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German Pages 207 Year 1979
Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 19
Erwerbszurechnung kraft Status Eine romanistisch-rechtsvergleichende Untersuchung
Von
Wolfgang Krüger
Duncker & Humblot · Berlin
WOLFGANG KRÜGER
Erwerbszurechnung kraft Status
Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 19
Erwerbszurechnung kraft Status Eine romanistisch-rechtsvergleichende Untersuchung
Von Dr. Wolfgang Krüger
D U N C K E R
&
H U M B L O T / B E R L I N
D 6 Alle Rechte vorbehalten © 1979 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1979 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3 428 04430 4
Vorwort I m Vorwort zu seiner Untersuchung „Gesetzespositivismus i m Bereicherungsrecht" (Schriften zum Bürgerlichen Recht, Band 45, Duncker & Humblot, Berlin 1978) hat Kupisch auf die Bedeutung des römischen Rechts als Erkenntnisquelle für eine kritische Überprüfung unseres modernen positivierten Rechts hingewiesen. Die vorliegende Arbeit unternimmt den Versuch, dies an einem Beispiel zu unterstreichen. Die Untersuchung hat dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität i m Jahre 1978 als Dissertation vorgelegen. Sie wurde i m Oktober 1977 abgeschlossen. Literatur und Rechtsprechung konnten vereinzelt bis zum 30. Juni 1978 berücksichtigt werden. Mein aufrichtiger Dank gilt Herrn Prof. Dr. Kupisch, der die Arbeit angeregt und betreut hat. Ich verdanke ihm nicht nur viele konkrete Hinweise, die die Arbeit geprägt haben, sondern vor allem den Anstoß zur Beschäftigung m i t dem römischen Recht. Herrn Prof. Dr. Kiefner danke ich herzlich für die Übernahme des Korreferats und für wertvolle Anregungen, die ausnahmslos ihren Niederschlag i n der Arbeit gefunden haben. Herrn Ministerialrat a. D. Prof. Dr. J. Broermann b i n ich dankbar für die Aufnahme der Untersuchung i n die „Schriften zur Rechtsgeschichte". Ich widme die Schrift dem Gedenken an meinen Vater. Dortmund, i m März 1979
Wolf gang
Krüger
Inhaltsverzeichnis Einleitung I. Stellvertretung u n d Zurechnung k r a f t Status i m geltenden Recht
15
I I . Erwerb durch Gewaltabhängige i m römischen Recht; Möglichkeiten eines Strukturvergleichs beider Rechtseinrichtungen
17
Erster
Teil
Römisches Recht 1. Kapitel:
Einführung:
Der
Grundsatz
21
I. Der Grundsatz des Rechtserwerbs durch Gewaltabhängige
21
I I . Die potestas als Grundlage f ü r die Zurechnung I I I . Die Begründung der Zurechnungsregelung i n den Quellen 2. Kapitel:
Erbrechtlicher
Erwerb
durch
Gewaltunterworfene
23 25 26
I. Das iussum des paterfamilias als zusätzliches Erfordernis
26
I I . Die Bedeutung des iussum f ü r den Zurechnungsgedanken
27
I I I . Erwerbswille u n d scientia de suo iure
29
I V . Ergebnis
31
3. Kapitel:
Erwerb
durch Gewaltunterworfene
4. Kapitel:
Erwerb
durch einen Sklaven
5. Kapitel:
Erwerb
durch einen servus fugitivus
eines captivus
während
des Freiheitsprozesses
I. Die Problemlage
31 33 35 35
I I . Eigentumserwerb per mancipationem — per traditionem — Ulp. D. 47,8,2,25 (56 ad ed.)
35
1. Eigentumserwerb des dominus mittels traditio an den fugitivus?
36
2. Andere Deutungsmöglichkeiten des Textes
36
3. Möglichkeit der Interpolation: per traditionem — per mancipationem
39
4. Ergebnis
40
8
Inhaltsverzeichnis I I I . Pomp. D. 46, 3,19 (21 ad Sab.)
40
1. Erwerb einer Darlehensforderung durch den fugitivus 41 a) Eigentumserwerb am dargeliehenen Geld durch gutgläubige Konsumption 41 b) Darlehen oder Bereicherung? 43 c) Ergebnis 45 2. Eigentumserwerb des dominus mittels traditio an den fugitivus? a) Die Problemlage b) Gesichtspunkte, die gegen eine Übereignung an den dominus sprechen aa) Wegfall der Empfangsberechtigung bb) F u r t u m des Annehmenden aaa) Der Grundsatz bbb) Ulp. D. 46, 3,18 (41 ad Sab.) cc) Zwischenergebnis dd) U n w i r k s a m k e i t der f ü r die traditio erforderlichen Zweckabrede c) Der Schutz des Schuldners d) Ergebnis: k e i n Eigentumserwerb
45 45 47 47 48 48 49 54 54 55 61
I V . Jul. D. 46, 3, 34, 5 (54 dig.)
63
V. Der Zurechnungsgedanke
64
Zusammenfassung
(Kapitel
1—5)
6. Kapitel: Erwerb durch einen Nießbrnuchssklaven, und verpfändeten Sklaven
65 Gebrauchssklaven
I. Nießbrauchssklave u n d Gebrauchssklave
67 67
1. Der Grundsatz f ü r den Erwerb durch einen Nießbrauchssklaven (Erwerb ex operis servi und ex re fructuarii) 2. Bedeutung u n d Wirkungskreis der Geschäfte ex operis servi und ex re fructuarii bzw. usuarii a) ex re fructuarii bzw. usuarii b) ex operis servi c) Der f ü r die Zurechnung an den Nießbraucher bzw. Gebraucher entscheidende Gedanke
67 68 68 73 77
3. Nominatio u n d iussum
78
4. Erbrechtlicher Erwerb u n d Schenkung
79
5. Der Zurechnungsgedanke
80
I I . Pfandsklave 7. Kapitel:
Erwerb
82 durch einen zu treuen Händen übertragenen
Sklaven
I. Die Problemlage
85 85
I I . Erwerb des Gläubigers m i t der Folge der Anrechnung auf die Schuld — PS 2, 13, 2
86
I I I . Vermutungen über die Regelung der Fälle, i n denen ein Erwerb f ü r den Gläubiger m i t Anrechnung auf die Schuld fragwürdig ist
88
Inhaltsverzeichnis I V . Fiducia cum amico
90
V. Zusammenfassung und Ergebnis
91
8. Kapitel: Erwerb durch einen homo liber oder servus alienus bona fide serviens und durch ein vermeintliches Hauskind I. Die Problemlage
92 92
I I . Homo liber bona fide serviens
94
1. Bona fide servire
94
2. Die Grundregel des Erwerbs für den bona fide possessor (Erwerb ex operis hominis liberi u n d ex re bona fide possessoris) 100 3. Der homo liber als Erbe oder Schenkungsempfänger 100 a) Erb rechtlicher Erwerb 100 aa) Ausweitung des Erwerbs ex re bona fide possessoris? — Jul. D. 29, 2, 45, 4 (1 ad Urs. Fer.) 101 bb) Ausweitung des Erwerbs ex operis hominis liberi? — Pomp. D. 41, 1, 19 (3 ad Sab.) 105 cc) Ergebnis 109 b) Schenkung
109
I I I . Servus alienus bona fide serviens
110
I V . Der vermeintliche Haussohn 111 1. Hermog. D. 41, 2, 50 pr. (5 iur. epit.) und Pap. D. 41, 3, 44 pr. (23 quaest.) 111 2. Zweifel an der Stichhaltigkeit der Begründung Papinians . . . . 112 V. Der Zurechnungsgedanke
112
1. Faktisches Sklavenverhältnis
112
2. Faktisches Kindschaftsverhältnis
117
3. Die m i t dem öffentlichen Interesse begründete Entscheidung Papinians (D. 41, 3, 44 pr.) 118 Zusammenfassung
(Kapitel
6—8) Zweiter
121 Teil
Bürgerliches Recht (unter der Geltung des BGB) 1. Kapitel:
Besitzerwerb
durch einen Besitzdiener
I. Einführung I I . Die Voraussetzungen des Erwerbs I I I . Der Zurechnungsgedanke
123 123 124 126
1. Das soziale Abhängigkeitsverhältnis
127
2. Die Rechtsgrundlage der Abhängigkeit
128
3. Zusammenfassung V I . Besitzdiener — procurator omnium bonorum
132 133
10
Inhaltsverzeichnis V. Strukturvergleich m i t dem römischen Recht
2. Kapitel:
Erwerb
für denjenigen,
den es angeht
I. Einführung I I . Das Geschäft f ü r den, den es angeht
134 135 135 136
I I I . Die Schwierigkeit, das Geschäft für den, den es angeht, i n das Recht der Stellvertretung einzuordnen 137 1. Z u r allgemeinen Auffassung 137 a) K r i t i k an der Prämisse 138 b) Unvereinbarkeit m i t den Grundsätzen über das Zustandekommen v o n Verträgen 138 2. Z u m Erklärungsversuch v. Lübtows
140
3. Z u r Auffassung Cohns
141
4. Z u r Voraussetzung des Desinteresses des Vertragspartners
144
5. Zusammenfassung
145
I V . Der Vorschlag Bettermanns
146
V. Zurechnung k r a f t Status?
149
1. Der eigentliche G r u n d für das Bedürfnis nach unmittelbarer Zurechnung i n bestimmten Fällen 149 2. Keine Anerkennung dieses Zurechnungsgedankens durch das BGB 150 3. Die mittelbare Bedeutung dieses Gedankens
152
V I . Die Tradition des Verzichts auf das Offenkundigkeitsprinzip beim Eigentumserwerb durch Gehilfen 155 1. i m gemeinen deutschen Recht des 19. Jhdt
155
2. i m preuß. A L R
156
3. zu Beginn der Geltung des B G B
157
3. Kapitel: Erwerb des Mannes durch die Ehefrau, §1357 Abs.l α. F.; beiderseitige Berechtigung der Ehegatten durch den jeweils Handelnden, §1357 Abs.l n.F 158 I. Einführung
158
1. Die verschiedenen Fassungen des § 1357
158
2. § 1357 u n d der Gedanke der Stellvertretung
159
I I . Z u r 1. Fassung des § 1357
161
1. K e i n F a l l der gesetzlichen Stellvertretung
161
2. Die ratio legis a) Die allgemeine Auffassung b) Rechtfertigung der Zurechnung?
164 164 165
3. Zurechnung k r a f t Status a) Der M a n n als Haupt der Familie
166 166
Inhaltsverzeichnis b) Die Bedeutung des Statusverhältnisses für die Zurechnungsregelung 169 4. Die Bedeutung der F i k t i o n i n § 1357 Abs. 1
173
I I I . Z u r 2. Fassung des § 1357 ( = die durch das Gleichberechtigungsgesetz v o m 18. J u n i 1957 geänderte Fassung) 175 1. Kritische Stimmen zur Auffassung, die § 1357 als Stellvertret u n g begreift 175 2. Zurechnung k r a f t Status a) A u s w i r k u n g e n des Gleichberechtigungsgrundsatzes b) Reste einer Über- u n d Unterordnung von M a n n u n d Frau i n den gesetzlichen Regelungen c) Die Auffassung v o m M a n n als dem Haupt der Familie, gegründet auf die „natürliche Ordnung" d) Die Zurechnungsregelung i n dieser Sicht I V . Z u r Neufassung des § 1357 (in K r a f t seit dem 1. J u l i 1977)
176 176 178 178 179 180
1. Wegfall der noch bestehenden, die Ehefrau benachteiligenden gesetzlichen Regelungen 181 2. Die Rechtfertigung der neuen Zurechnungsregelung durch die Aufgabe des gesetzlichen Ehetypus' der Hausfrauenehe 182 3. Zurechnung k r a f t Status
183
Schlußbetrachtung
186
Literaturverzeichnis
192
Quellenregister
202
Abkürzungen a. a. Anf. aaO. AcP a. E. a. F. ALR Anm. Arch. giur. BayObLG Bd. Bern. BGBl. Β GHZ BT-Drucks. Bull. BVerfGE bzw. Cie. de off. Cie. de orat. ders. FamRZ h. L. h. M. idR. ieS. Ind. Itp. iSv. itp./Itp. Iura JDogmJb JuS JW JZ LB MDR m. E. N.
actio am Anfang am angegebenen Orte Archiv f ü r die civilistische Praxis ; Band u n d Seite am Ende alte Fassung Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 Anmerkung Archivio giuridico; Band u n d Seite Bayerisches Oberstes Landgericht Band Bemerkung Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Bundesgerichtshofes i n Zivilsachen; amtl. Sammlung; Band und Seite Bundestagsdrucksache Bullettino dell 'Istituto d i d i r i t t o romano (BIDR) ; Band u n d Seite Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts; amtl. Sammlung; Band u n d Seite beziehungsweise M. T u l l ü Ciceronis de offieiis M. T u l l i i Ciceronis rhetorica liberos de oratore très continens derselbe Zeitschrift f ü r das gesamte Familienrecht; Jahr u n d Seite herrschende Lehre herrschende Meinung i n der Regel i m engeren Sinne Index Interpolationum i m Sinne von interpoliert/Interpolation I V R A , Rivista internationale d i diritto romano e antico; Band u n d Seite Jherings Jahrbücher f ü r die Dogmatik des bürgerlichen Rechts; Band u n d Seite Juristische Schulung; Jahr u n d Seite Juristische Wochenschrift; Jahr und Seite Juristenzeitung; Jahr und Seite Lehrbuch Monatsschrift für Deutsches Recht; Jahr und Seite meines Erachtens Note
Abkürzungen η. F. NJW NRH Nw. o. OLG Pal. Phil. PS Rdn. RE
Recht RGZ RHD RIDA Rspr. S. seil. SDHI shv. str. sv. SZ TR u. UE vat. vgl. ZHR z.T.
13
neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift; Jahr u n d Seite Nouvelle revue historique de droit français et étranger; Band u n d Seite Nachweis (e) oben Oberlandesgericht/Entscheidungssammlung der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte; Band und Seite Palingenesia iuris civilis Philologus, Zeitschrift für das klassische A l t e r t u m ; Band u n d Seite Pauli sententiae receptae (Fontes iuris romani antejustiniani, I I S. 317 ff.; Florenz 1968) Randnummer Paulys Real-Encyclopädie der classischen A l t e r t u m s wissenschaft; neue Bearbeitung von Wissowa, K r o l l , Mittelhaus, Ziegler Das Recht; Jahr u n d N u m m e r der Entscheidung Entscheidungen des Reichsgerichts i n Zivilsachen; amtl. Sammlung; B a n d u n d Seite Revue historique de droit français et étranger; Band u n d Seite Revue internationale des droits de l'antiquité; Band und Seite Rechtsprechung Seite scilicet Studia et documenta historiae et iuris; Band und Seite sub hac voce streitig sub voce Zeitschrift der Savigny-Stiftung f ü r Rechtsgeschichte, romanistische Abteilung; Band und Seite Tijdschrift voor rechtsgeschiedenis; Band und Seite unten t i t u l i ex corpore U l p i n i a n i (Fontes iuris romani antejustiniani, I I S. 259 ff.; Florenz 1968) fragmenta vaticana (Fontes iuris romani antejustiniani, I I S. 461 ff.; Florenz 1968) vergleiche Zeitschrift f ü r das gesamte Handelsrecht u n d Wirtschaf tsrecht; Band u n d Seite zum T e i l
Einleitung I. Das Bedürfnis, am Hechtsverkehr m i t Hilfe Dritter teilnehmen zu können, w i r d i m geltenden Recht vornehmlich durch die Rechtsfigur der Stellvertretung 1 befriedigt. Man versteht darunter die Vornahme eines Rechtsgeschäfts, zum Beispiel eines Vertragsabschlusses, für einen anderen (den Vertretenen) m i t der Folge, daß dieser, nicht der Handelnde selbst (der Vertreter), Geschäftspartei wird 2 . Erforderlich ist dabei, daß der Stellvertreter die rechtsgeschäftliche Erklärung 3 i m Namen des Vertretenen und innerhalb der i h m zustehenden Vertretungsmacht abgibt 4 . Bei gewillkürter Stellvertretung beruht die Zurechnung der Rechtsfolgen an den Vertretenen auf dem Willen aller Beteiligten 5 : des Vertreters, der offenkundig machen muß, für den Vertretenen zu handeln; des Vertragspartners, der sich mit dieser Fremd Wirkung einverstanden erklärt, wenn er mit dem Vertreter kontrahiert; und des Vertretenen, insoweit er dem Vertreter Vollmacht erteilt hat®. Daneben können w i r — jedenfalls soweit es sich u m den Erwerb von Rechten oder rechtlich geschützten Positionen handelt — Fälle ausmachen, i n denen die Folgen rechtlich relevanten Handelns einem Dritten ähnlich wie einem durch einen Stellvertreter Repräsentierten zugerechnet werden, ohne daß die Voraussetzungen der Stellvertretung vorzuliegen brauchen: Obgleich der Handelnde nicht i m Namen des Dritten auftritt, w i r k t ein von i h m vorgenommener Erwerbsakt unmittelbar für den Dritten. Die Zurechnung erfolgt nicht kraft des darauf gerichteten Willens aller Beteiligten und beruht damit nicht auf dem Prinzip der Stellvertretung. Sie erscheint vielmehr — wie i m einzelnen zu zeigen sein w i r d — als Auswirkung einer besonderen, Merkmale der A b hängigkeit aufweisenden Stellung des Handelnden zu demjenigen, den die Wirkungen des Handelns treffen. Diese Erscheinung wollen w i r als 1
I m Sinn einer unmittelbaren, direkten Stellvertretung, w i e sie i n den §§ 164 ff. B G B geregelt ist. 2 Vgl. n u r Larenz, A T S. 473 f. (§ 30 I). 3 I m Gegensatz zum Boten gibt er dabei eine eigene Erklärung ab. 4 Vgl. § 164 Abs. 1 BGB. 5 Vgl. etwa v. Tuhr, I I 2 S. 337; Enneccerus/Nipper dey, S. 1115 (§18211). β Anders bei gesetzlichen Vertretern; hier ist nicht der W i l l e des Vertretenen ausschlaggebend, sondern das Gesetz schafft die Vertretungsbefugnis, meist aus Gründen der Fürsorge, nämlich w e i l der Vertretene nicht i n der Lage ist, rechtlich selbständig zu handeln; vgl. Müller-Freienfels, Vertretung S. 335 ff., 340; Fiume, S. 754 (§ 43, 3).
16
Einleitung
Erwerbszurechnung kraft Status bezeichnen. Dabei verstehen w i r Begriff Status i n einem weiten Sinn, als Zustand einer spezifischen hängigkeit, meist einer Über- und Unterordnung, oft auch einer gliederung der Erwerbsperson i n den Haushalt oder Betrieb des rechnungssub j ekts 7 .
den AbEinZu-
Relativ deutlich zeigt sich diese Konstellation i m Fall des Besitzerwerbs durch einen Besitzdiener. Da die Stellvertretung auf rechtsgeschäftliches Handeln beschränkt ist, scheidet sie hier schon begrifflich aus8. Aber auch die Grundidee der Zurechnung ist eine andere. Den Besitz erwirbt der Besitzherr nach allgemeiner Auffassung nicht, weil der Besitzdiener diese Rechtsfolge w i l l und dies beim Ergreifungsakt zum Ausdruck bringt. Grund für die Zurechnung des Besitzerwerbs ist vielmehr das besondere, weithin als „soziale Abhängigkeit" bezeichnete Verhältnis zwischen Besitzherr und Besitzdiener. Das Gesetz (§ 855 BGB) ordnet bei Sachen, an denen der Besitzdiener i m Rahmen dieses Verhältnisses die tatsächliche Sachherrschaft ausübt oder ergreift, den Besitz nicht ihm, sondern dem Besitzherrn zu. Bei einem weiteren Fall, der allerdings durchweg der Stellvertretung zugeschlagen wird, kann bezweifelt werden, ob die Zurechnung sich auf den Willen der beteiligten Personen gründet: beim Geschäft für den, den es angeht. Hier läßt die h. L. die Folgen rechtsgeschäftlichen Handelns, insonderheit den Erwerb des Eigentums aufgrund Barkaufs, bei demjenigen eintreten, „den es angeht", obwohl der Handelnde nicht i n dessen Namen tätig wird. Zwar hat er den inneren Willen, für jemand anderen Rechtsfolgen herbeizuführen; doch ob dies ausreicht, die Zurechnung mittels Stellvertretung zu begründen, ist sehr fraglich, zumal der Geschäftspartner des Handelnden von der beabsichtigten Fremdw i r k u n g nichts weiß 9 . Sieht man, daß die einschlägigen Fälle i n aller Regel dadurch gekennzeichnet sind, daß der Handelnde in einem abhängigen Dienstverhältnis zum Geschäftsherrn steht 10 , so kann man auch hier erwägjen, ob sich eine Zurechnung nicht eher auf diesen objektiven Umstand einer speziellen Abhängigkeit stützen läßt als auf den Gedanken der Stellvertretung 1 1 . 7 Vgl. Flume, S. 774 (§ 44 I I 2 d) ; i n einer ähnlichen Bedeutung begegnet der Begriff Status i m sog. Statusverfahren der §§640 ff. ZPO (das Gesetz spricht von Verfahren i n Kindschaftssachen), vgl. Gernhuber, S. 280 f. (§45 15). 8 A l l e i n bei § 854 Abs. 2 B G B hat die Einigung über den Besitzübergang rechtsgeschäftlichen Charakter u n d k a n n folglich auch durch Stellvertreter nach den §§ 164 ff. B G B vorgenommen werden. 9 K r i t i k an der Lehre v o m Geschäft f ü r den, den es angeht, übt daher z.B. Flume , S. 765 ff. (§44 I I ) ; auch Larenz, A T S.490f. (§30 I I b). 10 Wenngleich dieser Umstand f ü r die Lehre vom Geschäft für den, den es angeht, nicht notwendige Voraussetzung ist. 11 Vgl. Flumç, S. 774 (§ 44 I I 2 d).
Einleitung
A u f ein Handeln i m fremden Namen, m i t h i n auf ein für die Stellvertretung charakteristisches Merkmal verzichtet auch die Vorschrift des § 1357 BGB („Schlüsselgewalt"), und zwar sowohl i n der jetzigen, seit dem 1. J u l i 1977 gültigen Form wie auch i n der früheren, durch das Gleichberechtigungsgesetz vom 18. J u n i 1958 bereits einmal modifizierten Formulierung. Die (in allen Fassungen vorg|esehene) Fremdw i r k u n g des Handelns läßt sich m i t dein Grundgedanken der Stellvertretung kaum erklären 1 2 . Z u überlegen ist aber, ob nicht diese Rechtsfolge — jedenfalls soweit es sich u m die Überleitung der Berechtigung aus Geschäften handelt, die i n den Rahmen des § 1357 BGB fallen — auf dem engen personenrechtlichen Verhältnis der Ehegatten beruht. Die einseitige Berechtigung (und Verpflichtung) des Mannes aus Schlüsselgewaltsgeschäften der Frau, wie sie die alten Fassungen des § 1357 BGB vorsahen, findet eine auffällige Entsprechung i n der Beurteilung des Verhältnisses zwischen Mann und Frau i n der Ehe: Zumindest zur Zeit der Schaffung des BGB wurde der Mann als das Haupt der Familie angesehen, dem die Entscheidungen i n Fragen des ehelichen Lebens zustanden 13 . Eine Abhängigkeit der Frau i n weiten Bereichen war die Folge. Der Gedanke, daß das Eheverhältnis, das Züge von Über- und Unterordnung aufweist, die Zurechnung trägt, liegt nicht fern. Die jetzige Regelung, wonach beide Ehegatten aus Geschäften „zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie" jeweils sich und den Ehepartner berechtigen (und auch verpflichten), wäre i n dieser Sicht nur eine Anpassung der Zurechnungsregelung an das gewandelte Ehe Verständnis: die beiderseitige, nunmehr gleichgewichtige ehespezifische Abhängigkeit von Mann und Frau korrespondiert m i t einer wechselseitigen Zurechnung. II. Eine Zurechnung kraft besonderen Statusverhältnisses, wie sie i n den aufgeführten Fällen möglicherweise zugrundeliegt, scheint i m römischen Recht üblich gewesen zu sein. Weder die altrömische noch die klassische Zeit kennt eine der modernen direkten Stellvertretung vergleichbare Rechtsfigur 14 . I n weiten Bereichen wurden aber ähnliche Er12
Diese gleichwohl v o r allem f ü r die erste Fassung vertretene Ansicht (vgl. hier n u r Enneccerus/Kipp/ Wolff, I I 1 S. 153 [§ 43]) stieß nach der Änderung durch das Gleichberechtigungsgesetz zunehmend auf K r i t i k (vgl. etwa Gernhuber, S. 171 [§ 19 I I I 1]) u n d w i r d sich nunmehr nichit mehr vertreten lassen (vgl. n u r Henrich, S, 47 [§ 8 I I 2 b]). 13 Vgl. hier n u r § 1354 Abs. 1 B G B ; der damalige Text lautete: Dem Manne steht die Entscheidung i n allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort u n d W o h nung. 14 Vgl. n u r Käser, I S. 260 ff. (§62); zuletzt Claus m i t einer Übersicht über die Gründe, die hierfür vermutet werden (S. 9 ff.). Z u den Ausnahmen vgl. Kunkel, RP S. 101 (§ 58, 1). Z u allem auch Käser, Romanitas 9, 333 ff. ( = Ausgew. Schriften I I , 247 ff.). 2 Krüger
18
Einleitung
gebnisse auf gänzlich anderer Grundlage erzielt. Erwerbsgeschäfte konnte der paterfamilias durch seine Gewaltunterworfenen tätigen: alles, was diese an Rechten erwarben, erwarben sie direkt und unmittelbar ihm, unabhängig davon, ob sie einen dahingehenden Willen hatten und zum Ausdruck brachten 15 . Nach allgemeiner Auffassung beruht diese Regelung auf dem Gewaltverhältnis zwischen Handelndem und paterfamilias: Der Status der Gewaltabhängigkeit bedingt die Zurechnung des Rechtserwerbs an den Gewalthaber 18 . Ist es hiernach i m römischen Recht ein Verhältnis totalen Unterworfenseins, das die Zurechnung begründet, so sind es i m geltenden Recht Beziehungen partieller und nicht so weitgehender Abhängigkeit, die die Fremdwirkung des Handelns rechtfertigen könnten. Die Grundidee ist aber — wie es scheint — die gleiche. Von daher bietet sich ein Vergleich beider Rechtsordnungen an m i t dem Ziel, die Strukturen dieses Zurechnungprinzips, das von dem Gedanken der Stellvertretung zu unterscheiden ist, deutlich zu machen. Dazu gilt es, die Zurechnungskriterien i m römischen Recht, so wie es uns vor allem aus klassischer Zeit überliefert ist, herauszuarbeiten und auf ihre Brauchbarkeit auch für moderne Fallgestaltungen zu überprüfen. Welche Grundgedanken lassen sich hierbei ausmachen, die sowohl i m antiken wie i n den angesprochenen Fällen des heutigen Rechts die Zurechnung tragen können? Diese Fragestellung beeinflußt die Auswahl der i m römischen Recht untersuchten Fälle 1 7 . Entscheidend ist nicht eine — prima facie — möglichst nahe Verwandtschaft eines Falles des römischen Rechts, i n dem der Zurechnungsgedanke zum Ausdruck kommt, zu einer Regelung der heutigen Rechtsordnung 18 . Bei der Suche nach den Grundstrukturen des Erwerbs durch Gewaltunterworfene muß es uns vielmehr darauf ankommen, solche Fallgestaltungen näher zu beleuchten, von denen erwartet werden kann, daß i n ihnen der Zurechnungsgpdanke besonders deutlich wird. Beruht die Zurechnung der Erwerbsgeschäfte, die Ge15 Rechtsgeschäftlich verpflichtet werden konnte der paterfamilias nach ius civile nicht. Unter bestimmten Voraussetzungen erteilte allerdings der Prätor dem Vertragspartner des Gewaltabhängigen analoge Klagen gegen den paterfamilias. Vgl. hierzu Käser f I S. 264 (§62 IV). Siehe auch noch u. T e i l 1, Kap. 2, I I . 16 I n ähnlicher Weise konnte der paterfamilias durch seine Gewaltunterworfenen Besitz erwerben. Gegenüber dem Rechtserwerb galten allerdings Besonderheiten; fraglich ist auch, ob das Gewaltverhältnis hier ebenfalls die Grundlage f ü r die Zurechnung bietet; vgl. dazu zuletzt Benöhr, Besitzerwerb. 17 Erster T e i l der Arbeit. 18 M a n könnte hier etwa daran denken, den Besitzerwerb durch Gewaltabhängige i m klassischen römischen Recht zu untersuchen, u m damit den Besitzerwerb durch einen Besitzdiener i m geltenden Recht zu vergleichen.
Einleitung
19
waltabhängige tätigen, auf dem Gewaltverhältnis, so ist zu erwarten, daß Veränderungen oder Störungen des Statusverhältnisses Auswirkungen auf die Zurechnung haben. So können gerade anscheinend problematische Fälle die für die Zurechnung entscheidenden Kriterien sichtbar machen 19 . Die Untersuchung wendet sich daher vor allem den Fällen zu, i n denen Bedenken bestehen, ob zwischen möglichem Erwerber und Erwerbsmittler ein Gewaltverhältnis gegeben ist. Dabei können die Bedenken ihren Grund i n tatsächlichen und/oder rechtlichen Umständen haben: Wie ist es etwa, wenn der paterfamilias die tatsächliche Herrschaft über einen Sklaven verloren hat, wie ist es, wenn ein Sklave u m seine Freiheit streitet und i n dieser Zeit rechtlich pro libero behandelt wird? Welchen Einfluß hat es auf die Erwerbsgrundsätze, wenn die aus der Herrschaftsgewalt fließenden Befugnisse zum Teil auf einen Dritten übertragen werden 20 ? Inwieweit und m i t welcher Begründung findet eine Zurechnung statt, wenn das Herrschaftsverhältnis nur zum Schein besteht 21 ? A n denen aus der Beschäftigung m i t diesen (und weiteren) Fragen für das römische Recht gewonnenen Ergebnissen orientiert sich die anschließende Untersuchung der angeführten Fälle des modernen Rechts 22 . Es bedarf keiner näheren Ausführungen, daß die Rechtsordnungen, die hierbei zueinander i n Beziehung gesetzt werden, trotz vieler wesensverwandter Züge 23 ganz erhebliche Unterschiede aufweisen. Erwähnt seien nur die sozialen Grundlagen sowie die Entwicklungsstufen beider Rechtsordnungen, die es ausgeschlossen erscheinen lassen, daß die für das römische Recht gefundenen Zurechnungskriterien unmittelbar auf den heutigen Rechtszustand übertragen werden können. W i r werden aber sehen, daß der Gedanke der Zurechnung kraft Gewaltverhältnisses, der i m römischen Recht — aus moderner Sicht — die Lücke nicht existierender Stellvertretung teilweise ausfüllte, auch i n einem hochentwickelten modernen Recht, das die Stellvertretung kennt, imstande 19 Es ist somit auch nicht eine möglichst lückenlose Behandlung der einschlägigen Quellen u n d der i n den Zusammenhang gehörenden Fragen beabsichtigt. — I m Vordergrund der Untersuchung stehen Fälle des Erwerbs durch Sklaven, da sie i n den Quellen am häufigsten begegnen. Der Erwerb durch die gewaltabhängige Ehefrau k a n n vernachlässigt werden, da die manus-Ehe bereits i m letzten Jahrhundert der Republik außer Gebrauch geriet, später n u r noch vereinzelte Ausnahme w a r (vgl. Käser, I S. 323 f. [§ 76 I I ] ; vernachlässigt w i r d auch — infolge der nicht sehr zahlreichen Quellen — der Erwerb durch i m mancipium stehende Freie). E i n Erwerb durch Hauskinder w i r d i n geringerem Maße Gegenstand der Untersuchung sein. 20 A n einem Sklaven w i r d beispielsweise ein Nießbrauch bestellt oder er w i r d verpfändet. 21 Z. B. beim homo liber bona fide serviens. 22 Zweiter Teil. 23 Infolge der Entwicklung vieler Rechtsinstitute des B G B aus dem r ö m i schen Recht.
2*
20
Einleitung
ist, Probleme der Zurechnung von Erwerbsgeschäften — i n abgewandelter Form freilich — zu lösen. Damit erschließt sich uns keine grundlegend neue Erkenntnis, sondern w i r exemplifizieren nur einen von der Rechtsvergleichung als wesentlich erkannten Gedanken, daß es nämlich auch i n ganz unterschiedlichen Rechtsordnungen gleichgelagerte Verhältnisse m i t vergleichbaren Bedürfnissen geben kann, für die das jeweilige Recht völlig voneinander verschiedene oder aber auch i m Wesen gleichstrukturierte Regelungen bereit halten kann 2 4 . Es lohnt daher auch, moderne Rechtseinrichtungen m i t antiken zu vergleichen 25 , sofern sich der Vergleich auf Grundstrukturen beschränkt und die Verschiedenheiten der Rechtsordnungen berücksichtigt.
24 Vgl. Dölle, Inchieste d i d i r i t t o comparato I I (Ziele und Methoden der Rechtsvergleichung) S. 123 ff., 132. 25 „Vertikale Rechtsvergleichung", vgl. dazu Zweigert jKötz, I S. 8 f.
Erster
Teil
Römisches Recht 1.
Kapitel
Einführung: D e r Grundsatz I . D e r G e w a l t eines p a t e r f a m i l i a s u n t e r w o r f e n 1 w a r e n 1. d i e u n t e r seiner potestas Stehenden 2 , n ä m l i c h l e i b l i c h e K i n d e r b e i Bestehen g ü l t i g e r E h e (Gai. 1, 88) u n d A d o p t i v k i n d e r (Gai. 1, 97/98) s o w i e S k l a v e n (Gai. 1, 52); 2. d i e E h e f r a u b e i m a n u s - E h e 3 (Gai. 1, 108); 3. die i m m a n c i p i u m S t e h e n d e n (Gai. 1, 116) 4 . Sie a l l e w a r e n eigener V e r m ö g e n s r e c h t e n i c h t f ä h i g 5 u n d k o n n t e n d a h e r f ü r sich nichts e r w e r b e n . Das v o n i h n e n v o r g e n o m m e n e E r w e r b s g e s c h ä f t w a r aber n i c h t gegenstandslos, s o n d e r n ä u ß e r t e seine W i r k u n g e n i n d e r P e r s o n des p a t e r f a m i l i a s 8 . 1 Die Terminologie hat sich i m Laufe der Jahrhunderte gewandelt, vgl. Käser, I S. 56 ff. (§12); siehe auch Kunkel RP S. 63 f. (§37, 3). I n klassischer Zeit w u r d e wahrscheinlich w i e i m Text folgt unterschieden. 2 Die Hauskinder (natürliche oder adoptierte) standen unter der Familienoder väterlichen Gewalt (patria potestas), siehe dazu Kunkel, RP S. 289 f. (§ 184), Schulz, Prinzipien S. 134 ff.; bei Sklaven sprach man n u r von potestas, vgl. Käser, I S. 57 (§ 12 I). Vgl. Paul. D. 50, 16, 215 (lib. sing, ad leg. Fuf. Can.): Potestatis verbo plura s i g n i f i c a n t u r : . . . , i n persona liberorum patria potestas: i n persona servi d o m i n i u m rell. — Siehe auch noch u. I I . 3 Hier wurde der die Herrschaftsmacht unterstreichende Begriff der potestas vermieden; i n manu esse bezeichnete die Gewalt über die hauseigene Ehefrau; vgl. Käser, I S. 57 (§ 12 I 1), auch zur ursprünglichen Bedeutung von manus; dazu auch Kunkel, RP S. 63 (§ 37, 3). 4 Dazu Schulz, Prinzipien S. 135; Käser, I S. 57 (§ 12). 5 Gai. 2, 87: . . . ; ip9e enim, q u i i n potestate nostra est, n i h i l suum habere potest; . . . — Auch das peculium, das der paterfamilias seinem Sohn oder Sklaven gewähren konnte, blieb rechtlich Vermögen des Vaters; der Gewaltabhängige wurde also nicht beschränkt vermögensfähig (vgl. Käser, I S. 64 [§14 I V 4] u. S. 114 [§29 I V 2]; Kunkel, RP S.64f. [§37, 3 b]). Allerdings ging die soziale u n d wirtschaftliche Ansehung seit alters her dahin, das pecul i u m als Eigenvermögen des Gewaltunterworfenen zu betrachten, vgl. hierzu Käser, I S. 114 (§ 29 I V 2) u. S. 287 f. (§ 67 I I I 5). Seit der Kaiserzeit vollzog sich i n dieser Richtung auch rechtlich behutsam die Entwicklung, ausgehend v o m peculium castrense, vgl. Käser, I S. 344 (§82 I V 4); Kunkel, RP S.291f. (§ 185). 6 Gai. 2, 86/87/90; U E 19, 18; den unmittelbaren Rechtsübergang bezeugt Ulp. D. 29, 2, 79 (2 ad leg. Iul. et Pap.): Placet, quotiens adquiritur per a l i quem hereditas v e l quid aliud ei cuius quis i n potestate est, confestim adq u i r i ei cuius est i n potestate, neque momento aliquo subsistere i n persona eius per quem adquiritur et sic adquiri ei cui adquiritur. Vgl. auch Käser, I S. 261 ff. (§ 62).
