128 33 41MB
German Pages 462 Year 1999
BENEDIKT KNOTHE
Einstweiliger Rechtsschutz im spanischen und deutschen Zivilprozeß
Schriften zum Internationalen Recht Band 102
Einstweiliger Rechtsschutz im spanischen und deutschen Zivilprozeß Eine rechts vergleichende Darstellung am Beispiel von Arrest und einstweiliger Verfügung unter besonderer Berücksichtigung des Wettbewerbsverfahrens
Von
Benedikt Knothe
Duncker & Humblot . Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Knothe, Benedikt: Einstweiliger Rechtsschutz im spanischen und deutschen Zivilprozeß : eine rechtsvergleichende Darstellung am Beispiel von Arrest und einstweiliger Verfügung unter besonderer Berücksichtigung des Wettbewerbsverfahrens / von Benedikt Knothe. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum Internationalen Recht; Bd. 102) Zug!.: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09493-X
Alle Rechte vorbehalten
© 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 3-428-09493-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9
Meinen Eltern, meiner Frau Catalina
Vorwort Diese Arbeit hat der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-LudwigsUniversität Freiburg im Wintersemester 1997/98 als Dissertation vorgelegen. Rechtsprechung und Literatur sind bis Ende März 1998 berücksichtigt. Mein besonderer Dank gebührt meinem verehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. jur. Dieter Leipold, der das Thema angeregt und meine Arbeit daran in jeder Hinsicht sehr gefördert hat. Die Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl war eine große Bereicherung fur mich. Herrn Prof. Dr. jur. Rolf Stürner danke ich ganz herzlich für die Bereitschaft zur Zweitkorrektur und die äußerst zügige Erstellung seines Gutachtens während der Weihnachtsferien. Zu danken habe ich auch dem Departamento de Derecho Procesal der Universität Valencia und seinen Direktoren Herrn Prof. Dr. Juan Montero Aroca und Herrn Prof. Dr. Manuel Ortells Ramos, die mir mehrere Aufenthalte vor Ort ermöglicht und durch die großzügige Bereitstellung eines Arbeitsplatzes und der Institutsbibliothek sehr geholfen haben. Herrn Prof. Dr. Manuel Ortells Ramos gilt mein Dank für sein Interesse an meinem Thema und fur wertvolle Hinweise sowie ständige Gesprächsbereitschaft. Frau Dr. Maria Pia Calder6n Cuadrado und die übrigen Mitarbeiter des Instituts haben mir in vielen Gesprächen das Dickicht des spanischen Prozeßrechts gelichtet. Der DAAD und das Graduiertenkolleg "Internationalisierung des Privatrechts" der Universität Freiburg haben dankenswerterweise meine Forschungsaufenthalte in Spanien unterstützt. Meine Schwester Katharina Knothe und meine Frau Catalina waren bei der Schlußdurchsicht eine unschätzbare Hilfe. Auch meinen Eltern, die meine Ausbildung großzügig finanziert und mich stets tatkräftig gefördert haben, gilt mein aufrichtiger Dank. Schließlich danke ich meiner Frau Catalina von ganzem Herzen fur die vorbehaltlose Unterstützung und ihr großes Verständnis während der Arbeit an diesem Vorhaben. Bei der Wissenschaftlichen Gesellschaft Freiburg möchte ich mich für den gewährten Zuschuß zu den Druckkosten bedanken.
Freiburg, im März 1998
Benedikt Knothe
Inhaltsverzeichnis Einleitung I. Zielsetzung der Darstellung...............................................................
35
11. Gegenstand und Gang der Darstellung ..............................................
37
Erstes Kapitel Die dogmatischen Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes in Spanien - Abgrenzung zu anderen Verfahren A.
Die Rechtsnatur der medidas cautelares ........................................................
39
I. Begriff.... ............. ......................... ..................... ....... ..... ............ .........
40
II. Die medida cautelar als eigener Prozeß oder als Teil des Hauptverfahrens ................................................................................................
41
I. Vertreter der These vom autonomen Prozeß.................... .............
41
2. Die medida cautelar als unselbständiger Bestandteil des Prozesses..................................................................................................
41
3. Stellungnahme ...............................................................................
42
TII. Der dienende Charakter (instrumentalidad) der medidas cautelares...
42
1. Bedeutung................... .............. ............ ....... ..................................
42
2. Die lnstrumentalität als Abgrenzungsmerkmal.............................
44
a) Abrenzung zu den summarischen Prozessen............ ...............
44
b) Abgrenzung zu sonstigen Schnellverfahren.. ..........................
45
c) Abgrenzung zu Verfahren der Beweissicherung und zu prozessualen Sicherheitsleistungen..............................................
45
d) Abgrenzung zu sonstigen prozessualen Sicherungsmaßnahmen..........................................................................................
46
IV. Die provisionalidad oder temporalidad der medidas cautelares.........
46
V. Homogenität, aber nicht Identität mit den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen........................................................................................
47
10
B.
C.
D.
Inhaltsverzeichnis Überblick über die medidas cautelares im spanischen Recht......................
48
I. Medidas cautelares im Rahmen von Ansprüchen auf Zahlung, Leistung von Sachen oder Herausgabe............................................... ....
49
I. Der embargo preventivo.............. .................. ................................
49
2. Die intervenci6n judicial de bienes Iitigiosos................................
49
3. Die anotaci6n preventiva de demanda........................ ...................
49
4. Exhibici6n y dep6sito judicial de cosa mueble.............................
50
11. Medidas cautelares fLir Ansprüche aufTun und Unterlassen.............
50
IlI. Einstweilige Maßnahmen in bezug auf Personen..............................
50
IV. Sonstige spezielle Eilmaßnahmen mit zumeist zustandserhaltendem Charakter............................... ................ ............. ................................
51
I. Die vorläufige Aussetzung von Gesellschaftsbeschlüssen.. ..........
51
2. Die vorläufige Aussetzung von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung..................................................................
52
3. Die vorläufige Unterbrechung der Aktivitäten bei Personenvereinigungen.....................................................................................
52
4. Die einstweilige Unterlassung von Eingriffen in das Recht auf Ehre, Privatsphäre und am eigenen Bild.......................................
52
5. Einstweilige Maßnahmen nach dem Urheberrechtsgesetz............
52
6. Einstweilige VerfLigungen gegen Werbemaßnahmen...................
53
7. Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Patentgesetz und dem Markengesetz................................................................................
53
8. Einstweilige Maßnahmen im Wettbewerbsrecht...........................
54
Die Grundvoraussetzungen jeder medida cautelar......................................
54
I. Der "fumus boni juris" oder Anordnungsanspruch.. ..... ........ ..... ........
54
II. Die Voraussetzung des "periculum in mora" oder die zu bekämpfende Gefahr................. .............................. .......................................
56
III. Die Sicherheitsleistung als Erlaßvoraussetzung.................................
57
Die Wirkungen der medidas cautelares......... ................................................
59
1. Die Vollstreckungssicherung.. .......... .............. ...... ..... .... ..... .... ...........
59
11. Zustandserhaltende Maßnahmen.......... .... ................ .............. ............
59
III. Maßnahmen mit antizipierender Wirkung.........................................
60
E.
Inhaltsverzeichnis
11
Verfahrensrechtliche Besonderheiten der medidas cautelares....................
61
I. Beschleunigung:.................................................................................
61
11. Die Summarietät der Entscheidung................ ...................... ..............
62
III. Modifikation des Kontradiktionsgrundsatzes....................................
64
Zweites Kapitel
Verfassungsrechtliche Grundlagen des einstweiligen Rechtssschutzes in Spanien A.
B.
Rechtsschutz.....................................................................................................
66
I. Art. 24 der spanischen Verfassung............................................ .........
67
11. Der Prozeß "mit allen Garantien" nach Art. 24 Abs. 2 CE................
67
1II. Sonstige nicht ausdrücklich in Art. 24 CE enthaltene Verfahrensrechte..................................................................................................
69
Effektiver Rechtsschutz (tutela efectiva).......................................................
70
I. Justizgewährungsanspruch.................................................................
71
11. Zugang zum Rechtsschutz...... ........ .............. ................................ .....
71
I. Das Problem der Sicherheitsleistung............ .. ........................ .......
72
2. Sicherheitsleistung bei bedürftigen Parteien.................................
72
III. Recht auf einstweiligen Rechtsschutz............................ ................. ...
73
IV. Recht auf rechtliches Gehör...............................................................
75
V. Rechtsschutz in angemessener Zeit....................................................
76
I. Angemessene Verfahrensdauer nach Art. 24 Abs. 2 CE und die Wirklichkeit..................................................................................
77
2. Zur Auslegung des Begriffes der "unangemessenen Verzögerung".............................................................................................
78
3. Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes bei überlanger Verfahrensdauer. ... ......... ............... .......... ... ........ ............ ............... ......
79
VI. Effektiver Rechtsschutz bei der Vollstreckung der Entscheidung.....
80
VII. Würdigung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts zur Effektivität des Rechtsschutzes...................................................................
81
12
Inhaltsverzeichnis Drittes Kapitel
Der embargo preventivo (Arrest) A.
Rechtsnatur..................... .......................... .. .....................................................
83
B.
Die Arrestarten............................................................... ............. .. ..................
84
C.
SpezialfälIe von Arresten........................................................................ ........
85
I. Der Arrest bei Säumnis................................................. .....................
85
II. Der Arrest wegen rückständiger Mietzinsen......................................
85
IIl. Der Arrest in ausländische Seeschiffe................................................
86
IV. Der embargo preventivo im strafrechtlichen Adhäsionsverfahren.....
86
V. Die Einbehaltung von Geldbeträgen nach Art. 132 LH.....................
87
VI. Der embargo des sogenannten juicio ejecutivo.. ........... ....... ....... .... ...
87
VII. Der embargo de bienes nach Art. 923 LEC.......................................
88
Der "fumus bon i juris" (Arrestanspruch)................ .. ................................. ..
89
I. Der Arrestanspruch - Geldschulden............................................ .......
89
11. Gattungsschulden...............................................................................
89
III. Das Problem der nicht liquiden Geldforderungen........... ................ ...
90
IV. In Geldansprüche wandelbare Ansprüche..........................................
91
V. Bedingte und befristete Forderungen.................................................
92
I. Befristete Forderungen..................................................................
92
2. Bedingte Forderungen...................................................................
95
Der Nachweis des behaupteten Rechts...........................................................
95
D.
E.
I. Der Streit um die Bedeutung des "documento" nach Art. 1400 Nr. I LEe ...........................................................................................
95
I. Die Entstehungsgeschichte............ .... ..... ......... .... ..........................
96
2. Das engere Verständnis.................................................................
97
3. Die Argumente der weiten Auffassung.........................................
98
4. Die Haltung der Rechtsprechung.... ..... ....... ........ ...... ................ .....
100
5. Fazit...............................................................................................
100
Il. Die Arten der zulässigen Urkunden................ .. .................................
101
I. Öffentliche Urkunden....................................................................
101
2. Private Urkunden....................... ............................................... .....
102
Inhaltsverzeichnis
13
lll. Notwendiger Inhalt der Urkunde...... .... ....................... ...... ... .............
103
I. Höhe der Schuld.......................................... ........ ..........................
103
2. Befristete und bedingte Forderungen.. .......... ................................
104
IV. Die Sicherheitsleistung nach Art. 1402 LEC bei nicht vollstreckbaren Urkunden.................. ............ .............................. .. .. .. .. .. ............ ...
106
I. Sicherheit bei sonstigen Nachweisurkunden ........ ........ ... ...... .. ... .. .
106
2. ,.Bekannte Solvenz" (responsabi!idad conocida)....... ... .. .......... ..... 107
F.
3. Höhe und Qualität der Sicherheit............. ...... ........ .. .. ............. .. .. ..
108
V. Das erforderliche Beweismaß............ ...... .. .. .. .. .. .. .... .. .... ...... .... ... .. .....
108
Der Arrestgrund (periculum in mora)........................................ .... ...............
109
I. Zur geschichtlichen Entstehung der Arrestgründe des Art. 1400 N~ILEC .. ............. ... ............. ... .... ... ... ... ........... .... ..... ........ .. .. .. ........ ..
I~
11. Die gesetzlich vermuteten Arrestgründe nach Art. 1400 N~ 2 LEC..
III
III. Die gesetzlich vermuteten Arrestgründe im einzelnen.......................
112
I. Der ausländische Schuldner (Abs. 2).................. ............ .. ... .. ........
112
a) Die Kritik der Lehre an diesem Arrestgrund........ .................. .
113
b) Die Haltung der Rechtsprechung.. ...... .. .... ........... ........ ... ........
114
c) Vereinbarkeit mit europäischem Recht................... ............ .. ..
114
2. Fehlender Wohnsitz oder Fehlen von unbeweglichem Vermögen am Hauptsachegerichtstand (Abs. 3).......................... .. ...... .. .........
116
a) Kein bekannter Wohnsitz.. .......... .... .. .......... ...... .. ... .. .... .. ........ .
116
b) Immobi!ienvermögen (bienes raizes).. .. ..................................
118
c) Der Begriff des "establecimiento agricola, industrial 0 mercanti!".... ...... .. .. ...... ..... .. .... ....... ......... ...... .. ........ .... .. .... .............
119
aa) Zur Form der Inhaberschaft... ...... .... .................................
119
bb) Kritische Anmerkungen.................... .. ........... ............... ....
120
d) Der Bezug zum Gerichtsstand........ .......... .......... .. .. .. .. .. .. .... .. ... 121 aa) Das Problem der Gefahr bei diesem Tatbestandsmerkmal 122 bb) Kritische Würdigung............ .... .... .. ..... ............... ............... 123 3. Abwesender oder verborgener Schuldner............ .......... ..... ........... 124 IV. Die Generalklausel des Art. 1400 Nr. 2 Abs. 4 a.E. LEC .............. .. 125 I. Das Tatbestandsmerkmal des Versteckens und Verschleuderns.. .. 126
14
Inhaltsverzeichnis 2. Das Tatbestandsmerkmal "rationale Gründe zu glauben...............
129
V. Kein Erfordernis des Nachweises des Arrestgrundes......................... 132 VI. Ausschluß des Arrestgrundes bei hinreichender sonstiger Sicherheit 132 VII. Arrest ohne Arrestgrund (Art. 140 lAbs. 2 LEC).............................. 133
G. Verfahrensablauf bis zur Entscheidung über das Arrestbegehren.............
134
I. Der Arrestantrag................................................................................
134
II. Zuständigkeit.............................................. .. ......... .. ............ .. ............
135
I. Sachliche Zuständigkeit............... .. ...............................................
135
2. Örtliche Zuständigkeit...................................................................
136
a) Beim integrierten Arrest..........................................................
136
b) Beim isolierten Arrest.............. .......... ........... ..... .......... ...........
137
3. Internationale Zuständigkeit.......................................................... 138 III. Postulationsfähigkeit.......................................................................... 139 IV. Sonstige verfahrensrechtliche Besonderheiten........ .............. ............. 140
H.
I.
Die Entscheidung über den Arrestantrag...................................................... 141 I. Inhalt und Umfang des Arrestbeschlusses.........................................
142
11. Die Prüfung durch das Gericht................. .........................................
142
Die Vollziehung des Arrestbeschlusses................ .... ...... .. ....... .... .. ........ ... ......
143
I. Einleitung der Vollziehung.. .................................... ..........................
144
11. Ablauf der Vollziehung...................................................................... 145 1. Zuständigkeit....................................... ............. ....... ........... ...........
145
2. Die einzelnen Vollziehungsschritte am Beispiel der Sachpfandung...............................................................................................
145
3. Vollzug in Immobilien.................................... .............. ................
148
4. Vollzug in Forderungen.................................................................
149
III. Rechtliches Gehör und Rechtsbehelfe bei der Vollziehung.. ...... .......
149
IV. Abwendung der Vollziehung nach Art. 1405 LEe............................
150
1. Zeitraum der Abwendungsbefugnis........ ............. .................... ...... 150
J.
2. Die einzelnen Abwendungsmöglichkeiten........ ............................
151
3. Verfahren.......................................................................................
152
Rechtsbehelfe und Rechtskraft ......................................................................
153
Inhaltsverzeichnis I. Rechtsbehelfe des Antragstellers bei Zurückweisung seines Gesuchs..................................................................................................
15
153
11. Der Widerspruch gegen den Arrestbeschluß..................................... . 154 1. Überblick über den Verfahrensablauf....... .. ... ................................
155
2. Einzelfragen............................................................................ ....... 156 a) Zuständigkeit............................................... ............................
156
aal Beim integrierten Arrest............................. ..... .. ......... .......
156
bb) Beim isolierten Arrest........ .. ... ........ ........ ..........................
158
b) Widerspruchsfrist............................................................ ........
159
aa) Fristbeginn im gesetzlich vorgesehenen Fall....................
159
bb) Fristbeginn im ungeregelten Fall eines integrierten embargo.................................................................................
160
(1) Lösungsvorschläge.....................................................
160
(2) Stellungnahme .................. .........................................
160
cc) Fristlauf.. ...........................................................................
161
dd) Widerspruch vor Ratifikation (Art. 1416 Abs. 2, 2. Fall LEC).................................................................................. 162 ee) Widerspruch vor Vollzug des Arrestes.............................
163
ff) Fristversäumnis. ..................................................... .. .........
164
3. Gegenstand des Widerspruchsverfahrens......................................
164
a) Prüfungsgegenstand................................................................
164
aal Die enge Auffassung.............. ...........................................
164
bb) Die weite Ansicht........................................................ .. ....
165
cc) Stellungnahme................................................................... 166 b) Nachweis des Vorbringens im Widerspruchsverfahren........... 167 c) Verteilung der Beweislast im Widerspruchsverfahren....... .....
168
d) Zusammenfassung...................................................................
168
e) Der für die Prüfung relevante Zeitpunkt ........ ........................
169
f)
Einführung neuen Prozeßstoffes durch den Widerspruchsführer. ......................................................................................
170
g) Einführung neuen Prozeßstoffes durch den Widerspruchsgegner......................................................................................
170
16
K.
L.
Inhaltsverzeichnis 4. Die Entscheidung im Widerspruchsverfahren und Rechtsbehelfe.
171
111. Anpassung des Arrestbefehls an veränderte Umstände......................
172
I. Ausmaß des neuen Vortrags............ .......................... ....................
173
2. Neue BeweismitteL................................................. ....................
174
3. Das Verfahren bei Neuanträgen und Anpassung............. .. ...........
175
IV. Die Rechtskraft des Arrestbefehls............................................... .. .....
176
I. Formelle und materielle Rechtskraft.............................................
176
2. Grenzen der Rechtskraft......................... .. .....................................
178
a) Neuanträge durch den Gläubiger....................................... .. ...
178
aa) Streitgegenstand bei Eilentscheidungen. .................. .........
178
bb) Zulässigkeit von Neuanträgen...........................................
179
b) Anpassung an veränderte Umstände.......................................
180
Das Verhältnis des embargo preventivo zum Hauptverfahren...................
180
I. Die Ratifikation des embargo preventivo..........................................
180
I. Voraussetzungen der Ratifikation.... ........................... .... ..............
181
2. Ratitikationsfrist............................................................................
182
3. Die Folgen der Fristversäumnis im einzelnen...............................
183
11. Besonderheiten im Hauptprozeß und ihre Auswirkung auf den Arrest......................................................................................................
184
I. Stillstand des Hauptsacheverfahrens.. .......... ........ .... ................ .....
184
2. Ende des Hauptsacheverfahrens ohne Urteil oder durch abweisendes UrteiL...............................................................................
186
III. Der embargo nach einem zusprechenden HauptsacheurteiL............
187
I. Umwandlung in den Vollstreckungsembargo - die conversi6n.....
188
2. Voraussetzungen und Ablauf........................ .......... ........... .... .......
189
Schadensersatz...... ......... ... ...... .... .......... ........ .... ....... .... ........ ..... ....... .... .... .......
189
I. Besonderheiten in den Fällen der Risikohaftung.... ....... .......... ..........
191
II. Besonderheiten bei der Verschuldenshaftung nach Art. 1413 Abs. 2 LEC .....................................................................................................
192
II I. Kosten.................. .. ............................................................................
193
Inhaltsverzeichnis
17
Viertes Kapitel Der deutsche Arrest im Vergleich zum embargo preventivo A.
B.
Arrestarten und Rechtsnatur............................... ..........................................
194
I. Die Funktion des Arrestes... ........ ..... ....................... ............ ...............
194
II. Arrestarten..... ....... ........ ... ......... ......... .... ....... ....... ..... ......... .... ............
196
I. Der persönliche Arrest.......................................... .........................
196
2. Vergleich.......................................................................................
197
Der Arrestanspruch und sein Nachweis........................................................
198
I. Der Arrestanspruch nach § 916 ZPO.................................................
198
11. Nachweis und Prüfung des Anspruches.............................................
199
I. Nachweis................................ .. ....................................... .. ............
199
2. Prüfung des Anspruchs................ .... .... ........... ......................... .....
200
a) Die Beflirworter einer vollen Rechtsprüfung.. .................. ......
200
b) Differenzierende Ansichten. ... .......... ....... ........ ...... ... ........ ....... 200 111. Rechtsvergleich..................................................................................
C.
200
Der Arrestgrund nach den §§ 917, 918 ZPO ................................................. 203 I. Arrestgrund der drohenden Insolvenz................................................
205
11. Arrestgrund der Gläubigerkonkurrenz............................ ...................
206
I. Die herrschende Meinung. ... ........................ .................................
206
2. Die Gegenmeinung..................... ................................................... 207 3. Stellungnahme.............................................................................. 208 III. Vergleich............................................................................................ 209 I. Die bei den Generalklauseln. .. ... ......... ......... ......... ....... ................... 210 2. Ausschluß und Nachweis des Arrestgrundes................................ 211 D.
Das Arrestverfahren bis zur Entscheidung über den Antrag......................
212
I. Zuständigkeit...... ... ..... .. ...... .... .... .. .... .. ...... ....... .... ...... .... .... ........... .....
212
11. Arrestantrag. ....... .... ........................ ...... ..................... .. ......... .. .... .. .....
213
11 I. Fortgang des Verfahrens............ ......................... ...............................
214
I. Verfahren ohne mündliche Verhandlung................. .....................
215
a) Darlegungs- und Glaubhatlmachungslast....................... .. ......
215
2 KnOlhc
18
Inhaltsverzeichnis b) Die Entscheidung und Rechtsbehelfe. .. ....... .......... ....... ........... 216 2. Verfahren bei mündlicher Verhandlung........................................
216
IV. Inhalt des Arrestbefehls und sein Verhältnis zur Hauptsache............
217
V. Vergleich beider Verfahren ................................................................ 218 E.
Rechtsbehelfe und Rechtskraft der Arrestentscheidung................ ....... .......
220
I. Das Widerspruchsverfahren nach § 924, 925 ZPO............................
220
I. Voraussetzungen...........................................................................
220
2. Die Entscheidung über den Widerspruch...... .......................... ...... 221 a) Neue Prüfung der Arrestvoraussetzungen............................... 221 b) Der Entscheidungsinhalt. ................................. ........... .. ..........
222
3. Vergleich.......................................................................................
223
11. Die Aufhebung nach § 927 ZPO........................................................ 224 I. Authebungsgründe............. ......... .......... ......... ...............................
225
2. Verfahren....................................................................................... 226 3. Vergleich.......................................................................................
226
111. Die Rechtskraft im Vergleich................ ............................................. 226
F.
I. Formelle Rechtskraft.......................... ...........................................
226
2. Materielle Rechtskraft...................................................................
227
3. Die Grenzen der Rechtskraft.........................................................
228
Sicherheitsleistung des Arrestantragstellers nach der ZPO...... .......... ......... 229 I. Sicherheit wegen fehlender Glaubhaftmachung................................. 229
11. Sicherheit trotz Glaubhaftmachung.................................................... 230 111. Vergleich............................................................................................ 231 G.
Vollziehung des Arrestes.................................................................................
233
I. Besonderheiten bei den formellen Voraussetzungen der ArrestvolIziehung. ........................ .................................. .................................... 234
11. Die Vollziehung.............................. .. ............... .. .............. .................. 236 I. In bewegliche Sachen.................................................................... 236 2. In Forderungen.............................................................................. 236 3. Vollzug in Grundstücke und verwandte Rechte............................
236
4. Vollzug des persönlichen Arrestes.................. ..............................
237
Inhaltsverzeichnis
19
III. Die Hemmung der Voll ziehung durch Hinterlegung.........................
237
IV. Die Aufhebung der Arrestvollziehung...............................................
238
V. Das Schicksal des Vollzuges nach Ende des Hauptsacheverfahrens.. 238 I. Obsiegen des Gläubigers................................................ ...............
238
2. Obsiegen des Schuldners............................................................... 239 VI. Vergleich............................................................................................ 239 H.
Der Schadensersatzanspruch im Vergleich...................................................
241
I. Die Haftung wegen Aufhebung des Arrestes in Deutschland und Spanien.................................. .......... ................ ............. ......... ............
242
11. Die Haftung wegen anfanglicher Unrechtmäßigkeit..........................
242
1. Überblick über die Unrechtmäßigkeitsfalle nach § 945 ZPO........ 242 2. Die Frage der Bindungswirkung von Vorentscheidungen für den Schadensersatzrichter.. ..................................................................
244
III. Vergleich............................................................................................ 245 1. Verschuldens- oder Risikohaftung...... .. .................... ............ ........
245
2. Der zu ersetzende Schaden.. .............. ............ .......... .............. ........ 246
I.
Zusammenfassung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Arrest und embargo preventivo.....................................................................
248
Fünftes Kapitel Die medidas cautelares indeterminadas nach Art. 1428 LEe (einstweilige Verfügungen)
251
A.
Zur Entstehung der Norm......................................................... .....................
B.
Die situaci6n cautelable oder der Verfügungsanspruch............................... 252
I. Anwendbarkeit des Art. 1428 LEe auf Geldforderungen.................. 253 11. Verhältnis zu anderen Spezialmaßnahmen für Nicht-Geldansprüche
255
111. Verhältnis des Art. 1428 LEe zu den einstweiligen Maßnahmen im gewerblichen Rechtsschutz und zu den summarischen Prozessen.....
257
IV. Der Begriff der ..obligaci6n................................................................ 257
C. 2'
V. Art. 1428 LEe bei Feststellungs- und Gestaltungsklagen.................
258
Der Nachweis des Verfügungsanspruches.....................................................
258
I. Das principio de prueba por escrito.......... .........................................
259
20
Inhaltsverzeichnis 11. Zur Gestalt der nach Art. 1428 LEe erforderlichen Schriftstücke..... 260 111. Inhalt der Nachweisurkunde........................................ ......................
262
I. Bei Forderungen............................................................................ 262
D.
2. Bei Ansprüchen aus absoluten Rechten........................................
263
Das "periculum in mora" oder der Verfügungsgrund.................................
263
I. Arten der die Effektivität der Hauptsache bedrohenden Gefahren..... 264
I. Fälle nur gradueller Ineffektivität.................... ........... ... ........... ..... 264 2. Beispiele aus der Rechtsprechung............................... ..................
265
11. Vorbringen, Nachweis und richterliche Würdigung des Verfligungsgrundes.................. ...................... ............ ............... ..................
266
I . Vorbringen.................... .............. ........................... ......... .................
266
2. Nachweis..........................................................................................
266
3. Richterliche Würdigung des Verfligungsgrundes......................... .... 266 E.
F.
Die Sicherheitsleistung durch den Antragsteller........................................... 267 I. Zur Höhe der Sicherheit.....................................................................
268
11. Arten der Sicherheit.................................................................... .......
269
Das Verfahren bis zur Entscheidung über den Verfügungsantrag......... ....
270
I. Antrag und Antragsbefugnis.................. .. ... .......................................
270
I. Inhalt des Antrages.................. .......................................... .. .... ...... 270 2. Zeitpunkt des Antrages.................................................................. 271 a) Antrag auf eine medida cautelar innominada im Rechtsmittel verfahren............................................ .................................
272
b) Medidas innominadas im Vollstreckungsverfahren................
272
11. Postulationsfähigkeit.......................................................................... 273 111. Zuständigkeit.....................................................................................
273
I. Im Falle des Antrages vor Erhebung der Hauptsacheklage...........
273
a) Die sachliche Zuständigkeit....................................................
273
hJ Die örtliche und internationale Zuständigkeit.........................
274
2. Im Falle der Beantragung mit oder nach Klageerhebung..............
275
IV. Verfahren mit oder ohne mündliche Verhandlung............................. 276 I. Die Auslegung des Art. 1428 Abs. 5 LEC....................................
276
a) Die Argumente der ersten Ansicht..........................................
277
Inhaltsverzeichnis b) Die Gegenmeinung.................................................................
21 277
c) Die Verfahrensweise der Rechtsprechung............................... 277 d) Stellungnahme.............................................. .. ......................... 278
G.
2. Verfahren bei mündlicher Verhandlung........................................
278
a) Folgen des Nichterscheinens einer Partei................................
279
b) Ablauf der mündlichen Verhandlung......................................
279
Die Entscheidung über den Antrag auf einstweilige Verfügung.................
280
I. Die Prüfung der Erlaßvoraussetzungen durch das Gericht.......... .. ....
281
11. Hinreichende Konkretisierung der Maßnahmen................................
282
111. Die Arten und die Reichweite der Maßnahmen nach Art. 1428 LEC
282
I. Die Formen möglicher Maßnahmen nach Art. 1428 LEC............
283
a) Bestimmung und Auswahl der Maßnahme durch den Richter 283 b) Einzelne Formen zulässiger Maßnahmen................................ 284 2. Die Wirkungen möglicher Maßnahmen nach Art. 1428 LEC.......
285
a) Maßnahmen mit befriedigendem Charakter............................
285
aal Die enge Ansicht.................... ........................................... 286
H.
bb) Die weite Autfasssung......................................................
286
b) Grenzen der befriedigenden Verfügungen..............................
287
aal Die Grenze der zwingenden Hauptsacheentscheidung.....
287
bb) Die Grenze der Verhältnismäßigkeit oder Erforderlichkeit....................................................................................
288
IV. Zur Vollziehung und zur Problematik von Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung von Verfügungen........................................................
289
V. Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung über den Antrag...................
291
I. Das Widerspruchsverfahren..........................................................
291
2. Die Berufung........................................................................ .. ... ....
293
VI. Streitgegenstand und Rechtskraft der Eilentscheidung................ .. ....
294
Das Verhältnis der einstweiligen Verfügung zur Hauptsacheklage............
295
I. Fristgerechte Hauptsacheklageerhebung............................ ................
295
11. Folgen des Fristversäumnisses...........................................................
296
111. Die einstweilige Verfügung bei Stillstand oder Ende des Hauptsacheverfahrens..................................................................................
297
22
I.
Inhaltsverzeichnis I. Stillstand der Hauptsache..............................................................
297
2. Die einstweilige Verfugung bei Ende der Hauptsache ohne zusprechendes UrteiL......................................................................
298
3. Die einstweilige Verfugung bei einem zusprechenden Hauptsacheurteil............. ...... ............. ........... ... ....... ........... ........ .............
298
Schadensersatz..... .......... .......................... ........... .......... ......... ....................... ... 299 I. Risiko- oder Verschuldenshaftung..................................................... 300 11. Prozessuale Geltendmachung und Umfang des Schadensersatzes..... 301
Sechstes Kapitel Die einstweilige Verfügung nach den §§ 935 ff. ZPO im Vergleich zum spanischen Recht A.
Arten und Funktion der einstweiligen Verfligung........................................ 302 I. Arten..................................................................................................
302
I. Sicherungs- und Befriedigungsverfugung..................................... 304 2. Typen der Befriedigungsverfugung.......... ......... ......... .......... ........
305
II. Funktion der einstweiligen Verfügung..............................................
306
III. Abgrenzung der Verfugungen nach den §§ 935, 940 ZPO zu speziellen Eilmaßnahmen........................................................................ 307 I. Verhältnis zum Arrest...................................................................
307
2. Verhältnis zu den einstweiligen Anordnungen.............................. 308 B.
Der Verfügungsanspruch und seine Prüfung.................... ............................ 308 I. Der Verfügungsanspruch...................................................................
309
I. Individualleistungsansprüche........................................................
309
2. Rechtsverhältnisse......................................................................... 309 II. Umfang der rechtlichen Prüfung des Verfügungsanspruches............
310
I. Die Befürworter einer vollen Rechtsprüfung.. .. ....................... .....
310
2. Differenzierende Ansichten........................................................... 311 a) Die weitreichende Zurückdrängung der Rechtsprüfung nach Vorstellung Leipolds.......... ... ...... ............ ......... .... .... ........... .... 312 b) Überwiegend anerkannte Ausnahmen von einer vollen Rechtsprüfung.. .... ........................ ...... ...... ................... ............ 313
Inhaltsverzeichnis
23
3. Stellungnahme............................................................................... 313 IH. Vergleich............................................................................................ 317 I. Der Verfügungsanspruch............................................................... 317
C.
2. Nachweis des Verfligungsanspruches...........................................
317
3. Die Prüfung des Verfügungsanspruches...... .. .................. ...... .......
318
Der Verfügungsgrund.....................................................................................
319
I. Gefahrdung des Rechts durch Veränderung des bestehenden Zustandes................................................................................................ 321 11. Wesentlicher Nachteil, drohende Gefahr oder andere Gründe........... 321 III. Besonderheiten des Verfügungsgrundes bei Befriedigungsverfligungen...............................................................................................
322
I. Einfache Befriedigungsverfügungen............................................. 322 2. Angriffsverfligung......................................................................... 323 a) Notlage bei Geldleistungsverfligungen...................................
324
b) Notlage bei Verfügungen auf Herausgabe und Vertragserfüllung.....................................................................................
324
IV. Das Problem der "Notwendigkeit" der Maßnahme im Rahmen des Verfügungsgrundes............................................................................ 326 V. Vergleich............................................................................................ 326 D.
Das Verfügungsverfahren bis zur Entscheidung über den Antrag.............
328
I. Zuständigkeit.....................................................................................
328
11. Der Verfügungsantrag........................................................................ 329 UI. Entscheidung mit oder ohne mündliche Verhandlung.......................
332
I. Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.......................... .. ..... 333 2. Entscheidung nach mündlicher Verhandlung................................ 333 IV. Vergleich............................................................................................ 333 I. Zuständigkeit................................................................................. 333
E.
2. Form und Inhalt des Antrages.......................................................
334
3. Das Problem der mündlichen Verhandlung..................................
335
Die Bescheidung des Verfügungsantrages..................................................... 335 I. Zulässige Maßnahmen im Rahmen einer Sicherungsverfügung........
336
I. § 938 Abs. I ZPO als Zulässigkeitsschranke................................
336
24
Inhaltsverzeichnis a) Zweck der Sicherungsverfügung............................................. 337 b) Erforderlichkeit der Maßnahme..............................................
337
11. Zulässige Maßnahmen im Rahmen einer Befriedigungsverfügung...
338
I. Befriedigungsfunktion der Befriedigungsverfügung..................... 338 2. Notwendigkeit der befriedigenden Maßnahme nach den §§ 938, 940 ZPO ........................................................................................
340
3. Beispiele für Befriedigungsverfügungen als notwendige Maßnahme nach den §§ 938, 940 ZPO................................................
341
a) Einfache Befriedigungsverfügungen....................................... 341 b) Angritfsverfügungen.............................................. ................. 342 aal Typische Fälle von Angriffsverfügungen.........................
342
(I) Geldleistungsverfügungen........................ .............. ....
343
(2) Herausgabeverfügungen.............................................
343
(3) Verfligungen auf Vornahme von Handlungen............
344
(4) Regelungsverfügungen mit befriedigender Wirkung.. 345 bb) Notwendigkeit der Angriffsverfligung.............................. 345 111. Vergleich............................................................................................ 348
F.
I. Die Formen der zulässigen Maßnahmen.......................................
349
2. Die Reichweite der Wirkungen von Verfügungen........................
350
Rechtsbehelfe gegen die einstweilige Verfügung und Rechtskraft..............
351
I. Widerspruch....................................................................................... 351 11. Authebung wegen veränderter Umstände..........................................
352
111. Rechtskraft der Verfügung...................................................... ........... 352 IV. Vergleich............................................................................................ 353 G. H.
Das Verhältnis der einstweiligen Verfügung zur Hauptsacheentscheidung im Vergleich zum spanischen Recht.....................................................
354
Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung...............................................
356
I. Besonderheiten bei den formellen Vollziehungsvoraussetzungen.....
356
11. Die Vollziehung im einzelnen............................................................ 357 I. Sequestration.................................................................................
357
2. Registereinträge............................................. ................................ 357 3. Herausgabeverfügungen................................................................
358
Inhaltsverzeichnis
25
4. Verfligungen auf Vornahme einer Handlung oder auf Unterlassen sowie Verfligungen auf Abgabe einer Willenserklärung oder 358 Widerruf. ...................................................................................... . 5. Geldleistungsverfligungen..................... ................. ................. ...... 359 1II. Vergleich........................................................................ .......... .. ........ 359 I.
Schadensersatz........................................................................... .. .................... 362 I. Der aus der Vollziehung entstandene Schaden..................................
362
11. Schadensumfang................................................. ...................... .........
363
1II. Vergleich............................................................................................ 364
J.
Zusammenfassung der wichtigsten Gemeinsamkeiten und Unterschiede der einstweiligen Verfügung in Deutschland und Spanien..........................
366
Siebentes Kapitel Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes im spanischen Wettbewerbsrecht A.
Einführung.......................................................................................................
369
I. Zu Entstehung, Aufbau und Bedeutung des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb von 1991. ... ......... .... ....... ..... ......... ..... ...............
369
11. Grundsätzliches zur einstweiligen Verfligung nach Art. 25 LCD...... 370 III. Verhältnis des Eilverfahrens nach Art. 25 LCD zum einstweiligen Rechtsschutz nach anderen Gesetzen des gewerblichen Rechtsschutzes und Wettbewerbsrechts........................................................ 372 I. Verhältnis der LCD zur Ley General de Publicidad...................... 372 2. Verhältnis der LCD zum Kartellrecht (LDC)...................... .. ........
372
3. Verhältnis der LCD zum Marken- und Patentgesetz..................... 373 B.
Der Verfügungsanspruch nach Art. 25 LCD................................................
374
I. Die einzelnen Ansprüche........ ....... .... ........ ... ....... ....... ........ ... ............
374
I. Unterlassungsanspruch.................................................................. 374 2. Anspruch auf Beseitigung der Folgen der Wettbewerbsverletzung............................................................................................... 375 3. Anspruch auf Schadensersatz und Herausgabe ungerechtfertigter Bereicherung................................................................................. 375 4. Feststellungsanspruch.................................................................... 377
26
Inhaltsverzeichnis 11. Nachweis des Anspruches.................................................................. 377
C.
Der Verfügungsgrund....................................... .. ............................................
378
D.
Die Sicherheitsleistung................................................................................ .. ..
380
E.
Verfahren bis zur Entscheidung über den Verfügungsantrag.......... .. ........
381
I. Antrag und Antragsbefugnis........................ .. ....................................
381
I. Antragsbefugnis............................................................................
381
a) Einzelklagebefugnis.......... .. .... ....... .. .... ....... .. ... .. .... .. .... ..... ......
382
b) Kollektivklagebefugnis...........................................................
382
2. Form, Inhalt und Zeitpunkt des Antrags.......................................
383
11. Zuständigkeit.....................................................................................
384
I. Sachliche Zuständigkeit................................................................
384
2. Örtliche und internationale Zuständigkeit.....................................
384
111. Mündliche Verhandlung........................................................... .........
386
IV. Beschleunigte Behandlung................................................................. 387 F.
Die Entscheidung über den Verfügungsantrag............................................. 388 I. Die im Rahmen des Art. 25 LCD zulässigen Maßnahmen im einzelnen..................................................................................................... 389
1. Die Unterlassungsverfligung.........................................................
389
a) Die Erforderlichkeit als Zulassungsschranke befriedigender Verfligungen...........................................................................
390
b) Weitere mögliche Schranken..................................................
391
2. Die Rückgängigmachung der Folgen des Wettbewerbsverstoßes.
391
3. Der embargo preventivo und die Sicherheit (fianza) als Eilmaßnahme............................................................................................
392
4. Sonstige sichernde Verfügungen................................................... 393 5. Vorläufige Feststellungen.............................................................
393
11. Die Kombination mehrerer Maßnahmen............................................ 393 G.
Vollziehung der Verfügung und Abwendungsbefugnis des Schuldners.....
394
I. Vollziehung........................................................................................ 394
11. Abwendung der Vollziehung durch Sicherheitsleistung........ ... ..... .... 394 H.
Rechtsmittel, Rechtskraft und Verhältnis zur Hauptsache.........................
I.
Schadensersatz................................................................................................. 395
395
Inhaltsverzeichnis
27
Achtes Kapitel Besonderheiten des deutschen wettbewerbs rechtlichen Eilverfahrens im Vergleich zum spanischen Recht A. B.
Zur Bedeutung des Verfügungsverfahrens zum Schutze vor unlauterem Wettbewerb nach dem UWG..........................................................................
397
Verfügungsanspruch.......................................................................................
398
I. Der Unterlassungsanspruch................................................................ 399 I. Gründe für seine überragende Bedeutung.....................................
399
2. Arten und Voraussetzungen des Unterlassungsanspruches...........
400
11. Vergleich .................................... .. ...................................................... 401 C.
Der Verfügungsgrund.....................................................................................
401
I. Die Besonderheiten nach § 25 UWG.................................................
402
II. Vergleich............................................................................................ 404 D.
Die Sicherheitsleistung im deutschen und spanischen Recht im Vergleich
405
E.
Verfahrensrechtliche Besonderheiten............................................................
405
I. Vorprozessuale Streitbeilegungsmechanismen.......... ........... .. .. ... ......
406
I. Abmahnung...................................................................................
406
2. Das Einigungsverfahren vor den Einigungsstellen........................ 407 II. Besonderheiten des gerichtlichen Verfligungsverfahrens bis zur Entscheidung...... ... .... .................. ... ..................... ... .... ............. ..... ...... 408 I. Antrag.................................... ........................................................ 408 2. Antragsbefugnis............ .............. .................. ................................
408
a) Der unmittelbar verletzte Mitbewerber...................................
409
b) Mitbewerber nach § 13 Abs. 2 Nr. I UWG............................
409
c) Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG..................................................................
410
d) Verbraucherverbände nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG ............... 410 e) Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern nach § 13 Abs. 2 Nr. 4 UWG..................................................
411
3. Zuständigkeit............... .................... ........... ........ ............. ......... ..... 411 4. Verfahren mit oder ohne mündliche Verhandlung........................
412
5. Zur Bedeutung der Schutzschrift.................... .............. ................. 413
28
Inhaltsverzeichnis 6. Vergleicll.......................................................................................
415
111. Die Entscheidung über den Verfügungsantrag und das nachfolgende Verfahren mit seinen Besonderheiten................... ........................
417
I. Inhalt der einstweiligen Maßnahme..............................................
417
a) Inhalt der Unterlassungsverfügung.................. .......................
418
b) Inhalt von Beseitigungsverfügungen...... ..................... ...........
419
c) Geldleistungsverfügungen......................................................
420
2. Das Abschlußschreiben und die Abschlußerklärung..................... 420 3. Vergleich.......................................................................................
422
IV. Rechtsbehelfe, Vollziehung und Schadensersatz im Vergleich.........
425
Schlußbetrachtung
Anhang: Übersetzung ausgewählter Vorschriften............................ .. ......................
431
Literaturverzeichnis....................... ........... ........ ........... .................................. ............ 444 Sachwortverzeichnis.................................................................................................
455
Abkürzungsverzeichnis aaO
am angegebenen Ort
AAT
Auto de la Audiencia Territorial
abk.
abgekürzt
Abs.
Absatz
a.E.
am Ende
a.F.
alter Fassung
Antu
Anfechtungsgesetz
Anm.
Anmerkung
Ar
Audiencia Provincial
Art.
Artikel
AT
Audiencia Territorial
AVAG
Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz
Az
Aktenzeichen
BauR
Zeitschrift für das gesamte öffentliche und private Baurecht
BB
Betriebsberater
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGB\.
Bundesgesetzblatt
BUH
Bundesgerichtshof
BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen
B.lC
Boletin .Iudicial Constitucional
BOr:
Boletin Oficial del Estado
BSI-lG
Bundessozialhilfegesetz
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
CC
C6digo Civil
CCom
C6digo de Comercio
CE
Constituci6n Espanola
30
Abkürzungsverzeichnis
cr
C6digo penal
Diss.
Dissertation
DNeg
Derecho de los Negocios
EGV
EG-Vertrag
EMRK
Europäische Menschenrechtskonvention
EU
Europäische Union
EuGH
Europäischer Gerichtshof
EuGHMR
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
EuGVÜ
Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen
EuZW
Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
f.
folgende
ff.
fortfolgende
FamRZ
Zeitschrift für das gesamte Familienrecht
FS
Festschrift
GG
Grundgesetz
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHR
GmbH Rundschau
Grdz
Grundzüge
GRUR
Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht
GRUR lnt.
Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht - Internationaler Teil
GVG
Gerichtsverfassungsgesetz
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Halbs.
Halbsatz
HinterlO
Hinterlegungsordnung
h.L.
herrschende Lehre
h.M.
herrschende Meinung
InsO
Insolvenzordnung
IPrax
Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts
i.V.m.
in Verbindung mit
.luris. const.
lurisdicci6n constitucional
Abkürzungsverzeichnis JuS
Juristische Schulung
JZ
Juristenzeitung
Kap.
Kapitel
KG
Kammergericht (Berlin)
KO
Konkursordnung
LAG
Landesarbeitsgericht
LCD
Ley de Competencia Desleal
LEC
Ley de Enjuiciamiento Civil
lee.
lecci6n
LECRIM
Ley de Enjuiciamiento Criminal
LG
Landgericht
LGP
Ley General de Publicidad
LH
Ley Hipotecaria
LM
Ley de Marcas
LOPJ
Ley Organica deI Poder Judicial
LOTC
Ley Organica deI Tribunal Constitucional
LP
Ley de Patentes
LPH
Ley de Propiedad Horizontal
LPI
Ley de Propiedad Intelectual
LPI
Ley de Procedimiento Laboral
LSA
Ley de Sociedades An6nimas
LSC
Ley de Sociedades Cooperativas
LSRL
Ley sobre el n:gimen juridico de las Sociadades de Responsabilidad Limitada
MDR
Monatsschrift für Deutsches Recht
m.M.
Minderheitsmeinung
m.w.N.
mit weiteren Nachweisen
m.z.N.
mit zahlreichen Nachweisen
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
N.JW-RR
Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport
Nr.
Nummer
31
32
Abkürzungsverzeichnis
NZA
Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht
OLG
Oberlandesgericht
OLGZ
Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen
PatG
Patentgesetz
Rep. Aranzadi
Repetitorio Aranzadi
Rep. Aranzadi Civil
Repetitorio Aranzadi Civil (Audiencias Provinciales)
RdA
Recht der Arbeit
RDM
Revista de Derecho Mercantil
Rdnr.
Randnummer
RDP
Revista de Derecho Privado
RDProlberam
Revista de Derecho Procesal Iberoamericana (zeitweiliger Name der RDPro)
RDProlbcram-Ji Iip
Revista de Derecho Procesal Iberoamericana y tilipina
RDPro
Revista de Derecho Procesal
RG
Reichsgericht
RGD
Revista General de Derecho
RGZ
Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen
RH
Reglamento Hipotecario
RIW
Recht der internationalen Wirtschaft
RJC
Revista Juridica de Catalufia
RptlcgerG
Rechtsptlegergesetz
Rsp.
Rechtsprechung
S.
Seite
s.
siehe
SAT
Sentencia de la Audiencia Territorial
SAP
Sentencia de la Audiencia Provincial
Slg.
Sammlung
STC
Sentencia deI Tribunal Constitucional
STS
Sentencia deI Tribunal Supremo
t.
tomo (Band)
TC
Tribunal Constitucional
Abkürzungsverzeichnis
33
TS
Tribunal Supremo
UrhG
Urhebergesetz
USO
US-Oollar
UWG
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
v.
vom
VerfG
Verfassungsgericht (spanisches)
VersR
Versicherungsrecht
vgl.
vergleiche
Vol.
Volumen
Vor §
Vorbemerkung zu §
WM
Wertpapiermitteilungen
WRP
Wettbewerb in Recht und Praxis
WuW
Wirtschaft und Wettbewerb
z.B.
zum Beispiel
ZfRV
Zeitschrift für Rechtsvergleichung
ZGR
Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht
ZHR
Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht
ZIP
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
ZMR
Zeitschrift für Miet- und Raumrecht
ZPO
Zivilprozeßordnung
ZvglRWiss
Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft
ZZP
Zeitschrift für Zivilprozeß
ZZPlnt
Zeitschrift für Zivilprozeß International
3 KnOlhe
Einleitung I. Zielsetzung der Darstellung Das spanische Recht besitzt in der deutschen Rechtsvergleichung bisher einen eher untergeordneten Stellenwert. I Dies mag neben Sprachschwierigkeiten auch daran liegen, daß das spanische Rechtssystem, teilweise zu Recht, als antiquiert und wenig effektiv gilt. Im Gegensatz zur Bedeutung in der wissenschaftlichen Diskussion hat das spanische Recht jedoch eine stetig wachsende Relevanz in der Praxis. Das Land am Mittelmeer ist nämlich nicht nur der Deutschen liebstes Reiseziel, sondern zugleich ein bedeutender Standort deutschen Grundbesitzes im Ausland, sei es nun in Fonn des klassischen Ferienhauses oder im rechtlich nicht selten problematischen Gewande moderner timesharing-Verträge. Auch die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen beiden Ländern nehmen mittlerweile einen beachtlichen Umfang ein. Neben regen Handelsbeziehungen ist Spanien zunehmend Ziel gewichtiger Investitionen und Unternehmenskooperationen der deutschen Wirtschaft geworden. 2 Wirtschaftspolitisch steht das Land derzeit als einer der Musterknaben im zügig zusammenwachsenden Europa da. Mit einem Wirtschaftswachstum von über 3 %, einer Inflationsrate auf dem historischen Tiefstand von 2 % und einem Anstieg der Exportrate von jeweils über 6 % in den Jahren 1996 und 1997 braucht sich Spanien nicht mehr zu verstecken. 3 Die Erfiillung der Euro-Kriterien scheint mittlerweile auch gesichert. 4 Bei den geschilderten starken Verflechtungen bei der Staaten im privaten und ökonomischen Bereich, die in Zukunft noch zunehmen dürfte, ist die Kenntnis nicht nur des materiellen Rechts sondern auch des spanischen Prozeßrechts von wachsender Bedeutung. Zivilverfahren mit Beteiligung deutscher Parteien in
'Näher AdomeitlFrühbeck, S. 10 ff. auch AdomeitlFrühbeck, S. 10. 3 yg l. Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 28.10.97, S. 20. Allein die hohe Arbeitslosenquote mit noch gravierenderer Jugendarbeitslosigkeit ist ein unübersehbarer Wehmutstropfen in der Leistungsbilanz des Landes. 4Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 9.12.97, S. 18. 2 yg l.
3·
36
Einleitung
Spanien 5 werden in Zukunft keine Seltenheit mehr sein. Natürlich bleibt das spanische Prozeßrecht weiterhin Domäne der spanischen Anwälte und Richter. Gleichwohl wird der deutsche Rechtsberater zunehmend die prozessuale Durchsetzbarkeit möglicher Ansprüche in seine länderübergreifende Betrachtung einbeziehen müssen. Spätestens im Streitfalle ist es für den hiesigen Juristen nicht unwichtig, die Erfolgschancen eines Verfahrens in Spanien abschätzen zu können. Die spanische Rechtswissenschaft und Praxis stellt dem derzeitigen Prozeßrecht jedoch kein besonders gutes Zeugnis aus. 6 Neben der verwirrenden Vielzahl an Verfahrensarten ist einer der schwerwiegendsten Mängel sicher die Langsamkeit der Verfahren. Schon aus diesem Grunde erscheint es besonders interessant, sich dem spanischen Eilrechtsschutz in Form des einstweiligen Rechtsschutzes (medidas cautelares) zuzuwenden. Denn je langsamer ein Prozeß ist, desto wichtiger wird eine Rechtsschutzform, die eine Beschleunigung bei der Erlangung eines Titels und eine frühzeitige Sicherung der Zwangsvollstreckung geWährleisten kann. Eine Aufgabe der Arbeit ist es deshalb zu untersuchen, wie effektiv der einstweilige Rechtsschutz in Hinblick auf die beiden vorgenannten Gesichtspunkte in Spanien ausgestaltet ist. Dazu gehört als eines der meistdiskutierten Probleme des einstweiligen Rechtsschutzes auch die Frage, ob nach spanischem Recht vorläufig befriedigende Maßnahmen statthaft sind und wie diese im einzelnen gehandhabt werden. Neben der ausführlich gehaltenen Darstellung der verschiedenen Formen des einstweiligen Rechtsschutzes in Spanien soll ein Vergleich mit dem deutschen Recht dazu beitragen, die dogmatischen Schwierigkeiten, die diese Form des Eilrechtsschutzes in beiden Rechtsordnungen mit sich bringt, ein wenig zu erhellen. Freilich war von Anfang an ersichtlich, daß die Vergleichung mit dem spanischen Recht keine revolutionären Erkenntnisse zur Lösung noch offener Fragen im deutschen Eilverfahren ergeben würde. Dennoch hat der Vergleich einige interessante Aspekte zu Tage gefördert, die man bei der Betrachtung des deutschen Rechts stärker berücksichtigen sollte. Damit auch für den spanischen Leser - die spanische Rechtswissenschaft zeigt ein erfreuliches Interesse am deutschen Recht - die direkte Gegenüberstellung beider Rechte Gewinn bringt, mußte die Rechtslage in der Bundesrepublik hinreichend ausführlich dargelegt werden. Ein weiteres Ziel war, der Rechtsprechung und damit der täglichen Praxis ein starkes Gewicht bei der Betrachtung einzuräumen, um ein möglichst realistisches Bild des Eilverfahrens zu zeichnen. Denn stärker als in Deutschland klaffen in Spanien Theorie und Pra'1m wirtschalilichen Bereich werden deutsche Tochtergesellschaften freilich meist als spanische Gesellschaften organisiert sein, was aber an der grundsätzlichen Interessenlage nichts ändert. 6 y gl. nur Ortells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95, 96 f.
Einleitung
37
xis im Verfahrensrecht oftmals erheblich auseinander. Nicht zuletzt ist die Kenntnis dieses Teilbereiches des spanischen Zivilverfahrens auch aus dem Gesichtspunkt der Diskussion über die Vereinheitlichung der Zivilprozeßrechte in Europa von Nutzen.
