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German Pages [169] Year 2022
Dominik Rodak
Entwicklungslinien des militärischen Sonderguts (peculium castrense) von Augustus bis Hadrian
V&R unipress Vienna University Press
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. Veröffentlichungen der Vienna University Press erscheinen bei V&R unipress. Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Österreichischen Forschungsgemeinschaft und des Rektorats der Universität Wien. © 2022 Brill | V&R unipress, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, Verlag Antike und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Römische Säulenbasis mit Legionären, 2. Hälfte des 1. Jhdts n Chr. Diese war im auf dem heutigen Mainzer Kästrich befindlichen Legionslager entweder ein Teil des Stabsgebäudes oder eines Säulengangs längs einer der Hauptstraßen. Die Säulenbasis ist heute im Landesmuseum Mainz mit der Inv Nr S 341 aufgestellt. © GDKE_Landesmuseum Mainz (Ursula Rudischer) Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-7370-1385-7
ARMY, the organized body of armed men which a state maintains for purposes of offensive or defensive war. Engels, »Army«, in Ripley/Dana (Hrsg), The American cyclopædia: A popular dictionary of general knowledge II2 (1879) 73.
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das militärische Sondergut (peculium castrense) 2. Ausgangspunkt: Inst 2,12 pr . . . . . . . . . . . 3. Die bisherige Literatur zum peculium castrense . 3.1. 13.–18. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . 3.2. 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. 20.–21. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . 3.4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Methodik und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . .
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13 13 15 26 26 26 31 33 33
II. Die Testierbefugnis des filius familias miles . . . . . . . . 1. Die Ausgangslage: Patria potestas . . . . . . . . . . . . 2. Das (reguläre) peculium des Haussohns . . . . . . . . . 3. Die grundsätzliche Testierunfähigkeit des filius familias 4. Der persönlich-zeitliche Anwendungsbereich . . . . . . 5. Die Vermögenswerte im peculium castrense . . . . . . . 5.1. Waffen, Ausrüstung und Kleidung . . . . . . . . . 5.2. Sold (stipendium) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Beute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4. Donative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5. Das praemium militiae . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Rechtspolitische Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2. Zum Zeitpunkt der Gewährung der Testierbefugnis a. Ausgangspunkt: Das prokonsularische imperium (27 v Chr) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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37 37 40 45 47 50 50 51 52 53 57 59 59 62
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Inhalt
b. Das imperium proconsulare maius (23 v Chr) . . . . . . . . c. Die Erstreckung des imperium auf Rom und Italien (19 v Chr) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Die Verlängerung der Dienstpflicht (13 v Chr und 6 n Chr) . 6.3. Das Verhältnis von princeps und milites: Der Soldateneid . . . 6.4. Gewaltunterworfene Söhne in der Armee . . . . . . . . . . . . a. Wehrpflicht und patria potestas . . . . . . . . . . . . . . . b. Pater patriae und patria potestas . . . . . . . . . . . . . . . c. Bona castrensia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Die organisatorisch-geographische Distanz zum Hausvater . e. Heiratsverbot und Soldatenfamilien . . . . . . . . . . . . . f. Die Koexistenz mit Hilfstruppen . . . . . . . . . . . . . . . 6.5. Die Zusammenschau mit dem Soldatentestament . . . . . . . 7. Zur vermögensrechtlichen Position des filius familias miles . . . .
64 66 66 70 75 76 78 82 88 93 94 98 101
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105 105 109 111 115
IV. Die Weiterentwicklung unter Hadrian . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Erweiterung auf gewaltunterworfene Veteranen . . 2.1. Verurteilte aufgrund von Militärdelikten . . . . . . 2.2. Veteranensiedlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Freilassung castrensischer Sklaven . . . . . . . . . . 3.1. Die Verwendung von Sklaven in der Armee . . . . 3.2. Manumissio castrensischer Sklaven . . . . . . . . . 3.3. Der Patronat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Von der verstorbenen Ehefrau geerbte Vermögenswerte
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119 119 123 124 127 129 129 132 133 138
V. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Verzeichnis der Quellenausgaben und Übersetzungen . . . . . . . . . . .
151
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
153
Quellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Fortbestand zwischen Augustus und Nerva? 1. Die Geltung über Augustus’ Tod hinaus . 1.1. Tiberius . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Die principes nach Tiberius . . . . . 2. Die »Erneuerung« durch Nerva . . . . . .
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Abkürzungsverzeichnis
a ANRW BGU BIDR C CTh CIL Chrest Mitt CQ D FIRA Frg Vat HA HZ Inst JRS Nov P Gen Lat P Mich P Giss RE SDHI TR TM UE ZPE ZSS
anno Temporini/Haase (Hrsg) Aufstieg und Niedergang der römischen Welt (1972–1996) Berliner griechische Urkunden Bullettino dell’Istituto di Diritto Romano Codex Iustiniani (des Corpus iuris civilis) Codex Theodosianus Corpus Inscriptionum Latinarum Mitteis (Hrsg), Grundzüge und Chrestomathie der Papyruskunde (1912) The Classical Quaterly Digesta (des Corpus iuris civilis) Fontes Iuris Romani Antejustiniani Fragmenta Vaticana Historia Augusta Historische Zeitschrift Institutiones Iustiniani (des Corpus iuris civilis) The Journal of Roman Studies Novellae Iustiniani (des Corpus iuris civilis) Archives militaires de Ier siècle. Texte inédit du papyrus latin de Genève Michigan Papyri Papyrus Gissensis Wissowa/Pauly (Hrsg), Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (1893–1980) Studia et Documenta Historiae et Iuris Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis Trismegistos Ulpiani Epitome Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Romanistische Abteilung
Vorwort
Das militärische Sondergut (peculium castrense) des gewaltunterworfenen Sohnes erwies sich generell als braches Feld in der jüngeren romanistischen Forschungslandschaft. Nach der Feststellung, dass die jüngere Forschung zum peculium castrense sich wenn, dann vorwiegend mit rechtsdogmatischen Fragen des klassischen Rechts auseinandergesetzt hatte, entschied ich mich für eine geschichtliche Darstellung der Phase, in welcher die Rechtsfigur ihre wesentlichen Prägungen erfuhr. Die vorliegende Arbeit wurde in ihrer Ursprungsfassung im Juni 2020 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien als Dissertation angenommen. Der Blick aus der zeitlichen Distanz nach Einreichung der Dissertation führte im vorliegenden Werk zu einigen sprachlichen Nachschärfungen, mancherorts zu klareren Ausführungen sowie formalen Korrekturen, jedoch zu keinen wesentlichen inhaltlichen Änderungen. Meinem Dissertationsbetreuer, Herrn Prof. Dr. Richard Gamauf, möchte ich dafür danken, die in der jüngeren Literatur nur eher am Rande beachtete Rechtsfigur des peculium castrense in das Blickfeld meiner Themensuche für das Doktorat gebracht zu haben. Herrn Prof. Dr. Richard Gamauf bin ich ebenso für die sehr anspruchsvolle und durchwegs konstruktiv-kritische Betreuung meiner Dissertation sowie zu Beginn meiner Recherchen für die Überlassung seines Manuskripts eines noch unveröffentlichten Beitrags zum servus castrensis als ersten Literaturfundus zu Dank verpflichtet. Der Abschluss der Dissertation wäre in meiner Funktion als Universitätsassistent samt Lehrverpflichtung ohne die Rücksicht meiner damaligen Vorgesetzten am Institut für Römisches Recht und Antike Rechtsgeschichte der Universität Wien in den Jahren 2016–2019 nicht möglich gewesen. Ich danke somit Herrn Prof. Dr. Richard Gamauf und Herrn Prof. Dr. Michael Memmer, mir Zeit für eigene Forschung eingeräumt zu haben. Der Hochschulstipendienstiftung für Hörer der Rechte der Universität Wien möchte ich meinen Dank für die finanzielle Unterstützung während der Abschlussphase des Doktoratsstudiums aussprechen.
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Vorwort
Meiner damaligen Kollegin am Institut für Römisches Recht und Antike Rechtsgeschichte der Universität Wien, Frau Dr. Jaqueline Bemmer, danke ich für Ermunterung, Zuspruch und Bestätigung, die Arbeit im breiteren Spektrum der Altertumskunde gedeihen zu lassen und überwiegend einem chronologischhistorischen Aufbau zu folgen. Für die Entlastung meiner Person von den finanziellen Hürden der Publikation der Dissertation danke ich aufrichtig dem Rektorat der Universität Wien und der Österreichischen Forschungsgemeinschaft, welche die Drucklegung mit je einer großzügigen Förderung unterstützt haben. Dem Team vom BRILL-Verlag und hier insbesondere von der Programmplanung Herrn Oliver Kätsch und Frau Dr. Julia Schwanke sowie hinsichtlich der Druckfinalisierung Frau Anke Moseberg-Sikora danke ich herzlich für die sehr freundliche und professionelle Betreuung und deren Einsatz in allen organisatorischen und technischen Belangen die Publikation betreffend. Für die Zurverfügungstellung des meines Erachtens sehr passenden Fotos für das Cover gilt mein Dank der Kuratorin der archäologischen Sammlungen des Landesmuseums Mainz, Frau Dr. Ellen Riemer. Wien, im Winter 2021
I.
Einleitung
1.
Das militärische Sondergut (peculium castrense)
Die vermögensrechtliche Seite der Familiengewalt (patria potestas1) des römischen Vaters (pater familias) über seine ihm unterworfenen Söhne, Töchter und Enkel_innen war jene, dass diese Hauskinder kein eigenes Vermögen haben konnten. Aller Erwerb der Hauskinder fiel dem Hausvater zu.2 Der Haussohn (filius familias) konnte sich nach klassischem Recht (im Vergleich zur Haustochter3) jedoch sowohl wirksam rechtsgeschäftlich verpflichten als auch aus diesen Rechtsgeschäften heraus geklagt werden.4 Mangels Eigenvermögen des filius familias konnten diese Ansprüche jedoch nicht vollstreckt werden.5 Die Ausnahme von diesen Grundsätzen bildete der Regelungskomplex zum militärischen Sondergut des Haussohns, dem peculium castrense (Adjektiv castrensis 1 Gai inst 1,55. Zur patria potestas siehe unten 37. 2 Gai inst 2,87 und 96; Frg Vat 51 (Paul 2 man trib); UE 19,18–19 und 20,10; Kaser/Knütel/Lohsse, Römisches Privatrecht21 (2017) 366 Rz 12f. Die grundsätzliche Vermögensunfähigkeit des filius familias illustriert sprachlich anschaulich Daube, Roman Law. Linguistic, Social and Philosophical Aspects (1969) 75f. 3 Der Haustochter (filia familias) waren Rechtsgeschäfte nach ius civile nicht möglich; siehe zB Gai inst 3,104. 4 D 44,7,39 (Gai 3 ed prov); D 5,1,57 (Ulp 41 Sab); D 4,4,3,4 (Ulp 11 ed). Mit (regulärem) peculium: D 15,1,44 (Ulp 63 ed). Vgl Kaser, Das römische Privatrecht. Erster Abschnitt: Das altrömische, das vorklassische und klassische Recht2 (1971) 343f. Auch bei einer Einziehung (ademptio) des (regulären) peculium seitens des pater familias bestand die rechtsgeschäftliche Verpflichtungsfähigkeit fort; siehe D 15,1,45 (Paul 61 ed). Zur actio rei uxoriae D 24,3,53 (Tryph 12 disp). Die Verpflichtungsfähigkeit des Haussohns für die Zeit der Republik und bis in die Klassik hinein generell verneinend Longo, Filius familias se obligat? Il problema della capacità patrimoniale dei filii familias (2003) 34–45. Dazu Burdese, Rez zu Longo, Filius familias se obligat? Il problema della capacità patrimoniale dei filii familias (2003), SDHI 71 (2005) 597– 607 und Manfredini, Rez zu Longo, Filius familias se obligat? Il problema della capacità patrimoniale dei filii familias (2003), IVRA 55 (2004/5) 250–264. Zweifelnd für die Frühzeit auch Kaser, Das römische Privatrecht I 65. 5 Kaser, Das römische Privatrecht I 343. Klinck, Die persönliche Haftung des filius familias, ZSS 132 (2015) 126–153, erwägt eine Personalexekution gegen den Haussohn.
14
Einleitung
von castrum, Militärlager, Kastell; der Begriff castrensis bezieht sich auch auf die spezifische Tätigkeit der Soldaten, ihren Militärdienst6). Dieses Vermögen wurde in der Hochklassik juristisch als Eigenvermögen des filius familias betrachtet.7 Es handelte sich dabei um ein Sondervermögen, das der Haussohn im Rahmen seines Militärdienstes (als filius familias miles8) erworben hatte. Zur Zeit des Alexander Severus (Regierungszeit: 222–235 n Chr9), also in der Periode der spätklassischen Jurisprudenz,10 setzte sich das peculium castrense wie folgt zusammen:11 seit Augustus aus typischen Erwerbungen eines Soldaten (wie Sold, Beute, Prämien und Abfindungen), zudem seit Hadrian auch Vermögenswerten, die der Soldat von seiner verstorbenen Ehefrau geerbt hat.12 Darüber hinaus waren im peculium castrense auch Abschiedsgeschenke, die dem Soldat anlässlich seines Abganges in den Heeresdienst gegeben worden waren,13 sowie unentgeltliche Zuwendungen von Bekanntschaften in castris14.
6 Vgl Heumann/Seckel, Handlexikon zu den Quellen des römischen Rechts9 (1914) 57f; Fleckner, Antike Kapitalvereinigungen. Ein Beitrag zu den konzeptionellen und historischen Grundlagen der Aktiengesellschaft (2010) 431. 7 Ab dem Juristen Papinian findet sich dann auch der Eigentumsbegriff proprietas in den Quellen. Siehe D 49,17,15,4 (Pap 35 quaest), dazu unten 103. 8 Der Begriff des filius familias miles wird zB verwendet in den Stellen D 49,17,2 (Ulp 67 ed), D 49,17,9 (Ulp 4 disp) und D 49,17,14 (Pap 27 quaest). Mangels Soldatinnen in der römischen Armee bleibt in den folgenden Ausführungen die Rechtsstellung der Haustöchter außer Betracht. 9 Kienast/Eck/Heil, Römische Kaisertabelle. Grundzüge einer römischen Kaiserchronologie6 (2017) 171. 10 Vgl Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte11 (2014) 231–236. 11 Zur folgenden Zusammensetzung des peculium castrense Fitting, Das castrense peculium in seiner geschichtlichen Entwickelung und heutigen gemeinrechtlichen Geltung (1871) 24–91; La Rosa, I peculii speciali in diritto romano (1953) 19–60; Lehmann, Das Eigenvermögen der römischen Soldaten unter väterlicher Gewalt, in ANRW II.14 (1982) 186–207. 12 D 49,17,13 (Pap 16 quaest); D 49,17,16 pr (Pap 19 resp). 13 Fitting, Castrense peculium 36f; Guarino, L’oggetto del »castrense peculium«, BlDR 48 (1941) 44–52, 72. Der Zeitpunkt der Erweiterung auf diese Abschiedsgeschenke ist strittig; siehe dazu die Diskussion bei Lehmann, Eigenvermögen 197–202. Albertario, Appunti sul peculio castrense, BlDR 39 (1931) (= ders, Studi di diritto romano I [1933] 157–178) 7 Fn 1, geht von dieser Erweiterung (»ampliamento«, ebda 7) auf diese Vermögensgegenstände gegen Ende der Herrschaft des Septimius Severus zwischen 198 und 211 n Chr aus. Vgl La Rosa, Peculii speciali 45–51. Dagegen Lehmann, Eigenvermögen 201, welcher die Abschiedsgeschenke als »für die spätklassischen Juristen (…) schon feste[n] Bestandteil« betrachtet. Allerdings lässt auch Lehmann ebda offen, ab wann die Abschiedsgeschenke zum peculium castrense gerechnet wurden. Als dem peculium castrense zuzurechnende Abschiedsgeschenke wurden nur bewegliche Sachen anerkannt; siehe zB C 12,36,1,1 (Alex Sev, a 223). Hingegen konnten im Vermögen von ex castris noti, das als Erbschaft in ein peculium castrense fiel, Immobilien enthalten sein; siehe C 12,36,1,2 (Alex Sev, a 223). Dazu Fitting, Castrense peculium 74f. 14 D 49,17,8 (Ulp 45 ed).
Ausgangspunkt: Inst 2,12 pr
2.
15
Ausgangspunkt: Inst 2,12 pr
Den Beginn der juristischen Relevanz des peculium castrense markierte die Entscheidung des Augustus (Regierungszeit 27 v Chr-14 n Chr15), dass der Haussohn über die Vermögenswerte des militärischen Sonderguts ein Testament errichten durfte. Den zentralen Text zu dieser den Haussöhnen eingeräumten Testierbefugnis bildet die folgende Stelle der Institutionen des Justinian, welche man – von den wenigen justinianischen Neuerungen abgesehen16 – zugleich auch als grobe Skizze des groß angelegten Regelungskomplexes zum peculium castrense des klassischen Rechts lesen kann: Inst 2,12 pr Non tamen omnibus licet facere testamentum. Statim enim hi qui alieno iuri subiecti sunt testamenti faciendi ius non habent, adeo quidem ut, quamvis parentes eis permiserint, nihilo magis iure testari possint: exceptis his quos antea enumeravimus, et praecipue militibus qui in potestate parentum sunt, quibus de eo quod in castris adquisierint permissum est ex constitutionibus principum testamentum facere. Quod quidem initio tantum militantibus datum est tam ex auctoritate divi Augusti quam Nervae nec non optimi imperatoris Traiani; postea vero subscriptione divi Hadriani etiam dimissis militia, id est veteranis, concessum est. Itaque si quidem fecerint de castrensi peculio testamentum, pertinebit hoc ad eum quem heredem reliquerint: si vero intestati decesserint, nullis liberis vel fratribus superstitibus, ad parentes eorum iure communi pertinebit. Ex hoc intellegere possumus, quod in castris adquisierit miles qui in potestate patris est, neque ipsum patrem adimere posse neque patris creditores id vendere vel aliter inquietare neque, patre mortuo, cum fratribus esse commune, sed scilicet proprium eius esse id quod in castris adquisierit, quamquam iure civili omnium qui in potestate parentum sunt peculia perinde in bonis parentum computantur acsi servorum peculia in bonis dominorum numerantur: exceptis videlicet his quae ex sacris constitutionibus, et praecipue nostris, propter diversas causas non adquiruntur. Praeter hos igitur qui castrense peculium vel quasi castrense habent, si quis alius filiusfamilias testamentum fecerit, inutile est, licet suae potestatis factus decesserit. Übersetzung: »Nicht allen jedoch ist es erlaubt, ein Testament zu errichten. Zunächst einmal sind nämlich diejenigen, die dem Recht eines anderen unterworfen sind, nicht zur Testamentserrichtung berechtigt. Dies geht so weit, dass sie, selbst wenn ihr Hausvater es ihnen erlaubt hat, trotzdem nicht wirksam testieren können, ausgenommen diejenigen, die wir vorher aufgezählt haben,17 und zwar besonders die in der Hausgewalt ihrer Väter stehenden Soldaten, denen nach kaiserlichen Konstitutionen erlaubt ist, über das, was sie im Militärdienst erworben haben, ein Testament zu errichten. Dieses Recht wurde anfangs kraft der Autorität des vergöttlichten Kaisers Augustus sowie des Kaisers 15 Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 53. 16 Nov 118. Dazu unten 24 und Fn 69. 17 Unter dem Titel 2,11 der justinianischen Institutionen, welcher der Stelle vorangeht, wird das testamentum militis erläutert. Gemeint sind somit hier wie dort Soldaten.
16
Einleitung
Nerva, aber auch des vortrefflichen Kaisers Trajan nur den aktiven Soldaten gewährt. Später aber wurde es durch einen Bescheid des vergöttlichten Kaisers Hadrian auch den aus dem Militärdienst Entlassenen, das heißt den Veteranen, zugestanden. Haben diese daher ein Testament über das militärische Sondergut errichtet, fällt dieses an den, den sie als Erben bestimmt haben. Sind sie dagegen testamentslos gestorben, ohne Kinder oder Brüder zu hinterlassen, fällt das Sondergut nach allgemeinem Recht an ihren Hausvater. Daran lässt sich folgendes erkennen: Was der in Hausgewalt des Vaters stehende Soldat im Militärdienst erworben hat, kann weder der Vater selbst wegnehmen, noch können es die Gläubiger des Vaters verkaufen oder sonst in Anspruch nehmen, noch gehört es nach dem Tode des Vaters dem Soldaten und seinen Brüdern gemeinschaftlich. Vielmehr ist das, was der Soldat im Militärdienst erworben hat, selbstverständlich sein eigen, obgleich nach Zivilrecht das Sondergut all derer, die in der Hausgewalt ihres Vaters stehen, ebenso zum Vermögen des Vaters gerechnet wird wie das Sondergut der Sklaven zum Vermögen ihres Eigentümers gezählt wird, natürlich mit Ausnahme dessen, was die Gewalthaber aufgrund kaiserlicher und besonders auch unserer Konstitutionen aus verschiedenen Gründen nicht erwerben können. Hat ein anderer Haussohn, der also nicht zu denen gehört, die ein militärisches oder quasimilitärisches Sondergut haben, ein Testament errichtet, so ist dieses unwirksam, auch wenn er erst gestorben ist, nachdem er gewaltfrei geworden war.«18
Kernaussage der Stelle ist folgende: Starb ein Haussohn, so stellte sich die Frage einer Erbfolge nicht, da der filius familias, wie bereits oben angeführt, rechtlich kein Vermögen haben konnte, über das er letztwillig hätte verfügen können. Die Testierfähigkeit von Haussöhnen war nicht gegeben (testamenti faciendi ius non habent). Selbst wenn ein Haussohn sui iuris wurde (etwa durch emancipatio oder Tod seines Vaters),19 war ein noch unter der patria potestas errichtetes Testament ungültig. War er hingegen Soldat, konnte er als filius familias miles ein Testament errichten. Das Testament hatte jene Vermögenswerte zum Inhalt, welche der Haussohn im Zuge seines Militärdienstes erworben hatte (quod in castris adquisierint). Der (engere oder weitere) Konnex zur militia machte die vom Haussohn in castris erworbenen Sachen, wie zB Sold und Beutestücke,20 zu Bestandteilen des peculium castrense. Der militärische Zusammenhang kennzeichnete im Wesentlichen das peculium castrense als militärisches Sondergut.21 Die Darstellung der Testierbefugnis der Haussöhne über ihr peculium castrense (im aktiven Armeedienst als auch als Veteranen) erfolgt durch Justinian22 18 Übersetzung: Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler (Hrsg), Corpus Iuris Civilis. Text und Übersetzung I2 (1997) 85f. 19 Zur Beendigung der patria potestas siehe unten 39. 20 Zu den Vermögenswerten, deren Erwerb des filius familias miles in direktem Zusammenhang mit seinem Militärdienst stand, siehe unten 50. 21 Siehe Paul sent 3,4a,3; D 49,17,11 (Mac 2 re milit): Nam quod erat et sine militia adquisiturus, id peculium eius castrense non est. 22 Weil das Basiswerk für die mit Gesetzeskraft versehenen Institutionen des Justinian die institutiones des Gaius waren, kann der Text der Gaius-Institutionen so rekonstruiert werden,
Ausgangspunkt: Inst 2,12 pr
17
retrospektiv. Dadurch wird ersichtlich, dass die Rechtsentwicklung des militärischen Sonderguts ihre Impulse wesentlich durch Entscheidungen der principes erfuhr.23 Der Begriff der auctoritas im Text meint hier in einem allgemeinen Sinn die kaiserliche Gesetzgebungsbefugnis über mehrere Herrschergenerationen hinweg: Augustus, Nerva (Regierungszeit: 96–98 n Chr24) und Trajan (Regierungszeit: 98–117 n Chr25). Damit ist nicht nur das speziell auf Augustus zugeschnittene Machtinstrument der außerhalb von potestas und imperium gestanden auctoritas26 angesprochen. Die spezielle Testierbefugnis des gewaltunterworfenen filius über das peculium castrense berührte aus vermögensrechtlicher Perspektive die »Machtfülle des römischen paterfamilias«27. Das peculium castrense wird in der Institutionenstelle scharf vom regulären peculium abgegrenzt: Da das peculium castrense dem Hausvater nicht wie ein reguläres peculium zugerechnet wurde, fiel es bei Tod des Hausvaters auch nicht in dessen Erbmasse. Es wurde also nicht gemeinschaftliches Erbvermögen bei Intestaterbfolge (si vero intestati decesserint, nullis liberis vel fratribus superstitibus, ad parentes eorum iure communi pertinebit), sondern verblieb beim Haussohn. Ob dem pater familias zu Lebzeiten des Haussohns eine Einziehung
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27
dass Gaius nach dem Anfang seiner Abhandlung des Soldatentestaments ab 2,111 (wo der überlieferte Text eine Lücke aufweist) möglicherweise das peculium castrense angeführt hatte. Dann entspräche der Wortlaut und Inhalt der justinianischen Institutionen den Gaius-Institutionen, was den Inhalt und die Rechtslage das peculium castrense betreffend für die ersten beiden Jahrhunderte angeht. Siehe dazu Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 231 Rz 20f. Vgl Manthe, Gaius Institutiones. Die Institutionen des Gaius2 (2010) 148–153, der Abschnitt im zweiten Buch der Gaius-Institutionen wird hierbei mit 111a bezeichnet. Lehmann, Eigenvermögen 270 Fn 276, weist darauf hin, dass die Epitome Ulpiani »systematisch von Gajus abhängen« und das peculium castrense unter dem Titel De testamentis behandelt wird. Siehe auch Jung, Das Eherecht der römischen Soldaten, in ANRW II.14 (1982) 342; Albertario, Appunti 7f. Die ebenfalls, aber in viel geringerem Umfang bzw nur in wenigen Fragmenten für die justinianischen Institutionen herangezogenen Institutionen des Florentinus sind hier nicht relevant. Dessen in den justinianischen Digesten überlieferte Fragmente, die (wenn auch textlich verändert) in die justinianischen Institutionen Eingang fanden, befassen sich nicht mit dem peculium castrense. Vgl D 46,4,18,1 (Flor 8 inst) und D 45,2,7 (Flor 8 inst) bzw Inst 3,29,2 und Inst 3,16,2. Siehe dazu ausführlich Schulz, Geschichte der römischen Rechtswissenschaft (1961) 189–191. Meyer-Hermann, Testamentum militis – das römische Recht des Soldatentestaments. Entwicklung von den Anfängen bis zu Justinian (2012) 69, bezeichnet das peculium castrense als »ältesten Falles der auf Neubildungen des Kaiserrechts beruhenden Sondervermögen«. Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 114. Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 116. Grant, From Imperium to Auctoritas. A Historical Study of Aes Coinage in the Roman Empire 49 B.C. – A.D. 142 (1969) 443; Galinsky, Augustan Culture. An Interpretive Introduction (1996) 10–41; Heinze, Auctoritas (1925), in Burck (Hrsg) Richard Heinze: Vom Geist des Römertums. Ausgewählte Aufsätze4 (1972) 43–58. Zum Verhältnis von auctoritas des princeps und Einrichtung des ius respondendi siehe Fanizza, Autorità e diritto. L’esempio di Augusto (2004); Domingo, Auctoritas (1999) 38–50. Kaser, Das römische Privatrecht I 60.
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Einleitung
(ademptio) des militärischen Sonderguts bereits in der augusteischen bis klassischen Rechtsperiode verwehrt war, und zwar kategorisch gleich der justinianischen Rechtslage (… neque ipsum patrem adimere posse), ist fraglich.28 Gläubiger des pater familias konnten nicht auf die Vermögenswerte des peculium castrense greifen; umgekehrt haftete der Hausvater ebenso wenig wegen schuldrechtlicher Ansprüche castrensischen Ursprungs aus der actio de peculio vel in rem verso.29 Bezeichnend für die vermögensrechtliche Stellung des filius familias miles bzw filius familias veteranus ist in der Institutionenstelle des Justinian die juristische Qualifizierung des peculium castrense als Eigenvermögen des Haussohns (scilicet proprium eius esse id quod in castris adquisierit). Damit wird eine bereits feststehende Ansicht der Hochklassik wiedergegeben:30 Das militärische Sondergut war dem Haussohn proprium (»in dem Eigentume einer bestimmten Person befindlich«31). Diese Auffassung war das Ende einer Entwicklungslinie. Der Spätklassiker Papinian verwendete bereits den Ausdruck proprietas nahezu selbstverständlich für die vermögensrechtliche Position des Haussohns am peculium castrense.32 Einige andere Juristen vertraten noch die (ältere) Meinung, dass das peculium castrense – wie auch das gewöhnliche, nicht-militärische peculium – eigentumsrechtlich dem Vermögen des Hausvaters zugerechnet wurde.33 Nach dieser Rechtsansicht griff die auf das peculium castrense bezogene Testierfähigkeit des Haussohns in dieses Eigentumsrecht des Hausvaters ein. Die dem Haussohn gewährte Testierbefugnis hat nämlich zur Folge, dass im Erbfall nach Versterben des filius familias der im Testament eingesetzte Erbe des Haussohns die castrensischen Vermögenswerte erhielt. Zu Lasten des eingesetzten Erben konnte der pater familias über die geerbten castrensischen Vermögenswerte ohne weitere testamentarische Anordnungen (zB fideicommissa oder Legate) nicht verfügen. Der Eingriff in das ius civile ging dabei jedoch nicht soweit, dass die Eigentumsposition des filius familias dem prozessualen Denken der Römer gemäß 28 Offen bleibt hiermit auch, ob bereits Gaius in dem nicht überlieferten Abschnitt seiner Institutionen über das peculium castrense (siehe Fn 22) die Möglichkeit der Einziehung des peculium castrense durch den Vater verweigerte. Gegen die Möglichkeit einer ademptio Guarino, L’oggetto 70f. Jedoch bestand für den Hausvater keine Kollationspflicht; siehe D 37,6,1,22 (Ulp 40 ed): Si is qui bona collaturus est habeat filium peculium castrense habentem, non cogetur utique peculium eius conferre. 29 D 49,17,18,4–5 (Maec 1 fid); Fitting, Castrense peculium 159. Ob bei nicht-castrensischen Schulden des Haussohns auf das peculium castrense zugegriffen werden konnte siehe Lehmann, Eigenvermögen 211–214 und Fitting, Castrense peculium 159–163. 30 Zur möglichen Entsprechung der Stelle in den Gaius-Institutionen siehe oben Fn 22. 31 Heumann/Seckel, Quellen 471; mit dem Wortlaut proprium auch in C 12,36,3 (Alex Sev, a 224). Zu dieser Quelle siehe unten 40. 32 D 49,17,15,4 (Pap 35 quaest). Zum Text der Stelle sowie Erläuterungen dazu siehe unten 103. 33 ZB Maecian in D 49,17,18,5 (Maec 1 fid). Dazu Fitting, Castrense peculium 130f.
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dadurch zum Ausdruck gebracht worden wäre, dem Haussohn die rei vindicatio zur Geltendmachung eines dinglichen Herausgabeanspruchs der castrensischen Güter gegeben zu haben. Die Maßnahme des Augustus sprach dem filius familias miles auch nicht Eigentum an den castrensischen Sachen zu, sondern grenzte auf die Möglichkeit der Errichtung einer letztwilligen Verfügung nur während aufrechten Militärdienstes ein. Erst Hadrian gewährt auch den Veteranen, über ihr peculium castrense zu testieren (vero subscriptione divi Hadriani etiam dimissis militia, id est veteranis, concessum est). Neben der generellen Möglichkeit des filius familias miles, Sklaven aus dem peculium castrense freizulassen, entschied Hadrian, dass der Haussohn auch Patron jener freigelassenen Sklaven wurde.34 Auf Seiten des filius familias miles bewirkte diese Testierbefugnis einen umso größeren Einschnitt in seine Rechtsstellung, wenn man eine Geschäftsfähigkeit des Haussohns in der Republik und dem frühen Prinzipat generell verneint35 oder auch für die klassische Rechtsperiode zumindest bezweifelt36. Machte der Haussohn von der ihm über das peculium castrense eingeräumten Testierbefugnis nicht Gebrauch, verstarb er also ohne Testament, so kam das althergebrachte ius civile zur Anwendung und das peculium castrense behielt nach allgemeinem (Pekuliar-)recht (iure communi) der Hausvater; dieser wurde rückwirkend als Eigentümer der castrensischen Sachen betrachtet.37 Der pater familias war in diesem Fall – also wenn kein Testament des filius vorlag – nicht Erbe, sondern (immer schon) Eigentümer des peculium castrense. Er brauchte die darin enthaltenen Vermögenswerte daher erbrechtlich niemandem ausfolgen, da eben keine Intestaterbfolge eintrat.38 Nach klassischem (prätorischem) Recht haftete der Hausvater innerhalb eines Jahres (annus utilis) für offene 34 D 37,14,8 pr (Mod 6 reg); D 38,2,3,8 (Ulp 41 ed); D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp); D 38,2,22 (Marc 1 inst). 35 Longo, Filius familias 1–45. Die dem filius familias miles für das peculium castrense gewährte Testiermöglichkeit wird von Longo, Filius familias 25, bloß als »facoltà (…), sicuramente anomala per un potestati subiectus« beschrieben, welche erst zunehmend durch weitere Zugeständnisse der principes zu einer greifbaren Abgrenzung vom pater familias führt; siehe ebda 24–26. 36 Kaser, Das römische Privatrecht I 65. 37 Vgl D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp): pater antiquo iure habeat peculium retroque videatur habuisse rerum dominia; D 35,2,18 (Paul 11 quaest): nam cum apud patrem remanet, ius pristinum durat et peculium est; D 49,17,14 (Pap 27 quaest): iure pristino peculium pater habebit. Zur Verwendung der Begriffe remanere und ius pristinum in den genannten justinianischen Digestenstellen Fitting, Castrense peculium 137, insb Fn 8; Ulpian spricht in D 49,17,2 (Ulp 67 ed) bei Versterben des filius familias miles ohne Testament von Erhalt des militärischen Sonderguts seitens des Vaters als quasi peculium: Si filius familias miles decesserit, si quidem intestatus, bona eius non quasi hereditas, sed quasi peculium patri deferuntur: si autem testamento facto, hic pro hereditate habetur castrense peculium. 38 D 49,17,9 (Ulp 4 disp): Dicebam castrense peculium filii familias, si quidem testatus decessit, quasi hereditatem deferri heredi scripto, sive extraneum scripsit heredem sive patrem. Sed cum nihil de peculio decernit filius, non nunc obvenisse patri, sed non esse ab eo profectum creditur.
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Schulden seines verstorbenen Haussohns, die in einem Konnex mit dem peculium castrense standen. Der pater familias haftete in diesen Fällen (pro viribus mit seinem Gesamtvermögen) bis zur Höhe des peculium castrense (dumtaxat de peculio wie bei einem gewöhnlichen, von ihm selbst eingeräumten peculium39).40 Der Mechanismus des Rückfalls nach Pekuliarrecht wurde trotz der weitgehenden Verfügungsbefugnisse seitens des Haussohns41 bis in das nachklassische Recht beibehalten.42 Zudem hatte die den Haussöhnen gewährte Testierbefugnis eine weitere Auswirkung: Das peculium castrense grenzte sich dadurch von einem dem filius familias eingeräumten gewöhnlichen peculium ab, über welches sein pater familias als Eigentümer die Testierbefugnis hatte. Damit kann man das peculium castrense mit Guarino und La Rosa als »un peculio speciale«43 bezeichnen. Wohl genuin justinianisch war die Rechtslage, dass wenn der Haussohn ohne Testament verstarb und dessen Kinder und Brüder ihn überlebten, das peculium castrense nicht an den Vater fiel, sondern an diese Überlebenden; negativ in der Institutionenstelle formuliert: si vero intestati decesserint, nullis liberis vel fratribus superstitibus, ad parentes eorum iure communi pertinebit.44 Bemerkenswert ist die spezielle Genese des Regelungskomplexes zum peculium castrense: Nach der anfänglichen und in das bestehende ius civile eingreifenden Anordnung des Augustus erfolgte dem Überlieferungsstand nach erst mit dem Juristen Julian unter Hadrian die Auseinandersetzung anhand konkreter Rechtsfälle. Das peculium castrense »[verdankt] überhaupt (…) seine Entstehung sowohl, als auch seine weitere Entwicklung fast ausschließlich kaiserlichen 39 Siehe die mehrfach erwähnte Wendung dumtaxat de peculio beim gewöhnlichen peculium in den Fragmenten unter dem justinianischen Digestentitel 15,1 (De peculio), zB D 15,1,5,1–2 (Ulp 29 ed), D 15,1,37,1 (Iul 12 dig). 40 D 49,17,17 pr (Pap 2 def). Ist der Hausvater vom Haussohn als Erbe eingesetzt worden, haftete der Hausvater unbefristet (siehe ebda). Dazu Fitting, Castrense peculium 253f. Zur Haftung pro viribus beim gewöhnlichen peculium Kirschenbaum, Sons, Slaves and Freedmen in Roman Commerce (1987) 50. 41 Jedenfalls am Ende der Prinzipatszeit. Vgl Kaser, Das römische Privatrecht. Zweiter Abschnitt: Die nachklassischen Entwicklungen2 (1975) 215. 42 Kaser, Das römische Privatrecht II 215f. Durch die 118. Novelle Justinians kam es zu einer Modifizierung dieser Rechtslage, sodass bei testamentslosem Versterben des filius familias miles bzw veteranus statt des pater familias die Nachkommen des verstorbenen Haussohns erbten. Siehe dazu Fitting, Castrense peculium 366–368 und unten Fn 69. 43 Guarino, L’oggetto 71f; titelgebend La Rosa, Peculii speciali, worunter neben dem peculium castrense gleichermaßen auch das nachklassische peculium quasi castrense von unter väterlicher Gewalt gestandenen Bediensteten in der kaiserlichen Verwaltung behandelt wird. 44 Dazu Kaser, Das Römische Privatrecht II 216; La Rosa, Peculii speciali 170–173. Durch die justinianische Novelle 118 entfiel der Heimfall nach Pekuliarrecht an den Vater bei testamentslosem Versterben des filius familias wohl gänzlich. Nach dieser Novelle wurden (uneheliche) Deszendeten des filius familias dem pater familias in der Intestaterbfolge vorgezogen. Dazu Kaser, Das Römische Privatrecht II 216 Fn 8; La Rosa, Peculii speciali 171. Zu Nov 118 siehe unten 24 und Fn 69.
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Konstitutionen.«45 Die Einführung des peculium castrense war »die Durchbrechung des alten Rechtssystems durch einen Act kaiserlicher Vollgewalt«46. In den ersten beiden nachchristlichen Jahrhunderten sind kaiserliche Erlässe überwiegend im Bereich der Verwaltung zur Bewältigung von Missständen ergangen, »zu deren Beseitigung Jurisprudenz und Magistrate sich nicht imstande fühlten«.47 Guarino stimmt insofern mit Schulz überein und bezeichnet das peculium castrense als »una genesi e continui impulsi di carattere politico«48. Die Entscheidungen der principes das peculium castrense betreffend stellen somit eine der sehr raren einschneidenden Maßnahmen auf dem Gebiet des Privatrechts dar. Auch Fitting erwähnt den politischen Hintergrund der Maßnahme des Augustus: »Der wahre und eigentliche Grund war aber ohne Zweifel ein ganz anderer, ein politischer; nämlich die zwiefache Absicht, erstens die im Heere dienenden Haussöhne durch eine Vergünstigung zu gewinnen, zweitens sie von ihren Gewalthabern unabhängiger und dadurch zu desto brauchbarern Werkzeugen für die Zwecke des Kaisers zu machen.«49
Der Wortlaut der augusteischen Fassung der Gewährung, dass der filius familias miles ein Testament über sein peculium castrense errichten dürfe, kann nur vermutet werden. Aufgrund von Gualandis These, dass Kaiserkonstitutionen durch die klassischen Juristen stets im Wortlaut wiedergegeben wurden,50 könnte die Konstitution des Augustus aus UE 20,10 abgeleitet werden: Filius familiae testamentum facere non potest, quoniam nihil suum habet, ut testari de eo possit. Sed divus Augustus constituit, ut filius familias miles de eo peculio, quod in castris adquisivit, testamentum facere possit. Übersetzung: Ein Haussohn kann kein Testament aufsetzen, weil er nichts an Eigenvermögen hat, worüber testiert werden kann. Der vergöttlichte Augustus hat jedoch bestimmt, dass ein im Militärdienst stehender Haussohn über jene Vermögenswerte, die er in der Armee erworben hat, ein Testament errichten können soll.
45 46 47 48 49 50
Fitting, Castrense peculium 37. Fitting, Castrense peculium 17. Schulz, Prinzipien des römischen Rechts. Vorlesungen von Fritz Schulz (1934) 8. Guarino, L’oggetto 45. Fitting, Castrense peculium 18. Gualandi, Legislazione imperiale e giurisprudenza II (1963) 42f. Dagegen Mayer-Maly in seiner Rez zu dem soeben zitierten Werk von Gualandi, ZSS 81 (1964) 413f. Siehe dazu auch De Francisci, Per la storia della legislazione imperiale durante il principato, BlDR 70 (1967) 189 Fn 3.
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Die Bestimmung hätte demnach (zumindest zum Teil) gelautet haben können: Filius familias miles de eo peculio, quod in castris adquisivit, testamentum facere potest.51 Augustus kam mit der Gewährung der Testierbefugnis über das peculium castrense den Haussöhnen insofern entgegen, als wohl auch bei diesen das Bedürfnis bestand, ihre Kameraden, mit welchen sie Seite an Seite den strapaziösen Militärdienst durchgemacht hatten, als Erben einzusetzen. Die Erbeinsetzung eines Kameraden durch den jeweils anderen ist durch Grabinschriften belegt.52 Sollte es sich beim eingesetzten Kameraden ebenfalls um einen Haussohn gehandelt haben, galt die Regel, dass eine Erbschaft nur auf Geheiß (iussum) des Vaters angetreten werden durfte,53 hier nicht. Denn diese Regel setzte logisch voraus, dass zivile Haussöhne kein ihnen zugeschriebenes Vermögen hatten, dem die Erbschaft hätte zufließen können.54 Treffend formuliert Masi Doria am Beispiel der Regelung durch ein Reskript Hadrians, dass der filius familias manumissor auch Patron des freigelassenen Sklaven wird,55 das Verhältnis von Jurisprudenz und den kaiserlichen Impulsen, die das Institut prägten: »Mentre la creatività della giurisprudenza si esplicava in modo cauto, prudente, badando sopratutto a non intervenire su istituti tradizionale derivanti dal ius civile, l’auctoritas imperiale poteva spingersi oltre sviluppando, modificando, e semmai riformando il sistema esistente proprio per impulso di interpretazioni giurisprudenziali (…)«56.
Kennzeichnend dafür ist einerseits das Bestreben, die Regelungen das peculium castrense betreffend nicht mehr als unbedingt notwendig in Konflikt mit der patria potestas geraten zu lassen. Andererseits bleiben die rechtspolitischen 51 Vgl die Verwendung des Konjunktivs beim Zitieren einer Kaiserkonstitution auch in D 29,1,1 pr (Ulp 45 ed) aE; zu dieser Digestenstelle siehe unten 98. 52 Inschriften mit Nennung von Soldaten, die explizit aus Mitteln ihres peculium castrense ein Grab eines ihrer Kameraden (commilito) oder auch für sich durch andere errichten ließen, sind rar. Ein Beispiel für ein solches Grabmal bezeugt CIL III 2040 aus Salonis/Dalmatien, mit den Worten DE SUO PECULIO F(ACIENDUM) I(USSIT) SIBI in der fünften Zeile. Zu dem in Inschriften verwendeten Begriff des commilito siehe Lendon, Contubernalis, Commanipularis, and commilito in Roman Soldier’s Epigraphy: Drawing the Distinction, ZPE 157 (2006) 274–276. Weitere inschriftlichte Belege: CIL III 13486 sowie Nachweise auch bei Speidel, Roman Army Studies II (1992) 129f und Champlin, Final judgements. Duty and emotion in Roman wills, 200 B.C. – A.D. 250 (1991) 38f. 53 Gai inst 2,87. 54 Siehe in Gai inst 2,87 die inhaltliche Verknüpfung von Vermögensunfähigkeit und Unfähigkeit der Hauskinder, eine Erbschaft ohne Zustimmung des pater familias anzutreten: qui in potestate nostra est, nihil suum habere potest. Et ideo, si heres institutus sit, nisi nostro iussu hereditatem adire non potest. 55 D 37,14,8 pr (Mod 6 reg); D 38,2,3,8 (Ulp 41 ed); D 38,2,22 (Marc 1 inst). 56 Masi Doria, Bona Libertorum. Regimi giuridici e realità sociali (1996) 325.
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Motive der kaiserlichen Konstitutionen iSd militärischen Interessen sowie der Bindung der Soldaten an die Person des princeps bewahrt. Nichts spricht dagegen, dass dieser Grundintention des princeps die Juristen auch in Hinblick auf den Regelungskomplex des peculium castrense mit dem ihnen vom Kaiser verliehenen ius respondendi ex auctoritate principis57 als »organi del potere imperiale e dei collaboratori del principe nella formazione e formulazione«58 entsprachen. Auffällig ist, dass die ersten juristischen59, aber auch nichtjuristischen60 Quellen, welche das peculium castrense aufzeigen, erst dem zweiten Jahrhundert nach Christus entspringen.61 Notwendig war die Einbettung der Testierbefugnis des Haussohns in das althergebrachte ius civile, was die römischen Juristen absehbar zu strittigen Rechtsfragen führte.62 Die für das peculium castrense wesentlichen und sein Format absteckenden Erweiterungen erfolgten durch bzw unter Hadrian und dessen consilium. Alexander Severus bestätigte in einem Reskript den Handlungsbereich des filius familias hinsichtlich seines peculium castrense auf Veräußerungen (alienationes) zu Lebzeiten.63 Verfügungen über die Güter, die im peculium castrense seines Sohnes waren, konnte der Hausvater grundsätzlich nicht vornehmen.64 Bedingte Rechtsakte wie testamentarische Freilassungen castrensischer Sklaven oder das Aussetzen von Vindikationslegaten waren dem pater familias möglich. Diese waren allerdings schwebend unwirksam und entfalteten ihre Wirkung erst dann, wenn der pater familias bei testamentslosem Versterben des Haussohns entweder nach Pekuliarrecht das peculium castrense behielt oder es als ein vom Haussohn testamentarisch eingesetzter Erbe erlangte.65 Unbedingte Verfügungen über castrensische 57 Gai inst 1,7; D 1,1,7 pr (Pap 2 def); De Francisci, Arcana Imperii III (1948) 337f; Rabello, Effetti personali della »patria potestas«. I: Dalle origini al periodo degli Antonini (1979) 205–207; Bretone, Motivi ideologici dell’ »Enchiridion« di Pomponio, Labeo 11 (1965) 23–35. Zu publice respondere siehe D 1,2,2,47–49 (Pomp lib sing ench). Dazu Evangelisti, Principato auctoritas solutio legibus (2018) 95–128. 58 De Francisci, Arcana 337. 59 D 39,6,15 (Iul 27 dig) und D 38,2,22 (Marc 1 inst). Siehe dazu unten Fn 136. 60 Etwa Juv Sat 16. 61 Bereits von Albertario, Appunti 7, mitsamt den auf S 6 von ihm beispielhaft angeführten Quellen D 38,17,10 pr (Pomp 2 sen cons), D 49,17,18,5 (Maec 1 fid), D 29,1,29,3 (Marc 10 dig) festgestellt: »Fra questi testi, quelli di Pomponio, di Meciano, di Marcello non richiedono particolari commenti: appartengono a giuristi che vissero prima del 200 d. Cr.«. 62 Etwa beginnend mit der Frage, ob denn der Sohn oder der Hausvater trotz der Testierfähigkeit des Sohnes noch als Eigentümer der castrensischen Sachen zu betrachten war. Siehe dazu unten 101. 63 C 12,36,2 (Alex Sev, a 224): Filius familias alienationem nullius rei sine voluntate patris habet, nisi si castrensi peculium habeat. 64 D 49,17,18,1–3 (Maec 1 fid). 65 D 49,17,9 (Ulp 4 disp); D 30,44 pr (Ulp 22 Sab); D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp). Dazu Fitting, Castrense peculium 137–141; La Rosa, Peculii speciali 119–133.
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Sachen seitens des Hausvaters waren zu Lebzeiten des Haussohns nicht möglich.66 Die Entwicklungslinie der juristischen Abschichtung des dem Haussohn vermögensrechtlich zugeordneten peculium castrense vom Vermögen des Vaters mündete in der Hochklassik darin, dass pater und filius familias sich wechselseitig aus Rechtsgeschäften klagen konnten.67 Hatte der Hausvater unbefugt Sachen des peculium castrense zu Lebzeiten des Sohnes entwendet, sah der Spätklassiker Ulpian nicht nur den Deliktstatbestand des furtum (hier: Diebstahl) verwirklicht, sondern dachte gegen den Hausvater als Rechtsfolge sogar die infamierende actio furti an.68 Die Entwicklung der Grundstruktur des peculium castrense fand im justinianischen Recht insofern ihren Abschluss, als bei Versterben ohne Testament die Angehörigen (insb blutsverwandte Kinder) des Haussohns das peculium castrense erbten und es nicht mehr ipso iure der pater familias nach Pekuliarrecht behielt.69 Auch wenn Schulz konstatiert, dass »das Kindervermögensrecht reformbedürftig, das Prinzip der Vermögenslosigkeit des Kindes in potestate längst zum Abbruch reif [war]. Aber das peculium castrense war alles, zu dem sich die Klassiker entschliessen konnten (…). Der Grundsatz der Vermögenslosigkeit des Kindes in potestate wird wie ein Glaubenssatz festgehalten; statt ihn preiszugeben, nimmt man lieber das komplizierte Pekuliarrecht in Kauf«,70 66 D 49,17,18,1–3 (Maec 1 fid). Dazu Fitting, Castrense peculium 178–182. 67 D 5,1,4 (Gai 1 ed prov): Lis nulla nobis esse potest cum eo quem in potestate habemus, nisi ex castrensi peculio; D 49,17,15,1–2 (Pap 35 quaest): (1) Si stipulanti filio spondeat, si quidem ex causa peculii castrensis, tenebit stipulatio: ceterum ex qualibet alia causa non tenebit. (2) Si pater a filio stipulatur, eadem distinctio servabitur; Daube, Actions between paterfamilias and filiusfamilias with peculium castrense, in Studi in memoria di Emilio Albertario I (1953), 434– 474; Kaser/Hackl, Das römische Zivilprozessrecht2 (1996) 559; Lehmann, Eigenvermögen 218–226; Fitting, Castrense peculium 174–177. Für einen adoptierten Sohn, der ein peculium castrense hatte, ist durch Ulpian in D 2,4,8 pr (Ulp 5 ed) belegt, dass es der Erlaubnis des Prätors bedurfte, um den Vater vor Gericht bringen zu können. Es sprechen wohl keine sachlichen Gründe dagegen, dass diese Erlaubnis des Prätors auch beim leiblichen filius familias erforderlich war – zumal auch, wie Lehmann, Eigenvermögen 226, argumentiert, nach Ulpian in D 2,4,4,1 (Ulp 5 ed) ein Haussohn, der emanzipiert war, die Genehmigung des Prätors einholen musste, um den Vater vor Gericht laden zu können. 68 D 47,2,52,6 (Ulp 37 ed): An autem pater filio teneatur, si rem eius castrensis peculii subtraxerit, videamus: et putem teneri: non tantum igitur furtum faciet filio, sed etiam furti tenebitur. 69 Nov 118. Dazu Bossowski, Die Novelle 118 Justinians und deren Vorgeschichte. Römische und orientalische Elemente, in Festschrift Paul Koschaker II (1939) 277–303; Fitting, Castrense peculium 366–369; La Rosa, Peculii speciali 173; Lehmann, Eigenvermögen 276. 70 Schulz, Geschichte 151. Auch Justinian hob den Grundsatz der rechtlichen Unfähigkeit der Hauskinder, eigenes Vermögen haben zu können, nicht auf. Dazu Knothe, Das gemeine Kindesvermögensrecht. Zur Anwendung römischer Rechtsquellen unter gewandelten Familienstrukturen und Berufsbildern, ZSS 98 (1981) 263f; Wesener, Peculia – bona adventicia – freies und unfreies Kindesgut, in IVRIS VINCVULA. Studi in onore di Mario Talamanca VIII (2001) 402.
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so mag diese Aussage, gemessen an der gesamten Rechtsordnung, im Vergleich mit den Hauskindern, die nicht im Militär dienten, stimmen.71 Dies war dem römischen Konservatismus geschuldet.72 Die erste Etappe zum peculium castrense als Eigenvermögen des filius familias war die dem Haussohn als miles durch Augustus eingeräumte und auf dieses peculium bezogene Testierfähigkeit. Rückblickend war die Testierbefugnis des filius familias miles über das peculium castrense der erste Schritt Richtung Vermögensfähigkeit von noch gewaltunterworfenen Kindern.73 Fitting74 und Lehmann75 sprechen allgemein vom peculium castrense als Beginn der vermögensrechtlichen Verselbstständigung von Hauskindern. Genauer wäre hier aber die Gewährung der Testierbefugnis als Startpunkt anzuführen, da erst durch diese das peculium castrense juristisch relevant wurde und zum Eigenvermögen der Haussöhne führte. Zuvor waren in militärischem Zusammenhang erworbene Vermögensgüter als bona castrensia faktischer Natur.76 Unübersehbar ist dabei mit der Betonung auf miles der Privilegierungscharakter:77 darin wird die überragende Bedeutung der Armee im römischen Staat ersichtlich, welche auch im Vermögensprivatrecht ihre Auswirkungen hatte. Es zeigt sich dabei ein aus dem Militärbereich in den zivilen Bereich hineinwirkender Spin-off-Effekt78, welcher die privatrechtsgeschichtliche Bedeutung der Entscheidung des Augustus für die sukzessive vermögensrechtliche Verselbstständigung der Hauskinder aus dem soziologischen Blickwinkel unterstreicht.
71 Vgl Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht 559, zur prozessualen Rechtslage in der Nachklassik: »Die Parteifähigkeit der Hauskinder wird durch die Ausbildung der Sonderpekulien (peculium castrense, quasi castrense) und der bona materna (mit ihren Erstreckungen) stark erweitert, doch kommt es zur Anerkennung der vollen rechtlichen Selbstständigkeit der Hauskinder nicht einmal unter Justinian«. 72 Zum Traditionsprinzip generell Schulz, Prinzipien 57–73. 73 Fitting, Castrense peculium 2f und Lehmann, Eigenvermögen 276f sprechen allgemein von peculium castrense als Beginn der vermögensrechtlichen Verselbstständigung. 74 Fitting, Castrense peculium 2f. 75 Lehmann, Eigenvermögen 276f. 76 Zu den bona castrensia siehe unten 50 und 82 aE. 77 Vgl Guarino, L’oggetto 68. 78 Vgl Holzinger, Spin-off-Effekte, in Nohlen/Schultze/Schüttemeyer (Hrsg), Lexikon der Politik 7 (1998) 605. Zum Spin-off-Effekt in heutigem Zusammenhang mit Technologie und Organisation siehe Krause, Innovation im Militär, in Mai (Hrsg) Handbuch Innovationen. Interdisziplinäre Grundlagen und Anwendungsfelder (2014) 300.
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Einleitung
3.
Die bisherige Literatur zum peculium castrense
3.1.
13.–18. Jahrhundert
Die nähere Auseinandersetzung mit der Rechtsfigur des peculium castrense setzt mit der Kommentarliteratur des 13. bis 16. Jhdts ein, welche Fitting für sein Werk als Basis heranzog und die seiner Meinung nach »der bei weitem wichtigste Theil der gesammten Literatur des Instituts, und zwar nicht allein in dogmengeschichtlicher Beziehung, sondern nicht allzu selten auch für das richtige Verständnis des reinen römischen Rechtes«79 ist. Exemplarisch seien hier der Institutionenkommentar des Johannes Faber,80 der Kommentar von Lucas de Penna zu den tres libri Codicis,81 sowie die lectura über die tres libri Codicis des Johannes de Platea82 genannt. Als eines der Hauptwerke zum peculium castrense nennt Fitting die »Iurisprudentiae Papinianeae scientia« (1607) von Anton Faber und das »Opusculorum liber V – De castrensi peculio« von Joseph Fernandez de Retes (1658), welches, wie schon Fitting hervorhebt, die historische Entwicklung des Instituts gar nicht behandelt.83 Lauterbach, »Collegium theoretico-practicum Pandectarum I« aus 1744 behandelt im 1. Titel des 15. Buches das peculium castrense im Rahmen der Erörterung des justinianischen Vermögensrechts der Hauskinder,84 das sich »als Ganzes in Deutschland zunächst ziemlich reibungslos als gemeines Recht durchsetzen [konnte]«85.
3.2.
19. Jahrhundert
Das peculium castrense findet sich im 19. Jahrhundert in den Lehrbüchern zum Pandektenrecht, wie jenen von Puchta86, Brinz87 oder Mühlberg88. Deren Werke werden auch von Fitting89 zitiert und hatten vorwiegend den Fokus auf das im 79 Fitting, Castrense peculium XLIII. 80 »Commentarius in Institutiones«, geschrieben zwischen 1335 und 1340. Strittig ist, ob es sich hierbei um ein Werk für den Unterricht oder für die Anwendung in der Praxis handelte. Zu Forschungsstand und Datierung siehe Lange/Kriechbaum, Römisches Recht im Mittelalter. II: Die Kommentatoren (2007) 582f, 592f (mwLit). 81 »Commentaria in Tres libros Codices«, belegt ist der Beginn der Arbeit im Jahre 1348. Dazu Lange/Kriechbaum, Mittelalter 745–748; Fitting, Castrense peculium XLIII. 82 Zu Beginn des 15. Jhdts. Dazu Fitting, Castrense peculium XLIII. 83 Fitting, Castrense peculium XLV. 84 Dazu Knothe, Kindesvermögensrecht 264–271. 85 Knothe, Kindesvermögensrecht 267. 86 Puchta, Pandekten12 (1877) 626f. 87 Brinz, Lehrbuch der Pandekten II.2.2 (1869) 1183–1189. 88 Mühlberg, De peculio castrensi retrotrahendo (1866) 60–64. 89 Fitting, Castrense peculium 93.
