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German Pages 36 [38] Year 1976
ErnìlnngGfraiig
Wissenschaft und Praxis
Herausgegeben vom Zentraliiistitut für Ernährung der Akademie der Wissenschaften derDDR in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Ernährung in derDDR derArbeitsgruppe Ernährung beim Nationalen Komitee für Gesundheitserziehung derDDR und demWarenzeichenverband Diätetische Erzeugnisse der DDR e.V.
Akademie-Verlag - Berlin
Heftfi-1975 - Band 20
Ernährungsforschung Wissenschaft und Praxis
Schrift über gesunde Ernährung, ihre Grundlagen und Anwendung
Heft 6 • 1975 • Band 20 Inhalt Fortschrittsberichte und Übersichten W. Rödel und R . Schrödter: Aromaprobleme in Nahrung und Ernährung. 4. Möglichkeiten und Grenzen instrumenteller Analysenmethoden
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M. Richter, F . Schierbaum und S. Augustat: S H P für kalorienreduzierte Nahrungsmittel. Einsatz von neuartigen, gelbildenden Stärkehydrolyseprodukten in der Lebensmittelindustrie
168
H. Groß: Erleichterung der Hausarbeit — eine umfassende Aufgabe
172
Mitteilung der Gesellschaft für Ernährung in der D D R
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W. Bruns: Ätiologische Faktoren und Lebensweise in der Genese des Diabetes mellitus, unter besonderer Berücksichtigung der Ernährung
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Ernährungspraxis
K . Vetter: Die perspektivischen Aufgaben auf dem Gebiet der Diätetik
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G. Gehlert : Vergleichende Untersuchungen zur ernährungsphysiologisch bilanzierten Gemeinschaftsverpflegung in Gegenüberstellung zu deren chemisch analysierter Beschaffenheit. 2. Mittagsmahlzeiten im Großküchenbetrieb unter Berücksichtigung der Schweregrade der Arbeit
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Kurzberichte — Kurziniormationen
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Tagungen
Mitteilungen
Bericht über das Seminar „Probleme der Produktion und Versorgung mit Obst im Zusammenhang mit einer rationellen Ernährung der Bevölkerung"
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Bericht über den Kongreß der Slowakischen Gesellschaft für rationelle Ernährung „Die Frau und die Ernährung"
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Herausgeber: Zentialinstitut für Ernährung der Akademie der Wissenschaften der DDR (Direktor: Prof. Dr. hábil. H. Haenel) in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Ernährung in der DDR (Vorsitzender: Prof. Dr. hábil. H. Schmandke), der Arbeitsgruppe Ernährung beim Nationalen Komitee für Gesundheitserziehung der DDR (Leiter: Prof. Dr. hábil. H.-A. Ketz) und dem Warenzeichen verband Diätetische Erzeugnisse der DDR e. V. (Generaldirektor: F. Schmidt) Redaktion: Dr. für F. Baum (verantwortlicher Redakteur), Dr. J . Proll, Zentralinstitut Ernährung, DDR 1505 Bergholz-Rehbrücke, Arthur-Scheunert-Allee 114—116 Redaktionsbeirat: Dr. M. Anders, Dipl.-Journ. R. Baier, Dr. sc. M. Möhr, Dr. R . Schmelter, Dr. sc. H. E. Schmidt, Prof. Dr. hábil. M. Ulmann, Dr. J . Voigt
Von den abgedruckten Beiträgen stehen den Autoren keine Sonderdrucke zur Verfügung
Erschienen im Akademie-Verlag, 108 Berlin, Leipziger Str. 3 — 4 © Akademie-Verlag, Berlin 1975 L i z e n z n u m m e r : 202 • 100/538/75 Gesamtherstellung: V E B Druckerei „ T h o m a s M ü n t z e r " , 582 B a d Langensalza B e s t e l l n u m m e r : 762 070 9 (2074/20/6) • LSV 2045 P r i n t e d in G D R EVP 5 , -
Fortschrittsberichte und Übersichten Aromaprobleme in Nahrung und Ernährung 4. Möglichkeiten und Grenzen instrumenteller Analysenmethoden W. Rödel und R. Schrödter
Drei Besonderheiten aus:
zeichnen die Aromaanalytik
1. Die Aromastoffe sind in Lebensmitteln nur in sehr geringen Anteilen vorhanden; schon unvorstellbar kleine Mengen können Geruchsempfindungen auslösen. 2. Das Aroma von Lebensmitteln ist sehr komplex zusammengesetzt. 3. Die Aromastoffe sind flüchtig. Die erste Feststellung möge ein Empfindlichkeitsvergleich der menschlichen Nase mit dem am häufigsten in der Gas-Chromatographie verwendeten Detektor, dem hochempfindlichen Flammenionisationsdetektor (FID), verdeutlichen. Unter optimalen Bedingungen lassen sich mit dem F I D noch zirka 10~12 g Substanz/s nachweisen. Unsere Nase vermag aber beispielsweise noch 2 • 10~13 g Vanillin in 1 1 Luft, das wären bei einem Atemzug von 20 ml nur 4 • 10" 15 g, zu registrieren. Dies liegt deutlich jenseits unserer derzeitigen analytischen Nachweisgrenzen. Methoxypyrazine sind ebenfalls sehr geruchsintensiv und spielen u. a. in Erbsen eine Rolle, wo sie in Konzentrationen von nur 1:10 11 bis 1:10 12 enthalten sind. Anschaulicher wird diese Angabe durch Umrechnung, woraus resultiert, daß diese Substanzen in Mengen von nur 1 bis 10 g pro 1 Million Tonnen Erbsen vorkommen. Wenn es sich hier auch um Extremfälle handelt, so beträgt die Konzentration einzelner Aromastoffe in der Regel nur wenige Nano- oder Mikrogramm und die Gesamtmenge an Aromastoffen 10 bis 300 Milligramm pro Kilogramm Lebensmittel. Zur Aromaanalyse sind daher Analysengeräte mit hoher Nachweisempfindlichkeit erforderlich. Die letzten Angaben weisen bereits auf die Komplexit ä t der Aromagemische in Lebensmitteln hin, die sich an einem Kapillar-Gas-Chromatogramm des Kaffeearomas demonstrieren läßt. Das Chromatogramm weist insgesamt 404 Peaks auf. Die im Aromakomplex der Lebensmittel nachgewiesenen Komponenten übersteigen in der Mehrzahl Ernälii'ungsforscliuiig Heft 6 • 11175 • Bd. -U
der Fälle die Zahl 100, wobei Verbindungen aus nahezu allen chemischen Klassen vertreten sind. Daraus resultiert die Notwendigkeit der Anwendung von Trennmethoden mit sehr hoher Trennleistung. Schließlich sei noch auf die Flüchtigkeit der Aromastoffc verwiesen. Rund 83% aller Aromastoffe haben ein Molekulargewicht kleiner als 200. Damit sind insbesonders Probleme bei der Probenaufbereitung verbunden. Isolierung und Anreicherung von Aromastoffen Eine direkte Aromastoffanalyse ist nur in wenigen Fällen, z. B. bei Weinbränden, möglich. Ansonsten muß der eigentlichen Analyse die Aufbereitung der Probe vorangehen, die zwei Ziele verfolgt: • Abtrennung der flüchtigen Aromastoffe von nichtflüchtigen Bestandteilen, um Störungen bei der gaschromatographischen Trennung auszuschalten. • Anreicherung der Aromastoffe. Der Probenaufbereitung kommt somit in der Analytik der Aromastoffe eine sehr große Bedeutung zu. I n der Regel übersteigt der Zeitaufwand dafür die reine Analysenzeit um ein beträchtliches. Bei der Aufbereitung der Probe begangene Unachtsamkeiten können ein völlig falsches Analysenergebnis zur Folge haben. Insbesondere ist auf folgende Fehlerquellen zu achten: • Verluste an leichtflüchtigen Komponenten. • Einbringen von Verunreinigungen in die Probe, z. B. aus Lösungsmitteln. • Artefaktbildung in der Probe durch chemische Umsetzungen. Das Kriterium für eine fehlerfreie Isolierung und Anreicherung der Aromastoffe ist der sensorische Vergleich von Ausgangsprodukt und Aromakonzentrat. Nur wenn der typische Geruch erhalten geblieben ist, ist eine grobe Veränderung der Probe auszuschließen und die analytische Untersuchung sinnvoll. Die Art des Probenmaterials entscheidet in erster 103
Linie über die anzuwendenden Isolierungs- und Konzentrierungsmethoden. So ist die Extraktion mit einem leichtsiedenden Lösungsmittel (Äther, Pentan, Freone) eine bevorzugte Operation zur Gewinnung von Aromastoffen aus wasserreichen Lebensmitteln, z. B. Fruchtsäften. Die Isolierung von Aromastoffen aus Fetten und Ölen erfolgt vorzugsweise mittels Vakuum oder Durchleiten eines Inertgasstromes. Bei einer Auswertung von 300 Veröffentlichungen auf dem Aromagebiet ergibt sich nach Weurman die Häufigkeit der einzelnen Methoden wie folgt: An der Spitze liegt die Destillation mit ihren verschiedenen Formen, die in 76% der Arbeiten angewandt wird, es folgen Extraktion (60%), chemische Reaktionen (30%), Adsorption (8%) und Gefrierkonzentrierung (1%). In der Mehrzahl der Fälle kommen mehrere Schritte kombiniert zur Anwendung. Neben der Art des Probenmaterials ist die Aufgabenstellung zu berücksichtigen. So ist der zu betreibende Aufwand zur quantitativen Bestimmung eines Spurenbestandteiles ungleich höher anzusetzen als beim qualitativen Nachweis einer Komponente, die in relativ großen Mengen im Aromagemisch vorkommt. In diesem Zusammenhang soll auf eine Methode zur gas-chromatographischen Bestimmung flüchtiger Komponenten hingewiesen werden, die bei der Untersuchung von Aromastoffen wertvolle Dienste leisten kann, die sogenannte Kopfraum-Technik (HeadSpace-Technik). In ihrer einfachsten Form wird die Probe in einem geschlossenen Gefäß bei einer konstanten Temperatur gehalten und nach Einstellung des Gleichgewichtes aus dem Dampfraum mittels einer gasdichten Spritze ein definiertes Volumen entnommen und untersucht. Der Nachteil der Methode liegt in der geringen Empfindlichkeit. Vorteile der Head-Space-Technik sind geringer Zeitaufwand, kleine Probemengen und die Tatsache, daß bei dieser Art der Probennahme ähnlich dem Geruchsvorgang di 3 Konzentrationsverhältnisse in der Dampfphase erfaßt werden.
Trennmethoden Die Trennmethode der Wahl in der Aromaanalytik ist die Gas-Chromatographie. Andere Verfahren, wie die Dünnschicht- und die Säulenchromatographie, werden zwar insbesondere bei der Untersuchung bestimmter Gruppen oder bei der Aufspaltung in Gruppen angewendet, sind aber bei weitem nicht so leistungsfähig wie die Gas-Chromatographie. Diese ergibt Trennleistungen, die vor ihrer Einführung utopisch erschienen. In jüngster Zeit findet mit der Hochdruck-Flüssig keits-Chromatographie ein weiteres chromatographisches Verfahren zunehmende Anwendung. Obwohl diese Methode gegenwärtig hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit hinter der Gas-Chromatographie zurückbeibt, bieten sich Möglichkeiten eines vorteilhaften Einsatzes bei der Analyse thermolabiler Aromastoffe 164
und vor allen Dingen bei Untersuchung nichtflüchtiger Aromavorläufer.
Identifizierung Die Gas-Chromatographie ist eine hervorragende Trennmethode, ihre Aussagekraft hinsichtlich der Identifizierung unbekannter Substanzen ist jedoch begrenzt. Hinweise über die Art der Verbindung können erhalten werden • über Retentionsdaten, • durch Detektoren mit selektiver Anzeige und • durch Reaktions-Gas-Chromatographie, d. h. Durchführung chemischer Reaktionen, z. B. Oxydation oder Hydrierung, unmittelbar vor oder nach der Trennsäule. Eine in der Aromaforschung praktikable zusätzliche Möglichkeit der Substanzcharakterisierung ist die Geruchsprüfung der gas-chromatographisch getrennten Fraktionen. Dazu wird der Eluatstrom so geteilt, daß ein kleiner Teil zum Detektor geführt wird, der größere jedoch ins Freie gelangt und auf seinen Geruch untersucht werden kann. Eine gesicherte Identifizierung ist vielfach, insbesondere bei komplexen Gemischen, wie sie in der Aromaforschung alltäglich sind, ohne spektrometrische Methoden nicht möglich. Die Massenspektrometrie muß hier an erster Stelle genannt werden. Vor allen Dingen hat die direkte Kopplung der Gas-Chromatographie mit der Massenspektrometrie in der Aromaforschung neue Maßstäbe gesetzt. Auch die Kombination Gas-Chromatographie/IRSpektroskopie ist Realität geworden, in jüngsten Zeiten sogar die Kopplung der Gas-Chromatographie mit der Kernresonanzspektroskopie. Gegenwärtig liegen aber die dazu erforderlichen Substanzmengen im Bereich um 1 Milligramm, so daß die Anwendung in der Aromaforschung auf Einzelfälle beschränkt bleiben muß. In der Regel müssen daher die Komponenten mittels der präparativen Gas-Chromatographie isoliert werden, bevor eine spektroskopische Untersuchung erfolgen kann.
Prinzipielle Unterschiede zwischen sensorischer und instrumenteller Aromaanalyse Ein grundlegender Unterschied zwischen sensorischer und instrumenteller Aromaanalyse existiert bereits bei der Probenapplikation. Während beim Geruchsvorgang die einzelnen Aromastoffe ihrer Konzentration im Dampfraum entsprechend registriert werden, wird bei der instrumenteilen Aromaanalyse eine quantitative Isolierung aller Aromastoffe angestrebt. Diese Head-Space-Technik bei der Gas-Chromatographie kommt — wie bereits erwähnt — zumindest in dieser Beziehung dem Geruchsvorgang nahe. Ernährungsforschung Heft 6 • 1975 • Bd. 20
Beim Riechen eines Lebensmittels gelangen zwar die einzelnen Aromastoffe in die Riechzone, der Mensch nimmt aber nur eine komplexe Geruchsempfindung wahr, die sich nicht durch einfache Addition aus den verschiedenen Aromastoffen ergibt. Hier werden verschiedene Effekte wie Synergismus, Maskierung, Veränderung der Geruchsqualität, Adaptation usw. wirksam. Instrumentelle Analysenmethoden trennen den Aromakomplex auf und liefern die Konzentrationen der einzelnen Aromastoffe ohne wechselseitige Beeinflussungen. Es gibt keinen analytischen Detektor, der eine zum Geruch in Beziehung stehende Anzeige liefert, d. h. die Größe eines Peaks im Gas-Chromatogramm liefert a priori keinen Hinweis auf die Art oder Intensität des Geruches dieser Komponente. Erst durch Verknüpfung mit sensorischen Befunden können instrumentell-analytische Daten Aussagekraft für die Aromaforschung erhalten. Eine Möglichkeit zur Ermittlung derartiger Beziehungen ist die qualitative sensorische Prüfung einzelner Fraktionen oder Komponenten eines Aromastoffgemisches. In einigen Fällen hat dies zum Auffinden von sogenannten Schlüsselsubstanzen, d. h. für das entsprechende Aroma essentiellen, charakteristischen Aromastoffen, geführt. Einschränkungen erfährt diese Methode durch die Veränderung von Einflußgrößen, die zwangsläufig mit derartigen sensorischen Prüfungen verbunden sind, wie Medium, Konzentration, Temperatur und Wechselwirkungen, auf die bereits oben hingewiesen wurde. Eine andere Möglichkeit stellen quantitative Angaben einzelner Aromastoffe in Verbindung mit Kenntnissen über Zusammenhänge von Konzentration und Geruchsempfindung dar. Für letztere existiert jedoch keine allgemeingültige Beziehung, die es erlauben würde, aus Konzentrationsangaben eines Stoffes exakte Aussagen über dessen sensorische Wirksamkeit
zu machen. Auch der häufig benutzte Aromawert, das ist der Quotient aus der ermittelten Konzentration eines Aromastoffes und seinem Schwellenwert, ist nur bedingt einsetzbar. Eine -wichtige Voraussetzung für eine derartige Betrachtungsweise ist, daß alle Aromastoffe bei gleichem Aromawert gleiche Geruchsintensitäten aufweisen. Dem stehen jedoch experimentelle Befunde entgegen, die zeigen, daß die Zunahme der Geruchsintensität mit der Konzentration bei den einzelnen Aromastoffen große Unterschiede aufweist. Hinzu kommt noch, wie bereits erwähnt, daß sich das Aroma eines Gemisches nicht additiv aus dem Geruch seiner Komponenten zusammensetzt. Trotz dieser Einschränkungen hat die Verwendung des Aromawertes in Ermangelung besserer Möglichkeiten seine Berechtigung. Die genannten Schwierigkeiten mögen wohl der Grund dafür sein, daß viele Arbeiten über Aromen ausschließlich analytischen Charakter tragen, als deren Ergebnis zwar umfangreiche Tabellen über nachgewiesene flüchtige Stoffe, aber keine Aussagen über die Aromawirksamkeit der einzelnen Verbindungen resultieren.
Anwendungsbeispiele Die Bildung von Aromastoffen ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. So wurde z. B. mittels gas-chromatographischer und massenspektrometrischer Untersuchungen unter Verwendung radioaktiv markierter Amiriosäuren festgestellt, daß Leucin und Valin als Aromavorläufer zahlreicher Aromastoffe der Banane anzusehen sind. Auch die Biogenese anderer Fruchtaromastoffe wurde erfolgreich bearbeitet. Als Vorläufer für Hexanal und 2-Hexenal — beide Verbindungen riechen nach frischem Gras und spielen in Lebensmitteln als Geruchskomponenten eine Rolle —, wurden Linol- bzw. Linolensäure er-
Tabelle 1 Schlüsselsubstanzen einiger Lebensmittel 2 -Methylbuttersäureäthylester trans-2-cis-4-Dekadiensäureäth3r]ester 1-Okten-3-ol Anthranilsäuremethylester 4-(4-Hydroxy-phenyl)-2-butanon Zitral u n d 2-Nonanon Nootlcaton 2-Methoxypyrazine y-Undekalakton 2-trans-6-cis-Nonadienal Äthylvinylketon 3 -Phenyl glycidsäureäthylester 1,4,5,6 - T e t r a h y dro - 2- acetyl-pyridin Menthol Methylallyl-disulfid 3-Isobutyliden-3a,4-dihydrophthalid 2,5-Dimethyl-4-hydroxy-2,3-dihydro-3-furanon Eugcnol Vanillin E r n ä h r u n g s f o r s c h u n g H e f t 6 • 197;3 • Bd. 20
Apfel (Golden delicious) Bartlett-Birne Pilz Konkord/Tessiner - Traube Himbeere Zitrone Grapefruit Schoten, P f e f f e r , P a p r i k a Pfirsich Gurke S o j a b o h n e n (roh) Erdbeere frisches B r o t Pfefferminze Knoblauch Sellerie Ananas Nelke Vanilleschote
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Refentionszeit [min] Abb. 1. Aromagramme verschiedener Apfelsaftfraktionen (Die Peaks sind verkürzt dargestellt; Zahlen = Multiplikationsfaktor) (nach Bomben, Kitson und Morgan)
kannt. Auch die Bildung der für das Aroma einer Reihe von Gemüsearten besonders interessanten Schwefelverbindungen ist kein Neuland mehr. Dies trifft gleichermaßen für Aromastoffe zu, die sich erst durch thermische Behandlung bilden, wie bei Fleisch, Kaffee, Kakao, Brot. Hierbei spielen Aminosäuren und Zucker als Aromavorläufer eine zentrale Rolle. Die Notwendigkeit hochleistungsfähiger Analysenmethoden schon bei Modellversuchen wird deutlich gemacht durch die Tatsache, daß beim Erhitzen von Glukose allein 78 flüchtige Verbindungen nachweisbar sind. Mit fortschreitender Technisierung des Lebensmittelsektors rückt das Problem der Aromaerhaltung mehr und mehr in den Vordergrund. Nicht selten stehen Aromaveränderungen der Einführung neuer Technologien bzw. neuer Produkte entgegen. Mit der GasChromatographie hat man z. B. eine objektive Methode zur Hand, Technologien zu optimieren und zu kontrollieren. Abbildung 1 zeigt dies anhand der Gewinnung von Apfelsaftaromakonzentraten. Hierzu ist es nicht notwendig zu wissen, welche Substanzen die einzelnen Peaks hervorrufen. Analog können auch die günstigsten Lagerungsbedingungen eines Produktes ermittelt oder die Lagerung selbst überprüft werden. Generell lassen sich instrumentell-analytische Methoden mit Vorteil einsetzen, wenn es gilt, Veränderungen festzustellen und zu charakterisieren. Hierunter fällt das Erkennen von Verfälschungen, z. B. Verschneiden von Orangensäften und Weinbränden, die sich insbesondere dann nachweisen lassen, wenn eine 166
Vergleichsprobe zur Verfügung steht. Eine andere Anwendungsmöglichkeit ist das Feststellen von Unterschieden in gleichartigen Produkten, wie Sortenunterschiede. Mit Hilfe der Gas-Chromatographie kann auch z. B. die geographische Herkunft von Pfefferminzölen ermittelt werden. Die Identifizierung von Stoffen, die Fehlgerüche (OffFlavour) verursachen, ist ein weiteres Anwendungsgebiet. So konnte mit Hilfe von Gas-Chromatographie und Massenspektrometrie nachgewiesen werden, daß das Androgensteroid 5-Androst-16-en-3-on in Mengen von nur 1 bis 2 ppm ( = mg/kg) für den Ebergeruch von Schweinefleisch verantwortlich zu machen ist. Als Ursache für einen Fehlgeruch von Fleisch wurde ein Bestandteil des Verdünnungsmittels erkannt, das beim Streichen der Lagerräume benutzt worden war, das Mesityloxid, welches mit Schwefelwasserstoff ein nach Katzen riechendes Merkaptan bildet. Das Auffinden der Ursache kann für Versicherungs- oder Regressleistungen von großer Bedeutung sein. Im vorangegangenen Kapitel wurde auf die Schwierigkeiten, instrumentell-analytische Daten mit sensorischen Eigenschaften zu verknüpfen, hingewiesen. Wie wichtig dies ist, soll am Apfelsaft demonstriert werden. Bei der sensorischen Analyse der einzelnen Fraktionen des in Abbildung 2 wiedergegebenen Gas-Chromatogramms zeigte sich, daß der Peak 11 mit nur 1,4% Flächenanteil 82% des Geruchs bewirkte. Es handelt sich dabei um 2-Methylbuttersäureäthylester, der eine Schlüsselstellung beim Apfelsaftaroma ausübt. Bisher hat man nur für einige Lebensmittel Schlüsselsubstanzen finden können (Tabelle 1). Das angeführte Beispiel Apfelsaft zeigt die Problematik beim Einsatz instrumenteller Methoden zur Qualitätsbewertung von Lebensmitteln. Am besten sollten sich Qualitätsschwankungen in Veränderungen des Peaks 11 widerspiegeln, dessen quantitative Erfassung aber schwierig ist. Schließlich kann ein Gas-Chromatogramm der flüchtigen Stoffe naturgemäß nichts über das Zucker-Säure-Verhältnis,
n 6
0
t S 7? Retentionszeit [ min]
Abb. 2. Gas-Chromatogramm des Apfelsaftes (Zahlen = Peaknumerierung) (nach Guadagni, Okano, Buttery und Burr) E r n ä h r u n g s f o r s c h u n g H e f t ß • 1975 • Bd. 20
eine wichtige Qualitätsgröße bei Apfelsaft, aussagen. Trotzdem konnte bei einer Reihe von Lebensmitteln ohne Erkennen des ursächlichen Zusammenhanges nachgewiesen werden, daß bestimmte Inhaltsstoffe in Beziehung zur sensorischen Qualität stehen. Sie werden vielfach Indikatorsubstanzen genannt. Ihre Ermittlung erfolgt auf rein empirischem Wege, wobei der elektronischen Datenverarbeitung große Bedeutung zukommt. So konnten ausgehend von der gaschromatographischen Analyse flüchtiger Inhaltsstoffe des Kaffees mittels Computerauswertung charakteristische Peakverhältnisse ermittelt werden, die unabhängig vom Röstgrad mit den sensorischen Eigenschaften korrelierten. Ähnliche Wege wurden auch zur Qualitätsbewertung von Tee, Tabak, Kartoffelchips, Apfelsaft u. a. beschritten. Es ist einzuschätzen, daß instrumentell-analytische Methoden zunehmend bei der Qualitätsbewertung von Lebensmitteln Platz ergreifen werden, daß sie aber vorwiegend als Ergänzung zur sensorischen Prüfung und zur Ermittlung einzelner Qualitätsmerkmale eingesetzt werden. Eine absolute Qualitätseinschätzung ausschließlich auf instrumentell-analytischer Basis wird auf Sonderfälle beschränkt bleiben.