11. Gegenstand und Gang der Darstellung Der Gegenstand der Untersuchung, die medidas cautelares oder der einstweilige Rechtsschutz, stellt eine der beiden tragenden Säulen im filigranen Gebäude der spanischen Schnellverfahren dar, dessen zweiter Standpfeiler die zahlreichen summarischen Prozesse sind. Das erste Kapitel beschäftigt sich demgemäß zunächst mit den Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes in Spanien und grenzt diesen nach einem Überblick über die Vielzahl der verschiedenen einstweiligen Maßnahmen gegen die summarischen Prozesse ab. Das folgende zweite Kapitel beleuchtet die verfassungsrechtlichen Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes in dem Bestreben, Reichweite und Grenzen dieser Rechtsschutzform aufzudecken. Für die anschließende Einzeldarstellung war eine Auswahl einiger Eilverfahren anhand ihrer dogmatischen und praktischen Bedeutung unumgänglich. Dementsprechend widmet sich das dritte Kapitel der ältesten und bei weitem gebräuchlichsten Maßnahme, dem embargo preventivo oder Arrest. Ihm wird in Kapitel 4 das deutsche Arrestverfahren vergleichend gegenübergestellt. Den embargo preventivo an den Anfang zu setzen und besonders vertieft darzustellen, ist auch deshalb geboten, weil er als ausflihrlichste Regelung in der spanischen Zivilprozeßordnung (Ley de Enjuiciamiento Civil, LEC) Modellcharakter besitzt. Wegen des beträchtlichen Alters der Arrestvorschriften (Art. 1397 1418 LEC) - sie existieren praktisch unverändert seit 1881 - bereitet ihre Anwendung, wie zu zeigen sein wird, heute jedoch zunehmend Schwierigkeiten. Das fünfte Kapitel wendet sich dann den eigentlich erst seit dem Jahre 1984 durch eine Eilreform der LEC zum Leben erweckten medidas cautelares innominadas (einstweilige Verfügungen) zu. Diese Eilverfligung nach Art. 1428 LEC hat die Landschaft des einstweiligen Rechtsschutzes in Spanien nachhaltig verändert, weshalb ihre theoretische und auch wachsende praktische Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Zudem stellt diese Eilmaßnahme eine gute Basis für den Vergleich mit der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935, 940 ZPO in Kapitel 6 dar. Endlich wird dann im siebten Kapitel der jüngste Sproß im verzweigten Baum der spanischen Eilverfahren vorgestellt, die Eilverfügung des im Jahre 1991 erlassenen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Die Behandlung der wettbewerbsrechtlichen Eilverfügung erscheint deshalb besonders reizvoll,
38
Einleitung
weil sie die modernste Entwicklung im spanischen einstweiligen Rechtsschutz darstellt und fur die Praxis von großem Interesse sein dürfte. Außerdem läßt sich mit dem deutschen Wettbewerbsprozeß in Kapitel 8 dem spanischen Recht sozusagen das "highlight" deutschen Effektivierungsstrebens und Rechtsfortbildung in dieser Materie gegenübersetzen. Selbst ftir spanische Prozeßrechtier sehr überraschend wartete im Mai 1997 das spanische Justizministerium mit einem Arbeitspapier (borrador) in Form einer vollständig reformierten Fassung der gesamten spanischen Zivilprozeßordung auf. 7 Diese Vorüberlegungen, die derzeit aber noch nicht einmal das Stadium eines Vorentwurfes (anteproyecto) erreicht haben, wurden im Oktober und November 1997 auf zwei wissenschaftlichen Kongressen in Murcia und Barcelona erstmals von der Prozeßrechtslehre debattiert. 8 Da der Entwurf hinsichtlich des einstweiligen Rechtsschutzes jedoch abgesehen von einigen verfahrensrechtlichen Vereinfachungen keine grundlegenden Änderungen vorsieht und sich Zukunftsaussichten und Marschrichtung dieses ehrgeizigen Projektes noch nicht abschätzen lassen, wurde davon abgesehen, im Rahmen dieser Arbeit näher darauf einzugehen. Wie die folgenden Ausftihrungen zeigen werden, ist eine Reform der spanischen Zivi1prozeßordnung und des Justizwesens auch ftir den Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes jedoch unumgänglich. Deshalb sind die Bestrebungen einer Gesamtreform sehr positiv zu bewerten, auch wenn die Qualität des bisherigen Arbeitspapiers zumindest beim Eilrechtsschutz noch zu wünschen übrig läßt. Schon wegen des Umfanges der Überarbeitung ist nicht mit schnellen Ergebnissen zu rechnen.
Abgedruckt in der Zeitschrift Tribunales de Justicia, Sonderheft Mai 1997. Zur neuen Regelung hinsichtlich der medidas cautelares vgl. die Gutachten für Murcia in: Jornadas Nacionales Sobre el Anteprojects de Ley de Enjuiciamiento Civil, Murcia 7.10.97. Madrid 1998. von Ortells Ramos, S. 535 ff. und Echaniz Macia, S. 503 tr 7
8
Erstes Kapitel
Die dogmatischen Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes in Spanien Abgrenzung zu anderen Verfahren A. Die Rechtsnatur der medidas cautelares Seit langer Zeit beschäftigt sich die spanische Prozeßrechtswissenschaft in enger Anlehnung an die italienische Prozeßrechtslehre intensiv mit der Rechtsnatur des einstweiligen Rechtsschutzes. Dabei geht es in erster Linie darum, die Eigenarten dieser Form des Eilrechtsschutzes im Zivilverfahren aufzudecken und eine Abgrenzung zu anderen prozessualen Instrumenten mit ähnlichen Zielen zu ermöglichen. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Unterscheidung der vielzähligen summarischen Prozesse zum einstweiligen Rechtsschutz gelegt. Da insbesondere durch die starke Erweiterung des Anwendungsbereiches der einstweiligen Verfügungen nach Art. 1428 LEe im Jahre 1984 das zuvor halbwegs stimmige System der Eilverfahren weitgehend durcheinandergeraten ist, stellen sich verstärkt auch Fragen nach dem Verhältnis verschiedener einstweiliger Verfahren zueinander. Gleichzeitig nimmt auch die Bedeutung der möglichen Wirkungen von Eilmaßnahmen in der Diskussion zu. I Die teilweise höchst lückenhafte und konfuse Gesetzeslage und die daraus resultierenden, oft fundamentalen Streitfragen führen aber vermehrt dazu, daß nicht mehr das Bemühen um ein stimmiges Gesamtsystem und eine adäquate Lösung der Grundfragen im Vordergrund stehen. Vielmehr müht man sich zunehmend um die Lösung von Einzelfragen wie die Erweiterung oder Einschränkung der einen oder anderen Maßnahme. Nicht zuletzt wegen der jahrzehntelangen Scheu des Gesetzgebers vor einer grundlegenden Überarbeitung dieser wichti-
'Zum Ganzen ausführlich Calder6n Cuadrado La Ley 1995, Nr. 3800, S. 1 fL vgl. auch Ortells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95. 110 ff.
40
Erstes Kapitel: Die dogmatischen Grundlagen
gen Materie 2 ist es Aufgabe der Lehre, die Grundlagen und Möglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes zu untersuchen und dem Gesetzgeber wie der Rechtsprechung Wege für eine Modernisierung und Vereinfachung des Eilrechtsschutzes, und sei es nur im Wege der Rechtsfortbildung, aufzuzeigen.'
I. Begriff
Schon der erst seit kurzem ins Gesetz aufgenommene Begriff der medidas cautelares,4 der sich mit Vorsichtsmaßnahmen, Maßnahmen der Sicherung oder einstweiliger Rechtsschutz übersetzen läßt, wird in der Lehre nicht einheitlich verwendet. Aus den verschiedenen Versuchen einer Definition 5 läßt sich als Gemeinsamkeit zumindest entnehmen, daß es sich um prozessuale Maßnahmen durch ein Gericht handeln muß und daß sie dem Ziel der Sicherung der erst später ergehenden Hauptsacheentscheidung dienen. Die medidas cautelares unterscheiden sich damit vor allem von materiell-rechtlichen Sicherungsrechten, die keine prozessuale Natur haben. 6 Ansonsten stehen sich aber schon bei der Frage nach der genauen Beschaffenheit der prozeßrechtlichen Stellung der medidas cautelares zwei konträre Auffassungen gegenüber. 2Immerhin sieht das seit Sommer 1997 vorliegende Arbeitspapier zur Reform der gesamten LEC auch eine Überarbeitung des einstweiligen Rechtsschutzes in den Art. 719 750 vor. Zu den Aussichten dieses Reformanlaufs siehe die Einleitung. 3 Vg l. Vazquez Sotelo, Jornadas, S. 333. 4 Das Gesetz spricht nur gelegentlich von einer Maßnahme mit "kautelarem Charakter" (so z.B. in Art. 30 des Allgemeinen Gesetzes über Werbung), ohne zu sagen, was es darunter verstanden wissen will. Im 1991 erlassenen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb findet sich der Begriff der medidas cautelares nun ausdrücklich im Gesetz. Der Gesetzgeber scheint von einem in der Wissenschaft hinreichend gefestigten Begriff auszugehen, der im folgenden skizziert werden soll. s"Ein vom Gesetz bereitgestelltes prozessuales Mittel, um die Gefahren, die durch die zwangsläufige Dauer eines Zivilverfahrens die Effektivität der später ergehenden Entscheidung bedrohen, zu begrenzen", Ramos Mendez, Der. proc. IL 63 1.; "Ein Prozeß, der zum Ziel hat, einen anderen Prozeß zu erleichtern und die Effektivität seiner Ergebnisse zu garantieren", Guasp, Der. proc. 11, S. 683, der dort von "proceso cautelar" spricht; "Der einstweilige Rechtsschutz und seine konkreten einstweiligen Maßnahmen dienen im engeren Sinne allein der Sicherung der Effektivität der Entscheidung der Gerichte; in einem weiteren Sinn können sie aber auch der Partei einen Zustand sichern und erhalten, der für einen gegenwärtigen oder zukünftigen Prozeß notwendig oder nützlich ist", Prieto-Castro, Tratado 11, Anm. 926 c); "Ein Instrument, mit dem die Rechtspflege auf Antrag einer Partei versucht, den Gefahren für die Effektivität der Entscheidung durch die Zeitdauer bis zu ihrem Erlaß durch einen adäquaten und hinreichenden Eingriff in die Rechtssphäre des Beklagten zu begegnen", Orte1ls Ramos in Ortells/Calder6n, S. 4; "vom Richter auf Antrag einer Partei zu erlassende Maßnahme, die die Vollstreckung der zukünftigen Entscheidung sicherstellen solL", Fernandez, Der. proc. 111. 61 I. 6Näher Orte1ls Ramos in Ortells/Calderön, S. 11 r.
A. Die Rechtsnatur der medidas cautelares
41
11. Die medida cautelar als eigener Prozeß oder als Teil des Hauptverfahrens
1. Vertreter der These vom autonomen Prozeß Eine verbreitete Ansicht sieht in den medidas cautelares eine besondere Prozeßform, ein tertium genus zum Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren. 7 Trotz einer Anlehnung an das gewöhnliche Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren als den zwei üblichen Prozeßformen bestünden zwischen Kautelarprozeß und diesen so gravierende Unterschiede, daß man nur von einer anderen Prozeßform sprechen könne. 8 Ortells9 weist zudem auf den unterschiedlichen Streitgegenstand sowie darauf hin, daß das zunehmende Bedürfnis nach effektivem Rechtsschutz erfordere, eilverfahrenspezifische Lösungen zu entwickeln, die unabhängig von den Garantien des ordentlichen Verfahrens zu wirksamen Ergebnissen führen. Die Verschiedenheiten bei den einzelnen einstweiligen Maßnahmen und die starke Abhängigkeit vom Hauptverfahren seien deshalb kein Beleg gegen die prozessuale Selbstständigkeit. lo
2. Die medida cautelar als unselbständiger Bestandteil des Prozesses Die Gegner einer autonomen Betrachtung halten die medidas cautelares dagegen fur einen unselbständigen Bestandteil des gewöhnlichen Verfahrens, entweder in der Form eines Zwischenstreites (incidente) im Erkenntnisverfahren oder einer Sicherungsmaßnahme im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens. I I Ihre Hauptargumente sind die konfuse Diversifikation und fehlende Systematik der einstweiligen Maßnahmen,12 die Unverträglichkeit der nur dienenden Funktion der medidas flir einen Hauptprozeß mit der Konzeption von prozessualer Selbständigkeit sowie die Gefahr der Verwischung der Grenzen zu anderen SicherungsmögJichkeiten. 13 7Guasp, Der. proc. 11, S. 638; Ortells in Ortells/Calderon, S. 6 ff.; Cortes Domfnguez in Cortes/Gimeno/Moreno/Almagro, Der. proc. I 2, Anm. 713; Barona Vilar, Cuadernos, S. 15 f.; Vazquez Sotelo, Jornadas, S. 356. 8Cortes Domfnguez in Cortes/Gimeno/Moreno/Almagro, Der. proc. I 2, Anm. 713 nennt als Beispiele die Summarietät und den Ausschluß des gegnerischen Gehörs. 90rtells Ramos in Ortells/Calderon, S. 6 ff. IO S0 neben Ortells Ramos aaO auch Vazquez Sotelo, Jornadas, S. 357. II Vg l. Ramos Mendez, Der. proc. 11, 63 111. 1.; Serra Domfnguez in Serra/Ramos, S. 16 f; Fernandez, Der. proc. 111, § 61 4 a). 12Ramos Mendez, Der. proc. 11, 63 III I. DRamos Mendez, Der. proc. 11, 63 111. 1.; Serra Domfnguez in Serra/Ramos, S. 16 f.; Fernandez, Der. proc. 111. 61 4 a) hält die Qualifikation als autonomen Prozeß zudem für nutzlos.
*
42
Erstes Kapitel: Die dogmatischen Grundlagen
3. Stellungnahme Auch wenn derzeit von einem geschlossenen System einer eigenen Prozeßform in Lehre und Gesetz nicht viel zu erkennen ist, wird man zugeben müssen, daß der Kautelarprozeß in Spanien so stark vom schwerfälligen und förmlichen Normalverfahren abweicht, daß es gerechtfertigt erscheint, ihn als selbständigen Prozeß anzusehen, der seinen eigenen Regeln folgt, freilich stets nur in seiner eng begrenzten Funktion als Diener des Hauptsacheverfahrens. Vor allem kann diese Betrachtungsweise dazu beitragen, die vielfältigen, vom Gesetz nicht gelösten Fragen in einer eigenständigen, an den Zielen des einstweiligen Rechtsschutzes orientierten, Art und Weise zu überdenken. Sofern man in den Besonderheiten dieser Materie den Grund für die Eigenständigkeit des einstweiligen Rechtsschutzes sieht, wie das die Vertreter dieser Ansicht tun, ist diese Differenzierung nicht bloß akademischer Art, sondern öffnet Wege für eine sachgerechte Lösung der Probleme. Erst so kann man der Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes in einer modemen Gesellschaft des raschen Wandels gerecht werden.
III. Der dienende Charakter (instrumentalidad) der medidas cautelares
1. Bedeutung Ausgehend von der Lehre zum italienischen Recht ist heute allgemein anerkannt, daß als entscheidendes Kennzeichen der medidas cautelares und bestimmendes Element ihrer Rechtsnatur die "instrumentalidad" anzusehen ist. 14 Damit ist gemeint, daß die medida cautelar eine nur dienende Funktion fur das Hauptverfahren hat. Wenn man davon ausgeht, daß auch der Hauptprozeß nur der Durchsetzung des materiellen Rechts dient, kann man sogar von einem mittelbaren Werkzeug oder lnstrumentalität im Quadrat sprechen. 15 Folglich ist es in Spanien undenkbar, daß eine Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes fur sich allein ohne einen Hauptsacheprozeß existiert oder fortbesteht oder sich in eine endgültige Entscheidung verwandelt. 16 Dieses Prinzip der Instrumentalität bedeutet, daß die Eilmaßnahme nur ausnahmsweise vor Anhängigkeit des
140rtells Ramos in Montero/Ortells/Gomez Colomer/Monton, Der. juris. 1I 2., S. 260; Calderon Cuadrado, Medidas, S. 33, 36; Alonso Furelos Justicia 1990, 339. 349 m.w.N. 150rtells Ramos in Montero/Ortells/Gomez Colomer/Monton, Der. juris. 1I 2.. S. 260, dort auch zu dieser in Spanien vielzitierten Formulierung Calamandreis. 16Fairen Guillen RDPro 1966, 46. 49; Alonso Furelos .lusticia 1990. 339, 349 m.w.N.
A. Die Rechtsnatur der medidas cautelares
43
Hauptverfahrens zugelassen wird, dann aber binnen kurzer Frist l7 die Hauptsacheklage erhoben werden muß. Außerdem erlischt die Eilmaßnahme mit Abschluß des Hauptsacheverfahrens. 18 Ein Teil der Lehre versteht diese Akzessorität allerdings wesentlich enger. Danach erfordere die lnstrumentalität, daß der im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgte Anspruch auf Sicherung der Vollstreckung der Hauptsache gerichtet sein müsse, so daß medidas cautelares nur fur vollstreckbare Leistungsansprüche möglich sein sollen. 19 Diese Ansicht beruht jedoch auf einer überkommenen Vorstellung von der Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes. Es muß schließlich möglich sein, Feststellungs- oder Gestaltungsklagen in ihrer Effektivität durch Eilmaßnahmen zu sichern. Das Gesetz sieht solche Fälle auch vor, etwa die einstweilige Aussetzung von Gesellschafterbeschlüssen, wenn ein Hauptsacheanspruch auf Auflösung der Gesellschaft verfolgt wird oder die einstweilige Eintragung eines Klagevermerkes (anotaci6n preventiva de demanda) ins Grundbuch, wenn es um eine Feststellung des Eigentums am Grundstück geht. 2o Es wäre schwer vertretbar, solche Maßnahmen mangels lnstrumentalität aus den medidas cautelares auszugrenzen. Umstritten und noch nicht abschließend diskutiert ist die Frage, ob es sich um medidas cautelares handelt, wenn innerhalb eines strittigen Rechtsverhältnisses zu Einzelfragen vorläufige Maßnahmen erlassen werden, der Hauptprozeß sich aber auf Feststellung des Rechtsverhältnisses richtet und damit von einer strengen lnstrumentalität nicht mehr gesprochen werden kann. 21 Eine Modifikation des relativ strengen Instrumentalitätsdogmas ist auch bei einstweiligen Maßnahmen mit befriedigenden Wirkungen 22 erforderlich, da der im Eilverfahren verfolgte Anspruch oftmals ein anderer ist als der Hauptsacheanspruch oder nach Erlaß der Maßnahme kein Interesse mehr an der Hauptsache besteht. Der Grundsatz der lnstrumentalität, nämlich der Sicherung der Effektivität der Hauptsacheentscheidung zu dienen, besteht in allerdings abgeschwächter Form aber auch hier. Es existiert immer noch ein enges Band zwi17Bei der gesetzlichen Leitfigur, dem Arrest, sind dies nach Art. 1411 LEC 20 Tage, bei der einstweiligen Verfügung nach Art. 1428 LEC sogar nur acht Tage. 180rtells Ramos in Montero/Ortells/Gomez Colomer/Monton, Der. juris. 11 2., S. 260 f.; Calderon Cuadrado, Medidas, S. 35 f. 19Fernandez, Der. proc. III, § 61 2.; Carreras Llansana in Fenech/Carreras, S. 572; so wohl auch Ramos Mendez, Der. proc. 11, 63 I. 200rtells Ramos in Montero/Ortells/Gomez Colomer/Monton, Der. proc. 11. 2., S. 261 f.; ebenso Calderon Cuadrado, Medidas, S. 40; sowie die Mehrheit der Prozessualisten, die die Sicherung der Effektivität der Hauptsache in den Vordergrund stellen, vgl. nur Prieto-Castro, Tratado 11, Anm. 926; Guasp, Der. proc. 11, S. 683; Cortes Dominguez in Cortes/Gimeno/ Moreno/Almagro, Der. proc. 11, Anm. 711. 21 Vgl. zum Streitstand Calderon Cuadrado, Medidas, S. 33 ff.; näher hierzu auch Kap. 5 B. V. 22Siehe dazu unten Kap. I D. 111.
44
Erstes Kapitel: Die dogmatischen Grundlagen
schen einstweiligem Rechtsschutz und dem Hauptsacheanspruch, da die Pflicht zur Hauptsacheklageerhebung nicht entfallt und die Effektivität dieser Hauptsache zu einem Gutteil von der urteilsantizipierenden Eilmaßnahme abhängt. 23 Man kann vorläufig befriedigende Maßnahmen folglich nicht mangels Instrumentalität aus den medidas cautelares ausschließen.
2. Die Instrumentalität als Abgrenzungsmerkmal Die Eingrenzung der medidas cautelares über die beschriebene Instrumentalität dient vornehmlich der Abgrenzung zu anderen prozessualen Instrumenten, die entweder beschleunigte Verfahren vorsehen und/oder der momentanen Sicherung von rechtlich bedeutsamen Positionen dienen. Dennoch muß man stets beachten, daß es auch in Spezialprozessen und sogar innerhalb von summarischen Verfahren spezielle Maßnahmen des einstweiligem Rechtsschutz 74 geben kann.-
a) Abgrenzung zu den summarischen Prozessen Als größte Gruppe von Schnellverfahren stehen den Kautelarmaßnahmen die sogenannten summarischen Prozesse gegenüber. Typische Beispiele25 sind die "interdictos", insbesondere die "de retener" und "de recobrar" (Art. 1651 ff. LEC) sowie der Prozeß nach Art. 41 LH als Besitzschutzprozesse, der Räumungsprozeß (Art. 1561-1567 LEC), der Prozeß über vorläufigen Unterhalt (Art. 1609-1617 LEC), der Vollstreckungsprozeß fur nichtgerichtliche Vollstreckungstitel 26 und nach überwiegender, aber nicht unbestrittener Auffassung auch der Spezialprozeß zur Richtigstellung von Presseberichten (Ley Organica 2/1984 vom 26.3.1984),27 um nur einige zu nennen. Kennzeichnend für diese
23Calder6n Cuadrado La Ley 1995, Nr. 3800, S. 2; Ortells Ramos 111 OrtellslCalder6n, S. 9. 24Beispiele unten Kap. 3 C. V. und VI. 25Zum Ganzen Ortells Ramos, ZZPInt 2 (1997) 95, 103 ff.; ausführlich mit zahlreichen weiteren Beispielen De la Oliva Santos in De la OlivaiFernandez, Der. proc. IV, § 74 I. ff.; G6mez Colomer in MonterolOrtells/G6mez Colomer/Mont6n, Der. juris. 11 2., S. 409 ff. 26Die Rechtsnatur dieses Prozesses ist sehr umstritten, insbesondere die Frage, ob es sich um eine Form eines Erkenntnisverfahrens oder um ein Vollstreckungsverfahren handelt. Unbestritten wird er jedoch den summarischen Prozessen zugeordnet. vgl. De la Oliva Santos in De la OlivaiFernandez, Der. proc. IV, § 63 8., näher dazu auch unten Kap. 3 C. VI. 27S0 z.B. Ortells Ramos ZZPInt 2 (1997) 95, 106; dagegen etwa De la Oliva Santos in De la OlivaiFernandez, Der. proc. IV, § 69 18.
A. Die Rechtsnatur der medidas cautelares
45
Prozeßart ist eine nur summarische Prüfung auf beschränkter Tatsachenbasis, fast ausschließlich aber unter Gewährung von rechtlichem Gehör des Gegners,28 und eine deutliche Beschleunigung, zumeist durch ein mündliches Verfahren. 29 Die summarischen Prozesse sind jedoch allesamt nicht als Instrumente für einen Hauptprozeß gedacht wie die medidas cautelares, sondern es ergeht eine Entscheidung, die endgültig sein kann, wenn nicht der Unterlegene die Hauptsache anhängig macht. 3o
b) Abgrenzung zu sonstigen Schnellverfahren In der verwirrenden Vielfalt der Spezialprozesse, die die LEC und etliche Spezialgesetze zur Verfügung stellen, gibt es Schnellverfahren, die oft auch den Zweck einer vorläufigen Regelung oder Sicherung haben, die man aber trotzdem nicht den summarischen Prozessen zuordnen kann, weil sie etwa rechtskräftige Entscheidungen hervorbringen. Ein Beispiel ist der Prozeß zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen aus Verkehrsunfallen (Begleitvorschriften Nr. I bis 3 der Ley Organica 3/1989 vom 2 1.5.89 zur Aktualisierung des Strafgesetzbuches)" oder einzelne, soeben als summarisch bezeichnete Verfahren, sofern man diese nicht als summarische Prozesse klassifiziert. Auch diese Verfahren sind nicht instrumentell im Sinne der medidas cautelares.
c) Abgrenzung zu Verfahren der Beweissicherung und zu prozessualen Sicherheitsleistungen Nach dem Gesichtspunkt der Instrumentalität scheidet auch das Beweissicherungsverfahren, das in Spanien allerdings in Art. 502 LEC nur rudimentär entwickelt ist,32 als Kautelarmaßnahme aus.]] Auch prozessuale Sicherheitslei-
28Eine Ausnahme ist das interdicto de ob ra nueva (Art. 1663 LEC), bei dem die vorläufige Unterbrechung des Bauwerkes ohne Gehör angeordnet wird. 290rtells Ramos ZZPInt 2 (1997) 95, 104 ff.; vgl. auch Oe la Oliva Santos in Oe la Oliva/Fernandez, Der. proc. IV, § 68 3. Ausführlich zu den (auch anderen) Unterschieden von summarischen Prozessen und medidas cautelares Calder6n Cuadrado La Ley 1995, Nr. 3800, S. I f. 30Einhellige Meinung, etwa Ramos Mendez, Der. proc. 11, 63 VI I.; Alonso Furelos Justicia 1990, 339, 352; Ortells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95, 104 (hier trägt also der Beklagte die Last der Hauptsacheklage). 310rtells Ramos ZZPlnt 2 ( 1997) 95, 106. 32Näher Montero Aroca in Montero/OrtelIs/G6mez Colomer, Der. juris. 11 I., S. 242. 33Ganz h.M. Ramos Mendez, Der. proc. 11, 63 VI 2; Calder6n C'uadrado, Medidas, S. 36 f.; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 31 ff.; a.A. Fairen GuilIen RDPro 1966,47, 83.
46
Erstes Kapitel: Die dogmatischen Grundlagen
stungen sind nach dem herrschenden Konzept keine Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes im Sinne von medidas cautelares. 34
d) Abgrenzung Zu sonstigen prozessualen Sicherungsmaßnahmen Prozessuale Sicherungsmaßnahmen, die zwar innerhalb eines Verfahrens ergehen, sich aber nicht auf die Entscheidung der Hauptsache beziehen, wie etwa die Arrestierung des Gemeinschuldners im Konkursverfahren (Art. 1044 des alten C6digo de Comercio von 1829 i.V.m. Art. 1333, 1335 LEC), stellen mangels Instrumentalität keine medidas cautelares dar. 35 Das gleiche gilt für die Konkurseröffnung, andere im Konkursverfahren angeordnete Sicherungsmaßnahmen und das Konkursverfahren selbst. 36 Auch die Anerkennung ausländischer Entscheidungen nach den Art. 951 ff. LEC stellt keine medida cautelar dar. 37 Die vorläufige Vollstreckung läßt sich schließlich ebenfalls nicht als Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes qualifizieren. 38
IV. Die provisionalidad oder temporalidad der medidas cautelares Wie schon bei der instrumentalidad deutlich wurde, haben medidas cautelares nur provisorischen oder temporären Charakter, da sie nur so lange existieren, bis die zwingende Hauptsacheentscheidung vorliegt. Aus diesem Grunde wird das Phänomen der Vorläufigkeit oder Einstweiligkeit, welches in der Lehr~ mit eine.r Vielzahl v~n Be,firiffen u~schri~?en wird,39 häufig auch nicht als eIgenständIges KennzeIchen des emstweIlIgen Rechtsschutzes angesehen, sondern als notwendige Folge der Instrumentalität. 41 Während erstere Autoren das Provisorische für ein bedeutsames Merkmal dieser Art des Rechtsschutzes 34Guasp, Der. proc. 11, S. 684 f.; Ramos Mendez, Der. proc. 11, 63 VI 2; a.A. Fairen Guillen, EI sistema, S. 40 ff. 35 Alonso Furelos lusticia 1990, 339,353; Ramos Mendez, Der. proc. 11,63 VII. (er sieht den Grund jedoch in der fehlenden Homogenität mit der Zwangsvollstreckung); Serra Dominguez in SerraiRamos, S. 89; a.A. Fairen Guillen RDPro 1966, 47, 71 f. und Gonzales Montes, EI sistema, S. 157, 160. 36Ramos Mendez, Der. proc. 11, 63 VII.; Serra Dominguez in SerraiRamos, S. 72 f.; Alonso Fure10s .Iusticia 1990, 339, 353. 37Alonso Fure10s .Iusticia 1990,339,353. 38 Alonso Furelos lusticia 1990,339,353. 39 Alonso Furelos lusticia 1990,339,355. 40 Als eines der wesentlichen Kennzeichen betrachten die provisionalidad etwa Fairen Guillen RDPro 1966,47,49; Ramos Mendez, Der. proc. 11,6311 2. 41 S0 z.B. Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 33 f; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 31 tf.
A. Die Rechtsnatur der medidas cautelares
47
halten, stellen letztere mehr auf die inhaltliche Bedeutung ab. Da die medidas cautelares immer instrumentell sind, sind sie zugleich immer provisorische Maßnahmen. Dagegen gibt es provisorische Entscheidungen, die wie die Entscheidungen der summarischen Prozesse nur insofern provisorisch sind, als sie durch ein nachfolgendes Vollverfahren beseitigt werden können, es aber nicht müssen. Dies zeigt, daß die provisorische Wirkung nicht wirklich geeignet ist, die medidas cautelares in Abgrenzung zu anderen Verfahren zu beschreiben. 42 Die Einstweiligkeit wird daneben auch als Rechtfertigung dafür betrachtet, daß sich die Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes im Laufe des Verfahrens verändern, insbesondere an neue Umstände anpassen, aber auch erlöschen können. 43
V. Homogenität, aber nicht Identität mit den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Als weiteres, die Rechtsnatur der medidas cautelares bestimmendes Merkmal wird in der spanischen Lehre die Homogenität, aber nicht Identität mit der Zwangsvollstreckung (homogenidad pero no identidad con las medidas ejecutivas) genannt. 44 Damit wird die Erkenntnis umschrieben, daß alle vom Gesetz ursprünglich vorgesehenen medidas cautelares in ihrem Vollzug den Bahnen der Zwangsvollstreckung folgen. Als fundamentaler Unterschied verfolgen sie jedoch nicht wie bei der Zwangsvollstreckung das Ziel einer Befriedigung, sondern bloß das der Sicherung. Andernfalls müsse man von einer unzulässigen Vollstreckung ohne Titel sprechen. 45 Bei genauem Hinsehen erkennt man jedoch schnell, daß diese Beschreibung zwar häufig zutrifft, aber dennoch viel zu eng und damit zur Abgrenzung und Beschreibung der Rechtsnatur nur sehr bedingt tauglich ist. Denn danach wäre bei Feststellungs- oder Gestaltungsurteilen, die nicht vollstreckt werden, keine Sicherung durch medidas cautelares möglich, obwohl gerade sie wegen der fehlenden Vollstreckung eine Möglichkeit der Sicherung ihrer Effektivität benötigen. Außerdem wäre, nimmt man es mit diesem Kriterium zu ernst, jede Art von vorläufig befriedigenden Maß42Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 33; Serra Dominguez in Serra/Ramos, S. 16. Es handelt sich bei der provisionalidad also um einen eher unscharfen Oberbegriff, was auch Fairen Guillen RDPro 1966,47,49 zugibt. 43Ramos Mendez, Der. proc. 11,63 II 2; Alonso Furelos .Iusticia 1990,339,358 f. 44Carreras Llansana in Fenech/Carreras, S. 573 ff.; Serra Dominguez in Serra/Ramos, S. 17 ff.; Fernandez, Der. proc. III, § 61 4 b; Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 59 ff. 45 Dies ist mit Nichtidentität gemeint, vgl. Carreras Llansana in Fenech/Carreras, S. 573; Fernandez, Der. proc. 111, § 61 4 b; Serra Dominguez in Serra/Ramos, S. 17 spricht sogar davon, die Homogenität sei das wirklich prägende Element der medidas cautelares.
48
Erstes Kapitel: Die dogmatischen Grundlagen
nahmen nicht als einstweiliger Rechtsschutz zu qualifizieren. 46 Da das Gesetz neben der anotaci6n preventiva de demanda (Art. 41 ff. LHt seit 1984 über den reformierten Art. 1428 LEe und spätere, an ihn angelehnte Spezialgesetze Maßnahmen zuläßt, die nach der jeweiligen Lage zur Sicherung der Effektivität der Hauptsache erforderlich erscheinen, läßt sich diese Auffassung in Reinform heute kaum noch verteidigen. Andere Merkmale des einstweiligen Rechtsschutzes wie die Summarietät, die Beschleunigung oder die Modifikation des Kontradiktionsprinzips werden in Spanien nicht unter dem Aspekt der Rechtsnatur diskutiert. Sie sollen weiter unten nach den allgemeinen Voraussetzungen und Wirkungen der medidas cautelares als verfahrensrechtliche Besonderheiten kurz angesprochen und dann bei der Einzeldarstellung der Maßnahmen behandelt werden.
B. Überblick über die medidas cautelares im spanischen Recht Legt man die soeben dargestellten Maßstäbe auf die einzelnen in Betracht kommenden Eilmaßnahmen des spanischen Rechts an, so ergibt sich ein Gesamtbild dessen, was man als einstweiligen Rechtsschutz bezeichnen kann. Ein häufig beklagter Mangel 48 ist die außerordentliche Vielgestalt der Verfahren und jedes Fehlen einer Systematisierung in diesem Bereich, was das ganze Rechtsgebiet wenig überschaubar erscheinen läßt. Eine Reform unter Aufgabe vieler der sehr speziellen, aber wenig effektiven Maßnahmen und eine Systematisierung der Materie wären ein erheblicher Fortschritt. 49 Versucht man eine Ordnung der wichtigsten einstweiligen Maßnahmen, so ergibt sich etwa das folgende Bild. 5o
46Calderon Cuadrado, Medidas, S. 60: Ortells Ramos, Emb. prev., S. 35 f. 47Diese sichert zweifellos auch die Effektivität von Feststellungs- oder Gestaltungs-
kla~i;i'ehe z.B. die heftige Kritik von Vazquez Sotelo, Jornadas, S. 330 ff.
49Dies fordern z.B. Fairen Guillen, EI sistema, S. 38 f., der die Notwendigkeit eines eigenen IV. Buches der LEC, das nur den medidas cautelares gewidmet ist, hervorhebt: Mufioz Sabate La Ley 1987, 1030, der von Rechtsunsicherheit wegen der spezialgesetzlichen "Improvisationen" spricht: Vazquez Sotelo, Jornadas: S. 356 f. Das Arbeitspapier des Justizministeriums zur Reform der LEC ist in den Art. 719 ff. zwar darum bemüht, alle einstweiligen Maßnahmen zusammenzufassen und einen allgemeinen Teil voranzustellen, von einer Entschlackung der Materie und der Entwicklung eines klaren dogmatischen Konzepts ist bisher jedoch nichts zu erkennen. 50 ln Anlehnung an Ramos Mendez, Der. proc. 11, 63 V. Eine überschneidungs- und widerspruchsfreie Einteilung ist nicht möglich, so daß die hier vorgeschlagene Gliederung nur der vereinfachten Anschauung dienen kann.
B. Überblick über die medidas cautelares im spanischen Recht
49
I. Medidas cautelares im Rahmen von Ansprüchen auf Zahlung,
Leistung von Sachen oder Herausgabe
1. Der embargo preventivo Er sichert ähnlich dem deutschen Arrest Zahlungsansprüche und Ansprüche auf Lieferung von Gattungssachen. Als ausflihrlichste Regelung des einstweiligen Rechtsschutzes in den Art. 1397 - 1418 LEC stellt er das Leitbild der medidas cautelares dar. Das spanische Recht kennt außerdem aber noch etliche Spezialformen von Arresten. 51
2. Die intervenci6n judicial de bienes litigiosos In den Art. 1419 - 1427 LEC normiert die spanische Zivilprozeßordnung mit einigem Aufwand eine spezielle Sicherungsmaßnahme, die während einer Vindikationsklage über "Minen; Berghänge, deren hauptsächlicher Reichtum in der Bewaldung besteht; Anpflanzungen oder industrielle und handwerkliche Betriebe" die gerichtliche Einsetzung einer Aufsichtsperson über die vom Besitzer fortzufuhrende Verwaltung vorsieht. Diese gutgemeinte Eilmaßnahme ist wegen ihrer stark beschränkten Anwendungsvoraussetzungen - nur bei Eigentumsstreitigkeiten und nur für die genannten Unternehmensarten, also z.B. nicht bei Handelsgewerben, aber auch wegen der Schwierigkeiten einer wirksamen Überwachung - in der Praxis kaum effektiv und wenig bedeutsam. 52
3. Die anotaci6n preventiva de demanda Diese Eintragung eines Klagevermerkes in das Grundbuch gemäß Art. 42 Nr. 1,43 LH i.V.m. Art. 139 RLH ist eine in der Praxis häufige und weitgehend bewährte Maßnahme, die bei Streitigkeiten aller Art über im Register eingetragene oder einzutragende Rechte den guten Glauben an die im Register eingetragene Rechtslage zerstört, aber auch den derzeitigen Zustand erhält. 5] Solche sichernden Einträge sind auch in andere Register möglich, so z.B. nach Art. 67 der Ley de Hipoteca Mobiliaria y Prenda sin Desplazamiento in das 51 Ausführlich zum Ganzen unten Kap. 3 C. 520rtells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95, 99 L der auch darauf hinweist. daß einer nachlässigen Verwaltung kaum entgegengewirkt werden kann. Deshalb dürfte sich diese Eilmaßnahme auch kaum eignen, sie in Analogie auf modernere Wirtschaftsformen zu erstrecken. Ausführlich Camara Ruiz, S. 6 I ff.: Serra Dominguez in SerraiRamos, S. 223 f.: Ortells Ramos in Ortells/Calderon, S. 83 ff. 53Näher Ramos Mendez, La anotacion preventiva de demanda. Barcelona 1980: Fernandez, Der. proc. III, ~ 62 3 ff.: Ortells Ramos in Ortells/Calderon. S. 71 tT. 4 Knothc
50
Erstes Kapitel: Die dogmatischen Grundlagen
Mobiliarhypotheken- und Pfandregister, nach Art. 155 ff. der Handelsregisterordnung in das Handelsregister und in das Register über Intellektuelles Eigentum gemäß Art. 134 Nr. 4 PatentG und Art. 40 MarkenG.
4. Exhibicion y deposita judicial de casa mueble Bei Streitigkeiten um ein dingliches Recht an einer beweglichen Sache kann gemäß Art. 499 Abs. 2 LEe und den Art. 1785 - 1789 ee ein deposito der Sache, gelegentlich auch sequestro genannt, beantragt werden. Dabei wird die Sache auf Anordnung des Gerichts meistens in die Verwahrung eines Dritten gegeben, um eine Verschlechterung oder das Verschwinden der Sache zu verhindern. 54
11. Medidas cautelares für Ansprüche aufTun und Unterlassen Die sogenannten medidas cautelares innominadas des reformierten Art. 1428 LEe sichern Ansprüche auf Tun oder Unterlassen durch vom Richter zu bestimmende Maßnahmen. Diese heute wichtifste Form von einstweiligen Verfugungen wird später ausführlich behandelt. 5
111. Einstweilige Maßnahmen in bezug auf Personen Hierunter fallen eine Vielzahl von vorläufigen Regelungen im Familienrecht, auf die an dieser Stelle aus Raumgründen nicht näher eingegangen werden kann. 56 Beispiele sind im Falle des Antrags auf Trennung oder Scheidung die vorläufige Regelung des Sorgerechts fur die Kinder (Art. 103 Nr. 1, 105 ee i.V.m. Art. 1881, 1885 ff. LEC), die Regelung der Nutzung der ehelichen Wohnung und des Hausrates (Art. 103 Nr. 2, 105 i.V.m. Art. 1881, 1885 ff. LEC), die Zahlung vorläufigen Unterhalts und eines Prozeßkostenvorschusses (Art. 103 Nr. 3, 105 ee i. V.m. Art. 1883, 1885 ff. LEC), vorläufige Regelun54Näher Gil Martin, Cuadernos, S. 247 ff.; Calder6n Cuadrado in OrtellslCalder6n,
S. 95 ff.
55Siehe untcn Kapitcl 5. 56 Ausführlicher mit zahlreichen Nachweisen Villag6mez Cebrian, S. 31 tT., ZlIsammenfilssend auch Calder6n Cuadrado in Ortells/Calder6n, S. 103 ff., 137 f. und Ortells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95, 101. Neben familicnrechtlichen Maßnahmen ist hicr aber auch die zivilrechtlichc, vorläufige Verkehrsunfall rente innerhalb des Strafverfahrens nach Art. 785 Nr. 8 d LECRIM zu nennen. Dazu Ortells Ramos in Montero/Ortells/G6mez Colomer/Mont6n, Der. juris. 11 2., S. 270; ausführlich Vosslcr, S. 137 f, aber kritisch zu diescr Einordnung.
B. Überblick über die medidas cautelares im spanischen Recht
51
gen hinsichtlich des ehelichen Güterstandes (Art. 103 Nr. 4 und 5 CC) sowie vorläufige Entscheidungen über Umgang, Sorgerecht und Unterhalt im Verfahren zur Feststellung der Elternschaft (Art. 128 CC).57
IV. Sonstige spezielle Eilmaßnahmen mit zumeist zustandserhaltendem Charakter I. Die vorläufige Aussetzung von Gesellschaftsbeschlüssen Das Gesetz für Aktiengesellschaften (Texto refundido des königlichen Dekretes 1564/1989 vom 22.12.1989)58 sieht in den Art. 120 ff. die einstweilige Aussetzung von Beschlüssen der Hauptversammlung und des Verwaltungsrates (Vorstand) vor. Das gleiche gilt per Verweis auf dieses Gesetz nach Art. 15 Abs.2 S. 3 LSRL (GmbHG) (Ley 2/1995 vom 23.3.1995) fur die GmbH 59 und nach Art. 52 Nr. 5 a GenossenschaftsG (Ley 3/1987 vom 2.4.1987) fur die in Spanien sehr verbreiteten Genossenschaften sowie fur Aktiengesellschaften im Sportwesen nach Ley 1011990 vom 15.10.1990. 60 Für einen solchen Antrag sind aber mindestens ein Gesellschaftskapital von 5% bei der AG (Art. 120 Abs. I LSA) oder Stimmrechtsanteile von 10% bei der Genossenschaft (Art. 52 Nr. 5 a LSC) erforderlich. 61
57Teilweise wird die Zugehörigkeit dieser vom Gesetz als medidas provisionales bezeichneten Maßnahmen zu den medidas cautelares bezweifelt, weil sie keinen dienenden Charakter für das Gestaltungsurteil Scheidung hätten und als vorläufig befriedigende Maßnahme auch das Konzept der Homogenität aber nicht Identität mit der Zwangsvollstreckung mißachteten, so etwa Villagomez Cebrian. S. 43 ff. m.w.N. Da, wie bereits ausgeführt, die Hauptsacheklage nicht in einer Leistungsklage bestehen muß und auch vorläufig befriedigende Maßnahmen die Effektivität der Hauptsache sichern, unterfallen die geschilderten Eilmaßnahmen jedoch nach richtiger Vorstellung den medidas cautelares, so auch Ortells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95, 101; Calderon Cuadrado in Ortells/Calderon, S. 104, 106 f. 58Siehe hierzu Reckhorn-Hengemühle, Die spanische Aktiengesellschaft. München 1992, S. I ff. mit einer Übersetzung des Gesetzestextes im Anhang. 59Hierzu Reckhorn-Hengemühle, GmbH, S. 35. 60ZU letzteren vgl. Uria. Der. mercantil, § XXVI Anm. 468. 61Näher zum Ganzen mit weiteren Einzelheiten (sehr ausführlich) Martin Pastor. Impugnacion de acuerdos, S. 28 ff.; Diez-Picazo GimeneziDe la Oliva Santos La Ley 1990, 1049 ff.; Calderon Cuadrado in Ortells/Calderon, S. 98 ff. m.w.N.; Reyes Gonza10 Poder .Iudicial 1991, 99 tf,; Ortells Ramos ZZPInt 2 (1997) 95. 115. 4"
52
Erstes Kapitel: Die dogmatischen Grundlagen
2. Die vorläufige Aussetzung von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung Nach Art. 16 Abs. 4 der Ley de Propiedad Horizontal (LPH) können dem Gesetz oder der Satzung widersprechende Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom Richter auf Antrag einstweilig in einem eigenen Spezialverfahren ausgesetzt werden. 62
3. Die vorläufige Unterbrechung der Aktivitäten bei Personenvereinigungen Verschiedene Vorschriften 63 ermöglichen die vorläufige Suspension der Aktivitäten von privatrechtlichen Personenvereinigungen während der Anhängigkeit eines Prozesses über die Auflösung der Vereinigung.
4. Die einstweilige Unterlassung von Eingriffen in das Recht auf Ehre, Privatsphäre und am eigenen Bild Gemäß Art. 9 Abs. 2 der Ley Organica 1/1982 vom 5.5.1982 zum zivilrechtlichen Schutz der Ehre, Privatsphäre und des Rechts am eigenen Bild sind vom Gericht alle erforderlichen vorläufigen Maßnahmen zu erlassen, um den rechtswidrigen Eingriff in diese Rechte zu unterbinden. Heute ließe sich in diesen Fällen ebensogut mit Art. 1428 LEC operieren. 64
5. Einstweilige Maßnahmen nach dem Urheberrechtsgesetz Das spanische Urheberrechtsgesetz, die Ley de Propiedad 1ntelectual in ihrer reformierten Fassung durch das königliche Dekretgesetz 1/1996 vom 12.4.1996 normiert in Art. 136 verschiedene medidas cautelares bei Eingriffen in das geschützte Recht. Der Richter wird darin in einer an Art. 1428 LEC angelehnten generalklauselartigen Formulierung ermächtigt, jede "andere zum Schutze des Urheberrechts erforderliche Maßnahme" zu erlassen. Neben dieser Generalermächtigung nennt das Gesetz beispielhaft folgende spezielle Maßnahmen: die Verwaltung und Verwahrung der erzielten Einkünfte, die Sequestration der 62Näher Calder6n Cuadrado in Ortells/Calder6n, S. 101 f. 6'Z.8. Art. 5 Abs. 3 Ley de Partidos Politicos oder Art. 5 der Ley reguladora deI derecho de asociaci6n sindical. 64Näher Calder6n Cuadrado in Ortells/Calder6n, S. 108 f; knapp auch Ortells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95. 100.
B. Überblick über die medidas cautelares im spanischen Recht
53
Eingriffsmittel und die Unterlassung der verletzenden Aktivitäten. 65 Art. 137 LPI enthält eigene Verfahrensregeln rur den Erlaß der Eilmaßnahmen.
6. Einstweilige Verfügungen gegen Werbemaßnahmen Nach Art. 30 des allgemeinen Gesetzes über Werbung (Ley General de Publicidad) (Ley 34/1988 vom 11.11.1988) kann der Richter auf Antrag die folgenden Verfügungen mit "kautelarem Charakter" erlassen: Anordnung der vorläufigen Unterlassung der Werbung samt Erlaß von geeigneten Maßnahmen zur Durchsetzung der Unterlassungspflicht, zeitweises Verbot der Werbung samt Maßnahmen zur Durchsetzung des Verbotes sowie die Verhinderung einer Einleitung der Werbemaßnahme im vorhinein. Für das Verfahren verweist Art. 30 Abs. 2 LGP auf Art. 1428 LEC. 66
7. Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Patentgesetz und dem Markengesetz Das Patentgesetz (Ley 11/1986 vom 20.3.1986) sieht in seinen Art. 133 ff. einstweilige Maßnahmen zum Schutze der Patentrechte vor. Das Markengesetz vom 10.11.1988 (Ley 32/1988) verweist in Art. 40 LM auf diese Vorschriften im Patentgesetz. Gemäß Art. 133 LP kann einen solchen Antrag aber nur steilen, wer nachweist, daß er das umstrittene Patent in Spanien wirtschaftlich nutzt oder diese Nutzung in ernsthafter Vorbereitung verfolgt. 67 Als mögliche Maßnahmen kommen laut Art. 134 in Betracht, "Maßnahmen, die die volle Effektivität eines späteren Hauptsacheurteils garantieren". Als nicht abschließend gemeinte Beispiele werden genannt: die Einstellung der den Antragsteller verletzenden Akte, die Zurückhaltung oder Verwahrung der Produkte oder Arbeitsmittel, die Sicherstellung eventueller Schadensersatzforderungen und Registereintragungen. Hinsichtlich des Verfahrens sehen die Art. 133 Abs. 2, 135 ff. LP ein eigenes Procedere VOr. 68
65 Ausführlich Ormazabal Sanchez RGD 1996, 3763 ff.; Rodriguez Tapia/Bondia Roman, Comentarios a la LPI, Art. 136, 137; Perez Daudi, Propiedad Industrial, S. 308 ff.; auch Calder6n Cuadrado in Ortells/Calder6n, S. 110 ff. 66Näher Mont6n Redondo La Ley 1989, 2175 ff.; auch Calder6n Cuadrado in Ortells/Calder6n, S. 114 ff. 67Zum Sinn dieser Einschränkung siehe Ortells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95. 115. 68 Ausführlicher zum Ganzen Perez Daudi, Propiedad industrial, S. 183 tI: Muiioz Sabate La Ley 1987. 1030 ff.; Barona Vilar, Der. de marcas, S. 110 ff.: Bredow. S. 175 ff.: Cucarella Galiana, FS Puente, S. 589 ff. mit besonderer Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung.
54
Erstes Kapitel: Die dogmatischen Grundlagen
8. Einstweilige Maßnahmen im Wettbewerbsrecht Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (Ley de Competencia Desleal 3/1 991 vom 10.1.1991) setzt den vorläufigen Schlußpunkt unter die spezialprozeßliche Regelungswut des spanischen Gesetzgebers der letzten Jahre. In seinem Art. 25 führt dieses Gesetz ein weiteres Spezialverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes für diesen in der Paxis eminent wichtigen Bereich ein. Immerhin verweist Abs. 4 für das dort nicht speziell Geregelte auf Art. 1428 LEC, so daß eine gewisse Einheitlichkeit gewahrt bleibt. Den Besonderheiten des Wettbewerbsrechts wird an späterer Stelle noch nähere Aufmerksamkeit geschenkt werden. 69
c. Die Grundvoraussetzungen jeder medida cautelar Als Grundvoraussetzungen für den Erlaß einer einstweiligen Maßnahme sind in Spanien der Schein eines Rechts (fumus boni juris) und eine Gefahr fur dieses Recht (periculum in mora) erforderlich. 7o Umstritten ist, ob die Sicherheitsleistung (fianza), die in Spanien für den AntragssteIler meist obligatorisch ist, als dritte Erlaßvoraussetzung angesehen werden muß. 71 Bevor diese Voraussetzungen anhand der konkreten Eilmaßnahmen untersucht werden, soll hier ein erster, genereller Überblick gegeben werden. I. Der "furnus boni juris" oder Anordnungsanspruch
Der von der spanischen Lehre zur Umschreibung der Notwendigkeit eines zu sichernden Rechts für den Erlaß einer Eilmaßnahme verwandte Begriff "fumus boni juris" enthält zwei unterschiedliche Bestandteile. Mit dem Ausdruck "boni juris" wird auf das "gute Recht" selber abgehoben, während "fumus", was sich mit "Rauch" oder "Anschein" übersetzen läßt, auf die Frage des Nachweises Bezug nimmt. Während man unter dem Ausdruck "gutes Recht" nicht nur Ansprüche sondern etwa auch komplexe Rechtsverhältnisse als erfaßt ansehen könnte, spricht das Gesetz stets nur eng begrenzt von Ansprüchen, z.B. Geldforderungen beim Arrest (Art. 1399 LEC) oder auf Tun, Unterlassen und Herausgabe bei der einstweiligen Verfügung nach Art. 1428 LEe.
69Siehe Kap. 7. 70 Vg l. nur Ramos Mendez. Der. proc. 11. 63. IV.; Fernändez, Der. proc. 111, § 616. 71Siehe hierzu unten Kap. I C. 111.
C. Die Grundvoraussetzungen jeder medida cautelar
55
Da im spanischen Recht seit jeher der Anspruch bei einer Eilmaßnahme in verschiedenster Weise aus einem Dokument hervorgehen muß, stellt sich das Problem des "anscheinenden Anspruches" als Einheit dar. Nur wenige Autoren heben den grundsätzlichen Unterschied der Frage nach dem Anspruch und seinem Nachweis hervor. 72 Diese historisch bedingte Vermengung beider Problemkreise fUhrt in Lehre und Praxis, insbesondere in der Rechtsprechung, häufig dazu, daß die Schwierigkeiten nur unvollkommen, ja sogar oberflächlich erfaßt werden. 73 Der in Spanien vorherrschenden Betrachtungsweise, die durch das Gesetz geradezu vorgegeben scheint, muß man allerdings zugute halten, daß sie sehr richtig die enge Verbindung von Anspruch und Nachweisbarkeit, wie sie im gesamten Prozeßrecht vorherrscht, verdeutlicht. Besonders im einstweiligen Rechtsschutz, der eine schnelle, vorläufige Regelung hervorbringen soll, kann es eigentlich nur auf den Anschein eines Anspruches ankommen, weil eine vollständige Rechts- und/oder Tatsachenprüfung nicht Aufgabe des Eilrechtsschutzes ist und sein kann. 74 Der spanische Begriff des Anscheines eines Anspruches ist somit plastischer als der bloße Ausdruck "Arrest- oder Verftigungsanspruch," kann jedoch auch signalisieren, daß hier ein fundamentaler Unterschied beider Rechtsordnungen besteht. Beiden Rechten ist gemein, daß der einstweilige Rechtsschutz als solcher nur dann zulässig ist, wenn ein subjektives Recht des einzelnen behauptet wird und auch bestehen kann. Wird ein Anspruch geltend gemacht, den das Recht zweifellos nicht vorsieht, so liegt ein klarer Fall der Unzulässigkeit vor. In der Rechtswirklichkeit sind diese eindeutigen Fälle jedoch selten. Zumeist geht es bei Rechtsstreitigkeiten um mehr oder weniger komplexe tatsächliche Fragen oder Rechtsprobleme. Ein Anspruch ist nur dann zu bejahen, wenn bestimmte vom Gesetz vorgeschriebene Merkmale gegeben sind, deren tatsächliche Grundlagen sich nur im Wege der Beweiserhebung sicher feststellen lassen. Eine solche volle Prüfung würde aber den Rahmen eines Eilverfahrens sprengen, so daß man sich letztlich mit dem bloßen Anschein jedenfalls der tatsächlichen Grundlagen eines Rechtes begnügen muß. Das spanische Recht geht hier gewissermaßen auf Nummer sicher und verlangt ein "Hervorscheinen" aus einem Dokument. Leider verkompliziert sich die Sache in der Rechtswirklichkeit oftmals noch dadurch, daß sich in der Schnelle eines Eilverfahrens selbst bei 72Yornehmlich Ortells Ramos in Montero/Ortells/G6mez Colomer/Mont6n. Der. juris. 11 2 .. S. 264 Lauch Calder6n Cuadrado. Medidas. S. 44. die von "situaci6n cautelable/buen derecho" und "acreditamiento" sprechen. Diesen folgend Ängeles love.