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1. T e i l : Römisches Recht
Dabei kam es nicht darauf an, für wen die Gewaltunterworfenen beim Erwerb handelten 7 ; regelmäßig war auch nicht entscheidend, ob der Gewalthaber vom Erwerb wußte oder nicht 8 . Der Erwerb durch Gewaltabhängige w a r sowohl bei formlosen 9 als auch bei förmlichen Erwerbsakten möglich 10 . Dabei stehen die Formeln, z. B. „ . . . meum esse a i o . . ( b e i der mancipatio) oder „ . . . m i h i dari s p o n d e s n e . . ( b e i der stipulatio), der Wirksamkeit des Geschäfts nicht entgegen, obgleich doch der paterfamilias nicht genannt w i r d 1 1 und die Behauptung sachlich falsch ist: der Gewaltunterworfene (meum, mihi) ist nicht berechtigt und kann es auch gar nicht sein bzw. werden. Lediglich i m Wege der i n iure cessio konnten sie dem paterfamilias nichts erwerben 12 . Denn der Rechtserwerb w i r d hier i n einem prozessualen Verfahren herbeigeführt, an dem der Gewaltabhängige mangels Partei- und Prozeßfähigkeit nicht teilnehmen kann 1 8 . Die Zurechnung des Erwerbs an den paterfamilias läßt sich als das Ergebnis einer Entwicklung auffassen. Es w i r d angenommen, daß ursprünglich die familia 1 4 — damit ist hier gemeint die Gemeinschaft der dem paterfamilias unterworfenen Freien 15 — Trägerin des Vermögens war 1 6 , wobei der paterfamilias kraft seiner Stellung das ausschließliche Verwaltungs- und Verfügungsrecht darüber besaß17. M i t dieser schon 7 Vgl. n u r Käser, I S. 262 (§62 I I I 1); f ü r den Erwerb per stipulationem durch Sklaven siehe Florent. D. 45, 3, 15; Jul. D. 45, 3, 1. 8 Vgl. Käser , I (o. A n m . 7). * Schon i n der Frühzeit; vgl. Käser, I S. 64 (§ 14 I V 5). 19 Vgl. Käser, I S. 64 (§ 14 I V 5) u. A n m . 39 m i t weiteren Nachw., S. 262 (§ 62 I I I 1). 11 Vgl. Gai. 2, 87; siehe auch Käser, I S. 65 (§14 I V 5); ausführlich Eisele, SZ 26, 66 ff., 80 ff.; siehe auch Gai. 3, 167/167 a, woraus sich ergibt, daß der paterfamilias genannt werden kann. 12 Gai. 2, 96; Paul. vat. 51; vgl. n u r Käser, I S. 262 (§ 62 I I I 1). 13 F ü r den Sklaven: Gai. D. 50, 17, 107: cum servo n u l l a actio est; vgl. Käser, ZPR S. 148 (§28 I I ; auch zum Unterschied zwischen Partei- und Prozeßfähigkeit). Z u den Ausnahmen bei freien Gewaltabhängigen Käser, aaO. Das Fehlen der Parteifähigkeit ergibt sich daraus, daß der Abhängige k e i n Vermögen haben k a n n (Gai. 2, 96: n i h i l suum esse possit). Das hindert zwar nicht sein Auftreten i n einem sonstigen förmlichen Verfahren (vgl. o. vor A n m . 11), w o h l aber sein Auftreten i m Prozeß, da er n i h i l suum esse in iure vindicare possi(n)t (Gai. 2, 96), vgL Eisele, SZ 26, 66 ff., 82. 14 Z u den vielfältigen Bedeutungen dieses Begriffes siehe Käser, I S. 50 ff. (§ 11), 58 ff. (§ 13); Sohm / Mitteis / Wenger, S. 500 ff.; Kunkel, RP S. 62 f. (§ 37,
1/2).
15 Kunkel, RP S. 63 (§37, 1/2): die Ehefrau bei manus-Ehe, natürliche u n d adoptierte Kinder, sowie deren Frauen (wiederum bei manus-Ehe) u n d K i n der u n d i m mancipium stehende Freie. 16 Nicht zur familia (in dieser Bedeutung) zählten die Sklaven, sie waren selbst Vermögensobjekt). 17 Kunkel, RP S. 64 (§37, 3 b) unter Hinweis auf Gai. 2, 157: . . e t vivo quoque parente quodam modo domini existimantur (seil, sui heredes) ; . . u n d
1. Kap.: Einführung: Der Grundsatz
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zu Lebzeiten bestehenden Mitberechtigung der unter der Hausgewalt stehenden Familienmitglieder w i r d gemeinhin auch der unmittelbare Erbschaftserwerb der sui heredes nach dem Tode des paterfamilias erklärt 1 8 . I n dieser Zeit w i r d man sich sowohl den paterfamilias als auch die übrigen Familienmitglieder i n einer A r t Organstellung vorzustellen haben 19 . Das Handeln dieser Organe w i r k t e unmittelbar für die familia. Diese Wirkung trat auch ein, wenn zum Hausverband gehörende Sklaven Erwerbsgeschäfte tätigten. Später scheint die Berechtigung des paterfamilias — ausgehend von der ausschließlichen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis — als Alleineigentum an dem gesamten Hausvermögen verstanden worden zu sein 20 . Geblieben ist der Organgedanke i m Hinblick auf die übrigen Familienmitglieder und die Sklaven, allerdings i n dem Sinn, daß ihnen nunmehr die Rolle des Werkzeugs für den Gewalthaber und Alleineigentümer zukommt 2 1 . II. Als das entscheidende Kennzeichen, das die Grundlage für die Zurechnung des Erwerbs darstellt, w i r d allgemein die hausherrliche Gewalt angesehen22, also die grundsätzlich unumschränkte Herrschaft des paterfamilias über die seinem Hausverband angehörenden Freien und Unfreien 23 . A n dieser Vollgewalt hat sich i m Prinzip über die Jahrhunderte bis i n klassische Zeit nichts geändert 24 , wenngleich es seit jeher und i m Laufe der Zeit i n zunehmendem Maße Beschränkungen dieser Gewalt gegeben hat 2 5 . Sie bedeutet i n ihrer am weitestreichenden Ausprägung Recht über Leben und Tod der Gewaltunterworfenen 2 ®. Das Paul. D. 28, 2, 11 (2 ad Sab.): . . q u i etiam v i v o patre quodammodo domini e x i s t i m a n t u r . . . Vgl. auch Käser, Eigentum u n d Besitz S. 4 m i t Nachw. i n A n m . 8. le Vgl. n u r Käser, I S. 64 (§ 14 I V 3). 19 Käser, I S. 261 f. (§ 62 I I I 1). 20 Vgl. Kunkel, RP S. 64 (§ 37, 3 b). 21 Käser, I S. 64 (§ 14 I V 5); I I S. 583 (Nachtr. zum 1. Band, § 62 II). Ob die Entwicklung sich i n dieser Weise vollzogen hat, ist letztlich ungewiß (vgl. Käser, I S.64, bestimmter auf S. 261 [§62 I I ] ) ; daß solche Vorstellungen aber bestanden haben u n d zur E r k l ä r u n g des Erbschaftserwerbs der sui heredes herangezogen wurden, ist durch die i n A n m . 17 angeführten Stellen verbürgt. 28 Dies w i r d als Selbstverständlichkeit meist gar nicht betont; vgl. etwa Käser, I S. 262 (§62 I I I ) ; f ü r den Erwerb durch Sklaven ausdrücklich: Wieacker, I u r a 12, 371; Salkowski, S. 3; für alle Gewaltunterworfenen vgl. Sachers, RE 22, 1142; siehe auch Wenger, Hausgewalt S, 35; Käser, Romanitas 9, 333 ff., 334 ( = Ausgew. Schriften I I , 247 ff., 248). 23 Kunkel, RP S. 64 (§ 37, 3 a), S. 289 (§ 184, 1). 24 Käser, I S. 341 (§ 82 I / I I ) . 25 So gab es sakrale Strafdrohungen bei mißbräuchlicher Handhabung der Gewalt, später die Sittenaufsicht des Zensors; w e i t e r h i n t r u g eine fortschreitende Verselbständigung der Hauskinder u n d der Ehefrau zu einer Beschränk u n g der Gewalt bei; vgl. zu allem Käser, I S. 61 f. (§ 14 II), S. 341 f. (§ 82 I / I I ) ; Sachers, RE 22, 1062 ff.
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1. Teil: Römisches Recht
Züchtigungsrecht und das ius vendendi sind weitere Befugnisse, die dem paterfamilias aufgrund seiner Hausgewalt zustehen 27 . Die Unfähigkeit der Gewaltunterworfenen, eigenes Vermögen zu haben 28 , beruht ebenfalls auf der potestas des paterfamilias: er allein ist Inhaber der privaten Rechte und schließt die seiner Gewalt Unterworfenen hiervon aus. Der Zusammenhang zwischen potestas und Rechtserwerb durch Gewaltabhängige w i r d deutlich. Wenger 29 formuliert anschaulich: „Die väterliche Gewalt absorbiert allen Erwerb, den faktisch der Sohn macht.. Λ Die Gewalt über Hauskinder und Ehefrau ist eine familienrechtliche, d. h. die patria potestas anerkennt Familienbeziehungen. Diesem familienrechtlichen Status entspricht es, daß die sachenrechtlich anmutenden Befugnisse, die der paterfamilias über Ehefrau und Hauskinder hat, abgebaut werden 30 . Anders die potestas über die Sklaven, welche vollkommen rechtlos sind: hier bedeutet das Herrschaftsverhältnis Eigentum 3 1 ; i n tatsächlicher Hinsicht äußert es sich darin, daß die Sklaven vom dominus besessen werden 82 . Sie werden also i n vermögensrechtlicher Hinsicht wie Sachen behandelt 33 . Sie können z.B. Gegenstand der mancipatio, traditio oder vindicatio sein 34 . Sie sind Handelsware und haben einen Marktpreis 3 5 . 26 lus vitae necisque; schon seit alters her i n bezug auf Freie an gewisse Voraussetzungen gebunden, gelangte dieses Recht i n der Prinzipatszeit außer A n w e n d u n g (Käser, I S. 342 [§82 I I 2]); gegen Mißbräuche bei Sklaventötungen schreitet m a n auch seit der Kaiserzeit ein (Käser, I S. 285 f. [§ 67 I I 3]); zu allem auch Sachers, (s. Anm. 25); Rabel, Grundzüge S. 20 ff. 27 Vgl. Kunkel, RP S. 290 (§ 184, 4); Käser, I S. 61 (§ 14 I); auch hier gab es seit jeher Einschränkungen: beim ius vendendi i n bezug auf Hauskinder schon i n vorklassischer Zeit (Käser, I S. 342 [ 82 I I 2]), ein Verkauf der Ehefrau w a r sogar schon i n ältester Zeit ungebräuchlich, w i e überhaupt die soziale Stellung der Ehefrau u n d M u t t e r seit jeher dazu geführt hat, daß i n tatsächlicher Hinsicht die ehemännliche Gewalt eingeschränkt w a r (Kunkel, RP S. 279 [§ 176, 2]). 28 Siehe schon ο. I. 29 Hausgewalt S. 35. 80 V o m ius vendendi w a r schon die Rede, vgl. o. bei A n m . 27; der Schutz der patria potestas, der ursprünglich m i t der vindicatio verfolgt wurde, w i r d später einem speziellen prätorischen Verfahren überantwortet, vgl. n u r K ä ser, I S. 342 (§ 82 I I I ) . 81 Vgl. Käser, I S. 113 (§ 29 I I I ) , S. 284 f. (§ 67 II). 32 Auch die hauseigenen K i n d e r werden i m Besitz des paterfamilias gestanden haben; bei der Ehefrau (vgl. schon o. A n m . 27) u n d den i m Manzip i u m stehenden Freien dürfte der Besitz verneint worden sein; vgl. zu allem Benöhr, Besitzerwerb S. 33 ff. 33 Dazu, daß sie i n anderer Hinsicht auch w i e Personen behandelt werden, siehe Käser, I S. 285 (§ 67 I I 2). 34 Vgl. Käser, I S. 113 (§ 29 I I I ) . « 5 Vgl. Westermann, RE Suppl. 6, 943 ff., 969 ff., 994 ff., 1010 ff.
1. Kap.: Einführung: Der Grundsatz
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I n sklavenähnlicher Stellung befinden sich die manzipierten Hauskinder 36 . I I I . I n den Quellen finden w i r keine direkte Aussage des Inhalts, daß das Gewaltverhältnis die Grundlage für die Zurechnung des Erwerbs durch die sub potestate Stehenden darstellt. Das spricht aber nicht gegen die Richtigkeit der allgemeinen Auffassung, die von einem solchen Zusammenhang zwischen Zurechnung und potestàs ausgeht 37 . Die Frage nach der Grundlage der Zurechnung ist eine Frage nach der Systematik der rechtlichen Regelung. Sie entspringt einem Bedürfnis nach systematischer Erfassung und Gliederung des Rechts, das zwar unserer heutigen Rechtswissenschaft, nicht aber der römischen eigen ist 3 8 . So darf es nicht verwundern, daß sich zwar eine solche Regelung herausgebildet hat, der Grund für die Regelung und das Prinzip, auf dem sie beruht, aber nicht zum Gegenstand juristischer Diskussion gemacht wird. Das bedeutet nicht, daß die Regelung nicht von einer inneren Systemat i k getragen wird, nur w i r d dies nicht von den römischen Juristen eigens untersucht und festgestellt 39 . Nach Salkowski 40 soll sich die Bedeutung der potestas für die Zurechnung des Rechtserwerbs aus Gai. 1, 52/54 und 2, 88 ablesen lassen 41 : Gai. 1, 52 I n potestate itaque sunt servi dominorum. quae quidem potestas iuris gentium est: n a m apud omnes peraeque gentes animadvertere possumus dominis i n servos vitae necisque potestatem esse, et i n quodcumque per servum adquiritur, i d domino adquiritur.
Gai. 1, 54 . . . n a m qui n u d u m ius Q u i r i t i u m i n servo habet, is potestatem habere non intellegitur. 36
Dazu Kunkel, RP S. 290 (§ 184, 4). Vgl. schon ο. bei A n m . 22. 38 Erst i m 2. Jhd. v. Chr. sind nennenswerte Anfänge systematischen Denkens i n der römischen Rechtswissenschaft zu beobachten (vgL Käser, Methode S. 68 ff., Kunkel, RP S. 21 ff. [§14], Schulz, Geschichte S.73ff.), gefördert — w i e man a n n i m m t — durch griechische Einflüsse (vgl. n u r Käser, S. 67 f.). Dabei hatte m a n es jedoch nie, auch i n klassischer Zeit nicht, auf eine systematische Erfassung des gesamten juristischen Stoffes (Käser, S. 70) abgesehen. Schulz, S. 154: „Jeder moderne Bearbeiter des römischen Rechts t u t gerade das, was die Klassiker geflissentlich unterlassen haben zu t u n : er reduziert die Kasuistik auf abstrakte Prinzipien." Vgl. auch Käser, Studi Biondi I S. 97 ff., 100. 39 Vgl. Koschaker, Europa u. d. röm. Recht S. 90 A n m . 5. 40 S. 3. 41 Es ist bezeichnend, daß Anhaltspunkte zu dieser Frage noch am ehesten bei dem i m allgemeinen als Schuljurist bezeichneten Gaius (vgl. n u r Käser, Methode S. 71; grundlegend Fuhrmann, S. 104 ff., 183 ff.) zu finden sind, dessen Institutionen schon eine gewisse Systematik erkennen lassen (Käser). 37
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1. Teil: Römisches Recht
Gai. 2, 88 D u m tarnen sciamus: si alterius i n bonis sit servus, alterius ex iure Q u i r i t i u m , ex omnibus causis ei soli per eum adquiri, cuius i n bonis est.
Es w i r d aus dem ersten Text deutlich, daß Gaius einen Zusammenhang zwischen der Gewalt über den Sklaven und der Möglichkeit des Rechtserwerbs durch i h n sieht. Sie erscheint als Ausprägung der potestas, so wie auch das ius vitae necisque daraus fließt. Daß Gaius allerdings die potestas ausdrücklich als das die Zurechnung rechtfertigende Moment bezeichnet, w i r d man der Stelle nicht entnehmen können. Aus Gai. 1, 54 folgt, daß derjenige, der nur quiritischer Eigentümer eines Sklaven ist, i h n aber nicht auch i n bonis hat, nicht als Inhaber der potestas angesehen wird. Wenn dann der Jurist (2, 88) erklärt, daß ein Sklave, der i m quiritischen Eigentum des einen und i m bonitarischen des anderen steht, nur dem bonitarischen Eigentümer erwirbt, so liegt auch hier der Schluß nahe, daß die potestas entscheidende Bedeutung für die Zurechnung hat. Eine ausdrückliche Bestätigung dieser A n nahme, etwa als Begründung für die i n 2, 88 getroffene Entscheidung, fehlt freilich auch hier. Es w i r d unsere Aufgabe sein, die Zusammenhänge zwischen Gewaltverhältnis und Zurechnung von Erwerbsgeschäften Gewaltunterworfener sichtbar zu machen, u m zu zeigen, daß — wenn auch von den römischen Juristen so nicht ausgesprochen — hier der Schlüssel zum Verständnis des Zurechnungsprinzips liegt. 2. Kapitel Erbrechtlicher Erwerb durch Gewaltunterworfene I. I m allgemeinen ist es beim Rechtserwerb durch Gewaltabhängige nicht erforderlich, daß der Gewalthaber von dem Erwerbsgeschäft Kenntnis hat 1 . Anders ist dies, wenn der Gewaltabhängigje dem paterfamilias durch A n t r i t t einer Erbschaft erwerben soll 2 . Ist er als Erbe durch Testament eingesetzt, so vermag er die Erbschaft — sofern er nicht zugleich freigelassen w i r d — dem Grundsatz entsprechend nur 1 Siehe o. Kap. 1, I ; anders — jedenfalls nach h. M. — beim Besitzerwerb durch Gewaltabhängige; vgl. dazu z. B. Benöhr, Besitzerwerb S. 83 ff.; anders Nicosia , L'acquisto del possesso passim, vor allem S. 87 ff.; dazu Wieacker, I u r a 12, 371 ff. 2 Beim Erbschaftserwerb unterscheidet m a n zwischen den sui heredes, die als necessarii m i t dem Tode des Erblassers (wie i m geltenden Recht gem. § 1922 BGB) ohne weiteres die vererblichen Rechte (und Pflichten) erwerben, u n d den extranei heredes, die nicht automatisch erwerben, sondern die E r b schaft erst durch Annahme (adire hereditatem) ihrem Vermögen einverleiben. Vgl. zu allem Käser, I S. 713 ff. (§ 174); naturgemäß ist n u r bei der zweiten A r t Raum f ü r einen Erwerb durch Gewaltabhängige.
2. Kap.: Erbrechtlicher Erwerb durch Gewaltunterworfene
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d e m p a t e r f a m i l i a s z u e r w e r b e n , jedoch auch dies n u r d a n n , w e n n dieser v o n d e m E r w e r b K e n n t n i s u n d einen eigenen E r w e r b s w i l l e n hat. E r m u ß i h m n ä m l i c h z u m A n t r i t t d e r E r b s c h a f t sein i u s s u m e r t e i l t h a b e n 3 . D i e K o n s e q u e n z dieses Erfordernisses zeigt a u f : Jav. D . 29, 2, 62,1 (1 ex poster.
Lab.)
Si servus heres institutus post iussum domini, antequam adiret, alienatus esset, n o v u m iussum posterions domini, non iussum prioris exigitur. D e r v o n seinem H e r r n z u m E r b s c h a f t s a n t r i t t angewiesene S k l a v e w i r d , b e v o r e r sie a n t r i t t , v e r k a u f t . E r b e n ö t i g t e i n neues i u s s u m des neuen dominus4. I I . D e r G e d a n k e l i e g t nahe, h i e r e i n e n S c h r i t t i n R i c h t u n g a u f S t e l l v e r t r e t u n g i m m o d e r n e n S i n n 5 z u v e r m u t e n , scheint doch d e r W i l l e des p a t e r f a m i l i a s — z u m A u s d r u c k gebracht d u r c h s e i n i u s s u m — w i e b e i d e r S t e l l v e r t r e t u n g v o n entscheidender B e d e u t u n g f ü r die Z u r e c h n u n g z u sein 6 . E i n e andere E r k l ä r u n g d ü r f t e jedoch eher einleuchten. U l p i a n n e n n t als G r u n d f ü r dieses zusätzliche E r f o r d e r n i s b e i m E r b schaftserwerb d u r c h G e w a l t a b h ä n g i g e : Ulp. D. 29, 2, 6 pr. (6 ad
Sab.)
Q u i i n aliena est potestate, non potest i n v i t u m hereditati obligare eum i n cuius est potestate, ne aeri alieno pater obligaretur. Es s o l l also v e r m i e d e n w e r d e n , daß d e r G e w a l t h a b e r gegen seinen W i l l e n m i t Schulden, d i e e r j a auch e r b e n k ö n n t e , b e l a s t e t w i r d 7 . D i e 3 U E 19, 19; Gai. 2, 87: . . e t ideo si heres institutus sit, nisi nostro iussu hereditatem adire non potest; et si iubentibus nobis adierit, hereditas nobis adquiritur, proinde atque si nos ipsi heredes i n s t i t u t i essemus; . . Dieser T e x t t e i l w i r d häufig als nachklassische Ergänzung angesehen (z. B. Kniep, Gai inst. I I , 1 S. 35, A n m . 2; Solazzi, Glosse I I S. 395; Beseler, TR 10, 161 ff., 222; gegen die vorgebrachten sprachlichen Bedenken David / Nelson, S. 299; m i t m. E. einleuchtender Argumentation wendet sich Lenel, SZ 50, 1 ff., 6 f. gegen die Verdächtigungen); auch die K r i t i k e r des Textes leugnen nicht die klassische H e r k u n f t des sachlichen Gehalts. 4 Z u r Bedeutung des iussum vgL auch Paul. D. 29, 2, 92: ohne iussum: n i h i l actum esse. Die Möglichkeit des Erbschaftserwerbs durch einen Sklaven w a r i m übrigen wahrscheinlich nicht von vornherein anerkannt: bei Gai. D. 28, 5, 31 pr. (17 ad ed. prov.) heißt es: „ . . .introducta est". 5 Beschränkt allerdings auf Gewaltabhängige als Vertreter. 6 Das umso mehr, w e n n es richtig sein sollte, daß der Gewaltunterworfene die Erbschaft n u r förmlich (per cretionem) antreten konnte (vgl. n u r Dulckeit, S. 115 m i t A n m . 2 [weit. N w J ) u n d das iussum des Gewalthabers i n der Formel Erwähnung finden mußte (siehe Dulckeit, S. 119 A n m . 5): w e n n dies auch noch kein Handeln i m fremden Namen ist, so k o m m t dadurch doch die Fremdbezogenheit des Handelns zum Ausdruck. 7 Vgl. auch Bonfante, Corso 6 S. 193 f.; Solazzi, dir. ered. 2, 84ff.; ob „ne a e r i . . . obligaretur" itp. ist (wie Beseler, Beitr. 3, 16 a n n i m m t ; vgl. auch Solazzi), mag dahinstehen, da der Gedanke auch dem übrigen Text zu entnehmen ist.
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1. Teil: Römisches Recht
zusätzliche Voraussetzung des iussum erscheint danach weniger als Besonderheit des Rechtserwerbs durch Gewaltabhängigje; sie liegt vielmehr darin, daß die Regelung beim Erberwerb von dem Grundsatz abweicht, daß Gewaltunterworfene den paterfamilias iure civile nicht verpflichten können 8 . Bei anderen Rechtsgeschäften kann nämlich der Gewaltabhängige den paterfamilias selbst mit dessen Einwilligung nicht verpflichten, während er ihn beim Erbantritt m i t seinem iussum zum Schuldner machen kann. Die Regelung läßt sich damit als Kompromiß auffassen zwischen dem Grundsatz, daß jeder von einem Gewaltunterworfenen getätigte Rechtserwerb ohne Rücksicht auf Wissen und Wollen des dominus automatisch diesem zufällt, und der Regel, daß er durch seine Gewaltabhängigen iure civile nicht verpflichtet werden kann. Soll bei der Gesamtrechtsnachfolge, bei der ja A k t i v a und Passiva zusammen übergehen 9 , ein Gewaltunterworfener als Erwerbsorgan eingeschaltet werden, widerstreiten beide Grundsätze einander. Deswegen ganz auf eine M i t w i r k u n g von Gewaltabhängigen beim Erbantritt zu verzichten, mochte aus praktischen Gründen untunlich sein, zumal die Belange des dominus i n anderer Weise berücksichtigt werden konnten: Ein Erbantritt von Gewaltunterworfenen m i t unmittelbarer Wirkung für und gegen den paterfamilias w i r d zugelassen aber von dessen iussum abhängig gemacht. W i r haben hier augenscheinlich eine auf dem Veranlassungsprinzip beruhende Zurechnung von Verpflichtungen, die w i r auch i m prätorischen Recht bei der actio quod iussu und den actiones institoria und exercitoria erkennen können 10 . Gerade bei diesen Klagen w i r d deutlich, daß sich die Entwicklung einer solchen Zurechnung ohne den Gedanken der Stellvertretung vollziehen kann. Denn abgesehen davon, daß der paterfamilias i n diesen Fällen nicht nach ius civile verpflichtet wird, sondern sich nur dem Druck des Prätors beugen muß, w i r d nicht die Leistungspflicht allein auf i h n bezogen, sondern sie t r i t t neben die des Handelnden 11 . Bei einer Stellvertretung wäre allein der paterfamilias als Vertretener verpflichtet. Beim Erbschaftsantritt kann allerdings nur der paterfamilias verpflichtet werden, da diese Verpflichtung an die Berechtigung des Erben gebunden ist und diese wiederum nur i h m zukommen kann. Würde man Verpflichtung und Berechtigung als Erbe wie bei anderen Rechtsge8 Vgl. f ü r die Sklaven Gai. D. 50, 17, 133 (8 ad ed. prov.): Melior condicio nostra per servos f i e r i potest, deterior fieri non potest. — Siehe auch schon ο. Einl. A n m . 15. 9 Vgl. n u r Kunkel, RP S. 308 (§ 194, 2). 10 Vgl. hierzu Rabel, Grundzüge S. 187 ff.; Kunkel, RP S, 103 (§59, 3); beide sprechen hier von „Ermächtigungsgedanken". 11 Beim servus ist dies allerdings eine Naturalobligation; vgl. Käser , I S. 481 (§ 113 II).
2. Kap.: Erbrechtlicher Erwerb durch Gewaltunterworfene
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Schäften, ζ. B. dem Kaufvertrag, trennen können, hätte die Regelung für den Erbschaftsantritt durch Gewaltunterworfene nicht i n besonderer Weise ausgestaltet zu werden brauchen. Die Berechtigung hätte normal erworben, die Verpflichtung nach prätorischem Recht behandelt werden können. So w i r d auch beim Erbschaftsantritt nicht die Vertretung i m Willen, also ein die Stellvertretung charakterisierendes Merkmal, der tragende Gesichtspunkt sein, sondern das Statusverhältnis der Gewaltabhängigkeit. Dieses rechtfertigt den Rechtserwerb, der aber nur eintreten kann, wenn damit verbundene Verpflichtungen aufgebürdet werden können. Letzteres erscheint dann als tragbar, wenn der paterfamilias den Erwerb veranlagt hat. Wäre hier den römischen Juristen der Gedanke an eine Stellvertretung i m modernen Sinn gekommen, so wäre nicht recht verständlich, wieso er nicht für andere Erwerbsfälle fruchtbar gemacht wurde. Der Veranlassungsgedanke ist nämlich für die Zurechnung von Verpflichtungen durchaus weiter nutzbar gemacht worden: Die actiones institoria und exercitoria wurden auch gewährt, wenn Freie als institor bzw. exercitor tätig waren 1 2 . Noch weiter geht die berühmte von Papinian überlieferte entsprechende Anwendung dieses Gedankens auf den procurator 13 . I I I . Der wirksame A n t r i t t einer Erbschaft setzt voraus, daß der A n tretende neben dem Willen zu erwerben die zweifelsfreie Kenntnis von seiner Berufung als Erbe hat 1 4 . Bei einem Erbschaftsantritt durch Gewaltunterworfene stellt sich daher die Frage, ob diese subjektiven Voraussetzungen, der Erwerbswille und die scientia de suo iure, i n der Person des Gewalthabers oder (auch) i n der Person des Gewaltabhängigen vorliegen müssen 15 . M i t diesem Problem hängt die weitere Frage zusammen, welche Antretungsform dem Gewaltunterworfenen zu Gebote stand. N i m m t man m i t der wohl h. M. an, er konnte nur förmlich, d. h. m i t der cretio, antreten 16 , und geht man weiterhin davon aus, daß die cretio als Formalakt lediglich durch ihre Form w i r k t 1 7 , so ist die Folgerung nicht ganz fernliegend, daß subjektive Momente beim Antretenden ohne Belang sind, Erwerbswille und scientia de suo iure also i n der 12
Vgl. Gai. 4, 71. Vgl, Pap. D. 14, 3, 19 pr. — Wenn es richtig ist, daß bei Einsetzung des Gewaltunterworfenen der dominus gar nicht selbst antreten konnte (vgl. Schulz, SZ 33, 37 ff., 66), so scheint die Kompromißlösung geradezu eine N o t wendigkeit f ü r einen wirksamen Erbschaftsantritt überhaupt zu sein. 14 Vgl. Käser, I S. 716 (§ 1751). — Letzteres fehlte z. B., w e n n er i r r i g U m stände annähme oder auch n u r f ü r möglich hielte, die den Erbfall oder sein Erbrecht ausschlössen. 15 Siehe dazu Schulz, SZ 33, 37 ff., 66; Dulckeit, S. 117, 124 ff. 16 Siehe Dulckeit, S. 115 m i t weit. N w . i n A n m . 2. 17 Dulckeit, S. 119. 13
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1. T e i l : Römisches Recht
Person des Gewalthabers vorliegen müssen 18 . Die Quellen lassen allerdings nicht zweifelsfrei erkennen, welche Antretungsart den Gewaltunterworfenen zur Verfügung stand, so daß die h. M. auf Indizien beruht 1 9 . Zweifelt man an der Richtigkeit der h. M und hält man es für möglich, daß der Gewaltunterworfene auch durch pro herede gestio antreten konnte 2 0 , so liegt es nahe, daß bei der Auslegung des Verhaltens auf den Willen und die scientia des Handelnden selbst abzustellen ist 2 1 . Bei unbefangener Betrachtung der Quellen findet diese Auffassung immerhin eine Stütze i n Maec. D. 36, 1, 67 pr. 2 2 und Ulp. D. 29, 2, 30, 7 23 . A u f eine Auseinandersetzung m i t diesen schwierigen Fragen muß i m Rahmen dieser Untersuchung verzichtet werden. Sie würde eine Behandlung des allgemeinen Problems bedingen, ob subjektive Merkmale wie scientia, dolus, error bei Rechtsgeschäften, die von Gewaltunterworfenen für den paterfamilias vorgenommen werden, i n der Person des Handelnden oder i n der des paterfamilias vorliegen bzw. fehlen müssen, wenn sie für die Wirksamkeit des Geschäfts von Bedeutung sind 24 . Es handelt sich dabei u m Einzelfragen, die mehr auf die Durchführung der römischrechtlichen Zurechnungsregelung abzielen und deren Beantwortung weniger Aufschluß geben kann über die Grundlagen der Z u rechnung, die sie tragenden Kriterien, wenngleich eine Untersuchung dieses Problems die Stellung der Hilfspersonen bei diesem Erwerb m i t zu charakterisieren geeignet sein mag. Nicht zulässig erscheint es m i r allerdings, umgekehrt zu argumentieren: Weil der Gewaltunterworfene „bloßes Erwerbsorgan" ist, kann — speziell jetzt für den Erbschaftsant r i t t — ein Erwerbswille auf seiner Seite gar nicht i n Betracht kommen, 18
So Dulckeit, S. 119 u n d S. 124 ff. Vgl. etwa Kniep, Gai inst. I I , 2 S. 336 zu Ulp. D. 29, 2, 25, 7; Schulz, SZ 43, 171 ff., 179 N. 4 zu Paul. D. 29, 2, 93, 2; Gai. 2, 189 beweist m. E. f ü r die h. M. nichts, vgl. Lévy-Bruhl, N R H 38, 151 ff., 159 N. 2. 20 So Lévy-Bruhl , (s. A n m . 19). 21 Vgl. Dulckeit, S. 119. 22 (5 fideicomm.) : . . . atquin i n bonorum possessione v e l i n adeunda hereditate consensus eius (seil, servi) necessarius e s t . . . — Diejenigen, die W i l l e n u n d Wissen des paterfamilias f ü r entscheidend halten, müssen diesen T e x t für itp. halten. Vgl. Dulckeit, S. 117, A n m . 1 m i t weit. N w . 23 (8 ad Sab.): Scientia autem v e l opinio, si filius familias vel servus instit u t i sunt, u t r u m ipsorum an domini v e l patris aeeipienda sit? finge patrem putasse praegnatem, f i l i u m certum esse fìngere et sic adire, an adquirat hereditatem? puto adquirere: sed contra non adquirere. — Es geht u m die K e n n t nis davon, daß keine Schwangerschaft vorliegt. Diese Kenntnis w a r erforderlich, damit der proximus a f i l i o postumo heres w i r k s a m antreten konnte, vgl. Dulckeit, S. 152, der auch diesen Text f ü r itp. hält; ebenfalls Schulz, SZ 33, 37 ff., 67, der aber den sachlichen Gehalt f ü r echt hält. Schulz, S. 66 n i m m t v o m Ausgangspunkt der h. M. (Gewaltunterworfene können n u r m i t der cretio antreten, vgl. SZ 43, 171 ff., 179 N. 4) an, daß gleichwohl die subjekt i v e n Voraussetzungen i n der Person des Cernierenden vorliegen müssen. 24 Z u diesem infolge der Qellenlage schwierigen Problem: Schulz, SZ 33, 37 ff.; zuletzt Benöhr, SZ 87, 123 ff. 19
. Kap.: Erwerb durch Gewaltunterworfene
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sondern nur auf Seiten des paterfamilias 25 . Das hieße, mit einem Begriff zu argumentieren, der verkürzt das Verhältnis bezeichnen soll, das gerade i n Frage steht, also erst noch Konturen gewinnen soll. I m übrigen ist es auch gerade nicht immer so, daß bei dem i n der Person des Gewaltunterworfenen geforderten gültigen Erwerbsakt 2 8 lediglich eine „äußere Ordnungsmäßigkeit" dieses Aktes 2 7 gemeint ist. Bei einem Konsensualvertrag beispielsweise muß sich der handelnde Gewaltabhängige selbst m i t dem Vertragspartner entsprechend einigen, damit der Rechtserfolg auf den paterfamilias bezogen werden kann. Daß er „bloßes Erwerbsorgan" ist, steht dem nicht entgegen, g]enausowenig, w i e ich meine, i m Falle des Erbschaftsantritts 28 . IV. Als Ergebnis bleibt festzuhalten, daß die Besonderheiten beim Erbschaftsantritt durch Gewaltunterworfene keinen Schluß darauf zulassen, daß ein anderes K r i t e r i u m als das Gewaltverhältnis für die Zurechnung i n Frage kommt. 3. Kapitel Erwerb durch Gewaltunterworfene eines captivus Gerät ein paterfamilias i n Kriegsgefangenschaft, so w i r d er auch nach römischem Recht als Sklave des Feindes angesehen1. Für unsere Fragestellung ist es von Interesse, wie sich dies auf die Beurteilung der Erwerbsgeschäfte auswirkt, die ein Gewaltunterworfener des captivus vornimmt. Die Regelung w i r d beherrscht durch das ius postliminii. Danach bleiben zunächst alle Rechtsverhältnisse des captivus, u. a. also auch die potestas, die i h m über die Hausangehörigen zusteht, i n der Schwebe*. Folglich kann auch ein von einem Gewaltunterworfenen getätigtes Erwerbsgeschäft dem gefangenen paterfamilias nicht zugerechnet werden. Die endgültige Beurteilung der Rechtsverhältnisse hängt davon ab, ob der captivus unter den Voraussetzungen des ius postliminii zurückkehrt oder nicht. I m letzteren Fall — ζ. B. wenn er i n der Gefangenschaft 25
So aber Dulckeit, S. 117. Vgl. Schulz, SZ 33, 37 ff., 66. 27 Wie Dulckeit, S. 153 A n m . 1, meint. 28 D a m i t ist nicht gesagt, daß auch hier die subjektiven Merkmale i n seiner Person begründet sein müssen; n u r läßt sich das Gegenteil nicht damit begründen, daß er „bloßes Erwerbsorgan" ist. 1 Jul. D. 49, 15, 22, 2 (62 dig.): q u i i n hostium potestate est. 2 Gai. 1, 129: pendet ius. Vgl. Käser, I S. 290 (§ 68 I I 2), Mitteis, RP S. 128 ff. Z u den Rechtsverhältnissen, die von dem Schwebezustand nicht erfaßt w e r den, sondern m i t der Gefangennahme erlöschen, vgl. Kaden, I u r a 2, 253 ff., 255. 26
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1. Teil: Römisches Recht
stirbt oder freiwillig beim Feind bleibt — geht der Schwebezustand i n einen dauernden Rechtsverlust über 3 . Das Gewaltverhältnis ist unwiderruflich erloschen, eine Zurechnung von Erwerbsgeschäften ist endgültig ausgeschlossen. Kehrt er dagegen unter den Voraussetzungen des ius postliminii zurück 4 , so w i r d die frühere Rechtslage wiederhergestellt, so als ob er nie captivus gewesen wäre 5 : Pomp. D. 49, 15, 5, 1 (37 ad Quint
Muc.)