Aus dem bisher Dargelegten wird auch verständlich, daß die Simulierung von Lebensmittelaromen auf der Basis analytischer Befunde nur zu Teilerfolgen geführt hat. Beispielsweise besaß eine synthetische Mischung, die nach gas-chromatographischer Analyse eines Orangenaromes zusammengestellt worden war, zwar einen zitrusartigen Charakter, ließ absr das volle Orangenaroma vermissen. Moderne Analysen verfahren haben, wie anhand einiger Beispiele dargelegt wurde, die Aromaforschung in starkem Maße stimuliert und den Erkenntnisstand erweitert. Ohne in Pessimismus zu verfallen, muß allerdings vor einer Überschätzung gewarnt werden. Das betrifft auch die Gas-Chromatographie und die Massenspektroskopie. Noch ist auf dem Aromagebiet viel Neuland zu bearbeiten. Der sinnvolle Einsatz bekannter und die Entwicklung neuer Analysenmethoden werden jedoch sicher zu weiteren Fortschritten führen. D r . W . Rödel u n d D L C R . Schrödter Zentralinstitut f ü r E r n ä h r u n g der A d W der D D R Potsdam-Rehbrüeke
Wichtiger Hinweis an unsere Abonnenten und Leser Mit dem Heft 6 des Bandes 20 erscheint die „Ernährungsforschung — Wissenschaft und Praxis" letztmalig als Schriftenreihe. Ab Band 21, Heft 1 (1976) erfolgt die Umstellung zu einer Zeitschrift, wobei das mit dem Band 19 eingeführte Gesicht des Publikationsorgans beibehalten wird. Auch Umfang, Preis und Erscheinungsweise (6mal jährlich) bleiben unverändert. Die Auslieferung der Zeitschrift „Ernährungsforschung — Wissenschaft und Praxis" wird vom Postzeitungsvertrieb fortgeführt, der auch alle vorliegenden Fortsetzungsbestellungen übernimmt.
Verlag und Herausgeber
Ernährungsforschung Heft 6 • 1975 • Bd. 20
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SHP für kalorienreduzierte Nahrungsmittel Einsatz von neuartigen, gelbildenden Stärkehydrolysenprodukten in der Lebensmittelindustrie M. Richter, F. Schierbaum und 8. Augustat Herstellung und Anwendung von Stärkehydrolysenprodukten in der Lebensmittelindustrie sind seit langem bekannt. Der Traubenzucker, der dextrosereiche sogenannte „total sugar" sowie zahlreiche Stärkesirupe unterschiedlicher Zusammensetzung werden durch saure bzw. enzymatische Hydrolyse hergestellt. Sie sind wasserlöslich und besitzen Hydrolysengrade, die durch ein Dextrose-Äquivalent (DE) von über 25% gekennzeichnet sind. Ihre hauptsächlich vom Abbaugrad abhängigen Haupteigenschaften wie Süße, Körperbildung und Kristallisationshemmung sichern diesen Produkten, oftmals in Kombination mit Saccharose, eine vielfältige und mengenmäßig bedeutende Anwendung bei der Lebensmittelherstellung. In den letzten Jahren ist eine neue Gruppe von Stärkehydrolysenprodukten auf den Markt gekommen, die durch enzymatischen Abbau von Cerealienstärken gewonnen werden und ein niedriges DE im Bereich 10 bis 25% aufweisen. Sie werden in Pulverform gehandelt und von den einzelnen Herstellern unter den Handelsnamen „MALTRIN", „SNOWFLAKE Maltodextrin", „MOR-REX Hydrolyzed Cereal Solids" oder „Amaizo FRO-DEX" vertrieben. Die Produkte lösen sich in Wasser vollständig. Dabei entstehen klare Lösungen, deren Viskosität vom Trokkensubstanzgehalt und vom Abbaugrad abhängig ist. Bei diesen Produkten nehmen mit steigendem DE-Wert Bräunungsreaktion, Gefrierpunktserniedrigung, Hygroskopie, Süße und Löslichkeit zu, während ,,Körper"bildung, Haftvermögen, Schaumstabilisierung, Viskosität und Hemmung der Bildung grober Eiskristalle abnehmen. In jüngster Zeit sind noch weitere Maisstärkeabbauprodukte mit sehr niedrigem DE-Wert (etwa 4 bis 8%) bekannt geworden. So zeigt z. B. das MALTRIND 500 einen leichten Cerealiengeschmack und kann in Wasser bis auf Trockensubstanzgehalte von 40% gelöst werden; dabei entstehen aber nicht mehr klare, sondern opake Lösungen. Der Hauptaspekt für die Anwendung all dieser bekannten Hydrolysenprodukte mit niedrigem DE besteht in folgendem: Bei ihrem Einsatz an Stelle konventioneller Stärken vermeidet man einige nachteilige Eigenschaften, die diese in unabgebautem Zustand aufweisen. Dazu gehören vor allem die typisch kleistrig-klebrige Beschaffenheit, der charakteristische Geschmack und die schlechte Wasserlöslichkeit der unabgebauten Stärken. Ein weiterer Nachteil normaler Stärkedispersionen besteht darin, daß sie 108
beim Gefrieren irreversible Umwandlungen erfahren und die Stärke nach dem Auftauen als wasserunlösliche, schwammähnliche Masse vorliegt. I n einigen Lebensmittelzubereitungen wird die süßschmeckende Saccharose durch die weniger süßen Stärkehydrolysenprodukte mit niedrigem DE ausgetauscht. Hierdurch werden der Gebrauchswert, der Geschmack, der sogenannte „Körper" und oft auch die Herstellungstechnologie der Lebensmittel verbessert. Eine wesentliche Senkung des physiologischen Brennwertes wird dabei aber nicht erreicht , weil die Hydrolysenprodukte etwa den gleichen Kaloriengehalt wie Stärke oder Saccharose besitzen. Herstellung und Eigenschaften von gelbildendem SHP Im Hinblick auf die gesundheitliche Notwendigkeit, den Kaloriengehalt von Lebensmitteln und Lebensmittelzubereitungen in den hochentwickelten Industrieländern zu senken, erscheint es aussichtsreich, vor allem Fett mit seinem hohen physiologischen Brennwert ganz oder teilweise auszutauschen, z. B. durch ein geeignetes Kohlenhydrat-Wasser-System. Im Zentralinstitut für Ernährung der AdW der DDR ist ein solcher „Fettaustauscher" entwickelt worden. Er wird in der DDR bereits im technischen Versuchsbetrieb produziert.
Polymerisationsgrad
Abb. 1. Massenanteile der Polymerisationsgrade S H P u n d verschiedenen M A L T R I N - P r ä p a r a t e n unterschiedlichem D E
von mit
Ernährungsforschung Ilcit 6 • 1975 • Bd. 20
Einige chemische Eigenschaften von SHP
A b b . 2. A u s W a s s e r u n d S H P - P u l v e r h e r g e s t e l l t e s SHJPGol ( F o t o v o n 25 g S H P , 75 g W a s s e r u n d 100 g Gel jeweils in e i n e m B e c h e r g l a s , wobei d a s m i t d e m Gel u m g e d r e h t ist, u m zu d e m o n s t r i e r e n , d a ß es sich n i c h t u m eine w e i ß t r ü b e L ö s u n g h a n d e l t )
Dieses n e u a r t i g e H y d r o l y s e n p r o d u k t wird meist in a b g e k ü r z t e r F o r m als S H P bezeichnet.
I n A b b i l d u n g 1 sind die Massenanteile der P o l y m e r i s a t i o n s g r a d e von S H P , M A L T R I X - B 500, MALT R I N - 1 0 , M A L T R I N - 1 5 u n d M A L T R t X - 2 0 gegenübergestellt. Man e r k e n n t , d a ß sich d a s S H P in d e r Zusammensetzung von dem im D E - W e r t ähnlichen M A L T R I N - D 500 d e u t l i c h u n t e r s c h e i d e t . Mit steig e n d e m A b b a u g r a d verschieben sich die Massenanteile zu kleineren Molekülgrößen. S H P v e r m a g m i t J o d g e f ä r b t e K o m p l e x e zu bilden, die bei J o d n o r m a l i t ä t e n v o n 4 • 10" 4 N ein A b s o r p t i o n s m a x i m u m i m W e l l e n l ä n g e n b e r e i c h v o n 530 bis 550 n m zeigen. Dieses A b s o r p t i o n s m a x i m u m wird bei E r h ö h u n g der J o d k o n z e n t r a t i o n n a c h kleineren W e l l e n l ä n g e n verschoben. D a r i n u n t e r s c h e i d e t sich d a s S H P a u c h a n a lytisch eindeutig v o n a n d e r e n S t ä r k e h y d r o l y s e n p r o d u k t e n m i t gleichem D E - W e r t .
übrige Zutaten
Herstellung von SHP
Eigelb
S H P wird d u r c h e n z y m a t i s c h e n A b b a u v o n K a r t o f f e l s t ä r k e n a c h einem b e s t i m m t e n T e m p e r a t u r - Z e i t P r o g r a m m hergestellt. D a b e i wird die T e m p e r a t u r so g e f ü h r t , d a ß m a n ein S t ä r k e h y d r o l y s a t m i t besonderer Molekülgrößenverteilung bei einem D E W e r t v o n 5 bis 8 % e r h ä l t . D a s H y d r o l y s a t wird n a c h R e i n i g u n g im S p r ü h v e r f a h r e n g e t r o c k n e t u n d liegt d a n n als weißes P u l v e r m i t einer R e s t f e u c h t e v o n 5 bis 1 0 % vor. Die T r o c k e n s u b s t a n z von S H P b e s t e h t zu ü b e r 9 9 % a u s v e r d a u l i c h e n K o h l e n h y d r a t e n . D a s P r o d u k t ist frei v o n Schwermetallen u n d sonstigen V e r u n r e i n i g u n g e n .
100 89 83
Wasser
40
SHP
20
400
Ol SHP
56
0 83 % ige Mayonnaise Meßtemperatur 20° C
800 Kcal /100 g
SHP-Mayonnaise 300 Kcal /100 g
A b b . 4. R e z e p t u r u n d K a l o r i e n g e h a l t üblicher u n d m i t S H P hergestellter Mayonnaise
Einige physikalische Eigenschaften von SHP
A b b . 3. A b h ä n g i g k e i t der in P e n e t r o m e t e r e i n h e i t e n P E a u s g e d r ü c k t e n Eindringtief«! eines N o r m k ö r p e r s v o m T r o c k e n s u b s t a n z g e h a l t v o n S H P - W a s s e r - S y s t e m e n (max i m a l e E i n d r i n g t i e f e 400 P E ) E r n ä h r u n g s f o r s c h u n g H e f t G • 1Ü7;"> • Bd. 20
S H P i s t in W a s s e r g u t löslich. Z u r H e r s t e l l u n g v o n SHP-Lösungen wird das Pulver entweder mit dem W a s s e r e r h i t z t oder a b e r m i t t e l s eines R ü h r e r s oder H o m o g e n i s a t o r s in k a l t e m W a s s e r gelöst. Bei e n t s p r e c h e n d e m S H P - W a s s e r - V e r h ä l t n i s bilden sich beim S t e h e n a u s d e n S H P - S o l e n die Gele a u s . Abbild u n g 2 zeigt die Massen-Verhältnisse v o n S H P - P u l ver u n d W a s s e r , die zu 100 g eines f e s t e n 2 5 % i g e n SHP-Gels führen. Die K o n s i s t e n z der Gele wird bei gleicher T e m p e r a t u r vor allem d u r c h d e n T r o c k e n s u b s t a n z g e h a l t b e s t i m m t . I n A b b i l d u n g 3 ist die in P e n e t r o m e t e r e i n h e i t e n ( P E ) 169
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%
%
übliche Creme
06
60
SHPCreme
0,73
30
*->Fett
= Butter
Ol
oder
•5
SHP
für Torten cremes
Fett
Ii
Rezeptur
10 in
bezogen auf
i
%
V.
%
100 q
100 ml
13
27
0
0
570
330
0
12
17
41
340
240
Margarine
(20%
Wasser)
Abb. 5. Rezeptur u n d Kaloriengehalt üblicher und m i t S H P hergestellter Tortencremes Rezeptur I Rezeptur I I (französische Creme) (SHP-Creme)
ausgedrückte Eindringtiefe eines Normkörpers in SHP-Gele in Abhängigkeit vom Masseanteil (in%) graphisch dargestellt. Zwischen 25 und 30 Masse-% erhält man pastöse, streichfähige, formbeständige Massen mit einer Konsistenz, die ähnlich wie bei den gebräuchlichen Nahrungsfetten (z. B. Butter, Margarine oder Schmalz) ist. Bei Trockensubstanzgehalten oberhalb 30% erhält man schnittfeste Gele. Wenn SHP-Gele auf Temperaturen von 50 bis 70 °C erhitzt werden, so schmelzen sie, wobei opake,viskose, wäßrige Lösungen entstehen, die beim Wiederabkühlen erneut zu Gelen erstarren. Die Gele lassen sich auch einfrosten, und beim Auftauen bildet sich die ursprüngliche Konsistenz wieder zurück.
Anwendungstechnisches Verhalten von SHP Die aus SHP hergestellten Gele sind mit den gebräuchlichen Nahrungsfetten wie Butter, Margarine und Schmalz vollständig und mit Pflanzenölen teilweise mischbar. Sie zeichnen sich weiterhin durch Geschmacksneutralität, ihre den natürlichen Nahrungsfetten nahekommende Konsistenz sowie ihr den Fetten analoges Schmelzverhalten im Munde aus. Einsatz von SHP als Fettaustauscher in kalorienreduzierten Lebensmitteln Aufgrund der besonderen Eigenschaft von SHP-Gelen, mit Fetten mischbar zu sein, eröffnen sich umfassende neue Möglichkeiten zur Bereitung fettreduzierter und damit kalorienreduzierter Produkte. Die Kalorienreduzierung wird dadurch erzielt, daß die Gele etwa 75% Wasser enthalten und daß ihre Trockensubstanz aus einem leichtverdaulichen Kohlenhydrat besteht; so enthalten 100 g Gel nur etwa 100 kcal, dagegen 100 g Fett etwa 800 kcal. Die SHP-Gele können als Fettaustauscher überall dort eingesetzt werden, wo das Fett in herkömmlicher Weise als konsistenz- und körperbildender Stoff fungiert, z. B. bei der Herstellung und Verarbeitung fettreicher Lebensmittel wie Mayonnaisen, Remouladen, Brotaufstrichen und Tortencremes. Die An170
wendung von SHP in Lebensmitteln ist nicht nur unter ernährungsphysiologischem Aspekt günstig, sondern bietet auch ökonomische und anwendungstechnologische Vorteile. Beispielsweise gelingt es mit SHP, den Pflanzenölgehalt von Mayonnaise von üblicherweise 83% auf Werte um 20% zu reduzieren. Dabei werden die sensorischen Eigenschaften nicht verschlechtert, und die Gebrauchseigenschaften werden sogar verbessert. Die so hergestellten kalorienreduzierten Mayonnaisen erleiden bei Lagerung selbst unter ungünstigen Klimabedingungen keine Phasentrennung. Sie eignen sich besonders für die Weiterverarbeitung zu kalorienreduzierten Fleisch-, Fischund Gemüsesalaten. Durch ihren Einsatz kann der Fettgehalt des Endproduktes wesentlich gesenkt werden. Obwohl zur Erzielung streich- und spritzfähiger Lebensmittelzubereitungen relativ hohe SHP-Einsatzmengen von etwa 15 bis 20 Masse-% notwendig sind, erfolgt im Vergleich zu den konventionellen Produkten keine Verschlechterung der sensorischen Eigenschaften. Weitere Anwendungsmöglichkeiten für SHP Aufgrund des geringen Abbaugrades kann SHP ähnlich wie die bekannten Cerealienstärkehydrolysen produkte mit niedrigem DE vielfältig in der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden. So verleiht auch SHP den daraus hergestellten Produkten ausgezeichnete Eigenschaften in bezug auf Körperbildung in Getränken, Viskositätsverhalten, Schaumstabilisierung, Verhinderung der Bildung grober Eiskristalle, zeigt lediglich geringe Tendenz zu Bräunungsreaktionen und wirkt nur wenig gefrierpunktserniedrigend. SHP läßt sich zur Sprüh- oder Gefriertrocknung empfindlicher Güter oder Lebensmittel einsetzen. Infolge der Mikroverkapselung trägt es zum Erhalt des Aromas beim Wasserentzug besonders vonFruchtund Gemüsemark bei. Infolge der fehlenden Hygro-
Material
Materialeinsparung kg/10001
kg/1000kg
Fett Zucker Vollei
U1 72 86
300 147 143
SHREinsatz
124
170
Anwendung
von SHP in
Tortencreme
SHP- üblicht ökonomischer Nutzen Creme Cremt TM/10001 TM/mokg M M B
M B B
M - Margarine
0,8 2,9 2,1
1.8 5,2 3,5
B = Butter
A b b . 6. Ökonomischer N u t z e n bei Verwendung S H P zur Herstellung v o n Tortencremes
von
Ernährungsforschung Heft 6 • 1975 • Bd. 20
skopie lassen sich mit SHP als Zusatzstoff hygroskopische Güter, z . B . Tomatenmark, Eiweißhydrolysate oder Speisewürzen, gut trocknen. Weitere Einsatzgebiete ergeben sich für SHP als Dickungsmittel (z. B. in Suppen und Soßen), als Stabilisator (z. B. für Eiweißmassen) und als „körperbildender" und wasserbindender Zusatzstoff (z. B. in Cremespeisen, Fruchtgetränken und Desserts).
sind Tortenstückchen gezeigt, die mit SHP-Creme (Rezeptur II) hergestellt wurden. Die Garnierungen weisen die notwendige Konturenschärfe auf. Es hat sich gezeigt, daß diese Creme gegenüber mechanischer Beanspruchung stabiler als die leichtere französische Creme ist. Außerdem ist aufgrund des Fehlens von Eigelb bzw. Milch die Haltbarkeit derartiger Produkte bedeutend verbessert.
Rezepturbeispiele für Wirtschaltlichkeitsgewinn und Kaloriensenkung bei SHP-Einsatz
Cremewafieln
An einigen ausgewählten Rezepturbeispielen sollen einige ökonomische Aspekte beim Einsatz von SHP besonders zur Herstellung von kalorienreduzierten Lebensmitteln behandelt werden. In Abbildung 4 sind Rezeptur und Kaloriengehalt einer üblichen 83%igen Mayonnaise und einer mit SHP hergestellten Mayonnaise gegenübergestellt. Man erkennt, daß 63 kg Pflanzenöl durch 20 kg SHP und 43 kg Wasser ersetzt werden können. Wenn man mit einem Preis von SHP-Pulver rechnet, der dem von Pflanzenöl entspricht, so ergibt sich allein durch die Materialeinsparung ein ökonomischer Nutzen von 1,3 TM/t SHP-Mayonnaise. Hinzu kommt der ernährungsphysiologische Vorteil, daß der physiologische Brennwert von etwa 800 kcal/100 g auf etwa 300 kcal/100 g gesenkt worden ist, d. h. um 62,5%. In Abbildung 5 sind 2 Rezepturen für Tortencremes dargestellt. Rezeptur I entspricht einer üblichen Creme nach französischer Art unter Verwendung von 60 Teilen Fett, Zucker und Eigelb. I n Rezeptur I I ist die Hälfte des Fettes und ein Teil des Zuckers durch 17 Teile SHP sowie durch 41 Teile Wasser ersetzt. Die Süße beider Cremes ist gleich, obwohl die Creme I I weniger Zucker enthält. Offenbar wird die Süßkraft der Saccharose in Gegenwart des nicht süß schmeckenden SHP verstärkt. Auch sensorisch unterscheiden sich die Cremes I und I I kaum voneinander. Lediglich im Litergewicht zeigt die Creme I I etwas höhere Werte. Was die physiologischen Brennwerte betrifft, so ist die mit SHP hergestellte Creme deutlich kalorienvermindert (570 kcal/100 g bei Creme I gegenüber 340 kcal/100 g bei Creme II). Dieser Unterschied ist immer noch gegeben, wenn man den Vergleich nicht auf Masse, sondern auf Volumen bezieht. Die Kalorienreduzierung macht in diesem Falle noch 27% aus. I n Abbildung 6 ist der auf Grund der Materialeinsparung erzielte ökonomische Nutzen bei Verwendung von SHP-Creme (Rezeptur II) mit der von konventioneller Creme (Rezeptur I) verglichen. Auch hier werden die Werte sowohl auf Masse als auch auf Volumen bezogen. So spart man z. B. zur Herstellung von 10001 Tortencreme 141 kg Fett, 72 kg Zucker und 86 kg Vollei ein. Daraus resultiert ein beträchtlicher ökonomischer Nutzen. In Abbildung 7
Ernährungsforschung Heft 6 • 1975 • Bd. 20
Schließlich sei auf die Anwendung von trockenem SHP-Pulver als Füllstoff in Fettcremefüllungen von Frucht- und Schokoladenwaffeln hingewiesen. Hierbei ließ sich durch Senkung des Hartfetteinsatzes der Kaloriengehalt der Waffeln um 10% senken.
A b b . 7. T o r t e n s t ü c k e , die u n t e r V e r w e n d u n g kalorienreduzierter S H P - F e t t c r e m e hergestellt w u r d e n
Zusammenfassung Ausgehend von den bereits international eingeführten Stärkehydrolysenprodukten mit niedrigem Hydrolysengrad (Dextroseäquivalent DE) auf Maisstärkebasis und deren anwendungstechnischen Eigenschaften wird ein neuartiges, gelbildendes Stärkehydrolysenprodukt (SHP) auf Kartoffelstärkebasis vorgestellt, das in der DDR entwickelt wurde. Die Herstellungsprinzipien sowie die wichtigsten chemischen und physikalischen Eigenschaften werden beschrieben. Von den zahlreichen Einsatzmöglichkeiten der neuen Produktgruppe werden besonders die Aspekte des Fettaustausches durch SHP-Gele und der damit verbundenen Herstellung kalorienreduzierter Lebensmittel in Verbindung mit technologischen und ökonomischen Vorteilen herausgestellt und anhand von Rezepturen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen belegt. D r . M. R i c h t e r , D r . F . Schierbaum u n d D r . S. A u g u s t a t Zentralinstitut f ü r E r n ä h r u n g der A d W der D D R Potsdam-Rehbrücke
171
Erleichterung d e r Hausarbeit - e i n e umfassende A u f g a b e H. Groß Bereits in der Verfassung der DDR vom 7. Oktober 1949 wurde für Mann und Frau das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit sowie der besondere Schutz der berufstätigen Frau verkündet. Den Frauen in der DDR ist eine gleichberechtigte, vollwertige Stellung in der sozialistischen Gesellschaft und die allseitige Entfaltung ihrer Fähigkeiten garantiert. Auf dieser Grundlage entwickelte sich die Berufstätigkeit der Frauen in zunehmendem Maße. Während 1950 der Anteil der weiblichen Beschäftigten an der Gesamtzahl der Beschäftigten 38,4% betrug, erreichte er 1960 bereits 45 % und stieg dann weiter auf knapp 50% im Jahre 1973 an. 1964 erreichte der Beschäftigungsgrad der Frauen, also der Anteil der arbeitenden Frauen an der Gesamtzahl der Frauen im arbeitsfähigen Alter, 74% und stieg bis 1973 auf 84°/o-
Diese Entwicklung zeugt davon, daß die Frauen der DDR in erheblichem Ausmaß ihre Rechte nutzen. Dies äußert sich auch darin, daß gegenwärtig 50% der Studierenden an den Fachschulen und mehr als 40% an den Hochschulen weiblichen Geschlechts sind und ein hoher Anteil von Frauen, die wirtschaftlich tätig sind, eine abgeschlossene Berufsausbildung besitzen. Trotzdem gibt es noch einen erheblichen Unterschied im Bildungsniveau der Männer und Frauen. Von der Bevölkerung im Alter von 18 Jahren und darüber hatten im Jahre 1971 51% der Männer, aber nur 32% der Frauen eine abgeschlossene Berufsausbildung als Facharbeiter, während 29% der Männer, aber 63% der Frauen ohne Abschluß waren. Wie allein schon aus diesen Angaben ersichtlich ist, gibt es bereits ein bedeutendes Niveau in der Durchsetzung der Gleichberechtigung der Frauen, aber auch noch einige Aufgaben, um die Bedingungen und Voraussetzungen für die Berufstätigkeit und Qualifizierung der Frauen zu verbessern. Dazu gehören Maßnahmen zur Entlastung von der Hausarbeit. Es geht in erster Linie um Lösungen, die den notwendigen Zeitaufwand für die Hausarbeit verringern, das heißt Auslagerung solcher Arbeiten aus dem Einzelhaushalt, die sich in gesellschaftlichen Einrichtungen mit höherer Produktivität und effektiver verrichten lassen.
