') umzuprägen. Süddt. Missions- und Klosterkreise hatten um 700 tröst 'Zuversicht, Vertrauen' ins Christliche gewendet. Das gegensätzl. Vorgehen war notwendig, weil traust in England, fröbra in Süddeutschland untergegangen war. So brachten die Glaubensboten aus Nordwesten und Süden verschiedene Fachwörter in das zwischen ihnen liegende Missionsgebiet, wo sich die Gegensätze treffen. Im 9./10. Jh. dringt (während noch Heliand und Tatian mit fröbra und fluobra dem ags. Einfluß erlegen waren) tröst siegreich rheinab und beherrscht schon den Essener Beichtspiegel und die anfränk. Psalmen. Die Reformation hat dem christl. umgeprägten T r o s t auch den Norden erobert (dän. trest, schwed. tröst): Frings 1932
Roman, (frz. trompette, ital. Irombetta; s. Trommel). Tropf m. 'Tor, Narr', spätmhd. tropf(e), mnd. troppe (auch in nnd. Ma. stets mit t-), wird nicht vor dem 15. Jh. greifbar. Zu T r o p f e n , der nach der humoralpathologischen Lehre ins Gehirn, Rückenmark, in die Nerven, Augen fällt und Krankheiten hervorruft. Tropf meinte danach 'Schlagfluß', 'Lähmung', 'Fallsucht', wurde dann von der Krankheit auf den Kranken, in diesem Falle auf den blödsinnigen Menschen übertragen und auf harmlosere Vertreter: A. Germania Romaria 17ff. — Das A d j . g e t r o s t , Törnqvist, PB. Beitr. 75, 430. Tropfen m. Mhd. tropfe (tröffe), ahd. tropfo mhd. getrost, ahd. gitrösl 'mit Vertrauen erfüllt', (troffo), md. troppe, asächs. dropo, nl. drop, ags. ist gebildet wie mhd. geherze 'beherzt', gemuot dropa, engl, drop, anord. dropi führen auf germ. 'gesinnt'. trösten schw. Ztw., m h d . trwsten, ahd. trösten, *drupan- 'Tropfen' (Ableitung aus der germ. Wz. *drüp, s. triefen). In den flektierten For- asächs. tröstian bedeutet als Faktitiv zu T r o s t men entstand pp (Intensiv), daher hd. pf, 'getrost machen'. Sprachgeschichtlich nimmt das während die Formen mit nd. usw. -p-, hd. -//- Ztw. am Schicksal seines Subst. teil. Trott TO. Ahd. trottön ' t r e t e n ' , m h d . trotten auf dem germ. Nom. beruhen. Zum Nebeneinander von t r i e f e n und T r o p f e n vgl. K n a u f , 'laufen', Intensitiv zu t r e t e n (s. Trotte), geraufen, schliefen, schnaufen neben langt in die roman. Sprachen. Frz. trotter wird Quellwort für engl, trot 'traben'. Im Ital. wird Knopf, rupfen, schlüpfen, schnupfen. Troß m. Frz. trousse 'Bündel' (s. Trosse) er- aus dem Ztw. das Mask. trotto 'Trab' rückgegibt (wie nl. tros 'Bündel') spätmhd. mnd. bildet, das nach dem Zeugnis Fischarts 1575 trosse f . 'Gepäck', woraus sich 'Heergepäck' ent- Garg. 203 als trott für eine bestimmte Gangart wickelt hat. Sim. Rots Fremdwb. verzeichnet des Pferds bei uns eingebürgert ist. 1571 T. als „Hauffen von losen bösen Huren Trotte f . 'Kelter', das Wort Elsaß-Lothrinund Buben, so ohn alle Besoldung dem Krieg gens, der Schweiz und Schwabens zwischen den nachlauffen". Zum Bed.-Wandel vgl. Pack. gleichbed. Nachbarwörtern K e l t e r im NordDän. tros, schwed. tross sind aus dem Dt. ent- westen und T o r k e l im Südosten. Zu ahd. trotlehnt. tön (s. T r o t t ) stellt sich ahd. trot(t)a, mhd. Trosse f . "starkes Schiffstau', hd. nicht vor trot(t)e, ags. trodu (neben tredde) 'Weinkelter' 1807, während mnd. trosse schon in hansischen (Obst wird nicht getreten) offenbar als Lehn-
Trottel
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Übersetzung von K e l t e r : s. d.; Frings 1932 Germania Romana 60.170; H. Fischer, Schwab. Wb. 2, 408. 6. 1779. Trottel m. 'Schwachsinniger', aus den Tälern der Ostalpen ins Nhd. des 19. Jh. gelangt, wie K r e t i n (s. d.) aus dem Wallis. Schriftsprachl. kaum vor Normann 1833 Österreich 1, 1, 138. Als drottl bei Castelli 1847 Wb. d. österr. Mundart 116. Ob die Beziehung zu t r o t t e l n 'planlos daherkommen' urspr. ist, bleibt festzustellen. Trottoir n. 'Bürgersteig', zuerst bei Campe 1813. Entlehnt aus gleichbed. frz. trottoir m., dies zu trotter 'trippeln', das auf ahd. trottön 'treten' beruht. S. T r o t t . Trotz m. mhd. tratz, trulz, md. trotz, mnd. trot m. 'Widersetzlichkeit', mhd. tratzen, tretzen
Ztw. 'trotzen', träte Adj. 'trotzig'. Dem Ahd. sowie den andern germ. Sprachen fehlt die Sippe, die gleichwohl für heimisch und wegen des Ablauts für alt gilt. Die hd. Form ist ins Nd. und Nl., Dan. und Schwed. entlehnt. Aus dem Satz „Ich biete Trotz" entwickelt sich die nhd. Präp. t r o t z , ihrem Ursprung gemäß zunächst mit Dat. verbunden. Weil der Dativ bei s t a t t und w e g e n von der Schule als mundartlich bekämpft wurde, galt er auch bei t r o t z (und d a n k ) für unfein und wich dem Gen. Als Rest des alten Zustands ist t r o t z d e m geblieben, zur Konjunkt. geworden aus t r o t z d e m , wo satzbindende Kraft zunächst nur dem anaphorischen Pronomen d e m zukam, dann aber das zur Einheit gewordene Wort als Ganzes die Aufgabe der Verknüpfung übernahm: Behaghel, Dt. Syntax 2, 33. 3, 304. T r o t z bei Wettbewerb (Geliert, Der Bauer u. sein Sohn V. 3; Lessing 1771 Sinnged. Nr. 36; G. Hauptmann 1903 Rose Bernd 30 „Das Mädel is fleißig trotz Omsa und Bienen") ist selten in heutiger Schriftsprache: Herrn. Reich, Der Mimus 1, 21 „An den Höfen zu Syrakus und Alexandria haben die Poeten gebettelt trotz jedem mittelalterlichen Hof- und Minnesänger". Zu der Formel S c h u t z u. T r u t z s. Kluge 1908 Bunte Blätter 208. Trotzkopf m. als 'trotzende Gebärde' seit Chr. Weise 1678 Polit Näscher 67. Wie Dummkopf zu 'Person, die Trotz äußert' von Goethe 1779 Weim. Ausg. I 12, 13. Adelung 4 (1780) 1084 bucht T r o t z k o p f darüber hinaus als Gemütsverfassung. S. D u m m b a r t (Bahuvrihi-Bildungen). trüb(e) A.dj. mhd. trüebe Adj., truobe Adv.;
ahd. truobi Adj. 'lichtlos, düster', asächs. dröbi 'verwirrt überwölkt', mnd. drSve, nl. droef, afries. dreve, ags. dröf. Dazu t r ü b e n schw. Ztw., mhd. trüeben, ahd. truoben, asächs. dröbian, mnd. bedröven (von da in die neunord.
Truchseß
unter T r e b e r behandelten Sippe. Grundbed. von t r ü b e wäre dann 'dickflüssig, zäh'. Trubel m. 'Wirrwarr' im 17. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. trouble, dessen Schreibung lange beibehalten wird. Das frz. M. ist Rückbildung zum Ztw. frz. troubler, mlat. Hurbuläre, dies Weiterbildung von lat. turbare 'verwirren'. Trübsal f . n. (zum Genus Feldmann 1905 Zs. f. d. Wortf. 7, 58; H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 114), mhd. trüebesal, ahd. truobisal: von t r ü b e n
abgeleitet mit Hilfe der unter - s a l entwickelten Endsilbe. T. ist ein Lieblingswort der Lutherbibel, in der t r ü b s e l i g nur Dan. 12, 1 und 1. Tim. 5, 10 vorkommt. Die Schreibung mit e dankt das Adj. volksetym. Anlehnung an selig. Truchseß m. mit Kürzung des nebentonigen iE (vgl. a n - , a u f s ä s s i g ) und Verlust des -e (vgl. S c h u l t h e i ß , S t e i n m e t z , V o r f a h r ) aus mhd. truhsce^e. Dies mit Erleichterung der Drittkonsonanz aus truktscB^e, das bis ins 14. Jh. vorkommt. Ahd. begegnen seit dem 10. Jh. truh(t)säfäo, -sä%eo. Das tr- ist verschoben aus nd. dr-
(wie in t r a g e n , t r a u e r n , T r o p f e n , t r ü b e , t r ü g e n ) : mnd. drotsete (mit vielen Nebenformen), nd. droste (s. D r o s t e , I n s t e , K o s s a t ) , mnl. drossäte, nnl. drossaard, afries. drusta. Aus dem
Nl. entlehnt ist engl. (17. Jh.) drossard, -t, (19. Jh.) drosty, aus dem Mnd. spätanord. dröttseti, dän. drost, schwed. drots. Bestimmungswort ist ahd. mhd. truht, asächs. druht-, afries. drecht, ags. dryht, anord. drött, got. draúhts f . 'Schar,
Gefolge': -¿¿-Ableitung zum Stamm des Ztw. ags. dreogan, engl, dree, anord. drygja 'ausrichten, tun', got. driugan 'Kriegsdienst tun'. Germ. Verwandte sind ahd. truhtln, afries. drochten, ags. dryhten, anord. dröttinn 'Herr' und got. gadraühts 'Krieger'. Außergerm, entsprechen lit. draügas 'Genosse', aslaw. drugü 'Freund', air. drang 'Schar', abret. drogn 'Versammlung', gall. drungos 'Trupp'. Wz. *dhereugh- gilt als Erweiterung der verbreiteten idg. Wurzel *dher'(fest)halten'. Das Grundwort germ. *seljankehrt wieder in ahd. stuolsä^eo, mhd. landsosze, afries. landseta, ags. land-, burgsceta. Entweder
ist es abgeleitet vom Subst. ahd. -sä%a, mhd. sü7¡e, mnd. säte, afries. séte, ags. sxt, anord. sär
'Sitz' (urverwandt mit lat. sedes, aind. sädd'Sitz'), oder weitergebildet zum Verbaladj. germ. *seti- in got. andaséts 'abscheulich', ags. andssete
'feindlich', anord. sxtr 'wer sitzen kann'. In jedem Fall bedeutet die Zusammensetzung ursprünglich 'der in der Kriegerschar sitzt, ihr vorsitzt'. Früh erfolgt Umdeutung von s i t z e n auf s e t z e n (schon im 11. Jh. druhtsezo: Ahd. Glossen 3,685,4). Der Inhaber des Amts hat dem Tafeldienst bei Hof vorzustehen, daher Um-
Sprachen entlehnt), ags. drefan 'trüben', got. schreibung mit lat. dapifer, discoforus, inferior, dröbjan 'verwirren'. Vielleicht verwandt mit der propositor. Sein Amt wächst zusammen mit dem
Trade
- 795 -
Trapp
des Seneschalls oder Major domus und erhält Tramm n. 'Bruch-, Endstück' beruht auf fiberragende Bedeutung auch in der Helden- frühnhd. irom 'Ende, Holzklotz', mhd. ahd. drum dichtung. 'Endstück, Splitter', asächs. ihrumi 'Endstück (am Speer)', mnd. drom, drum, 'Endstück, Kante Trade s. D r u d e . Trüffel f . von Amaranthes 1715 Frauenz.- eines Gewebes', nl. dreum(el), mengl. prum, engl. Lex. 2045 als „ T r u f f e s oder Truffles" eingeführt. thrum n. 'Salband an der Leinwand', anord. Die zweite Form entspricht dem nl. truffel ßrgmr m. 'Kante, Rand'. Germ. *pramu-, ( T r ü f f e l schreibt auch J. Moser: Zs. f. d. Wortf. *prumu- f ü h r t auf *trmo-, das in lat. ier13, 64), die erste dem frz. truffe, das durch minus, gr. ttrma 'Grenze, Ende' wiederkehrt. — Umstellung aus älterem *tufre, entstanden sein In nhd. Schriftsprache ist nur der Plur. T r ü m soll. Dies führt man auf lat. tübera, Plur. von mer recht lebendig geblieben. Der bis ins 18. Jh. lat. tüber 'Knollen, Erdschwamm, Trüffel' lebendige Sing. (Zedier, Univ.-Lex. 45,1059 „die zurück. Gleichen Ursprungs sind span. trufa, Schuhe mit einem eintzelnen T r o h m aufgesetzt, engl, truffle, dän. treffet, schwed. tryffel. S. wie Altreiß Brauch ist") ist auf Mundart und Halbmundart zurückgedrängt. Kartoffel. trügen st. Ztw. Dazu Trug m. eine spätmhd., nicht vor Heinrich Frauenlob (f 1318) nachgewiesene Rückbildung aus dem st. Ztw. t r ü g e n , das nach dem Vorbild von lügen (s. d.) umgebildet ist aus älterem t r i e g e n . Dies aus gleichbed. mhd. triegen, ahd. triogan, asächs. driogan, m n d . dregen, mnl. driegen, nnl. bedriegen, afries.
(bi)driaga. Nächst verwandt sind T r a u m , vielleicht Zwerg (s. d.) und mhd. getroc, ahd. giirog, asächs. gidrog, mnl. gedroch, anord. draugr 'Ge-
spenst'. Das Nebeneinander der Bedeutungen 'betrügen' und 'Gespenst' kehrt in den urverwandten Bildungen zur idg. Wurzel *dhreugh'trügen, listig schädigen' wieder: mir. aur-ddrach 'Gespenst'; aind. drühyati 'sucht zu schaden, tut zuleide', droghah, dröhah m. 'Schädigung, Verrat', druh- 'schädigend', druh f . 'Schädigung; Unholdin, Gespenst', m. 'Unhold'; awest. druSaiti 'lügt, betrügt', draoga 'lügnerisch', draoga m. 'Lüge, Trug', drug- f . 'Lüge, Trug; Verkörperung der Lüge'; apers. adurupya 'log', draugar 'lügnerisch'. Trugschluß m. für S o p h i s m a seit Wieland 1767 Agathon, Vorrede. Von Adelung 1780 und 1801 getadelt, von Campe 1810 verteidigt und gegen das von Adelung empfohlene F e h l s c h l u ß abgegrenzt. Beide haben sich seither durchgesetzt: Wh. Pf äff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 53.
Trumpf m. Gr. thriambos
als Beiname des
Dionysos ergibt lat. trium-pe als Festruf bei den Umzügen der Arvalbrüder. Durch etrusk. Vermittlung wird gr. thriambos 'Festlied, -zug' entlehnt zu lat. triumphus, das als T r i u m p h , T r i u m p f seit der zweiten Hälfte des 15. Jh. den gebildeten Deutschen bekannt ist. Die Volkssprache vereinfacht das Fremdwort zu T r u m p f , so im Hd. seit dem 16. Jh., entsprechend nd. nl. trump, tromp, engl. norw. trum/p, während norw. dän. schwed. trumpf auf dem Hd. beruhen. Frühnhd. triumph steht seit S. Franck 1541 Sprichw. 1, 126b für 'siegende, stechende Farbe im Kartenspiel' mit einer (auch für frz. triomphe und engl, trump geltenden) Verengung des Sinns, die fortan nhd. T r u m p f übernimmt. Dazu Trumpffen als Name des Kartenspiels 'Sechsundsechzig' bei J. Fischart 1575 Garg. 259 Ndr., das Dan. Martin 1637 Parlement nouv. 635 als trumpffspiel (jeu de la triomphe) beschreibt:
H. A. Rausch 1908 Spielverz. in Fischarts Garg. XXXVII f. Trunk m. m h d . ahd. trunc: zu t r i n k e n . trunken Adj. m h d . trunken, ahd. trunkan:
Part. Prät. ohne ge- (s. f e i s t und Behaghel 1928 Gesch. d. dt. Spr. 471), mit aktiv. Bed. wie lat. pötus 'wer getrunken hat', dann 'wer zu viel getrunken hat'. Gleichbed. mnd. drunken, nl.
dronken, ags. druncen, engl, drunk, anord. drukkinn, got. drugkans. Truhe f . m h d . truhe, ahd. truha. Daneben weist Trunkenbold s. - b o l d .
alem. T r u c k e auf mhd. *trucke, ahd. truccha. Trupp m., Trappe f . beide seit Wallhausen Weiter vergleichen sich nd. trügge 'Trog', norw. 1616 Kriegsk. zu Pferd 24 (Zs. f. d. Wortf. 14, mundartl. trygje 'Pack-, Saumsattel' und trygja 41) eingebürgert aus frz. troupe. Vereinzelt findet 'Fischkorb'. Wie Trog (s. d.) mit ¿-Erweiterung sich der Plur. T r o p p e n schon bei Konr. Stolle, zu idg. *derey,(o)- 'Baum', somit urspr. 'hölzernes Bericht über die Belag, v. Neuß 1474 (Bibl. d. Gerät'. lit. Vereins 32) 87. Stolle schreibt (nach W. KurTrulle f . 'unordentliches Frauenzimmer' mit relmeyer 1920 Mod. lang, notes 34, 258) auch der älteren Nebenform Trolle (so Picander 1726 Borg, D o r i n g e n , F o r s t , G e b o r t , N o t z , Weiberprobe 10): in lebenden Mundarten des S c h o t z , Storm. Afrz. trope (und mit ihm engl. Nordens und Südens weit verbreitet. Dazu spät- troop) b e r u h t auf gallorom. troppus (Lex Alam.) mhd. trolle m. 'Unhold, Tölpel', trülle f . 'Dirne', 'Herde' und weiter auf anfränk. prop (für thorp) 'Ansammlung'; s. Dorf. anord. troll n. 'Unhold'. S. t r o l l e n .
Trust
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Tugend
Trust m. 'Ring zu einheitl. Preisbindung' tigkeit', Abstr. zu t a u g e n (s. T u g e n d ) . Entspr. wird kurz nach 1870 aus den Verein. Staaten m n d . mnl. duchtich, nnl. duchtig, ags. dyhtig, übernommen: Zs. f. d. ges. Staatswiss. 1890, dohtig, engl, doughty. 114. Engl, trust beruht auf Kürzung des älteren Tücke f . mhd. tücke. Entwickelt aus dem Plur. trust Company. Der erste Wortteil, engl, trust aus des M. T u c k , das im älteren Nhd. und veranord. traust 'Vertrauen', ist verwandt mit einzelt bis ins 19. Jh., mundartlich bis heute gilt, t r a u e n , t r e u und T r o s t ; 'Treuhandgesell- mhd. tue (ck) 'schnelle Bewegung', dann 'böser schaft' bleibt insofern eng beim Vorbild. Schir- Streich'. Dem Ahd. wie den andern germ. und mer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.-Spr. 194; Stiven 53 idg. Sprachen scheint das Wort zu fehlen. mit Anm. 290. Tückebold s. I r r l i c h t . Truthahn m. Der mexikan. Hühnervogel MeleTuckerkahn m. 'einmastiges Fischerschiff' agris gallopavo wird bei uns zuerst in Nürnberg Kluge 1911 Seemannsspr. 798, jetzt Typ des 1531 genannt. Er heißt frühnhd. indianisch han Stettiner Haffs und der dortigen Seeküste. So (frz. coq d'Inde seit 1548): zutreffend, sofern er benannt, weil der Fischer vom stehenden Boot aus Westindien kommt, irreführend, sofern sich aus mit der Tuckangel Barsche fängt. Der erste schon 1553 kalekutisch hûn an die Stelle schiebt Wortteil entspricht dem hd. z u c k e n , s. d. und (Kalikat, engl. Calicut, der Hafen an der Mala- Frischbier 1883 Preuß. Wb. 2, 414. barküste, von dem aus die Portugiesen 1498 ihr Tuffstein m. L a t . töfus, tüfus, urspr. ein osk. ostind. Reich gründen; s. Kaliko). Daraus ver- Wort, ergibt südital. tujo, woraus nhd. T u f f kürzt sind nnl. kalkoen, nd. kalkün, meckl. entlehnt ist. Längst vorher entsteht die verkün(hüri), während die verbreiteten Namen deutlichende Zus.-Setzung ahd. tuf-, tubstein, küter, K a u t e r , K a u d e r eher zum Ztw. kuteren, md. tup-, tufstein, m n d . dufsten. Auf volksetym.
mnd. küten 'schwatzen, prahlen' zu stellen sind. In sonstiges Ausland irren ab w e l s c h , t ü r k i s c h H a h n (engl, turkey), w i n d i s c h e r ('slowenischer') S p a t z , luxemb. mierhong (wie frz. dindon de mer). T r u t h a n , zuerst bei dem Lausitzer Chr. Weise 1673 Erznarren 202 Ndr., gebucht nicht vor dem Erfurter Stieler 1691, will Adelung 1780 von dem Ruf herleiten, mit dem die Pute ihre Jungen lockt. Eher gehört der im Obd. nicht bodenständige Name zu mnd. dröten 'drohen', ags. drütian 'vor Stolz oder Zorn schwellen', norw. trutne, anord. prütna 'anschwellen'; s. s t r o t z e n . Auch P u t e r ist nd. (zuerst bei G. Lauterbeck 1559 Regentenbuch 39 ): es gehört zu nd. puteren 'schnell und undeutlich plaudern'. Suolahti 1909 Vogelnamen 242ff.; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 380ff.; Palmer 1939 Neuweltw. 50ff.; G. Weitzenböck 1936 Zs. f. Mundartf. 12, 83 ff. Tschako m. steife militär. Kopfbedeckung mit flachem runden Deckel, seit 1800 in den europ. Heeren eingeführt, 1804 bei den preuß. Husaren. Später kennzeichnend für Bürgerwehr und Polizei. Sache und Wort stammen von magy. csäko 'Husarenhelm'. Tsetsefliege f . ein afrik. Tiername wie G n u , S c h i m p a n s e , Z e b r a : Littmann 1924 Morgenländ. Wörter 138 f.
Vermischung mit ital. tuffo 'das Eintauchen' beruhen nhd. D u c k s t e i n , süddt. T a u c h s t e i n . tüfteln schw. Ztw. ist spät aus md. Mundart unter studentensprachl. Vermittlung (Zs. f. d. Wortf. 12, 292) in die Schriftsprache gelangt und schwankt noch lange zwischen Schreibungen mit d und t, i und w (D Wb. 2,1149; H. Paul 1916 Dt. Gramm. 1, 195. 335). Obersächs. 'mühsame Kleinarbeit sauber verrichten' bezeugt Nicolai 1781 Reise 1, 261 „Arbeiter, welche (wie man in Sachsen mit einem ausdrucksvollen Provinzialworte sagt) sehr gerne t ü f t e l n mögen". Weitere Bed. bei Klein 1792 Prov.-Wb. 1, 84: „dif t e l n zeigt eine müßige Bewegung der Hände bei einer Sache an, so wie wenn die Kinder mit etwas spielen (Österr.) — künsteln, aussinnen, erfinden, eine künstliche Arbeit machen; auch sehr lange an etwas arbeiten (Pfalz, Elsaß)"; auch rhein., Schweiz., schwäb., bair., fränk., thür.; von da schriftsprachl. durch Goethe 1821 Wanderj. 2, 4 „Als junge Mädchen werden wir gewöhnt, mit den Fingern zu t ü f t e l n " . Von den vielen Erklärungs-Versuchen befriedigt keiner. Große Verbreitung und Student. Vermittlung bei geringem Alter lassen an rotw. Urspr. denken; hier ließe sich an d u f t ( e ) 'gut' (s. d.) anknüpfen.
'Tuch' ist aus dem Mnd. entlehnt. Weitere Beziehungen sind unsicher. Falls germ. *dökaaus *dwoka- entstanden ist (vgl. H u s t e n , süß), könnte aind. dhvajâ 'Fahne' urverwandt sein. tüchtig Adj. mhd. (md.) tühtec (g) 'brauchbar, wacker': zu mhd. (md.) tuht, mnd. ducht f . 'Tüch-
(s. t a u g e n ) 'Brauchbarkeit'. Der Zus.-Hang war Einhart noch klar, der Vita Caroli 10 utilitas (zu uti) da setzt, wo er in der Muttersprache tugund gebraucht hätte (Zs. f. d. Wortf. 2, 280). Später hat das Wort den Sinn unter Einfluß von lat. virtus als Träger der christl. Tugendlehre ge-
Tugend /. m h d . tugent, -ende, m n d . doge(n)t Tuch n. m h d . tuoch, ahd. tuoh (hh) asächs. '(männl.) Tüchtigkeit, Kraft, gute Eigenschaft'. afries. dök, mnl. doec, nnl. doek m. n. Anord. dükr Ahd. tugund bedeutet als Ableitung zu tugan
Tüll
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wandelt. Auf germ. *dugunpu- (mit -unpu- aus idg. -ntu-, vgl. J u g e n d und Kluge 1926 Stammbild § 131) weisen noch mnl. doghet, döghet, nnl. deugd, afries. duged, ags. dugop f . Zum gleichen Stamm mit andern Suffixen germ. *dugißö, anord. dygd und germ. *duhti, mnd. duckt, mhd. tuht(s.tüchtig). WernerBopp, Gesch. d. Wortes Tugend. Diss. Heidelb. 1934; E. Aumann, Beitr. 63, 149. Tüll m. Das Gewebe wurde zuerst in der H a u p t s t a d t Tülle des frz. Dep. Correze hergestellt: danach frz. lulle, nnl. tule, engl. tull. Bei uns zuerst als lull anglais: Nestroy 1833 Lump. 56. S. T r i k o t . Tülle f . 'Ausgußmündung von Gefäßen, vorab die röhrenförmige der Kannen' (Kretschmer 1918 Wortgeogr. 540f.), nd. dölle 'Röhre', mhd. tülle, ahd. tulli n. 'Röhre der Pfeil- oder Speerspitze'. Frz. douille 'kurze Röhre zu einem Stiel' ist entlehnt aus anfr. germ. *dulja. Verwandt sind viele ablautende Bildungen, z. B. mhd. teile 'Schlucht', ags. engl, dell 'Tal' (germ. *daljö), mhd. tüele 'Vertiefung' (germ. *döliö), anord. •dcela 'Rinne' (germ. *deliön-) sowie T a l . S. D e l l e Dole, Tolle. Tulpe f . Der gemeineurop. Pflanzenname geht durch türk. Vermittlung auf pers. dulbänd 'Turban' zurück; dies aus pers. dil 'Herz' und band, Präs.-Stamm von bästän 'binden', also 'herz«ntzückend'. Die Vergleichung mit der roten Kappe der mohammedanischen Kopfbedeckung geht offenbar aus von der Stellung der leuchtend roten Blüte auf der Spitze der Pflanze: R. Loewe 1939 Privatdruck 3 ff. Der Niederländer A. G. Busbecq sieht bei Adrianopel 1554 die Blumen, quos Turcae tulipan vocant . . . tulipanti aut nullus aut exiguus odor\ a coloris varietate et pulchriludine commendatur. Turcae flores valde excolunt. 1559 lernt der Züricher C. Gesner die Pflanze in Augsburg kennen: Turcio vocabulo Tulipam vocant aliqui. Schon 1549 ist ital. tulipa bezeugt, auf dem portug. tulipa, engl, tulip und frz. iulipe beruhen. Als Lehnwort aus dem Frz. -erscheint seit 1598 nnl. tulp(e) bezeugt. Die Niederlande werden das europ. Tulpenland und liefern uns mit der Sache das Wort. Während bei A. Lonicer, Kräuterbuch (1586) 304 b und Paul Gerhardt 1653 geh aus, mein Herz Str. 2 noch T u l i p a n stand, gilt T u l p e seit E. C. Homburg, Clio (Jena 1642) M 7». -tum mhd. ahd. tuom, engl, -dorn: Abstr..Suffix, in Zus.-Setzungen (vgl. engl, hingdom) hervorgegangen aus einem selbständigen m. n. tuom 'Verhältnis, Stand, Würde, Zustand', einer Abstr.-Bildung zu nhd. t u n . Das selbständige Wort liegt ferner vor in asächs. afries. ags. dorn 'Urteil, Gericht, Ruhm', anord. dömr 'Urteil, •Gericht', got. dorns 'Urteil, Ruhm'. Außergerm.