. . . postliminium habet, i d est perinde omnia restituuntur ei iura, ac si captus ab hostibus non esset...
M i t Hilfe dieses Gedankens gelangt man also dazu, es so anzusehen, als habe der captivus seine Rechte nie verloren®. Auch ein zwischenzeitlich durch Gewaltabhängige getätigter Rechtserwerb w i r d dem paterfamilias zugerechnet, als habe er nie i n Gefangenschaft gelebt: Paul. D. 45,1,11
(2 ad Sab.)
Filius d u m i n civitate est si stipuletur, p a t r i reverso ab hostibus videtur adquisisse.
Jul. D. 49, 15, 22, 1 (62 dig.) . . . porro quaecumque servi captivorum stipulantur v e l accipient, adquiri dominis intelleguntur, cum postliminio r e d i e r i n t . . Λ
Auffallend ist, daß beide Quellen nicht schlicht von adquirere domino sprechen, sondern das Ergebnis m i t intellegi bzw. videri beschreiben 8. Das kann bedeuten, daß damit der communis opinio der Juristen zu dieser Frage Ausdruck gegeben werden sollte. Vielleicht spiegelt sich aber auch die Methode, m i t der das Ergebnis erzielt wird, i n der For3 Z u r Frage, ob hierbei eine Rückbeziehung des Rechtsverlusts auf den Zeitpunkt der Gefangennahme stattfindet oder der Schwebezustand durch den endgültigen Rechtsverlust abgelöst w i r d , vgl. Mitteis, RP S. 131 m i t weit. N w . Möglicherweise waren die Ansichten kontrovers, vgl. Gai. 1, 129: . . . sed u t r u m ex hoc tempore, quo mortuus est apud hostes parens, an ex ilio, quo ab hostibus captus est, d u b i t a r i potest. 4 Z u den Voraussetzungen vgl. Mitteis, RP S. 129 ff. 5 Vgl. auch Kreller, RE 22, 868 f. « Vgl. Kreller, SZ 69, 172 ff., 187; Käser, I S.290 (§68 I I 2); Mitteis, RP S. 130 A n m . 15. — Es mag dahinstehen, ob es sich dabei — w i e zum Teil angenommen w i r d , vgl. Pernice , I S. 378; Kreller; ders. RE 22, 868 fï., 869 — u m eine F i k t i o n handelt oder ob (ohne daß die Gefangenschaft hinwegfingiert wird) beide Fälle, der des nach ius postliminii zurückgekehrten u n d der des nie i n Gefangenschaft geratenen paterfamilias, — modern ausgedrückt — analog behandelt wurden; denn der Grundgedanke f ü r die Regelung bleibt der gleiche; auch die F i k t i o n beruht auf einer Gleichbewertung ungleicher Tatbestände, vgl. dazu n u r Esser, Rechtsfiktionen S. 29; Demelius, Rechtsfiktion S. 76, 86, 89, 91. 7 F ü r Unechtheit Beseler, SZ 45, 209. 8 Die Ausdrucksweise begegnet i m gleichen Zusammenhang auch noch i n Jul. D. 49, 15, 22, 2.
4. Kap.: Erwerb durch einen Statusprozeßsklaven
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mulierung wider. Sowohl videri als auch intellegi sind häufig Ausdrucksmittel dafür, die rechtlich wertende Beurteilung eines Sachverhalts zu beschreiben, vor allem i n den Fällen, i n denen die Rechtsfolge dadurch gefunden wird, daß die rechtliche Bewertung eines anderen, vergleichbaren Sachverhalts auf den zu entscheidenden übernommen wird 9 . Videri und intellegi bedeuten dann „gelten" 1 0 , „vermittels des Erkenntnisvermögens etwas verstehen, zur Einsicht von etwas gelangen, etwas unter etwas verstehen" 11 . Gerade darum geht es auch hier 1 2 : der Fall, daß ein dominus i n Gefangenschaft gerät aber unter den Voraussetzungen des ius postliminii zurückkehrt, soll die rechtliche Bewertung des Falles erfahren, daß er nie i n Gefangenschaft geraten ist. So w i r d zwar dem paterfamilias ein Rechtserwerb zugerechnet, obwohl i h m zum Zeitpunkt, als dieser Erwerb erfolgte, als Sklave des Feindes nicht die potestas über die handelnden Gewaltunterworfenen zustand. Gleichwohl geschieht die Zuweisung des Rechtserwerbs an i h n nicht gegen den Grundsatz — so wie er allgemein als bestehend vorausg e s e t z t w i r d 1 3 —, daß die potestas die Grundlage für die Zurechnung darstellt. Denn zugerechnet w i r d i h m der Erwerb aufgrund einer rechtlichen Bewertung,, die hiermit i n Einklang steht: da der Fall so behandelt wird, als habe der zurückgekehrte captivus nie i n Gefangenschaft gelebt, ist der Zusammenhang zwischen Gewaltverhältnis und Erwerb für den Gewalthaber gewahrt. Die negative Seite dieses Zusammenhangs zeigt sich i n dem Fall, daß der captivus nicht (unter den Voraussetzungen des ius postliminii) zurückkehrt, daß also eine Gleichbewertung nicht erfolgt: hier können seine ehemaligen Gewaltabhängigen nicht für i h n erwerben. 4. Kapitel Erwerb durch einen Sklaven während des Freiheitsprozesses Fraglich kann die Zurechnung des Erwerbs werden, wenn ein Sklave, über den ein Freiheitsprozeß anhängig ist, Rechtsgeschäfte tätigt. Denn aufgrund des favor libertatis wurde ein solcher Sklave für die Dauer des Verfahrens wie ein Freier behandelt: „liberi loco" 1 . Dies sahen wohl schon die Zwölftafeln vor 2 . W i r d er aber pro libero behandelt, so scheint 9 Vgl. zu dieser A r t der Argumentation Jakobs, SZ 91, 205 ff., 207—219; auch Kupisch, SZ 93, 60 ff., 61 ff. 10 Georges, s. v. videri. 11 Georges, s. v. intellegi. 12 Vgl. schon o. A n m . 6. 19 Vgl. o. Kap. 1, I I m i t A n m . 22. 1 Vgl. Paul. D. 40, 12, 24 pr.; Gai. D.40, 12, 25, 2. Vgl. Käser, ZPR S. 74 (§ 14IV). 2 X I I Τ 6, 6; vgl. dazu Käser , I S. 114 f. m i t A n m . 18 (§ 30 V).
3 Krüger
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1. T e i l : Römisches Recht
einem Rechtserwerb durch ihn für denjenigen, der behauptet, sein Herr zu sein, der Grundsatz entgegenzustehen, daß „per extraneam personam nobis adquiri non posse"3. Das ist indes nicht der Fall. Die Tatsache, daß der Sklave u m seine Freiheit prozessiert, bedeutet nicht, daß er i n jeder Hinsicht die Rechte eines Freien erhält. Ob i h m dieser Status gebührt, hängt vom Ausgang des Prozesses ab. Bis dahin besteht ein Schwebezustand 4 , während dessen er tatsächliche Freiheit genießt 5 und auch rechtlich i n vielen Belangen pro libero behandelt wird. Er kann z. B. i n anderen Prozessen klagen oder verklagt werden, auch von seinem bzw. gegen seinen Herrn®. Deren Entscheidungen sind aber vom Ausgang des Freiheitsprozesses abhängig 7 , die Klagen sind i m Falle des Obsiegens des Sklaven i m Statusprozeß wirksam, andernfalls u n w i r k sam 8 . Es zeigt sich also, daß letztlich der wahre, i m Freiheitsprozeß festgestellte Status entscheidend ist. Der Unterschied zwischen dem Status liberi loco und der wirklichen libertas offenbart sich auch darin, daß i m Statusprozeß selbst — jedenfalls bis Justinian 9 — der Sklave nicht Partei ist, sondern den Rechtsstreit für i h n ein adsertor betreibt. Stellte sich nämlich heraus, daß der die Freiheit Begehrende zu Recht i n servitute gehalten wurde, so wäre der Prozeß, wäre der Sklave selbst Partei gewesen, nichtig 1 0 , also auch gerade die Entscheidung, die den Sklavenstatus feststellt. Bei dieser i n ihren Auswirkungen doch sehr beschränkten Freiheit des Statusprozeßsklaven verwundert es nicht, wenn auch für die Frage des Erwerbs durch einen solchen Sklaven die materielle, durch den Freiheitsprozeß festgestellte Rechtslage entscheidend ist: G a i . D . 40, 12, 25, 2 (ad ed. praet.
urb. tit . de lib.
causa)
Licet vulgo dicatur post ordinatum liberale i u d i c i u m hominem, cuius de statu controversia est, l i b e r i loco esse, tarnen, si servus sit, certum est n i h i l o minus eum, quod ei tradatur vel stipuletur, perinde domino adquirere atque si non de libertate eius q u a e r e b a t u r . . .
Die während des Freiheitsprozesses von dem pro libero behandelten Sklaven getätigten Erwerbsgeschäfte 11 werden, wenn i n dem Prozeß 3
Gai. 2, 95. Vgl. Käser, SZ 79, 391 ff., 398; Franciosi , S. 119, 228 f. 5 Franciosi, S. 229: una libertà d i fatto. « Paul. D. 40, 12, 24 pr., Paul. eod. 24, 3; vgl. Buckland, S. 662. 7 Paul. D. 40, 12, 24, 3 (51 ad. ed.) : . . . sustinendum iudicium, donee de libertate iudicetur . . . 8 Paul. D. 40, 12, 24, 2: . . . aeque enim ex eventu i u d i c i i liberalis aut utilis aut inanis; vgl. auch Paul. 1. c., §3 a. E. — Z u den Einzelheiten siehe Franciosi, S. 237 ff. H i e r soll n u r gezeigt werden, w i e begrenzt die Auswirkungen der „provisorischen Freiheit" (Käser, SZ 79, 391 ff., 398; Franciosi, S. 199) des Statusprozeßsklaven sind. 9 Siehe n u r Käser, I I S. 129 (§ 209 IV). 10 Käser, SZ 79, 391 ff., 397. 4
5. Kap.: Erwerb durch einen servus fugitivus
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sein Sklavenstatus bestätigt wird, seinem dominus zugerechnet 12 . Bei der Begründung dieses Ergebnisses nimmt der Jurist darauf Rücksicht, daß der Sklave zwischenzeitlich weitgehend wie ein Freier behandelt wurde: Dieser Umstand ist aber für die rechtliche Bewertung unerheblich; der Fall w i r d so behandelt, als sei nie über seinen Status gestritten worden. Die Rechtsfolge dieses Vergleichstatbestandes hält Gaius auch i m Fall des i m Statusprozeß unterlegenen Sklaven für angemessen. Nach allem zeigt sich für den Erwerb durch einen Statusprozeßsklaven keine Abweichung von der Grundregel. Der i m Prozeß unterlegene Sklave — das hat sich nun herausgestellt — ist nicht extranea persona, sondern steht unter der potestas seines Herrn. Dies ist für die rechtliche Bewertung von Erwerbsgeschäften, die er tätigt, entscheidend, nicht sein vorübergehender Status liberi loco. Ein Zusammenhang zwischen Zurechnung des Erwerbs an den dominus und Gewaltverhältnis ist daher auch hier festzustellen. 5. Kapitel Erwerb durch einen servus fugitivus I. Ein Fall, bei dem die Zurechnung des Rechtserwerbs fraglich sein könnte, ist auch der des servus fugitivus; denn die tatsächliche Beherrschungsmöglichkeit des dominus ist, solange sich der Sklave auf der Flucht befindet, aufgehoben. Deswegen wurde möglicherweise auch zum Teil angenommen, daß der dominus den flüchtigen Sklaven nicht mehr i n seinem Besitz hat 1 . Die tatsächliche Komponente der potestas2 ist also tangiert. Die Frage ist, ob dies Auswirkungen auf die Zurechnung des Rechtserwerbs hat, den der fugitivus tätigt. II. Dazu zunächst: Ulp. D. 47, 8, 2, 25 (56 ad ed.) Si fugitivus meus quasdam res instruendi sui causa emerit eaeque raptae sint, quia i n bonis meis hae sunt res, possum de his v i bonorum raptorum actione agere.
Die von einem flüchtigen Sklaven gekauften Ausrüstungsgegenstände werden als „ i n bonis" seines Herrn bezeichnet, und deshalb steht die11
Ob es ursprünglich statt ei tradatur mancipatione datur geheißen hat (siehe n u r Franciosi , S. 251 m i t weit. Nw.), ist nicht entscheidend. 12 Vgl. auch Franciosi, S. 251 f., auch zur Lösung, w e n n der Sklave den Prozeß gewinnt. 1 Vgl. Paul. D. 41, 2, 1, 14; andererseits aber Gai. D. 41, 2, 15, wo Fortbestand des Besitzes angenommen w i r d . Z u m Problem zuletzt Benöhr, Besitzerwerb S. 41 (mit A n m . 22), S. 132 fï. (mit A n m . 26), jeweils m i t weit. Nachw. 2 Vgl. o. Kap. 1, I I bei A n m . 32. *
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1. Teil: Römisches Recht
sem gegen denjenigen, der die Gegenstände dem Sklaven raubt, die Raubklagje zu. 1. Wenn — so folgert Pringsheim? — die gekauften Ausrüstungsgegenstände i n bonis seines Herrn gelangt sind, so heißt das nichts anderes, als daß der Herr durch den fugitivus Eigentum daran erworben hat. Doch auf welche Weise werden dem fugitivus die Kauf gegenstände übertragen worden sein, durch mancipatio oder traditio 4 ? Näher dürfte ein Erwerb mittels traditio liegen; denn die allgemeine Bezeichnung res instruendi legt nicht nahe anzunehmen, daß es sich dabei u m res mancipi handelt 5 . Legt man aber eine traditio zugrunde, so erscheint die Folgerung, daß die Gegenstände Eigentum des Herrn geworden sind, bedenklich. Denn nicht nur zu der Frage, ob ein servus fugitivus noch von seinem Herrn besessen wird, geben die Quellen unterschiedliche Auskunft 6 . Sie bieten auch kein einheitliches B i l d hinsichtlich der weiteren Frage, ob dem dominus durch einen fugitivus Besitz erworben werden konnte 7 . N i m m t man an, dies sei nicht möglich gewesen, so w i r d auch ein Eigentumserwerb per traditionem durch einen fugitivus problematisch; denn: wie soll ohne Besitzerwerb Eigentum erworben werden 8 ? 2. Vielleicht gibt die Quelle (D. 47, 8, 2, 25) auf diese Frage gar keine Antwort. Gegenstand der juristischen Erörterung ist — jedenfalls direkt — nicht die Frage, ob der dominus Eigentümer der Ausrüstungsgegenstände geworden ist, sondern ob er die actio v i bonorum raptorum erhält 9 . Die Raubklage gewährt der Prätor aber nicht nur, wenn die geraubte Sache i m Eigentum des Klägers stand 10 , sondern Voraussetzung 3 Gesammelte Abhandlungen, 1. Band S. 342; i h m folgend Benöhr, S. 133 m i t weit. Nachw. 4 Pringsheim, S. 342: We do not k n o w ; Longo, Ricerche Romanistische S. 485 ebenfalls unentschieden. 5 Z w a r können auch res nec mancipi manzipiert werden, doch ist ein E r werb n u r dann möglich, wenn zugleich die Voraussetzungen der traditio v o r liegen; vgl. Käser, SZ 75, 412 A n m . 6. — Ebenfalls traditio n i m m t an: Benöhr, S. 133, auch w o h l Schulz, Class. Roman L a w S. 444 u n d Rabel, Studi i n onore d. Riccobono I V S. 226; Nicosia, L'acquisto del possesso S. 476. 6 Vgl. ο. A n m . 1. 7 Vgl. einerseits (bejahend) Gai. D. 40, 12, 25, 2; Hermog. D. 41, 2, 50, 1; andererseits (verneinend) Paul. (Nerva) D. 41, 2, 14; Pomp. D. 6, 2, 15. Vgl. zu diesem Problem ebenfalls Benöhr, S. 128 ff.; er n i m m t an, daß schon die römischen Juristen darüber gestritten haben; anders Schulz, Class. Roman L a w S. 444, der Besitzerwerb ablehnt u n d die entgegenstehenden Quellen für verändert hält; weitere Nachweise über den Streitstand bei Benöhr, S. 128 ff. 8 Vgl. n u r Rabel, (o. A n m . 5) S. 226. 9 Vgl. schon Rabel, (o. A n m . 5) und vor allem Nicosia, S. 475 f., der allerdings annimmt, D. 47, 8, 2, 25 spreche f ü r einen Besitzerwerb an den dem fugitivus tradierten Sachen. 10 Vgl. Longo, (o. A n m . 4) S. 484 f.
. Kap.: Erwerb durch einen
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ist ganz allgemein, daß sie i n seinem Vermögen gestanden hat (substantia bonorum): Ulp D. 47, 8, 2, 22 (56 ad ed.) I n hac actione non utique spectamus rem i n bonis actoris esse: sive i n bonis sit sive non sit, si tarnen ex bonis sit, locum haec actio habebit. quare sive commodata res sit sive locata sive etiam pignerata proponatur sive deposita apud me sic, u t intersit mea earn non auferri, sive bona fide a me possideatur, sive usum fructum i n ea habeam vel quod aliud ius, u t intersit mea non rapi: dicendum est competere m i h i hanc actionem, ut non d o m i n i u m accipiamus, sed i l l u d solum, quod ex bonis meis, hoc est ex substantia mea res ablata esse proponatur.
Das kann, wie der Text zeigt, der Fall sein, wenn der Kläger die Sache geliehen, gepachtet, zum Pfand genommen, verwahrt hat oder i h m sonst ein Hecht an ihr zusteht; selbst ein gutgläubiger Besitz mochte ausreichen. Entscheidend ist, daß er ein schützenswertes Interesse daran hat, daß die Sache nicht geraubt w i r d : ut intersit mea non rapi 1 1 . Kann man nicht ein solches Interesse auch i n fr. 2, 25 dem dominus zusprechen, und zwar unabhängig davon, ob er vorher Eigentümer der Ausrüstungsgegenstände geworden ist oder nicht? Er ist nämlich — das sei hier vorausgeschickt 12 — aus dem Kaufvertrag zwischen dem fugitivus und dem Veräußerer der res instruendi berechtigt. Zwar w i r d dies allein noch nicht ausgereicht haben, i h m die Aktivlegitimation für die Raubklage zuzusprechen 13 . Doch kommt hier hinzu, daß der Veräußerer den Besitz an der Sache aufgegeben hat. Auch wenn damit der dominus den Besitz noch nicht erlangt hat — das w a r der Ausgangspunkt der Überlegungen 14 —, so spricht doch einiges dafür, daß der Schuldner, wenn vielleicht auch noch nicht von seiner Kaufvertragsverpflichtung befreit 15 , so doch vor einer erneuten Inanspruchnahme durch den dominus geschützt wäre 1 6 . Infolgedessen hätte nicht mehr der Veräußerer, sondern der dominus ein Interesse an der Unversehrtheit der Sache (Gai. 3, 203: cuius rem salvam esse). Zwar hat er noch nicht das 11 Vgl. auch Ulp. D. 47, 2, 10 (29 ad Sab.) : Cuius interfuit non subripi, is actionem f u r t i habet. Insoweit besteht also die gleiche Voraussetzung w i e bei der actio f u r t i ; siehe auch Gai. 3, 203 (cuius interest rem salvam esse, licet dominus non sit) u n d Ulp. D. 47, 8, 2, 23. — Vgl. auch Käser, I S. 626 A n m . 12 (§ 146 II). 12 Es w i r d i m folgenden noch gezeigt, daß der fugitivus dem dominus Forderungen erwerben konnte; vgl. u. I I I 1, speziell zum Anspruch aus K a u f siehe schon jetzt Jul. D. 46, 3, 34, 5 (dazu u. IV). 13 Vgl. f ü r die a. f u r t i : Celsus i n Ulp. D. 47, 2, 14 pr. (29 ad Sab.): E u m q u i emit, si non tradita est ei res, f u r t i actionem non h a b e r e . . . 14 Vgl. ο. I I 1. 15 Vgl. Jul. D. 46, 3, 34, 5. — Ich komme auf diesen Text zurück, vgl. u. I V . 16 A u f die Fragen des Schuldnerschutzes i n derartigen Fällen komme ich zurück; vgl. u. I I I 2 b aa, I I I 2 b bb bbb, I I I 2 e.
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1. T e i l : Römisches Recht
Eigentum daran erworben. Bei wirtschaftlicher Betrachtung könnte man die Sache aber schon zu seinem Vermögen rechnen und i h m deswegen die Raubklage zubilligen 17 . Die hier angeschnittene Interpretationsmöglichkeit des Textes, für die die Frage des Eigentumserwerbs unerheblich wäre, w i r d man m. E. ernsthaft i n Erwägung zu ziehen haben, wenn die Begründung, die U l pian für seine Entscheidung angibt, quia i n bonis meis hae sunt res, damit vereinbar ist. Und hier sind allerdings Zweifel angebracht. I n bonis habere bzw. esse scheint ein Ausdruck m i t technisch gefestigter Bedeutung gewesen zu sein 18 . Gemeint sind die Fälle, i n denen jemand — ohne daß es darauf ankommt, ob er iure civile Eigentümer ist oder nicht — nach prätorischem Recht durch dingliche Klage gegen jedermann geschützt ist 1 9 ; i n bonis bedeutet also das, was späterhin als bonitarisches Eigentum bezeichnet wurde 2 0 . Der dominus i n fr. 2, 25 hat diese Stellung (so man Besitz und Eigentum verneint) noch nicht. Immerhin w i r d man, eingedenk der heute wachsenden Erkenntnis, daß die römische Rechtssprache auch i n klassischer Zeit technisch noch wenig durchgebildet war 2 1 , nicht ausschließen können, daß i n bonis nicht auch einmal i n einer weiteren, umfassenderen Bedeutung verwendet worden ist 2 2 . Das ist gerade bei der actio v i bonorum raptorum (oder a. furti) naheliegend, wo neben Fällen des bonitarischen Eigentums mannigfaltige andere Rechtsstellungen zur Klageberechtigung führten 2 3 . Z u r Unterscheidung vom dominium könnte i n bonis hier als Sammelbegriff für alle die Rechtsstellungen stehen, denen das schützenswerte Interesse an der Erhaltung der Sache eigen ist 2 4 . 17 Vgl. zur Erteilung der a. f u r t i aufgrund derartiger Wertungen Kupisch, SZ 93, 60 ff., 77 f., 83, 94; siehe noch u. I I I 2 b bb bbb bei A n m . 124. — Dafür spricht auch, daß Pomponius dem dominus eines fugitivus die a. Publiciana zuspricht, wenn dieser eine Sache von einem Nichtberechtigten kauft u n d tradiert erhält, wenngleich der Jurist hier einen Besitzerwerb f ü r den dominus verneint: D. 6, 2, 15 (3 ad Sab.): Si servus meus, cum i n fuga sit, rem a non domino emat, Publiciana m i h i competere debet, licet possessionem rei traditae per eum nactus non sim. Dazu (auch zu den textkritischen Stimmen) Benöhr, Besitzerwerb S. 130 f.; vgl. auch noch u. bei A n m . 124. 18 Vgl. Käser, SZ 78, 173 ff. 19 Vgl. Käser, S. 184. 20 Käser, S. 178 f., 184; Bonfante, scr. giur. I I S. 370. 21 Vgl. Käser, Studi Biondi I S. 97 ff., 98 f., 134, 142; auch Kupisch, SZ 91, 126 ff., 141. 22 Käser, Studi Biondi S. 99: „ . . . , daß viele technische Ausdrücke eine untechnische Nebenbedeutung aufweisen, die sich häufig m i t dem allgemeinen Sprachgebrauch deckt u n d darum älter ist als die technische Verwendung, 23 Sämtliche Beispiele i n D. 47, 8, 2, 22; vgl. den T e x t o. vor A n m . 11 u n d dazu Käser, SZ 78, 173 ff., 184. 24 Vgl. Bonfante, (o. A n m . 20) S. 384 f. ( . . . per dire similmente che non spetta solo a chi è proprietario, ma a chiunque abbia la cosa tra i propri
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Allerdings fällt i n fr. 2, 22 der feine Unterschied zwischen i n bonis und ex bonis auf 25 , der, wenn er authentisch sein sollte 26 , uns nahelegt anzunehmen, daß es auch i m § 25 ex bonis geheißen hätte, wenn dort diese weite Bedeutung der bonae zum Ausdruck gebracht werden sollte. 3. Eine nähere Untersuchung aller aufgeworfenen Fragen und Vermutungen, die m. E. nicht weniger erwägenswert sind als die, daß U l pian i n fr. 2, 25 schlicht davon ausgeht, daß der dominus durch traditio an den fugitivus Eigentümer geworden ist, soll hier nicht erfolgen. Denn die Schwierigkeiten des Textes können auch auf einer Interpolation beruhen, die diesen Überlegungen die Grundlage entzöge 27 . Fr. 2, 25 könnte i n der Tat den Eigentumserwerb des dominus bezeugen, jedoch nicht als Wiedergabe des klassischen, sondern des justinianischen Rechts. Z u berücksichtigen ist nämlich, daß erwiesenermaßen unter Justinian die außer Gebrauch geratene mancipatio i n den Quellen zumeist durch die traditio ersetzt wurde 2 8 . Dabei konnten Unterschiede zur traditio i n klassischer Sicht entstehen, da die traditio nunmehr das Eigentum wie die mancipatio übertragen sollte 29 . Das läßt für unseren Text folgende Möglichkeiten denkbar erscheinen: Der Text könnte ursprünglich von der mancipatio gehandelt und als Ergebnis Eigentumserwerb durch den dominus vorgesehen haben. Unter Beibehaltung dieses (erwünschten) Ergebnisses mochten die Byzantiner dann den Text für die traditio i n Anspruch genommen haben. Oder der Text handelte — was bei res instruendi näher liegt — schon ursprünglich von der traditio, jedoch m i t dem umgekehrten Ergebnis, so wie es von Schulz 30 vorgeschlagen w i r d : kein Eigentumserwerb 31 . Die Bearbeiter hätten also den Text dahingehend geändert, daß er die einer Übertragung per mancipationem entsprechende Rechtsfolge nun auch der traditio zuwies: Eigentumserwerb durch den dominus 32 . beni... [hervorgeh. v. Bonfante]); vgl. auch Käser, (o. A n m . 23) S. 184, der den Begriff der bonae i n fr. 2, 22 „sehr weit bestimmt" sieht. 25 Vgl. den T e x t o. vor A n m . 11: sive i n bonis sit sive non sit, si tarnen ex bonis sit. 2« w e g e n der „überspitzten Ausführungen" über diesen Unterschied zweifelt Kreller, SZ 64, 306 ff., 344 A n m . 125 an der Echtheit. 27
Das w i r d allerdings von Nicosia , S. 476 f. ausgeschlossen. Vgl. n u r Käser, I S. 413 (§ 100 I 3) A n m . 6 u n d Pringsheim, (vgl. o. A n m . 3) S. 353. 29 Vgl. Pringsheim, S. 356. 30 Class. Roman L a w S. 444. 31 Nämlich ausgehend von der z . T . i n den Quellen vertretenen Meinung, daß ein Besitzerwerb durch den fugitivus f ü r den dominus nicht stattfinde; vgl. o. A n m . 7. — Schulz rekonstruiert infolgedessen: . . . , quia i n bonis meis hae non sunt res, non possum de his v i bonorum raptorum actione agere. 32 I n diesem Sinne w o h l Schulz. 28
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1. Teil: Römisches Recht
4. Nach allem gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Text zu interpretieren. Hält man i h n für unverfälscht, so kann er eine Aussage über den Eigentumserwerb des dominus enthalten. Diese Annahme erscheint prima facie unproblematisch, wenn Ulpian hier zugleich auch den Besitzerwerb des dominus bejaht haben sollte 88 . Gerade der Besitzerwerb des dominus durch einen fugitivus w a r aber nicht unumstritten 8 4 , und w i r wissen nicht, welche Auffassung Ulpian hierzu vertrat. Weniger überzeugend erscheint demgegenüber die Auffassung Pringsheims, der Eigentumserwerb mittels traditio ohne Besitzerwerb annimmt 8 5 . Der Text könnte aber auch die Frage des Eigentumserwerbs gar nicht berühren, da er i n erster Linie die Zuweisung der Raubklage an den dominus zum Gegenstand hat, und hierzu ein vorheriger Eigentumserwerb nicht unbedingt Voraussetzung sein muß. Letztlich sind gerade hier, wo es um mancipatio oder traditio geht, auch Textveränderungen i n der beschriebenen A r t 8 6 emsthaft i n Betracht zu ziehen, und zwar u m so mehr, als die anderen Lösungsversuche Zweifel offen lassen. Geht man von solchen Textkorrekturen aus, so scheint ein Erwerb des Eigentums durch einen fugitivus jedenfalls dann möglich gewesen zu sein, wenn per mancipationem übereignet wurde. Für einen Erwerb per traditionem scheint m i r der Text dagegen nicht hinreichend sicheren Beweis liefern zu können. I I I . Möglicherweise kann der folgende Text genaueren Aufschluß über die Frage des Rechtserwerbs durch einen fugitivus geben: Pomp. D. 46, 3,19 (21 ad Sab.) Fugitivus meus, cum pro libero se gereret, nummos m i h i subreptos credidit t i b i : obligari te m i h i Labeo ait et, si eum liberum existimans solveris ei, liberari te a me, sed si a l i i solvisses iussu eius v e l is r a t u m habuisset, non liberari, quia priore casu mei n u m m i facti essent et quasi m i h i solut u m intellegeretur. et ideo servus meus quod peculiari nomine crediderit exigendo liberabit debitorem, delegando autem v e l novando non idem consequeretur.
Betrachten w i r den Text zunächst bis intellegeretur. Es hat den A n schein, als könne der fugitivus i n zweierlei Weise einen Rechtserwerb 33
Ausgehend davon, daß die traditio zugrunde liegt. — So z.B. Benöhr, Besitzerwerb S. 133 m i t weit. N w . M Vgl. o. A n m . 7. 35 (o. A n m . 3 S. 341 f.: auch bei der traditio sei hier ein Besitzerwerb nicht erforderlich, es genüge die Übergabe an den Sklaven u n d seine tatsächliche Herrschaft über die Sache. — Das w i r d von den meisten Autoren nicht f ü r möglich gehalten; vgl. Nicosia , S. 118, 476 m i t A n m . 327; Rabel, (o. A n m . 5) S. 226; Benöhr, S. 133, i n anderem Zusammenhang S. 140 f. m i t A n m . 9 (weit. Nw.). Gegen den Weg Pringsheims spricht i m m e r h i n auch Pomp. D. 41, 1, 21 pr.; vgl. Nicosia , S. 128 f.; dazu auch Dulckeit, S. 37. 36 Ob allerdings der Text i n der klassischen Fassung auch die A k t i v l e g i t i mation f ü r die Raubklage verneint hat — w i e Schulz annimmt, vgl. o. A n m . 31 —, k a n n bezweifelt werden, vgl. o. I I 2.
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für den paterfamilias (mihi) tätigen. Zunächst soll nach der von Pomponius referierten Meinung des Labeo der fugitivus dem dominus eine Forderung verschaffen, wenn er das diesem gestohlene Geld einem gutgläubigen 37 Dritten (tibi) kreditiert. Sodann soll nach verbreiteter Auffassung 38 der weiterhin gutgläubige Dritte durch Rückzahlung der kreditierten Summe an den fugitivus dem dominus gegenüber befreit werden, und zwar w e i l der fugitivus dem dominus Eigentum an dem Geld verschaffe. Doch bedürfen beide Aussagen einer Uberprüfung. 1. Geht man davon aus, daß der fugitivus das Geld dem Dritten zu Darlehen gegeben hat 3 9 , so kann eine Verpflichtung daraus und damit ein Forderungsrecht für den paterfamilias nur entstehen, wenn der fugitivus dem Dritten Eigentum an dem Geld verschafft hat 4 0 . Grundsätzlich können aber Gewaltunterworfene über Rechte des Gewalthabers wirksam nur verfügen 41 , wenn die Verfügung m i t dessen Willen geschieht oder wenn sie Gegenstände des Pekuliums betrifft (da insoweit eine Generalermächtigung anzunehmen ist) 42 . Ein solcher Fall liegt hier (nummos subreptos!) nicht vor 4 3 . a) Diesen Grundsatz belegt speziell für den servus fugitivus auch Ulp. D. 12, 1, 11, 2U. Da es Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten kraft guten Glaubens i m römischen Recht grundsätzlich nicht gab, kommt man zu einer Verpflichtung des Dritten nur 4 5 , wenn man die Voraussetzungen einer Sonderregelung für gegeben erachtet. Sie besagt, daß eine unwirksame Übereignung von Geld 4 6 wirksam wird, 37
Gutgläubig insoweit, als der D r i t t e glaubt, m i t einem Freien zu kontrahieren. 38 Pringsheim, (o. A n m . 3) S. 343; Salkowski, S. 36 f.; Rotondi, scr. giur. I I I S. 149 A n m . 2. 39 Dies darf bei dem Verb credere i n Verbindung m i t Geld angenommen werden, vgl. Heumann / Seckel, shv., u n d entspricht auch allgemeiner A u f fassung; vgl. Käser, S D H I 16, 59 ff., 64 m i t A n m . 24; ders. T R 29, 169 ff., 196 A n m . 91; Fuchs, Iusta causa S. 212; Haymann, JDogmJb 77, 188 ff., 216. 40 Z u dieser Voraussetzung beim Realkontrakt siehe n u r Käser, I S. 530 (§ 1241). 41 U n d das auch n u r bei formlosen Verfügungen, vgl1. Käser, I S. 286 (§ 67 I I I 2); hier läge als solche die traditio vor. 42 Vgl. n u r Käser, S D H I 16, 59 ff., 62 ff. m i t Quellennachweisen (für einen Darlehensfall: Paul. D. 12, 1, 2, 4), auch S. 79. 43 E i n P e k u l i u m hier anzunehmen, wäre w i l l k ü r l i c h , vgl. Salkowski, S. 37. 44 (26 ad ed.) : . . . fugitivus autem v e l alius servus contra voluntatem domini credendo non facit a c c i p i e n t i s . . . 45 Fehlt es an einem Eigentumsverlust des dominus, so steht diesem zwar die vindicatio zu (vgl. n u r Käser, T R 29, 169 ff., 194); hier geht es aber u m eine schuldrechtliche Verpflichtung des Darlehensnehmers (obligari). 46 Sei es infolge z. B. fehlender Geschäftsfähigkeit oder Verfügungsbefugnis des Leistenden, sei es — w i e hier — infolge fehlenden Eigentums des Gebenden, vgl. Wacke, B u l l . 79 (1976), 49 ff., 90.
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wenn es der Erwerber gutgläubig verbraucht 47 . Dadurch verliert nicht nur der bisherige Eigentümer sein Recht, es verwirklicht sich auch der m i t der Zahlung an den zunächst nicht Eigentümer gewordenen Empfänger verfolgte Zweck nachträglich, da diesem der Nutzwert des Geldes durch den Verbrauch zugute kommt 4 8 . Das bedeutet, daß die m i t der Hingabe des Geldes angestrebte Rechtsfolge eintritt 4 9 ; bei einer datio credendi causa — wie hier — entsteht die Rückzahlungsverpflichtung 5 0 : Jul. D. 12,1,19,1(10
dig.)