Ernährung zu Hause raubt wertvolle Freizeit Summiert man die Hausarbeitszeit in der DDR, dann entspricht sie der Leistung von etwa 6 Millionen vollbeschäftigten Arbeitskräften. Pro Woche umfaßt nämlich die durchschnittliche Hausarbeitszeit 47,1 172
Stunden, und zwar in den Haushalten mit voll berufstätiger Ehefrau 46,1 Stunden und in Haushalten mit nichtberufstätiger Frau 58,9 Stunden. Im Durchschnitt entfallen von den 47,1 Stunden 37,1 Stunden, das sind rund 80%, allein auf die Frau. Unter Beachtung des hohen Beschäftigungsgrades der Frauen ergibt sich daraus, daß viele Frauen in unserer Republik wöchentlich 70—80 Stunden arbeiten, daß ihnen für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit kaum genügend Zeit verbleibt. Rund 50% der im Haushalt aufgewendeten Zeit entfällt auf Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Ernährung der Familie stehen, also auf die Vor- und Zubereitung der Mahlzeiten, das Spülen von Geschirr, die Einkäufe von Nahrungs- und Genußmitteln und anderes. Und rund 33% der im Haushalt aufgewandten Zeit entfällt allein auf die Vor- und Zubereitung von Mahlzeiten. Vom Standpunkt des Einsatzes der gesellschaftlichen Mittel erweist sich also der Komplex der Hausarbeiten, die mit der Vor- und Zubereitung der Speisen zusammenhängen, als besonders effektiv.
Durch Werkessen und Schulspeisung mehr Freizeit Ein wichtiger Schwerpunkt ist dabei der Ausbau der gesellschaftlichen Speisenwirtschaft mit dem Ziel, den Werktätigen in den Betrieben und den Kindern in den Schulen und in den Kindereinrichtungen die Einnahme der Hauptmahlzeit an den Werktagen in gesellschaftlichen Einrichtungen zu ermöglichen. Hiermit ist eine bedeutende zeitliche Entlastung in den Familien verbunden, weil neben der Zeit für die Vorbereitung und Zubereitung eines warmen Essens die Zeit für den Einkauf und das Reinigen des Geschirrs im Haushalt eingespart werden kann. Gegenwärtig nehmen rund 30% der Kinder bis zu 3 Jahren, 70% der Kinder im Vorschulalter, 60% der Schüler und rund 60% der Werktätigen die Hauptmahlzeit in gesellschaftlichen Einrichtungen ein. Insbesondere die Zahl der Essenteilnehmer in den Schulen und Betrieben befriedigt noch nicht und weist auf die Schwerpunkte der künftigen Arbeit hin. Die Inanspruchnahme der öffentlichen gastronomischen Einrichtungen an den Wochenenden ist ebenfalls eine sehr effektive Maßnahme zur Reduzierung der Hausarbeit, die an Bedeutung zunimmt, aber vielfach noch durch die Kapazität, das Angebot, den Preis des Essens sowie durch die Verzehrsgewohnheiten begrenzt wird. Ernährungsforschung Holt 6 • 1975 • Bd. 20
Konsumreife Nahrungsmittel von großer Bedeutung Eine völlige Verlagerung der Speisenbereitung aus dem Haushalt in den Bereich der Gastronomie bzw. industriellen Speisenproduktion bei gleichzeitiger Konsumtion außerhalb der Wohnung entspricht nicht den Verbrauchstraditionen und ist auch mit einem sehr hohen gesellschaftlichen Aufwand verbunden. Deshalb kommt der Versorgung mit konsumreifen Nahrungsmitteln über den Einzelhandel eine große Bedeutung zu. Solche konsumreifen Nahrungsmittel werden einerseits zwar noch als Rohstoffe gehandelt, haben jedoch bereits bestimmte Arbeitsgänge durchlaufen, wie Kurzkoch-Reis, Gemüsekonserven, panierte Fischstäbchen, oder sie werden bereits durch den Handel in einer Form angeboten, daß sie im Haushalt nur noch aufgewärmt, angerichtet und serviert werden müssen. Hinsichtlich der Gestaltung des Angebots konsumreifer Nahrungsmittel gibt eine Umfrage des Instituts für Marktforschung Leipzig interessante Anregungen. Ihrem Ergebnis ist zu entnehmen, daß rund 2 / 3 der Befragten zeit- und arbeitssparende Nahrungsmittel für warme Hauptmahlzeiten und nur knapp 1 / 3 solche für kalte Hauptmahlzeiten wünschen. Für solche Nahrungsmittel besteht selbstverständlich die gesellschaftliche Forderung, daß sie rationell produziert werden und eine hohe volkswirtschaftliche Effektivität gewährleisten und daß sich die Preise dieser konsumreifen Produkte im Einklang mit der Einsparung im Haushalt befinden. Unter diesen Gesichtspunkten sind Nahrungsgüterwirtschaft und Lebensmittelindustrie der DDR bestrebt, ihren Beitrag zur Erleichterung der Hausarbeit der berufstätigen Frauen zu leisten. Sie ordnen diese Aufgabenstellung in die Bestrebungen ein, die aus der Erfüllung der vom VIII. Parteitag der SED beschlossenen Hauptaufgabe resultieren. Hierfür seien einige Beispiele angeführt. Sehr erfolgreich sind die Bemühungen zur Deckung des Bedarfs an Kindernahrung und Säuglingsfertignahrung. Im Zeitraum von 1960 bis 1970 wurde die Bereitstellung von Kindernahrung auf Milchbasis verdoppelt und eine volle Bedarfsdeckung erreicht. Während erst 1961 die Produktion von Säuglingsfertignahrung auf Obst- und Gemüsebasis in Breiform begann, werden heute davon jährlich 12000 t in einem Sortiment von 22 Rezepturen angeboten. Diese auf ernährungswissenschaftlicher Grundlage hergestellten Fertiggerichte müssen nur erwärmt werden und sind dann verzehrsfertig. Die Produktion von Säuglingszusatznahrung, das sind tischfertige Obst- und Gemüsesäfte, hat sich nach erfolgten Investitionen auf der Basis einer modernen Technologie unter einwandfreien hygienischen Bedingungen seit 1965 verzehnfacht. Sie soll im Jahr 1975 62,5 Millionen Flaschen umfassen, was einer Jahresproduktion von 12500 t entspricht. Ernälirungsforschung Heft 6 • 1975 • Bd. 20
Tabelle 1 Anteil der befragten Speisen verbrauchen
Haushalte,
die
Position
vorgefertigte
Anteil der Haushalte
in % frisches küchenfertig zubereitetes Gemüse gefrostetes küchenfertiges Gemüse Gemüsekonserven in Dosen u. Gläsern gefrostete Klöße Kloßmehl gefrosteter Kuchenteig gefrostete Fertiggerichte Fertiggerichte in Dosen u. Gläsern
2,1 3,4 4,4 0,7 N 4,2 1,1 4,5 7,8
Eine starke Dynamik weist die Bereitstellung von industriell verarbeitetem Obst und Gemüse auf. Vom gesamten Obstangebot gelangen etwa 18%, vom Gemüseangebot etwa 30% in industriell verarbeiteter Form zum Konsumenten. Zwischen 1965 und 1974 ist das Warenangebot an Obststerilkonserven auf 175% angestiegen; das an Gemüsekonserven verdoppelte sich im gleichen Zeitraum nahezu. Die Aufnahme einer ganzen Reihe von neuen Erzeugnissen mit hoher Konsumreife im Verlauf der letzten Jahre muß ebenfalls erwähnt werden. Es seien genannt: backfertige Mehle, Eierkuchenmehl, Kurzkoch-Reis, Erzeugnisse der kartoffelverarbeitenden Industrie (Kloßmehl, Pommes frites, Pürreepulver), ferner Instant-Produkte, konzentrierte Suppen, Gefrierkonserven von Fertiggerichten und Speisenkomponenten. Bemerkenswert sind auch die Anstrengungen der Lebensmittelindustrie, durch bessere Verpackung und Produktionsverfahren die Haltbarkeit der Lebensmittel zu erhöhen und damit den berufstätigen Frauen Einkaufszeit zu ersparen. Die Bestrebungen sind hier vor allem auf Milch- und Milcherzeugnisse, z. B. H-Milch, sowie auf Wurstwaren, Brot und Backwaren gerichtet.
Viele Frauen kaufen noch „konservativ" ein Das Angebot von Nahrungsgüterwirtschaft und Lebensmittelindustrie ist aber nur die eine Seite. Bemerkenswert ist, daß andererseits die Konsumenten noch eine sehr konservative Haltung beziehen, z. T. auch einkommens- und preisbedingt. Dies geht aus einer repräsentativen Erhebung der Hochschule für Ökonomie „Bruno Leuschner" hervor, die 1972 durchgeführt wurde. Sie ergab einen noch verhältnismäßig geringen Anteil der Haushalte, die vorgefertigte Speisen verbrauchen (Tabelle 1). Daß ein solches Verhalten der Verbraucher in erster Linie einer gewissen konservativen Haltung zuzuschreiben und nur wenig einkommensbedingt ist, kann aus Untersuchungen sowjetischer Soziologen geschlußfolgert werden. Danach verändert das Wachs173
t u m des P r o - K o p f - E i n k o m m e n s i n der heutigen sowjetischen S t a d t die Struktur der arbeitsfreien Zeit fast gar nicht, während es auf die materielle K o n s u m t i o n einen gewaltigen E i n f l u ß ausübt. E i n e Steigerung des P r o - K o p f - E i n k o m m e n s auf das 2bis 2,5fache verkürzt nur sehr wenig (nicht mehr als 10%) die für die Hausarbeit a u f g e w e n d e t e Zeit. So gesehen offenbart sich also die Reduzierung der Hausarbeit der F r a u als ein sehr kompliziertes Problem, das nicht allein durch das A n g e b o t der N a h rungsgüterwirtschaft und Lebensmittelindustrie, durch die gesellschaftliche Speisenproduktion u n d andere Dienstleistungen gelöst werden kann. Hier
eröffnet sich n o c h ein weites F e l d für soziologische U n t e r s u c h u n g e n . D o c h b e d e u t e t das nicht, i n den A n s t r e n g u n g e n zur weiteren E n t w i c k l u n g der gesellschaftlichen Speisenproduktion sowie zur Bereitstellung konsumreifer N a h r u n g s m i t t e l nachzulassen, weil P r o d u k t i o n u n d A n g e b o t n i c h t nur Bedürfnisse befriedigen, sondern auch Bedürfnisse w e c k e n sollen. Literatur werden.
kann
beim
Verfasser
angefordert
D r , H . Groß Zentralinstitut für Ernährung d«r A d W der D D R Potsdam-Rehbrücke
Mitteilung der Gesellschaft für Ernährung in der DDR D i e Gesellschaft für Ernährung in der D D R gibt ihren Mitgliedern den Schwerpunktarbeitsplan 1976 zur K e n n t n i s . 1. T a g u n g e n , S e m i n a r e , P r o b l e m d i s k u s s i o i i e n — „ P r o b l e m e der W i e d e r k ä u e r e r n ä h r u n g " , T a g u n g der Sektion Tierernährung, Oktober 1976 in Leipzig — 5. F a c h t a g u n g der Sektion Diätetik, Oktober 1976 in Berlin — D u r c h f ü h r u n g von mehrtägigen Arbeitstagungen der A r b e i t s g r u p p e D i ä t e m p f e h l u n g e n der SektionDiätetik zurRationalisierung der K r a n k e n e r n ä h r u n g ; J a n u a r , März, J u n i u n d Oktober 1976 — „ W i r k u n g u n d Mechanismen blutlipiderhöhender u n d -senkender F a k t o r e n " , A r b e i t s t a g u n g der Sektion H u m a n e r n ä h r u n g gemeinsam m i t Mitgliedern der Gesellschaften f ü r E r n ä h r u n g bzw. Pathophysiologie der ÖSSR; I I . Quartal 1976 in Potsdam — „SozialistischeKooperationsbeziehungen zwischen F r i s c h w a r e n p r o d u k t i o n u n d Einzelhandel bei Leb e n s m i t t e l n " , A r b e i t s t a g u n g der Sektion E r n ä h r u n g s w i r t s c h a f t , J a n u a r 1976 in Wohlenberg — „ N e u e E r k e n n t n i s s e über die biologischen Erfordernisse einer gesundheitsfördernden E r n ä h r u n g u n d Schlußfolgerungen f ü r die E r n ä h r u n g s w i r t s c h a f t " , Seminar der Sektion E r n ä h r u n g s w i r t s c h a f t , März 1976 — „ P r o b l e m e der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung m i t Milch u n d Milcherzeugnissen", A r b e i t s t a g u n g der Sektion E r n ä h r u n g s w i r t s c h a f t , I V . Q u a r t a l 1976 — „ A u f g a b e n bei der Z u s a m m e n a r b e i t zwischen Wissenschaft u n d P r a x i s " , Problemdiskussion der Sektion E r n ä h r u n g s w i r t s c h a f t gemeinsam m i t dem Z e n t r a l i n s t i t u t f ü r E r n ä h r u n g der A d W der D D R (vornehmlich f ü r k o r p o r a t i v e Mitglieder) 2. W e i t e r b i l d u n g u n d Öffentlichkeitsarbeit — „ N e u e E m p f e h l u n g e n zur wünschenswerten N ä h r s t o f f a u f n a h m e " , F o r t b i l d u n g s t a g u n g der Sektion H u m a n e r n ä h r u n g , I I I . Q u a r t a l 1976 in R e h brücke — Symposium zu F r a g e n der V i t a m i n e ; Veranstalt u n g der Sektion Tierernährung, 1976 in Reinhardtsbrunn — „25 J a h r e A d L der D D R — Von der Stärkewertlehre z u m D D R - F u t t e r b e w e r t u n g s s y s t e m " , R G W - K o l l o q u i u m gemeinsam m i t der Sektion Tierernährung, 1976 in D u m m e r s t o r f - R o s t o c k
174
— S y m p o s i u m ü b e r den neuesten E r k e n n t n i s s t a n d bei der V e r w e r t u n g v o n E x k r e m e n t e n ; Verans t a l t u n g der Sektion Tierernährung — „ S y m p o s i u m über methodische P r o b l e m e bei der A m i n o s ä u r e a n a l y t i k " , V e r a n s t a l t u n g der Sektion Tierernährung — „Problemdiskussion zu F r a g e n der pansenphysiologischen Prozesse", V e r a n s t a l t u n g der Sektion Tierernährung — Diskussion zu F r a g e n der A n w e n d u n g der Isot o p e n t e c h n i k im Tierversuch u n d methodische P r o b l e m e ; V e r a n s t a l t u n g der Sektion Tierernährung — „ G r u n d l a g e n der E r n ä h r u n g s w i r t s c h a f t " , Qualifizierungslehrgang der Sektion ErnährungsWirts c h a f t (speziell f ü r Mitarbeiter von Betriebsakademien u n d Journalisten) — Weitere Qualifizierung der ständigen Mitarbeit an der H e r a u s g a b e der Zeitschrift „ E r n ä h r u n g s f o r schung — Wissenschaft u n d P r a x i s " — F o r t l a u f e n d e E i n f l u ß n a h m e auf die G e s t a l t u n g der Lehrpläne f ü r D i ä t a s s i s t e n t i n n e n d u r c h die Sektion D i ä t e t i k 3. Ü b e r f ü h r u n g w i s s e n s c h a f t l i c h e r K e n n t n i s s e i n die P r a x i s — Rationalisierung der K r a n k e n e r n ä h r u n g d u r c h die Sektion D i ä t e t i k • Fertigstellung des Manuskriptes „ D i ä t e m p f e h l u n g e n " , Teil I „ G r u n d d i ä t e n " (Anleitung zur A n w e n d u n g einer R e z e p t u r e n k a r t e i f ü r Grunddiäten) • Vorbereitung der E D V - R e z e p t u r e n k a r t e i d e r Krankenernährung zum Druck 4. Nationale und internationale Zusammenarbeit — A u s b a u der Z u s a m m e n a r b e i t m i t der Agrarwissenschaftlichen Gesellschaft der D D R — Präzisierung u n d E r w e i t e r u n g des Vertrages ü b e r die Z u s a m m e n a r b e i t m i t der Slowakischen Gesells c h a f t f ü r rationelle E r n ä h r u n g — Abschluß eines Vertrages ü b e r eine Zusammenarbeit m i t dem ungarischen V e r b a n d der I n genieure der Lebensmittelindustrie — E n t w i c k l u n g v o n Beziehungen zu wissenschaftlichen Gesellschaften in der V R Polen u n d der Ungarischen V R P r o f . Dr. H . S c h m a n d k e Vorsitzender
Ernährungsforschimg Heft G • 1975 • Bd. 20
t u m des P r o - K o p f - E i n k o m m e n s i n der heutigen sowjetischen S t a d t die Struktur der arbeitsfreien Zeit fast gar nicht, während es auf die materielle K o n s u m t i o n einen gewaltigen E i n f l u ß ausübt. E i n e Steigerung des P r o - K o p f - E i n k o m m e n s auf das 2bis 2,5fache verkürzt nur sehr wenig (nicht mehr als 10%) die für die Hausarbeit a u f g e w e n d e t e Zeit. So gesehen offenbart sich also die Reduzierung der Hausarbeit der F r a u als ein sehr kompliziertes Problem, das nicht allein durch das A n g e b o t der N a h rungsgüterwirtschaft und Lebensmittelindustrie, durch die gesellschaftliche Speisenproduktion u n d andere Dienstleistungen gelöst werden kann. Hier
eröffnet sich n o c h ein weites F e l d für soziologische U n t e r s u c h u n g e n . D o c h b e d e u t e t das nicht, i n den A n s t r e n g u n g e n zur weiteren E n t w i c k l u n g der gesellschaftlichen Speisenproduktion sowie zur Bereitstellung konsumreifer N a h r u n g s m i t t e l nachzulassen, weil P r o d u k t i o n u n d A n g e b o t n i c h t nur Bedürfnisse befriedigen, sondern auch Bedürfnisse w e c k e n sollen. Literatur werden.
kann
beim
Verfasser
angefordert
D r , H . Groß Zentralinstitut für Ernährung d«r A d W der D D R Potsdam-Rehbrücke
Mitteilung der Gesellschaft für Ernährung in der DDR D i e Gesellschaft für Ernährung in der D D R gibt ihren Mitgliedern den Schwerpunktarbeitsplan 1976 zur K e n n t n i s . 1. T a g u n g e n , S e m i n a r e , P r o b l e m d i s k u s s i o i i e n — „ P r o b l e m e der W i e d e r k ä u e r e r n ä h r u n g " , T a g u n g der Sektion Tierernährung, Oktober 1976 in Leipzig — 5. F a c h t a g u n g der Sektion Diätetik, Oktober 1976 in Berlin — D u r c h f ü h r u n g von mehrtägigen Arbeitstagungen der A r b e i t s g r u p p e D i ä t e m p f e h l u n g e n der SektionDiätetik zurRationalisierung der K r a n k e n e r n ä h r u n g ; J a n u a r , März, J u n i u n d Oktober 1976 — „ W i r k u n g u n d Mechanismen blutlipiderhöhender u n d -senkender F a k t o r e n " , A r b e i t s t a g u n g der Sektion H u m a n e r n ä h r u n g gemeinsam m i t Mitgliedern der Gesellschaften f ü r E r n ä h r u n g bzw. Pathophysiologie der ÖSSR; I I . Quartal 1976 in Potsdam — „SozialistischeKooperationsbeziehungen zwischen F r i s c h w a r e n p r o d u k t i o n u n d Einzelhandel bei Leb e n s m i t t e l n " , A r b e i t s t a g u n g der Sektion E r n ä h r u n g s w i r t s c h a f t , J a n u a r 1976 in Wohlenberg — „ N e u e E r k e n n t n i s s e über die biologischen Erfordernisse einer gesundheitsfördernden E r n ä h r u n g u n d Schlußfolgerungen f ü r die E r n ä h r u n g s w i r t s c h a f t " , Seminar der Sektion E r n ä h r u n g s w i r t s c h a f t , März 1976 — „ P r o b l e m e der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung m i t Milch u n d Milcherzeugnissen", A r b e i t s t a g u n g der Sektion E r n ä h r u n g s w i r t s c h a f t , I V . Q u a r t a l 1976 — „ A u f g a b e n bei der Z u s a m m e n a r b e i t zwischen Wissenschaft u n d P r a x i s " , Problemdiskussion der Sektion E r n ä h r u n g s w i r t s c h a f t gemeinsam m i t dem Z e n t r a l i n s t i t u t f ü r E r n ä h r u n g der A d W der D D R (vornehmlich f ü r k o r p o r a t i v e Mitglieder) 2. W e i t e r b i l d u n g u n d Öffentlichkeitsarbeit — „ N e u e E m p f e h l u n g e n zur wünschenswerten N ä h r s t o f f a u f n a h m e " , F o r t b i l d u n g s t a g u n g der Sektion H u m a n e r n ä h r u n g , I I I . Q u a r t a l 1976 in R e h brücke — Symposium zu F r a g e n der V i t a m i n e ; Veranstalt u n g der Sektion Tierernährung, 1976 in Reinhardtsbrunn — „25 J a h r e A d L der D D R — Von der Stärkewertlehre z u m D D R - F u t t e r b e w e r t u n g s s y s t e m " , R G W - K o l l o q u i u m gemeinsam m i t der Sektion Tierernährung, 1976 in D u m m e r s t o r f - R o s t o c k
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— S y m p o s i u m ü b e r den neuesten E r k e n n t n i s s t a n d bei der V e r w e r t u n g v o n E x k r e m e n t e n ; Verans t a l t u n g der Sektion Tierernährung — „ S y m p o s i u m über methodische P r o b l e m e bei der A m i n o s ä u r e a n a l y t i k " , V e r a n s t a l t u n g der Sektion Tierernährung — „Problemdiskussion zu F r a g e n der pansenphysiologischen Prozesse", V e r a n s t a l t u n g der Sektion Tierernährung — Diskussion zu F r a g e n der A n w e n d u n g der Isot o p e n t e c h n i k im Tierversuch u n d methodische P r o b l e m e ; V e r a n s t a l t u n g der Sektion Tierernährung — „ G r u n d l a g e n der E r n ä h r u n g s w i r t s c h a f t " , Qualifizierungslehrgang der Sektion ErnährungsWirts c h a f t (speziell f ü r Mitarbeiter von Betriebsakademien u n d Journalisten) — Weitere Qualifizierung der ständigen Mitarbeit an der H e r a u s g a b e der Zeitschrift „ E r n ä h r u n g s f o r schung — Wissenschaft u n d P r a x i s " — F o r t l a u f e n d e E i n f l u ß n a h m e auf die G e s t a l t u n g der Lehrpläne f ü r D i ä t a s s i s t e n t i n n e n d u r c h die Sektion D i ä t e t i k 3. Ü b e r f ü h r u n g w i s s e n s c h a f t l i c h e r K e n n t n i s s e i n die P r a x i s — Rationalisierung der K r a n k e n e r n ä h r u n g d u r c h die Sektion D i ä t e t i k • Fertigstellung des Manuskriptes „ D i ä t e m p f e h l u n g e n " , Teil I „ G r u n d d i ä t e n " (Anleitung zur A n w e n d u n g einer R e z e p t u r e n k a r t e i f ü r Grunddiäten) • Vorbereitung der E D V - R e z e p t u r e n k a r t e i d e r Krankenernährung zum Druck 4. Nationale und internationale Zusammenarbeit — A u s b a u der Z u s a m m e n a r b e i t m i t der Agrarwissenschaftlichen Gesellschaft der D D R — Präzisierung u n d E r w e i t e r u n g des Vertrages ü b e r die Z u s a m m e n a r b e i t m i t der Slowakischen Gesells c h a f t f ü r rationelle E r n ä h r u n g — Abschluß eines Vertrages ü b e r eine Zusammenarbeit m i t dem ungarischen V e r b a n d der I n genieure der Lebensmittelindustrie — E n t w i c k l u n g v o n Beziehungen zu wissenschaftlichen Gesellschaften in der V R Polen u n d der Ungarischen V R P r o f . Dr. H . S c h m a n d k e Vorsitzender
Ernährungsforschimg Heft G • 1975 • Bd. 20
Ä t i o l o g i s c h e Faktoren u n d Lebensweise in d e r G e n e s e d e s D i a b e t e s mellitus, unter b e s o n d e r e r Berücksichtigung d e r E r n ä h r u n g 1 W. Bruns Die Bedeutung des Diabetes mellitus ist durch seine weiterhin zunehmende Bestandsziffer und die in Zusammenhang mit dem Diabetes schwerer verlaufenden Herz- und Gefäßerkrankungen, die oft zum vorzeitigen Tode führen, gekennzeichnet. Daher ist es wichtig, die Ursachen des Diabetes zu erkennen und daraus die Konsequenzen für die Lebensweise im Sinne der Prävention (Vorbeugung) zu ziehen.