Die bisherige Literatur zum peculium castrense
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19. Jhdt geltende (gemeine) Recht. Das peculium castrense wurde dort nicht (einzig) zwecks einer rechtsgeschichtlichen Abhandlung untersucht, sondern die Auseinandersetzung mit diesem Rechtsinstitut für die praktische Anwendung nutzbar gemacht.90 Windscheid gibt in seinem Lehrbuch des Pandektenrechts in gedrängter Form das justinianische Recht zum peculium castrense und peculium quasi castrense wieder, bildet das juristische Substrat des Themas somit am Ende von dessen Entwicklung ab.91 Auch Kuntze stellt in seinem Lehrbuch das reine römische Recht dar.92 Angedeutet wird in dieser allgemein gehaltenen Abhandlung jedoch bereits ein geschichtlicher Strang: das Eigentum des peculium castrense blieb in seiner frühen Entwicklung und trotz der Testierbefugnis, die den Haussöhnen durch Augustus gewährt wurde, noch bei den Vätern; erst allmählich erfolgte die Anerkennung eigenen castrensischen Vermögens der filii familias milites. Es ist festzuhalten, dass aufgrund der eigenen Ausrichtung hin zur Rechtsdogmatik und praktischer Anwendbarkeit des gemeinen Rechts die Autoren der genannten pandektistischen Werke sich nicht vorwiegend für die althistorischen sowie rechtspolitischen Aspekte der Entscheidung des Augustus interessierten, dass Haussöhne über ihr peculium castrense ein rechtsgültiges Testament errichten konnten. Die umfangreichste Abhandlung stellt »Das castrense peculium in seiner geschichtlichen Entwicklung und heutigen gemeinrechtlichen Geltung« von Hermann Fitting aus dem Jahre 1871 dar. Nomen est omen: bereits im Titel von Fittings Monographie offenbart sich sein Programm. Ganz im Zeichen der Pandektistik behandelt er umfassend schuld- und erbrechtliche Sonderprobleme, wenn auch im historischen Abriss, doch vorwiegend auf dogmatischer Ebene, stets mit dem Ziel, die erlangten Erkenntnisse für das (damalige) geltende Recht Deutschlands gegen Ende des 19. Jhdts nutzbar zu machen:93 »Und wie viel Gewicht ich immer auf die rechtsgeschichtliche Seite des Gegenstands gelegt, wie sehr ich auf ihre Aufhellung bedacht gewesen: so war doch die Ermittlung und sichere Feststellung des heutigen gemeinen Rechtes überall mein letztes Ziel und meine eigentliche Absicht«94. Das Werk Fittings wendet die »formal-begrifflich[e], systematisch-konstruktiv[e] Methode«95 der aus der historischen Rechtsschule herausgebildeten Pan90 Zum gemeinen Recht in Deutschland hinsichtlich des Kindesvermögens bzw zur Rezeption des römischen Rechts bzgl peculia von Hauskindern siehe Knothe, Kindesvermögensrecht 255–302. 91 Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts III9 (1906) 67–72. 92 Kuntze, Cursus des römischen Rechts (1869) 740–744. 93 Vgl Albertario, Appunti 5. 94 Fitting, Castrense peculium 23. 95 Schlosser, Grundzüge der Neueren Privatrechtsgeschichte10 (2005) 152.
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Einleitung
dektistik an, um mittels einer »›zweiten Rezeption‹ des römischen Rechts«96 geltendes Recht (des 19. Jhdts) herauszuarbeiten.97 Charakteristisch ist dabei die Bildung von Begriffen und Definitionen: »Die Generation der Pandektisten nach Puchta beherrschte den begriffsjuristischen Formalismus perfekt.«98 Fitting99 formuliert in diesem Sinne – für die pandektistische Arbeitsweise typisch – knapp gehaltene, zusammenfassende Rechtssätze zu Beginn oder am Ende eines Kapitels,100 etwa zur Rechtslage an einem fortgeschrittenen Punkt der Entwicklung des peculium castrense zur Zeit des Alexander Severus: »Der Gewalthaber hat, so lange der Sohn lebt und nicht etwa durch schlechtes Verhalten seine günstige Stellung zu dem castrense peculium eingebüsst hat, an dieser Vermögensmasse durchaus kein Recht. Er steht ihr nicht anders, als dem Vermögen irgendeines Dritten, gegenüber«101. Weitere Beispiele für aus der Quellenexegese entwickelte Rechtssätze werden bereits im Inhaltsverzeichnis angeführt, wie etwa zum zweiten Abschnitt, der das peculium castrense in severischer Zeit behandelt: »§. 22. Hauptsatz: Das C.P. [Castrense Peculium] ist ein eigenes, von dem Gewalthaber völlig unabhängiges Vermögen des Haussohns zu welchem dieser ganz und gar die Stellung eines paterfamilias einnimmt.«102 Hier ist anzumerken, dass Fitting als erster den in der vorangegangenen Literatur nur angedeuteten historischen Strang weiter herausgearbeitet hat, sodass man in der Anfangsphase der Entwicklung des Instituts bis Hadrian noch nicht von einem Eigentum des Sohnes sprechen kann.103 Kuntze reißt insofern die geschichtliche Entwicklung des peculium castrense an, indem er die Wandlung in der Vermögenszuweisung herausstreicht, also dass zunächst der pater familias durchwegs Eigentümer des peculium castrense war und erst allmählich der Haussohn als Eigentümer desselben angesehen wurde.104 Diese Darstellung wird von Fitting in seiner Monographie meinungsgeschichtlich erweitert:105 er stellt von den klassischen römischen Juristen den Anhänger einer 96 Schlosser, Grundzüge 153. 97 Fitting, Castrense peculium 643–646; 648–652. 98 Schlosser, Grundzüge 155. Um mit Schlosser zu reden, stand Fitting in der »Generation der Pandektisten nach Puchta«, vgl ebda. 99 Fitting lebte von 1831 bis 1918; 1852 Promotion, 1856 Habilitation, 1857 außerordentlicher Professor, 1858 ordentlicher Professor. Siehe dazu Schmücking, »Fitting, Hermann«, in Neue Deutsche Biographie 5 (1961) 218. 100 Vgl Albertario, Appunti 5: »La trattazione del Fitting rappresenta ancor oggi un’opera altamente pregevole e quanto di meglio sul peculio castrense si scrisse nell’età in cui la dottrina pandettistica tedesca era nel suo massimo splendore (…)«. 101 Fitting, Castrense peculium 178. 102 Fitting, Castrense peculium XIV. 103 Fitting, Castrense peculium 92–148. 104 Kuntze, Cursus 740f. 105 Zur sich deckenden Meinung mit Kuntze bei der Entwicklung vom Eigentum des Hausvaters am peculium castrense zu jenem des Sohnes vgl Fitting, Castrense peculium 92f Fn 1.
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»conservativen Richtung«106 die Vertreter der »neuern Auffassung«107, (dass also das peculium castrense als Eigentum des Sohnes galt) gegenüber.108 Fitting führt dabei auch aus, dass nach der älteren Meinung die eigentumsrechtliche Zuordnung (der Hausvater also durchgehend Eigentümer des peculium castrense war) der Ausübung der Testierbefugnis durch den Haussohn offenbar nicht entgegenstand. Dies wird durch die römischen Juristen rechtsdogmatisch so konstruiert, dass dem Hausvater der Zugriff auf »sein« peculium castrense in Analogie zum Ehemann hinsichtlich Dotalgrundstücke109 oder zum interdizierten Verschwender verwehrt werden konnte; denn auch letzterem waren die Hände hinsichtlich seines Vermögens gebunden.110 Ein Testament setzt auch nicht zwingend eine res sua voraus, was wiederum zur Diskussion des römischen Eigentumsbegriffs führte.111 In Fittings Darstellung wird damit die Entwicklung der eigentumsrechtlichen Dogmatik des peculium castrense erläutert. Fitting bricht mit der zu seiner Zeit herrschenden Ansicht (»neuern Auffassung«112), dass das Eigentum von Beginn an dem Haussohn zuzuschreiben und nur im Falle des testamentslosen Versterbens Pekuliarrecht anwendbar war, der pater familias also retroaktiv als Eigentümer der castrensischen Sachen anzusehen war. Hervorzuheben ist dabei, dass Fitting die Rechtsfigur des peculium castrense wegen der »eigentümlich anomalen Bildung, die es erst im allerneuesten Justinianischen Rechte vollkommen abgestreift hat«,113 faszinierte, wohl gerade deshalb, weil sich hier ein Rechtsinstitut fand, dass sich innerhalb der Rechtsdogmatik von einem Vertreter der Pandektistik schwer einordnen ließ. Ein Beispiel dafür ist, dass die Idee eines (absoluten) Eigentums des Sohnes aufgrund der Anwendung von Pekuliarrecht bei intestatem Versterben des Haussohns doch nicht bis zur letzten Konsequenz ausgebildet wurde. Für Fitting erweist sich das peculium castrense als »regelwidrig«114, dessen Erkenntnis als solche aber fruchtbar gemacht werden kann, um reguläre 106 Fitting, Castrense peculium 130. Zu dieser Richtung zählt Fitting etwa Maecian und Tertullian. 107 Fitting, Castrense peculium 131; laut Fitting wohl zunächst Marcellus, dann auch Julian, Papinian, Ulpian. 108 Fitting, Castrense peculium 129–148. 109 D 49,17,18,2 (Maec 1 fid). 110 D 49,17,18,3 (Maec 1 fid). 111 Diese Thematik streift Fitting, Castrense peculium 94 Fn 2, mit dem Beispiel des Pupillartestaments. Auch noch in der Spätklassik werden zur Erklärung der vermögensrechtlichen Stellung des Haussohns bzw des Hausvaters das peculium castrense betreffend Analogien gezogen, so etwa mit dem ius postliminii durch den Spätklassiker Tryphonin in D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp). Siehe dazu Lit in Fn 677. 112 Fitting, Castrense peculium 131. 113 Fitting, Castrense peculium VI. 114 Fitting, Castrense peculium VI.
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Einleitung
Rechtssätze und Rechtsinstitute, die im System der Rechtsdogmatik weitgehend unproblematisch angesiedelt werden können und dort eben keine Anomalien aufweisen, besser und schärfer abgegrenzt vom »Anomalen« zu verstehen: »Die Naturforscher sind längst darüber einig, dass die Beobachtung des regelwidrigen eines der vorzüglichsten Mittel ist, um zur richtigen Erkenntnis des regelmässigen zu gelangen. Diese Wahrheit trifft auch in der Rechtswissenschaft zu, und die Lehre von dem castrense peculium liefert vielfältige Beweise, dass die Art, wie sich die Wirkung eines Rechtssatzes bei einem anomal angelegten Institute äussert, auf diesen Satz selbst oft ein neues, ungeahntes Licht wirft.«115
Die geschichtlichen Faktoren, die zu der Testierbefugnis der Haussöhne führten, insbesondere die Änderungen in der Heeresverfassung sowie die rechtspolitischen Motive, wie die Bindung der Soldaten an den Kaiser, treten bei Fitting durchaus in den Hintergrund und werden nur einleitend auf relativ wenigen Seiten als »[g]eschichtlicher Ursprung des castrense peculium«116 zusammengefasst. Weil Fitting eben durchwegs annimmt, dass die Testierbefugnis des Haussohns über sein peculium castrense nach dem Tode des Augustus außer Geltung trat und erst wieder von Nerva zugelassen wurde, werden Überlegungen zum Zeitabschnitt zwischen den Herrschern Augustus und Nerva in Fittings Monographie nur sehr kurz angestellt. Einige französische Dissertationen des 19. Jahrhunderts behandeln das peculium castrense, jedoch ohne schwerpunktmäßig auf die Geschichte der rechtlichen Behandlung dieses Sondervermögens einzugehen. Die hinter dem peculium castrense stehende Rechtspolitik wird in diesen Arbeiten nur in einzelnen Sätzen gestreift, historische und politische Hintergründe nur beiläufig erwähnt.117 In einigen der französischen Dissertationen bildet das reine römische Recht nur einen Abschnitt, da ein Gutteil sich vorwiegend mit dazumal geltendem französischen bzw internationalem Recht befasst.118
115 Fitting, Castrense peculium VI. 116 Fitting, Castrense peculium 20f. 117 Etwa bei Antoine, Du pécule castrense et du pécule quasi-castrense en droit romain – Thèse pour le doctorat (1876) 9: »En effet sa raison d’exister vient du besoin qu’avaient le empereurs de se concilier les bonnes gràces de l’armée, qui dés la fin de la République romaine était devenue la seule vraie puissance, et qui pouvait, à son gré, consolider ou renverser le pouvoir. Ce fut là un des nombreux priviléges que les empereurs prodiguèrent aux soldats«. 118 Exemplarisch für die Parallelbehandlung von römischem und geltendem internationalen Recht sei genannt: Guelles, Thèse pour le doctorat – Droit international: La guerre continental et les personnes – Droit romain Le pécule castrense (1881). Vgl Lehmann, Eigenvermögen 284.
Die bisherige Literatur zum peculium castrense
3.3.
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20.–21. Jahrhundert
Die wissenschaftliche Diskussion zum peculium castrense wurde weitergeführt von Antonio Guarino (»L’oggetto del ›castrense peculium‹«, BlDR 48 [1953] 41– 73 = Pagine di diritto romano VI [1995] 105–133), Franca La Rosa (insb »I peculii speciali in diritto romano« [1953]119), David Daube (»Actions between pater familias and filiusfamilias with peculium castrense«, in Studi in memoria di Emilio Albertario I [1953], 434–474120), und Burkhard Lehmann (»Das Eigenvermögen der römischen Soldaten unter väterlicher Gewalt«, in ANRW II.14 [1982] 184–284). Antonio Guarino macht bereits auf die faktischen Gegebenheiten des Armeedienstes des filius familias aufmerksam, welche den Zugriff des pater familias auf den Haussohn vermöge seiner patria potestas praktisch erschwerten bzw unmöglich machten.121 Zudem verweist Guarino im Ansatz auf die politische Genese des militärischen Sonderguts des Haussohns.122 Franca La Rosa spricht wohl eher verallgemeinernd, dass die Entscheidung des Augustus dem filius familias miles eine Rechtsposition einräumte, die – auch noch vor Hadrian – hinsichtlich des militärischen Sonderguts der eines pater familias nahekam123. La Rosas Methode basiert weitgehend auf der Annahme von Interpolationen bzw Veränderungen und Verkürzungen der einschlägigen Texte124 zum peculium castrense. Insbesondere hält La Rosa den Großteil der klassischen Rechtstexte zum peculium castrense für interpoliert.125 Mit »peculii speciali« im Titel ihrer Monographie ist einerseits das peculium castrense und andererseits das spätere peculium quasi castrense des 4. Jhdts gemeint.126 Jedenfalls stellt La Rosas Werk die seit Fitting eingehendste Abhandlung zum peculium castrense in Auseinandersetzung mit den Quellen des klassischen
119 Siehe dazu auch Kaden, Rez zu La Rosa, Peculii speciali in diritto romano (1953), IVRA 6 (1955) 214–219. 120 Bereits genannt in Zusammenhang mit Klagen zwischen Hausvater und -sohn oben 24 mit Fn 67. 121 Guarino, L’oggetto 41, 67f. 122 Guarino, L’oggetto 41, 68f. 123 La Rosa, Peculii speciali 9: »(…) sicché il filius familias che da miles aveva goduto di una capacità che avvicinava la sua posizione a quella di un pater familias«. 124 La Rosa, Peculii speciali 197–222, 81–87, zu D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp) insb 86. 125 La Rosa, Peculii speciali 22 (zu D 41,3,4,1 [Paul 54 ed]); 38f (zu D 49,17,5 [Ulp 6 Sab]); 42f (zu D 49,17,18,1 [Maec 1 fid]). 126 Zur Beeinflussung des peculium castrense auf das peculium quasi castrense sowie Ursprung des letzteren siehe Fitting, Castrense peculium 422–431 und (dagegen) La Rosa, Peculii speciali 197–222.
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Einleitung
Rechts dar.127 Die Frühzeit des Instituts sowie die politischen Implikationen werden jedoch nicht näher untersucht. Mit dem Beitrag »Das Eigenvermögen der römischen Soldaten unter väterlicher Gewalt«, in ANRW II.14 (1982) 184–284, steht Lehmann, Schüler von Detlef Liebs,128 in der Tradition der dogmatischen Aufbereitung des römischen Privatrechts. Ist Fittings Werk noch eine Bearbeitung des Stoffs in historischen Strängen, so bieten Lehmanns Aufsatz und La Rosas Monographie je einen einheitlichen, historisch nicht differenzierten Komplex: Das juristische Quellenmaterial – über drei Jahrhunderte verstreut – wird dabei überwiegend zur Darstellung eines Rechtszustands statt einer Rechtsentwicklung herangezogen. Am Ende der Arbeit Lehmanns (265–277) findet sich ein kurzer historischer Abriss des peculium castrense. Dieser erfolgt allerdings ohne nähere Fundierung mit althistorischen oder anderen nichtjuristischen Quellen, die das Rechtsinstitut in einen weiteren historischen Kontext hätten stellen können. Rezentere Einzelstudien zum peculium castrense fehlen. Die jüngere romanistische Literatur behandelt das peculium castrense in Zusammenhang mit anderen Fragestellungen oder im Rahmen genereller Darstellungen: Johannes Meyer-Hermann sieht in seiner Dissertation über das Soldatentestament,129 was die Entstehung angeht, das peculium castrense mit diesem inhaltlich verknüpft.130 Fabian Klinck erwähnt das peculium castrense, um klarzustellen, dass sich dabei die Probleme einer Vollstreckung in das Vermögen des Haussohns nicht stellten, weil in dieses Sondergut ohnehin vollstreckt werden kann.131 Kürzlich widmeten sich Kathrin Fildhaut132 und Sebastian Stepan133 den rechtsdogmatischen Aspekten des peculium castrense mittels genauer Exegese spätklassischer Juristentexte. Dabei setzen sich beide mit nachhadrianischen Quellen auseinander, insb den libri disputationum des Tryphonin.134 Christoph Schmetterer erläutert das peculium castrense gestrafft als Teil seiner umfassenden Darstellung der Rechtsstellung der Soldaten in der Prinzipatszeit.135 127 Dies konstatiert die Autorin in Peculii speciali 5, selbst: »La singolarità di tale concessione non ha bisogno di ampie illustrazioni«. 128 Die gleichnamige Dissertation verfasste Lehmann bereits 1974 und wurde von Detlef Liebs betreut: https://www.jura.uni-freiburg.de/de/institute/rgesch1/von-prof-liebs-betreute-diss ertationen-und-habilitationen-stand-2014 (abgerufen am 06. 03. 2020, ebenso am 23. 11. 2021). 129 Siehe oben Fn 23. 130 Meyer-Hermann, Testamentum militis 70–74. Zu seiner These unten 98. 131 Klinck, Haftung 129 Fn 7, 135, 152f. 132 Fildhaut, Die libri disputationum des Claudius Tryphoninus: Eine spätklassische Juristenschrift (2004) 142–147; 155–167. 133 Stepan, Scaevola noster. Schulgut in den ›libri disputationum‹ des Claudius Tryphoninus? (2018) 43–75. 134 Insb mit D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp). 135 Schmetterer, Die rechtliche Stellung römischer Soldaten im Prinzipat (2012) 41–52.
Methodik und Zielsetzung
3.4.
33
Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die genannte Literatur das Desiderat offenlässt, die den Haussöhnen zugestandene Testierfähigkeit über das peculium castrense in den sozialen, politischen, aber auch Kontext der faktischen Gegebenheiten des Militärdienstes des filius familias zu stellen. Die oben angeführten Werke beginnen dem Inhalt nach schwerpunkt- und zeitbezogen dort, wo die vorliegende Dissertation aufhören wird. Sie verschränkt sich mit den vorangegangenen Publikationen in der Epoche Hadrians und dem Juristen Julian136 innerhalb der Zeitspanne, in welcher die römischen Juristen überhaupt erst begannen, sich mit dem peculium castrense und der darauf bezogenen Rechtsstellung des Haussohns auseinanderzusetzen. So entstammt auch die vermutlich erste und damit älteste Monographie über das peculium castrense, der liber singularis de castrensi peculio des Tertullian, erst der spätklassischen Jurisprudenz.137
4.
Methodik und Zielsetzung
In der vorliegenden Arbeit sollen Schnittstellen und -mengen zwischen dem peculium castrense als spezifischer Einrichtung des römischen Vermögensprivatrechts und den Nachbardisziplinen der römischen Rechtsgeschichte sichtbar gemacht werden. Dabei werden die Bedeutung der Rechtssetzung durch die principes138, beginnend mit dem augusteischen Impuls, sowie die Geschichte der Heeresorganisation und das Verhältnis der principes zu den Soldaten als in der rechtshistorischen Entwicklung des peculium castrense führende Entwicklungsstränge hervorgehoben. 1. Die Abhandlung folgt einem chronologischen Aufbau. Sie versucht auch unter Einbeziehung nichtjuristischer Quellen die bis dato in der Literatur bestehende Lücke der historischen Betrachtung des peculium castrense von Au136 Mittelbar durch Bemerkungen (notae) von Paulus und Marcian zum 27. Buch der Digesten Julians: D 39,6,15 (Iul 27 dig) und D 38,2,22 (Marc 1 inst). Vgl Fitting, Castrense peculium XXVIII. 137 Lehmann, Eigenvermögen 279–284, insb 281, welcher die Entstehung des Werks von Tertullian im Vergleich zu Fitting, Alter und Folge der Schriften römischer Juristen von Hadrian bis Alexander2 (1908) 79f und ders, Castrense peculium 36f, vor der Regierungszeit der Severer annimmt. Es sind nur sehr spärliche Fragmente des liber singularis de castrensi peculio im justinianischen corpus iuris civilis überliefert: D 49,17,4; D 29,1,23 und 33; C 5,70,7 pr und 1a (Iust, a 530); vgl Fitting, Castrense peculium XXXI. 138 Vgl Kaser, Der Inhalt der patria potestas, ZSS 58 (1938) 87: »Die Rechtsordnung der Republik [hat] an der Vermögensunfähigkeit der Hauskinder ausnahmslos festgehalten (…) Wieder ist es erst die Kaisergesetzgebung, die mit der alten Regel bricht«.
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Einleitung
gustus bis Hadrian zu schließen. Die oben genannte Monographie Fittings139 wie auch der Beitrag Guarinos140 und Lehmanns141 stellen dabei ein rechtshistorisches Grundgerüst dar, bei welchem die vorliegende Arbeit die soziohistorische Perspektive einnehmen will. Die Rechtsentwicklung des peculium castrense wird mit dieser Schwerpunktsetzung nicht wie Fittings Werk mitunter epochenübergreifend in der Tradition der Pandektistik dargestellt, um schlussendlich in Rechtssätzen zu kumulieren. Es wird vielmehr versucht, auf den Linien der Historiogenese des zu untersuchenden Gegenstands zu bleiben.142 Was den juristischen Aspekt angeht, ist dabei manchmal unklar, ob von den Juristen die Rechtslage nur bestätigt bzw aus früheren Zeiten lediglich wiedergegeben wird, ohne eigenen rechtsschöpferischen Impuls: »The fact that a jurist or emperor refers to a particular measure does not necessarily mean that it was first introduced in their time; they may be reaffirming or restating an existing procedure.«143 So erscheint zB nicht gesichert, ob Hadrian genuin dem Haussohn die Befugnis zusprach, castrensische Sklaven freilassen zu dürfen,144 oder ob diese Möglichkeit des Haussohns, eine manumissio hinsichtlich dieser Sklaven vorzunehmen, bereits von den Juristen anerkannte Praxis war, welche der Kaiser in Folge durch seine Reskriptspraxis (nur) zu bestätigen wusste.145 2. Um die geschichtliche Darstellung des militärischen Sonderguts gleichermaßen neben die juristische zu stellen, werden im Vergleich zu früheren Arbeiten verstärkt Werke römischer Historiker als nichtjuristische Quellen herangezogen, insb mit Texten von Cassius Dio und Sueton hinsichtlich der Kaiserviten, und Vegetius, was die Gegebenheiten der Armee betrifft. Das Zusammenführen von althistorischer Betrachtung der Entwicklung des römischen Militärs und vermögensrechtlichen Fragestellungen soll an seinen Kulminationspunkten Entwicklungslinien sichtbar machen. Die juristischen Quellen des peculium castrense werden dadurch sozial- und militärhistorisch kontextualisiert. Von einer Systematisierung wird Abstand gehalten. Die von Fitting bereits akribisch erarbeitete chronologische Darstellung der Quellen 139 140 141 142
Fitting, Castrense peculium, insb 92–148. Guarino, L’oggetto, insb (der Überblick auf S 41 und) 67–69. Lehmann, Eigenvermögen, insb 265–269. Angelehnt an die Methodik Kasers im Vorwort seines römischen Privatrechts I, V: »(…) es möchte einem ›Handbuch der Altertumswissenschaft‹ am besten anstehen, den Gegenstand als geschichtliche Erscheinung zu erfassen. Ich habe darum den Versuch gewagt, dem Werk nicht den herkömmlichen systematisch-juristischen, sondern einen historischen Aufbau zu geben«. 143 Campbell, Rez zu Vendrand-Voyer, Normes civiques et métier militaire à Rome sous le Principat (1983), JRS 75 (1985) 259. 144 D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp). 145 Zur Diskussion darüber siehe unten 132 aE.
Methodik und Zielsetzung
35
zum peculium castrense146 dient dabei als Ausgangspunkt und bleibt Richtschnur. 3. Der Zeitpunkt der Entscheidung des Augustus lässt sich nicht genau bestimmen. Eine Annäherung erscheint hier nur auf einer Sekundärebene über das historische Umfeld möglich, weil keine direkten Quellen hinsichtlich der zeitlichen Einordnung der Entscheidung vorliegen. Anhand verfassungsmäßig bedeutender Ereignisse werden im Kapitelabschnitt II.6.2. (»Zum Zeitpunkt der Gewährung der Testierbefugnis«147) in chronologischer Abfolge die dem princeps übertragenen Machtkompetenzen angeführt, sofern sie für die Armee von Bedeutung waren. Dadurch sollen aus Verfassungsperspektive einige denkbar mögliche Zeiträume für die augusteische Regelung bzgl des peculium castrense in Betracht gezogen werden. 4. Darüber hinaus wird in Kapitel III (»Fortbestand der Rechtslage zwischen Augustus und Nerva?«148) untersucht, ob es sich bei dieser Entscheidung des Augustus nur um eine vorübergehende Bewilligung handelte, da in der Literatur bis dato angenommen wird, dass die Entscheidung des Augustus nach dem Tod des ersten princeps erst wieder von Nerva aufgegriffen und neuerlich in Geltung gesetzt wurde.149 Hier wird vertiefend unter Heranziehung althistorischer, nichtjuristischer Quellen geprüft, ob die Testierbefugnis des Haussohns über sein peculium castrense zwischen Augustus und Hadrian in Geltung blieb oder nach dem Tod des Augustus außer Kraft getreten war und dann von Kaiser Nerva (wieder-)eingeführt wurde150. 5. Ab Hadrian (Regierungszeit 117–138 n Chr151) kann die Rechtslage zum peculium castrense – was die vermögensrechtliche Eigenständigkeit des filius zu seinen Lebzeiten angeht – grundsätzlich unter dem Topos »hochklassisch« zusammengefasst werden. Die Fortentwicklung des peculium castrense lässt sich in dieser Zeitspanne auch aufgrund der Quellenlage nicht mehr genau rekonstruieren: Der Versuch einer Darstellung der wesentlichen Impulse in der Rechtsfortbildung durch die römischen Juristen ist, was die Darstellung der chronologischen Abfolge betrifft, zum Scheitern verurteilt. Es lassen sich nur potentielle Beziehungspunkte herstellen. Flankiert wird die vorliegende Darstellung der Entwicklung mit der wesentlichen Erweiterung durch 146 147 148 149
Fitting, Castrense peculium, XXVIII–XXXIX. Siehe unten 62. Siehe unten 105. Vgl Fitting, Castrense peculium 10f; La Rosa, Peculii speciali 11; Lehmann, Eigenvermögen 266. 150 Wie von Lehmann, Eigenvermögen 184 und Fitting, Castrense peculium 20, angenommen wird. Beide Autoren setzen für ihre weiteren Ausführungen in den genannten Monographien voraus, dass die Testierbefugnis der Haussöhne über das peculium castrense nach dem Tode Augustus keine Geltung mehr hatte und erst ab Nerva tralatizisch wurde. 151 Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 122.
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Einleitung
Hadrian, dass der Haussohn wie auch sonst ein Eigentümer Sklaven aus dem peculium castrense rechtsgültig freilassen und deren Patron sein kann.152 Zwecks klarer Nachzeichnung der Entwicklungslinien erfolgen teilweise Ausblicke auf das spätere Recht nach Hadrian, insbesondere auf das justinianische Recht als Endpunkt. 6. Es wird keine »allgemeine Lehre« zum peculium castrense angestrebt, gegenüber dieser die römischen Juristen in der Rechtswissenschaft auch grundsätzlich selbst weitgehend abgeneigt waren.153 Vielmehr soll mittels der chronologischen Aufarbeitung der Blick für »rote Fäden« geschärft werden, die das Thema fortwährend begleiten, wie etwa das Treueband zwischen Soldat und Kaiser oder die allmähliche Etablierung der eigentumsgleichen Rechtsposition des filius familias miles. Aufgrund der Fokussierung auf die rechtsgeschichtliche Entwicklung tritt die juristisch-dogmatische Exegese der römischen Rechtstexte in den Hintergrund. Exegesen untermauern hier vielmehr den Befund aus der zeitlich-historischen Perspektive. 7. Zu den Übersetzungen: Die Stellen zum peculium castrense im 49. Buch der justinianischen Digesten erhalten eine Neuübersetzung (seit der vollständigen, aber sprachlich veralteten Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis154 aus 1832). Für die Teile vor dem 35. Buch wird die Standardübersetzung von Behrends/Knütel/Kupisch/Rüfner/Seiler155 verwendet. Vereinzelt wird auf diskutable Punkte der verwendeten Übersetzungen eingegangen. Bestimmend ist jedoch der Ansatz, den auch Hausmaninger/Gamauf verfolgen, wonach »Übersetzungen als bloße Verständnishilfe betrachtet werden«156. Die verwendeten Textausgaben sowie Übersetzungen der antiken Quellen sind im Verzeichnis der Quellenausgaben angegeben.157 Wo sich der lateinische oder altgriechische Text – nach Ansicht des Autors – unmittelbar aufgrund des zuvor Ausgeführten selbst erklärt, wird auf eine Übersetzung gänzlich verzichtet. Solche Quellenzitate beinhalten idR kurze Textpassagen und sind zumeist in Fußnoten angegeben. 8. Binnenverweise auf bestimmte Seiten bzw Abschnitte der Arbeit werden (bei Folgen mehrerer Seiten) jeweils nur mit der Anfangsseite angegeben.
152 D 37,14,8 pr (Mod 6 reg); D 38,2,3,8 (Ulp 41 ed); D 38,2,22 (Marc 1 inst). 153 Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 221 Rz 12. 154 Otto/Schilling/Sintenis (Hrsg), Das Corpus Juris Civilis – in’s Deutsche übersetzt von einem Vereine Rechtsgelehrter 4 (1832). 155 Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler (Hrsg), Corpus Iuris Civilis. Text und Übersetzung I2 (1997), II (1995), III (1999), IV (2005); Behrends/Knütel/Kupisch/Rüfner/Seiler (Hrsg), Corpus Iuris Civilis. Text und Übersetzung V (2012). 156 Hausmaninger/Gamauf, Casebook zum römischen Sachenrecht11 (2012) III. 157 Siehe unten 151.
II.
Die Testierbefugnis des filius familias miles
1.
Die Ausgangslage: Patria potestas
Um den Regelungskomplex des peculium castrense als Bruch bzw Ausnahme vom althergebrachten Familien- und Vermögensprivatrecht des ius civile158 aus militärpolitischen Erwägungen heraus ausmachen zu können, ist zunächst darzustellen, in welche Rechtslage die spezielle Entscheidung des Augustus eingriff. Kinder, welche einer rechtmäßigen Ehe (iustum matrimonium) entstammten, standen unter der patria potestas ihres Hausvaters: Gai inst 1,55 Item in potestate nostra sunt liberi nostri, quos iustis nuptiis procreavimus, quod ius proprium civium Romanorum est. Fere enim nulli alii sunt homines, qui talem in filios suos habent potestatem, qualem nos habemus, idque divi Hadriani edicto, quod proposuit de his, qui sibi liberisque suis ab eo civitatem Romanam petebant, significatur. Nec me praeterit Galatarum gentem credere in potestatem parentum liberos esse. Übersetzung: »Ferner stehen unsere Kinder, die wir in rechtmäßiger Ehe erzeugt haben, in unserer Hausgewalt; dieses Rechtsinstitut ist Sonderrecht der römischen Bürger. Es gibt nämlich fast überhaupt keine anderen Menschen, welche eine derartige Gewalt über ihre Kinder haben, wie wir sie haben, und das hat der verewigte Hadrian in einem Edikt klargestellt, das er für diejenigen erlassen hat, welche für sich und für ihre Kinder das römische Bürgerrecht von ihm erbaten. Es entgeht mir aber nicht, dass das Volk der Galater glaubt, Hauskinder stünden in der Hausgewalt ihrer Hausväter.«159
Die patria potestas war die bereits im altrömischen Recht etablierte umfassende Haus- bzw Familiengewalt des pater familias über seine in rechtmäßiger Ehe gezeugten Kinder und schloss das ius vitae necisque mit ein;160 aus Sicht des 158 Guarino, L’oggetto 68. 159 Lat Text und Übersetzung: Manthe, Institutiones 57. 160 Zur patria potestas des altrömischen und klassischen Rechts: Sachers, Potestas patria, in RE XXII.1 (1953) 1046–1175; Kaser, Das römische Privatrecht I 60–65; ders, Patria potestas 62– 87; Bonfante, Corso di Diritto Romano. I: Diritto di Famiglia (1925) 69–122; Fayer, La familia
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
Haussohns: »Il filiusfamilias deve al paterfamilias obbedienza assoluta (…)«161. Diese Haus- und Familiengewalt des Hausvaters war Kennzeichen der »extrem patriarchalische[n] Struktur«162 der römischen163 Familie. Die römischen Hausväter selbst waren keiner potestas unterworfen, sondern waren sui iuris und nicht alieno iuri subiectae.164 Sie hatten die Hausgewalt nicht nur über ihre ehelichen Kinder inne, sondern auch über die in rechtmäßiger Ehe entsprungenen Deszendenten ihrer Söhne165 (also über die Enkel_innen). Die patria potestas ist ein Machtgefüge »that implied domination and governance over as well as responsibility for the family members subject to his care«166. Das ius vitae necisque der Republik unterstrich die Machtposition des pater familias.167 Die Macht des pater familias war allerdings nicht unbeschränkt: Eine Begrenzung seiner Befugnisse fand bereits durch das Sakralrecht in frührömischer
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romana. Aspetti giuridici ed antiquari. Parte prima (1994) 123–289; Voci, Storia della patria potestas da Augusto a Diocleziano, IVRA 31 (1980) 37–100; Taubenschlag, Die patria potestas im Recht der Papyri, ZSS 37 (1916) 177–230; Crook, Patria Potestas, CQ 17 (1967) 113– 122; Gardner, Being a Roman Citizen (1993) 52–56; Saller, Patriarchy, Property and Death in Roman Family (1994) 102–132; Watson A., Society and Legal Change2 (2001) 23–30. Martin, Familie, Verwandtschaft und Staat in der römischen Republik, in Spielvogel (Hrsg), Res publica reperta. Zur Verfassung und Gesellschaft der römischen Republik und des frühen Prinzipats. Festschrift für Jochen Bleciken zum 75. Geburtstag (2002) 18–20; Benke, On the Roman father’s right to kill his adulterous daughter, The History of the Family 17 (2012) = in Lanzinger (Hrsg), The Power of the Fathers. Historical Perspectives from Ancient Rome to the Nineteenth Century (2015) 284–308, insb 284–288 (mwLit). Die Perspektive der Hauskinder einnehmend Eyben, Restless Youth in Ancient Rome (1993) 206–215. Bonfante, Corso 71. Knothe, Kindesvermögensrecht 257. Zum angedeuteten Rechtsvergleich mit den Galatern, den Gaius in Inst 1,55 vornimmt, siehe Forster, Rechtsvergleichende Argumentation in den Institutionen des Gaius, in Ayasch/ Bemmer/Tritremmel (Hrsg), Wiener Schriften. Neue Perspektiven aus der jungen Romanistik (2018) 12–14. Zu einer der römischen patria potestas möglicherweise ähnlichen Familiengewalt im Recht der Kelten siehe Merola, Diritto familiare celtico nel carme 67 di Catullo?, in D’Ippolito (Hrsg), φιλία. Scritti per Gennaro Franciosi IV (2007) 2275–2282. Nach Caes Gall 6,19,3 gab es zumindest das ius vitae necisque auch bei den gallischen Kelten: Viri in uxores, sicuti in liberos, vitae necisque habent potestatem. Vgl Kunkel, Die römischen Juristen. Herkunft und soziale Stellung2 (1967) 202 Fn 376. Gai inst 1,48–51 und 55. Vgl Gai inst 1,156 = D 26,4,7. Gemeinhin bildeten die ehelichen Kinder, die uxor in manu, sowie durch adrogatio und adoptio in die Hausgewalt aufgenommene (vormals) Gewaltfreie (mit der damit verknüpften Statusänderung) sowie die Enkel der Haussöhne die Agnaten, die der patria potestas unterworfen waren. Zudem standen fremde Hauskinder in mancipio sowie hauseigene Sklaven unter der patria potestas. Zu alldem Kaser, Das römische Privatrecht I 58f. Benke, Father’s right 286. Dazu Gaughan, Murder was not a crime. Homicide and Power in the Roman Republic (2010) 23–52; Kaser, Das römische Privatrecht I 60f.
Die Ausgangslage: Patria potestas
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Zeit168, sowie in der Republik durch die Sittenaufsicht der Zensoren statt.169 Insofern ist die Aussage Knothes, dass die patria potestas im archaischen Recht »völlig unbeschränkt war«,170 überschießend. Der Hausvater war somit angehalten – angesichts oder gerade wegen seiner umfassenden Familiengewalt und der Kontrolle durch die Sittenaufsicht –, sich seinen Gewaltunterworfenen gegenüber nach dem Maßstab eines parens bonus (guten Hausvaters) bzw tutor fidelis (treuen Vormunds) zu verhalten.171 Der gewaltunterworfene filius familias konnte seine privatrechtlichen Positionen nicht eigenständig gestalten. So konnte er etwa auch das Schließen einer Ehe, das entsprechende Rechtswirkungen nach sich zog,172 nicht ohne Zustimmung seines Hausvaters vornehmen.173 Die patria potestas war an kein Alter gebunden. Hauptgründe für die Beendigung waren emancipatio des Haussohns174, Tod des Hausvaters175, sowie Änderung der Rechtsstellung (capitis deminutio) von Hausvater oder Sohn176 (zB wenn der Hausvater das Bürgerrecht verlor oder der Sohn durch adoptio unter eine andere Hausgewalt kam177).178 Nicht emanzipierte filii familias standen somit unter der potestas ihrer Hausväter, solange diese noch lebten. Auch der Eintritt dieser Söhne in den Soldatenstand änderte nichts an dieser Rechtsstellung. Dies galt auch noch für die folgenden Jahrhunderte nach Augustus, wie das folgende Reskript des Alexander Severus an den Soldaten und Haussohn A. Felicianus aus dem Jahr 224 n Chr unmissverständlich klarstellt: 168 Kaser, Das römische Privatrecht I 61. 169 Kaser, Das römische Privatrecht I 62. Die Sittenaufsicht wurde im Laufe des letzten vorchristlichen Jahrhunderts nicht mehr wahrgenommen. Bestimmte die patria potestas beschränkende Maßnahmen fanden jedoch Eingang in die Rechtsordnung. Diese Beschränkungen werden in die Rechtsordnung teilweise über- und als Kaiserrecht angeführt; siehe etwa D 48,8,2 (Ulp 1 adult) und D 48,9,5 (Marc 14 inst). Siehe dazu Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 364 Rz 2 (mwLit). Zum Hausgericht (iudicium domesticum) des pater familias siehe Donadio, »Iudicium domesticum«, riprovazione sociale e persecuzione pubblica di atti commessi da sottoposti alla »patria potestas«, Index 40 (2012) 175–195. 170 Knothe, Kindesvermögensrecht 257. 171 Cic orat 3,1,3. 172 Kaser, Das römische Privatrecht I 322. 173 D 23,2,35 (Pap 6 resp): Filius familias miles matrimonium sine patris voluntate non contrahit. 174 Gai inst 1,132–135a. Die emancipatio erfolgte durch dreimaligen Verkauf mittels mancipatio. Siehe XII-Tafeln 4,2. Dazu Böhm, SI PATER FILIUM UENUM DUIT, Philologus 121 (1977) 168–171; Yaron, SI PATER FILIUM TER VENUM DUIT, TR 36 (1968) 57– 72; Gardner, Family and Familia in Roman Law and Life (1998) 10–12. 175 Gai inst 1,127. Dazu Rabello, Effetti personali 293–313. 176 Kaser, Das römische Privatrecht I 349. 177 Gai inst 1,128; Kaser, Das römische Privatrecht I 349. Zur mancipatio von Hauskindern, welche dann zwar unter der patria potestas ihres Vaters verblieben, aber fortan in mancipio des Erwerbes waren Kaser, Das römische Privatrecht I 57. 178 Zu weiteren Beendigungsgründen siehe Gai inst 1,130–131.
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C 12,36,3 (Alex Sev, a 224) Imp. Alexander A. Feliciano militi. Errat, qui tibi persuasit, quod nexu paternae potestatis iure sacramenti solutus es. Manent enim nihilo minus milites in potestate parentium, sed peculium castrense proprium habent nec in eo ius ullum patris est. Übersetzung: Kaiser Alexander Severus an den Soldaten Felicianus. Es irrt derjenige, der dir eingeredet hat, dass du vom Band der väterlichen Gewalt durch den Schwur des Soldateneides befreit bist. Es bleiben ja die Soldaten um nichts weniger in der väterlichen Gewalt, aber sie haben ein eigenes militärisches Sondervermögen, an welchem der Vater gar kein Recht hat.
Der Text zeigt die Unumstößlichkeit der Institution der patria potestas auch noch im 3. Jhdt n Chr,179 wiewohl der pater familias hinsichtlich des militärischen Sonderguts zu Lebzeiten des Haussohns keinerlei Verfügungsmöglichkeiten hatte. Die Entscheidung erging ganz im Sinne des römischen Konservatismus.180 Dieser kennzeichnete sich hier dadurch, dass die patria potestas trotz faktischer (und hinsichtlich des Vermögens auch rechtlicher) Selbstständigkeit181 des filius familias miles durchwegs beibehalten wurde.
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Die privatrechtliche Konsequenz der patria potestas bestand in der Unfähigkeit des Haussohns, zeitlebens seines Hausvaters eigenes Vermögen zu haben, worüber er, der Haussohn, ein Testament hätte errichten können.182 Dem filius familias konnte allerdings wie einem Sklaven zur selbstständigen Bewirtschaftung ein Sondervermögen (peculium183) eingeräumt werden, das zwar rechtlich im Eigentum des pater familias verblieb, sozioökonomisch jedoch durchaus als faktisches Eigenvermögen des Haussohns betrachtet wurde.184 179 Vgl Lehmann, Eigenvermögen 273. 180 Zu diesem siehe oben 25 mit Fn 72. 181 Zum Themenkomplex der faktischen Unabhängigkeit des Haussohns im Militär von seinem pater familias siehe unten 75. 182 UE 20,10: Filius familiae testamentum facere non potest, quoniam nihil suum habet, ut testari de eo possit; zum vollständigen Text der Quelle siehe oben 21 aE. Zur grundsätzlichen Vermögensunfähigkeit des Haussohns siehe oben 13. 183 Etymologisch nach Col rust 6,1,4 von pecus (Vieh) abgeleitet. Aus pecus entstammt ebda nach Columella pecunia (Geld), aus welchem Ulpian in D 15,1,5,3 (Ulp 29 ed) wiederum peculium ableitet: Peculium dictum est quasi pusilla pecunia sive patrimonium pusillum. 184 Der justinianische Digestentitel 15,1 beeinhaltet den Regelungskomplex zum (regulären) peculium. Das Sklavenpekulium wird bereits bei Plautus, Capt 19f, erwähnt. Zum peculium (des Haussohns) allgemein siehe Gamauf, Peculium, in Heinen (Hrsg), Handwörterbuch der antiken Sklaverei (HAS) 2 (2017) 2176–2179; Kaser, Das römische Privatrecht I 64; 344; 287; Longo, Filius familias 4–22; La Rosa, Peculii speciali 6f; Gardner, Citizen 56–62; Saller,
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Ob in der römischen Rechtsgeschichte Sklavenpekulien und peculia von Haussöhnen stets parallel existierten und nur als solche – nämlich als Gewaltunterworfenen gegebene Vermögensgüter zur eigenständigen Verwaltung – ohne historische Differenzierung verstanden wurden, wird in der Literatur nicht einheitlich beantwortet. Nach Brósz gab es zunächst nur das peculium der Sklaven. Faktisch verortet Brósz das peculium des Haussohns erst an der Schwelle zum 2. Jhdt v Chr.185 Juristisch sei erst im Laufe des ersten Jahrhunderts n Chr das peculium der Haussöhne jenem der Sklaven hinsichtlich der darauf bezogenen Regelungen angeglichen worden.186 Zusammengefasst führen diese Annahmen zur These von Brósz, dass das peculium des filius familias dem Sklavenpekulium nachgebildet war, also erst diesem nachfolgte.187 Die Behauptung eines peculium des Haussohns in der Frühzeit der Republik, also etwa zu Beginn des 5. Jhdts v Chr durch Livius anhand des Falles des Spurius Cassius188 erachtet Brósz mit Mandry189 als unrichtig; nicht zuletzt konnten die Fakten durch den knapp 500 Jahre später lebenden Livius verzerrt worden sein.190 Auch die Brósz’ Ansicht nach ersten »unverdächtigen Stellen«191, also nicht interpolierte Textteile, die das peculium des filius familias enthalten, stammen von den Juristen des 3. Jahrhunderts.192 Damit erscheint es möglich, dass das peculium des Haussohns erst nach der Endredaktion des edictum perpetuum, also erst unter Hadrian voll
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Patriarchy 123–126; Wacke, Die libera administratio peculii. Zur Verfügungsmacht von Hauskindern und Sklaven über ihr Sondergut, in Finkenauer (Hrsg), Sklaverei und Freilassung im römischen Recht. Symposium für Hans Josef Wieling zum 70. Geburtstag (2006) 251–253. Brósz, Peculium servi (vel filii?), Acta Antiqua Academiae Scientiarum Hungaricae 18 (1970) 333. Brósz, Peculium 307–309; dagegen Wacke, Peculium non ademptum videtur tacite donatum. Zum Schicksal des Sonderguts nach der Gewaltentlassung, IVRA 42 (1991) 93: »(…) das Pekulienrecht der Hauskinder [war] von der römischen Jurisprudenz als einheitliches Rechtsgebiet konzipiert«. Brósz, Peculium 307–335. Liv 2,41,10. Mandry, Das gemeine Familiengüterrecht mit Ausschluss des ehelichen Güterrechtes I (1871) 12. Livius gibt in der in obiger Fn genannten Stelle die Geschichte des Spurius Cassius wieder, der angeblich das peculium seines Sohnes wegen dessen Tötung geopfert hatte (eum cognita domi causa verberasse ac necasse peculiumque filii Cereri consecravisse). Mandry weist ebda darauf hin, dass bereits antike Autoren die Gewaltunterworfenheit des getöteten Sohnes in Zweifel zogen. Brósz, Peculium 331: »Es kann auch hinzugefügt werden, dass die in mehreren Formen, und etwa ein halbes Jahrtausend später aufgezeichnete Legende kaum zuverlässig sein mag, auch weil ihr Inhalt den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen jener Zeit widerspricht«. Brósz, Peculium 328. Brósz, Peculium 328.
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anerkannt war.193 Brósz lenkt zunächst den Blick auf die Definition von peculium der verschiedenen Juristen, welche seiner Ansicht nach zweifelsfrei nur das peculium des Sklaven behandeln.194 Als Beispiel sei durch Ulpian hier die Definition des Sklavenpekulium durch Tubero und Celsus wiedergegeben, welche sich klar auch nur auf das Sondergut eines Sklaven und nicht jenes eines Haussohns bezieht: D 15,1,5,4 (Ulp 29 ed) Peculium autem Tubero quidem sic definit, ut Celsus libro sexto digestorum refert, quod servus domini permissu separatum a rationibus dominicis habet, deducto inde si quid domino debetur. Übersetzung: »Tubero definiert jedoch das Sondergut, wie Celsus im 6. Buch seiner Digesten berichtet, als das, was ein Sklave mit Erlaubnis seines Eigentümers getrennt von dem Vermögensverzeichnis des Eigentümers verwaltet, abzüglich dessen, was er dem Eigentümer schuldet.«195
Brósz stützt seine These, dass Sklavenpekulium und peculium des Haussohns nicht zeitgleich nebeneinander bestanden, darauf, dass er jene Texte für interpoliert hält, die sowohl das peculium des Sklaven als auch des Haussohns in einem Atemzug nennen, also beide peculia zusammenfassen (wie etwa die sogleich folgende Stelle aus Ulpians Kommentar zum Edikt). Er beruft sich dabei auf Schulz, welcher am Beispiel der Digesten Julians ausführt,196 dass es in den Texten der klassischen Juristen bereits Interpolationen vor der justinianischen Kompilation gab.197 So könnten durch nachklassische Bearbeiter Wendungen wie vel filius oder tam filium sinngemäß erst nachträglich in einen Text eingefügt worden sein, der original sonst nur von Sklaven gehandelt hatte. Für den folgenden Text ist denkbar, dass Ulpian selbst die Änderungen iSd Hinzunahme des filius familias durch die Ergänzungen tam filium (quam servum) und vel filius in bzw zu den Ausführungen des Juristen Pedius vorgenommen hat:198 193 Brósz, Peculium 328, mit der Begründung, dass die Frage nach einem eigenen peculium des Haussohns zuvor in quaestiones der Juristen strittig gewesen sein könnte. Anders Longo, Filius familias 5–10, welche im peculium generell eine Eröffnung von Handlungsmöglichkeiten für die potestati subiecti sieht und dieses damit Teil der vom ius civile umfassten patria potestas war. 194 Siehe wie folgt Tubero und Celsus in D 15,1,5,4 (Ulp 29 ed); Servius in D 15,1,9 (Ulp 29 ed); D 15,1,4 pr (Pomp 7 Sab); D 15,1,39 (Flor 11 inst). 195 Übersetzung: Ziegler, in Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler (Hrsg), Corpus Iuris Civilis III 254f. 196 Schulz, Geschichte 290f. Den Ediktskommentar des Ulpian führt Schulz allerdings nicht in seiner Abhandlung der »problematischen Schriften« an; siehe ebda 286–309. 197 Brósz, Peculium 308. 198 Brósz, Peculium 311f. Giachi, Studi su Sesto Pedio. La tradizione, l’editto (2005) 552f, geht offenbar davon aus, dass bereits Pedius in seinem Kommentar zum Edikt auch den Haus-
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D 15,1,7,3 (Ulp 29 ed) Pupillum autem tam filium quam servum peculium habere posse Pedius libro quinto decimo scribit, cum in hoc, inquit, totum ex domini constitutione pendeat. Ergo et si furere coeperit servus vel filius, retinebunt peculium. Übersetzung: »Dass aber ein Unmündiger, sei er Haussohn oder Sklave, ein Sondergut haben könne, schreibt Pedius im 15. Buch (zum Edikt); denn hierbei, sagt er, hänge alles von der Entscheidung des Eigentümers ab. Daher behalten Sklaven oder Haussöhne ihr Sondergut, auch wenn sie geisteskrank werden.«199
Als Beweis für die Interpolation dieses Textes (durch die hinzugefügten Ausdrücke den Haussohn betreffend) führt Brósz plausibel an, dass im Text als Gewalthaber lediglich ein dominus, aber kein pater familias angeführt ist.200 Nach Durchsicht aller relevanten justinianischen Digestenstellen kommt Brósz zum Schluss, dass erst an der Schwelle zum 2. nachchristlichen Jhdt von einem peculium des Haussohns gesprochen wurde bzw es zuvor gar keine Erwähnung fand oder »bloß gestreift« wurde.201 Wie Brósz mit Bezug auf Plautus (3./2. Jhdt v Chr), der bereits von res peculiaris spricht,202 als nichtjuristische Quelle ableitet, wurde das Sondergut Gewaltunterworfener als »faktische Erscheinung«203 vom peculium als juristische Kategorie im 1. Jdht n Chr unterschieden.204 Aufgrund der aktionenrechtlichen Ausrichtung der römischen Jurisprudenz205 erscheint es dagegen plausibler, dass, wie Astolfi konstatiert,206 die Bedeutung des peculium des Haussohns als Rechtsfigur mit dem In-ErscheinungTreten der actio de peculio gegen den pater familias in Verbindung zu bringen ist. Der Regelungskomplex zum Sklavenpekulium (und damit wohl auch die Etablierung der actio de peculio) war jedenfalls in der späteren Republik weitgehend abgeschlossen.207
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sohn in der hier von Ulpian zitierten Stelle erwähnte. Zur Bearbeitung von Texten durch die spätklassischen Juristen siehe Wieacker, Textstufen klassischer Juristen (1960) 25–56. Übersetzung: Ziegler, in Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler (Hrsg), Corpus Iuris Civilis III 255f. Brósz, Peculium 311. Brósz, Peculium 308. Plaut Capt 19f, 982–988, 1011–1013. Siehe auch Kaser, Das römische Privatrecht I 344. Brósz, Peculium 308. Brósz, Peculium 333. Vgl Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 45f Rz 6–9. Astolfi, Studi sull’oggetto dei legati in diritto romano III (1979) 2. Siehe Tubero in D 15,1,5,4 (Ulp 29 ed) und D 15,1,6 (Cels 6 dig). Dazu Amirante, Lavoro di giuristi sul peculio, in Studi in onore di Cesare Sanfilippo III (1983) 3–15; Di Porto, Impresa Collettiva e Schiavo ’Manager’ in Roma Antica (II Sec. A.C.–II sec. D.C.) (1984) 277–283; Merola, »Servo parere«. Studi sulla condizione giuridica degli schiavi vicari sottoposti a schiavi nelle esperienze greca e romana (1990) 67–75.
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Brósz schließt weiters nicht aus, dass die augusteische Anordnung, dass Haussöhne über ihr peculium castrense testieren dürfen, überhaupt erst »den Anstoß bot, die bereits tatsächlich existierenden Sondervermögen der Haussöhne auch rechtlich zu regeln«208. Damit wird eine privatrechtliche Breitenwirkung auf das Pekuliarrecht durch die Maßnahme des Augustus suggeriert. Jedoch lässt sich auch hier festhalten, dass derzeit mangels überlieferter direkter Quellen nicht belegt werden kann, ob das peculium der Haussöhne mit dem peculium der Sklaven mitgeregelt, und damit zum Ende der Republik hin juristisch ausgestaltet und im Rechtsbewusstsein war. In der Literatur wird vertreten, dass das reguläre peculium des Haussohns der sozialen Sitte nach vom Hausvater nicht grundlos eingezogen werden konnte.209 Was die faktische Verfügungsmöglichkeit und wirtschaftliche Selbständigkeit des Haussohns angeht, ist das althergebrachte, vom pater familias seinem Sohn gegebene peculium somit durchaus vergleichbar mit den bona castrensia eines Soldaten.210 Im (zumindest) klassischen Recht traf die Familienväter nach Wacke auch die »sittliche Pflicht«, bereits emanzipierten Haussöhnen das ihnen einst als noch Gewaltunterworfene eingeräumte peculium nicht mehr zu entziehen.211 Die Stellung des emanzipierten, weitgehend unabhängigen Sohns könnte mit jenem des im Heeresbetrieb eingelebten und in organisatorisch-geographischer Distanz zum pater familias stehenden filius familias miles vergleichbar gewesen sein. Jedoch dürfte, wie später auszuführen sein wird,212 Augustus eben die Söhne der ärmsten Schichten für sein Heer rekrutiert haben wollen (»denen es sonst ganz und gar am Lebensunterhalt gebricht«213). Diesen jungen Männern dürfte es daher nicht geläufig gewesen sein, bereits ein peculium zu haben, da die Einräumung dieses Sondervermögens logischerweise einen gewissen Wohlstand des Hausvaters vorausgesetzt hätte. Mit der mit Eintritt in den Militärdienst ermöglichten Perspektive, einigermaßen gesicherten Zufluss an Vermögen zu haben, lag es nahe, dass sich hinsichtlich der aus armen Verhältnissen kommenden und noch unter Hausgewalt stehenden filii milites die Frage stellte, ob und wie mit diesen in Zukunft erworbenen Gütern ihrerseits disponiert werden durfte. 208 Brósz, Peculium 333. 209 Kaser, Patria potestas 86; ders, Das römische Privatrecht I 64 Fn 37. Undifferenziert La Rosa, Peculii speciali 7: »Senonchè i poteri del filius familias sul peculium dipendevano sempre dalla volontà paterna, poichè il peculio solo di fatto era patrimonio del filius: quindi il pater, qualora volesse, poteva farne l’ademptio ed avere anche di fatto gli acquisti procacciati dall’operosità del filius«; vgl Kaser, Patria potestas 85f.; Wacke, Peculium 45f. Die Möglichkeit des pater familias zur ademptio aus der bloßen Faktizität des peculium herleitend Wacke, Die Notbedarfseinrede des enterbten Haussohns, SDHI 60 (1994) 469f. 210 Zu den bona castrensia siehe unten 50 und 82 aE. 211 Wacke, Peculium 93. 212 Siehe dazu unten 76. 213 Cass Dio 52,27,4–5; siehe samt Angabe zur dt Übersetzung unten 77.
Die grundsätzliche Testierunfähigkeit des filius familias
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Was Brósz hinsichtlich des regulären peculium annimmt, nämlich dass dieses erst im 1. Jahrhundert an rechtlicher Bedeutung gewann,214 trifft jedenfalls auf das peculium castrense zu, da erst durch die Gewährung der Testierbefugnis für Haussöhne dieses Sondergut zur juristischen Kategorie, bzw, um den auf das gewöhnliche peculium von Brósz angewandten Begriff zu verwenden, zur »Rechtseinrichtung«215 wurde.