S.36.
73Siehe hierzu etwa die Darstellung beim Arrestverfahren. unten Kap. 3 D. 111. Ir. und E. 111. 74Näher zu dieser auch in Deutschland wohl entscheidenden Grundfrage der Reichweite der Rechtsprüfung unten Kap. 4 B. 11 2. und Kap. 6 B. 11. und 111.
56
Erstes Kapitel: Die dogmatischen Grundlagen
Zugrundelegung eines bestimmten Sachverhaltes die rechtliche Seite auch nicht schnell und eindeutig entscheiden läßt. Das bedeutet, daß es Fälle gibt, bei denen auch die Rechtslage nur anscheinend (vorläufig) so ist, wie sie sich in überschlägiger Prüfung und Bewertung durch das Gericht momentan darstellt. Die Spanier haben zunächst versucht, dieses Grunddilemma des einstweiligen Rechtsschutzes dadurch zu umgehen, daß die Urkunde den Anspruch konstitutiv ausweisen mußte und die Rechtslage damit zunächst klar erschien. 75 Spätestens seit der Aufnahme des von der Rechtsprechung ursprünglich als eine besondere, erleichterte Form des Beweismaßes im strengen Urkundenbeweis entwickelten "principio de prueba por escrito,,76 in den reformierten Art. 1428 LEe im Jahre 1984 treten in Spanien die gleichen Schwierigkeiten bei der Rechtsprüfung auf. Obwohl in Spanien das Problem der Rechtsprüfung bisher kaum eingehend untersucht worden ist,77 geht man dort, wie später genauer zu zeigen ist, von der Vorstellung aus, auch die Rechtsprüfung sei abgekürzt, da eine vollständige Untersuchung Aufgabe des Hauptverfahrens sei. Eine wirklich saubere Lösung ließe sich in Spanien wie in Deutschland nur mit einer Neubestimmung der Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes und einer dazu passenden Regelung erreichen.
11. Die Voraussetzung des "periculum in mora" oder die zu bekämpfende Gefahr Sofern überhaupt ein subjektiver Anspruch geltend gemacht wird, ist eine besondere Rechtfertigung erforderlich, gerade den Weg des schnellen, aber deshalb auch mit erheblichen Unsicherheiten behafteten Eilverfahrens zu beschreiten und nicht eine Entscheidung im ordentlichen Vollverfahren abzuwarten. Diese Rechtfertigung beschreibt die spanische Wissenschaft mit dem bildlichen Begriff der "Gefahr des Zeitablaufes". Diese Formulierung ist nicht nur leicht verständlich, sondern sie schließt tatsächlich alle Fälle ein, denen der einstweilige Rechtsschutz begegnen will. Denn zwangsläufig wird der Zeitablauf immer entscheidender Miturheber eines für den Kläger relevanten Nachteils sein. Häufig wird zwar ein unlauteres oder rechtswidriges Verhalten des Gegners Hauptgrund fur die Rechtsverletzung sein, so z.B. das Verschleudern des Vermögens oder das Verbreiten unwahrer Aussagen über den Konkurrenten, doch besonderes Gewicht erhält dies immer erst durch den Lauf der Zeit.
75 S0 vor allem beim embargo preventivo, der auch heute noch grundsätzlich dieses Erfordernis hat, auch wenn sich in Lehre und neuerer Rechtsprechung hier dcutlichc Aufweichungen ergeben, s. dazu unten Kap. 3 E. I. 5. 76 Ausführlich hierzu unten Kap. 5 C. I. 77 Ortells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95. 113.
C. Die Grundvoraussetzungen jeder medida cautelar
57
Viele Vereitelungshandlungen benötigen sogar eine gewisse Zeit zu ihrer effektiven Verwirklichung. Letztlich muß natürlich der Gesetzgeber entscheiden, welche Gefahr er konkret mit der einzelnen Eilmaßnahme bekämpfen will. Im spanischen wie im deutschen Recht geschieht dies etwa durch Generalklauseln, bei denen von einer Gefahr für die Effektivität gesprochen wird. Eine derartige Generalklausel findet sich z.B. beim embargo preventivo in Art. 1400 Nr. 2 am Ende oder für die einstweilige Verfügung in Art. 1428 LEe. Genauso gebräuchlich ist die Festlegung bestimmter Gefahren als Anordungsgrund in Form einer unwiderleglichen Vermutung, eine Gesetzestechnik, die der spanische Gesetzgeber beim embargo preventivo fast bis zum Exzeß betrieben hat. Als weitere Möglichkeit kann das Gesetz auch ganz auf eine Umschreibung der Gefahr verzichten, wenn sie sich schon aus der Natur der Sache ergibt, wie z.B. aus der Gutglaubensschutzfunktion einer Registereintragung bei der anotaci6n preventiva de demanda, bei der man vergeblich nach einem Anordnungsgrund suchen wird. 78
111. Die Sicherheitsleistung als Erlaßvoraussetzung Als dritte Grundvoraussetzung fur den Erlaß einer einstweiligen Maßnahme wird von einem Teil der Lehre die Sicherheitsleistung (fianza/contracautela) angefuhrt. 79 Eine derartige Grundvoraussetzung sei nämlich als Gegengewicht für den Erlaß allein aufgrund des Anscheines eines Anspruchs unbedingt erforderlich. 8o Dem wird jedoch, ohne die Nützlichkeit und Schutzfunktion der Sicherheitsleistung in Abrede stellen zu wollen, von anderer Seite entgegengehalten, daß die Sicherheit häufig erst bei Vollziehun zu leisten sei und deshalb keine echte Erlaßvoraussetzung darstellen könne. 8 Bedenkt man, daß es auch Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes in Spanien gibt, die eine Sicherheit des Antragstellers nicht fordern,82 wird man schwerlich von einer Grund-
r
78ZU den Vor- und Nachteilen dieser Gesetzestechniken im einstweiligen Rechtsschutz, Bellido Penades/Knothe RDPro 1997,321,322 ff. 79 S0 vor allem Herce Quemada RDPro 1966, 11, 18; Serra Dominguez in Serra/Ramos, S. 42 f.; grundsätzlich wohl auch Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 52, die aber darauf hinweist, daß die gesetzlichen Vorgaben fur die Sicherheitsleistung bei den verschiedenen Eilmaßnahmen so unterschiedlich sind, daß man derzeit schwer in allen Fällen von einer echten Voraussetzung sprechen könne. 80 Vg l. dazu die dritte Empfehlung der Reuni6n de Professores de Derecho procesal zu einer Reform des einstweiligen Rechtsschutzes, RDPro 1966, 95, 104 f. 81Alonso Furelos .lusticia 1990,339, 387 und 393; im Ergebnis auch Ortells Ramos in Montero/Ortells/G6mez Colomer/Mont6n, Der. juris. Il 2., S. 267. 82Z.B. erwähnt die LEC bei der interventi6n judicial de bienes litigiosos in den Art. 1419-1427 nichts von einer solchen Sicherheit, obwohl die Sicherheitsleistung des An-
58
Erstes Kapitel: Die dogmatischen Grundlagen
voraussetzung der medidas cautelares ausgehen können. Dies ändert gleichwohl nichts an der Tatsache, daß die Sicherheitsleistung in Spanien eine sehr bedeutende Rolle spielt. Sie wird fast bei allen medidas cautelares vom Gesetz vorgeschrieben, und nach spanischem Verständnis wäre die Verfligung einer einstweiligen Maßnahme, ohne spätestens bei der Vollziehung eine Sicherheitsleistung anzuordnen, schwer vorstellbar. Anders als im deutschen Recht (§ 921 Abs. 2 S. 2 ZPO) kann eine Sicherheitsleistung auch nicht dazu dienen, Schwächen beim Nachweis des Anordnungsanspruches oder -grundes zu überwinden. 83 Die Brisanz der Sicherheits leistung und zugleich die größte Schwierigkeit bei ihrer Handhabung84 liegt freilich in der Festsetzung der Höhe. Zwar besteht in der Lehre Einigkeit darin, daß die Sicherheit einen möglichen Schadensersatz des Antragstellers bei unberechtigtem Erlaß und Vollzug der Maßnahme sichern soll und sich deshalb nach der Höhe des möglichen Schadens bemißt,85 doch in der Praxis bereitet die Abschätzung des Schadens naturgemäß erhebliche Schwierigkeiten. Besonders bei UnterIassungsverfligungen im gewerblichen Rechtsschutz wird zunehmend beklagt,86 daß die Sicherheitssummen exorbitante Höhen erreichen. Die Festlegung einer hohen Sicherheit kann denn auch vom Richter dazu benutzt werden, sich in schwierigen Fällen mit weitreichenden Unterlassungsanträgen aus der Verantwortung zu stehlen, eine Entscheidung treffen zu müssen. Denn die Kosten einer solch drastischen Sicherheit werden, wenn die Sicherheitssumme nicht schon die finanzieIlen Möglichkeiten des Antragstellers übersteigt, in den meisten FäIlen abschreckend wirken. Auch bei Antragstellern, denen Prozeßkostenhilfe zustünde, wird grundsätzlich nicht von einer Sicherheitsleistung abgesehen. 87
tragsgegners zur Aufhebung der Maßnahme ausführlich geregelt ist. Die h.L. und die Rechtsprechung verlangen deshalb keine Sicherheit. Ausführlich zum Ganzen Cämara Ruiz. S. 127 f. Gleichwohl meinen Ortells Ramos in Montero/Ortells/G6mez Colomer/Mont6n, Der. juris. II 2., S. 316 und Serra Dominguez in Serra/Ramos. S. 239 f.. es handele sich um ein Redaktionsversehen und sprechen sich für eine Sicherheit durch den Antragsteller aus. So auch Cämara Ruiz. S. 128. 83Calder6n Cuadrado. Medidas. S. 54; Ortells Ramos in Montero/Ortells/G6mez Colomer/Mont6n. Der. juris. II 2 .• S. 267. Oe lege ferenda hielte dies Serra Dominguez in Serra/Ramos. S. 41 f. jedoch für sinnvoll. 84Calder6n Cuadrado. Medidas. S. 54. 85Statt vieler Serra Dominguez in Serra/Ramos. S. 42 f.; Ortells Ramos in OrtellslCalder6n. S. 16. 86Etwa Garcia de Enterria. La bataIla. S. 268. 87H.M. Ortells Ramos in OrtellslCalder6n. S. 17; Alonso Furelos Justicia 1990. 339. 389 f.; a.A. G6mez Colomer. EI beneficio. S. 245 ff. Ausführlicher hierzu. insbesondere zum verfassungsrechtlichen Aspekt des Zuganges zum Rechtsschutz vgl. unten Kap. 2
B. 11. 2.
D. Die Wirkungen der medidas cautelares
59
D. Die Wirkungen der medidas cautelares In der spanischen Dogmatik unterscheidet man drei Arten von Wirkungen der medidas cautelares. Dies sind die Wirkung der Vollstreckungssicherun~, die zustandskonservierende Wirkung und die urteilsantizipierende Wirkung. 8 Während die ersten beiden Wirkungen heute als zulässige Effekte von Eilmaßnahmen weitgehend anerkannt werden, ist die Statthaftigkeit von antizipierenden oder befriedigenden Maßnahmen umstritten und wird überwiegend mit Skepsis betrachtet.
I. Die Vollstreckungssicherung
Als Minimalwirkung der Instrumente des einstweiligen Rechtsschutzes ist in Spanien die Sicherung der Zwangsvollstreckung anerkannt. 89 Dabei kann man klassische Maßnahmen wie den embargo preventivo oder das deposito de bienes, die allein die Funktion der Vollstreckungssicherung erftillen, unterscheiden von Maßnahmen, die mehrere Wirkungen, darunter auch die Vollstrekkungssicherung, zeitigen können. So kann beispielsweise die anotaci6n preventiva de demanda die Vollstreckung der Herausgabe sichern, indem ein gutgläubiger Dritterwerb verhindert wird; sie kann aber ebenso den Status quo erhalten, wenn eine spätere Vollstreckung etwa bei einer Feststellungsklage nicht in Betracht kommt. 9o Insbesondere im Rahmen des Art. 1428 LEe sind eine Vielzahl von Maßnahmen mÖflich, die sich auf eine bloße Vollstreckungssicherung beschränken können. 9
11. Zustandserhaltende Maßnahmen Das Gesetz kennt eine beträchtliche Anzahl von einstweiligen Maßnahmen, die durch eine Erhaltung des Status quo die Effektivität der Hauptsacheentscheidung gewährleisten wollen. Als typische Beispiele sind die anotaci6n preventiva de demanda, die Aussetzung von Gesellschafterbeschlüssen und Suspensivmaßnahmen im gewerblichen Rechtsschutz und Wettbewerbsrecht zu 88 Eine sonst nicht zu findende Zusammenfassung gibt Ortells Ramos, ZZPlnt 2 (1997) 95, 110 ff. 89 Etwa Fernandez, Der. proc. 111, § 61 1.; Prieto-Castro, Tratado 11, Anm. 926; Ramos Mendez, Der. proc. 11,63 1.; Ortells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95, 110. 90S0 richtigerweise Alonso Furelos lusticia 1990, 339, 398; Ortells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95, 110; zu den Gegnern dieser Ansicht s. oben Kap. 1 A. 111. (Fn 19). 9JBeispieisweise kann ein embargo preventivo auch als Maßnahme nach Art. 1428 LEC erlassen werden, vgl. hierzu Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 135 f.; Angeles .love, S.38.
60
Erstes Kapitel: Die dogmatischen Grundlagen
nennen. Wegen dieser eindeutigen legislativen Vorgaben wird die Zulässigkeit solcher Maßnahmen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes heute nicht mehr in Zweifel gezogen,92 obwohl sie häufig schon einen Schritt in Richtung einer befriedigenden Wirkung gehen, weil die Erhaltung des Status quo fur den Antragsteller oft schon sein ganzes Begehren darstellt. Diese limitierte Befriedigungswirkung rechtfertigt sich jedoch durch die Tatsache, daß eine eigenmächtige Veränderung des Zustandes durch den Antragsgegner eine ebenso befr~~di~~nd~ Wi~kung für diesen hä~e, der Re~htsfrieden .aber nachhaltig gestört ware .. Die belden soeben geschIlderten Wirkungen smd auch vom Verfassungsgericht (Corte Constituci6nal, VerfG) als Zwecke und Effekte des einstweiligen Rechtsschutzes anerkannt. 94
111. Maßnahmen mit antizipierender Wirkung Einstweilige Maßnahmen, die in ihrer Befriedigungswirkung über die bloße Erhaltung eines Zustandes hinausgehen, werden in Spanien mit Vorsicht betrachtet. Von wirklich "befriedigenden" Maßnahmen kann man aber nur sprechen, wenn durch den Richterspruch vorläufig eine neue Lage herbeigeführt wird, insbesondere wenn der Antragsteller Rechte zugesprochen erhält, die im Streit stehen. 95 Die Kritik an einer urteilsantizipierenden Wirkung der medidas cautelares fußt vornehmlich auf der Befürchtung, die Hauptsache könne vorweggenommen werden, was nach spanischem Verständnis nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes sein kann und darf. 96 Durch die Entfernung vom Erfordernis der instrumentalidad bestehe die Gefahr, daß die medidas cautelares ihre Konturen verlören und in den Anwendungsbereich der summarischen Prozesse eingriffen. 97 Neuerdings wird gleichwohl auch eine weitergehende Zulassung von antizipierenden Maßnahmen im Rahmen des Art. 1428 LEC verteidigt, weil die sozialen Gegebenheiten und der Wandel bei der Struktur der Klagebegehren in zunehmendem Maße vorläufig befriedigende Eilent92Prieto-Castro, Tratado 11, Anm. 926; Calderon Cuadrado, Medidas. S. 130: Ortells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95, 110 f. 930rtells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95~ 111. 94S0 etwa STC 14/92 v. 10.2.92, B.lC 131 (1992),51,69 m.w.N. Siehe auch unten Kap. 2 B. VI. 950rtells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95, 111 f.; Calderon Cuadrado La Ley 1995, Nr. 3800, S. 2 . • 96 Vg l. Fernandez, Der. proc. I1I, § 61 4 b; Ramos Mendez lusticia 1985, 75, 77 f.; Angeles love, S. 123 ff. Sie alle erkennen zwar die Notwendigkeit von antizipierenden medidas an, mahnen jedoch zur Vorsicht und wollen die Grenzen eng ziehen. Eher zurückhaltend auch Ortells Ramos in Montero/Ortells/Gomez Colomer/Monton, Der. juris. II 2., S. 270. . 97 . Angeles love, S. 121.
E. Verfahrensrechtliche Besonderheiten der medidas cautelares
61
scheidungen notwendig machten. 98 Außerhalb der gesetzlich vorgesehenen Fälle wie der vorläufigen Verkehrsunfallrente nach Art. 785 Nr. 8 d LECRIM oder des vorläufigen Kindesunterhalts nach Art. 128 Abs. 2 CC sind solche Maßnahmen mit Befriedigungswirkung im Rahmen des Art. 1428 LEC zur Zeit aber noch schwer durchsetzbar. Anders gestaltet sich die Lage im gewerblichen Rechtsschutz und Wettbewerbsrecht, wo das Gesetz, wie etwa in Art. 25 LCD Eilmaßnahmen mit befriedigender Wirkung in Form von Unterlassungsverfügungen ausdrücklich vorsieht. 99
E. VerfahrensrechtIiche Besonderheiten der medidas cautelares Naturgemäß bestehen im Eilverfahren verfahrensrechtliche Besonderheiten zum ordentlichen Prozeß. Da jede medida cautelar ihren eigenen Regeln folgt, ist es kaum möglich und wenig sinnvoll, jede Besonderheit darzustellen,loo so daß hier nur auf weitgehende Gemeinsamkeiten abgehoben werden soll. Diese ergeben sich fast zwangsläufig aus dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich möglichst rasch eine nur einstweilen gültige Entscheidung herbeizuführen. Die Beschleunigung wird man wohl als das Leitprinzip des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz bezeichen dürfen. lol
I. Beschleunigung Eine Beschleunigung des Verfahrens läßt sich durch verschiedene Maßnahmen erreichen. Die wohl wichtigste unter ihnen ist die Vereinfachung des Verfahrens und die "Vereinfachung", im Sinne einer Entschlackung, des Prozeßstoffes. Daneben kann Schnelligkeit gefördert werden durch kurze Fristenregeln, durch spezielle Zuständigkeiten und durch Sondervollmachten des Richters bei der Sachverhaltsautklärung.
98Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 138 ff., die eine Begrenzung im Verhältnismäßigkeitsprinzip sieht; vgl. auch dies., La Ley 1995, Nr. 3800, S. 3, 6; in diese Richtung auch Alonso Furelos .Iusticia 1990, 339, 398. Sehr weitgehend Chamorro Bemal, Tutela judicial, S. 287. Er will unter Berufung auf die Factortame-Entscheidung des EuGH aus dem Gebot eflektiven Rechtsschutzes nach Art. 24 Abs. 2 CE die Ermächtigung des Richters herleiten, medidas cautelares jeder Art zu erlassen. 99Näher hierzu unten Kap. 7 F. I. I. IOOOrtells Ramos in Ortells/Calder6n, S. 26 f. IOIVgl. hierzu auch Serra Dominguez in SerraiRamos, S. 81; Auch das VerfG betont, daß eine medida cautelar ihrer Natur nach eine sofortige Entscheidung ohne Verzögerung erfordere, STC 144/95 v. 3.10.95, BJC 175 (1995), 30, 32.
62
Erstes Kapitel: Die dogmatischen Grundlagen
. Der Ver~infa~hu.ng d:s Verfahrens dienen eine Vie.lzahl an Sonde.~;$el?, wie z.B. die Moglichkelt der AntragsteIlung durch die Naturalpartei, - die Zulassung nur solcher Ansprüche, die urkundlich verbrieft sind,103 die Festschreibunlf von Arrest- oder Verfugungsgründen durch unwiderlegliche Vermutungen 04 und Erleichterungen bei der Vollziehung der Maßnahme,105 um nur die wichtigsten zu nennen. Hinsichtlich der "Vereinfachung" des Prozeßstoffes ist vornehmlich an alle Maßnahmen zu denken, die die Tatsachenbasis fur die Eilentscheidung begrenzen, so etwa die Reduzierung der möglichen Nachweismittel und des Beweismaßes. 106 Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Ausschluß des rechtlichen Gehörs des Gegners. IO ? Eine solche Vereinfachung kann zudem dadurch erreicht oder gesteigert werden, daß die Rechtsprüfung erleichtert oder reduziert wird. los Sowohl die Vereinfachung der Tatsachenerkenntnis als auch der Rechtsprüfung kann schließlich durch eine Beschränkung bei den Rechtsbehelfen erzielt werden. 109 Wegen ihrer über die bloße Beschleunigung hinausreichenden Bedeutung sollen das Prinzip der Summarietät und die Modifizierung des Kontradiktionsgrundsatzes näher betrachtet werden.
11. Die Summarietät der Entscheidung Die nur summarische Prüfung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes rührt in erster Linie natürlich daher, daß der Prozeßstoff zwangsweise auf durch Urkunden nachweisbare Tatsachen begrenzt ist und der Gegner nicht gehört oder nur beschränkt gehört wird. IIO Gleichzeitig findet in Spanien aber auch eine reduzierte Rechtsprüfung statt. Obwohl nirgends eindeutig getrennt 102 S0 ist z.B beim embargo preventivo nach Art. 4 Nr. 4 und Art. 10 Abs. 2 Nr. 3 LEe die Einschaltung eines procuradors und eines Anwaltes nicht erforderlich. 103Diese Vereinfachung ist in Spanien in mehr oder minder strenger Form bei allen medidas cautelares zu finden. 104Davon macht die LEe in Art. 1400 Nr. 2 besonders regen Gebrauch. 105Etwa die "umgehende" amtswegige Vollziehung nach Art. 1403, 1404 LEe. I06Beides geschieht in Spanien durch die Beschränkung auf Nachweis durch Dokumente und das Genügenlassen eines Anscheines der Tatsachen. I07Diese Methode ist in Spanien weit stärker verbreitet als etwa in Deutschland, beim embargo preventivo nach Art. 1403 LEe sogar zwingend. I08In Spanien ist auch die Rechtsprüfung auf eine überschlägige Beurteilung reduziert, weil dem Hauptverfahren nichts vorweggenommen werden soll. Näher unten Kap. I E. II. I09Im spanischen Recht ist diesbezüglich etwa das Vorbringen beim Widerspruch beschränkt (vgl. unten Kap. 3 K. 3. a) und die Revision ausgeschlossen (Art. 1687, 1690 LEC). IIOSerra Dominguez in SerraJRamos, S. 80.
E. Verfahrensrechtliche Besonderheiten der medidas cautelares
63
wird zwischen Beweiswürdigung und rechtlicher Beurteilung führt z.B. Serra aus: "Die Summarietät (der medidas cautelares) darf sich nicht in Oberflächlichkeit verwandeln, was dadurch vermieden wird, daß nicht so sehr die Erkenntnistiefe als vielmehr der Prozeßstoff reduziert wird." 111 Deutlicher äußert sich Calder6n Cuadrado: "Bei den medidas cautelares beschränkt sich der Richter darauf, die Tatbestandsvoraussetzung für ihren Erlaß festzustellen, wobei für die Existenz des Anspruches nur überwiegende Wahrscheinlichkeit (verosimilitud) erforderlich ist, während bei den summarischen Prozessen keine qualitative Einschränkung der richterlichen Entscheidungsfindung, sondern nur eine quantitative zu finden ist. Der Richter entscheidet bei letzteren zwar nur partiell über das, was Gegenstand des Hauptverfahrens wäre, aber diese Entscheidung, obwohl limitiert durch die Begrenzung des Vorbringens und der Beweismittel, darf sich niemals mit der bloß überwiegenden Wahrscheinlichkeit begnügen.,,112 Vazquez Sotelo meint zu diesem Problem: "Während im Voll verfahren der Richter die Gewißheit über die Existenz des Rechtes haben muß, stützt sich der Erlaß einer medida cautelar nur auf eine Beurteilung der Wahrscheinlichkeit, weshalb diese Entscheidung nicht die Hauptsache vorwegnimmt".113 In dieselbe Richtung geht Montero, wenn er schreibt, Summarietät bedeute Beschränkung des Vorbringens der Parteien, der Beweistatsachen und gelegentlich auch der Beweismittel sowie der juristischen Beurteilung. 114 Die Rechtsprechung äußert sich häufig dahingehend, daß bestimmte Fragen meist handelt es sich um schwierige Fragen in einer Gemengelage von tatsächlichen und rechtlichen Problemen - der Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müßten, zumal es nicht Aufgabe des Eilverfahrens sei, die Hauptsacheentscheidung vorwegzunehmen. 115 Besonders eindeutig formuliert das AP Barcelona in seinem Beschluß vom 29.9.92,116 der Erlaß einer medida cautelar als nur vorläufige Entscheidung "erfordert nicht eine minuziöse und detaillierte Prüfung aller Elemente des Anspruches, wie sie für eine endgültige Entscheidung notwendig wäre". Diese Vorstellung beruht zum einen sicher darauf, daß seit jeher die Existenz des Anspruches aus einem Schriftstück hervorgehen muß, und zum anderen auf der Idee, eine volle Prüfung müsse dem
IllSerra Dominguez in Serra/Ramos, S. 80. Klammerinhalt und Kursivschrift vom Verfasser. 112Caideron Cuadrado La Ley 1995, Nr. 3800, S. 3. I13Vazquez Sotelo, Jornadas, S. 362; ähnlich Alonso Furelos lusticia 1990, 339, 369 und Ängeles Jove, S. 33 f. 114Montero Aroca in Montero/Ortells/Oomez Colomer, Der. juris. II I., S. 529. Später spricht er dort von "provisorischer Rechtsprechung". 115S0 z.B. AAT Madrid v. 6.2.92, ROD 1992, 7348, 7349. 116 RJC 1993, 139.
64
Erstes Kapitel: Die dogmatischen Grundlagen
Hauptverfahren vorbehalten bleiben. 1I7 Ortells warnt im gleichen Zusammenhang jedoch davor, in eine bloße Ermessensentscheidung oder Interessenabwägung abzugleiten und damit den vom Gesetz in jedem Anspruch festgelegten Tatbestand zu mißachten. 118
111. Modifikation des Kontradiktionsgrundsatzes Das durch den Art. 24 der spanischen Verfassung (CE) garantierte Recht auf rechtliches Gehör l19 erfahrt im einstweiligen Rechtsschutz naturgemäß Einschränkungen. Bis zum Jahre 1984 war der einstweilige Rechtsschutz in Spanien dominiert durch das Prinzip des Ausschlusses jeglichen Gehörs des Gegners vor Erlaß der Entscheidung. So schreibt Art. 1403 LEC bis heute für den zahlenmäßig bedeutsamen embargo preventivo vor, daß bis zum Erlaß des Arrestes kein Gehör gewährt werden darf. Bis in diese Tage wird diese Bestimmung streng ausgelegt und jegliche Gewährung von Gehör vor Erlaß als unzulässig angesehen. 12o Bei dem deposito de cosa mueble nach Art. 499 Abs. 2 LEC wird diese Regel analog angewandt. 121 Die Art. 1419 ff. LEC sahen bei der intervenci6n de bienes litigiosos keine ausdrückliche Regel dieser Frage vor, was die h.M. aber zum Anlaß nahm, eine vorherige Anhörung jedenfalls für zulässig zu halten auch weil bei der Überwachung der Verwaltung der landwirtschaftlichen und sonsti~en Betriebe der Überraschungseffekt nicht im Vordergrund stehen konnte. 1 2 Auch Art. 1428 LEC in seiner Fassung bis 1984 schwieg zu dieser Frl~~e .. Währen.~ die h.~. ~orhe.riges G~hör befü,,:ort~tel~3 lehnte etwa Carreras - eme Anhorung mIt Hmwels auf dIe NotwendIgkeIt eIner Überraschung des Gegners ab. Eine eindeutige Ausnahme war bis 1984 nur im damaligen Art. 70 LSA (heute Art. 120 LSA) zu finden, der eine Anhörung der Gesellschaft vor Aussetzung ihres angefochtenen Beschlusses vorschrieb. In den Fällen des Ausschlusses der vorherigen Anhörung gewährt das Gesetz dem Antragsgegner eine Äußerungsmöglichkeit im Widerspruchsverfahren. 117Ausdrücklich sagt dies Art. 136 Abs. 2 Patentgesetz "Dic Entschcidung, die übcr den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Maßnahme ergcht, stellt keinesfalls cine Vorentscheidung der Hauptsache dar." Iigartells Ramos ZZPInt 2 (1997) 95, 116. 119Siehc hierzu untcn Kap. 2 B. IV. PO - Vgl. unten Kap. 3 H. 121 Serra Dominguez in SerraiRamos, S. 89; Foncillas Sopena Actualidad Civil 1990, Nr. 29 Doctrina, Rdnr. 411. I22Näher Foncillas Sopcna Actualidad Civil 1990. Nr. 29 Doctrina, Rdnr. 411; C;'imara Ruiz, S. 197, 207 123 Serra Dominguez in SerraiRamos, S. 91 mit Darstellung des Streitstandes auf S. 89 f. 124Carreras L1ansana in Fenech/Carreras, S. 587.
tr
E. Verfahrensrechtliche Besonderheiten der medidas cautelares
65
Dieses modifizierte Recht auf Gehör wurde in einer frühen Entscheidung des spanischen Verfassungsgerichts (Corte Constituci6nal) für verfassungsgemäß erklärt, da die Wirksamkeit der medidas cautelares anders als durch eine Überraschung des Schuldners nicht zu gewährleisten sei. 125 Mit der Reform des Art. 1428 LEC im Jahre 1984 wurde unter dem Eindruck des Art. 24 der jungen spanischen Verfassung eine Gegenbewegung eingeleitet. Der neue Wortlaut der Vorschrift sieht in Abs. 5 vor, daß der Antragsgegner dem Antrag einer einstweiligen Maßnahme widersprechen könne. Die h.M. sieht darin die Anordnung vorherigen rechtlichen Gehörs. 126 In der Folge dieser Gesetzesänderung ließ der Gesetzgeber in einigen neuen Gesetzen zum gewerblichen Rechtsschutz die vorherige Anhörung in unterschiedlicher Form zu. 127 Das Prinzip der effektiven Rechtsverteidigung durch rechtliches Gehör tritt also heute auch in Spanien in deutliche Konkurrenz zur Effektivität der einstweiligen Maßnahmen, die häufig eine Überraschung des Schuldners erforderlich machen 128 und ist in erheblichem Maße Gegenstand der Diskussion in der Lehre. 129 Der vom Verfassungsgericht (Corte Constituci6nal) aufgestellte Grundsatz, daß der Überraschungseffekt eine Verschiebung des rechtlichen Gehörs rechtfertigen könne, behält jedoch seine Gültigkeit und ist von der neueren Verfassungsrechtsprechung bestätigt worden. 130
125STC 186/83 v. 27.4.83, .Iuris. const. t. V 1983, 1000, 1004; vgl. dazu unten Kap. 2
B.1I1.
126Von richterlichem Ermessen geht Ramos Mendez lusticla 1985, 75, 88 aus: anders Ortells Ramos in Ortells/Calder6n, S. 153, er ist der Ansicht nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte sei vorgezogenes Gehör zwingend, auch wenn de lege ferenda ein Ermessen des Richters sinnvoll wäre; ebenso (ausführlich) Calder6n Cuadrado. Medidas, S. 232 ff.; Angeles love, S. 223 ff.; vgl. dazu auch unten Kap. 5 F. IV. 127S0 etwa indirekt in den Art. 135 Abs. 2 LP (dies gilt gemäß Art. 40 LM auch für das Markenrecht) und Art. 30 LGP; besonders deutlich dagegen in Art. 137 Nr. 3 LPI und Art. 25 Abs. 2 LCD (bei letzterem gilt: ohne rechtliches Gehör nur ausnahmsweise); vgl. zum Ganzen Foncillas Sopena Actualidad Civil 1990. Nr. 29 Doctrina. Anm. 413: Angeles .love, S. 209 ff. 128Vg l. Ortells Ramos in Ortells/Calder6n. S. 28: Foncillas Sopena Actualidad Civil 1990, Nr. 29 Doctrina. Anm. 415. 129Unrichtig insofern Eilers. S. 159, die nur die intervenci6n judicial des Art. 1419 LEC als einzige Ausnahme nennt und meint, die Literatur habe bisher in der fehlenden Anhörung keinen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gesehen. 130 STC 14/92 v. 10.2.92, B1C 131 (1992), 51. 69: näher unten Kap. 2 B. IV. 5 Knolhc
Zweites Kapitel
Verfassungsrechtliche Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes in Spanien Die junge spanische Verfassung, in Kraft seit dem 29.12.1978, 1 definiert den spanischen Staat in Art. I Abs. I CE als "sozialen und demokratischen Rechtsstaat", der für "Freiheit, Gerechtigkeit und politische Pluralität" als oberste Werte eintritt. Rechtsstaatlichkeit bedeutet dabei Ersetzung der Willkür durch Unterwerfung der gesamten Staatsgewalt unter das geschriebene Recht? Dieses muß demokratisch legitimiert sein und den sozialen Ausgleich suchen. 3 Die Gesetzesunterworfenheit der Gewalten wird in den Art. 9 Abs. I (alle Bürger und alle Staatsgewalt), 103 Abs. I (Verwaltung) und I 17 Abs. I CE (Rechtsprechung) noch gesondert betont, und Abs. 3 der Präambel bringt die "Herrschaft des Gesetzes als Ausdruck des Willens des Volkes" als demokratisches Element in die Verfassung.
A. Rechtsschutz Für den Bürger von besonderer Bedeutung ist im Rechtsstaat der Rechtsschutz. 4 Allein mit Hilfe des zivilrechtlichen Rechtsschutzes kann er seine subjektiven zivilrechtlichen Ansprüche geltend machen. Art. 24 der spanischen Verfassun~ ist dem Anliegen der Gewährleistung wirksamen Rechtsschutzes gewidmet.
IVeröffentlicht im Boletin Oficial dei Estado am 29.12.1978 und nach der Schlußbestimmung am sei ben Tage in Kraft getreten. 2Garrido Falla in Garrido Falla (Hrsg.), Constitucion, Art. I Anm. 2; vgL STC 34/95 v. 6.2.95. BJC 167 (1995), 57,62. 3Garrido Falla in Garido Falla (Hrsg.), Constituci6n, Art. I Anm. 2 u. 4. 4STC28/94v. 27.1.94, BJC 155(1994), 117,119. 5Art. 24 regelt neben zivilprozessualen Verfahrensrechten die verfassungsmäßigen Rechte des Einzelnen im Strafprozeß und gilt auch im Verwaltungsrecht. Die Kontrolle der Verwaltung durch Gerichte wird in Art. 106 Abs. 1 CE gesondert garantiert. Art. 53 Abs. 2 CE eröffnet dem Bürger die Möglichkeit, im Wege der Verfassungsbeschwerde das Verfassungsgericht anzurufen. Zur geschichtlichen Entwicklung des Art. 24 CE siehe Martinez Soria, S. 46 ff.
A. Rechtsschutz
67
I. Art. 24 der spanischen Verfassung6
Nach Art. 24 Abs. 1 CE hat jedermann7 ein Recht auf "effektiven Rechtsschutz" (tute la efectiva) seiner "legitimen Interessen" (intereses legitimas). Oberstes Ziel ist dabei wie der Wortlaut fortfährt, "in jedem Falle Rechtschutz10sigkeitiVerteidigungslosigkeit" (indefension) zu verhindern. In Abs. 2 werden eher unsystematisch und beispielhaft einige spezielle Verbürgungen des effektiven Rechtsschutzes aufgezählt. Aus der gesonderten Erwähnung kann man den Schluß ziehen, der Verfassungs geber habe diesen Aspekten besondere Bedeutung beimessen wOllen, 8 vermutlich auch aus den Erfahrungen der Franco-Zeit. Abgesehen von einigen speziell auf den Strafprozeß bezogenen Rechten finden sich in Art. 24 Abs. 2 CE das Recht auf den "ordentlichen, gesetzlich vorausbestimmten Richter", auf "Verteidigung", auf Rechtsbeistand, auf "Öffentlichkeit", und auf ein Verfahren ohne "unangemessene Verzögerung". Weiter wird dem Einzelnen garantiert, "zulässige Beweismittel" zu seiner Verteidigung einzusetzen, und zum Schluß gewährleistet Abs. 2 einen Prozeß mit "allen Garantien". Versucht man eine Systematisierung, so ergibt sich folgendes Bild. Freier Zugang zu effektivem Rechtsschutz ist das Grundprinzip und zugleich das Ziel, zu dessen Verwir~lichung prozessuale Instrumente nöti~ sind, von denen der Verfassungstext emzelne aufzählt und andere voraussetzt. Erwähnt werden der gesetzliche Richter mit Blick auf lustizorganisation und Parteien. Mit Blick nur auf die Parteien sind es das Recht auf Verteidigung, insbesondere unter Rechtsbeistand, auf Verwendung aller zulässigen Beweismittel und auf ein Verfahren ohne Verzögerungen. Im Interesse der Allgemeinheit wie der Parteien steht schließlich der Öffentlichkeitsgrundsatz. All diese Rechte gelten flir den Zivilprozeß, auch wenn einige ursprünglich auf das Strafverfahren zugeschnitten waren. 10
11. Der Prozeß "mit allen Garantien" nach Art. 24 Abs. 2 CE Die Gewährleistung eines Prozesses "mit allen Garantien" soll im Sinne einer Generalklausel Nichtgenanntes einschließen 11 und dadurch den Schutz ver6Siehe die Übersetzung im Anhang S. 432. 7Darunter sind in Spanien auch ohne ausdrückliche Vorschrift in der Verfassung juristische Personen des Privatrechts erfaßt. Ebenso können juristische Personen des öffentlichen Rechts nach Art. 24 Abs. I CE geschützt sein, Martinez Soria, S. 57 ff. 8Ramos Mendez lusticia 1983, 9, 25. QRamos Mendez lusticia 1983, 9, 23; ähnlich Cano Mata, Tutela judicial, S. 8; Bandres Sanchez-Cruzat, Proceso debido, S. 37. lODe Esteban/Gonzalez-Trevijano, Der. constitucional 11, S. 85; vgl. STC 13/81 v. 22.4.8 L .Iuris. const. t. III 1980-81, 226, 229 f. IISerrano Albercain in Garrido Falla (Hrsg.), Constitucion, Art. 24 Anm. V. 3. b).
s'
68
Zweites Kapitel: Yerfassungsrechtliche Grundlagen
vollständigen. Was genau unter "alle Garantien" zu verstehen ist, ist aber noch nicht abschließend geklärt. Zum einen fungiert die gesonderte Erwähnung sicher als Betonung der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens. Zum anderen werden diese "Garantien" der Verfassungsbeschwerde zugänglich gemacht, da die Rechte des Art. 24 CE nach Art. 53 Abs. 2 CE zu den beschwerdefahigen Grundrechten zählen. 12 Das bedeutet aber zugleich! daß der Kreis der unbenannten Garantien nicht zu weit ge faßt werden darf. 3 Ramos dagegen plädiert für eine weite Auslegung und meint, jede Verfahrensvorschrift, die Partei interessen schütze, falle unter den Begriff des Verfahrens mit allen Garantien und sei somit verfassungsgerichtlich überprüfbar. 14 Danach scheiden nur reine Ordnungsvorschriften unter den Verfahrensnormen aus. Diese Ansicht ist jedoch als zu konturlos und ausufernd abzulehnen. Man trifft deshalb auch eher auf die Meinung, der Begriff beziehe sich nur auf die in Art. 24 Abs. 2 genannten Rechte. 15 Eine weitere Funktion des Begriffes "mit allen Garantien" ist sein Zusammenspiel mit Art. 10 Abs. 2 CE. In dieser Vorschrift heißt es, daß die Verfassungsnormen über Grundrechte und Grundfreiheiten im "Einklang mit der Menschenrechtserklärung und sonstigen internationalen Verträgen über ähnliche Materien, die Spanien ratifiziert hat", zu interpretieren sind. Ob damit alle in den Verträgen normierten Prozeßgrundrechte auf dieser Schiene in Spanien per Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden können, wie Ramosl 6 meint oder nur bei der Auslegung zu beachten sind, wie der Wortlaut vermuten läßt, ist jedoch ebenfalls zweifelhaft. 17 Soweit ersichtlich hat das Verfassungsgericht internationale Verträge bisher nur als Auslegungshilfe für die Grund18 rechte des Art. 24 CE genutzt. Das Verfassungsgericht beruft sich isoliert auf den Begriff "alle Garantien" nur selten,19 im Zusammenhang mit benannten Rechten dagegen öfter. 20 Das
I"Zum Grundrechtscharakter des Art. 24 ausftihrlich Martinez Soria, S. 51 ff. uDazu Berzosa Francos .Iusticia 1992, 533, 570. 14Ramos Mendez lusticia 1983,9,25. "De Esteban/Gonzälez-Trevijano, Der. constitucional 11, S. 85; Cano Mata, Tutela judiciaL S. 8. . 16Ramos Mendez .lusticia 1983, 9, 25 f. 17(iarrido Falla in Garrido Falla (Hrsg.), Constituci6n, Art. 10 Anm. 2 leitet aus der Entstehungsgeschichte seine Position einer bloßen Interpretationslösung ab; so auch Martinez Soria. S. 54 1'1'.; ausführlich zur Interpretation nach Art. 10 Abs. 2 CE Bandres Sänchez-Cruzat. Proceso debido, S. 155 ff. ISygl. die Entscheidungen zur angemessenen Yerfahrensdauer in den Fn 78-80 und STC 204/94 v. 11.7.94, BJC 160-61 (1994),71, 75 f (zum gesetzlichen Richter und Sondergerichtsbarkeiten nach CE und EMRK). I"Z.B. in STC 66/89 v. 17.4.89, luris. const. t. XXII\ 1989,712,744 (Im Strafverfahren die amtswegige Berücksichtigung und Ermittlung von entlastenden Fakten); STC
A. Rechtsschutz
69
verstärkt den Eindruck, daß diese Fonnulierung vornehmlich zur Bekräftigung eingeflihrt wurde, daß sie aber grundsätzlich auch zu einer Erweiterung des Art. 24 CE genutzt werden könnte. Andererseits werden sich aber kaum Fälle denken lassen, die sich nicht auch unter die Tatbestandmerkmale "effektiver Rechtsschutz" und Venneidung von "Rechtsschutzlosigkeit" fassen ließen.
111. Sonstige nicht ausdrücklich in Art. 24 CE enthaltene Verfahrensrechte Trotz der Ausflihrlichkeit des Art. 24 müssen in Spanien wie in Deutschland viele Grundsätze erst durch Verfassungsinterpretation gewonnen werden. So sehen Rechtsprechung und Lehre in Art. 24 CE unter anderem folgende Garantien festgeschrieben, ohne daß dabei auf den Begriff des Verfahrens "mit allen Garantien" zurückgegriffen wird. -
Gleichheit der Parteien im Sinne einer "Waffengleichheit,,21
-
Recht auf Zugang zu Rechtsbehelfen 22
-
Recht auf rechtskräftige Entscheidung 23
-
Recht auf erträgliche Gerichtskosten und Prozeßkostenhilfe 24
-
Recht auf "congruencia" (nichts anderes als beantragt)25
278/94 v. 17.10.94, BJC 163 (1994), 101, 103 (Nicht erfolgte Beiladung eines im Strafverfahren zu Beteiligenden). 20 STC 28/94 v. 27.1.94, BJC 155 (1994), 117, 119; STC 109/89 v. 8.6.89, BJC 99 (1989), 1135 (Kontradiktion sei wichtigster Bestandteil eines Prozesses mit allen Garantien); STC 14/92 v. 10.2.92, BJC 131 (1992),51, 69 (Gesamtheit aller in Abs. 2 garantierten Rechte); STC 204/94 v. 11.7.94, BlC 160-61 (1994),71, 75 f; STC 160/94 v. 23.5.94, BJC 158 (1994),166,170. 21 STC 13/81 v. 22. 4 .81 ,Juris. const. t. I1I 1981182,226,230; STC 28/81 v. 23.7. 81, .Iuris. const. t. 11, 198 I, 190, 195 f; STC 155/88 v. 22. 7. 88, luris. const. t. XXI 1988,708,714 f.; STC 14/92 v. 10.2.92, BlC 131 (1992).51,69; Vazquez Sotelo Justicia 1993, 599, 610; Ramos Mendez .Iusticia 1983, 9, 29. . 22 St. Rsp. STC 240/91 v. 12.12.91, BlC 129 (1992),6 L 63; STC 374/93 v. 13.12.93, BJC 153 (1994),114,117; STC 55/95 v. 6.4.95, BJC 167 (1995),162, 164; Oe La Oliva Santos in Oe la OlivaiFernandez, Der. proc. I, § 6 30; Moron Palomino. Der. proc .. S. 78; Oe Esteban/Gonzäles-Trevijano, Der. constitucionalll, S. 84. Dies gilt jedoch nur für vom Gesetz bereitgestellte Rechtsbehelfe. Ein Instanzenzug ist im Zivilverfahren nicht garantiert. 23 STC 380/93 v. 20.12.93, BJC 153 (1993),140,142; STC 182/94 v. 20.6.94. BJC 159 (1994),113, 118f 24Gimeno Sendra RDPro 1987,263,264 f; Ramos Mendez lusticia 1983.9.37; Oe Esteban/Gonzales-Trevijano, Der. constitucionalll, S. 83.
70
Zweites Kapitel: Verfassungsrechtliche Grundlagen -
Recht auf Aufhebung einer auf eindeutigen Fehlern beruhenden Entscheidung26
-
Recht auf rechtliches Gehör27 .
Anders als das deutsche Grundgesetz in Art. 103 Abs. 1 erwähnt die spanische Verfassung das Recht auf Gehör als woh I bedeutendstes Prozeßgrundrecht nicht ausdrücklich. Art. 24 Abs. 2 CE erfaßt mit den Garantien "Verteidigung" und "Beweismittel zur Verteidigung" nur die Passivseite. Die Aktivseite wurde anscheinend als für effektiven Rechtsschutz selbstverständlich angesehen. 28 Das Verfassungs gericht ordnet das Gehör denn auch ohne jede Bedenken den Begriffen "tute la efectiva" und "indefensi6n" des Art. 24 Abs. 1 CE zu. Damit wird anders als in Deutschland die Effektivität des Rechtsschutzes in den Vordergrund gestellt. Dem so formulierten Ziel werden dann prozessuale Instrumente und verfahrensrechtIiche Einzelgrundrechte beigegeben und untergeordnet. In jüngster Zeit proklamiert das spanische Verfassungsgericht zunehmend auch ein aus Art. 24 Abs. 1 folgendes Recht auf einstweiligen Rechtsschutz. Eine wichtige Voraussetzung für effektiven Rechtsschutz sei die Möglichkeit medidas cautelares zu nutzen?9
B. Effektiver Rechtsschutz (tutela efectiva) Effektiver Rechtsschutz setzt in Spanien wie Deutschland neben der Tatsache, daß überhaupt Rechtsschutz gewährt wird, voraus, daß er nicht nur auf dem Papier steht, sondern in der Praxis eine wirksame Rechtsverteidigung er25STC 112/94 v. 11.4.94, BJC 157 (1994), 142, 145 m.w.N.; Berzosa Francos .Iusticia 1992, 533, 578; De La Oliva Santos in De la OlivaiFernandez, Der. proc. L § 6 27; Borrajo IniestaiDiez-Picazo GimeneziFernandez Farreres, Derecho a la tutela, S. 77 ff. 26 STC 268/94 v. 3.\0.94, BJC 163 (1994), 53, 56; STC 5/95 v. 10.1.95, B.lC 166 (1995), 30, 33 ff.; Borrajo IniestaiDiez-Picazo GimeneziFernandez Farreres, Derecho a la tutela, S. 36 f, wenn auch insgesamt sehr kritisch zu dieser Rechtsprechung, siehe aaO, S. 68 ff 27Ständige Rechtsprechung, STC 13/81 v. 22.4.81, Juris. const. t. '" 1980/81,226, 229 f; STC 151187 v. 2.\0.87, Juris. const. 1987,66,73; STC 14/92 v. 10.2.92, BJC 131 (1992), 51, 69; Väzquez Sotelo Justicia 1993, 599, 607; Ramos Mendez Justicia 1983, 9, 30 f 28 Vgl. Berzosa Francos Justicia 1992, 533, 564. 29 STC 14/92 v. 10.2.92, BJC 131 (\992),51,69; STC 238/92 v. 17.12.92, BJC 141 (1993),42,46; STC 218/94 v. 18.7.94, BJC 160-61 (1994), 116, 122; STC 39/95 v. 13.2.95. B.lC 167 (1995), 83. 90; Chamorro Bernal, Tutela judicial efectiva, S. 286. Ausführlich zu dieser neuen Verfassungsrechtsprechung allerdings bezogen auf den einstweiligen Rechtsschutz im Verwaltungsprozeß, wo die Entwicklung noch hinter dem im Zivilverfahren Erreichten hinterherhinkt, Martinez Soria, S. 312 ff Näher zum ganzen unten Kap. 2 B. 111.
B. Effektiver Rechtsschutz (tutela efectiva)
71
möglicht. Entscheidend sind dabei Gesichtspunkte wie ungehinderter Zugang zu den Gerichten, Rechtsmittelmöglichkeiten, Schnelligkeit im Erkenntnisverfahren und eine rasche und wirkungsvolle Vollstreckung der Entscheidung. Sozusagen als kleinster gemeinsamer Nenner erfordert effektiver Rechtsschutz, den Parteien Gehör zu gewähren. Die abstrakte Garantie des effektiven Rechtsschutzes in Art. 24 I CE und seine Ausformungen in Abs. 2 sind seit 1978 durch die Lehre und später verstärkt durch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts konkretisiert worden. Die einfachen Gesetze sind entsprechend diesen im folgenden zu besprechenden Maßgaben verfassungskonform auszu30 legen.
I. Justizgewährungsanspruch
Art. 24 Abs. 1 CE gewährt jedermann ein subjektives öffentliches Recht auf Klage, indem es dem Einzelnen Zugang zum Rechtsschutz sichert und einen Anspruch auf eine be~ündete Entscheidung durch einen unabhängigen, unparteiischen Richter gibt. 1 Die Anrufung der Gerichte darf nicht von staatlicher Willkür abhängen. So hat das VerfG etwa kürzlich festgestellt, Art. 71 Abs. 4 der Arbeitsprozeßordnung könne nicht dahingehend ausgelegt werden, daß Feststellungsklagen nicht zulässig seien, da durchaus ein "interes legitimo" im Sinne des Art. 24 Abs. 1 CE bestehen könne, eine bloße Feststellung zu erhalten. 32 Mit ähnlicher Argumentation hat das VerfG auch die vom Gesetz nicht vorgesehene Klage auf zukünftige Leistung für zulässig erklärt33 .
11. Zugang zum Rechtsschutz Effektiver Rechtsschutz verlangt zunächst, daß Zugang zu den Rechtsschutzmöglichkeiten besteht. Dieser Zugang darf nicht grundlos eingeschränkt sein und zugangsbeschränkende Vorschriften wie die Sachurteilsvoraussetzungen sind im Lichte dieses Grundrechtes weit ("pro actione") auszulegen. 34 Im lOSTC 28/81 v. 23.7.81. .luris. const. t. 11 1981. 190. 196: STC 194/93 v. 14.6.93. BJC 147 (1993).108.117. llSTC 55/95 v. 6.3.95, BJC 167 (1995). 162. 164: De Esteban/Gonzales-Trevijano. Der. constitucional 11. S. 80: De la OIiva Santos in De la OlivaiFemandez. Der. proc. I. § 623 ff.: Moron Palomino. Der. proc .. S. 76: Almagro Nosete in Almagro/Tome. Instituciones. S. 65 f.: Ortells Ramos in Montero/Ortells/G6mez Colomer. Der. proc. L S. 414 f., 418 f: ausflihrIich Chamorro Bemal. Tutela judicial efectiva. S. 17 ff. 32 STC 65/95 v. 8.5.95, BJC 169-70 (1995),5.7. 33 STC 194/93 v. 14.6.93. BJC 147 (1993), 108, 117. 34 St. Rsp. STC 119/94 v. 25.4.94, BJC 157 (94). 164. 167 m.w.N.: Ortells Ramos in Montero/Ortells/G6mez Colomer, Der. juris. I, S. 421 f.: Garcia Morillo in L6pez Guer-
72
Zweites Kapitel: Verfassungsrechtliche Grundlagen
Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes bestehen abgesehen von dem nachfolgend zu behandelnden Erfordernis einer Sicherheits leistung keine besonderen Zugangshindernisse, die wie etwa der Anwaltszwang nicht auch beim einfachen Erkenntnisverfahren existieren.
1. Das Problem der Sicherheitsleistung
Die vom Antragsteller bei fast allen einstweiligen Maßnahmen zu erbringende Sicherheitsleistung stellt eine nicht zu unterschätzende Hürde flir den Zugang zum Rechtsschutz dar. Sofern sie Voraussetzung schon des Erlasses ist, wird dem Antragsteller eine hohe Belastung auferlegt, nur weil er sein Recht effektiv sichern will. Ist die Sicherheit Vollzugsbedingung, so ist die Wirkung aus Sicht des Antragstellers nicht wesentlich anders; er kann sich bestenfalls damit beruhigen, das Gericht habe beim Erlaß der Maßnahme seine Rechtsauffassung geteilt. Die Kostenbelastung durch die Sicherheit ist in beiden Fällen gleich und dürfte eine erhebliche psychologische Barriere darstellen. 35 In die Richtung einer Verweigerung dieser Form des Rechtsschutzes geht die Sicherheitsleistungspflicht dann, wenn eine arme Partei sich mit dieser Frage konfrontiert sieht.