Zwei Formen des Diabetes Unschwer sind beim Diabetes 2 Typen hinsichtlich der Therapieart, des Verlaufs und des Manifestationsalters feststellbar. Wir unterscheiden erstens einen schlanken, in der Regel von vornherein insulinpflichtigen Diabetes, der im Kindesalter bzw. im Alter unterhalb von 30 Jahren in Erscheinung tritt, und zweitens den übergewichtigen, in der Regel am Anfang allein mit Diät oder mit Diät und oralen Antidiabetika (Tabletten) behandelbaren Diabetes, der meistens jenseits des 50. Lebensjahres auftritt. Während bei dem jugendlichen Typ die typischen Symptome des Diabetes — Abgescblagenheit, Durst und Hungergefühl, Gewichtsabnahme — relativ plötzlich und deutlich auftreten, beobachtet man beim sog. Erwachsenentyp des Diabetes trotz des Bestehens der Zuckerstoffwechselstörung oft jahrelang keine Symptome bzw. keine subjektiven Empfindungen und Gesundheitsstörungen, so daß die Erkrankung nicht selten zufällig und zur Überraschung des vermeintlich Gesunden festgestellt wird. Bei jedem Diabetes besteht ein absoluter oder relativer Insulinmangel. Während es beim jugendlichen Typ des Diabetes aus z. Z. noch nicht endgültig aufgeklärten Gründen zu einer relativ schnellen totalen oder nahezu vollständigen Einstellung der Insulinbildung in den BZellen der Langerhans'schen Inseln des Pankreas (Bauchspeicheldrüse) kommt, beobachtet man beim übergewichtigen Erwachsenentyp des Diabetes am Anfang der Erkrankung manchmal noch normale oder gar überhöhte Insulinkonzentrationen im Blut, die im Verlaufe der Erkrankung absinken. Demzufolge kommt es beim übergewichtigen Typ des Diabetes nach unseren heutigen Kenntnissen nur langsam zur Erschöpfung der Insulinproduktion, so daß besonders hier therapeutische Maßnahmen Eingang 1
In Anlehnung an den auf dem Weiterbildungslehrgang über Gesundheitserziehung in der Bekämpfung des Diabetes v o m 18. —20. 3. 1975 in Dresden gehaltenen Vortrag
Ernährungsforschung H e f t 6 • 1975 • Bd. 20
finden können, die diese Entwicklung verhindern oder hinauszögern. Unsere heutigen Kenntnisse über den Diabetes lassen die Schlußfolgerung zu, daß bei etwa 20% der Bevölkerung eino genetisch determinierte, d. h. vererbbare Minderleistung der B-Zellen vorliegt, daß diese aber nur dann sichtbar wird, wenn dieses Organ entsprechenden belastenden Umweltbedingungen ausgesetzt wird. Dies bedeutet, daß es bei einem im Vergleich zur genetischen Anlage nur geringen Prozentsatz der Menschen im Laufe des Lebens zur Herausbildung des Diabetes kommt, wenn es sich auch in den hochindustrialisierten Ländern (z. B. in der DDR z. Z. mit etwa 2,5% der Gesamtbevölkerung) trotzdem um eine häufige „Volkskrankheit" handelt. Während bei dem jugendlichen Typ des Diabetes ein Umweltfaktor möglicherweise in Form einer auf die B-Zellen des Pankreas gerichteten Virusinfektion mit genetisch determinierter Immunoreaktion besteht, handelt es sich bei dem viel häufigeren Erwachsenentyp des Diabetes (etwa 85% aller Diabetiker) um die L e b e n s w e i s e mit dem Schwerpunkt der E r n ä h r u n g und der p h y s i s c h e n B e t ä t i g u n g . Bei der Entwicklung des Erwachsenentyps des Diabetes spielen diese Umweltfaktoren eine erstrangige Rolle, und sie bestimmen auch den Verlauf und den Schweregrad der Erkrankung.
Diabetes und Fettansatz Unter den Bedingungen unserer Lebensweise, den traditionellen Eßgewohnheiten und der seit einigen Jahrzehnten immer geringer werdenden körperlichen Arbeit ist bei etwa 40% der weiblichen und bei etwa 20% der männlichen Bevölkerung sowie bei etwa 10% der Kinder in der DDR eine Disproportion zwischen Kalorienaufnahme und Kalorienverbrauch entstanden, so daß in diesem hohen Prozentsatz eine Übergewichtigkeit oder gar eine Fettsucht besteht. Unter den Diabetikern ist eine Übergewichtigkeit sogar in etwa 80% nachzuweisen. Dabei ist zum Teil die Zahl der Fettzellen, vor allem aber die Größe der einzelnen Fettzellen vermehrt. Nach neuesten Untersuchungen weiß man, daß an der Oberfläche der vergrößerten Fettzelle die Zahl der Insulinrezeptoren aus bisher noch nicht erkannten Gründen vermindert ist. Dies bedeutet, daß für die Entfaltung der gleichen Wirkung im Stoffwechsel der Fettzelle mehr Insulin benötigt wird als an der normalen, nicht vergrößerten. Die bei Verminderung der Zahl von Insulinrezeptoren an der Fettzelloberfläche entstandene Insulinminderwirkung dient als 175
Signal (von der Fettzelle zur B-Zelle), mehr Insulin zur Verfügung zu stellen, um den erforderlichen Stoffwechseleffekt zu erreichen. Es entsteht also in Abhängigkeit vom Grad der Übergewichtigkeit, von der Stärke der aktuellen Nahrungsaufnahme (die mit Hilfe des Insulins verwertet werden muß) und der (wahrscheinlich genetisch verankerten) Potenz der B-Zellen ein mehr oder weniger ausgeprägter Zustand mit vermehrter Insulinsekretion (Hyperinsulinismus). Die Folge dieses Hyperinsulinismus ist bei weiterbleibendem überkalorischen Nahrungsangebot eine verstärkte Bildung von Fetten in der Leber und im Fettgewebe sowie möglicherweise eine Erhöhung der Fettkonzentration im Blut und ein vermehrter Einbau von Fetten in den Gefäßwänden. Neben der Gefahr der Entwicklung der Übergewichtigkeit und der Arteriosklerose besteht die in Abbildung 1 schematisch skizzierte Möglichkeit des Überganges in einen Diabetes infolge der nicht mehr ausreichenden Leistung der insulinproduzierenden BZellen. Die Fettsucht ist somit als der wesentliche begünstigende Faktor des Diabetes mellitus anzusehen. Hinzu kommt noch die Erhöhung der Blutfettspiegel, die sog. Hyperlipoproteinämie (HLP) oder Hyperlipidämie.
ämie mehr im Vordergrund, ein weiteres Mal die Gicht oder Störungen im Gerinnungssystem. Auf der Basis dieses metabolischen Syndroms entstehen auch an den Gefäßen des Menschen Stoffwechselveränderungen mit Ablagerungen von Fett und anderen Substanzen, die zum Bild der Arteriosklerose führen. KOMPLEX DER STOFFWECHSELSTÖRUNGEN
Der Diabetes als Teil einer komplexen Stofiwechselstörung
Metabol/sch-endokrines Ursachen
Im Rahmen dieser Zusammenhänge ist man in den letzten Jahren zu einer Betrachtungsweise gelangt, die den übergewichtigen Erwachsenendiabetes nicht isoliert als eine Kohlenhydratstoffwechselstörung auffaßt, sondern ihn im Rahmen einer komplexen Stoffwechselstörung, dem sog. „metabolischen Syndrom' : steht. Bei dieser komplexen Stoffwechselstörung stehen manchmal der Diabetes, das andere Mal die Übergewichtigkeit und die Hyperlipoprotein-
Glukosetoleranz
j
Inselzellen diab. Prädisposition Hypersensitivität
Beziehung
zwischen
eingeschn Leistungsreserve
Fettsucht
und Diabetes
-
Hyperalimentation
—
Bewegungsarmut
—
-
Stress
und
Fehladaptation
Konstitution hereditäre bzw. hypothalamische
Apoplexie Herzinfarkt
—
Gangrän
—
diabetisches
Koma
erworbene Faktoren
A b b . 2. D a s metabolische S y n d r o m
Darum ist es wichtig, den Diabetes auch aus differentialtherapeutischer Sicht nicht isoliert zu betrachten (Abbildung 2). Daraus ist zu erkennen, daß bei der Entstehung des metabolischen Syndroms die Übergewichtigkeit, Blutfetterhöhungen und die Störung der Kohlenhydrattoleranz bis zu einem manifesten Diabetes die wichtigste Rolle spielen. Das Insulin als das einzige fettaufbauende und blutzuckersenkende Hormon ist bei der Entwicklung dieser Zustände von ausschlaggebender Bedeutung. Vorbeugen durch richtige Ernährung
mellitus
A b b . 1. Beziehungen zwischen F e t t s u c h t u n d Diabetes mellitus (aus: Ditschuneit, 1971)
176
Katastrophe
-
Syndrom
Wir müssen uns daher bei der Behandlung des übergewichtigen Diabetikers vom Erwachsenentyp sowie zur Vorbeugung der Entwicklung von Komplikationen im Herz-Kreislauf-System von der Erkenntnis der Notwendigkeit einer primären Prävention Ernährungsforschung H e f t 0 • 1975 • Bd. 20
Tabelle 1 Kalorienbedarf der E r w a c h s e n e n in Abhängigkeit von K ö r p e r g e w i c h t u n d körperlicher Tätigkeit Körpergewicht
Untergewicht ( < 2 0 % des Idealgewichts) Idealgewicht Übergewicht ( > 2 0 % des Idealgewichts)
Kalorien pro kg u n d Tag schwere mäßige Arbeit Arbeit
sitzende Arbeit
Bettruhe
45 — 50 40
40 35
35 30
20 — 25 15-20
35
30
15 — 20
15
leiten lassen, die — als Schlußfolgerung aus dem bisher Gesagten — in einer konsequenten diätetischen und muskelaktivierenden Therapie besteht. Wir müssen uns — so konkret wie möglich — mit der Berechnung des Kalorienbedarfs beschäftigen, d. h. uns genau vor Augen führen, welcher Bedarf individuell für jeden Patienten besteht. Der ungefähre Kalorienbedarf pro Kilogramm Körpergewicht und Tag ist in Abhängigkeit vom Körpergewicht und körperlicher Tätigkeit zu berechnen (Tabelle 1). Auf der Basis der bewußten Einhaltung der dem wirklichen Bedarf entsprechenden Kalorienzufuhr sollte auch die Zusammensetzung der Nahrung berücksichtigt werden, weil sie eine nicht unbedeutende Rolle bei der Entstehung der Adipositas und des Diabetes spielen kann. Kohlenhydrate stimulieren besonders stark die Insulinsekretion und wirken auf diese Weise lipogen, d. h. fettaufbauend. I n Abbildung 3 ist die Bedeutung der isokalorischen, aber hinsichtlich der Kohlenhydrate unterschiedlich zusammengesetzten Nahrung auf die Insulinspiegel gezeigt. Bei Übergewichtigen müßte man demzufolge kohlenhydratreiche Ernährung vermeiden. Dies gilt ganz besonders für Zucker, der die Insulinsekretion besonders stark stimuliert. Fettreiche Ernährung hemmt im Gegensatz zu Kohlenhydraten die Insulinwirkung in den peripheren Organen, wie zahlreiche Untersuchungen älterer und jüngerer Zeit nachweisen konnten. Durch die Hemmung der Insulinwirkung wird sekundär ein Mehrbedarf an Insulin und somit auch ein gewisser Hyperinsulinismus erzeugt. Kohlenhydrat- und fettreiche Ernährung, d. h. unsere übliche Kost, fördert also besonders stark die Entstehung der Übergewichtigkeit und belastet ausgesprochen stark das insulinproduzierende Organ, einerseits durch Stimulierung der Insulin Sekretion und Förderung der Lipogenese, andererseits durch Verminderung der Insulinwirkung in der Peripherie und dadurch bedingten Abforderung weiterer Insulinmengen zur Erreichung des erforderlichen Stoff Wechseleffektes nach Nahrungsaufnahme. Ernährungsforschung H e f t 0 • 1973 • Bd. 20
Für Übergewichtige gilt es also, fett- und kohlenhydratreiche Kost zu vermeiden und sich dementsprechend möglichst eiweißreich zu ernähren! Die Bedeutung einer eiweißreichen Kost für die Vermeidung bzw. Behandlung der Übergewichtigkeit wird auch durch die neueren Untersuchungen über die hormonale Regulation der Stoffwechselvorgänge untermauert. Es wurde gefunden, daß die Pankreashormone Insulin (aus den B-Zellen) und Glukagon (aus den A-Zellen) sowie ihr Mengenverhältnis von wesentlicher Bedeutung für die Richtung des Stoffwechsels sind. Während Insulin das aufbauende oder anabole Hormon ist, ist Glukagon in dieser Beziehung der Gegenspieler des Insulins. Eiweiß bzw. seine Grundbausteine, die Aminosäuren, stimulieren die Glukagonsekretion aus den A-Zellen und führen somit zu einem katabolen, d. h. fett- und eiweißabbauenden Zustand, wenn wenig Kohlenhydrate und viel Eiweiß verabreicht werden. Dies ist ein ganz allgemeines Prinzip in der Stoffwechselregulation des Organismus, dem wir uns auch mit unseren diätetischen Maßnahmen anpassen müssen! Die Nährstoffrelationen bei Diabetikern, Patienten mit Hyperlipoproteinämie, Übergewichtigkeit sollten daher im Rahmen einer Stoffwechsel-Grunddiät wie folgt eingehalten werden: etwa 45 kcal% Kohlenhydrate etwa 35 kcal% Fett etwa 20 kcal% Eiweiß. Dabei ist unbedingt zu berücksichtigen, daß die Gesamtkalorienmenge dem wirklichen Bedarf angepaßt ist und daß Fette, die reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (pflanzliche Öle, Cama-Margarine) sind, bevorzugt verabreicht werden. Hinzugefügt werden muß jedoch, daß optimalgewichtige Diabetiker ohne Hyperlipoproteinämie auch eine kohlenhydratreichere Kost (50 bis 60 ltcal%) zu sich nehmen dürfen. Im Rahmen einer Reduktionskost werden folgende Kostformen als vorübergehende Maßnahmen empfohIsokalorische Kost:
ad libitum
Kohlenhydrat- Kohlenhydratarm reich
PlasmaInsulin pE/ml 50-
Basaler 0 Blutglukosespieget
1 95
;
'T '
f
3
4 82
1
1
1
6
7 95
i
mg/100 ml
A b b . 3. Insulinblutspiegel in A b h ä n g i g k e i t v o m K o h l e n h y d r a t a n t e i l in der N a h r u n g
177
len, die unbedingt nur nach Beratung durch den behandelnden Arzt angewendet werden sollen: Reduktionskost I: 600 ± 50 kcal/Tag 30 g Kohlenhydrate entsprechend 20 kcal% 20 g Fett entsprechend 30 kcal% 50 g Eiweiß entsprechend 50 kcal% Reduktionskost II: 1200 ± 50 kcal/Tag 100 g Kohlenhydrate entsprechend 33 kcal% 45 g Fett entsprechend 33 kcal% 100 g Eiweiß entsprechend 33 kcal% Reduktionskost III: 1500 ± 50 kcal/Tag 125 g Kohlenhydrate entsprechend 33 kcal% 55 g Fett entsprechend 33 kcal% 125 g Eiweiß entsprechend 33 kcal% Die angegebenen Kostformen vermeiden die beim totalen Fasten und auch Saft-Fasten entstehende katabole Situation mit Eiweißabbau und sind auch subjektiv besser verträglich als das Fasten. Welche der drei empfohlenen Kostformen benutzt wird, ist von verschiedenen Faktoren (Alter, Körpergewicht, allgemeiner Gesundheitszustand) abhängig und muß vom Arzt festgelegt werden. Die aufgeführten Reduktionsdiäten sowie die Stoffwechsel-Grunddiät dienen nicht nur der Behandlung der Übergewichtigkeit und des Diabetes, sondern auch der Hyperlipoproteinämie. Bei bestimmten Formen der Erkrankung müssen u. U. die Kostformen (nach Absprache mit dem behandelnden Arzt) abgeändert werden..
flußt und dadurch einen Schonungseffekt auf das insulinproduzierende Organ ausübt. • Durch Muskelarbeit kann der Hyperinsulinismus bei Fettsüchtigen reduziert werden, d. h. die Insulinwirkung wird in der Muskulatur und im Fettgewebe verstärkt. Dies bedeutet, daß durch das Muskeltraining eine kausale Behandlung des „metabolischen Syndroms" erfolgen kann. • Bei der Muskelarbeit werden Bestandteile des Fettes verstoffwechselt, weil für die Energieversorgung der Muskulatur sowohl Kohlenhydrate als auch Fettsäuren verwendet werden. Es entsteht ein günstiger Effekt auf die Mobilisation der Fettdepots. Alle die genannten günstigen Stoffwechseleffekte der Muskelarbeit werden sowohl bei akuten und kurzen Arbeitsbelastungen als auch besonders deutlich bei trainierten Personen beobachtet. Deshalb ist ein guter Trainingszustand der Muskulatur (Muskelkonditionierung) ein wichtiges Ziel bei der Therapie des Diabetikers und darüber hinaus des übergewichtigen Menschen, der im Rahmen des metabolischen Syndroms alle die oben aufgeführten Gefahren in sich trägt. Durch Diät und Muskelarbeit erreichen wir also auf physiologischem Wege einen biochemischen Eingriff, der zu dem anzustrebenden Ziel unserer Behandlung des übergewichtigen Typs des Diabetikers f ü h r t : Zur Verminderung des Insulinbedarfs und dadurch zur Schonung des Pankreas, außerdem zur Prävention der Entstehung des metabolischen Syndroms und damit der Arteriosklerose. Allerdings ist es notwendig, daß diese Maßnahmen relativ frühzeitig, d.h. schon vor dem 40. Lebensjahr, einsetzen.
Vorbeugen durch körperliche Betätigung Neben der Ernährung spielt die physische Betätigung zur Vermeidung der Übergewichtigkeit, der Hyperlipoproteinämie und des Diabetes sowie in der Behandlung des Diabetes und damit bei der primären und sekundären Prävention der Herz- und Kreislaufstörungen eine entscheidende Rolle. Dabei müssen wir folgende Gesichtspunkte der Bewegungstherapie beachten: • Die psychische Wirkung eines trainierten und leistungsfähigen Organismus. Stärkung des Muskelorgans wirkt sich stimulierend auf die Persönlichkeit und ihre geistige Leistungsfähigkeit aus, • Durch Muskelarbeit kommt es zur vermehrten Durchblutung jeder einzelnen Muskelfaser, die eine optimale Sauerstoffversorgung gewährleistet und die Voraussetzung für einen optimalen Ablauf von Stoffwechselvorgängen in diesem massenmäßig wichtigsten Stoffwechselorgan des Körpers ist. • Bei Muskelarbeit entsteht ein insulinpotenzierender Effekt, der die Blutzuckerlage günstig beein178
Weitere Ursachen für die Entstehung des Diabetes Psychonervale Belastungen, insbesondere langfristige Reizüberflutungen, sind auch für die Entstehung des Diabetes bzw. von Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels und von Fettstoffwechselstörungen von erheblicher Bedeutung, wie dies vor allen Dingen durch die Untersuchungen der Arbeitsgruppe um Baumann 1972 gezeigt wurde. Nach Untersuchungen dieser Arbeitsgruppe führen zentralnervöse Mechanismen auf zwei hier nicht näher zu erörternden Wegen zur Störung des Fettstoffwechsels und zur verstärkten und verlängerten Insulinsekretion. Auf der Ebene der im Rahmen der Reizüberflutung psychonerval ausgelösten Stoffwechselveränderungen sind vermutlich Anknüpfungspunkte und gegenseitige Potenzierungen zwischen stressbedingten metabolischendokrinen Störungen und solchen zu sehen, die durch Bewegungsarmut und Überernährung zustande kommen. Ernährungsforschung H e f t 6 • 1975 • Bd. 20
Zusammenfassung Die Darstellungen sollten zeigen, daß die Ernährungswissenschaft und die Medizin bereits eine Fülle von praxisrelevanten Erkenntnissen gewonnen haben, die bei Überführung in die Praxis eine nahezu kausale Behandlung der Faktoren gestatten, die in der Manifestation des Diabetes mellitus eine wesentliche Rolle speien. Auf der Basis dieser Erkenntnisse sollten alle für die Gestaltung der Umwelt Verantwortlichen sowie jeder Bürger in Selbstverantwortung für seine Gesundheit und im Bewußtsein der Verantwortung für die Leistungen der Gesellschaft ständig versuchen, die Umwelt und die Lebensweise so zu gestalten, daß die Entwicklung des metabolischen Syndroms, der so häufigen Hyperlipoproteinämie und des an Häufig-
Ernährungsforschung Heft 6 • 1975 • Bd. 20
keit zunehmendenDiabetes mellitus sowie der Arteriosklerose vermieden bzw. aufgehalten werden. Literaturhinweise Baumann, R . : Ber. Ges. Inn. Med. 3, (1972) 191. Bruns, W.: Dtsch. Ges.wesen 29, (1974) 2281. Bruns, W.: Z. ärztl. Fortbild. 69, (1975) 74. Ditschuneit, H.: Vortrag, Kolloquium Verb. diät. Lebensmittelindustrie 1971, S. 49. Pose, G., Möhr, M., Ketz, H.-A.: Die Nahrung 13, (1969) 721 Vetter, K . : Dtsch. Ges.wesen 28, (1973) 1109. Dr. sc. med. W. Bruns Zentralinstitut für Diabetes „Gerhardt Katsch" Karlsburg
179
Ernährungspraxis
Die perspektivischen Aufgaben auf dem Gebiet der Diätetik K . Vetter Die A u f g a b e n der D i ä t e t i k liegen h e u t e u n d i n Zuk u n f t in der P r o p h y l a x e u n d T h e r a p i e e r n ä h r u n g s b e d i n g t e r sowie e r n ä h r u n g s a b h ä n g i g e r E r k r a n k u n gen. Ü b e r die A r t der E r n ä h r u n g s a b h ä n g i g k e i t orient i e r t Tabelle 1. J e n a c h d e n gesellschaftlichen u n d w i r t s c h a f t l i c h e n B e d i n g u n g e n der einzelnen S t a a t e n ergeben sich u n t e r schiedliche S c h w e r p u n k t e . So f i n d e n wir in n o c h wenig e n t w i c k e l t e n L ä n d e r n ü b e r w i e g e n d die Mangele r n ä h r u n g u n d ihre F o l g e z u s t ä n d e , in h o c h i n d u s t r i alisierten L ä n d e r n dagegen die Ü b e r e r n ä h r u n g
hängig v o n ä u ß e r e n E i n f l ü s s e n , d a s V o r k o m m e n u n d die H ä u f u n g b e s t i m m t e r E r k r a n k u n g e n , was a u s den Morbidität«- u n d M o r t a l i t ä t s s t a t i s t i k e n der verschiedenen Länder hervorgeht. Welche P r o b l e m e h a u p t s ä c h l i c h i m H i n b l i c k auf die P r o p h y l a x e in u n s e r e m L a n d e a n s t e h e n , w i r d dad u r c h deutlich, d a ß wir m i t f a s t 2 5 % S t e r b e f ä l l e n a n nur 4 ernährungsbeeinflußbaren Erkrankungen, nämlich Coronarsklerose (15,5%), Cerebralsklerose (3,5%), D i a b e t e s mellitus (2,5%) u n d Lebercirrhose (2,1%) rechnen müssen.
und
die Ü b e r e r n ä h r u n g s f o l g e n . A u ß e r d e m wechselt, a b Tabelle 1
1. Das Stoffwechselsyndrom
Ernährungsabhängigkeit von E r k r a n k u n g e n Erkrankungen
Ernährungseineinfluß
a) ernährungsbedingt: Mangel-Ernährung; ätiologisch Über-Ernährimg; Fehl-Ernährung b) u n m i t t e l b a r ernährungsabhängig : ernährungsbeeinflußbare Enzymopathien; Nahrungsmittel allergien c) mittelbar ernährungsabhängig : Stoffwechsel-, Organ- u n d Systemerkrankungen; postoperativ ernährungsbeein flußbare Traumatisierungen d) keine E r n ä h rungsbeeinflußbarkeit: Erkrankungen u n d Schädigungen ohne Diätbedürftigkeit 180
Ernährungstherapie
Optimierung der Nahrungszufuhr
pathogenetisch
Ausschaltung nicht tolerierter N ä h r s t o f f e bzw. Nahrungsmittel
symptomatisch
Anpassung der Nahrungszufuhr an die E r k r a n kung bei Schädigung
reproduktiv
Normalkost
B e d e u t u n g s v o l l f ü r die E r n ä h r u n g der D D R - B e v ö l k e r u n g h e u t e u n d in d e n k o m m e n d e n J a h r e n sind die Risikofaktoren: Überernährung, Kohlenhydrat-Toleranzstörung, Hyperurikämie, Leberverfettung, Hyperlipoproteinämie und Hypertonie mit ihren entsprechenden manifesten Erkrankungen: F e t t s u c h t , D i a b e t e s mellitus, Gicht, F e t t l e b e r u n d Arteriosklerose. W e n n a u c h d a s „ S t o f f w e c h s e l s y n d r o m " n i c h t allein e r n ä h r u n g s b e d i n g t ist, so t r a g e n E r n ä h r u n g s f a k t o r e n doch wesentlich zur E n t w i c k l u n g der R i s i k o f a k t o r e n u n d der m a n i f e s t e n E r k r a n k u n g e n bei. F ü r d a s A u f t r e t e n der R i s i k o f a k t o r e n k o m m e n i n erster Linie a n l a g e b e d i n g t e F a k t o r e n in B e t r a c h t , die u n t e r vorwiegend ä u ß e r e n B e d i n g u n g e n zur manifesten Störung führen können.