. . . N a m omnino q u i alienam pecuniam credendi causa dat, consumpta ea habet obligatum eum q u i acceperit.. . 5 1
Daß die Voraussetzungen dieser Sonderregel, also gutgläubige Konsumption des Geldes 52 durch den Dritten (tibi) i m vorliegenden Fall gegeben sind, sag^; der Text nicht 5 3 . Gleichwohl w i r d weithin angenommen, daß der Tatbestand der Konsumption (auch) bei diesem Text vorauszusetzen sei 54 . Soweit ich sehe, findet sich lediglich bei Käser 55 die Ansicht, daß dies i n fr. 19 nicht zu unterstellen sei, daß dort vielmehr auch ohne anschließende Konsumption das Eigentum an dem Geld sogleich auf den Dritten übergehen solle. Diese Aussage stünde damit i n Gegensatz zu Ulp. D. 12, 1, 11, 2 5e . Käser geht davon aus, daß die Frage des Eigentumsübergangs (ohne anschließende Konsumption) strei47 Vgl. dazu Käser, T R 29, 169 ff., insbes. 193 ff., 204ff.; Fuchs, Mélanges Meylan I S. 125 ff.; jetzt vor allem Wache, Bull. 79 (1976), 49 ff., 90. Die Quellen sprechen von consumptio. 48 Vgl. n u r Käser, S. 194 f. 49 Vgl. Käser, S. 194 ff. m i t Beispielen. 50 Dabei ist allerdings str., ob der Empfänger aus Darlehen oder aus ungerechtfertigter Bereicherung haftet; ich komme u. I I I 1 b darauf zurück. 51 Z u diesem Text, vor allem zu den hier nicht zitierten Einzelfällen, Wacke, (o. A n m . 47) S. 57 ff. 62 W a n n Konsumption des Geldes anzunehmen ist, ist streitig. Käser, T R 29, 169 ff., 197 ff., vor allem (weit. N w . S. 199 A n m . 99) sieht einen Verbrauch des Geldes m i t den oben skizzierten W i r k u n g e n schon i n einer Weitergabe des Empfangenen. Fuchs (vgl. o. A n m . 47) dagegen versteht unter Konsumption, daß das Geld auf „Nimmerwiedersehen" ausgegeben sein muß; aus faktischen Gründen sei dann eine vindicatio ausgeschlossen, der Eigentumsverlust eingetreten (dagegen wieder Käser, Festschrift Felgentraeger S. 277 ff., 280 A n m . 16); i m wesentlichen w i e Fuchs jetzt Wacke, S. 57 ff., 90 ff. Die Frage ist für uns nicht von entscheidender Bedeutung. 53 Während dieser Tatbestand z. B. i n Ulp. D. 12, 1, 11, 2 (26 ad ed.) ausdrücklich erwähnt w i r d : . . . quod si sine dolo malo consumpsisti, condicere t i b i potero. (zur T e x t k r i t i k vgl. Käser, T R 29, 169 ff., 196 f. A n m . 91, der das Zitat f ü r sachlich unbedenklich hält.). 64 Fuchs, Iusta causa S. 211 f.; Haymann, JDogmJb 77, 188 ff., 216 („selbstverständlich"); Beseler, SZ 45, 485; Wacke, S. 128 Anm. 332. 55 T R 29, 169 ff., 196 f. A n m . 91. 56 Vgl. o. A n m . 44; siehe auch Wacke, S. 128 A n m . 332.
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t i g gewesen sei: daher das quaeritur i n D. 12, 1, 11, 2 57 . A n gleicher Stelle 58 verweist Käser jedoch auf eine andere seiner Publikationen 5 9 , wo er sich auf die „glaubhafte Rekonstruktion" Beselers 60 unseres Textes (fr. 19) bezieht, der aber gerade „si eos (seil, nummos) consumpseris" ergänzt! Wenn man auch nicht ohne weiteres voraussetzen darf, daß empfangenes Geld sogleich m i t eigenem vermischt oder verbraucht wurde 6 1 , so liegt doch ein alsbaldiger Verbrauch von dargeliehenem Geld nahe; denn zu welchem Zweck mag man sich Geld leihen, wenn nicht dazu, ζ. B. Schulden zu bezahlen oder sonstige Geschäfte zu tätigen*2. Daher erscheint es m i r wahrscheinlicher, daß der Tatbestand der Konsumption i n fr. 19 vorauszusetzen ist. Man hätte sonst eine nähere Erläuterung dieses doch erstaunlichen Ergebnisses: wirksame Eigentumsübertragung durch einen Sklaven ohne Willen des Herrn 6 3 erwarten können. Dagegen erscheint m i r der Hinweis Käsers auf das quaeritur i n fr. 11, 2 nicht überzeugend 64 . b) Kommen w i r nach alledem zu dem Ergebnis, daß der Dritte (tibi) dem dominus verpflichtet wird, so w i r d damit — soweit man eine Darlehensverpflichtung annimmt — belegt, daß der servus fugitivus dem dominus Rechte (hier also eine Darlehensforderung) erwerben kann. Wie bereits angjedeutet65, ist es allerdings nicht unstreitig, ob der Empfänger, der das Geld gutgläubig verbraucht, aus Darlehen oder aus ungerechtfertigter Bereicherung verpflichtet wird. Die meisten Autoren nehmen an, daß eine Darlehensforderung entstehe 66 , begründen dies 67 (Ulp. 26 ad ed.): Si fugitivus servus nummos t i b i crediderit, an condicere t i b i dominus possit, q u a e r i t u r . . . 58 Vgl. o. A n m . 55. 59 S D H I 16, 59 ff., 64 A n m . 24. 60 SZ 45, 485. 61 Vgl. hierzu Käser, T R 29, 169 ff., 176 ff. 62 Vgl. Fuchs, Mélanges Meylan I S. 125 ff., 127; Wacke, S. 128 ff., der die consumptio als Regelfall annimmt. Beide verlangen allerdings — anders als Käser —, daß das Geld unwiederbringlich weitergegeben wurde, vgl. o. A n m . 52. 63 Vgl. Fuchs, Iusta causa S. 212. 64 Vgl. o. A n m . 57. Dies muß nicht unbedingt ein Hinweis auf eine Streitfrage sein; so jetzt auch Wacke, S. 128 Anm. 332. I m K o n t e x t läßt es sich naheliegend m i t „es fragt sich" übersetzen, nämlich ob u n d unter welchen Voraussetzungen der dominus v o m D r i t t e n (tibi) Zahlung verlangen kann. Die A n t w o r t erteilt der Jurist i m Verlauf des Textes, vgl. o. A n m . 44. Auch die Begründung Käsers (TR 29, 196 A n m . 91), der Kreditnehmer werde Eigentümer, w e i l der fugitivus dem H e r r n die Darlehensforderung zu erwerben vermag, überzeugt mich nicht, da j a gerade die Frage des Forderungserwerbs wiederum v o m Eigentumserwerb des Kreditnehmers abhängt. A u f Haymann u n d Pringsheim beruft sich Käser dabei zu Unrecht: zu Haymann siehe o. A n m . 54; Pringsheim behandelt die Frage des Eigentumserwerbs des K r e d i t nehmers nicht. 65 Oben A n m . 50.
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allerdings meist nicht näher 67 . Die Quellen sind zu dieser Frage wenig aufschlußreich, da sie regelmäßig von condictio bzw. codicere sprechen 88 , einem Begriff, der sowohl die Darlehensforderung als auch den Bereicherungsanspruch bezeichnen kann 6 9 . Man könnte auch an eine Klassikerkontroverse denken 70 . Für den hier interessierenden Aspekt des Rechtserwerbs durch Sklaven bedürfen diese Fragen jedoch keiner definitiven Antwort. Denn auch wenn der Text (fr. 19) dahin zu verstehen ist, daß m i t obligari eine Haftung aus ungerechtfertigter Bereicherung gemeint ist, so ist der Umstand, daß diese Forderung der dominus erwirbt, eine Besonderheit, die ihre Rechtfertigung darin finden wird, daß sein (flüchtiger) Sklave gehandelt hat. Zwar handelt es sich dabei nicht um einen rechtsgeschäftlichen Erwerb 7 1 . Gleichwohl erw i r b t der dominus die condictio nicht schon aufgrund der Tatsache, daß sein Geld darlehensweise hingegeben wurde. Denn i n dem Fall, daß ein nicht Gewaltabhängiger fremdes Geld kreditiert, erwirbt (unter den genannten weiteren Voraussetzungen) nicht etwa auch der Eigentümer des Geldes die condictio, sondern der Handelnde selbst 72 : Uip. D. 12,1,13, 1 (26 ad ed.) Unde Papinianus libro octavo quaestionum ait: si alienos nummos t i b i mutuos dedi, non ante mihi teneris, quam eos consumpseris...
Die Tatsache, daß i n D. 46, 3, 19 — ebenso i n D. 12, 1, 11, 2 7 8 — der dominus den Anspruch erwirbt, w i r d folglich darauf beruhen, daß sein (wenn auch flüchtiger) Sklave gehandelt hat 7 4 . W i r haben auch i n dieββ Haymann, JDogmJb 77, 188 ff., 198 ff.; Fuchs, Iusta causa S. 212; Wacke, S. 64; weitere Nachw. bei Käser, T R 29, 169 ff., 205 A n m . 119; a. A . Chevallier, R H D 33, 376 ff., 406 ff.; vgl. auch Käser, S. 205 A n m . 120. 67 Der Begründung von Fuchs, (o. Anm. 66) S. 224 ff. zu Paul. D. 46, 1, 56, 2 (dazu noch u. A n m . 72) w i r d m a n Chevallier, S. 408 f. entgegenhalten können. « 8 Vgl. neben Pomp. D. 46, 3, 19 und Ulp. D. 12, 1, 11, 2 die bei Käser, T R 29, 169 ff., 205 genannten. 69 Vgl. Fuchs, Iusta causa S. 223 f. 70 So Käser, S. 205 ff. 71 I m geltenden Recht könnte also das gleiche Ergebnis nicht durch Stellvertretung erreicht werden. 72 Siehe Chevallier, R H D 33, 376 ff., 410; Wacke, S. 73. — Bei Zugrundelegung der Meinung Käsers (Klassikerkontroverse, vgl. o. A n m . 70) h i l f t der folgende Text nicht weiter, da Käser dort Darlehen a n n i m m t (S. 205) ; Käser vermutet i n Paul. D. 46, 1, 56, 2 (15 quaest.) einen Bereicherungsanspruch. Darlehensgeber ist dort ebenfalls eine extranea persona, u n d es spricht alles dafür, daß auch dieser, nicht der gar nicht erwähnte Eigentümer des Geldes, die condictio erhält: Si nummos alienos quasi tuos mutuos dederis sine stipul a t a n e , nec fideiussorem teneri Pomponius ait quid ergo, si comsumptis n u m mis nascatur condictio? put ο fideiussorem obligatum fore: i n omnen enim causam acceptus videtur, quae ex ea numeratione nasci potest. Vgl. Wacke, S. 69 A n m . 86. 73 Vgl. Wacke, S. 67 A n m . 81. 74 U n k l a r Haymann, Bull. 51/52, 393 ff., 405 A n m . 27: „Eine durch wirksames Rechtsgeschäft der gewaltunterworfenen Person begründete Forderung liegt
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sem Fall (bei Annahme eines Bereicherungsanspruches nämlich) einen Beleg dafür, daß dem dominus durch einen servus fugitivus Rechte erworben werden können. c) Als erstes Ergebnis kann festgehalten werden, daß der Erwerb von Forderungsrechten durch einen fugitivus für den dominus offenbar möglich war. Der Umstand, daß dem Herrn die tatsächliche Beherrschungsmöglichkeit fehlte, stand dem nicht entgegen. Sieht man Zusammenhänge zwischen dem Verhältnis Herr — Sklave und den Möglichkeiten des Rechtserwerbs des einen durch den anderen, erscheint dies einleuchtend. Der Erwerb einer Forderung als einer rein gedachten Rechtsposition ohne Entsprechung auf der Ebene des Tatsächlichen, Natürlichen vollzieht sich ohne Veränderung der Zuordnung i n tatsächlich erkennbarer Weise. Sind also tatsächliche Beziehungen bei der Zuordnung des Rechts ohne Belang, ist es naheliegend, daß auch Beeinträchtigungen des Verhältnisses Herr — Sklave i n tatsächlicher Hinsicht ohne Auswirkung auf die Zurechnung derartiger Erwerbsgeschäfte bleiben 75 . Anders ist die Situation beim Eigentum. Das Eigentumsrecht hat seine Entsprechung i m Tatsächlichen i m Besitz der Sache. Die Veränderung der tatsächlichen Zuordnung ist für die Übertragung des Eigentums per traditionem von wesentlicher Bedeutung. So sind hier Auswirkungen auf die Zurechnung eher zu erwarten, wenn das Gewaltverhältnis i n tatsächlicher Hinsicht gestört ist 7 6 . Nach dem Bisherigen 77 ergeben sich hierfür konkrete Anhaltspunkte. 2.a) Die Beschäftigung m i t dem Fortgang des Textes von fr. 19 kann hier weitere Aufschlüsse bringen. Die Auffassung einiger Autoren, der dominus erwerbe das Eigentum an dem Geld, das der Darlehens- (oder Bereicherungs-) Schuldner solvendi causa an den fugitivus zahlt 7 8 , gibt garnicht vor, sondern eine erst nachträglich durch Konsumption entstehende Condictio." 75 Dem steht nicht entgegen, daß die Entstehung einer Darlehensforderung — u m die es j a vorstehend vor allem geht — eine wirksame traditio des Geldes voraussetzt (allmähliche Auflockerungen dieses Grundsatzes, vgl. Käser , I S. 531 [§ 124 I ] einmal beiseite lassend), also auch an ein tatsächliches M e r k m a l anknüpft; denn die Probleme, die sich i m Zusammenhang m i t diesem Erfordernis ergeben, beruhen nicht speziell auf einem i n tatsächlicher Hinsicht gestörten Gewaltverhältnis, sondern allgemein darauf, daß fremdes Geld grundsätzlich nicht w i r k s a m tradiert werden kann. 76 I n dieses B i l d paßt auch, daß nach dem Bisherigen vielleicht vermutet werden darf, daß ein Eigentumserwerb per mancipationem durch den fugitivus möglich w a r (vgl. ο. I I 4 ). Denn hier beruht die W i r k u n g der Rechtsänderung nicht auf der Veränderung der tatsächlichen Zuordnung, sondern auf dem Formalakt (wenngleich auch hier durch den Ergreifungsakt, der zur mancipatio gehört, vgl. Käser, I S. 131 f. [33 I 1], die tatsächliche Beziehung zur Sache offenbart wird). 77 Vgl. die Ausführungen zu Ulp. D. 47, 8, 2, 25, ο. I I . 78 Vgl. o. bei A n m . 38.
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1. Teil: Römisches Recht
Anlaß zu Zweifeln. Der Teil der Quelle, der diese Aussage enthalten soll: quia . . . mei nummi facti essent, w i r d häufig verdächtigt 79 . Hält man allerdings die vorhergehende Aussage des Textes (liberali te a me) für echt 80 , und versteht man darunter eine Befreiung ipso iure, so ist das Ergebnis — auch ohne daß es der Text noch einmal auszusprechen braucht — offenbar unausweichlich: der dominus muß Eigentümer des Geldes geworden sein 81 . Denn Voraussetzung für eine Befreiung des Schuldners nach ius civile ist, daß er das Eigentum an dem geschuldeten Geld verliert 8 2 . Wenn der Schuldner daher hier befreit worden und folglich nicht mehr Eigentümer des Geldes ist, so müßte es, da der servus fugitivus vermögensunfähig ist, der dominus erworben haben. Da weiterhin als Ubertragungsform für die Geldhingabe nur die traditio i n Betracht kommt, hätten w i r i n dieser Quelle einen Beleg dafür, daß dem dominus per traditionem durch den servus fugitivus Eigentum erworben werden kann 8 3 . Bei diesem Ergebnis verwundert jedoch vor allem folgendes: Pomponius w a r ein Anhänger der Meinung, die annahm, ein fugitivus könne dem Herrn keinen Besitz erwerben 84 . Sollte er nun hier — indem er Labeo (offenbar doch wohl billigend) zitiert — für einen Eigentums79 Beseler, SZ 45, 485; Haymann, Bull. 51/52, 393 ff., 405 A n m . 27; w o h l auch Käser, S D H I 16, 59 ff., 64 A n m . 24, der die Rekonstruktion Beselers b i l l i g t ; vgl. auch Nicosia , L'acquisto del possesso S. 128 A n m . 25. 80 Haymann, (o. A n m . 79), n i m m t an, daß auch dieses Ergebnis erst von den Kompilatoren stammen könne, u n d beruft sich dabei auf eine entgegenstehende Entscheidung Julians (D. 46, 3, 34, 5). Folgt man dem, so verliert der Text schon deswegen seinen Beweiswert f ü r einen Eigentumserwerb durch einen fugitivus per traditionem. Z u D. 46, 3, 34, 5 vgl. noch u. I V . 81 So Pringsheim, (o. A n m . 3) S. 343, der es dahingestellt sein läßt, ob quia — intellegeretur itp. ist; auch schon Salkowski, S. 37. Allerdings w i r d der Eigentumserwerb des Gläubigers idR. nicht als Argument f ü r die Befreiung des Schuldners angeführt (vgl. allg. zu dieser Frage Haymann, (o. A n m . 79) S. 405, 414 f., siehe aber auch u. A n m . 82), sondern G r u n d f ü r die Befreiung sei die Schutzwürdigkeit des Schuldners (vgl. Käser, Festschrift Felgentraeger S. 277 ff., 283); daher auch der Itp.-Verdacht („falsches Argument", vgl. Beseler, SZ 45, 485). 82 A n Quellen siehe Jul. D. 24, 1, 39; A f r . D. 46, 3, 38, 1; vgl. Jakobs, SZ 91, 205 ff., 235; Kupisch, SZ 93, 60 ff., 69; anders z . T . Haymann, S. 415 f.; dagegen Käser, Festschrift Felgentraeger S. 285. Z u r Afrikanstelle (D. 46, 3, 38,1) siehe noch u. I I I 2 b bb bbb. 83 So Pringsheim, (o. A n m . 3) S. 343; Salkowski, S. 37; Rotondi (vgl. o. A n m . 38). 84 D. 6, 2, 15 (3 ad Sab.): Si servus meus, cum i n fuga sit, rem a non domino emat, Publiciana m i h i competere debet, licet possessionem rei traditae per eum nactus non sim. D. 41, 1, 54, 4 (31 ad Quint. Mue.): . . . sed nec per serv u m alienum, quem nos bona fide possidemus, dominus peculiari nomine ignorane usucapere poterit, sicuti ne per f u g i t i v u m quidem, quem non possidet. Dazu, daß Pomponius (nicht w i e überliefert Modestin) als Verfasser dieser Stelle anzusehen ist, vgl. Benöhr, Besitzerwerb S. 130 f. und Nicosia, L'acquisto del possesso S. 410 ff.; Dulckeit, S. 32 zweifelt daran, daß Pomponius dieser Auffassung war, u n d erwägt Verfälschungen.
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erwerb per traditionem ohne Besitzerwerb eintreten 85 ? Aber auch wenn man sich über diese Schwierigkeiten hinwegsetzen wollte, erscheint ein Eigentumserwerb des dominus hier fraglich, und zwar wegen der unterschiedlichen Vorstellungen von Zahlendem und Annehmendem über den Zweck der traditio. Der zahlende Schuldner nämlich w i l l eine nach seiner Auffassung dem fugitivus (den er für einen Freien hält) gegenüber bestehende Schuld tilgen; der fugitivus dagegen w i l l das Geld, das i n Wahrheit dem dominus (Gläubiger) zusteht, für sich einkassieren und unterschlagen 8®. Die traditio verschafft aber das Eigentum nur, wenn sie Vollzug einer gültigen Zweckvereinbarung ist 8 7 , und ob hier eine gültige Zweckvereinbarung — als solche kommt nur solutionis causa i n Betracht — vorliegt, erscheint immerhin zweifelhaft und bedarf der Überprüfung. b) Es sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die hier einer Ubereignung entgegenstehen könnten. Einmal ist der fugitivus i m Verhältnis zum Gläubiger (seinem Herrn) sicher nicht berechtigt, dessen Forderung einzuziehen und das Geld i n Empfang zu nehmen. Hinzu kommt, daß der fugitivus das Geld für sich annimmt, also ein f u r t u m begeht 88 . Drittens glaubt der Schuldner, an seinen Gläubiger, für den er den fugitivus hält, zu zahlen, während Gläubiger und möglicher Erwerber des Geldes der dominus ist. aa) Betrachten w i r zunächst den ersten Gesichtspunkt. Paulus behandelt i n D. 46, 3, 51 den Fall, daß ein Schuldner an einen — wie er nicht weiß — inzwischen abgesetzten Kassenverwaltersklaven eine Geldleistung erbringt, die dem Herrn des Sklaven gebührt: (9 ad ed.) Dispensatori, q u i ignorante debitore remotus est ab actu, recte solvitur: ex voluntate enim domini ei solvitur, quam si nescit m u t a t a m q u i solvit, liberatur.
Allgemein w i r d heute angenommen, daß Paulus dem Schuldner durch die Zahlung Befreiung ipso iure gewährt 89 . Obwohl also der Sklave zur Empfangnahme des Geldes nicht mehr berechtigt ist, erwirbt er dem dominus offenbar Eigentum an dem Geld 90 . Z u m gleichen Ergebnis kommt Ulpian i n dem Fall, daß ein Schuldner aus einem Pekuliargeschäft m i t einem filiusfamilias an diesen zahlt, ohne zu wissen, daß diesem unterdessen das Pekulium entzogen worden war: 85
Das würde die Meinung Pringsheims (vgl. o. I I 4) stützen. Dies w i r d m a n bei einem fugitivus unterstellen dürfen. 87 Vgl. n u r Käser, I S. 416 f. (§ 100 I V 2). 88 Vgl. o. A n m . 86. 89 Vgl. Käser, Festschrift Felgentraeger S. 277 ff., 283 (mit A n m . 33), 284 (mit A n m . 39). 90 Sonst könnte keine Befreiung ipso iure eintreten; siehe o. bei A n m . 82. 86
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1. Teil: Römisches Recht D. 12, 6, 26, 8 (26 ad ed.) Qui filio familias solverit, cum esset eius peculiaris debitor, si quidem ignoravit ademptum ei peculium, l i b e r a t u r . . . 9 1
A u c h hier vermittelt der Gewaltunterworfene dem paterfamilias — das d a r f m a n aus d e r B e f r e i u n g des Schuldners schließen — das E i g e n t u m a n dem Gezahlten, obgleich er zur Empfangnahme nicht m e h r b e r e c h t i g t ist. A l l e r d i n g s f e h l t es i n diesen F ä l l e n auch n u r a n d e r E m p fangsberechtigung. V o n e i n e m diebischen V e r h a l t e n des A n n e h m e n d e n lassen d i e Q u e l l e n nichts e r k e n n e n 9 2 . D i e f e h l e n d e E m p f a n g s b e r e c h t i g u n g a l l e i n s t e h t o f f e n b a r n i c h t d e r a l l g e m e i n e n R e g e l entgegen, daß Gewaltunterworfene unmittelbar für ihren H e r r n erwerben 93. bb) A n d e r s k a n n es j e d o c h sein, w e n n h i n z u k o m m t , daß d e r A n n e h m e n d e e i n f u r t u m begeht. aaa) A l l g e m e i n e Regel ist, daß d e r j e n i g e , d e r m i t d e r E n t g e g e n n a h m e e i n e r L e i s t u n g e i n f u r t u m begeht, n i c h t E i g e n t ü m e r des E m p f a n g e n e n w i r d . Das E i g e n t u m v e r b l e i b t b e i m L e i s t e n d e n 9 4 . U l p . D . 47, 2, 43 pr. (41 ad Sab.): Falsus creditor, hoc est is, q u i se simulât creditorem, si quid acceperit, f u r t u m facit nec n u m m i eius fient 9 5 . W e n d e t m a n diesen G e d a n k e n a u f d e n F a l l des f u g i t i v u s a n (fr. 19), ist d e r Schluß n a h e l i e g e n d , daß auch h i e r d e r z a h l e n d e S c h u l d n e r E i g e n t ü m e r b l e i b t , das f u r t u m des A n n e h m e n d e n e i n e n E r w e r b f ü r d e n 91 Vgl. Käser, S. 284; den entsprechenden F a l l behandelt f ü r den Sklaven m i t gleichem Ergebnis Gord. C. 8, 42, 3. 92 W i r werden dies hier auch nicht unterstellen dürfen; denn auch ohne f u r t u m des annehmenden Gewaltunterworfenen ist die Frage, ob der Schuldner frei w i r d , von Interesse u n d konnte daher Gegenstand einer juristischen Untersuchung sein. Der Gewalthaber hat zwar m i t Übergabe an den Gewaltunterworfenen Eigentum an dem Geleisteten erworben. Ob er aber auch t a t sächlich i n den Genuß der Leistung kommt, ist damit noch nicht gesagt. Der Kassenverwalter z. B. k a n n sich an einem anderen Ort befinden, das an i h n gezahlte Geld kann, bevor der H e r r es tatsächlich erhält, gestohlen werden oder auf andere Weise verloren gehen. I n diesen Fällen mußte entschieden werden, ob der Schuldner durch Zahlung an den Nichtempfangsberechtigten frei w i r d oder ob er noch einmal zahlen muß. Aus naheliegenden Gründen entschied man sich für Befreiung. I n derartigen Fällen zusätzlich ein f u r t u m des Gewaltunterworfenen — der sich j a nicht etwa abgesetzt hat — zu unterstellen, wäre nicht gerechtfertigt. 98 Insoweit t r i f f t der Satz Käsers (Festschrift Felgentraeger S. 293) zu: „ I s t der Ermächtigte Gewaltunterworfener des Ermächtigenden geblieben, hat dieser n u r etwa seine Ermächtigung widerrufen, versteht es sich von selbst, daß die an den Ermächtigten bewirkte Leistung trotz des Widerrufs dem Gewalthaber zufiel." 94 Vgl. Käser, I S. 417 A n m . 39 (§ 100 I V 2); ders. T R 29, 169 ff., 203 m i t A n m . 112; ders. B u l l . 64, 60 ff., 76 f. m i t A n m . 59 u n d 61; Medicus, Synt. ArangioRuiz I S. 214 ff., 220 f. (mit A n m . 39). 95 Vgl. auch Scaev. D. 13,1,18.
. Kap.: Erwerb durch einen
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d o m i n u s h i n d e r t . D i r e k t e A u s s a g e n ü b e r d i e W i r k s a m k e i t oder U n w i r k s a m k e i t der Übereignung, w e n n der annehmende f u r ein G e w a l t u n t e r w o r f e n e r ist, f e h l e n — s o w e i t ich sehe 9 6 . M e h r f a c h e r ö r t e r t w i r d diese Frage, w e n n E m p f ä n g e r e i n falsus p r o c u r a t o r ist. H i e r g e h t i m a l l g e m e i n e n die A u f f a s s u n g d a h i n , daß d e r falsus p r o c u r a t o r , w e n n e r die L e i s t u n g a n n i m m t u n d f ü r sich b e h ä l t , e i n f u r t u m b e g e h t u n d d i e geleisteten Gegenstände, i n a l l e r Regel Geld, i m E i g e n t u m des z a h l e n d e n Schuldners v e r b l e i b e n 9 7 . Dies l ä ß t z w a r noch k e i n e z w i n g e n d e n Rückschlüsse a u f u n s e r e n F a l l (D. 46, 3, 19) zu, da d e r das f u r t u m v e r ü b e n d e falsus p r o c u r a t o r k e i n G e w a l t u n t e r w o r f e n e r des G l ä u b i g e r s i s t u n d f o l g l i c h i h m schon deshalb k e i n E i g e n t u m e r w e r b e n k a n n 9 8 . I m m e r h i n i s t a b e r d i e V e r m u t u n g n i c h t f e r n l i e g e n d , daß a u c h i m ansonsten g l e i c h g e l a g e r t e n F a l l ( m i t d e m U n t e r s c h i e d , daß d e r f u r S k l a v e ist) ebenfalls a n z u n e h m e n ist, daß i n f o l g e des f u r t u m d e r Z a h l e n d e E i g e n tümer bleibt. b b b ) A n d e r s scheint dagegen U l p i a n z u entscheiden: Ulp. D . 46, 3, 18 (41 ad Sab.) Si quis servo pecuniis exigendis praeposito solvisset post manumissionem, si quidem ex contractu domini, sufficiet, quod ignoraverit manumissum: quod si ex causa peculiari, quamvis scierit manumissum, si tarnen ignorav e r i t ademptum ei peculium, liberatus erit. utroque autem casu m a n u missus si intervertendi causa i d fecerit, f u r t u m domino facit: nam et si debitori meo mandavero, u t T i t i o pecuniam solveret, deinde T i t i u m vetuero accipere idque ignorans debitor T i t i o simulanti se procuratorem solverit, et debitor liberabitur et Titius f u r t i actione tenebitur. D e r erste T e i l des T e x t e s ( — d o m i n o facit) h a n d e l t d a v o n , daß j e m a n d seinen S k l a v e n m i t d e r E i n f o r d e r u n g v o n G e l d e r n b e t r a u t h a t . A n diesen S k l a v e n z a h l t n u n e i n S c h u l d n e r des H e r r n (ex c o n t r a c t u 96 Rückschlüsse können hierzu aus Jul. D. 46, 3, 34, 5 gezogen werden. Diese Quelle soll jedoch wegen ihrer gegenüber fr. 19 anscheinend entgegengesetzten Aussage — vgl. o. A n m . 80 — zunächst außer Betracht bleiben. Ich komme u. I V darauf zurück. 97 Vgl. Ulp. D. 47, 2, 43, 1, w o es i m Anschluß an den oben nach A n m . 94 zitierten T e x t heißt: Falsus procurator f u r t u m quidem facere videtur. sed Neratius videndum esse ait, an haec sententia cum distinctione vera sit, ut, si hac mente ei dederit nummos debitor, u t eos creditori perferret, procurator autem eos intercipiat, vera sit: nam et manent nummi debitoris, cum procurator eos non eius nomine accepit, cuius eos debitor f i e r i v u l t , et i n v i t o domino eos contrectando sine dubio f u r t u m f a c i t . . . Z u den Einschränkungen, die Neraz hier macht (die den Grundsatz unberührt lassen) vgl. Medicus, Synt. Arangio-Ruiz I S. 214 ff., m i t weit. Nw.; Thomas, St. Grosso I I S. 409 ff. — Vgl. auch Ulp. D. 47, 2, 52, 11; Pap. D. 47, 2, 81, 5 et 7 (zu den Besonderheiten i n fr. 81, 6 vgl. Medicus u n d Thomas). Pomp. D. 47, 2, 44 pr. steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen, vgl. Kupisch, SZ 93, 60 ff., 83 f. 98 Z w a r ging seit Neraz (D. 41,1,13 pr.) die Entwicklung dahin, daß auch der procurator — ähnlich einem Sklaven — f ü r den Geschäftsherrn Besitz u n d damit per traditionem Eigentum erwerben konnte (vgl. n u r Käser, I S. 393 [§ 95 I I 4]), doch gilt dies selbstverständlich nicht für einen falsus procurator.
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1. Teil: Römisches Recht
domini 9 0 ) nicht wissend, daß der Sklave inzwischen freigelassen worden ist. Der Freigelassene — so heißt es dann — begeht, wenn er das Geld für sich annimmt (si intervertendi causa id fecerit), ein furtum, und zwar zum Nachteil seines ehemaligen Herrn (furtum domino facit) 100 . Ist dies aber der Fall, — so w i r d man folgern — müßte der dominus Eigentümer des gezahlten Geldes geworden sein; denn wäre es der Schuldner geblieben, so müßte doch zu seinen Lasten der Diebstahl begangen worden sein. Es scheint also, als habe hier trotz der diebischen Handlung des manumissus ein Eigentumserwerb des Gläubigers stattgefunden. Dann aber liegt die Annahme nahe, daß die diebische Haltung des Empfängers auch i n fr. 19 einem Eigentumserwerb des dominus nicht entgegensteht. Nehmen w i r den zweiten Teil von fr. 18 hinzu, den Ulpian zur Begründung des ersten Teils anführt: Ich habe meinen Schuldner angewiesen, statt an mich, an Titius zu zahlen. Dem kommt mein Schuldner nach, weiß aber nicht, daß ich inzwischen Titius verboten habe, für mich die Zahlung anzunehmen. Dieser gibt sich nämlich als procurator aus. Auch hier heißt es, daß Titius ein furtum begehe. Zwar w i r d nicht ausdrücklich gesagt, zu wessen Lasten, doch spricht die Tatsache, daß dieser Passus zur Begründung des ersten Teils angeführt wird, dafür, daß auch hier der Gläubiger der Bestohlene ist 1 0 1 . Dann scheint auch hier der Gläubiger Eigentum erworben zu haben. Diese Annahme w i r d dadurch unterstützt, daß es außerdem heißt: debitor liberabitur. W i r d aber der Schuldner (ipso iure) befreit, so w i r d er auch das Eigentum verloren haben 102 . Dann aber kann es nur der Gläubiger erworben haben 1 0 3 . Hat also auch hier trotz des diebischen Verhaltens des falsus procurator der Schuldner sein Eigentum verloren, der Gläubiger Eigentum erworben? Auch i n fr. 19 dürfte dann das Delikt des fugitivus für sich genommen kein Hinderungsgrund für einen Eigentumsübergang sein. 99 I m Gegensatz zu dem anschließenden F a l l des Pekuliargeschäfts, der h i n sichtlich der hier interessierenden Frage genauso gelöst w i r d u n d daher v e r nachlässigt werden kann. 100 M a n könnte daran denken, „domino" hier ganz neutral m i t „Eigentümer" zu übersetzen, so daß durch die Formulierung offen bliebe, ob damit der zahlende Schuldner oder der Gläubiger gemeint ist; doch spricht die V e r wendung des Wortes dominus kurz vorher i m T e x t iSv. H e r r des Sklaven dafür, daß auch hier der ehemalige Gewalthaber gemeint ist. So i m Ergebnis auch Claus, S. 304. 101 Vgl. etwa Thomas, St. Grosso I I S. 409 ff., 420; Käser, Festschrift Felgentraeger S. 277 ff., 287; auch Claus, S. 304. 102 Siehe o. A n m . 82. 103 T i t i u s als Dieb scheidet als Erwerber aus. — I n diesem Sinn z. B. Käser, (o. A n m . 101) S. 287.
5. Kap.: Erwerb durch einen servus fugitivus
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Doch steht fr. 18, wenn man die Stelle so versteht, i m Gegensatz zu der Lösung, die Julian i n Afr. D. 46, 3, 38, l 1 0 4 vertritt und i m Gegensatz zu den Entscheidungen, die man den anderen oben angeführten Texten entnehmen kann 1 0 5 . Julian loc. cit. nimmt i n einem entsprechenden Fall (Anweisungsfall wie der i n Ulp. D. 46, 3, 18: nam et si . . . ) an, daß der Schuldner nicht befreit wird, sondern die condictio furtiva gegen Titius behält, folglich also auch Eigentümer des gezahlten Geldes bleibt 1 0 6 . W i r d er vom Gläubiger noch einmal i n Anspruch genommen, kann er unter Abtretung seiner Klage gegen Titius an den Gläubiger diesem gegenüber die exceptio doli erheben: Afr. (Jul.) D. 46, 3, 38, 1 (7 quaest.) Si debitorem m e u m iusserim T i t i o solvere, deinde T i t i u m vetuerim accipere et debitor ignorane solverit, ita eum l i b e r a l i existimavit (seil. Julian), si non ea mente Titius nummos acceperit, u t eos lucretur. alioquin, quoniam f u r t u m eorum sit facturus, mansuros eos débitons et ideo liberationem quidem ipso iure non posse contingere debitori, exceptione tamen ei succ u r r i aequum esse, si paratus sit condictionem furtivam, quam adversus T i t i u m habet, m i h i praestare .. . 1 0 7
I n der Tat läßt sich m. E. der Eigentumserwerb des Gläubigers i n fr. 18 nicht begründen. I m ersten Teil der Stelle scheidet ein gewöhnlicher Erwerb durch Sklaven aus, da i m Zeitpunkt der Annahme, also der den Erwerb (sonst) begründenden traditio, der Sklave schon freigelassen ist, einen Erwerb für den dominus also gar nicht mehr vollziehen kann. I m zweiten Fall hätte Titius nach der seit Neraz überlieferten Auffassung 108 für den Gläubiger allenfalls als procurator Eigentum erwerben können, i m Zeitpunkt der Zahlung war er aber lediglich falsus procurator. E i n Erwerb des Gläubigers durch i h n war nicht möglich. Käser 109 meint, Ulpian folge hier der Durchgangstheorie des Celsus, wie sie i n Ulp. D. 24, 1, 3, 12 überliefert sei: Bei Zahlung auf Anweisung gehe das Eigentum an dem gezahlten Geld nicht vom Angewiesenen (Delegat) direkt auf den Anweisungsempfänger (Delegatar) über, sondern für eine logische Sekunde zunächst an den A n weisenden (Delegant) und dann erst an den Delegatar. I n unserem Fall (fr. 18: nam et si . . . ) hieße das: das vom Schuldner gezahlte Geld erwürbe nicht direkt Titius, sondern das Eigentum ginge durch die Person des anweisenden Gläubigers; da i n casu ein Erwerb des Titius we104
S. 285. 105
Es w i r d angenommen, daß A f r i k a n J u l i a n hier zitiert; vgl. n u r Käser,
Siehe o. A n m . 97. — M i t I t p . - K r i t i k hat m a n sowohl D. 46, 3, 18 als auch D. 46, 3, 38, 1 gegenüber nicht gespart; vgl. Ind. Itp. Käser, Festschrift Felgentraeger S. 277 ff., 286 n i m m t eine Klassikerkontroverse an. 106 Vgl. Käser, 286. 107 Vgl. zu dem Text auch Kupisch, SZ 93, 60 ff., 85 f. 108 Siehe o. A n m . 98. 109 Festschrift Felgentraeger S. 277 ff., 287. 4*
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1. Teil: Römisches Recht
gen des furtum ausscheidet, ist logische Folge der Verbleib des Eigentums beim Gläubiger 1 1 0 . Kupisch 111 ist der Annahme, Celsus loc. cit. plädiere für einen Durchgangserwerb des Deleganten, m i t m. E. überzeugenden Argumenten entgegengetreten 112 . Während dort aber immerhin der Text prima facie Anhaltspunkte für einen Durchgangserwerb zu enthalten scheint 113 , fehlt es hieran i m Ulpianfragment (D. 46, 3, 18) vollständig 1 1 4 . Sachliche Kriterien bestätigen dieses Bild. Zunächst: I n fr. 18 ist lediglich der Vergleichsfall (nam et s i . . . ) ein Anweisungsfall und somit m i t der Celsus-Stelle vergleichbar. Der Sklavenfall unterscheidet sich hiervon schon dadurch, daß der Sklave, dem bei einem Vergleich die Stellung des Delegatars zukäme, — läßt man die Besonderheiten der Freilassung und der Unkenntnis des Schuldners hiervon einmal außer Betracht — gar nicht das Eigentum erwerben könnte. Ein Durchgangserwerb wäre also schon für den Normalfall nicht denkbar. Außerdem steht einem Eigentumserwerb des Gläubigers i m Ausgangsfall wie i m Vergleichs-(Begründungs-)Fall das Traditionsprinzip entgegen. Zwar mag die causa solutionis sich i m Verhältnis Delegat — Delegant vollziehen 115 . Daß sie sich i m Sklavenfall (Ausgangsfall) zwischen Schuldner und Gläubiger vollzieht, ist selbstverständlich 116 . Doch reicht m. E. die Ubergabe an den Delegatar (bzw. an den ehemaligen Sklaven) als bloßen Leistungsempfänger — w i e aber Käser annimmt 1 1 7 — nicht aus. Wieacker 118 hat den Versuch unternommen, den (Zwischen-)Erwerb des Anweisenden (für Ulp.-Cels. D. 24, 1, 3, 12) m i t folgender Konstruktion zu begründen: Für eine juristische Sekunde solle der Anweisungsempfänger für den Anweisenden als 110 Z u r Celsus-Stelle und zum Problem zuletzt Jakobs, SZ 91, 205 ff. u n d Kupisch, SZ 93, 60 ff., m i t zahlreichen Nachw. S. 61 A n m . 8. 111 Vgl. o. Anm. 110. 112 Die Argumentation sei nicht die eines (tatsächlichen) Durchgangserwerbs, sondern die rechtliche Bewertung des Anweisungsfalles erfolge i n Analogie zu dem F a l l zweier Zahlungen; Kupisch, S. 65: „Die anweisungsgemäße Zahlung des Delegaten an den Delegatar ist rechtlich so zu beurteilen w i e der Fall, daß der Delegat an den Deleganten zahlt u n d dieser an den Delegatar." Gegen die Durchgangstheorie auch Jakobs, der für D. 24, 1, 3, 12 zur Stützung seiner Meinung allerdings erhebliche Textkorrekturen v o r n i m m t (o. A n m . 110) S. 233 ff. 113 Vgl. Kupisch, S. 69 f.; Jakobs, S. 206; wie Kupisch nachweist, allerdings n u r scheinbar. 114 M a n geht m. E. nicht zu weit, w e n n man vermutet, daß ohne den CelsusT e x t wahrscheinlich niemand auf die Idee gekommen wäre, hier Durchgangserwerb anzunehmen. 115 So Käser, (o. A n m . 109) S. 289; vgl. auch Kupisch, SZ 93, 60 ff., 82 A n m . 87 u n d S. 85 A n m . 99. 116 Hier passen die Begriffe des Anweisungsverhältnisses nicht; siehe soeben i m Text. 117 S. 289. 118 Festschrift E. Wolf zum 60. Geb. S. 420 ff., 423.