2. Sicherheitsleistung bei bedürftigen Parteien Die herrschende Lehre vertritt die Auffassung, daß auch eine Partei mit Anspruch auf Prozeßkostenhilfe nicht von der Sicherheit befreit sei. 36 Das neue Gesetz über den kostenlosen Rechtsschutl 7 habe nämlich in den Ausnahmen des Art. 6 - wie schon im früheren Art. 30 LEC - keine Ausnahme flir Sicherheitsleistungen aufgenommen. 38 Außerdem schütze Art. 24 Abs. I CE nicht nur die Rechte des Antragstellers auf Zugang zum Rechtsschutz, sondern wolle auch "indefensi6n" (Verteidigungslosigkeit) des Gegners verhindern. Im Ausgleich beider Interessen wiege jedoch das Interesse am Erlaß einer Maßnahme ra, Der. constitucional I, S. 322, der auf S. 317 von einer ausgesprochen "antiformalistischen" Haltung des VerfG spricht; Borra,jo Iniesta/Diez-Picazo GimeneziFernandez Farreres, Derecho a la tutela, S. 30 ff. "Freilich mit dem positiven Effekt, daß leichtfertig gestellte Anträge auch verhindert werden. 360rtells Ramos, Emb. prev., S. 113; ebenso in Ortells/Calderan, S. 17; Alonso Furelos lusticia 1990, 339, 389 f.; Calderan Cuadrado, Medidas, S. 56 f. 37 Ley 1/1996 de asistencia juridica gratuita vom 10.1.1996, das die alten Vorschriften der LEC (Art. 13 - 50) und andere Bestimmungen in einem Gesetz zusammengefaßt und das ganze Verfahren reformiert hat. 380rtells Ramos in Ortells/Calderan, S. 17.
B. Effektiver Rechtsschutz (tutela efectiva)
73
ebenso schwer wie dasjenige auf Schutz vor Schäden durch eine unberechtigte Maßnahme. 39 Das bedeute aber nicht, daß es nicht wünschenswert wäre, wenn der Staat eine Leistung in Form der Übernahme der Sicherheit per Gesetz einführte, um die Benachteiligung der mittellosen Partei zu beseitigen. 4o Eine vor Jahren von G6mez Colomer41 vorgeschlagenen Lösung, eine sogenannte cauci6n juratoria, also die Versicherung des Antragstellers zu zahlen, wenn sich seine finanzielle Lage bessere, zuzulassen, hat sich schon dadurch erledigt, daß diese Form der Sicherheitsleistung mittlerweile aus der LEC verbannt worden ist. 42 Ramos dagegen schlägt vor, der armen Partei bei der Sicherheitsleistung dadurch entgegenzukommen, daß sie jedenfalls in eindeutigen Fällen sehr niedrig festgelegt werden könne. 43 In der Praxis dürfte dies jedoch auch keine praktikable Lösung darstellen, weil neben der begrenzten Anwendbarkeit auch eine geringe Sicherheit für eine bedürftige Partei häufig noch zu viel sein wird. Mittlerweile hat aber auch das Verfassungsgericht diese herrschende Linie voll bestätigt. 44 Wegen der großen Gefahr von Schäden für den Antragsgegner müsse dessen Recht auf Verteidigung als ebenso gewichtig angesehen werden, wie das Interesse des bedürftigen Antragstellers auf Erlaß der Maßnahme. Es komme noch hinzu, daß die einstweilige Maßnahme "bloß" dazu diene, die Effektivität des Hauptsacherechtsschutzes zu sichern und eine Verweigerung dieser besonderen Form des Rechtsschutzes keine generelle Ver. weIgerung von Rec htssc hutz seI..45 III. Recht auf einstweiligen Rechtsschutz
Das Verfassungsgericht, das sich in neuerer Zeit vermehrt mit dem Eilrechtsschutz befaßt hat,46 sieht mittlerweile auch den einstweiligen Rechtsschutz als durch Art. 24 CE garantiert an und unterstreicht dies mit der kraftvollen Formulierung "Rechtsschutz ist kein solcher ohne medidas cautelares, die die effektive Verwirklichung der Hauptsache sicherstellen".47 Dies bedeute
39Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 56 f.; Ortells Ramos in Ortells/Calder6n, S. 17. 4°Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 57; Ortells Ramos in MonterolOrtells/G6mez Colomer/Mont6n, Der. juris. II 2., S. 267. 41G6mez Colomer, EI beneficio, S. 250. 42 V gl. hierzu Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 178. 43Ramos Mendez Justicia 1985, 75, 85. 44STC 202/87 v. 17.12.87, BJC 81 (1988),63,68 f. 4'STC aaO S. 68 f. 46 Eine aktuelle Zusammenstellung der Entscheidungen des VerfG zu dieser Materie findet sich bei Ortells Ramos, Tribunales de .Iusticia 1997, Rdnr. 623 ff. 47STC 14/92 v. 10.2.92, B.lC 131 (1992),51,69 (zum embargo "preventivo" im summarischen Volistreckungsprozeß); STC 218/94 v. 18.7.92, BJC 160-61 (1994), 116,
74
Zweites Kapitel: Verfassungsrechtliche Grundlagen
aber nicht, daß jede Verfahrensvorschrift des einstweiligen Rechtsschutzes unter dem Schutz des Art. 24 Abs. 1 CE stehe, sondern nur dann, wenn durch einen Verfahrensfehler von einer Versagung des Rechtsschutzes gesprochen werden könne, komme ein Verfassungsverstoß in Betracht. 48 Ihrer Natur nach verlange eine Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes als Eilverfahren eine sofortige Entscheidung. 49 Funktion der medidas cautelares sei die Sicherung der Vollstreckung und darüber hinaus die Erhaltung eines Rechtszustandes, der den legitimen Interessen dessen entspricht, der in der Hauptsache obsiegt. 5o Wegen der Klärung der Streitfrage in einem zwingend nachfolgenden Hauptsacheverfahren könne man selbst bei schwerwiegenden Maßnahmen wie einem Vermarktungsverbot nicht davon sprechen, daß es sich hierbei um einen irreparablen und damit unzulässigen Eingriff in die Rechte des Antragsgegners han~lle, da die Wirkung der medida cautelar nur vorläufig und zeitlich begrenzt sei.)1 In der Begründung etwas einschränkend meint das VerfG an anderer Stelle in Form eines obiter dictum, da einer der fundamentalen Grundsätze der medidas cautelares die "Homogenität zu den Vollstreckungsmaßnahmen" sei, verstünde es sich von selbst, daß eine medida cautelar keine Wirkungen hervorbringen könne, die unter keinen Umständen aus der Hauptsacheentscheidung erwachsen könnten. 52 Auch in der Lehre wird die Ansicht, Art. 24 Abs. 1 CE garantiere den einstweili~en Rechtsschutz als Teil des effektiven Rechtsschutzes, überwiegend geteilt. 3
122 (vorläutige Unterlassung der Vermarktung von Markenschuhen); STC 238/92 v. 17.12.92, B1C 141 (1993),42,46 (Verwaltungsprozeß). 48 STC 218/94 v. 18.7.94, B1C 160-61 (1994), 116, 122; ATC 237/91 v. 12.12.91, .Iuris. const. 1991, 705, 710. 49 STC 144/95 v. 3.10.95, B1C 175 (1995), 30, 32 (Antrag auf vorläufige Aussetzung
eines Gesellschaftsbeschlusses sei sofort zu bescheiden). 50STC 218/94 v. 18.7.94, B1C 160-61 (1994), 116, 122; STC 238/92 v. 17.12.92, B.lC 141 (1993),42,46; ähnlich STC 202/87 v. 17.12.87, B1C 81 (1988),63,68. 51 STC 218/1994 v. 18.7.94, B1C 160-161 (1994) 117, 123, anders wäre dies jedoch zu beurteilen, wenn das Vermarktungsverbot zur wirtschaftlichen Vernichtung des Inhabers der angegritfenen Marke führen würde. 52STC 39/95 v. 13.2.95, B1C 167 (1995),83,90. 53Chamorro Bemal, Tutela judicial, S. 286; Garcia de Enterria, La bataIla, S. 273 f.; Angeles love, S. 65 f.; Ortells Ramos, Tribunales de lusticia 1997, Rdnr. 638 f.; kritisch Fernändez, Der. proc. III, § 61 3 (Fn 2); er warnt davor, von einem subjektiven öffentlichen Recht auf medidas cauteJares zu sprechen, weil diese nur untergeordneter Bestandteil des Prozesses seien und nur letzterer von Art. 24 CE geschützt sei. Man könne unmöglich von einer Pflicht des Richters zum Erlaß von Eilmaßnahmen ausgehen. Er bedenkt jedoch nicht, daß eine solche "Pflicht" nur bei Ermessensreduzierung auf Null gegeben wäre.
B. Effektiver Rechtsschutz (tutela efectiva)
75
IV. Recht auf rechtliches Gehör Schon der Zugang zum Rechtsschutz setzt rechtliches Gehör voraus, da sich der Kläger in Klageschrift und Antrag rechtlich äußert. Bedeutsamer ist das Recht auf Gehör jedoch während des Verfahrens. Beide Seiten müssen mit rechtlichen Argumenten und tatsächlichem Vortrag ihre Interessen verteidigen können und vom Richter gehört werden. Das spanische Verfassungsgericht sieht deshalb im Verbot der Verteidigungslosigkeit (indefension) in Art. 2_4 Abs. I CE das Grundrecht auf Gehör und Rechtsverteidigung verbürgt.)4 Grundsätzlich hat dieses kontradiktorische Prinzip auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu gelten, wenn nicht besondere Rechtfertigungsgründe für eine Reduktion oder Modifikation bestehen. Wie oben bereits dargelegt, herrscht in weiten Bereichen des einstweiligen Rechtsschutzes die Grundregel, den Gegner erst nach Erlaß der Maßnahme zu hören. Das VerfG hat dies stets für zulässig gehalten, weil die volle Effektivität des Eilrech!sschutzes häufig nur durch eine Überraschung des Schuldners erreichbar sei. 5) Im Falle des embargo preventivo komme hinzu, daß der Antragsgegner weitgehend geschützt sei, weil das Recht durch eine Urkunde nachgewiesen werden und der Antragsteller Sicherheit leisten müsse. 56 Bedenklich ist jedoch die Haltung des VerfG im aufsehenerregenden Fall "Nike".57 Dort argumentierte das Gericht zu Art. 40 MarkenG i.V.m. Art. 135 PatentG, die Verweigerung vorherigen Gehörs im konkreten Fall sei rechtens, weil nachträgliches Gehör ausreiche und die Anwendung der genannten Vorschriften durch die Instanzgerichte nicht als willkürlich bezeichnet werden könne. Im Berufungsverfahren gegen die Unterlassungsverfügung hatte jedoch das AT Barcelona wie vom VerfG wiedergegeben 58 die Entscheidung damit begründet, daß "im spanischen wie im ausländischen Recht eine einstweilige Maßnahme immer ohne Gehör erlassen werde", was jedoch auch fur das spanische Recht wie oben dargelegt 59 nicht zutrifft. Man darf nicht vergessen, daß nachträgliches Gehör nicht gleichwertig ist mit einer vorherigen Anhörung und deshalb nur bei hinreichender Rechtfertigung ausgeschlossen werden kann. Diese war hier jedoch nicht dargelegt. S4STC 13/81 v. 22.4.81, .Iuris. const. t. 111 1980-81, 226, 229 f.; STC 114/86 v. 2.10.86, B.lC 66 (1986).1139,1149; STC 151/87 v. 2.10.87, .Iuris. const. 1987.66,73: STC 12/87 v. 4.2.87. B.lC 71 (1987),275.278; STC 14/92 v. 10.2.92. B.lC 131 (1992). 51,69; STC 148/95 v. 16.10.95. BJC 175 (1995). 46. 48. sSSTC 186/83 v. 27.4.83, .Iuris. const. t. V. 1983, 1000. 1004: STC 14/92 v. 10.2.92. BJC 131 (1992), 51, 69; STC 218/94 v. 18.7.94, BJC 160-61 (1994), 116, 123 (nachträgliches Gehör ausreichend). S6STC 186/83 v. 27.4.83, Juris. const. t. V. 1983, 1000, 1004; STC 14/92 v. 10.2.92. BJC 131 (1992),51, 69. S7STC 218/94 v. 18.7.94, BJC 160-61 (1994), 116, 123. 58 STC aaO, S. 118. s9Siehe Kap. I E. IIJ.
76
Zweites Kapitel: Verfassungsrechtliche Grundlagen
Im Falle des nachträglichen Gehörs erfordert Art. 24 CE, daß dieses umfassend gewährt wird, weshalb Beschränkungen des Vorbringens im Widerspruchsverfahren, wie sie z.B. bei embargo preventivo vertreten werden,6o schwer mit der Verfassung vereinbar sind.
V. Rechtsschutz in angemessener Zeit 1edes rechtsstaatliche Verfahren nimmt eine gewisse Zeit in Anspruch. lnformationsaustausch, Beweiserhebung und eine fundierte Rechtsprüfung benötigen selbst unter Idealbedingungen im Erkenntnisverfahren ihre Zeit. 61 Idealbedingungen sind aber weder in Spanien noch in Deutschland gegeben. Zu viele Verfahren, zu wenig Richter und 1ustizpersonal, Mängel in der 1ustizverwaltung, bewußte Verzögerungen durch die Parteien, lange Fristen und Instanzenzug, mangelnde Qualifikation von Richtern und Anwälten sind nur wenige Aspekte, die zu langer Verfahrensdauer führen. Aus Sicht des um Rechtsschutz Nachsuchenden stellt ein langsames Verfahren in der Regel einen erheblichen Nachteil dar. Für den Verfahrensgegner ist eine Verzögerung häufig von Vorteil. 62 Je schleppender ein Verfahren ist, desto weniger effektiv ist es für den, der eine Entscheidung benötigt. Nach langer Zeit können sich zudem die Umstände, etwa die Solvenz des Schuldners oder das Streitobjekt so verändert haben, daß das ursprünglich verfolgte Ziel faktisch nicht mehr erreichbar ist. 63 Dies kann sowohl auf Vereitelungshandlungen des Schuldners 64 als auch auf den bloßen Zeitablauf zurückzufuhren sein. Andere umstrittene Rechtszustände vertragen ihrer Natur nach schon keine lange Zeit der Ungewißheit. In der heute schnellebigen Zeit, insbesondere im wirtschaftlichen Bereich, besteht ein verstärktes Bedürfnis nach rascher, wenn auch nur vorläufiger Rechtssicherheit. 65
6°Hierzu unten Kap. 3 1. 11. 3. a) aal. 610rtells Ramos in MonterolOrtelIs/G6mez Colomer/Mont6n, Der. juris. 11. 2. S. 255 f. 62Garcia de Enterria, La batalIa, S. 265 f. weist darauf hin, daß bei hoher Inflation und den "skandalös" niedrigen gesetzlichen Verzugszinsen ein möglichst langes Verfahren für Schuldner ein gutes Geschäft sein könne. 63Ramos Mendez lusticia 1982,97, 106. 640rtells Ramos, Emb. prev., S. 3 I. 65Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 32; Moreno Catena lusticia 1988, 33, 54.
B. Effektiver Rechtsschutz (tutela efectiva)
77
I. Angemessene Verfahrensdauer nach Art. 24 Abs. 2 CE lind die Wirklichkeit
Die spanische Verfassung gibt in Art. 24 Abs. I und 2 eine Antwort auf die Frage, indem sie effektiven Rechtsschutz ohne "unangemessene Verzögerung" gewährleistet. In der Rechtswirklichkeit Spaniens war und ist die lange Dauer der Verfahren jedoch ein sehr großes Problem. Entsprechend scharf wird dieser Mißstand in der Literatur der letzten 16 Jahre angeprangert. 66 Ramos meint, unter anderem wegen der langen Dauer sei die Mehrheit der Prozesse in Spanien verfassungswidrig. 67 Gonzales Perez bezeichnet die spanische Justiz wegen ihrer "unheilbaren" Langsamkeit als "Karikatur der JustiziGerechtigkeit".68 Nach Almagro erreicht die spanische Zivilgerichtsbarkeit "zur Zeit (im Jahre 1981) in den Großstädten Quoten höchster Ineffizienz,,69 Moreno kommt zu dem Ergebnis, schon das Erkenntnisverfahren sei "extrem teuer und langsam", die Mängel bei der Zwangsvollstreckung erreichten jedoch dramatische Züge, was in der Mehrheit der Fälle zu völliger Ineffizienz führe. 7o Drastisch äußert sich Garcia de Enterria, indem er schreibt, "In einer enormen Zahl der Fälle (ich erlaube mir, zu glauben vielleicht die Mehrheit) hat sich der Prozeß in ein Instrument der Ungerechtigkeit statt der Gerechtigkeit gewandelt.,,7! Auch eine Vielzahl von Verfassungsgerichtsurteilen zeigt, daß hier ein neuralgischer Punkt des spanischen Prozeßrechts liegt. 72 Das höchste Gericht Spaniens hat
66Siehe die z. T. vernichtende Kritik bedeutender Prozeßrechtler. die häufig als Rechtsanwälte große Praxisnähe haben; etwa Ramos Mendez Justicia 1982, 97 fL ähnlich Almagro Nosete .Iusticia 1981, 11, 15 f. und 37 fL Moreno Catena .Iusticia 1988. 33, 49 ff.; Garcia Enterrfa, La bataIla, S. 266 tl.; sehr pessimistisch Gonzales Perez, S. 212 ff; auch Ortells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95. 103 beschreibt das Problem zu langer Verfahren, das heute, 1997, weiterhin akut sei. 67Ramos Mendez .Iusticia 1982.97,99. 68Gonzales Perez, S. 213. 69Almagro Nosete Justicia 1981, 11, 15 (Klammerinhalt vom Verfasser eingefügt). 7oMoreno Catena .Iusticia 1988, 33, 49. 7lGarcia de Enterrfa, La bataIla, S. 267. 72 STC 24/81 v. 14.7.1981, .Iuris. const. t. II 1981, 113, 119 f. (Grundsatzentscheidung); STC 36/84 v. 14.3.84, B.lC 36 (1984), 568, 572 fT.; STC 26/83 v. 13.4.83, B.lC 25 (1984), 469, 474. Ilustrative Beispiele aus neuerer Zeit sind: STC 144/95 v. 30.10.95, B.lC 175 (1995), 30, 32 (Klage auf Aufhebung eines Gesellschaftsbeschlusses zusammen mit Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Maßnahme in Form der Aussetzung gemäß Art. 120 LSA, auf die hin zwei .Iahre trotz zweier Beschwerden nichts vom Gericht unternommen wird); STC 69/94 v. 28.2.94, B.lC 155 (1994), 279, 281 (Instanzdauer von mehr als drei Jahren). Das VerfG zitiert in der Entscheidung das Ministerio Fiscal, das in einer Stellungnahme von einer durchschnittlichen Instanzdauer bei gleichartigen Fällen von einem Jahr ausgeht; STC 20/95 v. 24.1.95, BJC 166 (1995), 101, 103 (ein Jahr der völligen Untätigkeit des Richters in sehr einfach gelagerter Sache trotz Beschwerden des Antragstellers); STC 7/95 v. 10.1.95, B.lC 166 (1995), 40, 42 (zwei Jahre bis Terminsanberaumung bei Berufung in
78
Zweites Kapitel: Verfassungsrechtliche Grundlagen
bereits in einer frühen Entscheidung das Problem zu langer Verfahren auf den Punkt gebracht. Aus soziologischer und politischer Sicht könne man feststellen, daß verspätet gewährter Rechtsschutz einem gänzlichen Fehlen von effektivem Rechtsschutz gleichkomme. 73 Die Effektivität des Rechtsschutzes könne unmöglich losgelöst vom Faktor Zeit beurteilt werden. 74
2. Zur Auslegung des Begriffs der "unangemessenen Verzögerung" Der dem Internationalen Pakt für bürgerliche und politische Rechte vom 19. 12. 1966 (BGBI. 1973 11, 1533) entliehene 75 unbestimmte Rechtsbegriff "unangemessene Verzögerung" in Art. 24 Abs. 2 CE wird vom Verfassungsge-
richt in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes interpretiert. 76 Denn gemäß Art. \0 Abs. 2 CE sind die Grundrechte und Grundfreiheiten, zu denen Art. 24 CE gehört (vgl. Art. 53 Abs. 2 CE), im Einklang mit der Internationalen Menschenrechtserklärung und den übrigen internationalen Übereinkommen und Verträgen auszulegen. Die Gedanken der zu Art. 6 I der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. 11. 1950 (EMRK) ergangenen Entscheidungen 77 werden zu einem Gutteil übernommen. So sei entscheidend fur die zulässige Dauer eines Verfahrens die Betrachtung des konkreten Falles, speziell seine Komplexität, das Verhalten der Beteiliften, das Verhalten der Behörden und die Folgenschwere einer Verzögerung. 7 Es dürften insbesondere keine Leerlaufzeiten im Verfahren entstehen 79 und der Gesetzgeber werde
einfacher Sache); STC 32/82 v. 7.6.82, BJC 32 (1982), 548 ff. (Nach Urteil des Obersten Gerichtshofes und Vollstreckungsantrag verstreichen 4 Jahre der Untätigkeit). 73 STC 26/1983 v. 13.4.83, BJC 25 (1983), 469, 474. 74STC 24/81 v. 14.7.81, Juris. const. t. II 1981, 113, 119; STC 36/84 v. 14.3.84, BlC 36 (1984), 568; Näher Revenga Sanchez in Lasarte u.a., Los retrasos, S. 11. 7SArt. 14 Abs. 3 c, dort allerdings bezogen auf das Strafverfahren. 76Revenga Sanchez in Lasarte u.a., Los retrasos, S. 14. 770ie Urteile des EuGHMR Zimmermann/Steiner v. 13.7.83, Serie A Vol. 66 = EuGRZ 1983,482,483; Lechner/Hess v. 23. 4. 87, Serie A Vol. 118; Caputano v. 25. 6. 87, Serie A Vol. 119, S. 3 ff.; König v. 23. 4. 77, Serie A Nr. 27 S. 34; Neumeister v. 7.5.1974, Serie A Vol. 17 und Ringeisen v. 23.6.1973 Serie A. Vol. 16 werden von der Verfassungsrechtsprechung häufig zitiert. 78STC 24/81 v. 14.7.81, Juris. const. t. II 1981, 133, 119; STC 36/84 v. 14.3.84, BJC 36 (1984),568,572 f.; STC 20/95 v. 24.1.95, BJC 166 (1995), 101, 103 (einfacher Fall); STC 7/95 v. 10.1.95, BJC 166 (1995), 40, 42. 79 STC 36/84 v. 14.3.84, BlC 36 (1984),568,573.
B. Effektiver Rechtsschutz (tutela efectiva)
79
durch Art. 24 Abs. I und 2 CE verpflichtet, flir ausreichendes Personal und genügend Mittel zu sorgen. 80
3. Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes bei überlanger Verfahrensdauer Um bei langer Verfahrensdauer das Bedürfnis nach Schnelligkeit und damit Effektivität zu befriedigen, kommt man nicht umhin, ein System der raschen, vorläufigen Streitentscheidung zu schaffen. Aus dieser Notwendigkeit flir die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes bezieht der einstweilige Rechtsschutz heute einen Großteil seiner Rechtfertigung. 81 Fraglich ist allein wie weit die Beschleunigung gehen muß und darf, ohne Rechtsstaatlichkeit und Verfassungsgüter wie Waffengleichheit und Menschenwürde zu sehr zu beschränken. Da der einstweilige Rechtsschutz selbst bei der Dauer normaler VolIverfahren ein probates und notwendiges Mittel zur Erlangung zeitlich effektiven Rechtsschutzes darstellt, muß dies um so mehr gelten, wenn Prozesse unter Überlänge leiden. Ein möglicher Ausweg aus dem in Spanien besonders akuten Problem der langen Verfahrensdauer, wäre deshalb eine verstärkte Nutzung der Möglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes. 82 Selbst wenn die in solchen Eilverfahren in Spanien stark abgekürzte Prozedur nicht immer mit höchstmöglicher Beschleunigung durchgeflihrt würde und sich am Grundproblem zunächst wenig änderte, wäre jedenfalls ein wesentlich schnellerer Rechtsschutz gewährleistet. Im Bereich der Vollstreckungssicherung durch einstweilige Maßnahmen wie beim Arrest würden Verzögerungen des in Spanien obligatorischen Hauptverfahrens weitgehend entschärft. Auch im Rahmen der Status-quo-Wahrung und vorläufigen Befriedigung bringt der einstweilige Rechtsschutz unübersehbare Vorteile. Stärker noch als der einzelne Bürger ist freilich die Wirtschaft auf ein System, das rasch vorläufige Planungssicherheit schafft und die Vollstreckung sichert, existenziell angewiesen. In Anbetracht der derzeitigen Lage muß man daher feststellen, daß die spanische Verfassung die großzügige Anwendung und Modemisierung des einstweiligen Rechtsschutzes unter dem Aspekt der Schnelligkeit des Rechtsschutzes eher fordert denn begrenzt.
HO STC 20/95 v. 24.1.95, BlC 166 (1995),101,103; STC 7/95 v. 10.1.95, BlC 166 (1995), 40, 42. 81Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 31 f; Garcia de Enterria, La bataIla, S. 268, 272. 82S0 auch Ramos Mendez lusticia 1982, 97, 106; vgl. Garcia de Enterria, La bataIla, S. 268 f.
80
Zweites Kapitel: Verfassungsrechtliche Grundlagen
VI. Effektiver Rechtsschutz bei der Vollstreckung der Entscheidung Nach ständiger Rechtsprechung und Lehre verlangt effektiver Rechtsschutz gemäß Art. 24 Abs. I auch, daß die Entscheidung ihre Wirkung in der Rechtswirklichkeit voll entfalten kann. Art. 24 Abs. 1 CE gewährt demnach ein Recht auf Vollstreckung der Entscheidung in effektiver und tenorgetreuer Weise. 83 Sonst blieben Urteile "bloße Feststellungen und leere Verspr~chungen".84 Das VerfG beschränkt das Grundrecht auf Vollstreckung jedoch auf die vom Gesetz vorgegebenen Wege 85 und hält deshalb den bloßen Geldersatz bei der in Spanien nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbaren Vollstreckung von Tun oder Unterlassen für verfassungsgemäß. 86 Hindernisse für eine effektive Durchsetzung der Entscheidung können in erster Linie aus zwei Bereichen resultieren. Zum einen kann es sein, daß der Staat nur ein defizitäres Vollstreckungsrecht zur Verfügung stellt oder zumindest nicht für eine wirksame Anwendung des Rechts sorgt. Zum anderen ergeben sich für den Schuldner viele Möglichkeiten, eine Vollstreckung faktisch zu verhindern. Auf beiden Ebenen kann und muß der Staat mit einem gut funktionierenden System einstweiliger, die Vollstreckung sichernden Maßnahmen, wie etwa dem Arrest, entgegenwirken. 87 Neben der Gewährung schnellen, vorläufigen Rechtsschutzes, ist die Vollstreckungssicherung das zweite Standbein in der Rechtfertigung des einstweiligen Rechtsschutzes. Mit dem spanischen Zwangsvollstreckungsrecht steht es jedoch nicht zum Besten. Die lückenhafte Regelung, fehlende Mitwirkungspflichten des Schuldners und ein formalistisches und schwerfalliges Verfahren mit unzähligen, häufig veralteten Schuldnerschutzbestimmungen sowie die hohen Kosten lassen vom Postulat einer effektiven Vollstreckung nicht viel übrig. 88 Auch wenn die Vollziehung der einstweiligen Maßnahmen in den Bahnen des Vollstrekkungsverfahrens verläuft und damit an den Mängeln desselben teilhat, kann der einstweilige Rechtsschutz bei Defiziten im Vollstreckungsrecht zumindest in 8J STC 10711980 v. 31. 3. 81, B.lC 1981, 183; STC 32/82 v. 7.6.82, B.lC 15 (1982), 548,554; STC 125/87 v. 15.7.1987, BJC 75 (1987),1111, 1116; STC 314/94 v. 28.11.94, BJC 164 (1994),110,114; STC 219/94 v. 18.7.94, B.lC 160-61 (1994),124. 126; vgl. Gonzales Perez, S. 227 tL Ramos Mendez Justicia 1982. 97.99 f., 109. 84STC 32/82 v. 7.6.82. B.lC 15 (1982), 548, 554; STC 314/94 v. 28.11.94. B.lC 164 (1994).110,114. 8'STC 125/87 v. 15.7.87, B.lC 75 (1987), 1111, 1116 f.: STC 215/88 v. 14.11.88, BJC 92 (1988), 1503, 1507. 86STC 58/83 v. 29.6.83, BJC 27 (1983),815,819. 87Cortes Dominguez in Cortes/Gimeno/Moreno/Almagro, Der. proc. 11, Anm. 709 b. 88V gl. hierzu Ortells Ramos ZZPlnt 2 (1997) 95, 97 sowie die Darstellung zum Vollzug beim embargo preventivo in Kap. 3 I.
B. Effektiver Rechtsschutz (tutela efectiva)
81
zweierlei Hinsicht Abhilfe schaffen. Zum einen kommt der Gläubiger schneller zu einem Titel, der wenigstens Sicherungsmaßnahmen zuläßt und zum anderen bewirken diese Sicherungsrechte im Rahmen des Vollzuges der einstweiligen Maßnahme eine meist wirksame Sicherung der später zu erwartenden Zwangsvollstreckung. Häufig ist der Vollzug wegen der geringeren Gefahr für den Schuldner gegenüber der Vollstreckung vereinfacht, so daß auf diesem Wege Hindernisse bei der Vollstreckung vorläufig umschifft werden können. Versagen muß der einstweilige Rechtsschutz im Hinblick auf die Vollstreckungssicherung - nicht aber bzgl. der Beschleunigung - wenn eine wirksame Vollstrekkungsmöglichkeit vom Gesetz nicht vorgesehen wird, wie dies bei der Handlungs- und Unterlassungsvollstreckung in Spanien der Fall ist. 89 Die Wirkungen der einstweiligen Verfügungen werden damit stark entwertet, was allerdings dadurch relativiert wird, daß auch die Hauptsacheentscheidung mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Etwas außerhalb des Bereiches der Vollstreckungssicherung im engeren Sinne liegt die Frage der Effektivitätssicherung bei nicht vollstreckbaren Entscheidungen wie Feststellungs- und Gestaltungsurteilen. Auch für diese Fälle kann man problemlos die oben zitierten Aussagen des VerfG fruchtbar machen, weil dort zumeist generell von einer "effektiven Verwirklichung" der Hauptsacheentscheidung gesprochen wird. Damit solche Urteile Rechtswirkungen zeitigen können und nicht "bloße FesteIlungen und leere Versprechungen" bleiben, sind von Art. 24 Abs. 1 CE auch einstweilige Maßnahmen .ßeschützt, die den Status quo erhalten, bis eine endgültige Entscheidung ergeht. Insgesamt bleibt festzustellen, daß die spanische Verfassung die Nutzung des einstweiligen Rechtsschutzes zur effektiven Vollstreckungssicherung und Status-quo-Wahrung garantiert. Die Beschränkungen, die zuweilen in den oftmals veralteten, einfachgesetzlichen Verfahrensvorschriften zu finden sind, werden von verfassungswegen nicht gefordert. Eine stärker an Art. 24 CE orientierte Auslegung des Prozeßrechtes in diesem Bereich drängt sich deshalb auf.
VII. Würdigung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts zur Effektivität des Rechtsschutzes Alle genannten Entscheidungen des Verfassungsgerichts zeigen eine vom Grundsatz her positive Haltung dieses Gerichtes zu möglichst effektivem Rechtsschutz, und sie sprechen für eine konsequente Effektivierung durch 89Näher dazu unten Kap. 5 G. IV. 900rtells Ramos in Montero/Ortells/G6mez Colomer/Mont6n, Der. juris. 11 2 .. S. 256 f. 6 Knothc
82
Zweites Kapitel: Verfassungsrechtliche Grundlagen
einstweilige Maßnahmen. Derzeit haftet die Vorstellung des höchsten spanischen Gerichtes jedoch noch stark an der vorgefundenen gesetzlichen Ausgestaltung des einstweiligen Rechtsschutzes. Dies zeigen die in den zitierten Entscheidungen zu findenden Bemerkungen zum Urkundennachweis,91 zur Sicherheitsleistung92 und zur Abhängigkeit von der Vollstreckung und dem Hauptsacheverfahren. 93 Weitreichende Änderungen durch Rechtsfortbildung wird man mit den Urteilen zum einstweiligen Rechtsschutz94 deshalb schwer begründen können, eher schon mit den Aussagen des VerfG zur Vollstrek. 95 96 kungslcherung und zur Verfahrensdauer. Dem Gesetzgeber werden durch die Verfassung und ihre Auslegung durch die Rechtsprechung jedoch geringe Schranken für weitreichende Reformen zu Gunsten erhöhter Effektivität gesetzt. Ihm wäre es nur verwehrt, den einstweiligen Rechtsschutz zu reduzieren oder abzuschaffen. 97 Bei der Lösung von Einzelfragen und der Auslegung des einfachen Rechts wird man jedenfalls angesichts der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts mit Erfolg für eine möglichst effektive Ausgestaltung eintreten können.
91 STC 14/1 992 v. 10.2.92, BJC 131 (1992), 5 I, 69 (der embargo preventivo sei deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich, weil die Schuld durch eine Urkunde nachgewiesen werde). 92 STC 202/1987 v. 17.12.87, BJC 1988-81, 63, 68 f; STC 14/1992 v. 10.2.92. BJC 131 (1992), 51, 69 (embargo preventivo sei unbedenklich, weil eine Sicherheit geleistet und auf Schadensersatz gehaftet werde). 9)Der Zwang zur Durchführung eines Hauptsacheverfahrens wird nie in frage gesteilt, sondern von allen Entscheidungen so hingenommen. 941nsbesondere die oben Kap. 2 111. (Fn 47) zitierten Urteile stellen eher schöne Programmsätze dar, die bisher ohne echte Konsequenzen geblieben sind. 95 0ben Kap. 2 VI. 96 0ben Kap. 2 V I. und 2. 97STC 218/94 v. 18.7.94, BJC 160-61 (1994), 116, 122; STC 238/92 v. 17.12.92, BJC 141 (1993),42,46.
Drittes Kapitel
Der embargo preventivo (Arrest) Der embargo preventivo, der sich mit Präventivpfandung oder Arrest übersetzen läßt, ist in den Art. 1397 - 1418 LEC geregelt.] Wie der Arrest nach § 916 ZPO macht er den Anfang des Abschnitts der Prozeßordnung (2. Buch, 14. Titel der LEC), der sich dem einstweiligen Rechtsschutz widmet. Mit seinen 21 Vorschriften stellt er die bei weitem ausfuhrlichste Regelung einer einstweiligen Maßnahme im spanischen Recht dar. Dennoch bleiben viele wichtige Fragen vom Gesetz unbeantwortet? Ziel des embargo preventivo ist die Sicherung der Vollstreckung einer Geldschuld für den Zeitraum, bis ein Titel im Hauptsacheverfahren vorliegt. 3 Die Sicherung erfolgt durch Gerichtsbeschluß, der die vorläufige Pfandung von Vermögen des Schuldners anordnet. Beim Vollzug des Beschlusses werden die Vermögensgegenstände dann beschlagnahmt.
A. Rechtsnatur Der embargo preventivo ist unzweifelhaft als eine Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes anzusehen. Er erfullt in geradezu klassischer Weise die Voraussetzungen, die oben als für medidas cautelares bestimmend herausgearbeitet wurden. 4 Nach Art. 1411 LEC besteht Abhängigkeit vom Hauptverfahren, da es innerhalb von 20 Tagen nach Vollziehung des Arrestes anhängig gemacht sein muß. 5 Der embargo preventivo ist homogen, aber nicht identisch mit Vollstreckungsmaßnahmen, weil zwar bei seinem Vollzug eine Pfandung erfolgt, diese aber nicht zur Verwertung fuhrt, wie bei der Pfandung im Wege der Zwangsvollstreckung (embargo ejecutivo), sondern nur sichernde Funktion
lEine Ühersetzung dieser Vorschriften findet sich im Anhang S. 433 ff. ? -Fernandez. Der. proc. I1I, § 61 11. bezeichnet die Regelung als chaotisch und extrem archaisch. Er führt dies auf die unkoordinierten Reformen und Erweiterungen in den letzten 140 Jahren zurück. 3Ramos Mendez, Der. proc. 11,651.; Fernandez, Der. proc. III, § 61 10.; SAT Barcelona v. 9.7.91. RJC 1991. 1064: SAT Barcelona v. 20.1.94, RJC 1994,430. 4 Vgl. Orte\ls Ramos, Emb. prev., S. 28 f. 5Hierzu STS v. 9.3.90, Rep. Aranzadi 1990, 1683. 6'
84
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
hat. 6 Als Grundvoraussetzung ist ein Arrestanspruch erforderlich, und es muß ein Arrestgrund vorliegen (Art. 1400 Nr.1 und 2 LEC).
B. Die Arrestarten Die Überschrift des 14. Titels der LEe spricht von "de los embargos preventivos" im Plural und nimmt damit Bezug auf die bis zur Reform der LEe im Jahre 1992 7 gültige Gesetzesfassung. Bis zu diesem Datum unterschied man den Arrest wegen einer Forderung bis 500.000 Peseten (ca. 6.000 DM), der von den mittlerweile aufgelösten Distriktgerichten (Juzgado de Distrito) erlassen wurde und frühestens zusammen mit der Klageerhebung beantragt werden konnte (Art. 1397 Abs. 2 LEe a.F.). Daneben gab es den Arrest über höhere Summen, der auch vor Klageerhebung erlassen werden durfte. Von dieser Unterscheidung, die in vielen Bereichen zu großen Konflikten führte, ist nach der Reform nur wenig übrig geblieben. Zwar kann nach der geltenden Fassung des Art. 1397 LEe neben den jetzt zuständigen Juzgados de primera instancia (Untergericht) für einen Arrest bis zu einer Summe von 8.000 Peseten der Friedensrichter zuständig sein (Art. 1397 Abs. 2 LEC). 8 Dieser Fall eines Arrestes über eine Summe bis zu 100 DM ist jedoch kaum von Bedeutung. Die deshalb nicht mehr ganz zeitgemäße Gesetzesüberschrift hat aber noch insofern ihre Berechtigung, als man weiterhin zwei Grundformen des embargo preventivo unterscheiden muß: den Arrest, der vor Rechtshängigkeit der Hauptsache beantragt wurde und der im folgenden als "isolierter Arrest" bezeichnet wird, sowie den mit oder nach Klageerhebung beantragten, der "integrierter Arrest" genannt werden soll. Die Verfahrensregeln für beide Arten des embargo weichen mitunter erheblich voneinander ab. Der Plural in der Überschrift des 14. Titels bezieht sich dagegen nicht auf den Unterschied des embargo preventivo nach Art. 1397 ff. LEe zu den vielen Spezialfallen von Arresten, die an anderen Stellen geregelt sind und auf die hier nur zur Abgrenzung ganz knapp eingegangen werden kann.
*
6Prieto-Castro. Der. proc. IL Anm. 842; Fernandez. Der. proc. llL 61 10. 7 Durch Ley 10/92 vom 30.4.92 (Eilmaßnahmen zur Reform des Prozeßrechtes); zum Inhalt der Reform Miras. S. 156 ff. KDer Antrag ist dann nur gleichzeitig mit Klageerhebung möglich.
C. Spezialfalle von Arresten
85
C. Spezialfälle von Arresten I. Der Arrest bei Säumnis
Als erster Sonderfall einer einstweiligen Maßnahme in Form eines embargo preventivo ist die Zurückhaltung (retencion) von beweglichen Sachen oder Arrestierung von Immobilien im Falle der festgestellten Säumnis des Beklagten zur "Sicherung des Prozeßzwecks" (Art. 762 ff. LEC) zu nennen. Diese Maßnahme wird wegen ihrer Abhängigkeit vom Hauptprozeß (Art. 762, 765 LEC) und der Sicherungsfunktion einhellig als medida cautelar qualifiziert. 9 Zusätzlich zur Sicherung hat dieser Arrest aber den Zweck, den Beklagten zum Erscheinen zu bewegen. I 0 Die Maßnahme stellt nicht in jedem Falle eine Sonderform des embargo preventivo 11 dar, weil sich der Prozeß nicht nur auf Geldschulden, sondern Z.B. auch auf Herausgabe richten kann. 12 Auch der Bezug auf "soweit sie zur Sicherung des Objektes des Prozesses notwendig sind" in Art. 762 LEC deutet auf eine Anpassung der Maßnahme an die Vollstrekkungsart, gegebenfalls also auch eine anotacion preventiva im Register mit Veräußerungsverbot (Art. 764 LEC) oder eine administracion judicial hin. 13
11. Der Arrest wegen rückständiger Mietzinsen Als nächstes gibt es einen unzweifelhaft als medida cautelar zu bezeichenden embargo preventivo für rückständige Mietforderungen im Falle der Vollstreckung eines Räumungstitels (Art. 1602 ff. LEC).14 Die Forderungen, derentwegen dieser embargo beantragt werden kann, sind rückständiger Mietzins und Ersatz fur Schäden an der Wohnung (Art. 1606 Abs. I LEC). Im Unterschied zum regulären embargo preventivo ist kein Dokumentennachweis des Arrestanspruches und auch kein konkreter Arrestgrund erforderlich. 15 Innerhalb von 20 Tagen nach Vollzug ist die Ratifikation durch Erhebung der entsprechenden Hauptsacheklage zu beantragen (Art. 1602 Abs. 2 LEC), was darauf hinweist, daß dieser embargo auch vor Klageerhebung zulässig ist.
9Siehe nur Ortells Ramos. Emb. prev., S. 56 m.w.N. 10Gomez Orbaneja, Der. proc. I, S. 173; Ortells Ramos. Emb. prev .. S. 57. "So pauschal aber: Serra Dominguez in SerralRamos, S. 65; Prietro-Castro. Der. Proc. 11, § 194 Anm. 849., Ramos Mendez, Der. proc., S. 443. p -Ortells Ramos, Emb. prev., S. 57. J30rtells Ramos, Emb. prev., S. 57; im Ergebnis ebenso Rodriguez Valcarce RDPro 1947,239,234. 14Fernandez, Der. proc. IJI. § 61 41.; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 58. 150rtells Ramos, Emb. prev .. S. 59; Fernandez, Der. proc. III, § 61 41.
86
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
III. Der Arrest in ausländische Seeschiffe Ausländische Seeschiffe werden ausschließlich nach den Regeln des Brüsseler Übereinkommens von 1952 und des spanischen Ausfuhrungsgesetzes vom 8.4.1967 arrestiert. Als Arrestanspruch ist nur eine seerechtliche Schuld (credito maritimo) nach Art. 1 der Konvention zugelassen. Dieser braucht nur behauptet zu werden, im Unterschied zu dem sonst in Spanien erforderlichen Nachweis (Art. lAbs. 1 Ley von 1967). Ein Arrestgrund muß nicht vorgebracht werden, allerdings ist eine Sicherheitsleistung des Antragstellers erforderlich. Nach Art. 7 Abs. 2 und 3 des Übereinkommens besteht Abhängigkeit von einem Hauptprozeß, so daß man diesen Arrest in die Reihe der medidas cautelares einordnen kann.\6
IV. Der embargo preventivo im strafrechtlichen Adhäsionsverfahren Im spanischen Strafprozeß findet nach den Art. 108, 112 Ley de Enjuiciamiento Criminal (LECRIM) eine automatische 17 Adhäsion des zivilrechtlichen Schadensersatzprozesses statt. Art. 589 LECRIM sieht zur Sicherung des Ergebnisses dieses Ersatzprozesses eine Sicherheitsleistung oder einen Arrest vor. Der embargo preventivo im Adhäsionsverfahren unterscheidet sich stark von dem nach Art. 1397 LEC.\8 Gemäß Art. 589 LECRIM wird er von Amts wegen angeordnet. Der Arrestgrund hängt nicht von einem Dokumentennachweis ab, sondern es reicht nach Art. 589 LECRIM LV.m. Art. 116 Abs. I Codigo Penal (CP)\9 aus, daß sich aus dem Ermittlungsverfahren begründete Hinweise auf eine Straftat ergeben haben. Ein besonderer Arrestgrund ist nicht erforderIich?O Die Vollziehung ist in komplizierter Form speziell in den Art. 597 - 613 LECRIM geregelt, die LEC ist laut Art. 614 LECRIM fur dort nicht erfaßte 2\ Fragen anwendbar. 16Ausführlicher zum Ganzen Ortells Ramos, Emb. prev., S. 59 m.w.N. 17Es sei denn, das Opfer verlangt ausdrücklich eine spätere separate Verhandlung im Zivilverfahren (Art. 112 LECRIM). ISOrtells Ramos, Emb. prev., S. 62. 19Diese Vorschrift des neuen spanischen Strafgesetzbuches vom 23.11.95, in Kraft seit Mai 1996, nimmt den alten Art. 19 CP mit Erweiterungen in sich auf und lautet nun: ..Jede Person, die strafrechtlich für ein Verbrechen oder Vergehen verantwortlich ist. ist auch zivilrechtlich haftbar, wenn aus ihrer Tat Schäden erwachsen sind." 20Vg l. dazu Ortells Ramos, Emb. prev., S. 62. Dort auch näher zur Anwendbarkeit gegenüber dritten Schädigern und zum möglichen Übergang in ein reguläres Zivilverfahren. 21Näher Martinez Aragoneses in De la OlivaJAragoneses/HinojosaJMuerzaJ Tome. Der. proc. renal. S. 40 I f: Vossler, S. 80 ff.
C. Spezialfälle von Arresten
87
V. Die Einbehaltung von Geldbeträgen nach Art. 132 LH Im summarischen Hypothekenvollstreckungsprozeß nach der Ley Hipotecaria (LH) können nur Einwände der in Art. 132 Abs. I LH bezeichneten Art im Wege des Inzidentverfahrens vorgebracht werden. Alle übrigen Einwendungen bleiben einem Hauptverfahren vorbehalten (Art. 132 Abs. 6 und 7 LH). Dieses ist vom Schuldner zu initiieren und hat zum Gegenstand die Rückerstattung der im Vollstreckungsprozeß gezahlten Geldsumme. Zur Sicherung einer möglichen Rückerstattung nach Abschluß des Hauptverfahrens kann der Hypothekenschuldner die Geldsumme oder einen Teil davon, zu deren Zahlung er im summarischen Vollstreckungsprozeß verpflichtet wird, einbehalten. Diese Maßnahme, die als medida cautelar betrachtet wird, stellt nach richtiger Ansicht eine Sonderform des embargo preventivo dar. 22 Der Arrestanspruch, der nur behauptet zu werden braucht, muß aus einem Recht erwachsen, das durch die Vollstreckung mißachtet wird. Ein besonderer Arrestgrund ist nicht erforderlich. Allerdings darf sich der embargo nur auf die Geldsumme beziehen, die an den Vollstreckungsgläubiger zu zahlen ist, so daß wegen höherer Forderungen auf den herkömmlichen embargo preventivo zurückgegriffen werden muß?3
VI. Der embargo des sogenannten juicio ejecutivo Während die Abgrenzung des sichernden embargo preventivo zum befriedigenden embargo ejecutivo in der Zwangsvollstreckung keine besonderen Schwierigkeiten bereitet/4 ist dies wesentlich problematischer für den embargo des ,Juicio ejecutivo". Der juicio ejecutivo (Art. 1429 ff. LEC) ist ein Verfahren, welches bei der Vollstreckung aus nicht gerichtlichen Vollstreckungstiteln, also insbesondere der Urkunden nach Art. 1429 LEC und solchen nach dem Wechse1- und Scheckgesetz, eingreift. 25 Nach dem Vollstreckungsantrag stellt der Richter die Antragsschrift dem Schuldner zu, der dann die in Art. 1464 1467 LEC genannten Einwendungen erheben kann. Über Antrag und Einwendungen wird dann in der sogenannten sentencia de remate (Art. 1456, 1463 Abs. 3 LEC) entschieden und danach vollstreckt. In der Literatur ist heftig umstritten, ob der juicio ejecutivo ein summarisches Erkenntnisverfahren oder ein 22Serra Dominguez in Serra/Ramos, S. 65 f.; Ortells Ramos. Emb. prev .. S. 66 L der jedoch darlegt, daß gelegentlich auch eine anotaci6n preventiva ausreichen kann. 230rtells Ramos, Emb. prev .. S. 67, dort auch zu weiteren Einzelheiten und Nachweisen. 24Näher Montero Aroca, EI proceso laboral 11. S. 428 f; Ortells Ramos. Emb. prev .. S. 51 ff. 25Ausflihrlich Gathmann, S. 100 ff.
88
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
Vollstreckungsprozeß ist. Nach der Entscheidung in dieser Grundfrage bemißt sich auch, ob man den embargo dieses Kurzverfahrens als sichernden Arrest in einem Erkenntnisverfahren 26 oder als Vollstreckungsakt in einem Vollstrekkungsverfahren 27 kennzeichnet. Da an dieser Stelle weder die erste noch die zweite Frage diskutiert werden kann, sei nur knapp auf die Unterschiede dieses speziellen Arrestes zum embargo nach Art. 1397 LEC eingegangen. Ein ausdrücklicher Arrestgrund ist nicht erforderlich. Ebensowenig muß der Antragsteller Sicherheit leisten. Auch eine Ratifikation ist nicht notwendig, da der embargo immer nach Erhebung der Klage im juicio ejecutivo erlassen wird. Ein Widerspruchsverfahren ist nicht vorgesehen, weil die Einwendun~ im summarischen Hauptverfahren des juicio ejecutivo mitentschieden werden. 8
VII. Der embargo de bienes nach Art. 923 LEe Art. 932 Abs. 2 LEC ermöglicht einen embargo im Rahmen der Vollstrekkung eines Urteils auf Tun, Unterlassen oder Leistung einer Sache oder noch nicht liquidierten Geldsumme, sofern sie aus welchem Grunde auch immer nicht sofort möglich ist. Dadurch sollen der Erfolg der Vollstreckung gewährleistet und die Vollstreckungskosten gesichert werden (Art. 923 Abs. 2 a.E. LEC). Da dieser Arrest innerhalb des Zwangsvollstreckungsverfahrens stattfindet, qualifiziert ihn vor allem Carreras als Akt der Zwangsvollstreckung und nicht als medida cautelar. 29 Dagegen hält die ganz herrschende Meinung diesen embargo für eine Spezialform des embargo preventivo als medida cautelar. 3o Der Arrestanspruch wird durch den Vollstreckungstitel nachgewiesen, allein die Anspruchshöhe steht noch nicht fest. Ein besonderer Arrestgrund braucht nicht vorgebracht zu werden, und eine Sicherheitsleistung ist nicht erforderIich. 31 Abschließend sei noch darauf hingewiesen, daß auch innerhalb einer einstweiligen Verfügung nach der Generalklausel des Art. 1428 LEC als Maßnahme ein embargo preventivo zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in Frage kommt. Allerdings sind diese Fälle stark beschränkt, und vor allem dürfen da-
26 S0 etwa Prieto-Castro, Der. proc. 11, § 123 Anm. 486; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 68 ff. 27 S0 Serra Dominguez in Serra/Ramos, S. 64 f.; Carreras Llansana, EI embargo, S. 112 f. 28 Ausführlicher zum Ganzen Ortells Ramos, Emb. prev., S. 70 f. 29Carreras Llansana, EI embargo, S. 106 ff. 30Prieto-Castro, Der. proc. 11, Anm. 608; Montero Aroca, EI proceso laboral 11, S. 28; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 76 m.w.N. 31 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 76.
D. Der ,Jumus bon i juris" (Arrestanspruch)
89
bei nicht die strengeren Voraussetzungen des Art. 1400 LEe umgangen werden. 32
D. Der "furnus boni juris" (Arrestanspruch) Die erste Grundvoraussetzung für einen Arrest wie für jede einstweilige Maßnahme ist das Vorliegen eines "fumus bonijuris". Wie bereits oben dargelegt, ist ein "gutes Recht" im Sinne eines Arrestanspruches und sein "Anschein" erforderlich, wobei in Dogmatik und Lehre meist nicht nach den beiden Bestandteilen "Anspruch" und "Nachweis" differenziert wird. Für den Arrest fordert Art. 1400 Nr. 1 LEe dementsprechend, daß die "Existenz einer Schuld" aus einem "Dokument" hervorscheint. Auch wenn eine saubere Trennung wegen des engen Zusammenhanges nicht immer ganz möglich ist, scheint es vorteilhafter. bei der Untersuchung der Einzelprobleme grundsätzlich zu unterscheiden nach Anspruch und Nachweis. Nicht zuletzt wegen der fehlenden Differenzierung}} werden die meisten mit dem Arrestgrund zusammenhängenden Fragen in der spanischen Dogmatik und Rechtsprechung nur sehr oberflächlich und verkürzt wahrgenommen. .
I. Der Arrestanspruch - Geldschulden
Gemäß Art. 1399 Abs. I LEe ist der embargo preventivo anwendbar auf Geldforderungen (deudas en metalico) und Gattungsschulden (deudas en espeeie). Unter Geldschulden fallen neben solchen in Peseten auch Forderungen in ausländischer Währung nach Art. 1435 Nr. 2 LEe analog?4
11. Gattungsschulden .. Deudas en especie" meint Forderungen auf Leistung von Sachen, die .. gezählt, gewogen oder gemessen" (Art. 1436 Abs. 3 LEC) werden,35 was der deutschen Gattungsschuld (§ 243 BGB) entspricht. Erforderlich ist jedoch ein objektiver, marktüblicher Gattungsbegriff; es reicht nicht aus, daß die Parteien 32Siehe dazu unten Kap. 3 D. IV. 33Deutlich differenzierend nur Ortells Ramos in Montero/Ortells/G6mez Colomer/Mont6n. Der. Juris. 1I 2., S. 264 f.; auch Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 44. 34Tomc Paule. Comentarios. § 1399; Fernandez. Der. proc. III, § 61 13., sofern die Voraussetzungen des Art. 1435 Nr. 2 - offizieller Umtauschkurs, kein gesetzliches Verbot einer Schuld in der betreffenden Währung - erfüllt sind. 35Fernandez, Der. proc. 111. § 61 13.; Ortells Ramos. Emb. prev .• S. 80.