tun
sind nächstverwandt gr. thömos 'Stapel, Haufe', lit. domi 'Aufmerksamkeit', aind. dhâman 'Sitz, Stätte, Satzung, Gesetz'. tummeln schw. Zw., zu t a u m e l n (s. d.). Die Wortkarte 'sich beeilen' von P. Seidensticker bei Mitzka, Dt. Wortatlas I I (1953) zeigt s i c h t u m m e l n in dieser Bedeutung als vorherrschendes Synonym in Nordhessen und Westthüringen, im Böhmerwald u n d im Erzgebirge, im Südschlesischen ; von der Eifel über das Elsaß bis in die Schweiz. Zu t a u m e l n : Bed. ' b e t ä u b t sein' ist mundartl. von t u m m e l n 'lärmen' (so noch Luther) noch getrennt; mhd. getümel 'Lärm'. Tümmler ra. 'Delphin', im 18. J h . aus dem Nd. aufgenommen. Gleichbed. nl. (seit 1598) tuimelaar, engl, tumbler, dän. turnler, schwed. tumlare: ursprünglich 'Taumler'. In der dt. Flotte seit Ende des 19. J h . auch scherzhafte Benennung der Marinesoldaten: F. Kluge 1911 Seemannsspr. 798. — Dieselbe Vorstellung ist wirksam in T ü m m l e r m., engl, tumbler, schwed. tumlare, dän. tumling 'halbkugelförmiger Becher, der sich sich stets wieder aufrichtet'. Tümpel m. tritt im 16. J h . aus west- und ostmd. Mundart in die Schriftsprache (Alberus 1540 dümpel, Mathesius 1562 tumpel) und drängt im 17. J h . hd. T ü m p f e l zurück, das doch bis Stieler 1691 die Form der Wb. bleibt (vgl. Kämpe, Klempner, Krempe, Krempel, plump, Stempel, trampeln, zimperlich). Die frühnhd. Form entspricht dem mhd. tümpfel 'tiefe Stelle in fließendem oder stehendem Wasser, Lache', ahd. tumphüo 'Strudel'. Die Grundform lebt in schwäb. alem. dumpf 'Einsenkung, Mulde, Grübchen', in Flurnamen vom Saarland bis Nassau (E. Christmann): zur nasalierten Form der germ. Wz. *dup 'tief sein' (s. t a u f e n , t i e f ) , wie auch engl, dimple'Grübchen', mnd. dümpelen, nl. dompelen 'tauchen', dompelaar 'Tauchervogel'. Vorgerm. *dhumb 'tief sein' wird vorausgesetzt durch lit. dumbù (dùpti) 'durch Einsinken tief, hohl werden'. S. T o p f 1 . Tumult m. Lat. tumultus ' L ä r m ' (zu tumère 'anschwellen') wird durch die Humanisten des 16. J h . entlehnt. T u m u l t in dt. Text seit Cyr. Spangenberg 1556 Leben Savon. H 4b. tun Ztw., mhd. ahd. tuon, asächs. düan, anl. duon, afries. duä(n), ags. dön, engl. do. Die vorgerm. Wz. *dhe: *dhö h a t eine reiche Sippe: gr. thè: the in tithëmi 'setze, tue', aind. dhä in dddhämi 'setzen, legen', vi-dhä- 'einrichten, tun', armen, dnel, lit. deti, aslaw. deti 'setzen, legen', lat. fac-ere (Pers. fêci = gr. étheka) 'machen, tun', condere 'gründen' (u. a. Komposita), air. do-ra-t ' h a t gegeben'. — Zur. Bed.-Geschichte: E. Weiss, Tun-Machen, Bezeichnungen f. d. kausative u. periphrastische Funktion im Dt.
tünchen
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bis 1400. Stockholm 1956. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu 'tu', ' t u n ' (3. Pers., Inf.), ' t u t ' (3. Sing.), 'täte' (3. Pers.), ' t a t ' (3. Pers.). S. E i n g e t ü m , T a t , - t u m , U n g e t ü m . E. Weiss: die Ablösung von t u n durch m a c h e n mit Adj. ist um 1400 nahezu abgeschlossen, vgl. ahd. (Otfried) thio buah duent unsih tnsi'die Bücher machen uns weise'. tünchen schw. Ztw. (einem Teil der obd. Ma. fremd, dafür w e i ß ( l ) e n , g i p s e n : H. Fischer 1908 Schwab. Wb. 2, 464; E. Ochs 1940 Bad. Wb. 1, 695), mhd. tünchen, ahd. (mit kalke) tunihhön 'mit Kalk bekleiden'. Der Zusatz stützt die Annahme, tunihhön sei urspr. 'bekleiden' zu ahd. tunihha 'Gewand', mit ags. tunuce entlehnt aus gleichbed. lat. tunica (vgl. engl, coat 'anstreichen' und coat 'Kleid, Anstrich'). Dazu ital. intonacare 'tünchen', intonac(at)o 'Tünche'. Aus lautl. Gründen fällt die Entlehnung in frühahd. Zeit, wenig später als die von F e n s t e r . An der Einbürgerung der Sache, die spät durchgedrungen ist (M. Heyne 1899 Wohnungswesen 246), mögen die Klöster beteiligt sein. Die nd. Entsprechungen (mnd. dönneken, dönken 'tünchen', dönneker 'Tüncher', dönnekinge 'Abputz') zeigen hypernd. d-, vgl. tin lins 'Zins'. Das lat. Quellwort stammt mit gr. chiton aus dem Altsemit., vgl. aram. kithuna 'Gewand, das auf dem bloßen Leib getragen wird'. Auch ital. tonica und span. longa haben die Bed. 'Hülle' erreicht, -ica ist Fem.-Zeichen: P. Katz 1940 Idg. Forsch. 57, 264; vgl. B a r k e . Tunichtgut m. ironischer Imperativ (vgl. T a u g e n i c h t s ; frz. vaurien, engl, good-fornothing). Pape 1586 Bettel- und Gartteufel 0 2b T h u k e i n g u t ; Stieler 1691 „ein Thunichts sive Taugenichts". Heute auch mundartlich weit verbreitet ; ein schwäb. Beleg von 1786 bei H. Fischer 2, 458. Tunke f . Rückbildung des 17. Jh. (Schottel 1663 Ausführl. Arbeit 1436 tunke f . 'condimentum, saulse') aus weit älterem t u n k e n schw. Ztw.: mhd. tunken, dunken, ahd. dunkön 'eintauchen'. Die ältere Nebenform thunkön im ahd. Tatian führt auf got. *pugkön oder *ßugqön, das mit lat. ting(u)ere 'benetzen' und gr. teggein 'erweichen' eine Wz. Heng 'einweichen' sichert. Tunnel m. Als 1839 zwischen Leipzig und Dresden der erste Eisenbahndurchstich gebaut wurde, entlehnte man engl, tunnel, das als 'subterrancan passage' seit 1782 belegt ist: New Engl. Dict. 10, 1, 469. Voraus liegt frz. tonelle 'Gewölbe', s. T o n n e . Tüpfel n. m. 'Pünktchen': Verkl. zu frühnhd. tupf, das unter Anlehnung an das verwandte t u p f e n schw. Ztw. (ahd. tupfan, md. düpfen, nd. dippen) umgebildet ist aus mhd. topfe, ahd. topfo m . ' Punkt'. Wohl mit t a u f e n u n d t i e f verwandt.
Turm
Vgl. mnd. düppelen 'eintauchen' und Zs. f. d. Wortf. 8, 215. Tür /. mhd. tür, ahd. tun f.: ein zum Sing, gewordener Plur., wie denn für den Begriff 'Tür' oft eine Dual- oder Plur.-Form steht und schon ahd. turi als Plur. mit der Bedeutung des Sing, begegnet. Die nächsten germ. Verwandten sind asächs. ags. duru, anfr. duri, afries. dure, dore, engl, door, anord. dyrr, dän. der, schwed. dörr, got. daüröns Plur. 'Tür'. Idg. *dhur- usw. auch in aind. dvarah Nom. Plur. 'Tür', duröna- n. 'Wohnung, Heimat', armen.- dum, gr. thyrä, alb. dere, aslaw. dviri, lit. diirys, lat. fores Plur. 'Tür', foräs 'hinaus', foris 'draußen', forum 'Vorhof'. Den germ. Formen stehen im Kelt. am nächsten agall. Isarno-dorum, -dorii, abret. dor, bret. dör, akymr. kymr. dör f . 'Tür' (aus idg. *dhurä). Eine si-Ableitung dazu ist air. dorus 'Tür' (aus *dhy,or-estu-), ¿-Ableitung akorn. darat 'Tür'. — S. Tor. Turban m. Die für das Morgenland kennzeichnende Kopfbedeckung trägt einen pers. Namen: pers. dulbänd hat türk. tülbend ergeben. Aus rumän. turban (mittelgr. Ib zu rb) erscheint das Wort 1540 bei uns (engl, nicht vor 1561): Mod. lang, notes 38,409. Lessing verwendet Nathan 4,4 ein zum älteren Frz. stimmendes T u l b a n , G o e t h e sucht mit T u l b e n d engeren Anschluß an die türk. Form, der auch nnl. tulband nahe bleibt. S. T u l p e . Türkenbund, t ü r k i s c h e r B u n d m. heißt Lilium martagon L., weil die Blüte, Cucurbita melopepo, weil die Frucht einem Turban verglichen wird: Schweiz. Id. 4(1901) 1361; H.Marzell 1943 Wb. d. dt. Pflanzennamen 1, 1260. Der Blumenname schon bei Abr. a Sta Clara 1699 Etwas für alle 134 Ebner: „so seynd wir auch der Hofnung, daß die Türkischen Bünde (seynd gewisse Blumen) ehender verwelken, als der Christen ihre Schwertlilien". Der Kürbisname kaum vor J . Kachler 1829 Encycl. Pflanzenwb. 1, 130, doch weist die Verbreitung in Nachbarsprachen (vor allem nl. turksche muisen, tulbandkalebas; frz. courge turquoise, turban) auf höheres Alter der Vorstellung. Türkig m. Den blaugrünen Edelstein hat Europa zuerst aus dem einst türk. Mezaratal am Sinai erhalten. Darum frz. turquoise und daraus entlehnt mhd. turkoys, md. türggls. Luthers Form (2. Mos. 28, 20 u. ö.) ist T ü r c k i s . Turm m. Aus turrem, dem Akk. zu lat. turris m. 'Turm', entsteht afrz. Horn, das neben dem allein bezeugten lorz nach dem Vorbild der afrz. Deklination forz —• forn, jorz — jorn vorauszuzusetzen und durch die seit dem 13. Jh. belegte Verkl. tournelle (neben toureile) 'Türmchen' gesichert ist: G. Baist, Zs. f. roman. Phil. 18, 280. Aus Ostfrankreich wird um 1000 mhd. torn,
turnen
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Tüte
turn entlehnt: Suolahti 1929 Frz. Einfluß 270. ein Zweipfennigstück, das dem Trierer D o p Die jüngere Form turnt ist unter den vielen mhd. p e l c h e n und dem nnl. dubbeltje entspricht: Belegen für das Wort nur zweimal durch Reim Edw. Schröder 1911 Frankf. Münzztg. Nr. 110. Turteltaube /. Columba turtur gilt den Alten gesichert; zum Lautwandel vgl. F a r n , H a r n und nd. tum für Z a u n , -m gilt in Thüringen als Unglücksvogel und heißt got. hraiwadübö und Obersachsen; für Luthers T h u r m bieten 'Leichentaube'. Die andern Germanen entlehnen Wormser Propheten, Eck und Züricher Bibel einzelsprachl. das lautmalende lat. turtur, volksT h u m , wie sich denn obd., rhein. und nd. lat. turturella: ags. turtur(e), turtle, turtla, engl. T u r n und T ü r n e r erhalten haben und von da turtle, anord. turturi. In ahd. turtulatüba bleibt bis ins 19. Jh. gelegentl. literarisch werden: der Dental unverschoben; es ist erst im AnH. Paul 1916 Dt. Gramm. 1, 362. Lehnwort ist schluß an die Bibel (Luk. 2, 24) entlehnt. Wie in T u r m schon darum, weil das im Hd. anl. t in T h u n f i s c h , T u f f s t e i n u. v. a. tritt verdeutmnd. torn, turn (woraus anord. turn), anl. turn, lichend der Gattungsname hinzu, der doch in *torn, mnl. tor(e)n, nnl. toren wiederkehrt. Alte ahd. turtura, eis. schwäb. turtel auch fehlen kann. Entlehnung aus turrem zeigt ags. torr, das ein Die Nebenform ahd. turtilatuba erklärt den Umahd. *zor: *zur erwarten ließe. Aus frz. tour ist laut in mhd. türteltübe; daraus dissimiliert ist ags. tür, engl, tower zu erklären. Als jüngere Ent- bair. G ü r t e l t a u b e : Suolahti 1909 Vogelnamen lehnung aus lat. turris sind ahd. turri, turra, 215. mnl. torfre) vorhanden. Finn. torni ist aus Tusch m. Wedekind (s. K r a m b a m b u l i ) schwed. torn weiterentlehnt. Aslaw. trSmü (aus schließt 1747 in Danzig sein Lied 'Der Kram*termo-) 'Turm', magy. terem 'Saal' stammen bambulist': „Tusch! Vivat dein Krambambuli". aus gr. teremon 'Gebäude'. Zur germ. Bezeich- Volkstümlich ist das Wort nur an den Grenzen nung: ahd. wendilstein, ags. windelstän, s. W e n - des slaw. Sprachgebiets. Aus Kärnten verzeichdeltreppe. net Lexer 1862 T u s c h m. 'Schlag, Stoß, Lärm, turnen schw. Ztw. Fr. Ludw. Jahn ersetzt Trompeten- und Paukenschall', T u s c h a r m. 1811 G y m n a s t i k durch T u r n e n und bildet 'einmaliges Tuschen', aus der Steiermark Ungerzugleich T u r n k u n s t , - p l a t z u. ä. Er meint, Khull 1903 T u s c h e r 'Büchsenknall'. Ins Nhd. damit einen urdeutschen Ausdruck wieder zu ist T. aus Österreich gelangt: Höfer 1815 österr. Ehren zu bringen und bezieht sich auf ahd. tur- Ma. 3, 247; Schöpf 1866 Tirol. Id. 777; Wiek 59f. nen 'wenden' bei Notker, das doch aus lat. Offenbar behält Schmeller 1, 628 recht, der in tornäre 'runden' (hieraus über afrz. torner und slaw. tus 'signum laetitiae ad sonitum musicurn' ags. turnian auch engl, turn) entlehnt war; dies den Ausgangspunkt vermutet. S. auch t u s c h i e aus gr. torneüein 'drechseln' zu törnos 'Dreh- ren. eisen', zu *ter- 'drehen'. Auch frühnhd. Tusche f . 'Zeichentinte'. Die volkslat. SchallT u r n e r 'junger Soldat' war Jahn bekannt, das malerei töccäre '(die Glocke) anschlagen' ergibt Moscherosch 1650 Ges. 2, 416 aus T u r n i e r ital. toccare 'berühren' und im 12. Jh. gleichbed. 'ritterliches Kampfspiel' erschlossen hatte: frz. tuocher. Dies entwickelt die Bedeutung A. Götze 1923 Zs. f. dt. Phil. 49, 288; R. Trögel "(schwarze) Farbe auftragen' und liefert uns das 1928 Wiss. Beih. z. Zs. d. Sprachv. 6, 277; schw. Ztw. t u s c h e n , zuerst in Augsburg 1618. Daraus rückgebildet das F. T u s c h e , zuerst in E. Mehl, in Muttersprache 1952, 143. Turnier n. Afrz. to(u)rnei 'Turnier' ergibt um Leipzig 1711. Daraus entlehnt gleichbed. dän. 1200 mhd. turnei. Die Form, turnier, im 13. Jh. schwed. (seit 1737) tusch: D. Nichtenhauser 1920 noch nicht belegt, erscheint in späteren Hand- Rückbildungen im Nhd. 20. tuschieren schw. Ztw. Zu frz. toucher 'beschriften der mhd. Klassiker unter dem Einfluß des schw. Ztw. turnieren. Dies nach gleichbed. rühren' (aus volkslat. töccäre, lautmalend für das afrz. torn(e)ier: Suolahti 1929 Frz. Einfl. 271 f. Anschlagen der Glocke; dazu engl, toueh) gehört Turnose m. 1266 hat Ludwig IX. in Tours den ein stud. t o u c h i e r e n 'beleidigen', so zuerst grossus Turonensis (gros Tournois, s. G r o s c h e n ) Salinde 1718; Zs. f. d. Wortf. 1, 49 durch das schlagen lassen, der von vielen mrhein. und ganze 18. Jh. verfolgt. Daraus rückgebildet nrhein. Herren nachgeahmt als K ö n i g s t u r n ö s e T u s c h m. 'Beleidigung' nicht vor Adelung 1780: im 14. und 15. Jh. umlief. 1452 beginnt Frank- Kluge 1895 Stud.-Spr. 130f.; Nichtenhauser furt a. M. mit Ausprägung echter Turnosen 1920 Rückbüd. 20. S. T u s c h . Tüte f . ist seit dem 16. Jh. die gangbarste als Groschenmiinzen und fährt bis 1710 damit fort. In Mecklenburg und Brandenburg gilt Bezeichnung des papiernen Behältnisses für D o r n o s e seit Ende des 16. Jh. für eine Halb- trockne Waren. Formen und umgangssprachl. schillingmünze. Im 17. Jh. bringen frz. Trup- Bereich bei Kretschmer 1918 Wortgeogr. 542 f. pen deniers tournois nach Westdeutschland. Der Über landschaftl. Synonyma wie B l a s e , B r i e f , kupferne T u r n e s lebt in Hessen bis ins 19. Jh., G e s t a t t e l , K r ä m e r h ä u s l e i n , S c h a r m ü t -
tuten
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800
zel, S k a r n i t z e ( l ) , S a c k u. a. hat T. als Schriftwort gesiegt. Es geht von Norddeutschland aus und ist eines mit mnl. tüte, nnl. tuitsakje, mnd. nd. tüte 'Hornförmiges', ostfäl. toute, das als urspr. lautmalendes Wort der Kindersprache eine Papierrolle zum Blasen bezeichnete. Es ging auf die Geldrolle über: nach Stieler sagte man in Erfurt 1691 „eine Deute Geldes". Wurde das Papier spitz zugedreht, so ergab sich die übliche Krämertüte. Auch deren frz. engl. Name cornet ist urspr. 'Blashorn'. tuten schw. Ztw. mnd. tüten: lautmalende Bildung S. T ü t e und Journal of Engl, and Germ. Phil. 31, 422. Tüttel m. 'Pünktchen' zuerst in einem Brief des Markgrafen Albrecht Achilles vom 3. Jan. 1474 Fontes rer. Austr. I I 46, 252 „So geen wir auch eins tutels nicht weyter, dann wie die schrift innen wird halten". Beflügelt durch Luther 1522 Matth. 5, 18 tittle für gr. keraia 'Hörnchen an den hebr. Schriftzeichen'. Das Kraftwort ist eines mit mhd. tüttel (tütelin) n. 'Brustwarze', Verkl. zum gleichbed. mhd. tutte, ahd. tutta. S. Z i t z e .
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Überdruß
twatsch Adj.'albern', Lautform zu q u a t s c h (von q u a t s c h e n ) , literar. durch nd. Schriftsteller wie Hermes, H. v. Kleist und Hebbel (Agnes Bernauerin 3, 6). S. q u e r . Twiete /. mnd. tmte 'enges Gäßchen' SchillerLübben 4, 648; B r a n d s t w i e t e in Hamburg, M a r k t t w i e t e (1484 Brunstratentwiete) in Lübeck: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 493; westfäl. tmte 'Gasse, Gang zwischen Gärten' Woeste 278; twete 'schmaler Weg zwischen zwei Hecken' in Waldeck: Bauer-Collitz 106. Durch Schriftsteller wie Heine und Storm gelegentlich in nhd. Texte getragen, seit Comenius 1638 Sprachen-Thür § 617 gebucht. Es liegt nahe, an Verwandtschaft mit dem Zahlwort zwei zu denken, die doch unerhärtet ist. Tyrann m. 'Gewaltherrscher', mhd. (14. Jh.) tyranne: über lat. tyrannus entlehnt aus gr. tyrannos, das von der Bed. 'Herr' ausgeht. Bed.Geschichte u. Ableitungen: W. Stammler 1954 Kl. Schriften 67; A. J . van Windekens, Zum pelasgischen Ursprung von gr. tyrannos, Zs. f. vgl. Sprachig. 74 (1956) 123.
U übel Adj. Mhd. übel, ahd. ubil, asächs. ubil, anfr. uvel, nl. euvel, afries. evel, ags. yfel, engl. evil, got. ubils führen auf germ. *ubüa- aus vorgerm. *upelo-. Das Adj. hat seinen nächsten Verwandten in air. fei (aus *upelo-: Stokes, Zs. f. vgl. Sprachf. 36, 274f.) 'schlecht'. Dazu ahd. uppi (aus germ. *ubja- 'bösartig; Bösewicht') sowie die Sippe von üppig und vielleicht urnord. übaR, anord. üfr 'tückisch', yfinn 'böse'. Grundbed. von *upelo-, *üpo- dürfte 'überheblich' sein, so daß idg. *upö 'von unten hinauf' (aind. üpa 'hin zu', gr. hypö, lat. s-ub, gall. vo, ve, air. fo, got. uf Präp. 'unter') das Grundwort wäre. S. ob 1 . üben schw. Ztw., mhd. üeben, uoben, ahd. uoben aus *öbjan 'ins Werk setzen, tätig sein', asächs. öbian 'einen Festtag begehen', nl. oefenen, anord. öefa 'üben'. Nächstverwandt ahd. uoba f. 'Feier', uobo m. 'Landbauer', lantmbo 'Landmann', uobäri 'Siedler'. Die in der Sippe enthaltene Wz. *öb 'ausüben' wird urspr. bes. vom Feldbau und von religiösen Handlungen auch schon der vorchristl. Zeit gebraucht. Der germ. Lautverschiebung gemäß stimmen dazu aind. äpah n. '(relig.) Werk', lat. opus n. 'Werk', operäri 'handeln; opfern' (idg. Wz. *ep): E. Karg-Gasterstädt 1939 Beitr. 63, 126—29.
über Präp. Adv., mhd. über. Ahd. über, ubar ist Präp., woneben ubiri Adv. Entsprechend asächs. obar, ubar, anfr. Over, ovir, afries. Over, ür, ags. ofer, engl, over, anord. yfir, got. ufar (mit a aus idg. e vor r in Mittelsilbe). Dem germ. Wort liegt gleichbed. idg. *uper(i) voraus. Urverwandt sind aind. updri, awest. upairi, apers. upariy, gr. hijper, hyper, episch hypeir, lat. super (aus *eksuper), gall. ver- (in vertragus 'schnellfüßiger Hund' und in Männernamen wie Vercingetorlx), air. for- (aus *upor). Weiter gehören dazu die Präp. a u f , ob, ober. S. ü b e l und übrig. Überbein n. spätmhd. Überbein, nl. overbeen, dän. overben. In dt. Mundarten von der Schweiz bis Westfalen, von Wien bis Mecklenburg. Zu B e i n in dessen alter Bed. 'Knochen': das Leiden hat den Namen bekommen, als man es für einen Knochenauswuchs hielt, ihn aber behalten, nachdem man es als verhärtete Sehnengeschwulst erkannt hatte. Überbrettl n. 'buntes Theater', zu B r e t t l 'Bühne der Bänkelsänger' von Ernst v. Wolzogen 1900 gebildet (wobei Nietzsches Ü b e r m e n s c h Patenstelle vertreten mochte). Ladendorf 1906 Schlagwb. 316. Überdruß s. v e r d r i e ß e n .
Überfluß
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ÜberfluB m. nur deutsch. Mhd. übervluq ist im 11. J h . als Lehnübersetzung von lat. abundantia (oder mlat. superfluitas, superfluxus) gebildet, demgemäß kaum je in sinnlicher Bed., fast nur im Sing. Entspr. das Adj. ü b e r f l ü s s i g , mhd. übervlütfec, nach superfluus. Erst frühnhd. entwickelt sich die Bed. 'nutz-, zwecklos', nicht vor 1750 erscheint sie regelmäßig in den Wb. überhaupt Adv., zus.-gerückt aus Präp. ü b e r und Akk. H a u p t , spätmhd. über houbet 'ohne die Stücke zu zählen' vom Viehhandel, in dem houbet zur Bezeichnung gezählter Tiere dient. Noch bei Schönsleder 1618 über Haupt dingen 'im ganzen' (Gegensatz zu 'stückweise'), bei Stieler 1691 überhaubt kaufen, verkaufen 'in Bausch und Bogen', mundartl. „überhaupt arbeiten, schaffen" (nicht im Taglohn). Von da in die Bed. 'omnino' übergeführt, aus der ü b e r h a u p t das ältere ü b e r a l l verdrängt hat. Noch Lavater 1773 Aussichten 3,113 mißbilligt diesen jüngeren Gebrauch, der sich doch schon im 18. J h . durchgesetzt hat. fiberholen schw. Ztw. Engl, overhaul hat die Bed. 'durchaus nachprüfen' entwickelt und kann so z. B. vom Durcharbeiten einer Büchersammlung gebraucht werden: a complete overhauling of a stock (Report of the Carnegie United Kingdom Trust 16 [1929] 17), vor allem aber von Maschinen und Schiffen. Nach engl. Vorbild wird ü b e r h o l e n 'nachsehen' vor 1870 in dt. Seemannssprache möglich: „die Blöcke und das Tauwerk überholen" Kluge 1911 Seemannsspr. 800. Dt. Wassersportleute sagen etwa auch „Das Haus, der Wagen muß mal ganz überholt werden". Von Technik und Sport her wird der Ausdruck allgemein: Zs. d. Sprachv. 37 (1922) 75. 38 (1923) 69. Übermacht f . im geltenden Sinn vor Adelung in keinem Wb., scheint, nachdem mhd. übermaht 'große Menge' längst abgestorben war, im 18. Jh. rückgebildet zu sein aus dem Adj. ü b e r m ä c h t i g 'an Macht überlegen', das seit Ende des 15. Jh. begegnet. Übermensch m. Während das Adj. ü b e r m e n s c h l i c h ' supernaturalis' (frz. surhumain, nnl. bovenmenschelijk, dän. overmenneskelig) seit Geiler 1522 Postille 2, 14 a geläufig ist, steht das daraus rückgebildete M. zuerst ironisch in einem Brief des Dominikaners Herrmann Rab von 1527: „(Luthers Anhänger) wandeln allein im Geiste und sind Übermenschen und übermenschliche Engel." Ernsthaft gebraucht kommt das Subst. in theol. Kreisen des 17./18. Jh. hoch: Hnr. Müller 1714 Geistl. Erquickstunden 1, 649. „Im neuen Menschen bist du ein wahrer Mensch, ein Über-Mensch, ein Gottes- und ChristenMensch". Von da kennt es Herder und verK l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 17. Aufl.
überschnappen
wendet es (Suphans Ausg. 2, 25. 3, 202. 6, 679. 17, 115 u. ö.) in der Bed. 'einer der mehr ist als ein bloßer Mensch'. Von Herder geht Ü. im gleichen Sinn auf Goethe (Urfaust V. 138; Zueignung Str. 8) über. Durch Nietzsches Zarathustra (Werke 6, 13) wird es 1883 neu geprägt im Sinn einer höheren, idealen Stufe des Menschen, zu der sich dieser emporbilden soll. Übername m. Aus lat. supernöminäre 'mit Zunamen benennen' ist mlat. supernömen n. rückgebildet. Lehnübersetzung davon ist mhd. Übername 'Bei-, Nebenname' bei Berthold v. Regensburg (f 1272). überraschen schw. Ztw., urspr. 'rasch über jem. her sein'. In md. Fehden und Kriegen des 16. Jh. entwickelt, zuerst ostfränk. 1560 Quellen zur alten Gesch. d. Fürstent. Bayreuth 3, 41 denen hat der herzog . . . mit 900 pferden nachgehangen, willens sie zu überraschen. Zur Vorsilbe vgl. gleichbed. ü b e r r u m p e l n , ü b e r f a l l e n , frz. surprendre. Auch nl. verrassen kann 'durch Überfall besiegen, einnehmen' bedeuten. Überrest m. zuerst 1561 in einer brandenb. Hofordnung: A. Kern 1905 Dt. Hofordn. 1, 55. Wie das ältere R e s t (s. d.) über die Sprache des Handels und der Rechnung, die beide eingebürgert hat, weit hinausgedrungen. fiberrumpeln schw. Ztw. zu r u m p e l n 'lärmen, poltern', also 'mit Lärm überfallen' wie der älteste Beleg gut zeigt: Geiler 1512 Pilgerschait 140 kümpt ein unsinniger hunt in ein hus, so überrumpelt er alles, das do stübt md flühet. Ins Nhd. gelangt das Wort durch Luther (Weim. Ausg. 8, 686. 17, 1, 446 u. ö.), der doch der Bibelübersetzung ( ü b e r ) r u m p e l n fern hält. überschätzen schw. Ztw. Mhd. überschätzen 'über Vermögen besteuern', das in Straßburg 1400 auftritt (Chron. dt. Städte 8, 388. 419), geht im 16. J h . wieder verloren. In der geltenden Bed. 'zu hoch einschätzen' steht zuerst bei Frisius Dict. 136 a (Zürich 1541) sein kunst überschetzen-, entspr. Steinbach (Breslau 1734), Herder und Goethe. Frisch (Berlin 1741) bezeichnet das Wort als ungebräuchlich, Adelung kennt es nicht, und erst Campe 1810 bucht es wieder: Kuhberg 1933 Verschollenes Sprachgut 62. überschnappen schw. Ztw. Seit Stieler 1691 vom falsch gebauten oder behandelten Türschloß. Von da stammt das schonende Bild bei Zinzendorf 1757 Lond. Pred. 2, 47 „wir dürfen mit unsern Gedanken nicht extravagieren und überschnappen". Dann lieblos und geradezu „verrücktwerden": Goethe 1775 Urfaust S. 81 Er. Schmidt: „nun bist du wieder am Ende deines Witzes, an dem Fleckgen wo euch Herrn das Köpfgen überschnappt". So in Mundart 51
überseeisch
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und Halbraundart von Köln bis Königsberg, von Luxemburg bis zur Steiermark. überseeisch Ad]'. Das Mhd. bietet über mer, über se, das Mnl. over mere, over see, die auf lat. ultra mare, aber auch afrz. oulre mer zurückgehen können. Dazu Komposita mnl. oversee, mhd. übermer. Für sich steht zu einem Binnensee 1431 Schweiz, überseeisch; aber 'jenseits des Meeres' 1457 bedeutet (ost-) preuß. obirseesch, dann erst 1654 nnl. overzeesch mit der heutigen Bedeutung auch im Dt. 'transatlantisch': E. Öhmann, Neuphil. Mittigen. 1953, 153. Nunmehr gilt der Sinn überhaupt für über die Weltmeere hinweg'. überwinden st. Ztw., mhd. überwinden, ahd. übarmntan 'übertreffen, überwältigen, besiegen'; daneben in derselben Bed. mhd. Überwinnen, ahd. übarwinnan. Ahd. wintan ist 'drehen'. Die Bed. 'kämpfen', die wir für das unserer Zus.Setzung vorausliegende Simplex fordern müssen, findet sich bei ahd. winnan, ags. (ofer)winnan, anord. vinna. Hier liegt der Ursprung unseres ü b e r w i n d e n : das i von ahd. ubarwintan kommt urspr. nur dem Präs. zu, wie das von ahd. swintan 'schwinden'. Vgl. s t e h e n . fiberzeugen schw. Ztw., zu Z e u g e m. Mhd. Überlingen 'mit Zeugen überführen' ist als Rechtswort seit dem 13. Jh. gangbar; die Bed. geben noch die Wb. des 15./16. Jh. stets mit 'testibus evincere, coarguere'. Der daraus entwickelte, heute geltende Sinn 'mit Gründen zu einer Ansicht bekehren' bereitet sich bei den Theologen des 16. J h . vor, wird aber erst im 18. Jh. recht deutlich. Überzieher m. zuerst bei Krünitz, Öcon.techn. Encycl. 193, 153 als Schutzbekleidung gegen die Witterung, die über alle übrige Männerkleidung gezogen wird; über 'Wettermantel' zum heutigen gemeinhd. Sinn abgeschwächt. Zur landschaftl. Abgrenzung (s. P a l e t o t ) ist zu beachten, daß das Hd. Nomina agentis urspr. nur als Bezeichnung von Männern, nicht von Sachen kennt: s. S c h a n z l ä u f e r , Schmöker, Wälzer. übrig Ad]'. mhd. überec (g), mnd. mnl. afries. overich, nnl. overig. Aus dem Nd. entlehnt dän. ewig, schwed. öfrig. Abgeleitet von ü b e r ; demgemäß ist von einer Grundbed. 'überschüssig' auszugehen, die sich in der Wendung „ein übriges t u n " erhalten hat. Von da aus ist die gangbare Bed. entwickelt 'von einer größeren Anzahl als Rest geblieben'. Ufer n. Mhd. (spät und selten) uover, md. uover, über, mnd. afries. Over (daneben asächs. *öbir, mnd. Sver, götting. oiwer, westfäl. aiwer, mnl. nnl. oever), ags. öfer m. 'Ufer, Rand, Küste' (engl, noch in Ortsnamen wie Windsor, ags.