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Die grundsätzliche Testierunfähigkeit des filius familias
Um auf die Testierfähigkeit der Haussöhne einzugehen, ist zunächst deren Rechtsfähigkeit zu klären. Die moderne Definition der Rechtsfähigkeit als Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, bietet sich hier generell nicht an, da die Römer den Begriff der Rechtsfähigkeit nicht kannten.216 Die Begriffsbestimmung von Rechtsfähigkeit bei Schiemann mit »Fähigkeit, für sich selbst Rechte begründen und erwerben zu können«217 ist unrichtig, da Hauskinder sehr wohl die Möglichkeiten hatten, (wenn auch mit Zustimmung des pater familias) gültige Ehen einzugehen.218 Gerade die auf das Sakralrecht zurückgehende Eidesleistung (sacramentum militiae219) des Soldaten erfordert klarerweise die Eidesfähigkeit des Schwörenden. Ob es bei der militärischen Eidesleistung des (minderjährigen) filius familias der Zustimmung/Autorisierung des Hausvaters bedurfte,220 damit jener durch den Eid auch verpflichtet wurde, bleibt offen. Eine solche zwingende Autorisierung durch den pater familias wäre jedenfalls mit der Wehrpflicht nicht vereinbar gewesen.221 Sklaven konnten zwar auch wie Haussöhne im Zivilrecht rechtsgültig Eide leisten222 und waren strafrechtlich verantwortlich.223 Wenn nun aber Sklaven und 214 215 216 217 218 219 220
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Brósz, Peculium 333. Brósz, Peculium 333. Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 93 Rz 1. Schiemann, Minores, in Cancik/Schneider (Hrsg), Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike 8 (2000) 232. D 23,2,35 (Pap 6 resp). Siehe auch oben 39 mit Fn 173. Vendrand-Voyer, Normes civiques et métier militaire à Rome sous le Principat (1983) 45–56. Der Haussohn oder Sklave wird durch den von ihm geleisteten sakralrechtlichen Eid (votum an eine Gottheit, um deren Gunst zu erlangen) erst mit Autorisierung des pater familias bzw dominus verpflichtet. Siehe D 50,12,2,1 (Ulp 1 disp): Voto autem patres familias obligantur puberes sui iuris: filius enim familias vel servus sine patris dominive auctoritate voto non obligantur. Es handelte sich dabei aber eben im Kontext des Sakralrechts nach Kaser, Das römische Privatrecht 604 Fn 50, um keine »weltliche Obligierung«. Zur Wehrpflicht und ihrem Spannungsverhältnis zur patria potestas siehe unten 76. D 40,12,44 pr (Ven 7 act); D 12,2,23 (Ulp 26 ed). Dazu Harke, Der Eid im klassischen römischen Privat- und Zivilprozessrecht (2013) 28f, 124f. Kaser, Das römische Privatrecht I 285.
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Hauskindern ein peculium eingeräumt werden konnte, grenzt Wacke die mangelnde Rechtsfähigkeit von Sklaven im Privatrecht224 zu den Hauskindern dadurch ab, dass die »Direktionsgewalt des Herrn« bei Verfügungsgeschäften im Rahmen des ihnen eingeräumten peculium betreffend bei Sklaven mehr zum Tragen kam als bei Hauskindern.225 Ein Testament setzt regelmäßig Vermögen voraus, über welches letztwillig verfügt werden darf. Mangels eines solchen Vermögens hatten die römischen Hauskinder nach ius civile nicht wie Personen sui iuris (und damit nicht wie ihre Hausväter) die Testierfähigkeit (testamenti factio226). In Folge fehlte den Hauskindern die »qualifizierte Geschäftsfähigkeit«227, Testamente zu errichten. Wie bereits oben erwähnt,228 wird die mangelnde Testierfähigkeit bei Hauskindern mit der Unfähigkeit bzw rechtlichen Unmöglichkeit begründet, Vermögen zu haben, das einer letztwilligen Verfügung hätte unterliegen können.229 Ausgehend von dieser Rechtslage gab nun Augustus den Haussöhnen, die als Soldaten dienten, die Möglichkeit, über jenes Vermögen, das sie aufgrund des Militärdienstes erwarben, rechtsgültig ein Testament zu errichten. Der princeps berührte mit dieser concessio an die im Heer dienenden Haussöhne einen neuralgischen Punkt: Das Testament war als Rechtsgeschäft »das wichtigste Dokument, das ein Römer im Lauf seines Lebens errichten konnte«230, oder, um mit Crook zu sprechen in Anspielung darauf, dass 11 von 50 Büchern der Digesten des justinianischen corpus iuris civilis dem Erbrecht gewidmet sind, »in will-making the idiosyncrasies of humanity are at their most abundant and generate a lot of law«231. Kaser beschreibt das Testament als »eine der bedeutendsten und fruchtbarsten Schöpfungen des römischen Rechts«.232 So zählte Cato der Ältere zu den drei Dingen, welche (nicht) zu tun er bereut habe, die Tatsache, einen einzelnen Tag ohne Testament gelebt zu haben.233 Champlin fasst die vier Wesensmerkmale des römischen Testaments zusammen: »(…) the li224 Kaser, Das römische Privatrecht I 284–287. 225 Wacke, Peculium 44. 226 UE 20,10; zum Text der Quelle siehe oben 21 aE. Zur testamenti factio generell D 28,1; C 6,22; Inst 2,12; Gai inst 2,111a–114. 227 Kaser, Das römische Privatrecht I 682. 228 Siehe oben 40 sowie die Stelle UE 20,10 oben 21 aE. 229 So in UE 20,10. 230 Babusiaux, Wege zur Rechtsgeschichte: Römisches Erbrecht (2015) 17. 231 Crook, Law and Life of Rome (1967) 118. Siehe auch Cic Tusc disp 1,31: testamentorum diligentia. 232 Kaser, Das römische Privatrecht I 678. Im gleichen Sinn auch La Rosa, Peculii speciali 17: »una facoltà eccezionale« und Biondi, Successione testamentaria e donazioni2 (1955) 3f: »(…) almeno per l’epoca per cui è possibile una ricostruzione storica, il testamento nella coscienza sociale ha la massima importanza«. Allgemein zur sozialen und rechtlichen Bedeutung der letztwilligen Verfügung Biondi, Successione 3–7. 233 Plut Cat mai 9,6; Vgl Daube, Aspects 71: »horror of intestacy«.
Der persönlich-zeitliche Anwendungsbereich
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cense of the testator to speak the truth, the document’s privileged status as a last judgement, its role in fulfilling a duty, and the measure of security it afforded«234. Die testamenti factio entzog sich zudem der Parteiendisposition, da diese zwingendes Recht ist.235 Dem pater familias als Person sui iuris war es selbstredend möglich, letztwillig nach ius civile zu verfügen. Zudem war es für patres familias geradezu eine Sitte, ein Testament zu errichten.236 In diese Rechtsposition der Hausväter drang nun die spezielle Testierfähigkeit des Haussohns über sein peculium castrense ein. Nachvollziehenderweise war dieser Eingriff in die privatrechtliche Monopolsphäre der Hausväter wohl spürbar gewesen.
4.
Der persönlich-zeitliche Anwendungsbereich
Die Testierbefugnis über das peculium castrense hatten zur Zeit des Augustus nur jene Haussöhne, die aktiv im Militärdienst standen.237 Es gibt keine Quellenhinweise, ob sich die Gewährung der Testierbefugnis an Haussöhne vorerst nur aus Einzelfallentscheidungen ableitete und dann durch eine generalisierende Entscheidung für alle filii familias im Heer galt,238 oder ob das Privileg aufgrund einer allgemeinen Regelung von Beginn an alle in der Armee dienenden Haussöhne erfasste. Ein Mindestalter für den Eintritt in den Militärdienst war rechtlich nicht geregelt, regelmäßig war bei der Rekrutierung jedoch mit einem Alter von 17 bis 25 Jahren zu rechnen.239 Die Obergrenze für das Alter bei Einrückung dürfte bei 46 Jahren gelegen sein.240 Forni führt eine ausführliche Tabelle mit Inschriften (allerdings gemischt von augusteischer Zeit bis Diokletian) an, welche 13- bis 36234 Champlin, Final judgements 27f. 235 D 28,1,3 (Pap 14 quaest): Testamenti factio non privati, sed publici iuris est; Lehmann, Eigenvermögen, 266 Fn 269. Zum ius publicum als Bezeichung zwingenden Rechts bei Papinian siehe auch D 2,14,38 (Pap 2 quaest): ius publicum privatorum pactis mutari non potest; Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht9 (2001) 31. 236 Kaser, Das römische Privatrecht I 669: »Die Testamentserrichtung galt für den Familienvater der gehobenen Stände geradezu als sittliches Gebot«. 237 Mit Inst 2,12 pr lässt sich dies durch ein zeitliches argumentum e contrario begründen: postea vero subscriptione divi Hadriani etiam dimissis militia, id est veteranis, concessum est. 238 So aber Guarino, L’oggetto 69 und Kaser, Das römische Privatrecht I 344. 239 Schmetterer, Rechtliche Stellung 19; Wilmans-Grunwald, Tauglichkeitskriterien für den römischen Militärdienst, in Grunwald (Hrsg), Bewertung der Gesundheit – Beurteilung milita¨ rischer Tauglichkeit. Verhandlungen des Symposiums aus Anlass des 70. Geburtstages von Oberstarzt d. R. a. D. Professor Dr. med. Dr. h. c. mult. Heinz Goerke am 12. Dezember 1987 in Mu¨ nchen. Beitra¨ge Wehrmedizin und Wehrpharmazie (1989) 39; Jung, 306 (mwLit). 240 Mommsen, Römisches Staatsrecht III.1 (1887) 242, bezugnehmend auf Appian 2,150; Schmetterer, Rechtliche Stellung 19.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
jährige Rekruten zeigt.241 Bei den jungen Soldaten ist also anzunehmen, dass zumindest ein Teil höchstwahrscheinlich noch der patria potestas unterstand. Liest man den folgenden Abschnitt aus Vegetius’ epitoma rei militaris, so kann ebenso vermutet werden, dass bereits Männer im Alter unter 17 Jahren als Rekruten in Betracht kamen, darunter wohl auch ein (wenn auch nicht bestimmbarer) Gutteil unter häuslicher Gewalt: Veg epit rei milit 1,4,1–4 Cuius aetatis tirones probandi sint (1) Nunc, aetate milites legi conveniat, exploremus: et quidem, si antiqua consuetudo servanda est, incipientem pubertatem ad dilectum cogendam nullus ignorat; (2) non enim tantum celerius, sed etiam perfectius imbuuntur, quae discuntur a pueris. Deinde militaris alacritas, saltus et cursus ante temptandus est, quam corpus aetate pigrescat. (3) Velocitas enim est, quae percepto exercitio strenuum efficit bellatorem. (4) Adulescentes legendi sunt, sicut ait Sallustius, nam simul ac iuventus belli patiens erat, in castris per laborem usum militiae discebant. Übersetzung: »Rekruten welchen Alters gutzuheißen sind. (1) Nunmehr wollen wir erkunden, in welchem Alter man die Soldaten aussuchen soll. Wenn denn die alte Gewohnheit gewahrt werden soll, so weiß ja jeder, dass die beginnende Mannesreife zur Musterung zu ziehen ist; (2) denn nicht nur rascher, sondern auch besser prägt sich das ein, was in frühem Lebensalter gelernt wird. Ferner muss man die militärische Behendigkeit, das Springen und Laufen üben, bevor der Körper durch Alter träge wird. (3) Die Schnelligkeit nämlich ist es, die nach absolvierter Ausbildung einen Krieger tüchtig sein läßt. (4) Heranwachsende soll man (also) auswählen, wie es bei Sallust (Cat.7,4) heißt: Sobald die Jugend den Krieg zu ertragen vermochte, erlernte sie im Lager unter Anstrengungen das Kriegshandwerk.«242
Solche nach alter Gewohnheit (antiqua consuetudo) rekrutierte junge Männer kamen wohl noch nicht in Berührung mit einem peculium und die Erwerbsmöglichkeit im Rahmen eines peculium castrense könnte ihnen überhaupt erst die Möglichkeit geboten haben, Zugang zu geregeltem Einkommen zu erhalten. Darüber hinaus war die Einführung des peculium quasi castrense243 für die (noch
241 Forni, Il reclutamento delle legioni da Augusto a Diocleziano (1953) 135–141 (Tabella I: Età di leva). 242 Lat Text und Übersetzung: Müller (Hrsg), Vegetius: Abriß des Militärwesens – lateinisch und deutsch (1997) 94f. 243 Belegt seit Ulpian, zB in D 36,1,1,6 (Ulp 3 fid) oder D 37,6,1,15 (Ulp 40 ed). Nach Fitting, Castrense peculium 397–403, sind die Stellen hinsichtlich des peculium quasi castrense auch nicht interpoliert.
Der persönlich-zeitliche Anwendungsbereich
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unter Hausgewalt stehenden) kaiserlichen Beamten im 4. Jhdt auch nur logische Konsequenz, da diese zuvor eine militärische Karriere durchliefen244. Die ( jedenfalls) juristische Vermögensunfähigkeit schloss jedoch nicht aus, dass Haussöhnen öffentlich-rechtlich der Zugang zu hohen Ämtern durchaus nicht verwehrt war: Sie besaßen das aktive wie passive Wahlrecht und waren zu den Magistraturen zugelassen.245 Gegenüber dem Straf- und Sakralrecht waren sie voll verantwortlich.246 Auch in der militärischen Hierarchie konnte ein filius familias hohe Positionen mit Befehlsgewalt einnehmen, etwa als tribunus militum laticlavius, ein senatorischer Militärtribun in der Rangordnung nach dem Legionskommandanten.247 Mit Entlassung des Haussohns aus seinem Armeedienst fiel in der Regierungszeit von Augustus die Testierbefugnis und die damit verbundene vermögensrechtliche Sonderstellung weg. Das damit einhergehende finanztechnische (Wieder-)Erstarken der patria potestas dürfte jedoch nach der Entlassung des Soldaten angesichts der niedrigen Lebenserwartung der Soldaten sowie des durch Augustus eingeführten, bis zu 16-jährigen Militärdienstes248 praktisch nur eine marginale Rolle gespielt haben: Aufgrund der generell niedrigen Lebenserwartung in Rom ist festzuhalten, dass sich die Lebenserwartung der milites von jener der Zivilbevölkerung nicht wesentlich unterschied.249 Auch wenn sich die Rekonstruktion der Sterblichkeit von Soldaten anhand mehrerer demographischer Modelle in der althistorischen Forschung als sehr schwere Aufgabe erwies,250 zeigt sich, dass für die »Sub-Population der römischen Legionssolda244 Kaiserliche Beamte in leitenden Positionen mussten zuerst die militärische Laufbahn absolvieren, entweder bei den Legionen als Militärtribune oder bei den auxilia als Regimentskommandeure; siehe Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 186f Rz 5. 245 D 1,6,9 (Pomp 16 Quint Muc): Filius familias in publicis causis loco patris familias habetur, veluti ut magistratum gerat, ut tutor detur. Haussohn als Konsul: D 1,7,3 (Paul 4 Sab); als decurio: D 50,1,17,2 (Pap 1 resp); Longo, Filius familias 1f; Buchwitz, Der Haussohn als Senator, in Piro (Hrsg), Scritti per Alessandro Corbino I (2016) 397–411; Daube, Aspects 85. 246 Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 366 Rz 10. 247 Fischer, Die Armee der Caesaren – Ein Überblick, in Beutler/Farke/Gugl/Humer/Kremer/ Pollhammer (Hrsg), Der Adler Roms – Carnuntum und die Armee der Cäsaren (2017) 14 Fn 1 (mwLit) und 18. Unklar ist daher, was Jung, Eherecht 343, meint mit einem »Für den Offizier (…) eingeschränkte[n] Begriff des peculium castrense«; Eyben, Restless Youth 49–51. 248 Cass Dio 54,25,5–6. 249 Scheidel, Measuring Sex, Age and Death in the Roman empire: Explorations in Ancient Demography (1996) 124; Scheidel, Debating Roman Demography (2001) 29f. 250 Carrié, Der Soldat, in Giardina (Hrsg), Der Mensch der römischen Antike (1991, Ausgabe Magnus, Essen 2004) 146, sieht »den römischen Soldaten eher durch die allgemeinen Bedingungen der antiken Demographie als durch die Risiken seines Berufes bedroht«. Die verschiedenen demographischen Modelle sind dargestellt in Scheidel, Rekruten und Überlebende. Die demographische Struktur der römischen Legionen in der Prinzipatszeit, KLIO 77 (1995) 232–254.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
ten«251 mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 25, jedenfalls von 20– 30 Jahren ab der Geburt zu rechnen war.252 Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem 30-jährigen Sohn der Vater noch lebte, lag durchschnittlich bei 31 %, bei einem 40-jährigen, und damit wohl in den meisten Fällen nach Beendigung des Militärdienstes, nur noch bei 12 %.253
5.
Die Vermögenswerte im peculium castrense
Als typischerweise im Militärdienst erworbene Vermögenswerte, die Inhalt des peculium castrense wurden, galten Waffen und Ausrüstung, Sold, Beute, Geldgeschenke des princeps (donativa) sowie die nicht mehr in einer bloßen Landzuteilung, sondern in Geld bestehende Altersversorgung der Veteranen254 (praemium militiae255).
5.1.
Waffen, Ausrüstung und Kleidung
Die Armee behielt einen Teil des Soldes (stipendium256) ein, um die Kosten für Waffen, Ausrüstung und Bekleidung zu bestreiten.257 Damit kamen die Soldaten für ihre Ausrüstung selbst auf.258 G.R. Watson merkt an, dass sowohl Waffen als auch Verpflegung (außer in seltenen Fällen) scheinbar niemals frei bzw nicht ohne Anrechnung auf den Sold ausgegeben wurden: »Rations and arms, unlike clothing, appear never to have been made the subject of free issue, except in rare instances as a special concession.«259 Diese Beschneidung des Soldes zur Finanzierung der militärischen Ausrüstung führte verständlicherweise zu Unmut 251 252 253 254 255 256 257
258 259
Scheidel, Rekruten und Überlebende 235. Scheidel, Rekruten und Überlebende 235–238. Saller, Patriarchy 55. Cass Dio 54,25,5. D 49,17,11 (Mac 2 re milit); C 12,36,1,1 (Alex Sev, a 223); Lehmann, Eigenvermögen 187. Einseitig und undifferenziert Stepan, Scaevola noster 44, welcher annimmt, dass der Inhalt des peculium castrense aus »vermutlich v. a. Kriegsbeute« bestand. Zum stipendium siehe Lammert, Stipendium, in RE III.A.2 (1929) 2536–2538. Sowie für Festlichkeiten im Rahmen des Militärs sowie Verpflegung; Junkelmann, Die Legionen des Augustus15 (2015) 170; Wesch-Klein, Soziale Aspekte des römischen Heerwesens in der Kaiserzeit (1998) 64. Eine Darstellung der Waffen sowie der Ausrüstung des miles der augusteischen Epoche auf Basis der Erkenntnisse der experimentellen Archäologie bietet Junkelmann, Legionen 199–324; ders, Die Adler in Aktion, in Beutler/Farke/Gugl/Humer/ Kremer/Pollhammer (Hrsg), Der Adler Roms – Carnuntum und die Armee der Cäsaren (2017) 26–53. Nach Le Bohec, Die römische Armee2 (2015) 252, galt dies im 1. und 2. Jhdt n Chr. Watson G.R., The Roman Soldier (1969) 104, in Bezug auf P Gen Lat 1 (ebda Appendix A).
Die Vermögenswerte im peculium castrense
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und auch zu Revolten der Soldaten, etwa unter Tiberius.260 Hinsichtlich der militärischen Gegenstände lag es wohl nachvollziehbar im Interesse der Legion, dass diese Sachen testamentarisch an einen (weiter dienenden) Kameraden weitergegeben wurden und dadurch in der Armee blieben.
5.2.
Sold (stipendium)
Die Besoldung von Soldaten mit Geld ist eine alte Tradition. Die erste belegte Auszahlung findet sich bei Livius 4,59,11 für das Jahr 406 v Chr.261 Zur Zeit des Augustus betrug der Jahressold eines einfachen Legionssoldaten – gerechnet auf ein 360-Tage-Jahr – exakt 225 denarii. Diese Summe hat G.R. Watson anhand des Tagessoldes berechnet und ergibt sich aufgrund der Annalen des Tacitus, wo das Einkommen eines Legionärs mit 10 As pro Tag ausgewiesen wird (1,17,4: enimvero militiam ipsam gravem, infructuosam: denis in diem assibus animam et corpus aestimari).262 Ein Soldat der Leibgarde des Augustus (Prätorianer) erhielt pro Tag 2 denarii.263 Obwohl Soldaten unter Tiberius bereits eine Solderhöhung gefordert hatten,264 erhöhte erst Domitian den Sold um ein Viertel.265 Rekruten erhielten im frühen Prinzipat als erste finanzielle Zuwendung das Reisegeld (viaticum) iHv 75 Denaren als »einmalige Einstellungsprämie«266. Soldaten im Rang eines einfachen centurio hatten annähernd das 15-fache des Mannschaftssoldes: nach Junkelmann betrug der Sold dieses einfachen centurio im frühen Prinzipat 3375 Denare.267 Ein primus pilus, der höchste Grad eines centurio, erhielt das 72-fache eines einfachen Soldaten.268 Damit unterschieden sich hohe Offiziersränge unter dem Aspekt ihrer Besoldung gewaltig von jenen 260 Tac ann 1,17,6. Zu Tiberius siehe unten 109. 261 Wesch-Klein, Soziale Aspekte 45 Fn 2. 262 Watson G.R., Soldier 90 mit Anm 224; Lo Cascio, Il »princeps« e il suo impero. Studi di storia amministrativa e finanziaria romana (2000) 64. Zum Forschungsstand (mit der Darstellung des Soldes in Sesterzen) siehe Schmetterer, Rechtliche Stellung 34–37 (mwLit); Wesch-Klein, Soziale Aspekte 48–53; Kienast, Augustus. Prinzeps und Monarch5 (2014) 323 Fn 14; Raaflaub, Die Militärreformen des Augustus und die politische Problematik des frühen Prinzipats, in Binder (Hrsg), Saeculum Augustum I. Herrschaft und Gesellschaft (1987) 249; Watson G.R., Soldier 89–100; Fischer, Armee 20. 263 Tac ann 1,17,5. 264 Von 10 As auf 1 Denar; siehe Cass Dio 57,4,2. 265 Um ein Viertel; siehe Suet Dom 7,8. Wohl fälschlich »ein Drittel« bei Schmetterer, Rechtliche Stellung 34. 266 Junkelmann, Legionen 170. 267 Junkelmann, Legionen 170f. Nach Herz, Finances and Costs of the Roman Army, in Erdkamp (Hrsg), A companion to the Roman army (2007) 308, betrug das Jahreseinkommen eines centurio das 18-fache jenes des einfachen Legionärs. 268 Herz, Finances 308.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
der einfachen Legionäre.269 Wenn nun ein noch unter der Hausgewalt seines Vaters stehender filius familias im Status eines Offiziers war, wäre es diesem wohl abträglich gewesen, hätte er kein rechtsgültiges Testament errichten können. Es liegt nahe, dass die mit dem jeweiligen militärischen Rang einhergehende massiv höhere Besoldung die Autorität in der Hierarchie unterstrich und damit die Arbeitsmotivation eines Soldaten (ungeachtet ob sui iuris oder nicht) während seiner militärischen Karriere wesentlich gesteigert haben mag, wenn nicht die Besoldung der besonderen Motivation sogar entsprach. Im Verhältnis zu den ihm untergebenen Soldaten (insbesondere sui iuris!) wäre diese Autorität wohl dadurch (soziologisch betrachtet) relativiert worden, wenn er trotz höherer militärischer Befehlsgewalt plus faktisch erworbener und möglicherweise sehr großer vorhandener Vermögenssumme keine Testierfähigkeit gehabt hätte. Denn die von ihm befehligten, gewaltfreien Soldaten hatten jedenfalls die Testierfähigkeit und damit eine für sie sozial immanent wichtige Befugnis – als eben deren »plus« im Vergleich zu ihrem Befehlshaber, sofern dieser keine gehabt haben sollte.
5.3.
Beute
Beute fiel nach deren Ergreifung durch die einfachen Soldaten dem römischen Staat zu.270 Sie war von den Soldaten an die Feldherren abzuliefern,271 der die Verteilung innerhalb der Legion vornahm.272 Unterschlagung von Beute (vor Abgabe) war nach der lex Iulia peculatus strafbar.273 Die Verteilung der erbeuteten Sachen innerhalb der Legion bzw die Verfügungsgewalt des Feldherren
269 Herz, Finances 308: »The social differences in Roman society affected not only the distribution of soldiers and officers in the various divisions of the army, but also their pay. The level of pay was more dependent on the social status of a unit than it was on their function or the difficulty of their actual tasks. (…) The differences amongst the officers were even more striking (…)«. 270 Liv 30,14,8: Praeda populi Romani. Kaser, Das römische Privatrecht I 425 (insb Fn 9 mwLit); Jung, Die Rechtsstellung der römischen Soldaten. Ihre Entwicklung von den Anfängen Roms bis auf Diokletian, in ANRW II.14 (1982) 924–938, kommt nach eingehender Analyse der Quellen in republikanischer Zeit zum Ergebnis, dass »die Kriegsbeute seit je dem populus Romanus gehörte«. Dagegen Watson A., The Law of Property in the Later Roman Republic (1968) 68, der den Autor Livius als »weak authority for legal concepts« bezeichnet und mangels direkter Quellen konstatiert »that apparently no text actually says that movables taken from the enemy become, ipso facto, the property of the Roman state«. 271 Polyb 10,16; Gell 16,4,2. 272 Polyb 10,16,1; Watson A., Law of Property 66–68. 273 Mommsen, Römisches Strafrecht (1899) 761f, ebda auf Augustus oder bereits Caesar zurückgeführt.
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über diese »[orientierte] sich am Leitbild des guten Feldherrn«274, was wohl bedeutete, dass er nach dem Maßstab eines vir bonus für eine faire Verteilung sorgte und nicht alle Beutestücke für sich behielt. Ein Rechtsanspruch der Soldaten auf Zuteilung von Beute bestand nicht.275 Aufgrund der Tatsache, dass auch Sklaven im peculium castrense vorhanden waren,276 erscheint es plausibel, dass zunächst aufgrund von Kriegsgefangenschaft versklavte Personen277 Teil der Beute waren und dann in einem weiteren Schritt durch Zuteilung des Feldherrn an den filius familis miles Bestandteil des peculium castrense wurden.278
5.4.
Donative
Donative waren Geschenke des princeps an die Soldaten zu ausgewählten Anlässen279. Solche materiellen Zuwendungen waren selbstredend starke Mittel des princeps, um die Soldaten an seine Person zu binden,280 hatten diese mit dem Militärdienst doch ein »love-hate relationship«281. Donative spielten beim Zustandekommen eines substantiellen peculium castrense des filius familias miles eine herausragende Rolle, da die Donative in Summe die sonstigen Einkünfte im Laufe der Zeit wesentlich überstiegen.282 Am meisten erhielten die Prätorianer an diesen Geschenken.283 Auxiliartruppen wurden hingegen keine donativa zugesprochen, da nur Truppenteile bedacht wurden, deren Soldaten das römische Bürgerrecht hatten.284 Die Auszahlung von Donativen nahm Augustus zu Lebzeiten zweimal vor: einmal anlässlich seines Einzugs in Rom,285 das andere Mal wegen des Militärdienstes seines Enkels und Adoptivsohnes Gaius Caesar.286 Ein 274 Jung, Rechtsstellung 938. 275 Vgl Tac hist 3,19; Wesch-Klein, Soziale Aspekte 48 Fn 23. 276 In juristischen Texten belegt etwa durch: D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp); D 38,2,22 (Marc 1 inst); D 37,14,8 pr (Mod 6 reg); D 38,2,3,8 (Ulp 41 ed). 277 D 1,5,4,3 (Flor 9 inst); Inst 1,3,3. Dazu Wieling, Die Begründung des Sklavenstatus nach ius gentium und ius civile (1999) 4–9; Ortu, Schiavi e mercanti di schiavi in Roma antica (2012) 15–25; Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 105 Rz 16. 278 Zu Sklaven in der Armee generell bzw Sklaven im Tross der Soldaten siehe unten 129. 279 Le Bohec, Armee 245–250; Watson G.R., Soldier 108–114; Schmetterer, Rechtliche Stellung 36. 280 Dazu Phang, Roman Military Service: Ideologies of Discipline in the Late Republic and Early Principate (2008) 179–188. 281 Davies, The Daily Life of the Roman Soldier under the Principate, in ANRW II.1 (1974) 333. 282 Wesch-Klein, Soziale Aspekte 56–58; Schmetterer, Rechtliche Stellung 36. 283 Cass Dio 56,32,2; Suet Aug 101,2; Tac ann 1,8,2. 284 Cass Dio 59,2,3; Wesch-Klein, Soziale Aspekte 57; Junkelmann, Legionen 172. 285 HA Sev 7,6; Le Bohec, Armee 245. 286 Cass Dio 55,6,4; Schmetterer, Rechtliche Stellung 35.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
weiteres Mal bedachte Augustus die Soldaten in seinem Testament.287 Tiberius, der aufgrund dieses Testaments die Auszahlung vornahm, verzweifachte die Summe und machte sie dadurch zu »seinem« Donativ.288 Was Vegetius im 4. Jahrhundert nach Christus in der folgenden Stelle von den donativa berichtet, beschreibt den ab antiquis bestehenden Rechtszustand.289 Er schildert nicht den zeitgenössischen Zustand (in einer Zeit des Niedergangs des römischen Militärs), sondern jenen der (frühen) Prinzipatszeit290, um »eine Reform und renovatio von der Wurzel her vorzuschlagen«291. Er trifft die Aussage bei den Ausführungen zur Verwahrung der Hälfte der Donative, um das »Sparguthaben« der Soldaten zu vermehren sowie diese selbst vor Verschwendung zu schützen: Veg epit rei milit 2,20,1–4 Donativi partem dimidiam debent apud signa milites sequestrare servandum ipsis. (1) Illud vero ab antiquis divinitus institutum est, ut ex donativo, quod milites consequuntur, dimidia pars sequestraretur apud signa et ibidem ipsis militibus servaretur, ne per luxum aut inanium rerum comparationem ab ipsis contubernalibus posset absumi. (2) Plerique enim homines et praecipue pauperes tantum erogant, quantum habere potuerint. Sepositio autem ista pecuniae primum ipsis contubernalibus docetur accomoda; (3) nam cum publica sustententur annona, ex omnibus donativis augetur eorum pro medietate castrense peculium. (4) Miles deinde, qui sumptus suos scit apud signa depositos, de deserendo nihil cogitat, magis diligit signa, pro illis in acie fortius dimicat, more humani ingenii, ut pro illis habeat maximam curam, in quibus suam videt positam esse substantiam. Übersetzung: »Die Hälfte eines Donativs müssen die Soldaten bei den Feldzeichen zur Aufbewahrung abgeben. (1) Folgendes aber war von den Alten mit geradezu göttlicher Einsicht geregelt, dass die Hälfte eines Donativs, das die Soldaten bekamen, bei den Feldzeichen aufgehoben wurde, damit es von den Kameraden nicht mit Luxus oder mit dem Erwerb von eitlen Nichtigkeiten vergeudet werden könnte. (2) Die meisten Menschen nämlich, und zwar besonders die Armen, geben genau so viel aus, wie sie nur haben können. Dieses Beiseitelegen des Geldes nun erweist sich erstens für die Kameraden selbst als vorteilhaft; (3) denn da sie ja auf Staatskosten unterhalten werden, wächst aus allen Schenkungen jeweils zur Hälfte ihr Sparguthaben im Lager an. (4) Sodann denkt ein Soldat, der seinen Besitz bei den Feldzeichen hinterlegt weiß, nicht ans Desertieren, er setzt sich mehr für die Feldzeichen ein, er kämpft in der Schlacht tapferer für sie, wie die
287 Tac ann 1,8,3; Suet Aug 101,3; Cass Dio 56,32,2. 288 Cass Dio 57,5,3 und 6,4. 289 Ebenso beschreibt Vegetius auch andere Inhalte das Militär betreffend »aus Vorzeiten«, so etwa die Aufstellung einer Legion (epit rei milit 2,4,3). 290 Veg epit rei milit, Prolog, 2: Secundus liber veteris militiae continet morem. 291 Müller (Hrsg), Vegetius 14f.
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Menschen nun einmal veranlagt sind, nämlich am allermeisten dafür Sorge zu tragen, worauf man die eigene Existenz gegründet sieht.«292
Statt den Ausdruck divinitus des Originaltexts mit, wie vorliegend, »geradezu göttlicher Einsicht« zu übersetzen, ist es treffender, die Zweitbedeutung »vom Kaiser«293 zu verwenden. Somit hatte ein princeps angeordnet,294 dass die Hälfte der Donative im Heer hinterlegt werde (sequestraretur), um den Soldaten ein aufgespartes Startkapital für ein Leben nach dem Militärdienst ausbezahlen zu können.295 Die Geldgeschenke stammten ja vom princeps selbst, wobei leicht nachvollziehbar dieser auch bestimmte, wie mit diesen Beträgen weiter verfahren werden sollte. Dieses Verwahrungsverhältnis zwischen dem einzelnen Soldaten und der Legion (auf Anordnung des princeps) ist vergleichbar mit der Streitverwahrung im Privatrecht, bei welcher zwei Personen aufgrund eines Interessenskonfliktes (etwa Streitverfangenheit der Sache) die Sache bis zur Klärung des Konflikts bei einem Sequester296 hinterlegten.297 Auf das Militär und die Auszahlung von Donativen bezogen hatten die Soldaten das Interesse, dass ihre Leistungen entsprechend honoriert wurden. Spiegelbildlich lag es nahe, dass es dem princeps ein Anliegen war, die Schlagkraft der Armee auch dadurch zu gewährleisten, den Soldaten bei Dienstende einen hohen Geldbetrag als Abfertigung zu bieten. Die sich aus dem Hälftebetrag der Donative zusammengesetzte Summe wie auch das praemium militiae298 – beides wurde am Ende der Militärdienstzeit ausbezahlt – mag mit ein wesentlicher Motivationsfaktor für die milites gewesen sein, die Mühen und Strapazen des mitunter jahrzehntelangen Militärdienstes auch durchzuhalten. Die Soldaten erwartete ein Geschenk des princeps, wenn sie den Dienst vollständig mit missio honesta absolviert und im besten Fall mit Maximalleistungen erbracht hatten. Da es sich bei den Donativen um zusätzliche Leistungen handelte, konnte der princeps diese splitten, ohne sich den Vorwurf des Einbehaltens (etwa von Sold) gefallen lassen zu müssen. Mit der Abfertigung konnte die Zukunft nach dem Heer als veteranus ohne großen finanziellen Bruch bestritten werden. Die treffendere Übersetzung von sumptus im
292 293 294 295
Lat Text und Übersetzung: Müller (Hrsg), Vegetius 94f. Heumann/Seckel, Quellen 155. Jung, Rechtsstellung 947: »Kaiserlicher Erlass«. Vgl Phang, Military Service 168f. »The regimental savings bank« bei G.R. Watson, Soldier 104–107. Zur Verwaltung der Sparguthaben im Lager durch die signiferi siehe Veg epit rei milit 2,20,7; zur Quellenstelle siehe unten 84. 296 Zu Übersetzung und Bedeutung der Begriffe sequester und sequestrare Heumann/Seckel, Quellen 535f. 297 Depositum in sequestre; siehe D 16,3,6 (Paul 2 ed). Dazu Litewski, Studien zur Verwahrung im römischen Recht (1978) 52–83; Hausmaninger/Gamauf, Casebook zum römischen Vertragsrecht7 (2012) 40f (mwLit). 298 Zu diesem sogleich unten 57.
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vierten Satz der Stelle wäre daher auch »Aufwand«, »Kosten« für die Zukunft statt (unscharf und unklar) »Besitz«. Augustus hatte bei der Gewährung der Testierbefugnis für Haussöhne möglicherweise zunächst als peculium castrense die Hälfte der Donative im Sinn, welche in die Kasse der Kohorte eingezahlt bzw dadurch hinterlegt worden war.299 Fitting hält es auch für möglich, dass der Begriff peculium castrense erstmalig für diesen hinterlegten Hälfteteil geprägt wurde:300 Als Belegstelle für die »diese[n] Sprachgebrauch«301 des Kapitals (also die Bezeichnung peculium castrense für das Angesparte aus Hälfteteilen der Donative) führt Fitting uA die Stelle Paul sent 5,9,4 an. Sie beinhaltet den Satz: (…) excepto castrensi peculio bona sua conferre debebunt. Angesprochen ist hier die collatio bonorum emancipati, also die Einbringung von bereits erhaltenem Vermögen von schon emanzipierten Hauskindern, um bei der Intestaterbfolge die Nachlassmasse unter Miterben auszugleichen.302 Die früheste Belegstelle für die prätorisch entwickelte303 collatio bonorum ist D 37,6,2,5 (Paul 41 ed), in welcher der frühklassische Jurist C. Cassius Longinus von Paulus zitiert wird.304 Stiegler305 vermutet eine Einführung der collatio »spätestens in den ersten Jahrzehnten unserer Zeitrechnung«. Folgt man dieser Ansicht, so würde die von Fitting in Betracht gezogene Stelle sich zumindest auf die Rechtslage im beginnenden 1. Jhdt n Chr, wenn nicht sogar erst nach Augustus,306 beziehen. Für peculium castrense als Begriff für die einbehaltene Donativen-Hälfte in der Militärkasse zur Zeit des Augustus wäre diese Stelle des Paulus im letztgenannten Fall daher zweifelhaft, insbesondere wenn der Zeitpunkt für die Einführung der Testierbefugnis des filius familias miles vor Christus gewesen sein sollte.307 Vegetius lässt auch offen, ob sich das Sparvermögen ausschließlich auf Donative bezog. So bezieht Jung Teile des Solds in das zu Hinterlegende ein.308 Da nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, dass peculium castrense – wie in der Übersetzung durch Müller – nur »Sparguthaben« bedeutet, lässt sich peculium castrense über die Eigenschaft als militärisches Sondergut hinaus nicht weiter 299 So Fitting, Castrense peculium 18f Fn 10. Peculium castrense wird in der obigen Übersetzung des Vegetius-Textes auch mit »Sparguthaben« übersetzt. 300 Fitting, Castrense peculium 19 Fn 10. 301 Fitting, Castrense peculium 19 Fn 10. 302 D 37,6; C 6,20; Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 422 Rz 9f. 303 Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 422 Rz 10; Caballé Martorell, La collatio emancipati (1997) 27. 304 Vgl Caballé Martorell, Collatio 30: »El primer testimonio cronológico (…)«. Zu D 37,6,2,5 (Paul 41 ed) siehe ebda 30–32. 305 Stiegler, Rez zu Caballé Martorell, La collatio emancipati (1997), ZSS 118 (2001) 522. 306 C. Cassius Longinus lebte noch in der zweiten Hälfte des 1. Jhdts n Chr. Siehe dazu Kunkel, Juristen 130f. 307 Zu den möglichen Zeitpunkten siehe unten 62. 308 Jung, Rechtsstellung 947.
Die Vermögenswerte im peculium castrense
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spezifizierend oder auf eine Funktion eingrenzend übersetzen. Das aufbewahrte Kapital wurde nicht für Investitionen eingesetzt, Zinsen trug es auch keine.309 Anhand der überlieferten Summen, die für Donative aufgewendet wurden,310 schließt Fitting, dass das peculium castrense »regelmässig von nicht unerheblichem Betrage sein [musste]«311.
5.5.
Das praemium militiae
Zu dem, was während des Militärdienstes erworben wurde, war das nach erfolgter honesta missio ausbezahlte praemium militiae zu rechnen312. Es diente der Altersversorgung der Veteranen und war Abfindung bzw »Entlassungsgeld«313. Das praemium militiae betrug Cassius Dio zufolge nach Beschwerden der Soldaten über »mickrige« Prämien, insb im Kriegsjahr 5 v Chr, für Angehörige der Praetorianergarde nach 16 Jahren Dienstzeit 5000 Denare und für die »übrigen« Armeeangehörigen (ohne nähere Spezifizierung des Mannschaftsgrades) nach 20 Dienstjahren 3000 Denare.314 Der Grundbetrag der Abfindung für Legionäre änderte sich in den ersten Jahrhunderten n Chr nicht.315 Die Auszahlung erfolgte nur nach einer missio honesta; unehrenhaft Entlassenen wurde das praemium verwehrt.316 Dass Soldaten der auxilia Entlassungsgeld erhalten haben, ist nicht nachweisbar. Ehrenvoll entlassenen Soldaten wurden unter Augustus entweder Grundstücke zugewiesen (missio agraria) oder sie wurden (auch) mit Geld abgefunden (ab 13 v Chr, missio nummeraria).317 Die nach der Schlacht von Actium rekrutierten Soldaten erhielten 7–2 v Chr nur noch Geld,318 was die ihnen wohl genehmere Abfindung gewesen war.319 Zur Abfindung
309 310 311 312 313 314 315 316 317 318 319
Le Bohec, Armee 251. Siehe Le Bohec, Armee 245–250. Fitting, Castrense peculium 18. Auch Entlassungsprämien aufgrund einer missio causaria wegen Dienstunfähigkeit (etwa aufgrund von Erkrankung oder Verletzung) zählten dazu, vgl Junkelmann, Legionen 172. Wesch-Klein, Soziale Aspekte 185. Cass Dio 55,23,1; Forni, Reclutamento 37. Die nächste Erhöhung auf 5000 Denare für die Legionäre erfolgte erst durch Caracalla; siehe Wesch-Klein, Soziale Aspekte 185. D 49,16,3,8 (Mod 4 de poen): Qui militiae tempus in desertione implevit, emerito privatur. Wesch-Klein, Soziale Aspekte 186, nimmt an, dass dies »zu allen Zeiten« galt. Aug res gest 16; Suet Aug 49,3f; zur Geldauszahlung statt Landzuweisungen siehe Cass Dio 54,25,5; Wesch-Klein, Soziale Aspekte 185; Watson G.R., Soldier 147–150. Zu den Gründen des Wechsels von Land- zu Geldabfindungen siehe Kienast, Augustus 121 und 323. Cass Dio 55,23,1; Aug res gest 17,2; dazu Kienast, Augustus 323. Cass Dio 54,25,5; Zur Problematik der (bloßen) Landzuteilung siehe Schmetterer, Rechtliche Stellung 89.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
der Veteranen richtete Augustus das aerarium militare320 ein und dotierte es selbst im Jahre 6 n Chr mit 170 Millionen Sesterzen aus seinem Privatvermögen.321 Im Zuge dessen wurde die Abfindung der Veteranen generell auf eine neue Basis gestellt, da unter den Soldaten Unmut herrschte über ihre niedrigen Soldzahlungen.322 Das aerarium militare wurde von zwei eigens hiefür eingeführten Steuern gespeist, der vicesima heredidatium (einer Erbschaftssteuer in Höhe von fünf Prozent), sowie »einer Art Umsatzsteuer«323, der centesima rerum venalium.324 Die ehrenvoll entlassenen Soldaten hatten einen Rechtsanspruch auf Auszahlung des praemium militiae.325 Auch wenn die Zuteilung von Land bzw die Auszahlung der Prämiensumme erst nach der Entlassung erfolgte, gehörte bereits die Forderung zum peculium castrense, da diese bereits während des aktiven Militärdienstes (wenn auch am Ende) entstanden war. Folglich gehörten die erst den Veteranen in Folge aufgrund des Forderungsanspruches übergebenen Sachen als praemium militiae noch zum peculium castrense.326 Wie der Anspruch eines Soldaten auf Auszahlung des praemium militiae prozessual durchgesetzt werden konnte, bleibt offen.327 Schmetterer geht davon aus, dass (allgemein für den ganzen Prinzipat gesprochen,) ca 40 % der Soldaten bereits vor ihrer Entlassung verstarben und 10–15 % aufgrund unehrenhafter Entlassung oder Invalidität nicht bis zum Ende der für den Militärdienst vorgesehenen Zeit dienen konnten.328 Weil somit nur »knapp die Hälfte der Soldaten ehrenhaft entlassen
320 Aug res gest 17,2; Cass Dio 55,25,2, Suet Aug 49,4. Weber (Hrsg), Augustus: Meine Taten – Res gestae divi Augusti (2015) 25, übersetzt aerarium militare mit »Militärfonds«. Zur möglichen Betrachtung des aerarium militare als »Gabe« des princeps an die Haussöhne ähnlich der Einräumung eines peculium siehe unten 73. 321 Aug res gest 17,2; Cass Dio 55,25,2; Suet Aug 49,2. Vgl Weber (Hrsg), Meine Taten 25. 322 Cass Dio 55,23,1. 323 Schmetterer, Rechtliche Stellung 90. 324 Cass Dio 55,25,6 (zur Erbschaftssteuer); Tac ann 1,78,2 und Suet Aug 49,4 (zur centesima rerum venalium); Schmetterer, Rechtliche Stellung 90. 325 Lehmann, Eigenvermögen 188 Fn 2; Fitting, Castrense peculium 52. 326 Vgl Fitting, Castrense peculium 51f: »Man darf nicht einwenden, dass diese Versorgung ein Erwerb sei, den der Haussohn nicht mehr als Soldat, sondern erst als veteranus mache; denn die Soldaten hatten auf sie ein festes, ihnen contractlich zugesichertes Recht, und ihre Gewährung war also juristisch zu beurtheilen als die blosse Erfüllung einer schon während des Soldatenstandes erworbenen, folglich zu dem castrense peculium gehörigen Forderung«. 327 Im klassischen römischen Zivilprozessrecht hatte der Statthalter die Gerichtsbarkeit in Privatrechtssachen über Soldaten inne; siehe Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht 544f (mwLit). Kaser/Hackl gehen ebda jedoch nicht näher auf Fälle mit Soldaten als Kläger bzw Anspruchsberechtigte gegen den Heeresverband ein. 328 Schmetterer, Rechtliche Stellung 89.
Rechtspolitische Motive
59
wurde«329, erhielt in Folge auch nur dieser Teil der ehemaligen milites als Abfertigung das praemium militiae.
6.
Rechtspolitische Motive
6.1.
Allgemeines
Dass den Haussöhnen die Möglichkeit eingeräumt wurde, über das peculium castrense zu testieren, hing zu einem Gutteil mit den Veränderungen in der Heeresstruktur zusammen, die Folge der Militärreformen des Augustus waren. Dabei waren, wie im Folgenden auszuführen sein wird, zwei Faktoren die wesentliche Grundlage dieser Neuerungen: die Etablierung eines einsatzbereiten stehenden Heeres330 sowie die Bindung der Soldaten an den princeps als obersten Feldherrn.331 Es liegt nahe, dass Soldatenprivilegien auch ein Ausgleich dafür waren, den Ansprüchen des princeps genügen und ihm die eingeforderte qualitativ hochwertige Armee332 bieten zu müssen.333 In das familienrechtliche Gefüge hineinreichende privatrechtliche Maßnahmen durch den princeps als »ergänzende Vorkehrung im gesellschaftlichen Bereich«334 konnten auch dazu beigetragen haben, eine »Politisierung des Militärs«335 durch andere, möglicherweise aufrührerische Kräfte zu vermeiden. Die Herrschaftsgrundlage des frühen Prinzipats »bildeten eine Flexibilität mit Beharrlichkeit verbindende Verwaltung und ein stets schlagbereites stehendes Heer. Letzteres war die eigentliche Stütze der kaiserlichen Macht, der Garant der Sicherheit nach innen und außen und die wichtigste integrierende Klammer der
329 Schmetterer, Rechtliche Stellung 89. 330 Cass Dio 52,27,1–3; Suet Aug 49,1f. Zu diesen Texten siehe unten 89 (Cass Dio) und 66 aE (Sueton). 331 Lambiris, The Historical Context of Roman Law (1997) 73: »And whatever Augustus’s constitutional position, his real power base was his army, control of which he never surrendered and on which he could always call for support if faced with serious challenge«. 332 Vendrand-Voyer, Normes civiques 86f, 91: »Pour Auguste, le militaire romain doit se présenter comme un militaire parfait, comme le meilleur, choisi pour ses qualités personnelles, recruté et préparé pour une mission bien déterminée et totalement conscient de l’idée que sur lui repose l’avenir de Rome«. 333 Lehmann, Eigenvermögen 267f. 334 Raaflaub, Militärreformen 307. 335 Raaflaub, Militärreformen 307. Siehe ebda die »Entpolitisierung der Armeen des Augustus« durch die »erfolgreiche Kombination verschiedenster Maßnahmen in allen wesentlichen Bereichen«.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
großen Völkergemeinschaft«.336 Soldaten wurden jährlich auf den princeps vereidigt;337 weiters ernannte er die Legionskommandeure selbst.338 Das Kommando über die Legionen hatten grundsätzlich legati aus dem Senatorenstand (legati legionis).339 Für ein stabiles Verhältnis des princeps zu den Provinzen, sodass mitunter auch militärisch abtrünnige Tendenzen hintan gehalten werden konnten, besetzte Augustus Statthalterposten dagegen etwa zur Hälfte mit homines novi, welche ihm gegenüber unverbrüchig loyal waren.340 Damit war auch ein personeller Ausgleich geschaffen zum militärischen Bereich und den aus dem Senatorenstand stammenden Legionskommandanten. Augustus spricht in seinen res gestae im Unterschied zum zuvor bestandenen exercitus populi Romani341 vom exercitus meus342 bzw von milites mei343 und von der classis mea344. Oberkommandierende des Heeres waren legati Augusti und nicht mehr legati populi Romani:345 »War die Republik eine militarisierte Gesellschaft gewesen, so wandelte sie Augustus in eine Militärmonarchie um, indem er die Armee von der Gesellschaft trennte und sie fest an seine Person und an seine Dynastie band.«346 Ebenso wurden Statthalter in den Provinzen als legati Augusti pro praetore tituliert.347 Das Treueband wurde durch Donative348 sowie letztwillige Verfügungen349 des princeps verstärkt: Er stand zu seinen Soldaten in einem Verhältnis »wie ein Patron«350. Die Einführung der Testierbefugnis über das peculium castrense war nur eine punktuelle Maßnahme, welche die patria potestas möglichst wenig berührte. Sie stand im Mainstream des Übergangs von Republik zur Kaiserzeit und zeigt sich in jener Zeitspanne, welche Raaflaub als
336 Junkelmann, Legionen 102; Fitting, Castrense peculium 5 (»Treue und Ergebenheit des Heeres« gegenüber dem princeps). Dazu Eich, Der Wechsel zu einer neuen grand strategy unter Augustus und seine langfristigen Folgen, HZ 288 (2009) 565f. 337 Zum Soldateneid siehe unten 70. 338 Junkelmann, Legionen 133. 339 Kienast, Augustus 157 Fn 20 (mwLit). 340 Raaflaub, Militärreformen 295. 341 ZB Cic phil 2,55. 342 Aug res gest 30,3. 343 Aug res gest 15,4. 344 Aug res gest 26,4. 345 Aug res gest 30,2; Raaflaub, Militärreformen 270; Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 186 Rz 3. Zu Münzfunden mit der Inschrift legatus Augusti siehe Grant, Aes Coinage 119–130. 346 Junkelmann, Legionen 133. 347 Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 186 Rz 3. 348 Zu diesen siehe oben 53. 349 Vgl Veg epit rei milit 2,20,4. 350 Suet Aug 101,2; Wesch-Klein, Soziale Aspekte 54; Bleicken, Augustus. Eine Biographie (2010) 557–559; Carrié, Soldat 135f.
Rechtspolitische Motive
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»Teil und Mittelstück eines sehr langen (sich über mindestens zwei, wenn nicht vier Jahrhunderte erstreckenden), überwiegend graduellen, nur selten gewaltsamen oder sprunghaften Veränderungsprozesses in fast jedem Bereich des politischen und gesellschaftlichen Lebens Roms«351
beschreibt. Für Haussöhne machte die Testierbefugnis über das peculium castrense den Militärdienst attraktiver, »possibly intended to encourage recruitment«352. Dieses ius testandi353 ist für den Haussohn als Belohnung für die Anstrengungen des Militärdienstes zu betrachten.354 Vendrand-Voyer nimmt an, dass Augustus bereits im Vorfeld der Rekrutierung Jugendorganisationen (collegia iuvenum) auch mit dem Ziel einrichtete, junge Männer für militärische Belange zu begeistern.355 Die den filii familias milites eingeräumte Testierbefugnis über ihr peculium castrense berührte die patria potestas in vermögensrechtlicher Hinsicht und war damit bei legislatorischer Zusammenschau ein Bestandteil von Maßnahmen, welche, wie die lex Papia Poppaea des Jahres 9 n Chr, die eine Ehepflicht auferlegte, als »harte Gesetze (…), wie manche Bestimmung lehrt, gerade die ›Oberschicht‹, Senatoren und auch Ritter, im Blick [hatten], weil in deren Kreisen jene ›Übelstände‹ weit verbreitet waren (…)«356. Weitere Gesetze im Rahmen der augusteischen Ehegesetzgebung357 schnitten tief in das Privatleben der Senatoren ein.358 Als Beispiele genannt seien hiefür die lex Iulia de maritandis ordinibus, welche Angehörigen des Senatorenstandes bestimmte Eheverbote auferlegte
351 Raaflaub, Militärreformen 251. 352 Gardner, Hadrian and the Social Legacy of Augustus, Labeo 42 (1996) 87. 353 Der Begriff ius testandi auf den Haussohn bezogen findet sich zB in D 29,1,26 (Mac 2 re milit): Ius testandi de castrensi peculio, quod filiis familias militantibus concessum est. 354 D 29,1,26 (Mac 2 re milit): praemii loco merentibus tributum est. 355 Vendrand-Voyer, Normes civiques 88–90. Die Quellenlage zu den collegia iuvenum ist dünn. Ladage, Collegia iuvenum – Ausbildung einer municipalen Elite?, CHIRON 9 (1979) 322– 324, sieht hier weniger eine Institutionalisierung von collegia, sondern das Bemühen des Augustus um den ritterlichen Nachwuchs bzw dessen Förderung und literarische Ausbildung – wohl mit durchaus politischen Intentionen dahinter. Die frühe Heranbildung der Jugendlichen an die militärische Disziplin bleibt nur eine Vermutung. 356 Vittinghoff, Demographische Rahmenbedingungen, in Fischer/Houtte/Kellenbenz/Mieck/ Vittinghoff (Hrsg), Handbuch der europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte I (1990) 21. 357 Grundlegend zur Ehegesetzgebung des Augustus nach wie vor Jörs, Die Ehegesetze des Augustus (1894) = Jörs/Schwartz/Reitzenstein (Hrsg), Festschrift Theodor Mommsen zum Fünfzigjährigen Doctorjubiläum (1893) 1–65. Siehe auch Mette-Dittmann, Die Ehegesetze des Augustus. Eine Untersuchung im Rahmen der Gesellschaftspolitik des Princeps (1991). 358 Zu den folgenden Gesetzen als Interventionen des princeps in das Rechts- und Sozialgefüge Lamberti, La famiglia romana e i suoi volti. Pagine scelte su diritto e persone in Roma antica (2014) 46–50; Rabello, Effetti personali 208–225.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
(zB die Ehe mit freigelassenen Sklaven, Schauspielerinnen sowie deren Kinder359) oder die lex Iulia de adulteriis coercendis, welche den Ehebruch unter Strafe stellte360. Zumindest die lex Iulia de maritandis ordinibus fällt in das Jahr 18 v Chr.361 Beide Gesetze waren Bestandteil eines Gesetzespaketes »zur Stärkung der Familie«362. Bemerkenswert ist, dass der Senat, zusammengesetzt aus den Eliten Roms und in welchem die meisten Mitglieder patres familias waren, zwar irritiert auf die sie betreffenden Neuerungen reagierte,363 aber sonst ohne nennenswerten Widerstand zur Kenntnis nahm. Zu beachten ist dabei, dass Augustus ab dem Jahre 18 v Chr Änderungen im Senat selbst vornahm:364 Zunächst erfolgte durch seine Initiative die Reduktion der Senatsmitglieder von 1000 auf 600 (wenn auch ursprünglich nur 300 geplant waren).365 Bei der Auswahl der Senatoren folgte Augustus einem Modus, der es ihm ermöglichte, die Zusammensetzung des Senats zu bestimmen. 30 von ihm selbst ausgesuchte Senatoren sollen jeweils fünf weitere nominieren. Eine Auswahl dieser nominierten Senatoren ernannte wiederum fünf weitere. Die verbliebenen Plätze im Senat vergab Augustus persönlich. Die in Augustus’ Augen unwürdigsten Mitglieder wurden durch dieses Verfahren aus dem Senat entfernt,366 was zu massivem Unmut der von diesem Ausschluss betroffenen Senatoren geführt haben dürfte.367
6.2.
Zum Zeitpunkt der Gewährung der Testierbefugnis
In Folge sind einige denkbare Zeitpunkte zu diskutieren, welche das ius testandi des filius familias miles über sein peculium castrense im militärischen und politischen Kontext sinnvoll erscheinen ließen. So man sich auch nicht auf einen dieser Zeitpunkte festlegen kann, soll die wenn auch ergebnislose Untersuchung zum Verständnis der möglichen Hintergründe beitragen, welche zu einem Zugeständnis an die Haussöhne im Militär geführt haben könnten. Mit den mög359 UE 13,1 und 16,2; D 23,2,43 (Ulp 1 Iul et Pap); Dettenhofer, Herrschaft und Widerstand im augusteischen Principat. Die Konkurrenz zwischen res publica und domus Augusta (2000) 135; Kaser, Das römische Privatrecht I 319. 360 Dazu und zur Einwirkung der augusteischen Gesetzgebung in die Sphäre der Senatoren siehe Dettenhofer, Herrschaft und Widerstand 135f: »(…) Gesetze, die einschneidend in die persönliche Lebensgestaltung der Senatoren eingriffen (…)«. Siehe auch Kaser, Das römische Privatrecht I 319 (mwLit). 361 Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 55. 362 Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 55. 363 Cass Dio 54,16,1–17. 364 Zu den folgenden Änderungen siehe Suet Aug 35,1. Dazu Hoff/Stroh/Zimmermann, Divus Augustus. Der erste römische Kaiser und seine Welt (2014) 127. 365 Dahlheim, Augustus. Aufrührer, Herrscher, Heiland (2010) 219. 366 Suet Aug 35,1. 367 Hoff/Stroh/Zimmermann, Divus Augustus 127f.