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freier Stellvertreter besitzen (Besitzkonstitut) und folglich für i h n Eigentum erwerben (causa solutionis i m Verhältnis Angewiesener — Anweisender, siehe oben i m Text); sodann solle das Eigentum brevi manu traditio auf den Anweisungsempfänger übergehen. Ob für derartige Fälle freie Stellvertretung i m Besitz möglich war, ist i n der romanistischen Literatur seit jeher umstritten 1 1 9 . Vielfach nimmt man an, ein Besitzkonstitut komme nur dort i n Betracht, wo der Detentor ein Gewaltabhängiger, procurator oder tutor ist. Dies entspricht der Regel, daß Stellvertretung durch Freie m i t Ausnahme der beiden Genannten nicht möglich ist 1 2 0 . Selbst wenn aber auch ohne diese Beschränkung ein Besitzkonstitut schon i n klassischer Zeit erwogen worden oder gar anerkannt gewesen sein sollte, so steht doch dieser Lösung für Ulp. D. 46, 3, 18 letztlich entgegen, daß der Detentor (ehemaliger Sklave oder Anweisungsempfänger Titius) die Sachherrschaft gar nicht für den Gläubiger (Anweisenden) ergreift, sondern für sich (furtum). Der Detentor besitzt also gerade nicht nomine alieno. Auch kann von i h m nicht gesagt werden: alium possessorem ministerio meo facio, wie dies aber bei Cels. D. 41, 2, 18 pr. (23 dig.) gefordert wird. Bei dieser Sachlage w i r d man einen Eigentumserwerb des Gläubigers i n D. 46, 3, 18 nicht annehmen können 1 2 1 . Die diebische Haltung des Annehmenden steht dem entgegen. Sind damit die übrigen Aussagen des Textes, die für einen Eigentumserwerb des dominus zu sprechen schienen 122 , vereinbar? Man w i r d diese Frage m. E. bejahen dürfen, wenn man nämlich einem Gedanken Kupischs folgt, den dieser für Ulp.-Cels. D. 24, 1, 3, 12 entwickelt hat 1 2 3 . Das furtum begeht der Sklave (bzw. Titius) nicht deshalb zulasten des dominus (Gläubigers), weil dieser Eigentümer des Geldes geworden ist, sondern weil i h m das vom Schuldner gezahlte Geld wirtschaftlich ge119 Vgl. Käser, I S. 394 A n m . 37 (§ 95 I I 5); zuletzt dazu Wacke, Besitzkonstit u t S. 15 A n m . 46. 120 Vgl. Wacke, (o. A n m . 119). — Dazu n u r folgendes: Cels. D. 41, 2, 18 pr. ist m. E. k e i n zwingender Beweis dafür, daß auch (außerhalb der Ausnahmen) Gewaltfreie per Besitzkonstitut Eigentum v e r m i t t e l n konnten, da es durchaus denkbar ist, daß i n dem genannten T e x t ein procurator i n Rede steht (vgl. Wacke, S. 11; Schulz, Einführung S. 73 ff., 78). Ulp. D. 6, 1, 77 (17 ad ed.) a. Anf. handelt zwar von jemandem, der als Stellvertreter an sich nicht auftreten kann, doch argumentiert der T e x t : quasi per ipsam adquisierit possessionem v e l u t i per colonam. Das läßt sich so verstehen, daß U l p i a n den F a l l n u r genauso behandeln wollte, wie w e n n (quasi) m a n durch sie (ipsam) den Besitz erwerben könnte (Konj.), man k a n n es aber an sich nicht. Z u dieser A r t der Argumentation siehe Kupisch, (o. A n m . 115) S. 61 f.; auch Jakobs, SZ 91, 205ff.; siehe allerdings Käser, I I Nachtr. zu B a n d i zu §95 A n m . 37, der die Stelle als Beweis f ü r die Gegenmeinung a n f ü h r t 121 Vgl. auch Kupisch, S. 72 A n m . 55 : „Der falsus procurator als Besitzm i t t l e r f ü r den anweisenden Schuldner?" (bezogen auf D. 24,1, 3, 12). 122 Vgl. o. I I I 2 b bb bbb a. Anf. 123 SZ 93, 60 ff., 83 f.
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bührt 1 2 4 . Die Zahlung des Schuldners befreit diesen ipso iure genausowenig, wie dies i n D. 46, 3, 38, 1 der Fall ist 1 2 5 . Wie dort w i r d er hier Schutz vor nochmaliger Inanspruchnahme durch exceptio doli erhalten haben; erst wenn der Gläubiger mit Hilfe der actio f u r t i das i h m gebührende Geld erhält, w i r d er Eigentümer und der Schuldner ipso iure befreit 1 2 6 . cc) Nach dem Bisherigen läßt sich für D. 46, 3, 19 folgendes festhalten. W i r d an einen — nicht gewaltabhängigen — falsus procurator geleistet, der m i t der Annahme ein furtum begeht, so kann ein Eigentumserwerb für den Gläubiger, für den der falsus pruocurator vorgibt anzunehmen, nicht eintreten. Dieses Ergebnis stellt — was die Verneinung des Erwerbs für den Gläubiger angeht — keine Besonderheit dar, da auch ohne f u r t u m einem Erwerb der Satz entgegenstünde, daß man durch einen Gewaltfreien nichts erwerben kann 1 2 7 . Das furtum w i r k t sich aber dahingehend aus, daß eine Eigentumsübertragung überhaupt scheitert; auch der falsus procurator w i r d nicht Eigentümer, der Schuldner behält sein Recht. Damit haben w i r noch keinen zwingenden Beweis dafür, daß i n fr. 19 ein Erwerb für den wahren Gläubiger am furtum des Annehmenden scheitert; denn dort handelt es sich u m einen — wenn auch flüchtigen — Sklaven, der — anders als ein nicht gewaltabhängiger falsus procurator — dem dominus grundsätzlich noch Rechte erwerben kann 1 2 8 . Als Fazit bleibt m. E. immerhin eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, daß i n beiden Fällen die Auswirkungen des furtum insoweit gleich sind, als der zahlende Schuldner Eigentümer bleibt 1 2 9 . Denn warum sollte man ihn i n diesen Fällen unterschiedlich behandelt haben 130 . dd) Diese Überlegungen finden m. E. eine Bestätigung, wenn man sie an den Grundsätzen über den Eigentumsübergang mittels traditio mißt. Der Schuldner i n fr. 19 glaubt, er tradiere seinem Gläubiger, während i n Wahrheit der dominus Gläubiger ist. Soll dieser Eigentümer des Gezahlten werden, muß zwischen i h m und dem Schuldner eine Vereinbarung über den Zweck der Leistung getroffen werden (hier: solutionis causa). Unmittelbar ist zwischen beiden die Vereinbarung nicht zustande gekommen. Aber auch der fugitivus hat sie nicht 124
Kupisch, S. 83; (auch Pomp. D. 47, 2, 44 pr. findet so eine Erklärung; vgl. schon o. A n m . 97 a. E.) vgl. zu diesem Gedanken bereits o. A n m . 17. 125 Vgl. o. bei A n m . 107. 126 Der Anhaltspunkt i m T e x t hierfür ist die Verwendung des Futurs: liberabitur (liberatus erit); vgl. auch Kupisch, (o. A n m . 124). 127 Dies bedurfte aber eingehenderer Begründung, w e i l D. 46, 3, 18 f ü r eine andere Lösung zu sprechen schien. 128 Vgl. o. I I I 1 b. 129 Vgl. schon o. I I I 2 b bb aaa a. E. 130 Vgl. auch Kupisch, (o. A n m . 124) S. 83 A n m . 90.
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für den Gläubiger getroffen, sondern für sich, der Schuldner nicht m i t ihm, sondern m i t dem fugitivus, den er als Gläubiger ansah. Zwar ist für den Erwerb durch Gewaltunterworfene — und damit grundsätzlich auch für die Zweckabrede beim Erwerb per traditionem — nicht entscheidend, für wen die Erwerbsperson hierbei nach außen auftritt 1 3 1 . Notwendig ist aber, daß zwischen dem handelnden Gewaltabhängigen und dem Kontrahenten ein gültiges Rechtsgeschäft zustande kommt, dessen Wirkungen i n der Person des Handelnden eintreten könnten, wenn dieser vermögensfähig wäre, und die auf den dominus bezogen werden, weil er vermögensunfähig ist 1 3 2 . Infolge des furtum erwürbe jedoch auch ein Vermögensfähiger nichts 133 . Die unterschiedlichen Vorstellungen von Schuldner und Annehmendem über die Zielrichtung der Zahlung, das furtum des fugitivus, hindern das Zustandekommen einer gültigen Zweckvereinbarung hinsichtlich der Leistung 1 3 4 . Mangels iusta causa traditionis findet ein Eigentumsübergang an dem Gezahlten nicht statt. c) Nach allem möchte ich den Schluß ziehen, daß die Aussage „quia mei nummi facti essent" nicht bedeutet, daß der dominus Eigentümer des gezahlten Geldes geworden ist. Ebensowenig kann dann aber — nach den bisherigen Ausführungen — eine Befreiung des Schuldners ipso iure i n Betracht kommen; denn er ist Eigentümer des Geldes geblieben. Gleichwohl heißt es aber „liberari te a me". W i l l man trotzdem die Klassizität des Textes aufrechterhalten, so bietet sich folgende Deutungsmöglichkeit an 1 3 5 . Labeo-Pomp. wollten den gutgläubig an den Falschen zahlenden Schuldner schützen. Das ist jedenfalls das eindeutige Ergebnis von fr. 19 13e . Dieser Schutz ist theoretisch auf zweierlei Weise möglich. Ent131 132
374.
Vgl. o. Kap. 1 , 1 m i t A n m . 7. Vgl. Mitteis, Stellvertretung S. 6, 19; auch Wieacker, I u r a 12, 371 ff., 373,
133 Auch der falsus procurator e r w i r b t i n einem solchen F a l l j a n i d i t , vgl. o. I I I 2 b bb aaa. 134 Vgl. Käser, Festschrift Felgentraeger S. 277 ff., 285, w o f ü r A f r . D. 46, 3, 38, 1 (vgl. auch o. bei A n m . 107) ausgeführt ist: „ . . . denn das furtum, das der Empfänger begeht, macht die Zahlung u n d damit mangels einer iusta causa die traditio des Geldes unwirksam." 135 Ich möchte hier n u r i n aller Kürze eine denkbare Interpretation anbieten, die dem Text, so wie er uns vorliegt, genügen könnte u n d die zugleich das bisher gefundene Ergebnis — kein Eigentumserwerb für den Gläubiger — stützt; unabhängig davon halte ich aber schon jetzt fr. 19 nicht dafür geeignet, einen Eigentumserwerb per traditionem des fugitivus f ü r den H e r r n zu beweisen. 136 Entgegen Haymann, B u l l . 51/52, 393 ff., 405 A n m . 27 (vgl. o. A n m . 80) scheint m i r dieses Ergebnis sinnvoll zu sein — auch Beseler, SZ 45, 485 hält liberari te a me f ü r klassisch; ebenso Käser, S D H I 16, 59 ff., 65 A n m . 24; auch Pringsheim (o. A n m . 3), S. 343; Salkowski, S. 37 A n m . 72 — ; denn das Risiko, daß das Geld nicht an den wahren Berechtigten gelangt, k a n n m a n deswegen
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1. Teil: Römisches Recht
weder man gewährt dem Schuldner Befreiung ipso iure 1 3 7 oder aber man h i l f t i h m bei nochmaliger Inanspruchnahme durch den Gläubiger mit einer exceptio doli 1 3 8 . Der Weg per exceptionem doli war allerdings ausweislich Afr. (Jul.) D. 46, 3, 38, 1 nur dann eröffnet, wenn der Schuldner seine Ansprüche gegen denjenigen, der die Leistung unberechtigterweise i n Empfang genommen hatte, dem Gläubiger abtrat. W i l l man den Weg über die Einrede beschreiten, so stößt man bei fr. 19 auf die Schwierigkeit, daß i n diesem Fall der Schuldner keine A n sprüche gegen den fugitivus an den Gläubiger abtreten kann, w e i l solche gegen ihn als Unfreien nicht existieren und der Gläubiger sich m i t tels manus iniectio an den fugitivus — so er seiner habhaft w i r d — halten kann. Der Weg per exceptionem doli scheint damit für fr. 19 ebenso versperrt wie die Annahme einer Befreiung ipso iure 1 3 9 . Wollte man den Schuldner schützen, mußte man sich gleichwohl für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden. Lab.-Pomp. scheinen (liberari te a me) Befreiung angenommen zu haben. Da — wie w i r gesehen haben — die Voraussetzung für eine Befreiung an sich nicht gegeben ist, liegt als Begründung für die Entscheidung der Juristen eine Argumentation nahe, die vom Ergebnis her erfolgt: die Orientierung an einem anderen Fall, für den die Rechtsfolge liberari te a me anerkannt ist. Eine solche Rechtsfindung, die w i r heute als Analogieschluß verstehen würden 1 4 0 , war den römischen Juristen geläufig 141 , und ich halte eher dem dominus aufbürden, w e i l i h m der fugitivus näher steht als dem debitor: i h m ist er davon gelaufen, mag n u n auch er i h n wieder einfangen, u m an das Geld zu gelangen; i h m hat der Sklave trotz der Flucht die Forder u n g erworben, obwohl der Schuldner glaubte, m i t einem Freien zu kontrahieren. Auch steht durch diese Risikoverteilung der dominus nicht schlechter als vor der Darlehenshingabe durch den fugitivus: Vorher hatte der fugitivus das Geld des dominus, der hieran n u r kommen konnte, w e n n er des Sklaven habhaft wurde; nach Rückgabe des Geldes durch den Darlehensnehmer an den fugitivus steht der dominus wieder genauso da; w o l l t e man den D a r lehensnehmer nicht schützen u n d der erneuten Inanspruchnahme durch den dominus aussetzen, w ü r d e n dem dominus auf Kosten des Darlehensnehmers Vorteile eingeräumt, f ü r die m. E. eine sachliche Grundlage fehlt. 137 Dann aber wäre zu erwarten, daß er auch das Eigentum verloren hat (vgl. o. bei A n m . 82), was aber, w i e ausgeführt wurde, nicht möglich erscheint. 138 So w i e dies i n Ulp. D. 46, 3, 38, 1 dargelegt ist; vgl. o. bei A n m . 107. 139 M a n könnte allenfalls noch an eine exceptio i n factum denken. 140 Analogie allerdings nicht i n dem engen Sinn verstanden, w i e er i h r i n der Methodenlehre zuweilen zugemessen w i r d , nämlich als Übertragung der Rechtsfolgen eines gesetzlich geregelten Tatbestandes a auf einen ähnlichen, nicht gesetzlich geregelten Tatbestand b (vgl. n u r Larenz, Methodenlehre S. 366 A n m . 29), sondern i n einem weiteren Sinn als Übertragung anerkannter Wertentscheidungen auf neue Fallkonstellationen m i t vergleichbarer Interessenlage i m Wege anschaulichen Assoziierens konkreter Tatbestände; so ähnlich hat es einmal Schwarz, AcP 152, 193 ff., 207 f. formuliert. Vgl. vor allem auch Esser, Grundsatz u n d N o r m S. 231. Bei diesem Verständnis w i r d f ü r Analogie weder ein geschlossenes Normsystem vorausgesetzt (so aber fordert es w o h l Steinwenter, St. Albertario I I S. 105 ff., 106 f., l l l f . ; gegen
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es für möglich, daß Lab.-Pomp. i n derselben Weise zur Entscheidung gelangt sind: Q u i a . . . quasi m i h i solutum intellegeretur. Das kann man dahingehend verstehen, daß Lab.-Pomp. es lediglich so ansehen wollen, als habe der Schuldner die Leistung an den Gläubiger bewirkt 1 4 2 . Wäre das so, dann wäre er befreit worden. Dies ist der Vergleichsfall, an den die Entscheidung der Juristen m. E. anknüpft. Sie behandeln den Fall so, wie wenn der Schuldner die Leistung an den Gläubiger erbracht hätte (in Wirklichkeit hat er es aber gerade nicht); denn die rechtliche Bewertung des gedachten Sachverhaltes erscheint ihnen auch für den zu entscheidenden Fall angemessen. Der andere Teil der Begründung: quia mei nummi facti essent legt die Annahme eines solchen analogen Sinngehalts weniger nahe. Anders als bei quasi . . . intellegeretur scheint hier der Jurist damit zu argumentieren, daß es tatsächlich meine Münzen (also die des Gläubigers) geworden sind. Der K o n j u n k t i v (essent) muß schon deswegen gebraucht werden, weil Pomponius i n indirekter Rede die Meinung Labeos referiert 1 4 3 . Andererseits kann jedoch durch den Gebrauch des Konjunktivs als Irrealis auch ein Tatbestand ausgedrückt werden, der tatsächlich nicht existiert 1 4 4 , d. h. Lab.-Pomp. können auch gemeint haben: w e i l es meine Münzen geworden wären (sie sind es aber nicht!) 145 . Was spricht für eine solche irreale Bedeutung? Würde quia . . . facti essent meinen, daß i h n neben Schwarz u n d Esser auch Horak, S. 244 f.; Käser, Methode S. 59 A n m . 45; Wieacker, T R 36, 137 ff., 140; Bund, S. 104), noch ist sie überhaupt auf das positivierte Recht beschränkt (vgl. Käser; Wieacker). Gerade i m Bereich des Fallrechts hat analoges Denken (in diesem weiten Sinn) zentrales Gewicht; vgl. Käser; Esser, S. 231 ff. 141 Vgl. Käser, Methode S. 59 A n m . 45; Wieacker, T R 36, 137 ff., 140; Schwarz, A c P 152, 193 ff., 207 f.; speziell zu J u l i a n siehe Reggi, St. Parmensi I I S. 105 ff.; I I I S. 467 ff. 142 Vgl. zu dieser A r t der Argumentation (quasi, perinde ac, intellegitur u. ähnl.) neben Kupisch, SZ 93, 60 ff., 61 ff. u n d Jakobs, SZ 91, 205 ff., 207—219 (siehe schon o. A n m . 120 a. E.) v o r allem Esser, Grundsatz u n d N o r m S. 232 und Käser, Methode S. 59 A n m . 45 (zur Denkform des quasi als M i t t e l der Analogie) sowie Wesel, Rhetorische Statuslehre S. 42, 72 f. u n d Horak, S. 243 (zu videri u n d intellegi als Ausdrucksmittel für Analogie). — Z u m Sinngehalt von solvere siehe noch u. bei A n m . 148; gemeint ist hier m. E. mehr als n u r der tatsächliche Vorgang der Aushändigung der Münzen. 143 Die consecutio temporum (Plusquamperfekt u n d Imperfekt nach ait) ist i n Ordnung, w e n n m a n ait als historisches Praesens auffaßt; dies gegen Beseler, SZ 45, 485. 144 Vgl. Leumann / Hof mann / Szantyr, S. 329: (Der K o n j u n k t i v ) „ . . . dringt i n die Temporal-, Kausal- u n d Konzessivsätze ein u n d setzt sich schließlich als Modus der U n w i r k l i c h k e i t bzw. Ungewißheit selbst i n den Objektsätzen m i t quod, quia u. ä. fest." — Allerdings ist der K o n j u n k t i v zur Bezeichnung der Modalität der NichtWirklichkeit nach quod häufiger anzutreffen, während nach quia meist der I n d i k a t i v steht; vgl. Leumann / Hof man / Szantyr, S. 577. 145 w o l l t e n Lab.-Pomp. dies ausdrücken, so hätte auch hier der K o n j u n k t i v das Ausdrucksmittel sein können; n u r w i r d es nicht so deutlich, da der K o n j . schon wegen der indirekten Rede gesetzt werden mußte.
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die Münzen wirklich Eigentum des dominus geworden sind, wäre quasi . . . intellegeretur entbehrlich. Liegt nämlich der normale Fall des Erwerbs durch einen (wenn auch flüchtigen) Sklaven vor, so bedarf es nicht der Begründung m i t dem Vergleichsfall der Leistungsbewirkung an den dominus. Denn ob ich dadurch an den dominus zahle, daß ich i h m das Geld direkt übereigne, oder dadurch, daß ich es seinem Sklaven gebe, der für i h n unmittelbar das Eigentum erwirbt, w i r d keinen Unterschied machen 146 . Zudem: Wenn der Eigentumserwerb des dominus so unproblematisch gewesen sein sollte, wie dies Pringsheim 147 annehmen möchte, w i l l nicht recht einleuchten, warum dann Lab.-Pomp. ausdrücklich darauf hingewiesen haben. Gerade die Tatsache, daß es heißt quia mei nummi facti essent, deutet darauf hin, daß nicht etwas an sich Selbstverständliches eingetreten ist, sondern daß hier auf eine Besonderheit des Falles hingewiesen wird. Die bloße Begründung: w e i l es meine Münzen geworden wären, befriedigt aber noch nicht. Man erwartet vielmehr, daß die Bedingung genannt wird, die diese Rechtsfolge (Eigentumserwerb des Gläubigers) nach sich gezogen hätte. M. E. sind hier zwei Möglichkeiten als Bedingung für diese Rechtsfolge erwägenswert: wenn der Schuldner an mich gezahlt hätte, oder: wenn der Sklave kein fugitivus gewesen wäre. Wenn man aus dem Gesamtzusammenhang ergänzen könnte: wenn der Schuldner an mich gezahlt hätte, so müßte, damit die Begründung sinnvoll wird, wie folgt übersetzt werden: w e i l es meine Münzen geworden wären, wenn der Schuldner an mich gezahlt hätte, und (weil) es (hier) so angesehen wird, als habe der Schuldner an mich gjezahlt. Sprachlich wäre diese Übersetzung (im übrigen) möglich, doch womit ließe sich die eingefügte Ergänzung rechtfertigen? A l l e i n die Tatsache, daß die zweite Begründung (et quasi) m i t einer Zahlung an den dominus argumentiert, dürfte kaum ausreichend sein für die Annahme der vorgeschlagenen Ergänzung. Weitere Anhaltspunkte fehlen aber. Die Ergänzung ist zwar sinnvolle aber doch willkürliche Unterstellung. Wie verhält es sich m i t der anderen Möglichkeit: w e i l es meine M ü n zen geworden wären, wenn der Sklave kein fugitivus gewesen wäre, und es so angesehen wird, als habe der Schuldner an mich gezahlt? Richtig ist sicher die Argumentation, daß die Münzen meine geworden wären, wenn sie ein normaler Sklave i n Empfang genommen hätte. Das wäre der Normalfall des Rechtserwerbs durch Sklaven. Schwierigkeiten bereitet dann aber die Deutung von et quasi m i h i . . . : Weil es (dann nämlich) so angesehen würde, als sei an mich gezahlt worden 146
Haymann, B u l l . 51/52, 393 ff., 405 A n m . 27, beanstandet daher w o h l auch die Ausdrucksweise: et quasi m i h i . 147 S. 342 f. (vgl. o. A n m . 3).
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(eine Argumentation also bezogen auf den angenommenen Fall des normalen Sklaven), erscheint wenig wahrscheinlich; denn der (unproblematische) Erwerb mittels eines Sklaven brauchte nicht eigens m i t dem Fall direkter Zahlung an den Gläubiger begründet zu werden 1 4 8 . Sinn kann die zweite Begründung m. E. nur bekommen, wenn sie wieder auf den zu entscheidenden Fall des fugitivus bezogen w i r d : und weil es (hier) so anzusehen ist, als sei an mich gezahlt worden. Was damit gemeint ist, w i r d deutlich, wenn man sich die Bedeutung von solvere i n diesem Zusammenhang vor Augen führt. Z u verstehen ist darunter m. E. hier nicht der tatsächliche Vorgang der Aushändigung der Münzen, die i n jedem Fall an den Sklaven erfolgt, sondern der rechtliche Vorgang des sich Entledigen von einer obligatorischen Verbindlichkeit durch Befriedigung 149 . Diesen Vorgang des solvere kann man nicht nur dadurch bewirken, daß man das geschuldete Geld dem Gläubiger selbst aushändigt, sondern auch dadurch, daß man es seinem Sklaven übergibt 1 5 0 . Der fragliche Text kann demnach bedeuten: weil es meine Münzen geworden wären, wenn der Sklave kein fugitivus gewesen wäre, und (weil) es (hier, i m zu entscheidenden Fall) so ange^ sehen wird, als sei m i r gegenüber die Solution (vermittels meines Sklaven) erfolgt. Die Begründung wäre schlüssig. Die Frage ist aber, ob sich die Ergänzung, wenn der Sklave kein fugitivus gewesen wäre, aus dem Zusammenhang rechtfertigen läßt. Dafür spricht zunächst einmal, daß bei dieser Ergänzung die Argumentation im Bereich des Sklavenrechts bleibt. Es ist sicher naheliegend, daß bei Sonderfällen des Sklavenrechts 151 Vergleiche zur Normalsituation gezogen werden. Ein Indiz ist auch, daß die Argumentation auch für den anderen Fall paßt, i n dem Lab.-Pomp. eine Befreiung des Schuldners ablehnen: sed si alii solvisses iussu eius vel is ratum habuisset. Denn auch wenn ein normaler Sklave den Schuldner anweist, an einen alius 148
Vgl. schon o. v o r A n m . 146; vgl. auch die nächste A n m . 149. Vgl. Paul. D. 46, 3, 54 (56 ad ed.): Solutionis verbum pertinet ad omnem liberationem quoquo modo factam magisque ad substantiam obligationis refertur, quam ad n u m m o r u m solutionem. Siehe auch Heumann / Seckel s. v. solvere; solvere meint zwar vielfach auch den tatsächlichen Vorgang der Zahl u n g (vgl. Heumann / Seckel, shv.), so daß z.B. die anweisungsgemäße Zahl u n g an einen D r i t t e n i m Verhältnis zum Anweisenden nicht als Zahlung, sondern als „Quasi-Zahlung" (Paul. D. 50, 17, 180 [17 ad Plaut.] : Quod iussu alterius solvitur, pro eo est, quasi ipsi solutum esset.) bezeichnet w i r d ; daß i n gleicher Weise jedoch auch die Zahlung an einen Sklaven, der f ü r seinen H e r r n e r w i r b t (das wäre dann i m Verhältnis zum dominus die „Quasi-Zahlung"), von der unmittelbaren Zahlung an den dominus unterschieden wurde, halte ich für weniger wahrscheinlich, vgl. auch schon o. vor A n m . 148. 150 Selbst w e n n der Sklave seinem dominus gegenüber nicht zur Empfangnahme der Leistung berechtigt war, vgl. o. I I I 2 b aa. 151 Die Sonderstellung des fugitivus folgt insbesondere daraus, daß hier die Zurechnung eines Eigentumserwerbs per traditionem — w i e gezeigt — auf Schwierigkeiten stößt. 149
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1. Teil: Römisches Recht
zu leisten (vel is ratum habuisset), ist anders zu entscheiden: Der dominus w i r d nicht Eigentümer des Geldes, der Schuldner w i r d nicht befreit; er w i r d nicht einmal i n anderer Weise geschützt, weil es i n dem Fall nicht so angesehen wird, als habe der Schuldner an den dominus geleistet 152 . Diese Entscheidung ist sowohl i m Normalfall als auch i m hier behandelten Fall des fugitivus interessengerecht; denn der Schuldner ist nicht schutzwürdig. Anders als i m Ausgangsfall (Zahlung an den Sklaven), wo man dem dominus das Risiko aufbürden kann 1 5 3 , ist es hier der Schuldner selbst, der ein zusätzliches Risiko eingeht, daß das Geld i n falsche Hände gelangt. Nicht das Verhalten des dominus, sondern das des Schuldners, der auf das Gerede des Sklaven vertraut, ist letztlich kausal für die fehlgeleitete Zahlung geworden. Daher w i r d er auch nicht befreit, sondern er mag sich an den alius halten. Der dominus könnte es i m übrigen gar nicht. Ein letzter wichtiger Anhaltspunkt für die Berechtigung der Ergänzung (wenn der Sklave kein fugitivus gewesen wäre) findet sich i m letzten Teil von fr. 19: et ideo servus meus quod peculiari nomine crediderit exigendo liberabit debitorem, delegando autem v e l novando non idem consequeretur.
Die Auslegung dieses Teils bereitet allerdings Schwierigkeiten. Sieht man darin den normalen Fall erörtert, daß ein Sklave ein Pekuliargeschäft tätigt, so ist dann zwar richtig, daß der Schuldner befreit wird, wenn er auf Einforderung des Sklaven an diesen zahlt. Warum sollte er aber nicht befreit werden, wenn der Sklave noviert oder delegiert? Sowohl für die Novation als auch für die Delegation ist bezeugt, daß der Sklave bei Pekuliargeschäften hierzu i n der Lage ist 1 5 4 . Insoweit ist m. E. die K r i t i k von Beseler, der den Teil für interpoliert hält 1 5 5 , gerechtfertigt: „alles Ausgeschiedenes sagt Falsches" 156 . Sinn bekommt der Text m. E., wenn man darin nicht den Normalfall abgehandelt sieht, sondern den Fall, daß dem Sklaven inzwischen ohne Wissen des Schuldners das Pekulium entzogen wurde. Dann stimmt sowohl der erste Teil (exigendo liberabit debitorem) 157 . Aber auch der zweite Teil (die Novation und Delegation betreffend) erscheint plausibel: aus den gleichen Gründen wie i n dem Fall, daß der Schuldner auf Geheiß des 152 Das folgt schon daraus, daß der normale (nicht flüchtige) Sklave n u r delegieren kann, w e n n es sich u m ein Pekuliargeschäft handelt, vgl. Paul. D. 15, 1, 48, 1 u n d siehe u. bei A n m . 154. 153 Z u r Begründung siehe o. A n m . 136. 154 Gai. D. 12, 2, 21; D. 46, 2, 34 (für Novation); Paul. D. 15, 1, 48, 1 (für Delegation). 155 SZ 45, 485. 156 Z u den Itp.-Annahmen vgl. o. A n m . 79. 157 Vgl. n u r Gord. C. 8, 42, 3; zum entsprechenden F a l l beim filiusfamilias siehe o. I I I 2 b aa bei A n m . 91. Dazu auch Käser, Festschrift Felgentraeger S. 277 ff., 284.