90
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
eine Gattung kreieren. Dies ergibt sich daraus, daß Art. 1399 Abs. 2 LEe für den Fall einer Gattun?sschuld eine Spezifizierung in Geld nach dem jeweiligen Marktwert vorsieht,3 um den Umfang des Arrestes zu bestimmen. Diese Spezifizierung hat der Antragsteller nach Art. 1399 Abs. 2 LEe auf eigene Verantwortung zunächst selbst vorzunehmen. Erweist sie sich später nach Prüfung durch den Richter in der Hauptsache als zu hoch, hat der Antragsteller den entstandenen Schaden zu ersetzen. 37 Als entscheidendes Kriterium für eine Sicherung durch embargo preventivo sieht das Gesetz also vor, daß ein Leistungsanspruch auf Geld oder auf leicht in Geldeswert ausdrückbare Gattungssachen besteht. Damit scheiden Ansprüche auf Herausgabe, Tun oder Unterlassen als Anwendungsbereich aus. 38
111. Das Problem der nicht liquiden Geldforderungen Zweifelhaft ist die Arrestfähigkeit von nicht liquiden Forderungen. Das spanische Recht versteht darunter Geldforderungen, deren genaue Höhe noch nicht feststeht. Schon die Möglichkeit der Liquidation von Gattungsschulden weist darauf hin, daß es auf die Schuldsumme nicht entscheidend ankommen kann, wenn nur der Schuldgrund bereits sicher feststeht. Auch der Wortlaut des Art. 1400 Nr. I LEe fordert nur die "Existenz" der Schuld, die aus dem Dokument hervorgehen muß. Außerdem ist im Vollstreckungsverfahren die Möglichkeit der Liquidation39 der Schuldsumme bei Grundurteilen über Schadensersatz nach Art. 928 LEe ausdrücklich vorgesehen. Erforderlich ist dabei nur, daß im Urteil eine Berechnungsmethode festgelegt wurde. Daraus wird man schließen können, daß auch für den Arrest Forderungen zuzulassen sind, deren Höhe sich durch eine Rechenoperation ermitteln lassen. 4o Die Rechtsprechung, die dieses Problem vornehmlich bei der Urkundenbeweisbarkeit diskutiert, ist gespalten,41 wobei aber eine neue Entscheidung des wichtigen AP Barcelona42 eine Liquidation durch Rechenoperation zuläßt.
360rtells Ramos, Emb. prev., S. 81. 37Fernandez, Der. proc. I1I, § 61 13. 38Fernandez, Der. proc. I1I, § 61 12.; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 81. 39Die Liquidität ist gemäß den Art. 1435, 1440 LEC Grundvoraussetzung der Vollstreckung. 400rtells Ramos, Emb. prev. S. 82 f.; so auch Fernandez, Der. proc. 111, § 61 13. 41Siehe dazu ausführlich unten Kap. 3 E. IIL I. Fn 127 f. 42Urteil v. 24.11.89, RJC 1990, 419, 420, näher unten Fn 128.
D. Der ..tumus bon i juris" (Arrestanspruch)
91
IV. In Geldansprüche wandelbare Ansprüche
Zu untersuchen bleibt, ob und inwieweit Ansprüche auf Herausgabe, Lieferung einer Sache, Tun und Unterlassen Gegenstand eines embargo preventivo sein können, wenn sie sich in Geldansprüche, insbesondere Schadensersatz, umwandeln oder zumindest diese Möglichkeit besteht. Während § 916 Abs. I ZPO ausdrücklich derartige Ansprüche dem Arrest unterstellt, schweigt die LEC zu dieser Frage. Unproblematisch ist der Fall, daß sich ein solcher Anspruch etwa wegen Unmöglichkeit bereits in einen Geldanspruch gewandelt hat (Art. 1101 CC), weil dann Art. 1399 Abs. I LEC direkt greift, vorbehaltlich der Nachweisbarkeit durch ein Dokument. 43 Solange aber Nicht- oder Schlechterflillung, Verzug oder Unmöglichkeit nur vom Antragsteller behauptet werden und daraus erst eine Geldschuld in Form von Schadensersatz erwachsen kann,44 wird ein embargo preventivo nicht mit Erfolg beantragt werden können. 45 Der eigentliche Grund dafür liegt aber weniger in der Frage der Umwandlung der Primärforderung in einen Geldanspruch als vielmehr in den Erfordernissen des Nachweises des Arrestanspruchs durch ein Schriftstück. 46 Dieser wird in solchen Fällen kaum möglich sein, weil sowohl Unmöglichkeit und Verschulden als auch die Höhe des Schadensersatzes aus dem Schriftstück nicht hervorgehen werden. 47 Bei der ausdrücklich vom Gesetz erwähnten Gattungsschuld liegt der Fall anders, weil hier nur Gattung und Menge aus dem Dokument hervorgehen müssen und der Wert dann nach dem üblichen Marktpreis berechnet werden kann. Entschärft wird der reduzierte Anwendungsbereich des Arrestes jedoch dadurch, daß eine Arrestierung von Vermögen zur Sicherung eines Leistungsanspruches auch im Rahmen des Art. 1428 LEC, der seit der Reform von 1984 geringere Anforderung an die Nachweisbarkeit stellt, zulässig ist. 48 Bei Un-
430rtells Ramos in OrtellsiCalder6n, S. 40. 44Ein solcher Schadensersatz kann auf zwei Wegen entstehen: Bei verschuldeten Erftillungsmängeln der oben beschriebenen Art ist grundsätzlich Schadensersatz geschuldet (Art. 1101 CC und Art. 1124 CC bei gegenseitigen Verträgen). Solange die Unmöglichkeit noch nicht feststeht. kann die Primärleistung tituliert werden, und erst bei Fehlschlagen ihrer Vollstreckung entsteht ein vollstreckbarer Geldanspruch (Art. 924 Abs. 2,925.926 Abs. 3, 928 LEC). Außer nach Art. 1124 Ce. wo ein Wahlrecht besteht. ist zwingend erst der Weg der Vollstreckung in natura zu beschreiten. Vgl. dazu Albaladejo. Der. civilll L § 33 I. u. 2. 450rtells Ramos, Emb. prev., S. 8 I: Fernandez, Der. proc. I1I, § 61 12. 460rtells Ramos, Emb. prev., S. 82; Fernandez, Der. proc. I1I, § 61 12. 47Näher zu dieser Frage unten Kap. 3 E. 111. I. 48Calder6n Cuadrado, Medidas. S. 135 f.; Angeles love, S. 38; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 81. Dies gilt allerdings nur in solchen Fällen; eine Umgehung der Voraussetzungen des embargo preventivo über Art. 1428 LEC ist unzulässig, vgl. AAP Barcelona v. 7.12.92, RJC 1993,440.
92
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
möglichkeit der Primärleistung kann dann flir den Sekundäranspruch auf das arrestierte Vermögen zugegriffen werden.
V. Bedingte und befristete Forderungen
Anders als die ZPO, die nach § 916 Abs. 2 einen Arrest auch bei bedingten oder betagten Forderungen zuläßt, sofern ihr wegen der entfernten Möglichkeit des Bedingungseintritts nicht der Vermögenswert abgesprochen werden muß, regelt die LEe auch diese wichtige Frage nicht. Wenn aber in Art. 1399 Abs. I LEe von "deuda" (Schuld) gesprochen wird, so schließt dies nicht aus, daß diese Schuld noch von einer Bedingung abhängt oder befristet ist. Sollen derartige Forderungen ausgeschlossen werden, so verlangt die LEe üblicherweise ausdrücklich "fällige Forderungen".49 Beispiele sind etwa die Art. 1435 Abs. 3 oder Art. 1440 i.V.m. Art. 1467 Nr. 2 LEe für das Zwangsvollstreckungsverfahren. Wegen der starken Abhängigkeit von der Hauptsacheklage ist letztlich für diese Frage entscheidend, ob eine Klage bei bedingtem und befristetem Anspruch möglich ist. 5o
1. Befristete Forderungen Keine Probleme hinsichtlich des Anspruches ergeben sich in den Fällen, in denen eine befristete Forderung sich per Gesetz oder aufgrund bestimmten Verhaltens des Schuldners in eine unbefristete umwandelt, bevor der Arrest beantragt wird. 51 Trotz .Befristung bei Antrag~tel.lun~2 hi~lt die ~Itere Literatur einen embargo preventlvo de lege lata für moghch. DIese StImmen stellen auf ein Schutzbedürfnis ab und kommen über verschiedene Hilfserwägungen 53 zu einer Zulässigkeit, während die Rechtsprechung keine Argumente liefert. Gegen diese Ansicht sprechen sich unter Berufung auf das geltende Recht, das flir
490rtells Ramos, Emb. prev., S. 84; Fermindez, Der. proc. III, § 61 13. 50Fernandez, Der. proc III, § 61 13. 51Beispiele sind Art. 1129 ce (Verlust der Frist bei Insolvenz, vertragswidrige Nichtleistung der Sicherheit oder Beeinträchtigung der Sicherheiten); Art. 1119 ce (Die Bedingung gilt als erfüllt, wenn der Schuldner vorsätzlich den Eintritt vereitelt bzw. herbeiführt); ein Vertrag über vorzeitige Fälligkeit. Außerdem gibt es Bestimmungen in Spezialgesetzen mit dieser Folge, vgl. dazu näher Ortells Ramos, Emb. prev., S. 86 f. m.w.N. 52Viada Lopez Puigcerver RDPro 1948, 75, 78 ff; Rodriguez Valcarce RDPro 1948, 89, 91 ff.; Diez-Picazo, Fundamentos I. Anm. 870. In der Rechtsprechung: STS v. 1.6.42, Rep. Aranzadi 1942, 1567; SAT Palma de Mallorca v. 9.4.59, RGD 1960, 731. 53 Kritisch zu diesen Begründungen Molina RDP 1955, 659, 662; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 85 ff.
D. Der .Jumus boni juris" (Arrestanspruch)
93
eine Klage und den Arrest Fälligkeit verlange, Molina54 und ein anderer Teil der insgesamt spärlichen Rechtsprechung aus. 55 Obwohl zweifellos ein Bedürfnis nach möglichst frUhzeitiger Sicherung bestehe 56 und de lege ferenda eine weitgehende Zu lässigkeit von Arresten aufgrund befristeter Forderungen wünschenswert wäre,57 ist für Ortells nach geltendem Recht entscheidend, ob eine Klage auf zukünftige Leistung möglich ist. 58 Denn nur wenn eine Hauptsacheklage zulässi~ sei, könne es auch einen Arrest zur Sicherung ihrer Endentscheidung geben. 5 Dieser Ansicht wird man sich nach der spanischen Doktrin anschließen müssen. Eine solche Kla~e auf zukünftige Leistung ist dem Gesetz nach jedoch weitgehend unbekannt. 0 Die einzige eindeutige Vorschrift über ihre Zu lässigkeit findet sich in Art. 153 Abs. 3 des neuen Landpachtgesetzes von 1980 (Ley de arriendamientos rusticos).61 Mittlerweile ist die condena de futuro aber von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen anerkannt. 62 Diese bisher entwickelten Fallgruppen sind wiederkehrende Leistungen,63 bedingte Forderungen (Art. 1121 CC) bei Vereitelungsgefahr64 sowie nach Art. 1128 CC betagte Forderungen bei Vereitelungsgefahr. 65 Am Fehlen einer Klagemöglichkeit wird der Arrest in diesen Fällen folglich nicht mehr scheitern können. Um einen wirklichen Fall einer Klage auf zukünftige Leistung handelt es sich allerdings dann nicht, wenn spätestens bis zur Phase der letzten Vorbringensmöglichkeit in der Hauptsache 66 die Frist abläuft. Schon deshalb ist in 54RDP 1955. 559, 662 f. 55SATBarcelonav. I.7.69,RIC 1969, 1124;AATBarcelonav.13.11.72,RlC 1972, 923; AAT Barcelona v. 18.10.76. R.lC 1976, 703, 705. 56Hierin stimmt Ortells Ramos, Emb. prev., S. 88 mit den Befürwortern überein. 57Molina RDP 1955. 659. 662 f. 580rtells Ramos. Emb. prev .. S. 88; ebenso Alonso Furelos lusticia 1990,339,375. 590rtells Ramos. Emb. prev .. S. 88 f. 60 yg l. Lopez Sima RGD 1994.8123,8129; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 89. 61 ZU anderen Yorschritien. wo sie andeutungsweise autiaucht (z.B. Art. 90, 97 CC (Scheidungsunterhalt); Art. 1614-1616 LEC (Unterhaltsurteil); Art. 1651 ff. LEC (Besitzschutzprozeß); Art. 1121 Abs. I CC (Klage zur Sicherung) ausführlich Lopez Si mo RGD 1994.8123. 8132 tL Ortel1s Ramos. Emb. prev .. S. 89. 62 Ausgehend von STS v. 19.11.54, Rep. Aranzadi 1954, 2594; fortgeführt von STS v. 24.9.84, Rep. Aranzadi 1984,4335; STS v. 30.6.86, Rep. Aranzadi 1986,3835; und vom Yerfassungsgericht bestätigt, STC v. 14.6.93, BJC 147/1993, 108, 116 f., zustimmend Lopez Simo RGO 1994, 8123, 8135 ff. 6J STS v. 24.9.84. Rep. Aranzadi 1984,4335. 64 STS v. 19.11.54. Rep. Aranzadi 1954.2594. 65STS v. 19.11.54. Rcp. Aranzadi 1954.2594. 66Die Frage des Zeitpunktes der letzten Yorbringensmöglichkeit ist, wie Oe la Oliva bemängelt. in Spanien bisher noch nicht einmal ansatzweise diskutiert worden. Oe 1a Oliva Santos in Oe la 0livaiFernandez, Der. proc. 11. § 27 49, ebenso in: Sobre la cosa
94
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
vielen Fällen vorbehaltlich der Beweisfragen ein Arrest fur befristete Forderungen möglich. 67 Überhaupt kein Problem besteht dann, wenn innerhalb der 20-Tage-Frist fur die obligatorische Klageerhebung (Art. 1411 LEC) die Frist verstreicht. 68 Weitergehend müßte man auch dann einen embargo erreichen können, wenn der Fristablauf später liegt. Denn folgt man der Auffassung, daß es fur die Begründetheit einer Klage auf den Zeitpunkt des letzten Vorbringens ankommt, so müßte ein Fristende bis zu diesem Zeitpunkt ausreichen. 69 Angesichts der früheren Rechtsprechung zum Arrest, die pauschal und streng Fälligkeit verlangte, wird dieser folgerichtige Ansatz in der Praxis zur Zeit jedoch eher noch auf Ablehnung stoßen. Daß dies im Hinblick auf die Garantie des effektiven Rechtsschutzes (Art. 24 CE) insbesondere in Fällen, wo kurz nach Klageerhebung die Frist abläuft, sehr bedenklich ist. bedarf keiner näheren Erörterung. Längerfristig wird sich aber in Anbetracht der neueren Rechtsprechung zur condena de futuro der Arrest auch bei befristeten Ansprüchen durchsetzen, denn eine solche Klage ist wenig wert, wenn sie nicht durch einen Arrest gesichert werden kann.
juzgada, S. 86. Die Antwort liege vor allem deshalb noch im Dunkeln, weil es in der LEC keine Präklusionsvorschriften gebe und zudem der Streitgegenstandsbegriff und die zeitlichen Grenzen der Rechtskraft sehr unscharf seien. Ein Teil der Rsp. und Lehre meint, die Klageerhebung bzw. Klageerwiderung seien die einzige Vorbringensmöglichkeit, so z.B SAT La Corufia v. 20.1.72, RGD 1973, IOIO f., das von absolut h.M. spricht; auch SAP Santa Cruz de Tenerife v. 6.2.73, RGD 1974, 119; Serra Domiguez in Albalad~jo (Hrsg.), Comentarios CC, Art. 1252, S. 677. Diese viel zu enge Auffassung wird jedoch von einer Mehrheit der Rsp. und Lehre abgelehnt, ohne daß aber verläßliche Zeitpunkte genannt würden. SAT Caceres v. 12.6.61, RGD 1962, 1120, das mit der Prozeßökonomie argumentiert, aber keinen genauen Zeitpunkt festlegt; auch SAT Albacete v. I \.12.67, RGD 1968, 352; Oe la Oliva Santos in Oe la Oliva/Fernandez. Der. proc. 11, § 27 49 stellt einige Zeitpunkte, die alle nach der Klageerhebung liegen. zur Debatte, läßt die Entscheidung aber offen; Montero Aroca in Montero/Ortells/G6mez Colomer, Der. juris. 11 I., S. 450 fUhrt nur an, man müsse nach den vier Prozeßarten unterscheiden, insbesondere danach, ob es sich um mündliche oder schriftliche Verfahren handele; so auch G6mez Orbaneja/Herce Quemada, Der. proc. 11, S. 447, 453, die vertreten, im schriftlichen Verfahren sei dies bis zur sogenannten citaci6n para sentencia und im mündlichen Verfahren bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung möglich; ähnlich Ramos Mendez, Der. proc. I, § 36 11. 3.; ohne einen Zeitpunkt festzulegen auch Ortells Ramos, Emb. prev., S. 90. Für unser Problem läßt sich aber festhalten, daß der Zeitpunkt richtigerweise nach der Klageerhebung liegen muß und sich im einzelnen fUr jede Prozeßart gesondert bemißt. 670rtells Ramos, Emb. prev., S. 90; Alonso Furelos lusticia 1990, 339, 375. 68 Orte\ls Ramos, Emb. prev., S. 90. 690rtells Ramos, Emb. prev., S. 90; so wohl auch Alonso Furelos lusticia 1990, 339, 375, da er von Zulässigkeit spricht, wenn die Frist abläuft, "solange der Prozeß anhängig ist".
E. Der Nachweis des behaupteten Rechts
95
2. Bedingte Forderungen
Obwohl eine bedingte Forderung von dem Eintritt eines Ereignisses abhängt, das möglicherweise völlig ungewiß ist, liegt die Problematik bezüglich des Anspruchs ähnlich. Beim auflösend bedingten Anspruch (condici6n resolutoria) kann die Leistung derzeit schon verlangt werden (Art. 1113 Abs. 2 CC). Wenn sie einklagbar ist, muß sie auch durch Arrest sicherbar sein, zumal Art. 1411 LEC hier nicht entgegensteht. 7o Bei einer aufschiebenden Bedingung (condici6n suspensiva) läßt die Rechtsprechung, ßestützt auf Art. 1121 CC, ebenfalls eine Klage auf zukünftige Leistung zu. 7 Art. 1411 LEC steht dann wie bei der Befristung nicht mehr entgegen. Die Hauptschwierigkeit besteht in der Nachweisbarkeit des Bedingungseintritts. 72
E. Der Nachweis des behaupteten Rechts Der Nachweis des behaupteten Arrestanspruches erfolgt nach Art. 1400 Nr. 1 LEC durch ein "Dokument" (documento), aus dem die "Existenz der Forderung" hervorgeht.
I. Der Streit um die Bedeutung des "documento" nach Art. 1400 Nr. 1 LEe
Was unter "documento" zu verstehen ist, ist sehr umstritten. Einigkeit besteht nur darin, daß es sich jedenfalls um ein Schriftstück handeln muß. Die engere Auffassung hält grundsätzlich nur Vollstreckungstitelj insbesondere vollstreckbare Urkunden nach Art. 1429 LEC, für geeignet. 7 Die Gegenan-
70Strenger Ortells Ramos, Emb. prev., S. 90, der bei Bedingungen einen Arrest wegen der Ungewißheit für schwer möglich hält. Letztlich ist das zutreffend, der Grund liegt aber in der Schwierigkeit des Urkunden beweises hinsichtlich des Bedingungseintritts. Im Ergebnis behandelt die aufschiebende Bedingung Alonso Furelos aaO ebenso wie die befristete Forderung und kommt so häufig zur Zulässigkeit eines Arrestes. 71Siehe oben Kap. 3 D. V. I. Fn 64. 72Hierzu unten Kap. 3 E. 111.2. 7Jprieto-Castro, Der. proc. I, § 194 Anm. 842. IV a); Ramos Mendez, Der. proc. 11, 65. 11 1.; Guasp, Der. proc. ll, 82. 1Il.; Gutierrez-Alviz y Armario, EI sistema, S. 133 f. geht wie selbstverständlich von dieser Rechtslage aus, fordert aber eine Reform, die eine eidesstattliche Versicherung zuläßt.
96
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
sicht geht wesentlich weiter. Sie sieht alle Urkunden, seien sie öffentlicher oder privater Natur, sowie auch vollstreckbare Urkunden als genügend an. 74
I. Die Entstehungsgeschichte
Zur Erhellung dieser Frage sollte man sich zunächst die Entstehungsgeschichte der Vorschrift vor Augen führen. Vor 1855 war nach den einzelnen Gesetzen und Rechten, die in der Nueva und Novisima Recopilaci6n von 1567 bzw. ab 1805 zusammengestellt worden waren,75 grundsätzlich kein Urkundennachweis des Anspruches notwendig. Nach der ley 3, tit. 16, lib. 5 der Novisima Recopilaci6n, in der die ley 66 de Toro aus dem Jahre 1505 Eingang gefunden hatte, wurde ein summarischer Zeugenbeweis vorgeschrieben. Nur für Kaufleute war seit der Handelsprozeßordnung von 1830 ein vollstreckbarer Titel vonnöten. 76 Das Erfordernis des Zeugenbeweises der ley de Toro wurde in der Praxis jedoch kaum beachtet, so daß die bloße Behauptung des Rechtes meist ausreichte. 77 Dieses nahezu gänzliche Fehlen einer Nachweispflicht, das vor 1830 auch im Handelsprozeß bestand, hatte in der Praxis zu zahlreichen Mißbräuchen geführt. Häufig wurden unberechtigte embargos preventivos beantragt, durch die der Gegner in Mißkredit gebracht oder seine Wirtschaftstätigkeit behindert werden sollte. 78 Um dem entgegenzutreten, hat der Gesetzgeber 1855 in Art. 931 Nr. I LEC die Verpflichtung zur Vorlage eines vollstreckbaren Titels beim Antrag auf Arrest eingeflihrt. 79 Beim Erlaß der aktuellen LEC im Jahre 1881 wurde das Erfordernis eines vollsteckbaren Titels (titulo ejecutivo) zurückgeführt auf eine Urkunde (documento), aus der die Existenz der Forderung hervorgehen muß (Art. 1400 Nr. 1 LEC). Die vollstreckbaren 74Fernandez, Der. proc. 111, § 61 25.; Cortes Dominguez in Cortes/ Gimeno/Moreno/Almagro, Der. proc. 12., Anm. 713 B) a); Montero Aroca in Cortes (Hrsg.), Comentarios a la reforma, Art. 1401 Anm. I; G6mez Orbaneja/Herce Quemada, Der. proc., § 54 III.; Ortells Ramos, Emb. prev., S. IOI; Molina RDP 1955,659,662; Chamorro Bemal, Tutela judicial, S. 293, ist der Ansicht, daß eine zu strenge Begrenzung der Nachweismittel auf bestimmte Urkunden kaum mit dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 24 CE vereinbar sei. 75Zu Entstehung und Funktion der Recopilationen s. Miras, S. 72 ff. 76S0 Art. 366 der Handelsprozeßordnung von 1830: "Der Gläubiger, der den embargo provisorisch beantragt, muß mit seinem Antrag einen Titel seiner Forderung vorlegen, der vollstreckbar ist, anderenfalls er zu ihr (der Vollstreckung) keinen Zugang hat." 77 G6mez de la Sema, Motivos de las variaciones, S. 173; Ortells Ramos, Emb. prev., S.91. 78G6mez de la Sema, Motivos de las variaciones, S. 172; Hernandez de la Rua, Comentarios III, S. 132 u. 134, die darauf hinweisen, daß mit dieser Eilrechtsprechung die meist rechtsunkundigen Bürgermeister betraut waren. Ebenso Vincente y Caravantes, Tratado III, S. 373 f. 790rtells Ramos, Emb. prev., S. 92: vgl. zum Wortlaut der Vorschrift Kap. 3 F. 11.
E. Der Nachweis des behaupteten Rechts
97
Urkunden sowie einige vollstreckbare Urkunden mit bestimmten Mängeln wurden in Art. 1401 LEe aufgenommen. Während diese Entstehungsgeschichte des Art. 1400 Nr. 1 LEe dafur spricht, daß gemäß der weiteren Ansicht auch andere Urkunden tauglich sind, kann der Wortlaut, den man als mißglückt bezeichnen muß,80 in beide Richtungen gedeutet werden. 81
2. Das engere Verständnis Die engere Ansicht vertritt unter Bezugnahme auf den Wortlaut, daß der Begriff des Dokuments in Art. 1400 Nr. 1 LEe allein durch Art. 1401 LEe definiert werde. 82 Demnach könne gemäß Art. 1401 Abs. 1 LEe bei Vorlage eines Vollstreckungstitels "selbstverständlich,,83 ein embargo preventivo erlassen werden. Abs. 2 regle dann fUr einige bestimmte vollstreckbare Urkunden des Art. 1429 LEe den Verzicht auf Arrestgründe. Für Titel, die keine solchen vollstreckbaren Urkunden seien, fanden sich in den Abs. 3, 4 und 5 abschließende Sonderregeln. Nach Abs. 3 sei ein Titel, der ohne Anerkennung der Unterschrift des Schuldners keine vollstreckbare Urkunde sei, als Grundlage fur einen Arrest hinreichend, wenn der Arrest auf Kosten und Risiko des Antragstellers erlassen werde. In der gleichen Weise könne ein embargo preventivo verfUgt werden, wenn nach Abs. 4 der Schuldner wegen Verhinderung nicht unterschrieben habe, aber ein Dritter auf seine Bitte fur ihn gezeichnet habe. 84 Der abschließende Abs. 5 sei wieder ein Fall eines embargo preventivo mit Hilfe einer vollstreckbaren Urkunde, bei der jedoch die Existenz der Forderung bestritten werde. Art. 1402 LEe fordere dann fUr diese Ausnahmen eine Sicherheitsleistung, die an sich bei vollstreckbaren Titeln nicht erforderlich .85 seI.
80Fernändez. Der. proc. III, § 61 25. A. 8\ Ortells Ramos, Emb. prev., S. 97. 82 Autoren wie oben Fn. 73. 83 S0 in der Tat der Wortlaut dieser Vorschrift. 84Weitere Voraussetzung dieser Modalität ist aber nach Abs. 4 noch, daß der Schuldner zweimal in einem Intervall von 24 Stunden geladen worden ist, um eidlich oder eidesstattlich (ehrenwörtlich) die Richtigkeit des Dokuments zu versichern, aber nicht erschienen ist. Zu den vielfältigen Unsicherheiten dieses sonst nirgends geregelten Verfahrens, vgl. Montero Aroca in Cortes (Hrsg.), Comentarios a la reforma. Art. 1401 Anm. 3 b). 851n diesem Gesamtverständnis faßt z.B. Guasp. Der. proc. 11. 82 2. 111. die Regelung zusammen. 7 Knolhc
98
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
3. Die Argumente der weiten Auffassung Auch wenn obige systematische Auslegung durchaus Sinn ergibt, sprechen neben dem dargestellten historischen Ablauf eine Reihe weiterer Argumente gegen diese den Arrest stark einengende These. Aus dem Wortlaut selbst kann man nur bedingt etwas gegen die enge Auffassung herleiten. Zwar spricht Art. 1400 Nr. I LEe nur von "Dokument", also einem Schriftstück, ohne irgendwelche Einschränkungen zu machen,86 aber selbst wenn damit das Grundprinzip festgelegt zu werden scheint und in Art. 1401 LEe dann die Spezialfalle folgen, so besagt das nicht sehr viel gegen die Deutung der engen Auffassung. Insbesondere die Unterscheidung von "documento" in Art. 1400 Nr. 1 LEe und "titulo ejecutivo" in Art. 1401 Abs. 1 hilft nicht weiter, denn in Art. 1401 wird das Wort "documento" auch verwendet, und zwar sowohl wenn es sich um Urkunden handelt, die nicht vollstreckbar sind,87 als auch bei vollstreckbaren Urkunden. 88 Die Verwirrung in der Wortwahl wird komplett, wenn Abs. 3 von "titulo", der "nicht vollstreckbar" ist, spricht. Einen Hinweis auf einen Unterschied in der Qualität der Nachweisurkunden erhält man jedoch dadurch, daß Art. 1401 Abs. 1 LEe sagt, aufgrund von Vollstreckungstiteln könne "selbstverständlich" ein embargo preventivo erlassen werden. Denn das spricht dafür, daß in Art. 1400 Nr. I LEe auch andere Urkunden als vollstreckbare gemeint sein müssen. Es bleibt jedoch die Frage, ob diese anderen Urkunden eben nicht nur die speziellen Fälle von mit Mängeln behafteten Urkunden aus den Abs. 3 - 5 des Art. 1401 LEe sind. Immerhin verstärkt diese merkwürdige Formulierung den Eindruck, daß es sich bei Art. 1400 Nr. 1 LEe, der ein bloßes Dokument fordert, um das Grundprinzip handelt. 89 Ein entscheidendes Argument ist, daß die Bedeutung des embargo preventivo stark reduziert wäre, wenn nur die beiden in der Praxis eher seltenen Fälle 90 nicht vollstreckbarer Urkunden des Art. 1401 Abs. 4 und 5 als weitere Nachweismittel genügten. Denn für einen Gläubiger, der schon einen Vollstreckungstitel hat, ist es grundsätzlich wenm sinnvoll, einen embargo preventivo zu beantragen, wenn er ebenso schnell und umfassender - nicht nur Si860rtells Ramos, Emb. prev., S. 97. 87 S0 in Abs. 4. 88 S0 in Abs. 5. 890rtells Ramos, Emb. prev., S. 97; auch Onecha Santamaria RDPro Iberam-tilip. 1973, 623, 630 sieht in Art. 1400 Nr. I das Grundprinzip verankert mit einer Ausweitun~ durch Art. 140 I. °Fernandez, Der. proc. 111, 6127. 91prinzipiell nicht nur genauso schnell, sondern auch einfacher, da kein Arrestgrund vorgetragen werden und nicht Hauptsacheklage innerhalb von 20 Tagen erhoben werden muß, Fernandez. Der. proc. 111, § 61 25. A.
*
E. Der Nachweis des behaupteten Rechts
99
cherung, sondern Befriedigung - über das Zwangsvollstreckungsverfahren zu seinem Ziel kommt. 92 Allerdings muß man hierbei bedenken, daß es sich bei diesen Vollstreckungstiteln stets nur um außergerichtliche Titel handelt, mit denen nicht in der üblichen Weise vollstreckt werden kann. Für solche Titel ist eine. Vollstreckung innerhalb des s0.fjenannten ~uicio ejecuti~o, also des summanschen Vollstreckungsprozesses, erforderlich. Deshalb 1st der Weg über den embargo preventivo nicht unbedingt die langsamere, aber jedenfalls die weniger weitreichende Option. Dies und auch die oben dargestellte Begriffsverwirrung läßt die Annahme zu, daß vom Gesetzgeber unüberlegt oder nur zur KlarsteIlung, das was früher schon galt - Vollstreckungstitel notwendig nach Art. 931 Nr. I LEe von 1855, ausnahmsweise auch Titel, die nicht vollstreckbar waren nach Art. 932 LEe von 1855 -, einfach der Sicherheit halber ins neue Recht übernommen wurde. Hier spiegeln sich zugleich die dogmatischen Unsicherheiten der früheren Prozeßordnungen hinsichtlich der Rechtsnatur oder Unterschiede von Zwangsvollstreckung, summarischem Vollstreckungsprozeß und einstweiligem Rechtsschutz wider. 94 Hätte Art. 1401 LEe eine andere Funktion als nur die der Klarstellung, so hätte sich zwischen der früheren Rechtslage (Art. 931 Nr. 1,932 LEe von 1855~ und der danach (Art. 1400 Nr. ,1401 LEe von 1881) fast 95 nichts geändert. 9 Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt ist, daß sowohl die spezielle einstweilige Maßnahme nach Art. 1419 LEe als auch die einstweilige Verfügung nach Art. 1428 LEe keine qualifizierte Urkunde verlangen. Bei der viel weitreichenderen und "gefährlicheren" Verfügung nach Art. 1428 LEe, die Z.B. auch in einem embargo preventivo bestehen kann,97 ist gar nur ein "schriftlicher Nachweis oder Anschein" (principio de prueba por escrito) erforderlich. 98 Es wäre absurd, fur die mildere Maßnahme höhere Anforderungen zu stellen. 99
92Fernandez, Der. proc. IIl, § 61 25. A. 9JSiehe hierzu oben Kap. 3 C. VI. 94Fernandez, Der. proc. III, § 61 25. A, Art. 1401 sollte wohl ein "Versuch der Konkretisierung" sein. 95Nur Art. 1401 Abs. 4 LEC wäre dann neu. 96 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 98. 97Siehe oben Kap. 3 D. IV. und unten Kap. 5 B. I. 98Dabei muß man allerdings beachten, daß Art. 1428 LEe erst im Jahre 1984 reformiert wurde. Vorher war er wegen des erforderlichen Nachweises durch vollstreckbare Urkunden praktisch unanwendbar. 990rtells Ramos, Emb. prev., S. 101. Diesen Widerspruch im Gesetz hebt auch das SAP Barcelona v. 9.7.91, RJC 1991. 1064 hervor und will ihn durch eine .. flexible Auslegung des Dokumentenbegriffs" lösen. ohne genau zu sagen. was es darunter versteht. 7·
100
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
4. Die Haltung der Rechtsprechung Die Rechtsprechung ist seit jeher mehrheitlich der Auffassung, nur Vollstreckungstitel und die in Art. 1401 LEe genannten Urkunden seien als Nachweismittel geeignet. 100 Eine eindeutige Stellungnahme gegen diese Deutung und fur die in der Lehre vorherrschende weite Ansicht findet sich nur in der Entscheidung des AT Palma de Mallorca, 101 das wortwörtlich die Ausflihrungen von Ortells übernimmt. Undeutlich, aber wohl in die selbe Richtung gehend ist eine neuere Entscheidung des AP Barcelona. 102 Es wird nicht gesagt, um welches Dokument es sich handelt, aber mit einigem Begründungsaufwand wird, gestützt auf die "moderne Dogmatik" und unter Hinweis auf die weitere Fassung des Art. 1428 LEe, eine "flexible Auslegung" propagiert. Einige wenige Urteile lassen Dokumente zu, die entweder keine Vollstrekkungstitel nach Art. 1429 sind und auch nicht unter Art. 1401 Abs. 3-5 LEe fallen,103 oder es wird nicht deutlich, ob nicht bei eindeuti§ fehlender Vollstreckbarkeit ein Fall des Art. 1401 Abs. 3-5 LEe vorliegt. 1 4 Diese letzteren Entscheidungen sind jedoch so unklar bis verworren, daß man daraus für die hier vertretene Meinung wenig herleiten kann.
5. Fazit Trotz der Zurückhaltung des Großteils der Rechtsprechung, die ihre Auffassung nie begründet, sind nach richtiger Ansicht gemäß Art. 1400 Nr.l LEe alle Schriftstücke, aus denen der Anschein des Bestehens eines Anspruches hervorgeht, zum Nachweis des Arrestanspruches tauglich. In der Praxis ist jedoch die restriktive Haltung der Rechtsprechung zu beachten. Nur auf den BaIOOSAT Burgos v. 5.6.65, RGD 1965. 960; AA T Caceres v. 30.4.68, RGD 1969, 309; SAT Barcelona v. 30.11.70. RGD 1971,44,45 f; SAT Madrid v. 11.10.84, RGD 1985. 562; SAT Pamplona v. 19.3.88. RGD 1989, 1678 f 101 Urteil v. 21.11.87. RGD 1987, 721 ff., mit Hinweis auf ein gleichartiges, unveröf-
fentlichtes Urteil der selben Kammer. 102Urteil vom 9.7.91, RJC 1991, 1064. IO)Z.B. SAT Barcelona v. 22.3.74, RJC 1974,320, das ein wohl noch nicht rechtskräftiges Urteil zuläßt und deshalb eine Sicherheit nach Art. 1402 LEC festsetzt, was nur bei den nicht vollstreckbaren Urkunden des Art. 1401 Abs. 3-5 LEC zulässig ist. Deutlich SAT Granada v. 22.1.90, RGD 1991, 8494, 8495 (nicht rechtskräftiges Urteil ausreichend). Ähnlich AAT Barcelona v. 13.2.75, RJC 1975,282. Hier wurde ein Protokoll einer Einigung im Gütetermin nach Art. 476 Abs. 2 LEC, der kein vollstreckbarer Titel und auch kein solcher des Art. 1401 LEC ist, zum Nachweis zugelassen. 104SAT Barcelona v. 2.6.80. RJC 1980. 1156 f (hier könnte Art. 1401 Abs. 3 vorgelegen haben. obwohl das Gericht nicht darauf abstellt); ebenso SAT Barcelona v. 20.11.72. R./C 1972.924 f. Vgl. zu diesen Entscheidungen auch Ortells Ramos. Emb. prev .. S. 100.
E. Der Nachweis des behaupteten Rechts
101
learen kann man nach dem Urteil des höchsten Gerichts der Inselgruppe mit nicht vollstreckbaren Urkunden Erfolg haben. Im Bereich des AT Barcelona besteht nach den beschriebenen Urteilen' 05 eine gewisse Chance, in Parallelfallen mit anderen als den in Art. 1429 und Art. 1401 LEC genannten Dokumenten den Nachweis des Anspruchs zu fuhren. Es muß sich jedoch um Urkunden mit hoher Beweiswirkung (nicht rechtskräftige Urteile, Protokolle von Gütevereinbarungen, akzeptierte Wechsel) handeln. Ob sich die übrige Rechtsprechung rasch ohne ein klarstellendes Wort des Gesetzgebers in die in der Lehre vorherrschende Richtung bewegen wird, ist eher fraglich. Für eine effektive Nutzung des Arrestes wäre dies jedoch unausweichlich. Ein echter Fortschritt wäre freilich nur die Abschaffung des Dokumentennachweises zugunsten einer Nachweisform wie der Glaubhaftmachung, unter Umständen gegen Stellung einer Sicherheit, so wie es de lege ferenda seit langem von der Lehre gefordert wird.,06
11. Die Arten der zulässigen Urkunden Auch wenn die Mehrheit in der Rechtsprechung bezüglich der Nachweisurkunden sehr zurückhaltend ist, bleibt zu untersuchen, welche inhaltlichen Anforderungen an die von den Gerichten akzeptierten sowie an die von der h.L. propagierten Urkunden zu stellen sind. Grundsätzlich kann der Nachweis des Arrestanspruchs nach beiden Ansichten sowohl mit öffentlichen als auch privaten Urkunden erfolgen.
I. Öffentliche Urkunden Als öffentliche Urkunden sind hierfur alle von einer Behörde ausgestellten Schriftstücke, die eine Geld- oder Gattungsschuld ausweisen, geeignet.' 07 Eine besondere Beweiskraft oder Beweisrichtung hinsichtlich der Schuld ist nicht notwendig. Die vorstellbare Bandbreite dieser Urkunden ist jedoch nicht sehr groß. Anzuerkennen sind vor allem die Ausfertigungen von - auch noch nicht rechtskräftigen - Urteilen.' 08 Dasselbe gilt für Protokolle einer Vereinbarung
yg l. die beiden vorhergehenden Fußnoten. Gutierrez-Alviz y Armario, EI sistema, S. 135 ff.; Fairen GuilIen. EI sistema. S. 67; Prieto-Castro, EI sistema, S. 125. 107 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 101. I080rtells Ramos, Emb. prev., S. 10 I, das gilt auch für Feststellungs- und Gestaltungsurteile. sofern sie geeignete Ansprüche feststellen bzw. entstehen lassen. 105
106 S0
102
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
im Gütetermin nach Art. 476 Abs. 2 LEC. 109 Des weiteren kommen kommunale Abgabenbescheide, wenn sie gegen Gesamtschuldner gerichtet sind und sich der Gesamtschuldnerausgleich aus dem Gesetz ergibt, flir einen Arrest wegen dieser Ausgleichsforderung in Betracht. 110
2. Private Urkunden Private Urkunden sind alle von Privatpersonen erstellten Schriftstücke, aus denen eine entsprechende Forderung hervorgeht. Sie müssen wie auch die öffentlichen Urkunden den Antragsteller als Schuldner und den Gegner als Gläubiger gen au bezeichnen. 111 Eine Unterschrift des Schuldners ist nicht zwingend, solange aus anderen Anzeichen erkennbar ist, daß das Schriftstück dem Schuldner als Mitaussteller zuzurechnen ist. 112 Nicht ausreichend sind dagegen Schriftstücke, in denen durch einen Dritten nur von einer Forderung berichtet wird, so etwa Briefe, weil dadurch das Verbot des Zeugen beweises umgangen würde. l13 Zu unbestimmte, unklare oder augenscheinlich falsche Dokumente können den Anschein eines Arrestgrundes ebensowenig erwecken. 114 Eine spezielle gesetzliche Regelung eines solchen privaten Dokuments, das nicht Vollstreckungstitel ist, findet sich in Art. 20 Abs. 2 des 1988 reformierten Wohnungseigentumsgesetzes, der besagt, daß der Beschluß der Eigentümergemeinschaft über die Verteilung von Gemeinschaftskosten als Dokument nach Art. 1400 Nr. I LEC ausreicht. Obwohl der Wortlaut des Art. 1400 Nr. 1 LEC von "einem" Dokument spricht, kann der Nachweis auch mit mehreren aufeinander Bezug nehmenden oder zusammenhängenden Schriftstücken geflihrt werd en. 115 E'me Entsc h'd el ung, 116 d'le, noc h d azu . m. emem 0 b'Iter d'lctum, fieststellte, statt einer seien unzulässigerweise sieben zusammenhängende Urkunden vorgelegt worden, ist nicht haltbar. Eine verfassungsgemäße Auslegung, I09AAT Barcelona v. 13.2.75, RJC 1975,282; ausführlich Montero Aroca in Cortes (Hrsg.), Comentarios a la reforma, Art. 1401 Anm. I; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 101. IIOOrtells Ramos, Emb. prev., S. 101 f IIiOrtells Ramos, Emb. prev., S. 104; SAT Valencia v. 15.6.66, RGD 1966,932; SAT Barcelona v. 30.11.70, RGD 1971, 44, 45; SAT Palma de Mallorca v. 21.11.87; RGD 1989, 721, 722. 112 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 105 f; anders, aber ausgehend von der engeren Konzeption etwa SAT Barcelona v. 30.1.73, RJC 1973, 115 (unterzeichnetes Dokument). 1DOrtells Ramos in Montero/Ortells/G6mez Colomer/Mont6n, Der. Juris. [[ 2.. S. 287: SAP Santa Cruz de Tenerife v. [5.4.80, RGD 198 [.256. 114Vg l. Ortc\ls Ramos. Emb. prev .. S. [06 f. 1150rtells Ramos. Emb. prev., S. 95 f. 116SAT Santa Cruz de Tenerife v. 15.10.64. RGD 1965, 517 f
E. Der Nachweis des behaupteten Rechts
\03
die sich an Art. 24 CE orientiert, kann nur zu ersterer Ansicht führen, zumal Rechte des Gegners nicht berührt werden j solange der Nachweis einen hinreichenden Anschein für die Schuld ergibt. I 7 Außerdem gibt es auch Titel nach Art. 1429 LEC, die aus mehreren Urkunden bestehen und unbestritten zulässige Nachweismittel sind. 118
III. Notwendiger Inhalt der Urkunde Neben den schon angesprochenen inhaltlichen Erfordernissen, wie Angabe der Person des Schuldners und Gläubigers, Urheberschaft dieser Personen, muß vor allem die Geld- oder Gattungsschuld erkennbar sein. Dazu gehört allerdings nicht die noch ausstehende Erfüllun~, da für die Erfüllung der Schuldner die Darlegungslast trägt (Art. 1214 CC).11
I. Höhe der Schuld Eine sehr wichtige Frage, die oben in anderem Zusammenhang bereits angeschnitten wurde, ist, wie deutlich der Anspruch aus der Urkunde hervorgehen muß. Der Wortlaut des Art. 1400 Nr. I fordert nur den Nachweis der "Existenz" einer Schuld. Der Schuldgrund einer Geld- oder Gattungsschuld muß also schon feststehen. 120 Das bedeutet, daß im Einklang mit dem oben Gesagten es nicht ausreicht, wenn zunächst Beweis erbracht werden muß über Zusatztatsachen, die dann erst einen Anspruch begründen. So genügt es z. B. nicht, daß erst die Nichterfüllung oder eine Schadensverursachung behauptet und bewiesen werden muß, um einen Geldanspruch zu begründen. Ein Beispiel ist die Entscheidung des AT Palma de Mallorca. 121 Das Opfer eines Verkehrsunfalls hatte verschiedene Gutachten über seine Verletzungen und die Schäden an seinem Fahrzeug vorgelegt. Es fehlte jedoch der Nachweis über eine Verursachung des Unfalls durch den Antragsgegner, weshalb der Nachweis als nicht geführt angesehen wurde. Ebenso lehnt das AT Oviedo 122 einen embargo für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung ab, weil das Dokument nur die Verpflichtung zur Lieferung einer Sache ausweise. Für einen möglicherweise aus der Nichterfüllung erwachsenden Ersatzanspruch sei das Doku117 Ortells Ramos. Emb. prev .• S. 95 f.: so auch AAT Pamplona v. 26.1.76: RGD 1976,241 f.; SAT Sevilla v. 5.5.77, RGD 1978. 161. 118 Ortells Ramos. Emb. prev .. S. 95. 119 Ortells Ramos, Emb. prev .. S. \04. 120 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 102. 121Urteil v. 21.11.87. RGD 1989. 721 f. I22 Urteil v. 26.11.79, RGD 1980, 160.
104
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
ment völlig nichtssagend. In solchen Fällen kommt man nur zum Ziel, wenn ein "Beweis" der Zusatztatsachen per Urkunde zu führen ist. 123 Gleiches hat zu gelten, wenn erst eine Rechtsfrage zu beurteilen ist und nur nach deren Bescheidung im Sinne des Antragstellers eine Zahlungs- oder Rückzahlungspflicht entsteht. Einen Beispielsfall bildet die Entscheidung des AT Barcelona 124. Darin lag ein Vertrag vor, der den Antragsteller in einer Klausel zur Zahlung einer Geldsumme verpflichtet hatte. Dieser argumentierte, nachdem er gezahlt hatte, erfolglos, die Klausel sei nichtig, so daß ein Rückgewähranspruch bestehe, was man der Vertragsurkunde wenigstens mittelbar entnehmen könne. Geht die Geld- oder Gattungsschuld dem Grunde nach aus dem Papier hervor und macht der Antragsteller diesen Anschein nicht selbst durch ihm ungünstigen Vortrag wieder zunichte, 125 so sollte man dies als ausreichend gelten lassen, wenn sich die Höhe rechnerisch feststellen läßt oder erst später bezifferbar ist. 126 Auch wenn die Rechtsprechung zunächst überwiegend verlangt hat, daß die Höhe des Anspruches auch aus dem Dokument hervorgeht,127 akzeptieren maßgebliche Gerichte mittlerweile j daß sich die Summe im Wege einer Rechenoperation eindeutig ermitteln läßt. 28
2. Befristete und bedingte Forderungen Ein ähnliches Problem stellt sich bei den Anforderungen an die Urkunde hinsichtlich befristeter oder bedingter Forderungen. Eine Befristung, die in der Urkunde deutlich wird,129 hat zur Folge, daß die Schuld ihrem Grunde nach zwar schon angelegt, aber noch nicht fällig ist. Solange die Fälligkeit nicht eingetreten ist, versagt bisher vor allem die Rechtsprechung die Möglichkeit, im
I1)Ortells Ramos, Emb. prev., S. 103. Die Entscheidung SAT Palma de Mallorca v. 22.11.87, RGD 1989,720,722 f. hebt denn auch hervor, daß die Vorlage des Urteils
des vorausgegangenen Strafverfahrens für diesen Nachweis genügt hätte. 124Urteil v. 30.11.70, RGD 1971, 44, 46 f. 125SAT Madrid v. 10.12.62, RGD 1963,43 f.6; Orte\ls Ramos, Emb. prev., S. 102. 126 Orte\ls Ramos, Emb. prev., S. 102 ff. 127SAT Madrid v. 10.12.62, RGD 1963, 43 f.; SAT Santa Cruz de Tenerife v. 15.10.64, RGD 1965, 517,518; SAT Burgos v. 5.6.65, RGD 1965,960. 128S0 SAT Barcelona v. 24.11.89, RJC 1990, 419, 420 f., in dem Schadensersatz für die Blockierung eines Schiffes, dessen Ladung gepfändet worden war. in Höhe von 14.000 USO Charterkosten pro Tag für eine durch Dokumente nachgewiesene Anzahl an Tagen vom Arrestgericht berechnet wurde. Früher schon SAT Valencia v. 15.6.66, RGD 1966,932. 129Falls sie nicht aus der Urkunde hervorgeht. ist ein Arrest zu erlassen, weil der Richter wegen des Fehlens einer Anhörung des Gegners keine Kenntnis davon erhält.
E. Der Nachweis des behaupteten Rechts
105
Wege des Arrestes vorzugehen. Nach Fälligkeit wird in bezug auf den Urkundennachweis zusätzlich gefordert, daß der Eintritt der Fälligkeit aus dem Dokument hervorgeht. 130 Ausreichend ist aber auch, daß der Fristablauf allgemein- oder gerichtsbekannt ist, was vor allem bei nach dem Kalender bestimmten Fristen der Fall ist. 131 Aber auch unbestimmtere Fristen, die im Dokument verbrieft sind, können gelegentlich gerichtsbekannt verstrichen sein, so Z.B. bei Ereignissen oder Zuständen, deren Ende gewiß, aber noch nicht auf den Tag genau festlegbar ist. 132 Eine Ausnahme von dieser strengen Regel wird man aber dort machen müssen, wo nach Lehre und Rechtsprechung eine Klage auf zukünftige Leistung zulässig ist. Denn wenn das Recht erlaubt, daß schon vor Fälligkeit geklagt werden kann, muß auch die Sicherung dieser Entscheidung durch einen Arrest vor Fälligkeit möglich sein. Dies würde man vereiteln, wenn man verlangte, daß die Fälligkeit durch das Dokument nachgewiesen wird. 133 Problematischer gestaltet sich die Lage bei einer Bedingung, da Kennzeichen der Bedingung die Ungewißheit ihres Eintritts ist. In Spanien wird eine solche Unterscheidung jedoch nicht praktiziert. Es wird auch hier pauschal gefordert, daß der Eintritt der Bedingung im Dokument deutlich wird. 134 Damit sind bedingte Forderungen praktisch vom Arrestverfahren ausgeschlossen. Orteils 135 stellt aber auch hier darauf ab, ob eine Klage auf zukünftige Leistung zulässig ist. Richtigerweise wird man unterscheiden müssen, je nach dem ob es sich um eine auflösende oder aufschiebende Bedingung handelt. Der Eintritt einer auflösenden Bedingung läßt sich kaum je durch ein Dokument nachweisen. Da eine solche Forderung einklagbar ist, wäre es absurd, für einen Arrest den dokumentarischen Nachweis des Bedingungseintritts, der vielleicht nie stattfindet, zu fordern. Bei der aufschiebenden Bedingung liegt es dagegen ähnlich wie bei der befristeten Forderung, nur daß hier erschwerend hinzukommt, daß der Eintritt ungewiß ist. Dennoch ist es denkbar, daß der schon erfolgte Eintritt der Bedingung durch ein Dokument nachgewiesen werden kann. Dann müßte der Richter den Nachweis genügen lassen und dem Antrag stattgeben.
DOVgl. Ortells Ramos, Emb. prev., S. \03 f.; SAT Barcelona v. 1.6.69, RJC 1969, 1124, 1125 (Das Vorbringen des Gläubigers, durch mündliche Vereinbarung mit dem Schuldner seien die Forderungen vorzeitig fallig gestellt worden, wurde nicht berücksichtigt, weil dies nicht aus der Urkunde hervorging). DIOrtells Ramos, Emb. prev., S. \04. I32 Vg l. Orte\ls Ramos, Emb. prev., S. 104. 13J Vg l. Orte\ls Ramos, Emb. prev., S. \04. 134 Vg l. Orte\ls Ramos, Emb. prev .. S. 104, freilich erübrigt sich ein Nachweis, wenn er notorisch ist. 1J50rtclls Ramos, Emb. prev., S. 104.
106
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
IV. Sicherheitsleistung nach Art. 1402 LEe bei nicht vollstreckbaren Urkunden Nach Art. 1402 ist der Richter verpflichtet, einen embargo preventivo nur gegen Sicherheitsleistung 136 zu erlassen, wenn ein Dokument der Abs. 3-5 des Art. 1401 LEe vorgelegt wird und der Antragsteller nicht notorische Solvenz besitzt. Die Vorschrift bezieht sich ausdrücklich nur auf Fälle der "fehlerhaften" und deshalb nicht vollstreckbaren Urkunden des Art. 1401 Abs. 3 - 5 LEe. Das bedeutet zunächst, daß fur die Vollstreckun stitel des Art. 1401 Abs. 1 und 2 LEe keine Sicherheit verlangt werden kann. 13
9
I. Sicherheit bei sonstigen Nachweisurkunden Da nach der hier vertretenen Ansicht auch sonstige Urkunden zum Nachweis des Arrestanspruches dienen können, stellt sich die Frage, was rur sie zu gelten hat. Aus der ratio legis des Art. 1402 LEe, daß nämlich bei weniger sicheren Dokumenten, als es vollstreckbare Urkunden sind, die Wahrscheinlichkeit eines unberechtigten Arrestes höher ist und deshalb eine Sicherheit fur eventuelle Schadensersatzansprüche bestehen muß, läßt sich schließen, daß auch hier Art. 1402 LEe eingreift. 138 Die Rechtsprechung, die sich nicht vollkommen klar darüber ist j ob noch andere Urkunden als die in Art. 1401 LEe erwähnten zulässig sind 39, macht es sich einfach. Immer dann, wenn eine solche nicht genannte Urkunde vorliegt, aber vom Gericht im Einzelfall als ausreichend betrachtet wird, stellt sie darauf ab, daß Art. 1402 LEe eine Sicherheit erfordere, wenn keine vollstreckbare Urkunde vorliegt, was so in der Vorschrift jedoch nicht zum Ausdruck kommt. Wenn nämlich das Dokument, das nicht Vollstreckungstitel ist, eine höhere Richtigkeitswahrscheinlichkeit hat als die Art. 1401 Abs. 3-5 LEe, etwa ein nicht rechtskräftiges Urteil oder eine gerichtliche Gütevereinbarung, könnte man die ratio legis als erfullt ansehen. Aber auch in diesen Fällen fordert die Rechtsprechung eine Sicherheits leistung, berücksichtigt die erhöhte Richtigkeitsgewähr jedoch durch eine Minderung der Sicherheitssumme. 140 Eine Vorschrift wie § 921 Abs. 2 S. I ZPO kennt die LEe dagegen nicht. Ist das Dokument zum Nachweis des Arrestanspruchs nicht ausreichend, kann nicht gegen Sicherheitsleistung dennoch der embargo erlassen 136Der Begriff ..fianza" ist hier nicht wörtlich (Bürgschaft), sondern allgemein als Sicherheit zu verstehen, was man aus Art. 1402 Abs. 2 LEC schließen kann. 137 So auch Fernandez, Der. proc. 111. § 61 26. 1380rtells Ramos, Emb. prev., S. 109 f. 139yg l. die Entscheidungen in Kap. 3 E. I. 4. Fn 99 ff. 1400rtells Ramos. Emb. prev .. S. 110; so etwa AAT Barcelona v. 13.2.75, RJC 1975. 282.283.