Rechtspolitische Motive
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lichen Zeitpunkten sollen auch die graduell zunehmenden Machtkompetenzen des princeps aufgezeigt werden, sofern sie für die Armee von Bedeutung waren. Damit sei im Folgenden der verfassungsrechtliche Rahmen abgesteckt, weil dieser den Vorbau für die privatrechtliche Regelung der Testierbefugnis für im Militär dienende Haussöhne bildete. Bezugsrahmen der vermögensrechtlichen Privilegierung des filius familias miles sind die militärischen Kompetenzen des princeps aus Sicht des Verfassungsrechts368 und das stehende Heer, das Augustus erstmalig eingerichtet369 sowie dessen Organisation er bis in die hohe Kaiserzeit festgelegt hat370. Das »Zentralkommando«371 lag im Vergleich zu den republikanischen Armeeeinheiten der jeweiligen Feldherren nun beim princeps allein. Kennzeichnend für das stehende Heer war generell die Verteilung (»Detachierung«372) der Legionen an die Grenzen des Reiches iSe Dezentralisierung.373 Außerdem wurde mit der Stationierung der Legionen an den Grenzen die Option geschaffen, weiter in nichtrömisches Gebiet vorzudringen. Mit dieser Grenzstationierung wie auch dem princeps als Oberbefehlshaber374 der dortigen Truppen konnte die Expansionspolitik des Augustus verwirklicht werden.375 Auch war es so problemlos möglich, peregrine Personen, die zwar frei, aber (noch) nicht das römische Bürgerrecht hatten,376 für die Hilfstruppen zu rekrutieren.377 a.
Ausgangspunkt: Das prokonsularische imperium (27 v Chr)
Nach der Ernennung Oktavians zum princeps senatus im Jahr 28 v Chr378 fand im darauffolgenden Jahr in der Senatssitzung vom 13. Jänner 27 v Chr die »Ehrung durch [den] Augustusnamen«379 sowie die Rückübertragung der bis dato au368 Dazu Piganiol, Die verfassungsmässigen Befugnisse und der Prinzipat des Augustus (1937), in Binder (Hrsg), Saeculum Augustum I. Herrschaft und Gesellschaft (1987) 141–160. 369 Suet Aug 24–26 und 49; Cass Dio 54,25,5f; Raaflaub, Militärreformen 246–307; Le Bohec, Armee 207; Fitting, Castrense peculium 5; Forni, Reclutamento 28–30; Lo Cascio, Princeps 62–70; Gilliver, The Augustan Reform and the Structure of the Imperial Army, in Erdkamp (Hrsg), A Companion to the Roman Army (2007) 181–200; Bleicken, Augustus 559–563. 370 Herodian 2,11,5. 371 Eich, Grand strategy 566. 372 Eich, Grand strategy 575. Damit hängt als »Durchdringung des Raumes« (Eich, ebda 577) auch der Ausbau des militärischen Straßennetzes (viae militares) zusammen. Zu diesem siehe D 43,7,3,1 (Ulp 33 Sab). 373 Cass Dio 52,27,3. Siehe Abbildung der Legionsverteilung in Campbell, The Roman Army 31 BC-AD 337: A sourcebook (1994) 86 (Fig 3). 374 Vgl Fn 419. 375 Vgl Mann, The Frontiers of the Principate, in ANRW II.1 (1974) 511. 376 Zum Begriff peregrinus siehe Kaser, Das römische Privatrecht I 281. 377 Lo Cascio, Princeps 66. 378 Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 54; nach Piganiol, Befugnisse 156, verwendete Augustus den Begriff princeps »keineswegs als Bezeichnung für einen Ehrentitel und ein ziviles Amt (…),
64
Die Testierbefugnis des filius familias miles
ßerordentlichen Gewalt des Octavian/Augustus an den Senat statt.380 Um nach außen hin keine zeitlich unbegrenzte Alleinherrschaft zur Schau stellen zu können, wurde Augustus ein nur auf 10 Jahre befristetes prokonsularisches imperium eingeräumt.381 Das imperium erstreckte sich weiters nur auf bestimmte Provinzen, darunter Gallien, Syrien, sowie jene der iberischen Halbinsel.382 Heeresteile in Provinzen wie Africa, Illyricum und Macedonia wurden weiterhin von unabhängigen Prokonsuln befehligt.383 Entgegen Waldstein/Rainer384 und Piganiol385 war dieses prokonsularische imperium somit nicht mit einem militärischen Oberbefehl über das gesamte Heer verbunden. Es war insofern ein räumlich begrenztes imperium, als belegt ist, dass Prokonsuln in den von ihnen kommandierten Provinzen unabhängig von Augustus militärische Erfolge bzw Triumphe feierten.386 Wenn auch nicht mehr festgestellt werden kann, ob die Testierbefugnis des Haussohns zu diesem Zeitpunkt eingeführt wurde, so bildet das prokonsularische imperium jedenfalls die Basis der folgenden Kompetenzen des princeps. b.
Das imperium proconsulare maius (23 v Chr)
Denkbar erscheint auch – neben diesem frühest möglichen Zeitpunkt im Jahr 27 v Chr – dass die Entscheidung ab 23 v Chr erlassen wurde, da in dem Jahre nach siebenjähriger Pause wieder Rekrutierungen für das Heer vorgenommen wurden.387 Piganiol nimmt an, dass Augustus von 27–23 v Chr die Prokonsuln Aushebungen nicht vornehmen lassen wollte, weil möglicherweise Soldaten hätten rekrutiert werden können, welche »anderen als ihm selbst ergeben sein könnten«388. Folgt man dieser Hypothese, hätte das rechtspolitische Motiv für die
379 380
381 382 383 384 385 386 387 388
sondern vielmehr um die Machtbefugnis des Heerführers gegenüber den Armeen oder fremden Völkern zu kennzeichnen«. Vgl Aug res gest 7,2. Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 54. Aug res gest 34,1; Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 169 Rz 6; Nach Bleicken, Zwischen Republik und Prinzipat. Zum Charakter des Zweiten Triumvirats (1990) 85, wurden in besagter Sitzung »die Machtverhältnisse in den Provinzen zur Disposition gestellt«, wozu »Octavian am 13. Januar uno actu einen Teil der Provinzen zurück [erhielt]« (ebda 87). Die Verwaltung dieser Provinzen erfolgte durch Octavian mittels imperium consulare (ebda 88). Vgl Eck, Das kaiserliche Heereskommando und die Rolle des Heeres in der Administration des Reiches, in Ferray/Scheid (Hrsg), Il princeps romano: autocrato o magistrato? Fattori giuridici e fattori sociali del potere imperiale da Augusto a Commodo (2015) 659. Eck, Heereskommando 659. Eck, Heereskommando 659f. Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 169 Rz 6. Piganiol, Befugnisse 145. Eck, Heereskommando 660, mit Quellennachweisen für Triumphe in der Zeitspanne 27–19 v Chr von Prokonsuln, die den Oberbefehl über die Provinzen Africa und Macedonia hatten. Piganiol, Befugnisse 146f. Piganiol, Befugnisse 147.
Rechtspolitische Motive
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Einführung des peculium castrense ab 23 v Chr die Konsolidierung und Sicherung der Loyalität der Soldaten sein können, zumal Augustus im Jahre 23 ein über den Provinzstatthaltern stehendes imperium hatte389. Nach Cassius Dio wurde Augustus hier durch Senatsbeschluss ein imperium proconsulare maius auf Lebenszeit übertragen, welches eine Gewalt bedeutete, die den Statthaltern übergeordnet war: Cass Dio 53,32,5 καὶ διὰ ταῦθ᾽ ἡ γερουσία δήμαρχόν τε αὐτὸν διὰ βίου εἶναι ἐψηφίσατο, καὶ χρηματίζειν αὐτῷ περὶ ἑνός τινος ὅπου ἂν ἐθελήσῃ καθ᾽ ἑκάστην βουλήν, κἂν μὴ ὑπατεύῃ, ἔδωκε, τήν τε ἀρχὴν τὴν ἀνθύπατον ἐσαεὶ καθάπαξ ἔχειν ὥστε μήτε ἐν τῇ ἐσόδῳ τῇ εἴσω τοῦ πωμηρίου κατατίθεσθαι αὐτὴν μήτ᾽ αὖθις ἀνανεοῦσθαι, καὶ ἐν τῷ ὑπηκόῳ τὸ πλεῖον τῶν ἑκασταχόθι ἀρχόντων. Übersetzung: »Und deshalb beschloß der Senat, dass Augustus Volkstribun auf Lebenszeit sein solle, und verlieh ihm das Recht, bei allen Sitzungen jedweden Gegenstand und zu jeder beliebigen Zeit, auch wenn er nicht Konsul sei, zur Verhandlung zu bringen. Des Weiteren sollte er auch ein für allemal und auf Lebensdauer das Prokonsulat besitzen, so dass er es weder beim Betreten des Pomeriums niederzulegen noch späterhin wieder zu erneuern brauchte. In den unterworfenen Gebieten endlich erhielt er eine Machtfülle, die in allen Fällen die der einzelnen Statthalter übertraf.«390
Das imperium proconsulare maius führte neben dem militärischen imperium in den Provinzen391 auch zur Zivilgewalt im Reich392. Waldstein/Rainer führen an, dass dieses imperium »ohnedies außerhalb der republikanischen Verfassungsordnung [stand] und für Augustus gerade in der von ihm angeführten überragenden auctoritas seine Deckung finden [konnte].«393 Zudem wurde im Jahre 23 v Chr Augustus die Befugnis verliehen, den Senat einzuberufen sowie Anträge an den Senat zu stellen (ius agendi cum patribus).394 Zuvor war ihm bereits, wie auch der obige Text von Cassius Dio anführt, im selben Jahr die tribunicia potestas übertragen worden,395 welche ihm ein Interzessionsrecht gegenüber Beschlüssen der Magistrate sowie ein Einberufungsrecht des Senats396 wie der Volksversammlungen gab.397
389 390 391 392 393
Piganiol, Befugnisse 146. Übersetzung: Veh (Hrsg), Cassius Dio: Römische Geschichte IV (2007) 142. Kienast, Der augusteische Prinzipat als Rechtsordnung, ZSS 106 (1984) 131f. Strittig; siehe dazu Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 170 Rz 9. Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 169 Rz 9; dazu Bleicken, Republik und Prinzipat 98– 105. Zur auctoritas siehe unten 81 sowie die Lit in Fn 26. 394 Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 170 Rz 10. 395 Ebenso Aug res gest 10; Suet Aug 27,5. Dazu Dettenhofer, Herrschaft und Widerstand 103– 109. 396 Cass Dio 54,3,3.
66 c.
Die Testierbefugnis des filius familias miles
Die Erstreckung des imperium auf Rom und Italien (19 v Chr)
In Betracht für die Einführung der Testierbefugnis über das peculium castrense kommt auch das Jahr 19 v Chr, in welchem das imperium des Augustus auf Rom und Italien erstreckt wurde.398 Diese Erstreckung war abhängig von der Verlängerung des Prokonsulats.399 Zudem war Augustus befugt, »den Amtsstuhl, die sella curulis, und die zwölf Amtsdiener mit Rutenbündeln, die Liktoren mit den fasces, als äußeres Zeichen der höchsten republikanischen Magistratur in Rom zu benutzen. In seinen rechtlichen Möglichkeiten war Augustus damit den Konsuln gleichgestellt (…)«400. Gemeint sind damit die ornamenta consularia und das ihm nun zugestandene imperium consulare,401 obwohl Augustus selbst nicht (mehr) Konsul war – er hatte dieses Amt bereits 23 v Chr niedergelegt. Somit »[war] mit diesen neuen Kompetenzen die rechtliche Ausgestaltung seiner politischen Position im Wesentlichen zu einem Abschluss gekommen.«402 Hinzu kamen noch Befugnisse eines Zensors (etwa die cura legum et morum und das Recht der adlectio/lectio senatus).403 12 v Chr wurde Augustus der Oberpontifikat aufgrund eines Plebiszits übertragen; 2 v Chr folgte der Titel pater patriae.404 d.
Die Verlängerung der Dienstpflicht (13 v Chr und 6 n Chr)
Einen weiteren denkmöglichen Zeitraum für die Einführung der Testierbefugnis der Haussöhne über ihr peculium castrense bilden das Reformjahr 13 v Chr. Denn erst ab 13 v Chr begann die tatsächliche Umsetzung des Konzepts des stehenden Heeres, durch welche er die Basis für seine Alleinherrschaft schuf:405 Suet Aug 49,1–4 Ex militaribus copiis legiones et auxilia provinciatim distribuit, classem Miseni et alteram Ravennae ad tutelam Superi et Inferi maris conlocavit, ceterum numerum partim in urbis partim in sui custodiam adlegit dimissa Calagurritanorum manu, quam usque ad devictum Antonium, item Germanorum, quam usque ad cladem Varianam inter 397 Cass Dio 53,32,5; Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 168 Rz 8; Bleicken, Republik und Prinzipat 103–105. 398 Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 55. 399 Eck, Augustus und seine Zeit3 (2003) 57. 400 Eck, Augustus 58. 401 Cass Dio 54,10,5: τὴν ἐξουσίαν τὴν μὲν τῶν τιμητῶν ἐς τὸν αὐτὸν χρόνον τὴν δὲ τῶν ὑπάτων διὰ βίου ἔλαβεν; Dahlheim, Augustus 219. 402 Eck, Augustus 58. 403 Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 170 Rz 10. 404 Aug res gest 35,1; Suet Aug 58,1; Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 170 Rz 10; Dahlheim, Augustus 221. Näheres zum Titel pater patriae unten 78. 405 Dettenhofer, Herrschaft und Widerstand 191; Mosser, Truppen in Carnuntum, in Beutler/ Farka/Gugl/Humer/Kremer/Pollhammer (Hrsg), Der Adler Roms – Carnuntum und die Armee der Cäsaren (2017) 86.
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armigeros circa se habuerat. Neque tamen umquam plures quam tres cohortes in urbe esse passus est easque sine castris, reliquas in hiberna et aestiva circa finitima oppida dimittere assuerat. Quidquid autem ubique militum esset, ad certam stipendiorum praemiorumque formulam adstrinxit definitis pro gradu cuiusque et temporibus militiae et commodis missionum, ne aut aetate aut inopia post missionem sollicitari ad res novas possent. Utque perpetuo ac sine difficultate sumptus ad tuendos eos prosequendosque suppeteret, aerarium militare cum vectigalibus novis constituit. Übersetzung: »Von seinen Truppen verteilte er die Legionen und Hilfstruppen auf die einzelnen Provinzen; eine Flotte stationierte er in Misenum, eine andere in Ravenna zum Schutze des Adriatischen und Tyrrhenischen Meeres. Den verbleibenden Rest bestimmte er teils zum Schutz für die Stadt, zum Teil zu seinem eigenen Schutz; denn bis zum endgültigen Sieg über Antonius hatte er eine Abteilung der Calagurritani, bis zur Niederlage des Varus einen Trupp Germanen unter seinen Leibwächtern um sich gehabt, die hatte er damals entlassen. Und dennoch duldete er niemals, dass mehr als drei Kohorten in Rom stationiert waren, und auch die unterhielten in Rom kein Lager; er verfuhr immer so, dass er die übrigen Kohorten in die Winter- und Sommerlager in der Nähe von Städten in der Nachbarschaft entließ. Alle, die als Soldat Dienst taten, gleich wo sie stationiert waren, verpflichtete er zu einer festgesetzten Dienstzeit und zu einem festgelegten Sold; klar geregelt waren, abgestuft nach den entsprechenden Dienstgraden, die Dauer des Militärdienstes und die Vorrechte nach der Entlassung, damit die Soldaten weder wegen der langen Dienstjahre noch weil sie nach ihrer Entlassung Not litten, zu Aufständen aufgewiegelt werden könnten. Und damit für alle Zeiten und auch ohne in Schwierigkeiten zu kommen die Kosten für ihren Unterhalt und ihre Pension gedeckt seien, richtete er eine Militärkasse auf der Grundlage von neu eingeführten Steuern ein.«406
Sueton führt die wesentlichen Reformpunkte an: Die Neuverteilung der Truppen, die grundsätzliche Festsetzung der Dienstzeit sowie des Soldes, die Versorgung der Veteranen, basierend auf die Einrichtung des »Militärfonds«407 (aerarium militare408). Die Neustationierung der Truppen erfolgte insoweit, als die Zahl der Legionen konstant bei 28 gehalten wurde und diese in den Provinzen so aufgestellt waren, dass sie die Grenzen des Reiches sicherten.409 So haben diese Neuerungen »die unzureichenden Improvisationen der Republik durch eine permanente Organisation ersetzt, die den Bedürfnissen des Weltreichs besser gerecht zu werden vermochte und deshalb während rund zweier Jahrhunderte fast unverändert in Kraft blieb«410. Das Heer war nun neu aufgestellt, disziplinierter, und von Offizieren geführt, die Augustus persönlich ausgewählt hatte.411 Übersetzung: Martinet (Hrsg), Sueton: Die Kaiserviten, Berühmte Männer4 (2014) 231. Übersetzung von aerarium militare durch Weber (Hrsg), Meine Taten 25. Aug res gest 17,2; Cass Dio 55,25,2. Zum aerarium militare siehe auch oben 57 aE. Tac ann 1,11; Webster, The Roman Imperial Army of the First and Second Centuries A.D.3 (1985) 26f. 410 Raaflaub, Militärreformen 250. 411 Kienast, Augustus 322.
406 407 408 409
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Obwohl nicht mehr (nur) in der Oberschicht rekrutiert wurde, kann durch die Anhebung des sozialen Standards der Legionäre im Rahmen der Rekrutierung in den Provinzen auch nicht mehr von einer Proletarisierung des Militärs gesprochen werden.412 Der princeps schuf insgesamt eine »neue Soldatengeneration«413, indem er zeitgleich mit Entlassungen älterer Truppenteile Rekrutierungen größeren Ausmaßes vornahm.414 Im Zuge dessen ging auch eine fixe Regelung der Dienstzeiten einher:415 Cass Dio 54,25,5–6 συναγαγὼν δὲ ἐκ τούτου τὸ βουλευτήριον αὐτὸς μὲν οὐδὲν εἶπεν ὑπὸ βράγχου, τὸ δὲ δὴ βιβλίον τῷ ταμίᾳ ἀναγνῶναι δοὺς τά τε πεπραγμένα οἱ κατηριθμήσατο, καὶ διέταξε τά τε ἔτη ὅσα οἱ πολῖται στρατεύσοιντο, καὶ τὰ χρήματα ὅσα παυσάμενοι τῆς στρατείας, ἀντὶ τῆς χώρας ἣν ἀεί ποτε ᾔτουν, λήψοιντο, ὅπως ἐπὶ ῥητοῖς ἐκεῖθεν ἤδη καταλεγόμενοι μηδὲν τούτων γε ἕνεκα νεωτερίζωσιν. ἦν δὲ ὅ τε ἀριθμὸς τῶν ἐτῶν τοῖς μὲν δορυφόροις δώδεκα τοῖς δ᾽ ἄλλοις ἑκκαίδεκα, καὶ τὸ ἀργύριον τοῖς μὲν ἔλαττον τοῖς δὲ πλεῖον. ταῦτα δὲ ἐκείνοις μὲν οὔθ᾽ ἡδονὴν οὔτ᾽ ὀργὴν ἔν γε τῷ τότε παρόντι ἐνεποίησε διὰ τὸ μήτε πάντων ὧν ἐπεθύμουν τυχεῖν μήτε πάντων διαμαρτεῖν, τοῖς δὲ δὴ ἄλλοις ἀγαθὰς ἐλπίδας τοῦ μηκέτι τῶν κτημάτων ἀφαιρεθήσεσθαι. Übersetzung: »Er berief sodann den Senat, ergriff aber selbst infolge Heiserkeit nicht das Wort, sondern übergab die schriftliche Fassung seiner Rede dem Quaestor zum Verlesen. Darin zählte er seine Taten auf und traf weiter Anordnungen, wie viele Jahre die Bürger im Heere dienen und wieviel Geld sie nach Beendigung ihrer Militärzeit an Stelle von Land erhalten sollten, wonach sie immer verlangten. Auf diese Weise wollte Augustus sicherstellen, dass die Soldaten, von nun an unter bestimmten Bedingungen zum Waffendienst eingezogen, keinen Grund mehr fänden, deshalb zu meutern. Die Dienstzeit betrug für die Praetorianer zwölf, für den Rest des Heeres sechzehn Jahre, und Sold empfingen die einen weniger, die anderen mehr. Bei den Soldaten erweckten diese Anordnungen im Augenblick jedenfalls weder Freude noch Verstimmung, da sie ihre Wünsche weder alle erfüllt bekamen noch samt und sonders abgeschlagen sahen; die übrige Bevölkerung hingegen fühlte sich in guten Erwartungen bestärkt, nicht mehr ihrer Besitztümer beraubt zu werden.«416
Diese die Soldaten betreffenden Anordnungen des Augustus hatten ordnenden Charakter. Bei der Regelung der Dienstzeit der Soldaten, sowie der genauen Summe Geldes, welche sie bekommen sollten, erscheint es denkbar, dass zugleich damit auch die Anordnung getroffen wurde, dass der Haussohn fortan über das im Militärdienst erworbene Vermögen testieren dürfe.
412 413 414 415 416
Vgl Forni, Reclutamento 119–121. Kienast, Augustus 323. Kienast, Augustus 321f. Dazu Kienast, Augustus 322; Dettenhofer, Herrschaft und Widerstand 150. Übersetzung: Veh (Hrsg), Cassius Dio 177f.
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13 v Chr wurden bis auf Africa auch die verbleibenden Provinzen in das imperium des Augustus eingegliedert bzw wurden dort Statthalter installiert (legati Augusti pro praetore).417 De facto unterstanden Augustus damit – anders als im Rahmen des im Jahre 27 v Chr eingeräumten prokonsularischen imperium – alle Legionen.418 Allerdings ist es strittig, ob es einen konstitutiven Rechtsakt für den Oberbefehl über das Heer gab oder sich bloß faktisch die Macht über die Truppen im Lauf der Zeit festigte.419 Im Jahre 13 (hier: n Chr) ließ Augustus auch ein rechtsberatendes consilium einrichten, wobei jede von ihm im Einvernehmen mit diesem consilium beschlossene Maßnahme die Wirkung von senatus consulta haben sollte.420 Dadurch wurde die Basis für die Rechtserzeugung solide eingerichtet. Als wahrscheinlich kann gelten, dass Augustus eine das ius civile berührende Maßnahme wie die Testierbefugnis der Haussöhne im consilium beschloss, da es keinen ersichtlichen Grund gegeben haben könnte, dem princeps nicht auch in dieser sensiblen, das ius civile und althergebrachte Familienrecht berührenden Materie beratend zur Seite gestanden zu haben. In Ausübung des ius respondendi ex auctoritate principis421 durch die Juristen in augusteischer Zeit findet sich keine (überlieferte) Bezugnahme auf das peculium castrense. Seager führt an, dass entgegen einer, wie Seager anführt, verbreiteten Meinung in der Literatur Augustus in militärischen Angelegenheiten »did in fact consult the senate whenever the terms of military service were in question.«422 Cassius Dio weist darauf hin, dass mit Aufstellung der cohortes praetoriae sowie der Verdopplung deren Soldes die Monarchie des Augustus begann.423 Avenarius führt zu UE 20,10 an, dass »das Bedürfnis nach einer Testierfähigkeit des militärangehörigen Haussohns sofort mit der Einführung der langen Dienstpflicht durch Augustus auftrat.«424 Um diesem Bedürfnis der Haussöhne zu entsprechen, kann auch das Jahr 13 v Chr für die Gewährung der Testierbefugnis über das peculium castrense aufgrund des sachlichen Zusammenhangs mit der Verlängerung der Dienstdauer in Frage kommen. Die Dienstdauer wurde 417 Eck, Heereskommando 660–663. 418 Africa gelang erst unter Caligula unter den Befehl des princeps, als dieser dem dortigen Prokonsul das imperium entzog (Tac hist 4,48; Cass Dio 59,20,7); Eck, Heereskommando 660. 419 Eck, Heereskommando 661 (mwLit); Piganiol, Befugnisse 157: »Der Prinzipat ist in seinem Kern ein Recht auf den militärischen Oberbefehl«. 420 Cass Dio 56,28,2. Zum consilium in augusteischer Zeit siehe Wieacker, Augustus und die Juristen seiner Zeit, TR 37 (1969) 336, 340–344; Evangelisti, Principato 105–107. 421 D 1,2,2,49 (Pomp lib sing ench); dazu Wieacker, Augustus und die Juristen 336–340. 422 Seager, Tiberius2 (2005) 149 mit Anm 200f, stützend auf Cass Dio 54,25,5f und 55,24,9 (Antrag an den Senat für die Errichtung des aerarium militare). 423 Cass Dio 53,11,5; Suet Aug 49,1; dazu Dettenhofer, Herrschaft und Widerstand 77. 424 Avenarius, Der pseudo-ulpianische liber singularis regularum. Entstehung, Eigenart und Überlieferung einer hochklassischen Juristenschrift. Analyse, Neuedition und deutsche Übersetzung (2005) 390.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
im Jahr 6 n Chr nochmals verlängert: für die Prätorianer von 12 auf 16, für die Legionäre von 16 auf 20 Jahre.425 Nicht ausgeschlossen ist, dass im Rahmen des Abschlusses der konsolidierenden Maßnahmen das stehende Heer betreffend426 auch das ius testandi des Haussohns im Jahr 6 n Chr eingeführt wurde.
6.3.
Das Verhältnis von princeps und milites: Der Soldateneid
Die Voraussetzung für das feste Band zwischen Soldaten und princeps war der Soldateneid (sacramentum). In der Republik war dieser der Schwur des einzelnen Soldaten auf den jeweiligen Feldherrn eines konkreten Feldzuges.427 Dabei schwor der Soldat dem princeps Gehorsam und dass er der militärischen Disziplin entsprechend Folge leisten werde.428 Aus der Etablierung des stehenden Heeres unter dem Oberkommando des princeps folgte logisch, dass sich der Eid fortan zeitlich nicht mehr auf einen einzelnen Feldzug, sondern auf die gesamte Dienstdauer der militia bezog. Bei mehreren Militäroperationen hätte das sacramentum sonst entsprechend wiederholt werden müssen, zumal der Soldat nunmehr durch den Schwur bekräftigte, niemals zu desertieren.429 Der genaue bzw vollständige Wortlaut des sacramentum auf den princeps ist nicht erhalten.430 Vendrand-Voyer nimmt an, dass Augustus sich der Spruchformeln bediente, welche bereits vor seiner Zeit gängig waren.431 Campbell hält es für möglich, dass als Teil der Eidesformel die Soldaten ausdrücklich die Sicherheit des princeps zu gewährleisten hatten.432 Aus dem Ausspruch des Tiberius, dass die Legionen nicht seine, sondern jene des Staates waren,433 kann laut Campbell abgeleitet werden, dass der Eid die Worte res publica enthielt, zu deren Wohl die Soldaten 425 426 427 428 429 430
Aug res gest 17,2; Cass Dio 55,23,1; Raaflaub, Militärreformen 249f. Vgl Dettenhofer, Herrschaft und Widerstand 190f. Polyb 6,21,1–3; Cic off 1,36; Liv 2,45. Epict 1,14,15–17; Veg epit rei milit 2,5,2–5. Zum Text von Vegetius sogleich. Veg epit rei milit 2,5,5. Stäcker, Princeps und miles. Studien zum Bindungs- und Nahverhältnis von Kaiser und Soldat im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr., Spudasmata 93 (2003) 296f. Campbell, The Emperor and the Roman Army: 31 BC-AD 235 (1984) 23. 431 Vendrand-Voyer, Normes civiques 49f. 432 Campbell, Emperor 25. Jedenfalls soll nach Epiktet die σωτηρία (»Erhaltung, Wohlfahrt, Heil«) des Kaisers beim Soldateneid über Allem gestanden sein. Siehe Epict 1,14,15. Dazu Campbell, Emperor 24. 433 Cass Dio 57,2,3; hingegen »gestattete« er es den Soldaten, ihn als imperator benennen, im Vergleich zum sonstigen Volk, dass ihn nicht als ihr Herrscher, sondern »erwähltes Oberhaupt« (siehe sogleich Übersetzung unten) bezeichnen durfte (Cass Dio 57,8,1). Siehe Cass Dio 57,8,3: καὶ πολλάκις γε ἔλεγεν ὅτι δεσπότης μὲν τῶν δούλων, αὐτοκράτωρ δὲ τῶν στρατιωτῶν, τῶν δὲ δὴ λοιπῶν πρόκριτός ει᾿μι / Ich bin der Gebieter über die Sklaven, der Imperator über die Soldaten und das erwählte Oberhaupt der übrigen (Übersetzung: Veh [Hrsg], Cassius Dio 308).
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zu dienen hatten.434 Campbell vermutet, dass dies ein Versuch gewesen sein könnte, die Fiktion aufrechtzuerhalten, dass die Soldaten für das römische Volk kämpften; tatsächlich aber stand dahinter die Bindung des Soldaten an den Kaiser.435 Ein Verstoß gegen den Soldateneid führt jedenfalls bereits in der späten Republik dazu, dass der Soldat sacer wurde (also der Rache der Götter verfiel und jedermann das Recht hatte, ihn zu töten436) bzw mit äußerst grausamen Strafen zu rechnen hatte.437 Hier kann man spiegelbildlich ein Pendant zum ius vitae necisque des paterfamilias erblicken, das fortan vor dem militärischen Hintergrund zwischen princeps und miles galt. Der Bruch des sacramentum führte zur unehrenhaften Entlassung (missio ignominiosa). In diesem Fall konnte nicht einmal über die bona castrensia testiert werden (auch nicht nach Hadrian).438 Vegetius zitiert den Soldateneid wie folgt in seiner Epitoma rei militaris, die einschlägige Stelle beinhalten aber auch die Eidesleistung an Gott, Christus, und den heiligen Geist, was den Eid des 4. Jahrhunderts nach erfolgter Christianisierung belegte (siehe dazu sogleich in der folgenden Quelle).439 Der Eid hatte eine starke sakrale Komponente – wurde doch (neben Feldherrn und princeps) auch auf die Götter geschworen440 – und erfuhr dann im Laufe des 1. Jhdts eine »gewisse Laizisierung (das sacramentum wurde ein einfaches iusiurandum)«441. Trotz fehlender Datierung bietet die folgende Quelle Fundmaterial zu einer möglichen Rekonstruktion des Eides des 1. Jhdts, sofern man die christlichen Elemente herausfiltert:442 Veg epit rei milit 2,5,2–5 (2) Nam victuris in cute punctis milites scripti, cum matriculis inseruntur, iurare solent; et ideo militiae sacramenta dicuntur. (3) Iurant autem per Deum et per Christum et per sanctum Spiritum et per maiestatem imperatoris, quae secundum Deum generi humano diligenda est et colenda. (4) Nam imperator cum Augusti nomen accepit, tamquam
434 Campbell, Emperor 25. 435 Campbell, Emperor 25. 436 Phang, Military Service 117. Zur sacratio siehe Mommsen, Strafrecht 900–904. Zu sacer siehe Fiori, Homo Sacer. Dinamica politico-costituzionale di una sanzione giuridico-religiosa (1996); Garofalo (Hrsg), Sacertà e repressione criminale in Roma arcaica (2013); Kaser, Das römische Privatrecht I 26. 437 Etwa das Anbinden an einen arbor infelix bei perduellio (Hochverrat); siehe Cic Rab perd 13. 438 D 29,1,26 (Mac 2 re milit); D 29,1,11 pr (Ulp 45 ed). Zu letzterer siehe unten 124. 439 So bereits Campbell, Emperor 23f, welcher die Überlieferung des sacramentum durch Vegetius im 4. Jhdt aufgrund christlicher Elemente für verfälscht ansieht (sowie auf die epitoma rei militaris des Vegetius als eher anachronistische Schrift zu betrachtende und für zeitliche Einordnungen als nur bedingt verwendbare Quelle verweist). Auch der Soldateneid auf die Feldherren der Republik ist nicht genau überliefert; siehe zu diesem Campbell, Emperor 19. 440 Front Strat 4,1,4. 441 Le Bohec, Armee 277. 442 In diesem Fall war der Eid zu Beginn des Prinzipats ein iusiurandum und weitgehend frei von sakralen Elementen; siehe Le Bohec, Armee 277f.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
praesenti et corporali Deo fidelis est et praestanda devotio et impendendus pervigil famulatus. Deo enim vel privatus vel militans servit, cum fideliter eum diligit, qui Deo regnat auctore. (5) Iurant autem milites omnia se strenue facturos, quae praeceperit imperator, numquam deserturos militiam nec mortem recusaturos pro Romana re publica. Übersetzung: »Denn mit dauerhaften Stigmata auf der Haut (= Tätowierung) werden sie als Soldaten bezeichnet, in die Militärverzeichnisse aufgenommen und leisten dann den Diensteid; und darum spricht man vom (heiligen) Soldaten-Eid. Sie schwören aber bei Gott, bei Christus und beim Heiligen Geist und bei der Majestät des Kaisers, die nach Gott an zweiter Stelle von den Menschen zu lieben und zu verehren ist. Denn wenn der Kaiser den Augustustitel empfangen hat, ist ihm wie einem gegenwärtigen und leibhaftigen Gott zuverlässige Ergebenheit zu entbieten und stets wachsamer Dienst zu leisten. Denn Gott dient man im Privatleben oder als Soldat dann, wenn man den zuverlässig liebt, der auf Gottes Geheiß hin herrscht. Es schwören nun die Soldaten, dass sie alles tüchtig erfüllen wollen, was der Kaiser befiehlt, niemals den Kriegsdienst verlassen und nie den Tod für den römischen Staat verweigern werden.«443
Vegetius leitet im Abschnitt vor diesem Text die Bildung der Legionen nach altem Recht (antiquae secundum normam444) ein und erörtert daraufhin wie vorliegend den Soldateneid. Mit dem Textabschnitt Iurant autem per Deum et per Christum et per sanctum Spiritum zeigt sich klar die christliche Prägung.445 Kennzeichnend ist hier die Hervorhebung des besonderen Naheverhältnisses der Soldaten zum Kaiser, »nach Gott an zweiter Stelle«. Der pater familias wird hier gar nicht genannt. Versinnbildlicht wurde die Allgegenwärtigkeit des princeps durch seine imago in den Lagern,446 auf den militärischen Ehrenabzeichen/Auszeichnungen (dona militaria) fand sich das Antlitz des Herrschers. Die Statue des princeps im castrum als auch die militärischen Auszeichnungen mit dessen Abbild machten dem Soldaten durchgehend die im Lichte des sacramentum bestehende besondere Treuebeziehung von milites mit dem princeps bewusst. Bezeichnend ist dabei, dass dona militaria in Form von phalarae (Ordensauszeichnungen) seitens Augustus nur an rangniedere Armeeangehörige vergeben wurden,447 um gerade die Heeresbasis an seine Person zu binden.448 Verdeutlicht wurde diese Beziehung dadurch, dass die Soldaten die von ihm in physischer Form erhaltenen
443 444 445 446 447
Lat Text und Übersetzung: Müller (Hrsg), Vegetius 75. Veg epit rei milit 2,4,3. Müller (Hrsg), Vegetius 11f. Junkelmann, Legionen 317f; Stäcker, Princeps und miles 153–221. Aufgrund von Grabinschriften nachgewiesen von Steiner, Dona militaria oder die militärischen Auszeichnungen der Römer, Bonner Jahrbücher 114/115 (1906) 1–98. 448 Stäcker, Princeps und miles 166.
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militärischen Würden mit seiner imago bei dessen Leichenbegängnis dem Feuer dort preisgaben.449 Verstärkt wurde die völlige Konzentration auf den Heeresdienst dadurch, dass Augustus – vom Heiratsverbot für Soldaten abgesehen450 – Geschlechtsbeziehungen zwischen Soldaten und Frauen, und damit Besuche und Aufenthalte im Lager regelte.451 Ein regelmäßiges Zusammenleben von Frau und Soldat in castris war bereits in der Republik untersagt.452 Die Etablierung des stehenden Heeres mit dem princeps als pater patriae an der Spitze, samt seiner auctoritas und der Bereicherung mit dem Titel pater patriae, lässt erkennen, dass das Verhältnis von princeps und seinen Soldaten das Hierachiemodell der altrömischen, republikanischen Familienordnung widerspiegelte: Dem pater familias an oberster Stelle453 entsprach der princeps mit Familiengewalt, Hierarchie,454 Schutz, Fürsorge und militärischem Oberbefehl.455 Durch das aerarium militare »gab« Augustus seinen Soldaten gleichsam den Sold und deren materielle Versorgung, vergleichbar mit der Einräumung eines peculium durch den pater familias an seinen Haussohn. Auch das ius vitae necisque des pater familias fand seine Entsprechung in der Verhängung der Kapitalstrafen nach Militärstrafrecht.456 Insofern kann mit der modernen Militärsoziologie von einem »impact of social structures on the amount of military power«457 und »the State as a family«458 gesprochen werden. In einem weiteren Sinn spannte Augustus als pater patriae den Schutzschirm über die gesamte civitas des Reiches, im Sinne eines Klientelverhältnisses,459 das wiederum den pater familias als Mitglied der civitas im Rahmen der Gesamtverfassung des frühen Prinzipats mitenthielt. Augustus in der Rolle als pater patriae und Vater der res publica kann man zur familienrechtlichen patria potestas daher wohl eher mehr in einem Spannungs- als Konfliktverhältnis sehen. 449 450 451 452 453
454 455 456 457 458 459
Cass Dio 56,42,2; Stäcker, Princeps und miles 164f. Zum Heiratsverbot siehe unten 93. Suet Aug 24,1; Jung, Eherecht 334f. Liv 21,41,16 und 42,34. Kaser, Das römische Privatrecht I 60–65. Zum Begriff pater familias siehe Saller, Pater Familias, Mater Familias, and the Gendered Semantics of the Roman Household, Classical Philology 94 (1999) 184–193; Bonfante, Corso 69: »Le funzioni della famiglia sono, per così dire, incardinate ed espresse nella potestà del paterfamilias, la quale, nei suoi caratteri e nelle facoltà che riassume, risponde perfettamente alla sovranità nei corpi politici«. Vgl Dahlheim, Die Armee eines Weltreiches: Der römische Soldat und sein Verhältnis zu Staat und Gesellschaft, KLIO 74 (1992) 200. Zur Spiegelstruktur siehe Lacey, Patria Potestas, in Rawson (Hrsg), The Family in Ancient Rome. New Perspectives (1986) 121–144. Zu den Militärdelikten und Bruch des Soldateneides siehe unten 124. Rosen, Military Effectiveness: Why Society Matters, International Security 19 (1995) 5. Lacey, Patria Potestas 125. Lacey, Patria Potestas 139.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
Augustus regierte mit dem Attribut pater patriae nicht nur in die Heeresorganisation, sondern in den ganzen Staat und die Familienstrukturen hinein. Wohl auch aus diesem Grund geben die Quellen keinen Anlass anzunehmen, dass die Entscheidung des filius, in das Heer zu gehen und sich der Heeresverfassung unterzuordnen, gegen die im zivilen Leben gebotene Ehrfurcht dem Vater gegenüber (verecundia paternalis460) verstoßen habe. Das sacramentum durchbrach also nicht die Treuepflicht des filius seinem Vater gegenüber. Sie trat vielmehr hinzu, war doch auch der Vater im privaten Bereich selbst an den princeps gebunden, genauer: an den Eid auf den genius des princeps, »der auf dem Fundament des Eides auf den Genius des pater familias aufbaute«461. Denn auch den Hausvater betraf der nicht nur in den militärischen Bereich hineinwirkende Titel des pater patriae. So war der pater familias angehalten, zur »Erfüllung eines kollektiven Ideals innerhalb des römischen Wertesystems«462 beizutragen. Damit geht auch einher, dass seit der Verleihung des Titels pater patriae das crimen maiestatis bzw eine iniuria principis als crimen angesehen wurde: eine Beleidigung des princeps und/oder seiner Familie war zugleich ein Affront gegen das gesamte, unter der Patronanz des princeps stehende imperium.463 Im militärischen Kontext wirkte sich die Bindung seines filius familias miles an den princeps auf das Verhalten des pater familias zB folgendermaßen aus: entzog der Hausvater seinen Sohn der Armee etwa durch Verstümmelung, so drohte dem Hausvater der Verkauf seiner Person (in die Sklaverei) bzw eine Statusänderung (etwa in Form eines addictus und damit »in una condizione di semi-libertà«464), sowie die Einziehung seines Vermögens.465 Damit wurden auch
460 Siehe Mayer-Maly, ›Verecundia‹ in der Rechtssprache, in Roset (Hrsg), Estudios en homenaje al profesor Juan Iglesias con motivo de sus bodas de oro con la enseñanza (1936–1986) I (1988) 375–390; Wolf, Außerjuristische Wertungen in der Argumentation Papinians, TR 81 (2013) 640–643. Im klassischen Privatrecht wird mit der verecundia argumentiert, um wiederum streng erbrechtliche Folgen zugunsten des Vaters abzumildern, zB in einer Fallkonstellation mit peculium castrense: D 49,17,14 (Pap 27 quaest). 461 Strothmann, Augustus – Vater der res publica. Zur Funktion der drei Begriffe restitutio – saeculum – pater patriae im augusteischen Principat (2000) 97f. 462 Strothmann, Augustus 84. 463 Baumann, Impietas in principem: A Study of Treason against the Roman Emperor with Special Reference to the First Century A.D. (1974) 111. 464 Peppe, Fra corpo e patrimonio. Obligatus, addictus, ductus, persona in causa mancipi, in Corbino/Humbert/Negri (Hrsg), Homo, caput, persona. La costruzione giuridica dell’identità nell’esperienza romana. Dall’epoca di Plauto a Ulpiano (2010) 475. 465 Vgl Suet Aug 24,3f; allerdings kam nach dieser Stelle der Kauf über den betroffenen Vater schlussendlich dann nicht zustande, als ihn Steuerpächter kaufen wollten. Der Vater, ein römischer Ritter, war zwar in Folge zur Ackerarbeit verdammt worden, wurde demnach aber als libertus behandelt: Equitem Romanum, quod duobus filiis adulescentibus causa detrectandi sacramenti pollices amputasset, ipsum bonaque subiecit hastae; quem tamen, quod
Rechtspolitische Motive
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hier der väterlichen Familiengewalt Grenzen gesetzt bzw ist offenkundig, dass das sacramentum militiae auch mittelbare Wirkung auf das familienrechtliche Gefüge hatte und den pater familias mitbetraf.
6.4.
Gewaltunterworfene Söhne in der Armee
Wie hoch der Anteil gewaltunterworfener Söhne im Heer zur Zeit des Augustus war, kann nicht beantwortet werden. Die Stiefsöhne des Augustus waren an Feldzügen im Norden beteiligt,466 sodass nicht ausgeschlossen war, dass die Maßnahme des princeps die Testierbefugnis der Haussöhne betreffend auch in seinem persönlichen Umfeld schlagend wurde. Emanzipationsurkunden aus den ersten beiden nachchristlichen Jahrhunderten sind kaum vorhanden.467 Im Laufe des 1. Jhdts n Chr können aber aufgrund der Änderungen im prätorischen Edikt hinsichtlich des Erbrechts von Emanzipierten468 gehäuft aufgetretene Emanzipationen angenommen werden.469 Über die Häufigkeit von Emanzipationen von Haussöhnen für die augusteische Zeit am Anfang des 1. Jhdts lassen sich keine Aussagen treffen. Untersuchungen von A. Watson470 haben ergeben, dass jedenfalls erst im 3. nachchristlichen Jahrhundert Emanzipationen von Hauskindern sehr oft vorkamen.471 Für die rechtspolitische Entscheidung, den Haussöhnen ein ius testandi zu gewähren, dürfte die in augusteischer Zeit womöglich noch erhebliche Anzahl von Haussöhnen in der Armee im Sinne eines Regelungsbedarfs eine Rolle gespielt haben.
466 467
468 469 470 471
inminere emptioni publicanos videbat, liberto suo addixit, ut relegatum in agros pro libero esse sineret. Zum Begriff des addictus siehe Peppe, Corpo 435–490. Kienast, Augustus 323. Die ersten Beispiele finden sich erst im 3 Jhdt. Siehe dazu Stein, Untersuchungen zur Geschichte und Verwaltung Ägyptens in römischer Zeit (1915) 147f. Emanzipation einer Haustochter: Meyer, Juristische Papyri: Erklärung von Urkunden zur Einführung in die Juristische Papyruskunde (1920) Nr 9. D 37,6,1 pr (Ulp 40 ed). Gardner, Family 19; Crook, Patria Potestas 120. Watson A., Private Law in the Rescripts of Carus, Carinus and Numerianus, TR 41 (1973) 23– 29 und ders, Society 24f. Aubert, Business Managers in Ancient Rome. A Social and Economic Study of Institores, 200 B.C. – A.D. 250 (1994) 92: »(…) increasing number of emancipations of sons-in-power (…)«. Siehe auch Gardner, Citizen 71f.
76 a.
Die Testierbefugnis des filius familias miles
Wehrpflicht und patria potestas
Trotz Etablierung des Berufsheeres bestand die Wehrpflicht der Republik472 noch unter Augustus fort, Zuwiderhandeln gegen diese wurde drakonisch bestraft.473 Die Wehrpflicht der republikanischen Zeit betraf zunächst Vermögende; die Ausrüstung war selbst zu stellen.474 Sie war »Last der besitzenden Bürger«475, wobei Marius 107 v Chr im Krieg gegen Jugurtha von Numidien auch Vermögenslose (proletarii) rekrutierte.476 Grundlegend für die Rekrutierung unter Augustus war die von Cassius Dio dem Maecenas, Vertrauten des Oktavian, so in den Mund gelegte Rede, welche die Vorteile eines stehenden Heeres näherbrachte.477 Dabei wurde hervorgehoben, dass junge Männer zu rekrutieren waren, welche aus ärmlichen Verhältnissen kamen.478 Bei der Rekrutierung unterhaltsbedürftiger ( junger) Männer der ärmeren Schichten war auch mit nicht-emanzipierten Haussöhnen zu rechnen. Die Vorschläge des Maecenas waren nicht nur programmatisch, sondern wurden verwirklicht und waren Bestandteil der Prinzipatsorganisation:479 Cass Dio 52,27,4–5 (…) ἄν τε ἐπιτρέψωμεν πᾶσι τοῖς ἐν τῇ ἡλικίᾳ οὖσι καὶ τὰ ὅπλα κεκτῆσθαι καὶ τὰ ἐμπολέμια ἀσκεῖν, στάσεις καὶ πόλεμοι ἀπ᾽ αὐτῶν ἐμφύλιοι ἀεὶ γενήσονται. καὶ μέντοι κἂν κωλύσαντές σφας ταῦτα ποιεῖν ἔπειτα συμμαχίας τινὸς παρ᾽ αὐτῶν δεηθῶμεν, κινδυνεύσομεν ἀπείροις τε καὶ ἀγυμνάστοις στρατιώταις ἀεὶ χρώμενοι. διὰ μὲν δὴ ταῦτα γνώμην ποιοῦμαι τοὺς μὲν ἄλλους πάντας ἄνευ τε ὅπλων καὶ ἄνευ τειχῶν ζῆν, τοὺς δὲ ἐρρωμενεστάτους καὶ βίου μάλιστα δεομένους καταλέγεσθαί τε καὶ ἀσκεῖν. αὐτοί τε γὰρ ἄμεινον πολεμήσουσι τούτῳ μόνῳ τῷ ἔργῳ σχολάζοντες, καὶ οἱ λοιποὶ ῥᾷον γεωργήσουσι καὶ ναυτιλοῦνται τά τε ἄλλα τὰ τῇ ει᾿ρήνῃ προσήκοντα πράξουσι μήτε ἐκβοηθεῖν ἀναγκαζόμενοι καὶ προφύλακάς σφων ἑτέρους ἔχοντες, τό τε ἀκμαιότατον καὶ ᾿ισχυρότατον καὶ ἐκ λῃστείας μάλιστα ζῆν ἀναγκαζόμενον ἀλύπως τραφήσεται, καὶ τὸ λοιπὸν πᾶν ἀκινδύνως βιώσεται.
472 Zu dieser und zur Rekrutierung nach Vermögen umfassend Mommsen, Staatsrecht 240–299. 473 Suet Aug 24,1, ebda auch gegen einen Vater, der die Hände (Daumen) seiner Söhne verstümmelte, um sie vom Militärdienst fernzuhalten; Jung, Rechtsstellung 888. 474 Schmetterer, Rechtliche Stellung 11. 475 Fitting, Castrense peculium 3f. Die Wehrpflicht war aber auch zugleich ein »Wehrrecht«, vgl Mommsen, Staatsrecht 240: »Wehrpflicht und Wehrrecht ist Bürgerpflicht und Bürgerrecht«. 476 Bleicken, Verfassungs- und Sozialgeschichte des römischen Kaiserreiches I3 (1989) 213–215; Fitting, Castrense peculium 4; Schmetterer, Rechtliche Stellung 12. Zur »Proletarisierung« der Armee trotz Rekrutierung nach Zensus im 2. Jdht v Chr siehe De Ligt, Roman Manpower and Recruitment During the Middle Republic, in Erdkamp (Hrsg), A Companion to the Roman Army (2007) 114–131. 477 Dorandi, Der »gute König« bei Philodem und die Rede des Maecenas vor Octavian (Cassius Dio LII, 14–40), KLIO 67 (1985) 56. 478 Es gab regelmäßig viele Soldaten aus ärmlichen Verhältnissen in der römischen Armee. Siehe dazu Herz, Finances 122f. 479 Lo Cascio, Princeps 63.
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Übersetzung: »(…) Lassen wir nämlich andererseits alle Männer im wehrfähigen Alter Waffen tragen und sich im Kriegsdienst ausbilden, so werden jederzeit von ihnen Aufstände und Bürgerkriege ausgehen. Doch wenn wir alle vom Waffendienst fernhalten und dann Hilfe von ihnen benötigen, so werden wir uns großen Gefahren gegenübersehen, da wir jeweils nur unerfahrene und ungeübte Neulinge zur Verfügung haben. Deswegen vertrete ich als meine Ansicht, dass die Männer im wehrfähigen Alter grundsätzlich ihr Leben lang mit Waffen und befestigten Lagern nichts zu tun haben sollen, sondern nur die kräftigsten Jungmänner, denen es sonst ganz und gar am Lebensunterhalt gebricht, als Soldaten in die Stammrolle eingetragen werden und eine militärische Ausbildung erhalten. Denn sie werden erfolgreicher kämpfen, wenn sie sich einzig und allein diesem Handwerk widmen, während die übrigen Bürger es leichter finden werden, Ackerbau zu treiben, als Seefahrer sich zu betätigen und den sonstigen friedlichen Geschäften nachzugehen, und nicht mehr gezwungen zu werden, zur Hilfeleistung ins Feld zu ziehen, sondern dafür andere als ihre Verteidiger haben. Und so wird der tätigste und kräftigste Teil des Volkes, der im Allgemeinen von Raub zu leben gezwungen ist, ohne Belästigung anderer selbst seinen Unterhalt finden, während der gesamte Rest ein ungefährdetes Dasein führt.«480
Prioritär war die Aushebung von finanziell sehr armen Söhnen (»zum Raub gezwungen«, nicht aus der Oberschicht), welche allein zuverlässig ihre körperliche Kraft einbringen konnten und im Gegenzug ab diesem Zeitpunkt regelmäßigen Sold bzw materielle Vergünstigungen seitens des Heeres zu erwarten hatten. Die patria potestas wirkte sich auf den Wehrdienst selbst nicht aus, weil sich die Verfügungsgewalt des pater familias auf den Bereich der Armee nicht erstreckte.481 Zivile und militärische Sphäre des filius familias waren getrennt; dem Haussohn nun in Form des peculium castrense ein »eigenes« Einkommen zu gewähren, war aus rechtspolitischer Sicht als Ausgleich dafür nachvollziehbar, dass er seinem familiären Umfeld quasi entrissen wurde. Auf der (buchstäblich) anderen Seite war ein Zugriff vermögensloser patres familias auf die Einkünfte ihrer im Militärdienst stehenden filii zu Lebzeiten dieser Söhne auch nicht möglich. Der Hausvater konnte dem Sohn den Eintritt in den Heeresdienst auch nicht verweigern oder ihn gar daran hindern.482 Er konnte sich jedenfalls nicht darauf berufen, dass dem Sohn dann seine (sittliche) Pflichtenerfüllung wie etwa die verecundia paternalis483 nicht mehr möglich war. Denn die aus dem Soldateneid und jene der patria potestas entsprungenen Pflichten des filius familias waren 480 Übersetzung: Veh (Hrsg), Cassius Dio 77f. 481 So bereits Guarino, L’oggetto 41, 67f; dazu unten 83 aE. Siehe auch Lehmann, Eigenvermögen 269; Kaser, Das römische Privatrecht I 63; Jung, Rechtsstellung 888. 482 Vgl Suet Aug 24,1; D 49,16,4,11 (Men 1 re milit). 483 Jung, Rechtsstellung 888. Zur Pflicht, dem Vater mit Ehrfurcht zu begegnen, siehe auch oben 74 mit Fn 460.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
nicht unvereinbar. Die Einwirkungsmöglichkeiten auf den Sohn sind lediglich, um mit Vendrand-Voyer zu sprechen, hinsichtlich seines Soldatendaseins »ruhend« gestellt: »la puissance paternelle › sommeille ‹ pendant la période de gúerre«484. b.
Pater patriae und patria potestas
Nach Alföldi ist hinsichtlich des an Augustus durch die plebs und den Senat verliehenen Titels pater patriae485 (»Vater des Vaterlandes«) im Jahr 2 v Chr »ohne weiteres klar, dass diese ehrende Benennung nicht in irgendeiner politischen oder administrativen Stellung begründet ist, – sie ist ursprünglich überhaupt keine juristische Definition –, sondern ein Gleichnis zum Zwecke des Lobes und der Ehrung mit affektivem Grundcharakter. Hinter dem ständigen Beinamen steht die Begeisterung eines Moments, an welche solche Lobpreisungen ureigentlich gebunden waren. Die Veranlassung dazu bieten stets die Bitte oder der Dank, für Hilfe, Fürsorge und Rettung.«486
Diese dem Titel pater patriae zugeschriebenen Attribute waren auch auf die späteren Kaiser anwendbar.487 In der Bezeichnung des Herrschers als »Vater« manifestierte sich die »subjektiv emotionale Bindung«488. Assoziative Elemente zur familiären patria potestas konnotiert Otto Regenbogen: »(…) und wer sollte sich der Bedeutung der Obertöne entziehen, die für den Römer durch notwendige Assoziationen sowohl mit der autoritären Nuance der patria potestas und ihrer Konsequenz, dem ius vitae necisque, wie auch dem Geborgenheitsgefühl der patria tutela sich einstellen?«489
Der Titel pater patriae steht für die Erweiterung der familia des Augustus zur »›Großfamilie‹ Staat«490. Geradezu spiegelbildlich zur Familie stand der princeps wie ein pater familias an der Spitze des Staates: Sein Regierungsverständnis kann als patriarchalisch geprägt gesehen werden.491 Strothmann weist darauf hin, dass
484 485 486 487 488 489
Vendrand-Voyer, Normes civiques 59f. Aug res gest 35,1; Suet Aug 58,1. Alföldi, Der Vater des Vaterlandes im römischen Denken (1971) 44f. Sen clem 1,10,3; Alföldi, Vater des Vaterlandes 45. Alföldi, Vater des Vaterlandes 45. Regenbogen, Lukrez. Seine Gestalt in seinem Gedicht (1932) 42, anschließend an Latte, Über eine Eigentümlichkeit der italischen Gottesvorstellung, Archiv für Religionswissenschaft 24 (1926) (= in Gigon/Buchwald/Kunkel [Hrsg], Kurt Latte: Kleine Schriften zu Religion, Recht, Literatur und Sprache der Griechen und Römer [1968] 76–90) 246; dazu Alföldi, Vater des Vaterlandes 45. 490 Strothmann, Augustus 75. 491 Vgl Cass Dio 56,9,3; Dettenhofer, Herrschaft und Widerstand 172–176, insb 174; Evangelisti, Principato 67: »(…) pater della collettività, garante e custode della sua stabilità; è forte
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Augustus selbst seine Rolle des pater familias in rigider Form nicht zufällig genau im Jahre der Verleihung des pater patriae-Titels im Jahre 2 v Chr wahrnahm. In diesem Jahr schickte er seine Tochter Julia aufgrund des Vorwurfs des Ehebruchs (adulterium492) und ihres angeblichen Plans bzw der (bloßen) Absicht, den Vater umzubringen (parricidium493), in die Verbannung:494 »Wegen des umfassenden Anspruchs des pater-Titels war Augustus gezwungen, so unnachgiebig gegen seine Tochter Julia vorzugehen.«495 Der Begriff pater patriae bzw pater castrorum ist durchaus der patria potestas nachgebildet – auch mit juristischen Zügen, die über assoziative Elemente hinausgeht. In der Republik wies Cicero auf die Gemeinsamkeit und Vergleichbarkeit des Gewaltverhältnisses von imperator (als Feldherr, Befehlshaber des Heeres) und Vater hin.496 Aufgrund der Verleihung des Titels pater patriae an Augustus »unterstand das ganze Reich ungefähr im Sinne eines Klientelverhältnisses seinem ›väterlichen Schutz‹«,497 in dessen Lichte auch die Bindung des princeps an seine Soldaten zu sehen ist. Der princeps steht seinen Soldaten als Konstruktion eines pater familias gegenüber: Die (zumindest) faktische Einflusssphäre des juristischen pater familias im Heer war ja weitestgehend beschränkt.498 Cassius Dio sprach bereits Cäsar eine über die familienrechtliche Dimension hinausgehende Funktion als parens zu,499 dessen »allmächtige Vaterschaft auch die Farben des Patronats angenommen hat«500, was nach Alföldi in Gestalt des servator bereits vor Caesar »in der verpflichtenden Eigenart und in dem Pietätsverhältnis des echtrömischen Rettergedankens«501 in Erscheinung trat. Und eben diese familienrechtliche Dimension gewann dann an Bedeutung, wenn die Söhne aus den ärmsten Schichten unter Augustus für den Heeresdienst rekrutiert werden sollten.