Überernährung — Fettsucht Angesichts der H ä u f i g k e i t ihres V o r k o m m e n s stellt die menschliche Ü b e r e r n ä h r u n g u n d F e t t s u c h t einen S c h w e r p u n k t d a r . H i e r h a b e n die F o r s c h u n g e n der letzten J a h r e wesentliche F o r t s c h r i t t e g e b r a c h t , die K o n s e q u e n z e n f ü r die P r a x i s h a b e n . W i r u n t e r s c h e i d e n n a c h B j ö r n t o r p zwei H a u p t f o r m e n der F e t t s u c h t : die H y p e r t r o p h i e - F e t t s u c h t u n d die H y p e r p l a s i e - F e t t s u c h t . Die Hypertrophie-Fettsucht b a s i e r t auf einer Z u n a h m e der F e t t z e l l g r ö ß e . I h r Schweregrad wird d u r c h die Ernährungsforschung Heft 6 • 1975 • Bd. 20
mögliche F e t t z e l l v e r g r ö ß e r u n g der einzelnen F e t t z e l l e limitiert, so d a ß eine V e r m e h r u n g des G e s a m t k ö r p e r f e t t a n t e i l s ü b e r e t w a 40 kg k a u m möglich ist. Diese F o r m der F e t t s u c h t b e g i n n t meist i m E r w a c h s e n e n alter u n d ist m i t S t ö r u n g e n des K o h l e n h y d r a t - u n d F e t t s t o f f w e c h e l s korreliert. Die endogene Insulinsekretion ist obligat gesteigert. Die S e r u m - T r i g l y z e r i d w e r t e zeigen eine K o r r e l a t i o n z u m e r h ö h t e n S e r u m - I n s u l i n u n d s t e h e n wahrscheinlich i n d i r e k t m i t der F e t t z e l l g r ö ß e in Beziehung. S t o f f w e c h s e l u n t e r s u c h u n g e n d e u t e n d a r a u f hin, d a ß die F e t t z e l l v e r g r ö ß e r u n g bei der H y p e r t r o p h i e - F e t t s u c h t eine s e k u n d ä r e Folge der e n d o g e n e n H y p e r i n s u l i n ä m i e ist. D a s A u s m a ß der endogenen H y p e r i n s u l i n ä m i e wird v o m a l i m e n t ä r e n K o h l e n h y d r a t a n t e i l der N a h r u n g e n t s c h e i d e n d m i t b e s t i m m t . Die I m b a l a n c e zwischen G l u k o s e a u f n a h m e u n d Glukosea b g a b e ist d e s h a l b hier der e n t s c h e i d e n d e F a k t o r f ü r die E r n ä h r u n g s b e h a n d l u n g , d. h. die K o h l e n h y d r a t z u f u h r m u ß n e b e n der K a l o r i e n z u f u h r e i n g e s c h r ä n k t werden.
ist, wird der i m s p ä t e r e n L e b e n s a l t e r m a n i f e s t werdende sogenannte Altersdiabetes maßgeblich durch U m w e l t f a k t o r e n , in e r s t e r Linie d u r c h die Ü b e r e r n ä h r u n g , b e e i n f l u ß t . Dieser D i a b e t e s t y p stellt d a s Gros der D i a b e t i k e r d a r . C h a r a k t e r i s t i s c h f ü r diesen D i a b e t e s t y p ist die p e r i p h e r e I n s u l i n r e s i s t e n z u n d der d a d u r c h ausgelöste a d a p t i v e H y p e r i n s u l i n i s m u s , der z u n ä c h s t zu einer K o h l e n h y d r a t t o l e r a n z s t ö r u n g , s p ä t e r z u r E r s c h ö p f u n g des I n s e l o r g a n s f ü h r e n kann.
Die Hyperplasie-Fettsucht ist d u r c h eine V e r m e h r u n g der F e t t z e l l z a h l c h a r a k t e r i s i e r t . Diese F e t t s u c h t s f o r m , die sich d u r c h i h r e n Schweregrad auszeichnet, b e g i n n t m e i s t bereits i m K i n d e s a l t e r . Sie ist n i c h t u n b e d i n g t m i t S t ö r u n g e n des K o h l e n h y d r a t - u n d F e t t s t o f f w e c h s e l s k o r r e l i e r t . E i n e r speziellen E r n ä h r u n g s b e h a n d l u n g m i t V e r s c h i e b u n g der H a u p t n ä h r s t o f f r e l a t i o n e n ist sie weniger zugänglich als die H y p e r t r o p h i e - F e t t s u c h t . Bei ihr ist allein die kalorische R e s t r i k t i o n e n t s c h e i d e n d . E s soll hier n i c h t verschwiegen werden, d a ß die v o r liegenden n e u e n Ergebnisse n o c h weiterer A b k l ä r u n g b e d ü r f e n u n d d a ß M i s c h t y p e n zwischen beiden F o r m e n der F e t t s u c h t h ä u f i g sind.
2. v e r m i n d e r t e renale H a r n s ä u r e a u s s c h e i d u n g u n d
U n a b h ä n g i g v o n d e r A r t der F e t t s u c h t spielt f ü r ihre E n t w i c k l u n g u n d B e e i n f l u s s u n g die Energiebilanz eine e n t s c h e i d e n d e Rolle. Sie ist in allen i n d u strialisierten L ä n d e r n p o s i t i v geworden, w o r a u f allein schon der steigende P r o - K o p f - V e r b r a u c h der Bevölk e r u n g a n energiereichen N a h r u n g s m i t t e l n h i n w e i s t . F a k t o r e n , die die "Überernährung wesentlich beeinf l u s s e n , zeigt Tabelle 2.
Kohlenhydrattoleranzstörung — Diabetes mellitus D e r D i a b e t e s mellitus g e h ö r t zu d e n E r k r a n k u n g e n , d e r e n H ä u f i g k e i t in d e n h o c h i n d u s t r i a l i s i e r t e n L ä n d e r n m i t w a c h s e n d e m L e b e n s s t a n d a r d n a c h wie vor i m A n s t e i g e n b e g r i f f e n ist. I n der D D R sind zur Zeit f a s t 4 0 0 0 0 0 Z u c k e r k r a n k e e r f a ß t . Die Zahl der n i c h t e r f a ß t e n D i a b e t i k e r wird ebenso hoch e i n g e s c h ä t z t . Die U r s a c h e dieser K o h l e n h y d r a t s t o f f w e c h s e l s t ö r u n g ist k o m p l e x e r A r t u n d stellt eine e n d o k r i n e R e g u l a t i o n s s t ö r u n g d a r , die d u r c h einen a b s o l u t e n oder r e l a t i v e n Mangel a n I n s u l i n u n d ein Ü b e r w i e g e n horm o n a l e r I n s u l i n a n t a g o n i s t e n g e k e n n z e i c h n e t ist. W ä h r e n d der i m j u g e n d l i c h e n A l t e r sich manifestier e n d e D i a b e t e s m i t g r o ß e r W a h r s c h e i n l i c h k e i t erblich Ernährungsiorseliung lieft 0 • 1075 • Bd. 20
Hyperurikämie — Gicht Seit d e m klassischen A l t e r t u m z ä h l t die G i c h t zu d e n t y p i s c h e n K r a n k h e i t e n des W o h l s t a n d e s . W i r u n t e r scheiden zwischen zwei F o r m e n , einer p r i m ä r e n u n d einer s e k u n d ä r e n Gicht. Bei der primären Gicht w e r d e n drei E n t s t e h u n g s mechanismen diskutiert: 1. v e r m i n d e r t e r H a r n s ä u r e a b b a u , 3. v e r s t ä r k t e H a r n s ä u r e b i l d u n g stoffwechsel.
im
Intermediär-
Die K r a n k h e i t ist d o m i n a n t vererblich u n d scheint, wie viele E r b k r a n k h e i t e n , n i c h t n u r auf einem einzelnen D e f e k t zu b e r u h e n , d a h ä u f i g gleichzeitig Veränderungen im Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel vorliegen. Die sekundäre Gicht stellt i m G e g e n s a t z d a z u eine K o m p l i k a t i o n a n d e r e r K r a n k h e i t e n d a r , die m i t e i n e m v e r m e h r t e n Auf- u n d A b b a u v o n N u k l e o p r o t e i d e n oder m i t v e r m i n d e r t e r r e n a l e r H a r n s ä u r e a u s s c h e i d u n g einhergehen. C h a r a k t e r i s t i s c h h i e r f ü r sind chronische B l u t k r a n k h e i t e n u n d chronische Nierenerkrankungen. Auf die M a n i f e s t a t i o n der Gicht n i m m t ebenfalls die Ü b e r e r n ä h r u n g einen e n t s c h e i d e n d e n E i n f l u ß . N a c h u n s e r e n eigenen U n t e r s u c h u n g e n a n Adipösen f a n d e n wir bei diesen eine H y p e r u r i k ä m i e in e t w a 3 5 % d e r Tabelle 2 Wesentliche exogene F a k t o r e n zur Entwicklung der Überernährung Früher: Energiezufuhr = Energie abgabe
Heute : Energiezufuhr > Energie abgabe
Nahrungsmittelangebot diskontinuierlich Verzehr von wenig kalorienreichen Nahrungsmitteln Körperliche Arbeit im Vordergrund Nahrungsmittelangebot kontinuierlich Verzehr von viel kalorienreichen N a h r u n g s m i t t e l n Körperliche Arbeit im Hintergrund W e r b u n g f ü r Nahrungsmittel 181
Fälle, während bei der Durchschnittsbevölkerung eine Hyperurikämie nur in 4,5 bis 12% zu finden ist. Das Risiko zur Manifestation der Gicht steigt mit dem Grad der Hyperurikämie. Liegt der Harnsäuregehalt im Serum zwischen 7 und 7,9 mg/100 ml, erkranken 11,8% an Gicht, liegt der Spiegel über 8 mg/100 ml, manifestiert sich das Leiden in 36%, u n d bei Konzentrationen über 9 mg/100 ml ist die Manifestation praktisch in allen Fällen sicher. Leberveriettung — Fettleber Jedes Überangebot an Nahrung k a n n im Organismus lediglich in F o r m von F e t t gespeichert werden. Der U m b a u überschüssigen Fettes belastet d a m i t die Leber als zentrales Stoffwechselorgan. Sie reagiert beim Übergewichtigen deshalb mit einer abnormen Fettspeicherung. Der Verfettungsgrad der Leber steigt in enger Beziehung zum Körpergewicht an. Eine gesteigerte Neutralfettproduktion in der Leber wird ebenfalls beim Diabetes und bei Gicht beobachtet, die mit einer Hypertriglyzeridämie einhergehen. Ursächlich kommen dafür die kalorische Überernährung und Störungen im Kohlenhydratstoffwechsel in Betracht. Hyperlipoproteinämie — Hypertonie — Arteriosklerose Unter Hyperlipoproleinämien verstehen wir Stoffwechselstörungen, die erhöhte Blutfettwerte aufweisen. Sie treten als primäre u n d als sekundäre Formen auf. Die Ätiologie der primären Formen ist unbek a n n t , die der sekundären Folge anderer Stoffwechselstörungen, wie Diabetes mellitus, Gicht, Adipositas. Wenn auch eine einwandfreie Trennung der primären und sekundären Arten nicht immer möglich ist, so sprechen sie doch zum überwiegenden Teil auf Ernährungsänderungen an, wie Kalorienreduktion, Reduktion der Fett-, Kohlenhydrat- oder Cholesterinzufuhr. Die Hyperlipoproteinämien, von denen wir derzeit fünf Typen abgrenzen können, f ü h r e n geh ä u f t zum A u f t r e t e n einer vorzeitigen Arteriosklerose u n d insbesondere zur Coronarsklerose. Deshalb sind wir bestrebt, den Spiegel der Blutfette so niedrig wie möglich zu halten. Gleichfalls ein erhöhtes Risiko f ü r das vorzeitige Auft r e t e n arteriosklerotischer Gefäßerkrankungen stellt die Hypertonie dar. E s besteht heute kein Zweifel mehr, daß die Veranlagung zu primärer Hypertonie erblich ist. Der Zeitpunkt jedoch, zu dem der Bluthochdruck a u f t r i t t , h ä n g t weitgehend von exogenen F a k t o r e n ab. D a r u n t e r f i n d e t sich auch die Überernährung, wobei die Art der Kalorien zweitrangig ist, entscheidend ist die Gesamtkalorienzufuhr. Darüber hinaus h a t ein hoher Kochsalzverbrauch einen eindeutig negativen Einfluß. 182
Wenn auch die E n t s t e h u n g der Arteriosklerose heute noch nicht abgeklärt ist u n d eine multifaktorielle Genese anzunehmen ist, worauf regionale u n d graduelle Besonderheiten hinweisen, so f ü h r t sie pathologisch-anatomisch doch immer zu gleichen Befunden. Am Beginn stehen Veränderungen der Gefäßwand der Arterien, zunächst der I n t i m a , nachfolgend wird die Media befallen und schließlich wird die Gefäßlichtung eingeengt, wobei die W a n d der Arterie verhärtet. Die Folge ist eine verschlechterte Blut Versorgung der Organe, die bis zur Nekrosenbildung f ü h r e n kann. Am meisten bedroht sind Herz, H i r n u n d Extremit ä t e n . Gesicherte Risikofaktoren f ü r die vorzeitige Arteriosklerose stellen alle vorher genannten ernährungsabhängigen Störungen dar. D a m i t stellt die frühzeitige Erkennung, Prophylaxe u n d Behandlung der unter dem Begriff „Stoffwechselsyndrom" zusammengefaßten St örungen einen entscheidenden F a k tor zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit und zur Erreichung des Alters in Gesundheit dar.
Ernährungsbehandlung des Stoffwechselsyndroms Es ist die Frage zu stellen, was seitens der E r n ä h r u n g getan werden kann, u m der Entwicklung von Fehlernährungsfolgen vorzubeugen bzw. sie zu korrigieren. I n Tabelle 3 sind alle bedeutsamen Nahrungsfaktoren zusammengefaßt, die zur Entwicklung des „Stoffwechselsyndroms" beitragen, wenn sie regelmäßig in größerer Menge verzehrt werden. Die wichtigsten Kriterien zur K o r r e k t u r an der Allgemeinernährung zeigt Tabelle 4. Nahrungsmittel, die dieser Forderung entsprechen, sind: — — — — — —
polyensäurereiche F e t t e und Öle Magermilchprodukte f e t t a r m e r Käse fettarme Wurst kalorienreduzierte Nahrungsmittel Diabetikernahrungsmittel.
Bei kalorienreduzierten Nahrungsmitteln ist zunächst auf eine effektive, d. h. ausreichende Kalorienreduktion zu achten. F ü r die D D R wurden vom Ministerium f ü r Gesundheitswesen f ü r folgende Lebensmittelgruppen nachstehende kalorische Reduktionssätze festgelegt: Streichfette Majonäsenerzeugnisse Fleisch u n d Wurstwaren alkoholfreie Erfrischungsgetränke Marmeladen und K o n f i t ü r e n Brot übrige Lebensmittel
40% 50% 25% 50% 30% 10% 20%
Weiterhin müssen die P r o d u k t e mit dem ursprünglichen P r o d u k t vergleichbar sein hinsichtlich Geschmack, Aussehen, F o r m u n d Konsistenz. Die essentiellen Nährstoffe sollen gegenüber dem ursprüngErnährungsforecliuiig Heft 6 • 1975 • Bd. 20
Tabelle 3 Bedeutsame Nahrungsfaktoren des „Stoffwechselsyndroms" N ahrungsmittel
erkrankungs fördernder Nahrungsfaktor
Kolilenhydrathaltig
Monosaccharide Disaccharide (reine Stärke)
Fett-haltig
gesättigte F e t t säuren Cholesterin
Eiweiß-haltig
(Purine)
Alkohol-haltig Mineralstoffhaltig
Erkrankung
Adipositas Diabetes Gicht Fettleber Arteriosklerose
„leere K a l o r i e n " Kochsalz
liehen Produkt nicht vermindert sein, und gesundheitsbedenkliche Füllstoffe dürfen nicht verwendet werden. Diabetikerlebensmittel stehen uns dank der intensiven Arbeit des Warenzeichenverbandes „Diätetische Erzeugnisse" seit Jahren zur Verfügung. Bei einer Weiterentwicklung der Produkte ist in erster Linie an die Verwendung neuer Zuckeraustauschstoffe und an die Geschmacksverbesserung vorhandener Produkte zu denken.
2. Die Obstipation Eine verbreitete und im Zunehmen begriffene Darmerkrankung ist die chronische Obstipation (Verstopfung), ein Leiden, dessen Ursachen im wesentlichen in Ernährungsfehlern, psychischen Belastungen, Unterdrückung des Defäkationsreizes und in der Einnahme bestimmter Pharmaka liegen. Für ihre Behandlung kommen in erster Linie ballaststoffhaltige Nahrungsmittel in Betracht. Daneben sollte auf körperliche Bewegung und eine Entflechtung von Konfliktsituationen geachtet werden. Um genügend Ballaststoffe bei der heute üblichen Zufuhr von überwiegend verfeinerten gerüststoffarmen Nahrungsmitteln zuführen zu können, ist die Herstellung ballaststoffangereicherter Getreidenahrungen, insbesondere aber ballaststoffreicher Brote, anzustreben.