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Windles öfer 'Ufer des Windel', mit i-Umlaut Heah-cefre) führen auf germ. *öfer aus *äpero-, woraus das Ags., Hd., Nd., Nl. die umlautlosen Formen, aus *äperio-, wozu gr. epeiros (dor. dpeiros, äol. dperros) und mnd. Sver und die heutigen Umlautf?rmen stimmen: N. 0 . Heinertz, Studia neophil. 1948, 103. Außergerm, kommt ein Vergleich mit arm. ap'n 'Bank, Küste' in Betracht. Während U f e r in nd. Mundarten geläufig ist (DWb. 11, 2, 716), fehlt es den obd. Mundarten wie allen älteren obd. Denkmälern. Aber auch die ältesten md. Quellen, der ahd. Tatian wie Otfrid, kennen nur das gemeingerm. stad (s. S t a d e n ) . Zuerst erscheint mfränk. üuer 'litus' Ahd. Glossen 3, 369, 11, mhd. uover seit 1204 bei Wolfram (Parz. 311, 5. 603, 10), danach bei Ostmd. wie Frauenlob, M. Beheim und Nik. v. Jeroschin. Zu ihnen tritt entscheidend Luther, der seit 1522 U f e r 36mal in die Bibel aufnimmt. Seinen obd. Zeitgenossen muß das Wort mit G e s t a d e erläutert werden, Sachs und Fischart bürgern U f e r im Nhd. ein: Kluge 1918 Von Luther bis Lessing 103. 112. 116; v. Bahder 1925 Wortwahl 37 f. 43 ; Uhr f . Lat. höra 'Stunde' (aus gr. höra 'Zeit, Stunde') ergibt spätlat. ital. ora, afrz. (h)ore. Als frühe Entlehnung aus dem Frz. erscheinen engl, hour, mnl. üre, mnd. ür(e). Im 14. Jh. wandert das Fremdwort rheinauf, in den Frankfurter Amtsurkunden 179 erscheint 1348 „(der) der orglocken wartit", 1405 „als die orglucke unrecht sluge". Die Zus.-Setzung zeigt zugleich, wie der alte Sinn 'Stunde' zum geltenden 'Stundenmesser' (wofür früher S e i g e r , s. d.) gewandelt wurde. Die alte Bed. bleibt in Wendungen wie „es schlägt drei Uhr", „Schlag sechs Uhr", „wie viel Uhr ist e s ? " (hierfür landschaftl. weithin G l o c k e ) ; erst von der neuen aus konnten Zus.Setzungen gebildet werden wie S a n d - , S o n n e n - , T a s c h e n u h r . Die Form schwankt bis ins 16. Jh. zwischen (h)ore und ure, Luther bevorzugt hor(a), gegen Ende des 16. Jh. setzt sich ur(e) durch, das vom Mnd. ausgehend auch dän. schwed. ur ergibt. In westmd. Ma. ist das Wort so früh gelangt, daß es dort noch von der Diphthongierung ergriffen wurde: hesa auar, Alberus 1540 Biet, dd 1» aur f . Uhu m. In den Namen der größten Eulenart ist ihr nächtl. Schrei 'buh, puhu, ühü zu erkennen: lat. bübo, gr. btfas, armen, bu, russ. pugaü, finn. huuhkaja. Lautnachahmend ist auch germ. *üf-, auf das altbair. üvo, ags. ü f , anord. üfr zurückweisen und worauf bair.-österr. auf beruht. Schweiz. hüw(e), hü(e) gehen auf das unter E u l e erschlossene germ. *uwwön zurück. Mit anderen Lautnachahmungen treten schwäb. thür. S c h u h u , siebenb. B u h u , frühnhd. H u h u (Alberus 1550 Fab. 34,185) und seit dem 16. Jh.
Ukelei
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ostmd. U h u auf, das seit Luther 1523 (5. Mos. 14, 16) Schriftwort wird. Ukelei m. Der karpfenartige Fisch Cyprinus alburnus heißt bei E. Alberus 1534 Fabeln 19, 162 Vcle. Nach V. Dollmayr 1936 DWb. 11, 2, 715 f. ist der Name auf Nordostdeutschland beschränkt. Er stammt aus einer der ausgestorbenen westslaw. Mundarten. Ihm entspricht kaschub. poln. russ. ukleja. Die Fülle der dt. Synonyma bei Wiek 60. Ulan m. 'Lanzenreiter', aus türk. 'junger Mann' ülan über das Poln. entlehnt. Das Wort wird auf leichte Reiter angewendet und entlehnt zu poln. uteri'Kavallerist in tatarischer Kleidung'. Zur Zeit, als August der Starke (f 1733) König v. Polen war, wurde die Truppe ins sächs., von Friedrich d. Gr. im preuß. Heer eingeführt. Er schreibt 1742 hulahnen; unsere Form seit König 1745 Ged. 201. Im Namen ihres Waffenrocks U l a n k a ist das türk. Wort mit poln. Endung versehen. Herleitung noch weiter zurück aus dem Mongol.: Penti Aalto, Neuphil. Mittigen. 1952,1. ulen s. Eule. Ulk m. mnd. ulk; nhd. nicht vor A. Helvigius 1620 Origines dictionum germ. 288 „ulk vulgus nostrum usurpat pro afflictione et calamitate", dann erst wieder bei Richey 1755 Id. Hamb. 325 „Ulck: Unglück, aus welchem Worte es scheinet zusammen gezogen zu seyn", und im Versuch e. brem.-niedersächs. Wb. 5 (1771) 147f., der Richeys unmögliche Deutung wiederholt, wie H. Schröder noch 1923 Beitr. 47, 165. In der nordwestdt. Küstenlandschaft, der es entstammt, bedeutet U l k 'Spektakel, Radau, Händel': Schiller-Lübben, Mnd. Wb. 5, 1. Im Ausgang steht nach A. Lindqvist 1942 Studia neophil. 15, 173ff. nd. üle 'Eule' mit Verkl. ülke(ri) und Ztw. ulken 'sich auffallend herausputzen' zu Einschüchterung und Mummenschanz. Bei Studenten ist dieses u l k e n zum lärmenden Spaß geworden, während sonst die Eule der unheimliche, Unglück bringende Vogel war. Aus dem Ztw. ist Ulk m. rückgebildet (wie F l i r t , P f i f f , S c h e r z aus f l i r t e n , p f e i f e n , s c h e r z e n ) . Literarisch seit Hackländer, Das Soldatenleben im Frieden 1844, 66 (der Ausgabe von 1886): „ulken, ein unübersetzbares Wort, das vom Singen auf der Straße bis zum Schilderverhängen und Fenstereinwerfen alle möglichen Skandale in sich schließt" (mitgeteilt von Dr. Majut-Leicester). Ulme f . Der Baum heißt mhd. elm(boum), üm(e), ahd. elm(o), elmboum, ilme, ilmboum Zs. f. dt. Wortf. 2, 211; entspr. mnd. ags. engl, dän. elm, anord. almr, norw. schwed. alm und außerhalb des Germ. kymr. llwyf, air. lern. Die Schwundstufe dieses Stammes, der in mundartl.
umsatteln
ilm(e) und in Namen wie E l m (ahd. elmaha), I l m e n d o r f fortlebt, liegt im gleichbed. lat. ulmus vor. Von da entlehnt tritt ulmboum (wie ags. ulmtreow) seit dem 12. Jh. (Ahd. Glossen 3, 263. 291), ulme seit Petr. de Crescentiis (1495) 97 b auf. Aber schon seit 800 erscheinen im einst, röm. Germanien von der Nordsee bis Südbaden Ortsnamen, die auf lat. ulmus oder seinen Ableitungen ( U l m e t in der Pfalz und O l z h e i m bei Prüm auf ulmetum 'Ulmenwald') beruhen. Das in der roman. Sippe von ulmus (ital. olmo, afrz. olme) entwickelte o erscheint in mnl. olme, nnl. mnd. olm sowie bei Fischart 1575 Garg. 41 „Olmen- oder Rüstbaumrinden". S. Krause, Die nd. Namen der Ulme: Nd. Korr.Blatt 12, 67. 13, 59. Einen weiteren Ablaut a hat anord. älmr 'Ulme', aber auch poet. 'Bogen'; norw. schwed. alm. Die Wurzel ist in allen Fällen *el, *ol, ahd. elo 'gelb', vgl. Ellhorn bei H o l u n d e r , A h o r n . Die U l m e heißt auch R ü s t e r (s. d.). Ulster m. 'langer, bequemer Mantel aus gerauhtem Stoff, häufig mit Gürtel'. Bei uns seit 1899. Nach gleichbed. engl. Ulster (overcoat), von einem Belfaster Kleidergeschäft 1867 in den Handel gebracht und mit dem alten Namen Nordirlands versehen: Stiven 92; W. Fischer 1943 Dt. Wortgesch. 2, 374. ultramontan Adj. Ital. ultramontano 'jenseits der Berge (der Alpen) liegend' (aus lat. ultra 'jenseits' und montes 'Alpenberge') wird zu Beginn des 18. Jh. entlehnt und seit Sperander (1727) 788b gebucht. Als kirchenpolit. Begriff steht u l t r a m o n t a n i s c h bei Nicolai 1785 Reise 5, 123. Die Entwicklung zum Schlag- und Scheltwort bei Ladendorf 1906 Schlagwb. 319; Zs. f. dt. Wortf. 3, 335. 8, 23. 98. um Adv. Präp. mhd. umbe, ümbe, ahd. asächs. umbi, ags. ymbe, anord. um(b). Außergerm, sind nächstverwandt (idg. *mbhi) gall. ambi-, air. imm(e), aind. äbhi 'um, zu beiden Seiten von'. Daneben mit Ablaut (idg. *ambhi) lat. ambi-, gr. amphi. — Die Lautgeographie zu 'um' bietet der Dt. Sprachatlas. umgehend Adv. 'sofort', zu Beginn des 19. Jh. gewonnen aus der Formel m i t u m g e h e n d e r P o s t , worin u m g e h e n für 'umwenden, zurückfahren' steht. S. p o s t w e n d e n d . Umlaut m. Die seit Gueintz und Schottel 1641 beobachtete Erscheinung heißt bei diesem Sprachk. 22 K l e i n l a u t , weiterhin meist D i p h t h o n g u. ä. U m l a u t zuerst bei Klopstock, Werke 12, 213. 371, gebucht seit Campe 1811, zum strengen Fachwort erhoben von J. Grimm 1819 Gramm. 1, 9: Zs. f. dt. Wortf. 15, 27f. umsatteln schw. Ztw., zuerst bei Kramer 1678 als 'ausreißen', kennt Stieler (1691) Sp. 2045f. als 'deficere, Studium vel religionem mutafe, 51»
Umsicht
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anliquos mores exuere\ Sp. 2338 gleichwertig mit 'Von der Gotteslehre zur Arzeney ümtreten'. Hier wird deutlich einem Verlassen des Christentums gleichgesetzt, wenn ein Student die Theologie aufgibt. Vom Religionswechsel 1694 Schaupl. barb. Sclaverey 142 und Besser, Ged. 71. Als zunächst Erfurter Stud.-Wort seit 1718: Zs. f. d. Wortf. 1, 50. 12, 292; Mitt. d. Ges. f. schles. Volksk. 19, 244. Umsicht /. Mhd. umbesihtec Adj., Lehnübersetzung des lat. circumspectus, ergibt nhd. umsichtig. Daraus rückgebildet ist U m s i c h t /., das nicht vor Campe 1811 greifbar wird. umsonst Adv. mhd. umbe sus 'um ein So' wird von einer Gebärde begleitet, die ein Nichts andeutet, so daß die Bed. 'um ein Nichts' entsteht, die sich wandelt zu 'ohne Entgelt, Wirkung, Erfolg': Behaghel 1924 Syntax 2, 64; Kallôs 1931 Beitr. 65, 76ff. S. s o n s t , v e r gebens. Umstand m. Mhd. umbestant ist, wie gr. peristasis, lat. circumstantia 'das Herumstehen, die Gesamtheit der Umstehenden'. So über die frühnhd. Zeit hinaus und bis heute in obd. G e r i c h t s u m s t a n d 'Zuschauer bei Gericht', wozu U m s t ä n d e r . Von einem vereinfachten Verfahren kann es heißen (wie im Frz. ne faites pas de circonstances) „es werden keine Umstände gemacht". Wie spätlat. circumstantia, frz. circonstances entwickelt sich U. zum 'besonderen Verhältnis, wovon etwas umgeben ist, worin sich jem. befindet'; dabei entsprechen die erschwerenden und mildernden Umstände den circonstances aggravantes, atténuantes. Umwelt /. zuerst bei dem Dänen Baggesen 1800 Werke 2, 102 nach dän. omverden, das als frei geschaffenes Ersatzwort dem frz. milieu entspricht. Campe bezeichnet U m w e l t 1811 irrig aber sicher in gutem Glauben als seine Erfindung; Goethe wendet es seit 1816 an: Weim. Ausg. I 30, 1, 27. Zs. f. d. Wortf. 7, 68. 150f.; Kluge 1912 Wortf. und Wortgesch. 125. Umwertung f . Nietzsche hatte 1886 „Umwertung aller Werte" zum Titel seines Hauptwerks bestimmt, an dessen Vollendung ihn der Schlaganfall 1889 hinderte. Der 1. Teil erschien 1895 und führte sogleich das Schlagwort herauf. umzingeln s. Zingel. un- Wortvereinigung von gemeingerm. und idg. Alter: mhd. ahd. asächs. anfr. afriea. ags. engl. got. un-, anord. ü-, ö-, Außerhalb des Germ, entsprechen air. in-, an-, ê-, kymr. korn. bret. an-, lat. en-, in-, osk. umbr. an-, gr. a(n)-, armen, an-, aind. awest. apers. a(n)-. Dem got. unkunj>s, anord. üküdr, ags. uncüp 'unbekannt' entsprechen gleichbed. air. ingnad, lat. Ignötus, gr. dgnötos, armen, ancanaut', aind. djnätus. In
und
Ablaut mit der untrennbaren Vorsilbe idg. *rr steht die idg. Verneinung *ne, s. nein. unbändig Adj. Mhd. bendec, mnd. bendich wird in älterer Weidmannssprache zum Lob des Hundes, der sich gut am bant 'Leitseil' führen läßt, s. b ä n d i g e n . Der Gegensatz mhd. uribendec (mnl. onbandich, nnl. onbandig; aus dem Dt. entlehnt dän. ubcendig, schwed. obändig) bedeutet 'durch kein Band gehalten' und wird zunächst von Hunden an der Koppel gebraucht. Erst nachdem es auf Menschen bes. Kinder übertragen war, ist in md. nd. Ma. das M. U n b a n d daraus gefolgert, das in der Bed. 'Wildfang' seit F. Schlegel 1813 Dt. Museum 2, 98 literarisch wird. unbequem Adj. Adv., ahd. umbequämo 'moleste', mhd. unbequmme, mnd. unbequeme, mnl. onbequäme, nnl. onbekwaam, dän. ubeqvem, schwed. obeqväm: Gegenteil von b e q u e m , s. d. Namentlich im Nl. reich entfaltet, auch bei uns einst sehr vielseitig, ist u n b e q u e m (wie u n b e h a g l i c h ) eingeengt auf den Begriff des lat. inconveniens. Unbestand m. (nnl. oebestand und schwed. obeständ gelten als Entlehnungen aus dem Dt.) beginnt in frühnhd. Rechts- und Geschäftssprache das alte W a n d e l zu ersetzen. Haltaus 1925 bringt mit unglimpff und unbestandt aus einer Quelle von 1628 bei. Man kann darin die Verneinung von mhd. bestant m. sehen oder Rückbildung aus dem im 15. Jh. auftretenden Adj. u n b e s t ä n d i g . Aber auch Reste eines Adj. u n b e s t a n d 'sine fundamento' sind erhalten: Lohenstein 1690 Arm. 2, 1423 b. Unbill f., Mz. U n b i l d e n mhd. mnd. unbil{e)de n. 'Unrecht', unter dem Einfluß des N. Bild aus älterem F.: Abstr. auf ahd. ida zum mhd. Adj. unbil 'ungemäß'; dies zu dem auch für Bild und billig vorausgesetzten germ. Stamm *bil-. Substantiviert ergibt dasselbe Adj. ein zunächst Schweiz. U n b i l l , das seit J. Fischart 1673 Flöhaz 992. 1202 im Nhd. erscheint, aber sich erst in A. v. Hallers und Goethes Tagen durchsetzt. Seiner Bildung nach ist Unbill N., der Wandel zum F. (H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 115f.) vollzieht sich unter dem Einfluß des alten Geschlechts von Unbilde. unbotmäßig s. b o t m ä ß i g . und Konjunkt. Mhd. und(e), ahd. unta, unti, inii, älter enti, anti, asächs. fndi, ande, anfr. in(de), mnl. end(e), enn, nnl. en, afries. and(a), ande, end(a), ags. end, and, angl. and 'und', anord. en(n) 'und, aber'. Außerhalb des Germ, vergleicht man aind. dthä 'darauf, dann', das sich unter den obigen Ablautformen mit den germ. w-Formen auf idg. *nthd vereinigen läßt. Andere Anknüpfungen sind noch ungewisser:
unentwegt
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E. H. Sehrt 1916 Hesperia Nr. 8. — Zur Bed. und Syntax: G. Schubert, Wirk. Wort 5 (1964) 257. — Der Dt. Sprachatlas stellt die Lautgeographie von 'und' auf Karte 67 dar. unentwegt Adj. Das Ztw. mhd. entwegen 'auseinander bewegen' hat sich in Schweiz, e n t w e g e n 'vom Fleck rücken' erhalten. Dazu das Part, e n t w e g t 'unruhig'. Dessen Verneinung unentwegt'unerschütterlich' wird um 1840 Schweiz. Zeitungswort, durch Gotthelf 18B4 Schuldenbauer 384 und G. Keller 1878 Zur. Nov. 314. 319ff. im Reich bekannt und bald zum Spott gegen spießbürgerl. Politiker gewendet. Gebucht seit Sanders 1876 Wb. 2, 2, 1516b; Zs. f. dt. Unt. 16, 266. 701; 17, 236. unerachtet, - g e a c h t e t Konjunkt. entstammt dem gleichlautenden Part.: Behaghel, Synt. 2, 61. 429. 3, 320f. In Verbindung mit d e m oder d e s s e n , die urspr. Träger der Parataxe sind, bezeichnet es, daß eine Handlung ohne Beachtung des Vorhergehenden, später im Widerspruch dazu geschieht. So ist seit Lessing die Bed. 'trotzdem' erreicht. Auch Präposition, so bei den Juristen E. T. A. Hoffmann und Th. Storm. Unfall m. frühnhd. unval verkürzt aus mhd. ungeval, mnd. ungeval, -gevel, nl. ongeval, wie schon ahd. val neben gival stand. Das alte ungeval, Gegenteil von nd. nrhein. nl. geval '(zufälliges) Glück' hält sich daneben Schriftdeutsch bis ins 17. Jh., die Form U n g e f ä l l e bis ins 18. Jh. Unflat m. mhd. (seit dem 12. Jh.) unvlät m. f . n. 'Unsauberkeit'; mnd. unvlät, -vlede ist wesentlich jünger; an Stelle des seltenen nnl. onvlaat tritt durch Volksetymologie onverlaat. U n f l ä t i g Adj. aus mhd. unvlcelec 'unsauber', woneben vlmtec 'sauber, zierlich, schön', flätig im Nordwesten von Nassau 'sauber', rhein. flädig (Luise Berthold, in Festschr. f. K. Helm 1951, 241) zu vlät 'Sauberkeit'. Ahd. fläi 'Schönheit' (ags. fl&d) häufig in Frauennamen des 6. bis 9. Jh. Das Fem. ist ¿¿-Abstr. zu einem älteren Verbalstamm, zu dem sich die schwachen Ztw. ahd. fläwen, mhd. vlce(je)n 'säubern' stellen. Es ist gebildet wie N a h t , S a a t , T a t ; Flucht, Zucht. Unfug rn. Das Mhd. bietet in unvuoc m., unvmge f . nur die abstrakten Bedeutungen von verneintem vuoc ' F u g ' (s. d.), nämlich'Unanständigkeit, Unziemlichkeit, Roheit, Schande, Frevel', für das F. noch 'Unnatürlichkeit, Ungereimtheit, törichte Handlung'. Heute ist der oft aus Übermut stammende Unfug ein Verstoß gegen die Ordnung im Gemeinschaftsleben, aber keine schwere Rechtsverletzung. ungefähr Adv. Mhd. äne geveere 'ohne böse Absicht' (s. G e f a h r ) , frühnhd. ongefer(e), ent-
Ungetüm
lehnt zu nnl. ongeveer, wird im 15. Jh. umgebildet zu ungever: auf dem Grenzgebiet zwischen Präp. o h n e und Vorsilbe un - herrschte damals eine durch die lautliche Entwicklung begünsigte Unsicherheit. In der neuen Gestalt ist schwed. ungefär (so seit 1634) übernommen. Auf Angaben, für deren volle Genauigkeit man nicht einstehen kann, wird das Adv. seit etwa 1450 angewendet: die mangelnde Genauigkeit soll nicht als böse Absicht gelten. — Adj. und N. werden im 16. Jh. aus dem Adv. entwickelt. Ungemach s. G e m a c h , ungeheuer Adj. mhd. ungehiure, ahd. ungihiuri, mnd. ungehüre, mnl. ongehiere, ongehuur, nnl. onguur 'unheimlich, schrecklich', Gegenteil des im Nhd. stark zurückgedrängten g e h e u e r , s. d. Substantiviert U n g e h e u e r n., mhd. ungehiure n. m. f., ahd. ungihiuri, mnd. ungehür(e), mnl. ongekier(e), -gehuer. Die Alleinherrschaft des N. setzt sich erst im 18. Jh. durch, begünstigt durch Vorbilder wie lat. monstrum, prodigium, die auch die Bed.-Geschichte mitbestimmt haben. ungenannt Part. Adj. Adv. Aus dem eigentl. Gebrauch 'nicht genannt', der alt, verbreitet und stets neu möglich ist, lösen sich einige feste Übertragungen. Gottes, des Teufels, der Elfen Namen nennt man nicht, darum sind sie schon mhd. die ungenanten. Frühnhd. gewinnt ungenant sünd für 'widernatürl. Laster' Verbreitung, seit dem 14. Jh. erscheint d e r U n g e n a n n t e als Krankheitsbezeichnung, namentl. für den Wurm oder Umlauf am Finger (Zs. f. dt. Wortf. 10, 134; H. Fischer 3, 354. 6, 166f.), doch auch für Brand, Rotlauf, Podagra: Schnüffis 1695 Maultrommel 101. ungeschlacht s. G e s c h l e c h t , ungestalt Adj. ahd. ungistalt 'häßlich'; mhd. neben dem Adj. ungestalt das substantivierte ungestalt f . 'Mißgestalt' und W o h l g e s t a l t (mhd. wolgestalt, wol gesellet 'gut aussehend'): Part, zu mhd. stellen in seiner Bed. 'gestalten'. ungestüm Adj. ahd. ungistuomi, mhd. ungestüeme, mnd. ungestüme, nnl. ongestuim 'stürmisch'. Das nicht verneinte Adj. begegnet in der Bedeutung 'ruhig, sanft' ahd. mhd., wenn auch selten. Zugrunde liegt eine »»-Ableitung zur idg. Wurzel *st(h)ä 'stehen'. Ungetüm n. bezeugt nicht vor Alberus 1540 Dict. BB 3 a und seinen md. Zeitgenossen wie Waldis im Westen, Mathesius im Osten. Genau entsprechend anord. ödeemi 'beispiellose Begebenheit'. Germ. *un-ga-dömia- 'was nicht seine rechte Stelle hat': H. Kuhn 1929 Das Füllwort of-um im Altwestnord. 28. S. auch -tum.