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Sklaven — ob fugitivus oder nicht — an einen anderen zahlt (sed si alii solvisses . . .) 158 , ist er hier weniger schutzwürdig. Et ideo wäre dann auch nicht unlogisch 159 , sondern folgerichtig. Der gute Glaube des Schuldners ist zwar bei der Zahlung von Bedeutung, nicht aber w i r d er berücksichtigt bei weiteren Geschäften m i t dem Nicht(-mehr)-Berechtigten (Novation, Delegation), genausowenig wie von diesem noch etwas erworben werden kann 1 9 0 . Dafür, daß et ideo . . . nicht den Normalfall des Pekuliargeschäftes i m Sinn hat, sondern sich — auch ohne daß dies besonders ausgesprochen w i r d — m i t dem Fall befaßt, daß ohne Wissen des Schuldners das Pekulium entzogen wurde, spricht, daß auch der erste Teil von fr. 19 sich m i t der Frage nach dem Schutz gutgläubig an die falsche Stelle Zahlender befaßt; ein Anknüpfen m i t et ideo bedingt, daß auch der hiermit eingeleitete Satz sich m i t diesem Problem auseinandersetzt 161 . Bei dieser Deutung kann der gesamte A b satz erhalten werden. Die Bedeutung für die Rechtfertigung der vorgeschlagenen Ergänzung (wenn der Sklave kein fugitivus gewesen wäre) liegt nun darin, daß auch hier m i t einem nicht flüchtigen Sklaven argumentiert wird, und zwar zur Stützung des sich m i t dem fugitivus beschäftigenden Teils: et ideo . . . Nach allem scheint es m i r keine fernliegende Unterstellung zu sein, daß auch i m fraglichen Teil des Fragments der Bezug zum nicht flüchtigen Sklaven herzustellen ist. Es bleibt zwar eine Vermutung, jedoch eine naheliegende; naheliegend nicht zuletzt deshalb, w e i l sie dem Text ohne Itp.-Annahmen eine sinnvolle Auslegung verleiht, die m i t den übrigen Erkenntnissen i n Einklang steht. d) Lab.-Pomp. meinen nach meinem Verständnis der Stelle also nicht — das sei abschließend zusammengefaßt —, daß der dominus Eigentümer der Münzen geworden ist, sondern sie stellen nur einen Vergleich her zu dem Fall, daß der Eigentumserwerb eintritt. Bei dieser Auslegung findet das oben aus dogmatischen Erwägungen heraus gefundene Ergebnis auch textlich eine Stütze: Da der Fall nur so behandelt 158
Siehe o. bei Anni. 153. 159 wie Beseler, (o. A n m . 155) meint. 160
Vgl. A f r . D. 12, 1, 41. Schon Mandry, Begriff u n d Wesen des Pekulium, hat möglicherweise die Stelle insoweit ebenso aufgefaßt (S. 65), da er sie i m Hinblick auf Pekuliargeschäfte i m Zusammenhang m i t Gutglaubensschutzerwägungen zitiert. — M a n könnte auch daran denken, peculiari nomine hier spezifisch dahingehend zu verstehen, daß von vornherein kein P e k u l i u m bestand (nomine k a n n auch V o r w a n d bedeuten, vgl. Heumann / Seckel, s. v. nomen [1 e]), der Sklave also n u r vorgegeben hätte, ein P e k u l i u m zu haben u n d hiermit Geschäfte zu besorgen. Doch dann hat es w o h l grundsätzlich keinen Schutz des gutgläubig an i h n Zahlenden gegeben, vgl. Käser, Festschrift Felgentraeger S. 277 ff., 283 A n m . 29 m i t weit. N w . Zudem hat peculiari nomine w o h l eher technische Bedeutung u n d drückt einen (wirklichen) Bezug zum Sondervermögen aus, vgl. Heumann / Seckel, s. v. peculiaris. 161
1. T e i l : Römisches Recht
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w i r d , als h a b e d e r S c h u l d n e r d e m d o m i n u s gegenüber d i e S o l u t i o n b e w i r k t , i s t d e r T e x t gerade k e i n B e l e g f ü r e i n e n E i g e n t u m s e r w e r b des d o m i n u s p e r t r a d i t i o n e m a n d e n f u g i t i v u s . Dieses E r g e b n i s s t e h t d a n n auch i n E i n k l a n g m i t d e r a n a n d e r e r S t e l l e ü b e r l i e f e r t e n M e i n u n g des P o m p o n i u s 1 6 2 , daß d e r f u g i t i v u s d e m H e r r n k e i n e n Besitz e r w e r b e n k a n n u n d — so l i e g t z u m i n d e s t n a h e z u ergänzen — a u c h k e i n E i g e n t u m per t r a d i t i o n e m 1 8 3 . Lab.-Pomp. v e r t r e t e n auch h i e r nicht die A n sicht, daß d e r f u g i t i v u s d e m d o m i n u s p e r t r a d i t i o n e m e r w i r b t , sie t r e t e n n u r f ü r e i n E r g e b n i s e i n ( B e f r e i u n g des Schuldners), das d e m F a l l e n t s p r i c h t , als h ä t t e d e r S c h u l d n e r d i e L e i s t u n g a n d e n d o m i n u s b e w i r k t u n d als sei dieser E i g e n t ü m e r d e r M ü n z e n g e w o r d e n . Dieses E r gebnis h a t seinen G r u n d d a r i n , daß d e r g u t g l ä u b i g a n d e n f u g i t i v u s zahlende S c h u l d n e r d e n J u r i s t e n s c h u t z w ü r d i g erschien; f ü r e i n e n E r w e r b durch einen flüchtigen Sklaven gibt die Stelle k e i n Zeugnis164. I n w i e w e i t diejenigen römischen Juristen, die einen Besitzerwerb durch den f u g i t i v u s f ü r den dominus angenommen haben165, auch f ü r e i n e n E i g e n t u m s e r w e r b p e r t r a d i t i o n e m e i n g e t r e t e n sind, k a n n h i e r n i c h t entschieden w e r d e n , d a — s o w e i t i c h sehe — Q u e l l e n h i e r z u f e h len. G r u n d s ä t z l i c h e B e d e n k e n w e g e n e i n e r „ g e l o c k e r t e n G e w a l t h e r r schaft" des d o m i n u s ü b e r d e n f u g i t i v u s k ö n n e n diese J u r i s t e n k a u m ge1β2
Vgl. o. A n m . 84. Vgl. ο. I I 1 bei A n m . 8. 164 Wenn w i r am Ende die vorgeschlagene Interpretation von fr. 19 noch einmal kritisch überprüfen, so scheint sich vielleicht die Erwägung anzubieten, ob nicht gerade infolge der besonderen Situation Lab.-Pomp. einen Eigentumserwerb des dominus an dem gezahlten Geld angenommen haben, obwohl eine traditio an i h n nicht erfolgt ist: I m m e r h i n hat der Schuldner, da i h m Befreiung gewährt w i r d , k e i n erhebliches Interesse mehr an der zurückgezahlten Darlehenssumme, zumal i h m gegen den servus fugitivus — anders als beim gewaltfreien falsus procurator — keine Ansprüche zustehen. Auch ist es denkbar, daß die Römer das Traditionsprinzip nicht ohne A u s nahmen gehandhabt haben; Pomponius selbst (D. 6, 2, 15) gewährt ζ. B. dem dominus eines fugitivus die a. Publiciana, w e n n dieser eine Sache v o m Nichtberechtigten kauft u n d tradiert erhält, obwohl der Jurist andererseits einen Besitzerwerb f ü r den dominus verneint (vgl. o. A n m . 84). Gegen einen Eigentumserwerb des dominus i n fr. 19 — f ü r unsere Untersuchung wäre das an sich nicht von grundlegender Bedeutung, da der Erwerb n u r infolge besonderer Umstände, entgegen dem Traditionsprinzip, angenommen worden wäre u n d die grundsätzlichen Schwierigkeiten, die der Annahme eines Eigentumserwerbs per traditionem durch einen fugitivus entgegenstehen, unberührt ließe — spricht aber nicht n u r die einen Eigentumserwerb des dominus i n einem vergleichbaren F a l l offenbar verneinende Entscheidung Julians (D. 46, 3, 34, 5; vgl. sogleich u. IV), sondern die gesamte Argumentation von Pomponius (bzw. Labeo): die i m übrigen w o h l recht deutlich sich auf der Ebene der Analogie bewegende Begründung (et quasi m i h i . . . ) sowie die Tatsache, daß der Eigentumserwerb als Begründung f ü r die Befreiung herangezogen w i r d , während man bei einer Bejahung des Eigentumserwerbs infolge der besonderen Situation den Erwerb eher umgekehrt aus der Befreiung des Schuldners heraus entwickeln würde. 163
Vgl. o. A n m . 12.
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habt haben, nur werden auch sie i m Einzelfall genau untersucht haben, ob der von ihnen bejahte Besitzerwerb iusta causa erfolgte, ob also eine gültige Zweckvereinbarung vorlag. IV. A m Ende bedarf es noch einer Bemerkung zu der anscheinend D. 46, 3, 19 entgegenstehenden Entscheidung Julians 1 6 6 : Jul. D. 46,3,34, 5 (54 dig.) E t cum fugitivus, q u i pro libero se gerebat, rem vendidisset, responsum est emptores fugitivo solventes a domino liberatos non esse.
Der Jurist behandelt einen m i t fr. 19 vergleichbaren Fall — nur daß der fugitivus kein Darlehen gibt, sondern eine Sache verkauft — und entscheidet, daß die an i h n zahlenden Käufer nicht befreit werden (liberatos non esse). Zunächst bezeugt die Stelle, daß der fugitivus dem dominus den Kaufpreisanspruch erwirbt 1 6 7 ; das folgt daraus, daß auch die Frage der Befreiung i n Beziehung zum dominus entschieden w i r d : a domino liberatos non esse. Wenn es dann heißt, die an den fugitivus zahlenden Käufer würden nicht befreit, so w i r d man diese Aussage auf eine Befreiung ipso iure gemünzt zu verstehen haben 168 . Damit läßt der Text Rückschlüsse zu, die die von m i r für fr. 19 vertretene Auslegung unterstützen; denn wenn Julian eine Befreiung ipso iure ablehnt, w i r d man daraus folgern können, daß er zugleich einen Eigentumserwerb des dominus an dem Gezahlten ablehnt 1 6 9 . Der Unterschied zu fr. 19 liegt nur darin, daß der Jurist keinen Weg aufzeigt, auf dem die zahlenden Schuldner geschützt werden könnten. Ich halte es nicht für zwingend, daß er sich damit gegen einen Schutz ausspricht 170 ; es kann ihm allein um die Frage der zivilrechtlichen Befreiung gegangen sein. Möglicherweise hielt auch er die Schuldner für schutzwürdig, nur scheint er den Schutz nicht i m Wege einer Analogie gefordert zu haben, w i e ich dies für Lab.-Pomp. annehmen möchte. Denkbar ist aber folgendes: Der Kauf zählt zu den bonae fidei iudicia, bei denen ein größeres richterliches Ermessen bestand 171 als bei strengrechtlichen Klagen wie z. B. der 1 M
Vgl. o. A n m . 80. — Siehe auch Salkowski, S. 37 A n m . 72. Vgl. schon o. I I I 2 m i t A n m . 12. — Dies ist eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß wechselseitige Ansprüche i n ihrer Entstehung u n d F u n k t i o n aneinander gebunden sind (Käser, I S. 530 [§123 I I I ] ; zum Grundsatz); denn hier entsteht der Kaufpreisanspruch, ohne daß der dominus aus dem K a u f vertrag verpflichtet w ü r d e (vgl. dazu Benöhr, Synallagma S. 66 f.); er k a n n i h n allerdings n u r geltend machen, w e n n er seinerseits leistet. 167
168 Da die Quelle von liberari spricht, vgl. dazu Käser, Festschrift Felgentraeger S. 277 ff., 284. 169 Z u m Zusammenhang zwischen Befreiung ipso iure u n d Eigentumsverlust siehe o. I I 2 a m i t A n m . 82. Hier erfolgt der Schluß allerdings umgekehrt von der Feststellung, daß keine Befreiung eingetreten ist, darauf, daß der Schuldner das Eigentum behalten hat. 170 So aber Haymann, Bull. 51/52, 393 ff., 405 A n m . 27; vgl. o. A n m . 80. 171 Vgl. n u r Käser, I S. 485 (§ 114 I V 1).
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Darlehensklage. Bei nochmaliger Inanspruchnahme der Käufer durch den dominus hätte daher der Richter den dolus malus direkt m i t der Folge der Abweisung berücksichtigen können 1 7 2 . Dieser Weg ist weniger problematisch als i n fr. 19 der über die exceptio doli. V. Nach allem bleibt festzuhalten, daß offenbar ein servus fugitivus dem dominus noch Rechte erwerben kann, obgleich es diesem an der tatsächlichen aktuellen Herrschaft über den Sklaven fehlt. Lediglich für den Eigentumserwerb per traditionem konnte dies nicht belegt werden, und zwar einmal deswegen, weil nicht sicher war, ob der fugitivus dem Herrn Besitz erwerben kann, und Eigentumserwerb ohne Besitzerwerb bei der traditio schwer vorstellbar ist. Zum anderen konnte ein Eigentumserwerb des dominus daran scheitern, daß es wegen eines furtum des fugitivus an einer gültigen Zweckvereinbarung fehlt. Die Annahme, daß das Gewaltverhältnis die Zurechnung von Erwerbsgeschäften, die gewaltunterworfene Personen tätigen, an den dominus rechtfertigt, kann auch für den Fall des fugitivus i n Anspruch genommen werden. Gerade hier können i n bezeichnender Weise Zusammenhänge sichtbar gemacht werden. Da die potestàs i n ihren tatsächlichen Ausprägungen gestört ist, ergeben sich auch Schwierigkeiten bei der Zurechnung von Rechtsgeschäften, i n denen ein tatsächliches Moment von wesentlicher Bedeutung ist 1 7 3 . Dort, wo es um rein rechtliche Erscheinungen geht, bereitet die Zurechnung den römischen Juristen dagegen offenbar keine Bedenken; gleichgültig ob es sich u m Formalgeschäfte oder formlos wirksame Vereinbarungen handelt, sie w i r k e n für den Gewalthaber, mag auch der fugitivus für sich abschließen wollen. Die potestas erleidet zwar i n tatsächlicher Hinsicht Einbußen; aufgehoben ist sie offenbar nicht 1 7 4 . Dem steht der folgende Text nicht entgegen. Z u r Noxalhaftung des dominus für die i n seiner potestas stehenden Sklaven heißt es: Ulp. D. 9, 4,21,3
(23 ad ed.)
I n potestate sic aeeipere debemus, u t facultatem et potestatem exhibendi eius habeat: ceterum si i n fuga sit v e l peregre, non videbitur esse i n potestate.
Potestas hat hier nicht die Bedeutung des durch allumfassende Herrschaftsgewalt gekennzeichneten Rechtsverhältnisses, gemeint ist — wie der Text deutlich zu erkennen gibt — die tatsächliche Möglichkeit des dominus, den Sklaven auszuliefern 175 . Der Grund dafür, daß i n diesem 172
Vgl. Käser, I S. 487 (§ 114 I V 3). Vgl. schon o. I I I 2 c. 174 Vgl. Benöhr, Besitzerwerb S. 29; Pringsheim, (o. A n m . 3) S. 341. 175 Buckland, S. 101: „ . . . b u t i t seems most probable that the w o r d (scil. potestas) refers to a physical state of things and has no relation to right."; ebenso Lisowski, RE Suppl. 7, 603 if., 636. 173
Zusammenfassung
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Sinne der fugitivus als nicht mehr i n potestate esse angesehen wird, liegt auf der Hand: Der dominus sollte die Wahl zwischen der noxae deditio und der Deliktsbuße haben 176 . I n den Quellen w i r d auch beim fugitivus der Erwerb nicht ausdrücklich m i t einer fortbestehenden potestas begründet 177 . Möglicherweise war dies selbstverständlich. Würde man nämlich den Fortbestand der potestas verneinen, so hätte es der Sklave i n der Hand, durch sein Verhalten ein Rechtsverhältnis zwischen i h m und dem dominus zum Erlöschen zu bringen. Diese tatsächliche Macht w i r d man i h m nicht haben einräumen wollen. M i t einer ähnlichen Argumentation bejaht auch Gaius den Besitz am fugitivus und damit den Besitzerwerb des Herrn durch ihn: D. 41,2,15 (26 ad ed. prov.) . . . et haec ratio est, quare videamur f u g i t i v u m possidere, quod is, quemadmodum aliarum rerum possessionem intervertere non potest, ita ne suam quidem potest 1 7 8 .
Zusammenfassung (Kapitel 1—5) Die bisherige Untersuchung hat die Annahme bestätigt, daß zwischen Rechtserwerb durch Gewaltabhängige und potestas ein Zusammenhang besteht. Der für die Normalfälle auch i n den Quellen erkennbare Grundsatz 1 , daß der potestàs für die Zurechnung von Erwerbsgeschäften wesentliche Bedeutung zukommt, scheint auch i n Fällen, i n denen das Bestehen eines Gewaltverhältnisses fraglich ist, nicht aufgegeben zu sein. Der captivus 2 hat zwar für die Zeit seiner Gefangenschaft nicht die Stellung eines Gewalthabers. Infolge der Regelung des ius postliminii, i h n so zu behandeln, als sei er nie gefangen gewesen, w i r d i h m diese Stellung jedoch rechtlich zuerkannt. Das ius postliminii ordnet also die Rechtslage an, die bestanden hätte, wenn er nicht i n Gefangenschaft geraten wäre. So erscheint die Zurechnung von während der Zwischenzeit von seinen Gewaltunterworfenen vorgenommenen Rechtsgeschäften nicht als Besonderheit. Die Zurechnung ist auch hier m i t dem Gedanken des Statusverhältnisses begründbar. Ähnlich ist die Situation beim Statusprozeßsklaven 8 . Während des Prozesses ist der Sklave tatsächlich frei. Unterliegt er aber, w i r d es so angesehen, als habe er nie prozessiert. 178
Vgl. Lisowski. 177 Y g i schon allgemein o. Kap. 1, I I I . 178 Z u den Itp.-Verdächtigungen siehe Benöhr, Besitzerwerb S. 133 A n m . 26. 1 Vgl. o. Kap. 1, I I I . 2 Vgl. dazu o. Kap. 3. 3 Vgl. o. Kap. 4. 5 Krüger
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Damit gibt man i h m rechtlich die Stellung eines Sklaven, die einen Erwerb für den dominus auch während des Freiheitsprozesses selbstverständlich macht. Beim fugitivus mochte zwar i m Tatsächlichen eine Lockerung des Gewaltverhältnisses eingetreten sein, die ζ. B. für die Frage des Besitzes am fugitivus und durch i h n von Bedeutung sein kann 4 . Für die Frage des Rechtserwerbs — sofern nicht auch hier der Besitz eine Rolle spielt — war dies jedoch ohne Belang, gjenausowenig wie davon das Rechtsverhältnis potestas selbst betroffen zu sein scheint, so daß auch hier der Grundsatz gewahrt bliebe. Das Erfordernis des iussum beim Erbantritt durch Gewaltabhängige 5 war keine Besonderheit, die das Prinzip Zurechnung infolge Abhängigkeit durchbrochen hätte. Erste Schritte zur Entwicklung einer Stellvertretung i m modernen Sinn waren hier nicht auszumachen. Die Tatsache, daß die potestas nicht ausdrücklich zur Begründung der Zurechnung herangezogen wird, sollte nicht verwundern 6 . Die potestas scheint nicht als Voraussetzung für die Möglichkeit der Zurechnung i m Sinne von Tatbestand und Rechtsfolge begriffen worden zu sein. Ohne Gtewaltverhältnis scheint es zwar grundsätzlich keine Zurechnung gegeben zu haben. Die Lösung (vermeintlich) kritischer Fälle erfolgt aber nicht unter Berufung auf das Bestehen oder Nichtbestehen der potestas. Andere Überlegungen, die von der Erreichung eines sachgerechten Ergebnisses ihren Ausgang nehmen, werden hier mitgewirkt haben. Das w i r d i m folgenden noch darzustellen sein. I m Fall des fugitivus mochte eher als dogmatische Erwägungen (der fugitivus befindet sich noch i n der potestas, also erwirbt er grundsätzlich dem dominus 7 ) die römischen Juristen folgende Frage zum Ergebnis geführt haben: Entspricht es den Interessen der Beteiligten, dem vom flüchtigen Sklaven getätigten Geschäft grundsätzlich die Wirkung zu versagen oder es wirksam werden zu lassen. Die Entscheidung für die zweite Möglichkeit bedingt einen Erwerb für den dominus, ein Ergebnis, das sich als sinnvoll erweist, wie ζ. B. der Erwerb der Darlehensforderung für den dominus i n Pomp. D. 46, 3, 19 deutlich macht 8 .
4 Vgl. Benöhr, Besitzerwerb S. 128 ff.; siehe auch o. Kap. 5, I I 1; I I I 2 a bei A n m . 84. 6 Vgl. o. Kap. 2. 6 Vgl. schon o. Kap. 1, I I I . 7 Abgesehen von den Einschränkungen, die wahrscheinlich teilweise beim Eigentumserwerb per traditionem gemacht wurden, vgl. o. Kap. 5, I I I 1 c; V. 8 Vgl. o. Kap. 5, I I I 1.
6. Kap.: servus fructuarius, usuarius u n d pignori datus
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6. Kapitel Erwerb durch einen Nießbrauchssklaven, Gebrauchssklaven und verpfändeten Sklaven Weiteren Aufschluß über die für die Zurechnung beim Erwerb durch Gewaltunterworfene maßgeblichen Gesichtspunkte könnten die Fälle geben, i n denen zwei (oder mehrere) Rechtssubjekte als Erwerber i n Betracht kommen. Das sind — abgesehen von dem Fall des Miteigentumssklaven 1 — einmal die Fälle, i n denen ein beschränkt dingliches Recht 2 an einem Sklaven auf einen anderen übertragen w i r d 3 , und zum anderen die Fälle, i n denen jemand gutgläubig als Sklave bei einem fremden Herrn dient 4 . Betrachten w i r zunächst die Fälle der beschränkt dinglichen Rechte und hierbei insonderheit den Fall des Nießbrauchssklaven und Gebrauchssklaven. I. 1. Der von einem Nießbrauchssklaven getätigte Erwerb w i r d teils dem Nießbraucher, teils dem dominus zugerechnet. Es bleibt bei dem Grundsatz, daß der Sklave dem dominus erwirbt. Doch werden zwei gewichtige Ausnahmen gemacht, bei denen sich der Erwerb für den Nießbraucher vollzieht: bei den Geschäften, die ex re fructuarii (im folgenden: ex re f.) gemacht werden, und beim Rechtserwerb, der ex operis servi (im folgenden: ex operis s.) erfolgt 5 . Je nach A r t des Rechtsgeschäfts erwirbt also entweder der dominus oder der Nießbraucher. Die Frage ist, inwieweit hier ein Zusammenhang zwischen potestas und Zurechnung hergestellt werden kann. Steht sowohl dem dominus wie dem Nießbraucher eine Herrschaftsgewalt über den Sklaven zu, ist die potestas geteilt? Oder ergeben sich andere Gesichtspunkte, die den Erwerb einerseits für den dominus, andererseits für den Nießbraucher rechtfertigen? 1 Vgl. hierzu zuletzt Benöhr, Besitzerwerb S. 56 f. m i t weit. N w . ; der F a l l interessiert hier weniger, da beide möglichen Erwerber auf gleicher Stufe stehen; die Lösung besteht (naheliegend) darin, daß der Sklave beiden H e r ren nach Verhältnis ihrer Anteile e r w i r b t (Gai. 3, 167); n u r w e n n er n o m i n a t i m eines H e r r n auftritt, e r w i r b t er lediglich diesem; nach Meinung der Sabinianer (Gai. 3, 167 a) hat die gleiche W i r k u n g das iussum eines der Herren. 2 Ich verwende hier der Einfachheit halber diesen modernen Begriff, b i n m i r aber bewußt, daß diese Bezeichnung bei den entsprechenden Instituten des römischen Rechts fragwürdig ist. Hinsichtlich ususfructus vgl. zu diesem Problem n u r Grosso, usufrutto S. 33 ff. 3 Usus, ususfructus u n d pignus. 4 Sei es als homo liber oder als servus alienus (bona fide serviens); dazu u. Kap. 8. 5 Gai. 2, 91 : De his autem servis, i n quibus t a n t u m usumfructum habemus, ita placuit, ut quidquid ex re nostra vel ex operis suis adquirunt, i d nobis adquiratur; quod vero extra eas causas, i d ad dominum proprietatis pertineat: . . . ; vgl. auch U E 19, 21; PS 5, 7, 3; Ulp. D. 7, 1, 25, 3 (bis adquiratur). 5*
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2. Eine A n t w o r t kann erst versucht werden, wenn der Wirkungskreis der Erwerbskategorien ex operis s. und ex re f. beschrieben und abgegrenzt ist zu den übrigen Erwerbsgeschäften, welche dem dominus zugute kommen. a) Wann die Voraussetzungen dafür gegeben sind, daß ein vom Nießbrauchssklaven getätigter Erwerb an den fructuarius fällt, ist nicht entfach zu beantworten. Z u den Rechtsgeschäften ex re f. zählen sicher diejenigen, die der Sklave m i t M i t t e l n des Nießbrauchers vornimmt®. So erwirbt der Nießbraucher z. B. die actio depositi, wenn sein Nießbrauchssklave eine i h m gehörige Sache deponiert 7 . Ganz allgemein sagt Pomponius 8 , daß das, was der Sklave (seil, servus usuarius) von unserem Geld (ex pecunia nostra) geschäftlich erwirbt, uns erworben wird. Nicht sicher ist, ob darüber hinaus auch der Erwerb, der zwar nicht m i t M i t teln des Nießbrauchers gemacht wird, sich aber auf sein Vermögen bezieht, als Erwerb ex re f. angesehen wird. Darunter fiele etwa der Fall, daß ein dem Nießbraucher geschuldeter Gegenstand solutionis causa an den Sklaven geleistet w i r d 9 . Salkowski 10 nimmt Erwerb ex re f. an, kann aber keine Quelle dafür anführen. Diese Auffassung ließe sich vielleicht m i t der Überlegung begründen, daß der Sklave durch die A n nahme des Gegenstandes zwecks Erfüllung über den zum Vermögen des Nießbrauchers gehörenden Anspruch verfügt 1 1 . Fraglich ist auch, wie der ähnliche von Paulus mitgeteilte Fall zu beurteilen ist: D. 46, 4,11 pr. (12 ad Sab.) Species adquirendi est liberare dominum obligatione: et ideo fructuarius quoque servus liberare aeeeptum rogando fruetuarium potest, quia ex re eius videtur ei adquirere. sed etsi usum t a n t u m habemus, idem fiet. idemque dicemus et i n eo, q u i bona fide nobis servit, et i n ceteris, q u i nostro i u r i subiecti sunt.
Paulus sagt zunächst, daß die Befreiung von einer Verbindlichkeit eine A r t des Erwerbs darstellt. Schließt nun ein Nießbrauchssklave m i t einem Gläubiger des Nießbrauchers einen förmlichen Erlaßvertrag, so β
Vgl. Salkowski, S. 121; Grosso, usufrutto S. 209. Ulp. D. 16, 3, 1, 28 (30 ad ed.): S i m i l i modo et si usum fruetum i n servo habeam, si i d quod deposuit ex eo peculio f u i t quod ad me pertinebat vel res mea fuit, eadem actione agere potero. 8 D. 7, 8, 16, 2 (5 ad Sab.); u n d zwar zum F a l l des servus usuarius, i n dem auch ex re (usuarii) diesem zugerechnet w i r d , siehe u. I 2 b. 9 Oder der Sklave n i m m t ein Darlehen auf; w e m e r w i r b t er das Eigentum am ausgezahlten Geld? Vgl. Grosso, S. 210; Salkowski, S. 125 ff. 10 S. 121 f. 11 Regelmäßig w i r d i n diesen Fällen der Sklave m i t derartigen Geschäften v o m Nießbraucher betraut gewesen sein, so daß auch an einen Erwerb ex operis s. gedacht werden k a n n ; zu dieser Erwerbskategorie siehe u. I 2 b. 7
6. Kap.: servus fructuarius, usuarius u n d pignori datus
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befreit er dadurch diesen von der Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger, und zwar — so scheint der Text zu besagen — w e i l dem Nießbraucher dabei ex re eius erworben werde. Daß das Erwerbsgeschäft, der Erlaßvertrag also, mit Mitteln des Nießbrauchers getätigt werde, läßt sich kaum behaupten. N i m m t man die Begründung ex re f. ernst, so hätte man folglich hier einen Beweis dafür, daß es genügt, wenn das Geschäft — auch ohne, daß es m i t M i t t e l n des Nießbrauchers erfolgt — i n einer Beziehung zum Vermögen desselben steht 12 , wie z. B. hier, wo sich der Erlaßvertrag auf den Anspruch des Nießbrauchers bezieht. Salkowski 13 meint, der Fall habe i n Wahrheit nichts m i t der Erwerbskategorie ex re f. zu tun, sondern sei ein Beispiel eines anderen Prinzips, nämlich daß ein servus fructuarius anerkanntermaßen für den Nießbraucher derartige erleichternde Verträge schließen könne 14 . Die von Salkowski für seine Meinung beanspruchten Quellen lassen dies m. E. indes nicht erkennen: Jul. D. 2,14, 55 (35 dig.) Si debitor sit fructuarius et paciscatur servus, i n quo usum f r u c t u m habet, ne ab eo petatur: paciscendo meliorem condicionem eius facit. item si creditor esset fructuarius et pactus esset, ne peteret, servus autem fructuarius pacisceretur, u t peteret: beneficio pacti, quod servus interposuisset, u t i l i t e r ad petitionem admittetur.
Paul. D. 2,14, 59 (3 regul.) Per quos adquiri nobis stipulatione potest, per eosdem etiam pactis conventis meliorem condicionem nostram f i e r i posse placet.
Julian teilt zwei Fälle m i t : 1. Der Schuldner ist Nießbraucher eines Sklaven, der m i t dem Gläubiger vereinbart, daß dieser die Schuld nicht einklagt. 2. Der Gläubiger ist Nießbraucher und hat m i t dem Schuldner vereinbart, nicht klagen zu wollen; anschließend hat sein Nießbrauchssklave Klagbarkeit vereinbart. I n beiden Fällen ist nach Julian die Vereinbarung für den Nießbraucher wirksam. Eine Begründung, für die Zurechnung an den Nießbraucher teilt der Jurist nicht mit. Doch spricht nichts dagegen, daß der Grund darin zu sehen ist, daß die Vereinbarungen als ex re f. gemacht angesehen werden 15 . Noch weniger be12 So Buckland, S. 343; Ciulei, S. 54; vgl. auch Grosso, S. 221, der den G r u n d für die Entscheidung darin sieht, daß die Vermögenssphäre des Nießbrauchers betroffen ist; Reggi, S. 390, 394 hält die Lösung f ü r nachklassisch. 13 S. 122 f. 14 Grosso, S. 222 glaubt, daß der F a l l i n die Nähe einer allgemeinen Z u lassung des schenkweisen Erwerbs f ü r den Nießbraucher rücke. 15 Dies i s t w i e Paul. D. 46, 4, 11 pr. zeigt, die nächstliegende Erwerbskategorie, unter die subsumiert werden k a n n ; wollte J u l i a n daneben noch eine andere A r t von Rechtserwerb durch den Nießbrauchssklaven zulassen, so wäre ein deutlicher Hinweis zu erwarten gewesen. — Grosso, S. 221 hebt allerdings hervor, daß hier k e i n Hinweis auf eine Beschränkung enthalten ist.
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weist für Salkowskis Meinung die Paulusstelle. Zunächst einmal handelt fr. 59 gar nicht vom servus fructuarius, sondern allgemein von denjenigen, durch die uns m i t der stipulatio erworben werden kann 1 6 . Der Zusammenhang, m i t dem Stipulationserwerb deutet — wenn man schon die Stelle auch auf einen Nießbrauchssklaven beziehen w i l l — eher auf die beiden bekannten Erwerbskategorien ex re f. und ex operis s. hin; denn wenn w i r durch diejenigen, die für uns stipulieren können, auch „erleichternde Verträge" schließen können, dann — so läßt sich naheliegend ergänzen — auch nur unter den gleichen Voraussetzungen: ein Nießbrauchssklave kann aber für den Nießbraucher nicht schlechthin, sondern nur unter den bekannten Voraussetzungen stipulieren 17 . Näher, als i n D. 46, 4, 11 pr. einen Beleg dafür zu sehen, daß es für einen Erwerb ex re f. genügt, wenn ganz allgemein das Vermögen des Nießbrauchers betroffen ist, scheint m i r aber folgendes. Paulus schreibt nicht, daß es sich bei dem vom Nießbrauchssklaven vereinbarten Erlaß u m einen Erwerb ex re f. (tatsächlich) handelt, sondern er formuliert: ex re eius videtur ei adquirere. Es ist durchaus möglich, daß videri hier i m Sinne von „ f ü r etwas angesehen werden, scheinen, gelten" gebraucht ist 1 8 . Der Jurist hätte dann die Erlaßvereinbarung nicht als tatsächlichen Erwerb ex re f. bezeichnet, sondern er behandelte diese Vereinbarung lediglich gleich einem Erwerb ex re f. und käme so zur Zurechnung an den Nießbraucher. W i r haben uns m i t dieser A r t der Rechtsfindung, i n der w i r — modern gesprochen — einen Analogieschluß zu erkennen glauben, bereits befaßt 19 . Hier dürfte der Grund für die Analogie zu einem Geschäft ex re f. darin liegen, daß ein Erwerb für den dominus nicht denkbar ist: auf welchen Anspruch des dominus soll sich der Erlaßvertrag beziehen? Ein Erwerb für den fructuarius aber ist möglich 16 Die Paulusstelle erinnert sehr an die allgemeine Regel Gai. D. 50, 17, 133 (8 ad ed. prov.): Melior condicio nostra per servos fieri potest, deterior fieri non potest. 17 Deutlich i n Pap. D. 45, 3, 18, 3 a. E. — M. E. lassen sich aus fr. 59 überhaupt keine Schlüsse hinsichtlich derartiger Besonderheiten ziehen, bedenkt man, daß es sich lediglich u m eine verallgemeinernde Regel (lib. 3 regularum) handelt (vgl. zum Aussagewert derartiger kasuistischer Regeln Schmidlin, S. 143). Der Wert der Aussage könnte hier darin bestehen, erkennen zu lassen, daß der V o r t e i l eines solchen erleichternden Vertrages einem V o r t e i l aus einer stipulatio entspricht, also als Erwerb eines Rechts anzusehen ist, der durch „Stellvertreter" getätigt werden kann. I m m e r h i n muß das nicht als selbstverständlich gelten (das zeigt schon der Anfang von D. 46, 4, 11 pr.); denn das pactum de non petendo z. B. (an das hier zumindest auch gedacht werden kann, vgl. fr. 55 h. t.) befreite den Schuldner nicht iure civile, sondern gab i h m n u r eine exceptio; unter exceptio verstand m a n aber w o h l nicht — w i e heute — ein materielles Recht des Berechtigten (vgl. Käser , I S. 226 [§55 II]). 18
Auch i n der Parallelstelle D. 46, 3, 63 (9 ad Plaut.) gebraucht Paulus v i d e r i (videbitur). 19 Vgl. o. Kap. 5, I I I 2 c m i t A n m . 140 und 141.
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u n d s i n n v o l l zugleich 2 0 . B e i dieser A u s l e g u n g d e r S t e l l e w ä r e z w a r b e legt, daß auch l e d i g l i c h a u f das V e r m ö g e n des N i e ß b r a u c h e r s bezogene Geschäfte i m E r g e b n i s diesem zugerechnet w u r d e n , j e d o c h erst a u f g r u n d e i n e r A n a l o g i e , n i c h t w e i l e x r e e x t e n s i v , a l l g e m e i n a u f das V e r m ö g e n bezogen, aufgefaßt w u r d e 2 1 . Ä h n l i c h mochte v i e l l e i c h t auch d e r F a l l d e r Z a h l u n g s o l u t i o n i s causa a n d e n N i e ß b r a u c h s s k l a v e n b e u r t e i l t w o r d e n sein. Daß j e d e n f a l l s n i c h t jedes i r g e n d w i e das V e r m ö g e n des N i e ß b r a u c h e r s b e r ü h r e n d e E r w e r b s g e s c h ä f t als e x re eius g e t ä t i g t angesehen w u r d e , zeigt: Pap. D. 15,1, 50, 3 (9 quaest.) Servus alienus, cum bonae fidei serviret m i h i , nummos a T i t i o mutuatos m i h i dedit, u t eum manumitterem, et manumisi: creditor quaerebat, quem de peculio conveniret. dixi, quamquam creditor electionem alias haberet, tarnen i n proposito dominum esse conveniendum et eum ad exhibendum mecum acturum pecuniae nomine, quae ipsi esset adquisita nec i n eam causam alienata, quae pro capite servi facta proponeretur: neque enim adm i t t e n d u m esse distinctionem existimantium, si non manumittam, d o m i n i pecuniam esse, manumissione vero secuta v i d e r i pecuniam ex re mea quaesit a m m i h i , quoniam magis propter rem meam, quam ex re mea pecunia m i h i daretur. D e r F a l l h a n d e l t v o m servus a l i e n u s b o n a f i d e serviens, d u r c h d e n d e m possessor aus d e n gleichen E r w e r b s g r ü n d e n , e x re suis u n d e x operis servi, e r w o r b e n w e r d e n k o n n t e 2 2 . D e r J u r i s t s t e l l t die Frage, a n w e n sich e i n D a r l e h e n s g e b e r h a l t e n k a n n , w e n n d e r b o n a f i d e serv i e n s das D a r l e h e n e m p f a n g e n h a t u n d „ g e g e n F r e i l a s s u n g " a n d e n 20 Bei dieser Interpretation scheint m i r f ü r nachklassisches Gedankengut nichts zu sprechen, w i e aber Reggi meint (siehe o. A n m . 12). 21 Dahin tendiert aber auch Grosso, S. 221 f. F ü r eine solche extensive Auslegung läßt sich m. E. nicht hinreichend sicher argumentieren. Salkowski v e r t r i t t die extensive Auslegung auch für den F a l l eines Stipulationsgeschäftes (S. 123 f., ebenfalls ohne Quellenstütze); Paul. D. 7, 1, 24 (10 ad Sab.) könnte f ü r eine extensive Auslegung sprechen: danach w i r d derjenige, der einem Nießbraucher schenken w i l l und sich m i t der stipulatio dem Nießbrauchssklaven gegenüber entsprechend bindet, dem Nießbraucher verpflichtet, quia u t ei servus talis s t i p u l a l i possit, usitatum est. E i n Vergleich m i t Ulp. D. 7, 1, 21 (17 ad Sab.) zeigt, daß q u i a . . . usitatum est nicht meinen kann, daß i n allen Fällen ohne Einschränkung ein Nießbrauchssklave per stipulationem dem Nießbraucher erwerben kann; der Begründungssatz i n fr. 24 dürfte sich daher n u r auf den Sonderfall der Schenkung beziehen; hier aber w a r ein Erwerb mit Mitteln des Nießbrauchers sowieso ausgeschlossen, w e n n nicht der Nießbraucher selbst der Schenker w a r (Salkowski meint, „zur Not" könne man noch von ex re sprechen [S. 141]); w o l l t e man hier also trotzdem den Nießbraucher i n den Genuß der Schenkung kommen lassen, so mußte ein anderes K r i t e r i u m entscheidend sein, vielleicht der W i l l e des Schenkenden; Dulckeit, S. 67 ff. hält D. 7, 1, 24 f ü r verfälscht; quia . . . insbesondere w i r d vielfach für ein Glossem gehalten, vgl. Dulckeit, S. 67 m i t weit. N w . i n A n m . 2; Lenel, SZ 39, 119 ff., 160. 22
Dazu u. Kap. 8, I I I .