E. Der Nachweis des behaupteten Rechts
107
werden, sondern er ist zu versagen. 141 Auch Mängel beim Vorbringen zum Arrestgrund können nicht durch Sicherheitsleistung überspielt werden. 142
2. "Bekannte Solvenz" (responsabilidad conocida)
Eine Sicherheit braucht der Richter dann nicht zu verlangen, wenn der Antragsteller bekanntermaßen solvent ist (responsabilidad conocida). Da der Richter dennoch eine Sicherheit verlangen kann, 143 wird diese Vorschrift in der Praxis selten von Bedeutung sein. 144 Der Antragsteller hat deshalb auch keinen Anspruch auf einen Verzicht auf Sicherheitsleistung, noch nicht einmal auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, da es sich hier wegen der möglichen Haftung nicht um eine Ermessensentscheidung handelt, sondern der Richter völlig frei ist. 145 Zu klären bleibt, was unter "bekannte Solvenz" zu verstehen ist. Bedenkt man, daß der Antragsteller nur ein Dokument über seinen Anspruch vorlegen muß, kann das Gericht diese Kenntnis eigentlich nur privat erlangt oder aus einem früheren Verfahren haben, da Allgemeinbekanntheit diesbezüglich praktisch ausscheidet. 146 Es ist aber auch möglich, daß der Antragsteller von sich aus seine Solvenz dar Ie,&t. 147 Da die Verwertung privaten Wissens des Richters in Spanien unzulässig I ist, bleibt nur, daß die Solvenz durch den Antragsteller dargelegt wurde oder gerichtsbekannt ist. 149
141 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 108. 142 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 108. 1430rtells Ramos, Emb. prev., S. 112. Verzichtet er darauf~ so haftet er analog Art. 1402 Abs. 2 LEC, wenn mangels ausreichender Solvenz dem Schuldner ein Schaden entsteht. Vgl. dazu AAT Barcelona v. 29.4.74, RJC 1974, 320 f. 144Schon allein wegen dieses Haftungsrisikos wird sich kaum ein Richter darauf einlassen. 145So ähnlich auch Ortells Ramos, Emb. prev., S. 112 f. m.w.N. 146 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 111. 1470rtells Ramos, Emb. piev., S. 111, denkbar wäre z.B. die Vorlage eines Steuerbescheides. 148G6mez OrbanejalHerce Quemada, Der. proc. I, S. 241; Ortells Ramos. Emb. prev .. S. 161. 149 Vgl. Ortells Ramos, Emb. prev., S. 111; Montero Aroca in Cortes (Hrsg.), Comentarios a la reforma, Art. 140 I 4.
108
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
3. Höhe und Qualität der Sicherheit Die Höhe der Sicherheit muß so bemessen sein, daß damit eventuelle Kosten und Schäden, die durch einen unberechtigten embargo preventivo entstehen können (Art. 1402 Abs. I LEC), abgedeckt sind. Solche Kosten sind nicht die des Hauptprozesses, sondern nur solche, die durch den embargo selbst anfallen. 150 Die eventuellen Schäden, die die Höhe der Sicherheit mitbestimmen, sind nicht, wie die Rechtsprechung gelegentlich meint,151 durch die Höhe des verfolgten Anspruches begrenzt. Vielmehr kommt es auf den möglichen Umfang der Schäden, die durch die Blockierung des arrestierten Vennögenswertes entstehen können, an. 152 Die Sicherheit kann in jeder zulässigen Art vom Gericht festgelegt werden. 153 Bei persönlichen Sicherheiten wie der Bürgschaft haftet der Richter nach Abs. 2 für deren Bonität. In der Praxis wird sie daher keine große Rolle spielen. Auch bei einem Antragsteller mit Anspruch auf Prozeßkostenhilfe ist die Sicherheit nicht verzichtbar, da hier die Schutzinteressen des Gegners ebenso schwer wiegen. 154
V. Das erforderliche Beweismaß Da es für eine Maßnahme in Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes nicht auf einen vollen Beweis des Rechtes ankommen kann, ist das Beweismaß des Dokumentennachweises gemäß Art. 1400 Nr. I LEe deutlich reduziert, insbesondere ist kein förmlicher Urkundenbeweis erforderlich. 155 Wie schon der Wortlaut erkennen läßt, muß die Forderung nur aus dem Schriftstück "hervorscheinen". Die Literatur l56 sieht darin etwas nebulös einen "schriftlichen Nachweis, aus dem die Forderung hervorscheint,,157 oder "Anfangsbeweis", die Rechtsprechung spricht auch von prima-facie-Beweis. 158 Tiefgehender be1500rtells Ramos. Emb. prev., S. 112, insbesondere durch Erlaß, Vollzug und Widerspruchsverfahren. 151 So etwa AAT Barcelona v. 29.4.74, RJC 1974,320. 15"-Ortells Ramos, Emb. prev .. S. 112; AAT Barcelona v. 13.2.75, RJC 1975,282, 283. 153Z.B. Hinterlegung von Geld. Pfand an Sachen und Rechten, Sicherungshypothek, vgl. Ortells Ramos, Emb. prev., S. 113. 154Ausführlich hierzu oben Kap. 2 B. II. 2. 1550rtells Ramos. ZZPlnt 2 (1997) 95, 102. 156Fernandez, Der. proc. III, § 61 25.; G6mez OrbanejaJHerce Quemada. Der. proc. 11, § 54 111.: Molina RDP 1955, 659, 662; ausführlich Serra Dominguez in SerraJRamos. S. 37 tf. 15\0 der Wortlaut des Art. 1428 Abs. I LEC seit der Reform von 1984. 158SAT Valencia v. 14.6.82, RGD 1982, 1139; SAT Palma de Mallorca v. 21.11.87, RGD 1989, 721. 722.
F. Der Arrestgrund (periculum in mora)
109
schäftigt sich Burgos mit dieser Form des reduzierten Beweismaßes. Die danach erforderliche Wahrscheinlichkeit (verosimilitud) liege zwischen Gewißheit beim Vollbeweis und bloßer Möglichkeit bei fehlendem Nachweis. 159 Ähnlich formulieren andere Autoren bezogen auf das Beweismaß im einstweiligen Rechtsschutz generell, an die Stelle der Gewißheit des Richters im Vollverfahren trete im einstweiligen Verfahren die überwiegende Wahrscheinlichkeit. 160
F. Der Arrestgrund (periculum in mora) Als zweite Grundvoraussetzung für den Erlaß eines embargo preventivo verlangt das Gesetz in Art. 1400 Nr. 2 LEC das Vorhandensein einer Gefahr für die spätere Zwangsvollstreckung. Diese Vorschrift normiert zunächst eine Reihe von gesetzlichen Vermutungen als Arrestgründe und schließt mit einer später zu behandelnden generalklauselartigen Formulierung, die einen Arrestgrund annimmt, "wenn ein rationales Motiv besteht zu glauben, daß er (der Schuldner) zum Nachteil der Gläubiger seine Güter verstecken oder verschleudern könnte".
I. Zur geschichtlichen Entstehung der Arrestgründe nach Art. 1400 Nr. 2 LEe
Die LEC betrachtet zwei Situationen als entscheidend, das Verschwinden des Schuldners - beim Ausländer reicht schon die Gefahr - und das Fehlen einer sicheren Vermögensgrundlage. Im alten Spanien erlaubten schon die verschiedenen Rechte, die 1567 in der Nueva Recopilaci6n und ab 1805 in der Novisima Recopilaci6n zusammengestellt worden waren, den persönlichen Arrest des Ausländers sowie des flüchtigen oder insolventen Schuldners. Während es sich hierbei noch um eine Form der Selbsthilfe handelte, folgte mit der ersten Kodifizierung ab 1830 ein geordneter Prozeß zur Arrestierung von Vermögenswerten. 1b1 Die Fixierung bestimmter, eng umgrenzter Arrestgründe diente dazu, eine ausufernde und häufig willkürliche Gerichtspraxis zu diszi-
159BlIrgos Ladr6n de Guevara. Principio de prueba, S. 112 fL 302 tT, letztlich hänge der Grad der Überzeugung von der Einschätzung des Richters bezüglich der Richtigkeit des Vorbringens ab. aaO S. 110 f. 16oAlonso Flirelos .Iusticia 1990,339,371: Vazquez Sotelo, Jornadas, S. 362 f.; Carreras Llansana in Fenech/Carreras, S. 572. 161Cortes Dominguez in Cortes/Gimeno/Moreno/Almagro, Der. proc. 12., Anm. 715 B) b)(S. 474).
1\0
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
plinieren. 162 So findet sich in der ersten prozessualen Kodifizierung, der "Ley de enjuiciamiento sobre negocios y causas de comercio" (Handelsprozeßord· a"h n. erste L'Iste von A rrestgrun "d en. 164 E me nung ) von 1830 163.m A rt. "64 j eme liche Auflistung von Arrestgründen entstand kurz darauf bei der ersten Kodifizierung des nicht kaufmännischen Zivilprozesses durch die "Ley de Enjuiciamiento civil" im Jahre 1855 165 in Art. 931 Nr. 2. 166 Mit der Abschaffung der Sondergerichtsbarkeiten durch das Dekret vom 9.12.1868 (Decreto de Unificaci6n de fueros) fiel die besondere Handelsgerichtsbarkeit weg. 167 Art. 23 des Dekrets faßt die beiden eben erwähnten Arrestvorschriften in einem neuen Art. 931 Nr. 2 LEe zusammen. 168 Diese aus einer wenig systematischen Zusammenfassung der beiden Vorgängemorrnen mit kleinen Erweiterungen beste-
162Fernandez, Der. proc. III, § 6127. B b) Fn 15 (S. 356). 163Zu den Grundzügen dieses Handelsprozesses Miras, S. 92 ff. I64Diese Vorschrift lautete: "Um die Zahlung von Schulden aus kaufmännischen Obligationen zu sichern, sieht man eine vorläufige Pfändung der beweglichen Güter und Handelspapiere des Schuldners vor, sofern einer der folgenden Umstände in genau dieser Form vorliegt: Wenn er als Ausländer nicht in diesen Königreichen naturalisiert ist, wenn er, obwohl Spanier oder naturalisierter Ausländer, über keinen Wohnsitz oder bei dessen Fehlen über keinen kaufmännischen Betrieb oder verwurzeltes Eigentum an dem Orte verfugt, wo man ihn auf Zahlung der Schuld verklagen müßte, wenn er von seinem Wohnsitz oder Handelsbetrieb geflohen ist oder wenn, ohne schon vollzogen zu sein, sich Maßnahmen des Versteckens von Sachen und HandeIspapieren, die er in seinem Lager hat, sowie von Möbeln seines Hauses ankündigen, aber auch, wenn er sie schlecht verkauft und zu minimalen Preisen hergibt, um sie in kurzer Zeit zu Geld zu machen". 165Zu dieser Kodifizierung Miras, S. 103 ff. 166Der Wortlaut dieser Norm lautete: " Um einen embargo preventivo zu erlassen, ist erforderlich: - Nr. I: Daß der Antragsteller einen vollstreckbaren Titel vorlegt. - Nr. 2: Daß der, gegen den man den Antrag stellt, keinen bekannten Wohnsitz hat, oder falls er einen solchen hat, verschwunden ist oder ein rationales Motiv besteht zu glauben, er werde seine Güter verstecken, wissend, daß jemand versucht, gegen ihn vorzugehen." 167 Miras , S. 119. 1680rtells Ramos, Emb. prev., S. 115. Dieser lautete nun: "Daß der, gegen den sich der Antrag richtet, sich in einer der folgenden Situationen befindet. Wenn er ein in der Nation nicht naturalisierter Ausländer ist. Wenn er, obwohl Spanier oder naturalisierter Ausländer, keinen Wohnsitz oder verwurzelte Güter oder keinen landwirtschaftlichen, industriellen oder kaufmännischen Betrieb an dem Orte besitzt, an dem er auf Zahlung verklagt werden müßte. Wenn er, obwohl Vorgenanntes bei ihm nicht zutrifft, von seinem Wohnsitz oder Betrieb geflüchtet ist, ohne jemanden zurückgelassen zu haben, sowie wenn er sich versteckt hält oder ein rationales Motiv besteht, zu glauben, daß er seine Güter verstekken oder verschleudern werde, obwohl er weiß, daß jemand gegen ihn vorgehen will."
F. Der Arrestgrund (periculum in mora)
111
hende Vorschrift l69 wurde dann im wesentlichen unter nur geringfügigen Änderungen im Jahre 1881 in die neue LEe übernommen und bildet den heutigen Art. 1400 Nr. 2. 170 Im modemen Spanien sind diese antiquierten Arrestgründe freilich nicht nur anachronistisch, sondern vielfach exzessiv und bieten eine Reihe von Ungereimtheiten und Interpretationsproblemen. 171
11. Die gesetzlich vermuteten Arrestgründe nach Art. 1400 Nr. 2 LEe
Die LEe nennt in Art. 1400 Nr. 2 insgesamt acht Situationen, "in denen sich der Schuldner befinden" muß, als Arrestgründe. Die sieben ersten dieser Gründe sind typisierte Fälle eines "periculum in mora", in denen der Gesetzgeber pauschal von einer Gefahr für die spätere Vollstreckung ausgeht. l72 Ist einer dieser Fälle gegeben, darf der Richter nicht mehr nachprüfen, ob in der konkreten Situation wirklich eine Gefahr durch die lange Zeitdauer eines Hauptverfahrens besteht. 173 Es handelt sich also um unwiderlegliche 174 gesetzliche Vermutungen, wie sie im deutschen Recht etwa in § 917 Abs. 2 ZPO vorkom· sm . d nIC . ht anaI ' fl'h' men. S Je ogJe a Jg. 175 Diese Vermutungen des Art. 1400 Nr. 2 LEe, die ausdrücklich voraussetzen, daß Antragsgegner und Schuldner identisch sind 176, sind im einzelnen folgende: a) daß der Schuldner nicht die spanische Staatsbürgerschaft besitzt (Abs. 2) b) daß der Schuldner, obwohl Spanier oder naturalisierter Ausländer,
169Fernändez, Der. proc. III, § 6127. (Fn 15). 17oManresa, Comentarios V, S. 389; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 115. 171 S0 Fernändez, Der. proc. III, § 61 27.; Cortes Dominguez in CorteslGimeno/Moreno/Almagro, Der. proc. 12., Anm. 715 B b). I72Cortes Dominguez in CorteslGimeno/Moreno/Almagro Anm. 713 B) b); SAT Barcelona v. 9.7.91, RJC 1991, 1064 1730rtells Ramos in OrtellslCalder6n, S. 46. Dennoch prüfen die Gerichte gelegentlich, ob eine Gefahr tatsächlich gegeben ist, so z.B. SAT Madrid v. 11.10.84, RGD 1985,562; auch AAT Barcelona v. 9.3.85, RJC 1985,629 (Fn 187). Das mag daran liegen. daß die Richter ein gewisses Unbehagen verspüren, allein auf veraltete und fragwürdige gesetzliche Vermutungen abzustellen. 174Einwände, die auf das Fehlen einer konkreten Gefahr abzielen, sind im Widerspruchsverfahren nicht zu berücksichtigen, Ortells Ramos, Emb. prev., S. 115; so etwa SAT Madrid v. 18.5.73. RGD 1973,845,846. 1750necha Santamaria RDPro Iberam-filip. 1973,623,630. 176ZU den Folgen einer Personenverschiedenheit siehe näher Ortells Ramos, Emb. prev.,S.115f.
112
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
- keinen bekannten Wohnsitz hat und - ohne .. verwurzelte Güter" ist und - nicht Inhaber eines landwirtschaftlichen, industriellen oder kaufmännischen Betriebes ist an dem Orte. an dem er auf Zahlung der Schuld verklagt werden muß (Abs. 3) c) daß bei Erfüllung der vorhergehenden Voraussetzungen - er von seinem Wohnsitz oder Betrieb verschwunden ist, ohne einen Vertreter zu hinterlassen oder - cr zwar einen Vertreter zurückgelassen hat, dieser aber seinen Aufenthalt nicht preisgibt oder - er sich versteckt hält (Abs. 4).
Die Arrestgründe der Abs. 2, 3 und 4 stehen untereinander im Verhältnis der Alternativität. Innerhalb des Abs. 4 ist dies ebenso. Der Abs. 3 ist in sich dagegen kumulativ zu verstehen. l77 Da es sich hierbei um negative Tatbestandsmerkmale handelt, bedeutet dies, daß es dem Schuldner insgesamt an jedem der genannten drei Gruppen von Gütern mangeln muß, um einen Arrestgrund zu bejahen. Ginge man hier von Alternativität aus - dann würde schon der Mangel eines der genannten Vermögenswerte eine Gefahr begünden -, wäre ein Arrestgrund fast immer gegeben, da selten jemand alle drei Voraussetzungen erftillen wird.
IH. Die gesetzlich vermuteten Arrestgründe im einzelnen 1. Der ausländische Schuldner (Abs. 2)
Als ersten Arrestgrund ohne Widerlegungsmöglichkeit nennt Art. 1400 Nr. 2 LEC die Ausländereigenschaft l78 des Schuldners. Juristische Personen gelten gemäß Art. 28 CC als Inländer, wenn sie eine Niederlassung in Spanien ha-
I77 S0 auch Fernandez, Der. proc. III, § 6127. B) b) und SAT Madrid v. 11.10.84, RGD 1985, 562; zu pauschal dagegen SAT Barcelona v. 25.3.87, RJC 1987, 675 und SAT Barcelona v. 9.7.91, RJC 1991,1064; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 115, die generell von Alternativität sprechen. 178 Die Formulierungen "Ausländer ohne Einbürgerung in Spanien" oder "eingebürgerter Ausländer" haben allein historische oder ausländerrechtliche Gründe. Man kann daraus weder schließen, daß damit Ausländer ohne und solche mit Wohnsitz in Spanien gemeint sind, noch, daß es sich bei letzteren um Mehrstaatler handelt, Ortells Ramos, Emb. prev., S. 117.
F. Der Arrestgrund (periculum in mora)
113
ben. 179 Die Nationalität der Gesellschafter oder Geschäftsführer spielt dabei keine Rolle. 180 Allein in der fehlenden spanischen Staatsangehörigkeit eine Gefahr für die spätere Zwangsvollstreckung zu sehen, wird heute in der Lehre als . ht mehr gerechfi' nIC t ertlgt k'" ntlSlert. 181 a) Die Kritik der Lehre an diesem Arrestgrund Guasp 182 sieht darin einen Verstoß gegen Art. 27 CC, der den Ausländern in Spanien die "gleichen zivilen Rechte wie den Spaniern" zugestehe, "sofern in Spezialgesetzen nichts anderes geregelt ist". De la Plaza argumentiert, Spanien als Unterzeichnerstaat des Haager Abkommens über den Zivilprozeß von 1905 verletze damit Art. 17 des Abkommens, der jede Form der Prozeßkostensicherheit für Ausländer verbiete. Aber auch die "spanischen Gesetze" gingen "generell von Gleichheit bei den zivilen Rechten" aus. 183 Ortells wendet gegen diese Argumente ein, Art. 17 des Haager Abkommens von 1905 wie auch derselbe Artikel der Haager Konvention von 1957 verböten eben nur Prozeßkostensicherheiten, aber keine anderen Formen einer Diskriminierung. Sie gälten auch nur für Kläger oder Antragsteller und nicht für Beklagte oder Antragsgegner. Eine analoge Anwendung verbiete sich deshalb, weil die Ausländersicherheit schwerwiegend den Zugang zum Rechtsschutz behindere, während besagter Arrestgrund nur eine Belastung für den Ausländer darstelle. Zu Art. 28 CC wendet er ein, in diesem Falle gehe die LEC als Spezialgesetz vor. 184 Aus den von Ortells genannten Gründen wird es in der Tat schwierig sein, mit diesen bei den Vorschriften Art. 1400 Nr. 2 Abs. 2 LEC zu begrenzen.
I79 Eine solche Niederlassung setzt Registereintragung. Solvenz und eine funktionsfähige betriebliche Infrastruktur voraus. SAP Granada v. 22.1.90. RGD 1991, 8494. 8495. 1800rtells Ramos. Emb. prev .. S. 117 f.. ebenso SAT Santa Cruz de Tenerife v. 14.6.80. RGD 1981. 268; kritisch dagegen SAT Palma de Mallorca v. 2.4.73. RGD 1974. 387, das den Arrestgrund der Ausländereigenschaft dadurch ausgehöhlt sieht und bei Kontrolle des Kapitals durch Ausländer - hier war eine deutsche GmbH eine der Hauptgesellschafterinnen - fast von einem ungeschriebenen Fall des Verschleuderungsverdachts (Art. 1400 Nr. 2 Abs. 4 a. E. LEC) ausgehen will. Im konkreten Fall wurde dies auch so begründet. 18lGuasp, Der. proc. 11, S. 690; ebenso De la Plaza, Der. proc. 11 1., S. 71 f.; Fernandez, Der. proc. III, § 61 27.; Tome Paule, Comentarios, Art. 1401 B); zurückhaltender Ortells Ramos, Emb. prev., S. 118, ebenso später in Ortells/Calderon, S. 47. 182Siehe die vorhergehende Fußnote. 183De la Plaza, Der. proc. 11 1., S. 71 f.; ihm folgend Z.T. die Rechtsprechung. siehe unten Fn 188 und 189. 1840rtells Ramos. Emb. prev .. S. 118 ff.
8 Knolhc
114
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
b) Die Haltung der Rechtsprechung Die Rechtsprechung wendet den Arrestgrund der Ausländereigenschaft selbst in fragwürdigen Fällen ohne größere Bedenken an. So stellt z. B. das AT Santa Cruz de Tenerife auf entsprechendes Gegenvorbringen im Widerspruchsverfahren fest, es sei unerheblich, ob der Ausländer seinen Wohnsitz in Spanien habe und dort über unbewegliches Vermögen verfüge. Der klare Wortlaut der Vorschrift lasse keine andere Auslegung als eine buchstabengemäße zu 185. Auch das AT Palma de Mallorca sieht in einer Entscheidung von 1973 hier grundsätzlich kein Problem. 186 Einige Urteile lassen jedoch erkennen, daß die Gerichte erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Norm hatten. So meinte das AT Barcelona, obwohl ein Ausländer in Spanien gleiche Rechte genieße und der betroffene Schuldner sogar ein Unternehmen in Spanien besitze, sei der Arrest gerechtfertigt, weil im konkreten Fall eine ausführlich begründete, höhere Gefahr der Vermögensverschleuderung bestand. 187 Die doppelte Absicherung der Begründung zeigt immerhin, daß die Richter starke Bedenken hatten, allein auf die Staatsbürgerschaft abzustellen. Schon 1970 hatte das AT Barcelona 188 einen Konflikt dieser Regel mit Art. 27 CC und Art. 17 der Haager Übereinkunft über den Zivilprozeß aus dem Jahre 1905 gesehen. Das AT Granada lehnte den Arrestgrund in einem Urteil von 1972 dann sogar mit der gleichen Begründung ab. 189 Kürzlich hat auch das AT Barcelona diesen diskriminierenden Arrestgrund in einem Fall eines italienischen Schuldners für unanwendbar erklärt, weil er gegen den bilateralen Vertrag über Rechtshilfe sowie Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen zwischen Spanien und Italien verstoße. Darin sei nämlich in Art. I verankert, daß die Bürger beider Staaten Anspruch auf gleiche Behandlung im Prozeß hätten, außerdem verbiete Art. 2 die Forderung einer Ausländersicherheit. 190
c) Vereinbarkeit mit europäischem Recht Eine teilweise Lösung des Problems dürfte im Urteil des EuGH 191 zum Arrestgrund des § 917 Abs. 2 liegen. Der EuGH hat mit seiner Entscheidung in185Urteil v. 12.3.85, RGD 1985, 530. 186Urteil v. 2.4.73, RGD 1974,387 f. 187 AAT Barcelona v. 9.3.85, R.lC 1985,629. 188Urteil v. 30.11.70, RGD 1971,44,47. 189SAT Granada v. 19.5.72, RGD 1973, 1076. 1905A T Barcelona v. 20.1. 94, R.lC 1994, 430 f. 191 EuGH v. 10.2.94 - Rs 398/92 (Mund & Fester/Hatrex Internationaal Transport) Slg.1994,467=N.lW 1994,1271.
F. Der Arrestgrund (periculum in mora)
115
soweit Klarheit geschaffen, als er in § 917 Abs. 2 ZPO eine nach Art. 7 Abs. 1 EGV 192 gemeinschaftswidrige Diskriminierung von Ausländern aus EuGVÜStaaten gegenüber deutschen Schuldnern gesehen hat. Der Gerichtshof räumt zwar ein, daß § 917 Abs. 2 ZPO nicht auf Staatsangehörigkeit abstelle, was für die Anwendung des Art. 7 Abs. 1 EGV eigentlich Voraussetzung sei. In der überwiegenden Zahl der Fälle seien jedoch von § 917 Abs. 2 ZPO Ausländer betroffen. Dies sei für eine Diskriminierung ausreichend. Für eine derartige Ungleich behandlung gebe es zudem keinen rechtfertigenden Grund, da eine Vollstreckung in einem der EG-Staaten, für die alle das EuGVÜ anwendbar sei, keine größeren Schwierigkeiten mehr bereite als eine Inlandsvollstreckung. 193 Obwohl dieses Urteil zu Recht viel Kritik erfahren hat,194 wird man nicht umhinkönnen, das Urteil des EuGH zu beachten und in Zukunft den Arrestgrund des § 917 Abs. 2 ZPO in Fällen mit Antragsgegnern aus EU-Staaten, die gleichzeitig EuGVÜ-Mitglied sind, nicht mehr anzuwenden. 195 Gegenüber den Staaten des Lugano-Abkommens, die nicht EU-Mitglieder ~.B. Schweiz und Norwegen) sind, wird man analog ebenso verfahren können. 1 6 Überträgt man das Urteil auf den Arrestgrund des Art. 1400 Nr. 2 Abs. 2 LEe, so bleibt festzustellen, daß dieser gegen Antragsgegner aus EU-Staaten und sinnvollerweise auch Staaten des Lugano-Abkommens nicht mehr angewendet werden darf. Auf diesen Arrestgrund trifft die Argumentation des EuGH sogar noch deutlicher zu, weil hier ausdrücklich auf die Staatsangehörigkeit abgestellt wird und auch sonst keine Differenzierungen etwa nach Wohnsitz oder unbeweglichem Vermögen in Spanien vorgenommen werden. 197 Gegenüber anderen Ausländern dürfte diese pauschale gesetzliche
192Nach dem Maastrichtvertrag ist dies nun Art. 6 Abs. I, vgl. BGBI. 11 1992, S. 1253. 193NJW 1994, 1271 f; ein Kurzkommentar zu dieser Entscheidung, die ansonsten in Spanien bislang kaum Beachtung gefunden hat, findet sich bei Borras RodriguezJVila Costa, RJC 1995,269; ausführlicher Bellido Penades/Knothe RDPro 1997,321,328 ff 194Besonders drastisch äußert sich Schack ZZP 108 (1995) 47; sehr kritisch auch Mankowski N.lW 1995, 306 und Thümmel EuWZ 1994, 242; dagegen auch Schuschke/Walker § 917 Rdnr. 6. 195 50 die h. M., etwa StJ/Grunsky § 917 Rdnr. 15a; Baur/Stürner, ZVR, Rdnr.51.3; Kropholler, EuZPR, Art. 24 Rdnr. 11 f; Baumbach/LlAIH § 917 Rdnr. 10; Ebmeier/Schöne Rdnr. 19; im Ergebnis sehr positiv bewertet das Urteil Ress JuS 1995, 967. 970 f 196Kropholler, EuZPR, Art. 24 Rdnr. 2; Baur/Stürner, ZVR, Rdnr. 51.3; a.A. StJ/Grunksy § 917 Rdnr. 15a, der auf das Fehlen eines Diskriminierungsverbotes gegenüber diesen Staaten abhebt. 197ZU diesem Ergebnis kommen auch Garcimartin Alferez in Hommelhoffl.layme/Mangold (Hrsg.), S. 138; Kropholler, EuZPR, Art. 24 Rdnr. 11; schon vor dem Urteil sah einen Verstoß gegen Art. 7 EGV. Meyer RIW 1993. 815. 816; in diese Richtung gehen auch Borras RodriguezJVila Costa RJC 1995.269.272. 8·
116
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
Vennutung in Fällen bedenklich sein, in denen etwa größeres Immobilienvermögen in Spanien vorhanden ist. Da diese Fälle jedoch eher die Ausnahme sein werden, wird bei der Mehrheit der Anwendungsfcille weiterhin die Gefahr der erschwerten Rechtsverfolgung und Vollstreckung bestehen, so daß die gesetzliche Vennutung insoweit noch von der Realität gedeckt und daher kaum angreifbar ist. Ein besonderes Augenmerk wird jedoch auf eventuell entgegenstehende bilaterale Staatsverträge zu richten sein.
2. Fehlender Wohnsitz oder Fehlen von unbeweglichem Vermögen am Hauptsachegerichtstand (Abs. 3) a) Kein bekannter Wohnsitz Zunächst ist zu untersuchen, was unter "keinen bekannten Wohnsitz" zu verstehen ist. Da der Wohnsitz mit dem Adjektiv "bekannt" verbunden ist, werden sowohl die Fälle erfaßt sein, daß jemand überhaupt keinen Wohnsitz hat, als auch die Fälle, wo dieser nur unbekannt ist. Fraglich ist, ob es bereits ausreicht, um einen Arrestgrund nach Abs. 3 zu verneinen, wenn der Antragsgegner irgendwo in Spanien über einen Wohnsitz verfUgt, wobei die zweite, sogleich zu erörternde Frage wäre, wann ein Wohnsitz im Sinne dieser Vorschrift anzunehmen ist. Faßt man die Tatbestandsmerkmale des Abs. 3 wie oben vertreten so auf, daß sie kumulativ zu verstehen sind - das heißt, da es sich um negative Tatbestandsmerkmale handelt, daß der Gläubiger über keinen der in Abs. 3 genannten Vennögenswerte verfugt, so hätte das zur Folge, daß nur bei wohnsitzlosen Schuldnern ein Arrestgrund nach Abs. 3 denkbar wäre. Unter den in Spanien Wohnsitzlosen fielen die Ausländer als größte Gruppe jedoch heraus, da sie schon in Art. 1400 Nr. 2 Abs. 2 LEe genannt sind. Es verblieben dann nur Obdachlose als alleinige Gruppe,198 die von diesem Merkmal "Fehlen eines Wohnsitzes" erfaßt würden, mit dem Ergebnis, daß praktisch nie über Abs. 3 ein Arrestgrund zu bejahen wäre. Weiter käme hinzu, daß die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des Abs. 3 wie das Fehlen eines Betriebes oder der Mangel an Immobilienvennögen überflüssig würden, weil der Fall des Obdachlosen, der solche Vennögenswerte besitzt, Seltenheitswert haben dürfte. Gegen den naheliegenden Einwand, die Tatbestandsmerkmale des Abs. 3 müßten deshalb alternativ verstanden werden, mit der Folge, daß der Mangel schon eines der dort genannten Güter einen Arrestgrund begründet, spricht, daß dann ein Arrestgrund praktisch immer vorläge, da nur die wenig-
1ruchsverfahren geben müsse, weil sonst Art. 1413 Abs. 1 LEe sinnlos wäre. 48 Einen weiteren Hinweis kann man darin sehen, daß in den Vorschriften pauschal auf Art. 1400 LEe und nicht konkret auf die Nr. 2 verwiesen wird. Man könne nach Ortells auch nicht davon sprechen, daß bei einer weitgehenden Überprüfung der Forderung oder des korrekten Nachweises desselben die Hauptsache vorweggenommen werde. Denn wenn der Schuldner ohne neues Vorbringen und ohne Nachweis einfach eine Überprüfung des Dokumentes oder der Schuld verlange, weil diese nicht die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllten (z.B. keine Geldschuld, kein taugliches Dokument), werde über Fragen geurteilt, die mit dem Streitgegenstand der Hauptsache nicht mehr zu tun hätten als der embargo preventivo selbst. 481 Auf die Notwendigkeit, effektiven Rechtsschutz im Opositionsverfahren zu gewährleisten, nachdem der Schuldner bisher keine Möglichkeit der Verteidigung gehabt habe, stellt insbesondere das AP Granada482 ab.
ce) Stellungnahme Die Auffassung der überwiegenden Meinung ist sachgerechter. Sie schafft einen gerechten Ausgleich dafür, daß der Schuldner vor Erlaß zwingend nicht gehört wurde. Fordert man, daß der Vortrag des Schuldners zum Arrestanspruch auch aus einem Schriftstück hervorgehen muß, so besteht Waffengleichheit zwischen den Parteien, und der Gläubiger ist dann nicht benachteiligt. Selbst bei einem großzügigen Verständnis des effektiven Rechtsschutzes zugunsten des Antragstellers läßt sich eine so einschneidende Maßnahme wie die Arrestierung des Schuldnervermögens bis zum Ende der Hauptsache nur schwer rechtfertigen, wenn keine wenigstens summarische Überprüfung der Rechtmäßigkeit des embargo möglich ist. 1I83
4800rtells Ramos, Emb. prev., S. 210. So auch die sonst mit Begründungen sparsame Rechtsprechung. etwa SAT Barcelona v. 16.3.89. RJC 1989. 690; SAT Granada v. 22.1.90. RGD 1991. 4494 f.: SAT Barcelona v. 27.9.93. RJC 1994.130. 4HIOrtells Ramos. Emb. prev .. S. 210; so auch Fernandez. Der. proc. 1lI. § 6137. 4H2Urtcil v. 22.1.90. RGD 1991. 8494. 4H3Ähnlich f'ernandez. Der. proc. IlL § 6137.
1. Rechtsbehelfe und Rechtskraft
167
b) Nachweis des Vorbringens im Widerspruchsverfahren Da es sich beim Widerspruch um ein - wenn auch nur summarisches _484 kontradiktorisches Verfahren handelt, sind die Parteibehauptungen nun zu beweisen. 485 Es genügt jedoch nach wie vor der Anschein der Richtigkeit, da eine vollständige Prüfung dem Hauptverfahren vorbehalten bleiben muß. 486 Einwendungen, die allein die rechtliche Beurteilung der Arrestvoraussetzungen wie Geldschuld, taugliches Dokument oder Fehlbeurteilungen des Arrestgrundes betreffen, bedürfen als reine Rechtsfragen freilich keines Nachweises. Ebensowenig sind zugestandene Einwendungen 487 oder nicht bestrittene Einwendungen zu beweisen. Hinsichtlich des Arrestanspruchs vertritt Ortells die Auffassung, daß aus Gründen der Waffengleichheit Einwendungen gegen den Inhalt des Dokuments ebenfalls durch Schriftstücke belegt werden müssen. 488 In der Rechtsprechung findet sich allerdings in einem obiter dictum des AT Zaragoza die Behauptung, neben Dokumenten seien auch andere Beweismittel zuzulassen. 489 Die Ansicht Ortells ist jedoch sachgerechter, weil sonst durch einen ohnehin unsicheren Zeugenbeweis sehr leicht der Anschein, den das Dokument vermittelt, vernichtet und der embargo aufgehoben werden könnte. Gleichzeitig sind auch Nachbesserungen hinsichtlich des urkundlichen Nachweises des Anspruchs von Seiten des Antragstellers nach einer erfolgreichen Rüge des Widerspruchsfuhrers durch Zeugenbeweis oder sonstige Beweismittel unzulässig. 490 Beim Arrestgrund muß man unterscheiden, ob nur die falsche rechtliche Würdigung gerügt wird, ob der Widerspruchsftihrer allein das vom Antragsteller Behauptete bestreitet oder sogar neue Aspekte zu seiner Entlastung bringt. In den letzten beiden Fällen stellt sich die Frage, wie der Nachweis zu fuhren ist und wer die Beweislast trägt. Die Arrestgründe werden im Arrestantrag vom Antragsteller nur behauptet, ohne Notwendigkeit eines Nachweises oder einer Glaubhaftmachung. Anders als beim Anspruch wird man hier eine Beschränkung der Beweismittel nicht verlangen. Zunächst reicht bloßes Bestreiten durch den Widerspruchsfuhrer aus, um die den Arrestgrund begründenden Tatsachen streitig zu stellen. Dann ist es eine Frage der subjektiven Beweislast, wer was zu beweisen hat, und der objektiven Beweislast, wer das Risiko der Unaufklärbarkeit trägt. 484 SAT Barcelona v. 27.9.93, RJC 1994, 130. 485 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 214 f. 486 yg l. SAT Barcelona v. 21.9.90, RJC 1991, 161. 487 SAP Granada v. 22.1.90, RGD 1991, 8494. 8495. 4880rtells Ramos, Emb. prev., S. 214 f. 489Urteil v. 29.9.86, RGD 1987, 1247. 490 SAT Pamplona v. 19.3.88, RGD 1989, 1678, 1679.
168
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
c) Verteilung der Beweislast im Widerspruchsverfahren Für das gesamte Arrestverfahren gelten hinsichtlich der Beweislast die gleichen Regeln wie im üblichen Zivilverfahren. 491 Das bedeutet, daß der Antragsteller und Widerspruchsgegner bei Bestreiten die Tatsachen, die einen Arrestgrund begründen, beweisen muß und der Widerspruchsfuhrer erst danach den Ge~enbeweis schuldet. 492 Die Rechtsprechung sieht dies überwiegend ebenso. 3 Anderer Ansicht sind ein Teil der Rechtsprechung 494 und Lehre,495 die meinen, der WiderspruchsfUhrer müsse beweisen, daß der im Arrestbeschluß angenommene Arrestgrund nicht vorliege. Eine Begründung findet sich nur in dem Urteil des AT Barcelona,496 das darauf abstellt, der Widerspruchsfuhrer und Schuldner müsse aufgrund stärkerer Beweisnähe beweisen, daß kein Arrestgrund bestehe. Eine kuriose Entscheidung des gleichen Gerichts 497 stellt zunächst lapidar fest, eigentlich müsse der Widerspruchsfuhrer den Beweis fUhren, doch da der Beweis solcher Negativa schwierig sei, scheine es gerechtfertigt, dem Antragsteller den Beweis fUr seine Behauptung zum Arrestgrund aufzuerlegen. Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, daß es teilweise fur den Schuldner leichter ist, zu beweisen, daß er kein Ausländer ist, Wohnsitz hat und auch nicht von dort verschwunden ist. Aber das allein kann nicht zu einer Umkehr der üblichen Beweislastverteilung fUhren. Die Minderheitsmeinung läßt sich wohl fälschlich von der ParteisteIlung, die jetzt umgekehrt ist, beeinflussen. Hinsichtlich des Anspruchs ergeben sich bei der Beweislast ebenfalls keine Abweichungen zur generellen Regel.
d) Zusammenfassung Zusammenfassend bleibt also festzustellen, daß der Schuldner nach richtiger Ansicht im Widerspruchsverfahren alle Voraussetzungen, die zum Erlaß des embargo nötig sind, überprüfen lassen kann. Die Rechtsprechung hat bisher ohne Anspruch auf Vollständigkeit - folgende Angriffe zugelassen: Gefälschtes 4910rtells Ramos, Emb. prev., S. 218. 492Fernandez, Der. proc. 111, § 61 32. (Fn 17); Ortells Ramos, Emb. prev., S. 218 f. 493Etwa SAT Barcelona v. 22.5.85, RJC 1985, 924; SAT Caceres v. 2.3.85, RGD 1986, 2147; SAT Burgos v. 19.7.88, RGD 1989, 8491, 8492; SAT Pamplona v. 19.3.88, RGD 1989, 1678; ältere Rsp. bei Ortells Ramos, Emb. prev., S. 219 (Fn 132). 494SAT Barcelona v. 11.11.66, RJC 1967, 966 f.; SAT Santa Cruz de Tenerife v. 10.2.68, RGD 1969, 134; SAT Barcelona v. 17.12.75, RJC 1975,712; SAT Barcelona v. 9.7.91, RJC 1991, 1064 mit der Ausnahme, daß bzgl. der Generalklausel der Verschleuderungsgefahr der Antragsteller beweispflichtig sei. 495 Aguilar Canosa RGD 1959, 519, 521 f. 496Urteil v. 9.7.91, RJC 1991,1064. 497Urteil v. 21.9.90, R.JC 1991, 161 1'.
.I. Rechtsbehelfe und Rechtskraft
169
. 0 0 k ument, 499 unzu I'"asslges 0 0 kument 500 N eu bewerOo k ument, 498. nIC htlges f tung des Anscheines, der aus dem Dokument hervorgeht,50 keine Geld502 . 5u3 schuld, Emwendungen ~egen den Inhalt des Dokuments, Arrest aus anderen Gründen unzulässig,50 spezieller Arrestgrund sei nicht gegeben, 505 Arrestgrund der Verschleuderungsgefahr überprüft,506 Fehlen des Arrestgrundes wegen hinreichender Sicherheiten. 507 In der Lehre werden zusätzlich noch folgende Beispiele genannt: Das Fehlen einer Anordnung von Sicherheits leistung nach Art. 1402 LEC oder die Rüge zu geringer Höhe. 508 Weiter könnte man noch an Mängel des Vollzuges denken. Fernandez nennt zwei Beispiele - der Schuldner rügt, die beschlagnahmten Güter seien nicht sein Eigentum, oder die Mißachtung der Reihenfolge des Art. 1447 LEC -, lehnt eine Überprüfbarkeit im Widerspruchsverfahren jedoch ab. 509
e) Der ftir die Prüfung relevante Zeitpunkt Die spanische Prozeßordnung sagt weiter nichts darüber aus, ob fur die Überprüfung im Widerspruchsverfahren auf den aktuellen Stand oder auf denjenigen bei Erlaß des Arrestbeschlusses abzustellen ist. Der Wortlaut der 498SAT Barcelona v. 23.4.64, RJC 1965,835. 499 AAT Pamplona v. 26.1.76, ROD 1977, 241 f. 500SAT Madrid v. 10.12.62, ROD 1963,43,44; SAT Santa Cruz de Tenerife v. 15.10.64, ROD 1965,517,518. 50l SAT Barcelona v. 24.5.61, RJC 1962,259; SAT Barcelona v. 5.4.73, RJC 1973, 516; SAT Barcelona v. 25.3.87, RJC 1987,675,676. 502SAT Barcelona v. 30.11. 71, ROD 1971, 44, 47. 503SAT Zaragoza v.26.9.86, ROD 1987, 1247 (Erflillung). 504AAT Barcelona v. 7.12.89, RJC 1990, 422 (Antragsteller war selbst Eigentümer des mit Arrest belegten Schiffes; Voraussetzungen des Brüsseler Seeschiffarrestabkommens waren nicht gegeben). 505Z.B. SAT Madrid v. 11.10.84 ROD 1985, 562; SAT Santa Cruz de Tenerife v. 21.3.85, ROD 1985, 530; SAP Oranada v. 22.1.90, ROD 1991,8494, 8495. 506Z.B. SAT Barcelona v. 19.5.82, RJC 1982, 870; SAT Barcelona 18.7.84, RJC 1984,938; SAT Caceres v.2.3.85, ROD 1986,2747 f. 507AAT Barcelona v. 6.3.78, RJC 1978, 497. 498; SAT Palma de Mallorca v. 26.5.79, ROD 1980,577, 578. 508Fernandez, Der. proc. lII, § 61 36.; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 214; ein Fall einer erfolgreichen Rüge gegen die Sicherheitshöhe ist AAT Barcelona v. 13.2.75, RJC 1975, 282. Dagegen spricht sich Manresa, Comentarios V, S. 410 flir ein spezielles Inzidentverfahren aus. Ihm folgend SAT Palma de Oran Canaria v. 16.2.70, ROD 1971, 495, obwohl das Oesetz daflir nichts hergibt. 509Fernandez, Der. proc. 111, § 61 35. Ähnlich wird in AAT Barcelona v. 25.2.75, R./C 1975, 283 die Übersicherung beim Vollzug als im Widerspruchsverfahren nicht rügbar bezeichnet. Für eine Überprüfung solcher Mängel spricht sich dagegen Tome Paule, Comentarios, Art. 1416 aus.
170
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
Art. 1412 Abs. 3 und 1416 Abs. 1 LEe stellt im Präsens darauf ab, daß der Schuldner sich nicht in einem der Fälle des Art. 1400 LEe "befindet". Dies spricht daflir, den embargo aus dem Blickwinkel ex nunc zu beurteilen. Die Rechtsprechung, die wie die Lehre hierin in der Regel kein Problem sieht, ist zweigeteilt. Die meisten Entscheidungen äußern sich nicht konkret zu dieser Frage, sondern stellen nur fest, daß die bei Erlaß getroffene Entscheidun gerechtfertigt war, und scheinen auf den damaligen Zeitpunkt abzustellen. 51 Andere Urteile diskutieren die Frage zwar nicht, ziehen aber neue Tatsachen heran. 511 Deutlich flir eine Beurteiluns9 nach dem letzten Stand der Dinge spricht sich jedoch das AT Zaragoza aus. 2 Neben dem Wortlaut wird diese Position auch durch die Tatsache gestärkt, daß die LEe anders als § 927 ZPO keine Möglichkeit vorsieht, den embargo veränderten Umständen anzupassen. 513 Geht man also nach richtiger Auffassung davon aus, daß im Widerspruchsverfahren auf der Grundlage des momentanen Sachstandes eine neue summarische Entscheidung über den embargo gefällt wird, ist noch zu erörtern, ob und inwieweit neuer Prozeßstoff eingeflihrt werden darf.
ff
f) Einflihrung neuen Prozeßstoffes durch den Widerspruchsflihrer
Der Widerspruchsflihrer darf, da er zum ersten Mal rechtliches Gehör erhält, alles vorbringen, was seiner Verteidigung dienlich scheint. Einschränkungen gibt es nach der hier vertretenen Meinung nur beim Nachweis des Vorgebrachten.
g) Einflihrung neuen Prozeßstoffes durch den Widerspruchs gegner Der Gegner und ursprüngliche Antragsteller ist zumindest daran gehindert, einen völlig neuen Streitgegenstand einzuflihren. Er kann sich also nicht etwa auf eine ganz andere Schuld berufen. 514 Hier wäre ein neuer Antrag nötig. Das 510 SAT Barcelona v. 22.3.61, RJC 1961,706; SAT Madrid v. 18.5.73, RGD 1973, 845, 846; SAT Santa Cruz de Tenerife v. 30.11. 79, RGD 1980, 318; ebenso AA T Barcelona v. 27.9.93, RJC 1994, 130, das zwar von einer zweifachen Prüfung spricht, aber über den Zeitpunkt nichts sagt. 511 SAT Barcelona v. 22.3.74, RJC 1974,320; AAT Barcelona v. 6.3.78; RJC 1978, 497,498; SAT Palma de Mallorca v. 26.5.79, RGD 1980,577,578. 512Urteil v. 26.9.86, RGD 1987, 1247. Entscheidend sei der jetzige Stand, denn es gebe keine gesetzliche Grundlage, die Verteidigungsrechte so drastisch einzuschränken. 5\3 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 216. 514 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 216.
.J. Rechtsbehelfe und Rechtskraft
171
gleiche gilt nach Ortells 515 und der Rechtsprechung 516 auch fur neue Tatsachen, die einen anderen Arrestgrund betreffen, obwohl der Wortlaut im Plural "nicht in einem der Fälle befindet" eher auf das Gegenteil hinweist. Aber nach spanischem Verständnis, das auch den konkreten Arrestgrund als determinierend für den Streitgegenstand ansieht, ist diese Einschränkung gerechtfertigt. Hinzu kommt, daß das Widerspruchsverfahren als beschleunigtes, in einem Termin abzuwickelndes Verfahren dem Widerspruchsfuhrer keine Möglichkeit gibt, auf neues Vorbringen des Gegners zu reagieren. 517 Die Folge daraus ist, daß der Antragsteller bei seinem Arrestantrag sorgfältig zu allen in Betracht kommenden Arrestgründen vortragen muß. Andererseits wird man es dem Widerspruchsgegner unter dem Blickwinkel effektiven Rechtsschutzes nicht versagen können, bei der Erwiderung auf die Widerspruchsschrift auf die dortigen Argumente und Sachvorträge eingehend sowohl neue als auch bisher nicht erwähnte alte Tatsachen vorzubringen, solange sie sich auf denselben Streitgegenstand beziehen. Für den Widerspruchsführer besteht aber auch dann die Gefahr, daß er diese Noven nicht mehr bekämpfen kann. Deshalb muß bei der Formulierung des Widerspruchsschriftsatzes große Sorgfalt an den Tag gelegt werden. Denn einerseits muß vorhersehbarem Verteidigungsvorbringen entgegengewirkt werden, andererseits darf der Gegner nicht auf Schwachstellen in der eigenen Position hingewiesen werden.
4. Die Entscheidung im Widerspruchsverfahren und Rechtsbehelfe Das Urteil, das über den Widerspruch ergeht, trifft eine neue Entscheidung über die Arrestvoraussetzungen im Zeitpunkt der Spruchreife dieses Inzidentverfahrens. 518 Bei einem positiven Ergebnis der Prüfung wird der angegriffene Arrestbeschluß bestätigt, anderenfalls wird er durch das Urteil aufgehoben. 519 Möglich ist auch eine Teilaufhebung, etwa wenn ein Teil der Schuld nicht ausreichend dokumentarisch nachgewiesen wurde oder wenn die Befreiung von der Sicherheitsleistung nicht gerechtfertigt war. Die neue Entscheidung kann dann die Summe, über die der Arrestbefehl ausgestellt ist, reduzieren bzw. die Sicherheitsleistung anordnen. 52o Bei Aufhebung sind auch die Vollzugsakte 515
Ortells Ramos, Emb. prev., S. 217. SAT Barcelona v. 3.3.66; RJC 1967,218,219; AAT Pamplona v. 15.3.72, RGD 1973,272,273. 517ZU den unbedeutenden Ausnahmen vgl. Ortells Ramos, Emb. prev., S. 204 f. 518 SAT Barcelona v. 16.3.89, RJC 1989,690. 519 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 218. 520 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 218. 516
172
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
rückgängig zu machen. 521 Das Urteil enthält einen Auspruch, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Dies ist ausdrücklich in Art. 1412 Abs. 3 LEe geregelt, gilt danach aber nur für den integrierten embargo. Bezüglich des isolierten embargo spricht Art. 1416 Abs. I LEe nur eine Schadensersatzpflicht aus, ohne etwas zur Kostenverteilung zu sagen. Hierbei handelt es sich aber wohl um ein Redaktionsversehen, 522 so daß die Regel des Art. 1412 Abs. 3 LEe auch rur den isolierten embargo nach Art. 1416 LEe Geltung besitzt. 523 Ansonsten wäre aber auch Art. 523 Abs. I LEe anwendbar, der seit seiner Reformierung im Jahre 1984 bestimmt, daß dem Unterliegenden die Kosten auferlegt werden, wobei dem Richter allerdings ein Ermessensspielraum bleibt. Die Problematik des Schadensersatzes, zu der im Widerspruchsurteil ebenfalls ein Ausspruch erfolgt, wird unten ausführlich behandelt. Gegen das Urteil über den Widerspruch ist nach Art. 758 LEe die Berufung zulässig. 524 Dies bedeutet eine neue Instanz, in der gemäß Art. 862 Nr. 3 LEe neue Tatsachen vorgebracht werden können, also solche, die nach der Beweisaufnahme im Widerspruchsverfahren entstanden sind. Für den Fall, daß der embargo erst in der zweiten Instanz beantragt wurde, stellt Art. 759 Abs. 2 LEe den Rechtsbehelf der Beschwerde (suplica) zur Verfügung. Diese erfolgt vor der gleichen Kammer (sala) des AT, die das Urteil erlassen hat. Neues Vorbringen oder neue Beweise sind hierbei unzulässig (Art. 402 Abs. 2 i.V.m. 379; 760 LEC). Da es sich beim Widerspruchsurteil nicht um eine endgültige Entscheidung handelt, ist eine Revision (casaci6n) nicht möglich (Art. 1687 Nr. I LEC).525
III. Anpassung des Arrestbefehls an veränderte Umstände Die Frage der Anpassung einer Eilentscheidung und somit auch des Arrestes wirft in Spanien Schwierigkeiten auf. Das Fehlen einer ausdrücklichen Vorschrift wie § 927 ZPO rur den embargo preventivo könnte dafür sprechen, daß der Gesetzgeber eine solche Anpassung bewußt ausschließen wollte. 526 Hinzu 5210rtells Ramos, Emb. prev., S. 224. 522Manresa, Comentarios Y, S. 403 eigentlich sollte dieser Teil des Art. 1412 in Art. 1413 Abs. I LEC aufgenommen werden, womit er dann flir jede Form von embargo gegolten hätte. 523Manresa, Comentarios Y, S. 403; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 221 f. 524AIs Beispiel einer dieser recht seltenen Fälle vgl. die erfolgreiche Berufung in SAT Barcelona v. 22.5.85, RJC 1985,924. 525 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 225. 526yg l. hierzu Ortells Ramos, Emb. prev., S. 234; Calder6n Cuadrado, Medidas,
S.264.