3. Das Malassimilationssyndrom Während die Risikofaktoren und die manifesten Erkrankungen des „Stoffwechselsyndroms" sowie die chronische Obstipation einen weiten Bevölkerungskreis betreffen und deshalb die Ernährungsprophylaxe hier von besonderer Bedeutung ist, bedürfen bestimmte Enzymopathien oder Organleiden, die nur kleinere Gruppen umfassen, einer gezielten diätetiErnährungsforschung Heft 6 • 1975 • Bd. 20
schen Behandlung. Hierbei hängt oftmals die Überlebenschance direkt von der Einhaltung der Diät ab. Es soll deshalb nicht nach der Häufigkeit solcher Erkrankungen im Rahmen der Gesamtmorbidität gefragt werden, sondern nach der Möglichkeit ihrer gezielten diätetischen Beeinflußbarkeit unter Einsatz spezieller Nahrungsmittel, die hier teilweise den Charakter eines Medikaments tragen. Bei den Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes können solche gezielt diätetisch beeinflußt werden, die mit einer Steatorrhoe, d. h. mit vermehrter Fettausscheidung, einhergehen. Zusammengefaßt werden diese Erkrankungen unter dem Begriff Malassimilationssyndrom. Das Symptom Steatorrhoe als Ausdruck einer gestörten Verdauung finden wir nach Magenresektion oder Ciastrektomie mit Fortfall der Pylorusfunktion. Durch beschleunigte Dünndarmpassage wird die Kontaktzeit des Speisebreis mit dem Resorptionsorgan verkürzt, die Enterohormone des Duodenums, Sekretin und Pankreozymin, stimulieren die Bauchspeicheldrüse nur mangelhaft, und der Gallenfluß wird ebenfalls durch mangelnde Cholecystokininfreisetzung nicht genügend in Gang gebracht. Nach akuter, meist aber bei chronischer Pankreatitis kann sich eine Insuffizienz des exkretorischen Pankreas entwickeln. Die häufigsten Ursachen dafür sind Infekte der Gallenwege und toxische Schädigungen durch Alkoholmißbrauch. Von den Pankreasfermenten macht sich zuerst der Lipasemangel bemerkbar, so daß es relativ früh zu einer unzureichenden Fettverdauung kommt. Akute und fortgeschrittene chronische diffuse Lebererkrankungen können, besonders beim Vorliegen einer intrahepatischen Cholestase, zu einem Mangel an Gallensäuren und damit zu Störungen der Fettverdauung führen. Der extrahepatische Verschluß durch Steine, Strikturen und Tumoren sowie eine Unterbrechung des enterohepatiseben Kreislaufs durch Erkrankung oder Resektion des terminalen Ileums oder durch medikamentöse Blockierung führen ebenfalls zur Steatorrhoe auf dem Boden einer Verdauungsinsuffizienz. Eine gestörte Fettresorption ist die häufige Folge von Erkrankungen des Dünndarmes unterschiedlicher Genese. Die heute im Ansteigen begriffene, in ihrer Ätiologie noch unbekannte Enteritis regionalis (Morbus Crohn), kann sich am gesamten Verdauungstrakt zwischen Ösophagus und Anus manifestieren. Verdickung der Darmwand durch epitheloidzellige Granulome mit Riesenzellen sowie die Neigung der befallenen Darmabschnitte zu Stenosierungen und Fistelbildungen kennzeichnen diese in Schüben verlaufende und zur Malabsorption führende Erkrankung. Die als einheimische Sprue bei Erwachsenen und als Zöliakie bei Kindern bezeichnete Dünndarmerkrankung wird durch Getreideeiweiß aus Weizen, Roggen, Hafer und Gerste ausgelöst. Als Ursache werden ein Peptidasemangel, der zur Anhäufung von Gliadin, 183
Tabelle
4
Notwendige K o r r e k t u r e n an der Allgemeinernährung Verminderung d e r Z u f u h r v o n : Zucker Fett Alkohol Kochsalz B e v o r z u g u n g d e r Z u f u h r von : eiweißhaltigen, f e t t a r m e n P r o d u k t e n ballaststoffhaltigen Kohlenhydraten hochungesättigten Fettsäuren Garantie d e r a u s r e i c h e n d e n Z u f u h r v o n : essentiellen A m i n o s ä u r e n Vitaminen Mineralstoffen
Avenin bzw. H o r d i n and d a m i t zur Schädigung des E n t e r o z y t e n f ü h r t , diskutiert u n d eine Ü b e r e m p f i n d lichkeitsreaktion der D ü n n d a r m s c h l e i m h a u t gegenüber den eben g e n a n n t e n Peptiden. Ausgedehnte Dünndarmresektionen f ü h r e n , trotz einer großen Reservekapazität dieses Organs, häufig zu Steatorrhoe. Auch innere Fistclbildungen, blind endende D a r m a b s c h n i t t e u n d Diinndarmdivertikel gehen mit erhöhter Fettausscheidung einher, wenn der betreffende D a r m a b s c h n i t t v e r m e h r t mit unphysiologischen Keimen besiedelt ist. Diese pathologische Keimbesiedelung f ü h r t zur Freisetzung von Gallensäuren, die in ihrer freien F o r m keine Mizellen mehr bilden können, womit die F e t t a u f n a h m e ges t ö r t wird. Auch das enterale Eiweiß-Verlustsyndrom (exsudative E n t e r o p a t h i e ) , gekennzeichnet durch einen überh ö h t e n Ü b e r t r i t t von Plasmaciweiß in das D a r m lumen bei unterschiedlichen pathologischen W a n d veränderungen des D ü n n d a r m e s (z. B. L y m p h s t a u ungen, entzündliche ulzeröse und tumoröse Sclxleimh a u t v e r ä n d e r u n g e n ) geht häufig mit Fettresorptionsstörungen einher. Bei der A-Beta-Lipoproteinämie, einem seltenen, angeborenen Leiden, fehlt die Fähigkeit, Beta-Lipoproteine zu synthetisieren, so d a ß in den D ü n n d a r m schleimhautzellen keine Chylomikronen gebildet werden können. Es resultiert eine Steatorrhoe. Zur diätetischen Behandlung aller Arten der Steatorrhoe ist die Z u f u h r mittelkettiger Triglyzeride (MKT) erforderlich, da ihr Verdauungs- u n d Resorptionsmechanismus sowie ihr A b t r a n s p o r t grundlegend anders ist als der langkettiger Triglyzeride. E s werden auf diese Weise dem Organismus nicht n u r K a lorien angeboten, sondern auch die A u f n a h m e lebenswichtiger Mineralien, wie Kalzium u n d Eisen, u n d fettlöslicher Vitamine ermöglicht. MKT-haltige Speisefette u n d Speiseöle sind international bereits auf dem Markt, wobei die Speisefette etwa 8 2 % Caprinsäure (C10) u n d 11% Caprylsäure (Ce) sowie zirka 3 % Linolsäure enthalten. Das Speiseöl e n t h ä l t zirka 5 8 % Caprylsäure (C8) u n d zirka 4 0 % Caprinsäure (O]0). 184
Bei der Einschätzung des Bedarfs an MKT-haltigen F e t t e n ist d a r a n zu denken, d a ß auch alle Formen der Hyperlipoproteinämie, insbesondere a b e r die fettinduzierte Hypertriglyzeridämie, einen Anwendungsbereich f ü r diese F e t t e darstellen. Bei b e s t i m m t e n D a r m e r k r a n k u n g e n besteht eine primäre oder sekundäre Unverträglichkeit von Getreideeiweiß aus Weizen, Roggen, H a f e r oder Gerste. I n erster Linie ist dabei die oben bereits erwähnte einheimische Sprue zu nennen, aber auch Zustände nach Magen-Darm-Resektion u n d die Enteritis regionalis. Zur gezielten diätetischen Behandlung s t e h t u n s dabei eine entsprechende klebereiweißfreie Mehlmischung zur Verfügung, die zur Herstellung von B r o t , Gebäck u n d K u c h e n g e n u t z t wird. E s wäre begrüßenswert, wenn f ü r diese Bedarfsträger, deren Zahl allerdings nicht sehr groß ist , a u ß e r dem Mehl auch Brot, Back- u n d Teigwaren a n g e b o t e n werden k ö n n t e n . Das Problem der Milchzuckerunverträglichkeit infolge eines Laktasemangels bei K i n d e r n ist in unserer Republik erfreulicherweise aktiv angegangen worden, so d a ß als Milchnahrung f ü r K i n d e r das laktosefreie Nahrungsmittel „ S o j a v a l " zur Verfügung steht. Eine relativ kleine, aber immer stärker in den Vordergrund t r e t e n d e K r a n k h e i t s g r u p p e ist die der chronischen Niereninsuffizienz mit einem Anstieg stickstoffhaltiger Substanzen im Blut sowie mit Störungen im Elektrolyt-, Säure-Basen- u n d Wasserhaushalt. Nach den grundlegenden Arbeiten von Giovanetti u n d Maggiore, die die B e d e u t u n g einer dem Bilanzm i n i m u m entsprechenden Z u f u h r biologisch hochwertigen Eiweißes erkannten, h a t dieses Diätprinzip auf Grund seiner E f f e k t i v i t ä t Eingang in die diätetische Praxis gefunden. Sinkt die N i e r e n f u n k t i o n u n t e r 10% der normalen Leistung ab, f ü h r e n geringgradige F u n k t i o n s ä n d e r u n gen bereits zu schwerwiegenden Veränderungen im klinischen Zustandsbild u n d zur Verschlechterung der blutchemischen Befunde im Sinne der Urämie. Dieses S t a d i u m im Verlauf der chronischen Niereninsuffizienz stellt die D o m ä n e der streng eiweißarmen Nier e n d i ä t dar. Voraussetzung f ü r die R e d u k t i o n der Eiweißzufuhr auf das Eiweißminimum ist die Z u f u h r von biologisch hochwertigem Eiweiß u n d die Bereitstellung von genügend Kalorien in der Diät, da mit zunehmender Eiweißrestriktion der Kalorienbedarf des Organismus steigt. Probleme ergeben sich in erster Linie daraus, d a ß die f ü r u n s Menschen biologisch weniger wertvollen Getreideeiweiße weitgehend eliminiert werden müssen. An diätetischen Erzeugnissen sind zur D u r c h f ü h r u n g dieser sehr einseitigen Diät neben der streng eiweißarmen Mehlmischung, die von der F i r m a Gutena in Apolda hergestellt wird, fertige P r o d u k t e wie eiweißarmes Brot, eiweißarme Dauerbackwaren, eiweißarme Teigwaren u n d eiweißarme Aufstrichmittel erforderlich. Ernährungsforschung lieft ß • 197J • Bd. 20
Diese streng eiweißarmen Nahrungsmittel kommen ebenso für Patienten mit Leberinsuffizienz in Frage. Zu prüfen ist, ob diese Lebensmittel auf Grund ihrer Eiweißarmut auch f ü r K r a n k e mit Zöliakie bzw. Sprue und f ü r Kinder mit Phenylketonurie eingesetzt werden können. I n letzter Zeit wird international bei Verdauungsund Resorptionsstörungen unterschiedlicher Art in zunehmendem Maße eine streng bilanzierte Ernährung durchgeführt. Ziel der bilanzierten Ernährung ist es, neben der Behandlung der Grundkrankheit Störungen der Verdauung sowie der Resorption soweit wie möglich zu umgehen. Die Forderung, die an die Nahrung gestellt wird, lautet:
renelementen. Diese Nahrungen, ursprünglich f ü r die R a u m f a h r t entwickelt, haben sich im klinischen Einsatz in besonders schweren Fällen bewährt. Abschließend ergeben sich in der Perspektive f ü r die diätetische Prophylaxe folgende Gesichtspunkte:
— leicht verdaulich und gut resorbierbar
— Einsatz von Füllstoffen, Bindemitteln u n d Austauschstoffen, wenn eine Indikation d a f ü r vorliegt
— kalorisch ausreichend — Hauptnährstoffverhältnis (in kcal%): Eiweiß, Fette, Kohlenhydrate wie 2 0 : 3 0 : 5 0 — Deckung des täglichen Bedarfs an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen. Wenn auch eine bilanzierte Ernährungsbehandlung küchentechnisch heute ohne weiteres möglich ist, so werden doch Formeldiäten bevorzugt, da sie den Patienten unabhängig von Ort und Zeit zur Verfügung stehen u n d Unsicherheitsfaktoren in der Nahrungszubereitung und Nahrungszusammensetzung vermieden werden. Solche Fertignahrungen werden im allgemeinen in pulverisierter F o r m in Abpackungen von 100 g m i t einem Kaloriengehalt von 500 kcal angeboten. Sämtliche Vitamine u n d die wichtigsten Mineralstoffe werden dabei substituiert. Als Eiweißträger dieser N a h r u n g dient dabei ein Gemisch aus Eiklar- und Milcheiweiß mit einem Zusatz von Zystin. Die Kohlenhydratkomponente besteht aus Mono-, Oligo- u n d Polysacchariden, die eine gute Kohlenhydratresorption gewährleistet. Der Laktosegehalt bleibt unter 10%, so daß dadurch keine Störungen in F o r m von Diarrhoen zu erwarten sind. Der Fettanteil solcher Nahrungen besteht zu etwa 80 % aus mittelkettigen Triglyzeriden und zu 20% aus Öl mit einem hohen Linolsäureanteil. Die Fertignahrungen können als alleinige Nahrung getrunken oder per Sonde gereicht oder aber anderen Speisen zugesetzt werden. Da diese Nahrung immer noch eine gewisse Verdauungs- und Resorptionsleistung des Intestinaltraktes voraussetzt, wird f ü r besonders schwere Malassimilationssyndrome heute auch eine voll bilanzierte, vollsynthetische, ballaststofffreie Nahrung eingesetzt. Diese besteht nur noch aus niedermolekularen Nahrungsbestandteilen, d. h. aus Aminosäuren, essentiellen Fettsäuren, Mono- u n d Oligosacchariden sowie den notwendigen Vitaminen, Mineralstoffen und Spu-
E r n ä h r u n g s f o r s c h u n g l i e f t 0 • 1075 • IM. 20
— sinnvolle Kombination und Propagierung herkömmlicher, verhältnismäßig kalorienarmer Nahrungsmittel — ausreichende Bereitstellung von Gemüse u n d Obst über das ganze J a h r — Qualitätsänderung von Nahrungsmitteln f ü r die allgemeine E r n ä h r u n g durch Reduktion von F e t t und leicht aufschließbaren Kohlenhydraten bei Volumenauffüllung
— Anreicherung von F e t t e n mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren und soweit möglich Reduktion des Anteils gesättigter Fettsäuren — Anreicherung von Backwaren mit Ballaststoffen. I n der Perspektive f ü r die Diättherapie ergeben sich folgende Hinweise: — Erweiterung und Optimierung des Lebensmittelsortiments f ü r Diabetiker, besonders bei Getränken — Erprobung u n d Einsatz neuer Zuckeraustauschstoffe — Herstellung eines MKT-haltigen Streichfettes u n d eines MKT-haltigen Öles — Herstellung • eiweißarmer Dauerbackwaren (Flachbrot, Zwieback) • eiweißarmer N ä h r m i t t e l • eiweißarmer Brotaufstriche unter dem Aspekt der gemeinsamen N u t z u n g f ü r P a t i e n t e n mit chronischer Niereninsuffizienz, Leberinsuffizienz, portocavalem Shunt und gliadininduzierter Steatorrhoe — Entwicklung einer Fertignahrung f ü r die bilanzierte Ernährungstherapie u n d als Hinweis für einen längeren Perspektivzeitraum — die Entwicklung diätetischer Teilfertig- und Fertiggerichte. L i t e r a t ii r k a n ii b e i m V e r f a s s e r a n g e f o r d e r t w e r -
den.
Prof. Dr. habil. K . Vetter Zontralinstitut für Ernährung der A d W der D D R Potsdam-Rehbrücke
185
V e r g l e i c h e n d e U n t e r s u c h u n g e n zur e r n ä h r u n g s p h y s i o l o g i s c h b i l a n z i e r t e n G e m e i n s c h a f t s v e r p f l e g u n g in G e g e n ü b e r s t e l l u n g zu d e r e n chemisch a n a l y s i e r t e r Beschaffenheit 2. Mittagsmahlzeiten im Großküchenbetrieb unter Berücksichtigung der Schweregrade der Arbeit 0 . Gehlert Bei der weiteren Verbesserung der Gemeinschaftsverpflegung sind besondere Bemühungen auf die Anwendung ernährungswissenschaftlich begründeter Normative und Richtsätze festgelegt. Mit der „Anordnung über die Verpflegung der Werktätigen in den Betrieben unter Berücksichtigung der Schweregrade der Arbeit" (GBl. DDR, Sonderdruck Nr. 724 vom 12. August 1974) werden den Küchen entsprechende Wareneinsatzmengen je Tag und Person vorgegeben, deren Verbrauch im Laufe von 14 Tagen voll zu realisieren ist, was zwangsläufig den Gebrauch von Musterrezepturen ernährungsphysiologisch bilanzierter Gerichte zur Folge hat.
Probleme bei der Bilanzierung Ein entsprechend reglementierter Speisenplan setzt an jedem Kochtag die unmittelbare Verfügbarkeit aller erforderlichen Lebensmittel nach Art und Menge, die für das jeweilige Gericht notwendige Koch-, Bratund gegebenenfalls auch Transportkapazität sowie weitere küchentechnsche und arbeitsorganisatorische Gewährleistungsifaktoren voraus. I n Abhängigkeit von deren Vorhandensein oder Fehlen kommt es mehr oder weniger zu Abstrichen vom vorgegebenen ernährungsphysiologisch bilanzierten Speisenplan. Demgegenüber werden dann keine Einwände erhoben, wenn — wie es analog in den speziellen Hinweisen für die Musterrezepturen der Schulspeisung heißt — „die Abwandlung der Gerichte unter Sicherung der geforderten Qualität entsprechend den örtlichen und jahreszeitlichen Voraussetzungen erfolgt". Die Schwierigkeit für die Gemeinschaftsküchenpraxis besteht offensichtlich darin, daß den erhobenen optimalen Forderungen letztendlich die Konsequenz einer völligen Übereinstimmung von Ernährungsrichtsätzen und praktiziertem Ernährungswert, bezogen auf die einzelnen Speisen, innewohnt. Das heißt, die Musterrezepturen sind so gestaltet, daß jede von ihnen optimal zusammengesetzt alle wertgebenden Ingredienzien und Nahrungsbestandteile enthält, was in der Regel den Einsatz von 4—5 Speisenkomponenten unter Berücksichtigung von Vorsuppen, Nachspeisen und sonstigen Ergänzungsbeilagen erforderlich werden läßt. In der Praxis besteht nun die „Abwandlung" der Gerichte vielfach in der Vereinfachung, d. h., wenn 186
nicht im Weglassen, so doch im Austausch dieser oder jener Komponente, wobei die Ursachen für diese Handhabung objektiv vorhandene Schwierigkeiten oder auch subjektive Hemmfaktoren sind. Ein „Wertausgleich" wird in der Umverteilung des Lebensmitteleinsatzes innerhalb des gesamten Speiseplanzeitraumes mit Veränderung der Portionsgrößen, z. B. bsi Fleisch- und Fleischerzeugnissen u. a. m. gesehen, womit die strenge Bszogenheit der Ernährungsrichtwerts auf das einzelne Gericht entfällt, dabei zwar des öfteren den Ernährungsgewohnheiten der Essenteilnehmsr, nicht aber in jedem Fall den Ernährungsempfehlungen entgegengekommen wird. Nicht zuletzt erhebt sich die Frage, inwieweit überhaupt dem Koch die vorgenommene Abwandlung unter Beibehaltung der ursprünglich erhobenen ernährungsphysiologischen Werte kontrollierbar möglich ist, wenn er sieh dem manuellen Rechenaufwand der erforderlichen Nachbilanzierung aus arbeitszeitaufwendigen Gründen nicht unterziehen will und die für den sofortigen Gebrauch notwendige Abrufbarkeit der mittels Computertechnik zu erhaltenden Umrechnungsergebnisse nicht zur Verfügung steht. Vielleicht mögen diese oder jene Beweggründe die Ursache mit dafür sein, daß noch immer zu wenig Küchen sich die Vorteile computerberechneter Speisenpläne nach dem Muster des ihnen vom Zentralinstitut für Ernährung gebotenen zentralen EDVProgrammes zu eigen machen. Für die wissenschaftliche Durchdringung der Großküchenpraxis und die übersichtliche Gestaltung eines Ernährungsregimes nach gesundheitlichen Grundprinzipien ist eine der artige Programmierung unumgänglich. Dabei soll ihre praktische Anwendung keineswegs zu einer Reglementierung des Essenteilnehmers führen, der nach eigener Wahl und Einsicht von dem differenzierten Angebot Gebrauch machen kann, womit zugleich die Grenzen der Ernährungserziehung und -bseinflussung aufgezeigt und über die Küche hinaus in den individuellen Bereich gezogen sind.
Mittagsmahlzeiten nach dem Schweregrad der Arbeit Die Ausrichtung der betrieblichen Gemeinschaftsverpflegung nach dem Schweregrad der Arbeit wurde im VEB Gemeinschaftskost Dresden in enger ZuErnährungsforschung Heft 6 • 1975 • Bd. 20
sammenarbeit mit der Bezirkshygieneinspektion (Inspektion Ernährungshygiene, Abteilung Gemeinschaftsernährung) durchgeführt. Hierbei ging es dem Betrieb besonders darum, die Speisenplangestaltung nach Möglichkeit auf der Grundlage der bisher verwendeten Kalkulationsunterlagen vorzunehmen, mit denen er die Lösung der täglichen Versorgungsaufgabe ohne zusätzliche Komplikationen gesichert weiß. Da diese, wie allgemein, nur auf Art und Menge der Lebensmittel sowie deren Preis bezogen sind, wurde von uns die ernährungsphysiologische Bilanzierung mittels eigenem EDV-Rechenprogramm durchgeführt. Folgender Kaloriengehalt der Hauptmahlzeit wurde der Bilanzierung zugrunde gelegt: Für köperlich leicht bzw. geistig Arbeitende: 720 kcal Für mittelschwer Arbeitende: 810 kcal Für körperlich schwer Arbeitende: 960 kcal. Es ergab sich, daß nur etwa 25% der Gerichte optimalen Ernährungsanforderungen entsprachen. Ein weiterer Anteil der Gerichte wurde maßgerecht mehr oder weniger verändert und ernährungsphysiologisch nachbilanziert, wobei in erster Linie auf die gegebenen küchentechnischen Möglichkeiten und sonstige
betriebliche Voraussetzungen Rücksicht zu nehmen war. Es entstand der Grundstock eines „betriebsspezifischen" Rezepturenkataloges kompletter Gerichte, der mit den auf gleiche Weise bearbeiteten Kalkulationsunterlagen des VEB Waggonbau Görlitz vervollständigt wurde und laufend mit hinzukommenden Rezepturen vergrößert wird. Das gemeinsame Anliegen wurde unter Initiative der Jugend im Wettbewerb auf der Bezirksmesse der Meister von Morgen und auf dem vom R a t des Bezirkes und dem FDGB-Bezirksvorstand Dresden 1974 organisierten Bezirkserfahrungsaustausch auf dem Gebiet der Gemeinschaftsernährung mit Erfolg vorgestellt. Der VEB Gemeinschaftskost ist damit einer der ersten Betriebe im Bezirk Dresden, der die „Anordnung über die Verpflegung der Werktätigen in den Betrieben unter Berücksichtigung der Schweregrade der Arbeit" praxiswirksam werden ließ. I n den nachfolgenden Untersuchungen wurden die ernährungsphysiologisch bilanzierten Rezepturwerte mit den effektiv in den einzelnen Speisen vorhandenen chemisch-analytisch bestimmten Werten an Kalorien, Nähr- und Wirkstoffen verglichen. Die 25 überprüften Gerichte sind in Tabelle 1 übersichtsmäßig zusammengestellt. Die Masseangaben entsprechen derjenigen Portionsgröße, wie sie in etwa
Tabelle 1 Übersicht über die ernährungsphysiologisch bilanzierten und chemisch analysierten Mittagsmahlzeiten, hergestellt in der Großküche des V E B Gemeinschaftskost Dresden Lfd. Nr.