492 493 494 495 496
497 498 499 500 501
quindi i richiamo alla tradizione antica che vede nel pater (familias) colui che è in grado di assumere ogni decisione nell’interesse e per la salvaguardia della propria comunità (…)«. Sen ben 6,32. Plin nat hist 7,149: adulterium filiae et consilia parricidae palam facta. Suet Aug 65,2–4. Strothmann, Augustus 75. Cic Tusc disp 2,47f: Haec ut imperet illi parti animi quae oboedire debet, id videndum est viro. »Quonam modo?« inquies. Vel ut dominus servo vel ut imperator militi vel ut parens filio. Vgl auch Cic re publ 3,37: Imperat ut rex civibus aut parens liberis. Sich auf diese beiden Quellen beziehend Alföldi, Vater des Vaterlandes 45. Alföldy, Römische Sozialgeschichte4 (2011) 130. Vgl Lehmann, Eigenvermögen 269. Cass Dio 53,18,3. Alföldi, Vater des Vaterlandes 96. Alföldi, Vater des Vaterlandes 96.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
Bei der Nennung des Begriffs pater patriae konnte es auch vorkommen, dass sonstige Titel (wie etwa proconsul) des princeps nicht angeführt wurden.502 Die Bezeichnung des Augustus als pater patriae fiel in den Bereich der auctoritas des princeps und wurde ebenso mit der patria potestas konnotiert.503 Kennzeichnend war der »patronale Charakter«504 des Begriffs. Im Vergleich zur familienrechtlichen Bindung des filius an den Vater im Gefüge der familia in republikanischen Zeiten unter »monokratischer Gewalt des pater familias«505 in manu, »ausgehend vom Symbol der zugleich beherrschenden und schützenden Hand«506, stand nun die Bindung der Soldaten an den princeps im Vordergrund. Überhaupt lässt sich hier vorsichtig das Bild einer Überleitung der altrömischen patria potestas in das Verhältnis von princeps und Untergebenen erkennen. So fasst Alföldi die Ausführungen Premersteins507 insofern zusammen, dass »durch die Vater-Auffassung des Monarchen der Boden für das Eindringen haus- und privatwirtschaftlicher Vorstellungen und Einrichtungen in der Staatsverwaltung vorbereitet worden sei.«508 Aus der Vogelperspektive betrachtet waren die gesetzgeberischen Maßnahmen des Augustus eine Beschneidung der Einflusssphäre der (»wirklichen«, familienrechtlichen) patres familias: »Insgesamt gesehen trat damit der Gesetzesinitiator und faktisch auch Gesetzgeber in die Rolle eines Super-paters ein, indem er den patres die Handhabung familiärer Gegenstände in wesentlichen Dingen aus der Hand nahm.«509 Dies fügt sich zu einem Gesamtbild, aus welchem zu schließen ist, dass Augustus »an die Grundfesten römisch-aristokratischer Selbstbestimmung«510 stieß. Allerdings ging hier der princeps keineswegs radikal vor, sprach dem Haussohn also nicht sofort und direkt Eigentum am peculium castrense zu. Denn obwohl die gesetzgeberischen Maßnahmen bis in das Privatleben der Senatoren als Teil der Neuordnung reichte,511 verhielt sich Augustus
502 Wie etwa in der Stiftungsinschrift zur Statue des Augustus auf dem Forum in Baetica, CIL VI 31267. Dazu Alföldy, Die Repräsentation kaiserlicher Macht in den Inschriften, in Chaniotis/ Witschel (Hrsg), Die epigraphische Kultur der Römer. Studien zu ihrer Bedeutung, Entwicklung und Erforschung – von Géza Alföldy (2018) 106f. 503 Alföldy, Repräsentation 107; Eder, Augustus and the Power of Tradition: The Augustan Principate as Binding Link between Republic and Empire, in Raaflaub/Toher (Hrsg), Between Republic and Empire: Interpretations of Augustus and His Principate (1990) 118: »(…) and the word auctoritas is connected with the patria potestas of the pater patriae«. 504 Strothmann, Augustus 73. 505 Kaser, Das römische Privatrecht I 56. 506 Kaser, Das römische Privatrecht I 56. 507 Premerstein, Vom Werden und Wesen des Prinzipats (1937) 174f. 508 Alföldi, Vater des Vaterlandes 96f. 509 Dettenhofer, Herrschaft und Widerstand 140. 510 Dettenhofer, Herrschaft und Widerstand 141. 511 Hoff/Stroh/Zimmermann, Divus Augustus 127.
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in Bezug auf das peculium castrense auf ähnlich »behutsam konservative Art«512. Privatrechtlich stand gerade das peculium castrense hier beispielhaft für das Spannungsverhältnis von patria potestas – die ja nach wie vor bestand – und dem neuen, väterlichen Schutzschirm des Augustus. Im militärischen Kontext mag auch der persönliche »Einfluss und das Ansehen«513 (auctoritas514) des Augustus für das Verhältnis des princeps zum Heer maßgeblich gewesen sein, auch wenn Augustus nicht mehr Macht (potestas) hatte als die Mitkonsuln in der Zeit von 27–23 v Chr:515 Aug res gest 34,3 Post id tempus auctoritate omnibus praestiti, potestatis autem nihilo amplius habui quam ceteri qui mihi quoque in magistratu conlegae fuerunt. Übersetzung: »Seit dieser Zeit überragte ich zwar alle an Einfluss und Ansehen, Macht aber besaß ich hinfort nicht mehr als diejenigen, die auch ich als Kollegen im Amt gehabt habe.«516
Waldstein/Rainer sehen den Begriff der auctoritas als »[für einen Römer klar] juristische Kategorie im Sinne einer erhöhten Machtfülle«517. Sie war »the kind of substance on which real influence is based«,518 »chief executive organ of the principate«519 und die Grundlage der Verantwortlichkeit, welche wiederum die Bezeichnung pater patriae bestimmt.520 Im Kontext zur patria potestas erscheint bemerkenswert, dass in Rom der Kult um Augustus’ genius in Anlehnung an den altrömischen Hauskult (»Personifikation von Macht und Ansehen des pater familias«521) betrieben wurde. Die auctoritas war damit auch ein Begriff im außerpolitischen Leben, der weit über die Regierungsmacht hinaus in allen Lebensbereichen Bestand hatte.522 Hoff/Stroh/Zimmermann interpretieren auctoritas als »nicht in der glänzenden Fassade von Kompetenzübertragung, Ehrung und Namensgebung« bestehend, sondern welche als »Basis und Kern« auch die Legionen, »ein[en] unbedingte[n] Machtwille[n], eine ungeheure Rücksichtslosigkeit und die Unterstützung von bedeutenden anderen Männern (…)« zum 512 Binder, Einführung, in Binder (Hrsg), Saeculum Augustum I. Herrschaft und Gesellschaft (1987) 13; Girardet, ›Traditionalismus‹ in der Politik Oktavian/Augustus – mentalitätsgeschichtliche Aspekte, KLIO 75 (1993) 208–211. 513 Übersetzung von auctoritas aus Weber (Hrsg), Meine Taten 28. 514 Dahlheim, Augustus 184f. Weitere Lit zur auctoritas in Fn 26. 515 Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 171 Rz 13. 516 Übersetzung: Weber (Hrsg), Meine Taten 28. 517 Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 174 Rz 2. 518 Galinsky, Augustan Culture 15. 519 Grant, Aes Coinage 444. Zum Zusammenhang von auctoritas und tribunicia potestas (als »Vehicle auf Auctoritas«) auf Basis von Münzfunden siehe ebda 446f. 520 Grant, Aes Coinage 444; Eder, Power of Tradition 118. 521 Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 171f, Rz 16. Zu genius siehe auch oben 74. 522 Heinze, Auctoritas 51f; Evangelisti, Principato 116f.
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Inhalt hatte.523 Die Testierbefugnis über das peculium castrense erscheint hier, bei der Trennung von ziviler und militärischer (»friedlicher«) Sphäre,524 als legistische Konsequenz, weil es das vermögensrechtliche Band zwischen pater und filius familias gelöst hat, damit auch unter diesem Aspekt für den Haussohn der Anziehungspunkt fortan beim Militärlager lag. Dettenhofer sieht in der auctoritas des Augustus insb in Verbindung mit dem Titel pater patriae das unterwerfende Element im Sinne einer neuen Sicht des princeps auf seine Untertanen: er war nun Vater und das Volk entsprach seinem Nachwuchs – darin sei das »alle überragende« Wesen der auctoritas gelegen.525 Wacke zeigt einen möglicherweise geschwelten, aber äußerlich nicht aufgezeigten Konflikt zwischen Haussöhnen und ihren patres familias wegen der »monarchischen Allkompetenz des pater familias«526, sodass es Wacke wundert, »dass wir von einer Auflehnung der jungen Generation gegen die finanzielle Gängelei (…) in Angelegenheiten des Hausvermögens so wenig erfahren«527. Der Konflikt war an zwei Flanken erkennbar entschärft: einerseits erfolgte die Testierfähigkeit der Haussöhne über die bona castrensia als Zugeständnis an die Soldaten mit diesem status. Andererseits nahm die Zahl an Emanzipationen in den ersten beiden Jahrhunderten zu,528 sodass nach erfolgter emancipatio sich nicht mehr die Frage der Vermögensfähigkeit und eines besonderen Verhältnisses zum pater familias stellte. Zugleich erhöhte sich aber auch die Anzahl der Legionen nach Augustus,529 wobei es logische Folge war, dass dadurch relativ gesehen auch mehr Haussöhne im Heer dienten und in den Genuss der Testierbefugnis über das peculium castrense kamen. c.
Bona castrensia
Unter bona castrensia verstand man generell die während bzw anlässlich des Militärdienstes erworbenen Vermögenswerte von Soldaten, wobei es keine Rolle spielte, ob diese Soldaten gewaltunterworfen oder sui iuris waren.530 Sachen im
523 Hoff/Stroh/Zimmermann, Divus Augustus 81. 524 Vgl Cass Dio 52,27,5. Zur »Trennung zwischen Militärs und Zivilisten« Carrié, Soldat 131– 133. 525 Dettenhofer, Herrschaft und Widerstand 174. 526 Wacke, Notbedarfseinrede 496. 527 Wacke, Notbedarfseinrede 496. 528 Siehe oben 75. 529 Eich, Grand strategy 595; Forni, Reclutamento 39–41. 530 Siehe Veg epit rei milit 2,20, wo beim peculium castrense nicht nach der Hausgewalt differenziert wird.
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peculium castrense waren naturgemäß auch bona castrensia.531 Dass das peculium castrense in Abgrenzung zu den bona castrensia der »restliche Besitz [war] (…) der auf jede denkbare Weise erworben sein konnte«, wie Le Bohec schreibt,532 ist unrichtig, da die bona castrensia auch das peculium castrense beinhalteten.533 Daher können bona castrensia ebenso wenig nur auf die, wie es Carrié vornimmt,534 Funktion einer »Pflichteinlage« reduziert werden. Die militärischen Vermögenswerte als bona castrensia lassen sich nicht nur auf einen Bestandteil derselben eingrenzen. Der Begriff bona castrensia ist somit ein weiterer als jener des peculium castrense, weil es auch das anlässlich des Militärdienstes erworbene Vermögen des Soldaten sui iuris bezeichnete. Hinsichtlich mancher Regelung wird nicht nach Personen sui iuris und Gewaltunterworfenen differenziert. So galt die Bestimmung, dass zum Tode verurteilte Soldaten testamentarisch über die bona castrensia verfügen konnten, ohne Unterschied des status der Betroffenen.535 Auch war es als Soldat möglich, getrennte Testamente zu errichten: eines über die bona castrensia und ein anderes über das nicht im militärischen Kontext erlangte Vermögen.536 Voraussetzung für die Maßnahme des Augustus, dass Haussöhne über ihr peculium castrense testieren dürfen, war, dass die Vermögensmasse aus militärischem Erwerb de facto bereits von sonstigem Vermögen abgesondert und so im Bewusstsein der Soldaten verankert war. So vermutet Guarino, dass sich ein peculium castrense durch alles formte, was (laufend) in castris erworben wurde. Auch bereits eine faktische – allerdings wohl über bloße Administration hinausgehende – Verfügungsbefugnis des filius familias miles über dieses peculium sei möglicherweise bereits auch »prassi repubblicana antecedente alla concessione di Augusto«537 gewesen. Guarino zieht dafür zum Vergleich den ebenfalls dem Zivilleben entzogenen, aber nicht unter einer Hausgewalt stehenden miles sui iuris heran:
531 Meyer-Hermann, Testamentum militis 70: »(…) der Umfang des verfügbaren Vermögens [entsprach] weitestgehend dem der gewaltfreien Soldaten«. Vgl D 29,1,11 pr (Ulp 45 ed); diese Stelle fehlt in der Quellenaufzählung bei Fitting, Castrense peculium XXXV. 532 Le Bohec, Armee 255. 533 Veg epit rei milit 2,20. 534 Carrié, Soldat 145, allerdings ohne näher zu erklären, was hier unter »Pflichteinlage« zu verstehen sei. 535 Vgl D 38,12,1 (Mac 2 mil); D 29,1,11 pr (Ulp 45 ed); C 6,21,13 (Val et Gal, a 254). Siehe dazu Stagl, Das Soldatentestament unter den Soldatenkaisern, in Babusiaux/Kolb (Hrsg), Das Recht der »Soldatenkaiser« (2015) 118f. 536 D 29,1,17,1 (Gai 15 ed prov); D 16,2,16 pr (Pap 3 quaest). 537 Guarino, L’oggetto 41, 67f. Gegen die Annahme einer solchen faktischen Gewohnheit, allerdings ohne Begründung Fitting, Castrense peculium 17. Siehe auch Daube, Aspects 76f, welcher in der Testierbefugnis der im Militär dienenden Söhne keine radikale Reform sieht, sondern die Anknüpfung an frühere faktische Verhältnisse.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
»È presumibile (…) che la prassi della costituzione di una sorta di peculium, in castris, di un peculium formato da tutto l’id, quod in castris adquisitum est, sia stata alquanto anteriore ad Augusto. La vita del campo, necessariamente lontana da quella cittadina, come distoglieva (e distoglie in ogni tempo) il miles sui iuris dalle cure consuete della vita civile, così rendeva per necessità di cose relativamente autonomo rispetto alla invadenza del pater familias il miles alieno iuri subiectus.«538
Folgt man Guarinos These, könnte ungeachtet der juristischen Vermögensunfähigkeit hinsichtlich der bona castrensia bereits vor der Entscheidung des Augustus eine faktische Vermögensfähigkeit der Haussöhne vorgelegen haben. Es erscheint mit Guarino denkbar, dass die Rechtslage dann in einem nächsten Schritt an einen bereits vorhanden faktischen Zustand angepasst wurde. So hätte in einem einzelnen finalen Schritt die Testierfähigkeit der Haussöhne mit derart kleinem Übergang eingeführt werden können, ohne die im römischen Traditionsdenken verhafteten patres allzu sehr vor den Kopf gestoßen zu haben: jedenfalls wurden die bona castrensia ab der Gewährung der Testierbefugnis über diese in Gestalt des peculium castrense für Haussöhne zur Rechtsfigur. Einen Einblick in die Zweckwidmung des in castris hinterlegten Vermögens der Soldaten gibt Vegetius. Aufgrund ihrer Bildung ausgewählte signiferi (Zeichenträger) haben diese einbehaltenen Beträge verwahrt und Buch darüber geführt, worin sich die von der domus der Haussohns539 völlig abgetrennte FinanzEigenverwaltung des Heeres zeigt: Veg epit rei milit 2,20,6–7 (6) Addebatur etiam saccus undecimus, in quem tota legio particulam aliquam conferebat, sepulturae scilicet causa, ut, si quis ex contubernalibus defecisset, de illo undecimo sacco ad sepulturam ipsius promeretur expensa. (7) Haec ratio apud signiferos, ut nunc dicunt, in cophino servabatur. Et ideo signiferi non solum fideles, sed etiam litterati homines eligebantur, qui et servare deposita et scirent singulis reddere rationem. Übersetzung: »(6) Ein elfter Sack kam noch hinzu, in den die gesamte Legion einen gewissen Teilbetrag beisteuerte, und zwar zum Zweck der Bestattung, damit, wenn von den Kameraden einer verschied, aus diesem elften Sack der Aufwand für seine Beerdigung genommen werde. (7) Diese Rechnungsführung wurde bei den Zeichenträgern, wie man jetzt sagt, in der Geldtruhe verwahrt. Darum wählte man als Zeichenträger nicht nur zuverlässige, sondern auch gebildete Männer aus, die sowohl das Anvertraute verwahren wie den Einzelnen Rechenschaft ablegen konnten.«540
538 Guarino, L’oggetto 67. 539 Die domus steht hier und im Folgenden für »Familie« und »Hauswesen, -wirtschaft« gem Heumann/Seckel, Quellen 159. Diese Begriffsbedeutungen sind zB belegt in D 11,3,14,1 (Paul 19 ed), D 1,18,21 (Paul lib sing off adsess), D 7,1,65 (Pomp 5 Plaut). Zur domus bzw römischen Familie Saller, Patriarchy 74–101; Lehmann, Eigenvermögen 265f. 540 Lat Text und Übersetzung: Müller (Hrsg), Vegetius 94f.
Rechtspolitische Motive
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Das im Militär erworbene Vermögen war insofern nicht mehr Familienvermögen, als es nicht aufgrund der Investition des pater familias (etwa durch Einräumung eines regulären peculium) erworben wurde, sondern wegen der Mühen des filius im Kriegsdienst. Die bona castrensia unterlagen in einem nächsten Schritt von der Soldauszahlung bis hin zur Donativen-Verwahrung (Hälfteteil) der militärspezifischen Finanzverwaltung in castris.541 La Rosa weist darauf hin, dass der Erwerb der bona castrensia auf der Leistung des einzelnen Soldaten beruhte und nicht mehr dem Familiengefüge entsprang: »Infatti, i beni castrensi, non provenivano da un’oculata amministrazione di alcuni beni familiari, è dall’esercitare un traffico coll’aiuto di un capitale iniziale costituito da beni familiari, ma si acquistavano solamente mediante l’attività del singolo, il quale spesso si trovava ai confini dell’impero, lontano dall’organizzazione familiare ed economica romana.«542
Insbesondere die Donative des princeps waren einmal mehr ein Zufluss in das peculium castrense, welcher ökonomisch mit einem vom Hausvater eingeräumten peculium nichts mehr gemein hatte. In der mit dem Prinzipat und dem princeps an der Spitze gespiegelten Struktur der domus/familia trat mit der Armee im Fokus und unter dem Aspekt der Zuwendung eines Vermögens an den filius familias miles (im weiteren Sinn, ohne Spezifika des regulären peculium) der princeps an die Stelle des pater familias. Das gemeine Recht der Neuzeit ordnete das peculium castrense (gemeinsam mit dem peculium quasi castrense) unter den gemeinrechtlichen Titel peculium militare.543 Damit wurde es vom peculium paganum und dessen jeweiligen Unterformen (wie peculium profecticium und – adventicium) unterschieden.544 Das peculium castrense war jedenfalls kein (unrömisch sog) peculium profecticium545: es handelte sich nicht um ein vom pater familias eingeräumtes Vermögen. Die Auffassung, die man schon bei den römischen Hochklassikern vorfand, nämlich dass das peculium castrense als Eigenvermögen des Haussohns anzusehen ist, war wohl der Grund, dass die Juristen in der Neuzeit das peculium castrense jedoch gar nicht mehr unter die Kategorie des peculium adventicium brachten, sondern eine eigene Kategorie des peculium militare schufen.
541 Siehe dazu auch Fn 295. 542 La Rosa, Peculii speciali 9. Siehe dazu auch Guarino, L’oggetto, 67f. 543 Knothe, Kindesvermögensrecht 266f, insb 267 mit einem Schaubild der Untergliederungen des peculium; Fitting, Castrense peculium 609–617. 544 Knothe, Kindesvermögensrecht 267. 545 Kaser, Das römische Privatrecht I 344 Fn 26.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
Bona adventicia546 waren der Erwerb der Hauskinder, welcher nicht aus der Sphäre des pater familias kam, also kein Vermögen ex substantia patris war.547 Man könnte in deren Nähe die bona castrensia bringen. Kaser sieht das peculium castrense als der im Justinianischen Recht vorhandenen (aber unrömisch so bezeichneten) bona adventicia irregularia ähnlich an.548 Bei den bona adventicia irregularia der Nachklassik hatte der (volljährige) Haussohn Eigentum an diesen Vermögenswerten und konnte diese frei nutzen sowie verwalten; die Möglichkeit darüber rechtsgültig zu testieren hatte er jedoch nicht – worin sich die bona adventicia irregularia dann doch vom peculium castrense unterschieden.549 Die bona adventicia der Nachklassik und die damit verbundene Intestaterbfolge dürften Vorbild für die Regelung der Intestaterbfolge hinsichtlich des peculium castrense im justinianischen Recht gewesen sein: Der pater familias erhielt das peculium castrense nach Pekuliarrecht erst dann, wenn vom filius familias miles oder veteranus als Intestaterben keine Kinder oder Brüder verblieben waren.550 Lehmann führt bei der Besprechung von Juvenals 16. Satire551 aus, dass »die testamenti factio damit gerechtfertigt wurde, dass der Soldat sein peculium castrense durch die Mühen des Kriegsdienstes erlangt hatte. Ist dies auch von Juvenal vielleicht nur ironisch gemeint, so ist es doch möglich, dass es die offizielle Begründung war, auf die Juvenal hier anspielt. Dieser Grund war im Prinzip natürlich auch auf einen sonst erwerbstätigen Haussohn ersichtlich, bei denen man keine Ausnahme vom Prinzip der patria potestas machte«.552
Allerdings ist dabei zu bedenken, dass es ein vom Hausvater eingeräumtes peculium als »Startkapital« ermöglichen konnte, dass von dieser Basis ausgehend der filius familias möglicherweise gewinnbringend wirtschaften konnte. Damit war es verständlich, auch die Früchte der Arbeit des Haussohns weiterhin dem Hausvater zukommen zu lassen. Beim peculium castrense fehlte jedoch das Zutun des Hausvaters iSe finanziellen Beitrages zur Erwerbstätigkeit des Sohnes. Das Besondere an den Vermögenswerten im peculium castrense war somit, dass diese der Sohn durch seine eigene Mühe und Arbeit als Soldat erhielt und die
546 C 6,61,1,1 und 8 pr (Iust, a 529); Inst 2,9,1; Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 368 Rz 20 (mwLit). Auf die Vorläufer bona materna und bona nuptialia wird hier nicht eingegangen. Zu diesen Kaser, Das römische Privatrecht II 216–219; Wesener, Kindesgut 261f. 547 ZB C 6,61,6 (Iust, a 529). Knothe, Kindesvermögensrecht 265f; Wesener, Kindesgut 398. 548 Kaser, Das römische Privatrecht II 218 Fn 39. 549 Knothe, Kindesvermögensrecht 296–300, insb 299f; Wesener, Kindesgut 399–401. 550 Nov 118. Dazu Wesener, Kindesgut 401. Wesener sieht ebda »eine gewisse Angleichung dieser Sondergüter«. Siehe auch oben 24 und Fn 69. 551 Zum Text der 16. Satire Juvenals siehe unten 121 aE. 552 Lehmann, Eigenvermögen 267.
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Finanzierung derselben aus Geldern bestritten wurde, welche eben nicht aus der Sphäre des pater familias bzw der domus stammten.553 Bezüglich der bona castrensia wurde auch der Grundsatz durchbrochen, dass niemand nur über einen Teil seines Vermögens testamentarisch verfügen könne (nemo pro parte testatus, pro parte intestatus decedere potest554): Soldaten war erlaubt, auch nur über einen Teil ihres Vermögens zu testieren.555 Diese Ausnahme von der Regel ging dabei konsequent in beide Richtungen: So konnte der Soldat einerseits das peculium castrense testamentarisch unberücksichtigt lassen556 (wobei bei Soldaten sui iuris die Intestaterbfolge eintrat), oder aber ausschließlich über das peculium castrense verfügen557 (wohingegen bei Soldaten sui iuris die Regeln der Intestaterbfolge über das restliche Vermögen galten). Ebenso konnte zeitgleich in einem Testament über die bona castrensia und – bei Soldaten sui iuris – in einem anderen, weiteren Testament über das restliche Vermögen letztwillig verfügt werden. Dies wurde dann so behandelt, als ob zwei getrennte Erbschaften von zwei verschiedenen Personen vorgelegen wären.558 Haftungsrechtlich hatte die juristische Trennung von castrensischem und nicht-castrensischem Vermögen in hadrianischer Zeit zur Folge, dass der Erbe des castrensischen Teils auch nur für castrensische Schulden haftete und Schulden des nicht in castris erworbenen Teils außer Betracht blieben.559 Ebenso erfuhren, jedenfalls belegt für die Hochklassik, die bona castrensia von Soldaten oder Veteranen sui iuris eine Sonderbehandlung in der Intestaterbfolge: Falls ein heres legitimus bis zum fünften Grad vorhanden war oder darüber hinaus der nächste Verwandte innerhalb der vorgesehenen Frist den Nachlassbesitz empfangen hatte, fiel der Nachlass nicht an den fiscus.560 Jeder Soldat trug mit einem Teil seiner Einkünfte auch dazu bei, dass die Kosten der Bestattung eines Kameraden bestritten werden konnten.561 Inwiefern der pater familias in die Wahl der Bestattungsmodalitäten eingebunden wurde, lassen die Quellen dunkel. Im frühen Prinzipat ist die Bildung von Soldaten553 Wie bereits oben 86 mit Fn 547 angeführt als bona, die (gemeinrechtlich gesprochen) nicht ex substantia patris waren. 554 Cic inv 2,63; D 50,17,7 (Pomp 3 Sab); Inst 2,14,5. 555 D 50,17,7 (Pomp 3 Sab); Inst 2,14,5; D 29,1,6 (Ulp 5 Sab): miles enim pro parte testatus potest decedere, pro parte intestatus; ferner C 6,21,1 (Ant, a 212) und 2 (Ant, a 213). 556 C 6,21,1 (Ant, a 212). 557 C 6,22,2 (Diocl et Maxim, a 290). 558 D 29,1,17,1 (Gai 15 ed prov): Iulianus etiam ait, si quis alium castrensium rerum, alium ceterarum scripsisset, quasi duorum hominum duas hereditates intellegi; D 16,2,16 pr (Pap 3 quaest). 559 D 29,1,17,1 (Gai 15 ed prov); D 16,2,16 pr (Pap 3 quaest). 560 D 38,12,2 (Pap 16 resp): Bona militis intestati defuncti castrensia fisco non vindicantur, cum heres legitimus ad finem quinti gradus exstitit aut proximus cognatus eiusdem gradus intra tempus possessionem acceperit. 561 Vgl Veg epit rei milit 2,20,6; zu dieser Quelle siehe oben 84.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
vereinen (collegia in castris) belegt,562 welche möglicherweise auch Begräbnisvereine waren und durch gemeinsame Vereinsbeiträge Sterbekassen finanziert wurden.563 Ob solche collegia in castris relativ bald durch kaiserliche Entscheidungen verboten wurden,564 ist in der modernen Literatur Gegenstand von Kontroversen.565 Die räumliche Distanz und die auffällige Seltenheit von durch Verwandte gesetzte Soldatengrabsteine sprechen für eine Praxis, dass die Heeresangehörigen untereinander für die Bestattung sorgten.566 Sofern kraft seines ius testandi der Haussohn nicht angeordnet hatte, dass der Vater 1. Erbe sein soll und 2. die Begräbniskosten zu tragen hatte,567 war der pater familias nicht (mehr) verpflichtet, für das Grab finanziell aufzukommen. Sonst wäre die Situation entstanden, dass die Heeresangehörigen in klassischer Zeit die prätorische actio funeraria568 gegen den eigentlich verpflichteten pater familias hätten geltend machen können. Dass die actio funeraria gegen den Hausvater seitens Soldaten auch tatsächlich zumindest erhoben bzw dies unter den römischen Juristen diskutiert wurde, ist nach dem derzeitigen Überlieferungsstand quellenmäßig auch für die spätere Zeit nicht belegt. Sichtbar wird vielmehr die Herauslösung der Bestattungsmöglichkeiten den Haussohn betreffend aus dem Machtbereich der patria potestas. d.
Die organisatorisch-geographische Distanz zum Hausvater
Durch die Stationierung der Truppen an den Grenzen des Reiches sowie der Entwicklung eines eigenständigen Lagerlebens bildete sich eine »military identity (…) which isolated them from much normal social activity«569. Den Hintergrund für die Konstituierung eines stehenden Heeres erhellt wiederum die 562 Ausbüttel, Zur rechtlichen Lage der römischen Militärvereine, Hermes 113 (1985) 504f. 563 Vgl die Begräbnisvereine von Sklaven in D 47,22,3,2 (Marc 2 iud pub). Dazu Sirks, Die Vereine in der kaiserlichen Gesetzgebung, in Gutsfeld/Koch (Hrsg), Vereine, Synagogen und Gemeinden im kaiserzeitlichen Kleinasien (2006) 22–25. 564 Wie es Marcian in D 47,22,1 pr (Marc 3 inst) beschreibt: Mandatis principalibus praecipitur praesidibus provinciarum, ne patiantur esse collegia sodalicia neve milites collegia in castris habeant. Dazu Ausbüttel, Militärvereine 501–503; Sirks, Vereine 24; Groten, corpus und universitas. Römisches Körperschafts- und Gesellschaftsrecht: zwischen griechischer Philosophie und römischer Politik (2015) 267–278. 565 Groten, corpus und universitas 267–278; Ausbüttel, Militärvereine 500–505. 566 Siehe zu einer einschlägigen Inschrift Fn 52; Carrié, Soldat 132f. 567 Vgl D 11,7,12,4 (Ulp 25 ed). 568 Als Aufwandersatz für die vorläufig übernommenen Kosten des Begräbnisses. Siehe dazu D 11,7,12,2 (Ulp 25 ed); Kaser, Das römische Privatrecht I 734; Unger, Actio Funeraria. Prinzip und Fall der verbotswidrigen Geschäftsführung ohne Auftrag (2018) 65–168; Thomas, The actio funeraria, in Van den Berg (Hrsg), Ex iusta causa traditum. Essays in Honour of Eric H. Pool (2005) = Editio Specialis Fundamina 321–335. 569 Alston, The Role of the Military in the Roman Revolution, in AQUILA LEGIONIS 3 (2002) 38. Siehe auch Lehmann, Eigenvermögen 266.
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durch Cassius Dio überlieferte (und von ihm so konstruierte) programmatische Rede des Maecenas, einem Vertrauten Octavians, im Jahre 29 v Chr.570 Die Rede ist laut Dorandi als politisches Programm (petitio principis) zu verstehen:571 Cass Dio 52,27,1–3 (…) τοὺς δὲ δὴ στρατιώτας ἀθανάτους, ἔκ τε τῶν πολιτῶν κἀκ τῶν ὑπηκόων τῶν τε συμμάχων, τῇ μὲν πλείους τῇ δὲ ἐλάττους, καθ᾽ ἕκαστον ἔθνος, ὅπως ἂν ἡ χρεία τῶν πραγμάτων ἀπαιτῇ, τρέφεσθαι προσήκει, καὶ αὐτοὺς ἀεί τε ἐν τοῖς ὅπλοις εἶναι καὶ τὴν ἄσκησιν τῶν πολεμικῶν διὰ παντὸς ποιεῖσθαι δεῖ, χειμάδιά τε ἐν τοῖς ἐπικαιροτάτοις χωρίοις κατεσκευασμένους καὶ χρόνον τακτὸν στρατευομένους, ὥστε τι αὐτοῖς καὶ πρὸ τοῦ γήρως τῆς ἡλικίας περιεῖναι. οὔτε γὰρ ἐπὶ τῶν καιρῶν βοηθείαις τισὶν ἔτι χρῆσθαι δυνάμεθα, αὐτοί τε τοσοῦτον ἀπὸ τῶν τῆς ἀρχῆς ἐσχατιῶν ἀπηρτημένοι καὶ πολεμίους ἑκασταχόθι προσοικοῦντας ἔχοντες (…) Übersetzung: »(…) Außerdem erscheint es angemessen, ein stehendes Heer zu unterhalten, das sich aus Bürgern, unterworfenen Völkern und Verbündeten zusammensetzt und dessen Soldaten in größerer und kleinerer Zahl verteilt in jeder Provinz liegen, wie es eben die Umstände nötig machen. Diese Truppen sollen dauernd unter Waffen stehen und sich unausgesetzt im Kriegshandwerk üben! Ihre Winterquartiere aber sollen sie an den günstigsten Plätzen eingerichtet bekommen und nur eine bestimmte Zeit dienen, sodass ihnen noch vor dem Greisenalter ein gewisser Lebensabschnitt in Rüstigkeit verbleibt. Denn weit entfernt von den Grenzgebieten des Reiches und mit Feinden allenthalben als Nachbarn, können wir in bedrohlichen Zeiten nicht länger mehr nur Expeditionsheere einsetzen (…)«572
Für das Fehlen des materiellen Behütet-Seins des filius im familiären Umfeld mussten Anreize bzw ein Pendant geschaffen werden: »Augusto non poteva pretendere che i giovani di condizione agiata abbandonassero patria e famiglia per essere portati nelle più diverse e lontane contrade dell’impero e sottoposti alla dura vita di guarnigione senza adeguati compensi (…)«573. Es liegt nahe, dass sich nach dem Erwerb in castris (insb Sold und Beute) für die filii familias milites die Frage des Behalten-Dürfens stellte bzw ob – als urrömisches Bedürfnis574 – darüber letztwillig disponiert werden durfte. Aufgrund der ihnen zugekommenen Vermögenswerte war wohl das Begehren der Haussöhne auch nach einer rechtlichen Klarstellung bzw Änderung im Raum gestanden, bevor Augustus ihnen als Reaktion darauf die Testierbefugnis über die castrensischen Güter gewährte.
570 571 572 573 574
Dorandi, Rede des Maecenas 56. Dorandi, Rede des Maecenas 57. Übersetzung: Veh (Hrsg), Cassius Dio 77. Forni, Reclutamento 120. Zur eminenten Bedeutung der letztwilligen Verfügung für die Römer siehe oben 46.
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
Die rechtlichen Maßnahmen von Einführung des Soldatentestaments575 bis zum ius testandi für Haussöhne über ihr peculium castrense betonten die militärische Identität, entstanden doch beide Rechtseinrichtungen aufgrund des von der Zivilbevölkerung getrennten Heeresbetriebes.576 Bildlich gesprochen war der Betrieb der Armee an bestimmten Punkten des limes der weit entfernten Familien-»Betriebseinheit auf dem Bauernhof«577 gegenübergestellt. Mit der Etablierung des stehenden Heeres, insbesondere entlang des limes, lag auch generell eine »beabsichtigte Isolierung des Soldaten vom zivilen Leben«578 vor.579 Der Zeitpunkt, ab welchem der Haussohn als miles galt, war jener, als er die Tätowierung erhalten (victuris in cute punctis), als Soldat registriert und anschließend den Soldateneid geleistet hatte.580 Nunmehr war der princeps primäre Bezugsperson und nicht mehr der pater familias.581 Wichtig ist hier festzuhalten, dass der filius familias miles keinesfalls auf sich selbst gestellt war. »Der einfache Soldat handelte nicht als isoliertes Individuum (…) sondern als Teil einer Gruppe«.582 Er handelte im Kollektiv, als Teil der Heeresgemeinschaft. Dies suspendierte ihn für die Zeit seines Militärdienstes von seinen familiären Verpflichtungen bzw traten letztere zumindest in den Hintergrund. Der Haussohn trat aus dem Familiengefüge und dadurch veränderte sich seine soziale persona. Zu dieser inneren Trennung von der Sphäre der domus trat auch eine äußere, geographische:583 Das römische Heer unter Augustus bestand aus 23 bis 25 Legionen,584 welche (insb die Prätorianergarde ausgenommen) an den Grenzen des Reiches verteilt waren.585 Das castrum war »Staat im Staat« und für die Soldaten wie ein »zweites Vaterland« (patria altera militaris est haec sedes586). Bereits in der späten Republik konnte man das Heer mit Giuffrè als corpus separatum, also 575 Dazu unten 98. 576 Phang, Military Service 179: »Furthermore, the jurists’ legal interpretation of the peculium castrense and soldier’s will reinforced discipline in the sense of occupational identity«. 577 Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 387 Rz 5; Lehmann, Eigenvermögen 265f. 578 Jung, Eherecht 334. 579 Jung, Rechtsstellung 919 und 948. 580 Veg epit rei milit 2,5,2: Nam victuris in cute punctis milites scripti, cum matriculis inseruntur, iurare solent. 581 Ebenso das Naheverhältnis der milites zu ihrem Truppenkommandanten zeigte sich durch Beehrung seiner Person in Inschriften; siehe dazu Le Bohec, Armee, 275. 582 Le Bohec, Armee 275. 583 Zur Aufstellung der Legionen siehe bei Cass Dio 55,24; Vittinghoff, Rahmenbedingungen 21; Le Bohec, Armee 253f. 584 Cass Dio 55,23,2. 585 Cass Dio 52,27,1–3 (zum Text der Quelle siehe oben 89); Stäcker, Princeps und miles 42f. Siehe auch Fn 373. 586 Liv 44,39: Castra sunt victori receptaculum, victo perfugium (…) patria altera militaris est haec sedes, vallumque pro moenibus et tentorium suum cuique militi domus ac penates sunt. Zum archäologischen Befund der Heereslager in augusteischer Zeit siehe Junkelmann, Legionen 325–334.
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getrennt vom zivilen Lebensbereich ansehen,587 das nun mit der Konzeption eines stehenden Heeres mit den Legionen an den Grenzen des Reichs Verdichtung und Konturen erhielt. Die geographische Ferne des Soldaten zu seinem gewohnten familiären Umfeld war logische Folge der »weitgehenden Trennung von ziviler und militärischer Sphäre«588. Dies führte notgedrungen zu einer räumlichen und organisatorischen Distanz zum pater familias, dessen de iure umfassende Familiengewalt sich seinem filius gegenüber tatsächlich weitgehend verdünnte.589 Diese Gegebenheiten lassen den Schluss zu, dass es de facto eine eigene Dispositionsmöglichkeit über das in castris erworbene Vermögen gegeben haben konnte.590 Die Position des filius familias miles ähnelte einem Haussohn mit libera administratio peculii, also welchem ein peculium zur freien Verwaltung591 mit »Generalermächtigung«592 überlassen worden war. Offen bleibt die Frage der Möglichkeit der Einziehung durch den pater familias,593 welche dann wohl eher eine nur theoretische Befugnis blieb. Aufgrund der geographischen und organisatorischen Entfernung von zumindest einem Teil der Hausväter zu ihren in der Armee dienenden Söhnen war eine Vermögensgewalt der patres nicht realisierbar. Eine Einziehung der castrensischen Vermögenswerte seitens des Hausvaters ist in vorjustinianischer Zeit auch quellenmäßig nicht greifbar.594 Sie war aber schwer vorstellbar, zudem eine solche ademptio weder in unbestrittener oder faktischer Form noch durch Diskussion der Juristen in den Quellen belegt ist. Dass die Hausväter in die militärische Finanzverwaltung eingriffen, war ebenso wenig denkbar, lag es doch auch an der Heeresverwaltung, die Abfindung der Veteranen durch Soldabzüge und allgemein das Führen der Soldatenkonten595 völlig eigenständig sicherzustellen. Ob die republikanische Sittenaufsicht oder sonst eine militärische Organisationseinheit aufgrund des militärischen Zusammenhangs eine Einziehung der bona castrensia durch den pater familias verhinderte oder diese einer besonderen Begründung bedurfte bzw nur auf außerordentlichem Wege erfolgen konnte, bleibt mangels Quellen im Dunkeln. Die
587 Gekennzeichnet durch ein »ambiente militare«; siehe Giuffrè, Homines militares e status rei publicae. Torsioni di una costituzione (2013) 47. 588 Raaflaub, Militärreformen 275. 589 Vgl Lehmann, Eigenvermögen 269; Guarino, L’oggetto 67; zu letzterem oben 83 aE. 590 Fleckner, Peculium 231. 591 Zur Trennung von concessio peculii und libera administratio peculii Wacke, Libera administratio 266–276. 592 Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 88 Rz 15. 593 Dazu bereits oben 17 aE. 594 Siehe oben 18 mit Fn 28. 595 Zur Verwaltung dieser Konten siehe oben Fn 295.
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patria potestas erstreckte sich ursprünglich ohnehin (nur) auf die domus,596 sodass es dem Rechtsbewusstsein wohl nicht zuwiderlief, wenn in castris die privatrechtliche Hausmacht des pater familias über seinen filius familias miles juristisch eingeschränkt bzw eigentlich nicht mehr vorhanden war, weil diese auch nicht mehr ausgeübt werden konnte: So war es dem pater familias ob der räumlichen Distanz und der Eingliederung des Heeresvermögens (inkl dem Anteil des peculium castrense, der regelmäßig angespart wurde597) in den Finanzbetrieb des exercitus praktisch nicht mehr möglich, sich über den Vermögensstand bzw Angelegenheiten des peculium castrense entsprechend zu informieren, geschweige denn dort aktiv einzugreifen.598 Neben der Trennung der Lebens- und Finanzbereiche von pater und filius familias wird die Abgrenzung der familiären Sphäre das Haussohns von jenem der militärischen auch dadurch sichtbar, dass Karriereentscheidungen den filius im Militär betreffend nicht (mehr) dem Hausvater im Rahmen seiner Familiengewalt zur Disposition standen. Beförderungen von filii familias milites fanden offenbar ohne Rücksprache mit deren patres familias statt. Dadurch erübrigte sich auch das Züchtigungsrecht des pater familias und wurde durch das Regime der Militärstrafen wegen der Militärdelikte samt eigener Militärgerichtsbarkeit quasi ersetzt.599 Im Großen und Ganzen fiel hier der Vollzug der Disziplinargewalt des Hausvaters de facto weg. Weder Verantwortung noch Herrschaft übte der Hausvater aus; der Sohn stand fortan im Treue- und Abhängigkeitsverhältnis zum exercitus, seinen dortigen militärischen Vorgesetzten sowie zum princeps. Nicht zuletzt spielte auch die zeitliche Dimension für die Verselbstständigung des Lebensbereiches des filius familias eine Rolle. Im Laufe der sehr langen, generell bis zu 20-jährigen Dienstzeit für Legionäre am Ende der Regentschaft des Augustus600 – für manche Soldaten ist auch eine darüber hinaus gehende
596 D 50,16,195,2 (Ulp 46 ed). Dazu De Robertis, I limiti spaziali al potere del »pater familias«, Labeo 29 (1983) 164–174 und Kaser, Patria potestas 62, welcher die Gewalt des pater familias als »total« bezeichnet. Die patria potestas erfasste somit von alters her nach Kaser, ebda, die gewaltunterworfenen Personen sowie das Vermögen innerhalb der domus »nach allen ihren Beziehungen«. 597 Siehe dazu oben Fn 295. 598 Wie es auch sonst bei Sklavenpekulien erschwert war, wenn der Pekuliarbetrieb fernab des dominus lag. Siehe dazu D 40,9,10 (Gai 1 cott); D 49,17,19,2 (Tryph 18 disp). Zur vergleichbaren Situation von Sklaven mit peculia, die von ihren Herren geographisch weit entfernt lebten und dadurch die Finanzlage der domini faktisch unübersichtlich wurde, siehe D 40,9,10 (Gai 1 cott) und D 49,17,19,2 (Tryph 18 disp). Dazu McGinn, Celsius and the Pauper: Roman Private Law and the Socio-Economic Status of its Consumers, in Piro (Hrsg), Scritti per Alessandro Corbino IV (2016) 629f. 599 D 49,16,3,15 (Mod 4 poen); Liv 8,7,15–22. Dazu Schmetterer, Rechtliche Stellung 31f. 600 Tac ann 1,78,2; Le Bohec, Armee 69. Zur Dienstzeit siehe auch oben 69 aE.
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Dauer von bis zu 30–40 Jahren belegt601 – verlor der pater familias zunehmend an Einfluss. e.
Heiratsverbot und Soldatenfamilien
Augustus führte wahrscheinlich das Heiratsverbot für Soldaten ein602, wobei fraglich ist, ob bzw unter welchen Umständen dieses Verbot auch rangabhängig Offiziere betraf 603. Dieses Heiratsverbot604 selbst ist im Wortlaut nicht überliefert, sondern erschließt sich aus Maßnahmen seit Augustus und lässt sich erst mit der Aufhebung durch Septimius Severus festmachen.605 Rittern und Senatoren, welche in der Armee gedient haben, war das Eheleben gestattet, allerdings mit Einschränkungen.606 Die hinter dem Heiratsverbot für Soldaten stehende Vorstellung, dass diese sich nur auf den Heeresdienst zu konzentrieren und ihr Privatleben hintanzustellen hatten, galt mit den Worten Watsons generell in Bezug auf Verhältnisse der Soldaten zu Frauen und daraus entsprungenen (aufgrund des Heiratsverbots illegitimen) Kindern: »(…) the soldier’s only ties are to the army in which he serves.«607 Zum Verhältnis von Heiratsverbot und Testierbefugnis des filius familias unter Augustus ist zu sagen, dass es wohl nicht die Intention des Augustus war und es dem Sinn und Zweck des Heiratsverbots für Soldaten zuwidergelaufen wäre, dass gerade deshalb den Haussöhnen die Testierbefugnis erteilt werden sollte, um den Nachwuchs in castris zu versorgen. Augustus und auch den nachfolgenden principes war es nicht daran gelegen, familiäre Strukturen innerhalb des Militärlagers zu fördern und damit »eine militärische Schicht zu 601 Tac ann 1,17,3; Le Bohec, Armee 69. 602 Jung, Eherecht 334; Campbell, The Marriage of Soldiers under the Empire, JRS 68 (1978) 153f; Behrends, Die Rechtsregelungen der Militärdiplome und das die Soldaten des Prinzipats treffende Eheverbot, in Eck/Wolff (Hrsg), Heer und Integrationspolitik. Die römischen Militärdiplome als historische Quelle (1986) 151. Die sich auf das Heiratsverbot beziehenden Regeln dürften in der disciplina Augusta enthalten sein; siehe Behrends, ebda 155 Fn 12. Zu erbrechtlichen Zugeständnissen durch eine humana interpretatio des Hadrian siehe unten 119 aE. 603 Jung, Eherecht 340f. Vgl auch Watson G.R., Soldier 134: »This ban covered all ranks up to the centurionate«. 604 Mit Jung, Eherecht 334–340, ist von einem »Heiratsverbot« statt Eheverbot zu sprechen, da vor Eintritt in den Militärdienst geschlossene Ehen gültig blieben bzw nicht annulliert wurden; siehe etwa Suet Aug 24,1. 605 Jung, Eherecht 334; Suet Aug 24,1; Herodian 3,8,5; Cass Dio 60,24,3 – diese Stelle kann man überhaupt als Beleg für die Existenz von Partnerschaften der Soldaten betrachten, die der disciplina Augusta trotzten; Jung, Eherecht 334–337; Phang, The Families of Roman Soldiers (First and Second Centuries A.D.): Culture, Law, Practice, Journal of Family History 27 (2002) 353–360. 606 Suet Aug 24,1; D 1,16,4,2 (Ulp 1 off proc). 607 G.R. Watson, Soldier 133.
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schaffen oder auch nur zu fördern, die für ihre eigene soziale Reproduktion sorgte, also eine Art Armee auf Erbschaftsbasis«608. Vielmehr war die Rekrutierung aus dem vorhandenen familiären Umfeld der Hausfamilie naheliegend. Die Verfügungsmöglichkeit über das peculium castrense hatte nicht den Zweck, Soldatenkinder seitens der ihrerseits selbst gewaltunterworfenen Väter materiell zu versorgen. Es muss jedoch auch in Betracht gezogen werden, dass so mancher pater zeitgleich mit seinem filius familias (zB aus einem matrimonium iustum vor Eintritt in den Militärdienst) in der Armee diente. Forni geht sogar von einer Art »Familientradition« aus, dass Väter und Söhne zur selben Zeit in derselben Legion dienten.609 Nicht auszuschließen ist dabei, dass Haussöhne auch militärisch höhere Positionen hatten als ihre patres familias. Der Sohn musste als miles jedenfalls völlig gleichberechtigt wie dessen in derselben Einheit dienender Hausvater sein. Andernfalls wäre eine in militärische Belange eingreifende Familiengewalt des Hausvaters dem Heeresbetrieb wohl hinderlich gewesen. Jedenfalls ist quellenmäßig nicht belegt, dass ein pater familias (sei es von außen oder selbst als Soldat) auf das von der Armeeverwaltung für seinen filius familias miles zusammengesparte und verwahrte Vermögen zuzugreifen versuchte. f.
Die Koexistenz mit Hilfstruppen
Die Einführung der Testierbefugnis des filius familias miles über das peculium castrense kann auch aus dem Blickwinkel der Grenz- und Integrationspolitik des Augustus betrachtet werden. Im Zuge der Befriedungspolitik610 »wandelten sich [die Provinzen des römischen Reiches] von Ausbeutungsobjekten zu mündigen Mitgliedern eines die Interessen aller wahrenden Commonwealths, dessen Angehörige sich nicht mehr als Unterworfene, sondern als Teil einer großen Völkergemeinschaft begriffen und sich mit dieser identifizierten.«611
Die Teilung der Armee in »Legion« mit ausschließlich römischen Bürgern612 und dem Heeresteil aus Fremden, die als Unterworfene oder Besiegte zur militärischen Verstärkung als Hilfstruppen (auxilia) rekrutiert wurden, geht auf Caesar zurück.613 Durch Augustus wurden Auxiliartruppen gänzlich in die Organisationstruktur integriert.614 608 Carrié, Soldat 126f. 609 Forni, Reclutamento 126: »Più frequente è il caso di legionari che ebbero padre o altri congiunti nelle legioni«. Forni belegt dies ebda mit zahlreichen inschriftlichen Belegen, auch schon aus voraugusteischer Zeit. 610 Eich, Grand strategy 567f. 611 Junkelmann, Legionen 101. 612 Cass Dio 55,23,2. 613 Alston, Soldier and Society in Roman Egypt. A Social History (1995) 20f. 614 Schmetterer, Rechtliche Stellung 6.
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Auxilia wurden grundsätzlich in den Provinzen außerhalb Italiens ausgehoben, rekrutiert wurden für diese Hilfstruppen Peregrine.615 Gilliver streicht dabei heraus, dass die Auxiliartruppen nicht zusätzlich (»supplementary«) zur Legion hinzuzurechnen sind, sondern die Legion (»complementary«) ergänzten.616 Augustus hat diesen Zustand übernommen und ging einen Schritt weiter, indem er begann, auch römische Bürger für die Hilfstruppen zu rekrutieren, woraus sich Spezialeinheiten wie etwa die cohortes civium Romanorum bildeten.617 Zudem gab es Soldaten, die aus den Legionen zu den auxilia wechselten.618 Ein Element der Romanisierung der Bevölkerung eroberter oder der an die Provinzen angrenzenden Gebiete war es, Peregrine aus bestimmten Stämmen für die auxilia zu rekrutieren, um gleichzeitig deren eigene militärischen Kapazitäten zu verringern.619 G.R. Watson weist in dem Zusammenhang darauf hin, dass die Vermischung von römischen und peregrinen Soldaten in den Hilfstruppen längerfristig zu einer »gradual elimination of the most obvious distinction between the legions and the auxilia«620 führte. Die durch ihre Soldateneigenschaften integrierten Peregrinen wurden in Folge auch juristisch römische milites: Bereits unter Augustus fanden erste Bürgerrechtsverleihungen an Auxiliarsoldaten statt.621 Der Dienst im Heer war für diese »wie eine Maschine zur Verleihung des Bürgerrechts«622. Die Integration von Peregrinen durch die Armee hatte zur Folge, dass Söhne rekrutiert wurden, deren Volk die Einrichtung der patria potestas aufgrund der Nichtanwendbarkeit des römischen ius civile623 gar nicht kannte624. Fayer motiviert, dass das peculium castrense als »Eigenvermögen« ein Zugeständnis an die römischen filii familias war, die im Vergleich zu ihren peregrinen Kameraden kein eigenes Vermögen haben konnten:
615 616 617 618 619 620 621 622 623 624
Watson G.R., Soldier 15. Gilliver, Augustan Reform 193. Watson G.R., Soldier 16. Zur damit einhergehenden Soldverringerung Alston, Roman Military Pay from Caesar to Diocletion, JRS 84 (1994) 121. Bleicken, Augustus 552. Watson G.R., Soldier 16. Mathisen, Peregrini, Barbari, and Cives Romani: Concepts of Citizenship and the Legal Identity of Barbarians in the Later Roman Empire, The American Historical Review 111 (2006) 1013, 1026; Marotta, Das Bürgerrecht im römischen Kaiserreich (2010) 20–22. Le Bohec, Armee 109. Kaser, Das römische Privatrecht I 281. Vgl Gai inst 1,55, welcher nur den Galatern eine solche Herrschaft des Vaters zuschreibt; siehe auch Fn 163. Vgl dazu La Rosa, Peculii speciali 9: »Inoltre, a seguito dell’immissione dei provinciali nell’esercito, a volte si trattava di militari che avevano acquistato la cittadinanza romana soltanto all’atto del reclutamento e che quindi provenivano da un diverso ambiente giuridico«.
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»L’istituzione del peculio castrense trova la sua ragione d’essere nel fatto che nel periodo della crisi della repubblica e all’inizio del periodo imperiale il servizio militare si trasformò in un mestiere retribuito e la sempre più vasta immissione nell’esercito, divenuto professionale, di elementi provinciali provenienti da diverso ambiente giuridico fece sì che si dovesse tener conto della concezione diffusissima in Oriente che il filius familias potesse avere un proprio patrimonio«625.
Peregrine Soldaten hatten nicht die Möglichkeit, ein dominium ex iure Quiritium zu haben.626 Nun hatten sie aber die Möglichkeit, und zwar unter den gleichen Voraussetzungen wie jene unter der patria potestas stehenden filii familias milites, ihr Einkommen aus dem Militär zu beziehen. Wohl waren sie durch nachgebildete Klagen geschützt, möglicherweise stand dann in der Formel kein ex iure Quiritium, sondern ein bloßes eius esse.627 Was nun auch als Überlegung rechtspolitisch mit hineingespielt haben könnte, ist, dass Haussöhne als Soldaten im Vergleich zu Peregrinen prozessual zumindest genauso geschützt sein sollten.628 Es war faktisch schwer vorstellbar, dass der vom in der Legion stationierten Haussohn weit entfernte pater familias für seinen Sohn Prozesse führte. Die Hilfstruppen waren den aus römischen Bürgern rekrutierten Heeresteilen allerdings nicht völlig gleichgestellt. Es wird hier eine bewusste Politik sichtbar, die Legionäre besser zu behandeln als die Auxiliarsoldaten. So war zB die Besoldung der auxilia niedriger; genau bestimmen lässt sich der Unterschiedsbetrag mit einiger Sicherheit jedoch erst nach der generellen Solderhöhung des Domitian: Nach Speidel erhielt ab Domitian ein Auxiliarsoldat 5/6 des Soldes eines Legionärs.629 Die Benachteiligung der Hilfstruppen zeigt sich auch darin, dass Augustus die Auxiliarsoldaten (und auch die Flottenangehörigen) in seinem eigenen Testament gar nicht mit Vermögen bedachte, sie also nicht einmal erwähnte.630 Aus römischer Sicht trat jedoch dann die familienrechtliche Ungleichheit hinsichtlich der patria potestas evident zutage, wenn die Befehlshaber über die auxilia als Römer aus den Legionen (etwa dort als centurio) stammten.631 Bei der Besserstellung der Legionäre wäre auf der Mikroebene in castris der Haussohn innerhalb der römischen Soldaten wiederum benachteiligt gewesen, hätte er nicht die Verfügungsmöglichkeit über sein in castris erworbenes Ver625 626 627 628
Fayer, Familia romana, 260. Vgl Kaser, Das römische Privatrecht I 402. Vgl Kaser, Das römische Privatrecht I 402. Die Gerichtsbarkeit in Zivilrechtssachen über Soldaten hatte der jeweilige Statthalter inne. Dazu Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht 544f (mwLit). 629 Speidel, The Captor of Decebalus. A New Inscription from Philippi, JRS 60 (1970) 146f; ders, The Pay of the Auxilia, JRS 63 (1973) 141–147. 630 Siehe e contrario aus der Aufzählung der in Augustus’ Testament Bedachten in Cass Dio 56,32,2; Suet Aug 101,2; Tac ann 1,8,2. 631 Webster, Army 146f.
Rechtspolitische Motive
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mögen gehabt. Mit der Testierbefugnis über das peculium castrense fand insofern eine Nivellierung der Rechtslage aller (!) Befehlsunterworfenen statt. Eine ungleiche vermögensrechtliche Stellung wäre sonst in ein Spannungsverhältnis zur militärischen Autorität getreten. Man stelle sich vor, ein filius familias miles befehligte als (ungemein besser besoldeter) centurio632 rangniedrigere Kameraden, die Personen sui iuris waren und im Vergleich zu ihrem Vorgesetzten vermögensrechtlich nicht völlig abhängig von ihrem pater familias waren und eigenes Vermögen haben konnten. Es ist denkbar, dass solch eine rechtliche Schieflage die Autorität des centurio in Frage hätte stellen können. Die vermögensrechtliche Gleichstellung der römischen gewaltunterworfenen Haussöhne mit Soldaten der Auxiliartruppen aufgrund der Einführung der Testierbefugnis über das peculium castrense reihte sich in eine breitere Angleichung von Peregrinen an Römer ein. Bereits in der Republik wurden die Legionen auch in den Grenzgebieten ausgehoben, da den Provinzbewohnern nach und nach das Bürgerrecht verliehen worden war, sodass Junkelmann in dem Zusammenhang die Entwicklungslinie aufzeigt, »dass der Unterschied zwischen den bevorrechtigten Legionstruppen und den rechtlich zweitrangigen Auxilien allmählich zu einem rein theoretischen wurde, bis er ganz verschwand, als Caracalla in der constitutio Antoniniana vom Jahre 212 n Chr, das Bürgerrecht auf alle freien Bewohner des Reiches ausdehnte«.633 Die Verleihung des Bürgerrechts an Peregrine innerhalb des Heeres war damit ein weiterer Teil des »Assimilierungprozess[es]«634 der nichtrömischen Bevölkerungsteile. Die Erstreckung des Bürgerrechts auf alle Bewohner des Reichs durch die constitutio Antoniniana aus dem Jahre 212 n Chr635 vollendete in Folge hinsichtlich der Hilfstruppen nur das, was bereits vorgezeichnet war.636 Das Zusammenleben und -wirken von Peregrinen und Römern in den Truppen637 wird durch archäologische Funde bezeugt, welche bereits für die augusteische Zeit belegen, dass die Unterkünfte und Einrichtungen von Legionären und Auxiliarsoldaten innerhalb derselben Lagermauern lagen.638 632 Zu den (im Vergleich mit Soldaten niedrigeren Dienstgrades) unverhältnismäßig hohen Einkünften eines centurio siehe oben 51 mit Fn 267. 633 Junkelmann, Legionen 131. 634 Junkelmann, Legionen 100. 635 P Giss 40 = TM 19436 = Chrest Mitt 377; D 1,5,17 (Ulp 22 ed); Cass Dio 78,9,4–5. Dazu Corbo, constitutio Antoniniana. Ius – Philosophia – Religio (2013); Imrie, The Antonine Constitution. An Edict for the Caracallan Empire (2018). 636 Imrie, Antonine Constitution 81–98. 637 Selbst innerhalb des Korps der römischen Soldaten gab es schon in augusteischer Zeit ein differenziertes Gefüge der Herkünfte. Dazu Bleicken, Augustus 554. Zur »Provinzialisierung« der römischen Legionen siehe auch Forni, Reclutamento 65–75. 638 Siehe Le Bohec, Armee, Abbildung 31a des Lagers Novaesium (Neuss), mit Unterkünften einer Auxiliareinheit (Nr 22) innerhalb der Mauern des castrum. Das Lager selbst fällt in die
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Die Testierbefugnis des filius familias miles
6.5.