Ungeziefer
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806
Ungeziefer «. spätmhd. ungezllere, umher 'unreines, nicht zum Opfer geeignetes Tier'. Zugrunde liegen mit gram. Wechsel ahd. zebar, ags. über, tifer'Opfertier', anord. tlfurr 'Gott', zu gr. deipnon 'Mahl'?, dazu got. *tibr gesellt, falls diese Vermutung J. Grimms und Ettmüllers für überliefertes aibr 'Opfertier' das Rechte trifft. Daß damit wesentl. 'Großvieh' gemeint ist und daß das germ. Wort weites Gebiet einnahm, vermutet man aus dem entlehnten afrz. atoivre 'Getier'. Weitere Beziehungen sind unsicher; vielleicht gehört hierher anord. tafn 'Opfer'. ungezogen Part. Adj. Adv. ahd. ungazogan, mhd. ungezogen(lleh), mnd. un(ge)togen, ags. ungelogen, aschwed. otughin. Neuerer Umgangssprache ist das norddt. übliche Wort in Österreich fremd. Hier gelten b r a v und s c h l i m m , in Böhmen a r t i g und b ö s , u n a r t i g , in Hessen h ü b s c h oder (im Süden) g e s c h i c k t statt 'artig': Kretschmer 1918 Wortgeogr. 645. Unhold m. mhd. unholde m. /., ahd. unholdo m., unholda f., asächs. unhold, ags. unholda, got. unhulpa m., unhulpö f.: der germ. Teufelund Hexenname ist das subst. Adj. u n h o l d , mhd. unholt, ahd. asächs. ags. unhold 'nicht geneigt, feindlich'. Der ursprüngliche religiöse Gehalt von h o l d (s. d.) tritt dabei zutage. Uniform f . Lat. uniformis 'einförmig' ergibt im 14. Jh. das frz. Adj. uniforme, das in Bedeutungen wie 'gleichmäßig' um 1720 von Westen her bei uns eindringt. Das gleichlautende frz. F. war als Heereswort schon im 17. Jh. zu uns gelangt, als sich mit dem Aufkommen stehender Heere deren gleichförmige Bekleidung durchsetzte. Universität f . Lat. universitas 'Gesamtheit' bezeichnete innerhalb des mittelalterl. Studium, generale (dies der alte Name unserer Hochschulen) die Körperschaft der Lehrenden und LernendeD. Ruprecht II. von der Pfalz gründet 1393 Heidelberg als „unsere gefrite und privilegirte universiteten und schulen". Unke /. Zugrunde liegen germ. *unkvi, ahd. mhd. mnl. unc m. 'Schlange', urverwandt mit gleichbed. lat. anguis; germ. *ükkön, ahd. ücha, mhd. üche, oache, onke, Schweiz, üeche, nl. uike f . 'Kröte'; germ. *ükiön, ags. yce, mnd. ütze, nhd. eutze f . 'Kröte', diese beiden urverw. mit lat. üvidus 'feucht'. Im Nhd. steht unk m. zunächst für 'Hausschlange, Ringelnatter' und in naheliegendem Bild für den Stubenhocker, der nie vor die Tür geht. Die vor der Kultur flüchtende Schlange wird im 17. Jh. selten, die Vorstellung 'Kröte' dringt vor, für die sonst üche usw. vorhanden waren. U n k e wird F. (wie K r ö t e , O t t e r , Schlange), zugleich hindert die eingerissene Unsicherheit den literar. Ge-
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Unruhe
brauch des Worts bis Ende des 18. Jh. Noch Bürgers Vers „So sollst du tief ins Burgverließ, Wo Molch und Unke nistet" meint 'Schlange'. Dem durch seine 'Lenore' berühmten U n k e n ruf liegt nicht Beobachtung, sondern Aberglaube zugrunde; der Unkenruf klingt nicht unangenehm: Euling 1920 DWb. 11, 3, 1080ff. — Die Vertreter der genannten germ. Wortstämme in der Bedeutung 'Kröte' (s. d.) stellt die Wortkarte von H. Claus zu dieser dar; ders., Zur Bedeutungsgeographie von U n k e , Zs. f. Phon. u. vgl. Sprachw. 9 (1956) 169, mit Karte. Unkosten Plur. Im 14. Jh. treten mnl. oncost, mnd. unkost (von da entlehnt älter dän. omkost, dän. omkostning, schwed. omkostnad) auf. Hd. unkost, unkoste(n) bietet zuerst eine Mainzer Chronik des 15. Jh. Von Norden und Westen erobert das Handelswort das innere Deutschland unter Verdrängung von U n g e l d , das aus der Bed. 'Abgabe' die von'Unkosten' entwickelt hatte: Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.-Spr. 198. Einige Wörter, deren Bed. keinen Gegensatz zuläßt, erhalten durch Zus.-Setzung mit u n - den Sinn des Schlimmen ( U n a r t , - k r a u t , - t a t ) . So sind U n k o s t e n uspr. 'schlimme, außergewöhnl. Kosten', wie U n w e t t e r 'schlimmes Wetter'. Indem W e t t e r und K o s t e n selbst starken Gefühlswert entwickeln, bleibt kaum ein wesentl. Unterschied, eher empfindet man heute u n - als Verstärkung (wie in U n m e n g e , -zahl). unlängst Adv. mhd. mnd. unlanges, mnl. onlanges, nnl. onlangs 'kurze Zeit'. Formen wie u n l a n g s , - l ä n g s , - l e n g s begegnen bis nach Mitte des 17. Jh., doch schon vor Ende des 16. tritt u n l ä n g s t als Gegensatz von l ä n g s t auf. -t ist angetreten wie in A x t , O b s t usw. unmuster(n) s. m u s t e r . Unnatur /. das bei uns erst mit der Wirkung von Rousseaus Lehre aufkommt und nicht vor Campe 1811 gebucht wird, ist Rückbildung aus dem weit älteren u n n a t ü r l i c h (spätmhd. unnatürlich). tlnne s. Zwiebel. unpäßlich Adj. Zu p a s s e n 'angemessen, gelegen sein' (s. d.) stellt sich nhd. (wohl) zu p a s s e s e i n , nd. to passe sin. Dazu u n p ä ß l i c h wie nl. onpasselijk, dän. upasselig, schwed. opaslig. Noch im 18. Jh. steht u n b a ß daneben. Unrat m. ahd. mhd. unrät 'Hilflosigkeit, Mangel, Not, unnützes Zeug', ags. unrxd: Gegensatz zu R a t in seinen verschiedenen Bed. Unruhe f. ahd. unräwa, mhd. unräwe, -ruo(we), mnd. unro(ü)we, mnl. onroeuwe, anord. ürö. Zu den alten und stets wieder möglichen Bed. 'Mangel, Gegenteil der Ruhe' tritt die Übertragung auf Körperliches, namentl. Dinge, die sich stets bewegen, an Bratenwender, Baro-
uns
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Unterkauf
meter, Steigrad. Vom Regler der Uhr steht U. unsrig Adj. Während für s e i n i g (s. d.) Urseit dem 16. Jh. sprung im 14. Jh. nachzuweisen ist, kann das uns Pron. ahd. mhd. uns; in derselben Gestalt DWb. 11, 3, 1376 unserich erst seit 1580 beigemeingerm. zur Ergänzung der Reihe von wir bringen. Nicht älter sind die übrigen -ig(s. d.): nl. ons, asächs. ags. üs (engl, us), anord. Ableitungen zum Poss.-Pronomen, s. meinig. Unstern m. seit Fischart 1589 Diskurs B 2b oss, got. uns. Zus.-Hang dieses uns (aus *ns) mit lat. nös (noster), gr. hemeüs (für *as-meis), als Lehnübersetzung von frz. désastre 'Unaind. nas 'uns' steht fest. Dazu das Poss.-Pron. glück'. Anfangs steht U n g l ü c k s s t e r n daneben, u n s e r , mhd. unser, ahd. unser. Über den Aus- dem mit nnl. ongeluksster, schwed. olyeksfall von n vor s unter Ersatzdehnung (üs, üser): stjerna die weitere Verbreitung eignet. MöglicherFrings 1932 Germania Romana 9; über die ver- weise ist darum U n s t e r n als Klammerform zu kürzten Formen im Frank, (ahd. Mwsa^usw., mhd. beurteilen. unten Adv., unter auch Präp., mhd. unden, unses, unsem, unse): Braune-Mitzka Ahd. Gramm. § 286. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Laut- ahd. untanän; mhd. under, unter, ahd. unter, geographie von 'unserm' auf den Karten 39, 40, untar Präp., untari Adv., asächs. got. undar, nl. ander, afries. ags. engl, under, anord. undir. In 73; handschr. 'unsere'. dem germ. Wort sind zwei verschiedene Präp. Unschlitt n. m. 'tierisches Eingeweidefett zu der Grundsprache zusammengeflossen: idg. gewerbl. Verwendung', ein Fachwort der deut- *ntér 'innerhalb, zwischen' (lat. inter, osk. anter, schen Viehwirtschaft, in den Glossen seit dem air. éter, körn, ynter, aslaw. qtrü, aind. antdh 9. Jh., nachdem der Kienspan durch die Kerze 'innen, in, zwischen'; dazu gr. éntera 'Eingeverdrängt war. Von vornherein stehen neben- weide'), und idg. *n,dhér- 'unter' (lat. infrä mit einander ahd. ingislahti 'inneres Schlachtwerk' Inferus 'der untere', gr. atherizö 'verachte', und *ungislahti 'zum Essen nicht verwendbares toch. A áñ¿ 'unter', aind. adhá- "(nach) unten', SchlachtweTk' im Gegensatz zum guten Ge- ádhara- 'der untere'). — Die alte Bedeutung schlächt. Beide fließen früh ineinander, werden 'zwischen' ist heute noch in den Wendungen auf die Bezeichnung des Eingeweidefetts ein- 'unter uns, unter den Sachen, unter vier Augen' geengt und durch den starken Ton auf der Vor- erhalten, sonst gilt der Gegensatz zu 'oben'. In silbe verstümmelt, bis in I n s e l t und Un- Ortsnamen wird deshalb N i e d e r - gewählt. Im s c h l i t t die Stammsilbe zur Bedeutungslosigkeit Nd. gilt in der Bedeutung 'zwischen' für u n t e r einer Endung gedrückt erscheint. Die seit alters das zu m e n g e n (s. d.) gehörige m a n g . U n t e n entwickelte Formenfülle stellt K. Euling 1923 d u r c h , d r u n t e r d u r c h sein 'verloren sein', DWb. 11, 3, 1330ff. dar. Gleichbed. Wörter wie besonders geschäftlich und gesellschaftlich, aus F i l z , F l o m e n , G r a m m e l n , G r i e b e , Lie- nnl. Seemannssprache: onderdoor gaan, rijden s e n , M i c k e r , S p i n t bedrängen U. in den Mund- zunächst vom Schiff unter Sturzseen, dann vom arten, schriftsprachl. engt S c h m a l z sein Ge- Scheitern gewagter Unternehmungen. — Der biet ein, ebenso das vom Nd. eingedrungene Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie von T a l g (s. d.), das nun neben dem hd. Wort 'unten'. steht wie P o c k e , S p u k , s i c h s p u t e n neben unterdes(sen) Adv. Konjunkt., mhd. unter B l a t t e r , G e s p e n s t , sich eilen. Die umgangs- tfos, mnd. under des, nl. onderdes, schwed. under sprachl. Grenzen zieht Kretschmer 1918 Wort- det. Bis ins 17. Jh. werden die dt. Wörter oft geogr. 612f. Nordwestdt. U n g e l aus lat. ungu- getrennt geschrieben; die verlängerte Form entulum war mit der Kerzenzieherei durch die kommt im 16. Jh. auf. Zur Syntax der KonAgs. entlehnt; mit U n s c h l i t t wird U n g e l ver- junkt., die heute durch w ä h r e n d Einbuße ermischt zu üngsel in Eupen, zu ünksels in Köln. litten hat: 0 . Behaghel 1928 Dt. Syntax 3, 321. Unsinn m. Während u n s i n n i g seit Beginn Unterhose f . bis ins 18. Jh. meist im Plur., unserer Uberlieferung vorhanden und weit ver- gebucht seit Hulsius 1618. Das Gegenwort Hose breitet ist (ahd. unsinnig, mhd. unsinnee, mnd. bedarf als das ältere keiner Verdeutlichung, wie unsinnich, mnl. onsinnich, nnl. onzinnig), sind N a c h t h e m d zum Gegenwort einfaches H e m d die daraus rückgebildeten mhd. mnd. unsin, hat. Doch gab es (wie T a g h e m d e n ) auch nnl. onzin spät und selten. Rechten Auftrieb O b e r - und Ü b e r h o s e n . Das in Österreich gewinnt das frühnhd. in Bedeutungen wie volkstüml. G a t i h o s e n ist mit der Sache ent'Geisteskrankheit, Bewußtlosigkeit, Wut, Ver- lehnt aus magy. gatya 'weite leinene Unterblendung' begegnende U. erst zur Zeit der Auf- hosen', woher auch tschech. gatê, poln. gatki: klärung. Damals modelt es seine Bed. nach frz. Kretschmer 1918 Wortgeogr. 112. nonsens, engl, nonsense. Von da aus ist es Unterkauf m. mhd. underkouf, mnd. underunter Beihilfe der Studenten zum Kraftwort ge- köp, mnl. andercoop: ein vom 14. bis 16. Jh. worden wie B l e c h , K a f f , M u m p i t z . gangbares Handels wort, zunächst 'Kauf ver-
Untern
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mittlung', dann "Gebühr dafür, Zwischengewinn des Maklers'. Dazu U n t e r k ä u f e l m., mhd. underköufel 'Makler', das obd. bis ins 18. Jh. gilt: Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.Spr. 199. U n t e r 'inter', sonst von z w i s c h e n zurückgedrängt, hat sich in der Zus.-Setzung gehalten. Untern m., U n t e r b r o t n. 'Zwischenmahlzeit'. Ahd. untorn, -am 'Mittag', mhd. untern, unäern 'Mittag, Nachmittagessen, Vesperbrot', asächs. undorn, -ern 'Vormittag', ags. undern 'Vormittagzeit', undernmeie 'Frühstück', anord. undorn 'Vormittag', got. undaürni-mats 'Mittagsmahl' führen auf germ. *undurni aus *nlarno m. Das Wort enthält u n t e r 'zwischen'; 'Zwischenzeit' war der Mittag zwischen Steigen und Sinken der Sonne. Als dafür ahd. mütitae (nach lat. meridies) geschaffen war, wurde U n t e r n auf Zeit und Mahlzeit zwischen Mittag und Abend verlegt; als 'Vesper' gilt es weithin in den Mundarten: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 560f. unternehmen st. Ztw., mhd. mnd. undernemen, ahd. untarneman, asächs. undarniman, nnl. ondernemen, ags. underniman, mengl. wndernim. Die alte Bildung wird seit dem 18. Jh. unter Einfluß von engl, undertake und frz. entreprendre auf gewerbliche Beschäftigungen angewendet. U n t e r n e h m e n n. (seit 1725) und U n t e r n e h m e r (nach engl, undertaker, frz. entrepreneur, seit 1691) sind von vornherein im wirtschaftlichen Sinn gemeint und werden entsprechend verdeutlicht, etwa zu F u h r u n t e r n e h m e n und B a u u n t e r n e h m e r : K. Wagner 1943 Dt. Wortgesch. 2, 326f. Unterschleif m. 'Betrug, Unterschlagung', frühnhd. unterschleipf: seit Rot 1572 rückgebildet aus mhd. underslei(p)fen 'machen, daß etw. unterschlieft; heimlich bei Seite bringen', Faktitiv zu sliefen, zu dem ein älteres U n t e r schleif m., mhd. undersbuf 'Zuflucht' unmittelbar gehörte. unterstellen schw. Ztw. Das schon als mhd. understellen 'subdere' vorhandene Ztw. gerät im 18./19. Jh. unter den Einfluß von lat. supponere, frz. supposer und entwickelt, zunächst im Rechtsbereich, die Bed. 'fälschlich unterschieben' und 'den Fall setzen, annehmen'. Untertan Adj. Mhd. ündertän, ahd. üntartän bedeuten als Part, zu mhd. underluon, ahd. uniariuon 'unterjocht, unterworfen'. Als präd. Adj. entwickelt mhd. undertän die Bed. 'sich unterordnend'; hierzu das Subst. der underiän(e). Zum mhd. Inf. undertüon verschiebt das Part, beim Übergang in ein Adj. und Subst. den Akzent auf das Grundwort. unterwegs Adv., älter u n t e r w e g e n , mhd. ahd. underwegen, mnd. underweg{e), mnl. onder-
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Unze
wege(n), nnl. onderweg, dän. underveis, schwed. under vagen, engl, on the way. Zugrunde liegt u n t e r W e g e n 'internus'; an die präp. Verbindung, die spät noch getrennt geschrieben wird, ist im 18. Jh. das adv. -s getreten. Untiefe f . Gegensatz und Steigerung zu T i e f e . Mhd. begegnet nur intiefi, dagegen ahd. untiufl, mnd. undepe (seemännisch seit 1571: Kluge 1911 Seemannsspr. 803), mnl. ondiepe, nnl. ondiepie, ags. undeop, dän. odyb. Frühnhd. untieffe beginnt als Abstr. 'Mangel an Tiefe' im körperl. Sinne, woran (wie bei F l a c h h e i t und S e i c h t i g k e i t ) Übertragung auf Geistiges anknüpft. Die steigernde Bed. 'abgrundartige Tiefe' begegnet seit dem 18. Jh.; wieder scheidet sich abstr. und körperl. Gebrauch, an den (gleichfalls schon im 18. Jh.) Übertragung auf Geistiges anschließt. unverfroren Part. Adj. Adv. Seit dem 16. Jh. begegnet nd. unververt 'unerschrocken' als Part, zu (sik) ververen 'erschrecken', das als Ableitung von mnd. v&re f . 'Gefahr, Furcht' mit hd. Gef a h r (s. d.) verwandt ist. Für das in nd. Mundarten allenthalben fortlebende unververt tritt zuerst in Berlin 1854 u n v e r f r o r e n auf (Theod. Fontane, Briefe 2 I 105): man verstand das nd. Part, nicht mehr und bildete es so um, daß es einen Sinn zu geben schien. 1858 tritt U n v e r f r o r e n h e i t daneben. Von Berlin strahlen die Büdungen seit 1860 aus: W. Stammler 1938 Nd. Korr.-Bl. 51, 65f.; Kl. Schriften 1954, 171. Unvogel s. P e l i k a n . Unwesen n. mhd. Unwesen 'Nichtsein', ein Wort der Mystik, geprägt von Tauler (f 1361) Pred. 229, 9 Vetter. Ein neues Wort, nicht mit dem verneinenden u n - gebildet, sondern mit dem herabsetzenden (wie U n a r t , - k r a u t , - t a t ; s. U n k o s t e n ) ist das im 15. Jh. auftretende U n w e s e n 'verderbliches Wesen', das sich seit dem 15. Jh. langsam durchsetzt. Daraus entlehnt dän. uvmsen, schwed. oväsende. unwirsch Adj. Mhd. untoirdesch (zu würde f . 'Wert') bedeutet 'unwert, verächtlich'. Durch Kürzung in unbetonter Silbe entsteht frühnhd. unioirdsch, durch Erleichterung der gehäuften Kons. unwirs(ch); entspr. mnl. onwertsch, nnl. onwers. Unter Quereinfluß des unverwandten mhd. wirs 'schlimmer' entwickelt sich die Bed. 'mürrisch, verärgert', die schon um 1470 erreicht ist. Unze1 f . Mhd. unz(e), ahd. unza, mnd. unse, mnl. once, nnl. ons, anord. unzia, dän. unse, schwed. uns: bei Übernahme des röm. Pfunds ins Germ, entlehnt aus lat. uneia. Dies, aus altlat. *oin(i)ciä entwickelt, bedeutet als Ableitung von lat. ünus 'eins' ursprünglich 'Einheit'. Es lebt auch in den kelt. und roman.
Unze
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Sprachen fort; auf afrz. (12. Jh.) once 'Gewicht von zwei Lot' beruht gleichbed. engl, ounce. Im klass. Lat. (s. As) war uncia 'ein Zwölftel', sowohl als Münze wie als Gewicht und als Längenmaß. Als 'Zwölftel eines Fußes; Zoll' gilt ags. ynce; so lebt es in engl, inch bis heute, öfter gilt U n z e als kleines Handelsgewicht, steht aber auch als Flüssigkeits- und Zeitmaß sowie für 'Kleinigkeit' überhaupt: K. Euling 1936 DWb. 11, 3, 2272 ff. Unze2 f. Zu gr. lygx, lat. lynx (s. L u c h s ) gehört volkslat. luncea 'Luchskatze'. Der Name des heimischen Wilds ist in den roman. Sprachen auf Jaguar (s. d.) und Jagdleopard übertragen (ital. lonza, frz. once: l- als best. Artikel gefaßt) und aus dem Frz. zu uns entlehnt. Ob vor dem 18. Jh., ist zweifelhaft, da U n z e n f e l l bei G. Fischart 1575 Garg. 182 noch 'Luchsfell' bedeutet: R. Loewe 1933 Zs. f. vgl. Spracht. €0, 179 f. üppig Adj. mhd. üppic (g), ahd. üppig 'überflüssig, unnütz, nichtig, leichtfertig, übermütig'. Ein wesentl. hd. Wort; von da ist mnd. üppich entlehnt, daraus dän. schwed. yppig. Man führt ü p p i g auf einen idg. Adj.-Stamm *upi6 zurück, den man mit ü b e r verbindet. Ausgangsbed. des Adj. ist 'über das Maß hinausgehend', von da gelangt man negativ zu 'überflüssig, leer, eitel, unnütz', positiv zu 'überschwellend, strotzend, überreich, stolz'. Diese Bed. ist in dem früh entlehnten finn. upia 'stolz' erreicht. Die negative Bed. ergibt, ins Sittliche gewendet, 'übermütig, hochfahrend, schwelgerisch': so zuerst im Stammesnamen der TJbii (Tacitus, Germ. 28), die wohl wegen ihres blühenden Landes am Rhein so heißen. Wie nahe es liegt, vom Stamme der Präp. ein Adj. der Bed. 'üppig' zu bilden, lehrt engl, uppish in seinem Verhältnis zu up. ITr m. Der lautgesetzl. zu A u e r o c h s e (s. d.) entwickelte Name des Auerochsen wird seit Klopstock 1769 in alter Gestalt erneuert. ur- betonte Vorsilbe (die unbetonte Form er-, mhd. er-, ahd. ir-, ar-), mhd. ahd. ur-, asächs. afries. ur-, or-, ags. or-, U r k u n d e steht neben e r k u n d e n , U r l a u b neben e r l a u b e n , U r s p r u n g neben e r s p r i n g e n . Warum nominale Zusammensetzungen erstbetont sind, zeitwörtliche stammsilbenbetont, wird bei a n t - erläutert; s. auch e n t - . Im Ahd. begegnet ur auch als Präp., ebenso got. ms (uzuh), anord. ör, ür; heute auch nhd. u r - gelängt, was vor (leicht vokalisiertem) r in den Mundarten als Ersatzdehnung überhaupt leicht eintritt. Die Präp. bedeutet 'aus', die Vorsilbe 'aus, ursprünglich, anfänglich'. Vgl. u r i g . Außergerm. Beziehungen sind nicht gesichert: Euling 1933 DWb. 11,3,2365.
Urgicht
Urahn m. 'Urgroßvater, Vorfahr', wrane, ahd. urano 'abavus'. S. A h n .
mhd.
uralt Adj. durch u r - gesteigertes a l t (s. d.), ahd. uralt 'valde senex'. Im Mhd. fehlt das Wort nach einmaligem Auftreten um 1160; nach 1480 wird es rasch häufig. Außerhalb des Dt. entspricht ags. oreald; der anord. Name 0rgemlir zeugt für gleichbed. *ergamall. Uraufführung f. 'allererste Aufführung eines dramat. oder musik Werks', tritt in Zeitungen seit 1902 für frz. première auf und verdrängt das Fremdwort, nur P r e m i e r e n p u b l i k u m und - t i g e r fristen ihr Dasein. E r s t a u f f ü h r u n g ist die erste Aufführung eines Werks auf einer best. Bühne oder an einem best. Ort. Urbar n. mhd. urbor, -bur, -ber, -bar, mnd. orbor, -ber, -bar, mnl. orbar{e), -baer, nnl. oorbaar, afries. orber. Mit Ablaut zu ahd. urbéran, mhd. erbern 'hervorbringen'. Ausgangsbed. ist demgemäß 'Ertrag', daraus bildet sich 'ertragbringendes Grundstück' und daraus wieder 'Verzeichnis der Grundstücke und Einkünfte, Zins-, Salbuch'. Diese zuerst in Schlesien 1481 nachgewiesene Bed. behauptet sich als einzige, von den Formen ist U r b a r allein geblieben, dessen a als Abschwächung von mhd. o zu beurteilen ist (vgl. B r ä u t i g a m , M o n a t , N a c h b a r ) . Dazu das Adj. u r b a r . Das Subst. mnl. orbar(e), nnl. oorbaar (s. U r b a r ) hatte als Hauptbed. 'Nutzen, Vorteil' entwickelt. Aus Sätzen wie het is mij oorbaar wurde ein Adj. 'ertragbringend' entnommen (vgl. f r o m m , S c h a d e ) . Aus mnd. orbarheit 'Nützlichkeit' ist ein mnd. Adj. orbar entspr. Sinnes zu erschließen, das südwärts wandert und 1640 als urbor in Bayern erscheint. Im 18. Jh. wird die Bed. 'ertragbringend' auf den ersten Bodenertrag eingeengt; derart bleibt das von obd. Mundarten nicht übernommene Wort von f r u c h t - und t r a g b a r verschieden. Urbild n. Lehnübersetzung des gr.-lat. arehetypus, zuerst bei Erasm. Francisci 1676 Lusthaus 46; seit Beginn des 18. Jh. auch Ersatzwort für O r i g i n a l , später auch für I d e a l und Idee. Adelung schilt U r b i l d noch 1801 „sehr unschicklich"; trotzdem ist es aus philos. Fachsprache schon vor der klass. Zeit in die Gemeinsprache gedrungen und in dän. urbillede, schwed. urbild nachgeahmt worden. Urfehde f. mhd. urvèhe(de), md. orvède 'beschworener Verzicht auf Rache für erlittene Feindseligkeiten', urspr. 'Zustand, in dem die Fehde aus ist'. Urgicht f. mhd. ahd. urgiht, mnd. orgicht 'Aussage, Bekenntnis, Geständnis': zu mhd. erjèhen, ahd. irjèhan st. Ztw. 'aussagen, bekennen'. Verwandt mit B e i c h t e , s. d.
Urheber
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Urheber m. 'Verursacher', erst nhd. Ableitung zu mhd. urhap (b) 'Anfang, Ursache, Ursprung' (zu heben). Uriasbrief m. 'für den Überbringer verderblicher Brief', nach 2. Sam. 11,14. Als geflügeltes Wort in dt. Text zuerst 1476 Mod. lang, notes 36, 490 „also das er nit Orias brief gefurt hat". Sleidan 1542 Briefe 2, 57 weicht aus in U r i a s b o t s c h a f t ; die geschlossene Reihe der Belege für U. beginnt mit Mathesius 1562 Sarepta 161. Vergleichbare Bildungen sind H i o b s p o s t und K a i n s z e i c h e n . uri? Adj. Adv., mhd. (13./14. Jh.) wich, schwäb.-alem. u r c h i g . Die in Mundarten und Umgangssprache beliebte Ableitung von u r bedeutet 'urwüchsig, ursprünglich, echt'. In Büchern wird sie nur von Schriftstellern gebraucht, die der Volkssprache nahestehen. Urkunde f . Ahd. urkundi, mhd. urkünde, -künde, mnd. orkunde, mnl. o(o)rconde, nnl. oorkonde stellen sich neben e r k e n n e n , wie U r l a u b neben e r l a u b e n : die nominalen Zus.Setzungen sind auf der ersten, die verbalen auf der zweiten Silbe betont. Die AusgangsBed. 'Bekundung' hat sich in der Formel „des(sen) zu Urkund" als Bezeichnung einer Tätigkeit erhalten, sonst ist die Bed. 'rechtskräftige Aufzeichnung, die einen Vorgang bekundet' fest geworden, die in alter Sprache durch Brief gedeckt war. Urlaub m. ahd. mhd. urloup (b), asächs. anfr. orlöf, afries. orlof, orlef: die neben e r l a u b e n (mhd. erhüben, ahd. irloübön) stehende erstbetonte, nominale Zus.-Setzung. Die Grundbed. 'Erlaubnis' ist mhd. verengt auf die Erlaubnis, sich zu entfernen, die ein Höherstehender oder eine Dame dem niedriger Stehenden gibt, unter den veränderten Verhältnissen der Neuzeit übertragen auf die zeitweilige Befreiung vom Dienst. Entspr. ist engl, leave aus 'Erlaubnis' zu 'Abschied' geworden. Voraus liegt ags. leafe, Nebenform zu ags. leaf 'Erlaubnis'. Urne f . Lat. urna (aus *urcna zu urceus 'Krug') wird über Südtirol entlehnt zu spätmhd. ürn (Lexer 2, 2010); yrn hält sich als bair.-tir. Flüssigkeitsmaß (Schmeller 2 1, 147). Neue Entlehnung auf gelehrtem Weg läßt urna bei Kepler 1616 (Zs. f. dt. Phil. 49, 288) in dt. Text erscheinen. Zesen versucht, das inzwischen eingedeutschte U r n e 1656 durch T o d e s g e f ä ß , 1670 durch L e i c h e n t o p f zu ersetzen (Zs f. d. Wortf. 14, 81), kann aber die Einbürgerung nicht aufhalten. Urning m. 'der gleichgeschlechtlichen Liebe Verfallener', U r n i n g s l i e b e oder U r a n i s m u s 'Liebe von Mann zu Mann': nach Venus Urania von Ulrichs um 1860 willkürlich benannt. Das Gegenwort D i o n i n g (nach Venus Dione) ist
Urteil
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auf Fachkreise beschränkt geblieben, weil die Alltagssprache keinen Bedarf dafür hatte: M. Hirschfeld, Der urnische Mensch, 1903. urplötzlich Adv. Das Schallwort plotz m. 'hörbar auffallender Schlag', von dem p l ö t z l i c h (s. d.) abgeleitet ist, erscheint verstärkt als uhrplolz bei Wenzel Scherffer 1, 679. Dazu und zu verwandten Schallwörtern gehören frühnhd. urplützig, -plutzlichen, -plützlingen, -blitzlich, -pflüpfling, -blipfling; Nachweise bei K. v. Bahder 1925 Wortwahl 126f. Die Formenfülle hat die Einbürgerung erschwert, die das 17. Jh. im Sinne von Luthers u r p l ö t z l i c h 4. Esra 5, 4. 6, 22 vollzogen hat. Ursache /. Das im Spätmhd. auftretende Ursache steht frühnhd. für 'Grund zu Streit und Anklage, Anlaß zu feindl. Vorgehen', wie es der Weiterbildung zu S a c h e 'Streithandel' entspricht. Von da war nhd. die Erweiterung auf alles möglich, was Veranlassung zu einem Vorgang gibt, der dann als W i r k u n g der U r s a c h e gegenübergestellt wird. Zs. f. d. Wortf. 12, 57. 15, 295. Aus dem Dt. entlehnt sind mnl. o(o)rsake,
nnl. oorzaak,
dän. aarsag,
schwed.
orsak.
Urschrift /. Als Lehnübersetzung von griech.lat. autographum bietet Trochus 1517 Prompt. R 5b orschrifft. Für O r i g i n a l steht U r s c h r i f t bei Zesen 1645 Ibrahim 9 und bei Stieler 1691 Lehrschrift 115. Adelung irrt, wenn er es 1801 „erst in den neuern Zeiten eingeführet" nennt. Freilich allgemein üblich ist U. erst seit Campe 1811. Vgl. H a n d s c h r i f t . Ursprung m. mhd. ursprunc
(g), m n d . or(t)-
sprunk; aus dem Dt. entlehnt mnl. o(o)rsprone (gh), nnl. oorsprong. Älter ahd. Urspring,
mhd.
ursprinc (g), mnd. ortsprink: nominale, erstbetonte Bildungen neben e r s p r i n g e n 'entspringen', somit zunächst die aus dem Boden springende Quelle. Der Ausgangspunkt eines Wasserlaufs ist nachmals zum Ausgangspunkt jeder, auch geistiger Art erweitert. Zum Familiennamen ist U r s p r u n g durch Vermittlung der Namen von Orten geworden, die an einer Quelle lagen. Urstände /. spätahd. mhd. urstente, -stende: seit Notker von der christlichen Auferstehung, zum ahd. irstanlan
gebildet wie got.
urrists
'gr. egersis' zu ur-reisan 'aufstehn'. U r s t ä n d ( e ) ist ein wesentlich obd., schon md. seltnes Wort, das von dem Schriftwort A u f e r s t e h u n g seit dem 18. Jh. zurückgedrängt, von neueren Dichtern aber mit Recht begünstigt wird. Ürte s. Zeche. Urteil n. mhd. urteil n., urteile f., ahd. urteü(i) n., urteil(i), urteila /.: zu e r t e i l e n wie U r k u n d e , - l a u b , - s p r u n g zu e r k u n d e n , - l a u b e n , - s p r i n g e n . Die Ausgangsbed. 'was
Utopie
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man erteilt' wird verengt auf 'Wahrspruch, den der Richter erteilt', eine Entwicklung, die (wie beim Ztw. irteilen, das durch Weglassung des Objekts an das gleiche Ziel gelangt) zunächst dem ahd. Süden eignet. Im Heliand begegnet urdeli, in den anfr. Psalmen urdeili nur je einmal, die Angelsachsen hat nur das späte Lehnwort ordäl (über frz. ordalie; vgl. mlat. ordalium, nnord. ordalie) 'Gottesurteil' erreicht, sonst steht im germ. Norden die Sippe döm 'iudiciurn', dömjan 'iudicare' (s. - t u m ) in breiter Geltung: Braune 1918 Beitr. 43, 366; Frings 1932 Germania Romana 30. 221. Jung ist die Verallgemeinerung auf jedes Aussprechen einer Ansicht über eine Sache. Die Anwendung auf das logische Urteil ist unserm Wort mit lat. iudicium gemeinsam. Utopie /. Aus gr. ou 'nicht' und topos 'Ort' bildet Thomas Morus 1616 sein 'Nirgendreich' Uto-pia. Sogleich auf das Festland übernommen, wird U t o p i e n als Name des von der Einbildungskraft geschaffenen, unmöglichen Landes etwa gleichbed. mit W o l k e n k u c k u c k s h e i m , die Rückbildung U t o p i e /. zu 'Wahnbild, Schwärmerei'.
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Vasall
Uttenschwalbe f . Gesner 1555 Hist. avium nennt den Vogel 'schwarzer Storch' und danach wissenschaftlich Ciconia nigra heißt spätahd. vtinswal. Bair. taucht der Name im 16. Jh. als Ut(t)enschwalb wieder auf. Er stimmt zu südschwed. oden(s)svala 'Schwalbe Odins': Suolahti 1909 Vogelnamen 371 ff. Diese Benennung beruht auf einer alten Umdeutung. In ahd. Glossen begegnet i'tinswal für lat. fulica 'Bleßhuhn'. Dieser Vogel lebt (wie der schwarze Storch) an schlammigen Ufern und auf sumpfigen Stellen, germ. *udan-. Gen. Sg. dieses w-Stamms ist ahd. utin, so daß wir auf denselben ersten Wortteil kommen, wie bei A d e b a r (s. d.): W. Krogmann 1939 Nd. Korr.-Bl. 51, 72 f. uzen schw. Ztw. 'foppen', in Mundarten und Umgangssprache alt verbreitet von der Schweiz bis Hessen, von der Rheinpfalz bis Bayern (Kretschmer 1918 Wortgeogr. 547 f.), in einem Gebiet also, in dem Uz Koseform zu U l r i c h ist. Zu diesem, wie das mißdeutete h ä n s e l n (s. d.) zu H a n s bezogen wird. In Schwaben (H. Fischer 6, 312) schon vor 1570 literarisch, sonst nicht vor Maler Müller 1776 Fausts Leben 171.