kcal berechnet
analysiert
1 2
750 750
580 680
3 4
720 700
610 940
5 6
760 930
730 720
7 8 9 10 11 12 13
840 860 870 820 830 720 870
510 690 710 830 600 960 610
14 15 16 17 18 19 20
760 730 860 720 800 750 870
970 660 570 500 710 750 630
21 22 23
720 650 820
580 510 510
24 25
750 840
620 570
E r n ä h r u n g s f o r s c h u n g l i e f t f> • J975 • Dd. 2U
Bezeichnung und Portionsmenge in g
Buttermakkaroni (210), Jagdwurst (40), Tomatensauce (145) gespickte Rindslende (75), Rotkohl (100), Kartoffeln (180), Stachelbeerkompott (250) Grüne-Bohnen-Eintopf (620), Pudding mit Fruchtsaft (180) Rumpsteak (70), gebr. Zwiebel (55), Röstkartoffeln (225), Möhren/WeißkohlRohkost (160) Wiegebraten (80), Sauce (125), Rosenkohl (160), Kartoffeln (300) Schweinesteak (60), Sauce mit gebr. Zwiebel (40), Kartoffelbrei (280), Pudding mit Mischkompott (100/55) Schweinsröllchen (75), Sauce (40), Bohnengemüse (110), Kartoffeln (200) gefüllte Paprikaschoten (190), Sauce (110), Kartoffeln (245), Fruchtmilch (310) Kartoffelsuppe (670), 1 Wiener Würstchen (40), Apfelmus (130) Schnitzel (80), Sahnesauce (120), Kartoffeln (310), Selleriesalat (230) Schweinebraten (65), Sauce (100), Mischgemüse (150), Kartoffeln (320) Gulasch (120), Sauce (150), Mischgemüse (190), Kartoffeln (300) Rostbratwurst (85), Sauce (110), Sauerkraut (100), Kartoffeln (190), Tomatensaft (145) Hackbraten (85), Sauce (125), Weinkraut (115), Kartoffeln (255) Flecke (575), Weintrauben (90), Vollmilch (150) Kraftbrühe (295), Paprikaquark (285), Butter (20), Kartoffeln (260) Gulasch (70), Sauce (100), Mischgemüse (120), Kartoffeln (220) Schweinebraten (95), Sauce (65), Klöße (300), Rotkohl (100), 1 Apfel (120) Butterhörnchen mit Jagdwurst und Tomatensauce, Petersilie (510) Rostbratwurst (100), Sauce (105), Sauerkraut (85), Kartoffeln (185), Tomatensaft (175) Porree-Eintopf (680), Schokospeise mit Vanillesauce (200) Kräuterquark (260), Butter (20), Kartoffeln (210) Schweinebraten (40), Sauce (110), Rotkohl (120), Selleriesalat (100), Kartoffeln (190) Grießbrei mit Butter (290) und Zucker (25), Pflaumenkompott (135) gefüllte Schweinsröllchen mit Sauerkraut (100), Sauce (70), Mischgemüse (110), Kartoffeln (170)
Tabelle 2 B e r e c h n e t e u n d chemisch analysierte D u r c h s c h n i t t s w e r t e f ü r den Nährstoff-, Kalzium- u n d Vitamin-C-Gehalt Von 25 ernährungsphysiologisch bilanzierten Mittagsmahlzeiten ( Y E B Gemeinschaftskost Dresden) Durschnittswert berechnet analysiert
(kcal) 787 670 27 29 (g) 28 27 (g> 101 73 (g) 220 192 (mg) 46 21 (mg) berechn. W e r t — analvs. W e r t , Abweichung (o/0) '
Abweichung S u m m e aller 25 Mahlzeiten jeder der 25 Mahlzeiten (Durchschnitt) absolut %i) %i)
Kalorien Eiweiß Fett Kohlenhydrate Kalzium Vitamin C
117 —2 1 28 28 25
28 20 45 44 28 209
100
an die Essenteilnehmer verabreicht worden ist, ohne daß bei der Essenausgabe über das übliche Maß hinausgehende Portionierungsmaßnahmen zur Sicherstellung eines konstanten Portionsvolumens angewendet wurden. I n Tabelle 2 sind die Abweichungen bei den untersuchten Mittagsmahlzeiten für die wichtigsten Inhaltsstoffe zusammengefaßt. I n zu erwartender Weise ist deren Ausmaß unter den Bedingungen der Gemeinschaftsküchenpraxis weitaus größer, als es bei den als konstante Einzelportionen untersuchten Test-Mahlzeiten nach unserer 1. Mitteilung der Fall gewesen ist. Dies trifft selbst für die Durchschnittswerte zu, bei denen ansonsten die relativ gute Übereinstimmung mehr oder weniger durch den nivellierenden Ausgleich von Über- und Unterschreitungen bei den Einzelergebnissen hervorgerufen wird. So vergrößerte sich für den durchschnittlichen Kaloriengehalt das Ausmaß der Abweichung im Vergleich zu den Test-Mahlzeiten von 5 auf 17%, wobei bemerkenswerterweise die Abweichung für den Fettgehalt und den Eiweißgehalt unverändert niedrig blieb. Die Differenz zwischen dem berechneten und analysierten durchschnittlichen Kaloriengehalt ist damit fast ausschließlich auf den Kohlenhydratanteil zurückzuführen, bei dem das Ausmaß der Abweichung von 7 auf 38% angestiegen ist. Damit bestätigt sich auch hier der bei den üblichen Kontrollen der Gemeinschaftsverpflegung vielfach erhobene Befund, wonach ein festgestelltes kalorisches Defizit überwiegend durch ein gegenüber dem Ernährungsrichtwert zu niedriges Angebot an Kohlenhydraten verursacht wurde. Bei der Erörterung dieses Sachverhaltes sollte kochpraktischen Ernährungsgewohnheiten einschließende Erwägungen der Vorzug gegenüber einer mechanistischen Anwendung von Ernährungsnormativen und tolerierbaren Bewertungskriterien gegeben werden. I n folgerichtiger Konsequenz werden seitens der Kontrollorgane der Hygieneinspektion bei der Beurteilung analytischer Untersuchungsergebnisse folgende maximale Abweichungen vom vorgegebenen Ernährungsrichtwert toleriert: 188
17 —7 4 38 15 119
Kalorien ± 1 5 % , Eiweiß - 1 5 % , F e t t + 1 5 % und Kohlenhydrate —25%. Wichtig ist, daß sich diese Bewertungskriterien zunächst auf die Durchschnittsergebnisse aufeinanderfolgender Mittagsmahlzeiten im Speisenplanzeitraum von mindestens einer Woche beziehen. Jedoch bleibt nicht ausgeschlossen, daß auch die Bewertung von Einzelmahlzeiten unter gleichartigen Aspekten erfolgen muß. In dieser Hinsicht kommt der ,,%-Abweichung", die sich auf jedes Gericht bezieht und bei der der nivellierende Einfluß von Plus- und Minusabweichungen vermieden wird, besonderes Interesse zu. Tabelle 2 (letzte Spalte) zeigt, daß die ,,%-Abweichungen" der Einzelmahlzeiten die Grenzen der gebotenen Tolerierbarkeit bei allen ermittelten Nahrungsbestandteilen erheblich überschritten haben. Dieser Mangel tritt z. B. beim Kaloriengehalt noch deutlicher hervor, wenn man berücksichtigt, daß 28% Abweichung einen Betrag von etwa 180 kcal ausmachen, um den der deklarierte Rezepturwert durchschnittlich über- oder unterschritten wurde, während auf der anderen Seite die Differenz zwischen dem einen und nächstfolgenden Arbeitsschweregrad nur etwa 90 bzw. 150 kcal ausmacht. Bei Fett und Kohlenhydraten beträgt die Abweichung 45 bzw. 44%, was einer Abweichung von durchschnittlich 10 g F e t t bzw. 29 g Kohlenhydraten als Über- oder Unterschreitung des berechneten Wertes, bezogen auf die Gesamtportion, entspricht. Größere Abweichungen waren im einzelnen bei Hackbraten und bei Rumpsteak mit gebratener Zwiebel und Röstkartoffeln zu verzeichnen mit einem um 32 bzw. 22 g effektiv höheren Fettgehalt (Abweichung 49 bzw. 38%). Auffallenderweise war bei Schweinebraten der Fettgehalt um 21 g niedriger als berechnet (Abweichung 147%,!). Effektiv niedrigere Fettgehalte waren zumeist auch bei Eintöpfen zu verzeichnen. Auf der anderen Seite überraschte die relativ gute Übereinstimmung bei kurzgebratenem Fleisch, wie Schnitzel, Steaks u. a. m. Bei Gulasch war der Fettgehalt in zu erwartender Weise erhöht, was, wie allgemein auch Ernährungsforschung Heft C • 1975 • Bd. 20
Tabelle 3 Verteilung der % - A b w e i c h u n g zwischen berechneten u n d chemisch analysierten W e r t e n bei 25 Mittagsmahlzeiterj der Großküche ( V E B Gemeinschaftskost Dresden) Abweichung 1 )
Kalorien
Eiweiß
%
+
+
0- 9 10-19 20 — 29 30 — 39 40 u n d m e h r
2
1
) Abweichung (%)
3
—
—
1 4 7 2 0
2 5 1 2 2
—
3 5 3 1 1
Fett
Kohlenhydrate
~r
—
2 2 3 2 1
berechn. W e r t — analvs. W e r t analys. W e r t
1 1 5 1 8
1
—
1 4 4 3 11
Kalz ium
+ 6 2 1 1
—
4 3 5 3
Vitamin
+ 1 1 1 1 l
-
3 17
100
i n anderen Fällen, auf Portionierungsfehler zurückzuführen war. Aus diesen Einzelbeispielen sollte zugleich die Möglichkeit abzuleiten sein, durch noch bessere Sorgfalt im Umgang mit dem Rohstoffeinsatz, beim Koch- und Bratprozeß und besonders bei der Portionierung der fertigen Speisen mit entsprechenden küchentechnischen Regulierungsmaßnahmen das Ausmaß der ermittelten Abweichung bei F e t t von 45% auf etwa die Hälfte senken zu können. Bei den Kohlenhydraten handelt es sich ausschließlich um Unterschreitungen des bilanzierten Wertes, wobei als Ursache Portionierungsfehler besonders bei der Sättigungsbeilage an erster Stelle stehen. So lag bei den Kartoffelgerichten die verausgabte Menge Kartoffeln zwischen 170 und 340 g, im Durchschnitt bei 240 g pro Portion. Auch bei Teigwaren bestanden offensichtlich Schwierigkeiten, die dem bilanzierten Rohstoffeinsatz entsprechende Menge auf den Teller zu bringen. Für die Kohlenhydrate betrug hier die Abweichung 144%! Relativ gut war die Übereinstimmung bei Gemüseeintöpfen und Grießbrei. Für den Kalziumgehalt lag das Analysenergebnis im Durchschnitt um 15% unter dem berechneten Wert. Die Abweichung bei den Einzelessen betrug 28%. Eine unverhältnismäßig hohe Abweichung wurde wiederum bei Vitamin C festgestellt. Hier wurden durchschnittlich 21 mg analysiert, wohingegen das Berechnungsergebnis durchschnittlich 46 mg/Mittagsmahlzeit betrug. Die Abweichung belief sich auf 209%! Die mögliche Ursache für diese Diskrepanz wurde schon in der 1. Mitteilung diskutiert. Sie sollte zu der Konsequenz führen, daß die Berechnungsergebnisse von vornherein mit nur wenigstens der Hälfte ihres Wertes zu verwenden sind, wenn nicht, und dies gilt speziell für Kontrollmaßnahmen, auf eine Vitamin-C-Berechnung überhaupt verzichtet werden sollte. I n Tabelle 3 sind die einzelnen Gerichte in untergliederte Bereiche eingeteilt, je nachdem, in welchem Ausmaß der berechnete Wert über ( + ) oder unter ( —) dem analytischen Befund lag. Gegenüber den Testmahlzeiten ergibt sich auch hier ein ziemlich unbefriedigendes Bild. Bei den Kalorien drückt sich die Abweichung vornehmlich als Unterschreitung aus, Ernährungsforschung Heft 6 • 1975 • Bd. 20
+
wobei bei den meisten Gerichten das Defizit 20% und mehr beträgt. Annähernd gleichviele Über- und Unterschreitungen bestehen beim Eiweißgehalt. Bemerkenswerterweise ist dies auch baim Fettgehalt der Fall, wobei der „Fettüberhang" bestimmter Gerichte mit einem niedrigeren Angebot bei anderen Speisen kompensiert worden ist. Bei den Kohlenhydraten ist die %-Abweichung fast ausschließlich als Defizit festgelegt, welches fast bei der Hälfte der Gerichte 40% und darüber beträgt. Bei Kalzium überwiegt die Unterschreitung gegenüber der Anzahl der überschrittenen Rezepturwerte. Zusammenfassend soll aus beiden Mitteilungen erkennbar werden, daß die im Ergebnis gemeinsamer Bemühungen mitderGemeinschaftskiichenpraxis vorgenommene Anwendung und Durchsetzung von Musterrezepturen für eine differenzierte Versorgung unter Berücksichtigung der Schweregrade der Arbeit in erster Linie unter dem Aspekt nachweisbarer Erfolge im Speisenplanzeitraum zu betrachten ist. So werden auch die Grenzen tolerierbarer Abweichungen von den vorgegebenen. Ernährungsrichtsätzen in erster Linie auf das Durchschnittsergebnis von vorgenommenen Überprüfungsmaßnahmen angewendet. I m Lichte der vorgelegten Untersuchungsergebnisse sind die von den Hygieneorganen angewendeten Toleranzen als durchaus real einzuschätzen und von Seiten der Gemeinschaftsküchenpraxis einhaltbar. Schwieriger wird dies bei deren Bezogenheit auf das einzelne Gericht . Hier bedarf es einer exakten küchentechnischen Handhabung einflußnehmender Faktoten im Arbeitsablauf, mit denen das noch vorhandene Ausmaß zu weitgehender Abweichungen einzuschränken ist. Mit der Leitung des Betriebes und dem Küchenkollektiv werden hierzu noch weitere Beratungen geführt und Unterstützungsmaßnahmen vorgenommen, wobei gemeinsame Erfahrungen und Ergebnisse besonders über die von der Bezirkshygieneinspektion betriebene „Bezirkslehrküche für gesunde Ernähr u n g " einer verbreiterten Anwendung in der Großküchenpraxis zuzuführen sind. D r . G. Gehlert Bezirkshygieneinspektion Dresden
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KurzberichteKurzinformationen •
•
Die E i n r i c h t u n g von Diätberatungsstellen f ü r Überg e w i c h t i g e ¡111 j e d e m K r a n k e n h a u s u n d j e d e r P o l i klinik schlagen Cottbuser Ärzte vor (Dt. Gesundh.W e s e n , 3« (1975) S. 1430). A n d e r M e d i z i n i s c h e n Polik l i n i k des B e z i r k s k r a n k e n h a u s e s b e s t e h t seit 3 J a h r e n e i n e d e r a r t i g e D i ä t b e r a t u n g s s t e l l c , in d e r z. Z. 2IC P a t i e n t e n b e t r e u t w e r d e n . V e r o r d n e t w i r d eine R e d u k t i o n s k o s t v o n 1000 o d e r 1200 k c a l / T a g . D i e d u r c h s c h n i t t l i c h e G e w i c h t s a b n a h m e b e t r ä g t 2,2 k g im Monat. Die Autoren m a c h t e n folgende E r f a h r u n g : D i e B e r e i t s c h a f t z u r G e w i c h t s a b n a h m e w a r u m so größer, je s t ä r k e r die körperlichen Beschwerden waren, hervorgerufen durch Herz-Kreislauf-Krkrankungen, Cholezystopathien u n d arthrotische Veränderung e n d e r G e l e n k e . J ü n g e r e Ü b e r g e w i c h t i g e h a t t e n in d e r R e g e l k e i n e k ö r p e r l i c h e n B e s c h w e r d e n . Sie erh o f f t e n sich aber v o n einer Gcwichtsreduzierung m e h r A n s e h e n in d e r G e m e i n s c h a f t u n d g r ö ß e r e C h a n cen bei der P a r t n e r wähl. F ü r den Verzicht ihnen liebgewordener Eßgewohnheiten wurde ihnen etwas G l e i c h w e r t i g e s g e b o t e n ! W o diese M o t i v a t i o n f e h l t , ist es s e h r s c h w e r , e i n e n Ü b e r g e w i c h t i g e n z u r Gew i c h t s a b n a h m e zu bewegen. Die F o r d e r u n g „Dispens a i r e f ü r Ü b e r g e w i c h t i g e " sollte m a n e r n s t n e h m e n , n i c h t n u r a n g e s i c h t s d e r teilweise s c h w e r e n K r a n k h e i t e n , die d i e F e t t s u c h t n a c h s i c h z i e h t , s o n d e r n a u c h h i n s i c h t l i c h d e r B e l a s t u n g e n , die sich a u s d e r F e t t s u c h t für Gesundheitswesen u n d Volkswirtschaft ergeben. G e w i c h t s z u n a h m e ist h ä u f i g die F o l g e v o n v e r ä n d e r t e n L e b e n s b e d i n g u n g e n , w e n n sich die B e t r e f f e n d e n nicht rechtzeitig u n d ausreichend dem Kalorienbedarf u n t e r den neuen Bedingungen anpassen. Folgende P h a s e n sind besonders zu b c a c h t c n : — Pubertät — Klimakterium — Genesungszeit nach schweren Krankheiten — Berufswechsel (Qualifizierung!) — Milieu- u n d E r n ä h r u n g s w e c h s e l dienst, Heirat) — p s y c h i s c h e K r i s e n (z. B . K u m m e r ,
•
(z. B . A r m e e Einsamkeit)'
Prof. J . K ü h n a u , international anerkannter Ern ä h r u n g s p h y s i o l o g e in d e r B R D , ä u ß e r t e s i c h in einem Gespräch mit der BRD-Zeitschrift „Die Zeit" z u m V e g e t a r i s m u s u . a . wie f o l g t : L e u t e , d i e a u s s c h l i e ß l i c h P f l a n z l i c h e s zu sich n e h m e n , w i e e t w a in E n g l a n d die A n h ä n g e r d e r V e g a n - B e w e g u n g , s i n d , d a s h a b e n U n t e r s u c h u n g e n e r g e b e n , alle a n ä m i s c h . Gewisse t i e r i s c h e P r o t e i n e s i n d d u r c h k e i n e a n d e r e n N a h r u n g s m i t t e l z u e r s e t z e n . F l e i s c h ist n i c h t u n b e d i n g t n ö t i g , w e n n m a n Milch u n d E i e r i ß t . G e g e n e i n e n g e m ä ß i g t e n V e g e t a r i s m u s ist n i c h t s e i n z u w e n den. I m ü b r i g e n z e i g t d e r h o h e K r a n k h e i t s s t a n d in d e n E n t w i c k l u n g s l ä n d e r n , d a ß a u c h eine E r n ä h r u n g , die
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sich i m w e s e n t l i c h e n a u s R e i s z u s a m m e n s e t z t u n d zuwenig tierische P r o d u k t e enthält, gesundheitsschädig e n d ist. E i w e i ß - u n d V i t a m i n m a n g e l f ü h r e n z u r Senkvmg d e s I n t e l l i g e n z - Q u o t i e n t e n . I m a l l g e m e i n e n s t e r b e n diese M e n s c h e n r e l a t i v zeitig u n d h a l t e n n i c h t d u r c h , w e n n sie k ö r p e r l i c h e n B e l a s t u n g e n u n d S t r e ß s i t u a t i o n e n a u s g e s e t z t s i n d . Sie s i n d a u c h a n fälliger g e g e n I n f e k t i o n s k r a n k h e i t e n . •
N a c h 15 J a h r e n T r i n k w a s s e r f l u o r i d i e r u n g in K a r l M a r x - S t a d t liegen j e t z t u . a . f o l g e n d e E r g e b n i s s e v o r : Bei d e n G- b i s 1 0 - j ä h r i g e n u n d bei d e n 11- b i s 1 5 - j ä h r i g e n K i n d e r n ist ein K a r i e s r ü c k g a n g v o n 79 b z w . 5 9 % e i n g e t r e t e n ! D i e K i n d e r m i t p r i m ä r gesundem Gebiß sind häufiger geworden; der Erstk a r i e s b c f a l l ist u m 2 J a h r e h i n a u s g e z ö g e r t . D e r A n teil d e r zwei- u n d m e h r f l ä c h i g e n K a r i e s l ä s i o n e n b z w . F ü l l u n g e n b e t r ä g t n u r 1 4 , 5 % , w ä h r e n d i h r A n t e i l in fluorarmen Trinkwassergebieten u m das Doppelte höher ist. — I m R a h m e n eines zentral geleiteten P r o g r a m m s w e r d e n bis 1985 c a . 4 7 % d e r D D R - B e völkerung mit fluoridiertem Trinkwasser versorgt w e r d e n . ( W . K ü n z e l , M e d . a k t u e l l (L974) S o n d e r h e f t , 21).
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I n G r o ß b r i t a n n i e n u n t e r z i e h e n sich n e u e r d i n g s z a h l reiche Männer Schlankheitskuren. Der G r u n d : I h r e F r a u e n o d e r F r e u n d i n n e n s i n d d e r M e i n u n g , d a ß sie z u d i c k s i n d u n d w ü n s c h e n sich „ s c h ö n e " M ä n n e r .
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V o r f a s t 40 J a h r e n in e i n e r w i s s e n s c h a f t l i c h e n A r b e i t z u m T h e m a „ W e s h a l b w i r d so w e n i g V o l l k o r n b r o t v e r z e h r t ? " : E s ist e i g e n t l i c h k a u m v e r s t ä n d l i c h , d a ß die E r ö r t e r u n g e n f ü r o d e r g e g e n d a s V o l l k o r n b r o t nicht schon lange zu einem endgültigen u n d einstimmig vertretenen Abschluß gekommen sind. Die unb e s t r i t t e n e T a t s a c h e , d a ß sich i m V o l l k o r n b r o t w e r t volle Ergän7Aingsstoffe v o r f i n d e n , die in a n d e r e n , gleich billigen N a h r u n g s m i t t e l n ü b e r h a u p t n i c h t o d e r n u r in g a n z u n g e n ü g e n d e r W e i s e e n t h a l t e n s i n d , l ä ß t d a s V o l l k o r n b r o t f ü r die E r n ä h r u n g u n e n t b e h r lich e r s c h e i n e n . D a r ü b e r sollte d o c h k e i n e r l e i Mein u n g s v e r s c h i e d e n h e i t m e h r m ö g l i c h sein, d a ß d a s V o l l k o r n b r o t u n b e d i n g t auf u n s e r e n E ß t i s c h g e h ö r t . Auf G r u n d s t a t i s t i s c h e r E r h e b u n g e n s t e l l t e s i c h h e r a u s , d a ß ü b e r die H ä l f t e d e r B e v ö l k e r u n g e i n e r G r o ß s t a d t niemals oder fast niemals gröbere Brots o r t e n v e r z e h r t . D e r G r u n d d a f ü r : M a n sei a n d e r e s B r o t g e w ö h n t u n d sehe keine Veranlassung, v o n dieser G e w o h n h e i t z u l a s s e n . Z u r S t e i g e r u n g d e s Vollkornbrotverzehrs empfiehlt der A u t o r u. a.: Die Werbung m u ß verstärkt u n d zweckmäßiger gestaltet werden, etwa nach dem Leitsatz „ J e d e m täglich eine S c h e i b e V o l l k o r n b r o t " . A u ß e r d e m s o l l t e n H e r steller q u a l i t a t i v b e s o n d e r s g u t e r Vollkornbrote ö f f e n t l i c h g e n a n n t w e r d e n . (Diese E m p f e h l u n g e n s i n d fast 4 0 J a h r e alt!)
Ernährungsforschung Iloft C • 197ö • Bd. 20
Tagungen Mitteilungen Probleme der Produktion und Versorgung mit Obst im Zusammenhang mit einer rationellen Ernährung der Bevölkerung Bericht über das 6. Seminar der Sektion Ernährungswirtschaft der Gesellschaft für Ernährung in der DDR am 22. und 23. April 1975 in Pillnitz D a s S e m i n a r f a n d in Z u s a m m e n a r b e i t m i t d e m I n stitut f ü r Obstforschung der Akademie der Landw i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t e n d e r D D R s t a t t . N a c h d e m bei den vorangegangenen Seminaren Querschnittsprobleme d e r E r n ä h r u n g b e h a n d e l t w o r d e n w a r e n , w i d m e t e sich die S e k t i o n e r s t m a l i g zweigspezifischen F r a g e n . E i n e kontinuierliche Versorgung der Bevölkerung der D D R m i t F r i s c h o b s t u n d O b s t e r z e u g n i s s e n ist v o n b e s o n d e r e r B e d e u t u n g , d a d u r c h d e n K o n s u m v o n O b s t u n d -prod u k t e n eine K o m p l e t t i e r u n g des N ä h r s t o f f a n g e b o t e s u n d eine teilweise S u b s t i t u t i o n k a l o r i e n r e i c h e r N a h r u n g s mittel mit einem hohen Geschmacks- und Genußwert v e r b u n d e n ist. In 9 Fachvorträgen und 4 Arbeitsgruppenberatungen w u r d e n die ü b e r 100 T e i l n e h m e r m i t den vielschichtigen Problemen der Obst Wirtschaft v e r t r a u t gemacht. Auf einer E x k u r s i o n z u m K o o p e r a t i o n s v e r b a n d „ E l b e o b s t " in B o r t h e n bei D r e s d e n , der auf 1800 h a n e u e A p f e l a n b a u f l a c h e n g e s c h a f f e n h a t , w u r d e n die i n d u s t r i e m ä ß i g e A p f e l p r o d u k t i o n sowie m o d e r n e L a g e r u n g s f o r men und Abpackmethoden demonstriert. „ Z u r Situation der Obstversorgung und ihren Perspektiven" s p r a c h D r . B u s c h ( I n s t i t u t f ü r O b s t f o r s c h u n g , D r e s d e n - P i l l n i t z ) . D e r O b s t k o n s u m p r o Kopf d e r D D R B e v ö l k e r u n g b e t r u g 1973/74 68,8 kg, d a v o n 17,2 k g Südf r ü c h t e . T y p i s c h f ü r die O b s t p r o d u k t i o n in d e r D D R w a r e n in d e r V e r g a n g e n h e i t eine h i s t o r i s c h b e d i n g t e Z e r s p l i t t e r u n g des O b s t a n b a u e s u n d v e r a l t e t e A n b a u f o r m e n . D a s f ü h r t e zu e r h e b l i c h e n E r t r a g s s c h w a n k u n gen. Auf G r u n d eines M i n i s t e r r a t s b e s c h l u s s e s sind j e t z t in d e n S c h w e r p u n k t b e z i r k e n P o t s d a m , H a l l e , D r e s d e n , E r f u r t u n d Leipzig 15 000 h a n e u e O b s t f l ä c h e n in g r o ß e n Komplexen entstanden. Ausgehend vom Ertragsverlauf bis z u r H a u p t e r n t e , d i e bei Ä p f e l n n a c h 4 — 5 J a h r e n u n d bei S ü ß k i r s c h e n erst n a c h 10 J a h r e n e r f o l g t , w i r d in d e r D D R die V e r b e s s e r u n g d e r F r i s c h o b s t v e r s o r g u n g v o r allem d u r c h eine S t e i g e r u n g d e r A p f e l p r o d u k tion angestrebt. Bei seinem V o r t r a g „Zur Bedeutung der Obstversorgung für eine gesundheitsfördernde Ernährung" erläuterte Prof. Dr. med. K r a u ß (Städt. Klinikum, B e r l i n - B u c h ) die g r o ß e B e d e u t u n g eines s t e i g e n d e n O b s t v e r b r a u c h s bei d e r B e k ä m p f u n g d e r Ü b e r g e w i c h t i g k e i t . D u r c h d e n geringen G e h a l t a n K a l o r i e n , d e n h o h e n G e h a l t a n M i n e r a l s t o f f e n (besonders K a l i u m , K a l z i u m u n d P h o s p h o r ) u n d a n V i t a m i n C sowie die e n t h a l t e n e n R o h f a s e r b e s t a n d t e i l e w i r k t sich O b s t bei d e r g e g e n w ä r t i g e n E r n ä h r u n g s s i t u a t i o n b e s o n d e r s positiv auf d e n m e n s c h l i c h e n O r g a n i s m u s a u s . A n s c h a u l i c h d e m o n s t r i e r t e D r . h a b i l . Zobel ( Z e n t r a l i n s t i t u t f ü r E r n ä h r u n g , P o t s d a m - R e h b r ü c k e ) in s e i n e m V o r t r a g „Zur Verwendung von Obst im Ernährungsregime", wie vielseitig O b s t u n d - p r o d u k t e a u c h in der G e m e i n s c h a f t s Ernährungsforschung H e f t G • 1975 • Bd. 20
verpflegung verwendet werden können. Vorschläge f ü r n e u e O b s t - sowie O b s t - G e m ü s e - S a l a t e f a n d e n g r o ß e A u f m e r k s a m k e i t . D a s F r i s c h o b s t a n g e b o t in d e n g a s t r o nomischen Einrichtungen m u ß verbessert werden. F ü r G r o ß v e r b r a u c h e r m ü s s e n K o m p o t t f r ü c h t e in z u n e h m e n d e m M a ß e in G r o ß a b p a c k u n g e n geliefert w e r d e n . W ü n s c h e n s w e r t w ä r e w e i t e r h i n die H e r s t e l l u n g v o n F r u c h t p a s t e n u n d -riegeln sowie eine P r o d u k t i o n s s t e i g e r u n g bei F r u c h t m u t t e r s ä f t e n . L e t z t e r e sollte zu L a s t e n d e r F r u c h t sirupherstellung gehen. Dr. habil. F e h r m a n n (Institut für Obstforschung, D r e s d e n - P i l l n i t z ) r e f e r i e r t e ü b e r „Ökonomische Probleme der Obstproduktion". F ü r die S t e i g e r u n g einer vielseitigen O b s t p r o d u k t i o n , die j e t z t g e m ä ß M i n i s t e r r a t s b e s c h l u ß i n d u s t r i e m ä ß i g erfolgen soll, ist eine o p t i m a l e A u s l a s t u n g des A r b e i t s z e i t f o n d s n o t w e n d i g . Besonders durch Mechanisierung, rationelles Arbeiten u n d sozialistische G e m e i n s c h a f t s a r b e i t in d e n n e u e n A n b a u g e b i e t e n w i r d es m ö g l i c h w e r d e n , die E i g e n e r z e u g u n g v o n O b s t , b e s o n d e r s a n Ä p f e l n , wesentlich zu erhöhen. I n s e i n e m V o r t r a g „Zur rationellen Gestaltung des Vertriebssystems und der Kooperationsbeziehungen zwischen Handel und Produktion" d i s k u t i e r t e H e r r H ö p p n e r ( K O V „ H a v e l o b s t " , W e r d e r ) die P r o b l e m e , die m i t einer K o n z e n t r a t i o n d e r O b s t p r o d u k t i o n v e r b u n d e n s i n d u n d d e r e n B e w ä l t i g u n g eine e i n h e i t l i c h e Leitung, Planung, Bilanzierung und Vertriebsorganisat i o n e r f o r d e r t . Als spezielle A n f o r d e r u n g e n in d e r Zukunft werden genannt: •
S i c h e r u n g einer g u t e n P r o d u k t q u a l i t ä t m i t h o h e r S t a b i l i t ä t u n d K o n t i n u i t ä t im A n g e b o t e n t s p r e c h e n d d e m Bedarf der Bevölkerung, der Großverbraucher u n d der Verarbeitungsindustrio
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Rationalisierung u n d K o n z e n t r a t i o n im Bereich der L a g e r w i r t s c h a f t u n d A u f b e r e i t u n g sowie b e i m W a r e n u m s c h l a g einschließlich A u f b a u n e u e r spezifischer Vertriebslinien (Frischdienst!)