Die Zusammenschau mit dem Soldatentestament
Im Folgenden soll die von Meyer-Hermann aufgestellte These der »enge[n] Verknüpfung der besonderen Befugnis, über das peculium castrense verfügen zu können, mit dem allgemeinen Testierprivileg des testamentum militis«639, insbesondere deren »gemeinsame augusteische Urheberschaft«640 behandelt werden. Die Schlüsselstelle zum Soldatentestament (testamentum militis) ist: D 29,1,1 pr (Ulp 45 ed) Militibus liberam testamenti factionem primus quidem divus Iulius Caesar concessit: sed ea concessio temporalis erat. Postea vero primus divus Titus dedit: post hoc Domitianus: postea divus Nerva plenissimam indulgentiam in milites contulit: eamque Traianus secutus est et exinde mandatis inseri coepit caput tale. Caput ex mandatis: »Cum in notitiam meam prolatum sit subinde testamenta a commilitonibus relicta proferri, quae possint in controversiam deduci, si ad diligentiam legum revocentur et observantiam: secutus animi mei integritudinem erga optimos fidelissimosque commilitones simplicitati eorum consulendum existimavi, ut quoquomodo testati fuissent, rata esset eorum voluntas. Faciant igitur testamenta quo modo volent, faciant quo modo poterint sufficiatque ad bonorum suorum divisionem faciendam nuda voluntas testatoris.« Übersetzung: Als erster verlieh der vergöttlichte Julius Caesar den Soldaten die Fähigkeit, formfrei zu testieren; doch war diese Erlaubnis befristet. Der erste, der sie danach erneut erteilte, war der vergöttlichte Kaiser Titus; darauf der Kaiser Domitian. Anschließend hat der vergöttlichte Kaiser Nerva den Soldaten umfassende Vergünstigungen gewährt, und daran hat auch der Kaiser Trajan festgehalten, und fortan wurde ein entsprechendes Kapitel in die Dienstanweisungen aufgenommen. Das Kapitel aus den Dienstanweisungen lautet: »Da mir zur Kenntnis gebracht wurde, dass wiederholt von Kriegskameraden hinterlassene Testamente vorgelegt werden, die Anlaß zu Rechtsstreitigkeiten geben könnten, wenn sie mit der gesetzlich gebotenen Genauigkeit und nach den herkömmlichen Formvorschriften beurteilt würden, habe ich im Geiste lauterer Fürsorge für diese besten und treuesten Kameraden für richtig gehalten, auf deren Unerfahrenheit Rücksicht zu nehmen, so dass ihr letzter Wille verbindlich sein soll, wie auch immer sie ihr Testament verfaßt haben. Sie mögen Testamente errichten, wie sie es wollen; sie mögen es tun, wie sie es können, und der bloße Wille des Erblassers soll zur Verteilung seines Vermögens genügen«.641
augusteische Zeit und hatte Germanen in den auxilia; siehe dazu Gechter, Die Militärgeschichte am Niederrhein von Caesar bis Tiberius – eine Skizze, in Grünewald/Seibel (Hrsg), Kontinuität und Diskontinuität. Germania inferior am Beginn und am Ende der römischen Herrschaft. Beiträge des deutsch-niederländischen Kolloquiums in der Katholieke Universiteit Nijmegen (27. bis 30.06. 2001) (2003) 145–161. 639 Meyer-Hermann, Testamentum militis 67. 640 Meyer-Hermann, Testamentum militis 67. 641 Übersetzung: Schermaier, in Knütel/Kupisch/Rüfner/Seiler (Hrsg), Corpus Iuris Civilis V 141.
Rechtspolitische Motive
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Meyer-Hermann stellt die These auf, dass es sich beim Urheber des Soldatentestaments –trotz oder gerade wegen der Bezeichnung divus Iulius Caesar – um Augustus gehandelt haben könnte. Als Argument bringt Meyer-Hermann einerseits, dass auch Julius Caesar »in den Kaiserkult aufgenommen und als ›divus Iulius‹ bezeichnet [wurde]« aber auch Augustus als ›divi filius‹ angeführt worden wäre.642 In einem weiteren Schritt könnte laut Meyer-Hermann die Titulierung divus Iulius Caesar auch Augustus gemeint haben. Die Annahme, divus Augustus sei für den zur Zeit der Severer schreibenden Ulpian möglicherweise missverständlich (da mehrdeutig) gewesen, bleibt jedoch spekulativ, zumal MeyerHermann den Nachweis durch andere Quellen, in welchen Augustus so benannt wird, schuldig bleibt. Cäsar war für seine Feldzüge fraglos auf seine Armee angewiesen und bezeugte selbst Testamentserrichtungen in den Lagern.643 Andererseits führt Meyer-Hermann an, dass es in den Texten Cäsars keine Erwähnung der Testamentsform als auch keine Erleichterungen von diesen Formvorschriften gäbe.644 Zutreffend ist, dass bei Cäsar selbst kein Hinweis auf das konkrete Formtestament per aes et libram vorliegt.645 Die Nicht-Erwähnung des Formgeschäfts aes et libram läge für Meyer-Hermann jedoch daran, dass dieses Cäsar bloß vergessen bzw die Anführung dieser Testamentsform nicht für erheblich gehalten haben könnte und die strengen Formvorschriften sehr wohl verpflichtend eingehalten worden wären.646 Dagegen spricht jedoch der klare Wortlaut des obigen Textes in D 29,1,1 pr, der Cäsar als Urheber der Befreiung von rigiden Formvorschriften klar ausweist. Mit der Annahme, Augustus habe die Testaments-Formvorschriften für Soldaten erleichtert, weicht Meyer-Hermann mit seiner Interpretation ohne überzeugende Argumente vom Text ab. Cäsar habe laut Meyer-Hermann auch keine »Rechtsetzungsbefugnis« zur Einführung des testamentum militis gehabt, was auch in Zusammenhang mit der Befristung der Formerleichterung (sed ea concessio temporalis erat) gestanden sei.647 Die Erläuterung bzw Begründung dieses von Meyer-Hermann genannten Zusammenhangs bleibt dabei aber offen. Es ist evident, und das wird auch von Lehmann klar nachvollziehbar so angeführt, dass die in das ius civile einschneidende Bestimmung, dass Haussöhne testieren durften, die des »Ob« (nämlich ob Haussöhne überhaupt testieren dürfen) und nicht des »Wie« (also der Formvoraussetzungen des Soldatentestaments) war. Lehmann argumentiert, dass die beiden Bereiche »testamentum 642 Meyer-Hermann, Testamentum militis 8, – im Grunde ohne Beleg und gegen viele, uA Babusiaux, Erbrecht 184. 643 Caes Gall 1,39. Vgl Meier, Caesar (1982) 298–301. 644 Meyer-Hermann, Testamentum militis 55. 645 Vgl Caes Gall 1,39. 646 Meyer-Hermann, Testamentum militis 55. 647 Meyer-Hermann, Testamentum militis 56.
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militis« und »Testierbefugnis über das peculium castrense« nicht verwechselt oder gar in Beziehung zueinander gesetzt werden dürfen: Das testamentum militis beschäftigte sich nämlich mit Fragen der Form (dem »Wie«) und nicht mit Fragen der Befugnis an sich (dem »Ob«, ein solches überhaupt errichten zu dürfen).648 Für Fitting stellt sich die Befugnis der filii familias milites, über ihr peculium castrense letztwillig verfügen zu dürfen, »in seiner Entstehung als selbstständiges Privileg« dar.649 Guarino sieht, was die Wiedereinführung des Soldatentestaments betrifft, eine analoge Entwicklung zur Testierbefugnis der Haussöhne über das peculium castrense: so habe Nerva aufgrund laut der obigen Digestenstelle aufgrund seiner plenissima indulgentia das testamentum militis wiedereingeführt, so wie laut Guarino auch die Testierbefugnis über das peculium castrense.650 Soldatenstestament und Testierbefugnis der Haussöhne nach Inst 2,12 pr sieht Guarino an sich hingegen auch als unabhängig an.651 La Rosa grenzt klar die Formfreiheit hinsichtlich des Soldatentestaments von der Behandlung des peculium castrense des filius familias »come patrimonio proprio« ab.652 Testamentum militis und Testierbefugnis über das peculium castrense verfolgten also verschiedene Regelungszwecke, welche einander nicht bedingten. Das Soldatentestament war eine Formerleichterung aufgrund der Rechtsunkenntnis der Soldaten (imperitia653)gegenüber rigiden Testamentsvorschriften. Die Testierbefugnis des Haussohns über das peculium castrense hingegen war – vor dem Hintergrund der bereits oben dargelegten rechtspolitischen Motive – ein vom Soldatentestament unabhängiges Privileg der Haussöhne, über ihr peculium castrense letztwillig verfügen zu dürfen. Es bleibt festzuhalten, dass der Adressatenkreis bzw persönliche Anwendungsbereich der Regelung des ius testandi für Haussöhne ein grundlegend klar anderer war, als jener der Formerleichterungen von den allgemeinen Testiervorschriften, der alle Soldaten betraf. Die »enge Verknüpfung«654 und (auch
648 Lehmann, Eigenvermögen 266 Fn 270. Siehe auch Gai inst 2,114 = D 28,1,4. 649 Fitting, Castrense peculium 16–20, 17: »Es muss also anerkannt werden, dass Augustus die Testierbefugniss der gewaltunterworfenen Soldaten über ihr castrense peculium selbständig und unabhängig von den erst lange nach ihm wieder erneuerten allgemeinen militärischen Testierprivilegien eingeführt hat«. 650 Guarino, L’oggetto 69. 651 Guarino, L’oggetto 69. 652 La Rosa, Peculii speciali 14f, unterstreicht die verschiedenen Regelungsinhalte und damit die differenzierte Behandlung von Soldatentestament und peculium castrense: »(…) l’istituzione del p.c., invece, fu dettata da un’esigenza diversa (…)«. 653 Gai inst 2,114; Heumann/Seckel, Quellen 249. 654 Meyer-Hermann, Testamentum militis 67.
Zur vermögensrechtlichen Position des filius familias miles
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zeitliche) »Korrelationen«655 von peculium castrense und testamentum militis, wie sie von Meyer-Hermann postuliert werden, sind nicht ersichtlich.
7.
Zur vermögensrechtlichen Position des filius familias miles
Der filius familias miles hatte eine »partielle testamenti factio«656 über sein im Militärdienst erworbenes Vermögen. Diese Testierfähigkeit war nach Kaser eine »wenngleich gegenständlich noch eng begrenzte Durchbrechung der Vermögensunfähigkeit« der Haussöhne.657 Es passt auch zum von Sueton überlieferten Charakterzug der »Eile mit Weile«658 des bedachten und nicht überschnell vorgehenden Augustus,659 dass der zeitlich-persönliche Anwendungsbereich der Entscheidung des Augustus insofern eingeschränkt war und der Haussohn zunächst einzig als aktiver Soldat (und noch nicht wie dann unter Hadrian auch als Veteran)660 über das in castris erworbene Vermögen rechtsgültig ein Testament errichten konnte. Die Gewährung der dem Haussohn eingeräumten Testierbefugnis über sein peculium castrense war ein erster Einschnitt in das lang tradierte Familienvermögensrecht des ius civile: »This first transgression of traditional law brought a real revolution in the Roman family law.«661 Unverkennbar »[hat] Augustus somit erstmals eine scharf in die überlieferten Grundsätze des römischen Familienvermögensrechtes einschneidende Norm aufgestellt (…)«.662 Lehmann sieht hier noch »keinen so großen Einbruch ins römische Zivilrechtssystem«, sondern verortet diesen erst mit Ausgestaltung des peculium castrense in der Spätklassik.663 Hervorzuheben ist dabei, dass diese Testierfähigkeit alleine noch nicht ohne Weiteres seitens des Haussohns eine unbeschränkte Verfügungsgewalt über die castrensischen Sachen bedeutete. Fitting betont in dem Zusammenhang die »Unhaltbarkeit der gewöhnlichen Ansicht, wonach das C.P. [Cas655 656 657 658 659
660 661 662 663
Meyer-Hermann, Testamentum militis 70–74. Lehmann, Eigenvermögen 266. Kaser, Das römische Privatrecht I 344. Schulz, Prinzipien 58; wie überhaupt laut Schulz, ebda, iSd römischen Traditionalismus die »Eile mit Weile«-Vorgehensweise »eines echten Römers wie Augustus auch als Devise über der römischen Rechtsgeschichte stehen [könnte]«. Suet Aug 25,4: Nihil autem minus perfecto duci quam festinationem temeritatemque convenire arbitrabatur. Crebro itaque illa iactabat: σπεῦδε βραδέως. ἀσφαλὴς γάρ ἐστ’ ἀμείνων ἢ θρασὺς στρατηλάτης. et: »sat celeriter fieri quidquid fiat satis bene.«; Fitting, Castrense peculium 94. Dazu unten 123. Vial-Dumas, Parents, Children, and Law: Patria Potestas and Emancipation in the Christian Mediterranean during Late Antiquity and the Early Middle Ages, Journal of Family History 39 (2014) 309. Kaden, Rez zu La Rosa, Peculii speciali 215. Lehmann, Eigenvermögen 267.
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trense Peculium, Anm] vom ersten Anfange an juristisch als ein eigenes Vermögen des Haussohns gleich als eines paterfamilias gegolten hätte«664. Da erst Hadrian die Testierfähigkeit auch auf die gewaltunterworfenen Veteranen erweiterte, kann man unter Augustus die castrensischen Sachen noch nicht als Eigentum des filius familias ansehen. Denn nach erfolgter (ehrenvoller) Entlassung des noch lebenden filius familias fiel das peculium castrense dem Hausvater zu und wurde ohne ohne rechtliche oder faktische Beschränkung dem Eigenvermögen des Vaters zugeordnet. Es blieb somit ab diesem Zeitpunkt dem Hausvater überlassen, seinem filius familias mit diesen (oder auch anderen) Vermögenswerten ein reguläres, nicht-militärisches, sozusagen »ziviles« peculium nach Pekuliarrecht einzuräumen. Hatte der Haussohn also seinen Militärdienst absolviert, aber kein Testament errichtet, so waren die im Heer erworbenen Vermögensstücke uneingeschränktes Eigentum des pater familias: »Denn mit welchem Rechte hätte man aus einer solchen bloss zeitweiligen und vorübergehenden Testierbefugnis ohne weiteres auf Eigenthum schliessen dürfen?«665 Augustus sprach dem filius familias miles partout kein Eigentum an den castrensischen Sachen zu, sondern bewirkte die Verfügungsbefugnis des als Soldat dienenden Haussohns ausschließlich über das Testierrecht. Hatte der filius familias miles kein Testament über sein peculium castrense errichtet, so blieb ihm dieses Rechtsgeschäft nach seiner Tätigkeit als Soldat verwehrt. Wie in einem solchen Fall die praktische Ausfolgung der vormals castrensischen Gegenstände an den pater familias zu erfolgen hatte (insb der einbehaltenen Soldbeiträge) und wie ein Rechtsweg des pater familias bei Nichtausfolgung derselben gestaltet gewesen sein könnte, bleibt im Dunkeln. Aus den Quellen geht nichts Gegenteiliges hervor, dass ein bereits errichtetes Testament über das peculium castrense auch nach der Entlassung nicht gültig blieb. Allerdings ist das Verfahren der Inventarisierung der vermachten castrensischen Güter auch unter Einbindung der Militärbehörden für den Fall, dass der pater familias das peculium castrense wieder nach Pekuliarrecht besaß, auch hier unklar. Dem filius familias sofort Eigentum am militärischen Sondergut zugesprochen zu haben, hätte einen massiven Bruch mit dem althergebrachten ius civile sowie dem »allgemeinen Rechtsbewusstsein«666 dargestellt. Dies hätte auch dem stark verankerten Traditionalismus der Römer667 widersprochen: »Denn es ist doch gewiss im allerhöchsten Grade unwahrscheinlich, dass die Römer, die sonst so schonend und behutsam vorzuschreiten pflegten, gerade hier so ganz schroff und plötzlich mit festgewurzelten Anschauungen gebrochen haben sollten; dass sie, die 664 665 666 667
Fitting, Castrense peculium XII. Fitting, Castrense peculium 94, 99f. Fitting, Castrense peculium 93. Kaser, Das römische Privatrecht I 183f; Schulz, Prinzipien 57–73.
Zur vermögensrechtlichen Position des filius familias miles
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eben noch im Einklange mit dem allgemeinen Rechtsbewusstsein den Hauskindern die Möglichkeit eines jeden eigenen Vermögens abgesprochen, nun auf einmal ohne weiteres den Erwerb im Kriegsdienste für ein vollkommen eigenes und freies Vermögen des Haussohns gleich demjenigen eines paterfamilias sollten erklärt haben, und zwar auf Grund keines andern, als der blossen den Haussohn verliehenen Befugniss, über einen solchen Erwerb ein Testament zu errichten.«668
Die geringe Wahrscheinlichkeit, dass sich die römischen Juristen mit solchen Problemen anhand hoher (Rechts-)Fallzahlen auseinandersetzen mussten, geht wohl auch einher mit der allgemein hohen Sterblichkeit unter Soldaten, welche oft das Ende ihrer Dienstzeit nicht mehr erlebten.669 Nach Kaser lässt sich sachenrechtlich das Eigentum im vorklassischen und klassischen Recht »bestimmen als die privatrechtliche Vollherrschaft, die innerhalb der von der Rechtsordnung und der Privatautonomie gezogenen Grenzen jede rechtliche und tatsächliche Verfügung über die Sache gestattet«670. Nun könnte man als »durch die Rechtsordnung gezogene Grenze« jenen Rechtszustand begreifen, der das Vermögen des pater familias vom peculium castrense seines Sohnes abgrenzte. Dass jedoch abseits der Testierbefugnis dem filius familias miles nicht jede denkbare Verfügung gleich einem Eigentümer zugestanden war, ist ableitbar aus der bis in die Regierungszeit Hadrians (und darüber hinaus) reichende Juristenkontroverse, ob Schenkungen castrensischer Sachen von Todes wegen seitens des filius familias ohne Zustimmung des pater familias möglich waren.671 In der Anfangszeit kann noch nicht von Eigentum des filius familias am peculium castrense gesprochen werden. Die eigentumsrechtliche Entwicklungslinie hat sich in der Spätklassik verfestigt, wenn Papinian von proprietas am peculium castrense spricht: D 49,17,15,4 (Pap 35 quaest) Si servi pater usum fructum amiserit, cuius proprietatem in castrensi peculio filius habebat, plenam proprietatem habebit filius. Übersetzung: Wenn der Vater einen Nießbrauch an einem Sklaven verliert, den der Sohn als Eigentum im peculium castrense hat, hat der Sohn in Folge das volle (unbelastete) Eigentum.
Diese Stelle Papinians handelt von einem Sklaven, der sich im peculium castrense des Sohnes befindet und an welchem der Vater zunächst einen Nießbrauch (ususfructus) hat. Dieser Nießbrauch geht dann auf Seiten des Vaters verloren. 668 669 670 671
Fitting, Castrense peculium 93. Siehe auch Schulz, Prinzipien 58. Zur Lebenserwartung siehe oben 49. Kaser, Das römische Privatrecht I 400. D 39,6,15 (Iul 27 dig). Dazu Rüger, Die donatio mortis causa im klassischen römischen Recht (2011) 230f; Fitting, Castrense peculium 130.
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(Wie und von wem dem Vater der ususfructus eingeräumt wurde und aus welchem Grund der Nießbrauch verloren ging, ist für die Frage des Beleges eines Eigentums des Sohns am peculium castrense sekundär.672) In dieser Stelle geht es zwar nicht vordergründig um Eigentum des Sohnes an den castrensischen Sachen, sondern dass bei Erlöschen eines dem Vater eingeräumten Nießbrauchs an diesem Sklaven das Eigentum (proprietas) des Sohnes (iSd »Elastizität des Eigentums«673) wieder voll erstarkt. Es wird hier jedoch vorausgesetzt, dass der Haussohn das Eigentum an dem Sklaven hat. Papinian führt aus, dass die proprietas des Haussohns am Sklaven nach Wegfall des Nießbrauchs unbelastet bzw wieder »volles Eigentum« würde. Der Jurist diskutiert nicht die Eigentümerstellung an sich. Er erwähnt »nur beiläufig, dass der Sohn Eigentümer des Sklaven ist«674. Papinian führt mit Selbstverständlichkeit das »volle Eigentum« des Haussohns an, ohne näher darauf einzugehen, warum ein gewaltunterworfener Haussohn Eigentum haben kann. Dass Papinian das mit einer der patria potestas diametral entgegenstehenden Rechtsposition, nämlich »Eigentum des filius familias« macht, spricht für die zur Zeit des Juristen bereits erfolgte Etablierung eines solchen Eigentums des Haussohns. Es waren daher wahrscheinlich nicht erst die spätklassischen Juristen wie Papinian und Tryphonin, welche, wie Lehmann andeutet,675 das Eigentum am peculium castrense beim filius familias sahen. Das Fragment ist einer der ersten überlieferten Belege für die direkte Bezeichnung des peculium castrense des Haussohns als Eigentum – proprietas.676 Papinian war unter den römischen Juristen jedenfalls ein Vertreter der dazumal wohl mittlerweile herrschenden Meinung, dass der Haussohn und nicht der pater familias als Eigentümer des peculium castrense anzusehen ist.677
672 Mögliche Sachverhalte, die der Stelle zugrunde gelegen haben könnten zeigt Stepan, Scaevola noster 61. 673 Vgl Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht 140. 674 Stepan, Scaevola noster 61. 675 Lehmann, Eigenvermögen 273, ebda unter Verweis auf 207 mit Fn 46. Fitting, Castrense peculium 130–133, insb 131, verweist auf Ulpian und Paulus als »allerjüngste der klassischen Juristen«, hält aber bereits den Klassiker Marcellus als ersten Vertreter der Auffassung, dass das Eigentum am peculium castrense schon beim Haussohn lag, für möglich. 676 Vgl Fitting, Castrense peculium 152. 677 Wie zB der ältere Jurist Maecian; siehe dazu oben 18 mit Fn 33; Lehmann, Eigenvermögen 207. Beachte auch den Gebrauch des Begriffs dominium für Eigentum am peculium castrense im 18. Buch der disputationes des Tryphonin, Zeitgenossen von Papinian, D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp): Occurrebat enim non posse dominium apud duos pro solido fuisse. Zu den Lebensdaten dieser beiden spätklassischen Juristen siehe Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 234 Rz 24 und Kunkel, Juristen 224–230 (Papinian) und 231–233 (Tryphonin). Zur in D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp) von Tryphonin angesprochenen Analogie mit dem ius postliminii bzw der Frage eines »schwebenden« Eigentums des pater familias am peculium castrense zu Lebzeiten des Sohnes siehe Stepan, Scaevola noster 45–49; Fitting, Castrense peculium 266–271; Lehmann, Eigenvermögen 244–250.
III.
Fortbestand zwischen Augustus und Nerva?
1.
Die Geltung über Augustus’ Tod hinaus
Zwischen Augustus und Nerva werden in Inst 2,12 pr keine principes namentlich genannt.678 Das heißt aber nicht zwingend, dass in diesem zeitlichen Zwischenraum keine Testierfähigkeit der Haussöhne über ihr peculium castrense gegeben war. So bedeutet allein die Wendung tam…quam des Textabschnitts tantum militantibus datum est tam ex auctoritate divi Augusti quam Nervae nec non optimi imperatoris Traiani der genannten Quelle679 (in der Übersetzung »sowohl…als auch«) nicht, dass die Aufzählung der genannten principes unbedingt taxativ sei. Tam…quam lässt offen, ob nicht zur Zeit der Kaiser »dazwischen« die Rechtslage das peculium castrense betreffend nicht doch fortgalt. Fitting legt die Stelle in Inst 2,12 pr so aus, dass die Testierbefugnis über das peculium castrense nach dem Tod des Augustus nicht mehr galt und erst von Nerva und Trajan wieder neu gewährt wurde.680 Auch Guarino und Lehmann konstatieren, dass das ius testandi des Haussohns im Militärdienst erst nach Nerva (bzw laut Guarino nach Trajan) »tralaticio« – »tralatizisch« wurde.681 Guarino begründet dies mit dem Rechtsquellencharakter der Entscheidung des Augustus: es habe sich um keine generelle Norm, sondern um eine individuelle (Einzelfall-)entscheidung gehandelt, auf einen bestimmten Personenkreis zu-
678 Auch die Institutionen des Gaius, an welche sich die Institutionen des Justinian wohl auch hinsichtlich dieser chronologisch lückenhaften Namensaufzählung der principes stützen (siehe oben Fn 22) – gerade hier ist der Gaius-Text gar nicht erhalten –, sind nicht in ihrer ursprünglichen, unveränderten Fassung überliefert. Dazu Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 224 Rz 26. Zu den verschiedenen Handschriften der Gaius-Institutionen siehe Manthe, Institutiones 15–19. 679 Zum Text von Inst 2,12 pr siehe oben 15. 680 Fitting, Castrense peculium 10f, 20f, 92, 99. 681 Guarino, L’oggetto 69; Kaser, Das römische Privatrecht I 344; Lehmann, Eigenvermögen 266. Vorsichtiger, aber in die gleiche Richtung Fleckner, Peculium 229f: »His [i. e. Augustus] direct successors seem not to have maintained this innovation«.
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Fortbestand zwischen Augustus und Nerva?
geschnitten, deren Geltung mit dem Tod des princeps erloschen sei.682 Fitting setzt für seine These der Unterbrechung der Fortgeltung voraus, dass in UE 20,10683 das Wort mandatis gestanden sein könnte,684 also Augustus durch Dienstanweisungen entschieden hatte. Diese Anordnungen hätten die nachfolgenden principes zwecks Fortgeltung der Rechtslage ihrer Vorgänger wiederum in deren mandata aufnehmen sollen – was in Bezug auf das peculium castrense die principes nach Augustus bis exklusive Nerva laut Fitting eben nicht taten.685 Folgt man hingegen Behrends mit der Auffassung, dass das Heiratsverbot für Soldaten »wahrscheinlich in Form eines mandatum erging«686, so galt wohl auch hier ohne ausdrückliche Erneuerung die Rechtslage nach dem Tod des Augustus fort, wurde das Heiratsverbot doch erst wieder unter Septimius Severus aufgehoben.687 Liest man mandatis constituit in UE 20,10 technisch, so handelte es sich um eine Anweisung an die (militärische) Administration.688 Bei einem technischen Verständnis von mandatis constituit als Anweisung an die (militärische) Administration wäre der zeitliche Anwendungsbereich der mandata beschränkt
682 Guarino, L’oggetto 69. 683 Zum Text der Quelle siehe oben 21 aE. 684 Fitting, Castrense peculium 12f, im Anschluss an Schilling, Animadversionum criticarum ad Ulpiani fragmenta IV (1830) Sp 16. Fitting, Castrense peculium 10–12, rekonstruiert den Text und gibt Hinweise zur Autorenschaft der Abschriften. Im Übrigen hat die Frage, wie die Stelle zu lesen sei (nämlich ob Marcus oder mandatis im Text steht), für Fitting, Castrense peculium 12, eine »untergeordnete Bedeutung«, da die Urheberschaft des Augustus als gesichert gilt. Zur Aufschlüsselung der verschiedenen Versionen des Textes durch unterschiedliche Bearbeiter und Abschriften siehe Avenarius, Liber singularis 389. 685 Fitting, Castrense peculium 20. Siehe auch Meyer-Hermann, Testamentum militis 74. 686 Behrends, Militärdiplome 150, in Bezug auf D 23,2,65,1 (Paul 7 reg). Phang, The Marriage of Roman Soldiers (13 B.C. – A.D. 235): Law and Family in the Imperial Army (2001) 119–124, legt sich nicht fest und vermutet das Heiratsverbot in welcher Form auch immer in der disciplina Augusti. Cass Dio 53,15,4 erwähnt Dienstanweisungen des Augustus an die Reichsadministration im Jahre 27 v Chr als ἐντολαί. Mason, Greek Terms for Roman Institutions: A Lexicon and Analysis (1974) 43, 126f, 131, bezeichnet ἐντολαί als »formal equivalent« zu mandata. Dagegen Schiller, Roman Law: Mechanisms of Development (1978) 505, welcher darauf hinweist, dass ἐντολή nicht im technischen Sinn als griech Pendant zum römischen mandatum als Dienstanweisung aufgefasst werden kann, da ἐντολή auch »informelle Dienstanweisung« bedeuten kann. Mandate im frühen Prinzipat beschreibt Wieacker, Römische Rechtsgeschichte. Zweiter Abschnitt: Die Jurisprudenz vom frühen Prinzipal bis zum Ausgang der Antike (2006) 24f, als »individuelle oder allgemeine Anweisungen und Verordnungen (…) vor allem für die Heeresangelegenheiten und die Finanzverwaltung (…)«. Siehe auch Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 211 Rz 2 (Regelungen des »innere[n] Verwaltungsdienst[s]«). 687 Herodian 3,8,5. 688 Mandate waren im frühen Prinzipat laut Wieacker, Rechtsgeschichte II 24f, »individuelle oder allgemeine Anweisungen und Verordnungen (…) vor allem für die Heeresangelegenheiten und die Finanzverwaltung (…)«. Vgl Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 211 Rz 2.
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gewesen.689 Diesfalls hätte eine Wiederaufnahme durch den nachfolgenden princeps stattfinden müssen.690 Ob das Tiberius formell vornahm, ist nicht überliefert.691 Sherwin-White hingegen hält im frühen Prinzipat erlassene mandata überhaupt bloß für »a mixture of guiding principles, innovations, and occasional instructions«.692 Die Rechtsform der Regelung durch Augustus das peculium castrense betreffend bleibt offen. Allerdings sprechen, wie unten zu zeigen sein wird, historisch-faktische Argumente für eine Beibehaltung der augusteischen Rechtslage das peculium castrense betreffend. Kritisch zu sehen ist die Aussage Fittings, die Rechtsfigur des peculium castrense sei deshalb zwischen dem Tod des Augustus und dem Regierungsantritt Nervas nicht in Erscheinung getreten, weil die Juristen sich nicht schriftstellerisch mit ihr auseinandersetzen.693 Hier ist die Beobachtung von Jung zu bringen, dass die Juristen vor den Severerkaisern dem Militärrecht (das testamentum militis sowie peculium castrense ausgenommen) an sich wenig Beachtung schenkten.694 Daraus darf man aber nicht nach Jung fehlschließen, dass bestimmte, in der juristischen Bearbeitung »vernachlässigte« Gebiete des Militärrechts keine Geltung hatten. Die Armee war Grundpfeiler der Herrschaft und hatte den Charakter einer »persönlichen Armee«695 des princeps. Als Beispiele für das Fehlen der Auseinandersetzung in den Schriften der Juristen nennt Jung – abseits von Überlieferungsfragen – Probleme von Soldaten unterhalb des Offiziersranges696 sowie Rechtsfragen, die mit den unterschiedlichen Rechtsfolgen der Entlassungsformen der missio causaria/honesta (ehrenhafte Entlassung) und missio ignominiosa (schimpfliche Entlassung) zusammenhingen.697 (Die missio ignominiosa hatte allerdings auch schon vor den Severern zur Nichtigkeit des vom Soldaten errichteten Testaments geführt.698) Ein weiteres Beispiel für eine 689 De Francisci, Legislazione imperiale 203. 690 Sehr wohl müsste dann auch im Fall des Heiratsverbots für Soldaten vorausgesetzt werden, dass die Nachfolger die Regelung ihrerseits in ihre mandata aufgenommen hatten, da die Aufhebung erst unter Septimius Severus erfolgte. Es sprechen zudem keine Gründe dafür, warum ein Verbot (Unzulässigkeit von Soldatenehen) generell anders zu behandeln wäre als eine Privilegierung (Gewährung einer Testierbefugnis). 691 Fitting, Castrense peculium 20, nimmt eine solche Wiederaufnahme in die Mandate des Tiberius nicht an. 692 Sherwin-White, The letters of Pliny. A historical and social commentary (1966) 590. Dagegen Dell’Oro, »Mandata« e »litterae«. Contributo allo studio degli atti giuridici del »princeps« (1960) 38–61, welcher die mandata nur als Erweiterungen von Normen für die provinzielle Praxis ansieht, ohne innovativen Charakter. Siehe dazu Schiller, Mechanisms 504f. 693 Fitting, Castrense peculium 20. So auch Fleckner, Peculium 230. 694 Jung, Eherecht 342f. 695 Raaflaub, Militärreformen 277. 696 Dh unter der militia equestris. Vgl Jung, Eherecht 342. 697 Jung, Eherecht 342; Heumann/Seckel, Quellen 244. 698 »Ohne Zweifel« laut Jung, Eherecht 342.
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offenbar erst verspätete Auseinandersetzung der klassischen Juristen mit einem Rechtsinstitut ist die Ehegesetzgebung des Augustus, deren Regeln bis dahin zweifelsfrei auch durchgehend in Geltung waren.699 Ein Argument für die Fortgeltung des ius testandi des Haussohns, obwohl keine ausdrückliche Erneuerung durch Tiberius diesbezüglich überliefert ist, ergibt sich aus einer nichtjuristischen, dichterischen Quelle. Wenn man mit Adamietz davon ausgehen darf, dass Juvenal in seinen Satiren (feststellbar an Personen, die erwähnt werden) Zustände im Militär – darunter in der 16. Satire eben auch das peculium castrense700 – großteils zur Zeit des Domitian (Regierungszeit 81–96 n Chr) beschreibt (wenn nicht sogar davor),701 könnte auch die 16. Satire auf Gegebenheiten zutreffen, die bereits vor Nerva bestanden. In konkret diesem Fall würde sich auch die Verankerung des militärischen Sonderguts des Haussohns im Rechtsbewusstsein der Bevölkerung zeigen702 (das peculium castrense des Haussohns damit also zum Soldaten-Sein vor Nerva gehören), wenn gerade ein Satiriker mit breiterer Öffentlichkeitswirkung durch sein Unterhaltungsgenre und kein Fachjurist die Testierbefugnis des Haussohns über sein peculium castrense als Ausnahme von der patria potestas ansprach. In den Quellen gibt es keinen Hinweis auf eine ausdrückliche Suspendierung oder Befristung des ius testandi des filius familias miles. Das Soldatentestament hatte hingegen eine solche Befristung (ea concessio temporalis erat703). Das testamentum militis ist eine bloße Formerleichterung und kein Absprechen eines Rechtes schlechthin. Die Aufhebung dieser Vergünstigung führte daher zu keiner wesentlichen Verschlechterung der Rechtslage, allerdings zu Rechtsstreitigkeiten (arg quae possint in controversiam deduci bei Ulpian in D 29,1,1 pr). Eine Abschaffung der Testierbefugnis über das peculium castrense als materielle Vergünstigung (also die des »Ob«) wäre die schwerwiegendere Maßnahme gewesen. So dürfte die Aufhebung der Formerleichterungen des Soldatentestaments die filii familias milites704 weniger »geschmerzt« haben als der Wegfall der rechtlichen Möglichkeit, überhaupt, zur Befriedigung eines römischen Grundbedürf-
699 ZB ersichtlich allgemein etwa aus Jörs, Ehegesetze, und Mette-Dittmann, Ehegesetze. Eine Untersuchung im Rahmen der Gesellschaftspolitik des Princeps (1991); Memmer, Ehegesetzgebung des Augustus, in Olechowski/Gamauf (Hrsg), Studienwörterbuch Rechtsgeschichte und Römisches Recht4 (2020) 113. 700 Zum Text der 16. Satire Juvenals siehe unten 121 aE. 701 Adamietz (Hrsg), Juvenal: Satiren. Lateinisch – deutsch (1993) 449. Zur späteren Datierung der 16. Satire selbst (im Vergleich zu der vom Dichter in dieser Satire dargestellten Szenerie aus möglicherweise älterer Zeit) siehe unten 121 mit Fn 796. 702 Vgl Fitting, Castrense peculium 21, 19 mit Fn 11. 703 D 29,1,1 pr (Ulp 45 ed). Zum Text der Stelle siehe oben 98. 704 Wie auch die Veteranen, deren Befreiung von den formellen Testiervorschriften noch ein Jahr nach ehrenhafter Entlassung bestehen blieb. Dazu unten 126 aE.
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nisses, über das peculium castrense testieren zu dürfen.705 Ein Anlass, diese bei Haussöhnen zu durchbrechen, ist nicht überliefert. Zudem ist eine ausdrückliche Befristung bzw die Bezeichnung als temporalis für das ius testandi des Haussohns über sein peculium castrense quellenmäßig nicht belegt. Darin bestanden die substantiellen Unterschiede zwischen Soldatentestament und Testierfähigkeit des filius familias miles hinsichtlich der Geltung dieser Rechtsfiguren.
1.1.
Tiberius
Dem Nachfolger des Augustus, Tiberius (Regierungszeit 14–37 n Chr706), lag es daran, Kontinuität zwischen der augusteischen Herrschaft und seiner Regierung zu schaffen.707 Die Politik von Tiberius war retrospektiv, ohne Innovationen; sie stand im Zeichen der Konsolidierung.708 Jährlich legte er den Eid auf die bereits getroffenen Regelungen des Augustus ab und verpflichtete sich dadurch zu deren Beibehaltung und Vollziehung: Cass Dio 57,8,5 καίτοι ἐπὶ ταῖς τοῦ Αὐγούστου πράξεσι τούς τε ἄλλους πάντας ὥρκου καὶ αὐτὸς ὤμνυε. καὶ ὅπως γε ἐκδηλότερον αὐτὸ ποιοίη, παρεὶς ἂν τὴν νουμηνίαν καὶ μήτε ἐς τὸ βουλευτήριον ἐσελθὼν μήθ᾽ ὅλως ἐν τῇ πόλει τὴν ἡμέραν ἐκείνην ὀφθείς, ἀλλ᾽ ἐν προαστείῳ τινὶ διατρίψας, ἐσῄει τε μετὰ ταῦτα καὶ κατὰ μόνας ἐπιστοῦτο. Übersetzung: »Was freilich die Anordnungen des Augustus betraf, so ließ sie Tiberius von allen anderen beschwören und tat dies auch selbst. Und um die letztere Handlung noch deutlicher herauszustellen, ließ er den Neujahrstag verstreichen, ohne das Senatsgebäude zu betreten oder sich an jenem Tag überhaupt in der Stadt zu zeigen, er verbrachte vielmehr die Zeit in irgendeinem Vorort und kam erst dann nach Rom, wo er für sich allein den Eid leistete.«709
Darüber hinaus erneuerten die Soldaten (wohl die Prätorianergarde710) den einst gegenüber Augustus abgelegten Eid auch gegenüber dem neuen Herrscher.711 705 Zur bereits betonten immensen Bedeutung der Testamentserrichtung für die Römer siehe oben 46. 706 Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 70. 707 Vgl Seager, Tiberius 149. Grundlegend zum Wechsel der Herrschaft von Augustus auf Tiberius siehe Garzetti, L’impero da Tiberio agli Antonini (1960) 18–32. Zur Beibehaltung der Heerestruktur nach Augustus siehe Bobson, The Significance of the Centurion and ›Primipilaris‹ in the Roman Army and Administration, in ANRW II.1 (1974) 395. 708 Seager, Tiberius 149f. 709 Übersetzung: Veh (Hrsg), Cassius Dio 309. 710 Stäcker, Princeps und miles 294. Gerade bei dieser wollte sich Tiberius der Treue sicher sein, vgl Tac ann 1,7 und Suet Tib 24. 711 Cass Dio 57,3,2.
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Stäcker geht davon aus, dass wenn auch nicht gesichert sei, dass sich Tiberius unmittelbar nach Beginn seiner Herrschaft auch des Eides der Legionäre versicherte, der Schwur der restlichen Soldaten abseits der Prätorianer »bald nach Regierungsantritt erfolgt sein [dürfte]«.712 Der Beginn der Regierungszeit des Tiberius war geprägt von der Gefahr meutender Soldaten.713 Aufgrund dessen erscheint es naheliegend, dass Tiberius den Soldaten nicht weitere Restriktionen auferlegte.714 Explizit verkündete Tiberius, dass er die Handlungen als auch Worte seines Vorgängers Augustus wie ein Gesetz behandeln werde (qui omnia dicta factaque eius vice legis observem).715 Auf die Titel imperator sowie pater patriae verzichtete er hingegen.716 Dadurch trat ein Amtsverständnis zutage, dass den väterlichen Aspekt sowie den princeps als die Konkurrenzperson zum pater familias des filius familias miles in den Hintergrund treten ließ. Jedenfalls fand die Konnotation mit der patria potestas nicht so einen starken Ausdruck wie es unter Augustus erkennbar war. Die Ära des Tiberius war auch gekennzeichnet durch eine Politik zugunsten der Soldaten. So vollstreckte Tiberius das Testament des Augustus, in welchem den Soldaten die Zahlung von Donativen gewährt wurde: Jeder Prätorianer erhielt 1000 Sesterzen, den cohortes urbanae wurden je 500 Sesterzen vermacht; der Rest der Soldaten bekam pro Person 300 Sesterzen.717 Es lag somit sicher nicht im Interesse von Tiberius, das testamentarische vinculum iuris zwischen Augustus und seinen milites zu zerschneiden. Die erfolgte Auszahlung der Donative aus dem Nachlass des Augustus durch Tiberius bildete die Klammer, welche die Herrschaftsperioden des Augustus mit jener des Tiberius verband. Ein gleichzeitiges Außer-Kraft-Setzen der Testierbefugnis der Haussöhne über das peculium castrense, welches ja auch durch Donative gespeist wurde, hätte wohl die Treue der filii familias milites dem Tiberius als neuem princeps gegenüber belastet.718 So war es Tiberius, der »sein Monopol auf die Loyalität der Truppen (…) rigoros zu betonen«719 wusste.720 Damit kann man auch in Zusammenhang bringen, dass Tiberius aus eigenem Vermögen die Höhe der Donative verdop712 Stäcker, Princeps und miles 294f. 713 Vell 2,12,5; Campbell, Marriage 153f. 714 In Bezug auf die (zu verneinende) Urheberschaft von Tiberius das Heiratsverbot Soldaten betreffend Campbell, Marriage 154. 715 Tac ann 4,37. Dazu Kienast, Prinzipat 129f. 716 Suet Tib 26,5: Praenomen quoque imperatoris cognomenque patris patriae et civicam in vestibulo coronam recusavit; Cass Dio 57,8,1 und 58,12,8; Suet Tib 26,1–2; CIL XVI 123. Zu den denkbaren Gründen dieses Verzichts siehe Alföldi, Vater des Vaterlandes 98. 717 Cass Dio 56,32,2; Tac ann 1,8; Suet Aug 101,2; Raaflaub, Militärreformen 267f; Watson G.R., Soldier 107f. 718 Wesch-Klein, Soziale Aspekte 54. 719 Raaflauf, Militärreformen 269. 720 Cass Dio 58,18,3–4; Tac ann 6,3. Dazu eingehend und in Verbindung mit dem Sturz des Seians sowie meuternden Legionen Raaflauf, Militärreformen 269.
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pelte.721 Testamentarisch vermachte er die gleiche Summe wie sein Vorgänger Augustus.722 Andererseits gab es bei Tiberius sehr wohl Beschwerden über den Soldatendienst bis hin zu Meuterei723. Schließlich mussten die Soldaten, wie es der bisherigen Praxis entsprach, auch unter Tiberius noch für ihre Waffen selbst aufkommen, was den Unmut noch verstärkte.724 Auf der anderen Seite stand die Eidesleistung der Soldaten an ihren princeps Tiberius725 als »Erneuerung des sacramentum beim Kommandowechsel«726. Dadurch waren sie verpflichtet, dem princeps die Treue zu halten und ihr Leben in den Dienst der Armee zu stellen. Tiberius selbst wiederum war angehalten, keine Maßnahmen zu setzen, welche die Soldaten (noch mehr) vergrämen konnten. Gesamt wurde auf Inschriften727 und auch bei den antiken Autoren728 Tiberius als optimus princeps angeführt.
1.2.
Die principes nach Tiberius
Auch das Verhältnis von Tiberius’ Nachfolger Caligula (Regierungszeit 37– 41 n Chr729) zu seinen Soldaten schien zumindest in der ersten Hälfte seiner Herrschaft nicht von gegenseitiger Abneigung geprägt gewesen zu sein. Immerhin bezeichnete er sich als castrorum filius et pater exercituum730, präsentierte sich aber etwa in Münzdarstellungen weniger in militärischer Funktion als gemeinhin angenommen.731 Er senkte zwar die Summe der Auszahlung des praemium militiae,732 erhöhte aber den Sold der Prätorianer nochmals um 250 Denare.733
721 Suet Tib 48,2. 722 Wesch-Klein, Soziale Aspekte 54. 723 Laut Tac ann 1,16,3–17,4, schilderte ein gewisser Percennius, der seine Kameraden zur Meuterei aufstacheln wollte, die Erschwernisse des Soldatendienstes. Siehe insb Tac ann 1,17,4: Enimvero militiam ipsam gravem, infructuosam: denis in diem assibus animam et corpus aestimari: hinc vestem arma tentoria, hinc saevitiam centurionum et vacationes munerum redimi. 724 Tac ann 1,17,6; Le Bohec, Armee 252. 725 Cass Dio 57,3,2. 726 Herrmann, Der römische Kaisereid. Untersuchungen zu seiner Herkunft und Entwicklung (1968) 101. 727 ZB CIL VI 93 und XI 3872. 728 Vell 2,12,5; Val Max 2 pr. 729 Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 79. 730 Suet Cal 22,1. 731 Dazu Brackmann, Die militärische Selbstdarstellung des Caligula. Das Zeugnis der Münzen im Widerspruch zur antiken Geschichtsschreibung, Gymnasium 112 (2005) 375–383. 732 Suet Cal 44,1; durch Caracalla wieder angehoben, siehe Cass Dio 78,24,1; Schmetterer, Rechtliche Stellung 90f. 733 Cass Dio 59,2,1 und 3.
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Fortbestand zwischen Augustus und Nerva?
Der auf Caligula folgende Claudius734 (Regierungszeit 41–54 n Chr735) war im Verhältnis zur Armee beim Regierungsantritt völlig unerfahren, baute aber rasch ein Vertrauensverhältnis zu den Soldaten auf und kümmerte sich um deren Gunst.736 So gewährte er ihnen Prämien bzw Donative.737 Nichts sprach hier gegen die Gleichbehandlung aller Soldaten. Claudius stärkte auch das gewöhnliche, nichtmilitärische peculium des Haussohns dadurch, dass es für den filius familias im Falle der Pfändung durch den Fiskus separiert wurde: D 4,4,3,4 (Ulp 11 ed) (…) magis enim patris quam filii interest, licet aliquo casu ad filium peculium spectet: ut puta si patris eius bona a fisco propter debitum occupata sunt: nam peculium ei ex constitutione Claudii separatur. Übersetzung: »(…) das Sondergut besteht nämlich mehr im Interesse des Vaters als des Sohnes, obwohl es in bestimmten Fällen dem Sohn gehört, zum Beispiel wenn das Vermögen seines Vaters wegen dessen Schulden vom Fiskus in Beschlag genommen worden ist; denn dann wird nach einer Konstitution des Kaisers Claudius das Sondergut zugunsten des Sohnes abgetrennt.«738
Diese Quelle passt zur rechtspolitischen Tendenz, den Haussohn in kleinen Schritten gegenüber seinem pater familias selbstständiger bzw dessen Position vermögensrechtlich von seiner domus unabhängiger zu machen. Eine Aufhebung des ius testandi des Haussohns im Militär durch Claudius hätte dieses Bestreben wohl konterkariert. Die Armee hatte mittlerweile in ihrer Beziehung zum princeps den »Charakter (…) einer persönlichen Armee«739 erreicht. Unter Nero (Regierungszeit 54– 68 n Chr740) kam die securitas Augusti als »Sicherung von Macht und Herrschaft«741 für den Kaiser durch das Heer vollends zur Geltung.742 Um das Verhältnis Neros zur Armee war es aber äußerst schlecht bestellt, uA aufgrund unbegründeter Hinrichtungen von führenden Kommandanten sowie einer generell unmotivierten und losen Beziehung zu den Legionen.743 Soweit anhand der überlieferten Quellen überblickbar, war Neros Verhalten den Soldaten gegenüber 734 735 736 737 738 739 740 741 742 743
Nennung als optimus princeps in CIL X 1401; Plin epist 8,6,10 und 13. Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 82. Raaflaub, Militärreformen 305. Tac ann 12,41,3; Suet Nero 7. Übersetzung: Kupisch, in Behrends/Knütel/Kupisch/Rüfner/Seiler (Hrsg), Corpus Iuris Civilis II 377. Raaflaub, Militärreformen 277. Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 88. Raaflaub, Militärreformen 277. Raaflaub, Militärreformen 277 Fn 65. Zur Zeit des Vierkaiserjahres war die securitas Augusti laut Raaflaub, ebda, »zum festen Bestandteil der kaiserlichen Ideologie geworden«. Siehe Raablaub, Militärreformen 305f (mwLit).
Die Geltung über Augustus’ Tod hinaus
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jedoch faktischer und kaum rechtlicher Natur. Eine durch den princeps aktive Aufhebung des ius testandi der Haussöhne und überhaupt die Unterbrechung der Fortgeltung von rechtlichen Soldatenprivilegien ist in den Quellen jedenfalls nicht einmal mittelbar ersichtlich. Im auf die Herrschaft Neros anschließenden Vierkaiserjahr 68/69 n Chr kämpften die Usurpatoren Galba, Otho, Vitellius, und Vespasian um die endgültige Herrschaft (Vespasian konnte diese schlussendlich für sich behaupten).744 Aus der Tatsache, dass Kaiser Galba bei den Soldaten verhasst war, weil er ihnen keine Donative ausgab (mit seiner Begründung, dass er »Soldaten rekrutiere und nicht kaufe«745), kann man auch mangels Hinweisen in den Quellen nicht schließen, dass er die bisherige Rechtsstellung der Soldaten nachteilig beschnitt. Die Soldaten des nachfolgenden Kaisers Otho sprachen ihren princeps als »Vater« an, in dem Zeitpunkt als sie versuchten, diesen am Selbstmord zu hindern.746 Kaiser Vitellius genoss ebenso hohes Ansehen in der Armee.747 Kontinuität, aber auch Stabilisierung nach den Turbulenzen des Vierkaiserjahres zeigen sich auch durch die lex de imperio zur Zeit Vespasians, in welcher Vespasian (Regierungszeit 69–79 n Chr748) die Amtsbefugnisse seiner Vorgänger übertragen erhielt.749 Im Gesetz fällt auf, dass nicht alle principes vor Vespasian genannt werden.750 Insbesondere wurden jene Kaiser wie Nero und Domitian ausgelassen (wiewohl in Inschriften je als optimus princeps angeführt751), sowie Caligula,752 welche alle der damnatio memoriae anheimgefallen waren.753 Übrig,
744 Zum Vierkaiserjahr allgemein siehe etwa Morgan, 69 A.D.: The Year of Four Emperors (2006). Zu den Zeitdaten dieser in dem Jahr mitunter parallel machtausübenden Usurpatoren Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 94–104. 745 Suet Galb 16; Le Bohec, Armee 245. 746 Cass Dio 64,14,1: οἱ δὲ δὴ στρατιῶται, ἐξ ὧν ἤκουον, καὶ ἐθαύμαζον ἅμα καὶ ἠλέουν εἴ τι πείσοιτο, καὶ δάκρυσί τε ἔκλαιον καὶ ἐθρήνουν, πατέρα τε ἀνακαλοῦντες καὶ παίδων καὶ γονέων φίλτερον ὀνομάζοντες. 747 Suet Vit 7f. 748 Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 101. 749 Tac hist 4,3,3: at Romae senatus cuncta principibus solita Vespasiano decernit; Waldstein/ Rainer, Rechtsgeschichte 182 Rz 6; Gallo, »Princeps« e »ius praetorium«, Rivista di Diritto Romano I (2001) 7–10, https://www.ledonline.it/rivistadirittoromano/allegati/dirittoroma no0102gallo.pdf (abgerufen am 07. 03. 2020); Baumann, Lawyers and Politics in the Early Roman Empire: A Study of Relations between the Roman Jurists and the Emperors from Augustus to Hadrian (1989) 15 Fn 57 (mwLit). 750 Siehe dazu Brunt, Lex de imperio Vespasiani, JRS 67 (1977) 103f. 751 Krüpe, Die Damnatio memoriae – Über die Vernichtung von Erinnerung. Eine Fallstudie zu Publius Septimius Geta (189–211 n. Chr.) (2011) 150–153 (Nero) und 159–165 (Domitian); CIL X 7852 (Nero); CIL X 444 (Domitian). 752 Krüpe, Damnatio memoriae, 143–150; Cass Dio 60,22,3 (Einschmelzen von Münzen). 753 Zur Einteilung in »beste« (optimi) und »schlechteste« (pessimi) bzw »schlechte« (mali) principes sowie deren mitunter auch ironische Nennung als optimi principes siehe Nauta, Mali principes. Domitian, Nero und die Geschichte eines Begriffes, in Bönisch-Meyer/
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bzw von der damnatio memoriae nicht betroffen blieben Augustus, Tiberius und Claudius. Vespasian war selbst im Militär, als Soldat mehrfach kampferprobt und kannte (im Vergleich zu Claudius) das Metier sehr gut.754 Eine der Legionen, mit welchen Vespasian um die Macht ritterte, wurde von seinem Sohn kommandiert.755 Auch wenn man nicht weiß, ob dieser emanzipiert war, liegt nahe, dass diesem ob seiner hohen Position auch das peculium castrense zur Verfügung belassen wurde – die Quellen berichten nichts Gegenteiliges. In der Zusammenschau ergibt sich, dass trotz der Wirren des Vierkaiserjahres sich kontinuierlich die gegenseitige, wohlwollende Nähe der verschiedenen Kaiser zu ihren Soldaten zeigte und die rechtliche Sonderbehandlung der milites allgemein nicht in Gefahr zu sein schien. Titus (Regierungszeit 79–81 n Chr756) führte das – im Vergleich zum peculium castrense – zuvor ausdrücklich befristete testamentum militis wieder ein.757 Für ihn war wohl auch ausschlaggebend, dass man Kameraden testamentarisch als Erben einsetzen konnte.758 Unter Domitian (Regierungszeit 81–96 n Chr759) fand eine Solderhöhung statt.760 Domitian war unter den Soldaten außerordentlich beliebt und diese dementsprechend über den Tod Domitians bestürzt.761 Damit liegt eine Abschaffung des Privilegs des ius testandi des Haussohns durch Domitian aufgrund des guten Verhältnisses zu seinen Soldaten ebenfalls nicht nahe. Aufgrund der dargebrachten historischen Argumente, nach welchen seitens der principes keine naheliegenden Gründe vorgelegen haben könnten, dem im Militär dienenden Haussohn sein Privileg der Testierbefugnis über sein peculium castrense wieder zu nehmen, kann vermutet werden, dass es sich bei der Nennung von Augustus, Nerva und Trajan in Inst 2,12 pr um eine nur demonstrative Aufzählung handelt. Die lex de imperio Vespasiani ist ein Beispiel für ein Gesetz, in welchem möglicherweise begründet nur eine demonstrative Aufzählung der »guten« Herrscher vor Vespasian vorgenommen wird. Diese Nennung der Herrschernamen kann man wie auch in Inst 2,12 pr bei der Erwähnung der ausgewählten principes, welche – dem Wortlaut nach quasi jeder aufs Neue –
754 755 756 757 758 759 760 761
Cordes/Schulz/Wolfsfeld/Ziegert (Hrsg), Nero und Domitian. Mediale Diskurse der Herrscherrepräsentation im Vergleich (2014) 25–40. Etwa im römisch-jüdischen Krieg (66–70/74); siehe dazu zB Flav Jos bell Iud III 8–10; Levick, Vespasian2 (2017) 61. Levick, Vespasian 59. Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 105. D 29,1,1 pr (Ulp 45 ed). Zum Text der Stelle siehe oben 98. Vgl Meyer-Hermann, Testamentum militis 94. Kienast/Eck/Heil, Kaisertabelle 109. Vgl dazu und zur strittigen Frage, ob mit der Solderhöhung des Domitian eine Erhöhung des praemium militiae einherging Wesch-Klein, Soziale Aspekte 185 Fn 34. Suet Dom 23,1.
Die »Erneuerung« durch Nerva
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Haussöhnen die Testierbefugnis über das peculium castrense gewährt haben sollen, als eine doch bloß beispielhafte Auflistung lesen. Der Grund für die fehlende Nennung der principes zwischen Augustus und Nerva bzw der möglicherweise bloß demonstrativen Aufzählung von Augustus, Nerva und Trajan in Inst 2,12 pr kann nicht gesichert angegeben werden. Eine weitaus trivialere Erklärung für die Auslassung bestimmter Herrscher im Text könnte auch sein, dass die Abschrift des entsprechenden Abschnitts der Gaius-Institutionen762, welche möglicherweise die Grundlage für die Verfasser der justinianischen Institutionenstelle bildete, diesen bereits unvollständig vorlag.