V Vademekum n. 'Begleit-, Taschenbuch', substantiviert aus lat. vade 'geh' und meeum 'mit mir'. Zuerst bei Rot 1572. Vagabund m. Zu lat. vagäri 'umherschweifen' gehört in spätem Latein, z. B. bei Augustin und Solinus, ein Adj. vagdbundus 'unstet', das substantiviert in der Bed. 'Landstreicher' bei J . Ayrer 1600 Processus diaboli in dt. Text gestellt erscheint. Auf dem spätlat. Wort beruht frz. vagabond als Adj. und Subst. Dieses gelangt um 1700 als V a g a b o n d zu uns. Seit Ende des 18. Jh. wird die dem Lat. angeglichene Form üblich. Valand s. V o l a n d . Valet n. 'Abschiedsgruß', älter V a l e t e entspr. dem lat. valete 'lebt wohl', Plur. zu vale, dem Imp. von valere 'bei Kräften sein'. Luther 1520 Adel 29 Ndr. „Es ist noch das Valete dahynden, daß muß ich euch geben"; Urb. Rhegius 1525 Sat. und Pasqu. 3, 182 Schade zur letz oder zum valete enthalten Schul- oder student. Erinnerungen der Verfasser. „Valet will ich dir geben" in Valer. Herbergers (f 1627) Kirchenlied steht des Reims wegen für älteres V a l e t s a g e n . Dies entspricht dem lat. vale dicere, das in älterer Sprache namentl. der Schule als v a l e d i c i e r e n eine Rolle gespielt hat. Ausgangs-
punkt ist Ovid, Metam. 10, 62 swpremum vale dicere. Zs. f. d. Wortf. 1, 50.15, 214. 253. Vampir m. 'blutsaugendes Gespenst', bei uns zuerst in Leipzig 1732: Wiek 62. Die bei slaw. Völkern weit verbreitete Vorstellung wird auf literar. Weg verbreitet: DWb. 12, 1, 10. Unsere Wortform deckt sich mit serb. vämpir. Vandalismus m. s. W a n d a l i s m u s . Vanille /. ost- und westind. Klettergewächs mit Schoten; dessen gewürzhafte Schötchen, von denen die Namengebung ausgeht. Bei uns zuerst 1692 als V a n i l l a , dies aus span. vainilla, dem auch frz. vanille entspringt. Alle beruhen auf vulgär-lat. *väginella 'Schote', das lat. väginula 'kleine Hülse (des Spelts)' ersetzt: Gamillscheg (1928) 878; Palmer (1939) 135. Vasall m. 'Gefolgsmann', mhd. vassäl zuerst in Straßburg 1210 (Gottfried, Tristan 3354), 1220 schon bis Kärnten gelangt (Heinrich v. d. Türlin, Krone 871): entlehnt aus gleichbed. afrz. prov. vassäl, das (mit mlat. vassällus, ital. vassallo, span. portug. vasallo 'Lehnsmann') auf dem Kelt. beruht. Hier stellt sich gall. vasall-, kymr. gwasawl 'dienend' zu gall. *vassos, gallorom. vassus, akorn. guas, kymr. gwas, bret. gwaz 'Mann'. Nächstverwandt ist frz. valet 'Knappe, Diener, Bube'.
Vater
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812
Vater m., mal. V a t t e r . Mhd. vater, ahd. fater, asächa. fadar, anl. fader, afries. feder, ags. fceder, engl, father, anord. fadir, got. (einmal) fadar (sonst atta) führen auf germ. *fdder aus idg. *patir. Urverwandt sind gleichbed. air. athir, lat. pater, gr. pater, armen, hayr, aind. pitdr (-i- aus idg. -a-), toch. päear. Wahrscheinlich liegt die Weiterbildung eines uralten Lallworts vor, vgl. z. B . gr. pä, pdppa und ähnliche Ausdrücke in anderen Sprachen: E . Risch 1944 Museum. Helvet. 1, 116ff. Abweichend J . Trier 1947 Savigny-Zs. f. Rechtsgesch., Germ. Abt. Bd. 65. Vaterland n. mhd. vaterlant seit Beginn des 12. J h . , frei nach lat. patria. Vorher gelten ahd. heim(öti), faleruodal. Engl, fatherland und dän. fcedreland sind junge Nachbildungen des nhd. Worts. V a t e r l ä n d i s c h seit Klopstock und K a n t : Beitr. 24, 488. Vatermörder m. Unter M ö r d e r ist auf frz. assassin 'Schönpflästerchen' hingewiesen. Daneben stand parasite: der Hemdkragen mit langen Spitzen ist in Gefahr, Suppen usw. mitzuessen. Das frz. Wort wurde als parricide aufgefaßt und dies seit 1829 zu V a t e r m ö r d e r verdeutscht: Waiblinger, Abenteuer v. d. Sohle 1. Aus dem Nhd. stammen nnl. vadermoorder, dän. fadermorder, schwed. fadermördare. Vaterunser n. das älteste geflügelte Wort der germ. Sprachen. Pater noster Matth. 6, 9 wird als fater unser ins Ahd. aufgenommen. Nachstellung des Adj. war im Ahd. möglich; auch got. atta unsar bietet sie; zugleich sichert es die Auffassung als Adj.: Gen. Plur., dem gr. Trörrsp fiucov entsprechend, wäre got. unsara. Die Altertümlichkeit erhält sich im kirchl. Bereich (vgl. Fronleichnam, Heiland, Karfreitag, W e i h n a c h t e n , - r a u c h ) . So bleibt der Titel des Gebets unverändert, auch nachdem Luther und Zwingli unser vater übersetzt hatten. Die reform. Kirchen beten U n s e r V a t e r , entspr. nnl. onzevader neben kathol. vaderons. S. P a t e r noster. Vegetarier m. Zu lat. vegetäre 'beleben* gehört (wie v e g e t i e r e n , V e g e t a t i o n , V e g e t a b i l i e n ) engl, vegetarian. Jos. Simpson gründete 1847 in London eine Vegetarian Society, in der er für die Verwerfung tierischer Nahrung eintrat. Bewegung und Wort gelangten alsbald zu uns: Ladendorf 1906 Schlagwb. 323. veil Adj. 'violett' als Farbbezeichnung von Wh. Ostwald ( t 1932) gebildet. S. k r e ß und Veilchen. Veilchen « . Gr. Ion (aus piov) 'Veilchen' gelangt als *viom nach Italien und wird verkleinert zu lat. viola. Als Fremdwort erscheint ahd. viola, eingedeutscht zu frühmhd. viol(e), mhd. tfiel, frühnhd. feil (als spätes Lehnwort
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ver-
mit f aus roman. v wie B r i e f , K ä f i g , P f e r d , S t i e f e l , V e r s , V e s p e r gegen P f a u , W e i h e r , W e i l e r , W e i n ) . Die nhd. Schreibung stellt Übereinstimmung mit dem lat. Grundwort her. Mit md. Verkl.-Silbe erscheint V e i l i g e n zuerst bei dem 1640 verstorbenen P. Fleming, Dt. Ged. 15; im 18. J h . verdrängt V e i l c h e n das unverkleinerte V e i l , das etwa von einem altertümelnden Dichter wie J . V. v. Scheffel aufgenommen wird. V e i l k e mit nd. Endung gelangt aus schles. Mundart vorübergehend zu ostmd. Dichtern des 17./18. J h . Auf obd. - l e i n ist das in Mundarten und Volksliedern lebendige V e i g e l e i n gebildet, das auf mhd. wolin zurückgeht. Eine neue Verkl. s. u. v i o 1 e 11. Gleichen Ursprungs sind mnd. fiöle, mnl. viole, nnl. viool, dän. fiol, schwed. viol. B a r b . B r a u n 1942 Wortgeogr. schles. Pfl. n. Veitsbohne f. Phaseolus vulgaris, spät aus Amerika eingeführt, beginnt in Süddeutschland um den Veitstag (15. Juni) zu blühen, darum der seit Frisch 1741 bezeugte Name. S c h m i n k ( e ) - , S c h m ü c k b o h n e heißt die Frucht seit Stieler 1691, weil ihr Mehl die Haut glättet und das aus ihren Blüten gebrannte Wasser ein Bestandteil der Schminke war. Mundartlich auch V i t s ( e ) b o h n e ; 1767 Brem. Wb. 1, 3 9 9 : Viets-Bonen, weil sie spät im Frühjahr, bis Viti Tag, noch können gepflanzet werden. Veitstanz m. frühnhd. Lehnübersetzung des mlat. chorea sancti Viti 1526 bei Paracelsus: sanct Veits tanz (Wecke I 2, 407), auch in einem Wort s. Veitstanz (I 4, 120). Als Helfer in der früher epidemisch auftretenden Krankheit wurde der hlg. Veit angerufen, weil die tanzartigen Muskelzuckungen an die wilden Tänze erinnerten, mit denen sein Tag begangen wurde: Bilsinger 1902 Zs. f. dt. Wortf. 3, 238 ff. Veloziped s. F a h r r a d . Venn s. F e n n . Venner m. Unter F ä h n r i c h ist ahd. faneri 'Fahnenträger' genannt, das sich zu mhd. venre entwickelt hat. Älter Schweiz. V e n n e r (Id. 1, 831) 'militär. Oberhaupt eines Stadtteils' (z. B . in Bern) wird aufgenommen von Pestalozzi 6, 9 9 und Jean Paul 1796 Siebenkäs 57. Die Fam.Namen F e n ( n ) e r , V e n n e r , F e n d e r werden in der Regel von 'Fähnrich' ausgehen, möglich bleibt daneben Herkunft von F e n n . ver- Vorsilbe von mannigfaltiger Bed., mhd. ver-, ahd. fir-, far-, die aus mehreren vortonige» Formen zus.-geflossen sind. Im Got. entsprechen fair-, faür-, fra- als unbetonte Vorsilben, fair, faür, fra als Präp., ihnen wiederum gr. perir parä, pro, ohne daß sich die Bed. genau verfolgen ließen. Namentlich bleibt es schwierig, Entsprechungen des got. fair- (in fair-weitjan 'umherspähen') im Deutschen zu sichern. Unverkennbar auf got. faür- zurückzuführen i s t
Veranda
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v e r - in den Fällen, in denen es eine Stellvertretung ( v e r s e t z e n , - t r e t e n , V e r w e s e r ) , 'über etw. hinaus' ( v e r s c h l a f e n ) , 'über etw. hin' ( v e r h ö r e n , - l e b e n ) bezeichnet. Viel öfter ist v e r - auf got. fra zurückzuführen, so wenn der Sinn eines Verschwindens oder Zugrundegehens ( v e r g e h e n , - r i n n e n ; -hungern, - l e c h z e n ) vorliegt, der sich auf ein Verbrauchen von Mitteln oder Zeit einengen kann ( v e r prassen, -spielen, -tun, -liegen, -träum e n ) . Ein Beschädigen liegt vor in v e r l e t z e n , - n u t z e n , das Einschlagen falscher Richtung in verdrehen, -führen, -kehren, -rechnen, das Gegenteil der einfachen Wörter in v e r a c h t e n , - b i e t e n , - k e n n e n , - l e r n e n . Die Reihen got. fair-, faür-, fra-, gr. perl, pard, pr6 lassen sich durch die verwandten Sprachen verfolgen: lat. per-, *por-, pro-, aind. pari, pura, pro-, awest. pairi, para-, fra-, air. er-, ro-, S. f ü r , v o r und Max Leopold, Die Vorsilbe v e r nnd ihre Geschichte. Breslau 1907; W. Henzen 1956 D. heutige Bestand der Verben mit ver-, in: Fragen u. Forschungen (Festgabe f. Th. Frings) 173. — Die Karte 62 des Dt. Sprachatlas zeigt die Verbreitung von mundartl. v e r für hd. e r - (s. d.) in e r z ä h l t (Part.). Veranda /. um die Mitte des 19. J h . mit der Sache entlehnt aus engl. veranda(h), dies aus neuind. varanda 'bedeckter, nach vorn offener Vorraum, Altan': Lokotsch 1927 E t y m . Wb. Nr. 223. Schon im 16. J h . h a t t e das ind. Wort portug. varanda ergeben. verankern schw. Ztw. Aus der Seemannssprache kurz nach 1900 in übertragener Bed. in schöngeistigem und in wissenschaftl. Schriftt u m : W. Stammler 1964 Kl. Schriften, 169. verbalhornen s. b a l h o r n i s i e r e n . verblüffen schw. Ztw., mnd. vorbluffen 'bestürzt machen' (nl.seit 1698 verMuffen 'betäuben, entmutigen') dringt aus nd. Mundarten, in denen es von der Rheinmündung bis in den Osten lebt, in die Schriftsprache des 18. J h . Noch Hamann 7, 368 f ü h r t es mit „wie man bei uns s a g t " ein, Stosch, Kl. Beitr. 1, 22 will es noch 1778 als mundartlich gemieden wissen. Campe empfiehlt es, Wieland, Goethe, J e a n Paul setzen es durch. Unser M. B l u f f ist aus dem Ztw. rückgebildet. Auf Entlehnung aus dem Mnd. beruhen auch älter dän. forbluffe, dän. forbleffe, schwed. förbluffa. Man nimmt lautmalenden Ursprung an, wie auch f ü r engl, bluff 'plump', mnd. engl. buff 'Schlag'. verbrämen schw. Ztw., spätmhd. verbrämen, mnd. vorbremen 'mit einem Rand versehen', zu mhd. brSm n. 'Einfassung'. Dazu nl. braam, berm, mengl. brimme, engl, brim ' R a n d ' . S. Brombeere.
Verdikt
Verbrechen n. der subst. Inf. des Ztw. m h d , verbrächen, das in v e r b r a c h , v e r b r o c h e n fortlebt und selbst schon auf ein Brechen von Recht und Rechtsfrieden eingeengt war. Das Neutr. ist erst spätmhd.: J . Grimm, Rechtsalterth.2 623 txrbreehenjinfraciio, violatio legis. Dagegen begegnet mhd. Verbrecher m. schon seit 1280. verdammen schw. Ztw., nur deutsch: mhd. verdam(p)nen, ahd. firdamnön. Nach Abschluß der hd. Lautverschiebung in der Bekehrungszeit etwa des 8. Jh., gleichzeitig mit P e i n 'Höllenstrafe', aus lat. damnäre entlehnt, die Vorsilbe zugefügt unter Einfluß des sinnverwandten ahd. firtuomen, mhd. vertüemen zu ahd. mhd. tuom 'Urteil', wozu auch asächs. fardömian, nl. verdoemen, ags. fordeman, anord. fordema. Verdammen ist noch Luthers F o r m , schon H . Sachs bietet v e r d a m m e n mit derselben Angleichung wie in S t a m m und S t i m m e . Vom kirchl. Ausgangspunkt her ist dem Part, v e r d a m m t der Klang des Fluch- und Scheltworts geblieben. verdauen schw. Ztw., mhd. verdöu(we)n, verdouwen, ahd. firdouwen, asächs. farthewian, nl. verd(o)uwen. Aus mnd. vordöuwen ist älter dän. fordeve, dän. fordeie entlehnt. Daneben das einfache mhd. döuwen, douuien, ahd. douwen, dewen. Grundbed. etwa 'verflüssigen', insofern mit der unter t a u e n behandelten Sippe zu vermitteln. Vgl. schwed. smälta, das neben 'schmelzen' auch 'verdauen' bedeutet. — Die Wortkarte 'wiederkäuen' (s. d.) zeigt das Synonym dauen, däuen, daiben u. ä. im Alem. mit dem Schwäbischen. Verdeek s. D e c k : Die Lehnübersetzung verdock, verdöc(k)t wird aus ital. coperta, das frz. couverle (nicht couvert) ergibt nach Süddeutschland übernommen: 1685 oberhalb dem verdöck, ob dem verdöct döss schiffs. Marjatta Wis 1955 Ricerche sopra gli italianismi, Helsinki 268; E. ö h m a n n , 1956 Fragen u. Forschungen (Festgabe f. Th. Frings) 123. verderben Ztw. mhd. verderben st. Ztw. 'zunichte werden, umkommen, sterben', womit sich im Nhd. das zugehörige Kausativ mhd. verderben schw. Ztw. 'zugrunde richten, töten' gemischt hat. Dazu afries. forderva st. Ztw., mnd. vorderven 'verderben', ags. deorfan 'sich anstrengen, in Gefahr sein, umkommen'. Die hd. Formen mit d- sind dem Nd. entlehnt. Außergerm. gehört hierher lit. dirbti 'arbeiten', ddrbas 'Arbeit'. Verderben n. Der subst. Inf. mhd. da5 verderben t r i t t schon vor 1200 in der Bed. 'Vernichtung' auf. Verdikt n. 'Urteil (der Geschworenen)': nach 1813 entlehnt aus gleichbed. engl, verdict, dies aus lat. vere dictum. Petri 1834 verlangt noch
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verdrießen
'w-Aussprache des Anlauts; die heute häufige /-Aussprache scheint Vorbildern wie Verurt e i l u n g zu folgen. Lehnübersetzung von Verd i k t ist W a h r s p r u c h , s. d. Über den westeurop. Einfluß auf das Werden unserer Schwurgerichte s. DWb. 4,1, 2, 4009. verdrießen
st.
Ztw.
mhd.
verdrießen,
nl.
verdrieten 'Überdruß, Langeweile erregen' neben gleichbed. mhd. erdrie^en, ahd. irdrio^an; dazu got. uspriutan 'lästig fallen', ags. äpreotan 'sich ekeln', anord. prjöta 'mangeln, mißlingen', Prot 'Mangel', praut 'Mühsal'. Die reiche Bed.-Entfaltung der Verbalwz. *prut im Germ, erschwert es, außerhalb Verwandte zu sichern. Auf *trüd weisen aslaw. Irudü 'Mühsal', truditi 'quälen', lat. trüdere 'stoßen'. Für nhd. V e r d r u ß gilt mhd. verdrieß und mit Ablaut urdru%, urdrütze.
verdutzt Adj. in nhd. Text nicht vor 1756: Leipziger Aventurier 1,195 „die Rolle eines ganz vertutzten Menschen". Vorher v e r d u t t e t 'verworren' bei Paul Fleming (f 1640) Dt. Ged. 22, Part, zu mnd. vordutten 'verwirren', das man mit engl, dote 'kindisch werden', mundartl. dudder 'verwirren' verknüpft. Das Grundwort dod m. 'geck' in Kleve 1477. Unser d für germ. d (statt hd. t) im nd. Eindringling wie in D a m m , d a u e r n , D e i c h , Dill, D o c h t , D o c k e , Dohle, Dolde, D o t t e r , dumm, Dung, d u n k e l , Dusel. Im Obd. mischt sich der Fremdling mit dem altheimischen Part, von v e r t u t z e n 'vor den Kopf stoßen'. Dies zu mhd. tuz 'Stoß', einer offenbar lautmalenden Bildung. Bei Seb. Brant 1494 Narrensch. 92, 42 putzt sich eine Närrin der weit zu tutz 'womit sie alle Welt vor den Kopf stößt': A. Götze 1923 Zs. f. dt. Phil. 49, 289. veredeln schw. Ztw. 1691 bucht Stieler in seinem Wb. nur die Bedeutung 'Gold in Feuer verbessern'. Der erste Beleg für v e r e d e l n als 'pfropfen' (s. d.) stammt erst aus der Mitte des 19. Jh. (Gutzkow). Heute ist dieser Ausdruck für das Pflanzenveredeln in der Hauptsprache überall verbreitet; in den Mundarten herrscht er vor allem in Thüringen, am Main, am Südhang des Erzgebirges, in Oberösterreichu. Wien, in Ost- und Westpreußen. Ein nd. Wort für die aus dem Romanischen stammende Sache ist riesen zu Reis, es gilt im NW., wo poten 'veredeln', aber auch 'pflanzen' bedeuten kann. Deutscher Herkunft sind weiterhin gutmachen in Thüringen und im Schlesischen, zweichen zu ahd. swelch 'Zweig' und zahmmachen in Unterfranken, äugen, äugeln im Elsaß und in Oberösterreich, ewigen, zweigen am Oberrhein. Sonst nehmen die größten Flächen die Lehnwörter zu lat. *propagare = propfen (s. d.), *imputare = impfen (s. d.), *irnpeltare = pelzen (s. d.) ein: Hilde
Vergangenheit
Schuchardt, Wanderbahnen in der Wortgeographie von 'veredeln', Zs. f. Mundartfg. 20 (1952) 1. Verein m. Zu mhd. (sich) vereinen gehört als
Rückbildung spätmhd. frühnhd. vereine f . 'Vereinigung, Übereinkommen', das im 18. Jh. von unserm M. abgelöst wird. Aus 'Verbundensein' als Zustand (geblieben in der Formel 'im Verein mit') sind im 19. Jh. 'die durch Vereinigung Verbundenen' geworden. Der erste ist 1808 als „Tugendbund, Sittlich-wissenschaftlicher Verein" in Königsberg begründet worden. Den Bedeutungswandel führt die romantische Staatsphilosophie herauf: G. G. Schmalz, Zur Geschichte des Wortes „Verein", in „Monatshefte", Wisconsin 1955, 295. Verlasser m. Das Ztw. v e r f a s s e n , das urspr. die mannigfaltigen Verwendungen des einfachen f a s s e n teilt, steht bei Luther in Wendungen wie Dan. 7, 1 „er schrieb denselbigen Traum und verfaßte ihn also". Ihnen nahe steht die Formel „in Schriften verfassen", zu der sich bei Zesen S c h r i f t v e r f asser'Autor' stellt (Zs. f. d. Wortf. 3, 208), von ihm 1656 gekürzt zu Verf a s s e r Helikon42, S.3a. Im 18 Jh. tritt S c h r i f t verf a s s e r zurück (DWb. 9,1750), von S c h r i t t st e 11 er (s. d.) grenzt sich V. derart ab, daß neben V. die verfaßten Werke im Gen. stehen. Dan. V. forfatter, schwed. författare sind dem nhd. Wort nachgebildet, bevor dieser Zwang durchgeführt war, und halten sich frei davon wie noch Lessing, Kant, Herder. verfitzen s. F i t z e . verfumieien schw. Ztw. 'leichtfertig vertun; verpfuschen', zuerst aus Altona 1589 bei Paul Piper, Altona unter Schauenburgischer Herrschaft 3 (1893) 59 „hat Meister Fridrich, ein Copperschmitt, einen gulten Rink gewonnen, vor 40 Daler, der Docter aber hat ihm den vorfumfeyt und ihm einen geben, so nur 6 oder 7 Daler wert". Die Bed. ist verallgemeinert aus 'beim Tanz nach der Bierfiedel vertun'. Als Schallwort ist nd. fidelfumfei ("Tanz zum Klang der) Bierfiedel' seit 1767 Brem. Wb. 1, 467 bezeugt ; dazu verfum(fum)feien Richey 1755 Hamb. Id. 67. Aus nd. Mundarten, die es von Livland bis Niederhessen in vielen Formen lieben, hd. v e r f u m f e i e n seit Joh. Gottw. Müller v. Itzehoe 1790 Straußfedern 2, 60, im 19. Jh. auch v e r bum-, - f u m f i e d e l n : Zs. f. dt. Wortf. 3, 241. 5, 297. 6, 227. 10. 23. vergällen schw. Ztw., mhd. vergellen 'bitter wie Galle machen, verbittern': zu Galle. vergalstern s. g a l s t e r n . Vergangenheit /. als Fachwort der Sprachlehre erst nach Campe 1813. Die Versuche, die zu dem guten Ersatzwort führen (noch Adelung
vergattern
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sagt „die vergangene Zeit" nach lat. tempus perfeclum) bei Leser 1914 Zs. f. dt. Wortf. 15,61 f. vergattern schw. Ztw. 'versammeln'. In spätmhd. Zeit tritt im Raum von Köln vergatern auf, das als vergaderen ins Nl. und Nd. hinüberreicht und zu der unter G a t t e behandelten Sippe von engl, gather gehört. In die Vorgeschichte des Ztw. weist auch finn. katras 'Herde', nach Setälä 1934 Ann.
acad. seient. Fenn.
verheddern
tons Märlein 578 empfiehlt es als neueres Dichterwort. Das zielt auf die Belebung, die mit Bodmer 1764 Ged. 31 einsetzt: Kuhberg 1933 Verschollenes Sprachgut 62. Vergißmeinicht n. heißt Myosötis (so wegen der behaarten Stengelblätter; danach ahd. müsöra, jünger Mausöhrlein) bei uns seit dem 15. Jh. Jünger sind nl. vergeeimijnietje, engl.
B 30, forgetmenot, schwed. forgätmigej;
670 aus gleichbed. germ. *gaduraz entlehnt. Beim Subst. V e r g a t t e r u n g f . ist die umfassende Bed. 'Versammlung' in der Heeressprache eingeengt auf 'Signalruf bei der Wachablösung'.
dän.
forglemmi-
gej. Beim ersten Vorkommen (in einem handschriftl. bair. Pflanzenglossar: Mones Anz. f. Kde. d. dt. Vorzeit 8 [1839] Sp. 103, Nr. 42)
zielt gamandria/vergismannicht auf Veroniea vergebens Adv. m h d . vergibene(s), mnl. ver- chamaedrys, den Gamander-Ehrenpreis. Er und gheves, nnl. vergeefs, m n d . vorgeve(n)s, daraus Myosotis palustris teilen auch Namen wie
K a t z e n - , H e n n e n - , Gans-, F r o s c h ä u g l e i n : beide zeigen in der Mitte ihrer zierlichen Blüten eine andersfarbige Kreisfläche; zudem liegen die Kronblätter in einer runden Ebene. Auch den Vergleich mit Menschenaugen forderten solche Blüten heraus. Sehr wahrscheinlich zielt auf beide der ahd. Name fridiles auga: die Liebenden sahen in den Blüten, deren lichtes Blau von je die Farbe der Treue war, Abbilder ihrer Augen. Der Liebhaber schenkte sie dem Mädchen, damit es sich seiner stets erinnerte; vielleicht auch, daß das Auge ihre Treue übervergessen st. Ztw. m h d . vergeben, ahd. fir- wachen sollte: R. Loewe 1939 Sonderdruck 15ff. geban (daneben gleichbed. mhd. ergeben, ahd. Vergleich m. Zu dem schon als m h d . vergeirggfäan), asächs. anl. fargelan, afries. ür-iela, llchen vorhandenen Ztw. wird Vergleich im ags. jorgitan. Das westgerm. Ztw. ist mit seinem 17. Jh. rückgebildet. Es erscheint in der Bed. Faktitiv e r g ö t z e n (s. d.) ein Rest der germ. 'Zustand des Gleichseins' bei Logau 1654 SinnYerbalwz. *get 'erreichen' in got. bigitan, anord. ged. 1, 6, 97, als „Beilegung eines Streits" seit geta 'erlangen' (daraus entlehnt engl, gel), denen Duez 1664. *ghed in gr. chanddnein, lat. prehendere Vergnügen n. der subst. Inf. des mhd. Ztw. 'fassen' entspricht. Die Vorsilbe v e r - (s. d.) vergenüegen 'zufriedenstellen', dies zu g e n u g , verkehrt die Bed. des Ztw. in ihr Gegenteil, s. d. Das Subst. geht in der Bed. 'Genüge, Bev e r g e s s e n ist somit urspr. 'aus seinem Bereich, friedigung' von der Kanzlei des späteren 15. Jh. seinem Besitz verlieren'. S. gissen. aus. Die im 18. Jh. vordringende Bed. 'voluptas' vergeuden schw. Ztw., m h d . giuden, gouden, haftet urspr. an der Weiterbildung V e r g n ü göuden, frühnhd. geud(n)en 'großtun; prahle- g u n g e n ) . risch verschwenden', ahd. nicht belegt. K. v. Verhängnis n. Zu m h d . verhengen schw. Ztw. Bahder 1925 Wortwahl 112 geht aus von anord. '(dem Roß) die Zügel hängen lassen, ihm den geyja 'bellen, spotten, ausschelten' (wozu über Willen lassen' gehört verhencnisse f . n. 'Einwillimhd. *gouwezen mundartl. g a u z e n 'bellen, gung', das in der Reformationszeit zu 'Fügung schreien'), gaud f . 'das Bellen', ags. gead f . (Gottes)' wird. Nach dem Verblassen des relig. 'Torheit, Spott'. Als Ableitung von diesem F. Einschlags in der Aufklärungszeit wird das bedeutet mhd. gouden, göuden urspr. 'laut sein', Wort durch die Klassik zum Träger des Begriffes das danebenstehende giuden stellt eine Ablaut- 'Schicksal'. stufe geu- neben gau- dar; frühnhd. geudnen verhängnisvoll Adj. 'fatalis' nicht vor Schiller ist über ein Subst. *giudem 'Gebell' zu ver- 1799 Wallenst. Tod 1,1, somit gebildet erst, als mitteln. Die Bed. 'großtun', in mundartl. V e r h ä n g n i s die Bed. 'fatum' angenommen Resten obd. bis heute lebendig, wird nhd. durch hatte. p r a h l e n gedeckt; auch als 'verschwenden' war verharschen schw. Ztw. seit Anfang des 15. unser Wort nach frühnhd. Zeit in Gefahr unter- Jh. S. H a r s c h . zugehen. Steinbach 1734 bezeichnet es als vox verheddern, sich schw. Ztw. 'sich verwirren' non ubique usitata, Adelung 1780 als „im Obd. besonders im Sprechen, ursprünglich beim Argangbar, im Hd. veraltet". Mylius 1777 Hamil- beiten mit Fäden und Werg: demgemäß zu entlehnt dän. forgjceves, schwed. förgäves. Das Part. Prät. zu ahd. firgeban, mhd. vergeben 'wegschenken' wird als Adj. der Bed. 'unnütz, vergeblich' gebraucht. Dazu das Adv. mhd. vergebene 'schenkweise; so daß man nichts bekommt; so daß man nichts ausrichtet; ohne die beabsichtigte Wirkung', dem in spätmhd. Zeit das -s der Adverbien genetiv. Ursprungs angefügt wird. In der Schweiz ist die ältere Bed. 'schenkweise' noch lebendig; zur Entwicklung vgl. gr. dörean Adv. urspr. 'als Geschenk', nachmals 'umsonst'.
verheeren
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816
"Hede, s. d. Die wesentlich norddt. und ostmd. Ableitung erscheint zuerst bei dem Ostpreußen J . T. Hermes 1776 Sophiens Reise 1, 648: „Herr Malgré hat sich da in Koschchens Schlingen verheddert". verheeren schw. Ztw. Zu H e e r (s. d.) gehört ein germ. *harjön 'bekriegen'. Es lebt in anord. herja 'einen Raubzug unternehmen', ags. hergian, engl, harry, harrow 'plündern', ahd. hçriôn, mhd. kern. Dazu ahd. firheriön, mhd. verher(ge)n 'mit Krieg verderben'. verheilen schw. Ztw. ist der Ausdruck für das Kastrieren des Viehs in obd. Mundarten. Von da kennen es Adelung 1780 und Stieler 1691; schon Fischart 1677 Podagr. Trostb. D 6 b spricht von verteilten stiren. Die Bed.-Entw. des der Schriftsprache nicht geläufigen Worts s. u. h e i l e n . verhunzen schw. Ztw. stellt sich im 17. J h . zu älterem h u n z e n 'wie einen Hund behandeln' (s. d.). Greifbar zuerst im Causenmacher (Lpz. 1701) 62 „die Sache verhunzen", in die Schriftsprache eingeführt durch Hamann und Lessing. Verkappen schw. Ztw. im Anfang des 16. Jh. zu K a p p e (s. d.) in seiner Bed. 'Mantel mit Kapuze' gebildet; von da in die gangbare Bed. 'durch Verkleidung unkenntlich machen' übergeführt, die namentl. im Part, v e r k a p p t gilt. S. auch T a r n k a p p e . verknacken schw. Ztw. scherzhaft: 'bestrafen'. Lat. cënsus (gr. kënsos) 'Schätzung' gelangt zur Zeit Christi nach Judäa. Den Juden erschien der röm. Census wie eine schlimme Strafe: so entstand hebr. känas 'bestrafen'. Hieraus jüd.dt. K n a s 'Geldstrafe' (S. A. Birnbaum, Zs. f. dt. Phil. 74, 250) und ein zunächst Student, v e r k n a s s e n 'verurteilen'; heute ersetzt durch das anklingende v e r k n a c k e n , das auf eine harmlose Verrenkung, deren Eintritt man am K n a c k s (schallnachahmend) hören kann. Zu letzterem das Zw. v e r k n a c k s e n , scherzhaft auch für das üblichere v e r k n a c k e n . verknusen schw. Ztw. Ein in nd. Ma. verbreitetes (ver)knüsen 'quetschen, zermalmen, kauen, verdauen', verwandt mit alem. chnüs(t)en 'schlagen', nl. kneuzen 'quetschen', ags. cnossian 'stoßen, treffen', anord. knosa, knüska 'schlagen', norw. knüsa, schwed. mundartl. knosa 'zusammendrücken' (*gneus-, Erweiterung der verbreiteten Wurzel *gen-), wird in verneinter Wendung von unverdaulicher Speise übertragen auf schwer erträgliche Mitmenschen, auf Verhältnisse, die man innerlich nicht verarbeiten oder erlittenes Unrecht, das man nicht verwinden kann. Von Norden, namentl. von Berlin her, dringt die Formel „jem., etw. nicht verknusen können" in die Umgangssprache.