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Scheinherrn gegeben hat 2 8 . Papinian v e r w i r f t dabei eine Auffassung, die danach unterscheiden w i l l , ob der Scheinherr den Scheinsklaven freigegeben hat (dann Klage gegen i h n möglich) oder nicht (dann Klage gegen den wahren dominus möglich). Denn — so diese Auffassung — i m zweiten Fall sei der Herr Eigentümer des dargeliehenen Geldes geworden, i m ersten Fall aber: videri 2 4 pecuniam ex re mea quaesitam m i h i (seil, bona fide possessori). M i t einem Erwerb ex re bona fide possessorie ließe sich dieses Erwerbsgeschäft eventuell dann vergleichen, wenn man die Zweckbestimmung des Darlehens i n den Vordergrund stellt: die Freilassung des (Schein-) Sklaven 25 . Hat der Scheinherr hierfür (über den Weg der Zahlung an den Sklaven) das Darlehen bekommen, so hat er aus seinem Vermögen etwas weggegeben, wenn er i h n freiläßt 26 . Eine Anlehnung an die Erwerbskategorie ex re f. kommt daher i n Betracht 27 . Papinian freilich lehnt diese Auffassung m i t der Begründung ab, das Darlehen sei nicht ex re mea, sondern propter rem meam gegeben worden. Salkowski meint, dem liege der Gedanke zugrunde, nicht ex re (sondern propter rem) deshalb, w e i l der Sklave, für den das Geld gegeben worden sei, nicht dem Scheinherrn gehöre 28 . Das scheint m i r nicht die Motivation für Papinians Entscheidung gewesen zu sein 29 . Papinian argumentiert nämlich nicht damit, daß ja der Sklave res aliena ist, also dem bona fide possessor gar nicht gehört 30 . M. E. w i l l Papinian vielmehr sagen, daß m i r das Geld vom Darlehensgeber (über den Sklaven) gerade nicht für meinen Sklaven (wie etwa beim Verkauf) gegeben wurde 3 1 , sondern ganz allgemein wegen des Sklaven, m i t Rück23
Z u den Besonderheiten dieses Falles vgl. Salkowski, S. 127. Das videri deutet darauf hin, daß diese Auffassung den Erwerb des Geldes möglicherweise auch m i t einer Analogie zur Kategorie ex re f. bejaht. 25 Was von Papinian allerdings abgelehnt w i r d : nec i n eam causam alienata, quae pro capite servi facta proponeretur. 26 Auch w e n n er nicht der wahre H e r r des Sklaven ist, so stellt dieser als wirtschaftlicher Faktor (vgl. dazu noch u. Kap. 8, V 1) einen T e i l seines Vermögens dar: m a n könnte daher von res mea sprechen. 27 M i r erscheint diese Argumentation jedenfalls denkbar, so daß ich hieran nichts „Unklares" (Salkowski, S. 128, der allerdings diese Möglichkeit nicht i n seine Überlegungen einbezieht) erblicken kann. 28 S. 128 f.; Salkowski k o m m t zum Schluß: „unklar, keine sehr glückliche Formulierung, auch w i l l es scheinen, als ob . . . zwei . . . Dinge durcheinander gehen". 29 Vorweg: es geht hier nicht u m das Verhältnis Scheinherr — Sklave, sondern u m das Verhältnis Scheinherr — Darlehensgeber, da n u r zwischen diesen sich der Eigentumsübergang vollzogen haben kann. Das w i r d von Salkowski nicht i m m e r k l a r getrennt: einerseits S. 128 A n m . 37, andererseits A n m . 38, w o er sich auf Jul. D. 41, 4, 9/10 beruft: dort aber geht es bei einer wirklichen Freilassung u m das Verhältnis H e r r — Sklave, w e n n dieser sich freikauft; die Quelle ist daher m. E. hier nicht einschlägig. 30 Das soll aber nach Salkowski, S. 129 der entscheidende Gesichtspunkt sein. 31 Also unabhängig davon, ob er m i r gehört oder nicht; darauf stützt sich nicht die Entscheidung Papinians: nicht „ v e r h ü l l t der Jurist den wesentlichen Umstand", w i e Salkowski, S. 129 meint. 24
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sieht, i n bezug auf ihn 3 2 , eingedenk nämlich des Zwecks der Darlehenshingabe: damit der Sklave sich freikaufen kann. Diese Beziehung zum Vermögen des Scheinherrn reicht nach Papinian allerdings nicht aus. Hier zeigen sich die Grenzen der Erwerbskategorie ex re f. b) Ähnliche Schwierigkeiten bereitet die Feststellung, wann ein Erwerb als ex operis servi gemacht anzusehen ist. Ein Vergleich m i t der Regelung beim servus usuarius zeigt folgendes: Ulp. D. 7,8,14 pr. (17 ad Sab.) Per servum usuarium si stipuler v e l per traditionem aeeipiam, an adquiram, quaeritur, si ex re mea vel ex operis eius. et si quidem ex operis eius, non valebit, quoniam nec locare operas eius possumus: sed si ex re mea, dieimus servum usuarium stipulantem vel per traditionem aeeipientem m i h i adquirere, cum hac opera eius utar.
Marcel. D. 7, 8, 20 (13 dig.) Servus, cuius m i h i usus legatus est, adquirit m i h i , si institor erit et operis eius u t a r i n taberna: nam mereibus vendundis emendisque adquirit m i h i : sed et si iussu meo per traditionem aeeipiet.
Aus fr. 14 folgt, daß anders als beim servus fructuarius ein Erwerb ex operis servi dem Usuar nicht zugerechnet w i r d : quoniam nec locare operas eius possumus. Durch Vermieten des Sklaven würden Nutzungen gezogen, auf die der Usuar (im Gegensatz zum Nießbraucher) keinen Anspruch hat. Ist dies der Grund dafür, daß ex operis s. dem Usuar nicht zugerechnet wird, so muß unter Erwerb ex operis s. ein solcher zu verstehen sein, der sich als Ertrag aus den Diensten des Sklaven ergibt. Außer bei der Vermietung ist dies i n allen Fällen gegeben, i n denen der Sklave gegen Entgleit für einen Dritten tätig ist 8 3 . Dagegen dürfte hiernach der Erwerb, den der Sklave bei seiner Tätigkeit für den Usuar besorgt, also indem der Usuar i h n gebraucht, nicht ex operis suis erfolgen; denn sonst stimmt das Argument „quoniam nec locare operas eius possumus" nicht mehr: gebrauchen dürfen w i r i h n nämlich 34 . I n der Tat läßt sich aus fr. 20 entnehmen, daß der Usuar i n den Fällen, da er den Sklaven m i t der Durchführung von Erwerbsgeschäften betraut, i n den Vorteil dieser vom Sklaven besorgten Geschäfte gelangt 3 5 . Doch bereitet es Schwierigkeiten, diesen Fall einer der beiden Erwerbskategorien zuzurechnen. Den bisherigen Überlegungen zu fr. 14 zufolge kann angenommen werden, daß ein Erwerb ex operis s. nicht 32
Vgl. hierzu Heumann / Seckel, s. v. propter. Salkowski, S. 142; Grosso, S. 207 f.; Reggi , S. 371. 34 M a n w i r d nicht sagen können, daß schon dieser beim Gebrauch des Sklaven erlangte Erwerb Nutznießung darstellt. Grosso, S. 207, 211 spricht i n diesen Fällen von einem direkten Gebrauch (impiego diretto) der Dienste des Sklaven, dem u t i operis, das auch dem Usuar zustehe. 35 Es k a n n kein Zweifel daran bestehen, daß dies erst recht f ü r den fructuarius gilt. 33
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dem Usuar zugerechnet wird. Liegt aber dem Fall des Marcellus ein Erwerb ex re usuarii (ex re u.) zugrunde 36 ? Die i n dem Begründungssatz „ n a m . . . m i h i " genannten Geschäfte dürften i n aller Regel ex re, also m i t Mitteln des Usuars erfolgen 37 . Das gleiche gilt für den Erwerb per traditionem (fr. 20 a. E.) 38 , wenn man dabei i n erster Linie an Sachen denken w i l l , die dem Usuar geschuldet wurden, und dies für ausreichend für einen Erwerb ex re u. erachtet 39 . Doch ist von einem Erwerb ex re u. ausdrücklich nicht die Rede. Marcellus begründet die Zurechnung auch anders: et operis eius utar i n taberna. Er stellt also auf die Befugnis des Usuars ab, die Dienste des Sklaven zu gebrauchen, ohne diese Befugnis dabei auf Geschäfte ex re u. zu beschränken. Denkbar wäre hiernach, daß der Sklave auch Erwerbsgeschäfte, die nicht m i t M i t t e l n des Usuars erfolgen, für diesen tätigen kann, sofern nur dadurch der Usuar den Sklaven — wie es i h m gebührt — gebraucht. Einen anderen Eindruck vermittelt freilich fr. 14. Denn dort unterscheidet Ulpian zwischen dem Erwerb ex operis servi und ex re usuarii, und nur i m zweiten Fall bejaht er bei der Stipulation oder Tradition den Erwerb des Usuars: sed si ex re mea . . . m i h i adquirere. Als Begründung folgt allerdings (wie i n fr. 20) der Hinweis auf die Befugnis des Usuars, die Dienste des Sklaven zu gebrauchen: cum hac opera eius utar. W i l l Ulpian diese Befugnis auf diejenigen Fälle beschränken, bei denen der Sklave m i t M i t t e l n des Usuars handelt? Gegen eine solche Beschränkung spricht, daß dieser Gesichtspunkt nicht i n jedem Fall die Grenze aufzeigt zwischen der unzulässigen Nutznießung und dem zulässigen Gebrauch des Sklaven: zwar erfolgen die Erwerbsgeschäfte infolge (unzulässiger) Vermietung der Dienste des Sklaven nicht ex re u., aber wenn der Sklave i m Rahmen des Geschäftsbetriebes des Usuars, i n dem er eingesetzt wird, z. B. ein Darlehen aufnimmt, so ist die daraus resultierende Rechtsposition noch nicht das Ergebnis einer Nutznießung des Sklaven, obgleich das Geschäft nicht ex re u. — jedenfalls nicht i m engen Sinn: m i t M i t t e l n — erfolgt. Die Befugnis, den Sklaven zu gebrauchen, — i m Gegensatz zur Nutznießung — scheint aber auch bei Ulpian der wesentliche Gesichtspunkt zu sein 40 . Allgemein sprechen gegen eine derartige Beschränkung auch praktische Gründe. I n fr. 20 ist der servus usuarius als institor eingesetzt. Könnte er dem Usuar nur einen Erwerb m i t dessen Mitteln ermöglichen, wäre er nur beschränkt ver36 Nach fr. 14 wäre dies zu erwarten: denn danach w i r d n u r ex re usuarii diesem zugerechnet; vgl. aber sogleich i m Text. 37 Vgl. Salkowski, S. 141. 38 Ob es ursprünglich per mancipationem geheißen hat statt per traditionem, ist hier ohne Belang. 39 Vgl. ο. I 2 a. 40 Einerseits: cum hac opera eius utar; andererseits: quoniam nec locare operas eius possumus.
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wendbar. Je nach A r t des Geschäftsbetriebs sind nämlich auch Geschäfte denkbar, die nicht m i t M i t t e l n des Usuars erfolgen 41 . Es wäre nachteilig, wenn hier der institor nicht tätig werden könnte. Praktische Gesichtspunkte erfordern daher auch hier eine Zurechnung 42 . Für fr. 20 ist daher — vornehmlich für den ersten Teil, der vom institor handelt, aufgrund des Sachzusammenhangs dann aber auch wohl für den Schluß — wahrscheinlich, daß es nicht darauf ankommt, ob die Geschäfte m i t M i t teln des usuarius (ebenso dann des fructuarius) gemacht werden 43 . Entscheidend ist, daß die Vornahme von Erwerbsgeschäften zu den A u f gaben des Sklaven zählt, der Sklave also auf diese Weise gebraucht wird 4 4 . Das nötigt nicht dazu, zwischen Ulpian und Marcellus eine Kontroverse anzunehmen 45 . Beide entscheiden die Frage der Zurechnung danach, ob der Sklave lediglich gebraucht oder ob aus seiner Tätigkeit ein Ertrag gewonnen wird 4 6 . Damit steht die Argumentation Ulpians, der i n diesem Zusammenhang m i t den bekannten Erwerbskategorien ex re u. und ex operis s. arbeitet, i n Einklang; denn ein m i t M i t t e l n des usuarius (bzw. fructuarius) getätigter Erwerb hat i n keinem Fall Nutznießungscharakter, fällt also durch Gebrauch des Sklaven an, während der Erwerb ex operis s. die Fälle bezeichnen soll, i n denen aus den Diensten des Sklaven ein Ertrag erwirtschaftet wird. Indem Ulpian die Zurech41 Neben dem Beispiel o. v o r A n m . 40 vor allem kommissionsähnliche Geschäfte, Auftrag, negotiorum gestio. 42 Vgl. auch Salkowski, S. 50 f. f ü r den servus fructuarius. 43 I m Ergebnis f ü r den servus fructuarius ebenso Salkowski, S. 51, f ü r den servus usuarius vgl. S. 142 A n m . 73. 44 F ü r den Fall, daß der Sklave nicht ständig m i t der Vornahme von E r werbsgeschäften (etwa als institor) betraut ist, sondern n u r ein konkreter Auftrag, ein ganz bestimmtes Geschäft zu tätigen, vorliegt, ist die Lösung nicht ganz zweifelsfrei. Z w a r spricht fr. 20 (sed et si iussu meo per t r a d i tionem accipiet — insoweit ist m. E. nicht mehr v o m institor, sondern von einem speziell Beauftragten [iussu] die Hede) f ü r eine Zurechnung (Grosso, usufrutto S. 462 vermutet insoweit ein Glossem; Salkowski, S. 141 bejaht auch hier einen Erwerb des Nießbrauchers); doch scheint Paul. D. 45, 3, 31 (8 ad Plaut.) das Gegenteil zu besagen: Si iussu f r u c t u a r i i . . . servus stipuletur, ex quibus causis non solet iis adquiri, domino adquirit. Danach ist es also nicht ausgeschlossen, daß der Sklave — obwohl m i t iussum des Nießbrauchers — weder ex operis suis noch ex re eius aber auch nicht m i t der Rechtfertigung „ c u m hac opera eius utar" erwirbt. Vielleicht ist der Widerspruch dahin aufzulösen, daß die Paulusstelle solche Fälle i m Auge hat, die i n den Geschäftskreis des dominus oder eines D r i t t e n fallen, etwa Geschäfte ex re domini, die der Nießbraucher durch sein iussum zu eigenen Geschäften zu machen trachtete, w i e der T e x t zeigt, jedoch ohne Erfolg; auch Salkowski, S. 142, der sich allerdings zum Widerspruch der beiden Quellen nicht äußert, verneint i n einem derartigen F a l l den Erwerb f ü r den Nießbraucher; m a n könnte z. B. an den F a l l denken, daß der Grund f ü r die Stipulation ein formlos geschlossener Vertrag m i t dem dominus ist. Siehe aber noch u. I 3. 45
Vgl. auch Salkowski, S. 142 A n m . 73; siehe aber Grosso, S. 211. Ulpian: cum hac opera eius utar; Marcellus: et operis eius utar; vgl. schon o. bei A n m . 40. 46
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nung an den Usuar auf Geschäfte ex re u. beschränkt, rechnet er aber nicht notwendigerweise solche Fälle, wie sie Marcellus auch i m Auge hat, also Fälle, i n denen der Sklave m i t der Vornahme von Erwerbsgeschäften vom Usuar betraut ist, diese aber nicht m i t dessen M i t t e l n besorgt 47 , der Kategorie ex operis servi zu. Daß er hier — wie Marcellus — eine Zurechnung an den Usuar befürworten w i r d — unabhängig davon, ob man diese Fälle der Kategorie ex re u. zuordnen kann 4 8 —, folgt gerade aus seiner Argumentation: cum hac opera eius utar. Auch dann bleiben noch Stipulations- und Traditionsfälle übrig 4 9 , bei denen der Erwerb Folg)e einer Nutznießung des Sklaven ist, so daß der Satz „si stipuler vel per traditionem accipiam . . . et si quidem ex operis eius, non valebit" nicht bloße Theorie darstellt: etwa der Fall, daß bei einer Verdingung der Dienste der Mietzins stipuliert oder die geschuldete Summe übergeben wird. I n Quellen, die vom Nießbrauchssklaven handeln, finden sich allerdings Hinweise darauf, daß ex operis servi nicht allein i m Sinne von Ertrag, Fruchtgenuß gebraucht w i r d 5 0 , sondern daß dabei z. T. auch an den unmittelbaren Nutzen, den man aus der Arbeitstätigkeit des Sklaven ziehen kann, gedacht wird. Das hat zur Folge, daß Rechtsgeschäfte, die der Sklave i m Rahmen seiner Arbeitstätigkeit abschließt, als ex operis suis qualifiziert werden könnten 5 1 . Wenn nach Gai. D. 7, 7, 3 5 2 die Dienste selbst und nicht nur der Lohn (nur das wäre Ertrag, Fruchtziehung) Gegenstand des Nießbrauchs sind, so kann ein i m Rahmen dieser Dienste getätigter Erwerb als ex operis suis bezeichnet werden. Auch Ulpian selbst, der doch i n fr. 14 anscheinend ex operis eng auffaßt 53 , dürfte an anderer Stelle wiederum 5 4 mit ex operis servi die unmittelbare Dienstleistung des Sklaven ansprechen. Es hat den Anschein, als sei ex operis servi kein fester Terminus gewesen, sondern mal als allgemeine Bezeichnung der Ausnutzung der Dienste des Sklaven gebraucht worden, mal rücksichtlich der spezifi47
Vgl. ο. I 2 b a. Anf. Siehe noch u. I 2 c. 49 Das ist insofern wichtig, als sonst die Interpretation von fr. 14 unschlüssig w i r d . 50 Dies soll aber nach Salkowski, S. 112, 142 die eigentliche Bedeutung von ex operis servi gewesen sein; zustimmend Reggi , S. 371 ff., 375; gegen diese Beschränkung Ciulei, S. 48 f. 51 Tryph. D. 41, 1, 63, 3 erwägt z. B. Erwerb ex operis servi i n einem Fall, i n dem ein servus fructuarius lediglich i m Rahmen seiner Tätigkeit (also i m Sinn von „opera eius utar") eine Erwerbshandlung v o r n i m m t (Schatzfund). 52 (7 ad ed. prov.): I n hominis usufructu operae sunt et ob operas mercedes. 53 Vgl. ο. I 2 b a. Anf. 54 D. 7, 1, 23, 1 (17 ad Sab.); vgl. Salkowski, S. 118 A n m . 9. Vgl. dazu auch Reggi , S. 374 f. 48
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sehen Befugnis des Nießbrauchers, Erträge zu beanspruchen, i n dieser eng]en Bedeutung verwendet worden. Soweit vom servus usuarius die Rede ist, kann ex operis servi i n diesem speziellen Sinn natürlich nicht gebraucht werden. Möglicherweise w i r d deswegen hier von opera u t i 5 5 gesprochen, wenn der auch dem Usuar zustehende Gebrauch der Dienste des Sklaven gemeint ist. c) Nach allem gibt es Fälle, die nicht i n die Kategorien Erwerb ex re u. und ex operis s. (im Sinne von Ertrag) zu passen scheinen 56 . Das ist nicht von Bedeutung, wenn man den entscheidenden Gesichtspunkt für die Zurechnung, so wie er sich nach der Argumentation von Ulpian und Marcellus darstellt, i m Auge behält: Der vom servus usuarius getätigte Erwerb muß sich i m Rahmen dessen halten, was durch die Befugnisse des Usuars an i h m gedeckt ist. Da die Rechte an dem Sklaven zwischen Usuar und dominus aufgeteilt sind, werden nur diejenigen Rechtsgeschäfte des Sklaven dem Usuar zugerechnet, die das Gebrauchsrecht konkretisieren. Anders ausgedrückt: Die Ausübung des Gebrauchsrechts führt dazu, daß alle damit verbundenen vom Sklaven getätigten Erwerbsgeschäfte dem Usuar zugute kommen, unabhängig davon, ob sie m i t seinen M i t t e l n erfolgen 57 . Entsprechend w i r d man die Grenze zwischen Nießbraucher und dominus festlegen können, nur daß dort die Nutznießung und folglich die damit verbundenen Rechtsgeschäfte hinzukommen 58 . Entscheidendes K r i t e r i u m für die Frage der Zurechnung ist hiernach, i n wessen Rechtsbereich (des dominus oder des fructuarius bzw. usuarius) der Sklave tätig wird. Offen ist dann aber die Frage, warum i n den Quellen grundsätzlich nur von ex re f. (bzw. ex re u.) und ex operis s. die Rede ist, obgleich nicht alle Fälle, i n denen dem Nießbraucher oder Usuar zugerechnet wird, hierunter subsumiert werden können. Ich halte es für denkbar, daß ex re f. und ex operis s. Begriffe m i t lediglich pauschaler Aussagekraft, keine Termini i m Sinne von festumrissenen Tatbestandsvoraussetzungen sind. Sie fassen die Hauptfälle des Erwerbs schlagwortartig i n zwei Kategorien zusammen. Das wäre bei der Metho55
Fr. 14 u n d fr. 20; vgl. ο. I 2 b a. Anf. Nämlich der nicht m i t M i t t e l n getätigte Erwerb, der aber auch nicht als Nutzung iSv. Ertrag erscheint. Grosso, usufrutto S. 210 f. w i l l diese Fälle der Kategorie ex re f. (bzw. u.) zuordnen. Dem liegt dann freilich ein Sinn zugrunde, der m i t der eigentlichen Bedeutung „ m i t M i t t e l n " oder „aus dem Vermögen" k a u m mehr i n Zusammenhang gebracht werden kann. U n k l a r insoweit Salkowski, S. 141/142, der v o n einem Erwerb ex operis s. spricht (aber nicht „ i m eigentlichen S i n n e . . . als fruetus s e r v i . . . " ) , der sich „aus dem uti, nicht aus dem f r u i ableite." 57 Auch Grosso, S. 207 f., 211 m i t A n m . 2 geht bei der Bestimmung der Geschäfte, die dem Usuar bzw. dem fructuarius zugerechnet werden, v o n der Bedeutung des u t i u n d des f r u i aus. 58 Die dann natürlich i n die Kategorie ex operis s. passen. 66
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de der römischen Rechtsfindung nichts Außergewöhnliches, wenn man bedenkt, daß Begriffe und Regeln aus der Behandlung von Einzelfällen, quasi als Nebenprodukte, gewonnen wurden 5 9 und folglich nicht die Bedeutung und Geltungskraft eines gesetzlichen Tatbestands unseres geltenden Rechts haben 60 . So erfassen die Begriffe zwar die wesentlichen Fälle des Erwerbs, nicht aber alle. Wo ein Fall nicht erfaßt ist, steht man nicht etwa vor dem Dilemma, nicht subsumieren zu können, sondern geht auf den eigentlichen Grund der Zurechnung zurück 61 oder findet das Ergebnis durch Analogie zu einer der anerkannten Erwerbskategorien 62 . 3. Keine Ausnahme von diesen Grundsätzen, nach denen sich der Erwerb vollzieht, bilden die Fälle, i n denen der Sklave nominatim fructuarii oder domini stipuliert 6 3 . Man muß unterscheiden: Soweit es sich um Geschäfte extra duas causas handelt, kann auch ein Auftreten nominat i m fructuarii nicht den Erwerb für diesen begründen 64 . Aber auch die allgemeine Regel, daß der Erwerb extra duas causas dem dominus zugute kommt, greift hier nicht ein, w e i l die Stipulationsformel diesem Erwerb entgegensteht 65 . Handelt der Sklave nominatim domini, erwirbt er extra duas causas selbstverständlich diesem. Bei Geschäften ex re f. oder ex operis s. ist ein Handeln nominatim fructuarii ohne Belang. Auch ohne die Nennung seines Namens w i r d i h m zugerechnet. Handelt der Sklave aber hier nominatim domini, so ist wegen entgegenstehender Formel ein Erwerb für den Nießbraucher ausgeschlossen66. Dann aber entfaltet wieder die allgemeine Regel ihre Wirkung: der Sklave erwirbt (trotz ex re f. oder ex operis s.) dem dominus 67 . 59
Vgl. Käser, Methode S. 63. Vgl. Käser, Methode S. 65 f., S. 74: „ . . . d a ß die . . . allgemeinen regulae . . . nichts anderes sind als verkürzte Aussagen über die i n der Kasuistik gewonnenen Erfahrungen." 61 Marcel. D. 7, 8, 20. 82 Vgl. ο. I 2 a, Paul. D. 46, 4, 11 pr., vor allem bei A n m . 18 u n d A n m . 19. 63 Das folgende gilt w o h l entsprechend f ü r einen Erwerb per mancipationem, vgl. Salkowski, S. 189. Z u diesen Fragen zuletzt MacCormack, R I D A 23, 191 ff. Ob auch bei formlosen Geschäften die Nennung des Namens von Bedeutung war, erscheint fraglich; MacCormack n i m m t dies f ü r die traditio (und zwar nicht n u r beim Nießbrauchssklaven) i n Anspruch; der Text, auf den er sich dabei stützt, w i r d i m allgemeinen aber als ursprünglich von der mancipatio handelnd angesehen (Jul. D. 41, 1, 37, 4, vgl. Salkowski, S. 101 m i t A n m . 9 u n d MacCormack, S. 193 selbst; f ü r den Nießbrauchssklaven ebenso Jul. D. 41, 1, 37, 5, vgl. Salkowski, S. 189. 64 Paul. D. 45, 3, 31; Ulp. D. 7, 1, 25, 3; vgl. Dulckeit, S.29; Grosso, S. 225. 65 Paul. D. 45, 3, 31; vgl. Salkowski, S. 187. ββ Pomp. D. 45, 3, 39; Jul. D. 41, 1, 37, 5; Ulp. D. 7, 1, 25, 3. Vgl. Dulckeit, S. 27; Salkowski, S. 189. 67 Pomp. loc. cit.; Jul. loc. cit. — Es w i r d lediglich erörtert, ob das Ergebnis dadurch korrigiert werden kann, daß der Nießbraucher gegen den dominus eine condictio erhält; vgl. Pomp. 1. c.; dazu Dulckeit, S. 27 f.; Salkowski, S. 190 f. 60
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Zu klären bleibt, welche Bedeutung das iussum des Nießbrauchers oder des dominus haben kann. W i r haben bisher nur gesehen, daß das iussum des Nießbrauchers dazu führen kann, daß der iussu getätigte Rechtserwerb durch den Sklaven mit W i r k u n g für den Nießbraucher erfolgte 68 , daß aber wahrscheinlich ein zum Geschäftskreis des dominus gehörendes Erwerbsgeschäft nicht durch ein iussum des Nießbrauchers für diesen rechtswirksam getätigt werden konnte 8 9 . Eine Bestätigung dieser zweiten Aussage findet sich für den bona fide serviens i n Paul. D. 45, 3, 33 pr. 7 0 . Umgekehrt kann aber ein iussum des dominus auch bei Geschäften ex re f. oder ex operis s. möglicherweise von Bedeutung sein: Ulp.-Jul. D. 7, 1, 25, 3 nimmt hier Erwerb für den dominus an 71 . Vergegenwärtigt man sich die Rechtslage hinsichtlich des Erwerbs durch einen gemeinschaftlichen Sklaven 72 , so erscheint die W i r k u n g des iussum nicht gänzlich überraschend. Daß ein iussum des Nießbrauchers (oder ein Handeln nominatim fructuarii) extra duas causas nicht eine entsprechende Wirkung hat, beruht vielleicht auf der offenbar schwächeren Stellung des Nießbrauchers gegenüber dem dominus, die sich auch darin zeigt, daß trotz ex re f. oder ex operis s. eine nominatim domini erfolgte stipulatio für diesen w i r k t 7 3 . 4. Besonderheiten bestehen, wenn der Nießbrauchssklave zum Erben eingesetzt ist oder i h m etwas geschenkt wird, und zwar jeweils i m H i n blick auf seine Eigenschaft als Nießbrauchssklave, d. h. wenn der Erblasser (Schenker) letztlich dem Nießbraucher zuwenden w i l l . Prima facie scheint i n diesen Fällen weder ein Erwerb ex re fructuarii noch ex operis servi vorzuliegen. Gleichwohl mochte ein Bedürfnis bestehen, den Intentionen des Erblassers (Schenkers) zum Erfolg zu verhelfen. Ergiebiger für diese Fragen sind die Quellen zum Parallelfall des bona fide serviens 74 . Ich komme dort darauf zurück 75 . 68
Siehe ο. I 2 b m i t A n m . 44 (Marcel. D. 7, 8, 20). Siehe o. Anm. 44 (Paul. D. 45, 3, 31). 70 (14 ad Plaut.): Si liber homo v e l alienus q u i bona fide servit ex re alterius iussu possessoris stipuletur, Iulianus ait l i b e r u m quidem sibi adquirere, servum vero domino, quia iussum domino cohaerat. Dazu Dulckeit , S. 39 A n m . 4; Grosso, S. 225 m i t A n m . 3; Reggi, S. 417, der die Stelle ebenfalls i m Zusammenhang m i t D. 45, 3, 31 (vgl. o. A n m . 69) sieht. 71 (18 ad Sab.): . . . denique scribit (seil. Iulianus; 35 dig.) eum, qui ex re fructuarii stipuletur n o m i n a t i m proprietario v e l iussu eius, ipsi a d q u i r e r e . . . Salkowski, S. 192 hält dies offenbar für eine Sondermeinung des von U l p i a n zitierten Julian: eigentlich sei entscheidend f ü r den Erwerb der ökonomische Ursprung (ex re), das iussum könne also keine Bedeutung haben. Dulckeit, S. 68 A n m . 2 hält vel iussu eius f ü r ein Glossem. 72 Siehe o. Anm. 1. 73 Vgl. ο. I 3 m i t A n m . 67; ähnlich Grosso, usufrutto S. 223 ff. 74 Ulp. D. 7, 1, 21 (Erbschaft); Ulp. D. 7, 1, 22 u n d Paul. D. 7, 1, 24 (Schenkung) behandeln das Problem für den Nießbraucher. Anders als beim bona fide serviens w i r d der Erschaftsfall f ü r den Nießbraucher selten praktisch 69
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5. Es ist bereits gezeigt worden, daß entscheidendes K r i t e r i u m für die Zurechnung des Erwerbs ist, i n wessen Rechtskreis der Sklave tätig wird 7 6 . Er w i r d dann i m Rechtskreis des Nießbrauchers bzw. des Usuars tätig, wenn sein Handeln von der Berechtigung, die der Nießbraucher (Usuar) an i h m hat, gedeckt ist, die Vornahme des Erwerbsgeschäfts also diese Berechtigμng konkretisiert. Für den Nießbraucher w i r d dieser Gedanke besonders bei der Erwerbskategorie ex operis servi deutlich 7 7 : Da das Recht des Nießbrauchers darin besteht, den belasteten Gegenr stand zu nutzen und daraus Früchte zu ziehen, gebühren i h m die Vorteile aus einer entsprechenden Verwendung des Nießbrauchssklaven. Besteht also die durch den Nießbrauch gedeckte Fruchtziehung i n der Vornahme von Erwerbsgeschäften, so kommt der Rechtserfolg dem Nießbraucher zugute 78 . Insoweit verwirklicht sich der Nießbrauch w i r t schaftlich und rechtlich; insoweit hat sich der dominus seiner Rechte auf den belasteten Gegenstand entäußert. Bei der Erwerbskategorie ex re f. mag man zunächst an Surrogation als tragendes Prinzip 7 9 denken; jedenfalls soweit darunter die Fälle erfaßt werden, i n denen der Erwerb m i t M i t t e l n des beschränkt dinglich Berechtigten getätigt wird. Soweit dieser Gedanke ganz allgemein als Zurechnungskriterium beim Erwerb durch Gewaltabhängige angesehen w i r d 8 0 , muß hier ein Hinweis auf die Widerlegung Käsers 81 genüg|en: vor allem die Tatsache, daß ein Erwerb ex re durch einen Nichtgewaltabhängigen nach römischem Recht nicht möglich war 8 2 , ist m i t diesem Prinzip nicht i n Einklang zu bringen und kann auf diese Weise nicht befriedigend erklärt werden 83 . Der gleiche Grund spricht auch i m speziellen Fall des Nießbrauchs- oder Gebrauchssklaven dagegen, daß die geworden sein, da der Erblasser — w o l l t e er dem Nießbraucher zuwenden — diesen direkt einsetzen konnte. Z u m Problem Dulckeit, S. 42, 49ff.; Grosso, S.212 ff. 75 Unten Kap. 8, I I 3. 76 Siehe ο. I 2 c. 77 Vgl. dazu auch Salkowski, S. 131. 78 Vgl. auch die allgemeinen Regeln i n Gai. D. 7, 7, 3/4. 79 Claus faßt den Surrogationsgedanken als Unterfall des „Prinzips der notwendigen Entgeltlichkeit" (zurückgehend auf Seidl, Rom. Privatrecht S. 40, Rdn. 107) auf, S. 36 ff. Dagegen Käser, SZ 91, 146 ff., 166 f. 80 Claus, S. 35 ff. 81 SZ 91, 146 ff., 173 ff. 82 Claus versucht zu begründen, daß dies ursprünglich möglich gewesen sei, später aber wieder aufgegeben wurde, S. 36; m. E. dagegen überzeugend Käser, S. 176 f. 83 Gegen eine maßgebende Bedeutung des Surrogationsgedankens spricht auch die Regelung, die für den Erwerb durch einen Miteigentumssklaven g i l t : Gälten Surrogationsgrundsätze, so wäre zu erwarten, daß die H e r k u n f t der Erwerbsmittel darüber entschiede, welchem dominus der Erwerb zuf ä l l t ; das ist indes nicht der Fall, vgl. o. A n m . 1; vgl. auch Grosso, usufrutto S. 223.
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Zurechnung des Erwerbs ex re f. (ex re u.) Ausfluß oder Folge eines Surrogationsprinzips ist. Zudem knüpft dieser Gedanke allgemein an das Vermögen an, m i t dem rechtsgeschäftlich gehandelt wird, berücksichtigt also nicht das besondere Verhältnis zwischen Nießbraucher und Eigentümer des Sklaven 84 . M i t diesem Verhältnis, der Aufteilung der Berechtigung an dem Sklaven, hängt aber die Entscheidung zusammen, wem i n welchen Fällen der Erwerb zugerechnet wird. Daß der Surrogationsgedanke für die Zurechnung nicht entscheidend sein kann, zeigt sich nicht zuletzt auch darin, daß selbst ex re fructuarii dann dem dominus erworben wird, wenn der Sklave m i t seinem iussum gehandelt hat 8 5 . Man w i r d daher den Grund für die Zurechnung bei Geschäften ex re f. ebenfalls i n der Befugnis des Nießbrauchers 8® an dem Sklaven zu suchen haben. Während die Erwerbskategorie ex operis s. dem Anspruch des Nießbrauchers auf Fruchtgenuß, also dem Ertragsgedanken Rechnung trägt 8 7 , knüpft die Zurechnung des Erwerbs ex re f. an die andere Komponente des Nießbrauchs, das uti, an 88 . Soll der Gebrauch des Sklaven wirtschaftlich v o l l genutzt werden 89 , so muß es möglich sein, durch i h n Erwerbsgeschäfte zu tätigen 90 . Natürlich kann es sich dabei nur u m solche Geschäfte handeln, deren Vorteile dem Nießbraucher (Usuar) wirtschaftlich gebühren. Das sind i n erster Linie Geschäfte, die m i t M i t teln des beschränkt dinglich Berechtigten getätigt werden. W i r haben gesehen, daß daneben aber auch andere Geschäfte i n seinen Rechtskreis fallen können 91 . Bliebe es i n diesen Fällen beim Grundsatz, Erwerb für den dominus, so müßte der Nießbraucher (Usuar) erst m i t der condictio das i h m Gebührende vom dominus herausverlangen 92 . Eine interessengemäße Lösung, die dem Recht, den Sklaven bei Erwerbsgeschäften einzusetzen, entspricht, ist daher, i n diesen Fällen den Erwerb direkt dem Nießbraucher (Usuar) zugute kommen zu lassen 93 . So ist dem Erwerb ex re f. zwar (im Regelfall) die Objektbezogenheit, d. h. der ökonomische Ursprung des Erwerbs 0 4 eigen. Doch ist dies nicht der für die Zurech84 Neben der Nichtberücksichtigung des Verhältnisses Nießbraucher/Nießbrauchssklave. Entsprechendes gilt f ü r den Usuar. 85 Ulp. D. 7, 1, 25, 3; vgl. ο. I 3 bei A n m . 71. 86 Ebenso des Usuars. 87 Vgl. ο. I 5. 88 Das, was bei Grosso, S. 204, 210 f. der direkte Gebrauch des Sklaven genannt w i r d . — Hier decken sich die Befugnisse von Usuar und Nießbraucher. 89 Vgl. Salkowski, S. 133 f.: „die volle ökonomische Nutzung". 90 Vgl. auch Grosso, S. 210 f. 91 Vgl. ο. I 2 b bei A n m . 40. 92 Vgl. Salkowski, S. 133 (auch zu anderen erwägenswerten Aktionen). 93 Vgl. Salkowski, S. 133. 94 Salkowski, S. 116.