J. Rechtsbehelfe und Rechtskraft
173
kommt nämlich, daß der Gesetzgeber das Problem grundsätzlich durchaus erkannt und deshalb an anderer Stelle eine Regelung vorgesehen hat. So findet sich in Art. 1893 Abs. I LEe über die vorläufigen Maßnahmen bei Trennung von Ehegatten die Möglichkeit einer Anpassung der Maßnahmen "gestützt auf spätere Tatsachen".527 Aber nicht zuletzt an diesen Bestimmungen erkennt man andererseits die dringende Notwendigkeit, bei Veränderungen der Sachlage, die während der in Spanien langen Dauer des Hauptverfahrens nicht selten auftreten werden, die Eilmaßnahme und somit auch den Arrest anpassen oder aufheben zu können. Deshalb verwundert es nicht, daß die ganz herrschende Lehre solche Anpassungen einer erlassenen Eilentscheidung de lege lata flir zulässig hält. 528 Gegenstimmen ohne Begründung findet sich nur bei Manresa und Guasp,529 die außer dem Widerspruch keine Rechtsbehelfe anerkennen. Ortells, der als einziger das Problem unter dem Blickwinkel des Arrestes untersucht, fuhrt das meines Erachtens entscheidende Argument flir eine Anpassung ins Feld. 53o Aus Gründen des verfassungsrechtlichen Gebotes der Waffengleichheit müsse der Schuldner ein Instrument haben, ebenso wie der Gläubiger auf veränderte Situationen zu reagieren, zumal der Widerspruch wegen seiner kurzen Frist dazu weitgehend untauglich sei. Man würde sonst auch die Rechtskraftwirkung auf Schuldnerseite anders, nämlich strenger, beurteilen als aus Sicht des Gläubigers.
I. Ausmaß des neuen Vortrags An diese Grundentscheidung fur eine Anpassung des Arrestes schließt sich sogleich die Frage an, mit welchem Vortrag der Schuldner diesbezüglich gehört wird. Sicherlich kann er keine Rechtsfehler rügen, weil dazu das Widerspruchsverfahren ausreicht. Der Schuldner kann jedoch neue Tatsachen ins 527Eine noch weitergehende Anpassung - es können nicht nur neue Tatsachen, sondern auch neue, vorher nicht verftigbare Beweismittel vorgebracht werden - erlaubt der neue Art. 137 Nr. 6 LPI. 528Siehe Serra Domfnguez in SerraiRamos, S. 33; Fairen GuilIen RDPro 1966 IV, 47,53; Carreras Llansana in Fenech/Carreras, S. 589 f; Alonso Furelos Justicia 1990, 339, 359; Montero Aroca in Montero/Ortells/G6mez Colomer, Der. Juris. 11 1., S. 444 f.; Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 264 f.; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 233 und 236. Die zitierten Autoren äußern sich bis auf Ortells allerdings nicht konkret zum embar?:o preventivo. 29Manresa, Comentarios V, S. 410; Guasp, Der. proc. 11, S. 696 f. Obwohl Guasp keine materielle Rechtskraft annimmt, kommt er aber ftir den Schuldner über die formelle Rechtskraft durch Ablauf der Widerspruchsfrist zu diesem Ergebnis. So ohne Begründung auch SAT Burgos v. 22.3.66; RGD 1967,969. 530 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 236.
174
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
Spiel bringen. Dieses neue Tatsachenmaterial kann dazu führen, daß die Tatbestandsvoraussetzungen, insbesondere der Arrestgrund, nun in einem anderen Licht erscheinen und der Arrest aufgehoben oder modifiziert werden muß.53\ Damit diese Tatsachen außerhalb der von der Rechtskraft des Arrestbeschlusses erfaßten Tatsachengrundlage bleiben, muß es sich um neue, das heißt zeitlich nach dem fur die letzte Vorbringensmöglichkeit relevanten Zeitpunkt aufgetretene Fakten handeln. 532 Welche Zeitpunkte das in den verschiedenen Konfigurationen des Arrestverfahrens im einzelnen sind, wird von Ortells 533 überzeugend dargelegt und deshalb hier nicht weiter ausgeführt.
2. Neue Beweismittel Weitgehend ungeklärt ist die Frage, ob allein neue Tatsachen zuzulassen sind oder auch neue Beweismittel zu alten Tatsachen, die bisher mangels Nachweismöglichkeit nicht berüchsichtigt werden konnten. Diese generelle Frage beschränkt sich beim spanischen Eilverfahren, insbesondere beim Arrest, nicht nur auf den Anspruch, sondern im weiteren Verlauf teilweise auch auf den Grund. Denn die Tatsachen zum Arrestgrund müssen zwar zunächst nur behauptet werden, doch spätestens im Widerspruchsverfahren ist ein Nachweis erforderlich, so daß auch später bei einem Anpassungsantrag eine bloße Behauptung nicht mehr ausreichen kann. Bis zur Schaffung des Art. 137 Nr. 6 LPI im Jahre 1987, der die Frage fur diesen Spezialprozeß positiv regelt, gab es keine Vorschrift, die neue Beweismittel zu alten Tatsachen zugelassen hätte. Deshalb sprach sich Ortells für den embargo preventivo de lege lata gegen eine solche Aufweichung der Rechtskraft aus. Gleichwohl stellte er fest, daß aus den zum deutschen Recht vertretenen Argumenten - Eilbedürftigkeit der Suche nach Beweismitteln und Schwierigkeit der Abgrenzung von Beweismittel und
531Natürlich reicht nicht einfach irgendeine neue Tatsache, um eine Überprüfung des Arrestbeschlusses zu erreichen und auf eine andere Bewertung der Arrestvoraussetzungen zu spekulieren. Vielmehr muß es sich um wesentliche Tatsachen handeln, die direkte Auswirkungen auf die erste Entscheidung des Gerichts hatten, wobei sich Abgrenzungsschwierigkeiten nicht vermeiden lassen. Vgl. Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 268 f; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 242 f, mit weiteren Nachweisen und Diskussion verschiedener Nuancen anderer Autoren, die an dieser Stelle nicht im einzelnen dargestellt werden können. Besondere Schwierigkeiten bestehen hinsichtlich der Generalklausel zum Arrestgrund, weil hier Einfluß der neuen Tatsache und die bloße Andersbewertung oft dicht beieinander liegen. 5320rtells Ramos, Emb. prev., S. 240 f; Serra Dominguez in SerralRamos, S. 82; Ä.ngeles love, S. 266; Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 265 f; SAT Santa Cruz de Tenerife v. 20.10.70, RGD 1971,84 (obiter dictum); AAP Barcelona v. 9.9.94, R.lC 1995, 127,129. 5330rtells Ramos, Emb. prev. S. 245 f
1. Rechtsbehelfe und Rechtskraft
175
Tatsache - de lege ferenda das Gegenteil die einzige sinnvolle Lösung sei. 534 Weitere deutliche Stimmen zu diesem Problem innerhalb des einstweiligen Rechtsschutzes aus der Zeit vor 1987 finden sich nicht. 535 In seiner neuen Arbeit hält Ortells de lage lata "trotz der Vorschrift des Art. 137 Nr. 6 LPI" an dieser restriktiven Ansicht fest. 536 Zur einstweiligen Verfügung nach Art. 1428 LEe wird heute mit Blick auf Art. 137 Nr. 6 LPI, der in enger Beziehung zu ersterer Vorschrift steht,537 zunehmend vertreten, aus den zum deutschen Recht entwickelten Gründen seien früher nicht verfügbare Beweismittel zu berücksichtigen. 538 Diese Auffassung ist zweifellos vorzuziehen. Hinsichtlich des embargo preventivo muß man sich aber im klaren darüber sein, daß bisher keine veröffentlichten Entscheidungen zu finden sind, die trotz der Befürwortung durch die überwiegende Lehre ohne eine konkrete Vorschrift überhaupt eine Anpassung des embargo zulassen. Angesichts dieses Befundes wird man de lege lata nur schwer Gehör finden, wenn man den Streitgegenstand zusätzlich noch durch neue Beweismittel aufweicht.
3. Das Verfahren bei Neuanträgen und Anpassung Zu klären bleibt noch, nach welchem Verfahren die angesprochenen Begehren untersucht werden. Während dies hinsichtlich Neuanträgen unproblematisch ist, muß man für Anpassungsbegehren bedenken, daß nach Erlaß des Arrestes in der Regel nur noch das Hauptverfahren anhängig ist. Die sinnvollste Lösung ist deshalb die des Zwischenverfahrens in der Hauptsache, wie sie auch für das Widerspruchsverfahren vorgesehen ist. 539 Abschließend bleibt festzuhalten, daß auf neue Tatsachen gestützte Anpassungsbegehren nach herrschender Lehre im Rahmen des Arrestprozesses zulässig sind.
5340rtells Ramos, Emb. prev., S. 241 f. 535Nur Serra Dominguez in SerraiRamos, S. 82 u. 107 und Carreras L1ansana in Fenech/Carreras, S. 590, äußern sich indirekt weitergehend als Ortells, wenn sie meinen, "ein abweisendes zweitinstanzliches, aber noch nicht rechtskräftiges Urteil über die Hauptsache könne zur Aufhebung des Arrestes führen". Dabei bleibt aber unklar, ob sie das Urteil als Beweismittel (documento) oder als neue Tatsache ansehen. 5360rtells Ramos in Ortells/Calder6n, S. 31. 537 Art. 137 Nr. 6 LPI verwies (damals noch Art. 127) früher auf das Verfahren nach Art. 1428 LEC, hat heute jedoch ein eigenes Verfahren, das aber starke Ähnlichkeiten zu dem des Art. 1428 LEC aufweist. 538Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 267 f. mit dem Hinweis, daß auch eine Wiederaufnahme, bei der erst jetzt verfügbare Beweismittel Wiederaufnahmegründe sein können, nicht in Frage kommt, weil diese nur für rechtskräftige Urteile gilt (Art. 1796). Auch Alonso Furelos .Iusticia 1990,339,372; AngeIes love, S. 267 f. 53\erra Dominguez in SerraiRamos, S. 107; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 239.
176
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
IV. Die Rechtskraft des Arrestbefehls Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob die Entscheidung über eine einstweiligen Maßnahme und somit auch über das Arrestbegehren in Rechtskraft erwächst. Geht man von Rechtskraft aus, stellt sich das Problem, die Grenzen der Rechtskraft festzulegen. Insbesondere muß untersucht werden, ob und inwieweit erneute Anträge erlaubt sind und wie die von der h.M. verfochtene Anpassung an eine veränderte Situation in die Grenzen der Rechtskraft eingepaßt werden kann. Die spanische Zivilprozeßordnung schweigt sich hierzu völlig aus, so daß man anhand der allgemeinen Dogmatik und einer Abwägung der Interessenlage eine sachgerechte Lösung finden muß.
I. Formelle und materielle Rechtskraft
Während die spärliche Rechtsprechung 540 und die Lehre541 sich darüber einig sind, daß Eilentscheidungen zumindest formelle Rechtskraft erlangen, war dies bezüglich der materiellen Rechtskraft 542 schon früh bestritten und hat nun wegen der im Jahre 1987 eingeführten und 1996 reformierten Bestimmung des Art. 137 Nr. 6 der Ley de Propiedad Intelectual (LP!) neue Nahrung erhalten. Materielle Rechtskraft will den Entscheidun~en des einstweiligen Rechtsschutzes seit jeher vor allem Guasp absprechen. 43 Diese Art von Entscheidungen seien nur vorläufiger Natur, und der Richter besitze die "absolute Freiheit", jederzeit auf Antrag eine erneute Würdigung der Voraussetzungen dieser Maßnahmen durchzuführen. Angesichts des neuen Art. 137 Nr. 6 LPI 544 wird auch von anderen Autoren vermehrt bezweifelt, ob zumindest im Bereich der einstweiligen Verfügungen nach Art. 1428 LEe, aus dem die Art. 136, 137 LPI hervorgegangen sind, noch davon ausgegangen werden könne, daß die Ent-
540AAT Barcelona v. 12.11.75, RJC 1975,709 f.; SAT Burgos v. 22.3.66, RGD 1967,969. Die Entscheidung werde formell rechtskräftig (firme), wenn keine Rechtsbehelfe mehr möglich, insbesondere die Widerspruchsfrist verstrichen sei. 541Calderon Cuadrado, Medidas, S. 258 f.; Angeles Jove, S. 261. 542Die einzige gesetzliche Bestimmung zur materiellen Rechtskraft findet sich in Art. 1252 Ce. dessen Abs. I in altertümlicher Sprache und viel zu eng eine Vermutung für Rechtskraft ausspricht, wenn bezüglich der Gegenstände zweier Verfahren" die perfekte Identität zwischen den Sachen (cosas), den Gründen (causas) und den Parteien in der Funktion, die sie innehatten" besteht. V gl. hierzu, insbesondere zur Auslegung durch die Rechtsprechung Moron Palomino, Der. proc., S. 344 ff. 543Guasp, Der. proc. 11, Lee. 82, S. 708; auch Manzanares Samaniego RDPro 1975, 79, 83, der auf die Vorläufigkeit und Hauptsacheabhängigkeit hinweist. 544Satz 2 lautet: "Auf jeden Fall kann der Antragsteller seinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wiederholen, sofern er neue Tatsachen oder vorher nicht verfügbare Beweismittel bezüglich der Verletzung vorlegen kann."
J. Rechtsbehelfe und Rechtskraft
177
scheidung in materieller Rechtskraft erwachse. 545 Ängeles Jove stellt vornehmlich auf den provisorischen Charakter dieser Entscheidungen ab und zieht einen Vergleich zu den summarischen Prozessen, bei denen nach ganz überwiegender Ansicht keine Rechtskraft entsteht. 546 Obwohl dies nirgendwo klar zu Ausdruck kommt, geht es in den Stellungnahmen nur um die Frage der Rechtskraft der Eilentscheidung zu anderen Eilentscheidungen, nicht aber um Rechtskraft gegenüber der Hauptsache. Daß bezüglich der Hauptsache keine Rechtskraft entsteht, ist wohl so evident, daß dazu keine Ausführungen gemacht werden. 547 Insgesamt besteht aber dennoch weitgehende Einigkeit darüber, daß neue Anträge und erneute Prüfungen bei allen Arten von einstweiligen Maßnahmen zulässig sind. 548 Der Streit bezieht sich letztlich nur auf die dogmatisch richtige Einordnung sowie die Reichweite der Bindung an die erste Entscheidung. Die vorherrschende Meinung, die von materieller Rechtskraft der Eilentscheidung ausgeht,549 sieht die Lösung des Problems vornehmlich in den objektiven Grenzen der Rechtskraft. 55o Die Verfechter dieser Meinung rechtfertigen ihre Ansicht, wenn überhaupt, mit dem Hinweis, daß ohne materielle 5450rtells Ramos in Montero/Ortells/G6mez Colomer/Mont6n, Der. Juris. II 2., S. 279; unschlüssig, aber mit starken Zweifeln Angeles love, S. 269 ff; Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 264. 546Angeles .love, S. 271. Moron Palomino, Der. proc., S. 347 weist jedoch mit Recht darauf hin, daß sich die fehlende Rechtskraft bei den summarischen Verfahren nur auf das Verhältnis von summarischem Urteil und Hauptsache bezieht - so auch ausdrücklich Art. 1479 und Art. 1617 LEC - und nicht etwa einen erneuten Antrag bei gleichen Tatsachen gestattet. 547 Auffällig ist freilich, daß niemand etwas zum Streitgegenstand einer Eilmaßnahme sagt, obwohl man eine Abgrenzung zum Streitgegenstand der Hauptsache eigentlich erwarten würde. 548Neben der in der folgenden Fn. aufgeführten h. L. akzeptiert diese Notwendigkeit zunehmend auch die Rechtsprechung, die sich bisher jedoch, soweit erkennbar, nur in obiter dicta pauschal für eine Modifizierung während der Dauer des Hauptverfahrens ausgesprochen hat. Vgl. etwa SAT Barcelona v. 30.4.83, RlC 1983,659; AAT Barcelona v. 8.7.87, RlC 1987,944; SAP Barcelona v. 16.2.92, RlC 1992,430; AAP Barcelona v. 9.9.94, RlC 1995, 127, 129. 549Serra Dominguez in SerraiRamos, S. 33; Fairen Guillen RDPro 1966 IV, 47, 53; Carreras L1ansana in Fenech/Carreras, S. 589 f; Alonso Furelos lusticia 1990, 339, 359; Montero Aroca in Montero/Ortells/G6mez Colomer, Der. luris. II I., S. 444 f; Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 264 f.; Ortells Ramos, Emb. prev. S. 233 und 236. 550Serra Domiguez in SerraiRamos, S. 33; Alonso Furelos lusticia 1990, 339, 360; Montero Aroca in Montero/Ortells/G6mez Colomer, Der. luris. II I., S. 444 f.; Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 264 f; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 233 f.; Ramos Mendez in SerraiRamos, S. 205. Teilweise wird zusätzlich noch auf die zeitlichen Grenzen abgehoben. Im Ergebnis ebenso Barona Vilar, Cuadernos, S. 46, die jedoch die zweifelhafte Begründung anführt, von Rechtskraft könne man nur soweit sprechen, als keine neuen Tatsachen vorlägen.
12 Knolhe
178
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
Rechtskraft die unerträgliche Folge ständig neuer Anträge trotz unveränderter Sachlage eintreten könnte. 551 Vereinzelt wird auch deshalb an der Rechtskraftthese festgehalten, weil als einzig taugliches Abgrenzungsmerkmal der Rechtsprechung von anderen Gewalten die Produktion von Rechtskraft angesehen wird. 552 Insgesamt erscheint die Grundkonzeption der herrschenden Meinung, Rechtskraft anzunehmen, aber deren Grenzen eng zu ziehen, als der bessere Weg. Denn Eilentscheidungen gänzlich die materielle Rechtskraftwirkung abzusprechen, ist auch unter Bezugnahme auf ihren provisorischen Charakter nicht gerechtfertigt. Es will allein schon aus Gründen der Rechtssicherheit und Prozeßökonomie nicht recht einleuchten, warum bei unveränderter Sachlage eine erneute Prüfung des gleichen Streitgegenstandes möglich sein soll.
2. Grenzen der Rechtskraft Die Lösung der oben aufgeworfenen Fragen ist somit in den objektiven Grenzen der Rechtskraft einer Eilentscheidung zu suchen. Dabei ist zunächst vom weniger problematischen Fall eines erneuten Antrags auszugehen, um dann die wegen Fehlens einer Bestimmung zweifelhaftere Frage nach der Anpassung an veränderte Umstände zu betrachten.
a) Neuanträge durch den Gläubiger Ein neuer Antrag auf Erlaß eines embargo preventivo wird vornehmlich dann vorkommen, wenn ein vorausgegangener Antrag abgelehnt wurde, ist aber auch sonst denkbar, etwa vor einem anderen Gericht, über eine höhere Summe oder wegen eines anderen Arrestgrundes. 553 Keine Neuanträge sind solche hinsichtlich einer anderen Forderung, die wegen des ganz anderen Streitgegenstandes stets zulässig sind.
aa) Streitgegenstand bei Ei/entscheidungen Die Neuheit eines Antrages hängt von der Frage ab, ob der Streitgegenstand (objeto dei proceso/pretenci6n) zwischen früherem und späterem Antrag identisch ist. Da kaum konkrete Aussagen zum Streitgegenstand einer Eilentschei551Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 261; Ängeles love, S. 263; Barona Vilar, Cuademos, S. 46. Ebenso AAT Barcelona v. 12.11.75, R.lC 1975, 709, 710. Aus deutscher Sicht würde hierfür der Einwand des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses genügen. Ein gleichartiges Instrument ist in Spanien jedoch nicht anerkannt. 552S0 vor allem Serra Dominguez, vgl. die Ausführungen in Serra/Ramos, S. 3 I. 553 Ähnlich Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 265.
J. Rechtsbehelfe und Rechtskraft
179
dung auffindbar sind,554 muß man sich auf die allgemeine Lehre beschränken. An dieser Stelle kann freilich nicht die in Spanien heftig umstrittene und teilweise noch ungeklärte Problematik des Streitgegenstandes ausgebreitet werden, sondern es soll nur kurz auf die fur Eilentscheidungen relevanten Fragen eingegangen werden. Nach ganz überwiegender Meinung setzt sich der Streitgegenstand aus dem Antrag (petitum) und dem Sachverhalt (causa petendi) zusammen. 555 Heillos umstritten ist dagegen, ob und inwieweit letzterer nur Tatsachen enthält556 oder ob auch der normative Rechtsgrund von Bedeutung ist. 557 Dieser Streit hat jedoch rur den embargo preventivo kaum Bedeutung, da wegen der notwendigen Verbriefung des Anspruchs in einem Dokument Probleme der rechtlichen Qualifikation desselben nicht entstehen können. Für das Arrestbegehren kann also von einem Streitgegenstand ausgegangen werden, der sich aus dem Antrag und dem dazu vorgebrachten Sachverhal1: also aus den Tatsachen bezüglich Arrestgrund und Anspruch zusammensetzt. 5 8
bb) Zulässigkeit von Neuanträgen Nach dem Befund zum Streitgegenstand ist ein erneuter Antrag zulässig, wenn neue Tatsachen vorliegen. Dagegen sind Tatsachen, die früher schon existierten, aber nicht vorgetragen wurden, von der Rechtskraft der früheren Entscheidung erfaßt, sofern es sich um den gleichen Sachverhalt handelte. Eine Bestätigung dieser Abgrenzung findet sich in Art. 137 Nr. 6 LPI, der dem Antragsteller "wiederholte Anträge, gestützt auf neue Tatsachen" gestattet. Im einzelnen kann ein erneuter Antrag folglich gestellt werden, wenn neue Tatsachen hinsichtlich des schon früher vorgebrachten oder eines anderen Arrestgrundes vorliegen. Da es sich hierbei nur um reine Tatsachen handelt, ist der oben angesprochene Streit nicht von Relevanz. Bezüglich des Arrestanspruchs ist zu sagen, daß, sofern es sich um die gleiche Schuld handelt, nur eine Erhöhung der Schuld oder die Vorlage eines anderen Dokuments in Frage kommt.
554Ansätze bei Väzquez Sotelo, Jornadas, S. 370 ff. 555Ramos Mendez, Der. proc. I, 38 III 2. und 18 V; Prieto-Castro, Der. proc. I. Anm. 334; Oe la Oliva Santos in Oe la Oliva/Fcrnandez, Der. proc. II, § 2767.; Moron Palomino, Der. proc., S. 345. 556S0 Guasp, Der. proc. I. S. 561; Ortells Ramos in Montero/Ortells/G6mez Colomer, Der. juris. II I., S. 96 ff. 557S0 Prieto-Castro, Der. proc. I. Anm. 336; Oe la Oliva Santos in Oe la Oliva/Fernandez, Der. proc. 11. S. 184. 194 f., ausführlicher ders. in: Cosa juzgada. S. 86 tf.; Ramos Mendez, Der. proc. I. 18 IV 2. ff. 558S0 auch Väzquez Sotelo, .Iornadas, S. 371. Unklar ist aber, ob hinsichtlich des Anspruches dieser selbst oder nur seine vorläufige Sicherung Streitgegenstand ist. Wegen der starken Betonung der Instrumentalität für die Hauptsache kann eigentlich nur von letzterem ausgegangen werden. 12'
180
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
In letzterem Falle taucht allerdings wieder das bereits beschriebene Problem auf, wie neue Dokumente bezüglich der alten Schuld, also neue Beweismittel bei unveränderter Tatsachenlage zu beurteilen sind. Sofern man ein neues Dokument vorrangig als neue Tatsache ansehen muß, etwa ein erstinstanzliches Urteil über die Schuld, ist diese nicht vom alten Streitgegenstand erfaßt. Ansonsten reichen beim Arrestverfahren nur neue Beweismittel nicht aus, um einen Neuantrag zu begründen, während dies nach h.M. bei der einstweiligen Verfügung zulässig wäre.
b) Anpassung an veränderte Umstände Bei der Anpassung an veränderte Umstände sind die Grenzen der Rechtskraft zunächst unproblematisch, soweit man die Anpassung auf eine neu entstandene Tatsachengrundlage stützen kann. Ob man aber noch von Grenzen der Rechtskraft sprechen kann, wenn man, wie die h.M. bei der einstweiligen VerfUgung oder das Gesetz in Art. 137 Nr. 6 LPI, auch neue Beweismittel zu alten Tatsachen als Vorbringen zuläßt oder ob man deshalb materielle Rechtskraft für Eilentscheidungen ablehnen muß, ist zur Zeit noch offen. Wie schon gezeigt, hat die Lehre aber erhebliche Schwierigkeiten, bei derartig weiten Beschränkungen der Rechtskraft noch von materieller Rechtskraft zu sprechen. Zusammenfassend ist festzuhaiten, daß Neuanträge unter den dargestellten Prämissen weitgehend zulässig sind. 559
K. Das Verhältnis des embargo preventivo zum Hauptverfahren Die Instrumentalität als wichtigstes Kennzeichen des einstweiligen Rechtsschutzes in Spanien fUhrt zu zahlreichen Beziehungen zwischen embargo preventivo und der Hauptsache, die nachfolgend im Zusammenhang dargestellt werden sollen.
I. Die Ratifikation des embargo preventivo Am deutlichsten kommt die Instrumentalität des Arrestes in der Pflicht zur Ratifikation des embargo binnen kurzer Frist zum Vorschein. 56o Ein Verstreichenlassen der Ratifikationsfrist zeitigt die schwerwiegende Folge der Nichtig-
5590rtells Ramos. Emb. prev .. S. 238: Calder6n Cuadrado, Medidas. S. 270. 560 yg l. STS v. 9.3.90. Rev. Aranzadi 1990. 1683.
K. Das Verhältnis des embargo preventivo zum Hauptverfahren
181
keit des Arrestbefehls (Art. 1411 Abs. 2 LEC). Die Ratifikation erfolgt gemäß Art. 141 1 Abs. 1 LEe "durch Erhebung der entsprechenden Klage". Schon aus dieser Formulierun~ ersieht man, daß eine Ratifikation nur beim isolierten Arrest erforderlich ist. 6\ Auch wenn Art. 1411 Abs. 2 LEe bezüglich der Folgen der Fristversäumnis davon spricht, daß "weder" Klage erhoben "noch" Ratifikation beantragt wurde, bedeutet dies nicht, daß es auch eine andere Form der Ratifikation gibt. Die herrschende Lehre interpretiert diesen historisch bedingten Widerspruch 562 heute in einer sehr pragmatischen Weise; danach sei in der Klageerhebung konkludent ein nach der Gesetzesfassung eigentlich erforderlicher Antrag auf Ratifikation enthalten. 563
I. Voraussetzungen der Ratifikation Da die Ratifikation durch die Hauptsacheklageerhebung erfolgt, ist entscheidend, daß diese die gesetzlichen Voraussetzungen erflillt. Bei der Klage muß es sich um eine Leistungsklage auf Geld handeln,564 die freilich auch bedingt oder befristet sein kann. Ebenso ausreichend ist eine Klage auf zukünftige Leistung nach dem oben Gesagten. Nach Art. 1411 LEe müssen Arrestantragsteller und Ratifikationsantragsteller identisch sein. Genügend ist aber auch ein Ratifikationsantrag durch einen Vertreter, Erben oder sonstigen Rechtsnachfol-
561 AAT Barcelona v. 11.12.74. RJC 1975,93 f. 562Historisch gesehen. war neben dem Zweck, eine Arrestierung von Gütern ohne ein nachfolgendes Hauptverfahren zu verhindern, vgl. hierzu schon G6mez de la Serna, Motivos. S. 173. ein weiterer Sinn der Ratifikation. eine Überprüfung des Arrestbeschlusses zu ermöglichen, da es bis zur LEC von 1881 kein Widerspruchsverfahren gab. Hierzu und zu weiteren Einzelheiten Orte1ls Ramos, Emb. prev., S. 250 f. 563Fernandez, Der. proc. 111, § 61 20.; Cortes Dominguez in Cortes/ Gimeno/ Moreno/Almagro, Der. proc. 12., Anm. 715 Da); Montero Aroca in Cortes (Hrsg.), Comentarios a la reforma. Art. 1411 I.; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 252. der es als sinnlosen Formalismus bezeichnet, einen konkreten Ratifikationsantrag zu verlangen. An gleicher Stelle weist er darauf hin, daß sich nichts anderes ergibt, wenn Prozeßkostenhilfe beantragt wird. da nach Art. 23 Abs. 2 LEC mit dem Antrag zugleich die Klage einzureichen ist. Mit Gesetz vom 10.1.1996 über asistencia juridica gratuita (BOE, 12.1.96) ist das Recht der Prozeßkostenhilfe einheitlich für alle Verfahren neu geregelt worden. Der Antrag auf Prozeßkostenhilfe wird nun zumeist vor der Klageerhebung beim Colegio de Abogados (örtliche Rechtsanwaltskammer) gestellt (Art. 12). Art. 16 Abs. 3 sieht aber bei Fristen. zu deren Wahrung die Klageerhebung notwendig ist. eine Hemmung vor. bis über den Antrag entschieden 1St. Auch für den Fall. daß Arrest- und Hauptsachezuständigkeit auseinanderfallen. ist nicht etwa ein separater Ratifikationsantrag beim Arrestgericht und eine Hauptsacheklage beim Hauptsachegericht erforderlich. Ein separater Ratifikationsantrag beim Arrestgericht ist aber zulässig. Er entbindet jedoch nicht von der Ptlicht. rechtzeitig Hauptsacheklage zu erheben. 564Fernändez. Der. proc. 111, § 61 20. Selbstverständlich wegen der seI ben Schuld. für die der embargo beantragt wurde.
182
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
ger. 565 Das gleiche gilt, wenn sich die Klage gegen eine andere Partei richtet als der embargo-Antrag. Hier kann jedoch der Arrestgrund fehlen mit der möglichen Folge der Aufhebbarkeit im Widerspruchsverfahren. 566 Eine weitere Voraussetzung ist, daß die Hauptsacheklage zugelassen wird,567 weil die bloße Klageerhebung die Funktion einer Hauptsacheüberprüfung nicht gewährleisten " Z u Iassung relc . ht zur Fnstwa . h rung d'le E'In Iegung aus. 569 kanno 568 B el 'spaterer
2. Ratifikationsfrist Die unveriängerbare 570 Ratifikationsfrist beträgt nach Art. 1411 LEC 20 Tage und beginnt nach der Grundr~el des § 303 LEC am Tage nach der Vollziehung des embargo57I zu laufen. 2 Da sich die Vollziehung wegen der häufig
5650rtells Ramos, Emb. prev., S. 254; Molina RDP 1955,659,667. 5660rtells Ramos, Emb. prev., S. 255, der zu Recht darauf hinweist, daß bei irrtümlicher Annahme einer Rechtsnachfolge der embargo wegen fehlender Ratifikation aufzuheben ist, weil ein Vollstreckungstitel aus dem Hauptsacheverfahren dann nicht gegen den Arrestschuldner vollstreckbar wäre. 567Was unter dieser Zulassung genau zu verstehen ist, ist mangels einer gesetzlichen Regelung ziemlich unklar. Einigkeit besteht insoweit, daß nach Einreichung der Klage bei Gericht und Registrierung der Richter die Klage zulassen muß. Dies geschieht aber nicht durch einen formalen Akt, sondern durch das schlichte Betreiben der richterlichen Geschäfte, insbesondere der Zustellung der Klageschrift an den Beklagten. Im Gegensatz dazu muß die Nichtzulassung (no se admitira a tramite) ausdrücklich ausgesprochen werden. Die andere zuweilen vom Gesetz erwähnte Formulierung "no se le dara curso" ist als Zulassung mit sofortiger Unterbrechung zur Heilung von Mängeln der Klage zu verstehen. Zum Ganzen Montero Aroca in Montero/Ortells/G6mez Colomer, Der. Juris. 11 1., S. 157 fL Fernandez in Oe la OlivaiFernändez, Der. proc. 11, § 31 13 ff. Eine Nichtzulassung von Amts wegen ist allerdings sehr selten, vgl. Ortells Ramos, Emb. prev., S. 256, weil Art. 24 CE als Rechtsschutzgarantie eine solche Rechtsschutzverweigerung nur bei schwerwiegenden Gründen zuläßt, Montero Aroca aaO., S. 157 f. Als derartige Gründe werden von der Lehre unter anderem absurde Klagen, Klagen auf unklagbare Ansprüche und vor dem falschen Gerichtszweig erhobene Klagen angesehenen. Unzulässig in diesem Sinne ist eine Klage zudem, wenn entgegen Art. 524 LEC ihr Inhalt das Klagebegehren nicht erkennen läßt oder die nach Art. 503 f. LEC erforderlichen Unterlagen nicht beigefügt sind, Fernandez in Oe la OlivaiFernändez, Der. proc. 11, § 31 13. Teilweise kann aber auch sachliche Unzuständigkeit oder beim juicio de cognici6n sogar örtliche Unzuständigkeit ausreichen, näher Montero Aroca aaO., S. 157 ff. Jedenfalls sind nur die wenigsten Prozeßvoraussetzungen erforderlich für eine Zulassung der Klage, Fernandez aaO., § 31 14. 568Fernandez, Der. proc. III, § 61 20.; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 255. 5690rtells Ramos, Emb. prev., S. 256. Dort auch näher zu den Rechtsbehelfen gegen den Zulassungsbeschluß, ihren Auswirkungen auf die Ratifikation und den seltenen Fällen einer Nichtzulassung von Amts wegen. 570Manresa, Comentarios V. S. 408; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 259. 571 Mit der Formulierung .,haberse verificado" ist die Vollziehung gemeint, siehe dazu oben Kap. 3 I. Dies erkennt man auch an Art. 1415 LEC, wenn er davon spricht, der
K. Das Verhältnis des embargo preventivo zum Hauptverfahren
183
mühseligen Suche und Beschlagnahme der einzelnen Vermögensgegenstände nicht in einem Tag realisieren läßt, muß man für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt abstellen, in dem aus Sicht des Gläubigers oder Vollziehungsorgans eine hinreichende Sicherheit erreicht ist. 573 Wenn die Vollziehung nach Art. 1405 LEe durch Sicherheitsleistung suspendiert wurde, führt dies nicht dazu, daß keine Ratifikation notwendig wäre, sondern der Zeitr-unkt der Sicherheitsleistung ist dann als für den Fristlaufrelevant anzusehen. 74 Gemäß Art. 1415 LEe kann auf Antrag des Eigentümers der arrestierten Güter die Frist auf zehn Tage verkürzt werden. Da diese Frist sinnvollerweise aber erst seit Zustellung des Verkürzunf!l'beschlusses laufen kann,575 wird die tatsächliche Verkürzung minimal sein. 5 Einen weiteren Sonderfall des Fristlaufs regelt Art. 1414 LEe. Die Vorschrift ist jedoch in mehrfacher Hinsicht mißglückt 577 und in der Praxis kaum relevant. Die Norm soll den Fristlauf unterbrechen, solange der Schuldner das Anerkennungsverfahren seiner Unterschrift auf dem Schulddokument schuldhaft verzögert. Eine solche Anerkennung ist meist aber schon erfolgt, um den embargo zu erreichen, bzw. gar nicht nötig, wenn ein Vollstreckungstitel vorgelegt wurde. Von Urkunden, die diese Erfordernisse nicht erfüllen, "hängt die Klage und Ratifikation" aber nur dann im Sinne von Art. 1414 LEe "ab", wenn statt eines Hauptverfahrens ein nach Art. 1411 zur Ratifikation auch zulässiger Vollstreckungsprozeß rechtshängig gemacht werden so11.578 Da es sich um eine prozessuale Frist handel~ zählen die gerichtsfreien Tage (dias inhäbiles) bei der Berechnung nicht mit. 57
3. Die Folgen der Fristversäumnis im einzelnen Art. 1411 Abs. 2 LEe spricht in scheinbar widersprüchlicher Weise von "Nichtigkeit des embargos", der seine "Wirkung" aber erst auf Initiative des Schuldners hin verliert. Daraus ist ursprünglich abgeleitet worden, daß der .. Eigentümer der arrestierten Güter" könne die Fristverkürzung auf zehn Tage verlangen. 572Montero Aroca in Cortes (Hrsg.), Comentarios a la reforma, Art. 1411 2. 573Fernandez. Der. proc. III. § 61 21.; Ortells Ramos, Emb. prev .• S. 258. 574Fernandez. Der. proc. 111, § 6121.; Montero Aroca in Cortes (Hrsg.), Comentarios a la reforma, Art. 1411 mit dem Hinweis, daß bei Zahlung nach Art. 1405 keine Ratifikation mehr erforderlich ist. 575 Ortells Ramos. Emb. prev .. S. 259. 576Fernandez. Der. proc. 111. § 61 21. 577 Vg l. dazu Orte1ls Ramos. Emb. prev .. S. 260 f. 578Näher zu den einzelnen Problemen mit dieser Vorschrift Ortells Ramos. Emb. prev .. S. 260 f. 5790rtells Ramos. Emb. prev .. S. 259 f.; Fernandez. Der. proc. 111. § 61 21.
184
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
Richter nicht ex officio die Wirkung beseitigen könne. 58o Richtiger dürfte jedoch sein, daß der Richter von Amts wegen die Folgen der ipso jure eingetretenen Nichtigkeit feststellen, insbesondere die Aufhebung der Beschlagnahme anordnen kann. Daneben kann der Schuldner mit einem Antrag diesen Vorgang beschleunigen oder auch erst in Gang bringen. 581 Der Aufhebungsbeschluß ergeht nach Art. 1411 Abs. 2 LEC ohne Gehör des Arrestgläubigers. Gegen diesen Beschluß hat der Arrestgläubiger zur Auswahl die Rechtsbehelfe der Beschwerde und der Berufung mit "beiden Effekten" (Art. 1411 Abs. 3 LECJ:' Ausnahmsweise hat hier auch die Beschwerde aufschiebende Wirkung. 5 2 Wenn der Beschluß die Aufhebung der Arrestwirkungen ablehnt, so kann der Schuldner Beschwerde bzw. Berufung nach den Art. 380, 381 LEC einlegen. Gemäß Art. 1413 Abs. 1 LEC entsteht bei der Aufhebung wegen fehlender Ratifikation eine Schadensersatzpflicht, die jedoch im Zusammenhang unten besprochen werden soll.
11. Besonderheiten im Hauptprozeß und ihre Auswirkungen auf den Arrest Der Hauptprozeß, der bei normalem Verlauf durch Urteil endet, kann sich auch in anderer Weise entwickeln. Er kann etwa zum Stillstand kommen oder ohne Urteil enden. Jede dieser Situationen, insbesondere Stillstand, Beendigung ohne Urteil und Abschluß durch Urteil, kann Auswirkungen auf den embargo preventivo haben, die im folgenden untersucht werden sollen.
I. Stillstand des Hauptsacheverfahrens Da in den Fällen des Verfahrensstillstandes die Rechtshängigkeit erhalten bleibt, steht die lnstrumentalität des embargo preventivo seinem Fortwirken nicht entgegen. Der embargo kann in dieser Phase sogar besonders wichtig werden, verhindert er doch, daß die Möglichkeit einer späteren Vollstreckung unter dem Stillstand leidet oder daß der Schuldner bewußt den Prozeß zu verschleppen sucht. 583 Von Bedeutung ist hier vor allem, ob während der Ruhephase ein embargo erlassen werden kann. Dies soll im Folgenden untersucht werden.
580Manresa. Comentarios Y. S. 400. 58lFernandez. Der. proc. 111, § 6121.; Montero Aroca in Cortes (Hrsg.), Comentarios a la reforma. Art. 14113.; Ortells Ramos. Emb. prev .. S. 262 ff. 582 Ortells Ramos. Emb. prev .. S. 265. 583 yg l. Ortells Ramos. Emb. prev .. S. 265 f.
K. Das Verhältnis des embargo preventivo zum Hauptverfahren
185
Eine ausdrückliche Regelung fand sich bis vor kurzem im Falle des vom Kläger zu beantragenden Stillstandes bis zur Entscheidung über den Prozeßkostenhilfeantrag (Art. 23 Abs. 2 LEC). Der letzte Halbsatz dieser Vorschrift ermöglichte den Erlaß von Maßnahmen, die die Entstehung irreparabler Schäden durch die Verzögerung verhindern sollen. 584 Nach der Reform der Prozeßkostenhilfe existiert eine solche Vorschrift nicht mehr. Art. 16 Abs. 2 der Ley de asistencia juridica gratuita sieht zwar noch eine Unterbrechung von ausnahmsweise bereits anhängigen Verfahren vor, regelt die Frage von Eilmaßnahmen während dieses Stillstandes aber nicht mehr. Unter dem Aspekt des effektiven Rechtsschutzes und der sonst eher großzügigen analogen Anwendung von Vorschriften in diesem Bereich wird man das Problem wie bisher lösen können. Verblieben ist dagegen Art. 114 Abs. 2 LEC, nach dem zur Vermeidung irreparabler Schäden im Falle des Prozeßstillstands wegen einer Zuständigkeitsrüge in der Form der inhibici6n ein embargo erlassen werden kann. 585 Auch die abgetrennten Zwischenverfahren, etwa das über die Frage der Nichtigkeit von prozessualen Akten, werden in der Regel nicht vom Prozeßstillstand berührt, weil das Zwischen verfahren in den Art. 744, 745, 746 LEe ohnehin fast immer unabhängig vom Hauptprozeß fortgeflihrt wird oder jedenfalls Eilmaßnahmen zuläßt. 58 Bei den diversen Modalitäten einer Unterbrechung des Verfahrens wegen Verlustes der Vollmacht des procurador, seines Todes oder des Todes der Parteien (Art. 9 Nr. 1 -7 LEC) muß man im Einzelfall nach einer Analyse der Interessen entscheiden, da eine Regelung hierzu fehlt. 587 Eine Ausnahme stellt dagegen Art. 524 LEC dar, der die Unterbrechung bei Verdacht auf Benutzung gefälschter Dokumente anordnet, sofern hier das Nachweisdokument des embargo preventivo betroffen ist. 588
5840rtells Ramos, Emb. prev., S. 267; vgl. auch G6mez Colomer, EI beneficio, S. 353 f.; sehr ausführlich Pedraz Penalva lusticia 1990, 581, 589 ff. Eine derartige Maßnahme ist der Erlaß eines embargo preventivo, wobei aber zu beachten ist, daß das Tatbestandsmerkmal des irreparablen Schadens nicht durch eine Vermutung eines Arrestgrundes ohne konkrete Gefahr erfüllt werden kann. 585Pedraz Penalva lusticia 1990, 581, 591 f.; Ortells Ramos, Emb. prev., S. 267. Diese Norm kann analog bei Unterbrechung für das Zwischenverfahren der Prozeßverbindung (acumulaci6n de autos, Art. 160 ff, 184 LEC) herangezogen werden. Ebenso Guasp, Comentarios L S. 578 (Fn. I). Zum Verfahren der acumulaci6n mit Übersetzung der Vorschritien Lüpfert, S. 73 ff. 5860rtells Ramos, Emb. prev .. S. 269 f. Für Sonderfalle, die nicht von den Art. 744 ff. LEC erfaßt werden, kann man mit Verge Grau, EI incidente, S. 333 festhalten. daß Sicherungsmaßnahmen zulässig sein müssen. 587Vg l. im einzelnen Ortells Ramos, Emb. prev., S. 270 f. m.w.N. Insgesamt kann man sagen. daß ein Stillstand der Eilmaßnahme ihrem Zweck zuwiderlaufen würde und daher nur unter besonderen Umständen das Ruhen des Hauptverfahrens auch auf das Eilverfahren übertragbar ist, Pedraz Penalva .lusticia 1990, 581, 594 f. 588Calder6n Cuadrado, Medidas, S. 296.
186
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
2. Ende des Hauptsacheverfahrens ohne Urteil oder durch abweisendes Urteil Die LEC enthält keine generellen Normen über das Schicksal des embargo preventivo im Falle eines Prozeßendes ohne ein die Geldschuld zusprechendes Urteil. 589 Wegen des streng instrumentellen Charakters des embargo kann aber kein Zweifel daran bestehen, daß bei einem abweisenden Urteil (sentencia absolutoria) der Arrestbefehl seine Wirksamkeit verliert. 59o Mangels gesetzlicher Vorgaben bestehen jedoch Unsicherheiten darüber, wann und wie der Arrest erlischt. Ähnlich gestaltet sich die Lage, wenn der Prozeß auf andere Art endet,59) ohne daß die Klagforderung oder ein Teil davon, deren Vollstreckung der embargo preventivo schließlich sichern soll, tituliert wird. 592 Die Unwirksamkeit des Arrestbeschlusses folgt nicht automatisch aus der abweisenden Entscheidung, sondern setzt eine richterliche Anordnung voraus. Diese kann aber auch konkludent in der Endentscheidung über die Hauptsache enthalten sein. 593 Eine Aufhebung darf jedoch nur nach einer rechtskräftigen Abweisung der Klage oder einem unangreifbaren sonstigen Prozeßende erfolgen. 594 Auf Basis des aufgehobenen Arrestbeschlusses können dann die Vollziehungsmaßnahmen aufgehoben werden. 595 Sofern eine solche Anordung 589Serra Dominguez in SerraiRamos. S. 109; Fairen Guillen, EI sistema, S. 74 mit einem Vorschlag einer Regelung für eine zukünftige Reform. Gesetzliche Anhaltspunkte finden sich in Art. 1893 Abs. I LEe. der davon spricht, daß familienrechtliche Eilmaßnahmen "ihre Wirkung verlieren. wenn der Prozeß endet" oder in den Art. 83, 84 LH i.V.m. Art. 174.206 ff. RH (Reglamento Hipotecario), die die Aufhebung der Akte der Zwangsvollstreckung im Hypothekenrecht regeln. Ausführlicher hierzu Ortells Ramos, Emb. prev., S. 273. ~900rtells Ramos. Emb. prev .. S. 272 m.w.N.; Fernandez, Der. proc. III, § 61 40. )9lSolche Fälle sind z.B.: Klagerücknahme (desistimiento de la instancia), Ende des Verfahrens wegen Nichtbetreibens (caducidad de la instancia), Verzicht (renuncia) oder Prozeßvergleich (transacci6n judicial). Vgl. Ortells Ramos, Emb. prev., S. 272; Serra Dominguez in Serra/Ramos, S. 110 f. 592Etwas anderes muß für den Prozeßvergleich gelten, sofern darin nicht ein Verzicht auf den embargo ausgesprochen ist, weil dieser nach Art. 1816 CC Vollstreckungtitel ist und somit ein Fortbestehen der Sicherung sinnvoll erscheint, vgl. Ortells Ramos, Emb. prev., S. 273 f. 5930rtells Ramos. Emb. prev .• S. 274 f.; von "aufheben" spricht auch Fernandez, Der. proc. 111, § 61 40. Serra Dominguez in Serra/Ramos, S. 109 hält dagegen bereits eine automatische Wirkungslosigkeit für gegeben. 594So Ortells Ramos. Emb. prev .. S. 274. der zwar die Nachteile einer langen Arrestierung bis zur Rechtskraft sieht. sich aber wegen der Suspensivwirkung der Berufung (Art. 384 Abs. I und 2 LEC) gebunden fühlt. Ähnlich Serra Dominguez in Serra/Ramos. S. 109. Immerhin besteht aber in solchen Fällen die Möglichkeit, eine Aufhebung wegen veränderter Umstände zu erreichen (s. dazu oben Kap. 3 1. III. I.). 595Beispielsweise die Löschung einer anotaci6n preventiva im Register. die Anweisung an den Verwahrer zur Herausgabe oder die Beendigung der Verwaltung, vgl. Orteils Ramos. Emb. prev .• S. 274; Serra Dominguez in Serra/Ramos. S. 110.
K. Das Verhältnis des embargo preventivo zum Hauptverfahren
187
nicht in einem Aufhebungsbeschluß enthalten ist, muß der Arrestschuldner sie beantragen. 596 Der Aufhebungsausspruch kann die Kosten ftir die Aufhebung des embarg0 597 einer Partei auferlegen. Hierbei besteht nach Art. 1413 Abs. 2 LEC kein freies Ermessen,598 sondern der Begriff "im Einzelfall" soll bedeuten, daß der Richter die Kosten nach dem jeweils ftir den Endigungstatbestand geltenden Normen zu verteilen hat.
III. Der embargo nach einem zusprechenden Hauptsacheurteil Auch bei einem Abschluß des Verfahrens durch ein zusprechendes Hauptsacheurteil verliert der streng instrumentelle embargo eigentlich seine Existenzberechtigung, weil nun ein Vollstreckungtitel vorliegt. Für den Zeitraum bis zur Vollstreckung besteht dennoch zweifellos ein Sicherungsbedürfnis. 599 Um diese Sicherungsfunktion erftillen zu können, muß der embargo also noch eine Zeit lang fortbestehen, und zur Rangwahrung in der Vollstreckung wäre ein direkter Übergang des Sicherungsembargo in den Vollstreckungsembargo von Vorteil. Trotz Fehlens einer gesetzlichen Bestimmung in der LEC besteht in der Lehre Einigkeit darüber, daß im Falle eines rechtskräftigen, zusprechenden Urteils eine Umwandlung des embargo preventivo in einen embargo ejecutivo, die meist als "conversi6n" bezeichnet wird, stattfindet. 6oo Das Fortbestehen des vollzogenen Arrestes mit seiner Sicherungswirkung für die arrestierten Werte ergibt sich allein schon aus dem Fehlen einer Vorschrift, die die Aufhebung des Vollzuges nach dem obsiegenden Endurteil anordnet. Völlig unbedenklich ist die Tatsache, daß der Arrest bestehen bleibt, jedoch nicht. Wenn der Antragsteller aus welchem Grunde auch immer nicht die Vollstreckung betreibt,
596Serra Dominguez in Serra/Ramos, S. 110. 5970rtells Ramos, Emb. prev., S. 275 f., über die Kosten für Erlaß oder vergeblichen Widerspruch ist ja bereits entschieden. 598S0 z.B. Manresa, Comentarios V, S. 406. 5990rtells Ramos, Emb. prev., S. 279. Jetzt. nachdem der Beklagte verurteilt ist, besteht sogar eine noch größere Gefahr, daß er versuchen wird, Vermögen vor der Vollstreckung zu retten. 600 S0 etwa. allerdings ohne detaillierte Angaben, Serra Dominguez in Serra/Ramos, S. 109; Fernandez, Der. proc. 111, § 61 40.; Prieto-Castro, Tratado 11, Anm. 937; Guasp, Der. proc. 11, S. 697; ausführlich nur OrteJls Ramos, Emb. prev., S. 282 ff. In der Rsp. etwa STS v. 9.3.90, Rev. Aranzadi 1990, 1683.
188
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
könnten die Güter auf längere Zeit arrestiert bleiben. Eine befriedigende Lösung zur Minderung dieser Mißbrauchsgefahr ist jedoch nicht ersichtlich. 601 J. Umwandlung in den Vollstreckungsembargo - die conversion
Einer näheren dogmatischen Begründung bedarf vor allem die Technik der Umwandlung vom embargo preventivo in den embargo ejecutivo. Teilweise wird ohne genauere Begründung vertreten, mit der klagestattgebenden Hauptsacheentscheidung verwandle sich der embargo preventivo automatisch in einen Vollstreckungsembargo. 602 Dies erscheint jedoch zweifelhaft, da fur das Entstehen eines Vollstreckungsembargo immer AntragsteIlung und Zulassung des Vollstreckungsverfahrens notwendig sind. Von diesem aus der Dispositionsmaxime erwachsenden Grundprinzip kann man ohne eine Vorschrift auch nicht ohne weiteres abgehen. Deshalb ist es korrekter mit der herrschenden Meinung zu sagen, daß die "c?nversi6n" erst nach einem ~ollstr~ck~g:fsa~tra.g stattfindet, ohne daß erneut eme Beschlagnahme erforderlIch ware. Für eInen solchen Antrag muß die Entscheidung jedoch zumindest vorläufig vollstreckbar sein. 604 Andererseits besteht kein Zwang, schon aus einem noch nicht rechtskräftigen Urteil Antrag auf vorläufige Vollstreckung zu stellen und damit ein erhöhtes Risiko einzugehen. Denn der embargo preventivo sichert die Vollstreckung bis zur Vollstreckung aus einer rechtskräftigen Entscheidung. 605 Auf den Antrag hin muß wie im normalen Vollstreckungsprozeß der zuständige Richter die Vollstreckung anordnen (despacho de ejecuci6n) (Art. 1442 LEC). Diese Anordnung erfordert aber nur dann einen Befehl zur Vollziehung, wenn das Urteil noch über den Arrestantrag hinausgehende Ansprüche zuspricht. 606 Sofern zu einer zukünftigen Leistung verurteilt wurde, sind ein Vollstreckungsantrag und Konversion erst möglich, wenn die Forderung fallig wird, weil die
6°'Ortells Ramos, Emb. prev., S. 297 verweist darauf: daß auch keine Nichtigkeit wegen Nichtbetreibens in Betracht kommt, weil Art. 418 LEe ausdrücklich ein solches Erlöschen nach einer rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung vor oder im Yollstrekkungsverfahren verbietet. Dennoch wird man in Extremfällen mit dem Gedanken des Rechtsrnißbrauches, der in Art. II Abs. I und I LOPJ gesetzlichen Niederschlag für das Prozeßrecht gefunden hat, argumentieren können. Außerdem kann der Schuldner die arrestierten Güter durch Sicherheitsleistung freibekommen, wenn er sie benötigt. 602 Guasp, Der. proc. H, S. 696; Montero Aroca, EI pro ce so laboral H, S. 435; Serra Dominguez in SerraJRamos, S. 109. 6030rtells Ramos, Emb. prev., S. 286 f. m.w.N. in Fn. 135. 6040rtells Ramos, Emb. prev., S. 286. 6050rtells Ramos, Emb. prev., S. 286. 606yg l. Ortells Ramos, Emb. prev., S. 287, z.B. Zinsen oder Kosten.
K. Das Verhältnis des embargo preventivo zum Hauptverfahren
189
Vollstreckung gemäß Art. 1435 Abs. 3 LEC nur bei Hilligen Forderungen möglich ist.