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E n t w i c k l u n g n e u e r A n g e b o t s f o r m e n (u. a. A b o n n e m e n t - u n d S t ü c k v e r k a u f ) sowie A u s b a u u n d R a t i o n a l i s i e r u n g des E i n z e l h a n d e l s n e t z e s .
F r a u D r . S e m m l e r ( H y g i e n e - M u s e u m , D r e s d e n ) wies bei i h r e n A u s f ü h r u n g e n z u m T h e m a „Möglichkeiten zur Steigerung des Obstverbrauches durch Ernährungserziehung" u . a. d a r a u f h i n , d a ß b e i m K o n s u m e n t e n eine B e r e i t s c h a f t z u m h ö h e r e n O b s t v e r b r a u c h e r r e i c h t w e r d e n m u ß . O b s t l ä ß t sich zu M a h l z e i t e n a u c h in K o m b i n a t i o n m i t a n d e r e n N a h r u n g s m i t t e l n (Fleisch, F i s c h , Ei) v e r a r b e i t e n . D u r c h gezielte W e r b u n g u n d E r n ä h r u n g s a u f k l ä r u n g (verschiedene I n f o r m a t i o n s m ö g lichkeiten wurden vorgetragen) wird der Verbraucher
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b e r e i t sein, m e h r O b s t zu v e r z e h r e n , z u m a l O b s t bei, guter Qualität einen hohen Genußwert besitzt. W e s e n t l i c h f ü r eine E r h ö h u n g des O b s t v e r b r a u c h e s ist a u c h d a s A n g e b o t e i n e s breiten S o r t i m e n t e s a n Vera r b e i t u n g s p r o d u k t e n , wie D r . N e u m a n n (Zentrale W i r t s c h a f t s v e r e i n i g u n g O G S , Berlin) in s e i n e m V o r t r a g „ Z u Fragen (1er Sortimentsentwicklung bei Obst" a u s führte. Vorgesehen sind u . a . : Fruchtmixerzeugnisse auf A p f e l m u s b a s i s ( Z u s a t z v o n J o h a n n i s b e e r e n , H i m b e e r e n , A n a n a s u . dgl.), S t e i g e r u n g d e r P r o d u k t i o n v o n Sterilkonserven mit reduziertem Zuckergehalt, neue F r u c h t s a f t k o m b i n a t i o n e n (z.B. H o l u n d e r - B i r n e , O r a n g e Möhre), aromatisierte u n d kalorienreduzierte Marmeladen. Dr. Bock (Zentralinstitut für Ernährung, PotsdamR e h b r ü c k e ) b e h a n d e l t e in s e i n e m R e f e r a t „Sortimentserweiterung durch den Einsatz v o n E n z y m e n bei (1er Obstverarbeitung" a u c h die a n B e d e u t u n g z u n e h m e n d e e n z y m a t i s c h e G e w e b e m a z e r a t i o n . D u r c h dieses V e r f a h r e n "wird d a s k o m p a k t e P f l a n z e n g e w e b e in E i n z e l zellen z e r l e g t , so d a ß ein t r i n k f ä h i g e s O b s t p r o d u k t erh a l t e n wird, d a s besonders d u r c h seinen hohen R o h fasergehalt ernährungsphysiologisch wertvoll ist.
Ü b e r „Moderne Verfahren der Obst-, speziell der Ajifeliagerung" b e r i c h t e t e P r o f . D r . S t o l l e ( M a r t i n - L u t h e r Universität, Halle-Wittenberg). H a u p t a u f g a b e der Lag e r u n g ist ein A u s g l e i c h z w i s c h e n K o n t i n u i t ä t d e r P r o d u k t i o n u n d D i s k o n t i n u i t ä t des V e r b r a u c h s . I n A b hängigkeit von der erforderlichen Lagerdauer können Behelfsläger, Läger m i t W ä r m e d ä m m u n g (maschinelle K ü h l u n g ) sowie s o l c h e m i t z u s ä t z l i c h e r G a s s p e r r e v e r wendet werden. D e n V o r t r ä g e n schlössen sich B e r a t u n g e n i n 4 A r beitsgruppen an. Hierbei wurden Probleme der Produktionssteigerving u n d Sortimentsentwicklung, der V e r b r a u c h s e n t w i c k l u n g , d e r O b s t v e r a r b e i t u n g sowie der Zirkulations- und Distributionsprozesse diskutiert. S c h w e r p u n k t e der Diskussion w a r e n die prognostischen Vorstellungen ü b e r die Verbrauchs- u n d P r o d u k t i o n s ontwicklung u n d deren Realisierbarkeit. Die s t a r k e K o n z e n t r a t i o n auf d e n A p f e l u n d h i e r w i e d e r u m g a n z a u s g e p r ä g t auf e i n e S o r t e ( ' G e l b e r K ö s t l i c h e r ' ) e r l a u b t e i n e schnelle Steigerung des Obstverbrauchs. A u f g a b e der in d i e w e i t e r e Z u k u n f t z i e l e n d e n E n t w i c k l u n g ist es, d e m V e r b r a u c h e r ein b r e i t e s O b s t s o r t i m e n t , speziell a u c h ein breiteres Apfelsortiment, anzubieten. W. Fischer
Die Frau und die Ernährung Bericht über den XVIII. Kongreß der Slowakischen Gesellschaft für rationelle Ernährung in Tatranska Lomnica, CSSlt, vom 2 8 . - 3 0 . April 1975 D i e d i e s j ä h r i g e T a g u n g s t a n d a u s A n l a ß des von d e n V e r einten Nationen verkündeten Internationalen J a h r e s d e r F r a u u n t e r d e m M o t t o „ D i e F r a u u n d die E r n ä h r u n g " . D i e e t w a 30 g e h a l t e n e n V o r t r ä g e w a r e n f o l g e n d e n P r o blemkreisen gewidmet: — D i e S t e l l u n g d e r F r a u in d e r s o z i a l i s t i s c h e n Gesellschaft u n d der Beitrag der Lebensmittelindustrie u n d gesellschaftlichen Speisenwirtschaft zur Verwirklichung der Gleichberechtigung der F r a u — D i e V e r a n t w o r t u n g u n d die R o l l e d e r F r a u bei der Herausbildung richtiger Ernährungsgewohnheiten — Die Reduzierung der Hausarbeit, insbesondere der S p e i s e n z u b c r c i t u n g , m i t d e m Ziel, Z e i t f ü r die allseitige E n t w i c k l u n g d e r F r a u z u g e w i n n e n
E s sei w i c h t i g , d a ß a u c h d i e M ü t t e r m i t d i e s e n P r o blemen vertraut gemacht werden, zumal E r n ä h r u n g s g e w o h n h e i t e n a u c h schon i m V o r s c h u l a l t e r geprägt werden. •
E i n V e r t r e t e r des S l o w a k i s c h e n M i n i s t e r i u m s f ü r L a n d w i r t s c h a f t uncl E r n ä h r u n g ä u ß e r t e d e n S t a n d p u n k t , daß hinsichtlich der Agrarproduktion nunm e h r i m m e r s t ä r k e r die P r o b l e m e d e r Q u a l i t ä t i m S i n n e d e r r a t i o n e l l e n E r n ä h r u n g (einschließlich d e r gesundheitsfördernden Ernährung) beachtet werden müssen.
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Die B e m ü h u n g e n der Lebensmittelindustrie sind darauf gerichtet, Zeiteinsparungen bei der E n d f e r t i g u n g d e r Speisen zu erzielen. D i e s ist ein b e d e u t e n d e r A s p e k t bei d e r S o r t i m e n t s p o l i t i k , d e m a b e r n o c h s t ä r k e r e B e a c h t u n g zu schenken ist.
«
D i e B e i t r ä g e , die sich m i t d e r V e r b e s s e r u n g d e r Schulspeisung u n d des Werkküchenessens beschäftigten, zeigten deutlich, d a ß zur Lösung der P r o b l e m e erhebliche materielle u n d finanzielle Mittel erforderlich s i n d u n d d a ß es in z u n e h m e n d e m M a ß e d a r a u f a n k o m m t , in d i e s e n B e r e i c h e n A r b e i t s k r ä f t e e i n z u s p a r e n sowie d e r e n A r b e i t s b e d i n g u n g e n z u v e r b e s sern .
— D i e E r n ä h r u n g d e r w e i b l i c h e n J u g e n d l i c h e n sowie der F r a u u n t e r Berücksichtigung v o n Arbeitsschwere, Alter, Schwangerschaft u n d Stillperiode. A u s d e r F ü l l e d e r b e h a n d e l t e n P r o b l e m e seien n u r einige e r w ä h n t : e E i n V e r t r e t e r des M i n i s t e r i u m s f ü r d a s S c h u l w e s e n d e r S S R b e t o n t e , d a ß die S c h u l e n o c h n i c h t in v o l l e m M a ß e i h r e r R o l l e bei d e r E r z i e h u n g z u r i c h t i g e n E r n ä h r u n g s g e w o h n h e i t e n gerecht wird. Bei der gegenw ä r t i g e n A u s a r b e i t u n g eines n e u e n k o m p l e x e n E r z i e h u n g s s y s t e m s , d a s die H e r a u s b i l d u n g sozialistis c h e r P e r s ö n l i c h k e i t e n z u m Ziel h a t , w e r d e a u c h d i e E r n ä h r u n g m e h r beachtet. Dabei wird nicht n u r die medizinische Seite der E r n ä h r u n g s l e h r e v e r m i t t e l t , sondern im M i t t e l p u n k t werden auch gesellschaftliche A s p e k t e d e r E r n ä h r u n g sowie P r o b l e m e d e r N a h r u n g s m i t t e l p r o d u k t i o n , Technologie u n d des wirtschaftliehen Umgangs mit Nahrungsmitteln stehen.
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Prof. Dr. Schmandke, Vorsitzender der Gesellschaft f ü r E r n ä h r u n g in d e r D D R , ü b e r b r a c h t e die G r ü ß e der Schwestergesellschaft. Mit V o r t r ä g e n w a r e n a m P r o g r a m m beteiligt Dr. Groß (Zentralinstitut für Ern ä h r u n g , P o t s d a m - R e h b r ü c k e ) sowie P r o f . D r . Stünde] und Dr. W i t z m a n n (Handelshochschule, Leipzig). Dr. H. Groß
Ernährungsforschung lieft G • 1975 • Bd. 20
b e r e i t sein, m e h r O b s t zu v e r z e h r e n , z u m a l O b s t bei, guter Qualität einen hohen Genußwert besitzt. W e s e n t l i c h f ü r eine E r h ö h u n g des O b s t v e r b r a u c h e s ist a u c h d a s A n g e b o t e i n e s breiten S o r t i m e n t e s a n Vera r b e i t u n g s p r o d u k t e n , wie D r . N e u m a n n (Zentrale W i r t s c h a f t s v e r e i n i g u n g O G S , Berlin) in s e i n e m V o r t r a g „ Z u Fragen (1er Sortimentsentwicklung bei Obst" a u s führte. Vorgesehen sind u . a . : Fruchtmixerzeugnisse auf A p f e l m u s b a s i s ( Z u s a t z v o n J o h a n n i s b e e r e n , H i m b e e r e n , A n a n a s u . dgl.), S t e i g e r u n g d e r P r o d u k t i o n v o n Sterilkonserven mit reduziertem Zuckergehalt, neue F r u c h t s a f t k o m b i n a t i o n e n (z.B. H o l u n d e r - B i r n e , O r a n g e Möhre), aromatisierte u n d kalorienreduzierte Marmeladen. Dr. Bock (Zentralinstitut für Ernährung, PotsdamR e h b r ü c k e ) b e h a n d e l t e in s e i n e m R e f e r a t „Sortimentserweiterung durch den Einsatz v o n E n z y m e n bei (1er Obstverarbeitung" a u c h die a n B e d e u t u n g z u n e h m e n d e e n z y m a t i s c h e G e w e b e m a z e r a t i o n . D u r c h dieses V e r f a h r e n "wird d a s k o m p a k t e P f l a n z e n g e w e b e in E i n z e l zellen z e r l e g t , so d a ß ein t r i n k f ä h i g e s O b s t p r o d u k t erh a l t e n wird, d a s besonders d u r c h seinen hohen R o h fasergehalt ernährungsphysiologisch wertvoll ist.
Ü b e r „Moderne Verfahren der Obst-, speziell der Ajifeliagerung" b e r i c h t e t e P r o f . D r . S t o l l e ( M a r t i n - L u t h e r Universität, Halle-Wittenberg). H a u p t a u f g a b e der Lag e r u n g ist ein A u s g l e i c h z w i s c h e n K o n t i n u i t ä t d e r P r o d u k t i o n u n d D i s k o n t i n u i t ä t des V e r b r a u c h s . I n A b hängigkeit von der erforderlichen Lagerdauer können Behelfsläger, Läger m i t W ä r m e d ä m m u n g (maschinelle K ü h l u n g ) sowie s o l c h e m i t z u s ä t z l i c h e r G a s s p e r r e v e r wendet werden. D e n V o r t r ä g e n schlössen sich B e r a t u n g e n i n 4 A r beitsgruppen an. Hierbei wurden Probleme der Produktionssteigerving u n d Sortimentsentwicklung, der V e r b r a u c h s e n t w i c k l u n g , d e r O b s t v e r a r b e i t u n g sowie der Zirkulations- und Distributionsprozesse diskutiert. S c h w e r p u n k t e der Diskussion w a r e n die prognostischen Vorstellungen ü b e r die Verbrauchs- u n d P r o d u k t i o n s ontwicklung u n d deren Realisierbarkeit. Die s t a r k e K o n z e n t r a t i o n auf d e n A p f e l u n d h i e r w i e d e r u m g a n z a u s g e p r ä g t auf e i n e S o r t e ( ' G e l b e r K ö s t l i c h e r ' ) e r l a u b t e i n e schnelle Steigerung des Obstverbrauchs. A u f g a b e der in d i e w e i t e r e Z u k u n f t z i e l e n d e n E n t w i c k l u n g ist es, d e m V e r b r a u c h e r ein b r e i t e s O b s t s o r t i m e n t , speziell a u c h ein breiteres Apfelsortiment, anzubieten. W. Fischer
Die Frau und die Ernährung Bericht über den XVIII. Kongreß der Slowakischen Gesellschaft für rationelle Ernährung in Tatranska Lomnica, CSSlt, vom 2 8 . - 3 0 . April 1975 D i e d i e s j ä h r i g e T a g u n g s t a n d a u s A n l a ß des von d e n V e r einten Nationen verkündeten Internationalen J a h r e s d e r F r a u u n t e r d e m M o t t o „ D i e F r a u u n d die E r n ä h r u n g " . D i e e t w a 30 g e h a l t e n e n V o r t r ä g e w a r e n f o l g e n d e n P r o blemkreisen gewidmet: — D i e S t e l l u n g d e r F r a u in d e r s o z i a l i s t i s c h e n Gesellschaft u n d der Beitrag der Lebensmittelindustrie u n d gesellschaftlichen Speisenwirtschaft zur Verwirklichung der Gleichberechtigung der F r a u — D i e V e r a n t w o r t u n g u n d die R o l l e d e r F r a u bei der Herausbildung richtiger Ernährungsgewohnheiten — Die Reduzierung der Hausarbeit, insbesondere der S p e i s e n z u b c r c i t u n g , m i t d e m Ziel, Z e i t f ü r die allseitige E n t w i c k l u n g d e r F r a u z u g e w i n n e n
E s sei w i c h t i g , d a ß a u c h d i e M ü t t e r m i t d i e s e n P r o blemen vertraut gemacht werden, zumal E r n ä h r u n g s g e w o h n h e i t e n a u c h schon i m V o r s c h u l a l t e r geprägt werden. •
E i n V e r t r e t e r des S l o w a k i s c h e n M i n i s t e r i u m s f ü r L a n d w i r t s c h a f t uncl E r n ä h r u n g ä u ß e r t e d e n S t a n d p u n k t , daß hinsichtlich der Agrarproduktion nunm e h r i m m e r s t ä r k e r die P r o b l e m e d e r Q u a l i t ä t i m S i n n e d e r r a t i o n e l l e n E r n ä h r u n g (einschließlich d e r gesundheitsfördernden Ernährung) beachtet werden müssen.
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Die B e m ü h u n g e n der Lebensmittelindustrie sind darauf gerichtet, Zeiteinsparungen bei der E n d f e r t i g u n g d e r Speisen zu erzielen. D i e s ist ein b e d e u t e n d e r A s p e k t bei d e r S o r t i m e n t s p o l i t i k , d e m a b e r n o c h s t ä r k e r e B e a c h t u n g zu schenken ist.
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D i e B e i t r ä g e , die sich m i t d e r V e r b e s s e r u n g d e r Schulspeisung u n d des Werkküchenessens beschäftigten, zeigten deutlich, d a ß zur Lösung der P r o b l e m e erhebliche materielle u n d finanzielle Mittel erforderlich s i n d u n d d a ß es in z u n e h m e n d e m M a ß e d a r a u f a n k o m m t , in d i e s e n B e r e i c h e n A r b e i t s k r ä f t e e i n z u s p a r e n sowie d e r e n A r b e i t s b e d i n g u n g e n z u v e r b e s sern .
— D i e E r n ä h r u n g d e r w e i b l i c h e n J u g e n d l i c h e n sowie der F r a u u n t e r Berücksichtigung v o n Arbeitsschwere, Alter, Schwangerschaft u n d Stillperiode. A u s d e r F ü l l e d e r b e h a n d e l t e n P r o b l e m e seien n u r einige e r w ä h n t : e E i n V e r t r e t e r des M i n i s t e r i u m s f ü r d a s S c h u l w e s e n d e r S S R b e t o n t e , d a ß die S c h u l e n o c h n i c h t in v o l l e m M a ß e i h r e r R o l l e bei d e r E r z i e h u n g z u r i c h t i g e n E r n ä h r u n g s g e w o h n h e i t e n gerecht wird. Bei der gegenw ä r t i g e n A u s a r b e i t u n g eines n e u e n k o m p l e x e n E r z i e h u n g s s y s t e m s , d a s die H e r a u s b i l d u n g sozialistis c h e r P e r s ö n l i c h k e i t e n z u m Ziel h a t , w e r d e a u c h d i e E r n ä h r u n g m e h r beachtet. Dabei wird nicht n u r die medizinische Seite der E r n ä h r u n g s l e h r e v e r m i t t e l t , sondern im M i t t e l p u n k t werden auch gesellschaftliche A s p e k t e d e r E r n ä h r u n g sowie P r o b l e m e d e r N a h r u n g s m i t t e l p r o d u k t i o n , Technologie u n d des wirtschaftliehen Umgangs mit Nahrungsmitteln stehen.
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Prof. Dr. Schmandke, Vorsitzender der Gesellschaft f ü r E r n ä h r u n g in d e r D D R , ü b e r b r a c h t e die G r ü ß e der Schwestergesellschaft. Mit V o r t r ä g e n w a r e n a m P r o g r a m m beteiligt Dr. Groß (Zentralinstitut für Ern ä h r u n g , P o t s d a m - R e h b r ü c k e ) sowie P r o f . D r . Stünde] und Dr. W i t z m a n n (Handelshochschule, Leipzig). Dr. H. Groß
Ernährungsforschung lieft G • 1975 • Bd. 20
Aromaprobleme in Nahrung und Ernährung. 4. Möglichkeiten und Grenzen instrumenteller Analysenmethoden
SHP für kalorienreduzierte Nahrungsmittel. Einsatz von neuartigen, gelbildenden Stärkehydrolyseprodukten in der Lebensmittelindustrie
Rödel, W. und Ii. Schrödter
Richter, M., F. Schierbaum und S. Augustat
Ernährungsforschung 20 (1975) H. 6, S. 163
Ernährungsforschung 20 (1975) H. 6, S. 168
Erleichterung der Hausarbeit — eine umfassende Aufgabe
Ätiologische Faktoren und Lebensweise in der Genese des Diabetes mellitus, unter besonderer Berücksichtigung der Ernährung
Groß, H.
Bruns,
W.
Ernährungsforschung 20 (1975) H. 6, S. 172 Ernährungsforschung 20 (1975) H. 6, S. 175
Die perspektmschen Aufgaben auf dem Gebiet der Diätetik Vetter, K. Ernährungsforschung 20 (1975) H. 6, S. 180
Vergleichende Untersuchungen zur ernährungsphysiologisch bilanzierten Gemeinschaftsverpflegung in Gegenüberstellung zu deren chemisch analysierter Beschaffenheit. 2. Mitteilung Gehlert, G. Ernährungsforschung 20 (1975) H. 6, S. 186
Probleme der Produktion und Versorgung mit Obst im Zusammenhang mit einer rationellen Ernährung Tagungsberioht Ernährungsforschung 20 (1975) H. 6, S. 191
Die Frau und die Ernährung Tagungsbericht Ernährungsforschung 20 (1975) H. 6, S. 192
Die Nahrung Chemie, Biochemie, Mikrobiologie, Technologie, Ernährung
Herausgegeben vom Zentralinstitut für Ernährung in Potsdam-Rehbrücke der AdW der DDR unter Mitwirkung eines internationalen Kollektivs
Je Heft 100 Seiten — mit Abb. — 16,7 X 24 cm — jährlich erscheinen 10 Hefte, je Heft 1 5 , - M (Sonderpreis für die D D R 1 2 , - M) Bestell-Nr. 1054
Diese Zeitschrift ist für den international-wissenschaftlichen Erfahrungsaustausch geschaffen worden. Sie umfaßt alle mit Nahrung und Ernährung in Zusammenhang stehenden Disziplinen der Chemie, Medizin und Technologie. „Die Nahrung" will mit der Veröffentlichung von Experimentalarbeiten, kritischen Fortschrittsberichten usw. der Verbreitung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts dienen und damit eine engere Verbindung zwischen den Fachkollegen herstellen. Durch die Berücksichtigung von Grundlagen- und Zweckforschung werden Theorie und Praxis zusammengeführt und der progressiven Entwicklung auf dem Gebiete der Ernährung des Menschen und seiner Nahrung alte und neue Möglichkeiten erschlossen. Auf diese Weise stellt die Zeitschrift eine Verbindung zwischen Lebensmittelchemikern, Ernährungsphysiologen und Lebensmitteltechnologen her.
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