6 Krüger
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nung entscheidende Gesichtspunkt 95 , sondern die Tatsache, daß i n diesen Fällen dem Nießbraucher (Usuar) das Recht zusteht, den Sklaven geschäftlich einzusetzen. Die Rechtfertigung für die Zurechnung ergibt sich nach allem aus den Befugnissen einerseits des beschränkt dinglich Berechtigten 96 , andererseits des dominus proprietatis an dem Sklaven. Insoweit das Erwerbsgeschäft, das der Sklave tätigt, sich als das Ergebnis der Dienste darstellt, die der Sklave dem Nießbraucher (oder dem Usuar) schuldet, w i r d es diesem zugerechnet. I n allen anderen Fällen w i r k t es infolge der dem dominus verbliebenen Rechte an dem Sklaven für den Herrn. Man kann überlegen, ob hier eine Aufteilung der potestas geschehen ist 9 7 . Von wesentlicher Bedeutung für die Rechtfertigung der Zurechnungßregelung ist diese Überlegung jedoch nicht 98 . Erkennbar geworden ist m. E. jedenfalls, daß eine spezifische Abspaltung der i m allgemeinen ausnahmslos dem dominus zustehenden Herrschaftsbefugnisse an den Nießbraucher (bzw. Usuar) stattgefunden hat 9 9 . Herrschaftsgewalt über einen Sklaven bedeutet nichts anderes als Eigentum an i h m 1 0 0 ; die dem Eigentümer zustehenden Rechte, die Sache zu gebrauchen und zu nutzen, wesentliche Teilbefugnisse also, sind dem beschränkt dinglich Berechtigten eingeräumt worden 1 0 1 . Die Zurechnung von Erwerbsgeschäften des Sklaven knüpft an diese Aufteilung der Befugnisse an. Der Gedanke, daß grundsätzlich das Gewaltverhältnis die Überleitung der Erwerbsgeschäfte auf den dominus trägjt, findet sich somit hier konsequent ausgestaltet. II. Diese Überlegungen scheinen Bestätigung zu finden beim verpfändeten Sklaven: Jul D. 41,1, 37 pr. (44 dig.) Per servum, q u i pignori datus est, creditori nec possessio adquiritur, quia nec stipulatione nec traditione 1 0 f 2 nec ullo alio modo per eum servum quicquam ei adquiritur, quamvis possessio penes eum sit. 95
Salkowski, S. 116 gegenüber vorhergehenden Aussagen freilich mißverständlich: „ v o n entscheidender Bedeutung". 96 Fructuarius oder usuarius. 97 Vgl. zu den Quellen, die eventuell für eine potestas des Nießbrauchers i n Anspruch genommen werden können, Salkowski, S. 143 A n m . 80. Salkowski, S. 3 hält die potestas f ü r unteilbar. 98 Die römischen Juristen haben auch hier nicht zur Begründung des E r werbs f ü r den Nießbraucher (Usuar) auf die potestas verwiesen, vgl. Salkowski, S. 143 f. 99 Eine funktionelle Teilung der Herrschaftsbefugnisse hält Käser, I S. 38 (§ 7 I I ) für möglich. Vgl. auch Benöhr, Besitzerwerb S. 80. 100 Vgl. o. Kap. 1, I I m i t A n m . 32. 101 Dem Usuar n u r das Gebrauchsrecht.
6. Kap.: servus fructuarius, usuarius u n d pignori datus
Paul (Jul.) D. 41,2,1,15
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(54 ad ed.)
Per servum corporaliter pignori datum non adquirere nos possessionem Julianus a i t 1 0 3 . . . nec creditori, quia nec stipulatione nec ullo alio modo per eum a d q u i r a t . . .
Der Pfandgläubiger kann durch den Pfandsklaven nichts erwerben, weil — so könnte man ergänzen — er den Sklaven nur zur Sicherung seiner Forderung i n Besitz hat, nicht um i h n zu gebrauchen oder zu nutzen. Der Erwerb kommt vielmehr dem Herrn und Schuldner zugute 104 . Dem steht Paul. (Jul.) D. 41, 2, 1, 15 10δ nicht entgegen; denn dort w i r d lediglich der Besitzerwerb für den Schuldner verneint, nicht auch der Rechtserwerb 106 . Doch bedarf die Beziehung, die der Gläubiger zum Pfandsklaven hat, genauerer Überprüfung. I m allgemeinen hat der Pfandgläubiger kein Recht, den Pfandgegenstand zu gebrauchen. T u t er es trotzdem, begeht er ein furtum 1 0 7 . Hinsichtlich der Früchte kann allerdings vereinbart werden, daß sie der Gläubiger statt der Zinsen erhält 1 0 8 . Daneben gibt es Fälle, i n denen dem Pfandgläubiger zwar auch die Nutzungen der Pfandsache zugute kommen, aber nur dergestalt (und i m Gegensatz zum antichretischen Vertrag), daß sie ihrem Werte nach zunächst auf die Zinsen, dann auf die gesicherte Forderung angerechnet werden 1 0 9 . Ein Uberschuß gebührt i n diesen Fällen dem Schuldner 110 . Diese Rechtslage ist 102 Ob nec traditione itp. ist (vgl. Benöhr, Besitzerwerb S. 40 A n m . 8), ist hier ohne Bedeutung. 103 Nämlich i n D. 41, 1, 37 pr. 104 Salkowski, S. 136 ff. 105 Vgl. o. i m Text. 106 Bekker, Recht des Besitzes S. 63 meint offenbar, auch der Rechtserwerb werde abgelehnt (vgl. Salkowski, S. 138 A n m . 59); die Quelle handelt aber — insoweit eindeutig — n u r v o m Besitzerwerb (soweit ein Erwerb f ü r den Schuldner verneint w i r d ) ; hier gab es Grund zur Ablehnung, vgl. Benöhr, (o. A n m . 102) S. 41. 107 Gai. D. 47, 2, 55 pr. (13 ad ed. prov.): Si pignore creditor utatur, f u r t i tenetur.; Inst. 4, 1, 6; vgl. Manigk, Gläubigerbefriedigung S. 51 f.; i m m e r h i n konnte der Schuldner i h m den Gebrauch gestatten, vgl. Käser, I S. 470
(§ H l I). 108
Sog. antichretischer Vertrag; zum Begriff Käser, (o. A n m . 107); vgl. auch Kunkel, RP S. 155 f. (§33, 3); ob so schon von den Römern bezeichnet, mag dahinstehen, vgl. dazu Manigk, S. 44 ff.; auch i n der heutigen Romanistik ist die Terminologie nicht einheitlich, vgl. Manigk, S. 44 ff. — A n Quellen vgl. Marc. D. 13, 7, 33; D. 20, 1, 11, 1; C. 4, 32, 17. 109 Ulp. D. 36, 4, 5, 21; C. 8, 24, 2; C. 8, 42, 20; C. 4, 24, 1—3. I m einzelnen ist vieles ungeklärt u n d streitig, vgl. n u r Manigk, S. 44 ff.; Kunkel, RP S. 155 f. (§33, 3); insbesondere: durfte hier der Gläubiger n u r aufgrund besonderer Vereinbarung Nutzungen ziehen (so z.B. Käser, I S. 470 [§111 I L dafür sprechen C. 8, 42, 20; Mod. D. 13, 7, 39) oder mußte er dies sogar ohne eine solche Vereinbarung (so z. B. Manigk, S. 52, dafür sprechen vielleicht C. 8, 24, 2; C. 4, 24, 3)? Käser n i m m t bei den zuletzt zitierten Codex-Stellen auch Pflicht zu sorgfältiger Fruchtziehung an, von seinem Standpunkt aus aber w o h l aufgrund Vereinbarung. 110 C. 4, 24, 1. 6*
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audi für den Sklaven als Pfandobjekt bezeugt 111 . Ist also i n diesen Fällen dem Gläubiger der Gebrauch bzw. die Nutzung des Pfandsklaven erlaubt, so wäre es denkbar, daß dann auch i m Rahmen dieser Nutzbarmachung getätigte Erwerbsgeschäfte für i h n wirkten, und zwar ebenfalls m i t der Folge der Anrechnung 112 . Denn ein Erwerb ohne Anrechnung würde den Rahmen des Pfandrechts sprengen. Er hätte keine Beziehung mehr zum Zweck des Pfandrechts, eine Forderung zu sichern. W i r finden für einen Erwerb des Gläubigers jedoch i n den Quellen keine Anhaltspunkte. I m Gegenteil: Bei der grundsätzlichen Ablehnung eines Erwerbs i n Jul. D. 41, 1, 37 pr. und Paul. (Jul.) D. 41, 2, 1, 15 erscheint diese Möglichkeit wenig wahrscheinlich 113 . Sucht man nach den Gründen hierfür, so w i r d man nicht grundsätzlich sagen können, daß ein Erwerb für den Gläubiger nicht i m Interesse des Schuldners liegen könne 114 . Denn würde der Erwerb als solcher wertmäßig auf Zinsen und Forderung angerechnet 115 , läge dies gerade i m Interesse des Schuldners. Doch wäre eine solche Anrechnung dem Gläubiger gegenüber ungerechtfertigt, wenn der Erwerb m i t M i t t e l n seines Vermögens erfolgte. I n anderen Fällen, etwa wenn der Pfandsklave selbst gegen Entgelt bei einem Dritten tätig w i r d 1 1 6 , entspräche jedoch ein Erwerb für den Pfandgläubiger m i t der Folge der Anrechnung den Interessen beider Parteien 117 . Zudem: Warum sollte ein Unterschied gemacht werden zwischen dem Fall, daß der Pfandgläubiger den Sklaven vermietet: er erwirbt die Mietforderung, muß sie allerdings anrechnen 118 , und dem Fall, daß der Sklave selbst gegen Entgelt tätig w i r d : kein Erwerb des Pfandgläubigers am Entgelt und keine Anrechnung 119 ? Daß hier dennoch die Fälle wahrscheinlich nicht gleich behandelt wurden, daß also ein Erwerb für 111
C. 8, 24, 2; C. 8, 42, 20; C. 4, 24, 2. — Unter fructus scheint hier auch der Wert der Dienste selbst verstanden zu werden, die der Sklave dem Pfandgläubiger leistet; allein i n C. 4, 24, 2 könnte wegen des Zusammenhangs zu den Mietzinsen eines gepfändeten Hauses an Früchte i m eigentlichen Sinn (Ertrag) gedacht werden. 112 Sofern kein antichretischer Vertrag vorliegt. 113 Sie w i r d von Salkowski, S. 137 verneint. 114 So aber Salkowski, S. 137. 115 Salkowski, S. 137 zieht diese Möglichkeit nicht i n Betracht, sondern denkt n u r an den W e r t der Benutzung des Sklaven, der sich, wenn die Benutzung i m Tätigen von Erwerbsgeschäften besteht, schlecht feststellen u n d somit auch nicht anrechnen lasse. Eine Benutzung des Sklaven, ohne daß dabei eine Anrechnung erfolgen kann, liegt — insoweit ist Salkowski zuzustimmen — allerdings nicht i m Interesse des Schuldners. 116 Das ist es wohl, was Salkowski meint, w e n n er davon spricht, daß der Sklave seine Dienste selbst weitervermiete. 117 Jedenfalls eher, als w e n n er dabei direkt dem Schuldner e r w i r b t u n d es unsicher bliebe, ob dieser das Erworbene zur Bezahlung seiner (dem Pfandgläubiger gegenüber bestehenden) Schulden verwendete. 118 Vgl. Salkowski, S. 137. 119 Salkowski, S. 137.
7. Kap. : Erwerb durch einen servus fiduciarius
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den Gläubiger durch den Pfandsklaven wohl nicht anerkannt wurde, mag einmal daran liegen, daß für eine Erwerbstätigkeit des Pfandgläubigers durch den Pfandsklaven kein Bedürfnis bestand 120 . Da entsprechend der Befugnis des Gläubigers, den Pfandsklaven zu benutzen, immer nur ein Erwerb m i t Anrechnung auf Zinsen und Kapital i n Betracht kommt, hätte i m Einzelfall sehr genau geprüft werden müssen, ob eine Anrechnung interessengerecht ist. Das hätte i n allen den Fällen verneint werden müssen, i n denen der Erwerb nicht allein aus den Diensten des Sklaven entspringt, sondern (auch) aus dem Vermögen des Pfandgläubigers erfolgt. Als institor ζ. B. wäre der Sklave deswegen nicht verwendbar gewesen. Zudem erschien eine solche differenzierte Regelung vielleicht zu kompliziert und daher unpraktikabel. I m Hinblick auf eine Anrechnung hätten sich Schwierigkeiten ferner dann ergeben, wenn das Erworbene nicht i n einem Geldbetrag oder einer Geldforderung bestand 121 . Das Pfandrecht gewährte somit dem Gläubiger eine Herrschaftsbefugnis an dem Sklaven, die keine Zurechnung von Erwerbsgeschäften nach sich zog. Grundsätzlich entspricht die Entscheidung gegen einen Erwerb für den Pfandgläubiger dem Inhalt dieses Herrschaftsrechtes: der creditor hat den verpfändeten Sklaven zur Sicherung einer Forderung gegen den Schuldner i n seiner Gewalt, nicht zur Besorgung von Geschäften. Ein Erwerb, den der Pfandsklave tätigt, aktualisiert nicht das Pfandrecht, steht daher nicht dem Gläubiger, sondern infolge der hier entscheidenden, dem dominus verbliebenen Befugnisse diesem zu 1 2 2 . Dem Sinn und Zweck des Pfandrechts entsprochen hätte allenfalls ein Erwerb für den creditor m i t Anrechnung auf die Schuld. Nicht zuletzt praktische Gesichtspunkte mögen dazu geführt haben, daß sich eine solche Regelung vermutlich nicht herausgebildet hat. 7. Kapitel Erwerb durch einen zu treuen Händen übertragenen Sklaven I. Besondere Schwierigkeiten, so möchte man aus moderner Sicht meinen 1 , müßten die Römer bei der Behandlung der von einem Sklaven 120
Vgl. Salkowski, S. 137. M a n hätte den Wert schätzen müssen, was das Anrechnungsverfahren kompliziert hätte. 122 Bezeichnend ist, daß ein Besitzerwerb für den dominus fraglich w i r d , da der dominus keinen Besitz am Pfandsklaven hat (Besitzerwerb w i r d abgelehnt von Paul. D. 41, 2, 1, 15 [siehe o. bei A n m . 103]; vgl. Benöhr, Besitzerwerb S. 41). Aber auch der creditor e r w i r b t durch den Sklaven keinen Besitz (Jul. D. 41, 1, 37 pr.); dazu Benöhr, S. 40. 1 Vgl. etwa zur Sicherungsübereignung i m geltenden Recht Baur, Sachenrecht S. 562 ff. (§ 57 I), insbesondere S. 563 (§ 57 I 1 b). 121
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vorgenommenen Rechtsgeschäfte gehabt haben, wenn der Sklave von seinem Herrn zu treuen Händen einem anderen übereignet worden war. Denn der Treuhänder war zwar Eigentümer der fiduziarisch übertragenen Sache; seine Stellung war jedoch — nicht anders als heute — dadurch gekennzeichnet, daß er obligatorisch (im Innenverhältnis) verpflichtet war, m i t dem Eigentum nur i n bestimmter Weise zu verfahren*; sei es, daß das Treugut quasi als Pfand diente (fiducia cum creditore, vergleichbar m i t der heutigen Sicherungsübereignung), sei es, daß uneigennützige Motive auf Seiten des Treuhänders das Gepräge gaben (fiducia cum amico) 3 . I n allen Fällen erhielt der Treuhänder nach außen mehr (Eigentum), als i h m i m Innenverhältnis (etwa Pfand) zustehen sollte. Die Frage ist, wie i n diesen Fällen ein Erwerb, den ein fiduziarischer Sklave tätigte, behandelt wurde. Gab bei der fiducia cum creditore die mehr formale Eigentümerstellung den Ausschlag (mit der Folge des Erwerbs für den Treuhänder) oder war die materielle Sicht des Pfandzwecks maßgeblich (mit der Folge des Erwerbs für den Treugeber)? II. Leider sind die Quellen, die von der fiducia handeln, nicht sehr zahlreich 4 . Hinzu kommt, daß möglicherweise einige Quellen, die vom Pfandrecht handeln, interpoliert sind und ursprünglich (auch) von der fiducia handelten 5 . Soweit ich sehe, befaßt sich lediglich eine Quelle® m i t der Frage des Erwerbs durch einen fiduziarischen Sklaven: PS 2, 13, 2 Quidquid creditor per fiduciarium servum quaesivit, sortem debiti m i n u i t .
Leider teilt uns diese Stelle, die eher den Charakter eines zusammenfassenden Lehrsatzes trägt, keinen Sachverhalt (Tatbestand) mit, der den Erwerb des Fiduziarsklaven für den Treuhänder zur Folge hat. N u r wenn sich ein solcher Erwerb vollzieht — so die Aussage der Stelle —, hat dies zur Folge, daß eine Anrechnung auf das Kapital der Schuld erfolgt. W i r wissen also zunächst nur, daß es Erwerbsgeschäfte 2
Vgl. vor allem Oertmann, Fiducia S. 163 fï. Z u den verschiedenen denkbaren Anwendungsfällen der fiducia cum amico vgl. Oertmann, S. 136f.; die Meinung von Heck, SZ 10, 82 ff., auch hierbei handele es sich u m Pfandfiducia (aber m i t Zwischenschaltung eines Salmannes [amicus] hat sich nicht durchgesetzt, vgl. dazu Oertmann, S. 146 ff., Manigk, RE 6, 2301. 4 Vgl. Manigk, RE 6, 2287. 5 Vgl. die Zusammenstellung bei Oertmann, S. 21 ff. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob bei der heute zurückhaltenderen Einstellung zur Annahme von Interpolationen noch alle von Oertmann verdächtigten Quellen für die fiducia i n Anspruch genommen werden können. * Zudem nichtklassischen Ursprungs. Vgl. zur H e r k u n f t der sententiae Pauli n u r Käser, I S. 189 f. (§ 47 II). 3
7. Kap. : Erwerb durch einen servus fiduciarius
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g i b t , d i e f ü r d e n T r e u h ä n d e r w i r k e n . A u s d e r w e i t e r e n Rechtsfolge dieser Geschäfte, n ä m l i c h d e r A n r e c h n u n g a u f d i e Schuld, s i n d jedoch — b e i a l l e r gebotenen Z u r ü c k h a l t u n g — gewisse Rückschlüsse a u f d e n K r e i s d e r Erwerbsgeschäfte m ö g l i c h , d i e d e m c r e d i t o r w a h r s c h e i n l i c h zugerechnet w e r d e n . D a eine S c h u l d m i n d e r u n g m i t d e r Z u r e c h n u n g v e r b u n d e n ist, erscheint es sehr u n w a h r s c h e i n l i c h , daß ausnahmslos a l l e E r w e r b s g e schäfte h i e r v o n e r f a ß t w e r d e n . M a n d e n k e e t w a d a r a n , daß d e r T r e u h ä n d e r , w e n n d e r F i d u z i a r s k l a v e m i t s e i n e m (des T r e u h ä n d e r s ) G e l d e i n D a r l e h e n g i b t , d i e e r w o r b e n e D a r l e h e n s f o r d e r u n g (oder b e i R ü c k z a h l u n g a n d e n S k l a v e n das i h m e r w o r b e n e Geld) a u f d i e S c h u l d des Treugebers anrechnen müßte — ein w o h l k a u m sinnvolles Ergebnis 7! W i r w e r d e n d a h e r a n n e h m e n d ü r f e n , daß n u r b e s t i m m t e E r w e r b s g e schäfte d e m T r e u h ä n d e r zugerechnet w e r d e n , n ä m l i c h solche, b e i den e n eine A n r e c h n u n g a u f d i e S c h u l d g e b o t e n erscheint 8 . D a z u z ä h l e n j e d e n f a l l s n i c h t d i e F ä l l e , i n d e n e n d e r S k l a v e m i t d e m V e r m ö g e n des T r e u h ä n d e r s rechtsgeschäftlich t ä t i g w i r d . E i n e A n r e c h n u n g i s t dagegen d e n k b a r , w e n n d e r S k l a v e l e d i g l i c h d u r c h seine Dienste e t w a s e r w i r b t , v o r a l l e m d a n n , w e n n sich das E r g e b n i s als F r ü c h t e des S k l a v e n q u a l i fizieren läßt9. H i e r f ü r spricht der Zusammenhang, i n den § 2 gestellt 7 Gleichwohl schreibt v. Scheurl, S. 37 A n m . 4 ganz allgemein: „Der Gläubiger e r w i r b t zwar per fiduciarium servum, was dieser e r w i r b t ; aber — sort e m debiti m i n u i t . " Aus der Quelle folgt aber nur, daß das, was er per serv u m erwirbt, die Schuld mindert, v. Scheuerl v e r t r i t t die Auffassung,' der Treugeber behalte das Treugut „ i n bonis", während es der Treuhänder zu bloßem quiritischen Eigentum (nudum ius) erwerbe (S. 37 f.). PS 2, 13, 2 n i m m t er f ü r seine Auffassung so i n Anspruch (S. 37 A n m . 4) : „Materiell erw i r b t er (seil, der Sklave) es also doch dem debitor, w i e w e n n i h n dieser i n bonis hätte". Bei Erwerbsgeschäften ex re créditons könnte dieses (dann u n gerechte) Ergebnis n u r wieder durch eine K o n d i k t i o n des Treuhänders gegen den Geber bereinigt werden, eine w o h l k a u m sinnvolle Lösung. Z u der A n sicht von v. Scheurl siehe noch u. I I I . U n k l a r auch Oertmann, S. 184; legt man jedoch Oertmanns Gedanken zugrunde, die Anrechnung erfolge deswegen, w e i l der Gläubiger (Treuhänder) sonst unrechtmäßig bereichert w ü r d e (S. 185), zeigt sich die Fragwürdigkeit einer Anrechnung i n allen F ä l len eines Erwerbsgeschäftes besonders deutlich. 8 Theoretisch besteht auch die Möglichkeit, daß alle Erwerbsgeschäfte des Fiduziarsklaven dem Treuhänder zugerechnet aber n u r ein Teil davon auf die Schuld angerechnet werden, nämlich zumindest diejenigen nicht, die m i t M i t t e l n des Treuhänders erfolgen. Hierfür spricht immerhin, daß der Treuhänder Eigentümer des Sklaven ist, der als sein Gewaltunterworfener i h m also nach der allgemeinen Regel aus allen Geschäften erwerben müßte. Die Paulussentenz läßt diese Deutung, w e n n w i r dem Wortlaut Glauben schenken, freilich k a u m zu. Danach sdheint vielmehr i n allen Fällen, i n denen dem Treuhänder erworben w i r d , eine Anrechnung auf die Schuld zu erfolgen: quidquid quaesivit, sortem debiti m i n u i t . 9 Allgemein w i r d angenommen, daß bei entwickelter fiducia die gewonnenen Früchte angerechnet wurden: Erbe, Fiduzia S. 78; Manigk, RE 6, 2311 (weit. N w . bei Erbe, S. 78 A n m . 2), jedoch gerade unter Berufung auf die i n Rede stehende Paulusstelle, die das indes nicht m i t der beanspruchten K l a r heit erkennen, sondern n u r vermuten läßt. Vgl. sogleich i m Text.
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ist; § 1 b und § 4 handeln vom pignus, bei dem ein Erwerb von Früchten m i t Anrechnung auf die Schuld geläufig ist 1 0 . Auch die wahrscheinliche Entwicklung der fiducia cum creditore spricht hierfür. Während ursprünglich die Übertragung des Vollrechts (Eigentum) m i t zeitlicher Beschränkung, d. h. m i t obligatorischer Pflicht zur Rückübertragung, das Wesen der fiducia ausgemacht haben mag 11 , trat später der Pfandgedanke i n den Vordergrund, der eine Angleichung der fiducia cum creditore an das Pfandrecht m i t sich brachte 12 , so daß ausgehend von der Anrechnung von gezogenen Früchten auch Erwerbsgeschäfte m i t Nutznießungscharakter angerechnet wurden 1 3 . Schließlich gibt uns vielleicht auch der Text selbst einen entsprechenden Hinweis: Quidquid creditor per servum quaesivit. Das läßt sich spezifisch verstehen: durch den Sklaven als solchen, durch seine Dienste nämlich. I I I . Da uns Quellen nicht zur Verfügimg stehen, müssen w i r die Frage offen lassen, was m i t solchen Erwerbsgeschäften geschieht, bei denen eine Anrechnung ausscheidet oder zumindest unsicher ist. Da ist einmal an den Erwerb zu denken, den der Sklave als Schenkungsempfänger oder Erbe macht. Diesen Erwerb als Früchte des Sklaven anzusehen, erscheint fraglich 14 . Fraglich ist daher auch ein Erwerb für den Treuhänder m i t der Folge der Anrechnung 15 . Das gleiche gilt für einen Erwerb ex re des Treugebers, und — wie ausgeführt — w i r d 10 Siehe o. Kap. 6, I I m i t A n m . 109. — Wenngleich beim Pfandsklaven nicht m i t der notwendigen Sicherheit festgestellt werden konnte, daß auch E r werbsgeschäfte — soweit sie Fruchtziehung darstellen — f ü r den creditor w i r k e n m i t der Folge der Anrechnung (vgl. o. Kap. 6, II). 11 Vgl. Manigk, RE 6, 2289; zuletzt Otten, Diss. 1975 S. 8. — Ursprünglich gab es z. B. auch keine Anrechnung von Früchten; h. M., vgl. auch Oertmann, S. 186. 12 Manigk, RE 6, 2295, 2294. 13 Μ . E. ist es allerdings zu gewagt, n u n von der Regelung bei der fiducia (Zurechnung von bestimmten Erwerbsgeschäften m i t Folge der Anrechnung) rückzuschließen auf den Pfandsklaven (keine hinreichend sicheren Anhaltspunkte dafür, vgl. o. Kap. 6, I I , auch soeben A n m . 10) ; denn die Zurechnung als solche liegt vielleicht beim Treuhänder ( = Volleigentümer) näher, als beim n u r beschränkt dinglich Berechtigten. Vielleicht ist es nicht zu abwegig anzunehmen, daß ursprünglich bei der Treuhand jeglicher Erwerb ohne A n rechnung dem Treuhänder zugute kam, sieht man die Entwicklung, die die fiducia cum creditore genommen hat, vgl. o. i m Text. 14 Aus Jul. D. 29, 2, 45, 4 (dazu u. Kap. 8, I I 3 a aa; siehe auch Pomp. D. 41, 1, 19, dazu u. Kap. 8,11 3 a bb) folgt, daß es (beim homo liber bona fide serviens, dazu u. Kap. 8) eine Auffassung gegeben haben muß, die einen E r b schaftserwerb als ex operis servi angesehen hat (also Fruchtziehungsgedanke) ; diese Auffassung hat sich aber offenbar nicht durchgesetzt. 15 Oertmann, S. 185 n i m m t — ohne diese Frage zu behandeln — bei E r b schaft Erwerb u n d Anrechnung an, was auch Dernburg (ohne nähere Angabe von Oertmann) vertreten haben soll.
7. Kap.: Erwerb durch einen servus fiduciarius
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eine Anrechnung nicht i n Betracht zu ziehen sein, wenn der Erwerb ex re fiduciarii erfolgt. Immerhin — und nur soviel soll dazu gesagt werden — erscheint ein Erwerb für den Treugeber i n solchen Fällen nicht von vornherein ausgeschlossen1*. Sieht man nämlich i n der fiducia cum creditore materiell lediglich ein Pfandrecht, d. h. bezieht man die obligatorischen Bindungen m i t ein i n die Bewertung der Zuordnung des Sicherungsobjekts, so bleibt der Treugeber der „eigentliche" Herr des Fiduziarsklaven. Dies könnte einen Erwerb für i h n rechtfertigen. Einen kleinen Anhaltspunkt für diese Überlegung finden w i r bei Gai. 1, 140, einem Text, der von einem fiduziarisch manzipierten Hauskind handelt: Q u i n etiam i n v i t o quoque eo, cuius i n mancipio sunt, censu libertatem consequi possunt, excepto eo, quem pater ea lege mancipio dedit, u t sibi remancipetur; n a m quodam modo tunc pater potestatem propriam reservare sibi videtur eo ipso, quod mancipio r e c i p i t . . .
Wenn es so angesehen wird, als habe der pater sich die potestas an dem Hauskind zurückbehalten, erhalten (reservare), so erscheint eine Zurechnung des Rechtserwerbs i n bestimmten Fällen an i h n denkbar, w i r d doch die potestas i m allgemeinen als bestimmender Faktor für die Zurechnung angesehen. Schon früher ist der Versuch gemacht worden, die Stellung des Treugebers als die des eigentlichen Eigentümers herauszustellen, und zwar dergestalt, daß der Treuhänder lediglich als Inhaber des nudum ius Quiritium bezeichnet wurde, während das Treugut i n bonis des Treugebers verbliebe 17 . Ähnlich wie bei der Regelung zwischen quiritischem und bonitarischem Eigentümer infolge von traditio einer res mancipi 1 8 könnte so ein Erwerb für denjenigen, der den Sklaven i n bonis und damit i n seiner potestas (Gai. 1, 54) hat, also den Treugeber, erklärt werden 19 . Diese Auffassung hat sich allerdings nicht durchgesetzt 20 . Ein Eingehen auf die einzelnen Argumente für und wider diese Überlegung 16
Das wäre bei Geschäften, die aus dem Vermögen des Treugebers erfolgen, interessengerecht; bei Geschäften ex re fiduciarii müßte allerdings bereicherungsrechtlich ein Ausgleich erfolgen, was i m vergleichbaren F a l l des servus pignori datus ebenfalls nicht zu umgehen ist (siehe o. Kap. 6, II). 17 Zurückgehend auf Jacobus Gothofredus (vgl. Dernburg, Pfandrecht I S. 24 A n m . 46) hat dies v o r allem ν . Scheurl, S. 37 ff. unternommen; zuletzt hat dies Kreller, SZ 61, 462 ff., 464 wieder f ü r erwägenswert gehalten. 18 Gai. 2, 88; 3, 166. 19 ν . Scheurl, S. 37 A n m . 4 erklärt so auch den Erwerb f ü r den Treuhänder (PS 2, 13, 2); denn „materiell" käme der Erwerb j a infolge der Anrechnung dem Treugeber zugute (vgl. o. A n m . 7). Das überzeugt indes nicht; denn auch der Treuhänder zieht Nutzen aus diesem Erwerb, erhält er doch einen T e i l der Schuld bezahlt. 20 Dernburg, S. 24 A n m . 46 verweist darauf, daß schon Thomasius gegen Gothofredus aufgetreten ist; gegen v. Scheurl vor allem Dernburg, S. 23 ff.; Oertmann, S. 163 ff.; Erbe, S. 131.
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lohnt für die hier relevante Frage des Rechtserwerbs durch Fiduziarsklaven nicht, da es an Quellenzeugnissen fehlt, die einen Erwerb für den Treugeber stützen oder ausschließen könnten 21 . Entscheidender Gesichtspunkt ist m. E., daß bei der fiducia cum creditore der Treuhänder zwar mehr erhält (nämlich Eigentum), als i h m nach Auffassung der Beteiligten wirtschaftlich gebührt, aber wirtschaftlich gebührt i h m das Treugut doch jedenfalls ebenso wie ein Pfandobjekt dem Pfandgläubiger. Von diesem w i r d man aber nicht behaupten können, i h m stehe dem Eigentümer gegenüber nur ein nudum ius zu 22 . Der Treuhänder hat also nicht nur juristisch das Sicherungsgut i n seinem Vermögen, während der Schuldner „ i m Leben" sich noch als der eigentlich Berechtigte ansieht 23 , sondern auch „ i m Leben" w i r d der Schuldner dem Fiduziar bei der fiducia cum creditore die Stellung eines Berechtigten einräumen, nämlich zumindest die eines Pfandgläubigers als beschränkt dinglich Berechtigten. A l l e i n daß bei wirtschaftlicher Betrachtung dem Fiduziar die Stellung eines Pfandgläubigers, dem Treugeber die des Eigentümers zugedacht w i r d 2 4 , läßt daher die Vorstellung zu, daß ein Erwerb des Fiduziarsklaven i n den Fällen, i n denen eine Zurechnung an den Treuhänder m i t der Folge der Schuldminderung unangemessen erscheint, für den Treugeber erfolgt sein könnte. Ob dies i n der Tat so war, wissen w i r nicht, und außer der zitierten Gaiusstelle (1,140) haben w i r — soweit ich sehe — auch keinen Hinweis darauf. IV. Zur Rechtslage bei der fiducia cum amico finden sich, soweit ich sehe, keine Quellenzeugnisse. Manigk 25 meint, der Fiduziar ziehe als Eigentümer die Früchte, müsse sie aber dann an den Treugeber herausgeben 26 . Soweit die Früchte das Ergebnis von Erwerbsgeschäf21
Vgl. o. I I I a. Anf. v. Scheurl, S. 40 leugnet freilich einen (neben der gesicherten Forderung) selbständigen Vermögenswert des Pfandrechts. Der Hinweis auf den akzessorischen Charakter des Pfandes vermag dies m. E. nicht zu stützen. Die Behauptung v. Scheurls, daß „solange" die Forderung fortbesteht, „durch das bloße Erlöschen des Pfandrechts" das Vermögen des Gläubigers „nicht vermindert, das des Schuldners, dessen Sache v o m Pfandnexus frei w i r d , nicht vermehrt" werde, ist unrichtig. Das zeigt das heutige Wirtschaftsleben, u n d es ist kein G r u n d dafür ersichtlich, daß es i n Rom anders gewesen wäre. Die angeblich strenge Unterscheidung zwischen Aufgabe des Pfandrechts u n d Schenkung (als Hingabe eines Vermögenswertes), auf die v. Scheurl verweist, ergibt Marc. D. 20, 6, 8, 5 gerade nicht: Da den Haussöhnen oder Sklaven versagt ist, von ihrem Sondergut, über das sie die freie V e r w a l t u n g haben, etwas zu schenken, k a n n man fragen, ob ihnen auch verboten ist, eine H y p o thek aufzugeben: scilicet si pretium pro pactione accipiant, quasi vendant: dann fehlt allerdings der Bezug zur Schenkung! 22
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Wie aber Dernburg, S. 24 schreibt. Siehe o. I I a. E. 25 RE 6, 2311. 26 Ebenso Pernice , Labeo 3, 138 f. — Eine Quelle können jedoch beide hierf ü r nicht anführen. 24
7. Kap.: Erwerb durch einen servus fiduciarius
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ten darstellen 27 , die der fiduziarisch übereignete Sklave 28 getätigt hat, hieße das also, daß der Sklave zwar dem Treuhänder erwürbe, dieser jedoch das Erworbene an den Treugeber weitergeben müßte. Allerdings w i r d man dies m. E. so allgemein nicht behaupten können; denn wie bei der fiducia cum creditore die Anrechnung (vgl. o. II) ist es hier unangemessen, solche Erwerbsgeschäfte letztlich dem Treugeber zugute kommen zu lassen, die der Sklave m i t M i t t e l n des Treuhänders bewirkt. Wem der Erwerb am Ende zufallen sollte, mag auch von den Parteien selbst i m pactum fiduciae festgelegt worden sein. Auch halte ich es aus den obigen Überlegungen heraus (vgl. o. III) nicht für undenkbar, daß es Geschäfte gegeben haben kann, die direkt dem Treugeber zugerechnet wurden 2 9 . Immerhin ist i n diesen Fällen die Lösung, die Manigk und Pernice 30 für gegeben erachten, umständlich und m. E. nicht unabweisbar. V. Bei der schmalen Quellenbasis zum Rechtserwerb durch einen treuhänderisch übereigneten Sklaven sind die gefundenen Ergebnisse nur vage. Der Übertragung der umfassenden Herrschaftsbefugnisse, also des Eigentums, auf den Treuhänder entspricht eine Zurechnung der vom Sklaven getätigten Erwerbsgeschäfte an diesen. Bei der fiducia cum creditore findet aber der Zweck der Übertragung grundsätzlich Berücksichtigung: Der Erwerb soll auf die Schuld des Treugebers angerechnet werden 31 . Damit steht die Zurechnungsregelung i n Einklang m i t den Befugnissen, die dem Treuhänder im Verhältnis zum Treugeber an dem Sklaven zustehen; er hat zwar die Rechte eines Eigentümers, aber nur zum Zweck der Sicherung einer ihm zustehenden Forderung gegen den Treugeber. Die Regelung ist damit anders als i m i n wirtschaftlicher Hinsicht vergleichbaren Fall des Pfandsklaven, wo eine Zurechnung an den Pfandgläubiger grundsätzlich abgelehnt wird. Die nach außen unterschiedlich ausgestalteten Herrschaftsbefugnisse, hier 3 2 Sicherungsrecht, dort Vollrecht, dürften die Unterschiede rechtfertigen. Ob es i n bestimmten Fällen bei der fiducia, insbesondere bei der uneigennützigen Treuhand, auch Geschäfte des Sklaven gegeben hat, die 27 U n d dies bezieht Pernice offensichtlich i n seine Aussage m i t ein, da er sich i n diesem Zusammenhang f ü r die Regelung bei der fiducia cum creditore auf PS 2, 13, 2 beruft. 28 Das gleiche Problem w i r d sich bei Hauskindern gestellt haben, da auch diese fiduziarisch übereignet werden konnten, vgl. Gai. 1, 140. 29 Vielleicht hier sogar noch eher, da bei der fiducia cum amico (anders als bei der fiducia cum creditore, vgl. Erbe, S. 20) i m allgemeinen der Treugeber gegenüber dem Treuhänder die stärkere Stellung inne hat (vgl. Erbe, S. 182). 30 Vgl. A n m . 25 u n d 26. 31 Trotz der praktischen Schwierigkeiten, vgl. o. Kap. 6, I I a. E. 32 I n moderner Terminologie.
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dem Treugeber zugerechnet wurden, muß unentschieden bleiben. Ausgeschlossen erscheint dies m. E. nicht, zumal bei einer Vorstellung, i n der es vom Treugeber heißt: potestatem proprium reservare sibi videtur. 8. Kapitel Erwerb durch einen homo liber oder servus alienus bona fide serviens und durch ein vermeintliches Hauskind I. Die Frage der Zurechnung stellt sich i n besonderer Weise, w