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verleumden
verkohlen schw. Ztw. zu K o h l 2 , s. d. verkorksen schw. Ztw. K o r k (s. d.) wird im Osten und Norden zu K o r k s (wie K l e c k , K n i c k , K n i p p zu K l e c k s , K n i c k s , K n i p p s ) . Dazu das in Norddeutschland volkstüml. ( v e r k o r k s e n : der schlecht gestöpselten Flasche wird die verunglückte Rede, die verpfuschte Behandlung einer Sache u. ä. verglichen, verkröpfen s. K r o p f . verkfimmeln schw. Ztw. Rotw. verkimmern 'verkaufen' begegnet 1510, gleichbed. verkimmeln 1847 (Kluge 1901 Rotw. 1, 65. 392). Seit 1822 erscheint verkümmeln in stud.-sprachl. Quellen (Kluge 1895 Stud.-Spr. 132; Zs. f. d. Wortf. 12, 292). Jetzt weithin in den Mundarten (DWb. 12, 1, 693; H. Fischer 1908 Schwäb. Wb. 2, 1203), kaum je gedruckt: Maltitz 1828 Der alte Student 2, 2. verlangen schw. Ztw. mhd. (selten) verlangen 'sehnlich begehren', wofür meist belangen, ahd. (bi)langen, gilangen, asächs. langön, mnl. (ver)langhen, ags. longian, anord. langa 'sich sehnen': verschiedene germ. Abi. zum Adj. lang. Im Vordergrund stand der unpersönl. Gebrauch ahd. mich (be)langet, mnl. ml langhet 'etw. wird mir (zu) lang'. Verlaub m. nur in der seit dem 16. J h . nachweisbaren Formel m i t V e r l a u b . Das Ztw. v e r l a u b e n , spätmhd. verhüben, zu dem das M. als Rückbildung gehört, hat nie eine sonderliche Rolle gespielt; seit etwa 1700 ist es durch erl a u b e n völlig verdrängt. Häufig sind nd. verlöv, mnd. vorlöf, mnl. verlöf 'Erlaubnis, Urlaub'. verlegen Adj. 'unschlüssig, ratlos', entwickelt aus dem Part, zu mhd. verligen 'durch zu langes Liegen verderben'. Auf Menschen angewendet wurde daraus 'untätig'. Da Untätigkeit auf Unschlüssigkeit und Ratlosigkeit beruhen kann, ergab sich der nhd. Sinn, zuerst bei Frisch 1741. Dort auch das entspr. V e r l e g e n h e i t f. verlegen schw. Ztw., spätmhd. verlegen 'Geld auslegen, etwas auf seine Rechnung nehmen', seit dem 16. J h . : von den Kosten eines Druckwerks, dazu V e r l a g m. 'Auslage; verlegtes Geld' seit dem 16. J h . ; V e r l e g e r m. im 16. J h . 'Unternehmer', seit dem 17. 'Buchhändler, der Bücher verlegt'. Dazu 18. J h . kennt V e r leger beim Tuchmacherhandwerk, das 19. auch B i e r v e r l e g e r (für Berlin seit 1876 nachgewiesen). V e r l a g s h a n d e l , - h a n d l u n g sind Klammerformen für V e r l a g s b u c h h a n d e l , - b u c h h a n d l u n g . Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.-Spr. 202 f. verletzen schw. Ztw. mhd. verletzen 'hemmen, schädigen, verwunden': zu l e t z e n , s. d. verleumden schw. Ztw. mhd. verliumden; zu L e u m u n d , s. d.
verlieren
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verlieren st. Ztw., mhd. mnl. Verliesen, ahd. virliosan, asächs. farliosan, nnl. verliezen, afries. urliasa, ags. forleosan, got. fraliusan 'verlieren' mit fralusnan 'verlorengehen' und fralnsts f. 'Verlust'. Der germ. Wz. *lus, zu der noch l o s und l ö s e n gehören, steht eine einfachere Wz. *lu zur Seite in anord. lyja 'schlagen, klopfen, ermatten', norw. mundartl. lua 'abwinden' und mit w-Erweiterung in got. lun (Akk. Sg.) 'Lösegeld', ags. älynnan 'erlösen'. Die idg. Verwandten s. u. l o s . Das durch gramm. Wechsel entstandene -r- der einst endbetonten Formen ist vom Plur. Prät. und Part, auf alle nhd. Formen übertragen. Auf Entlehnung von mnd. vorloren beruht dän. forloren. E s hat die Bed. 'unecht' entwickelt, zuerst in der Verbindung forlorent haar: die Frauen trugen lose Flechten ihrer eignen, ausgekämmten Haare. Danach forlorne tcender 'falsche Zähne'. Verlies n. Zu v e r l i e r e n (s. d.) in der nd. Form ferliesen erscheint im Brem.-nsächs. Wb. 3 (1768) 66 V e r l i e s ; durch Bürger 1778, Musäus 1782 und die Ritterromane gelangt ( B u r g - ) V e r l i e s in die Schriftsprache: Kluge 1907 Zs. f. d. Wortf. 9 , 126ff. Ausgangsbed. ist 'Ort wo man sich verliert', demgemäß bedeuten S t e i n v e r l i e s 'finstre Grube', W e i n v e r l i e s 'tiefer Keller'. Die vorübergehend geltende Schreibung V e r l i e ß war an v e r l a s s e n angelehnt. verloben schw. Ztw. Mhd. verloben war 'versprechen'; es begegnet in gleicher Bed. wie g e l o b e n , s. d. und L o b . Die Bed.-Verengung vergleicht sich der von l e d i g , s c h e i d e n , V e r h ä l t n i s , v e r s p r o c h e n s e i n , lat. (de)spondere. Verlust m. mhd. Verlust, ahd. far-, virlusl, asächs. farlust, got. fralusts f.: zu v e r l i e r e n gebildet wie F r o s t zu f r i e r e n , beide durch gramm. Wechsel von ihrem Stammwort getrennt. Zum Genuswechsel H. Paul 1917 Dt. Gramm. 2, 105f. Über die frühnhd. und obd. Form verlurst, in der sich unser Wort mit gleichbed. mhd. verlor m. mischt: Hintner 1905 Zs. f. d. Wortf. 6, 363 f. vermachen schw. Ztw. Mhd. vermachen, mnd. vormaken hat (wie ü b e r m a c h e n ) im 14. J h . die Bed. 'in den Besitz eines andern übertragen' erlangt. Besonderung hierzu ist v e r m a c h e n 'durch letztwillige Verfügung übertragen', zu dessen Part, v e r m a c h t im 17. J h . V e r m ä c h t n i s (Kramer 1678 Vermachtniß) gebildet wird. Ihrer Bildungsweise nach vergleichen sich B e wandtnis, Gedächtnis, Kenntnis. vermählen schw. Ztw. Unter G e m a h l (s. d.) ist ahd. gimahala f. 'Gattin' entwickelt. Dazu ahd. (gi)mahalen, mhd. (ge)mahelen, spätmhd. (ver)mähelen 'ein Mädchen einem Mann zur Gattin geben; sich eine Gemahlin nehmen'. Das verstummte h wurde als Längezeichen beibeK l u g e , Etymologisches Wörterbuch. 17. AufL
Veronal
halten wie in Ä h r e , e r w ä h n e n , Z ä h r e ; wie hier ist die durch Kontraktion aus mhd. ähe entstandene Länge offen geblieben. vermaledeien schw. Ztw. mhd. (ver)maledlen '(verfluchen' im 13. J h . entlehnt aus gleichbed. afrz. maldire, das zu frz. maudire geführt hat und aus lat. maledtcere stammt: Suolahti 1929 Frz. Einfluß 162. 281. vermessen Adj. Neben m e s s e n stehen ahd. firme^an, mhd. vermessen 'falsch messen' (s. v e r - ) , deren Reflexiv 'das Maß seiner Kraft zu hoch anschlagen, sich überschätzen' bedeutet. Das Part. ahd. firme^an erscheint früh verselbständigt zu 'verwegen, kühn'. Auch ferme^enheit f. ist schon spätahd.; die Mystiker setzen das Wort durch, von ihnen übernimmt es Luther. vermöge Präp. Zu mnd. vormoge f. ' K r a f t ' (s. V e r m ö g e n ) stellten sich Formeln wie in, nach v. 'kraft, laut', in denen den Präp. bindende Kraft zukommt und von vormoge ein Gen. abhängt. Entspr. mhd. nach vermügen, frühnhd. in vermüg. I m Vorton schwinden die Präp. wie bei (nach) besage, (nach) kraft, (nach) laut, (durch, über)mittel(st), (an)statt, (von) wegen. Unter dem Einfluß von n a c h kann an Stelle des Gen. der Dativ treten: Behaghel 1924 Dt. Syntax 2, 31. 4 9 ; 1928 Gesch. d. dt. Spr. 361. Vermögen n. mhd. vermügen n., subst. Inf. zum Ztw. mhd. vermügen, ahd. furimugan 'imstande sein, Kraft haben'. Anders gebildet ist mnd. vormoge f. ' K r a f t ' , s. v e r m ö g e . vermummen schw. Ztw. Neben M u m m e r e i (s. d.) weisen Schiller-Lübben 3, 133 mnd. mummen nach. Von Norden her erreicht v e r m u m m e n die Schriftsprache, früh bei Rollenhagen 1696 Froschmeuseler B 5 b. vernichten schw. Ztw. mhd. vernihlen, mnd. vornihten 'zunichte machen'. Zu niht 'nichts'. Vernunft f. mhd. Vernunft, ahd. firnunft 'Tätigkeit des Vernehmens, sinnliche Wahrnehmung, Verständnis, Einsicht'. Nl. vernuft, dän. fornuft, schwed. förnuft beruhen auf E n t lehnung. Zu v e r n e h m e n , mhd. verneinen, ahd. firneman 'erfassen, erfahren, hören, begreifen'. Den übertragenen Bedeutungen, denen sich die des anord. nema 'lernen' vergleicht, liegt die sinnliche von got. franiman 'in Besitz nehmen, ergreifen' voraus. Ähnliche Entwicklung zeigen b e g r e i f e n und v e r g e s s e n , nft wie in B r u n f t , Z u k u n f t (neben b r u m m e n , k o m men). Veronal n. Der Erfinder des Schlafmittels Emil Fischer (1852—1919) beendete die Verhandlungen über den Namen durch den Hinweis „ I n einer halben Stunde geht mein Zug; ich habe schon in Verona Nachtquartier bestellt", worauf man sich auf V e r o n a l einigte: 52
verplempern
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E. Müller-Graupa 1933 Wiener Blätter für die Freunde der Antike 9, 49. Abweichende Darstellungen bieten v. Lippmann, Zeittafeln z. org. Chemie (Berlin 1921); Starkenstein in der Zs. Lotos 70 (Prag 1922) 279; K. Sudhoff 1936 Mitt. z. Gesch. d. Med. 35, 77. verplempern schw. Ztw., nd. plempe(r)n 'verschütten' Unter P l e m p e (s. d.) ist obd. P l e m pel m. 'hin und her geschwapptes, daher schlechtes, schales Getränk' entwickelt. Unratsames Umgehen mit Flüssigkeiten lockt früh zu Übertragungen, so 1430 Mon. med. aevi hist. res gestas Poloniae illustr. (Krakau 1874) 7, 415 ,, durch mancher mengunge vnd plemperey wille, dy durch weybir vnd logenhaftige Speyer pflegit czu gesehen". Schweiz, plempen ist 'frei hangend hin und her schwanken', aus Basel 1694 belegt das Schweiz. Id. 6, 101 „das bluot, das ist vergossen und verplempert worden". Neben dem Vergeuden von Geld und Gut zielt v. auf unüberlegtes Verlieben: Amaranthes 1715 Frauenz.-Lex. 2071; Schiller 1788 Briefe 2 , 1 8 „eine Frau habe ich noch nicht, aber bittet Gott, daß ich mich nicht ernsthaft verplempere". verpönen schw. Ztw., spätmhd. verpenen : zu lat. poena 'Strafe' (wozu als ältere Entlehnung P e i n , s. d.). Die frühnhd. Bed. 'mit (Geld)Strafe belegen' wandelt sich im 18. J h . zu 'etw. als strafbar hinstellen'. verquicken schw. Ztw. bei Paracelsus, Thurneisser usw. 'mit Quecksilber legieren' (s. erq u i c k e n , Q u e c k s i l b e r , Q u i c k b o r n ) . Von da im 18. J h . auf außerchemische Vorgänge übertragen. verquisten schw. Ztw. 'vergeuden': durch Lessing, der es von Berlin her kannte (Ag. Lasch 1928 Berlinisch 159), der Schriftsprache zugeführt aus nd. nl. (ver)kwislen. Diese zu der gemeingerm. Sippe von got. qistjan, ahd. quistan 'verderben', die man mit aind. jàsatè 'ist erschöpft', gr. sbennynai 'löschen', aslaw. gasiti 'löschen', lit. gèsti 'erlöschen' verbindet. verraten st. Ztw. ahd. firrätan, mhd. verraten, mnd. vorräden (von da entlehnt spätanord. forräda), nl. verraden, afries. ürreda, ags. forrcedan,' somit westgerm. Die Grundbed. 'einen Entschluß zu jemands Verderben fassen' ist erst erweitert auf 'etw. zu jem. Verderben tun', dann eingeengt auf Fälle, in denen das durch Preisgabe von Geheimnissen geschieht. verrecken schw. Ztw. Zu r e c k e n (s. d.) stellt sich ein mhd. noch seltenes verrecken 'die Glieder starr ausreckend verenden', im 17. J h . auf sterbende Tiere beschränkt. Daher der rohe Klang, wenn es neuere Sprechweise auf Menschen anwendet. verreißen st. Ztw. wird neben t o t s c h w e i g e n und l o b h u d e l n zum Schmäh wort der literar.
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verschieden
Kritik, das mit dem um 1885 aufstrebenden Dichtergeschlecht hochkam: Ladendorf 1906 Schlagwb. 324. verrenken schw. Ztw. 'den Knochen aus der Gelenkkapsel zerren' zu r e n k e n , s. d. In ärztl. Fachsprache gilt V e r r e n k u n g für 'luxatio'. Bair.-österr. Umgangssprache sagt a u s k e g e l n : K e g e l (s. d.) ist über 'Knöchel' zu 'Gelenkkugel' geworden: Kretschmer 1918 Wortgeogr. 548. verrucht Adj. aus mhd. verruochet 'der aufgehört hat, sich um etwas zu kümmern', Part, zu verruochen, dem Gegenwort zu ruochen 'sich kümmern um'. Aus dem Sorg- und Achtlosen ist unter dem Einfluß der unverwandten Wörter a n r ü c h i g , b e r ü c h t i g t , r u c h b a r der Ruchlose geworden, s. g e r u h e n und v. Bahder 1925, Wortwahl 53. verrückt Adj., dän. forrykt, schwed. förryekt, entwickelt aus dem Part, zu mnd. vorrücken, mhd. verrücken, obd. verrücken 'von der Stelle rücken'. Sofern das Gehirn als Uhrwerk gedacht wurde (vgl. eine Schraube ist locker), war v. geeignet, Geisteskrankheit zu bezeichnen. Ausdrücke für Geisteskranke ( N a r r , i r r , g e s t ö r t usw.) verbrauchen sich rasch. Am Bed.-Wandel von v e r r ü c k t ist mlat. raptus beteiligt, desgl. die Zus.-Setzung s i n n v e r r ü c k t (um 1600), ebenso die Subst. V e r r ü c k u n g (des Verstandes delirium, furor, insania Stieler 1691; nnl. verruckinghe der sinnen 1598) und V e r r ü c k t h e i t (seit Kant und Adelung). Vers m. mhd. ahd. vers, fers, mnd. nnl. anord. dän. schwed. vers, mnl. ve(e)rs, vaers, afries. ags. fers: aus lat. versus (das über frz. vers engl. verse ergeben hat) mit dem / der frühen Lehnwörter (s. V e i l c h e n ) übernommen, etwa gleichzeitig mit S c h u l e und M e i s t e r , greifbar schon im Abrogans des 8. Jh. (versicoli/ versiclin: Ahd. Glossen 1, 128, 38). Soweit vom Nd. eine Form V e r s c h ( e ) ausgeht, ist sie aus verske entwickelt ; obd. V e r s c h zeigt den üblichen Lautwandel von rs zu ri. Das lat. Wort bedeutet als Part, zu verrere 'schleifen, am Boden schleppen' (Wurzel *uers-, s. wirr) ursprünglich 'Furche', ist aber von vornherein und ausschließlich als 'versus metricus, Verszeile' entlehnt. Volkstümlich steht V e r s für 'Strophe', in der Zus.Setzung B i b e l v e r s (dafür schon ahd. fers bei Otfrid) auch für den Leseabschnitt in ungebundener Rede. S. R e i m . Versand m. um 1830 als Kaufmannswort rückgebildet aus v e r s e n d e n . verschieden Adj. Zum st. Ztw. mhd. verscheiden 'fortgehen' in seiner bibl. Bed. 'sterben' gehört als Part, v e r s c h i e d e n 'verstorben'. Von v e r s c h e i d e n '(sich) unterscheiden' geht das seit Kramer 1678 gebuchte v e r s c h i e d e n 'un-
verschimpfieren
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-terschiedlich' aus. Adv. dazu ist v e r s c h i e d e n t lich. verschimpfieren s. s c h i m p f i e r e n . Verschiß m. Der student. Verruf begann im 18. Jh. mit gröblicher Verunreinigung der Bude •des Betroffenen: Laukhard 1791 Leben 1 Kap. 5; Zs. f. d. Wortf. 3, 101. 4, 314. 12, 292. Von daher sind für Kindleben 1781 Stud.-Lex. 205 die Wendungen „ich bin im V." und „ich bin •auf dem Mist" gleichbed. Goethe kennt das derbe Wort aus seiner Straßburger Studentenzeit. verschlagen Adj. Mhd. versiahen konnte aus seiner Grundbed. 'schlagend beseitigen' die Bed. 'verstecken' entwickeln. Dazu seit Trochus 1517 das Part, vorsehlagen mit der aktiven Bed. 'der seine Gedanken zu verstecken weiß, undurchsichtig, schlau'. Das später zu v e r s c h l a g e n 'einen verprügeln' bezogene part. Adj. hat v e r s c h m i t z t nach sich gezogen, s. d. Verschleiß m. 'Kleinverkauf'. Zu dem unter s c h l e i ß e n entwickelten Verbalstamm gehört mnd. vorsllten 'in Stücke spalten und so in den Handel bringen', von Kupfer u. ä. seit 1400 bezeugt, im 15. Jh. auch schon auf 'im Kleinhandel vertreiben' verallgemeinert. Zum entspr. hd. v e r s c h l e i ß e n gehört die seit Beginn desl6. Jh. bezeugte Rückbildung V e r s c h l e i ß , die in Österreich (einst auch in Bayern) das fremde D e t a i l v e r k a u f entbehrlich macht: Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.-Spr. 203; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 548. verschlimmbessern schw. Ztw. 'bei der Absicht, etw. zu bessern, es verschlimmern', von Lichtenberg gebildet, durch Campe 1807 Wb. 1, X I I I abgelehnt, von Wolf 1811 Piatons Phädon 11 aufgenommen, verschlingen s. s c h l i n g e n 2 , verschmitzt Adj. Dem mißdeuteten v e r s c h l a g e n (s. d.) folgt das Part, zu verschwitzen 'mit Ruten schlagen' seit Sachs 1551 Fastn. 32, 344 in der Bed. 'schlau'. Frisch 1741 Wb. 2, 209 deutet zutreffend: „weil theils Kinder durch Schmitze der Ruthe klug werden". Vgl. auch g e r i e b e n u. außerhalb des deutschen ags. äbered 'schlau' (zu berian 'schlagen'). verschollen Adj. Zum untergegangenen Ztw. v e r s c h a l l e n 'aufhören zu schallen, verklingen' gehört (wie das Prät. e r s c h o l l zu e r s c h a l l e n ) als Part, v e r s c h o l l e n , das zunächst bei Adelung 1780 als gerichtl. Ausdruck für solche erscheint, die nach öffentl. Ladung am Gerichtstag nicht erscheinen und vermutlich tot sind. verschroben Part. Das Ztw. s c h r a u b e n ist als Ableitung von S c h r a u b e f . schwach, auch in uneigentl. Verwendung (geschraubter Ausdruck). Stark gebildet ist (nach dem Vorbild von s c h n a u b e n ) v e r s c h r o b e n , in norddt. Umgangssprache allgemein (ein Gewinde ist v.),
verstehen
in der Schriftsprache seit Kant und Wieland nur von geistiger V e r s c h r o b e n h e i t (dies dann bei Campe, Goethe), verschrumpelt s. s c h r u m p f e n , verschfitt gehen Ztw. 'verhaftet werden', zu nd. schütten 'einsperren, pfänden': eine ins Rotwelsche gelangte nd. Form, sprachlich eines mit hd. s c h ü t z e n . Der Flurschütz hatte das Vieh, das in fremde Felder ging, zu schütten: Ag. Lasch 1928 Berlinisch 173. S. A. Wolf 1956 Wb. d. Rotwelschen 338: v e r s c h ü t t e t 'verarmt, verdorben' zu nl. schütten' Wasser stauen', aber auch 'pfänden', auch nd. 'einfriedigen, hindern', dazu tschech. chudy 'arm'. verschwenden schw. Ztw. Zum st. Ztw. v e r s c h w i n d e n (ahd. firswintan, mhd. verswinden) stellt sich das Faktitiv ahd. mhd. versw?nden, dessen geltende Bed. aus 'verschwinden machen' entwickelt ist. versehren schw. Ztw. mhd. (ver)seren, nnl. bezeeren 'Schmerz verursachen': zu mhd. ahd. ser m. 'Schmerz'. Zu s e h r e n schw. Ztw., mhd. seren 'verletzen', im Nhd. früh durch v e r s e h r e n ersetzt, aus dem es von neueren Dichtern wiederzugewinnen war. Die Mundarten haben von Kärnten bis Friesland das einfache Ztw. vielfach bewahrt. S. sehr, versickern schw. Ztw. versiegen schw. Ztw 'vertrocknen'. Zum st. Ztw. mhd. verslhen, das als frühnhd. verseihen fortlebt, gehört das Part, versigen. Daran angelehnt ist die erst nhd. Bildung v e r s i e g e n , urspr. 'aus-, verfließen'. So steht auch anord. siga 'sinken, fallen' neben siga. S. s e i h e n . versöhnen schw. Ztw. mhd. versüenen, zu S ü h n e , s. d. Die geradlinig entwickelte Form v e r s ü h n e n hält sich vereinzelt bis ins 19. Jh. Der heute geltende Tonvokal stammt aus dem Bair./Schwäb., wo spätmittelalterl. üe vor n zu 8 gewandelt wird (gr8n 'grün', hSner 'Hühner', kBn 'kühn'). Verstand m. Bin seltenes spätmhd. verstant (d) 'Verständigung' rückt im 16. Jh. in die Bed. des ahd. firstantnissi, mhd. verstantnisse 'Verständnis, Einsicht, Verstand'. Im gleichen Sinn löst nnl. verstand das mnl. verstan(de)nisse ab. Dan. forstand, schwed. förständ stehen unter dt. Einfluß. verstauchen schw. Ztw., im 17. Jh. aus dem Nd. aufgenommen, vgl. nnl. verstuiken 'verrenken', mnl. nd. stüken 'breitstoßen, -drücken'. Verwandt S t o c k (s. d.), s. s t a u c h e n . verstehen st. Ztw. von westgerm. Alter: mhd. versten, -stän, ahd. farstän, -stantan, asächs. farstandan, mnd. verstän, mnl. verstaen, nni. terstaun, afries. forslön, ags. forstandan. Anord. forstanda, schwed. forstä, dän. jorstaa sind aus dem Mnd. entlehnt. „Er versteht seine Sache" ist ursprüng52*
verstümmeln
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lieh Rechtsausdruck 'er vertritt sie (vor dem Thing) in überlegener Weise, bis er obsiegt'. Die Vorsilbe (s. ver-) steht im Sinn des lat. per- in perstäre. Von der geistigen Beherrschung einer (Rechts-)Sache geht die Entwicklung zum richtigen Erfassen eines geistigen Zusammenhangs: s. V e r s t a n d und R. Martin 1938 Zs. f. Deutschkde. 52, 626 ff. — Der Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie von 'ich verstehe', 'er versteht'. verstümmeln s. S t u m m e l . versühnen s. v e r s ö h n e n . vertagen schw. Ztw. Mhd. vertagen (seit dem 13. Jh.) bed. 'einen Gerichtstag ansetzen'. Rädlein kennt 1711 v e r t a g e n 'vor Gericht fordern', Adelung 1780 'auf einen gewissen Tag bestimmen' als mundartlich. In diesen Bed. ist das Wort verklungen, neues Leben gewinnt es als Lehnübersetzung des frz. ajourner, das 1789 die Parlament. Bed. des engl, adjourn angenommen hatte: Ratschky, Melchior Striegel 1793 (Ausg. 1799, S. 319) „ V e r t a g e n ist ein neugeprägtes Wort, das den bey den neufränkischen Staatsverhandlungen häufig vorkommenden Ausdruck ajourner sehr glücklich ersetzt". Gebucht seit Stalder 1812 Vers. e. Schweiz. Id. 1, 257: v e r t a g e n 'etw. auf eine andere Zeit verschieben'. S. t a g e n und Feldmann 1912 Zs. f. d. Wortf. 13, 281. vertändeln schw. Ztw., zu T a n d (s. d.): kommt in der Bed. 'um Tand, leichtsinnig hergeben' vor Ende des 17. Jh. auf. Früh bei Abr. a Sta Clara 1686 Judas 1,12 „als er umb ein geringes Affenspiel der Welt so ohnweißlich das Ewige vertändlet". verteidigen schw. Ztw. Auf ahd. tag 'Gerichtstermin* und ding 'Verhandlung' beruht ahd. tagading, mhd. tagedinc, teidinc (g) 'Gerichtsverhandlung', dessen Entwicklung zu 'Gerede' unter T e i d i n g dargestellt ist. Kontraktion zu ei wie in E i d e c h s e , G e t r e i d e , M a i d ; Wandel von - i n g zu -ig (der in H o n i g , K ö n i g , P f e n n i g nach n eintrat) findet hier in unbetonter Silbe statt wie in den Ortsnamen A r h e i l g e n , M e r l i g e n (aus*Arakeüingen,*Merlingen). Die heutige Form bietet schon der spätere Luther; 1523 schreibt er Hiob 13, 7 verteydingen. Die Bed.-Entwicklung des mhd. (ver)tagedingen, verteidingen, mnd. verde(ge)di(n)gen, mnl. verde(ghe)dinghen geht von der Grundbed. 'jem. vor Gericht vertreten' aus. Vertiko m. n. 'Zierschrank', angeblich nach seinem ersten Verfertiger, einem Berliner Tischler Vertikow benannt: Zs. d. Sprachv. 9 (1894) 228. vertonen schw. Ztw. Goethe urteilt im Gespräch mit Eckermann am 20. Juni 1831 hart über die Wörter k o m p o n i e r e n und K o m -
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verwahrlosen
p o s i t i o n : Zs. d. Sprachv. 15 (1900) 234. Der Vorschlag, sie durch das Wortpaar v e r t o n e n und V e r t o n u n g zu ersetzen, wird auf Campe zurückgeführt (das. 196), doch hat sich das bisher nicht bestätigen lassen. Erst um 1897 treten beide auf (das. 32, 21; DWb. 12, 1, 1918), werden von der Presse bekämpft (Zs. d. Sprachv. 15,194.23,16), setzen sich aber durch: W. Linden 1943 Dt. Wortgesch. 2, 386. vertrackt Adj. Zum Ztw. v e r t r e ' c k e n 'verziehen, verzerren* (s. t r e c k e n ) gehört als umlautloses Part, v e r t r a c k t , das zuerst bei dem Leipziger Prätorius 1668 Blocksberg 295 und dem Schlesier Lohenstein 1690 Arm. 2, 1554 erscheint. Rädlein 1716 Sprachmeister, Vorr. nennt v. meißnisch, Estor 1767 Rechtsgelahrth. 1422 oberhessisch. In heutigen Mundarten gilt es von Ostpreußen bis ins Elsaß, von Pommern bis Wien. Von der Grundbed. 'verzerrt' aus entwickeln sich '(körperlich) entstellt' und '(geistig) verwirrt, verteufelt'. Vertrag m. Zu (sich) v e r t r a g e n gehört spätmhd. vertrac, md. verdrag, zuerst in Wb. des ausgehenden 15. Jh. für pactio, pactum, eonventio. Von Zesen 1643 Hd. Sprachübung 44. 83 als Ersatzwort für K o n t r a k t empfohlen und durchgesetzt. vertragen st. Ztw. mhd. vertragen, ahd. fartragan 'in falscher Richtung, an einen andern Ort tragen; tragend geschehen lassen'. Dazu V e r t r a g und v e r t r ä g l i c h . Vertrieb m. 'Verbreiten durch den Kauf', zum kaufmänn. ( W a r e n ) v e r t r e i b e n im 17. Jh. gebildet, vor allem ein Wort des Buchhandels, auf diesem Gebiet dem österr. V e r s c h l e i ß nahekommend; Schirmer 1911 Wb. d. dt. Kaufm.Spr. 205; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 548. vertusehen schw. Ztw., mhd. vertuschen 'bedecken, verheimlichen, zum Schweigen bringen'' mit einer DWb. 12, 1, 2015f. entwickelten Formenfülle, die jede sichere Deutung verwehrt. vervollkommnen schw. Ztw.: zum Adj. v o l l k o m m e n wie frz. perfectionner zu perfection. Das im 16. Jh. von Frisius und Maaler vereinzelt gebuchte Wort wird seit 1780 von Jean Paul und Campe als Ersatz für p e r f e c t i o n i e r e n durchgesetzt gegen den Widerspruch von Herder, Adelung und Kinderling: Wh. Pf äff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 53 f. verwahrlosen schw. Ztw., mhd. seit dem 13. Jh. verwarlösen 'unachtsam behandeln', das auf ahd. waralös 'achtlos' beruht (wozu auch mhd. warlcese f . 'Achtlosigkeit'). Das Ztw. ist auch mnd. und nl.; es hat ein älteres Vorbild im gleichbed. ahd. ruohhalösön, mnd. (vor)rökelösen, mnl. verroekelösen, ags. (for)receleasian. Zum ersten Teil des ahd. waralös s. w a h r e n .