2.
Die »Erneuerung« durch Nerva
Die Wiederaufnahme der Testierbefugnis über das peculium castrense wird in Inst 2,12 pr nicht in der Klarheit beschrieben wie in obiger Ulpian-Stelle763 zum Soldatentestament. Weder wird Nerva als »erster« erwähnt, der sie den Haussöhnen wiedergewährt hat, noch wird explizit eine Befristung (temporalis) angeführt. Stagl begründet die zeitliche Begrenztheit des Soldatentestaments damit, dass Caesar und dann in weiterer Folge die principes die Begünstigungen als ihre eigenen »verkaufen« wollten, diese somit nicht nur erneuerten, sondern den Schein erweckten, sie (wieder-)einzuführen.764 So folgten Domitian, Nerva und Trajan zeitlich auf Titus, der das Soldatentestament zuerst neu eingeführt hatte. Es liegt jedoch nahe, dass die Titus nachfolgenden principes eher bestrebt waren, Vergünstigungen ex cathedra als neue Herrscher ihren Soldaten quasi neu zu präsentieren.765 Aufgrund des gleichen Regelungsinhaltes (Soldatenprivilegien) kann vermutet werden, dass auf diese Weise auch mit dem ius testandi des filius familias miles über das peculium castrense verfahren wurde, Nerva dieses aus politischen Gründen also als sein eigenes »Geschenk« an die gewaltunterworfenen Soldaten verkündet haben könnte.766 Der in der justinianischen Institutionenstelle 2,12 nach Augustus und der darauffolgenden »Lücke« genannte Nerva suchte offenbar breiten Konsens für 762 Zu den Gaius-Institutionen als Vorlage für die Institutionen des Justinian siehe oben Fn 22 und unten Fn 678. 763 D 29,1,1 pr (Ulp 45 ed). Zum Text der Stelle siehe oben 98. 764 Stagl, Das testamentum militare in seiner Eigenschaft als ius singulare, Revista de Estudios Histórico-Jurídicos 36 (2014) 142: »Er [Cäsar] und seine Nachfolger wollten die Privilegien knapp und damit wertvoll halten«. 765 Vgl Meyer-Hermann, Testamentum militis 26f. 766 Gegen Guarino, L’oggetto 123, der eine Analogie von testamentum militis und peculium castrense hinsichtlich der Wiedereinführung einer Ausnahmebestimmung, aber nicht Wiederverkündung sieht, sodass das peculium castrense erst ab Nerva und Traian durchgehend in Geltung war. Siehe auch oben Fn 681.
116
Fortbestand zwischen Augustus und Nerva?
seine Herrschaft unter den Soldaten. Dies zeigt sich durch einen Münzfund, der belegt, dass nach der Regentschaft des Domitian und der anschließenden Nachfolgerkrise767 die Eintracht von einst rivalisierenden Armeeteilen und Herrscher wiederhergestellt wurde (CONCORDIA EXERCITVVM768). Die Heeresorganisation und -struktur der ersten beiden Jahrhunderte n Chr übernahm Nerva weitgehend unverändert und die Stationierung der Truppen an den Grenzen des Reichs wurde beibehalten.769 Angesichts dessen, dass Nervas Vorgänger Domitian unter den Soldaten hohes Ansehen genoss770, war Nerva auch wegen des a priori bestehenden Spannungsverhältnisses zwischen dem neuen princeps und der Armee771 gefordert, sein Verhältnis zur Armee wieder ins rechte Lot zu bringen.772 Auch das Rechtsinstitut des Soldatentestaments konnte Nerva zwar theoretisch wiederverkündet,773 aber dadurch auch nur »stabilisiert« haben. (Schließlich gingen ihm insofern Titus und Domitian vor.774) Im Zuge der Herstellung eines Vertrauensverhältnisses des princeps zu seinen Soldaten ist vorstellbar, dass durch Nerva auch Soldatenprivilegien bloß nochmals promulgiert, aber nicht formell neu eingeführt worden sind. So verkündet
767 Siehe dazu allgemein Grainger, Nerva and the Roman succession crisis AD 96–99 (2004). Monographien zu Nerva sind generell sehr spärlich. Neben Garzetti, Nerva (1950), ist rezent aus dem Bereich der Numismatik zu nennen Elkins, The Image of Political Power in the Reign of Nerva, AD 96–98 (2017). 768 Mattingly, Coins of the Roman Empire in the British Museum III: Nerva to Hadrian (1936) 4–7. Elkins, Image 15f; Garzetti, Nerva 35 Fn 2. Grainger, Nerva 35: »(…) as much a hope as an actuality«. Abbildung der Münze in Elkins, Image 40. Zur Numismatik als »Hilfswissenschaft der Rechtsgeschichte« siehe Wenger, Die Quellen des römischen Rechts (1953) 901–908. 769 Die Verteilung der Legionen 96 n Chr ist bildlich dargestellt in Grainger, Nerva, xix; Raaflaub, Militärreformen 250: »(…) permanente Organisation (…) die während rund zweier Jahrhunderte fast unverändert in Kraft blieb (…)«. 770 Siehe dazu oben 114. 771 Grainger, Nerva 24 (mwLit). 772 Elkins, Image 1: »Nerva’s most significant challenge was, however, military unrest following Domitian’s assassination«. Noch im Jahre 97 forderten die Prätorianer von Nerva die Bestrafung der Verschwörer, welche den Tod des Domitian zu verantworten hatten. Siehe dazu Cass Dio 68,3,3; Plin pan 6,1; Vict Caes 12,6–8. Dazu Sommer, Römische Geschichte II. Rom und sein Imperium in der Kaiserzeit (2009) 188f. Zur Machtübernahme Nervas siehe Garzetti, Nerva 31–42. Zur Stabilisierung der schwachen Bindung des Kaisers zur Armee (uA mangels eigener soldatischer Erfahrung Nervas) innerhalb der kurzen Regierungszeit bis zu seinem Tod hat auch die Adoption sowie Erhebung des erfolgreichen Feldherrn (und nachfolgenden Kaisers) Trajan zum Mitregenten beigetragen; siehe Cass Dio 68,3,3–4. Dazu ausführlich und mit Nennung weiterer Quellen Garzetti, Nerva 55f, 81–97. 773 D 29,1,1 pr (Ulp 45 ed). Zum Text der Stelle siehe oben 98. 774 Ähnlich wie Nörr, Die Entstehung der longi temporis praescriptio. Studien zum Einfluß der Zeit im Recht und zur Rechtspolitik in der Kaiserzeit (1969) 74f, nicht ausschließt, dass Septimius Severus die bisherige Praxis der Ersitzung durch longi temporis praesciptio aufgrund eines Reskripts (FIRA I2 438f = BGU I 267) nur festigte.
Die »Erneuerung« durch Nerva
117
wurde von Nerva möglicherweise auch das ius testandi der Haussöhne über das peculium castrense.
IV.
Die Weiterentwicklung unter Hadrian
1.
Allgemeines
Die Auseinandersetzung der Juristen mit dem peculium castrense setzt nachweisbar erst mit dem Juristen Julian unter Hadrian775 ein. Hadrian selbst besuchte im Rahmen seiner weitgesteckten Reisen regelmäßig die Truppen.776 Sein persönliches Erscheinen in den castra ermöglichte den direkten Kontakt des Kaisers zu seinen Legionen sowie den einzelnen Soldaten und »[wurde] zu seinem persönlichen Markenzeichen«777. Sinn und Zweck der Reisetätigkeit war die unmittelbare Auseinandersetzung des Kaisers mit Problemen organisatorischer und militärischer Natur sowie das Beseitigen von Missständen vor Ort.778 Der Kaiser wollte sich ohne Umwege und Boten selbst bis in Detailbereiche ein Bild machen, wie zB die Lagerbestände der Heeresversorgung bzw des Nachschubs.779 Hadrian wurde von den Soldaten hochgeschätzt.780 Somit ist nachvollziehbar, dass die Erweiterungen das peculium castrense betreffend im Lichte des besonderen Nahe- und Fürsorgeverhältnisses Hadrians zu seinen Soldaten781 zu verstehen sind. In diesem Kontext steht eine den Soldaten gegenüber vorgenommene »menschlichere Auslegung« (humanior interpretatio) des Hadrian. So 775 Überliefert sind D 39,6,15 (Iul 27 dig) und D 38,2,22 (Marc 1 inst); siehe bereits oben Fn 136. Zur Laufbahn Julians samt epigraphischer Belege siehe Kunkel, Juristen 157–166. 776 Cass Dio 69,9,1. Eine Übersicht der Reisen Hadrians bietet Sommer, Römische Geschichte II 174, 198–203. 777 Sommer, Römische Geschichte II 203. Eine Rede Hadrians vor der Truppe in Form einer adlocutio, in welcher der Kaiser kraft seiner eigenen soldatischen Sachkenntnis und Erfahrung auf konkrete militärische Probleme und Übungen eingeht, ist belegt in CIL VIII 2532 (= ILS 2487) aus Lambaesis; dazu Stäcker, Princeps und miles 137–142 (mwLit); Sommer, Römische Geschichte II 199f. 778 Stäcker, Princeps und miles 135. 779 HA Hadr 11,1–2; Stäcker, Princeps und miles 134f, auch mit dem Verweis auf zahlreiche Münzfunde, die diese Truppenbesuche belegen (»exercitus-Münzen«). 780 HA Hadr 21,9. 781 Zum guten Verhältnis von Hadrian zum Heer siehe Galimberti, Adriano e l’ideologia del principato (2007) 95–122.
120
Die Weiterentwicklung unter Hadrian
legte Hadrian in einer im Jahr 119 an den ägyptischen Statthalter Ramnius Martialis gerichteten epistula die Regelung des ius civile, dass Kinder einer ungültigen Soldatenehe782 illegitim sind und dadurch nicht in die juristische Erbklasse der Blutsverwandten fallen sollten, im Vergleich zu seinen Vorgängern »gütiger« aus (Komparativ humanior interpretatio, φιλανθρωπότερον ἑρμηνεύω).783 Diese seine Interpretation führte dazu, dass die illegitimen Soldatenkindern doch als Intestaterben erben konnten,784 ihnen die bonorum possessio unde cognati zukam und der Nachlass eben nicht kaduk wurde und an die Legion785 fiel. Das Privileg bestand nicht in der Einführung eines beneficium im formellen Sinn, also eines innerhalb eines bestimmten persönlichen Anwendungsbereichs zugestandenen Rechts bzw »Rechtvorteiles«786, sondern darin, dass der princeps das Recht »gütiger«, »menschlicher« (humanior, φιλανθρωπότερος) auslegte.787 So kann es sich auch bei diesem Reskript um »einen Akt kaiserlicher Gnade, um eine menschenfreundliche Auslegung des bestehenden Rechts«788 handeln. Denkbar ist nun, dass diese »humane« Interpretation des Kaisers bzgl der hinterlassenen bona castrensia bei einem intestat verstorbenen filius familias miles (mit unehelichem Kind) in Konkurrenz trat zu der (eigentlich) nach Pekuliarrecht und antiquo iure einzutretenden Rechtsfolge. Diese war ja, dass der Vater das peculium castrense erhielt, wenn der Haussohn kein Testament darüber errichtet hatte.789 War nun ein uneheliches Kind des filius familias miles oder -veteranus vorhanden, so fiel es nicht unter die patria potestas des Großvaters, da es nicht in einem matrimonium iustum gezeugt war.790 Somit stellt sich die Frage, ob das uneheliche Kind oder der pater familias des verstorbenen Haussohns die bona castrensia erhalten sollte. Wohl kann man annehmen, dass Hadrian kein »overruling« der Regelung des ius civile vornahm, 782 Zum Heiratsverbot siehe oben 93. 783 BGU I 140 = Chrest Mitt 373 = FIRA I2 Nr 78, 428–430 mit lateinischer Rückübersetzung. Dazu Hausmaninger, »Benevolent« and »Humane« Opinions of Classical Roman Jurists, Boston University Law Review 61 (1981) 1149f; Wesch-Klein, Soziale Aspekte 101f; Meinhart, Ulp. D. 38,17,1,6. Ein Zeugnis für »Humana Interpretatio«, TR 33 (1965) 261f; Schiemann, Zur Rechtsstellung der Soldatenkinder in vor-severischer Zeit, in Benöhr/Hackl/ Knütel/Wacke (Hrsg), Iuris professio. Festgabe für Max Kaser zum 80. Geburtstag (1986) 233–244; Phang, Families 357f, 362; Galimberti, Adriano 107f. 784 D 38,8,1 pr (Ulp 46 ed). 785 Vgl D 28,3,6,7 (Ulp 10 Sab). Weiter bestätigt durch C 6,62,2 (Const, a 347) und 3 (Const, a 349) sowie CTh 5,6,1 (Const, a 347); Peretz, Military Burial and the Identification of the Roman Fallen Soldiers, KLIO 87 (2005) 130. 786 Kaser, Das römische Privatrecht I 211, wiewohl Kaser annimmt, dass beneficium sich aus der griechischen φιλανθρωπία ableitet. 787 So auch Jung, Eherecht 308. 788 Wesch-Klein, Soziale Aspekte 102. 789 D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp): si intestatus decesserit filius, postliminii cuiusdam similitudine pater antiquo iure habeat peculium retroque videatur habuisse rerum dominia. 790 Kaser, Das römische Privatrecht I 58.
Allgemeines
121
dass das peculium castrense an den Hausvater falle, wenn kein Testament des Haussohns vorliegt. Die humana interpretatio des Hadrian ging wohl also nicht so weit, dass der pekuliarrechtliche Grundsatz nach dem ius civile hier umgestoßen worden wäre. Diesen weiteren (und letzten) Schritt der Entwicklung, dass also, wenn kein Testament vorlag, auch Abkömmlinge des verstorbenen Haussohns sein peculium castrense erbten, setzte Justinian mit seiner Novelle 118. Für den Fall, dass der pater familias noch gelebt hätte und die Nachkommen des verstorbenen filius als die Enkel_innen des Hausvaters weiterhin unter seiner patria potestas gestanden wären, wäre laut justinianischem Recht diesen Kindern das peculium castrense wohl als bona adventicia791 zugekommen. Die Voraussetzung der Eigenschaft als bona adventicia als zugekommenes Vermögen »von anderer Seite«792 als dem hausväterlichen Vermögen wäre hier erfüllt worden, da die Kinder des verstorbenen filius aufgrund der rechtlichen Eigenständigkeit des peculium castrense die castrensischen Vermögenswerte (in dem Fall ohne Testament) gleichsam von einem Dritten erhalten hätten.793 Zur Zeit Hadrians war die Rechtsfigur des peculium castrense in ihren Grundfesten abgeschlossen und weitgehend ausgestaltet.794 Ein illustrer Beleg dafür, dass das peculium castrense den Haussohn in der Klassik anerkanntermaßen in eine vom pater familias unabhängige Vermögensposition ähnlich eines Emanzipierten bringen konnte,795 ist Juvenals (nicht gänzlich überlieferte) 16. Satire, welche »spätestens unter Hadrian geschrieben«796 wurde.797 Sie fasst am Ende treffend zusammen, wie das ius testandi das Haussohns über peculium castrense dazu führte, dass sich das Abhängigkeits- und Machtverhältnis von pater familias und filius familias zugunsten des filius familias umdrehte. So war nun der Hausvater eifrig bemüht, vom Sohn schlussendlich testamentarisch als Erbe des peculium castrense eingesetzt zu werden:798 Juv Sat 16 Solis praeterea testandi militibus ius vivo patre datur; nam quae sunt parta labore militiae, placuit non esse in corpore census, omne tenet cuius regimen pater. Ergo Coranum signorum comitem castrorumque aera merentem quamvis iam tremulus captat pater. Hunc favor aequus 791 Zu den bona adventicia siehe oben 86. 792 Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 368 Rz 20. 793 Der Hausvater hätte dann an diesen vom filius familias an die Enkel vererbten castrensischen Gütern wohl einen Nießbrauch gehabt; vgl C 6,60,1 (Iust, a 531). 794 Petrucci, Lezioni di diritto privato romano (2015) 39. 795 La Rosa, Peculii speciali 230. 796 Fitting, Castrense peculium XXVIII, 21 Fn 13. 797 Fitting, Castrense peculium 21, 19 mit Fn 11; Lehmann, Eigenvermögen 267f. 798 Vgl zur Erbeinsetzung des Vaters D 49,17,2 (Ulp 67 ed).
122
Die Weiterentwicklung unter Hadrian
prohevit et pulchro reddit sua dona labori. Ipsius certe ducis hoc referre videtur ut, qui fortis erit, sit felicissimus idem, ut laeti phaleris omnes et torquibus, omnes… Übersetzung: »Allein den Soldaten wird außerdem das Recht zum Testament bei Lebzeiten des Vaters gegeben; denn was durch die Mühe des Kriegsdienstes erworben wurde, sollte, so hielt man für richtig, nicht zur Masse des Vermögens gehören, über das der Vater die ganze Verfügungsgewalt hat. Folglich betreibt bei Coranus, der den Feldzeichen folgt und den Wehrsold verdient, der Vater Erbschleicherei, obwohl er schon zittrig ist. Jenen bringt die verdiente Anerkennung voran und gewährt seiner edlen Mühe ihre Auszeichnungen. Und gewiß scheint es im Interesse des Herrschers zu liegen, dass, wer tapfer ist, auch der Glücklichste sei, so dass alle über Medaillen und Ketten froh, alle…«799
Aus dem Text geht hervor, dass eine Reflexwirkung der Testierbefugnis des Haussohns über sein peculium castrense jene war, dass der Hausvater sich selbst darum zu kümmern hatte, als Erbe eingesetzt zu werden, sofern er den Sohn überleben sollte. Eine der Folgen des ius testandi des Haussohns war somit, dass der pater familias auf die Gunst seines filius, in der Satire des Coranus, angewiesen war, selbst wenn der Vater schon alt und »zittrig« gewesen sein sollte (Ergo Coranum signorum comitem castrorumque aera merentem quamvis iam tremulus captat pater). Adamietz kommentiert zum Text, dass es »ausnehmend verwerflich [ist], wenn der, zudem greise, Vater auf den Soldatentod des Sohnes spekuliert«, da es in der Regel schwer zu ertragen sei, wenn Eltern ihre Kinder überlebten.800 Jedenfalls erscheint es nicht als »absurd«, wie Clark schreibt,801 dass erstens ein Soldat zu einem beachtlichen Ausmaß an Vermögenswerten kommen konnte und zweitens der Hausvater sehr wohl ein Interesse hatte, als Erbe von seinem Sohn eingesetzt zu werden. Die Verfügungsbefugnis über das peculium castrense gestaltete sich fortan als Nachteil für den pater familias, ja als notwendig für den Haussohn, um das militärische Sondergut einem anderen übertragen zu können. Clark scheint aber in seiner Bewertung nicht die juristische Perspektive zu beachten, unter welcher dieser Abschnitt der 16. Satire zu 799 Lat Text- und Zeilenfassung sowie die folgende dt Übersetzung samt Einrückungen gem Adamietz (Hrsg), Juvenal 316–319. 800 Adamietz (Hrsg), Juvenal 445 Anm 22. 801 Clark, Juvenal, Satire 16: Fragmentary Justice, Illinois Classical Studies 13 (1988) 119.
Die Erweiterung auf gewaltunterworfene Veteranen
123
lesen ist: Der im Text der Satire angesprochene Coranus war offenbar gewaltunterworfener Haussohn. Ansonsten wäre es wohl entbehrlich gewesen, im Text von der Vermögensgewalt des Vaters zu sprechen (omne tenet cuius regimen pater), die eben durch die Testierbefugnis des Haussohns über die bona castrensia durchbrochen war; ist doch gerade der Ausnahmecharakter des ius testandi des Haussohns die Pointe dieses Satirenabschnitts. Auch galt unter Augustus noch die Regel, dass der Hausvater einen im Soldatendienst stehenden Sohn nicht enterben durfte,802 was den filius familias miles im Vergleich zu seinen nicht in der Armee dienenden status-Genossen weiter privilegierte und dazu die Rechtsstellung des Hausvaters schwächte. Die dem Sohn aus der patria potestas gegenüber seinem pater familias stets erfließenden sittlichen Pflichten iSd pietas, also der verecundia803 bzw reverentia (Ehrfurcht) und des obsequium804 (Gehorsams), bestanden selbstredend weiter.805 Das Leben des filius familias miles bestimmte ohnehin faktisch der Heeresbetrieb und kaum die domus. Mit dem Buhlen des Vaters um seinen Sohn, dass dieser ihn als Erben einsetzen möge, lag schlussendlich ein paradoxes soziales Ergebnis vor, das dem sittlichen Impetus der patria potestas deutlich widersprach. Juvenals 16. Satire zeichnet ein Bild der Umdrehung der Machtverhältnisse – wenn auch auf die Erbeinsetzung des Vaters beschränkt. Dadurch spiegelt zumindest ein Beispiel der satirisch-literarischen Welt wider, wie die Testiermöglichkeit für Haussöhne über das peculium castrense die väterliche Gewalt erodierte.
2.
Die Erweiterung auf gewaltunterworfene Veteranen
Mit der Erstreckung der Testierbefugnis über das peculium castrense auf (noch) unter Hausgewalt stehende Veteranen durch Kaiser Hadrian fiel die temporäre Beschränkung des augusteischen Privilegs.806 Dieses galt also fortan über die bloße Militärdienstzeit hinaus. Mit Gardner ist eine Absicht ersichtlich, dass die Erweiterung auch deshalb erfolgte, damit noch unter der patria potestas stehende 802 D 28,2,26 (Paul 3 sent): Filius familias si militet, ut paganus nominatim a patre aut heres scribi aut exheredari debet, iam sublato edicto divi Augusti, quo cautum fuerat, ne pater filium militem exheredet. 803 Siehe bereits oben 74 mit Fn 460. 804 Zu diesen beiden Pflichten Sachers, Potestas patria 1130f. 805 Nach wie vor auch für Soldaten; siehe D 37,15,1 pr (Ulp 1 op): Etiam militibus pietatis ratio in parentes constare debet: quare si filius miles in patrem aliqua commisit, pro modo delicti puniendus est. 806 Inst 2,12 pr; Lehmann, Eigenvermögen 268; Fleckner, Peculium 230: »(…) turning the peculium castrense from a temporary into a lifetime privilege«; Fitting, Castrense peculium 21–23, 124f.
124
Die Weiterentwicklung unter Hadrian
Veteranen ihre illegitimen Kinder testamentarisch als Erben einsetzen konnten. Die filii familias veterani hätten sich nämlich möglicherweise zuvor mit der Bitte um Verlängerung der testamenti factio auf die Zeit nach dem Militärdienst an den Kaiser gewandt.807 Voraussetzung für die Gewährung von Veteranenprivilegien bzw allgemein beneficia für Soldaten war die missio honesta oder causaria.808 So hatte etwa bei unehrenhafter Entlassung (missio ignominiosa809) ein zuvor verfasstes Soldatentestament keine Geltung mehr.810 Ein vor der missio honesta errichtetes, formfreies Soldatentestament blieb noch ein Jahr nach der Entlassung gültig.811
2.1.
Verurteilte aufgrund von Militärdelikten
Nach der Entlassung war es allen Soldaten möglich, trotz Verurteilung aufgrund eines während aufrechten Dienstverhältnisses begangenen Militärdelikts über ihre bona castrensia812 zu testieren. Das galt auch bei Verurteilung zum Tode. Vom persönlichen Anwendungsbereich dieser auf Hadrian zurückgehenden Regelung813 war nicht nur der filius familias hinsichtlich seines im Militär erworbenen Vermögens, sondern jeder miles erfasst. Die Quellen erlauben zu sagen, dass status und Rang innerhalb der Truppeneinheit dabei konkret keine Rolle spielten: D 29,1,11 pr (Ulp 45 ed) Ex militari delicto capite damnatis testamentum facere licet super bonis dumtaxat castrensibus: sed utrum iure militari an iure communi, quaeritur. Magis autem est, ut iure militari eis testandum sit: nam cum ei quasi militi tribuatur ius testandi, consequens erit dicere iure militari ei testandum. Quod ita intellegi oportet, si non sacramenti fides rupta sit. Übersetzung: »Soldaten, die wegen einer Militärstraftat zum Tode verurteilt wurden, dürfen ein Testament nur für ihr militärisches Sondergut errichten. Jedoch fragt sich, ob nach Militärrecht oder nach allgemeinem Recht. Richtig ist aber, dass sie ihr Testament nach Militärrecht errichten können. Denn da dem Verurteilten, nur weil er Soldat ist, das Recht zugestanden wird, ein Testament zu errichten, ist es folgerichtig zu sagen, er 807 808 809 810
Gardner, Hadrian 88. D 29,1,26 (Mac 2 re milit). D 27,1,8,1 (Mod 3 exc). Wohl schon unter Hadrian. Siehe dazu D 29,1,21 (Afric 4 quaest); Wesch-Klein, Soziale Aspekte 141f. 811 UE 23,10; D 29,1,26 (Mac 2 re milit), zum Text dieser Stelle unten 126 aE; D 29,1,38 pr–1 (Paul 8 quaest). 812 Zu den bona castrensia siehe oben 50 und 82 aE. 813 D 28,3,6,6 (Ulp 10 Sab). Dazu Campbell, Emperor 214.
Die Erweiterung auf gewaltunterworfene Veteranen
125
könne das Testament nach Militärrecht errichten. Dies ist unter der Voraussetzung zu verstehen, dass nicht das Treueversprechen des Fahneneides gebrochen wurde.«814
Die Testierbefugnis über das peculium castrense stand jenen ehemaligen Soldaten nicht zustand, deren begangenes Militärdelikt durch Bruch des Soldateneids qualifiziert war und die unehrenhafte Entlassung zur Konsequenz hatte (»Verwirkung des Privilegs«815).816 Daraus ist aber auch zu schließen, dass eine Verurteilung aufgrund eines Militärdelikts, sofern nicht gegen den Eid verstoßen worden war, nicht notwendig auch zu einer missio ignominiosa und damit zum Ausschluss der Testierbefugnis über das peculium castrense führte – auch nicht, wie dem obigen Text zu entnehmen ist, aufgrund des Paradefalls einer Verurteilung wegen eines Kapitalverbrechens, das mit Todesstrafe bedroht war. Dabei war unklar gewesen, ob die nach einem Militärdelikt verurteilte Person – in diesem Fall – in den Genuss der Formerleichterungen des testamentum militis kam, also nach Militärrecht mit den formellen Testamentsprivilegien für Soldaten bereits unter Hadrian testieren durfte. Es stellte somit für den Juristen die Rechtsfrage, ob ein von einem Soldat nach Militärrecht verfasstes Testament gültig war, oder ob die letztwillige Verfügung nach den herkömmlichen Regeln des ius civile hätte errichtet werden müssen. Zunächst referiert Ulpian die Grundregel, dass auch verurteilte Soldaten testierfähig bleiben. Dann führt der Jurist in einem nächsten Schritt und aus eigener Überzeugung (magis autem est) die Möglichkeit an, dass dem testamentum militis des aufgrund eines Militärdelikts verurteilten miles über seine bona castrensia die Gültigkeit nicht abzusprechen ist. Wie bereits oben angesprochen, konnten Soldaten sui iuris getrennte Testamente errichten, bei welchen je eines die bona castrensia und das jeweils andere das restliche Vermögen des Verstorbenen umfassen konnte;817 die Regel nemo pro parte testatus, pro parte intestatus decedere potest wurde dabei durchbrochen.818 Über die restlichen, nicht-castrensischen Vermögenswerte hatten nach militärischen Delikten (bzw aufgrund von Kapitalverbrechen) verurteilte Soldaten testamentarisch überhaupt keine Verfügungsbefugnis mehr. Für Soldaten sui iuris galt, dass – sofern auch anderes Vermögen vorhanden war – nur über das in Zusammenhang mit dem Militärdienst erworbene Vermögen testiert werden 814 Übersetzung: Schermaier, in Behrends/Knütel/Kupisch/Rüfner/Seiler (Hrsg), Corpus Iuris Civilis V 143f. 815 Fitting, Castrense peculium 261. 816 D 29,1,26 (Mac 2 re milit); Fitting, Castrense peculium 261–264; Lehmann, Eigenvermögen 264f. 817 D 29,1,17,1 (Gai 15 ed prov): Iulianus etiam ait, si quis alium castrensium rerum, alium ceterarum scripsisset, quasi duorum hominum duas hereditates intellegi; D 16,2,16 pr (Pap 3 quaest). 818 Siehe oben 87 und zur Durchbrechung der Regel die Quellen in Fn 558.
126
Die Weiterentwicklung unter Hadrian
durfte (testamentum facere licet super bonis dumtaxat castrensibus). Das Soldatenprivileg bestand nun darin, trotz einer militärstrafrechtlichen Verurteilung noch unter Befreiung der Formvorschriften über das militärische Sondergut verfügen zu dürfen. Das restliche Vermögen war der Testiermöglichkeit allerdings entzogen und wurde aufgrund der Verurteilung konfisziert.819 Dem filius familias miles war von Vornherein die letztwillige Verfügung allein nur über das peculium castrense möglich. Die Entscheidung Ulpians wurde also in dem Fall schlagend, in welchem ein gewaltfreier Soldat zunächst über sein Vermögen mittels Soldatentestaments testiert hatte und später aufgrund eines Militärdelikts (zum Tode) verurteilt wurde. Änderungen und Widerruf des Testamentsinhalts waren formlos möglich, es galt jeweils der zuletzt beweisbare Wille des Testators,820 was sich neben den erbrechtlichen Bestimmungen des ius civile und des ius honorarium als ius novum darstellte.821 Militärdelikte, die einen Bruch des Soldateneides (sacramentum822) darstellten und zu einer missio ignominiosa führten, waren etwa die vorsätzliche Verletzung eines Kameraden durch einen Stein (bei Verletzung durch das Schwert drohte die Todesstrafe823) oder die Abtrünnigkeit einer ganzen Legion824. In diesen Fällen waren die Verstöße gegen den Soldateneid aufgrund der Schwere der Delikte offenkundig und als Konsequenz stand hier keinerlei Testiermöglichkeit mehr zu, wie der spätklassische Jurist Macer825 zusammenfasst: D 29,1,26 (Mac 2 re milit) Testamenta eorum, qui ignominiae causa missi sunt, statim desinunt militari iure valere, quod anni spatium testamentis eorum, qui honestam vel causariam missionem meruerunt, tribuitur. Ius testandi de castrensi, quod filiis familias militantibus concessum est, ad eos, qui ignominiae causa missi sunt, non pertinet, quod hoc praemii loco merentibus tributum est.
819 Siehe den justinianischen Digestentitel 48,20 (De bonis damnatorum); Mommsen, Strafrecht 1005–1011. 820 D 29,1,15,1 (Ulp 45 ed). 821 Babusiaux, Erbrecht 185–188. 822 D 29,1,11 pr (Ulp 45 ed) aE: quod ita intellegi oportet, si non sacramenti fides rupta sit. Zum Text siehe oben 124; zum sacramentum oben 70. 823 D 49,16,6 (Men 3 re milit): Si quis commilitonem vulneravit, si quidem lapide, militia reicitur, si gladio, capital admittit. Dieses Fragment und die folgenden juristischen Texte zum Militärstrafrecht stammen überwiegend aus der Zeit der Severerkaiser. Es kann jedoch mit Wesch-Klein, Soziale Aspekte 152, angenommen werden, dass diese die Verschriftlichung und Bestätigung einer lang geübten Praxis darstellen. So ging bereits Augustus drakonisch gegen Verstöße gegen die militärische Disziplin vor. Siehe dazu Suet Aug 24,2. 824 D 49,16,3,21 (Mod 4 poen): Et cum multi milites in aliquod flagitium conspirent vel si legio deficiat, avocari militia solent. 825 Vgl Fitting, Alter 126f.
Die Erweiterung auf gewaltunterworfene Veteranen
127
Übersetzung: »Die Testamente von Soldaten, die wegen unehrenhaften Verhaltens entlassen wurden, verlieren sofort ihre Wirkungen nach Militärrecht; denn die Frist von einem Jahr [nach Entlassung] wird nur für die Testamente von Veteranen gewährt, die sich die ehrenhafte Entlassung verdient haben. Das Recht, über das militärische Sondergut durch Testament zu verfügen, welches Haussöhnen während ihres Militärdienstes eingeräumt ist, steht denen, die unehrenhaft entlassen wurden, nicht zu, weil es denen, die es verdienen, als Belohnung gewährt wurde.«826
Macer beschreibt die hadrianische Rechtslage für den Fall, dass ein Soldat unehrenhaft entlassen worden war und testieren wollte. Die Testiermöglichkeit war nicht gegeben, offenbar aufgrund des Verstoßes gegen den Militäreid (wie in der soeben besprochenen Stelle von Ulpian, D 29,1,11 pr). Bemerkenswerterweise legt Macer den Schwerpunkt seiner Ausführung auf den filius familias miles und das peculium castrense. Der Jurist betont den Belohnungscharakter der eingeräumten Testierbefugnis über das peculium castrense iSe beneficium (hoc praemii loco merentibus tributum est). Jeder Veteran konnte allerdings vom Privileg des formfreien Soldatentestaments nur ein Jahr nach der ehrenvollen Entlassung Gebrauch machen, danach war er wieder an die Formvorschriften des ius civile für Testamente gebunden.827 Meyer-Hermann liest die Stelle nachvollziehbar so, dass der Jurist diese für Veteranen innerhalb eines Jahres nach ehrenhafter Entlassung bestandene formfreie Testiermöglichkeit mit »den die Entlassung begleitenden Verdiensten« erklärt,828 über welche noch hätte testiert werden können.
2.2.
Veteranensiedlungen
Bereits Augustus gründete 28 Veteranenkolonien829. Es erschien möglich, dass Haussöhne, welche nunmehr Veteranen waren und noch nicht testiert hatten, de facto in solchen augusteischen Veteranenkolonien lebten und ihre Hausväter wieder die Vermögensgewalt über das seitens der filii im Militärdienst erworbene Gut hatten. Dieser Zustand konnte sich als Problem darstellen, da er zu einer plötzlichen Ungleichbehandlung und ein Herausreißen des Sohnes aus seiner Vermögensautonomie bedeutet hätte. Andererseits mag dadurch hervortreten, dass man – wohlgemerkt in augusteischer Zeit – von der (bloßen) letztwilligen
826 Übersetzung: Schermaier, in Behrends/Knütel/Kupisch/Rüfner/Seiler (Hrsg), Corpus Iuris Civilis V 135. 827 Siehe auch UE 23,10. 828 Meyer-Hermann, Testamentum militis 127f. 829 Aug res gest 28.
128
Die Weiterentwicklung unter Hadrian
Verfügungsbefugnis über das peculium castrense noch nicht auf ein dingliches Vollrecht schließen konnte. Hadrian hat dieses Spannungsverhältnis aufgelöst, indem er dem Haussohn ebenso nach Beendigung seines Armeedienstes, also dem filius familias veteranus, erlaubte zu testieren. Zudem mag Hadrian bei dieser Erweiterung des peculium castrense auch durch die Tatsache geleitet worden sein, dass bis auf seine Zeit Peregrine und freie Römer zunehmend Seite an Seite kämpften.830 So wurde eine eventuelle vermögensrechtliche Ungleichheit auch innerhalb der Veteranen durch das ius testandi des filius familias veteranus beseitigt: die Belohnung (praemium)831 der Testierbefugnis soll auch nach Beendigung des Militärdienstes fortgelten und -wirken. Die Praxis der Landverteilung an Veteranen wurde nicht eingestellt, sondern bestand parallel zur Geldverteilung bei der Entlassung (missio nummaria) fort.832 Durch die Landverteilungen entstanden wiederum Ansiedlungen von Veteranen. G.R. Watson833 und Wesch-Klein834 vermuten, dass dabei der Wert der Grundstücke dem Wert der Geldauszahlung entsprach. Allerdings waren die Soldaten oft nicht zufrieden mit Landzuteilungen, da diese auch die Verlegung ihres Lebensmittelpunktes mit sich brachten.835 Abfindungszahlungen in Geld (missio nummaria) hielten die Veteranen aber auch nicht ab, Siedlungen zu gründen.836 Aus einem »Deduktionsverband«837 unterschiedlicher Truppeneinheiten bildeten sich Veteranenkolonien.838 Es etablierten sich Veteranensiedlungen bzw das Ansiedeln von Veteranen in der umliegenden Zivilstadt bzw zumindest in der Provinz.839 Im Falle der aus dem Militärdienst nach erfolgter missio honesta ausgeschiedenen Haussöhne mit eigenen Familien840 sollte der bloße Austritt aus dem Heer noch nicht zum Verlust der Testierfähigkeit führen. Das Losgekoppelt-Sein vom pater familias blieb ja durchaus bestehen, da der filius familias veteranus ja geographisch mitunter weiterhin – etwa aufgrund der Nähe der Zivilstadt zum castrum – gleich weit 830 831 832 833 834 835 836 837 838 839 840
Le Bohec, Armee 108f. Siehe auch Lehmann, Eigenvermögen 269. Vgl die soeben besprochene Stelle D 29,1,26 (Mac 2 re milit) aE, oben 126 aE. Wesch-Klein, Soziale Aspekte 186. Watson G.R., Soldier 147. Wesch-Klein, Soziale Aspekte 186. Tac ann 1,17,3 und 14,27,2. Dazu Wesch-Klein, Soziale Aspekte 187. Arr Peripl 9,12. Siehe dazu Fijala, Die Veteranenversorgung im römischen Heer vom Tod des Augustus bis zum Ausgang der Severerdynastie, Diss Wien (1955) 91f. Wesch-Klein, Soziale Aspekte 187; Tac ann 14,27,3. Zu Veteranenverbänden siehe auch ausführlich Stoll, Ehrenwerte Männer. Veteranen im römischen Nahen Osten der Kaiserzeit (2015) 68–70. Tac ann 14,27,3. Zur Thematik der (unterschiedlichen) Niederlassungen von Veteranen siehe Wesch-Klein, Soziale Aspekte 187 Fn 43–45 (mwLit). Etwa durch Neugründung einer Familie um Umfeld seiner bisherigen Stationierung. Vgl dazu Mann, Frontiers 516.
Die Freilassung castrensischer Sklaven
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entfernt von seiner domus war. In seiner ursprünglichen Hausfamilie hatte er sich während seines aktiven Militärdienstes, etwa im Falle eines Grenzsoldaten, ohnehin kaum aufgehalten.841 Dadurch schien eine Nahebeziehung des filius familias zur domus in vielen Fällen wohl fraglich. Veteranen mit eigener Familie hatten auch nicht das große Bedürfnis, sich wieder am Ort ihrer Geburt anzusiedeln.842 Aufgrund dieser Gegebenheiten wurde mit der Erweiterung der Testierbefugnis über das peculium castrense auf den filius familias veteranus diesem und eben nicht dem pater familias die Möglichkeit gegeben, mit dem peculium castrense als seinem Eigenvermögen walten zu können.843 Dadurch wurde eine offenkundig finanziell destabilisierende Änderung in der Sphäre des ausgeschiedenen Soldaten verhindert.
3.
Die Freilassung castrensischer Sklaven
3.1.
Die Verwendung von Sklaven in der Armee
Quellenstellen zur manumissio von castrensischen Sklaven844 oder eines Nießbrauchsklaven im peculium castrense845 belegen zunächst die Existenz von Sklaven im militärischen Sondergut des Haussohns. Haussöhne dürften dann ihre Testierbefugnis dahingehend genutzt haben, Sklaven des peculium castrense via Testament freizulassen und als Erben einzusetzen.846 Diese Annahme soll durch die folgenden sozialgeschichtlichen Beobachtungen gestützt werden. Personen im status von Sklaven waren zum Militärdienst als Soldaten grundsätzlich nicht zugelassen.847 Auch wenn Augustus keine Sklaven als Legionäre hatte und auch Freigelassene prinzipiell nur sehr spärlich zuließ,848 re-
841 842 843 844 845 846 847
848
Vgl Lehmann, Eigenvermögen 269. Wesch-Klein, Soziale Aspekte 187. Vgl Lehmann, Eigenvermögen 269. D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp); D 38,2,22 (Marc 1 inst); D 37,14,8 pr (Mod 6 reg); D 38,2,3,8 (Ulp 41 ed). D 49,17,18,3 (Maec 1 fid); D 49,17,15,4 (Pap 35 quaest). Wierschowski, Heer und Wirtschaft 66, mit beispielhafter Anführung folgender inschriftlich belegter Erbeinsetzung von Sklaven (allerdings ohne Hinweise auf die Gewaltunterworfenheit des Testators): CIL X 3444, 3448; CIL VIII 9238; CIL VI 2777. D 49,16,11 (Marc 2 reg): Ab omni militia servi prohibentur: alioquin capite puniuntur; D 40,12,29 (Men 1 re milit); Isid orig 9,3,38. Ausnahmen davon wurden in Notsituationen gemacht, wie etwa nach der Schlacht von Cannae im 3. Jhdt v Chr (Liv 22,57,11; 23,38,6; 24,16,3). Dazu Jung, Rechtsstellung 889–893; Schmetterer, Rechtliche Stellung 13–15 und 22–24. Suet Aug 25,2.
130
Die Weiterentwicklung unter Hadrian
krutierte Augustus in Krisenzeiten doch auch wieder Sklaven.849 Diese wurden jedoch im Zuge ihrer Aufnahme in die Armee zugleich freigelassen und waren damit als Soldaten bereits liberti.850 Die Anzahl der Sklaven im Eigentum bzw peculium castrense von Soldaten dürfte jedoch niedrig gewesen sein.851 Eine bestimmte Anzahl der Sklaven in den jeweiligen Heeresabteilungen lässt sich nicht festmachen.852 (In das peculium castrense erworben wurden, wie bereits angesprochen,853 Sklaven wohl auch als Beute.) Papyri bezeugen generell auch Kaufverträge über Sklaven und Sklavinnen.854 Sklaven in castris spielten hingegen sonst, wenn auch »[nicht] institutionell vertreten«855, eine nicht unbedeutende Rolle im Lagerleben bzw in der Lagerverwaltung.856 Eine Verwendung von Sklaven in dem Ausmaß, wie es im Geschäftsleben der zivilen Welt der Normalzustand war, fand im Militär jedoch nicht statt.857 Sklaven kamen im Militär als Träger für die Rüstung von Legionssoldaten mit schwerer Bewaffnung in Frage.858 Jedoch kann man nach Welwei nicht davon ausgehen, dass jeder (einfache) Soldat Sklaven bei sich hatte.859 Die Anzahl der Sklaven im militärischen Sondergut der Haussöhne dürfte jedoch, wie Welwei zutreffend hinweist, ausreichend gewesen sein, sodass sich die römischen Juristen mit der Frage nach der manumissio von Sklaven im peculium castrense auseinandergesetzt haben.860 Welwei konstatiert, dass diese »›Burschen‹ ausnahmslos militärisch notwendige Funktionen [erfüllten]«861. Näheres 849 Zuerst im Zuge des pannonischen Aufstands (6/7 n Chr) und dann nach der Varusschlacht (9/10 n Chr). Dazu ausführlich Welwei, Unfreie im antiken Kriegsdienst. Dritter Teil: Rom (1988) 18–22. 850 Suet Aug 25,2. 851 Forni, Reclutamento 125; Wesch-Klein, Soziale Aspekte 112f; Welwei, Unfreie 100f. 852 Bereits Welwei, Unfreie 99–102, verwarf bisherige Berechnungsmodelle. 853 Siehe oben 53. 854 ZB P Mich 8,476 (Legionär in Ägypten als Käufer); FIRA III2 134 (Flottensoldat als Käufer). Dazu Wesch-Klein, Soziale Aspekte 114. 855 Alföldy, Römische Heeresgeschichte. Beiträge 1962–1985 (1987) 29. 856 Zu diesem Themenkomplex in Republik und Prinzipat ausführlich und mit zahlreichen inschriftlichen Nachweisen Welwei, Unfreie 56–113. 857 Wesch-Klein, Soziale Aspekte 112, mit dem Hinweis auf die legio III Augusta in Numidien, in welcher Sklaven als dispensatores oder zu Arbeiten im tabularium eingesetzt wurden, sowie der Erwähnung von Pflaum, Libyca 3 (1955) 130f = ders, Afrique romaine: Études épigraphiques. Scripta varia I (1978) 60f, welcher die Verwendung dieser Sklaven mit dem Sonderstatus Numidiens samt den erweiterten militärischen Aufgaben des Legionslegaten begründet. 858 Wie etwa in Flav Jos bell Iud III 4,2 geschildert. Für den Vergleich von militärischen Sklaven und Haussklaven siehe Wierschowski, Heer und Wirtschaft. Das römische Heer der Prinzipatszeit als Wirtschaftsfaktor (1984) 65f. 859 Welwei, Unfreie 101. 860 Welwei, Unfreie 102–104. 861 Welwei, Unfreie 91. Allerdings kann aus D 45,3,18 pr (Pap 27 quaest), wo ein Sklave des filius familias miles mit einem nichtsoldatischen (?) Gesellschafter (Maevius) im Miteigentum
Die Freilassung castrensischer Sklaven
131
über die Aufgaben von Sklaven im Heer lässt sich aus den Quellen nicht erschließen. Die archäologischen Zeugnisse geben Aufschluss darüber, dass die Räumlichkeiten der Offiziere wie etwa des praefectus castrorum ausreichend dimensioniert waren,862 um seine Sklaven und liberti dort mit aufzunehmen.863 Die Frage, ob Freigelassene der einfachen Soldaten ebenso wie deren Sklaven im Tross waren, untermauert Welwei mit dem Beleg, dass in den justinianischen Digesten die manumissio864 der im peculium castrense befindlichen Sklaven diskutiert wird. Jedoch konnten Haussöhne, wie bereits erwähnt,865 auch selbst hohe militärische Ränge belegen und damit als Offiziere Sklaven im peculium castrense bzw Freigelassene im Tross haben. Denn selbst wenn »Troßknechte«, also Sklaven, denen die Versorgung der Tiere des Heeres oblag, vom Staat gestellt waren866 und somit nicht freigelassen werden konnten, war es dennoch möglich, dass ein Freigelassener eines Haussohns in einer Offiziersposition Teil des Trosses867 sein konnte. Welche Funktionen ehemals in castris tätige, (noch) nicht freigelassene Sklaven bei den ehrenvoll entlassenen Veteranen hatten, ist unklar. Der epigraphische Befund zu Sklaven von Veteranen ist labil.868 Freigelassene von Veteranen sind hingegen in einigen Inschriften belegt.869
862 863 864 865 866
867
868 869
stand, auch geschlossen werden, dass castrensische Sklaven zumindest teilweise auch für zivile Funktionen eingesetzt wurden. Vgl dazu Welwei, Unfreie 103. Siehe Petrikovits, Die Innenbauten römischer Legionslager während der Prinzipatszeit (1975) 64f. Freigelassene sind ebenso als Entourage der Offiziere belegt und waren im Lager selbst untergebracht. So waren etwa jene der Legaten im praetorium. Siehe CIL III 1471, 1652, 2040; Welwei, Unfreie 91. Welwei, Unfreie 90f; uA ebda statt manumissio technisch unrichtig als »Emanzipation der zum peculium castrense zählenden Soldatensklaven« bezeichnet. Siehe oben 49. Zum Begriff der »Troßknechte« sowie der bereits für die republikanische Zeit strittigen Frage, ob diese Sklaven vom Staat oder den Soldaten selbst gestellt wurden Welwei, Unfreie 75–78, 90f. Belegt ist jedenfalls für das 4. Jahrhundert, dass der Staat auf Sklaven der Soldaten zurückgriff; siehe CTh 7,22,2,1–2 (Const, a 326). Einen Einblick in den militärischen Tross bietet der Historiker Flavius Josephus in seiner Schilderung des römisch-jüdischen Krieges unter Vespasian. Siehe Flav Jos bell Iud III 4,2– 6,2, wo er Sklaven und Freigelassene von Offizieren, welche im militärischen Tross waren, gemeinhin als θεράποντες bezeichnet (4,2,69). Dazu Welwei, Unfreie 83f. Wierschowski, Heer und Wirtschaft 71. Etwa CIL IX 4648 (Legionsveteran); CIL XIII 7005 (Legionsveteran); CIL XIII 7515 (Veteran der Kohorte); CIL VI 2691 (Veteran der Prätorianer); eine umfassende tabellarische Auflistung der einschlägigen Inschriftenstellen bietet Wierschowski, Heer und Wirtschaft 72–74.
132 3.2.
Die Weiterentwicklung unter Hadrian
Manumissio castrensischer Sklaven
Die Möglichkeit der Freilassung castrensischer Sklaven durch den filius familias ist klar auf Hadrian zurückzuführen.870 Grundsätzlich konnte nur der Eigentümer (seine) Sklaven freilassen.871 So war einem filius familias mit nichtmilitärischem peculium die manumissio von Pekuliarsklaven rechtlich nicht möglich bzw wenn, dann nur auf Befehl (iussum) des Hausvaters.872 Ein Grund für die Freilassung von Sklavinnen war wohl die dadurch ermöglichte einfachere Gründung einer Familie – eine Freigelassene mit Kind hatte klarerweise eine bessere Rechtsstellung als eine Sklavin in derselben Situation. Auch wenn das Heiratsverbot für Soldaten noch galt, so ist zu vermuten, dass Soldaten de facto Sklavinnen als Lebensgefährtinnen hatten.873 Sollte der Soldat als Veteran die Frau, mit welcher er bereits im Militärlager als Soldat eine Beziehung hatte, heiraten wollen, ist der status als Freigelassene eindeutig vorteilhafter. So stand ihr als Freigelassene ein conubium zu, durch welches sie die Fähigkeit hatte, mit einem Veteranen eine Ehe als matrimonium iustum einzugehen.874 Nach erfolgter missio honesta war spiegelbildlich auch den Veteranen ein conubium verliehen worden, wodurch sie die Fähigkeit hatten, mit einer Nichtrömerin, mit welcher sie möglicherweise bereits während der Militärzeit in einer Beziehung gewesen waren, ein matrimonium iustum einzugehen.875 Der Veteran hatte (vermutlich aufgrund einer Konstitution des Claudius876) dann die patria potestas über seine in dieser Ehe gezeugten Kinder.877 Unklar ist, inwiefern es sich bei der Freilassungs-Entscheidung Hadrians um eine Änderung der Rechtslage handelte bzw ob es dem filius familias miles bis 870 D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp); Scarano Ussani, L’utilità e la certezza. Compiti e modelli del sapere giuridico in Salvio Giuliano (1987) 155–157; Masi Doria, Bona 323–236; Lehmann, Eigenvermögen 208f. Eine ausführliche Exegese von D 49,17,19,3 bietet Fildhaut, Libri disputationum 155–160. 871 Robleda, Il diritto degli schiavi nell’antica Roma (1976) 104; Kaser, Das römische Privatrecht I 293f; Weiss, Manumissio, in RE XV.2 (1930) 1366–1377; Zum Erfordernis der Eigentümerstellung des Freilassenden bei testamentarischer Freilassung siehe Gai inst 2,267. 872 D 37,14,8 pr (Mod 6 reg); D 38,2,22 (Marc 1 inst); D 49,17,13 (Pap 16 quaest); D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp); D 38,2,3,8 (Ulp 41 ed). 873 Wierschowski, Heer und Wirtschaft 66, weist auf die Tatsache hin, dass die Anzahl von Sklavinnen in den Legionslagern auffallend hoch war. 874 Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 345 Rz 4 und 348 Rz 17; Wesch-Klein, Soziale Aspekte 115. Eine zuvor geschlossene »Ehe« mit einer Person sui iuris und einer Sklavin war rechtlich ohne Wirkung (contubernium); siehe Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 102 Rz 5. 875 Gai inst 1,56–57; Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 348 Rz 17. 876 Vittinghoff, Militärdiplome, Römische Bürgerrechts- und Integrationspolitik der Hohen Kaiserzeit, in Eck/Wolff (Hrsg), Heer und Integrationspolitik. Die römischen Militärdiplome als historische Quelle (1986) 535f. 877 Gai inst 1,57.
Die Freilassung castrensischer Sklaven
133
dato praktisch verwehrt worden war, castrensische Sklaven freizulassen. La Rosa vermutet, dass die manumissio durch den Haussohn zwar schon zuvor durch die Praxis als gültig anerkannt worden war und erst die Frage des Patronats über diese Sklaven von Hadrian endgültig zugunsten des Haussohns entschieden wurde.878 Bzgl der manumissio castrensischer Sklaven hätte die Entscheidung Hadrians dann (bloß) bestätigenden Charakter gehabt. Dies setzte aber voraus, dass die bloße Testierbefugnis auf die tagtägliche Verwaltung des peculium castrense insofern ausgestrahlt hatte, dass bereits zuvor mehr als eine bloße administratio peculii de facto vorhanden und anerkannt gewesen war.
3.3.
Der Patronat
Julian, dessen Sentenzen im folgenden Text von Marcian angeführt werden, vertritt folgende (ältere) Auffassung zum Patronat über den libertus, der zuvor Sklave im peculium castrense gewesen war: D 38,2,22 (Marc 1 inst) Si filius familias miles manumittat, secundum Iuliani quidem sententiam, quam libro vicensimo septimo digestorum probat, patris libertum faciet: sed quamdiu, inquit, vivit, praefertur filius in bona eius patri. Sed divus Hadrianus Flavio Apro rescripsit suum libertum eum facere, non patris. Übersetzung: Wenn ein Haussohn als Soldat (einen der Sklaven im peculium castrense) freilässt, so wird er ihn, wie Julian im 27. Buch seiner Digesten dartut, zum Freigelassenen des Vaters machen. Hinsichtlich der (Nachlass-)Güter des Freigelassenen wird der Sohn dem Vater jedoch vorgezogen. Hadrian hingegen hat in einem Reskript an Flavius Aprus entschieden, dass der Sohn den Sklaven zu seinem eigenen Freigelassenen mache, und nicht zu jenem des Vaters.
Der Sachverhalt spielt sich inter vivos ab: Ein filius familias miles lässt einen Sklaven frei. Es stellt sich die Rechtsfrage, wer Patron des Freigelassenen wird. Der Jurist entscheidet, dass der Vater Patron wird. Sollte der Freigelassene hingegen versterben, hat der Haussohn einen Anspruch auf das Erbvermögen des Verstorbenen. Für Julian findet das Freilassungsszenario hinsichtlich des castrensischen Sklaven in der Eigentumssphäre des pater familias statt: der Hausvater ist formalrechtlich dominus des peculium castrense. Wenn der Sohn also castrensische Sklaven freigelassen hätte, wäre vor Hadrian der Hausvater Patron dieser freigelassenen Sklaven geworden. Streng genommen hat der Haussohn in diesem Fall eine Freilassung von Sklaven seines pater familias vorgenommen. Hadrian entschied nun in dem Reskript an (den Soldaten) Flavius Aprus, dass er 878 La Rosa, Peculii speciali 78–87.
134
Die Weiterentwicklung unter Hadrian
als freilassender Haussohn auch Patron dieses Sklaven wurde. Das glich die Eigentümerposition des Haussohns an jene Freilasser an, welche sui iuris waren und als ehemalige Eigentümer selbstredend das Patronatsrecht über den nun Freigelassenen hatten. Möglich ist, dass Julian die Entscheidung Hadrians und damit die Entwicklungslinie des Eigentums des Haussohns am peculium castrense mitbeeinflusst hatte. Julian war als Jurist im consilium des Hadrian.879 Dass Julian inhaltlich mit dem peculium castrense näher in Berührung gekommen sein musste, kann man auch daraus schließen, dass der Jurist auch praefectus aerarii militaris war880. Die Entscheidung Hadrians als Reskript an (den Soldaten und Haussohn) Flavius Aprus, dass er als filius familias miles Patron des Freigelassenen wird, hat hier auch klärenden Charakter.881 Es muss sich nicht zwingend um eine Meinungsverschiedenheit zwischen Hadrian und »seinem« Juristen im consilium gehandelt haben,882 sondern es ist vielmehr eine Entwicklungslinie ersichtlich: Julian kann diese Entscheidung getroffen haben, noch bevor das womöglich spätere Reskript Hadrians zu einem »overruling« führte. Der vorliegende Text des durch Marcian überlieferten 27. Buch der Digesten Julians bildet somit eine Vorstufe, die sich sauber abschichten lässt: Der freigelassene Sklave wird libertus des pater familias und nicht des filius familias manumissor;883 was das Vermögen des Freigelassenen angeht, wird jedoch der Sohn dem Hausvater vorgezogen (praefertur filius in bona eius patri). Angesprochen wird hier offenbar das Erbrecht des Patrons. Gemeint ist hier eine mögliche Erbschaft, die ein verstorbener Freigelassener hinterlässt, derzufolge der filius familias manumissor die bonorum possessio contra tabulas haben könnte.884 Gerade hier zeigt sich aber, dass Julian – vor der Entscheidung Hadrians – bestrebt war, die Rechtsfolgen einer Freilassung durch den Haussohn mit dem geltenden Erbrecht in Einklang zu bringen. Aus der Entscheidung Julians wird ersichtlich, dass für den Juristen die Freilassung durch einen Haussohn einen Bruch mit dem Zivilrecht darstellt. Dieser Bruch kann aber klein gehalten werden, indem das Patronatsrecht der pater familias hat, der Haussohn aber wiederum ein Erbrecht am Vermögen des verstorbenen libertus. Es handelt sich dabei um ein Ergebnis, das in kleinen Schritten erreicht wird und das der rö-
879 Kunkel, Juristen 157f. Zur Einordnung des von Marcian angeführten 27. Buches der Digesten von Julian unter Hadrian siehe Fitting, Alter 26f. 880 Kunkel, Juristen 157. 881 Siehe auch D 37,14,8 pr (Mod 6 reg). 882 Wie Jung, Eherecht 343, es Marcian in den Mund legt. Siehe auch Stepan, Scaevola noster 50. 883 Lehmann, Eigenvermögen 209: »Julian wollte offenbar wenigstens den Schein väterlichen Eigentums wahren«. 884 Vgl D 38,2,3,8 (Ulp 41 ed). Zum Text siehe unten 136 aE.