2. Voraussetzungen und Ablauf Neben einem Vollstreckungstitel und einem Vollstreckungsantrag ist für die Umwandlung weiter erforderlich, daß überhaupt ein vollzogener Arrest vorliegt, insbesondere, daß er nicht aufgehoben wurde. Ein Problem taucht dann auf. wenn ein Angriff auf den embargo preventivo anhängig oder schon positiv beschieden ist. Dann kann ein zeitlicher Wettlauf zwischen Hauptsacheentscheidung, Vollstreckungsantrag mit nachfolgender Konversion und der möglichen Aufhebung des embargo preventivo aufgrund des Rechtsbehelfes entstehen. Molina will diesen Konflikt unter dem Aspekt der Prozeßökonomie dahingehend auflösen, daß der Rechtsbehelf nicht mehr positiv beschieden werden darf, wenn die rechtskräftige, zusprechende Hauptsacheentscheidung vorliegt. 607 Diese Auffassung ist aber aus mehreren Gründen abzulehnen. Zum einen gibt es keinen Grund, die Rechte des Schuldners derart einzuschränken, zumal ein erfolgreiches Widerspruchsverfahren ihm zumindest noch Schadensersatzansprüche einbringen kann. Außerdem ist es für einen dritten Gläubiger, der die gleiche Sache im Wege des reembargo hat pfänden lassen, von erheblicher Bedeutung, ob der embargo preventivo noch vor der Konversion aufgehoben wird, weil er dann mit seinem reembargo im Rang vorgeht. Auch ein Erwerber der Sache kann bei Aufhebung des embargo vor einer Umwandlung in einen Vollstreckungsembargo die Sache belastungsfrei erlangen. 608 Aus Sicht des Arrestgläubigers gibt es zudem keine Rechtfertigung, ihm eine Rangsicherung zu verschaffen, nur weil er einen embargo preventivo durchgesetzt hatte, der zu Unrecht erlassen war. 609
L. Schadensersatz Da der Erlaß des Arrestbefehls und sein Vollzug eine einschneidende Maßnahme in die Rechtssphäre des Schuldners darstellt, entstehen häufig materielle wie immaterielle Schäden. Der Schuldner muß deshalb den Ersatz seines Schadens verlangen können, wenn der embargo zu Unrecht erfolgte. Einen solchen Ausgleich sieht die LEC im Rahmen des embargo preventivo an verschiedenen 607Molina RDP 1955,659.671, wobei er aber nicht sagt, wie das Verfahren zu Ende geführt werden soll. 608 Orte1ls Ramos, Emb. prev., S. 293 ff. 609 Die Rechtsprechung prüft demgemäß trotz klagestattgebendem Urteil das Widerspruchsverfahren gewöhnlich weiter; vgl. z.B. SAT Sevilla v. 8.7.70, RGD 1971, 1223.
190
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
Stellen fur unterschiedliche Situationen vor. Nach Art. 1412 Abs. 3 LEC hat der Antragsteller den Schaden zu ersetzen, wenn der Arrest durch rechtskräftigen Beschluß wegen Fehlens eines Arrestgrundes aufgehoben wird. Gemäß Art. 1413 LEC als zentraler Schadensersatznorm ist Ersatz geschuldet, wenn nach Abs. I der Arrestbefehl wegen fehlender Ratifikation unwirksam wird 610 oder nach Abs. 2, wenn er aus einem "anderen Grunde" seine Wirksamkeit verliert. Die Art. 1417, 1418 Abs. 3 LEC befassen sich dann abschließend noch mit technischen Fragen und dem Spezialfall des embargo vor dem Friedensrichter. Alle genannten Schadensersatzvorschriften stellen keine Anforderungen an ein Verschulden, so daß man meinen könnte, es handele sich ausschließlich um Fälle einer gesetzlichen Risikohaftung. So wurde und wird auch ein klarer Fall einer solchen verschuldensunabhängigen Haftung (responsabilidad objetiva) seit jeher in den Art. 1412 Abs. 3 und 1413 Abs. 1 LEC gesehen. 611 Art. 1413 Abs. 2 LEC wurde dagegen schon früh von der Rechtsprechung anders aufgefaßt, ohne daß ein klares Verständnis vorgeherrscht hätte. Zunächst sprachen die Gerichte undeutlich davon, daß "Leichtfertigkeit" (temeridad) bei der AntragsteIlung vorgelegen haben müsse. 612 Erst relativ spät legte das AT Barcelona in einer ausführlichen Entscheidung dar, daß es sich in Art. 1413 Abs. 2 LEC bei der Formulierung ,je nach den Umständen" den verursachten Schaden zu ersetzen, um eine Verweisung auf die außervertragliche 611 Verschuldenshaftung nach Art. 1902 CC handele. Demnach ist gemäß Art. 1902 CC für vorsätzliche oder fahrlässige Scha-
densverursachun~ zu haften. 614 Diese Auffassung ist zunehmend auch in der Lehre zu finden.
15
Sowohl der Schadensersatz nach Art. 1412 Abs. 3 und
610Das gilt nach Art. 1415 LEC genauso bei Verkürzung der Ratifikationsfrist auf zehn Tage. 611 SAT Barcelona v. 10.11.71, RJC 1972,189,190; SAT Barcelona v. 25.3.87, RJC 1987,675,676; SAT Barcelona v. 16.3.89, RJC 1989,690; AAP Barcelona v. 27.9.93, RJC 1994, 130. 612SAT Barcelona v. 10.11.71, RJC 1972, 189, 190; SAT Barcelona v. 25.4.84, RJC 1985, 115 (allerdings bezogen auf die gleichrangige Frage der Kosten). Der Begriff der temeridad in diesem Zusammenhang entstammt schließlich auch der alten Dogmatik zur Kostenverteilung. 613 SAT Barcelona v. 16.3.89, RJC 1989,690; ebenso AAP Barcelona v. 7.12.89, RJC 1990,422; AAP Barcelona v. 27.9.93; RJC 1994, 130. 614Näher unten Kap. 3 L. 11. 6150rtells Ramos, Emb. prev., S. 222 f.; früher schon Serra Dominguez in Serra/Ramos, S. 112 jedoch ohne genaue Abgrenzung zu den Fällen der Gefährdungshaftung. Undeutlich Fernandez, Der. proc. III, § 61 38., der von einer Ermessensentscheidung des Richters spricht; ebenso Prieto-Castro, Tratado 11, S. 862; ähnlich Tome Paule, Comentarios, Art. 1417 Anm. 3. Dieses alte Verständnis stammt wohl von Manresa, Comentarios V, S. 406.
L. Schadensersatz
191
1413 Abs. 1 als auch der in den Fällen des Art. 1413 Abs. 2 LEe ist nur auf Antrag zu gewähren. 616 Für alle Fälle des Schadensersatzes gilt die Regel des Art. 1417 LEe, der auf Art. 928 LEe verweist und damit die Zu lässigkeit eines Grundurteils über die Ersatzpflicht ausspricht j die dann im Vollstreckungsverfahren über Art. 928 LEe konkretisiert wird. 6 7 Für den Erlaß des Grundurteils muß der Schadenseintritt aber konkret behauptet und bei Bestreiten bewiesen werden. An dieser Hürde scheitern viele Ersatzbegehren. 618 Das mag daran liegen, daß die bloße Gesetzeslektüre zu der Annahme verleiten kann, Schadensersatz werde von Amts wegen und unabhängig von einem tatsächlich eingetretenen Schaden gewährt. Neben materiellen Schäden sind grundsätzlich auch immaterielle Schäden wie die Beeinträchtigung des Rufes oder der Kreditwürdigkeit zu ersetzen,619 wobei aber besonders hohe Anforderungen an die Darlegung des Schadens gestellt werden. 620 Gegen die Gefahr einer Vermögenslosigkeit des Ersatzschuldners wirkt die in den meisten Fällen für den Erlaß des Arrestbefehls erforderliche Sicherheitsleistung jetzt als Rrobates Mittel. Sie wird einbehalten und dient später als Vollstreckungsobjekt. 621
I. Besonderheiten in den Fällen der Risikohaftung
Die beiden Fälle der Risikohaftung (Art. 1412 Abs. 3 und Art. 1413 Abs. 1 LEC), Aufhebung wegen erfolgreichen Widerspruches oder Unwirksamkeit wegen fehlender Ratifikation, knüpfen an die Verursachung der Schäden durch die unberechtigte AntragsteIlung des Gläubigers an. Sie basieren auf der Tatsache, daß wegen des Ausschlusses des Gehörs des Gegners und der Nichterforderlichkeit eines Nachweises der Behauptun~en zum Arrestgrund ein Fehler allein dem Arrestantragsteller anzulasten ist. 2 In einzelnen Fällen kann man 616Vgl. Serra Dominguez in Serra/Ramos, S. 111 f.; Prieto-Castro, Tratado II, Anm. 936. So auch ausdrücklich Art. 1418 Abs. 2, für den juicio verbal. 617Hierzu AAT Burgos v. 19.7.88, RGD 1989, 8491, 8493; SAT Barcelona v. 16.3.1989, R.lC 1989,690. 618S0 etwa AAT Barcelona v. 10.2.72, RJC 1972,445; SAT Barcelona v. 25.10.84, RJC 1985, 115; SAT Barcelona v. 25.3.87, RJC 1987, 675, 676; AAP Barcelona v. 7.12.89, R.lC 1990,422; AAP Barcelona v. 27.9.93, RJC 1994, 130. 619 Vgl. AAT Barcelona v. 10.2.72, RJC 1972,445; AAP Barcelona v. 27.9.93, RJC 1994, 130; .Iuzgado de Barcelona v. 19.3.92, Justicia 1994,452, 565; Prieto-Castro, Tratado 11, S. 862. 620Deshalb wurde in den beiden sodann zitierten Entscheidungen ein Ersatzanspruch abgelehnt. Das AT Barcelona verneinte in seinem Beschluß v. 27.9.93 aber auch die Kausalität des Arrestes für die Herabsetzung der Kreditwürdigkeit, weil bei den vielen fälligen, nicht bedienten Verbindlichkeiten von Kreditwürdigkeit ohnehin nicht mehr gesprochen werden könne. 621 Barona Vilar, Cuadernos, S. 51. 6220rtells Ramos, Emb. prev., S. 222; Manresa, Comentarios V, S. 405.
192
Drittes Kapitel: Der embargo preventivo (Arrest)
zwar an der Berechtigung einer solch strengen Risikohaftung zweifeln. 623 Dennoch wird man wegen der grundsätzlichen Gefahr, die von einem Arrest für den Schuldner ausgeht, dem Gläubiger das Risiko von Fehlern eher aufbürden müssen. Freilich kann in Fällen wie dem des AT Barcelona v. 10.2.72 auch ein strenger Maßstab in der Beurteilung der Schadensursächlichkeit624 oder eine Berücksichtigung bei der Schadenshöhe solche Unverhältnismäßigkeiten abfedern. Über den Ersatzanspruch wird bei rechtzeitiger AntragsteIlung im stattgebenden Widerspruchsurteil (Art. 758 LEC) oder im Aufhebungsbeschluß nach Verstreichen der Ratifikationsfrist (Art. 1411 Abs. 2 und 3 LEC) entschieden. Daneben ist auch eine eigenständige Klage auf Schadensersatz oder eine Widerklage (demanda de reconvenci6n) möglich.
11. Besonderheiten bei der Verschuldenshaftung nach Art. 1413 Abs. 2 LEe Unter den "sonstigen Gründen" der Aufhebung des Arrestbefehls, auf die Art. 1413 Abs. 2 LEe abhebt, sind als typische Fälle neben Zahlung oder Sicherheitsleistung die oben diskutierte Anpassung an veränderte Umstände zu nennen. Insbesondere fallen darunter auch die rechtskräftige Abweisung der Hauptsacheklage oder ein Prozeßende ohne Urtei1. 625 Da hier die Gründe für die Aufhebung variieren und der embargo durchaus berechtigt gewesen sein kann, muß für eine Schadensersatzpflicht ein schuldhaftes Verhalten 626 des Antragstellers ursächlich gewesen sein. Bei Prozeßende ohne Urteil in den Fällen des Erlöschens wegen beiderseitigem Nichtbetreiben oder bei Vergleichen ist die Unwirksamkeit des embargo nicht durch ein Verschulden einer Partei herbeigeführt worden, weshalb ein Schadensersatz ausscheidet. 627 Da diese Fälle der Aufhebung gesetzlich nicht normiert sind, ist zu klären, wie und wann Schadensersatz geltend gemacht werden kann. Innerhalb der Hauptsa623Z.B. bei Versäumnis der Ratifikationsfrist, aber sofortiger erneuter, erfolgreicher Beantragung eines Arrestes (so ein Fall lag AAT Barcelona v. 10.2.72, RJC 1972,445 zugrunde) oder im Falle einer Änderung der Tatsachen zum Arrestgrund sowie bei Nichtbeweisbarkeit der Tatsachen im Widerspruchsverfahren, so Ortells Ramos, Emb. prev., S. 222 (Fn 145d). 624S0 das erste Argument des AT Barcelona (vorhergehende Fn aaO) zur Verneinung eines Ersatzanspruches. 625 Ortells Ramos, Emb. prev., S. 276. 6260bwohl Art. 1902 CC von Verschulden in Form von Vorsatz und Fahrlässigkeit spricht, und auch für Fälle einer Schadensursache durch prozessuale Akte einfache Fahrlässigkeit von Diez Picazo, La notaria 1974-8, 28 für genügend gehalten wird, verlangen andere grobe Fahrlässigkeit im Sinne von Leichtfertigkeit. So Prieto-Castro, Tratado 11, S. 951; wohl auch Ortells Ramos, Emb. prev., S. 223 Fn 145 g, der ohne Nachweise auf eine solche Rechtsprechung bei der Kostenverteilung abhebt. 627 Ortells Ramos, Emb. prev .. S. 277.
L. Schadensersatz
193
cheklage muß über den Schadensersatzanspruch mitentschieden werden, wenn mit der Klageerwiderung eine entsprechende Widerklage (reconvenci6n) erhoben wurde. Ansonsten kann im Inzidentverfahren zur Klage (Art. 741 ff.) Ersatz ~efordert oder eine separate Schadensersatzklage anhängig gemacht werden. 8 Da alle Schadensersatzfälle an die Aufhebung der einstweiligen Maßnahme anknüpfen und oft im Aufhebungsverfahren mitentschieden werden, wird die Frage nach einer Bindungswirkung flir den Schadensersatzprozeß nicht aufgeworfen.
111. Kosten Die Art. 1412 Abs. 3, 1413 Abs. I, 1413 Abs. 2, und 1418 Abs. 2 LEC regeln neben der Schadensersatzpflicht die Kostentragungspflicht, die von Amts wegen festgestellt wird. 629 Seit der Reform von 1984 gilt grundsätzlich gemäß Art. 523 LEC das Prinzip der Kostenverteilung nach dem Grad des Obsiegens und Unterliegens mit Ermessensspielraum des Richters. 630
628Sarona Vilar, Cuadernos, S. 51; Serra Dominguez in SerraJRamos, S. 112 tT., dort auch zu den Vor- und Nachteilen der einzelnen Möglichkeiten. 629Prieto-Castro, Tratado 11, S. 960 f. 6JOOrtells Ramos, Emb. prev., S. 220 f.; Prieto-Castro, Tratado 11, S. 953. Vorher galt in den Fällen des Art. 1413 LEC die Grundregel der ..leichtfertigen Verursachung". 13 Knolhc
Viertes Kapitel
Der deutsche Arrest im Vergleich zum embargo preventivo A. Arrestarten und Rechtsnatur Wie in Spanien steht auch im deutschen Recht der Arrest als ausführlichste Regelung am Anfang der Vorschriften zum einstweiligen Rechtsschutz (§§ 916 - 945 ZPO). Die heute wohl bedeutsamere einstweilige Verfügung I wird mit nur neun Vorschriften im Vergleich zum Arrest von der ZPO etwas stiefmütterlich behandelt. Das liegt aber auch daran, daß nach § 936 ZPO die allgemeinen Bestimmungen zum Arrestverfahren fur die einstweilige Verfügung entsprechend heranzuziehen sind. Der Gesetzesaufbau und die Gewichtung verdeutlichen jedoch wie in der spanischen LEe auch den Stellenwert, den der Arrest früher in einer Gesellschaft, deren wirtschaftliche Betätigungen sich vornehmlich auf den Güteraustausch beschränkten, besaß. Kennzeichen und Erlaßvoraussetzung des Arrestes sind nach der deutschen Dogmatik das Vorliegen eines Arrestanspruches, also eines zu sichernden materiell-rechtlichen Anspruches. Zudem ist ein Arrestgrund, also eine Gefahr fur die Zwangsvollstreckung, als besondere Rechtfertigung fur das Vorgehen in dieser Eilform erforderlich. I. Die Funktion des Arrestes
Der Arrest diente und dient auch heute noch in erheblichem Maße der raschen und überraschenden Sicherung einer späteren Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners wegen eines Geldanspruches.z Den Ausdruck "dienen" kann man wörtlich nehmen, denn in erster Linie dient der Arrest dem Hauptverfahren, das wiederum der Durchsetzung des materiellen Rechts dient. 3 Er hat daher nach seiner Konzeption in der ZPO die gleiche mittelbar dienende Funktion, wie sie in Spanien unter Bezugnahme auf das italienische Recht als lVgl. zur Bedeutung und zum Bedeutungswandel nur Walker, Rechtsschutz, Rdnr. 138 m.w.N. "Zu den anderen in § 916 ZPO genannten Ansprüchen siehe unten Kap. 4 B. I. >Walker, Rechtsschutz, Rdnr. 65; Müko/Heinze Vor § 916 Rdnr. 36.
A. Arrestarten und Rechtsnatur
195
markantestes Kennzeichen herausgestellt wird. Die Beziehung zum Hauptprozeß ist jedoch in Deutschland bei weitem nicht so stark ausgeprägt wie nach der LEe. Man erkennt diese Beziehung aber auch in der ZPO schnell an der in § 917 ZPO ausgesprochenen Sicherungsfunktion und an § 926 ZPO. Beim Arrest ist anders als bei der einstweiligen Verfügung eine Klärung durch die Hauptsache zudem fast unumgänglich, weil der Gläubiger sein zur Sicherung erlangtes Arrestpfandrecht sonst nicht nutzen kann. Die Einstweiligkeit der Entscheidung steht deshalb beim Arrest noch ganz im Vordergrund. Die eigentliche Funktion des Arrestes, nämlich die Sicherung der späteren Vollstreckung, drückt sich allerorten aus. Schon § 916 ZPO läßt eine Sicherung zu für Ansprüche, die derzeit selbst bei Vorliegen eines Titels noch gar nicht vollstreckbar wären. Dem Schuldner sollen möglichst frühzeitig und wirksam alle Vereitelungsmöglichkeiten abgeschnitten werden. Die Vollziehung des Arrestes fuhrt nur zur Sicherung. Alle befriedigenden Wirkungen der Zwangsvollstreckung werden durch die Sondervorschriften der ZPO zum Vollzug ausgeschlossen. Auch der Streitgegenstand besteht nach ganz h.M. nicht aus dem materiellen Anspruch, sondern nur aus dem Anspruch auf Sicherung dieses Rechtes. 4 Gleiche Schwierigkeiten wie in Spanien bei der Abgrenzung des Arrestes als Form des einstweiligen Rechtsschutzes gegenüber anderen Spezialverfahren bestehen hierzulande nicht. Zum einen gibt es kaum summarische Prozesse,5 die sich im Anwendungsbereich mit dem Arrest oder der einstweiligen Verfügung überlagern könnten,6 und zum anderen richtet sich das wissenschaftliche Interesse in Deutschland weniger auf die begriffliche Einordnung als vielmehr auf die Sachprobleme, die die Eilverfahren aufwerfen. 7 Alle Sachfragen werden von der zwar nicht ganz gelungenen und teilweise unvollständigen, aber doch im Vergleich zu Spanien ausführlicheren Normierung der ZPO in der ei~äher hierzu unten Kap. 4 E. III. sZu den Gründen vgl. Baur/Stürner, ZVR, Rdnr. 50.4. 6 S0 verfolgt etwa der Urkundenprozeß (§ 592 f1'. ZPO) ähnliche Ziele, hat aber ganz andere Tatbestandsvoraussetzungen. 7 Das bedeutet aber nicht, daß nicht auch über Begriffe gestritten wird. So gibt es beispielsweise eine beachtliche Diskussion, ob vorläufiger Rechtsschutz gleichzusetzen ist mit einstweiligem Rechtsschutz. Obwohl das Gesetz keine einheitliche Verwendung bei der Begriffe durchhält (vgl. etwa §~ 935, 620, 707, 719, 769 oder 704, 708 ZPO) und sie deshalb häufig als Synonyme verstanden werden (z.B. Baur, Studien, S. I; Vogg, S. 25), meint vor allem Müko/Heinze Vor § 916 Rdnr. 15 ff., vorläufiger Rechtsschutz sei vollständiger, unabhängiger Rechtsschutz, der eine materiell-rechtliche Zwischenlösung hervorbringe, die aber überprüfbar und aufhebbar sei. Unter einstweiligem Rechtsschutz versteht er dagegen Rechtsschutz, der nur eine prozessuale Situation für ein Hauptverfahren sicherstellen soll. Diese Auffassung gleicht in ihrer Unterscheidung der h.M. zum Unterschied von medidas cautelares und summarischen Prozessen in Spanien. Ausführlicher zu den Streitfragen Walker, Rechtsschutz, Rdnr. 3. 13"
196
Viertes Kapitel: Der deutsche Arrest im Vergleich zum embargo preventivo
nen oder anderen Weise gelöst. Im folgenden soll zunächst die deutsche Lösung kurz dargestellt und dann mit der spanischen verglichen werden.
11. Arrestarten
Die ZPO unterscheidet zwei Arten von Arresten, den dinglichen Arrest und den sehr seltenen persönlichen Arrest. Wegen seiner geringen Bedeutung wird der persönliche Arrest hier nur gestreift, zum al sich ohne eine vergleichbare Arrestform in Spanien keine Anknüpfungspunkte für einen Rechtsvergleich bieten. Im Anschluß wird dann der dingliche Arrest ausführlicher dem embargo preventivo gegenübergestellt.
I. Der persönliche Arrest Der in § 918 ZPO vorgesehene persönliche Arrest dient ebenso wie der dingliche Arrest allein der Sicherung der Zwangsvollstreckung, nicht aber der Erzwingung von Handlungen oder Unterlassungen des Schuldners. 8 Der Arrestgrund liegt in der Gefahrdung der Zwangsvollstreckung (§ 918 ZPO). Außerdem muß der persönliche Arrest nach § 918 ZPO "erforderlich" sein, um dieser Gefahr zu begegnen. Folglich scheidet diese Arrestart anders als der dingliche Arrest immer aus, wenn der Schuldner kein pfandbares Vermögen im In- oder Ausland besitzt. 9 Da die Freiheitsbeschneidung des Schuldners eine schwerwiegende Maßnahme darstellt, ergibt sich zudem aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, daß diese Arrestform gegenüber dem dinglichen Arrest subsidiär ist. Innerhalb des persönlichen Arrestes sind außerdem die milderen Mittel wie z.B. Entziehung der Ausweispapiere und Meldeauflagen der harten Maßnahme einer Inhaftierung vorzuziehen. lo Wegen dieser zahlreichen Beschränkungen ist der persönliche Arrest kaum gebräuchlich. 11 Er kommt vornehmlich in Betracht, wenn der Schuldner den Verbleib von bekannten Vermögensbestandteilen nicht aufklärt oder Vermögensstücke beiseite schafft. ll Ein weiterer Anwendungsfall ist die Arrestierung zur Sicherung der Abgabe ei-
xStJ/Grunsky § 918 Rdnr. I mit Beispielen. "Einhellige Meinung. Müko/Heinze § 918 Rdnr. L St.I/Grunsky § 918 Rdnr. 3 a. 4. H'Müko/1 kinze § 918 Rdnr. 6; St.I/Grunsky § 918 Rdnr. 6. 1IIlierzu Ritter ZZP 88 (1975) 126. 128 mit praktischen Beispielen. 12Vg l. etwa OLG München NJW-RR 1988.382.383; LG Frankfurt NJW 1960.2006 (in heiden Entscheidungen wurden die Voraussetzungen jedoch verneint); Müko/Heinze § 918 Rdnr. 3: StJ/Grunsky § 918 Rdnr. 7; ausführlich Ritter ZZP 88 (1975) 126. 145 f1". Bei fast allen fällen (auch den von Ritter zitierten) handelt es sich um ausländische Schuldner oder solche. die sich nur zeitweise in Deutschland aufhalten.
A. Arrestarten und Rechtsnatur
197
ner eidesstattlichen Versicherung nach §§ 807, 899 ff. ZPO. 13 Der persönliche Arrest kann auch gegen Ausländer erlassen werden, da Art. 26 des Haager Übereinkommens über den Zivilprozeß von 1954 die Personal haft erlaubt, wenn sie gleichermaßen gegen Inländer zulässig ist l4 . Die Vollziehung erfolgt nach § 933 ZPO. 15
2. Vergleich Der persönliche Arrest zur Sicherung der Zwangsvollstreckung nach der ZPO, der europaweit ziemlich einzigartig ist,16 ist auch nach spanischem Recht undenkbar und wird dort mit Befremden zur Kenntnis genommen. 17 In Spanien gibt es schließlich noch nicht einmal eine wirksame Maßnahme zur Durchsetzung der Vollstreckung von Tun- oder Unterlassenspflichten. Ursprünglich erlaubte der Arrest aber auch in Spanien jedenfalls bis zur ersten Kodifizierung des Verfahrensrechts im Jahre 1830 die Arrestierung des flüchtigen, insolventen und ausländischen Schuldners. 18 Heute findet sich immerhin im Konkursverfahren ähnlich wie § 101 Abs. 2 KO noch ein Arrest des Gemeinschuldners,19 der dort jedoch eher als strafprozessuale Eilmaßnahme verstanden wird?O Schon wegen der geringen praktischen Bedeutung und des extrem begrenzten Anwendungsbereiches 21 könnte man diesen nicht mehr ganz zeitgemäßen persönlichen Arrest ohne Verlust an Rechtsschutz aus der ZPO streichen.
lJMüko/Hcinze § 918 Rdnr. 4; OLG München N.lW-RR 1988,382. 14Vgl. St.IIGrunsky § 918 Rdnr. 9. I'Dazu unten Kap. 4 G. 11. 4. 16Rechtsvergleichend Ritter ZZP 88 (1975) 126, 172 ff. 17Gegen den persönlichen Arrest und kritisch zum deutschen Recht z.B. Fairen GuilIen RDPro 1966, 72. 18Siehe oben Kap. 3 F. I. 19 S0 Art. 1044 Nr. 2 des C6digo de Comcrcio von 1829, der mittlerweile vom C6digo de Comercio aus dem Jahre 1885 abgelöst ist. Die Vorschrift des Art. 1044 Nr. 2 des CCom 1829 gilt jedoch wegen des Verweises auf sie durch Art. 1333 und 1335 LEC fort. 20Guasp, Der. proc. 11, S. 686; Gon~-:ales Muntes, EI sistema, S. 160. 21Genau betrachtet wird man wohl nie guten Gewissens alle Voraussetzungen des persönlichen Arrestes bejahen können. Bei ausländischen Schuldnern, dic Vermögen im Ausland haben, wird man den Gläubiger stets zunächst auf die Vollstreckung oder Arrestierung im Ausland verweisen müssen. So z.B. auch das Argumcnt des LG Frankfurt NJW 1960, 2006 (Hotel in Spanien). Das dürfte auch für Staaten gelten, in denen eine ordnungsgemäße Rechtspflege bezweifelt werden kann.
198
Viertes Kapitel: Der deutsche Arrest im Vergleich zum embargo preventivo
B. Der Arrestanspruch und sein Nachweis I. Der Arrestanspruch nach § 916 ZPO Nach § 916 ZPO können Geldforderungen und Ansprüche, die in Geldforderungen übergehen können, durch Arrest gesichert werden. Unter letzteren sind vornehmlich Schadensersatzansprüche wegen Nicht- oder Schlechterftillung von vertraglichen und außervertraglichen Verpflichtungen zu verstehen. 22 Als Geldforderung gelten auch Ansprüche auf Duldung der Zwangsvollstreckung,23 weil sie in den Formen der Zwangsvollstreckung in Geldforderungen (§§ 803 ff. ZPO) verwirklicht werden und ein Sicherungsbedürfnis besteht. 24 Absatz 2 der Vorschrift erstreckt den Arrest zudem auf betagte und bedingte Ansprüche, wobei die Bedingung jedoch nicht so fern liegend sein darf, daß der Anspruch praktisch keinen Vermögenswert besitzt. Selbst wenn der Gläubiger schon einen vollstreckbaren Titel über die betagte Forderung hat, ist ein Arrest nicht ausgeschlossen, da eine derzeitige Sicherung der Vollstreckung selbst, die nach § 751 Abs. 1 ZPO erst bei Fristende möglich wäre, erforderlich sein kann?5 Bei auflösend bedingten Ansprüchen besteht der Anspruch bereits und ist deshalb einklagbar und auch vollstreckbar. Im Falle eines aufschiebend bedingten Anspruches ist eine Klage nur unter den Voraussetzungen der Klage auf zukünftige Leistung nach § 259 ZPO möglich, eine Vollstreckung dagegen nach § 726 ZPO noch nicht. Da auch das deutsche Recht gemäß § 926 ZPO erfordert, daß auf die Erhebung der Hauptsacheklage hingewirkt werden kann, kommt es entscheidend auf die Frage an, ob in den einzelnen Fallgruppen eine solche Klage möglich ist. 26 Dieses Problem stellt sich vor allem bei den "künftigen Ansprüchen", die von § 916 ZPO nicht erwähnt werden?7 Hier best~ht Ein~~keit, daß zumi~dest eine. Fest~tellungsklage g.egenwärtig möglic~ seIn muß. Dagegen läßt sich auch mcht eInwenden, daß eIn Feststellungsurteil
22Vgl. StJ/Grunsky § 916 Rdnr. 2; Müko/Heinze § 916 Rdnr. 6; Schuschke/Walker § 916 Rdnr. 3, also z.B. auch Ersatz bei Verletzung von Nichtvermögensrechten. 23 Etwa § 1147 und § 2213 Abs. 3 BGB oder § 7 AnfG. 24Müko/Heinze § 916 Rdnr. 8; StJ/Grunsky § 916 Rdnr. 12 f.; Schuschke/Walker § 916 Rdnr. 2. 2jStJ/Grunsky § 916 Rdnr. 7; Schuschke/Walker § 916 Rdnr. 5 m.w.N. 26Schuschke/Walker § 916 Rdnr. 4: StJlGrunsky § 916 Rdnr. 6; Müko/Heinze § 916 Rdnr. 12: OLG Kar1sruhe NJW 1997, 1017; OLG Düsse1dorfFamRZ 1994,114,115. 270aruntcr sind Ansprüche zu verstehen, deren Entstehung von bestimmten noch nicht vorliegenden Voraussetzungen abhängt, ohne daß es sich dabei um ungewisse, zukünftige Ereignisse im Sinne einer aufschiebenden Bedingung handelt. Eine saubere Abgrenzung ist häufig jedoch nicht möglich, vgl. St.l/Grunsky § 916 Rdnr. 9; OLG Oüsseldorf FamRZ 1994, 114, 115. 28St.l/Grunsky § 916 Rdnr. 10; Müko/Heinze § 916 Rdnr. 12; Zöller/Vollkommer § 916 Rdnr. 8: Schuschke/Walker § 916 Rdnr. 7; Baumbach/LlAIH § 916 Rdnr. 8.
B. Der Arrestanspruch und sein Nachweis
199
gar nicht vollstreckbar ist, weil es entgegen der mißverständlichen Fonnulierung in § 916 und § 917 ZPO nicht auf die Sicherung der Vollstreckung ankommt, sondern auf die Sicherung der Vollstreckungsmöglichkeit, also auf die Effektivität des Hauptsacheurteils?9 Unsicher ist dagegen, ob zusätzlich ein "schutzwertes Interesse" an der frühzeitigen Sicherung bestehen 30 oder sie einen gegenwärtigen Vennögenswert darstellen muß. 31 Beides wird man bejahen müssen, da da~ Gesetz in § 916 A~s. 2 ZPO hinreichen? zum Ausdruck bri~9t, daß allzu fern hegende Interessen mcht durch Arrest gesichert werden sollen. --
11. Nachweis und Prüfung des Anspruchs
1. Nachweis Anders als im spanischen Recht muß der Anspruch nicht aus einem Schriftstück hervorgehen, sondern er ist nach § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Gemäß § 294 ZPO kann dies außer durch präsente Beweismittel des Strengbeweises auch durch andere Beweismittel, insbesondere durch eidesstattliche Versicherung geschehen. Neben dieser Erleichterung ist dabei vor allem das Beweismaß abgesenkt, von der "Überzeugung" des Richters (§ 286 ZPO) im Nonnalverfahren auf die bloß überwiegende Wahrscheinlichkeit. 33 Schon wegen dieser Beschränkung auf präsente Beweismittel und des Erfordernisses bloß überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgt die Prüfung des Anspruches auf unsicherer Tatsachengrundlage und hat damit nur summarischen Charakter. 34
29StJ/Grunsky § 916 Rdnr. \0 a; ausführlich dazu Müko/Heinze § 916 Rdnr. 1 - 4. St.J/Grunsky § 916 Rdnr. 10 a; ZöllerN ollkommer § 916 Rdnr. 8; dagegen Baumbach/LiA/H § 916 Rdnr. 8. 31 So Müko/Heinze § 916 Rdnr. 10. 32 Ausführlich zu den in Literatur und Rechtsprechung anerkannten Fällen StJlGrunsky § 916 Rdnr. 11 - 11 c; Baumbach/Li AlH § 916 Rdnr. 8. 3JHierzu StJlLeipold § 294 Rdnr. 1 u. 6 (der in Bezug auf den einstweiligen Rechtsschutz die Glaubhaftmachung aber weiter versteht); zum Grad der Wahrscheinlichkeit auch BGH VersR 1976,928,929 oder VersR 1991,896. 34Rosenberg/Gaul/Schilken. ZVR. § 74 III I. 30 S0
200
Viertes Kapitel: Der deutsche Arrest im Vergleich zum embargo preventivo
2. Prüfung des Anspruches a) Die Beftirworter einer vollen Rechtsprüfung Bezüglich der Prüfung der Rechtsfragen ist ein Teil der Lehre und Rechtsprechung 35 dennoch der Ansicht, es sei wie im ordentlichen Verfahren eine vollständige Untersuchung und Beurteilung aller rechtlichen Gesichtspunkte notwendig.
b) Differenzierende Ansichten Eine breite Meinung in Lehre und Rechtsprechung stimmt aber heute darin überein, daß die Schlüssigkeitsprüfung reduziert sein kann, wobei jedoch meist keine konkreten Aussagen zu Art und Umfang des Prüfungsmaßstabes getroffen werden. 36 Wegen der besonderen Bedeutung dieser Frage bei den weitreichenden Befriedigungsverfti~ungen wird der gesamte Problemkreis zusammengefaßt erst dort erörtert. 3 In Vorwegnahme des dort gefundenen Ergebnisses, läßt sich jedoch schon hier feststellen, daß wegen der relativ geringen Eingriffsintensität des nur sichernden Arrestes ein Erlaß aufgrund einer nur überschlägigen Rechtsprüfung erfolgen kann. Voraussetzung ist jedoch eine schwierige Sach- und Rechtslage, besondere Eilbedürftigkeit und ein Überwiegen der Interessen des Antragstellers.
111. Rechtsvergleich Im Ausgangspunkt gleichen sich embargo preventivo und Arrest beim Arrestanspruch, da beide die Sicherung von Geldansprüchen bezwecken. Danach ist es dann aber mit den Gemeinsamkeiten rasch vorbei. Zum einen erfaßt das spanische Recht auch Ansprüche auf Leistung von Gattungssachen, die mit
ljMüko/Heinze § 916 Rdnr. 10; Rosenberg/Gaul/Schilken, ZVR, § 74 III I; Wieczorek/Schütze/Thümmel § 920 Rdnr. 13; Vogg. S. 82 f.; Wenzel MDR 1967,889.892; Walker, Rechtsschutz, Rdnr. 313 m.w. N. bei Rdnr. 309 ff.; ebenso OLG Hamm WRP 1992, 493; LAG Berlin NZA 1994, 526. 527. 16StJ/Grunsky § 916 Rdnr. 4; Brox/Walker, ZVR, Rdnr. 1510; Damm ZHR 1990. 413,421; Stein ZIP 1992, 893, 897 f; Littbarski, S. 107, 110; Compensis, S. 157; Baur, Studien, S. 28 ff. (allerdings beschränkt auf die Regelungsverfligung); ZöllerlVollkommer § 922 Rdnr. 6 schlägt eine Abwägung von Wahrscheinlichkeit und Dringlichkeit vor; für Ausnahmefalle auch BaurlStürner, ZVR. Rdnr. 53.7; OLG Karlsruhe NJW 1997, 1017, 1018 (schwierige Rechtslage. Zugewinnausgleichsanspruch); OLG Hamburg VersR 1989, I 164 (bei ausländischem Recht). 17Unten Kap. 6 ß. 11.
B. Der Arrestanspruch und sein Nachweis
201
Geldforderungen nur noch insofern etwas zu tun haben, als sie leicht in Geld verwandelt und beziffert werden können. 38 Zum anderen fehlt in Art. 1399 LEC jedoch jeder Hinweis zu der wichtigen Frage, wie die nicht seltenen Fälle bedingter oder befristeter Geldforderungen sowie Ansprüche, die in Geldansprüche übergehen können,39 zu behandeln sind. Das deutsche Recht ist hier in § 916 ZPO wesentlich vollständiger und vermeidet die weitreichenden Unklarheiten, die in Spanien hinsichtlich dieser Frage bis heute bestehen. Der deutlichste Unterschied zwischen deutschem Arrest und spanischem embargo preventivo wird in Bezug auf den Anspruch allerdings dadurch erzeugt, daß gemäß Art. 1400 Nr. I LEC eine Verbriefung des Anspruches in einem Schriftstück vorgeschrieben wird, während sich das deutsche Recht nach § 920 Abs. 2 ZPO mit der bloßen Glaubhaftmachung als Nachweis begnügt. Selbst wenn man wie hier mit der modernen Auffassung die strenge Ansicht eines Teils der Lehre und Rechtsprechung, es seien nur vollstreckbare Urkunden als Nachweisdokumente zulässig, ablehnt, führt das grundsätzliche Festhalten am schriftlichen Nachweis zu einer starken Beschränkung der Typen von Geldansprüchen, die vom embargo erfaßt werden. Der in der Bundesrepublik für den Arrest sehr bedeutsame Bereich deliktischer und vertraglicher Schadensersatzansprüche, ist dem embargo-Verfahren in Spanien entzogen. Immerhin hat das spanische Recht aber für die sehr wichtigen Fälle des Schadensersatzes aus Delikt durch den speziellen Arrest im strafrechtlichen Adhäsionsverfahren eine dieser Lücken wirksam geschlossen. Bei jeder Entkriminalisierung kleinerer Delikte mit möglicherweise größeren Schadensfolgen scheidet jedoch auch diese Lösung aus. Deshalb ist im Bereich des Straßenverkehrs auch ein summarischer Prozeß für Schadensersatzansprüche eingeführt worden. 4o Die fortschreitende Diversifizierung der Verfahren ist aber sicher nicht von Vorteil. Hier könnte mit einem Verzicht auf das Urkundenerfordernis leicht Abhilfe geschaffen werden. Für Schadensersatzansprüche aus Vertrag sieht es noch schlechter aus, denn solche Ansprüche beruhen fast immer auf Tatbestandsvoraussetzungen, die sich nicht aus Schriftstücken und schon gar nicht aus konstitutiven Urkunden entnehmen lassen, so daß der Dokumentennachweis ein wesentliches Hindernis für eine Einbeziehung dieser wichtigen Ansprüche darstellt. Am schriftlichen Nachweis scheitern, wie oben gezeigt, häufig auch bedingte und befristete J8Diese Eigenart des spanischen Arrestanspruches rührt zweifellos daher, daß es bis
1881 noch keine dem Art. 1428 LEe vergleichbare Norm zur Sicherung von Individua-
lansprüchen gab und man deshalb wenigstens die leicht in Geldeswert berechenbaren und in der frühen Handelspraxis sehr bedeutsamen Gattungsschulden über den Arrest sichern wollte. J9Einzige Ausnahme ist die erwähnte Einbeziehung der Gattungsschulden, die als Geldschulden gesichert werden. 40 yg l. Ortells Raillos ZZPlnt 2 (1997) 95,106.
202
Viertes Kapitel: Der deutsche Arrest im Vergleich zum embargo preventivo
Geldforderungen. Da all diese Ansprüche auch nicht durch andere Eilmaßnahmen geschützt werden, läßt das spanische Recht einen bedeutenden Teil von Geldansprüchen ohne wirksamen Schutz durch Eilverfahren. Der von der neueren Rechtsprechung und Lehre eingeschlagene Weg, auch außerhalb der Urkunden liegenden Umstände zu berücksichtigen und damit die im Jahre 1984 eingeführten Nachweiserfordernisse bei der einstweiligen Verfugung nach Art. 1428 LEC auf den embargo preventivo zu erstrecken, führt zwar in die richtige Richtung, erzeugt aber erhebliche Abgrenzungsprobleme und große Rechtsunsicherheit. Der einzige Vorteil des spanischen Urkundennachweises ist die Möglichkeit eines schnellen und fur den Richter erleichterten Arresteriasses. Insbesondere wird häufig keine Rechtsprüfung erforderlich sein, wenn der Anspruch konstitutiv aus dem Dokument hervorgeht. Die Ersparnis der im deutschen Recht durchaus problematischen rechtlichen Prüfung des Anspruches im spanischen System bietet letzi ich aber doch keinen entscheidenden Vorsprung, weil spätestens im Widerspruchsverfahren nach herrschender Meinung eine zumindest summarische Prüfung erforderlich wird, allerdings beschränkt auf durch Schriftstücke nachweisbare Einwendungen. Außerdem wird dieser Vorteil erkauft mit einer zu starken Einschränkung des Anwendungsbereiches. Aus Sicht des Anspruches - Geld- und Gattungsansprüche - weist der embargo preventivo starke Parallelen zum deutschen Urkundenprozeß nach den §§ 592 ff. ZPO auf, die durch den Urkundennachweis in beiden Verfahren noch verstärkt werden. Der Hauptunterschied beider Verfahren liegt allerdings darin, daß der deutsche Urkundenprozeß ein summarisches Verfahren darstellt, welches bei scheinbar eindeutigen Ansprüchen ein schnelles Urteil ermöglicht, mit dem Ziel, ein Vollverfahren zu vermeiden, während der einstweilige Rechtsschutz vom Grundsatz her nur eine spätere Hauptsacheentscheidung sichern soll. Der Urkundenprozeß nach der ZPO liegt damit folgerichtig auf einer Linie mit den spanischen summarischen Prozessen, die auch alle die Funktion einer endgültigen Entscheidung haben können. Die im Rahmen des Art. 1397 ff. LEC zu beobachtende Vermischung von summarischem Urkundenprozeß und nur die Hauptsache sicherndem einstweiligen Verfahren muß daher als gesetzgeberischer Mißgriff erscheinen, der die schuldnerschützenden Restriktionen beider Verfahren kombiniert, die jeweiligen Vorteile aber weitgehend ausschaltet. Die praktische Handhabe des spanischen Arrestes wird dadurch wie gezeigt sehr erschwert. Ohne eine Reform läuft der altertümliche embargo preventivo unter den geänderten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen langfristig Gefahr, in der Bedeutungslosigkeit zu versinken.
C. Der Arrestgrund nach den ~~ 917. 918 ZPO
203
C. Der Arrestgrund nach den §§ 917, 918 ZPO Das deutsche Recht nimmt nach § 917 Abs. I ZPO einen Arrestgrund an, wenn zu befürchten ist, daß ohne Verhängung eines Arrestes die Vollstreckung des Hauptsacheurteils "vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde". Diese Generalklausel legt somit genau das als Arrestgrund nieder, was in Spanien wie Deutschland als Hauptzweck des Arrestes angesehen wird, nämlich zu verhindern, daß ein notwendigerweise zeitlich später ergehendes Hauptsacheurteil dann nicht mehr oder nur noch unter Schwierigkeiten vollstreckt werden kann. 41 Die Frage, wann eine derartige Vollstreckungsvereitelung oder -erschwerung vorliegt, ist aus der Sicht eines verständigen Dritten zu beurteilen. 42 Der Richter, dem diese Aufgabe letztlich zufallt, hat in der Beurteilung, ob die konkreten Tatsachen eine solche Befürchtung begründen können, einen gewissen Beurteilungsspielraum,43 weil es sich hierbei um eine Prognose über zukünftige Gegebenheiten aus der momentanen Sicht heraus handelt. Die Hauptschwierigkeit liegt ähnlich wie bei Art. 1400 Nr. 2 a.E. LEe darin, die Grenzen dieses Arrestgrundes abzustecken. Denn die weite Fassung des § 917 Abs. I ZPO sagt nichts darüber, ob die Vollstreckungsvereitelung vom Schuldner verursacht sein muß oder auch von einem Dritten oder Naturereignissen herbeigeführt sein kann. Ebensowenig kann man nach der Wortwahl sagen, ob die allgemein schlechte wirtschaftliche Lage des Schuldners als Arrestgrund ausreicht. Diese fehlende Konkretisierung hat naturgemäß zu Meinungsverschiedenheiten in Lehre und Rechtsprechung über die Reichweite der Arrestgründe geführt. Weitgehende Einigkeit besteht noch insoweit, daß ausgehend von den Wurzeln des Arrestprozesses 44 jedenfalls Gefahrdungshandlungen des Schuldners ausreichend sind. 45 Dabei kann es nicht entscheidend sein, ob der Schuldner rechtswidrig oder rechtmäßig handelt, denn viele Verhaltensweisen wie etwa das häufige Wechseln des Wohnsitzes oder das Übersiedeln ins Ausland führen zu einer Erschwerung der Zwangsvollstreckung, ohne daß man sie als rechts41 yg l. zum Zweck im spanischen Recht Ortells Ramos, Emb. prev., S. 30 f.: Fernandez, Der. proc. 111, § 61 10.; SAT Barcelona v. 9.7.91, RJC 1991, 1064; zum deutschen Recht ausführlich Müko/Heinze § 916 Rdnr. 1 ff.: Schuschke/Walker ~ 916 Rdnr. 1. 42 Allgemeine Meinung, etwa RGZ 67, 365, 369; StJ/Grunsky § 917 Rdnr. 4; Schuschke/Walker § 917 Rdnr. 2. 4JStJ/Grunsky § 917 Rdnr. 4; Müko/Heinze § 917 Rdnr. 3, es handelt sich also nicht um richterliches Ermessen. 44ZU den verschiedenen Wurzeln vgl. Leipo1d, S. 62 f. m.w.N.; die vor der Kodifizierung geltenden Partikularrechte sahen Arrestgründe jedenfalls hauptsächlich in Machenschaften des Schuldners. vgl. dazu Foerste ZZP 106 (1993) 143, 145. 4'ygl. StJ/Grunsky ~ 917 Rdnr. 5 ff.; Müko/Heinze § 917 Rdnr. 4; Schuschke/Walker § 917 Rdnr. 3.
204
Viertes Kapitel: Der deutsche Arrest im Vergleich zum embargo preventivo
widrig ansehen muß. 46 Insbesondere muß keine Absicht vorliegen, die Vollstreckung zu vereiteln. 47 Ausreichend ist, wenn sich eine Befürchtung für die Zukunft ergibt. 48 In der Vergangenheit liegende Handlungen reichen nur, wenn eine Wiederholung zu befürchten ist. 49 Typische Beispiele für solche handlungsbezogenen Arrestgründe sind etwa: Verschleudern von Vermögenswerten zu einem deutlich unter dem Markt liegenden Preis;50 Verschwendung;51 Beiseiteschaffen von Vermögenswerten;52 Verdunkelung der Vermögensverhältnisse;53 nachlässige Geschäftsführung und Verwendung geschäftlicher Mittel für außergeschäftliche Zwecke;54 vorsätzliche Vertragsverletzung, jedoch nur, wenn eine Wiederholung zu befürchten ist;55 strafbare Handlungen gegen Vermögen des Gläubigers, sofern Wiederholung droht;56 sonstige Straftaten nur dann, wenn sie z.B. Fluchtgefahr begründen. 57 Auch bestimmtes Prozeßverhalten, Z.B. offensichtlich unwahrer Vortrag oder das Bestreiten der Echtheit von Urkunden, kann einen Arrestgrund darstellen. 58 Ebenso ist gemeinhin anerkannt, daß auch Handlungen Dritter oder Na46StJ/Grunsky § 917 Rdnr. 6; so auch Müko/Heinze § 9 I 7 Rdnr. 4; ZöllerN ollkommer § 9 I 7 Rdnr. 5. 47Schuschke/Walker § 917 Rdnr. 2; Müko/Heinze § 917 Rdnr. 4. 48 RGZ 67, 369; OLG Karlsruhe NJW 1997, 1017 f.; ZöllerNollkommer § 917 Rdnr.5. 49 BG !-I VcrsR 1975,763, 764. 50St.1lGrunsky § 917 Rdnr. 7, dazu gehört auch die Belastung der Güter. Das Verschleudern ist aber so lange unschädlich, wie noch genügend anderes' Vermögcn vorhanden ist oder ein sicherer Gegenwert erlangt wird. 5I St.1IGrunsky § 917 Rdnr. 7 b, selbst wenn grundsätzlich anerkennenswerte Motive dahinterstecken, z. B. religiöser Art; erst recht bei Beflirchtung der Übertragung an eine Sekte, OLG München NJW 1983,2577,2578; nicht jedoch, wenn genügend Vermögen verbleibt. 520LG Düsseldorf NJW-RR 1994, 453, 454; Verschieben ins Ausland, OLG Köln ZIP 1988, 967, 969; Verkauf der letzten Vermögenswerte, OLG !-lamm FamRZ 1980, 391. 5JStJ/Grunsky § 917 Rdnr. 7; Verschleiern des Verbleibs von Werten, LG Köln WM 1988,759761. 54BaurlStürner, ZVR, Rdnr. 5 1.3. 55St.1IGrunsky § 917 Rdnr. 8; OLG Frankfurt NJW 1959, 1088; Schwerdtner NJW 1970,255; ausflihrlich Fischer MDR 1995,988,990; strenger ZöllerNollkommer § 917 Rdnr. 6; es kommt letztlich auf den Einzelfall an, BGH VersR 1975, 763, 764. 56St.1IGrunsky § 9 I 7 Rdnr. 8; OLG München MDR 1970, 934; BGH WM 1983, 6 I 4; OLG Düsseldorf NJW-RR 1988, I 192; bei Straftaten ist nach Fischer MDR 1995, 988 f. in der Regel eine Gefahr der Wiederholung oder der sonstigen Vereitelung der Zwangsvollstreckung anzunehmen; strenger: OLG Schieswig MDR 1983, 141; OLG Köln MDR 1986, 595, es müssen weitere Indizien hinzukommen; so auch ZöllerN ollkommer § 9 I 7 Rdnr. 6. 570LG Karlsruhe MDR 1969,401. 58StJ/Grunsky § 917 Rdnr. 9; Müko/Heinze § 917 Rdnr. 6.
C. Der Arrestgrund nach den § § 917, 918 ZPO
205
turereignisse, die einen Vermögensverfall des Schuldners herbeiführen, Arrestgründe bedeuten können. 59 Anerkannte Beispiele sind: Boykottaufrufe gegen den Schuldner;6o Streik;61 Inhaftierung des Schuldners;!>2 Feuer, Sturm, Überschwemmung, Erdbeben, Viehseuchen.!>3 Auch eine langdauernde Krankheit des Schuldners kann die Gefahr eines solchen Vermögensverfalls begründen. 64 I. Arrestgrund der drohenden Insolvenz
Problematisch gestaltet sich die Frage, ob und inwieweit eine schlechte wirtschaftliche Situation oder die Zugriffe anderer Gläubiger einen Arrestgrund darstellen können. Nach der ganz h.M. reicht eine schlechte ökonomische Lage nicht aus.!>5 Ein Arrestgrund könne darin nur dann gesehen werden, wenn noch eine weitere Verschlechterung möglich sei und auch drohe, denn der Wortlaut des § 917 Abs. I ZPO fordere mit "erschweren oder vereiteln" eine Verschlechterung der Situation. 66 Diese Ansicht ist dem Wortlaut nach einleuchtend. Fraglich ist nur, ob es realistischerweise überhaupt Fälle ~ibt, wo bei prekärer Wirtschafts lage nicht die weitere Verschlechterung droht. 7 Eine für den Gläubiger relevante Verschlechterung ist frühestens dann auszuschließen, wenn das Vermögen des Schuldners unter die Pfandungsgrenze gesunken ist. 68 Bei überschuldeten Schuldnern, die dem Konkurs nahe sind, wird bis zum Konkursfall häufig auch eine weitere Verschlechterung stattfinden.!>9 Denn in einer solchen Lage wird der Schuldner dringend benötigte neue Kredite nicht mehr erhalten, Waren werden nur noch gegen Barzahlung geliefert, und mächtige Gläubiger \9StJlGrunsky § 917 Rdnr. 10; Müko/Heinze § 917 Rdnr. 7; Zöller/V ollkommer
§ 917 Rdnr. 7.
60StJ/Grunsky § 917 Rdnr. 10; Zöller/V ollkommer § 917 Rdnr. 7. 61Müko/Heinze § 917 Rdnr. 7. 62StJ/Grunsky § 917 Rdnr. 10; OLG Köln MDR 1986,595, wenn deshalb Yermögens verfall oder Yereitelungshandlungen des inhaftierten Schuldners drohen. ("Ygl. StJ/Grunsky § 917 Rdnr. 10; Müko/Heinze § 917 Rdnr. 7; Zöller/Vollkommer § 917 Rdnr. 7, sofern kein Yersicherungsanspruch besteht. MStJ/Grunsky § 917 Rdnr. 10; Zöller/Vollkommer § 917 Rdnr. 7; Schuschke/Walker § 917 Rdnr. 4; a.A. AK/Damm § 917 Rdnr. 7. 6\Müko/Hcinze § 917 Rdnr. 8; Zöller/Vollkommer § 917 Rdnr. 9; Schuschke/Walker § 917 Rdnr. 4; OLG Köln FamRZ 1983, 1259, 1260; OLG Karlsruhe FamRZ 1985, 507,508; OLG Hamburg YersR 1987,356; OLG DüsseldorfRechtspfleger 1991,216, 217; OLG Frankfurt ZIP 1993, 1319, 1320 (geht aber entgegen der h.M. davon aus, es sei ein bestimmtes Yerhalten des Schuldners erforderlich); BGH WM 1996,25,29. 66StJ/Grunsky § 917 Rdnr. 4 f. 67 1n der Regel sei eine Yerschlechterung zu erwarten, StJ/Grunsky § 917 Rdnr. 5. 6B yg l. StJ/Grunsky § 917 Rdnr. 5. Dann ist auch in einem Konkursverfahren nichts mehr zu erwarten. 6