verwandt
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verwandt Adj. urspr. 'zugewandt'; vgl. die z u g e w a n d t e n O r t e in der Schweiz. Mhd. verwant, das Part. Prät. von v e r w e n d e n , hat sich im 15. J h . als selbständiges Wort von seinem Ztw. gelöst und ist (wie mnd. vorwant, nnl. verwant) seit dem 16. J h . als (subst.) Adj. allgemein verbreitet, auch in den Mundarten. Die verschiedenen Arten von Beziehungen zwischen mehreren Größen, die das alte verwant deckt, sind seither verengt auf die Familienzugehörigkeit, die von ahd. sippi und mäc, mhd. sippe, mäc und friunt getragen wurde. Die neue Beziehung wird seit dem 16. J h . verdeutlicht durch Zus.-Setzungen wie a n g e - , a n v e r w a n d t , b l u t s v e r w a n d t . Wegen der Vorsilbe an - ist Einfluß des gleichbed. lat. affinis glaubhaft, mit dem sich unser Wort in älteren Rechtstexten berührt. verwegen Adj. mhd. verwegen, mnd. vorWegen (hieraus schwed. förvägen) 'frisch entschlossen': Part, zum st. Ztw. sich verwegen 'sich frisch entschließen'. Die frühnhd. Form des Part. verwogen vereinzelt bei Wieland und Schiller, heute mundartl. Verweis m. spätmhd. verwi% 'strafender Tadel': Rückbildung zu v e r w e i s e n , mhd. verminen, ahd. firm^an st. Ztw. 'tadelnd vorwerfen', dem nl. verwijUn 'vorwerfen', got. fraweitan 'rächen' entsprechen. Vgl. ags. mt-wltan, engl. twit 'schelten'. Daß schon der einfache Stamm 'strafen' bedeutet, lehren ahd. wi^an, asächs. asächs. wlti, afries. ags. witan mit ahd. ags. mte, anord. viti 'Strafe'. Die germ. Wz. *wit 'strafen' beruht auf idg. *wid 'sehen' in gr. (F)iSeiv, lat. videre 'sehen', got. witan 'beobachten', fairweitjan 'umherspähen' (s. wissen). Auch lat. animadvertere ist aus 'wahrnehmen' zu 'strafen' geworden; nhd. a u f f a l l e n im militär. Sinn 'sich Tadel zuziehen' und a n m e r k e n 'tadelnd bemerken' sind in neuerer Zeit denselben Weg gegangen. Die Beziehung von V e r weis auf w e i s e n ist volksetymologisch. verwelken s. welk. verwerden st. Ztw., mhd. mnl. verwerden 'zunichte werden', ahd. farwerdan 'perire', asächs. farwerden, mnd. vorwerden, ags. forweordan, got. frawairpan 'zugrunde gehn'; in dt. Mundarten von Kärnten bis Schwaben und Schlesien lebendig, in der Schriftsprache seit frühnhd. Zeit selten geworden. Bei den Mystikern steht mhd. verwerden vom Aufgehen in dem Schöpfer, dem Tode durch Absterben des Willens: so hat es J . Scheffler aus Meister Eckhart aufgenommen und damit neuerdings manche Nachfolge gefunden: J . Minor 1902 Anz. f. dt. Alt. 28, 118; H. Kunisch 1943 Dt. Wortgesch. 1, 260. verwesen schw. Ztw., mhd. verwesen, ahd. firwesan st. Ztw. 'zunichte werden, vergehen' iintr.), 'verderben' (trans.). Der Zus.-Hang mit
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Vesper
W e s e n (Wz. *wes 'sein') scheint klar, doch legen ahd. wesanen 'trocken, faul werden', ags. forweoren 'verwest', (for)weornian, (for)wisnian 'verderben', anord. visenn 'verwelkt' die Annahme einer germ. Wz. *uns 'verwesen' nahe. Ihr entspräche idg. *uls in aind. visd 'Gift', awest. vaeiah- 'Moder', gr. iös, lat. virus (aus *vlsos) 'Gift'; s. V i r u s . — Im dt. Wort steht v e r - (s. d.) im Sinn des got. fra-. Verweser m. mhd. (14. J h . ) verweser 'Stellvertreter', mit v e r - im Sinn des got. faür-, wie an dem nächst vergleichbaren got. faüra-gaggja 'Verwalter' deutlich wird: zu mhd. verwesen, ahd. firwesan 'jemandes Stelle vertreten'. verwirkliehen schw. Ztw., von Heynatz 1775 gebildet, von Pfeife] u. a. aufgenommen, von Campe durchgesetzt. verwirren s. wirr. verwittern schw. Ztw. 'unter dem Wetter, der Luft leiden': ein Zeuge der großen Bedeutung, die die von W e t t e r ausgehenden Bildungen im bergmänn. Wortkreis haben: Veith 1871 Bergwb. 670. Kaum vor Henckel 1726 Kießhistorie 619 „Ob der weiße Kieß in der Erden zerfalle, oder, wie es die Bergleute aussprechen, verwittere". Frisch 1741 bucht v. 'sich in der Luft auflösen und seinen Gehalt verlieren (bes. von Erzen)', Adelung kennt noch 1801 v. „besonders von Mineralien". Übertragener Gebrauch beginnt mit Schiller 1781 Räuber 1, 2 „Du willst also deine Gaben in dir v. lassen". Außerhalb de» Nhd. vergleicht sich engl, wither aus mengl. widren 'vom Wetter leiden'. verzeihen st. Ztw. ahd. farzihan, mhd. verzihen, mnd. vortlen. Auszugehen ist von z e i h e n (s. d.) und seiner Grundbed. 'sagen'. Die bis ins: 18. J h . bestehende Wendung s i c h e i n e s D i n ges v e r z e i h e n bedeutet 'es sich versagen, darauf verzichten'. Besonderung daraus ist e t w a s v e r z e i h e n 'seinen Anspruch auf Genugtuung oder Rache aufgeben'. Dazu V e r zicht, verzichten. verzetteln s. Z e t t e l 1 . Vesen m. 'Triticum spelta', mhd. vese f. m., ahd. fesa f., in den Mundarten weithin lebendig,, auch in Fam.-Namen wie V e e s e r , V e e s e n m e y e r . Das geschichtliche Verhältnis zu lat. pisum, gr. pis(s)os, pison 'eine Erbsenart' i s t unklar. Vielleicht handelt es sich in allen drei Sprachen um eine sehr alte Entlehnung auseiner Sprache Südosteuropas oder Kleinasiens. Das lat. pisum seinerseits wurde ins Kelt. (ir. pis) und Ags. (pise, peose) entlehnt. Vgl. E r b s e . Die gleichbed. Wörter s. u. D i n k e l . Vesper /. mhd. vesper, ahd. vespera: etwa zur gleichen Zeit wie die Klosterwörter M e t t e und N o n e mit dem f der späteren Lehnwörter (s. V e i l c h e n ) entlehnt aus lat. vespera 'Abend', das
Vettel
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vielleicht
kirchenlat. 'sechs Uhr abends', bei der unter Auch die asächs., anglofries., nord, und got. N o n e entwickelten Zählweise 'drei Uhr nach- Bedeutung 'Habe, Geld' findet außergerm. mittags' bedeutete. Gleichen Ursprungs sind Stützen: lat. pecünia 'Geld', pecülium 'Verital. vesp(e)ro, frz. vêpres, engl, vespers. Zur um- mögen'. Eine Erweiterung des Sinnes auf frei gangssprachl. Verbreitung von V e s p e r 'nach- lebende Tiere hat nicht stattgefunden; nach wie mittägl. Zwischenmahlzeit' s. Kretschmer 1918 vor steht S c h l a c h t v i e h h o f gegen T i e r g a r t e n — Vgl. f e u d a l . Wortgeogr. 648f. Vettel f . Lat. vetuki 'altes Weib' (subst. F. Viehbremge f . Die Synonymenreiche Wortzu vetulus 'ältlich', dies zu velus 'alt') ergibt im karte bietet Niels Ârhammar 1957 im Dt. IB. Jh., offenbar durch Student. Vermittlung, Wortatlas V von Mitzka-Schmitt. spätmhd. vetel mit verschlimmerter Bed., so daß viel Adv. Adj., mhd. vil, ahd. asächs. filu, anl. neben Unzucht, hexenhaftem Aussehen und vilo, afries. fêb, fël(e), ags. fe(a)la, anord. fjglWesen die Ausgangsbed. schwindet und in der (nur in Zus.-Setzungen), got. filu (Gen. filaus Formel a l t e V e t t e l neu hergestellt werden 'um vieles'): Neutr. eines germ. Adj. *fêlu-, von muß. dem die Einzelsprachen nur Reste bewahrt Vetter m. mhd. veter(e) 'Vatersbruder; Bru- haben. Ihm liegt voraus idg. *pélu-: *polû- in derssohn', ahd. fetiro, fatirro, fatureo, nd. vedder, aind. purû, apers. paru, gr. poly-, air. il 'viel'. ags. fcedera 'Oheim'; zum Bed.-Wandel vgl. Die Wz. dieser Sippe ist dieselbe wie in v o l l , N e f f e und O h e i m . Auszugehen ist von 'Vaters- s. d. Der adj. Gebrauch von germ. *fëlu- ist bruder', das zeigt der sprachl. Zus.-Hang mit durch m a n c h (s. d.) beeinträchtigt worden. Der V a t e r , der in den außergerm. Entsprechungen Dt. Sprachatlas bietet die Lautgeographie zu ebenso deutlich wird: aind. pitfvyd, awest. 'wieviel'. tüirya- aus *ptürya-, gr. pdtrös, lat. patruus Vieleck n. Als Lehnübersetzung des gr.-lat. 'Vatersbruder'. In dt. Mundarten tritt durch Adj. polygonus tritt seit Heynfogel 1519 Sphaera Vermischung mit G e v a t t e r (s. d.) und P f e t t e r materialis B l a vilecket, seit Maaler 1561 vileckig gelegentl. die Bed. 'Pate' auf, s. d. und P a t i n . auf. Aus dem Adj. rückgebildet ist das seit Sim. vexieren schw. Ztw. Lat. vexäre 'hin und her Jacob 1565 Rechn. 294 nachgewiesene vileek. reißen' (zum Part. *vexus von vehere 'fahren') Vgl. D r e i - , R e c h t - , V i e r e c k und A. Schirmer ergibt frühnhd. vexiren 'plagen', zuerst in Prag 1912 Wortsch. d. Math. 53. 1468 Fontes rer. Austr. I I 20, 630 „Jersik ist Vielfalt /. Als Rückbildung zu dem schon in widergekorth keyn Präge vnd wil vns mühen Glossaren des 15. Jh. bezeugten Adj. v i e l f ä l t i g vnd vexiren". Das im älteren Nhd. häufige Wort schwindet im 18. Jh. aus der Schriftsprache, 'multiplex' tritt V i e l f a l t f . seit Schubart 1793 hält sich aber in den Mundarten von Tirol bis Leben 2, 305 auf, dort und weiterhin in Gegensatz zu dem viel älteren E i n f a l t . Köln. Vieh n. Mhd. vêhe, vihe, vich, md. vie, ahd.
fëho, fihu, asächs. fëhu, mnd. anfr. anord. fè, mnl. nnl. vee, afries. fiä, ags. feoh, engl, fee, dän. fœ, schwed. fä, got. falhu führen auf germ. *fehu-, idg. *pelcu-, die ablautenden anord. fsèr, aschwed. für 'Schaf' auf germ. *fahaz-, idg. *poHos-, Aus ahd. fëho ist über anglonorm. fee das engl, fee 'Lehen, Besitz' entlehnt. Aus anfr. *fëhu-ôd 'Besitz an Vieh' stammt frz. fief 'Lehen'. Strittig, ob urverwandt oder entlehnt, sind lit. pekus, pekas, apreuß. pecku. Urverwandt sind lat. pecu(s), umbr. pequo 'Vieh', osset. fus, fys 'Schaf', awest. pasüH '(Klein-)Vieh', kurd. pez 'Schaf', aind. pasû-, ved. pdsu- 'Vieh'. Die älteste Bedeutung ist 'Wolltier, Schaf': idg. *pefcu- gehört zur Wurzel *pefc- 'Wolle oder Haare rupfen, zausen'. Insofern sind verwandt ahd. asächs. fahs, afries. fax, ags. feax 'Haupthaar', anord. fax 'Mähne' (aus germ. *fahsa-) und außergerm. gr. pékos, pôkos, armen, asr 'Vlies', gr. pikein, lat. pectere 'kämmen'. Die Erweiterung des Sinnes über 'Kleinvieh' auf 'Vieh' überhaupt ist nicht erst einzelsprachlich.
Vielfraß m. Ahd. vilifräq,
mhd. vilfrä% 'Ge-
fräßiger' begegnen gelegentl. als Name der Hyäne. Durch den hansischen Handel wird norw. fjeldfross 'Bergkater' bei uns bekannt, s. F e l d , Fels. Der Name wird in Lübeck vor Ende des 15. Jh. zu veelvratz (Reinke de Voß 2331) und villefras (Schiller-Lübben 6,252b) umgedeutet. Nachmals geraten die nord. Wörter unter dt. Einfluß; so entstehen norw. fjeldfras, dän. felfraads, schwed. filfras. Die Erzählungen von der Gefräßigkeit der Marderart beruhen erst auf dem Namen; in Deutschland sah man immer nur den Pelz. Abwegig J . Schneider, Neuphil. Mittigen. 1955, 296. vielleicht Adv.
'forsitan':
zus.-gerückt
aus
mhd. vil 'sehr' und llhte Adv., das allein schon der Bed. des heutigen v i e l l e i c h t unbedingt nahe kommt. Die Zus.-Setzung wird in frühnhd. Zeit fest; da sie auf der zweiten Silbe betont ist, wird die erste kurz, die Erinnerung an v i e l schwindet, mundartl. kann die Vorsilbe v e r an die Stelle treten: G. Subak 1931 Due appunti di gramm. stor. tedesca 3 ff.
Vielliebchen
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Vielliebchen n. Am Valenstinstag (14. Febr.) haften Liebesbräuche, die dem engl. Valentine die Bed. 'Liebchen' einbringen. Sie geht über auf frz. Valentine, das zu Philippine umgestaltet und so ins westl. Mitteldeutschland weitergegeben wird: Kretschmer-Zuccalmaglio 1840 Volks!. 2, 502 „Von den witzigsten der Burschen werden am Rhein bis tief in Lothringen hinein alljährlich am ersten Sonntag in den Fasten die Liebchen, Vielliebchen, Valentinchen ausgerufen". Das Wb. der Luxemb. Ma. 108 kennt den Gesellschaftsscherz noch 1906 als F i l i p c h e n . Seit A. v. Arnim 1826 Werke 15, 138 erscheint die Umdeutung „der da eben . . . um ein Vielliebchen die Mandeln öffnet", seit Grillparzer 1823 Werke 3, 13 Übertragung vom Gesellschaftsscherz auf die als Liebespaar angesehenen Mandelkerne „die Viel-Liebchen (Philippchen) der Doppel-Mandel". Als Buchtitel mit entspr. Titelbild „Vielliebchen. Histor.romant. Taschenbuch für 1828 von A. v. Tromlitz". Auffallend früh werden Wort und Sitte für Deutschland und die Neuenglandstaaten erörtert von Bartlett 1848 Diet. of Americanisms. vielmehr Konjunkt. Frühnhd. vil me(r) geht aus von der Bed. 'in noch höherem Grad'. Durch die überragende Geltung des auf v. folgenden Satzes verliert der ihm vorausgehende an Gewicht. So wird der neue Inhalt an Stelle des vorher Ausgesagten gesetzt: Behaghel 1928 Dt. Syntax 3, 324f. Vielweiberei /. Lehnübersetzung von gr.-lat. polygamia, zuerst bei Stieler 1691. Z w e y - , D r e y w e i b e r e y für di-, trigamia seit Kirsch 1739 Cornu cop. 2, 416. 93. vier Zahlw. mhd. vier, ahd. fior, asächs. fi(u)war, fior, mnl. vier(e), afries. fiär-, fiüwer, fiör, ags. feower, engl. four. Das daneben erscheinende ags. fyder- (in Zus.-Setzungen) weist mit gleichbed. got. fidwör, jidur-, anord. fjörir auf eine vorgerm. Grundform *petwor, die mit akymr. petguar, air. cethir, lat. quattuor, att. Utlares, hom. äol. pisyres, aind. catür, aslaw. üetyre, lit. keturl, toch. stwar auf idg. *kuetuör(mit versch. Ablautsbildungen) zu vereinigen ist. Dessen Deutung kann nur mit Vorbehalt gegeben werden: nach F. Müller 1927 Idg. Forsch. 44, 137 f. ist es eine alte Zus.-Setzung *oket(o)-uöro 'Spitzenreihe' aus dem unter a c h t (s. d.) entwickelten *oketom und aind. vära-, lit. vord 'Reihe'. — Die Lautgeographie von 'vier' stellt der Dt. Sprachatlas auf Karte 67 dar. — Zum Zählen an den Fingern s. f ü n f . Viereck n. Als Lehnübersetzung des lat. Ad]'. guadrangulus erscheint seit etwa 1400 mhd. viereckeht. Rückbildung daraus ist V i e r e c k , das Schrimer 1912 Wortsch. d. Math. 75 seit 1639 nachweist. Vgl. D r e i - , R e c h t - , V i e l e c k und
Viras
A. Götze 1919 Anfänge e. math. Fachsprache 198 f. vierschrötig Adj. mhd. viersehrostec, älter viersehrcete, ahd. fiorseröti: zu ahd. scröt 'Schnitt' (s. S c h r o t ) , in seiner Bed. beeinflußt durch die einst häufigere Ableitung zu S c h o ß 3 (s. d.): ahd. viorscötfi, asächs. fiarscutig, mnl. vierschoot, ags. fyderscyte 'viereckig, -schrötig'. Viertel n. mhd. viertel, älter vierteil, ahd. fiorteil, mnd. verdel. Nl. entspricht vierendeel, neunord. fjerdedel. Bei Zus.-Rückung der Ord.Zahl v i e r t e mit T e i l wurde der erste Wortteil verkürzt, der zweite büßte seinen Vokal ein, das Genus wurde n.: das wrti gilt schon im 16. J h . ; daneben konnte immer neu bewußt an T e i l angeknüpft werden. Gebrauch und Bed. sind ungemein mannigfaltig; als 'Stadtviertel' zunächst bei Städten wie Mainz, die aus röm. Standlagern hervorgegangen, im Grundriß eine klare Vierteilung aufwiesen. Villa f., Mz. V i l l e n 'Einfamilien-, Landhaus', im 18. Jh. entlehnt aus gleichbed. ital. villa, das aus lat. villa 'Herrenhof' (s. W e i l e r ) entwickelt ist; dies über *vicslä zu vicus 'Häusergruppe' (s. W e i c h b i l d ) . Dazu v i l l e n a r t i g , V i l l e n bau, -dorf, - s t a d t , -stil, -viertel. Villenk o l o n i e bei Th. Fontane 1882. violett Adj. Zu lat. viola (s. V e i l c h e n ) stellt sich die Verkl. ital. violetta, frz. violette. Aus dem präd. gestellten Subst. (vgl. l i l a , r o s a ) entsteht das Farbadj. frz. violet, das als spätmhd. fiolet entlehnt, aber erst seit dem 17. Jh. bei uns häufiger wild. In älterer Sprache wie in den Mundarten deckt b r a u n 8 den Begriff, s. d. — Vgl. veil. Violine f . 'Diskantgeige', Mitte des 16. Jh. in Oberitalien zuerst gebaut und viollno m. benannt mit der Verkl. von viöla 'Altgeige', ursprünglich 'Veilchen': der Geigenkörper mit seinen Einbuchtungen vergleicht sich der Veilchenblüte. So heißt die M a n d o l i n e nach ihrer Mandelform. Bei uns kaum vor 1682: Zend. a Zendoriis, Dt. Winternächte 606 „der andere, so die Violin striche", somit von vornherein mit Wandel des Geschlechts. Eingebürgert im 18. Jh., heute weithin auch in den Mundarten namentl. des Nordens und der Mitte. S. F i e d e l , Geige. Violoncell(o) n. Zu ital. violone m. 'Baßgeige' (urspr. 'große Geige') gehört als Verkl. Violoncello, seit Mattheson 1739 als V i o l o n c e l l eingedeutscht. Daraus verkürzt Cello seit Campe 1813, noch jünger C e l l i s t : Schulz 1913 Fremdwb. 1, 105. Virus m. Gegenwärtig versteht man unter V i r e n 'kleinste Krankheitserreger', die Bedeutung des dt. Fremdworts V i r u s ist sonst
Visier
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'Gift, bes. Krankheitsgift', aus lat. virus 'zähe Flüssigkeit, Schleim, Saft; bes. Gift, Schärfe, Bitterkeit', dazu virulentus 'giftig', vgl. tochar. B w(a)se, A wäs 'Gift'. Verwandte Wörter im Aind. Awest. Griech. Kelt. Lit., dazu dt. v e r l e s e n (s. d.). Visier n. Ital. visiera, frz. visière /.liefern spätmhd. visier(e) f . 'bewegl. Helmgitter, Helmsturz mit Augenlöchern'. Die Benennung geht •aus von der Sehspalte (frz. vis m. 'Gesicht' zu lat. vidère 'sehen'). Der Genuswandel (nach Vorbildern wie G e s i c h t oder S c h a r n i e r ) wird im 16. Jh. vollzogen. Weit in Aufnahme kommt V. durch Ritterschauspiel und -roman, die den Helm mit bewegl. Visier schon dem frühen Mittelalter zuschreiben. Vitamin ». 'Ergänzungsnährstoff', eingeführt •durch Casimir Funks Werk „Die Vitamine" 1913. Er hatte beobachtet, daß der den Beriberikranken mangelnde Wirkstoff eine organische •Stickstoffverbindung, ein Amin ist. Diesem Worte ist der Stamm von lat. vita 'Leben' vorgefügt. Vivat n. Lat. vivat 'er lebe' kommt in akad. Kreisen als Gegenwort zu pereat 'er verderbe' auf und wird seit Wächtler 1703 gebucht. Aus Wendungen wie v i v a t r u f e n wird V i v a t n. 'Lebehoch' gewonnen, das seit 1719 Med. Maulaffe 294 rasch Boden gewinnt. S. Lebehoch. Vize- 'stellvertretend' als erstes Wortglied ist fremden Ursprungs wie erz-, h y p e r - , super-. Lat. vice 'an Stelle von' ist der zum Adv. erstarrte Abi. des F. vieis 'Wechsel'. Als erstes ist mhd. viztuom aus mlat. vicedominus entlehnt •(s. Viztum), 1455 folgt vitzcancler (Fontes rer. Austr. II 42,175). Dem frz. vicomte nachgebildet ist frühnhd. ti'ce-Graf (Cyr. Spangenberg 1594 Adelspiegel 323), im 17. Jh. schießen Bildungen •wie V i c e - B ü r g e r m e i s t e r , - k ö n i g , -w i r t ins Kraut.