Die Freilassung castrensischer Sklaven
135
mischen Rechtsentwicklung innewohnenden Behutsamkeit entspricht.885 Den entscheidenden Schritt, nämlich dem filius den Patronat über die von ihm freigelassenen Sklaven zuzusprechen, wird erst der princeps setzen.886 Geht man von einer materiell fortschreitenden Rechtsentwicklung aus, welche auch in diesem Fall den progressiven Impuls durch eine kaiserliche Konstitution erfuhr, so erfolgte die Entscheidung Julians wahrscheinlich vor dem Reskript Hadrians an Flavius Aper.887 Es ist anzunehmen, dass Julian dieses Reskript kannte, war der Jurist doch im consilium des Kaisers, hatte Zugang zu damals aktuellen wie auch zuvor ergangenen Entscheidungen Kaisers und kannte wohl auch deren Erwägungsgründe.888 Dass der Patronat möglicherweise erst nach der Freilassungs-Entscheidung Hadrians dem Sohn zugesprochen wurde, ist ein Anzeichen dafür, dass der Patronat vor dieser Entscheidung noch beim pater familias gelegen und ebenso das Eigentum am peculium castrense strengrechtlich formell noch dem pater familias zugeordnet war.889 Exemplarisch für den Patronat des Haussohns sei hier noch die folgende Stelle von Modestinus angeführt: D 37,14,8 pr (Mod 6 reg) Servum a filio familias milite manumissum divus Hadrianus rescripsit militem libertum suum facere, non patris. Übersetzung: Hadrian hat in einem Reskript geantwortet, dass ein von einem filius familias miles freigelassener Sklave ein Freigelassener des Soldaten und nicht des Vaters wird.
Entlässt dem Sachverhalt nach ein Haussohn castrensische Sklaven aus dem peculium castrense in die Freiheit, wird nach der rechtlichen Möglichkeit dieser Freilassung nicht mehr gefragt. Die Rechtsfrage lag fortan beim Patronat. Aus diesem sowie den Texten D 38,2,3,8 (Ulp 41 ed) und D 49,17,13 (Pap 16 quaest) leitet La Rosa ab, dass die Möglichkeit des filius familias miles, castrensische Sklaven per manumissio freizulassen, von den Juristen bereits als bestehende Übung anerkannt war und daher nicht eigens erwähnt werden musste.890 Je885 Schulz, Prinzipien 58. »Niemals haben die Römer versucht, durch radikale Eingriffe den ruhig fließenden Strom der Rechtsentwicklung zu unterbrechen. Unruhiges Experimentieren, munteres Reformieren und von vorn Anfangen liegt ihnen nicht«. 886 Schulz, Geschichte 151: »Sie [die Juristen] konnten sich von ihrer juristischen Filigranarbeit nicht losreißen. Sie hatten die Klinke zur Reformgesetzgebung in der Hand, aber sie zögerten, sie niederzudrücken«. 887 So auch Masi Doria, Bona 325: »Il giurista, trovandosi davanti ai limiti assai rigidi del ius civile che determinavano i rapporti di famiglia, evidentemente non poteva e non voleva sconvolgere del tutto il sistema tradizionale«. 888 Vgl Kunkel, Juristen 157f; Masi Doria, Bona 325. 889 Vgl Fitting, Castrense peculium 95. 890 La Rosa, Peculii speciali 79–81.
136
Die Weiterentwicklung unter Hadrian
denfalls wurde laut La Rosa dem Haussohn diese Freilassungsbefugnis nicht aufgrund eines Rechtsakts des princeps eingeräumt; einzig der Patronat des filius familias über seine freigelassenen Sklaven ist auf Hadrian zurückzuführen: »(…) ciò fa pensare che tale potere non derivasse da un’innovazione dell’imperatore ma che fosse ammesso già da tempo. Pertanto, a mio avviso, l’intervento di Adriano è relativo alla sola attribuzione della qualità di patrono al filius familias che ha manomesso lo schiavo castrense.«891
Fitting892 dagegen stützt sich auf D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp)mit der Passage denique filium posse manumittere talis peculii servum Hadrianus constituit, sodass an dessen Inhalt – also dass Hadrian der Urheber der Freilassungsbefugnis des Haussohns ist – nicht zu zweifeln ist: »Allein Tryphonins Worte lauten so überaus klar und bestimmt, dass ich nicht absehen kann, mit welcher Berechtigung man ihnen einen ganz andern Sinn unterlegen will, noch dazu einen solchen, der sich selbst mit dem äussersten Zwange kaum in sie hineintragen lässt.«893 Diese Tryphonin-Stelle hält La Rosa wiederum für verkürzt, sodass ursprünglich Hadrian die testamentarische Freilassung gestattete, da die Freilassung vivo ohnehin bereits möglich war:894 die manumissio war ja nicht auf die Möglichkeit der testamentarischen Freilassung beschränkt gewesen.895 Die testamentarische Freilassung selbst war aber bis dato ausschließlich dem Eigentümer vorbehalten.896 Vor diesem Bild ist die Freilassungsentscheid Hadrians zugunsten der Haussöhne bemerkenswert. Hadrian mag so eine Klarstellung bzw »Stabilisierung« der Rechtslage und unzweifelhaft die Grundlage dafür geschaffen zu haben, den Haussohn auch juristisch als Eigentümer des peculium castrense zu behandeln. Denkbar erscheint aber auch, dass in der Regelung des Patronats implizit auch die Erlaubnis der Freilassung bereits enthalten war (argumentum a maiore ad minus). In Folge dieser Rechtslage behandelt der Spätklassiker Ulpian in seinem Ediktskommentar den Blick auf den Patronat des Haussohns mit erbrechtlicher Konsequenz: D 38,2,3,8 (Ulp 41 ed) Si quis filius familias servum de castrensi peculio manumiserit, ex constitutione divi Hadriani patronus est admittique poterit ad contra tabulas bonorum possessionem ut patronus.
891 892 893 894 895 896
La Rosa, Peculii speciali 80. Fitting, Castrense peculium 95. Fitting, Castrense peculium 95. La Rosa, Peculii speciali 86. Vgl nochmals D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp). Gai inst 2,267.
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Übersetzung: Wenn ein Haussohn einen Sklaven aus dem peculium castrense freilässt, so ist er kraft einer Konstitution Hadrians Patron und als solcher zur bonorum possessio contra tabulas zugelassen.
Der Text leitet aus der Freilassungs-Entscheidung Hadrians für den Fall, dass der Haussohn Sklaven aus dem peculium castrense manumittiert hatte und der Freigelassene verstarb, ab, dass dem Haussohn zudem die bonorum possessio contra tabulas im Verlassenschaftsverfahren des verstorbenen libertus zustand. Masi Doria ist daher zuzustimmen, dass in diesem Fall des Auseinanderfallens von Patronseigenschaft und Patronatsrechten die Regelung Hadrians stabilisierenden Charakter hinsichtlich der zuvor dogmatisch unbefriedigenden Rechtslage hatte. Das in D 38,2,22 (Marc 1 inst) zitierte, von Hadrian an Flavius Aper gerichtete Reskript »mise fine a questa situazione in qualche modo ambigua, stabilendo che il figlio manomissore fosse considerato patrono del liberto«897. Mit der Freilassungsbefugnis eröffnete sich ab Hadrian die Entwicklungslinie, den filius familias unter bestimmten Aspekten, was sein peculium castrense betrifft, mit einem pater familias gleichzusetzen; so etwa bei der Haftung und Haftungssumme beim SC Macedonianum,898 D 14,6,2 (Ulp 64 ed): Usque ad quantitatem castrensis peculii, cum filii familias in castrensi peculio vice patrum familiarum fungantur. Vial-Dumas spricht in diesem Zusammenhang von »Dual nature«899 des filius familias, Dessertaux plastisch von »un dédoublement de la personnalité du filiusf.«900 Mit Zusprechen des Patronats über die Freigelassenen verfestigte sich diese Entwicklungslinie.
897 Masi Doria, Bona 324f. 898 Lehmann, Eigenvermögen 207, verallgemeinert die Aussage Ulpians und präzisiert nicht, dass es sich um eine Aussage des Juristen zur Haftung aus einer Darlehensaufnahme seitens des filius familias miles oder veteranus handelte, bei welchem das SC Macedonianum eben nicht zur Anwendung kam. Demnach haftete der Haussohn für ein von ihm aufgenommenes Darlehen mit seinem peculium castrense gleich wie ein pater familias mit seinem Eigenvermögen. Eine exceptio SCi Macedoniani gegen die Klage des Darlehensgebers war dem Haussohn mit peculium castrense somit verwehrt. Zum SC Macedonianum siehe den justinianischen Digestentitel D 14,6, insb Fragment 9 (Ulp 29 ed) zur exceptio des Haussohns, der (für die Anwendung der Einrede normalerweise) nicht Soldat oder Veteran war. Das peculium castrense und den Zeitpunkt der Einführung des SC Macedonianum in Beziehung bringt Daube, Did Macedo murder his father?, ZSS 65 (1947) 304f. 899 Vial-Dumas, Parents, Children, and Law 309. 900 Dessertaux, Études sur la formation historique de la capitis deminutio. II: Evolution et effets de la capitis deminutio (1919) 331.
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4.
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Noch vor der Schwelle zum 3. Jhdt n Chr enthielt das peculium castrense grundsätzlich nur das, was der filius familias miles selbst während des aktiven Militärdienstes erworben hatte.901 Dem peculium castrense zugerechnet wurde somit, wie bereits ausführlich dargelegt,902 jenes Vermögen, das einen Bezug zur militia aufweisen konnte. Als klar auf der Hand liegende Paradebeispiele galten hier Sold, Beute, Donative, Abfindung, wie auch die geerbten bona castrensia eines verstorbenen Kameraden. Allerdings trat ein Reskript Hadrians in Erscheinung, in welchem er Güter – im konkreten Fall Sklaven – der verstorbenen Frau des zum Erben eingesetzten filius familias miles (bzw veteranus) als Erbgegenstände in dessen peculium castrense fallen ließ: D 49,17,13 (Pap 16 quaest903) Divus Hadrianus rescripsit in eo, quem militantem uxor heredem instituerat filium, extitisse heredem et ab eo servos hereditarios manumissos proprios eius libertos fieri. Übersetzung: Der vergöttlichte Hadrian reskribierte einem Soldaten, der als solcher von seiner Frau zum Erben eingesetzt worden war, dass er – obwohl noch Haussohn – auch Erbe sei und die geerbten Sklaven in die Erbschaftsmasse fallen, und wenn er die Erbschaftssklaven freilässt, dass jene seine eigenen Freigelassenen werden.
Aus dem Sachverhalt, dass der Soldat von seiner Frau (uxor) zum Erben eingesetzt wurde, ist nicht ohne weiteres zu schließen, dass es sich bei der Verbindung zwischen ihm und der Frau um ein matrimonium iustum samt den zivilrechtlichen Folgen dieser Verbindung handelte. Aus dem Begriff uxor, deutsch (Ehe-) frau, lässt sich dies allein nicht ableiten. Im Fall einer gültigen Ehe hätte diese vor dem Eintritt in den Militärdienst geschlossen werden müssen. Man könnte sonst in der vorliegenden Entscheidung auch einen Hinweis auf eine implizite Lockerung des Heiratsverbots für Soldaten durch Hadrian erblicken.904 Die Aufhebung des Heiratsverbots für Soldaten fand jedoch erst unter Alexander Severus statt.905 Es hätte nämlich der militaria disciplina, welche seit Augustus hin901 Zur Diskussion, wann die Erweiterung auf die Vermögenswerte erfolgte, welche dem Haussohn von Dritten (inbs Verwandten) beim Abgang in das Heer mitgegeben/geschenkt wurden siehe oben Fn 13. 902 Zu den Bestandteilen des peculium castrense siehe oben 50. 903 Zu den quaestiones des Papinian als (auch) Kommentare zu kaiserlichen Konstitutionen siehe allg Babusiaux, Papinians Quaestiones. Zur rhetorischen Methode eines spätklassischen Juristen (2011) 21–61. 904 So bereits Jung, Eherecht 307. 905 Herodian 3,8,5. Dazu Jung, Eherecht 337f; Schmetterer, Rechtliche Stellung 66; Phang, Marriage 17–19.
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sichtlich des Kontakts der Soldaten mit ihren Ehefrauen in castrum rigoros verfolgt wurde,906 offenkundig widersprochen, wenn Hadrian geradezu plötzlich die Eheschließung im aktiven Soldatenstand gestattet hätte. Der Sinn und Zweck des Heiratsverbots war nach wie vor klar: Soldaten hatten ihren Militärdienst unbehelligt von ehelichen Pflichten zu bestreiten, um sich voll und ganz auf die militärische Sache konzentrieren zu können.907 Dies bildete wohl auch das rechtspolitische Motiv des Augustus für die Etablierung eines Heiratsverbots für Soldaten. Daher liegt mit Lehmann nahe, dass es sich im Sachverhalt des Textes aufgrund des Heiratsverbots entweder um einen bereits vor Eintritt in den Militärdienst verheirateten Soldaten gehandelt hat, er also das matrimonium iustum bereits vor Eintritt in den Militärdienst geschlossen hatte;908 andernfalls wäre ein nicht als Ehe anerkanntes Konkubinat vorgelegen, das zwar rechtlich keine Ehewirkungen zeitigte, aber grundsätzlich toleriert wurde.909 Für die Entscheidung, ob die Erbschaft der Frau in das peculium castrense fiel, dürfte die rechtliche Qualifikation der Verbindung zwischen miles und uxor allerdings keine Rolle gespielt haben. So wäre denkbar, dass es sich bei uxor um einen Euphemismus für eine »Militärlager-Konkubine« gehandelt haben könnte. In dem durch Papinian überlieferten Reskript Hadrians könnte man – in Zusammenschau mit der humana interpretatio bzw »gütigen« (φιλάνθρωπος) Auslegung des Rechts bzgl von Soldaten gezeugten, illegitimen Kindern910 – vielleicht ein weiteres Beispiel für eine gewisse Toleranz des Kaisers für (wenn auch nicht rechtlich legitimierte) Beziehungen von Soldaten zu Frauen sehen. Damit wäre zwar nicht die in den Quellen implizit geforderte, notwendige Konnexität zum
906 Suet Aug 24,2f: Disciplinam severissime rexit: ne legatorum quidem cuiquam, nisi gravate hibernisque demum mensibus, permisit uxorem intervisere. Dazu Jung, Eherecht 334–337. 907 Watson G.R., Soldier 133f. 908 Lehmann, Eigenvermögen 203; siehe auch Phang, Marriage 96 (mwLit). Der Eintritt in die Armee bildete jedoch einen (relativen) Scheidungsgrund, welcher von einem der Ehepartner geltend gemacht werden musste; siehe dazu D 24,1,60–62 und Jung, Eherecht 304f; Schmetterer, Rechtliche Stellung 66f. Denkbar ist auch, obwohl es sich offenbar um einen römischen Haussohn handelte, dass er (vor Beginn des Militärdienstes) ein matrimonium iuris gentium mit einer peregrinen Frau eingegangen war, zumal das conubium, um mit einer Nichtrömerin ein matrimonium iustum eingehen zu können, erst den Veteranen verliehen worden war. Siehe dazu oben 132. Zum matrimonium iuris gentium in Grundzügen Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 345 Rz 4. 909 Zum Konkubinat siehe den justinianischen Digestentitel 25,7 und Codextitel 5,26. Dazu Kaser/Knütel/Lohsse, Privatrecht 356 Rz 51–53. 910 BGU I 140 = Chrest Mitt 373; siehe dazu oben 119 aE. Mangels Anhaltspunkte in den Quellen kann die Papinian-Stelle mit dem Reskript Hadrians nicht (wie BGU I 140) für den Komparativ φιλανθρωπότερος (»gütiger«) herangezogen werden, da es weder im Text noch andernorts quellenmäßig belegte Vergleichspunkte zu früheren Entscheidungsträgern hinsichtlich des Falles der Erbschaft der (Ehe-)frau im peculium castrense gibt.
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Militär911 gegeben gewesen, sehr wohl aber eine für den Soldaten »gütige« Entscheidung des Kaisers. Jedenfalls entsprachen die Erbschaftssklaven dem Inhalt nach nicht der gängigen Definition des peculium castrense:912 Der Erwerb dieser Sklaven stand prima vista in keinem militärischen Zusammenhang. Ob das Reskript Hadrians eine, wie Fitting schreibt, »ganz singuläre und willkürliche Begünstigung der Soldaten«913 und »reine, streng auf testamentarische Erbschaften einzuschränkende Singularität«914 zum Inhalt hatte, ist fraglich. Formelle Tatbestandvoraussetzung dafür, dass die Erbschaft der Ehefrau in das peculium castrense fiel, war – und damit unterscheidet sich dieser Spezialfall von der auf den filius familias veteranus erweiterten Testierbefugnis – laut Fitting das »doppelte Erfordernis«915: (1.) Das Testament der Frau als auch der Erwerb der Erbgegenstände aus diesem Testament mussten (2.) während des aktiven Soldatenstands des filius familias miles erfolgt sein.916 Das formelle Erfordernis der Dienstzeit allein reichte jedoch grundsätzlich nicht für ein acquisitum in castrum aus, da man sonst jeglichen nichtmilitärischen Erwerb in das peculium castrense des Soldaten hätte fallen lassen können.917 Was für eine singuläre Entscheidung spräche, ist, dass jedenfalls Ulpian meinte, Legate (welcher Art auch immer) wären nicht in das peculium castrense gefallen: D 49,17,8 (Ulp 45 ed) Si forte uxor vel cognatus vel quis alius non ex castris notus filio familias donaverit quid vel legaverit et expresserit nominatim, ut in castrensi peculio habeat: an possit castrensi peculio adgregari? Et non puto: veritatem enim spectamus, an vero castrensis notitia vel affectio fuit, non quod quis finxit.
911 Weitere Sachverhalte, die der Entscheidung Hadrians zugrunde gelegen haben könnten und mit welchen die ältere Literatur einen militärischen Zusammenhang herzustellen versucht hat, gibt Fitting, Castrense peculium 70, kurz wieder (bei gleichzeitiger Ablehnung dieser älteren Rekonstruktionsversuche). 912 Siehe D 49,17,11 (Mac 2 re milit); Paul sent 3,4a,3; UE 20,10. 913 Fitting, Castrense peculium 71; ebda auch begründet mit der Charaktereigenschaft Hadrians als »unruhiger Geist, [der] zu allem neuen und sogar zu dem paradoxen neigte und über theoretische Bedenklichkeiten, geschöpft aus den hergebrachten Anschauungen, spottete (…)«; vgl dazu HA Hadr 15,10. 914 Fitting, Castrense peculium 72. 915 Fitting, Castrense peculium 69 Fn 1, abgeleitet aus den auch hier zu dem Thema abgedruckten beiden Quellen D 49,17,13 (Pap 16 quaest) und D 49,17,16 pr (Pap 19 resp). Letztere Stelle hat ausdrücklich den filius familias miles als Adressaten der Erbschaft zum Inhalt. Der Interpolationsverdacht zu beiden Stellen von La Rosa, Peculii speciali 51–59 und Albertario, Appunti 172f, ist bereits von Lehmann, Eigenvermögen 204f, ausgeräumt worden. 916 Fitting, Castrense peculium 69f. 917 So bereits Fitting, Castrense peculium 69.
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Übersetzung: Wenn etwa die Ehefrau, ein Verwandter, oder jemand anderer nicht aus dem Militärlager Bekannte dem Haussohn etwas so geschenkt oder per Legat vermacht hat, dass der Haussohn diese Zuwendung namentlich im peculium castrense haben soll, kann sie dem peculium castrense hinzugerechnet werden? Und ich meine nicht: denn wir betrachten die Wirklichkeit insofern, ob tatsächlich eine Bekanntschaft aus dem Militärlager oder »eine im Felde geschlossene Freundschaft«918 vorlag, aber nicht was jemand vorgab.
Hatte eine Bekanntschaft (wahrscheinlich über die bloße Kausalität hinaus) im Heer ihren Ursprung, fiel die Zuwendung sehr wohl in das peculium castrense. Allerdings könnte die strenge Beschränkung des Vermögensursprungs auf das militärische Umfeld auch die spätklassische persönliche (Minder-?)Meinung Ulpians sein (arg vorsichtig non puto und schulmeisterlich veritatem enim spectamus). Es liegt allerdings nahe, dass der Jurist nicht bloße Falschangaben als Fiktionen wertete (was jemand vorgab, quod quis finxit), sondern eben Korrelationen keine Rolle spielen dürfen. So wäre vorstellbar, dass nach Ulpian Zuwendungen etwa aufgrund von Freundschaften »am Rande des Feldes« nicht Eingang in das peculium castrense finden durften. In seinem Kommentar zu den augusteischen Ehegesetzen (leges Iulia et Papia919) konkretisiert Ulpian diese Ansicht, indem er ausführt, dass nicht das Geld, das zur Beschaffung von militärischen Sachen in Form eines Legats hinterlassen worden war, zum peculium castrense gezählt wurde, sondern erst die Sachen, die der Haussohn für dieses Geld besorgt hatte: D 49,17,3 (Ulp 8 Iul et Pap) Si mulier filio viri militi ad castrenses vel militares forte res comparandas reliquerit pecuniam, utique castrense peculio ea quae comparantur adnumerari incipiunt.
Fitting führt als Charakteristikum zur Abgrenzung dieser Stelle von der obigen Hadrianischen Verordnung an (welche die Erbschaft der Ehefrau zum Inhalt hatte, aber offenbar keinen direkten militärischen Bezug aufweist),920 dass es sich hier um gegebenes Geld handelt, das insofern zweckgebunden ist, als es für den Kauf von militärischen Sachen vorgesehen ist. Diese dann mit dem erhaltenen Geld erworbenen Sachen sind dann dem peculium castrense zuzuzählen. (Allerdings lässt sich diese vom Spätklassiker Ulpian erwähnte Erweiterungsstufe, dass Geld gegeben, um castrensische Sachen anzukaufen, damit diese zum peculium castrense hinzugezählt werden, zeitlich nicht einordnen.) Was dennoch eine Verbindung des Sachverhalts der Hadrian-Entscheidung zum Militär sein könnte, ist für das kaiserliche Reskript vielleicht das erhebliche Sachverhaltselement, dass es sich bei den Erbgegenständen um Sklaven handelte. 918 Eine Übersetzungsvariante von affectio in Heumann/Seckel, Quellen 24. 919 Zu diesen Kaser, Das römische Privatrecht I 318–321. 920 Fitting, Castrense peculium 71.
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In Betracht kommt der praktische Gesichtspunkt, dass den Sklaven als servi castrenses und, konkret auf den obigen Text bezogen, als Freigelassene des – wohl nach wie vor – filius familias miles im Lagerleben eine neue Funktion hätte gegeben werden können. Die Wendung proprios eius libertos (»[des Sohnes] eigene Freigelassene«) im Text unterstreicht die Abgrenzung zur früheren Rechtslage, nach welcher der pater familias als Patron der vom Sohn freigelassenen Sklaven angesehen worden war. Die Entscheidung Hadrians ist somit in den generellen Kontext der Freilassungsbefugnis des Haussohns zu bringen, sofern Sklaven im peculium castrense eine Rolle spielten. Damit hätte hier die Verbindung zum Militär pro futuro gegeben sein können, sofern sich der filius familias miles der Sklaven (wie auch später Freigelassenen) etwa als Offizier für diverse Aufgaben in castris hätte bedienen wollen.921 Daher wird – mangels anderer Anhaltspunkte in den Quellen – statt Willkür des Urhebers922 eher anzunehmen sein, dass sich das Reskript in jene Entscheidungen einreiht, welche seitens Hadrian von wohl praktischen Überlegungen geleitet waren.923 Diese verdrängten etwaige rechtsdogmatische Rigiditäten. Auch Lehmann schließt sich Fitting hinsichtlich der Meinung an, dass das hadrianische Reskript eine »willkürliche Begünstigung« der Soldaten zum Inhalt hatte, mit der Begründung, dass solch eine »durchaus nicht selten« sei.924 Als Beispiel hiefür bringt Lehmann die Anordnung des Augustus, dass ein Soldat vom Vater nicht enterbt werden dürfe.925 Die Willkür ist aber auch hier nicht ersichtlich, wenn man diese Entscheidung als Teil der Begünstigungen betrachtet, die vor dem Hintergrund des besonderen Schutz- und Treueverhältnisses von princeps und den von ihren patres familias faktisch entkoppelten milites erlassen wurden.926 Lehmann geht einen Schritt weiter und bezeichnet die Erbschaft der Ehefrau im peculium castrense als »Systemwidrigkeit«927. Daher haben nach Lehmann die Juristen andere Erwerbungen abseits der Erbschaft der verstorbenen Ehefrau außerhalb des Militärkontextes, etwa schon aufgrund eines Vermächtnisses, nicht weiter in das peculium castrense zugelassen.928 Der von Lehmann verwendete Ausdruck »Systemwidrigkeit« greift allerdings zu weit, schließ921 Zu Präsenz und Funktion von Sklaven und Freigelassenen in der Armee siehe oben 129 und 131. 922 Wie Fitting, Castrense peculium 68f, annimmt (»Völlig willkürlich«). 923 Wie das in D 38,2,22 (Marc 1 inst) genannte Reskript Hadrians an Flavius Aper (Patronanz des filius familias über freigelassene castrensische Sklaven). Siehe dazu oben 133 sowie das Reskript BGU I 140 = Chrest Mitt 373 = FIRA I2 Nr 78, 428–430; zu diesem oben 119 aE. 924 Lehmann, Eigenvermögen 205. 925 D 28,2,26 (Paul 3 sent) = Paul sent 3,4b,10a. 926 Zur organisatorisch-geographischen Distanz der filii familias milites oder veterani zu ihren Hausvätern siehe oben 88. 927 Lehmann, Eigenvermögen 204. 928 Lehmann, Eigenvermögen 203f.
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lich handelte es sich nur um einen Vermögenszufluss in das peculium castrense. Man mag es vielmehr als definitionswidrig bezeichnen, dass die von der verstorbenen Ehefrau geerbten Sachen im peculium castrense keinen Konnex zum Militär aufweisen konnten. Dies hat aber mit dem System nichts zu tun, zumal als »Systemwidrigkeit« dann die Stellung des Haussohns als Eigentümer über das peculium castrense anzusehen gewesen wäre. Mit Guarino ist daher in einem ersten Schritt von einer bloß »altra categoria di beni«929 zu sprechen, die nicht das System in Frage stellt, wohl aber nur die Herkunft der Güter im peculium castrense: Das Erbschaftsvermögen speist das peculium castrense, worüber der Haussohn wiederum uneingeschränkt testieren darf (samt den damit einhergehenden und daraus sich entwickelten Verfügungsmöglichkeiten, wie die Freilassung von Sklaven).930 Es lag daher keine Änderung des »Systems« des peculium castrense vor, da nicht das Vermögen an sich das peculium castrense ausmachte, sondern eben in Bezug auf den Haussohn die Testierbefugnis über dieses – mochte das ius testandi im Zivilrechtssystem auch systemwidrig gewesen sein. Jedoch könnte mit den zuvor erbrachten soziologischen Überlegungen hinsichtlich einer in castris praktischen Funktion der vererbten Sklaven ein militärischer Zusammenhang mit dem Vermögenszufluss in das peculium castrense zu sehen sein. In der folgenden Stelle grenzt Papinian den Erbschaftserwerb der verstorbenen uxor in das peculium castrense von der dos ab: D 49,17,16 pr (Pap 19 resp) Dotem filio familias datam vel promissam in peculio castrensi non esse respondi. Nec ea res contraria videbitur ei, quod divi Hadriani temporibus filium familias militem uxori heredem extitisse placuit et hereditatem in castrense peculium habuisse. Nam hereditas adventicio iure quaeritur, dos autem matrimonio cohaerens oneribus eius ac liberis communibus, qui sunt in avi familia, confertur. Übersetzung: Ich antwortete, dass die einem Haussohn gegebene oder versprochene dos nicht in das peculium castrense fällt. Dies ist auch damit in keinem Widerspruch zu sehen, dass zur Zeit Hadrians ein filius familias miles von seiner Ehefrau zum Erben eingesetzt und als solcher zu behandeln ist – somit die Erbschaft in das peculium castrense fällt. Denn die Erbschaft erlangt er aufgrund eines ihm von außen zukommenden Rechtserwerbs, die dos hingegen dient der finanziellen Bestreitung der ehelichen Lasten sowie der gemeinsamen Kinder, welche in der familia des Großvaters stehen.
Im Sachverhalt wird einem Haussohn, der ein peculium castrense hat, (als Ehemann) eine dos versprochen oder gegeben. Es stellt sich die Rechtsfrage, ob der Haussohn die dos in sein peculium castrense erhält. Papinian verneint dies mit 929 Guarino, L’oggetto 66. 930 Vgl Guarino, L’oggetto 66.
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der Begründung, dass die (alleinige) Zweckwidmung der dos die Bestreitung des monetären Aufwands der Ehe ist (matrimonio cohaerens oneribus).931 Der Erbschaftserwerb hingegen ist ein von außen kommender und entstammt nicht dem Vermögen des Hausvaters der Tochter932 (adventicio iure). Damit kann dieses Vermögen Eingang in das peculium castrense finden. Das Dotalvermögen hingegen ist, wie soeben angeführt, klar zweckgewidmet. Der Jurist argumentiert mit dem Charakter der dos als innerfamiliäre, finanzielle Unterstützung, der nicht dem äußeren Zufluss eines Erbschaftserwerbs entspricht.933 Auffallend ist, dass Papinian die Diskussion um den (gegebenen oder fehlenden) Militärkontext von sowohl dos als auch Erbschaftserwerb von der uxor völlig ausspart. Offen bleibt hierbei, ob Papinian den Erbschaftserwerb der verstorbenen uxor als Singularität erachtete oder aber auch die Umstände des Falles des obigen, auch durch seine Feder überlieferten Reskripts kannte. Eine möglicherweise wie auch immer faktisch gegebene occasio militiae ist nicht ausgeschlossen. Die römischen Juristen sprachen hinsichtlich des Reskripts Hadrians aber selbst nicht von einer »Systemwidrigkeit dieser Vergünstigung«934 oder dergleichen, zumal der römischen Jurisprudenz generell ein abstraktes Systemdenken – mangels klarer Manifestation eines solchen Denkens in den Quellen – fern zu sein schien. Die Entscheidungen des Hadrian das peculium castrense betreffend, also 1. die Erstreckung der Testierbefugnis auf den filius familias veteranus, 2. die Möglichkeit der Freilassung castrensischer Sklaven durch den Haussohn sowie dessen Patronat über diese und 3. der Zufluss der Erbschaft der verstorbenen Ehefrau des Soldaten in das peculium castrense zeichnen ein Bild, in dem der Kaiser die Person des Soldaten und damit das Erhalten des Wohlwollens der Armee ihm gegenüber in den Vordergrund zu stellen trachtete. Der sonst geforderte militärische Konnex des Vermögenszuflusses in das peculium castrense935 erscheint hier sekundär. Bereits für die Rechtslage unter Hadrian lässt sich daher das peculium castrense als Vorbote einer zukünftigen Entwicklung der vermögensrechtlichen Verselbstständigung der Hauskinder erkennen, in der langsam, aber doch das »Militärische« abgestreift wird: »Man kann sagen: das peculium castrense trug ein Doppelangesicht; mit dem einen blickte es zurück nach dem Handelspeculium der Sklaven, welchem der dominus auch schon velut extraneus gegenüber stand, und mit dem anderen blickte es hinaus in die Zu-
931 Einen Rechtsanspruch auf die dos hat der Ehemann nicht, sie ist sittliche Pflicht des Bestellers; siehe Kaser, Das römische Privatrecht I 80. 932 Übersetzung und Interpretation von adventicius nach Heumann/Seckel, Quellen 20. 933 Vgl Lehmann, Eigenvermögen 203. 934 Lehmann, Eigenvermögen 204. 935 Vgl Paul sent 3,4a,3; D 49,17,11 (Mac 2 re milit). Siehe auch oben 16 mit Fn 21.
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kunft auf das System der freien Güter der Hauskinder, in welchem sich deren ökonomische Emancipation allmählich vollendete.«936
936 Kuntze, Cursus 743f. Guarino, L’oggetto 72, vermutet, dass sich peculium castrense und reguläres peculium in der Folge rechtlich wechselseitig beeinflussten: »(…) un’ opera di reciproco influenza (…)«. Dies habe nach Guarino, ebda 72f, sowohl zur Erweiterung des Vermögenszuflusses in das peculium castrense mit Abschiedsgeschenken für eunti in militiam als auch in der Nachklassik zur Überlagerung des Regelungskomplexes der regulären peculia durch jenen des peculium castrense geführt.
V.
Ergebnisse
Aufgrund der Etablierung des stehenden Heeres durch Augustus wurde der Soldat vom zivilen Leben getrennt und es verdünnte sich der Machteinfluss des pater familias bis hin zur weitgehenden Isolation des filius von der allumfassenden patria potestas. Ein neues Loyalitätsverhältnis zum princeps wurde begründet, das zwar parallel zu jenem zum Hausvater bestand, aufgrund des Zeitfaktors ( jahrzehntelange Absenz des filius von seiner domus) aber für den filius families miles im Vordergrund stand. Augustus griff in die für die Römer bzw für die Hausväter hochsensible Materie des althergebrachten Erb- und insbesondere Familienrechts ein, als er den im Militärdienst stehenden und der väterlichen Gewalt unterworfenen Söhnen erlaubte, über das peculium castrense rechtsgültig ein Testament zu errichten. Einerseits ging Augustus dabei – was das Familienrecht angeht – sehr behutsam vor und deklarierte das peculium castrense des Haussohns fortan nicht als proprietas oder dominium schlechthin (dies sollte erst später, und auch erst nach Hadrians Freilassungs-Entscheidung durch die spätklassischen Juristen wie Papinian und Tryphonin erfolgen). Er traf die römische Bevölkerung aber insofern am Nerv, als die Möglichkeit, ein Testament zu errichten, für einen Römer das wichtigste Rechtsgeschäft darstellte. Einerseits wurden Teile des Vermögens des Soldaten zu Abfertigungszwecken einbehalten und erst nach erfolgter missio honesta ausgezahlt, was mit Fitting als Vermögenskern des peculium castrense betrachtet werden kann und worüber bereits während aktiven Militärdienstes ein Testament errichtet werden konnte.937 Andererseits ist bei den übrigen Sachen des militärischen Alltags wie Geld, Waffen, Kleidung etc eine faktische Verfügungsgewalt des filius familias miles anzunehmen, an der der pater familias angesichts der (geographischen und organisatorischen) Abgeschnittenheit vom Heeresbetrieb keine Teilhabe hatte. Die patria potestas geriet in ein Konkurrenzverhältnis zur Vaterfigur des Augustus, dem der Soldat zuvor durch den Soldateneid seine Treue geschworen hatte. Bei näherer Betrachtung erkennt man im Staatsgefüge mit dem princeps an 937 Fitting, Castrense peculium 18f Fn 10.
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der Spitze Parallelstrukturen zur privatrechtlichen familia, wobei das militärische Sondergut für diese Untersuchung vermögensrechtlich den Angelpunkt bildet. Durch die Vaterrolle des princeps entstand ein Spannungs-, aber kein Konfliktverhältnis zur patria potestas. Ein Pendant zur väterlichen Vermögenshingabe in Form eines gewöhnlichen peculium zeigt sich auf Staatsebene einerseits durch die Einrichtung des aerarium militare, in welches Augustus aus seinem Privatvermögen einzahlte, und aus welchem letztlich in Form des Soldes das peculium castrense des filius familias miles gespeist wurde. Von der hierarchisch-organisatorischen Struktur der familia lässt sich im Heer ein Spiegelbild erkennen: der princeps bzw die unter ihm gestandenen Delegierten bestimmten über die Karriere des filius familias und befehligten diesen auf Basis des dem princeps geschworenen Treueeides. Ein Bruch dieses Eides wurde drakonisch verfolgt und der militärische Bestrafungsanspruch entsprach der Familiengewalt in seiner stärksten Ausprägung: dem ius vitae necisque des pater familias. Die Intention für die Einführung der Testierbefugnis des Haussohns über sein peculium castrense samt damit einhergehender rechtlich anerkannter Verfügungsbefugnis dürfte ein konsequentes rechtgestalterisches Zu-Ende-Denken der Situation gewesen sein, dass es dem pater familias regelmäßig nicht möglich war, seine vermögensrechtliche Gewalt aus der geographischen und organisatorischen Distanz auszuüben. Die von der patria potestas mitumfasste Vermögensgewalt des Hausvaters über seinen Sohn war zumindest für die Dauer des Militärdienstes faktisch weitgehend aufgehoben.938 Im Vergleich zum regulären, vom pater familias eingeräumten peculium gab es beim peculium castrense keine Ingerenz des Hausvaters; aus heeresorganisatorischen Gründen war ein Hineinwirken des pater familias schwer vorstellbar. Das Heeresvermögen wurde vorwiegend durch Steuern sowie Spenden der principes gespeist und die Verwaltung des peculium castrense erfolgte in einem vom Hausvater getrennten Finanzbetrieb. Dies ergibt ein Bild der Heeresfinanzverfassung eines geschlossenen Systems bzgl der Vermögensadministration bzw Kassaführung, in welchem der pater familias (bis auf seine Funktion als Steuerzahler) keinen Platz hatte. Der princeps hatte auch dadurch die Aufmerksamkeit der noch gewaltunterworfenen Soldaten auf seiner Seite und konnte diese zur Erreichung der militärischen Aufgaben nutzen.939 Sollte in der augusteischen, aber auch klassischen Rechtsperiode eine wenn auch nur theoretische Einziehungsmöglichkeit des peculium castrense seitens des pater familias wie auch beim gewöhnlichen peculium bestanden haben, war sie dem Finanzbetrieb des exercitus wohl sehr hinderlich. Noch wahrscheinlicher scheint es gewesen zu sein, dass dem Haus938 So bereits Guarino, L’oggetto 41, 67f; dazu oben 83 aE. Siehe auch Lehmann, Eigenvermögen 269. 939 Vgl Fitting, Castrense peculium 18.
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vater die Vermögenswerte des peculium castrense zu Lebzeiten des filius familias miles, welche in der Heereskasse lagen, faktisch nicht zugänglich und auch sonst verwehrt waren von der Heeresfinanzverwaltung. Es gibt Anhaltspunkte in den althistorischen Quellen, die vermuten lassen, dass das ius testandi des filius familias miles nach dem Tod des Augustus fortbestand. So verfolgte sein Nachfolger Tiberius eine konservative Politik, welche die getroffenen Maßnahmen seines Vorgängers wohl aus Prinzip nicht in Frage stellte. Zudem lässt sich beobachten, dass es um das Verhältnis zwischen Soldaten und den Augustus nachfolgenden principes bis exklusive Nerva (dem Inst 2,12 pr das ius testandi nach Augustus trotz zeitlicher Lücke von fast einem Jhdt wieder zuschreibt) nicht derart schlecht bestellt war, dass ein Zurücknehmen von Soldatenprivilegien plausibel hätte nachvollzogen werden können. Trotz des »unruhigen ersten Jahrhunderts«940 kann somit die Annahme zur Diskussion gestellt werden, dass es kein Zurücknehmen des Privilegs gab. Obwohl diese Problematik der durchgehenden Geltung der zu behandelnden Norm auf den ersten Blick von untergeordneter Relevanz zu sein scheint, hatte die Fortgeltung des ius testandi des Haussohns auch die Funktion, über die Generationen der ersten principes hinweg ein Ausdruck des besonderen Treuebands zu ihren Soldaten zu sein. Eine Rücknahme von Privilegien barg das Risiko von Revolten. Auch unter Anbetracht der damnatio memoriae »schlechter« Kaiser wie Caligula und Domitian und damit der Auslassung ihrer Namen ist die Aufzählung der Herrscher Augustus, Nerva und Trajan, die dem filius familias das Testierrecht über das militärische Sondergut (wieder-)gewährten, in Inst 2,12 pr möglicherweise bloß demonstrativ (die Nennung Hadrians bezieht sich auf die Erweiterung des ius testandi auf filii familias veterani). Mit der Testierbefugnis über das peculium castrense fand nicht zuletzt eine vermögensrechtliche Gleichstellung von Legionen, welche sich aus genuin römischen Bürgern zusammensetzte, und Hilfstruppen mit Peregrinen statt, deren verschiedene Rechtsordnungen die Institution der patria potestas und deren Vermögensgewalt nicht kannten. Möglicherweise war diese Gleichstellung ebenso rechtspolitisches Ansinnen des Augustus. Sinngemäß galt im Sinne der Beibehaltung stabiler Verhältnisse ab Hadrian die Testierbefugnis über das peculium castrense auch für die ehrenvoll aus dem Militärdienst ausgeschiedenen filii familias veterani. Die Qualifizierung des peculium castrense als Eigenvermögen des Sohnes im klassischen Recht entspricht dem vorangegangenen soziohistorischen Befund der weitgehenden faktischen Unabhängigkeit des filius familias miles. So führte die Eingliederung des Haussohns in die völlig eigenständige Organisation des Heeres zur sozialen Unabhängigkeit des filius von seinem pater familias. Auch 940 Waldstein/Rainer, Rechtsgeschichte 218 Rz 3.
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die noch zur Anfangszeit (bis Hadrian) vorherrschende theoretische eigentumsrechtliche Zuordnung des peculium castrense zur Eigentumssphäre des pater familias – gewissermaßen als nudum ius – hatte auf die Verfügungsmöglichkeiten des filius familias miles zu seinen Lebzeiten praktisch keine wesentliche Auswirkung. Ein Aufbäumen seitens der patres familias gegen das ius testandi ihrer filii familias milites bzw veterani ist andererseits nicht zu erkennen. Die 16. Satire Juvenals belegt, dass sich als Folgewirkung dieses ius testandi vielmehr das Bild ergeben kann, dass der pater familias dem Sohn nun »nachlief«, von ihm (dem filius) testamentarisch als Erbe des peculium castrense eingesetzt zu werden. Dies spricht auch für die Verankerung des peculium castrense als Eigenvermögen des Sohnes im Rechtsbewusstsein der Bevölkerung in klassischer Zeit.941 Dem filius familias miles bzw veteranus war mit der Möglichkeit der Errichtung eines Testaments über das peculium castrense als Befriedigung eines römischen Urbedürfnisses sowie den juristisch-praktischen Verfügungsmöglichkeiten über dieses Sondergut (wie etwa der Befugnis zur manumissio castrensischer Sklaven) Genüge getan worden. Mit der Testierbefugnis der Haussöhne erhielt die aufgrund des Militärdienstes erworbene faktische Vermögensmasse der bona castrensia als peculium castrense eine rechtliche Kontur. Dadurch eröffnete sich auch der Weg zur vermögensrechtlichen Verselbstständigung römischer Hauskinder. Nicht zuletzt erweist sich der Themenkomplex »Peculium castrense« als anschauliches Beispiel der Verschränkung von Militärpolitik und Privatrecht.
941 So bereits Fitting, Castrense peculium 21, 19 mit Fn 11.
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Juristisch
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Quellenregister
Arr Peripl 9,12 128 Aug res gest 7,2 64 Aug res gest 10 65 Aug res gest 15,4 60 Aug res gest 16 57 Aug res gest 17,2 57f,67,70 Aug res gest 26,4 60 Aug res gest 28 127 Aug res gest 30,2 60 Aug res gest 30,3 60 Aug res gest 34,1 64 Aug res gest 34,3 81 Aug res gest 35,1 66,78 BGU I 140
120,139,142
C 5,26 139 C 5,70,7 pr (Iust, a 530) 33 C 5,70,7,1a (Iust, a 530) 33 C 6,20 56 C 6,21,1 (Ant, a 212) 87 C 6,21,2 (Ant, a 213) 87 C 6,21,13 (Val et Gal, a 254) 83 C 6,22 46 C 6,22,2 (Diocl et Maxim, a 290) 87 C 6,60,1 (Iust, a 531) 121 C 6,61,1,1 (Iust, a 529) 86 C 6,61,6 (Iust, a 529) 86 C 6,61,8 pr (Iust, a 529) 86 C 6,62,2 (Const, a 347) 120 C 6,62,3 (Const, a 349) 120 C 12,36,1,1 (Alex Sev, a 223) 14,50 C 12,36,1,2 (Alex Sev, a 223) 14 C 12,36,2 (Alex Sev, a 224) 23
C 12,36,3 (Alex Sev, a 224) 18,40 Caes Gall 1,39 99 Caes Gall 6,19,3 38 Cass Dio 52,27,1–3 59,89f Cass Dio 52,27,3 59,63,89f Cass Dio 52,27,4 44,76 Cass Dio 52,27,5 44,76,82 Cass Dio 53,11,5 69 Cass Dio 53,15,4 106 Cass Dio 53,18,3 79 Cass Dio 53,32,5 65f Cass Dio 54,3,3 65 Cass Dio 54,10,5 66 Cass Dio 54,16,1–17 62 Cass Dio 54,25,5 49f,50,57,63,68f Cass Dio 54,25,6 49,63,68f Cass Dio 55,6,4 53 Cass Dio 55,23,1 57f,70 Cass Dio 55,23,2 90,94 Cass Dio 55,24 90 Cass Dio 55,24,9 69 Cass Dio 55,25,2 58,67 Cass Dio 55,25,6 58 Cass Dio 56,9,3 78 Cass Dio 56,28,2 69 Cass Dio 56,32,2 53f,96,110 Cass Dio 56,42,2 73 Cass Dio 57,3,2 109,111 Cass Dio 57,4,2 51 Cass Dio 57,5,3 54 Cass Dio 57,6,4 54 Cass Dio 57,8,1 70,110 Cass Dio 57,8,5 109 Cass Dio 58,12,8 110
164
Quellenregister
Cass Dio 58,18,3–4 110 Cass Dio 59,2,1 111 Cass Dio 59,2,3 111 Cass Dio 59,20,7 69 Cass Dio 60,22,3 113 Cass Dio 64,14,1 113 Cass Dio 68,3,3 116 Cass Dio 68,3,3–4 116 Cass Dio 69,9,1 119 Cass Dio 78,9,4–5 97 Cass Dio 78,24,1 111 Chrest Mitt 373 120,139,142 Chrest Mitt 377 97 Cic inv 2,63 87 Cic off 1,36 70 Cic orat 3,1,3 39 Cic phil 2,55 60 Cic re publ 3,37 79 Cic Tusc disp 1,31 46 Cic Tusc disp 2,47f 79 CIL III 1471 131 CIL III 1652 131 CIL III 2040 131 CIL VI 93 111 CIL VI 2691 131 CIL VI 2777 129 CIL VI 31267 80 CIL VIII 9238 129 CIL IX 4648 131 CIL X 444 113 CIL X 1401 112 CIL X 3444 129 CIL X 3448 129 CIL X 7852 113 CIL XI 3872 111 CIL XIII 7005 131 CIL XIII 7515 131 CIL XVI 123 110 Col rust 6,1,4 40 CTh 5,6,1 (Const, a 347) 120 CTh 7,22,2,1–2 (Const, a 326) 131 D 1,1,7 pr (Pap 2 def) 23 D 1,2,2,47 (Pomp lib sing ench) D 1,2,2,48 (Pomp lib sing ench) D 1,2,2,49 (Pomp lib sing ench)
23 23 23,69
D 1,5,4,3 (Flor 9 inst) 53 D 1,5,17 (Ulp 22 ed) 97 D 1,6,9 (Pomp 16 Quint Muc) 49 D 1,7,3 (Paul 4 Sab) 49 D 1,16,4,2 (Ulp 1 off proc) 93 D 2,4,4,1 (Ulp 5 ed) 24 D 2,4,8 pr (Ulp 5 ed) 24 D 2,14,38 (Pap 2 quaest) 47 D 4,4,3,4 (Ulp 11 ed) 13,112 D 5,1,4 (Gai 1 ed prov) 24 D 5,1,57 (Ulp 41 Sab) 13 D 11,7,12,2 (Ulp 25 ed) 88 D 11,7,12,4 (Ulp 25 ed) 88 D 12,2,23 (Ulp 26 ed) 45 D 14,6,2 (Ulp 64 ed) 137 D 14,6,9 (Ulp 29 ed) 137 D 15,1,4 pr (Pomp 7 Sab) 42 D 15,1,5,1–2 (Ulp 29 ed) 20 D 15,1,5,3 (Ulp 29 ed) 40 D 15,1,5,4 (Ulp 29 ed) 42f D 15,1,6 (Cels 6 dig) 43 D 15,1,7,3 (Ulp 29 ed) 43 D 15,1,9 (Ulp 29 ed) 42 D 15,1,37,1 (Iul 12 dig) 20 D 15,1,39 (Flor 11 inst) 42 D 15,1,44 (Ulp 63 ed) 13 D 15,1,45 (Paul 61 ed) 13 D 16,2,16 pr (Pap 3 quaest) 83,87,125 D 16,3,6 (Paul 2 ed) 55 D 23,2,35 (Pap 6 resp) 39,45 D 23,2,43 (Ulp 1 Iul et Pap) 62 D 23,2,65,1 (Paul 7 reg) 106 D 24,1,60–62 139 D 24,3,53 (Tryph 12 disp) 13 D 25,7 139 D 26,4,7 (Gai 1 inst) 38 D 27,1,8,1 (Mod 3 exc) 124 D 28,1 46 D 28,1,3 (Pap 14 quaest) 47 D 28,1,4 (Gai 2 inst) 100 D 28,2,26 (Paul 3 sent) 123,142 D 28,3,6,6 (Ulp 10 Sab) 124 D 28,3,6,7 (Ulp 10 Sab) 120 D 29,1,1 pr (Ulp 45 ed) 22,98f,108,114–116 D 29,1,6 (Ulp 5 Sab) 87 D 29,1,11 pr (Ulp 45 ed) 71,83,124,126f
165
Quellenregister
D 29,1,15,1 (Ulp 45 ed) 126 D 29,1,17,1 (Gai 15 ed prov) 83,87,125 D 29,1,21 (Afric 4 quaest) 124 D 29,1,23 (Tert lib sing castr pec) 33 D 29,1,26 (Mac 2 re milit) 61,71,124–128 D 29,1,29,3 (Marc 10 dig) 23 D 29,1,33 (Tert lib sing castr pec) 33 D 29,1,38 pr–1 (Paul 8 quaest) 124 D 30,44 pr (Ulp 22 Sab) 23 D 35,2,18 (Paul 11 quaest) 19 D 36,1,1,6 (Ulp 3 fid) 48 D 37,6 56 D 37,6,1 pr (Ulp 40 ed) 75 D 37,6,1,15 (Ulp 40 ed) 48 D 37,6,1,22 (Ulp 40 ed) 18 D 37,6,2,5 (Paul 41 ed) 56 D 37,14,8 pr (Mod 6 reg) 19,22,36,53,129, 132,134f D 37,15,1 pr (Ulp 1 op) 123 D 38,2,3,8 (Ulp 41 ed) 19,22,36,53,129,132, 134–136 D 38,2,22 (Marc 1 inst) 19,22,23,33,36,53, 119,129,132f,137,142 D 38,8,1 pr (Ulp 46 ed) 120 D 38,12,1 (Mac 2 mil) 83 D 38,12,2 (Pap 16 resp) 87 D 38,17,10 pr (Pomp 2 sen cons) 23 D 39,6,15 (Iul 27 dig) 23,33,103,119 D 40,9,10 (Gai 1 cott) 92 D 40,12,29 (Men 1 re milit) 129 D 40,12,44 (Ven 7 act) 45 D 41,3,4,1 (Paul 54 ed) 31 D 43,7,3,1 (Ulp 33 Sab) 63 D 44,7,39 (Gai 3 ed prov) 13 D 45,2,7 (Flor 8 inst) 17 D 45,3,18 pr (Pap 27 quaest) 130 D 46,4,18,1 (Flor 8 inst) 17 D 47,2,52,6 (Ulp 37 ed) 24 D 47,22,1 pr (Marc 3 inst) 88 D 48,8,2 (Ulp 1 adult) 39 D 48,9,5 (Marc 14 inst) 39 D 49,16,3,8 (Mod 4 de poen) 57 D 49,16,3,15 (Mod 4 poen) 92 D 49,16,3,21 (Mod 4 poen) 126 D 49,16,4,11 (Men 1 re milit) 77 D 49,16,6 (Men 3 milit) 126
D 49,16,11 (Marc 2 reg) 129 D 49,17,2 (Ulp 67 ed) 14,19,121 D 49,17,3 (Ulp 8 Iul et Pap) 141 D 49,17,4 (Tert lib sing castr pec) 33 D 49,17,5 (Ulp 6 Sab) 31 D 49,17,8 (Ulp 45 ed) 14,140 D 49,17,9 (Ulp 4 disp) 14,19,23 D 49,17,11 (Mac 2 re milit) 16,40,140,144 D 49,17,13 (Pap 16 quaest) 14,132,135,138, 140 D 49,17,14 (Pap 27 quaest) 14,19,74 D 49,17,15,1–2 (Pap 35 quaest) 24 D 49,17,15,4 (Pap 35 quaest) 14,18,103,129 D 49,17,16 pr (Pap 19 resp) 14,140,143 D 49,17,17 pr (Pap 2 def) 20 D 49,17,18,1–3 (Maec 1 fid) 23f D 49,17,18,1 (Maec 1 fid) 23f,31 D 49,17,18,2 (Maec 1 fid) 23f,29 D 49,17,18,3 (Maec 1 fid) 23f,29,129 D 49,17,18,4–5 (Maec 1 fid) 18 D 49,17,18,5 (Maec 1 fid) 18,23 D 49,17,19,2 (Tryph 18 disp) 92 D 49,17,19,3 (Tryph 18 disp) 19,23,29,31f, 34,53,104,120,129,132,136 D 50,1,17,2 (Pap 1 resp) 49 D 50,12,2,1 (Ulp 1 disp) 45 D 50,16,195,2 (Ulp 46 ed) 92 D 50,17,7 (Pomp 3 Sab) 87 Epict 1,14,15–17 70 Epict 1,14,15 70 Flav Jos bell Iud III 4,2 130f Flav Jos bell Iud III 8–10 114 Frg Vat 51 (Paul 2 man trib) 13 Front Strat 4,1,4 71 Gai inst 1,7 23 Gai inst 1,48–51 38 Gai inst 1,55 13,37f,95 Gai inst 1,56–57 132 Gai inst 1,57 132 Gai inst 1,127 39 Gai inst 1,128 39 Gai inst 1,130–131 39 Gai inst 1,132–135a 39
166
Quellenregister
Gai inst 1,156 38 Gai inst 2,87 13,22 Gai inst 2,96 13 Gai inst 2,111 17 Gai inst 2,111a–114 46 Gai inst 2,114 46,100 Gai inst 2,267 132,136 Gai inst 3,104 13 Gell 16,4,2 52 HA Hadr 11,1–2 119 HA Hadr 21,9 119 HA Sev 7,6 53 Herodian 2,11,5 63 Herodian 3,8,5 93,106,138 Inst 1,3,3 53 Inst 2,9,1 86 Inst 2,11 15 Inst 2,12 46 Inst 2,12 pr 15,47,100,105,114f,123,149 Inst 2,14,5 87 Inst 3,16,2 17 Inst 3,29,2 17 Isid orig 9,3,38 129 Juv Sat 16
23,86,108,121–123,150
Liv 2,41,10 41 Liv 2,45 70 Liv 4,59,11 51 Liv 8,7,15–22 92 Liv 21,41,16 73 Liv 21,42,34 73 Liv 22,57,11 129 Liv 23,38,6 129 Liv 24,16,3 129 Liv 30,14,8 52 Liv 44,39 90 Nov 118
15,20,24,86,121
P Gen Lat 1 50 P Giss 40 97 P Mich 8,476 130 Paul sent 3,4a,3 16,140,144
Paul sent 3,4b,10a 142 Paul sent 5,9,4 56 Plaut Capt 19f 40,43 Plaut Capt 982–988 43 Plaut Capt 1011–1013 43 Plin epist 8,6,10 112 Plin epist 8,6,13 112 Plin nat hist 7,149 79 Plin pan 6,1 116 Plut Cat mai 9,6 46 Polyb 6,21,1–3 70 Polyb 10,16 52 Polyb 10,16,1 52 Sen ben 6,32 79 Sen clem 1,10,3 78 Suet Aug 24–26 63 Suet Aug 24,1 73,76f,93 Suet Aug 24,2 126,139 Suet Aug 24,3 74,139 Suet Aug 24,4 74 Suet Aug 25,2 129f Suet Aug 25,4 101 Suet Aug 27,5 65 Suet Aug 35,1 62 Suet Aug 49 63 Suet Aug 49,1–4 66f Suet Aug 49,1 59,66,69 Suet Aug 49,2 58f,67 Suet Aug 49,3 57,67 Suet Aug 49,4 57f,67 Suet Aug 58,1 66,78 Suet Aug 65,2–4 79 Suet Aug 101,2 53,60,96,110 Suet Aug 101,3 54 Suet Cal 22,1 111 Suet Cal 44,1 111 Suet Dom 7,8 51 Suet Dom 23,1 114 Suet Galb 16 113 Suet Nero 7 112 Suet Tib 24 109 Suet Tib 26,1–2 110 Suet Tib 26,5 110 Suet Tib 48,2 111 Suet Vit 7f 113
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Quellenregister
Tac ann 1,7 109 Tac ann 1,8 110 Tac ann 1,8,2 53,96 Tac ann 1,8,3 54 Tac ann 1,11 67 Tac ann 1,16,3–17,4 111 Tac ann 1,17,3 93,111,128 Tac ann 1,17,4 51,111 Tac ann 1,17,5 51 Tac ann 1,17,6 51,111 Tac ann 1,78,2 58,92 Tac ann 4,37 110 Tac ann 6,3 110 Tac ann 12,41,3 112 Tac ann 14,27,2 128 Tac ann 14,27,3 128 Tac hist 4,3,3 113 Tac hist 4,48 69 TM 19436 97
UE 13,1 62 UE 16,2 62 UE 19,18–19 13 UE 20,10 13,21,40,46,69,106,140 UE 23,10 124,127 Val Max 2 pr 111 Veg epit rei milit, Prolog, 2 54 Veg epit rei milit 1,4,1–4 48 Veg epit rei milit 2,4,3 54,72 Veg epit rei milit 2,5,2–5 70–72 Veg epit rei milit 2,5,2 70,71,90 Veg epit rei milit 2,5,5 70,72 Veg epit rei milit 2,20 82f Veg epit rei milit 2,20,1–4 54 Veg epit rei milit 2,20,4 54,60 Veg epit rei milit 2,20,6 84,87 Veg epit rei milit 2,20,7 55,84 Vell 2,12,5 110f Vict Caes 12,6–8 116