Vogt
Stifter, Philipp der Gute, plante eine Kreuzfahrt u. verglich die Teilnehmer den Argonauten. Die amtlichen Namen toisón de oro, aurem vellus sind zuerst ins Nl. übersetzt und von da entlehnt worden. Nl. vlies hat die nhd. Schreibung des Anlauts bestimmt, auch der volksetym. Gedanke an lat. vellus (vgl. Wolle) wirkt darin fort. Vogel m. m h d . vogel, ahd. fogal, asächs. fugal, mnl. voghel, afries. fugel, ags. fugol, engl, fowl,
anord. fugl, got. fugls. Dem gemeingerm. Wort fehlen außergerm. Entsprechungen. Deshalb denkt man an Ableitung aus der germ. Wz. *flug 'fliegen', was in Geflügel (s. d.) aber erst spätmhd. neben gevügel auftritt, also besser von F l ü g e l abzuleiten ist. Dann braucht man nicht Dissimilation aus germ. *flug-la anzunehmen. Mit einer durch das gramm. Geschlecht nahegelegten Besonderung wird das Wort auf den männl. Vogel beschränkt. Aus dieser Bed. entwickelt sich frühnhd. vogel 'Hahnenstich, -fleck, -tritt im Ei', das seit Gesner 1557 Vogelb. 87 a Heüßlin rasch häufig wird und landschaftlich bis heute gilt. Auffällig die frühnhd. Nebenform fugel bei Geiler 1512 Schiff d. Penitenz 112a „die selb Weiße (das Eiweiß) hat ain Flecklin, nennet man den Fugel". Vogelbauer n. m. Zu B a u e r 1 (s. d.) stellt sich seit dem 15. Jh. die von der Lutherbibel Jer. 5, 27 aufgenommene Verdeutlichung, die neben gemeinhd. V o g e l k ä f i g im Norden und Nordosten des Sprachgebiets gilt, dem Westen und Süden fehlt. Die Grenzen gegen V o g e l k a s t e n , - k o r b , - h a u s , - h ä u s c h e n , - h ä u s e l zieht Kretschmer 1918 Wortgeogr. 553. Vogelbeere /. die rote Frucht der Eberesche, die als Lockspeise beim Vogelfang dient; danach auch der Baum Sorbus aucuparia selbst: Hoops 1905 Waldb. 27. 39 u. ö. Zuerst bei Duez 1664. vogelfrei Adj. Dem Körper des Geächteten wird das Grab versagt, er wird „den Vögeln erViztum m. m h d . viztuom, mnl. vitsdom 'Ver- laubt", d. h. den Raubvögeln anheimgegeben. treter eines geistl. oder weltl. Fürsten, Stifts- Daraus der alter Rechtssprache nicht angehöverwalter, Statthalter': im 12. Jh. entlehnt aus rende Ausdruck v o g e l f r e i 'aqua et igni intermlat. vicedominus (s. Vize-), unter Einwirkung dictus' seit Seb. F r a n c k 1538 Chron. Germ. 174 a. der Nachsilbe - t u m umgestaltet. Das als Amts- J. Grimms Erklärung „frei wie ein Vogel in der bezeichnung veraltete Wort lebt in Fam.-Na- Luft, den jeder schießen darf" (Gramm. 2, 560) men fort. trifft nicht zu, weil die Jagd auf Vögel zum WildVlies n. mnl. nnl. vlies, ags. flèos '(Schaf-) bann gehörte. Dagegen ist ein anderes vogelFell', daneben frühnhd. fleusz, vlüsz, mhd. vlius, f r e i , das zuerst 1490 Tirol. Weist. 3, 171 aufm n d . vlüs, mnl. vluus, afries. fliüs-, ags. flys. tritt und 'völlig frei von Herrschaftsdiensten' Eine zweite Nebenform s. u. F l a u s . Urverwandt bedeutete, zunächst 'frei wie der Vogel in der ist nach Thurneysen, Idg. Forsch. 14, 128 ir. lö Luft'. 'Wollflocke' (aus *pluso-). Das westgerm. Vogt m. m h d . vog(e)t, m n d . voget, vaget, voit, Wort war im Hd. verklungen, wie es heute nur vait, mnl. voocht, vo(i)cht, a h d . fogät, fogat: m i t der gebildeten Sprache angehört, den hd. Mund- dem f der späteren Lehnwörter (s. Veilchen) arten fehlt. Im 16. Jh. kommt es in bezug auf die entlehnt aus mlat. vocätus = lat. advocätus Argonautensage und den in Brügge 1429 ge- (woraus ahd. pfogät). Auf Entlehnung aus dem stifteten Orden vom goldenen Vlies auf. Der Nd. beruhen spätanord. fögutr, föguti, d ä n . foged,
Vogtei
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Volkheit
schwed. fogde. Ausgangsbed. ist 'Rechtsver- gerschar, Heerhaufe'; so im ahd. Hildebrandstreter eines nicht Rechtsfähigen', zunächst eines lied V. 10. 27. 61: G. Herold, D. Volksbegriff im Bistums oder Klosters (da sich die Kirche als Ahd. u. Altnd. 1941; I. Schröbler, A. f. dt. A. Partei vor dem weltl. Gericht nicht selbst ver- 62, 71. In dieser Bedeutung ist das Wort (mit treten sollte), eines Unmündigen (daher V o r - baltoslaw. p für germ. /) entlehnt zu lit. pulkas m u n d , s. d.). Aus den Befugnissen der kirch- 'Haufe, Schar', aslaw. plükü (aus *pülkü) 'Krielichen wie der Reichs- und Schutzvögte ent- gerschar', als P u l k um 1917 aus poln. polk 'Rewickeln sich Bed. wie 'Richter, Beschützer, giment' rückentlehnt. Diese Grundbedeutung Heerführer, Verwaltungsbeamter, Herr'. Dar- verbietet, das germ. Wort mit lat. populus um auch häufig als Fam.-Name. V o i t ist zus.- 'Volk', gr. plethos 'Menge' usw. zu verknüpfen, gezogen aus mhd. mnd. voget (wie H a i n aus was lautlich anginge. Die Bedeutungsentfaltung H a g e n ) ; V o i g t erscheint als Mischform aus des dt. Worts ist eng mit unsrer staatlichen und gesellschaftlichen Entwicklung verknüpft, sein V o g t und V o i t . Gefühlston ist von Haltung und Stimmung des Vogtei /. Mhd. vog(e)tle, mnl. vogedie, aus vog(e)t (s. V o g t ) abgeleitet mit Hilfe des Lehn- Redenden abhängig. Entscheidend wird die suffixes -ie. Zuerst bei Berth. v. Regensburg geistige Wandlung unsres 18. Jh., die im V o 1 k den ( f 1272). Die Bed. entsprechen denen des M. Ursprung der edelsten Güter und Sitten er'Amt, Pflichten, Rechte, Einkünfte eines Statt- kennen lehrt und damit auch das Wort zu neuer halters, Vormunds usw.'. Im späteren Gebrauch Würde adelt, zu der es, das fremde N a t i o n zutreten die räumlichen Begriffe 'Amtsbezirk, Woh- rückdrängend, um 1800 mit dem Ringen um Freiheit und Einheit der Deutschen vollends nung eines Vogts' stärker hervor. Vokativus m. der 5. Kasus der lat. Deklina- erstarkt. Völkerfrühling m. Nachdem Campe 1790 tion, in der Schulgrammatik mit „o du . . u m schrieben. Von da 'Schelm, Heimtücker' und Briefe aus Paris 329 von „dem herannahenden sonst durchtriebene Missetäter, die mit be- Frühlinge des allgemeinen Völkerwohls" gewunderndem Unwillen begrüßt zu werden ver- sprochen hatte, prägt Börne 1818 Die Wage, dienen. Zuerst (mit gelehrter Mißdeutung) Ankündigung (Ges. Sehr. 3 , 1 3 6 ) das schwärmeScheräus 1619 Sprachschule 169. Die Lösung rische Programmwort V ö l k e r f r ü h l i n g , das in sieht zuerst C. Chr. Ldw. Schmidt 1800 Wester- den Revolutionen von 1830 und 1848 reichen Widerhall fand: Ladendorf 1906 Schlagwb. 325; wald. Id. 316. Voland m. 'Teufel' (Goethe 1806 Faust 4023, Gombert 1907 Zs. f. d. Wortf. 8, 138; Büchder das Wort aus Prätorius 1668 Blocksbergs mann 1912 Gefl. Worte. 216. Völkerschlacht f. Die Leipziger Schlacht vom Verrichtung kennt) mit der älteren Nebenform V a l a n d , mhd. mnd. välant 'Teufel': ein altes Oktober 1813 erhielt unter dem Beifall der ZeitPart, (wie H e i l a n d ) mit der Grundbed. 'der genossen ihren gültigen Namen durch Oberst Schreckende'. Verwandt sind anord. Riesen- Karl Frh. v. Müffling, der den Armeebericht weib, Hexe', fsela 'erschrecken', felmir 'Schreck', vom 19. Okt. schloß „So hat die viertägige ags. eal-felo 'verderblich, schrecklich', got. us- Völkerschlacht vor Leipzig das Schicksal der filma 'erschrocken'. Außergerm, gehören hierher Welt entschieden": Ladendorf 1906 Schlagwb. aslaw. plachü (aus *pol-so-) 'Schrecken', plaSiti327 f. 'schrecken', gr. pdllein 'schwingen'. Dazu die Völkerwanderung f. Lehnübersetzung des lat.. Fam.-Namen F a h l a n d , V a l a n d , V o l l a n d migratio gentium, von Gottsched 1735 Beitr. z. (wie T e u f e l ) : Zs. f. d. Wortf. 2, 3 2 . 1 0 , 1 1 5 . 1 4 , krit. Historie 6, 232 abgelehnt als „wohl nicht 305. ein vollkommen reines deutsches Wort". DurchVolapük n. In der von dem bad. Pfarrer gesetzt von M. J . Schmidt 1778 Gesch. d. DeutJoh. Martin Schleyer vorgeschlagenen Welt- schen 1 , 1 7 , Adelung 1780 und Jean Paul 1797: sprache, die etwa 1881 die Gemüter zu erregen Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 64. begann, bedeutete vol 'Welt' und pük 'Sprache' Volkheit /. von Wolke 1810 nach Mustern wie in Nachbildung von engl, world und speak: C h r i s t e n h e i t gebildet, um „das Volk als ein Ganzes, als eine Person mit ihren menschlichen Ladendorf 1906 Schlagwb. 328f. Volk n. Mhd. mnd. mnl. vole, ahd. folc(h), Eigenschaften und Eigenheiten" zu kennzeichnen nnl. volk, asächs. afries. engl, anord. dän. schwed. (Dt. Wortgesch. 2,171). Als Wolkes Prägung bei folk, anfr. ags. folc führen auf germ. *fulka-, Campe 1811. Unabhängig davon Goethe 1829 Außergerm. Beziehungen sind nicht gesichert; Jub.-Ausg. 4, 240: „Wir brauchen in unserer am ehesten darf man Urverwandtschaft mit Sprache ein Wort, das, wie Kindheit sich zu alb. plogu 'Haufe' vermuten. Die Grundbedeu- Kind verhält, so das Verhältnis Volkheit zum tung, mit der der Stamm in Männernamen wie Volke ausdrückt. Der Erzieher muß die KindV o l k h a r t , - m a r , - p r e c h t eingeht, ist 'Krie- heit hören, nicht das Kind; der Gesetzgeber und
völkisch
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Regent die Volkheit, nicht das Volk". Goethes Wort nimmt Eugen Diederichs in Jena 1925 auf: Dt. Wortgesch. 2, 407. völkisch Adj. ags. folcisc 'volkstümlich'; frühnhd. volckisch 'popularis' Voc. (heut. (Nürnberg 1482); mit Umlaut seit dem 16. Jh.: DWb. 12, 2, 485. Aufgenommen von Fichte 1811. Als Ersatzwort für n a t i o n a l ist v. nach H. Schuchardt 1919 Lit.-Bl. 40, 19 im Jahr 1875 von dem Germanisten H. v. Pfister eingeführt. Seit etwa 1900 dringt es von Österreich her vor, noch G. Roethe 1923 Wege der dt. Phil. 3 lehnt es als unschön ab. Dazu neuerdings ü b e r - , zwischenv ö l k i s c h : W. Linden 1943 Dt. Wortgesch. 2, 407. Volksgeist m. seit Campe 1794 Reinigung 20 als Ersatz für N a t i o n a l g e i s t (dies seit Moser 1761 Beherzigungen 362): Hist. Zs. 108 (1912) 298ff.; Schulz-Basler 1942 Fremdwb. 2,179. Volkskunde f . zuerst 1806 in 'Des Knaben Wunderhorn' in Verbindung mit dem Murtener Lied, das als „Beitrag zur Volkskunde" bezeichnet wird. Neben V o l k s t u m verwendet Jahn 1809 in der Voranzeige seines 'Deutschen Volkstums' V o l k s t u m s k u n d e . Möglicherweise als Klammerform dazu erscheint in der Steiermark 1813 V o l k s k u n d e bei J. N. F. Knaffl, sogleich als Name der damals entstehenden Wissenschaft. In Wiesbaden läßt J. A. Demian 1823 sein Handbuch der Geographie und Statistik des Herzogthums Nassau als „Landes- und Volkskunde" erscheinen. 1846 wird für 'das Wissen des Volkes', also in viel engerem Sinne, engl, folklore mit folklorist geprägt, aber Riehl, der aus seiner Heimat Demians Handbuch kennt, setzt seit 1849 das dt. Wort durch: A. Bach 1937 Dt. Volkskde. 8 f . — V ö l k e r k u n d e f . zuerst 1785 bei G. P. Norrmann: Euphorion 28 (1927) 305. Volkslied n. Aus Percys Reliques of ancient English poelry (1765) lernt Herder engl, populär song kennen. Er bildet danach in seinem im August 1771 geschriebenen, 1773 in den 'Blättern von deutscher Art und Kunst' gedruckten „Auszug aus einem Briefwechsel über Ossian und die Lieder alter Völker" (Suphans Ausg. 5, 174) P o p u l ä r l i e d und fährt fort: „endlich werden sie aufmerksam und mahnen mich um mehrere solche V o l k s l i e d e r " . Das Wort setzt sich schlagartig durch, zumal Herder 1778 seine eigene Sammlung V o l k s l i e d e r nannte: Zs. f. d. Wortf. 3, 236. 4, l f f . ; Ladendorf 1906 Schlagwb. 329. Volkstum n. Nachdem Campe 1794 v o l k s e i g e n t ü m l i c h für 'national', V o l k s e i g e n t ü m l i c h k e i t f ü r ' Nationalität' gebraucht hatte, rechtfertigt Jahn V o l k s t h u m , v o l k s t h ü m l i c h u. V o l k s t ü m l i c h k e i t als seine Prä-
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Vollmacht
gungen in der Subskr.-Anzeige zu seinem Buch „Deutsches Volksthum" 1809. Den Begriff bestimmt er 1810 (Eulers Ausg. der Werke 1, 154) auf „das Gemeinsame des Volks, sein innewohnendes Wesen, sein Regen und Leben". Campe bucht das Wort 1813, J. Grimm 1826 Gramm. 2, 491 tadelt es als unorganisch. Er wünscht V o l k t u m — nnl. gilt seit Verloo 1790 volkdom: Mutterspr. 56 (1941) 41 f. — gibt aber zu, daß auch in F ü r s t e n t u m die Endung an den Gen. gefügt sei. Die Entwicklung hat für Jahn entschieden: Ladendorf 1906 Schlagwb. 332; Büchmann 1912 Gefl. Worte 208; Wh. Pfaff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 54. voll Adj. nd. ags. engl, füll, mhd. ahd. fol (IT), asächs. afries. ful, anfr. foll, anord. fullr, got. fulls (zum Adj. das schw. Ztw. f ü l l e n , s. d.) führen auf germ. *folla-, Dessen -II- beruht auf älterem -In-: lit. pilnas, aslaw. plünü, air. län, mkorn. leun, bret. leun (sprich 6), kymr. llawn, lat. plenus, aind. pürnd 'voll' führen auf idg. *plnö-. Das idg. Adj. ist urspr. Part, auf -no zur idg. Verbalwz. *pel: *ple 'füllen' (im gleichbed. lat. com-, implere, gr. pimplemi), die im Ind. als pur: piä erscheint. Nahe verwandt ist die Sippe von v i e l , s. d. Vollblut n. Während das Adj. v o l l b l ü t i g 'sanguineus' seit Stieler 1691 erscheint, wird V o l l b l u t erst seit Adelung und Krünitz greifbar. Dennoch ist das N. nicht aus dem Adj. rückgebildet, sondern Lehnübersetzung aus engl. full-blood, mit dem es die Beziehung auf die Pferdezucht teilt. Es bezeichnet die reine Abstammung von edlen, einst aus Arabien eingeführten Pferden mit gesichertem Stammbaum. vollends Adv. ersetzt seit dem 17. Jh. älteres v o l l e n d (-s wie in n i r g e n d s ) , das auf mhd. (ien)vollen zurückgeht. Dies ist aus in und erstarrtem Kasus des mhd. volle, ahd. follo m. 'Fülle' zus.-gerückt. Im Vorton ist die Präp. erst geschwächt, dann geschwunden: Behaghel 1923 Dt. Syntax 1, 607. vollkommen Adj. Zum mhd. Ztw. volkomen 'zum Ziel kommen' gehört das gleichlautende Part., das schon in mhd. Zeit in Bedeutungen wie 'ausgebildet, ausgewachsen, vollständig' zum Adj. wird. Entspr. entwickeln sich mnd. vul(len)komen, mnl. tml-, vulcomen; aus dem Mnd. entlehnt ist anord. fullkominn. — S. v e r v o l l kommnen. Vollmacht f . als Lehnübersetzung von lat. plenipotentia (das als P i e n i p o t e n z in alter Kanzleisprache eine Rolle spielt) seit 1372 (Germ. 28, 406): sollen dise gegenwertige bundnus und briefe in volmacht besten. Auch mnl. volmachte, mnd. vul(le)macht und das daraus entlehnte dän. fuldmagt zeigen die Einschränkung auf die Rechtsbed. 'einem andern erteiltes Ver-
voltigieren
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vorletzter
fügungsrecht', an der auch mlat. plenum posse *munctor 'Nase'; vgl. B l a n k e n e s e , schwed. näs 'Landzunge', große und kleine Nase am Vieru n d f r z . plein pouvoir t e i l n e h m e n . voltigieren schw. Ztw. Zu lat. volvere 'drehen' waldstätter See). gehört ital. volta, frz. volle f . 'Wendung', das als vorgestern Adv., zus.-gerückt aus vor Fachwort der Reit- und Fechtkunst im 17. Jh. g e s t e r n , löst in frühnhd. Zeit (Dasypodius zu uns gelangt. Dazu v o l t i e r e n 'mit dem Pferd, 1537 vorgestert) das alte egestern ab, s. g e s t e r n . beim Fechten Volten schlagen' und (entspr. dem vorhanden Adv. Adj., zus.-gerückt aus vor ital. volteggiare, frz. voltiger) v o l t i g i r e n seit H ä n d e n 'vor den Händen' mit dem alten Dat. 1612, v o l t i s i e r e n 1677. Plur. von H a n d wie a b h a n d e n . Zum Fehlen von P r ä p . , m h d . von(e), van, a h d . fon(a), fan(a), des Artikels vgl. dies und b e h e n d e . Aus dem asächs. afries. fan, fon, anl. fan, van. Die Formen Lutherischen Gebrauch „was dir für handen mit a sind kennzeichnend für das Md., Nd. und kommt" erwächst schon frühnhd. das präd. Adj. Nl., aber dem älteren Obd. nicht fremd; von „der Feind ist vorhanden". Attr. Verwendung ihnen ist offenbar auszugehen. Dem Ags.-Engl., mit adj. Flexion („der vorhandene Vorrath" Nord, und Got. fehlt die Präp., die somit kein Adelung) nicht vor dem 18. Jh. Anord. fyrir Erbwort aus germ. oder vorgerm. Zeit darstellt. hyndum ist gleichen Ursprungs; dän. forhaanDurch südliche fona, fana mag *af vor dem den, schwed. förhanden beruht auf Entlehnung literarischen Zeitalter ersetzt worden sein: W. aus dem Nhd. Foerste, in Stammlers Aufriß, d. dt. Phil. III Vorhang s. Gardine. 1921. Man hat an Verwachsung aus germ. *af Vorhaut /. L e h n ü b e r s e t z u n g des l a t . praepu+ *ana gedacht. E. G. Graff 1837 Ahd. Sprach- tium, gr. akröbystla, das Wulfila ganz entsprechend schatz 3, 523: „Eine Ableitung von af . . . mit mit got. faürafilli wiedergibt. Die Wenzelbibel dem Suffix w scheint mir wahrscheinlicher als bietet vorhoul, ein Wörterbuch von 1466 vorhütly. eine Zus.-Setzung des af mit der Präp. ono." — Luther, der diese Vorgänger nicht kennt, setzt Die Lautgeographie zu 'von' bietet der Dt. V o r h a u t durch. Sprachatlas. Vorhut f . Die Spitze eines Heers heißt seit vor A d v . P r ä p . , m h d . m n d . vor(e), a h d . fora, dem 15. Jh. voriraber (Lexer, Mhd. Handwb. 3, asächs. for(a), far, anl. fore, afries. fara, fore, 483). Das ist noch Luthers Wort 1529 Weish. ags. for(e), anord. for-, got. faür Adv. Präp. 'vor, 12, 8 „sandtest für her deine vordraber", doch längs, für', faüra Adv. Präp. 'vor, vorn'. Außer- ist daraus schon 1493 (DWb. 11, 1, 942) die halb des Germ, entsprechen aind. pura, purdh Rückbildung V o r t r a b gewonnen, dem lat. 'vor', tochar. A pre 'außerhalb von', gr. päros praemissae cohortes entsprechend und sachge'vor, voran, früher.' Vgl. fern 1 , für, ver-, vor- mäß, solange die Spitze aus Reitern bestand. der. — Die Lautgeographie zu 'vor' bietet Mit veränderter Kriegsführung, sachlich wie der Dt. Sprachatlas. sprachlich unter frz. Einfluß, schiebt sich V o r h u t vorauf Adv. Unter den „gedoppelten Vor- (als Lehnübersetzung von avant-garde) an die wörtern" bei Schottel 1663 Ausführt. Arbeit Stelle, das Frisch 1741 und Adelung 1780 als 616. Urspr. 'voran und zugleich aufwärts' (im veraltet bezeichnen. Teller 1794 und Campe 1811 empfehlen es zur Erneuerung, die durch Sinn der Perspektive; vgl. das hohe Meer). vorder A d j . , m h d . vorder, a h d . fordaro örtlich Schiller, G. Keller und Treitschke gelingt: Kuh'voranstehend', zeitlich 'früher': ein alter Kom- berg 1933 Verschollenes Sprachgut 62. p a r . m i t E n d u n g idg. *-tero- (gr. -iero-), vgl. vorlaut Adj. heißen seit Mitte des 15. Jh. a n d e r . Zus.-Hang mit vor ist offenbar; vgl. Hunde, die vorschnell anschlagen (Laut geben): aind. pürva 'voran seiend; früher' neben purds, Herrn, v. Sachsenheim 93 Martin Du tuost recht pura 'vor' (s. vor). Dazu A l t v o r d e r n , f o r - als ein Hundt, der Mit Und vorlutt vor dem Jeger dern, fördern, Fürst. ist. Dieser Gebrauch in den weidmänn. FachVorfahr m. m h d . vorvar, m n d . vorvare, meist werken seit Döbel 1746 Jägerpract. 1, 6 verin der Mz. Dem nhd. - f a h r entspräche ahd. zeichnet. Seit Adelung findet er sich auf den -faro. A n o r d . gilt -jari in Englands-, Jörsalafari. Jäger übertragen, der voreilig im Angeben ist. Bis um 1800 steht die umfassende Bed. 'Vor- Von vorschnellem Handeln kaum vor Schiller gänger' voran; heute fast nur von den Menschen 1781 Räuber 4, 5 „Ich bin ein bißchen vorlaut vorausgegangener Geschlechter, den Voreltern gewesen, seit du weg bist", der dabei an seiner der einzelnen oder ganzer Völker. — N a c h - Mundart keinen Rückhalt fand: H. Fischer 1936 f a h r m., mhd. nächvar, geht ganz entsprechende Schwab. Wb. 6,1936. Seit dem 19. Jh. gern von Kindern. Wege. Vorgebirge n. Seit Duez 1642 als Lehnübervorletzter A d j . 'paenultimus', mit dem Klang setzung des lat. Promontorium, dies umgedeutet der Lateinschule bei Stieler 1691 „der Vorletzte a u s promuntürium (zu mungere ' s c h n e u z e n ' , sive ohnein der letzte". Der zweite Ausdruck
vorlieb
-
828
stimmt zu engl, last but one, dafür 1768 Der falsche Spieler 86 „letzter ohne einen". So auch Lessing. vorlieb s. f ü r l i e b n e h m e n . Vormund m. Mhd. vormunt (d) geht auf ahd. foramundo,
m h d . vormünde
auf a h d .
*foromunteo
zurück. Die Grundbed. 'Beschützer' ergibt sich aus Mund /., von da wird V. zum Rechtswort. Zuerst begegnet foramundo 'advocatus' in einer Emmeramer Glosse des 10. Jh. (Ahd. Glossen 2, 764), foremundus in Bamberger Urkunden von 1149/52; 1230 folgen Belege aus dem Hohenlohischen und Hildesheim. Der Sachsenspiegel trägt das Wort noch im 13. Jh. bis Lübeck, Augsburg und Breslau, danach fast über das ganze Sprachgebiet sowie ins Dan. (formyndere), Schwed. (förmyndare) und Lett. (verminderis). Das siegende Wort drängt gleichbed. G e r h a b auf das Bair.-Österr. zurück, M o m b e r auf den fränk. Westen, V o g t auf den Rhein, T r ä g e r auf den Südosten, P f l e g e r auf die Schweiz und Schwaben, T r a u h a i d e r auf Hessen: E. v. Künßberg 1926 Rechtssprachgeogr. 38 ff.; Kranzmayer 1933 Die Namen für den Vormund in den Mundarten von Bayern u. Österreich (in: Heimat u. Volkstum). vorn Adv. m h d . vorn(e), vornen, vornan ' v o r n '
und 'vor' in räuml. Sinn. Im Ahd. begegnet nur forna als gleichbed. Raumadverb: Ableitung zu germ. *for-, das auch in f ü r und v o r enthalten ist, s. d. vornehm A d j . , m h d . vürnmme,
md.
vornceme,
-neme: zu n e h m e n wie ( a n ) g e n e h m . Die Bed. legt nahe, an Lehnübersetzung von lat.praecipuus zu denken. Aus der Grundbed. '(aus einer Gruppe) hervorzunehmen' entwickeln sich 'hervorragend' und 'wichtig'. Die Verengung auf Geburt, Stand und Gesinnung ist neuzeitlich; das Adv. v o r n e h m l i c h hat sie nicht mitgemacht. Vorplatz, -saal m. Der Vorraum der städt. Mietwohnung, der unmittelbar hinter der Wohnungstür liegt und zu den Wohnräumen führt, hat in Teilen des österr. den Namen Vor h a u s bewahrt, der sonst im Veralten ist. Von Bremen bis Ingolstadt gilt strichweise V o r p l a t z , in Wiesbaden V o r r a u m , vorwiegend md. ist V o r z i m m e r , von Leipzig bis zum Vogtland und zur Lausitz herrscht Vor saal. Die Grenzen gegen Ä h r e n , F l u r , G a n g , K o r r i d o r usw. zieht Kretschmer 1918 Wortgeogr. 203 ff. Bestimmend ist, ob der Raum in der maßgebenden Zeit mehr gang-, platz-, saal- oder zimmerähnlichen Grundriß hatte. Alte Zeugnisse fehlen: die Sache ist erst im jungen Großstadthaus entwickelt; daher auch die Mannigfaltigkeit der Benennungen. vorsagen schw. Ztw. Das E i n s a g e n (so in Österreich) heißt in alter Schülersprache e i n -
-
Vorurteil
b l a s en (mit unheiliger Lehnübersetzung des Bibelworts inspirare), in Berlin und Leipzig v o r s a g e n . örtliche Sonderentwicklung kennt auch einschischpern, -zischeln, vorblasen, - k e i l e n : A. Götze 1909 Zs. f. d. Wortf. 11,249ff.; Eilenberger 1910 Pennälerspr. 64ff.; Kretschmer 1918 Wortgeogr. 563 f. Vorsicht /. urspr. gleichbed. mit V o r s e h u n g . Nachdem ein ahd. foresiht f., das bei Notker '(fürsorgende) Voraussicht' bedeutet hatte und wohl als Lehnübersetzung des lat. Providentia zu beurteilen ist, längst verklungen war und durch den mhd. Zeitraum allein vür-, vorsihtec und vür-, vorsihtecheit gegolten hatten, erscheint V o r s i c h t bei Duez 1664 als Rückbildung aus dem Adj.: Ruppel 1911 Rückbildung dt. Subst. 30 ff. Vorsitzer m. Dem nl. voorzitter entsprechend erscheint V o r s i t z e r 1788 in Goethes Egmont. 1811 wird es von Campe gebucht, tritt aber weiter hinter V o r s i t z e n d e r derart zurück, daß es 1892 Zs. d. dt. Sprachvereins 7, 14 als bedenkliche Neubildung gelten kann: Wh. Pf äff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 55. Gerade mit Hilfe des Sprachvereins hat es seither Boden gewonnen: W. Linden 1943 Dt. Wortgesch. 2, 386. vorsfindflutlich Adj. Zu lat. düuvium 'Sündflut' bildet das 16. Jh. ein antediluvianicus, das im Deutschen seit 1608 als a n t e d i l u v i a n i s c h erscheint: H. Schulz 1913 Fremdwb. 1, 37. Die Übersetzung v o r s ü n d f l u t i s c h weist Schoppe 1923 Germ.-rom. Mon. 11,184 aus Fischart 1588 nach, so daß der Ersatz bei uns früher erscheint, als das Fremdwort. V o r s ü n d f l u t h i g bei Campe 1813 Wb. z. Verd. 113 a mit Beleg aus Jean Paul 7, 37. Vgl. A. Gombert 1902 Zs. f. d. Wortf. 3, 161 f. Vortrab s. V o r h u t . Vortrag m. Aus dem schon mhd. vortragen 'vor Augen bringen; in Worten vorbringen' ist frühnhd. fürtrag rückgebildet: Eberlin v. Günzburg 1525 Schriften 2, 181 wa sy nit gnügsam fürtragen gotz wort, sol jnen nit glaubt werden, als yenen, die nit gnüg tun irem fürtrag. Die F o r m
V o r t r a g seit Schottel 1663 Ausführt. Arbeit 652. vorüber Adv. aus „vor etw. über" mit einem von der Präp. abhängigen Dativ. Die Zus.-Setzung kaum vor Luther, dessen Form furuber (nur im zus.-gesetzten Ztw.) bei Duez 1664 als fürüber wiederkehrt. Erst Stieler 1691 setzt v o r ü b e r an; in den Beispielen bietet er nur fürüber. Vorurteil n. In württemb. Rechtstexten von 1612 und 1557 (H. Fischer 1, 819) begegnet V o r u r t e i l im Gegensatz zu E n d u r t e i l . Die nhd. Bed. 'vorgefaßte Meinung' bietet unter sichtbarem Einfluß von lat. praeiudicium zuerst
Vorwand
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wach
Stieler 1691. Aus dem Rechtsbereich rückt das Behörden und Gebildeten, denen dabei p r ä Wort seit Musander 1739 Der Studente in s. p o n d e r i e r e n vorschweben mochte, üblich geProbejahren 65. worden; der Volkssprache allerorten fremd. Vorwand m. Als Lehnübersetzung von lat. Vorwurf m. Zwei verschiedene Bildungen. praetextus ist fürwand (H. Fischer 2, 1886) im Aus v o r w e r f e n (mhd. vürwerfen) rückgebildet Juristendeutsch des 15. Jh. entstanden. Die ist Vorwurf 'Tadel'; so seit Duez 1664. Als heutige Form kaum vor Kramer 1678. Entspr. Lehnübersetzung von gr.-lat. problema, lat. verhält sich vorwenden zu spätmhd. vürwen- objectum (s. G e g e n s t a n d ) bilden die Mystiker den und lat. praetexere als 'Vorwand gebrauchen', des 14. Jh. (Zeugnisse im Mhd. Wb. 3, 741) urspr. 'vorn anweben', Lat. texere bed. zugleich vürwurf, md. Vorwurf, das im Nhd. fortlebt. 'bauen, zimmern', was offenbar dem Übersetzer Folge ist ein Doppelsinn, getadelt von Gottsched den Gedanken an W a n d nahegelegt hat. 1733 Beitr. z. krit. Hist. 6, 253. Schönaich 1754 Vorwelt f . älter als Mit- und N a c h w e l t Neol. Wb. 370 nimmt den Tadel auf, ebenso (s. d.), stammt nach Adelung 4 (1801) 1312 von Adelung 1780 und Campe 1813 Wb. z. Verd. M. Opitz („Davon die Vorwelt nicht geredet 441b. Das Fortleben dieses Sinnes namentl. noch gehöret"). Recht belebt hat erst Klopstock in Künstlerkreisen, die (wenigstens in München) das Wort. Vorwurf 'Objekt' auf der zweiten Silbe bevorwiegen Ztw. junge Mischbildung aus v o r - tonen, wie E n t w u r f , hat Jean Paul durchgeh e r r s c h e n und ü b e r w i e g e n , noch 1801 von setzt: 1781 Lob der Dummheit 2,1, 311 Berend. Adelung als selten bezeichnet. Im 19. Jh. bei Wh. Pf äff 1933 Kampf um dt. Ersatzwörter 55 f.
w Waage f . (so seit 1927 zur Unterscheidung vom Wagen amtlich geschrieben) mhd. wäge, ahd. asächs. anl. wäga, ags. wieg, anord. väg: zur germ. Wz. *weg in W a g e n , wägen, Weg und wiegen. Die Sache lernen die Germanen in merowing. Zeit als röm. libra ohne Zunge und Schere kennen, s. Besemer. Waag als Fam.-Name erklärt sich über den häufigen Hausnamen „Zur Waage". Wabe f . m h d . wabe(n) m., ahd. waba f., wabo
m. 'Honigwabe'; dazu gleichbed. oberrhein. nürnb. Wift(i). Zu weben (s. d.), Grundbed. 'Gewebe' (s. Waffel). Das urspr. nur obd. und ostfränk. Wabe hat als durchsichtige Bildung das hauptsächl. md. und nd. Erbwort Roße